Et ea ern. > a Ssasst ge Re Tat ee Ti DA pi et er met . 2 n Te Br Re en neh m. Me u 97 r x wm. “ eg . Fam En . Y “ rer ee Te : . a t De 4 DIE a e. u . $> . » E ar cc -* BL u Er en es! IN] Acker A Tr HARVARD UNIVERSITY IVEI tm Il m 1 (BES “) LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY EP _ 29@2 45 An 7. I Fa oa An Y u Beh 2 Zeitschrift für die (esammten Naturwissenschaften. Originalabhandlungen und monatliches Repertorium der Literatur der Astronomie, Meteorologie, Physik, Chemie, &eologie, Oryktognosie, Palaeontologie, Botanik und Zoologie. Redigirt von Dr. 6, & Giebel, Prof, a. d. Univers, in Halle. o Neue Folge. 1871. Band III (Der ganzen Reihe XXXVII. Band.) Mit 5 Tafeln. Berliim Verlag von Wiegandt & Hempel. eg Ks i SE BEERT a A 27 be +35 Me Bars Bene i EN gaT: Inhalt. Originalaufsätze. Seile Credner, Herm., über das Leben in der todten Natur. Eine Skizze auf dem Gebiete der dynamischen Geologie : 101 -— —, die Geognosie und der Mineralreichthum des Alleghany- Systems . . 170 Albrecht, Max, über einige neue vom Grubengas Sich ableitende Sulfonsäuren . 341 Giebel, C., analytische WVebersicht der Säugethierläuse, Haematopinus und Triehodectes ar ER Nie Kerken Ve — — Zur Geschichte der Gattung Alauda . : sense .4,207, — —, über die Federmilbengattung Analges N. Tr. vw. ee 490 Loew, H., über die systematische Stellung der Gattung Polymera Wieden Var... 253 Mietzsch, Herm., über das erzgebirgische Schieferterrain ; in seinem nordöstlichen Theile zwischen dem Rothliegenden und Quadersand- steine. Tf. 1 . RU ER OR RER PAS ONDD LASER 1 Ray, Eug., die Ornis von Halle . . dd Rudow, F., einige Pupiparen auf Chiropteren schmarotzend Ba Mittheilungen. Giebel, C., der weissschopfige Tanrec, Centetes semispinosus von Madagaskar ESEL. a 97 Schreiber, A., einige mitteloligocäne Brachiopoden bei Magdeburg 11% SE DVS RE 60 G. Schubring u. M. Kleemann , Beobachtungen der meteorologi- gischen Station in Halle a/S. . . . .. REN USA 982 Sitzungsberichte Beek, Diamanten im Xanthophyllit im Ural 168. — Bischof, Gold- vorkommen im Unterharz 169; Knochenstück mit gediesem Kupfer aus Bolivia 249; Silber und Kupfer im Sandstein von Bolivia 251. — Bur- chardt, Cycelops quadricornis plötzlich massenhaft bei Rossleben 339. — Credner sen., über den baltischen Jura 96; über die geognostische Karte von Oberschlesien 99; Kohlenformation in Schonen 172; interessante Vor- kommnisse im hallischen Porphyr 251; Kalkspathkrystalle bei Wettin 339; verkieseltes Holz aus hallischer Braunkohle 450; Verbreitung der erratischen Geschiebe 534. — Credner jun., Belemniten in der Trias 533; Geognosie der Goldführenden Gegenden Kaliforniens 534. — Dunker, geologische Untersu- chungen im Werrathale bei Allendorf undSooden 171; über Naumann gegen Mohrs Erdbildungstheorie 534. — C. Giebel, Boeks Untersuchungen über Häringsasung 96; neuer Wels Trachypoma marmorata aus dem Amazo- nenstrom 97; über Fraas’ Säugethiere und Vögel von Steinheim 98; über Ossicula accessoria am Vogelschädel gegen Magnus 98; über Weijenberghs Parthenogenesis bei Liparis dispar 99; Camerospongia=Ptychotrochus 100; Diamantenfelder in Afrika 169; über Cephaloptera und Chasmorhyuchus 170; Dinochlamydeae neue Gürtelthierfamilie 250; Lima namaquensis n. sp. und lebende Conchylien im Asphalt 448; v. Heuglins Federlinge von IV Spitzbergen 451; Propithecus Coquerelli ist Weib von Pr. diadema 451; über Nasiterna pygmaea 452; über verschiedene Milben 536. — Th. Hahn, Reisebericht aus der Capstadt 532. — Heine, elektrolytische Kupferprobe 172. — Holzmüller, Schneckenhäuser und die Mundhöhle als Resonator 532. — Th. Irmisch, Schneefloh massenhaft bei Sondershausen 339. — Knauth, mysteriöser lebender Pterodactylus 249. — Köhler, Verfäl- schung der Biere in Frankreich 536. — Eug. Rey, Diluvialgeschiebe von Rattmannsdorf 450. — A. Riebeck, Dr. Hahn’s erster Reisebericht aus SAfrika 449. — Richter, Geistesepidemie im französischen Volke 536. — Taschenberg, legt Ramann’s Schmetterlings Buch vor 539.5; über eigenthümliehe Insektengespinnste 97; Lebensweise der Chrysoclista aurifrontella 251. — Wahlstab, monströse Zea mais 100. , Literatur. Allgemeines. I. K. Bähr, über die Einwirkung der Rei- bungselectrieität auf das Pendel (Dresden 1870) 201. — A. E. Brehm, gefangene Vögel (Leipzig 1870) 63. — H. Buff, Lehrbuch der physikali- schen Mechanik (Braunschweig 1871) 402. — N. Gräger, Sonnenschein und Regen ihre Einflüsse auf die ganze Schöpfung (Weimar 1870) 407. — W. R. Groove, die Verwandtschaft der Naturkräfte (Braunschweig 1871) 62. — E. Hasenclever, die Grundzüge der esoterischen Harmo- nik des Alterthums im Anschluss an die Schrift des Hrn, v. Thinnus über die Harmonikale Symbolik des Alterthums 64. — H. I. Klein, das Gewitter und die dasselbe begleitenden Erscheinungen, ihre Eigenthüm- lichkeiten und Wirkungen sowie die Mittel sich vor den Verheerungen des Blitzes zu schützen (Graz 1871) 204; Handbuch der allgemeinen Himmelsbeschreibung vom Standpunkte der kosmischen Weltanschauung (Braunschweig 1869) 406. — Masse die neuen und Gewichte des me- trischen Systems 201. — A. Mühry, Untersuchungen über die Theorie und das allgemeine geographische System der Winde (Göttingen 1869) 408; über die Lehre von den Meeresströmungen (Göttingen 1869) 409. — P. Munch, Lehrbuch der Physik (Freiburg 1871) 409. — E. Reichert, Elementar-Naturlehre von J. H. Hellmuth (Braunschweig 1869. 70. 71) 409. — Sirius, Zeitschrift für populäre Astronomie von R. Falb 204. — J. Tyndall, die Wärme als eine Art der Bewegung (Braunschweig 1871) 413. — Utile cum dulcei akotyledonische Musenklänge (Breslau 1870) 63. — P. Wedelstädt, Electricität, Wärme, Licht (Berlin 1871) 203. Astronomie u. Meteorologie. Dove, Zurückführung der jährlichen Temperaturcurve auf die ihr zu Grunde liegenden Bedin- gungen 67. — J. @. Fischer, merkwürdiger Blitzschlag 414. — 0. Fröh- lich, zur Theorie der Erdtemperatur 413. — Galle, über die gelatinösen sogenannten Sternschnuppensubstanz 414. — J. Hann, Wärmeabnahme auf der Höhe der Erdoberfläche und ihre jährliche Periode 283. — K. Hornstein, über die Bahn des Hindschen Cometen vom J. 1847. 283. — Meteorologische Beobachtungen in Graubünden 284. — C. Puschl, über eine kosmische Anziehung, welche die Sonnedurchihre Strahlen aus- übt 283. — Seidel, Bemerkungen in Bezug auf die Beobachtung der be- vorstehenden Durchgänge der Venus durch die Sonne 207. — F. Zöllner, Temperatur und physikalische Beschaffenheit der Sonne 205. Physik. F. W. Barret, über sensitive Flammen 128. — W. v. Bezold, über die elektrische Entladung 209; einige analoge Sätze der Photometrie und Anziehungslehre 501. — R. Böttger, leichte Anfertigung einer Flüssigkeit zur Erregung der Plateauschen Gleichgewichtsfiguren ohne Schwere 417. — Bolzmann s. Töpler. — Cappel, Einfluss der Tempe- ratur auf die Empfindlichkeit der Spectralreactionen 68. — Christiansen, die Brechungsverhältnisse einer weingeistigen Lösung des Fuchsins 500. — Church, Ueberziehen von Eisen, Siahl, Kupfer, Messing etc. mit Pla- V tin 210.— A. Claudet, Stereoskop mit einer einzigen Linse 210.— Des- cloiseaux, die optischen Eigenschaften des Benzols und einiger Körper aus der Kampferfamilie im Krystallisirten und gelösten Zustande 502. — L. Ditscheiner, Gangunterschied und Intensitätsverhältniss der bei der Reflexion an Glasgittern auftretenden parallel und senkrecht zur Einfalls- ebene polarisirten Strahlen 287. — Dove, die subjectiven Farben an den Doppelbildern farbiger Glasplaiten 284; die Farbe dieker doppeltbrechen- der Platten 286. — Edlund, Gang elektrischer Inductions- und Disjune- tionsströme durch Gase von verschiedener Dichtigkeit und zwischen Polen von verschiedener Form 69. — St. Emsmann, eine pseudoskopische und optometrische Figur 501. — L. Geiger, Farbensinn der Vorzeit und seine Entwicklung 210. — Glan, Absorption des Lichtes 500. — Hagenbach, Untersuchungen über die optischen Eigenschaften des Blattgrüns 499. — A. Heller, über eine Intensitätsmessung des Schalles 417.— A. W. Hof- mann, Eudiometer mit beweglichen Funkendrähten 208. — Ed. Ketteler, Einfluss der ponderabeln Moleküle auf die Dispersion des Lichtes und über die Bedeutung der Constanten der Dispersionsformeln 12]; analytisch syn- thetischer Mischfarbenapparat 500. — W. Kilinkerfues, Versuche über die Bewegung der Erde und der Sonne im Aether 69. — Kohlrausch, über eine durch verschiedene Brechbarkeit des Lichtes hervorgebrachte stereoskopische Wirkung 70. — A. Kundt, das Absorptionsspeetrum der flüssigen Untersalpetersäure 499. — Lippich, die Breite der Spectrallinien 69. — L. Matthiesen, Transversalschwingungen tönender tropfbarer und elastischer Flüssigkeiten 416. — @. v. d. Mensbrugghe, oberflächliche Zähigkeit der Lamellen aus Saponinlösung 418; über einen von Lüdtge angegebenen molekular-statischen Satz 418. — P. Most und A, Kurz, das Minimum der prismatischen Ablenkung 500. — J. Müller, zur Theo- rie der Farben 124; Leclanche’s Braunsteinelemente 127. — L. Overzier, das Schwimmen festen Eisens auf flüssigem nebst Bemerkung über den Trever’schen Versuch 128. — J. Plateau, experimentelle und theoretische Untersuchungen über die Gleichgewichtsfiguren einer flüssigen Masse ohne Schwere VIll. 417. - Edm. Reitlinger u. M. Kuhn, Spectra negativer Elektroden und lange gebrauchte Geisslersche Röhren 288. — Riess, Wir- kung der Nebenströme der elektrischen Batterie auf den Hauptstrom und auf einander 207. — Fr. Rosetti, das Maximum der Dichte und der Ge- frierpunkt der Mischungen von Alkohol und Wasser 129. — le Rouz, . experimentelle Bestimmung der Schallgeschwindigkeit in einer eylindrischen Röhre 127. — K. H. Schellbach, akustische Anziehung und Abstossung 415. — Schuliz-Sellack, Zusammensetzung der optischen und chemischen Lichtabsorption bei den Silberchloridverbindungen 291. — J. L. Sirks, Compensation eines optischen Gangunterschiedes 502. — v. Steinheil, vollständiger Compensator zur Vergleichung der Toise mit dem Meter und zur Bestimmung der absoluten Längenausdehnung der Stäbe 210. — Töpler u. Holzmann, neue optische Methode der Schwingungen tönender Luftsäulen 415. — C. Thomlirson, ein in seiner Mutterlauge unsichtbares Salz 501. — Tyndall, Durchgang des Schalls durch Wasserstofl und Luft 210. — Vierordt, die Messung der Lichtabsorption durchsichtiger Medien mittelst des Spectralapparates 124. — E. Villari, akustische Studien über die Flamme 415. — H. Vogel, Eigenschaften der Bilder photogra- phischer Linsen 502. — Weinhold, über die Inductionsfunken 129. — F. Zöllner, Spectrum des Nordlichtes 499. Chemie. A. Bannow, zur Geschichte des Guanidins 74. — L. Barth, über Umwandlung des Phenols 130; über isomere Kresole 298. — C. Beckerhinn, neue Darstellung des Jodphosphoniums 294. — Ed. Zumpelick, zur chemischen Geschichte des «Cymols 295; einige Derivate der Cuminsäure 296. — A. Emmerling u. C. Engler, die Synthese des Indigblaues 71; über einige Abkömmlinge des Acetophenons 72, — A. Fleischer, über die Modification des Schwefeleyankaliums 213. — C. G@raebe, leitet Chlor in siedenden Acetophenon und erhält Chlomethylbenzol 73. — Vi W. F. Gintl, eine Verbindung des Silberrhodanides mit Ammoniak 293; über Verbindungen gepaarter Cyanmetalle mit Ammoniak 294, — Gore, über Einwirkung von Chlor, Jod, Brom und deren Verbindungen auf Fluorsilber bei verschiedenen Temperaturen 129. — A. W. Hofmann, über Phosphor- wasserstoff 211; direete Substitution der Alkoholradicale für den Wasser- stoff im Phosphorwasserstoff 212; die dem Aethylamin und Diäthylamin entsprechenden Abkömmlinge des Phosphorwasserstofls 503. — O. Jacob- son, über einige Verbindungen des Chlorals mit Alkoholen und mit Ami- den 131. — H. Hlasiwetz u. J. Habermann, zur Kenntniss einiger Zuckerarten 506. — K. Knapp, zur Theorie der! Flamme 213. — E. Lud- wig u. Th. Hein, Synthese des Hydroxylamins 505. — Meusel, ueue Zer- legung und quantitative Bestimmung der uulöslichen Jodide 301; Auftre- ten von Isomorphismus und Homoeomorphismus bei der Substitution von zwei neuen Doppelsalzen 302. — Poleck, Veränderungen der stickstoff- haltigen Bestandtheile des Mehls bei längerer Aufbewahrung 419. — 0. Rembold, über einige Derivate der Gallussäure 297. — K. Reuss, Sicher- heitsvorrichtungen an Wasserbädern 210. — L. Schäffer, über Bromal und Nebenproducte der Bromalfabrikation 214. — E. L. Schenk, Stick- stoffgehalt des Fleisches 294. — J. Schreder, über die Oxypikrinsäure (Styphninsäure) 74. — Senhofer, über Bromphenolsulfosäure 298. — W. Stein, die Constitution des Ultramarins 420. — H. Vogel, über Liehtempfindlichkeit des Blutlaugensalzes 130. — V. Wartha, Lösungs- mittel für Indigoblau 214. — Geologie. H. Bachmann, die quartären Bildungen im untern Kandergebiete 75. — C. v. Beust, der Dimorphismus in der Geologie der Erzlagerstätten 79; die Erzlagerstätten von Schneeberg unweit Sterzing in Tyrol 136. — Boricky, Mikrostructur und chemische Zusammensetzung der Basalte des böhmischen Mittelgebirges 510. — Boue, über erratische Blockanhäufungen im Flötz und tertiären Sandsteinen oder Conglomeraten 309, — Burkhart, Vorkommen! des titanhaltigen Magneteisensandes 312. — @. Curioni, Geologie des Val Trompia 512. — C. Deffner, der Buch- berg bei Bopfingen 75. — A. Escher v. d. Linth u. A. Bürkli, die Wasserverhältnisse der Stadt Zürich 421. — E. Favre, der Molesanstock und Umgebung im Canton Freiburg 138. — F. Fötterle, Verbreitung der sarmatischen Stufe in der Buckowina und der nördlichen Moldau 139. — G. L. Griesebach, geologischer Durchschnitt durch Südafrika 134. — Gümbel, über den Riesvulkan und über vulkanische Erscheinungen im Rieskessel 302. — F. Hochstetter, Geologie des östlichen Theiles der europäischen Türkei 427. — H. Höfer, die Melaphyre der niedern Tatra in Ungarn 133. — E. Kayser, über das Devon bei Aachen 223. — Koss- mann, Gesteine der jüngsten Eruptionen des Westerwaldes 220, — R. Lincke, der Buntsandstein am Ostrande des Thüringer Beckens 216. — Ed. v. Mojsisovics, muthmassliche Verbreitung der kohlenführenden Hä- ringer Schichten im untern Innthale 5i2. — F. Posepny, zur Genesis der Galmeilagerstätten 137; das Salzvorkommen Siebenbürgens 141. — C. Ramsmelsberg, über den Anorthitfels von der Baste 219. — R. Richter, thüringische Porphyroide 76. — Scholz, zur Geognosie von Pommern 225. — A. Stelzner, aus dem sächsischen Granulitgebiete 211. — C. Struck- mann, die Pterocerasschichten der Kimmeridgebildung bei Allem unweit Hannover 221. — E. Tietze, liasische Porphyre im südlichen Banat 78. v. Wivenot, mikroskopische Untersuchungen des Syenits von Blansko 140, — Wiegmann, ein oberoligocänes Geschiebe bei Hohendorf 311. Oryctognosie. G. Brush, der am 5. Decbr. 1868 in Franklin Alabama gefallene Meteorit 146. — Dove, Verhalten des Achats im mägneti- schen Felde 142. — A. Frenzel, Zusammensetzung des Plumbostib und Embrithit 233. — P. Groth, Zusammenhang zwischen Krystallform und chemischer Constitution 229. — H. Guthe, krystallographische und mine- ralogische Notizen 142. — W. Hankel, über die thermoelektrischen Eigenschaften des Topases 143. — @. Hauenschild, mikroscopische Un- vii tersuchung des Predazzites und Penkatites 314. — H. C. Holm, Analyse eines Magnetkieses von New-York 146. — Fr. Klose, über das Wachs- thum der Krystalle 317. — Krejei, Zusammenhang der gyroidischen Kry- stallform mit der eircularen Polarisation 514. — @. Moore, Vorkommen des amorphen Quecksilbersulfids 234. — O. v. Petrino, podolisches Phos- phoritvorkommen 144. — CO. Rammelsberg, zur Kenntniss der Meteoriten 83; Zusammensetzung des Lievrits 233; Zusammensetzung der natürlichen Tantal- und Niobverbindungen zunächst des Tantalits, Columbits und Pyrochlors 429. — A. E. Reuss, zwei neue Pseudomorphosen 81. — H. Rosenbusch, merkwürdige Chalcedonconcentionen aus Brasilien 145. — J. Rumpf u. Fr. Ullik, Ullmannit oder Nickelantimonkies von Wal- denstein in Kärnthen 315. — Safarik, der erste böhmische Diamant 513; über böhmische Kaoline 514. — Sartorius v. Wallershausen, über den Isomorphismus des schwefelsauren Bleies, Baryts, Strontians, Kalks, Na- trons und Ammoniaks 82. — Alb Schrauff, über Labradorit 316. — L. Smith, Meteoreisen von Wisconsin 146. — E. Tietze, Vorkommen von gediegen Kupfer zu Maidanpeck in Serbien 144. — Tschermak, Simopyit neues Salz von Hallstadt 313. — F. Wöhler, das angebliche Meteoreisen von der Collina di Brianza 84; Analyse des Pyrosmalithes 85. — v. Zepha- rovich, mineralogische Mittheilungen 316. — F. Zirkel, über den mikros- kopischen Tridymit 145. Palaeontolsgie. E. Beyrich, die Basis der Crinoidea bra- chiata 87. — Bleisch, neucs Diatomeenlager in Schlesien 432. — Alb. Brandt, über fossile Medusen 434. — J. F. Brandt, über das Haar des Mammut 436. — H. Burmeister, über das Becken von Megatherium 86, — Cohn, über den merkwürdigen Steinkohlenpilz Archagaricon 325. — Duncan, monograph of the british fossil Corals 516. — €. v. Ettings- hausen, zur fossilen Flora von Radoboi 321. — Ewald, paläontologische Untersuchung eiuiger norddeutsche Neocomvorkommnisse 148. — 0. Feist- mantel, Pflanzen aus dem Nyraner Gaschiefer und dessen Lagerung 433. — A. Fritzsch, Thierreste aus der Breitelkohle von Nyran bei Pilsen 434. — H. Goeppert, die den Bernstein liefernden Coniferen 324. — ©. W. Gümbel,, über Nulliporenkalk und Coccolithen 86. — Fr. v. Hauer, Pse- phophorus polygonus im Sandstein von Neudörfl 85. — J. W. Hulke, Amphibienreste von der Insel Gozo bei Malta 150. — A. Kornhuber, neuer Saurier aus Lesina 436. — Ed. v. Mojsisovies, Aulacoceras ein Belemnitide 435. — W. Neumayr, Indentität von Perisphinctes Greppini und P. oxyptychus 85. — R. Owen, Monograph of the reptiles of the liasie formations 507; on the british fossil Cetacea 517. — J. Phillips, Mono- graph of the british Belemnitidae 516. — BE. Posepny, über die von Moore entdeckte Petrefaktenführung der Erzgänge NWEnglands 147. — J. Po- wrie u. Lankester, Monograph of the fishes of the oldred sandstone 516. — R. Richter, aus dem thüringischen Schiefergebirge 148. — F. Unger, Anthracitlager in Kärnten 420. — E. Weiss, Studien über Odon- topteriden 234. — J. ©. Winkler, Memoire sur le Coelacanthus harle- mensis 150. — H. Woodward, tertiäre Conchylien des Amazonenthales 235. — Th. Wright, Monograph of the british fossil Echinodermata 516. — A. de Zigno, fossile Pflanzen im Marmor im Venetianischen 433. Botanik. P. Ascherson, über Standorte der Pilularia 239. — de Bary, über die Befruchtuugsorgane bei den Characeen 517. — Buche- nau, beachtenswerthe Monstrositäten 240; zur Naturgeschichte der Jun- caceen 437; interessante Bildungsabweichungen 439; Nachträge zur Kritik der Butomeen, Alesmaceen und Juncagineen 441; über Cardamine silvatica 441. — F.Cohn, über Pilzepidemie bei den Insecten 238. — C. E. Eiben, zur phykologischen Charakteristik der ostfriesischen Inseln und Küsten 152. — W. 0. Focke, Untersuchungen über die Vegetation des NW deutschen Tieflands 153. — J. Glowacki u. F. Arnold, Flechten aus Krain und dem Küstenlande 89. — Th. Härtig, Entwickelungsfolge und Bau der Holzfasernwandung 326. — Fr. Hazlinsky, die Sphärien der Rose 90. — VviI v. Hohenbül-Heufler, Frz Mygiad ein Beitrag zur Geschichte der Botanik 151; die angeblichen Fundorte von Hymenophyllium tunbridgense 238. — J. Juratzka, Muscorum species novae 89; Beitrag zur Moosflora des Orienrs 89. — H. Klein, mykologische Mittheilungen 89. — C. Koch, die spanische Weisstanne 91; die Alpenveilchen, Cyclamen 91. — Krasan, über die periodischen Lebenserscheinungen der Pflanzen im Anschluss an die Flora von Görz 236. — H. Mann, über die neuen Gattungen Alsini- dendron, Platyderma und Brighamia und über die Hawaische Flora 442. — J. Milde, Nachtrag zur Monographia Botrychiorum 151. — Pepitsch, über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen 325. - Pringsheim, die männlichen Pflanzen und die Schwärmsporen der Gattung Bryopsis 519, — AH. 0. Reichardt, Miscellen 39. 151. — J. Romer, über 'Pflanzen- eigenwärme 152. — Schulzer v. Müggenburg, mykologische Beiträge 15%; desgleichen aus Ungarn 236. — Simony, zur Kunde der obersten Getreide- und Baumgrenze in W Tyrol236. — J. Wiessner, zur Kenntniss der indischen Faserpflanzen und der aus ihnen abgeschiedenen Fasern nebst Beobachtungen über den feinen Bau der Bastzellen 392. Zoologie. Ad. Ayassiz, Jugendzustände der Seeigel 160. — v. Ball, Verzeichniss der auf den Andamanen beobachteten Vögel 337. — R.Bergh, anatomische Untersuchung des Tribonisphorus Schüttei, Phi- lomyeus carolinensis und australis 480. — v. Bergenstam, die Metamor- phose von Platypeza holosericea 165. — Bianconi, Specimina zoologica mossambignana 94. — Ed. Claparede, zur Anatomie und Entwickelungs- geschichte der Seebryozoen 157. — W. Dönitz, Beobachtungen über Ra- diolarien 521. — B. Dybowsky, zur Kenntniss der Wassermolche Sibiriens 248.— @.X. Fieber, Dodekas europäischer Hemiptera 215.— A. Fried- lowsky, missgebildete Affenhand 248; gelappte Gallenblase bei einer Katze und einem Hunde 248. — Gould, neue Pitta von Borneo 337. — V. Graber, faunistische Studien in der syrmenischen Bucht, Orthopteren 246. — v. Gredler, Rhynchota tyrolensia 245. — J. Jachno, Fluss- und Landeonchylien Galiziens 248. — Kirchbaumer, vier neue Hummel- arten 166. — Klunzinger, zoologische Exkursion auf ein Korallenriff des rothen Meeres 248; Synopsis der Fische des rothen Meeres I. 335. — Kölliker, neue Alceyonaria, Pseudogorgia Godeffroyi 446. — G. Krefft, neuer australischer Wal 447. — H. Landois, zur Entwick- lungsgeschichte der Schmetterlingsflügel in der Raupe und Puppe 332. — W. v. Nalhusius, die Schale des Ringelnattereies und die Eischnüre der Schlangen, Batrachier und Lepidopteren 335. — @. Mayr, Formicidae novae granadenses 334; neue Formieiden 247; die mitteleuropäischen Eichengallen in Wort und Bild (Wien 1871) 416. — A. Metzger, über das Männchen und Weibchen der Gattung Lernaea vor dem Eintritt der rückschreitenden Metamorphose 241. — L. Miller, zwei neue ÖOtiorhynchus 167. — H. A. Pagenstecher, Echinococcus bei Ma- cropus major 523; über den Embryo von Macropus major 526. — W. Peters, Propithecus Deckeni aus Madagaskar 92; die Gattungen und Arten der Hufeisennasen 528; neue Eidechsen 99. — R. A. Philippi, neues Faulthier 93; neue Seesterne aus Chili 94. — A. Pseudhomme de Borre, neuer amerikanischer Alligator 167. — Rogenhofer, über Synonymie und frühere Stände von Earias insulana und Beschreibung einer neuen Art 247. — Rupertsberger, Biologisches über Käfer 246. — A. Schmidt, über den Rübennematoden 442. — 0. Schmidt, das natürliche System der Spon- gien 155. — Seibert, Zucht der Laudschnecken in Aquarien 93. — F. Stoliczka ‚Züber indische und malaische Amphibien 337; zur malaischen Ornithologie 447. — Troschel, über den Sexualunterschied bei Neosilurus brevidorsalis 243. — R. v. Willemoes Suhn, über einen Balanoglossus im Nordmeere 9. — J. Winnertz, Heteropeza und Miastor 163; die Gruppe der Lastreminae 164. Ueber das erzgebirgische Schieferterrain in seinem nordöstlichen Theile zwischen dem Rothliegenden und Quadersandsteine Taf I. Von Hermann Mietzsch, Lehrer am Technicum zu Frankenberg. Das Schieferterrain, von welchem eine geognostische Beschreibung im Folgenden gegeben werden soll, tritt ober- halb Dresden, in den Thälern von Kauscha und Lockwitz, unter den Gesteinen jüngerer Formationen hervor und erstreckt sich, in südösllicher Richtung, bis Berggiesshübel, woselbst es unter einer mächtigen Decke von Quadersandstein wieder verschwindet. Gegen Südwesten lehnt es sich an die (meisse des Erzgebirges, während es gegen Nordosten an dem Granite des Elbthales abschneidet, welcher auch da die Grenze zu bilden scheint, wo die Auflagerung späterer Bildungen die Beobachtung unmöglich macht. Dieser ohngefähr eine Stunde breite Schieferstreifen ist in einer Längsausdehnung von 4—5 Stunden fast vollständig von jüngeren Gebirgsarten ent- blösst, so dass seine Gesteine an den meisten Punkten un- mittelbar unter der Ackerkrume zu finden sind, oder in steilen Felsen an den Thalgehängen anstehen. Bezüglich der Stellung dieses Gebirgtheiles zu den übri- gen erzgebirgischen Schiefergebieten ist schon durch frühere Beobachtungen dargethan worden, dass das Döhlener Stein- kohlenbassin durch den Thonschiefer unterteuft wird, so dass es also keinem Zweifel unterliegen kann, dass wir hier nur die Fortsetzung jener mächtigen Schieferschichten vor uns haben, welche in mantelförmiger Lagerung das Erzgebirge ununterbrochen, von Tharand an, über Nossen, Oederau, Schwarzenberg, bis zum Fichtelgebirge, umschliessen. — Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 1 2 Aber auch von diesem Terrain gegen Südosten treten Ver- hältnisse auf, nach denen wohl angenommen werden darf, dass diese Schiefer keineswegs an dem Bruchrande des Erz- gebirges abschneiden, sondern innerhalb des Gebiets der erz- gebirgischen Hebung bleiben und sowohl mit den bei Mittel- grund im Quadersandsteine auftretenden Thonschieiern, als auch mit den Gesteinen des Jeschkengebirges im Zusammen- hange stehen. Vergleicht man die von Cotta*) beschriebenen Verhältnisse der 'Thonschiefer des Jeschkengebirges mit den im vorliegenden Gebiete anstehenden Gesteinen, so wird man in mehrfacher Beziehung grosse Aehnlichkeiten finden. Be- trachtet ınan ferner die Längenausdehnung jenes Gebirges als die mittlere Streichungsrichtung seiner Thonschieferschichten und beachtet, dass Cotta in den obengenannten Vorkommen desselben Gesteins im Elbthale die Fortsetzung des eben genannten Thonschiefergebiets erblickt, so erhält in der That die Annahme grosse Wahrscheinlichkeit, dass auch diese, in Bezug auf ihre Stellung bis jetzt rälhselhaften Thonschiefer nur die Fortsetzung des erzgebirgischen Schieferinantels seien, und zwar- um so mehr, als die seitliche Begrenzung, durch Gneiss und Granit der in diesem nächstbenachbarten Theile vollständig entspricht. Die Angaben v. Gutbiers (in den geog- nostischen Skizzen aus der sächsischen Schweiz) über die Richtung der erzgebirgischen Hebung und den südlichen Bruch- rand im Quadersandstein scheimen dieser Annahme durchaus nicht zu widersprechen. Die Stellung der jenseit des Bruch- randes bei Ober Wellhotten und Leschtina auftretenden Schiefer dürfte jedoch noch zweifelhaft sein. Die wichtigsten Werke, in denen der vorliegende District bis jetzt beschrieben wurde, sind folgende: Charpentier, Mineralogische Geographie der chursächsi- schen Lande. Leipzig 1778. C. v. Raumer, Geognoslische Fragmente. 1811. Bonnard, Essai sur l’Erzgebirge, Journal des Mines, vol. 38 (hier eitirt nach Leonhards Taschenbuche 1822). Hoffmann, Uebersicht der orographischen und geo- gnostischen Verhältnisse vom nordwestlichen Deutschland. Leipzig 1830. *) Geognostische Beschreibung des Königreichs Sachsen, Heft IV. B Naumann und Cotta, Geoguoslische Beschreibung des Königreichs Sachsen etc. Heft V. 1845. Da ich später Gelegenheit haben werde, die von diesen Autoren geltend gemachten Ansichten zu besprechen, so unterlasse ich hier, das von ihnen über diesen Distriet bereits Gesagte zu skizziren. | Seit dem Erscheinen dieser Beschreibungen, von denen die letzte nur den kleineren, für geognostische Beobachtungnn minder günstigen Theil schildert, hatte sich jedoch die Auf- merksamkeit der Geognosten mehr und mehr auf die vorsi- lurischen Formationen gerichtet. Die überraschenden Resul- tate, zu denen man in den letzten Jahrzehnten namentlich über den Bau der eozoischen Formationen Nordamerikas und Sceandinaviens gelangt war, sie mussten wohl einigen Zweifel darüber erwecken, ob unsere Ansichten über diese Urschiefer des Erzgebirges durchgängig die richtigen seien, zumal da diese Ansichten sich auf Untersuchungen stützten, die in den ersten dreissig Jahren unsers Jahrhunderts, z. Th. unter ungünstigen Verhältnissen, gemacht worden waren. Angeregt und unter- stützt von den Herren Professoren Dr. Naumann und Dr. Gredner meinen Lehrern, unternahm ich es darum, den nordöstlichen Theil dieses Gebiets, in welchem mir eine ge- naue Ortskenntniss zu Gebote stand, zu untersuchen. Bei Ver- öffentlichung der von wir dabei gewonnenen HKesultate be- nutze ich die Gelegenheit, meinen verehrten Lehrern er- gebensten Dank für die freundliche Unterstützung mit litera- rischen Hilfsmitteln, wie auch für die vielen, mir mündlich . und schriftlich gewordenen Nittheilungen hiermit auszusprechen. Bereits oben sind flüchtig die begrenzenden Formationen genannt worden. Es erübrigt hier noch,@den Verlauf dieser Grenzen näher zu bezeichnen. Die Grenze gegen den Gneiss tritt westlich der von Lungwitz nach Maxen führenden Strasse in der Nähe der bort befindlichen kleineren Kalköfen aus der Ueberdeckung des Rothliegenden hervor. Die Oberflächenformen der drei hier aneinanderstossenden Formationen unterscheiden sich so deutlich, dass dieser Punkt sehr leicht aufzufinden ist. Der Gneiss, stets das Schiefergebiet überragend, begrenzt von da ab den Schiefer längs einer ziemlich geraden Linie bis zum 1 * Käferhügel bei Nenntmannsdorf. Dort sind die Grenzpunkte auf eine kurze Strecke durch ein grobes zuweilen breccien- artiges Conglommerat, in welches ein Kohlenflötz eingelagert ist, überdeckt, so dass ich unentschieden lassen muss, ob die auf den Kartei; angegebene Grenze daselbst die richtige ist. Nach den ungestörten Verhältnissen, welche die Schieferschich- ten in unmittelbarer Nähe zeigen, möchte ich dies bezweifeln. Deutlich tritt die Grenze erst wieder an dem südwestlichen Gehänge des Gersdorfer Thales auf, wo die zackigen und steilen Gneissfelsen den Schiefer, wie auch den später zwischen beiden lagernden granitartigen Porphyr überragen. Dieser letztere bildet in dem weiteren Verlaufe die Grenze gegen Glimmerschiefer und scheint, zu beiden Seiten des Thals von Gottleuba, diesen deckenförmig zu überlagern. Weiter süd- östlich tritt Gmeiss und Glimmerschiefer wieder hervor, doch wird ihre Grenzlinie, bis zum oberen Bahrathale*), von Quader- sandstein überdeckt. Ob sich zwischen der Grenze auch hier ein Prophyrgang fortsetzt, ist nicht zu bestimmen, scheint aber wahrscheinlich, weil granitartiger Porphyr bei Kratza sich zwischen Gneiss und Schiefer wieder vorfindet. Ohnweit des letztgenannten Punktes endlich verliert sich die Gneissgrenze, unter dem im Hartenstein aufragenden Quadersandsteine. Die Grenzegegenden Granittriti im Allgemeinen in diesem Theile des Schiefergebiets deutlicher hervor, als in den benachbarten, obgleich auch hier die Gesteine der Kreideperiode namentlich Pläner, dieselbe oft überdecken. Schon an dem nördlichsten Punkte dieses Terrains, an welchem der Schiefer inselartig hervortritt, in dem Thale von Kauscha, stehen, un- terhalb des Dorfes Kauscha, Granit und Thonschiefer neben einander an, während sie auf den Höhen von einer Decke von Pläner überlagert werden. Am oberen Ende des Dorfes Lo:kwitz ist diese Grenze abermals entblösst. Der Granit, eigentlich noch Syenitgranit, ist, namentlich am linken 'Thal- rande, in einem Steinbruche auf das Herrlichste aufgeschlossen. =) Ich erlaube mir die Bezeichnungen obere und untere Bahra, sowie oberes und unteres Bahrathal zu gebrauchen, weil in diesem Gebiete 2 Bäche gleiches Namens vorkommen, und verstehe unter der erstern den in die Gottleuba, unter den letztern den in die Seidewitz fliessenden Balhra- bach. 5 Von hier aus läuft die Granitgrenze durch den Grund von Kleinröhrsdorf (die Prinze), wo die Grenze oberhalb Bosewitz liegt; dann über Gorknitz, Sürssen und die Sürssgründe, nach jener berühmten Stelle am Wehre der Köttwilzmühle (siehe unten), durchschneidet das Thal der Müglitz und verschwindet bei den obersten Häusern von Köttewitz unter Sand und Lehm- schichten. Erst im Seidewitzgrunde, bei der Eulmühle, tritt diese Grenze einigermassen wieder hervor, wendet sich an- fangs fast genau südlich nach Zwirtschkau und geht dann, ohngefähr parallel der Streichungsrichtung der Schieferschichten, durch das Thal der niederen Bahra, nach dem von Ottendorf nach Dohna sich ziehenden Grunde, in welchem sie wenig oberhalb des von Ottendorf nach Dohma führenden Weges unter dem Quadersandsteine verschwindet. Für die weitere Bestimmung ihres Verlaufs dürfte der Granitfelsen im Gott- leubathale, unterhalb Zwiesel, sowie der herrliche Grenzpunkt zwischen Thonschiefer und Granit, im Bette der Elbe und an den beiderseitigen Thalgehängen bei Mittelgrund in Böhmen von Werth sein. (Die Beschreibung beider Orte findet sich in v. Gutbier’s geognostischen Skizzen aus der sächs. Schweiz). Dieses angrenzende Schiefergebiet, dessen mittlerer Theil dem Dohna- Granite Bonnard’s entspricht, bildet in der Tiefe jedenfalls ein Ganzes und ist als solehes wiederum nur ein Theil des grossen Syenit-Granit-Gebiets, welches sich auf beiden Seiten der Elbe verbreitet (Vergl. Geognost. Beschreib. d. Königr. Sachsen, V, 2 Abtheilung). Die Ueberlagerung im Nordwesten wird von dem Rothliegenden des Döhlener Bassins, dem Pläner und (obwohl nur auf eine kurze Strecke) von Quadersandstein gebildet. Das Rothliegende wie es an dieser Bedeckungsgrenze auftritt, besteht wesentlich aus geflecktem, plattenförmigen Thonstein und Porphyrpsammit, der bald breccienartig bald conglomer- artig ist. Die Grenze läuft von dem oben angegebenen Grenz- punkte des Gneisses mit dem Thonschiefer und Rothliegen- den bei Maxen unterhalb der nördlichen Kalkbrüche vorbei; biegt dann nach Norden und geht über Wittgensdorf nach dem Langenberge bei Gommsen. Ander Westseite der Kiesel- schiefermassen desselben sich hinziehend, erreicht sie das Lockwitzthal,, welches sie durchsetzt. Jenseit dieses Thales 6 biegt sie zurück und zieht sich auch an der Nordostseite des genannten Bergrückens, noch auf eine kurze Strecke hin, bis zu einem kleinen Reste von Quadersandstein, welcher unter der Ackerkrume sich vorfindet. Der hier, von dem Rothliegen- den und Quadersandsteine gebildete Vorsprung hat seine Ööst- liche Grenze gegen den Thonschiefer ohngefähr an den tiel- sten Punkten der flachmuldenförmigen Vertiefung, die am rechten Rande des Lockwitzthales zwischen dem Langenberge und der Höhe bei Burgstädtel sich vorfindet. In der Richtung derselben, streicht die Grenze auf die im Lockwitzthale liegen- de Hummelmühle zu, jenseit welcher sie sich an der linken Seite des Thales herab-, etwas unterhalb dieser Mühle aber über den Bergabhang hinaufzieht. Auf der Höhe wird nun der Schiefer von Pläner überdeckt, der die Grenze bis zum Granitbruche bei Lockwitz bildet. Die Grenze gegen Südost wird durch die gewal- tige Ablagerung von Quadersandstein, die in der sächsischen Schweiz so schön hervortritt, und auf kurze Strecke von dem Granit gebildet. Sie beginnt an dem oben angeführten Punkte im Ottendorfer Grunde, wo die Granitgrenze unter dem Quadersandsteine verschwindet. Mit verschiedenen Krüm- nungen, immer aber durch die Oberflächenformen deutlich characterisirt, läuft sie, in südlicher Richtung, bis an das oberste Ende von Ottendorf; umgrenzt dann, anfangs nahezu südwest- lich, später aber wieder südlich verlaufend, die Gersdorfer Haide bis zu den Gersdorfer Brüchen. Von hieraus über- lagert der Sandstein in einem schmalen Arme den Schiefer bis an den granitartigen Porphyr bei Hartmannsbach und schliesst so das Gotlleubathal in diesem Theil von dem be- nachbarten Gersdorfer Thale ab. lenseit dieses Armes biegt die Grenze unter einem rechten Winkel nach Osten zurück und geht über den Ladenberg (bei Berggiesshübel) nach Zwiesel, von wo sie, jenseit des T'hales fortsetzend, in nahe- zu südlicher Richtung auf die Granitmasse des grossen Hornes zu läuft. Der Granit dieses Berges bildet hier die Grenze des Gebiets, welche anfangs parallel der Teplitzer Strasse geht, später nach dem Thale von Markersbach zurückbiegt. Jenseit dieses Thales tritt wieder Quadersandstein auf, welcher 7 fhalaufwärts die Grenze bis an den schon genannten Harten- stein bildet, Die Lagerung dieses ohngefähr 10,000 bis 14,000 Fuss mäch- tigen Schichtencomplexes auf (oder an) dem (meisse ist discor- dant, indem die Schichten des letzteren an der Grenze fast durchgängig ostwestlich streichen, ausserdem auch von dem der Schieferschichten verschiedenes Fallen zeigen. Ein Parallelis- mus der Schichten beider Gesteine, wie er strichweise in be- nachbarten Schiefergebieten beobachtet wurde, scheint hier nicht vorzukommen. — Wie die gegenseitige Lagerung des Gneisses und Schiefers im Einzelnen sich erweise, muss hier unentschieden bleiben, da eine genauere Kenntniss dieser Ver- hältnisse erst dann zu erwarten ist, wenn wir über die Archi- tectur des ganzen erzgebirggischen Gneissterritoriums besser unterrichtet sein werden, als dies leider gegenwärtig der Fall ist. Vollständiger und gründlicher erforscht sind die Verhältnisse des Schiefers zum Granite. Carl v. Raumer war zwar der Erste, welcher den Verlauf der Grenze zwischen beiden Ge- steinen genauer bestimmte; allein der Umstand, dass diese Grenze dem Streichen des Schiefers fast durchgängig ziemlich parallel erscheint, veranlasste ihn zu der Annahme, dass über- haupt zwischen den Schieferschichten und dem Granite voll- kommene Concordanz herrsche, ja, dass der Granit gewisser- massen als die Fortsetzung des Schiefers anzusehen sei*). Später zeigten Hoffmann und Naumann an einem präch- tigen Aufschlusse in diesem Gebiete, dass diese Ansicht falsch sei. Dieser Beobachtungspunkt liegt in Müglitzthale am Wehre der Költewitzer Papierfabrik. An dem ziemlich hohen linken Thalabhange ist die Grenze zwischen den steil stehenden Schieferschichten und dem Granite deutlich genug entblösst, um eine gründliche und entscheidende Beobachtung zu ermög- lichen. Sieht man von den vielfachen Stauchungen und Biegungen ab, wie sie in den Schiefern zwischen Weesenstein und ‚diesem Beobachtungspunkte ausserordentlich häufig zu finden sind, so kann man behaupten, dass der Schiefer ohne bedeutende Ver- änderungen sich bis in die Nähe der Granitgrenze ziehe. Erst *) Geognostische Fragmente, pag. 7—27. 8 wenig oberhalb dieser letzteren machen sich bedeutendere Störungen in der Lagerung und eine Veränderung des pelro- graphischen Characters der grauwackenähnlichen Schiefer be- merkbar. Was die Lagerung betrifft, so zeigt sich eine Auf- richtung der Schichten, zu der sich bald eine vielseitige Zer- klüftung gesellt. Während die falsche Schieferung in diesem Gebiete überhaupt doch nur selten vorzukommen scheint, ist sie hier neben der Zerklüftung in so hohem Grade vor- handen, dass durch sie und eine ausgezeichnete parallelepi- pedische Absonderung, die die Stellung der Schieferschichten, zwischen dem Falkenhainer Grunde und dem Granite, verdeckt wird und trotz neuerer Aufschlüsse nicht mit Genauigkeit zu bestimmen ist. — Der petrographische Character des Gesteins ist in unmittelbarer Nähe des Granits ausserordentlich ver- ändert. Der feinkörnige Schiefer, welcher wenig vorher noch in ziemlich regelmässige und dünne Platten sich spalten lässt, wird sehr dicht und bekommt eine röthlich - braune Färbung, die bei dem verwitternden Gesteine schmutzig -roth wird. Ausserdem aber scheiden sich grosse Quarzitmassen, sowohl im Gesteine selbst, als auch auf den Spalten desselben aus. An den Grenzflächen derselben findet sich häufig Glimmer in grossen Schuppen regelmässig zwischen gelagert. Wo dies nicht der Fall ist, geht der Quarzit ohne deutliche Grenze in den Schiefer über. Die Form dieser Quarzitmassen ist ver- schieden; bald°sind sie rund, bald eckig, bald elliptisch, bald zu längeren Streifen ausgedehnt*). — Gegen den Granit nimmt sowohl die Festigkeit des Schiefers als auch die Menge von Ausscheidungen zu. Dieser Grenzpunkt, auf dessen benachbarte eigenthümliche Schieferschichten ich vorher aufmerksam zu machen für nöthig fand, war es nun, an dem überzeugend das Gegentheil von der Ansicht C. v. Raumers nachgewiesen werden Konnte. Friedrich Hoffmann, welcher, am Schlusse seiner Unter- *) Ich will nicht in Abrede stellen, dass manche dieser von mir als Ausscheidungen beschriebenen Quarzitmassen grosse Aehnlichkeit mit den Apophysen zeigen, wie sie am Granitgange bei Weesenstein ausgebildet sind. Nas Fehlen des Feldspaths und der Uebergang in den Schiefer, welchen ich an einigen derselben beobachtete, bestimmte mich, diese Mas- sen als Ausscheidungen anzusehen, 9 suchungen über die geognostischen Verhältnisse des nordwest- lichen Deutschlands, 1828, diese Gegend besuchte, erkannte vornehmlich an diesem Punkte das wahre Verhältniss des Gra- nits zum angrenzenden Schiefer und gab sowohl in Poggen- dorffs Annalen (XVI, 1829, pag. 536), als auch inseinem Werke: „Uebersicht der orographischen und geognostischen Verliält- nisse des nordwestlichen Deutschlands“ (pag. 410 f.), eine Be- schreibung dieses Grenzpunktes*). Er gelangte bei der Unter- suchung zu dem Resultate, dass der Granit ‚den Schiefern nichts weniger als aufgelagert sei,“ vielmehr dessen Schichten in der Tiefe deutlich abschneide, Die Wichtigkeit dieser Thatsache für Geognosie und Geo- logie bestimmte später Naumann eine auf geognostische Messung gegründete Vergleichung zwischen der Lage der Auf- lagerungsfläche und der Lage der Schieferschichten, — sowie beim Entwurfe der ‚‚geognostischen Karte des Königreichs Sachsen etc.,“* eine markscheiderische Aufnahme der Grenz- verhältnisse dieses Punktes vorzunehmen, seine Lage mit der der nächstbenachbarten Grenzpunkte zu vergleichen und die Stellung des Granits zur Streichungs- und Fallrichtung der Schieferschichten genau zu bestimmen. Diese gründlichen Un- tersuchungen ergaben folgende hier in Betracht kommende Resultate: Die Granitgrenze, wenn auch manchmal dem Strei chen der Schiefer parallel, zeigt doch grosse Unregelmässig- keiten und greift zuweilen bedeutend in die Schieferschich- ten ein. Die Auflagerungs- und Grenzflächen zeigen eine sehr unregelmässige Form. Der Granit ist dem Schiefer theils an- gelagert. Beide Gesteine greifen stellenweise ineinander, „in- dem die Enden einzelner Schieferschichten in den Granit auf- wärts ragen, während keilförmige Absenker in den Schiefer abwärts dringen“ (Geognost. Beschreibung des Königreichs Sachsen etc. von Naumann und Cotta. Heft V, Seite 133—-139, und Karstens Archiv, Bd. IV, S. 184 fi.) Innerhalb dieses so begrenzten Gebietes tritt der Thon- schiefer und die ihm verwandten Gesteine auf. Vermöge der Formen seiner Oberfläche unterscheidet er sich oft schon auf den ersten Blick, von den umgebenden Gesteinen. Bei der Ä *) Die Skizze, welche er in dem letztgenannten Werke davon giebt, ist als Durchschnitt vollkommen entsprechend. 10 Characteristik dieser Formen, muss man vor allem die in den tiefen Thälern, von denen auf den plateauartigen Sätteln zwischen diesen unterscheiden. Auf letzteren sind die Ober- flächen ziemlich sanft wellenförmig, manichfach gebogen und gewölbt. Nur hier und da ragt eine kleine Kuppe oder ein schmaler Rücken über die hügelige Fläche des Terrains be- merkbarer hervor. Diese Erhöhungen bestehen entweder aus Quarzit, Kieselschiefer und festeren Schiefermassen, oder aus fremdartigen Einlagerungen von Porphyr, Granit und Diorit. Ausgezeichnet treten diese Verhältnisse u. a. hervor, wenn man von den bei Maxen gelegenen Höhen, namentlich denen im Gneissgebiete, das Schiefergebirge überblickt. Zugleich gewähren diese Punkte einen herrlichen Anblick der Thal- formen, sowie der typischen Formen der den Schiefer be- grenzenden Gebirgsarten. Auf der westlichen Seite des Pa- noramas bemerkt man den durchschnittlich etwas höher als das Schiefergebirge emporragenden Gneiss mit seinen höheren bewaldeten Kuppelformen, die fast immer zackige, spärlicher von Erde bedeckte Felsen zeigen; während im Südosten das Quadersandsteingebirge auftritt, welches von Pirna an bis nach den südlichsten Theilen des Schieferdistriets als eine ge- waltige Mauer über die Umgebung sich erhebt und fast nie abgerundete, sondern meist schroff ansteigende, oben flache Bergkuppen trägt. Anders ist die Physiognomie der Thalgehänge und der an ihnen anstehenden Felsen. Während die ersteren ziemlich steil sind, hin und wieder aber doch noch von krummen Flächen begrenzt werden, sind letztere vielfach gezackt und steigen nicht selten fast senkrecht in die Höhe. Ein zu bei- den Seiten jäh abfallender Felsengrat setzt zuweilen in das Thal und verengt dasselbe. — Derartige Verhältnisse zeigen fast alle Hauptthäler dieses Gebiets. Besonders schöne Bei- spiele dafür bieten das Müglitzthal in der Umgebung von Weesenstein und das Seidewitzthal bei der sogenannten wil- den Kirche unterhalb Nenntmannsdorf. Der erstgenannte Punkt ist besonders schön wegen der Manichfaltigkeit der Schiefergesteine, zu denen sich der Tronitzer Syenit - Granit- gang gesellt. 11 Nicht weniger interessant, als diese angenehmen Formen des Gebiets für den Freund der Natur überhaupt sind für den Geognosten die sich hier findenden Lagerungsverhältnisse der Schiefergesteine.e Das im Allgemeinen aus mächtigen La- gern verschiedener Kalksteine, Thonschiefer, Kieselschiefer, Quar- zite und Grauwackenschiefer, zwischen denen sich verschiedene Erzlager und eruptive Gesteine finden, gebildete Terrain, zeigt eine Streichungsrichtung seiner Schichten, welche der Längs- ausdehnung und dem Verlaufe seiner Grenzen zu Gmeiss und Granit ungefähr entspricht. Während in dem nördlichen Theile, sowie auch zwischen dem Müglitz und Seidewitzthale das Streichen der Schichten durchschnittlich NW.—-SO. (hor. 9— 10) ist, erfährt der ganze Schichtenbau durch einen zwischen Gneiss und das Thonschiefergebiet eingezwängten Keil von Glimmerschiefer im südlichen Theile eine Verdrückung, sö dass das Gebirge olıngefähr von der Liebstadt-Pirnaer Strasse an in die ostsüdöstliche Streichungsrichtung gedrängt wird, die es in der Gegend von Berggiesshübel auch nahezu zeigt (hor. 3,1 — 1,4). Grössere Schwankungen zeigen sich im Fallen der Schich- ten *). In dem nördlichen Theile bis zum Müglitzthale herrscht fast durchgängig nordöstliches Fallen, welches allerdings zwi- 60°— 90° schwankt. Am steilsten stehen die Kalkschichten in den Brüchen von Maxen. Dieselben sind es auch, welche unter manichfaltigen Biegungen zuweilen an den Schichten- köpfen um 80°— 90° SW. zu fallen scheinen. — Im Seide- witzthale dagegen zeigen die Schichten im untersten Theile des Thales entschieden fächerförmige Stellung. Die Axe der- selben liegt in den Dioritgängen von Oberseidewitz. Die nach dem Granite zu liegenden Schichten zeigen bei regelmässigem südostnordwestlichen Streichen südwestliches Fallen, welches zwischen 70° und 90° schwankt. In der Nähe des Diorits be- merkt man durchgängig verticale Stellung der Schichten, bis endlich oberhalb der wilden Kirche das Fallen nach Nordost wieder bemerkbar wird. In der Nähe der Nenntmannsdorfer Mühle zeigen die Schichten wieder 70° Fallen in NO. Von hier an schwankt das Fallen der Schichten in dem oberen Theile des Thales zwischen 80° und 60° NO. Vergl Fig. I u. II der beigegebenen Tafel. 12 Regelmässiger und den Verhältnissen in dem nördlich vom Müglitzthale liegenden Theile entsprechender, zeigt sich die La- gerung im unteren Bahrathale, trotzdem auch hier der Diorit vorhanden ist. Die Schichten fallen 60° 80° NO. und merk- würdigerweise ist gerade das geringste Fallen im unteren Theile des Thales zu beobachten. Dieser Lagerung ähnlich ist die im Gottleubathale, obgleich grössere Schwankungen daselbst wieder vorkommen. Der bei Gottleuba auftretende Glimmerschie- fer, welcher durch concordante Lagerung und Gesteinsübergang mit dem Thonschiefer verbunden ist, zeigt die steilste Stellung der Schichten, wogegen der Thonschiefer am Ladenberge bei Berggiesshübel den geringsten Grad des Fallens zeigt. Die sich findenden Fallrichtungen schwanken zwischen 45° NO. und 90°. — Oestlich von Berggiesshübel scheinen jedoch andere Verhältnisse obzuwalten;, denn die Schichten, welche mit dem Zwieseler tiefen Erbstollen durchfahren worden sind, zeigen in diesem Stollen Schichtenstellungen, die abermals auf fächer- förmige Lagerung schliessen lassen. — Die Angabe Vogel- sang’s (in „Kupfer.- Magneteisenerzlagerstätten zu Berggiess- hübel“; Neues Jahrb. für Mineralogie, 1854, S. 843), nach welcher bei Berggiesshübel das Fallen der Schichten 15 '—90° betragen soll, scheint mir auf einem Irrthum zu beruhen. Bei den vielfachen Biegungen, Knickungen und Stauchungen, wel- che dieser Schieferdistrict häufig zeigt, dürfte 15° Fallen wohl nur an einer lokalen Biegung beobachtet worden sein. — In Bezug auf die Art und Weise, in welcher der Schie- fer und die ihm zugehörigen Gebirgsarten an der Zusammen- setzung dieses Felsenbaues Theil nehmen, haben bis jetzt die verschiedensten Ansichten geherrsch. Charpentier scheint im Sinne der zu seiner Zeit die Geologie beherrschenden Theo- rien die Ansicht gehabt zu haben, dass der hier in den west- lichen Gebirgsschichten vorkommende Kalk ununterbrochen an dem Baue der Schichten sich betheilige, denn er spricht von „einem Stück Marmorgebirge“, welches sich „zwischen den Dörfern Gersdordorf ohnweit Giesshübel, Borna, Nenntmanns- und Maxen zeige. Man könne diese Richtung und Ausdehnung nur nach verschiedenen Brüchen angeben, denn das durch- gängig schön angebaute Land verhindere übrigens alle Unter- sl®) suchungen, die man wegen der weiteren Ausdehnung und Lage dieses Kalkgebirges anstellen wolle (Mineralogische Geographie S. 48). — Diese Behauptung, für die Charpentier den Be- weis nicht geliefert hat, konnte um so weniger Anklang fin- den, als dabei nicht nur die geotectonischen Verhältnisse der umgebenden Gesteine gänzlich unberücksichtigt blieben, sondern auch die Lage der Kalksteine als horizontal angegeben wurde. — C. v. Raumer nahm nicht nur, wie ich oben erwähnte, in rein neptunistischem Sinne die regelmässige Auflagerung des Elbgranits auf dem Schiefer als die Fortsetzung des letzteren an, sondern stellte sogar den Tronitzer Syenit- Granit- Gang als einen Vorläufer des Elbgranits hin. — Friedrich Hofimann unlerliess es in den oben genannten Schriften gänzlich sich bezüglich seiner Ansichten über die Lagerung der Gesteine dieses Gebietes auszusprechen. — Der Umstand, dass sowohl alle gleichzeitigen wie späteren Beobachtungen die Ansicht Charpentier’s nicht zu unterstützen im Stande waren; die geringen Aufschlüsse in diesem, und ähnliche Verhältnisse in benachbarten Schiefergebieten machen es wohl erklärlich, dass spätere Beschreibungen dieses Gebiets ganz andere Verhältnisse der Geotectonik angaben, die bei der damaligen Kenntniss der Urgebirge allerdings als die richtigen erscheinen mussten. Die geognostische Landesuntersuchung, und bezüglich des nördlichen Theiles dieses Distriets, die Revisionsunter- suchungen Naumann’s führten zu dem Resultate, dass ge- wisse, dem Gebirge wesentlich angehörende Gesteine, nament- lich Kalk, Kieselschiefer und Quarzit nur als lokal eingelagerte, überhaupt als untergeordnete Gesteine anzusehen seien. Infolge- dessen stellte man zunächst das oben angeführte „Stück Mar- morgebirge“ Charpentiers, als eine Menge kleiner, lager- föormiger Vorkommnisse von Kalk in verschiedener Länge und Mächtigkeit auf den Karten dar. Von einigen dieser Lager bemerkte Naumann (Beschreibung des Königr. Sachsen, Heft V, S. 85), dass sie wohl in der Tiefe zusammenhängen möchten, wenn sie auch über Tage getrennt erschienen. --- Das Auf- ragen einzelner Kieselschieferkuppen, für deren Gesteine sich in den Thälern selten ähnliche Gesteinsvarietäten nachweisen liessen, führte ebenfalls zur Annahme des Vorhandenseins ge- Irennter Lager, deren man beispielsweise zwischen dem Lock- 14 witz- und Müglitzthale, eine grosse Anzahl angab *%). — In gleicher Weise wurde das Vorhandensein des Quarzits nur als lokal angenommen und angegeben. Diese zuletzt angegebenen Ansichten waren es denn auch, von denen ich bei Beginn meiner Untersuchungen ausging. Bald jedoch überzeugte ich mich, dass die geotectonischen Verhältnisse dieses Gebietes ganz andere seien. Die Schichten der meisten hier vorliegenden Gesteine erwiesen sich als Theile gewaltiger Parallelzonen, die das ganze Gebiet in gleicher Mächtigkeit durchziehen; und gerade ein Theil derjenigen Ge- steine, die man bis jetzt als lokale Einlagerungen betrachtet hatte, waren es zuerst, an denen sich mir die Ueberzeugung von der oben angegebenen Lagerung aufdrängte. Eigene Beob- achtungen und vielfache Versuche, die seitdem nach meinen Angaben in den verschiedensten Theilen gemacht worden sind, haben bis jetzt nur bestätigt, dass das ganze Schiefergebirge im vorliegenden Gebiete aus Schichtenzonen bestehe, die in paralleler oder fächerförmiger Lagerung sich nebeneinander hin- ziehen. Auch da, wo Biegungen im Gesteine vorkommen, ist dieser Parallelismus meist in der grössten Regelmässigkeit vor- handen. Ueber die Wichtigkeit, welche diese Entdeckung für die Erforschung des ganzen erzgebirgischen Schiefermantels, vielleicht auch für die des von demselben umschlossenen Gneiss- gebietes in Zukunft haben könnte, lässt sich gegenwärtig we- nig sagen. Nur an einigen Orten in der Umgebung meines jetzigen Aufenthaltsortes ist mir es in der jüngstverwichenen Zeit möglich gewesen, die daselbst auftretenden Thonschiefer selbst zu beobachten und zu vergleichen, wobei mir allerdings das Vorhandensein ähnlicher zonenartiger Lagerung unter an- derem in dem südöstlichen Theile der das sächsische Granu- litgebirge umgebenden Schiefer sehr wahrscheinlich gewor- den ist. Das Gestein der einzelnen Zonen ist in seiner petrogra- phischen Beschaffenheit nur geringen Schwankungen unterwor- fen, obgleich bei einigen infolge der mehr oder minder weit *) Auf einigen neueren Karten ist der Kieselschiefer am Müglitz- thale so angegeben, dass man an eine Auflagerung auf den Schiefer glauben möchte. 15 fortgeschrittenen Zersetzung an einzelnen Punkten Gesteinsvarietä- ten anstehen, bei denen man allerdings den ursprünglichen Habitus Kaum wieder erkennt. Ebenso ‚begründen die mehr oder minder regelmässige Spaltbarkeit und die grössere oder geringere Härte einige erhebliche Unterschiede, die ihren Grund “theils in der wnverkennbaren Einwirkung eruptiver Gesteine, theils in Stauchungen und Biegungen der Schichten, theils auch in der Einlagerung gewisser Mineralien haben. Nur bei eini- gen Kalkzügen lässt sich ein eigenthümlicher Wechsel in der Gesteinsbeschaffenheit beobachten. Es finden sich nämlich bei denselben zuweilen einzelne schmale Bänke oder auch Lenti- cularmassen eines kieselreichen , thonschieferartigen, ziemlich harten Gesteins, welche die Schichten quer durchsetzen, aber allseitig durch Gesteinsübergänge mit dem Hauptgesteine ver- bunden sind. Jedenfalls wurde eine derartige Veränderung durch kKieselsäurehaltige Quellen in der Weise bewirkt, dass ein Theil des Kalkes aufgelöst und durch Kieselsäure ersetzt wurde. Bei der Beschreibung der einzelnen Zonen will ich der Reihenfolge der Schichten in aufsteigender Ordnung folgen. Die den einzelnen Schichtensystemen eingelagerten Eruptivgesteine und Erze, mit Ausnahme des Granits, Diorits und Porphyrs und der Eisen- und Kupfererze, welche letztere eine geson- derte Darstellung erfordern, — sollen bei den Schichten, in denen sie sich finden, mit beschrieben werden. Wie bereits erwähnt wurde, lagert Glimmerschiefer in einem Theile dieses Gebietes an dem Gmeisse an. Er bil- det in der Gegend von Gersdorf, Gottleuba und Markersbach eine keilförmige Masse, deren steile Schichten gegen Westen sämmtlich theils an dem Gmeisse, theils an dem zwischen- lagernden granitartigen Porphyr nacheinander abschneiden, — gegen Osten theils unter dem Quadersandsteine verschwinden, theils von der Granitmasse des grossen Hornes entweder decken- förmig überlagert oder abgeschnitten werden; während sie mit den anlagernden Thonschieferschichten durch Gesteinsübergänge verbunden sind. Ueber die besonderen Verhältnisse ihres Auf- tretens lässt sich ausserordentlich Wenig feststellen, da sie in den flachen Thälern nur hier und da in kleinen Felskuppen anstehen und niemals genügende Beobachtungspunkte bieten, 16 nach welchen man sichere Schlüsse ziehen könnte. Auf den dichtbewaldeten Höhen scheinen sie fast durchgängig von einer schwachen Decke von Quadersandstein überlagert zu werden. Die grösste Mächtigkeit dieses Gesteins dürfte 4000 Fuss be- tragen. In dem untersten, d.h. den am Gneisse anstehenden Schich- ten, ist das Gestein charakteristischer Glimmerschiefer, mit reichlichem Quarz und grossen, starkglänzenden Glimmerschup- pen. In den im Hangenden sich befindenden Schichten treten die Bestandtheile in immer kleinerer Ausbildung auf und das Gestein nähert sich immer mehr dem 'Thonschiefer. Es ist da- her schwer, eine Grenze zwischen Glimmerschiefer und reinem Thonschiefer zu ziehen. Die im Liegenden von der auf den Karten angegebenen Grenze auftretenden Gesteine, namentlich die zwischen Giessenstein und Gottleuba, könnten ebensowohl für glimmerreiche Thonschiefer, als für Glimmerschiefer ange- sehen werden. Für die eigentliche Grenzbestimmung scheint das gangartige Auftreten Ihonsteinartiger Felsitporphyre an den Thalgehängen bei Giessenstein einigen Anhalt zu geben, weil dieselben überhaupt in der Nähe der Grenze auch im übrigen Thonschiefergebiete vorkommen. Eine solche mehr willkürliche Grenze zwischen dem Glimmerschiefer- und Thonschiefergebiete einstweilen beizubehalten, stehe ich darum nicht an, weil einer- seits dieselbe der auf den Karten angegebenen entspricht, an- dererseits aber eine genaue und entsprechende Grenzbestim- mung zwischen beiden Gebieten in Bezug auf die erzgebirgi- schen Schiefer bis jetzt nicht möglich war. Obgleich nun auch hier das anderwärts als charakteristisch angegebene Aultrelen von Quarzschiefer (z.B. in den obererzgebirgischen Schieferter- ritorien — nach Cotta — vergl. Naumann Geognosie II, S. 125 *) besonders in der Panoramahöhe bei Giessenstein zu beobachten ist, so möchte ich doch dieser Grenzbestimmung nur einstweilige Geltung zugestehen, weil ich Grund zu der Annahme zu haben glaube, dass schon die dem Glimmerschie» fer entsprechenden Schichten in den benachbarten Schieferge- bieten sich als Thonschiefer erweisen werden. *) Sämmtliche in dieser Abhandlung vorkommende Citate des Lehrbuchs der Geognosie von Naumann beziehen sich auf die zweite Auflage dieses Werkes. 17 An diesen nur in geringer Ausdehnung auftretenden Schich- tencomplex schliessen sich nun diejenigen Gesteine an, welche sich als unzweifelhaft dem Thonschiefer zugehörig erweisen und in der ganzen Erstreckung dieses Gebietes zu finden sind. Unter denselben nimmt eine über 2300 Fuss mächtige Zone von reinen Kalksteinen, umschlossen von Kalkschiefern*), die un- terste und dem Glimmerschiefer nächstbenachbarte Stelle ein. Mehrere Züge von ziemlich reinem Kalksteine treten hier auf und werden in verschiedenen Brüchen abgebaut. Un- ter ihnen sind namentlich zwei wegen ihrer Mächtigkeit be sonders erwähnenswerth. Der eine davon zieht sich von Maxen bis Gersdorf nahe an der Grenze des Gmeisses, von da aber im Hangenden des Glimmerschiefers hin. In Maxen, Mühl- bach, Nenntmannsdorf, Borna und Gersdorf baut man in den westlichen Brüchen das Gestein desselben ab; ebenso wird in Mühlbach in einem Stollen auf diesem Zuge gebaut. Seine Mächtigkeit lässt sich nicht genau bestimmen, weil vollstän- dige Aufschlüsse fehlen. Nach den gegenwärtig darauf im Betriebe sich befindenden Brüchen scheint sie jedoch 40 bis 50 Ellen mindestens zu betragen. Auf dem anderen grösseren Zuge werden die grösseren Brüche in der ganzen Ausdehnung dieses Gebietes betrieben. Er liegt im Hangenden des vorhin genannten, und hat nach direkten Messungen im Müglitzthale, sowie nach Schätzungen in den benachbarten Thälern ohnge- fähr 200 Ellen Mächtigkeit, welche noch bedeutend grösser ist, wenn man einige benachbarte Kalkschichten von ziemlich gleicher Güte mit hinzurechnet. Das Gestein aller in dieser Zone auftretenden Kalkzüge ist im Allgemeinen gleich, obwohl an den einzelnen Aufschluss- punkten wesentliche Verschiedenheiten vorzukommen scheinen. An der Oberfläche und in den minder tiefen Brüchen erscheint nämlich der Kalk meist in dünnschieferigen, vielfach gebogenen Lagen von feinkörniger bis dichter Gesteinsmasse. Die Flä- chen, auf denen sich häufig ein eigenthümlicher, seidenartiger Glanz zeigt, sind öfters mit zierlichen Dendriten bedeckt. *) Dieses kürzeren Namens will ich mich im Folgenden bedienen, um ein Gestein zu bezeichnen, welehes dem Kalkthonschiefer, Kalk- .glimmerschiefer, Blauschiefer u. s. w. ähnlich ist. — Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 2 18 Wellenfurchen sind oft mit grosser Schärfe ausgebildet. Auf dem Querbuche zeigt das Gestein nicht selten kleine Hoh- lungen zwischen den deutlich bemerkbaren feineren Schichten. Das zerfressene Aussehen der letzteren und die tuflartigen Aus- füllungsmassen in ersteren deuten neben dem lockeren Gefüge der ganzen Masse darauf hin, dass die eindringenden Tag- wässer einen Theil des Gesteins aufgelöst haben, der theils mit weggeführt, theils beim Verdunsten des Wassers in den entstandenen Hohlräumen als tufiartige Masse abgesetzt worden ist. Die dünnschieferige, blätterige Struktur dieses Gesteins ist jedenfalls auch durch eingedrungene Wässer für deren reich- liches Vorhandensein die Dendriten sprechen, herbeigeführt wor- den; denn waren einmal in diesen Gesteinen Spalten entstan- den, die bei der regelmässigen Schichtung und steilen Stellung derselben wohl nicht ausbleiben konnten, so musste schon der seitliche Druck, welchen die in solchen Spalten gefrierenden Wassermassen ausübten, wesentlich zur weiteren Zerspaltung und Zerklüftung mit beitragen. Bei diesen und anderen Jahr- tausende lang wirkenden Kräften kann es uns daher wohl kaum Wunder nehmen, dass wir heute an den Schichtenköpfen dieser Kalkzüge Gesteine finden, die scheinbar von dem Kalk- steine in grösseren und tieferen Brüchen total verschieden sind. Trotzdem hat man gerade hierauf mit die Ansicht über das Vorhandensein vieler in der Richtung des Streichens ihrer Schichten aufhörender Lager gegründet. Der Grund davon ist zum Theil darin zu suchen, dass allerdings an einigen grösse- ren Brüchen der Kalkstein unmittelbar unter der Erddecke in dickeren, schönen Platten bricht, wie sie als etwas Vorzüg- liches und Merkwürdiges schon Charpentier von dem gros- sen Kalkwerke in Maxen erwähnte. Diese Thatsache spricht jedoch keineswegs gegen die von mir aufgestellte Behauptung, dass das Gestein in allen Theilen eiuer Zone nur unwesent- liche Unterschiede zeige, und dass die angegebenen vorhande- nen Unterschiede meist infolge der Verwitterung entstanden seien. Bei näherer Vergleichung zeigt sich nämlich, dass an solchen Orten die Zersetzung bereits so weit fortgeschritten ist, dass die dünnschieferigen Schichtenköpfe bereits in Erde um- gewandelt worden sind und nur die auflagernde grössere Schult- masse es war, welche der weiteren Wirkung der oben ge- 19 nannten Kräfte ein Ziel setzte. In einer gewissen Tiefe, die nach den örtlichen Verhältnissen verschieden gross ist, zei- gen sich bestimmt die Kalksteine, mag ihre Bedeckung durch Schutt oder verwitternde Schichtenköpfe gebildet werden, stets in nahezu gleicher Qualität. Solche nicht zersetzte Kalksteine bricht man in dieser Zone bis jetzt nur an wenigen: Orten, weil man es meist un- terlassen hat, an tieferen Punkten, z. B. in den Thälern, ein- zuschlagen, oder schon vorhandene Brüche tiefer zu graben. Vor allem sind es die alten Werke in Maxen und Nenntmanns- dorf, sowie die Bergwerke in Berggiesshübel, welche einen reinen und schönen Kalkstein liefern, während man in benach- barien Brüchen meist in den Schichtenköpfen bricht. An jenen Punkten ist das Gestein ein schöner, dickplattig bis un- regelmässig spaltender Kalkstein, von lichtblaugrauer Farbe, welche in dünnen Splittern graulichweiss erscheint. Er ist ziemlich fest und giebt in regelmässigeren Platten beim An- schlagen einen schönen, hellen Klang. Während er mit blossem Auge betrachtet dicht erscheint, zeigt sich bei einigermassen starker Vergrösserung schon deutlich die Zusammensetzung aus rundlichen und eckigen Kalkspathindividuen. Ein Gehalt an Thon giebt sich beim Anhauchen durch den Geruch zu erkennen. Die bereits oben erwähnten Bänke und Lenticu- larmassen, welche diesen krystallinischen Kalkstein zuweilen durchsetzen, aber nach allen Seiten hin in ihn übergehen, finden sich nicht selten. In etwas grösserer Ausdehnung treten sie z. B. in den Brüchen des neuen Weıkes von Maxen und denen von Nenntmannsdorf auf. An beiden Orten hat man sie z. Th. stehen gelassen, so dass eine genaue Untersuchung, über ihr Verhältniss zum benachbarten Kalksteine erleichtert wird. Ausser z. Th. bauwürdigen Eisen- und Kupfererzen findet man an accessorischen Bestandtheilen in diesem Kalksteine sowohl, als auch in den benachbarten und untergeordneten Gesteinsvarieläten dieser Zone Baryt, Chlorit, Schwefelkies, Bleiglanz, Zinkblende u. ss. w. — Der Baryt tritt häufig in schönen Krystallen und Drusen uuf. Chlorit findet sich theils als feinblättriger Gemeugtheil, theils in reinen Ausscheidungen, namentlich in Kalkstein des grossen Zuges und dessen be- 2 2 20 nachbarten Kalkschieferschichten, bei der Peschelmühle im Müglitzthal und in Berggiesshübel. Schwelelkies findet sich in kleinen Krystallen und dünnen Ueberzügen, namentlich im nördlichen Theile dieser Zone. Er soll goldhaltig sein *). Mit ihm zugleich tritt, u. a. in Maxen, Bleiglanz auf. Die kleinen Krystalle und krystallinischen Körner finden sich da- selbst fast immer in dem Kalke eingesprengt. Zuweilen werden sie so häufig, dass sie eine gangartige Zone bilden, in welcher fast nur Bleiglanz vorhanden ist. Dies ist besonders in dem Maxener Marmorbruche und der Grube ‚Friedrich Burkhard“ da- selbst der Fall, wo in einer 3 bis 4 Zoll mächtigen Zone nahezu *, des Gesteins aus Bleiglanz bestehen sollen. Da dieser Bleiglanz 23 Pfundtheile Silber enthält, so hat man schon mehrmals den Versuch gemacht, ihn mit dem Kalksteine zugleich abzubauen. — Ausser diesen Mineralien fand ich in dem chloritischen Kalke bei der Peschelmühle kleine, dunkel- braune Krystalle, dem monoklinischen oder rhombischen Sy- steme angehörig. Die Kleinheit der Individuen und ihr sel- tenes Vorkommen machten jedoch eine genaue Bestimmung des Minerals bis jetzt nicht möglich. In dem nördlichen Theile des grösseren Kalkzuges geht der Kalk z. Th. in weissen Marmor über. Auf dem ‚alten Werke ‘‘ von Maxen hat man diese Gesteinsvarietät schon lange gebrochen, Ausserdem ist sie in dem in der Strei- chungsrichtung liegenden Kalkwerke „Friedrich Burkhard « noch gefunden worden, der sich hier findende Marmor ist weiss in allen Abstufungen; er wird von lichtgrünen Adern von edlem Serpentin durchzogen. In seinen reinsten Varietä- ten zeigt er sich ziemlich fest und ohne die plattenförmige Absonderung. In Bezug auf die Grösse des krystallinischen Korns ist er von dem gewöhnlichen Kalke dieses Zuges we- nig unterschieden, Mitunter nimmt er lichtgrünliche Farbe an, die von innig beigemengtem Serpentine herzurühren scheint. Der Marmor scheint hier eine stockförmige Masse von elliptischem Querschnitte zu bilden, dessen grosse Axe in die Streichungsrichtung fällt. Während diese Ausdehnung Vergl. den Prospekt der Gewerkschaft der Grube „, Friedrich Burkhard“ in Maxen, 1870, aus dem auch z. Th. die folgenden An- gaben entlehnt sind. 21 nach den vorhandenen Aufschlüssen nicht mit Genauigkeit be- stimmt werden kann, aber mindestens 80 bis 100 Ellen zu betragen scheint, ist der Marmor in seiner Breite bis zu den unveränderten Kalkschichten im herrschaftlichen Marmorbrüche aufgeschlossen. — Fast genau in der Mitte dieses Marmors tritt Serpentin auf. Ein grünlich graues bis schwarzes, fett- glänzendes, ziemlich weiches, feinkörniges bis dichtes Gestein bildet die Hauptmasse dieses Serpentinstockes, während die unmittelbar an den Kalk grenzenden und mit demselben eng verknüpften Partien in der Regel eine lichtgrüne Farbe anneh- men und in hohem Grade durchscheinend sind. Die Verbin- dung des Serpentins mit dem Marmor ist sehr innig und nicht selten umschliessen an der Grenzfläche schmale Adern des Ser- pentins feine Splitter des Kalkes. Der Serpentin ist namentlich in seinen inneren Theilen sehr zerklüftet und zeigt auf den Kluftlächen dünne Lagen von Chrysotil, Caleit, Schwefelkies, Bleiglanz und etwas Buntkupferkies. Schon der Umstand, dass der Marmor nach dem Serpen- line zu schöner und weniger zerklüftet ist, während er nach Aussen langsam in gewöhnlichen Kalk übergeht, dass ferner jener sich regelmässig um diesen gruppirt, berechtigt zu der Annahme, es sei die Umwandlung des Kalkes vom Serpentine ausgegangen. Unterstützt wird dieselbe durch einige andere Beobachtungen, die ich zu machen Gelegenheit hatte. Im Som- mer 1869 war in dem herrschaftlichen Marmorbruche der Con- tact beider Gesteine in der Weise entblösst, wie es auf der beigegebenen Tafel Figur III. zeigt. Die Marmorschichten (a), welche sich auch noch etwas weiter westlich der hier darge- stellten Felswand fanden, aber schon abgebrochen waren, tra- ten nach dem Serpentine (c) zu, in immer grösserer Reinheit auf. Ein Gleiches war mit denen bei b der Fall, obgleich dieselben rascher in deutlich geschichteten Kalkstein übergingen. der allerdings anfangs noch ziemlich weiss war und an den Schichtenköpfen nicht die verwitternden, dünnschieferigen Ge- steine zeigte, wie sie in dem angrenzenden rothenBruche zu finden sind. Der Serpentin trat in zwei Armen von verschie- dener Dicke auf, welche einen Block (d) umschlossen, dessen Grenzflächen auffallend mit den gegenüberliegenden Contact- flächen zwischen Marmor und dem angrenzenden Serpentinarme 22 übereinstimmten. Der Marmor dieses Blockes war fast voll- ständig weiss und bedeutend härter als der des Hauptlagers. — Als ich ein Jahr später abermals diesen Bruch besuchte, wa- “ ren“die Marmorwände soweit abgebaut, dass’ich über die Na- tur dieses Blockes vollständig in’s Klare kam. Derselbe war eine mehrere Kubiklachter grosse fragmentäre Masse gewesen, welche rundum von dem Serpentine umschlossen worden war. Bei seiner Form und der ziemlichen Uebereinstimmung seiner Grenz- flächen mit den Bruchflächen des gegenüberliegenden Marmors kann es wohl kaum zweifelhaft sein, dass dieser Block nicht nur von den Marmorschichten zu einer Zeit losgesprengt wurde, wo das ihn einschliessende Gestein sich noch in einem mehr oder weniger flüssigen Zustand befand; sondern dass derselbe auch von den ihm gegenüberliegenden Theilen der Kalkschichten los- gerissen worden sei. Spricht nun aber die Art seiner Um- wandlung im Vergleich mit der des übrigen Marmors ebenfalls dafür, dass der dazu nöthige thermo - metamorphische Prozess von dem Serpentine ausgegangen sei, so scheint doch die für letzteren nothwendige eruptive Entstehung wegen der ganzen Beschaffenheit desselben nicht gut möglich. Dieser Umstand bestimmte mich den Serpentin weiter zu untersuchen. Ob- gleich ich nun meine Untersuchungen darüber noch nicht voll- ständig abgeschlossen habe, glaube ich doch hier die Bemer- kung machen zu müssen, dass es nach einigen fragmentären Pseudomorphosen scheint, als ob dieser Seıpentin aus einem hornblendereichen Gesteine entstanden sei. Aehnlichkeiten mit Zersetzungsproducten der im Seidewitzgruade auftretenden Diorite sind nicht zu verkennen; doch ist bei den gegenwärligen Auf- schlüssen sowie infolge des Umstandes, dass darauf bezüg- liche chemische Analysen mir noch nicht zur Verfügung stehen, eine Entscheidung unmöglich. — Aus der Form des einge- schlossenen Blockes sowie der gegenüberliegenden Bruchflächen dürfte vielleicht geschlossen werden können, dass (wenigstens hier) bei der Umwandlung des Kalksteins in Marmor eine Schmelzung nicht stattgefunden hat. Kalkschiefer, bald ärmer, bald reicher an Kalk, tritt in dieser Zone wechsellagernd mit den genannten und vielen minder mächtigen Zügen von reinem Kalkstein auf. Doch herrscht bezüglich der petrographischen Beschaffenheit derselben 23 ein Unterschied zwischen den Kalkschieferschichten unterhalb des grossen Kalkzuges und denen, welche sich im Hangenden des- selben befinden. Die ersteren sind feinkörnig - Krystallinisch bis dicht und sehr dünnschieferig. Meist ist ihre Farbe blau- grau, nur selten grünlichgrau. Die Windungen und Stauchun- gen der Schichten sind an ihnen häufig zu beobachten. Ebenso sind Wellenfurchen nicht selten. Die im Hangenden des gros- sen Kalkzuges auftretenden Kalkschichten dagegen zeigen fast immer kleine grüne Blättchen eines chloritartigen Minerals in ihrer Masse, wodurch sie eine mehr oder minder lichte grün- lichgraue Farbe erhalten. Sie sind deutlich körnig und unre- gelmässiger geschichtet. Der krystallinische Habitus des Ge- steins ist seltener ausgeprägt, ja zuweilen erscheinen sie so- gar vollständig grauwackenartig. Wie es scheint infolge eines reichlichen Gehaltes an Quarz haben mehrere Schichten eine bedeutend grössere Festigkeit als die übrigen Kalkschiefer- schichten. Solche härtere Felsen finden sich z. B. im Müg- litzthale oberhalb des Rabenhorstes. Ebenso scheint das grau- wackenartige, auffallend harte Gestein, welches mit dem Zwieseler tiefen Erbstollen in Berggiesshübel, bei 440 Lachter Entfernung vom Mundloche angebrochen und auf 10 Lachter durchfahren wurde, diesen Schichten anzugehören.*) — In den Klüften und Spalten der Kalkschiefer findet sich neben dem Kalkspathe häufig Quarz. — Oberhalb des Rabenhorstes, im Müsglitzthale, ähneln diese Kalkschiefer zuweilen dem Knoten- schiefer. Nach Versuchen, die ich mit den in meinem Besitze befindlichen Handstücken anstellte, beherbergen jedoch die Knötchen unter einer dünnen Schale von Kalk und dem chlo- ritartigen Minerale, welche bei der Behandlung mit Säuren zer- stört wird, grössere, unregelmässige und abgerundete Körner von Quarz. Der mehr psammitische Habitus des Gesteins tritt in der Regel um so deutlicher hervor, je mehr sich die Schich- ten den im Hangenden befindlichen Schiefern der folgenden Zone nähern und die letzten Schichten des Kalkschiefers mit denen diese Zone nach oben abschliesst, sind entschieden grau- wackenartig. *) Manche dieser härteren chloritischen Kalkschiefer scheinen mit den Gesteinen identisch zu sein, welche auf den Karten als „Grünstein“ an- gegeben werden. 24 Ehe ich über den Verlauf dieser Zone Einiges mittheile, muss ich noch eines kleinen Lagers von Kieselschiefer mit Alaun und Thonschiefer gedenken, welches zwischen den Schichten dieser kalkreichen Zone sich findet. Dasselbe tritt wie es scheint in verschiedener, aber kaum mehr als 8 Ellen betragender Mächtigkeit im Liegenden des grossen Kalkzuges auf. Der typische Kieselschiefer ist schwarz mit Adern von weissem bis röthlichbraunem Quarz durchzogen. Er geht in Thonschiefer und Alaunschiefer über. Der erstere spaltet leicht in dünnen Tafeln, ist weich und hat eine graublaue Farbe, während letzterer leicht zerreiblich ist. Diese Gesteine treten deutlich in den Thälern dieses Gebietes auf und zeigen sich nicht selten auch auf den Höhen in schmalen Rücken und Feldsteinen, welche letztere z. B. auf den Höhen und an den Thalgehängen zwischen Berggiesshübel und Giessenstein sehr häufig sich finden. Besonders interessant ist das Auftreten dieser Gesteine bei der Peschelmühle im Müglitzthale. Dort bilden deren Schichten eine schmale Spalte, welche schon an der Oberfläche durch eine Mulde sich kund giebt. Bonnard berichtet (nach Leonhards Taschenbuche, 1822, pag. 121) dar- über: ‚Im Müglitzthale bei der Peschelmühle hatte man auf das Ausgehende eines (aus Iırthum für Steinkohle angespro- chenen) Alaunschieferlagers einen Stollen zu treiben begon- nen. In diesem Stollen am Sohlengesteine des Alaunschiefers zeigt sich ein wenig mächtiges Lager, erfüllt z. Th. mit ab- gerundeten Bruchstücken des Thonschiefers, aus welchem das Gebirge besteht. Diese Lagerstätte ist augenscheinlich eine später ausgefüllte Spalte. Ein wahrer Gang den Schichten des herrschenden Gesteins parallel.“ — Ich kann diesem Be- richte aus meinem Aufnahmeprotokolle noch Folgendes hinzu- fügen: Am Eingange des Stollens ist diese Kluft gegenwärtig noch ziemlich gut zu beobachten, obgleich das Mundloch zu- geschüttet ist. Zu beiden Seiten der Kluft stehen Schiefer an, welche reich an Kalk sind. Sie umschliessen ein Gestein, das aus lockerem erdigen Kalke besteht, welcher von zwei schmalen Lagern von graphitigem Alaunschiefer durchzogen wird. In diesem ausfüllenden Gesteine finden sich lrotz des sehr verwitterten Zustandes noch einzelne rundliche Gesteins- knollen von Alaun- und Kieselschiefer, die jedenfalls als Ge- 25 rölle anzusehen sind. Die Schichten im Hangenden der aus- gefüllten Spalte fallen 75° NO und streichen hora 8, die im Liegenden stehen fast vertical bei gleichem Streichen. Weiter nach dem Liegenden zu scheint die Spaltenbildung abermals stattgefunden zu haben, denn an beiden Thalgehängen findet sich auf entsprechenden Schichten abermals eine schmale rin. nenförmige Vertiefung. — Wegen der für den Kalk und Kalkschiefer angenommenen zonenförmigen Lagerung halte ich es für nöthig, hier einige Beobachtungen anzuführen, die mich über die wahre Stellung derselben im Schichtenbau dieses Distriets belehrt haben. Der schon von Naumann vermuthete Zusammenhang der Kalkla- ger von Maxen kann um so weniger noch einem Zweifel un- terliegen, als durch neuere Versuchsarbeiten das Vorhandensein des Kalkes zwischen den einzelnen ehemals angenommenen Lagern nachgewiesen worden ist. Das an allen bis jetzt auf- geschlossenen Orten gleiche und mit den umgebenden Schie- ferschichten parallele Streichen seiner Schichten, sowie das Vorhandensein der vorhin für den Kalk als charakteristisch an- gegebenen ÖOberflächenformen zwischen den Aufschlusspunkten würde die Annahme des (wenigstens lokalen) Zusammenhangs, ebenfalls unterstützen. Am südöstlichen Ende der Brüche des neuen Werkes fand man jedoch bei Versuchsarbeiten, dass dem Kalke „Schiefer“ (?) vorgelagert sei und zog daraus den Schluss, dass das Kalklager hier sein Ende habe, was schon Naumann für nicht wahrscheinlich hielt*). Da der Kalk auf den jenseit der angeblichen Begrenzungsfläche gelegenen Flu- ren wieder zu Tage tritt und in gleicher Regelmässigkeit wie vorher weiter fortsetzt, so erscheint es, nachdem was ich oben über das Vorkommen quer-durchsetzender Bänke gesagt habe, wohl gerechtfertigt, das Vorhandensein einer solchen hier an- zunehmen. Wenn nun auch zwischen Maxen und dem Müg- litzthale das Gestein nur selten zu Tage tritt, so bieten doch herumliegende Bruchstücke und die Configuration der Ober- fläche Anhaltspunkte genug, den weiteren Verlauf zu bestim- men. Im Müglitzthale ist, wie erwähnt, die ganze Zone schön aufgeschlossen. Da das Vorhandensein dieser Gesteine unter *) Beschreibung des Königr. Sachsen, Heft V, Seite 87. 26 der Thalsohle nachgewiesen worden ist, so dürfte der Zusam- menhang mit dem ehemals bei Burkhardswalde angenommenen Kalklager und dessen benachbarten Kalkschieferschichten fest- gestellt sein. Bei Burkhardswalde ist der Haupt-Kalk-Zug dieser Zone in einigen Brüchen aufgeschlossen. Die Fort- setzung davon tritt hinter dem Kanitzberge am Anfange der Biensdorfer Allee wieder deutlich hervor. Dort zeigt sich der grosse Kalkzug merkwürdigerweise in einer kleinen Erhöhung, welehe die Strasse quer durchsetzt; ebenso aber auch südöst- lich derselben, wo er in einem verfallenen Bruche zu beobach- ten ist. Desgleichen finden sich die liegenden Schichten die- ser Zone im Biensdorfer Grunde deutlich entblösst. In dessen unterem Theile sind fast immer sämmtliche Schichten dieser Zone quer durchwaschen. Im Seidewitzthale ist dieselbe auf der Thalsohle von einer ungefähr bis zu 30 Fuss mächtigen Lage von schmutziggrünlichgrauem Thone bedeckt, unter der sie bei einem Stollenbau nachgewiesen wurde. Durch diesen Bau ist zugleich der Zusammenhang der Biensdorfer und Nenntmannsdorfer ‚Kalklager“ dargethan worden, zwischen denen nach früheren Angaben, „todte Wand“ (nicht kalkhal- tige Schichten) vorhanden sein sollte. Der Zusammenhang mit den Kalksteinen von Borna, ebenso der zwischen diesen und jenen, welche sich in Berggiesshübel finden, kann nicht durch Aufschlüsse bewiesen, sondern nur aus dem Vorherge- henden, den für das Auftreten von Kalk charakteristischen Oberflächenformen und den Resultaten, welche die Untersu- chungen über die Lagerung der Gesteine dieses Distrikts über- haupt ergeben haben, gefolgert werden. — Dass in dieser gan- zen Zone namentlich der Hauptkalkzug durchsetzt und nicht etwa aus mehreren sich auskeilenden nahezu gleichmächtigen Lagermassen besteht, darüber glaube ich mich durch einge- hende Untersuchungen über seinen Verlauf sowie durch ge- naue Vergleichung der betreffenden Streichungsrichtungen sei- ner Schichten mit den Aufschluss- und Beobachtungspunkten, hinreichend vergewissert zu haben. Die eben beschriebene Zone ist durch ziemlich raschen Uebergang mit einer zweiten, nahezu gleich mächtigen von Thonschiefer (bezieh. Dachschiefer) und Kieselschiefer verbun- den, welche im Hangenden der ersteren auftritt. 'Thonschiefer 27 und Kieselschiefer wechsellagern hier ebenfalls mit einander, wiewohl die Uebrigen hier plötzlicher stattfinden, als dies bei Kalk und Kalkschiefer der Fall war. Im Müglitzthale, wo überhaupt die Schichten dieser Region am Besten aufgeschlos- sen sind, beginnt dieselbe in der Nähe des Rabenhorstes mit durch Brüche aufgeschlossenen Schichten von Dach- oder Ta- felschiefer und erstreckt sich bis ohngefähr 200 Ellen unter- halb der Jonasmühle, wo an der Böschung der nach Burkhards- walde führenden Strasse die hangende Grenze durch eine schmale Schicht graphitreicher Schiefer angedeutet werden dürfte. In den übrigen Thälern ist die Entblössung unvoll- ständiger, weil im Lockwitz- und Gottleubathale ein Theil der Schichten von jüngern Gesteinen überlagert wird, im Seide- witz und Bahratbale aber diese Gesteine an den A meist von Erde bedeckt sind. Der hier auftretende Thonschiefer besteht aus einer dichten Grundmasse, in welche vereinzelte, sehr kleine und rundliche Körner von Quarz, mitunter auch kleine Glimmer- schuppen sich eingelagert finden. Die Farbe dieses Schiefers ist dunkelblau bis schwarz, zuweilen auch schmutzig - violett. Die schiefrige Struktur ist (in der Richtung des Streichens und Fallens der Schichten) ausserordentlich vollständig, so dass das Gestein in Jen reinsten Varietäten nicht selten bis zu dünnen Blättchen sich spalten lässt. Mit Ausnahme von Quarz- adern, welche zuweilen den Schiefer durchsetzen, finden sich fremde Mineralien sonst nicht in ihm vor. Oefters macht sich wie am Kalke, eine Biegung und Stauchung der Schichten be- merkbar. In allen den Fällen, wo das nicht der Fall ist, eig- net sich dieses Gestein zur Benutzung als Dachschiefer. Eine solche hat es auch namentlich in den Schichtentheilen am rechten Abhange des Müglitzthales früher erfahren. Die mit Erfolg, aber unpraktisch betriebenen Brüche daselbst sind ge- genwärtig nicht mehr im Betriebe, obgleich die Mächtigkeit des reinen Dachschiefers in dem untersten Zuge ohngefähr 200 Fuss beträgt und das Vorhandensein ebenflächigspaltender Schiefer auf grosse Entfernung nachgewiesen ist. — In gebo- genen Schichten und weniger gut spaltbar tritt dieser Thon- schiefer in vielen Thälern hervor; ebenso ist er in mehreren Brunnen dieser Gegend aufgefunden worden. 28 Ihrer Zusammensetzung nach ähnlich scheinen die mit dem Dachschiefer wechsellagernden und mit ihm eng verknüpf. ten Kieselschiefer zu sein, welche wegen ihres reichli- chen Gehaltes an Thonerde vielleicht unter diejenigen Schiefer zu rechnen sein dürften, für welche Naumann den Namen „Felsitschiefer“ vorschlägt (Geognosie I, pag. 531). Sie sind fester als der Dachschiefer und spalten nur in dicken Tafeln oder unregelmässigen Stücken. Ihnen gehören jene eigen- thümlichen Gesteine zu, welche die Kieselschieferhöhen zwi- schen dem Lockwitz- und Müglitzthale pilden und jenseit des letzteren im Kanitzberge bei Burkhardswalde dem Laurich, südlich von Nenntmannsdorf und einigen unbedeutenden Höhen auftreten. Das eigenthümliche geflammte, fleckige und con- glomeratähnliche Aussehen derselben ist bereits von früheren Beobachtern erwähnt worden. Durch meine Beobachtungen bin ich in Betreff dieses Gesteins zu dem Resultate gekommen, dass die in den oben genannten Höhen sich findenden eigen. thümlichen Varietäten von Kieselschiefer nur die Produkte eines langen mehr oder minder weit fortgeschrittenen Zer- setzungsprozesses sind, während die dieser Zone zugehörigen in den Thälern aufragenden Felsen dieses Gesteins, weil sie erst später der Einwirkung der Atmosphärilien ausgesetzt wurden, einen von jenen ganz verschiedenen Habitus zeigen, — so dass die Zusammengehörigkeit beider nur darum früher nicht erkannt worden ist. Diese Behauptung stützt sich na- mentlich auf die Beobachtung, dass einerseits das Gestein er- wähnter Höhen in den tieferen Theilen der Schichten, sowie auch in den in der Nähe gegrabenen Brunnen durch allmäli- gen Uebergang sich dem eigentlichen schwarzen oder dunkel- gefärbten Kieselschiefer (sogar dem eigentlichen Lydit) immer mehr nähert; dass aber auch andrerseits, sowohl am Kiesel- schiefer wie auch am zwischengelagerten Thonschiefer selbst da, wo das Gestein ohnlängst erst gebrochen worden ist, un- ter günstigen Verhältnissen (z. B. in Wassergräben und unter Dachtraufen), zuweilen ähnliche Gesteine sich ausbilden als die sind, welche in jenen Hügeln aufragen; dass endlich die entsprechenden Gesteine an den Thalgehängen stets einem Stadium dieser Zersetzung entsprechend gefunden werden. Da die Art dieses Zersetzungsprozesses einiges Interesse 29 we haben dürfte, so will ich denselben in drei verschiedenen Stadien seines Verlaufs zu schildern versuchen*). Dabei will ich von einer Gesteinsvarietät ausgehen, welche sich als die am besten erhaltene anstehende darzustellen scheint und ihrer Beschaffenheit nach dem Kieselschiefer, welchen ich bei Be- schreibung der vorigen Zone schilderte, noch fast vollständig gleich ist. Dieselbe findet sich in allen grösseren Thälern, ebenso in der Schlucht am Kanitzberge, am Finkenfang bei Maxen u. a. O. Diese Schiefer erfahren zunächst eine Bleichung, welche jedoch an einigen Stellen grösser, an andern geringer ist. Auf den Spalten beginnt eine schwache Ausscheidung von Eisen- oxydhydrat. Es erscheint dann der Kieselschiefer als ein graublaues bis schwarzblaues noch schwer zersprengbares Ge- stein, auf dessen Querbruche sich schwache, ungleichdicke graue Lagen zeigen, die linsenförmige, dunkler gefärbte Mas- sen umschliessen, gegen dieselben aber ziemlich scharf ab- schneiden. In grösseren Felsen erscheint dieses Gestein in- folge des in dünnen Schichten auflagernden Eisenoxydhydrats dunkelbraun. Das auf den Spalten sich findende Brauneisen- erz bildet mitunter traubige, radialfaserige Ueberzüge, die von einer dünnen, goldig-braunen Schicht von Gelbeisenstein (Xanthosiderit) bedeckt werden. — Dieser Beschreibung ent- sprechen die Massen des Kieselschiefers im südlichen Theile des Langenberges bei Gommsen, eines Theils des Finkenfan- ges bei Maxen, der Hügel bei Schmorsdorf und einiger Kiesel- schieferhöhen bei Burkhardswalde und Nenntmannsdorf; ebenso nähern sich einige Felsen dieser Züge in den kleineren Thä- lern und Schluchten im Grade mehr oder weniger den ange- gebenen Verhältnissen. Auf dem zweiten Stadium ist die Bleichung des Gesteins weiter fortgeschritten. Dasselbe, obwohl noch ziemlich fest, wird häufiger von unregelmässigen Spalten und Klüften durch- setzt. Die Abgrenzungslinien zwischen den helleren und dunk- *) Da mir chemische Analysen noch nicht zu Gebote stehen, so muss ich eine ausführlichere Beschreibung auf spätere Zeit verschieben, zumal da die Untersuchung benachbarter Gebiete hoffentlich noch mehr Anhalts- punkte bieten wird. 30 leren Partien venaufen meist unregelmässig und letztere sind nur selten noch linsenförmig; das Eisenerz wird z. Th. erdig. Beim Befeuchten zeigt sich starker Thongeruch (Kanitzberg und die Höhen bei Schmorsdorf). Endlich beginnt auch bei den dunkleren Partien die Zer- setzung schneller fortzuschreiten. Sie werden zu grauen zu- weilen ziemlich harten, unregelmässigen Massen. Bei Mangel an Eisen oder thonigen Bindemitteln zerfällt dann das Gestein und die härteren Massen bilden jene kleinen, schiefrigen Plat- ten, welche oft in zahlloser Menge auf den Feldern zerstreut liegen und das Aussehen von Geschieben haben. Beim Vor- handensein von Bindemitteln findet dagegen mitunter eine aber- malige Verfestigung statt. Das Eisen wird mit den übrigen Zersetzungsprodukten vermischt und bildet so die Massen von thonigem Sphärosiderit, welcher die Spalten und Klüfte aus- füllt, erhärtet und vermöge seiner Festigkeit das Gestein auch dann noch zusammenhält, wenn jene härteren Gesteinspartien schon ziemlich weich und zerreiblich geworden sind. — Wäh- rend für das zuerst geschilderte Verhältniss sich Beispiele fast im ganzen Verbreitungsbezirke dieses Kieselschiefers fin- den, bieten die Höhen um Schmorsdorf und der Kanitzberg ‚Belege für das letztere. Eine Verknüpfung mit eruptiven Gesteinen ist nicht wahr- zunehmen, so dass wohl kaum für dieses Kieselschiefergebiet eine Umwandlung des Thonschiefers anzunehmen sein dürfte. Ueber die Stellung und den Charakter der früher als Grünstein bezeichneten augrenzenden Gesteine, welche die Annahme einer Contaktmetamorphose zu unterstützen schienen, habe ich mich bei der Beschreibung der vorigen Zone ausgesprochen. Die Art und Weise einer solchen Einwirkung würde aber auch bei der Verknüpfung dieses Kieselschiefers mit dachschiefer- artigem Thonschiefer kaum denkbar sein. Diese Zone beginnt nach den schönen Aufschlüssen im Müglitzthale mit einem 200 Fuss mächtigen Zuge von Thon- schiefer, über dessen Benutzung als Dachschiefer ich schon oben mich ausgesprochen habe Auf ihn folgen mehrere theils mächtige, theils schwächere Lagen von Kieselschiefer, die abermals mit Thonschieferschichten wechseln. — Ueber den Verlauf der Kieselschieferschichten bemerke ich noch, 31 dass die auf den Karten bisher angegebenen manichfach ge- bogenen Kieselschieferzüge nach der Lage der Höhenzüge in denen sie auftreten, angegeben sind und daher nicht immer dem wahren Verlaufe der Schichten entsprechen. Die Gesteine der folgenden Zonen können hier nur kurz beschrieben werden, weil sie fast durchgängig eine mehr oder minder tief eingreifende Metamorphose durch Granit und Dio- rit erfahren haben, von welcher nach der unten folgenden Be- schreibung dieser eruptiven Gebirgsglieder die Rede sein wird. — Die Eintheilung in bestimmte Schichtencomplexe fällt hier schwer, weil die Uebergänge des Gesteins langsamer statt- finden, der Wechsel petrographisch höchst verschiedener Ge- steinsarten aber ein sehr manichfaltiger ist. Bestimmte über- all deutlich ausgeprägte Grenzlinien lassen sich darum nicht angeben. Zugleich ist die Charakterisirung der einzelnen Schichten ausserordentlich schwer, weil einander ähnliche Gesteine in verschiedenen Regionen wiederkehren. Den hier vorliegenden Verhältnissen dürfte behufs besserer Uebersicht- lichkeit eine Eintheilung in zwei Zonen am Besten entspre- chen, von denen die unterste ein gegen 2000 Fuss mächtiges Schichtensystem von dickschielerigen, dichten bis grauwacken- artigen Thonschiefern und mehreren Zügen von Kalk und Schie- ferkalk umfasst, während die oberste mit Quarziten und Quarz- schiefern beginnt, zwischen und über denen grauwackenartige Thonschiefer sich finden. Der Thonschiefer der dritten Zone tritt unter, zwi- schen und über den hier auftretenden Zügen von Schieferkalk und Kalk auf. Sein ursprünglicher Habitus scheint der eines dickplattigen Schiefers gewesen zu sein, welcher bald dicht bald feinkörnig, aber nicht krystallinisch war. Darauf scheinen die entfernter von eruptiven Gesteinen liegenden Theile der Schichten desselben hinzudeuten. Die Schichten welche er bildet, sind im veränderten Zustande theils leicht in dicken aber grossen Platten spaltbar theils ausserordentlich fest und schwer zersprengbar. Kleine Blättchen von Glimmer und Feld- spath in kleinen Körnern scheinen diesem Schiefer stets bei- gemengt zu sein. Zwischen den Schiefern finden sich ziemlich mächtige Schichtencomplexe von Kalk und Schieferkalk, welche 32 wie es scheint das Vorkommen kalkhaltiger Gesteine in die- sem Gebiet abschliessen. Die untersten zwei Züge, welche nicht über 20 Fuss mächtig zu sein scheinen, sind bis jetzt nur bei der Nenntmannsdorfer Mühle aufgeschlossen, in ihrem weiteren Verlaufe aber nicht bekannt. Der Kalk den sie füh- ren, ist ein dichtes Gestein von dunkler Farbe. Durch Einla- gerung von Schieferlamellen wird dasselbe wie es scheint, in den weiter im Hangenden liegenden Schichten, dem Schiefer- kalke immer ähnlicher. Reiner Schieferkalk tritt nur in den folgenden obersten zwei Kalkzügen auf. Der Verlauf des un- tersten derselben konnte bis jetzt nicht mit Genauigkeit be- stimmt werden. Er ist nur an wenigen Punkten aufgeschlos- sen, doch unterstützt das Vorhandensein charakteristischer Oberflächenformen einigermassen die Annahme einer ähnlichen Längenerstreckung, wie sie bei den benachbarten Schichten- systemen mit Bestimmtheit nachzuweisen war. Jene Aufschlüsse finden sich: 1) in einem Bruche nahe bei Friedrichswalde; 2) im Seidewitzthale; 3) in dem Bruche am Wege von Nenntmannsdorf nach Burk- hardswalde; 4) in einigen Brunnen in Burkhardswalde. Die Mächtigkeit dieses Zuges scheint 60 bis 100 Fuss zu betragen. Der petrographische Charakter des Schieferkalkes scheint ein etwas schwankender zu sein. In der Hauptsache ist es ein dunkelgefärbter, dichter ziemlich harter Kalk mit dünnen linsenförmigen Massen von Thonschiefer sowie zuweilen von verschieden starken Adern (?) eines harten, grünlich- grauen Gesteins durchzogen wird. Die ersteren sind stets den Sehichtungsebenen parallel gelagert. Im Allgemeinen ist er der Verwitterung weniger unterworfen, als dies bei den oben erwähnten Kalkzügen in der Regel der Fall ist. In seiner petrographischen Beschaffenheit wesentlich gleich nur etwas reicher an eingelagerten Schieferlamellen ist der (vielleicht in zwei parallele Züge zerfallende) Kalkzug, welcher im Müglitz-, Seidewitz- und untern Bahrathale sowohl als auch auf den dazwischen gelegenen Theilen vielfach aufge- schlossen ist, aber auch im nordwestlichen Theile des Gebie- 33 tes sich verfolgen lässt. Dieser Kalkzug hat durch Berührung mit eruptiven Gesteinen mehrfache Umänderungen erfahren, über die ich unten zu sprechen haben werde. Seine Mächtig- keit lässt sich schwer genau bestimmen; ebenso muss es bei den dermaligen Aufschlüssen noch dahin gestellt bleiben, ob dieselbe ursprünglich überall gleich gross war. Im Müglitz- thale beirägt sie mindestens 200 Ellen. Der eigenthümliche Charakter dieses Gesteins hat früher zu manichfachen Ansich- ten Veranlassung gegeben. Man vermuthete nämlich, dass die eingelagerten Schieferlamellen ‚„Hornblendeschiefer?“ seien und bezeichnete das ganze Gestein als ‚ Grünsteinschiefer «*). Dafür, dass es wirklich Thonschiefer ist, den wir hier vor uns haben, spricht ausser der Art seiner Einlagerung in den Kalk, noch seine theilweise Umwandlung in Fleckschiefer und Kno- tenschiefer. Die wichtigsten Beobachtungspunkte für diesen Kalkzug sind folgende: Der Steinbruch im Crottaer Graben (oberhalb Weesenstein); die Felsen des rechten Thalrandes bei der Papierfabrik Wee- senstein. Das Seidewitzthal bei Oberseidewitz (Steinbrüche). Mehrere Steinbrüche zwischen dem Seidewitzthale und dem der unteren Bahra bei Friedrichswalde. Die Kalkbrüche im unteren Bahrathale. Ausserdem ist das Gestein beim Baue eines Wasserstol- lens auf dem Vorwerke Burkhardswalde und in einigen Brun- nen nachgewiesen worden. Das erste und deutliche Auftreten von Graphitschie- fer findet sich in diesem Schiefergebiete wie es scheint erst in dieser Zone; denn derselbe ist wohl aus dem Hangenden nicht aber aus dem Liegenden derselben bis jetzt bekannt. Mehrere Lager dieses Gesteins finden sich in dieser Zone. Die Stärke derselben ist höchst verschieden ebenso ihr Ge- *) Naumann und Cotta, Beschreibung des Königreichs Sachsen, Heft V, 76. — Als vorläufige Erläuterung muss ich noch beifügen, dass der Granit hier einen Theil der Kalkschichten durchbrochen hat, so dass das von Naumann, als „Hornblendeschiefer?‘ aufgeführte Gestein aus den han- genden Schichten des Schieferkalkes besteht, in denen der Ueberganz iu Schiefer schon deutlich ausgeprägt ist. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 3 34 halt an Graphit. Die mächtigsten Lager sind wohl diejenigen, welche sich in und neben dem eben beschriebenen Schiefer- kalkzuge finden. Da ihr Vorkommen nur örtlich zu sein scheint, so lassen sich auch für ihre Mächtigkeit nur Masse geben, wie sie für ein Lager an einem bestimmten Beobach- tungspunkte sich fanden. So traf ich z. B. im Prasserschen Steinbruche bei Friedrichswalde Lager an, welche '%; bis 4 Ellen mächtig waren, bis zu ziemlicher Tiefe verwittert und zeigten fast reinen Graphit, der mit wenig Thon und einzel- nen Schieferblättichen vermengt war. Ein ähnliches obwohl unreineres Lager von Graphit und Graphitschiefer findet sich ebenfalls in diesem Kalkzuge im Seidewitzthale. Ebenso scheint die von Naumann erwähnte „sehr graphitreiche Schicht“ „süd- westlich von Grossborthen, da wo der Fahrweg nach Wiltgens- dorf nahe an die Kleine „Rährsdorfer Schlucht tritt,“ — die- sem Kalkzuge anzugehören (Beschreib. d. Königr. Sachsen, Heft V, pag. 45). — Mehrere nur wenige Zoll starke aber ziemlich weit fortsetzende Graphitschieferlager finden sich ausserdem noch in den Thonschiefern sowohl dieser, als auch der darauf folgenden Zone. Wie bereits oben gesagt wurde, rechne ich zu der vier- ten Zone des Thonschiefergebietes die in dieser Gegend deut- lich hervortretenden Quarzite und Quarzschiefer sowie alle Gesteine, welche bis zur Grenze dieses Gebietes zwischen und über diesen lagern. Ouarzit und Quarzschiefer treten hier in mehreren Zügen auf, die durch Wechsellagerung mit dazwischen liegen- den quarzreichen Thonschiefern verbunden sind. Das Gestein besteht aus krystallinischem feinkörnigen bis dichten Quarze, welcher durch sparsam eingelagerte sehr kleine Glimmerblätt- chen, die den Schichtungsebenen parallel liegen, in vielen Fällen eine dickschiefrige Struktur erhält, in den dichten glimmerfreien Varietäten jedoch höchst unregelmässig spaltet. So kommt es, dass man bald das Gestein Quarzschiefer bald Quarzit zu nennen sich gezwungen sieht. Als Letzterer er- scheint dasselbe namentlich dann, wenn ihn Eisen innig bei- gemengt ist. Reichlicher Gehalt an Eisen, welches diesem Gesteine zwar nie fehlt, in den schiefrigen Varietäten aber meist als Brauneisen und Rotheisen auf den Schichtungsfugen 35 sich ausgeschieden findet, bedingt auch in vielen Fällen die schöne rothe Farbe des Quarzites und Quarzschiefers. Beson- ders deutlich tritt dieselbe in dem südöstlichen Theile des Gebietes hervor, wo namentlich im Purpur- (vulgo Bobers-) berge, bei Niederseidewitz ausgezeichnet rothe Varietäten an- stehen, die dem Eisenkiesel sehr ähnlich sind und zuweilen sogar auf die gewöhnliche Magnetnadel anziehend wirken. — Ausserdem scheint in den Quarziten und Quarzschiefern Gold in ausserordentlich feinen Körnchen sich zu finden. Ueber das Vorkommen desselben kann ich leider nichts Bestimmtes sa- gen, weil ich bisher bezüglich desselben nur auf Untersuchung meiner Handstücke angewiesen war, mit Hilfe derselben aber nicht vollständig sichere Resultate erlangen konnte. — Mitun- ter zeigt der Quarzit und Quarzschiefer eine Zerklüftung, die der transversalen Schieferung in geringem Grade ähnlich ist. Die Kluftlächen sind meist etwas nach Süd geneigt. (Schöne Beispiele dafür finden sich im Müglitzthale und dem Thale der unteren Bahra). Dass diese Flächen nicht der Schichtung an- gehören, zeigt sich deutlich an der Lage der angrenzenden Gesteine. Die Schichten des eben beschriebenen Gesteines sind nämlich nicht von bedeutender Breite, sondern wechseln vielfach mit schmalen Zügen von Thonschiefer. Solche (wiewohl metamorphosirte) Thonschieferzüge fin- den sich sehr schön im Schlosshofe zu Weesenstein und an dem Fusswege, welcher unterhalb dieses Schlosses neben der Mühle vorbei nach dem Parke führt, Die Uebergänge dieses Thonschiefers in Quarzit und Quarzschiefer finden sehr schnell statt und zwar so, dass grössere Partien von Quarz im Schiefer sich ausscheiden, immer mehr vorherrschen und endlich das Gestein ausschliesslich oder in Gemeinschaft mit Glimmer bil- den. Dieser Wechsel findet vielfach statt, so dass man eine grosse Anzahl von Quarzit und Quarzschieferzügen unterschei- den kann. Verschiedene Theile der Quarzitzüge haben der Verwitte- rung und Abschweınmung besser widerstanden als andere und ragen in schmalen Rücken empor. Zu ihnen gehören 1) Der lange Quarzitrücken von Obermäusegast mit meh- reren kleinen Bergkuppen, welcher von der Bedeckung durch Quadersandstein bei Ottendorf sich als ein schmaler Kamm bis 3*+ 36 zum Müglitzthale verfolgen lässt, in seinem Verlauf aber mehr- mals von Thälern durchschnitien wird; 2) Der Haak, ein kleiner Felsrücken bei Falkenhain; (von diesem Bergrücken aus lässt sich sehr deutlich der Zu- sammenhang ınit dem vorher genannten Quarzrücken nachwei- sen, weil im Müglitzthale diese Gesteine sehr schön entblösst sind.) j 3) Der Schweinehügel, am Wege von Tronitz nach-Sürssen ; 4) Der Steinberg bei Kleinröhrsdorf, eine Felskuppe in den Promenaden des dasigen Ritterguts. Es sind dies dieselben Kuppen, welche man früher als die Köpfe verschiedener Quarzitmassen ansah. Zwischen ihnen lässt sich jedoch die Fortsetzung des Gesteins nachweisen, so dass sich schon nach den Kuppen nördlich vom Müglitzthale auf zonenartige Lagerung des Quarzits und der mit ihnen ver- bundenen Gesteinsmassen schliessen lassen würde. Zur vollen Gewissheit wird aber ein derartiges Lagerungsverhältniss bei der Betrachtung des langen ‚Quarzitrückens von Oberimäuse- gast, weil dieser nur selten bedeutend von Erde überlagert wird, also vollständig zu verfolgen ist. In den weiter im Hangenden befindlichen Schiefern dieser Zone setzt sich anfangs der Wechsel zwischen quarzreicheren und quarzärmeren Thonschieferschichten noch eine Zeit lang fort, ohne dass jedoch reine Quarzschiefer sich ausbilden. Diese Thonschiefer sind feinkörnig und unkrystallinisch. Nur selten bildeten sich reine pelitische Schiefer aus. Fast durch- gängig machen sich an ihnen bedeutende Stauchungen und Biegungen der Schichten bemerkbar. Dabei sind sie zum gros- sen Theile leicht und gut spaltbar. Nur einige Varietäten, na- mentlich die, welche etwas grobkörmige Zusammensetzung zeigen, besitzen eine auffallende Festigkeit und spalten in dicke- ren, häufig unregelmässigen Platten. Beispiele dafür finden sich recht ausgezeichnet im Müglitzthale. Dort bilden solche härtere Schichten u. a. am linken Ufer des Müglitzthales eimeu kleinen Felsenkegel, dessen spitzkegelförmnige Gestalt auf deu ersten Blick kaum auf Schiefer schliessen lässt. Interessant ist dieser Berg noch dadurch, dass sich an der nach dem Thal- rande zu gelegenen Seite noch deutlich die Spuren eines alten Flussbettes zeigen. 37 Ehe ich einige allgemeine Fragen zu beantworten ver- suche, muss ich noch einige eruptive Gesteine und Erze er wähnen, welche sich wegen der Art ihrer Lagerung nicht gut bei der Beschreibung der Schieferschichten selbst erwähnen liessen. Wegen der Einwirkungen, die einige dieser eruptiven (sesteine auf die benachbarten Schichten ausgeübt haben, will ich ihre Beschreibung der der Erzlagerstätten vorausgehen lassen. Die hier noch zu schildernden Gesteine, Granit, Dio- rit und Porphyr treten in Form mächtiger, sich mehr oder minder weit fortsetzender Gänge auf. Mit Ausnahme des Por- phyrs sind sie in Betreff ihrer Verbreitung nur auf die oberen Zonen des Thonschiefers beschränkt. Der Granit bildet hier zwei Gänge, von denen der eine wegen seiner Ausdehnung und der Einwirkung auf die anla- gernden Gesteine schon lange die Aufmerksamkeit der Geolo- sen auf sich gezogen hat. Derselbe tritt im Lockwitzthale unter den überlagernden jüngern Gesteinen hervor und lässt sich bei einer Breite von 300—800 Fuss bis jenseit des Müglitzthales also in einer Ausdehnung von mindestens einer Meile verfolgen. Ja es sind Gründe vorhanden zu der An- nahme, dass er bis in das Seidewitzthal sich fortsetze. Es finden sich nämlich im Seidewitzgrunde, ohngefähr von der Nenntmannsdorfer Mühle an thalabwärts zuweilen Bruchstücke von Granit, welcher thalaufwärts bis jetzt nirgend nachgewie- sen worden ist. Ferner spricht dafür der Umstand, dass sich bis in die Nähe jener Mühle Knotenschiefer fortsetzt; die Thonschiefer aber in denen er auftritt, viel tieferen Schichten angehören als die in denen metamorphosirte Schiefer sich zeigen. Ausserdem spricht dafür der Umstand, dass die me- tamorphosirende Einwirkung dieses Ganges, wie ich unten an- führen werde, nie auf so bedeutende Entfernungen sich er- streckt hat, wie ınan sie sonst hier anzunehmen sich genö- thigt sehen würde. Die Art und Weise wie der Granit hier auftritt, bietet ganz eigenthümliche Verhältnisse dar. Zunächst ist es der Charakter des Gesteines selbst, welcher dem Beobachter man- ches Interessante bietet. Im Lockwitzthale ist das Gestein Granitsyenit, d.h. Syenit dem Glimmer und Quarz beigemengt 38 ist. Hornblende ist nur in geringer Menge vorhanden, wäh- rend die ziemlich grossen Feldspathindividuen bedeutend über- wiegen. Dieser Feldspath (Oligoklas und Orthoklas) hat meist eine lichte zuweilen rein weisse Farbe, die aber da wo das Gestein längere Zeit den Atmosphärilien ausgesetzt war in Roth übergeht. Obgleich Hornblende und auch Oligoklas im wei- teren Verlaufe dieses Ganges nach und nach zurücktreten, Glimmer und Quarz dagegen in demselben Verhältnisse reich- licher sich finden, so bewahrt doch dieses Gestein lange den Charakter eines Mittelgesteins zwischen Granit und Syenit; denn erst im Sürssengrunde tritt der granitische Habitus voll- ständig hervor. Trotzdem hat das Auftreten von Hornblende selbst im Müglitzthale noch nicht aufgehört. Daselbst tritt der Granit bei der Weesensteiner Papierfabrik an beiden Thalge- hängen auf und bildet namentlich am rechten Gehänge schöne Felsen, während in den Brüchen am jenseitigen Ufer herrliche Beobachtungspunkte sich finden. An der unteren (östlichen) Grenze ist der Granit mittel- bis grobkörnig und besteht aus Orthoklas (triklinischer Feldspath scheint zu fehlen), viel Quarz und einem dunkel gefärbten Glimmer, zwischen denen sich als accessorische Gemengtheile Schwefelkies und Hornblende in geringer Menge finden. Der Feldspath besitzt im frischen Bruche eine blaulichweisse Farbe, die aber an der Luft nach kurzer Zeit eine bedeutende Röthung erfährt. Er ist meist in langsäulenförmigen ziemlich regelmässigen Individuen ausge- bildet. Der Quarz tritt in unregelmässigen krystallinischen Massen auf, die häufig den Feldspath in der Art umhüllen, dass letzterer nur mit einer Seite unmittelbar an Glimmer an- grenzt und deshalb in vielen Fällen nicht ohne Weiteres zu beobachten ist. Interessant wird dieses Verhältniss des Quar- zes zum Feldspathe häufig noch dadurch, dass die Grenzflä- chen zwischen beiden durch eine sehr dünne Lage von Schwe- felkies geschieden werden. Der Glimmer tritt in unregelmäs- sigen, ausserordentlich kleinen Schüppchen auf, die nach den verschiedensten Richtungen mit einander verbunden sind und mit den in ihnen eingeschlossenen Kryställchen von Hornblende ein feinmaschiges Netz bilden, welches die Feldspath - Quarz- Aggregate umhüllt. — Der Granit ist, an den anstehenden Wänden sehr zerklüftet, scheint aber weiter nach Innen eine 39 zusammenhängendere Masse zu bilden; wenigstens deuten die Verhältnisse in den angelegten Brüchen darauf hin. Während in dem nach der unteren Grenze zu liegenden Theile des Granitganges an diesem Orte die Anordnung der langsäulenförmigen Feldspathindividuen durchaus regellos ist und die grösste Ausdehnung des Quarzes der Lage des benach- barten Feldspathes entspricht, tritt weiter nach den im Lie- genden befindlichen Schichten des angrenzenden Schieferkalkes eine deutlich flaserige Struktur ein, indem namentlich an dem reichlich vorhandenen Quarze eine Streckung sich geltend macht, welche an der Grenze am deutlichsten ausgeprägt ist. Der Feldspath tritt hier sehr untergeordnet auf und ist der Streckung weniger unterworfen als die häufiger vorhandenen und etwas grösseren Hornblendekrystalle. Die Richtung dieser Streckung ist nahezu von Süd nach Nord, mit 55° Fallen in Nord (nach Naumann). Da ich den Verlauf der oberen Grenze ohngefähr hora 7 fand, so scheint es als ob die Streckungs- richtung wenigstens in horizontaler Richtung rechtwinklig zu der Stellung der Grenzfläche sich stelle. (In verticaler Rich- tung kann gegenwärtig die Grenzfläche nicht verfolgt werden.) In den manichfach zerklüfteten Felsen zeigt der Granit häufig, namentlich im Müglitzthale, lichtfleischrothe Adern von wenigen Linien bis zu mehr als einem Fusse Breite, die nach verschiedenen Richtungen hin sich ziehen. Sie bestehen aus einem innigen Gemenge von lichtfleischrothem Orthoklas und Quarz, zwischen denen sich häufig schwache Adern eines kleinkörnigen, hornblendeartigen Minerals finden, während der Glimmer in einigen der grösseren Adern im Gesteine selbst sich zeigt, sonst aber fast nur in dünnen Lagen an den Grenz- flächen und zwar denselben parallel anzutreffen ist. Der Feld- spath besteht meist aus unregelmässigen krystallinischen Mas- sen, die nur selten einzelne Krystallflächen tragen. Er scheint seinen physischen Eigenschaften nach zwischen dem eigentli- chen Orthoklas und Sanidin zu schwanken, dem letzteren aber häufig sehr nahe zu stehen. Es muss dahin gestellt bleiben, ob dieser Feldspath die rothe Farbe stets besitzt oder ob bei ihm bereits eine Röthung stattgefunden hat, wie sie der Feld- spath des umlagernden Granits bei andauernder Einwirkung der Atmosphärilien ebenfalls erleidet. Dafür dass eine solche 40 bei jenem schneller als bei diesem eintreten könne, dass über- haupt selbst das mehr oder minder umschlossene Gestein die- ser Adern einer Zersetzung mehr und leichter ausgesetzt sei, spricht der Umstand, dass diese Adern häufig sowohl in ver- ticaler als in horizontaler Richtung auf weite Strecken sehr zersetzt, während der sie umgebende Granit ziemlich unver- sehrt sich zeigt. Vielleicht ist es gerade die grössere Sprö- digkeit dieses Gesteins, welche die Zersetzung fördert. Denn dass ausser den vorhandenen Grenzflächen und Klüften die Struktur des Gesteines hierbei mit in Frage kommt, beweist der Zustand des Granits, welcher trotz der vielen Kluftflächen, die den Wässern und Gasen ebenfalls zugänglich sind, doch nur in geringem Grade diesem Prozesse unterliegt. Die Beschaffenheit des Feldspaths, die Anordnung der einzelnen Bestandtheile, das scharfe Absetzen dieser Adern gegen den Granit und die in den meisten Fällen deutlich aus- gesprochene gangartige Natur derselben bestimmen mich, diese Adern für Produkte späterer Injektionen für ‚jüngeren Granit“ zu halten. Ihr Verhältniss zu dem umgebenden älteren Gra- nite aber beweist uns, dass dieser bereits eine ziemliche Ver- festigung erfahren haben musste, ehe das Material dieser Bil- dungen in ihn eindrang. Bezüglich ihrer petrographischen Beschaffenheit sind die- sem „jüngeren Granite‘“ einige Apophysen ausserordentlich ähnlich, welche sich ebenfalls im Müglitzthale aus der unte- ren Grenze des Granits in das benachbarte Gestein erstrecken. Sie besitzen nur geringe je nach der Art der Klüfte, welche sie im Gesteine vorfanden, etwas verschiedene Dicke und las- sen sich an dem nahe an die Strasse herantretenden kahlen Felsen ziemlich weit verfolgen. Ob sie dem jüngeren oder älteren Granite angehören muss dahin gestellt bleiben, weil Geröli- und Schuttmassen gegenwärtig die Grenzfläche des Ganges hier bedecken. Welches aber auch dieses Verhältniss sein möge, so verweist uns die Art ihrer Ausbildung doch darauf, dass in diesen Spalten das Material bei seiner Aus- bildung zu Granit wesentlich in denselben Zuständen sich befand, wie das des jüngeren Granits im Granitgange selbst. Dieser Syenit und Granit tritt in Form eines Lagerganges auf. Denn während man hin und wieder ihn parallel mit den Aal Schieferschichten findet, zeigt sich doch an andern Punkten sowohl als auch in seinem ganzen Verlaufe deutlich, dass er diese Schichten durchschneidet. Im Lockwitzthale tritt er in den Quarzitzügen vielleicht sogar schon im Hangenden dersel- ben auf, während er im Müglitzthale zwischen den Gesteinen der darunter liegenden Zone und zwar bereits zwischen den obersten Schichten der letzten Schieferkalkbildung sich findet. Bei der allgemeinen Richtung des Ganges lässt sich ver- muthen, dass derselbe, vorausgesetzt dass er in der Nähe des Lockwitzthales nicht aufhöre, sich ohnweit der nördlichen Grenze dieses Gebietes mit dem Syenit-Granite des Elbthales vereinige. Dieser schon von Naumann vermuthete Zusam- menhang beider Granitbildungen wird ausserdem dadurch sehr wahrscheinlich gemacht, dass die petrographische Beschaffen- heit der Gesteine dieses Ganges mit der in den nächstbenach- barten Theilen des Syenit- Granit-Lagers im Elbthale fast voll- ständig übereinstimmt. — Ein Unterschied dürfte dagegen be- züglich der von ihnen ausgegangenen Einwirkung auf die be- nachbarten Gesteine zu finden sein. Obgleich, wie ich schon oben erwähnte, der Schiefer an der Grenze dieses Distrikts gegen den Granit an den Auf- schlüssen im Müglitzthale eine bedeutende Veränderung zeigt, so ist doch daselbst die metamorphosirende Einwirkung des Granits im Thonschiefer nur auf kurze Sirecke wahrnehmbar, während die ınechanische dagegen in hohem Grade stattge- funden zu haben scheint. Ganz das umgekehrte Verhältniss zeigt sich an dem Syenit-Granitgange. Das Vorhandensein einer langen Gangspalte besonders die deutlich wahrnehmbare Auseinandertreibung ursprünglich an einander lagernder Schich- tentheile um mehrere hundert Fuss deutet zwar auch an, dass hier gewaltige mechanische Kräfte gewirkt haben, welche mit der Eruption des Granits höchst wahrscheinlich in Verbindung standen. Allein ausser diesen Zerreissungen finden wir keine weiteren Spuren derartiger Einwirkungen. Um so mehr muss darum überraschen, in der Nähe dieses Ganges eine so we- sentliche und weitreichende offenbar vom Granite herrührende Metamorphose der umlagernden Gesteine wahrzunehmen, welche die des Hauptlagers weit übertrifft. Ob der Grund davon in der mehr oder minder grossen Entfernung der granitischen 42 Massen von den EKruptionsspalten oder in der Beschafenheit der Contaktflächen oder in irgend welchen andern Verhältnis- sen, die hier obgewaltet haben, gesucht werden könne, muss hier unerörtert bleiben. Es genüge eine einfache Wiedergabe der über die Verbreitung und die Art und Weise dieser Me- tamorphose gemachten Beobachtungen. In der Hauptsache sind es dreierlei Gesteine, deren Schich- ten durch diesen Syenit-Granitgang eine Metamorphose erlit- ten haben, nämlich Thonschiefer, Quarzit und Schieferkalk, Diese zeigen sich innerhalb eines ziemlich regelmässigen lang- ellipsoidischen Flächenraumes oft bedeutend verändert. Die grösste Ausdehnung dieses Raumes wird durch den Verlauf des Ganges selbst bestimmt und erstreckt sich bis zum Seide- witzthale.. Während die Einwirkung des Granits zu beiden Seiten des Ganges sich mehr als 3000 Fuss weit verfolgen lässt, sind im Müglitzthale höchstens auf 1500 Fuss Entfer- nung vom Granite noch metamorphosirte Gesteine zu finden; im Seidewitzthale dagegen erscheint der Knotenschiefer nur in geringer Breite aın nördlichen Thalrande. Am auffälligsten ist die Veränderung des Thonschie- fers, weil bei ihm allein von den ursprünglichen Gesteine petrographisch verschiedene Gesteine sich ausgebildet haben. Es sind dies wesentlich dieselben, welche man auch ander- wärts beobachtet, wo Granit im 'Thonschiefer auftritt, nämlich Cornubianit, Knotenschiefer und Fleckschieler. Ueber die Be- schaffenheit derselben gab Naumann*) eine ausführliche Be- schreibung auf die ich hier verweisen möchte. Cornubia- nit findet sich in der Regel nur in der unmittelbaren Nähe des Syenit-Granits und erreicht selten eine bedeutende Breite. Eine Ausnahme davon findet bei seinem Auftreten im Lock- witzthale statt, wo er unterhalb des Ganges bis zur Grenze dieses Gebietes gegen den Elbgranit sich verfolgen lässt, wäh. rend er thalaufwärts vom Quarzite bis an das Rothliegende sich findet und zuweilen durch Ausscheidung grösserer Feld- spathkörner dem Gneisse einigermassen ähnlich wird. Im Müglitzthale selbt ist er nicht vorhanden, weil hier der Kalk zu beiden Seiten des Granits ansteht; wohl aber findet er sich *) Geognostische Beschreibung des Königr. Sachsen, Heft V, S. 48 fi. 43 in ausgezeichneter Weise im Crottaer Graben einer Seiten schlucht dieses Thales. — Knotenschiefer geht öfters un- mittelbar aus dem eben genannten Gesteine hervor und bildet wie es scheint nur in den im Verhältniss zum Cornubianit lie- genden Schichten das Mittelglid zwischen diesem und dem eigentlichen Thonschiefer. Sehr schön findet man denselben selben im Müglitzthale, im Liegenden des obersten Schiefer- kalkzuges und im Seidewitzthale, gegenüber der Nenntmanns- dorfer Mühle. An dem ersteren Orte zeichnet sich der Kno- tenschiefer in einigen Schichten durch ausserordentliche Fe- stigkeit aus. Dies ist namentlich bei dem Gesteine der Fall, welches sich an der Ostseite des Bergrückens oberhalb der Papierfabrik findet, der die Prinzenbank trägt. Am jenseitigen Ufer der Müglitz sind gerade diese härteren Schichten sehr schön entblösst Sie entsprechen den bei der Beschreibung der Gesteine dieser Zone von mir erwähnten festeren Thonschiefern. — Fleckschiefer ist in seiner typischen Ausbildung in diesem Gebiete überhaupt sehr selten. Die hier vorkommenden Ge- steine, welche unter diesem Namen aufgeführt werden können, finden sich nur in dem vielfach gebogenen quarzreichen Thon- schieferschichten, die in der Nähe und zwischen den Quarz- schiefern und Quarziten vorkommen. Es sind glimmerreiche ziemlich feste, trotzdem aber häufig dünnschieferige Gesteine, welche nach der Form der in ihnen ausgebildeten Concretio- nen zwischen dem Knotenschiefer und dem Chiastolithschiefer schwanken. — Den Letzteren, welcher nach Bonnard bei Burk- hardswalde wirklich vorkommen soll, habe ich nicht auffinden können. — Dieser Fleckschiefer geht nach dem Hangenden zu in den gewöhnlichen grauwackenartigen Thonschiefer über. Bei der Beschreibung der Veränderungen, welche der Quarzit infolge des Auftretens von Granit erfahren hat, muss ich es zunächst dahin gestellt sein lassen, ob dieses Gestein in der Form von reinem Quarzit als ursprünglich anzusehen sein dürfte oder ob man behaupten könne, dass es wegen der Wechsellagerung mit ursprünglich grauwackenartigen Schiefern schon das Produkt hydrochemischer Prozesse sei, wofür ver- wandte Gesteine anderwärts ausgegeben worden sind. Denn obgleich die sich hier findenden Verhältnisse des Gesteins einer solchen Behauptung durchaus nicht entgegenstehen wür- 44 den, so glaube ich doch nicht hinreichende Beobachtungen vorbringen zu können, welche dieselbe genügend zu begründen im Stande wären. Es kann daher in Folgendem nur von den Veränderungen gesprochen werden, welche unzweifelhaft durch vom Granit-Syenite veranlasste thermo-metamorphische und hydrochemische Prozesse bewirkt worden sind. Solche treten uns namentlich im Lockwitzthale entgegen, wo der Quarzit und die mit ihm wechsellagernden Gesteine in unmittelbarem Contakte mit dem genannten eruptiven Gesteine stehen. In einer ziemlichen Breite erweisen sich diese Gesteine‘ als total verändert. Ihre Struktur ist zum grossen Theile verloren ge- gangen, sie sind dicht und ausserordentlich schwer zerspreng- bar. Nur selten lässt sich der ursprüngliche Wechsel zwischen Thonschiefer und Quarzit noch beobachten und wo es der Fall ist, da sind die Reste von Thonschieferlagen sehr gebogen und verzerrt, so dass sie einen ähnlichen Anblick gewähren, wie die zuweilen vorkommenden fremdartigen Einlagerungen in Hohofenschlacken. Glimmer ist durchschnittlich nur in klei- nen Blättchen vorhanden, die in ihrer Verflechtung und Grup- pirung dem Gesteine eine fein-poröse Struktur geben und in ihren Höhlungen die übrigen Bestandtheile desselben beher- bergen. Zu den letzteren gehören Quarz und Feldspath. Sie sind meist in kleinen Körnchen ausgeschieden. Die Farbe des Quarzes wechselt zwischen Graulichweiss, Sammetschwarz und Rosenroth. Infolge des Vorhandenseins dieser letzteren ist der Quarz oft dem nur in geringer Menge vorkommenden, fleischrothen Feldspathe (wahrscheinlich Orthoklas) ziemlich ähnlich. Auf den Klüften findet sich nicht selten ein dünner Ueberzug von Eisenoxyd, welcher durch Glimmerschüppchen mit dem Gesteine fest verbunden ist. Das ganze Gestein macht den Eindruck, als sei es zu einer zähen Masse erweicht worden und habe in diesem Zustande nicht nur die eigenthüm- liche Ausbildung seiner Bestandtheile sondern auch eine be- deutende Dehnung und Biegung seiner Masse erfahren. In vielen Stücken ist es dem eben beschriebenen Gesteine un- mittelbar an der Granitgrenze bei dem Wehre der Köttewitz- mühle ähnlich. Die Veränderungen endlich, welche der Schielierkalk durch diesen Syenit-Granitgang erfahren hat, lassen sich nur 45 nach Beobachtungen an wenigen Punkten schildern; nämlich nach denen die an den schönen Felswänden gemacht wurden, welche dieses Gestein im Müglitzthale bildet und nach den Verhältnissen, welche im Crottaer Graben vorliegen. Ausser- dem könnte ınan vielleicht unter der Voraussetzung, dass der Granit sich wirklich bis in die Nähe des Seidewitzthales fort- setzt, noch den eigenthümlichen Charakter der Gesteine mit in Betracht ziehen, welche bei dem bereits erwähnten Stollenbau auf dem Vorwerke Burkhardswalde zu Tage gefördert wurden. — Diese Veränderungen lassen sich im Wesentlichen auf einen thermometamorphischen und einen hydrochemischen Prozess zurückführen, Der erstere äussert sich darin, dass einerseits der Kalk in Marmor umgewandelt worden ist, andrerseits aber auch die demselben in eigenthümlicher Weise eingelagerten Schieferlamellen zum grossen Theile Knotenschiefer ähnlich erscheinen. Sehr schön lässt sich dies im Müglitzthale ver- folgen. Während dieser Schieferkalkzug im Crottaer Graben noch durch eine schwache Lage von Thonschiefer (jetzt Cor- nubianit) vom Granite selbst getrennt wurde und infolge des- sen nur eine geringere Umwandlung erfahren konnte, theilte ihn im Müglitzthale wie schon erwähnt der Granit. In dem dadurch entstandenen liegenden grösseren Theile finden sich diejenigen Schichten, in denen der Kalk seiner Masse nach über die Thonschieferlamellen überwiegt; die jenseit des Gra- nits auftretenden Schichten dagegen bestehen vorwiegend aus Thonschiefer und bilden den Uebergang zu den weiter im Han- senden auftretenden Gesteinen. In beiden Theilen erscheint der Kalk bis zu mehr als 100 Fuss Entfernung vom Granite als ein grünliches bis weissgraues feinkörniges marmorartiges Gestein. Dass diese Umänderung seiner Beschaffenheit wirk- lich vom Granite ausgegangen ist, wird dadurch bewiesen, dass dieselbe je weiter vom Granite ab desto geringer ist. In der Nähe des Granits tritt ausserdem ein feinschuppiger strohgel- ber Glimmer auf. — Dass neben dieser Umwandlung aber auch eine hydrochemische Einwirkung stattgefunden hat, scheint mir bei dem Vorhandensein von Mineralmassen, welche sonst diesem Gesteine fremd sind, gewiss zu sein. Der Scliefer- kalk hat nämlich in der Nähe des Granits eine bedeutende Dolomitisirung und Verkieselung erfahren. Dolomit und Quarz 46 sind nicht nur den an den Granit grenzenden Schieferkalkstei- nen innig beigemengt, sondern finden sich auch in einzelnen Partien ausschliesslich. Demzufolge haben die Gesteine eine sehr bedeutende Festigkeit, die Schieferpartien der hangenden Schichten theilweise sogar eine körnige Struktur.*) Die Ver- breitung dieser Einwirkungen ist in normaler Richtung zu den Grenzflächen des Ganges geringer als die der oben geschilder- ten thermometamorphischen. Da nun aber die Gesteine, welche an dem oben angeführten Orte in Burkhardswalde zu Tage ge- fördert wurden, gerade sich ausserordentlich dolomitisch und verkieselt zeigten, so ist Grund vorhanden zu der Annahme, dass die Bedingungen dazu auch dort erfüllt waren. Ausser dem Granite in dem eben geschilderten Granit- Syenitgange muss ich noch ein Vorkommen dieses Gesteins hier kurz erwähnen. Im oberen Theile des Klein -Röhrsdorfer Grundes finden sich nämlich die Reste vom Ausgehenden eines Granitganges, dessen Gestein gegenwärtig über die Ober- fläche nicht mehr ansteht. Es ist ein kleinkörniger Granit mit viel Beldspath, der ausser den wesentlichen Bestandtheilen noch etwas Hornblende enthält. Wegen seines grossen Feld- spathgehaltes ist er sehr zur Verwitterung geneigt. Daher kann man den Verlauf dieses Gesteins und sein gangartiges Auftreten nur an den Haufwerken von Granit erkennen, welche sich von dem Damme des obersten Teiches bis an die Witt- gensdorfer Strasse finden **) Das zweite eruptive Gestein, das ich hier zu beschreiben habe, ist der Diorit. Dieser tritt in mehreren parallelen Gängen von 10 bis 100 Fuss Mächtigkeit innerhalb der Ge- steine der Schieferkalkzone auf. Diese Gänge nehmen ihren Anfang bei Burkhardswalde und ziehen sich nach dem Seide- witzthale, in dessen Nähe sie sich fast sämmtlich auskeilen, so dass nur ein Gang sich bis zur Quadersandsteingrenze ver- folgen lässt. Die Aufschlüsse, welche dieses Gestein bietet, beschränken sich fast nur ‘auf das Seidewitzthal und das Thal *) Dürfte vielleicht der Umstand dass am körnigen Granite diese Um- wandlung grösser ist als am flaserigen, auf die Ausbildung dieses le!zte- ren ebenfalls einiges Lieht werfen? — **) Einen Theil dieses Ganges beschrieb schon Naumann in der geo- gnostischen Beschreibung d. K, Sachsen, Heft V, S. 89. 4% der niederen Bahra, sind aber gegenwärtig so unvollkommen, dass sich wenig Zuverlässiges über die Art der Lagerung, die Zahl der Gänge, deren Verbreitung u. s. w. sagen lässt. Mit Rücksicht darauf, dass in wenigen Monaten durch den Bau einer Strasse im Seidewitzthale bessere Beobachtungspunkte hergestellt werden dürften, beschränke ich mich in Folgendem darauf, die wichtigsten und einigermassen sicheren Resultate meiner Untersuchungen zu geben. Die Gänge, welche nordwestlich vom Seidewitzthale sich finden, scheinen anfänglich in den hangenden Schichten des obersten Schieferkalkes aufzutreten, aber theilweise die Schich- ten desselben bald zu durchschneiden. Infolgedessen erscheint der Kalk im Seidewitzthale durch mehrere Gänge von Diorit getheilt, die jedoch nur geringe Breite haben. Mächtiger ist ein Dioritgang, welcher den Kalk in seinem Hangenden be- grenzt und zu beiden Seiten des Tlıals lange Hügelrücken bil- det. — In den Brüchen desselben Schieferkalkzuges bei Fried- richswalde erscheint der Diorit unmittelbar im Liegenden des Kalkes, während im Thale der niederen Bahra zwischen bei- den Gesteinen noch Thonschieferschichten sich finden. — Der Charakter dieser dioritischen Gesteine ist wechselnd. Meist ist es ein feinkörniges Gemenge von grünlichweissem Feldspath (Albit?), Hornblende und Quarz, in welchem etwas grössere Krystalle von Hornblende sich ausgeschieden finden. Zuweilen nehmen diese letzteren an Grösse bedeutend zu, so dass das Gestein porphyrartig erscheint. Dichte Varietäten, sowie auch solche, in denen die grösseren Hornblendekrystalle gänzlich fehlen, kommen nicht vor. Die Festigkeit dieses Gesteins ist namentlich in den kleinkörnigen Dioriten bedeutend, so dass sie öfters die des Quarzits noch übersteigt. Auch in der Nähe dieser Gänge zeigen sich bedeutende Veränderungen in der Beschaffenheit des Schieferkalkes und Thonschiefers. Zunächst haben beide Gesteine in der Nach. barschaft des Diorits häufig eine Zertrümmerung erfahren, so dass breccienartiger Thonschiefer und Kalk einzelne der Gänge begrenzen. Sehr deutlich lässt sich dies in dem Prasser’schen Kalkbruche bei Friedrichswalde, sowie an einigen Punkten im Seidewitzthale beobachten. An dem erstgenannten Orte treten an deu südlichen Bruchwänden einzelne wulstförmige Partien 48 ziemlich zersetzten Diorits auf. In der Nähe derselben ent- hält der zu einer locker verbundenen Breccie zertrümmerte Kalk kleine scharfkantige Fragmente von Thonschiefer. — Diese Zertrümmerung dürfte jedoch bedeutend grösser gewesen sein, als es nach den vorhandenen Breccien scheint. Bei der nahezu gleichen Mächtigkeit, welche die Züge der einzelnen Gesteine an den verschiedenen Punkten überhaupt zeigen und welche auch an dem obersten Schieferkalkzuge in den Thälern der Müglitz und niedern Bahra sich vorfindet, erscheint es aufäl- lig, dass die Breite dieses Kalkzuges im Seidewitzthale, wo er von Diorit nicht nur auf beiden Seiten begrenzt, sondern auch getheilt wird, bedeutend geringer ist als sonst. Viel- leicht ist ein Theil desselben zertrümmert und in dieser Forın beim Ausbruche des Diorits entfernt worden. Dies ist um so wahrscheinlicher, als der Kalk an dem grossen Dioritgange im Seidewitzthale mit seinen kalkreicheren Schichten abschneidet, während jenseit schon grauwackenartiger und quarzitreicher Schiefer ansteht, so dass die Schichten, in denen sonst der Uebergang beider Gesteine in einander erfolgt, hier fehlen. Ausser der mechanischen Einwirkung, die sich überdies, wie schon oben erwähnt wurde, noch in der Stellung der Schichten im Seidewitzthale bemerkbar macht, ist aber auch eine vom Diorite ausgehende petrographische Veränderung unverkennbar. Diese beschränkt sich jedoch nur auf die nächste Umgebung der Dioritgänge im Seidewitzthale. Es ist bei der Beschreibung des Schieferkalkes darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Schieferlamellen in demselben stets der Schichtungsebene parallel liegen und eine ganz charakteri- stische Form besitzen. Eine Ausnahme davon findet sich am linken Thalrande des Seidewitzthales, wo Theile eines solchen Kalkzuges von mächtigen Gängen von Diorit begrenzt und durchschnitten werden. Dort nimmt der Kalk ohne in tech- nischer Beziehung an Werth zu verlieren, eine schnutziggrüne Farbe an, wird feinkörnig-krystallinisch und verliert seine Schichtung. Die Schieferlamellen erscheinen als vielfach ge- wundene, unregelmässige Einlagerungen,, von dunkelgrauer bis grünlichgrauer Farbe. Die ganze Beschaffenheit erinnert nur zu sehr an die marmorartigen Zeichnungen, welche man häu- fig künstlich in Stuccaturen hervorbringt, so dass ich nicht 49 umhin kann anzunehmen, dass hier eine Erweichung des Kal- kes und seiner Bestandmassen stattgefunden hat, durch welche es möglich war, die Form und Anordnung dieser letzteren zu verändern. Dieses lokale Vorkommen zwischen Gängen von Gesteinen unzweifelhaft eruptiver Entstehung berechtigt gewiss dazu, in demselben die Ursache dieser Veränderung zu suchen. Andrerseits scheint aber auch deutlich eine Einwirkung auf den Thonschiefer hervorzutreten. Die härteren Schiefer- schichten unterhalb der ‚wilden Kirche,“ im Seidewitzthale, welche genau den harten Knotenschiefern im Müglitzthale (bei der Prinzenbauk) entsprechen, zeigen nämlich so eigenthüm- liche Veränderungen, dass man sie früher irrthümlich für Grünstein ansah. Sie erscheinen als ein dichter und sehr fe- ster schwärzlichgrauer Schiefer, in dem sich ausser den auch sonst vorhandenen kleinen Feldspathindividuen ein schwärzlich- grünes Mineral vorfindet, welches kleine dünne Tafeln mit ab- gerundeten Ecken bildet und eine grosse Festigkeit besitzt. Dass diese Schiefer aber keiner der Klassen unterzuordnen sind, in die man die meisten der als Grünstein bezeichneten Gesteine gebracht hat, geht daraus hervor, dass sie nicht nur durch vollständigen Uebergang mit den benachbarten Gestei- nen verbunden sind, sondern sich auch als einem ganz be- stimmten Schichtencomplexe zugehörig erweisen, denn in ihrer Verlängerung gehen sie sehr bald in gewöhnlichen festen Schiefer über. Die Beschaffenheit des eingelagerten dunkel- grünen Minerals bestimmt mich, dasselbe für Ottrelit, den Schiefer also für Ottrelitschiefer zu halten. Da derselbe aber hier nur auf einen ausserordentlich kleinen Raum be- schränkt ist und nur in der Nachbarschaft von Kalk auftritt, an dem die Einwirkung des Diorits sehr merklich ist, so dürfte seine metamorphische Bildung sehr wahrscheinlich sein. Es erscheint nun allerdings merkwürdig, dass die meta- morphosirende Einwirkung des Diorits nur auf einen kleinen Theil seines Verbreitungsbezirkes beschränkt ist. Der Um- stand, dass viele Dioritgänge in diesem Theile auftreten und die Annahme einer vereinten Wirkung derselben vermögen diese Erscheinung nicht vollständig zu erklären, weil dann doch andrerseits (wie z. B. in dem Kalkbruche bei Friedrichs- walde) auch eine verhältnissmässige Veränderung zu beobach- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 4 50 ; ten sein müsste. Allein davon ist vielleicht mit allemiger Aus- nahme einiger Punkte im Bahrathale sonst keine Spur zu se- hen. — Vielleicht dürfte die Lösung dieser Frage darin zu finden sein, dass man anniınmt, die Ausbrüche des dioritischen Magmas hätten in denjenigen Theilen der Spalten stattgefun- den, in deren Nähe sich die metamorphische Einwirkung gel- tend macht; von hier aus seien dann die übrigen Theile dieser Gänge ausgefüllt worden, so dass dieser Eruptionskanal län- gere Zeit in Thätigkeit blieb uni einen Krater, derjenigen unserer Vulkane ähnlich war, in denen jahrelang glühende Lava sich befindet und in deren Nähe fortwährend überhitzte Dämpfe den Spalten entströmen. Dass in der That hier der Angriffspunkt der plutonischen Kräfte lag, welche vor und während der Eruption des Diorits wirkten, beweist die gewal- tige Störung, welche der Schichtenbau dieses Gebirgstheiles im Seidewitzthale erfahren hat. — Bei der Beschreibung der in diesem Gebiete auftretenden Porphyre verzichte ich auf eine Schilderung des granitarti- gen Porphyrs, welcher zwischen Gmeiss und Glimmerschiefer im Süden dieses Gebietes auftritt. Da derselbe in Gängen sich befindet, welche z. Th. auch im Gneisse, niemals aber innerhalb des Schiefers auftreten, so dürfte seine Beschreibung in die des Gmeissterrains zu verweisen sein. Ausserdem tritt Porphyr in einer Anzahl von. schmalen Gängen auf, die entweder ganz innerhalb des Schiefergebiets sich finden, oder an der Grenze wenigstens theilweise in die benachbarten Schieferschichten eingreifen. Der grösste Theil von ihnen findet sich in den liegenden Schichten der unter- sten Kalkzone und zeigt daselbst eine reihenförmige, zuweilen auch parallele Anordnung. Da diese zugleich sich der Strei- ehungsrichtung der benachbarten Schiefergesteine in ikrem Ver- laufe sehr nähern, so dürften sie wohl als Lagergänge anzu- sehen sein, welche den eigentlichen Lagern sehr nahe stehen. In der Regel sind sie nur in den tieferen Thälern zu beobach- ten, doch dürfte ihre Fortsetzung auf den Höhen nur von Schutt bedeckt werden, so dass wir nur einen Hauptgang mit meh- reren Parallelgängen in den Porphyren der unteren Schiefer vor uns hätten. Aber nicht blos der Anordnung, sondern auch des gleichen Ay petrographischen Characters wegen, möchte ich in den Por- phyrgebilden im Liegenden dieses Thonschiefergebiets einen derartigen Zusammenhang für möglich halten. Ihr Gestein erscheint als ein fleischrother bis brauner Felsitporphyr (Var. Feldsteinporphyr). In der festen und dichten Grundmasse fin- den sich kleine Kıystalle von Feldspath (Orthoklas und Oli- goklas), die sich durch ihre Farbe wenig oder gar nicht von der Grundmasse unterscheiden; ausserdem ist weisser bis dunkelbrauner Quarz in kleinen rundlichen Körnern und rund- um ausgebildeten Krystallen vorhanden. Dieses Gestein fin- det sich schön entblösst bei Häselicht, Biensdorf, im Seide- witzgrunde, bei Gersdorf und Giessenstein. Bei Häselicht zeigt es Andeutungen von prismatischer Absonderung; die Absonderungsflächen senkrecht zu den Flächen der angrenzen- den Schichten. Von den in den übrigen Schichten vorkommenden Por- phyren mag hier nur ein kleiner Gang Erwähnung finden. Derselbe zeigt sich im Müglitzthale, gegenüber dem oberen Ende des Weesensteiner Schlossparks. Sein Gestein ist sehr zersetzt; es hat eine fleischrothe Grundmasse, in welcher sich bis zu einem Zoll grosse, schön ausgebildete ‘Krystalle von Albit, sowie auffallend grosse Körner :von dunkelgefärbtem Quarze finden. Die Breite dieses Ganges beträgt 7 bis 8 Ellen. Am jenseitigen Thalrande soll sich nach Naumann (Beschreib. d. K. Sachsen, Heft V, S. 95), in der Richtung hora 7, ein Porphyrgang finden, der wahrscheiulich mit dem eben be- schriebenen zusammenhängt. Denselben habe ich nicht auf- finden können. Es erübrigt hier noch über die Eisen- und Kupfer- erze zu sprechen, welche in einem Theile dieses Gebietes, 'schon seit dem 16. Jahrhunderte bei schwachem Betriebe, doch nicht ohne einigen Erfolg abgebaut worden sind. Dieser Ab- bau beschränkt sich gegenwärtig nur auf die nächste Umge- bung von Berggiesshübel. Sämmtliche dort aufgeschlossene Erzlagerstätten gehören, vielleicht mit alleiniger. Ausnahme, des nördlich von Berggiesshübel liegenden ‚,Hengster Lagers“, der ersten Zone des Thonschiefergebiets an, die hier von meh- veren Kleinen Porphyrgängen durchsetzt wird. DieEisenerze scheinen hier in flachen, lenticularen Massen, zwischen den 4* 52 Schichten des Kalkes und Kalkschiefers, beziehendlich Thon schiefers so aufzutreten, dass die Richtung ihrer grössten Ausdehnung den Schichten des Nachbargesteins parallel ist. Für ein derartiges Auftreten spricht der Umstand, dass die Mächtigkeit dieser Lager höchst verschieden ist und dass die- selbe in der Regel nach einer Richtung hin bedeutend zu- nimmt, während nach der andern Seite die Abnahme dersel- ben, auf eine Auskeilung dieser Lagermassen hindeutet. Durch den Umstand, dass da, wo eine Lagermasse sich auskeilt, in vielen Fällen in nahe benachbarten Schichten eine anderes be- ginnt, scheint die Annahme veranlasst worden zu sein, dass diese Eisenerze in Form von Lagergängen aufträten. Die sich vorfindenden Eisenerze sind Magneteisenerz, Rotheisenerz und Brauneisenerz. Die Anordnung derselben findet in der Weise statt, dass die den Schichtenköpfen nahe gelegenen, sowie auch die minder mächtigen Lagermassen sich als Braun- und Rotheisenerz erweisen, während die stärkeren in den bis jetzt erreichten Tiefen als Magneteisenerz erscheinen. Dass das- selbe Verhältniss auch bei schwächeren Lagern in grösserer Tiefe zu finden sein würde, ist wahrscheinlich, zumal da das Auftreten von Braun- und Rotheisenerz uns nöthigt diese als Oxydationsprodukte des Magneteisenerzes anzusehen. — Mit den Eisenerzen treten namentlich Baryt, Granat, Flussspath, Quarz und Pistazit auf. Diese Eisenerzlager sind gegenwärtig wie schon erwähnt, nur in der unmittelbaren Umgebung von Berggiesshübel, einem Abbaue unterworfen. Dass ihr Vorkommen jedoch nicht blos auf diese Lokalität beschränkt ist, dürfle kaum zweifelhaft sein, wenn auch vielleicht die Zahl und Mächtigkeit dieser Lager an anderen Orten nicht dieselbe ist, als hier. In der- selben Zone, in welcher man in Berggiesshübel diese Erze findet, hat man z. B. bis vor 25 Jahren, bei Nenntmannsdorf auf Eisenerze gebaut. Diese Gruben, namentlich die Fund- grube Augusta, wurden von Berggiesshübel aus mit betrieben und sind wahrscheinlich z. Th. mit wegen der Entfernung liegen geblieben. Ausserdem aber finden sich besonders in der Nähe des grossen Kalkzuges, an Eisenoxyd sehr reiche Verwitterungsprodukte und die Spalten dieses Kalkes, sowie die Kalkspathkrystalle enthalten nicht selten viel Eisenoxyd. 53 Dies dürfte wahrscheinlich machen, dass das Eisen dieser gan- zen Zone eigenthümlich ist. Das allgemeine Vorkommen die- ser Erze in der Kieselschieferzone, welches ich bei der Be- schreibung derselben schon erwähnte, scheint durch das bau- würdige Hengster Lager bei Berggiesshübel bestätigt zu wer- den. Im Glimmerschiefer soll früher ebenfalls Bergbau auf Eisenerze getrieben worden sein. Dass diese Erze auch dort vorkommen können, scheint mir darum nicht unwahrscheinlich, weil die daselbst auftretenden Quellwässer häufig einen bedeu- tenden Gehalt an Eisen haben. Nach diesem Allen scheint also das Auftreten von Eisenerzen im Glimmerschiefer und den beiden untersten Zonen des Thonschiefergebirges wahrscheinlich zu sein, so dass vielleicht für stärkeren Betrieb ausseichendes Material vorhanden sein würde, welches aufzusuchen man bis jetzt unterlassen hat. Ob die Eisenerzlager als Imprägnationen anzusehen seien, wie Charpentier (Mineralog. Geographie S.145) anzunehmen scheint, — vermag ich nicht zu entschei- den, glaube aber hinreichende Gründe zu haben, um diese Eisenerzlagerstätten nicht nur für wirkliche Lager, son- dern auch zugleich für dem Schiefergebirge wesentlich zuge- hörige Massen erklären zu Können (vergl. Naumann, Geo- gnosie Il, 141). Entschieden gangartig ist das Auftreten der Kupfer- erze. Sie finden sich in verhältnissmässig geringerer Menge als die Eisenerze (Charpentier gibt das Verhältniss der Eisenerze zu den Kupfererzen 50:1 an) und sind bis jetzt so- viel mir bekannt, nur in dem Friedrichs- (jetzt Marie-Luisen -) Stollen und dem Zwieseler tiefen Erbstollen bei Berggiesshübel nachgewiesen worden. Sie kommen in den durch Quarz und Kalkspath ausgefüllten Klüften der oberen Kalkschiefer vor, theils als kleinkörnige Imprägnationen, theils als feine Ueberzüge dieser Ganggesteine.e Manche dieser Gänge durchschneiden die Eisen- erzlager und sind dann gewöhnlich an den Kreuzungspunkten am reichsten. Die wichtigsten hier auftretenden Kupfererze sind Kupferkies, Buntkupferkies, Kupferglanz und Fahlerz. Die reichlich vorhandenen Kiese mit Ausnahme des Fahlerzes finden sich in den Quarzgängen, während in den Kalkspathgängen Kupferglanz und Fahlerz in geringer Menge vorkommen. Vo- gelsang ist der Ansicht, dass die Quarzgänge älter seien 54 als die Kalkspathgänge (Neues Jahrbuch für Mineralogie, 1854, S. 843). Ausser den genannten Erzen tritt in den Kalkschie- fern auch hier Zinkblende, Bleiglanz und Schwefelkies auf, Ihr Vorkommen ist nicht lokal, weil sie sich in der ganzen ersten Zone des Thonschiefergebietes finden. Ob dies auch von den Kupfererzen gilt, muss dahin gestellt bleiben, weil Kupferkies und Buntkupferkies bis jetzt nur noch in den Klüf- ten des Serpentinstockes im Marmorbruche von Maxen zu fin- den war. In dem Vorhergehenden habe ich mehrfach Gelegenheit gehabt von Beobachtungen zu berichten, die uns einigermassen Aufschluss darüber geben können, welches die Art der Ent- stehung dieser Schiefer gewesen ist und welche Umänderungen dieselben im Laufe der Zeiten erfahren haben. Obgleich es nun rein unmöglich ist aus den wenigen Beobachtungen in einem Gebirgstheile von so geringem Umfange vollständig sichere Schlüsse in Betreff der Geschichte desselben zu ziehen, so kaun ich doch nicht umhin die oben gegebenen Andeutungen mit anderen Thatsachen zu vereinigen, um wenigstens eine auf die dermalige Kenntniss dieses Gebirgsgliedes gegründete Zusammenstellung der wichtigsten in dieser Beziehung von mir gewonnenen Resultate zu versuchen und dabei zugleich die Frage nach dem geologischen Alter dieser Schichten einer Be- sprechung zu unterwerfen. Die hier vorliegenden Schichten, welche wesentlich dem Gebirge angehören, sind, abgesehen von den Schichtentheilen, welche deutlich als Produkte einer Metamorphose durch erup- tive Gesteine u. s. w. sich erwiesen, — theils krystallinisch, !heils unkrystallinisch. Zu ersteren gehören die Glimmerschie- fer, die Kalklager der ersten Zone des Thonschiefergebietes und die in der obersten Zone auftretenden Quarzite. Zwischen diesen treten unkrystallinische Schiefer von dichter bis fein- körniger Struktur auf, welche z. Th. mit dem krystallinischen Kalke und Quarzite in Wechsellagerung sich befinden. Der sanze limmatische oder klastische Charakter der letzteren deu- tet entschieden auf sedimentäre Entstehung hin. Eine solche BB) Entstehung wird bewiesen durch das Auftreten von Wellenfur- chen, die nicht nur an einigen unkryslallinischen Schiefern, sondern auch an dem krystallinischen Kalksteine beobachtet wer- den konnten, in vielen Schichten sich aber wahrscheinlich noch der Beobachtung entzogen haben. Sind wir aber genöthigt für die Schiefer und Krystallinischen Kalksteine eine sedimen- täre Entstehung anzunehmen, so muss ein Gleiches auch von den Quarziten und dem Glimmerschiefer gelten, die wegen ihrer Verknüpfung mit diesen Sedimentgesteinen von denselben durchaus nicht zu trennen sind. Wenn nun aber auch für den Glimmerschiefer notlıwendigerweise eine sedimentäre Entstehung angenommen werden muss, so fehlen für ihn wegen seines beschränkten Vorkommens sonst alle Beobachtungen, welche über die Art seiner Krystallinischen Bildung irgendwie Aufschluss geben könnten. -—— Anders ist dies bei den Zügen von Kkry- stallinischem Kalke. Diese mächtigen Ablagerungen werden von Kalkschiefern umgeben, die einen grösseren Reichthum an Thon, ausserdem noch einen Gehalt an Quarz aufzuweisen haben. Ihre Einlagerung und die manichfaltigen Biegungen, die sie erlitten haben, weisen darauf hin, dass sie sich noch zur Zeit der Aufrichtung des Gebirges in einem weniger festen Zustande befanden, als die meisten übrigen Gesteine dieses Gebietes. Bei der Auflagerung der gewaltigen Schichtenmassen war also bei ihnen die Möglichkeit zu einer ursprünglichen krystallinischen Bildung vorhanden, während dieselbe bei den benachbarten Gesteinen wegen der schnelleren Verfestigung und des grösseren Reichtbums an fremdartigen Bestandtheilen un- möglich war. — Bezüglich der Entstehung des Quarzits fehlen mir alle Anhaltspunkte zur Bildung einer Ansicht über die Art der sedimentären Entstehung desselben, so dass ich nur auf Grund der sonst gemachten Beobachtungen die Ansicht vieler Geologen der Jetztzeit theilen kann, es müsse der Natur mög- lich gewesen sein Quarzit auf nassem Wege krystallinisch zu bilden. Ob freilich die im Quarzschiefer vorkommenden klei- nen Glimmerschüppchen hydatogen seien oder nicht, muss da- hin gestellt bleiben. N Bezüglich des Alters dieser Schichten wurde zeither an- genommen, dass auch diese Schiefer wie die in gleicher Weise dem Gmneisse anlagernden und mit Glimmerschiefer verknüpften 56 Thonschiefer des oberen Erzgebirges als der Urschiefer- oder huronischen Formation zugehörig zu betrachten seien. In der vorhergegangenen Beschreibung habe ich es absichtlich vermie- den dies als vollständig erwiesen anzunehmen. Obgleich ich die Möglichkeit dieser Stellung schon wegen ihrer Verbindung nit Glimmerschiefer nicht bezweifele, so habe ich es doch für geboten erachtet die Entscheidung darüber so lange zu ver- schieben, bis es gelungen sein wird die äquivalenten Bildungen in benachbarten Gebieten genau nachzuweisen und mit Hilfe der Kriterien, welche bei der Bestimmung des geologischen Alters von Schichtensystemen ausser der Rücksicht auf den petrographischen Charakter noch Anwendung finden müssen, — ihr wahres Alter zu ermitteln. Die Aufrichtung der Schichten in diesem Gebiete scheint ınir von einer der ältesten Hebungen des erzgebirgischen Gneiss- gebietes veranlasst worden zu sein, welche nach Verfestigung der obersten Thonschieferschichten und vor der Eruption des Elbgranits stattfand. Dabei scheint der Gneiss an den Schie- ferschichten emporgeglitten zu sein, wobei er einen Theil der- selben mit emporriss, während andere Schichten ganz oder theilweise in der Tiefe zurück blieben Zu den letzteren dürf- ten die Glimmerschieferschichten zu rechnen sein, welche sonst so mächtig sind, während sie hier nur durch Bruchstücke einiger Schichten vertreten werden. Die Eruptionen von Por- phyr und Granit scheinen dazu beigetragen zu haben, das Schie- fergebirge mit dem Gmeisse zu verbinden, so dass ersteres fortan alle die Hebungen und Senkungen mit durchmachen musste, durch welche letzteres während der Bildung der fol- genden Formationen bald über, bald unter dem Spiegel des Oceans sich befand, in denen diese Neubildungen stattfanden. So kommt es, dass wir heule das Schiefergebirge theilweise von Resten derselben Formationen bedeckt finden, welche in den benachbarten Theilen auch den Gneiss überlagern, nämlich von einzelnen Gliedern der Dyas, Kreide und des Diluviums, über deren Auftreten zu berichten mir vielleicht ein anderes Mal vergönnt sein wird. 57 Mittheilungen. Der weissschopfige Tanrec, Centetes semispinosus von Madagaskar Taf. I. wurde von Buffon als junger Tanrec, Centetes ecaudatus abge- bildet und von Cüvier als eigene Art unter obigem Namen cha- rakterisirt. Die zur Feststellung des verwandtschaftlichen Verhält- nisses zunächst nothwendige Vergleichung des Zahnsystems und Schädels ist meines Wissens noch nirgends gegeben worden und selbst die neueste gehaltvolle Arbeit über die Fauna Madagaskars von Schlegel und Pollen berührt den Centetes nicht. Bei meinem letzten Aufenthalte in Amsterdam fand ich in dem stets mit Sel- tenheiten gut versorgten Lager Franks einen als Ericulus bestimm- ten Balg von Madagaskar, den ich für unser Museum erwarb. Die nähere Vergleichung ergab in demselben jedoch nicht den Ericu- lus, sondern den Üentetes semispinosus.. Da das Gebiss vollstän- dig und der Schädel bis auf das Oceiput gut erhalten: so kann ich die längst nothwendige Vergleichung mit dem C. ecaudatus nun geben. Unser Schädel des letzteren ist ungenügend und Hr. Geh.- Rath Reichert war so freundlich mir den Tanrecschädel der Berliner Sammlung zur Vergleichung mitzutheilen. Das Exemplar misst von der Schnauzenspitze bis zum hintern Köorperende 0,130, von erster bis zu den Ohren 0,040. Die sehr lang rüsselformige Schnauze erscheint stark comprimirt und während bei dem Tanrec die Augen über dem Mundwinkel ste- hen, befinden sie sich hier zwischen Mundwinkel und Ohren. Letzte sind beträchtlich hoher und besonders schmäler, zumal an der Innenseite viel weniger erweitert. Der Kopf ist abweichend von Buffons Abbildung bräunlichschwarz. Der gelblichweisse Schopf beginnt auf der Stirn und nimmt nach hinten an Breite zu, mischt sich jedoch auf dem Nacken mit braunschwarzen Stacheln, wäh- rend der Hals ringsum gelblich weiss ist. Die drei gelblichweis- sen Längsbinden der schwarzen Oberseite sind sehr schmal und nicht gerade markirt ausgebildet, indem einzelne weissliche Sta- cheln auch zwischen ihnen stehen. Während die Aussenseite der Gliedmassen schwarz ist, ist die Innenseite wie die Körperunter- seite rostiggelb behaart. Das Längenverhältniss der Zehen weicht nicht von der gemeinen Art ab, aber die Krallen sind relativ langer und licht hornfarben. Vom Schwanz ist äusserlich keine Spur bemerkbar. Die Stacheln und Haare einfarbig, bräunlich schwarz oder gelblichweiss, ohne Ringe. Die Ohren schwarz. Im Zwischenkiefer stehen jedersets drei Schneidezähne, die beiden ersten starkhakig,, scharfspitzig, mit breitem basalen An- satz, der dritte kleiner, stumpfspitzig, ohne Ansatz. Dem gemei- nen Tanrec fehlt der dritte Schneidezahn in der Jugend vielleicht 58 nicht, und die beiden vorhandenen sind durch eine breitere Lücke von einander getrennt, der erste mit breiter schiefer Schneide, der zweite stumpf mit nur sehr kleinem basalen Ansatz. Im Un- terkiefer haben beide Arten zwar sechs Schneidezähne, aber eben- falls von sehr verschiedener Form. Bei der kleinen Art stehen nämlich die beiden ersten dicht neben einander ınd haben sehr breite Schneiden, der dritte abgerückte ist nur merklich kleiner; bei der gemeinen Art sind diese Zähne viel schmäler und der dritte ist vom Eckzahn durch eine breitere Lücke getrennt. — Die feinspitzigen stark comprimirten Eckzähne sind aussen an der Basis etwas eingedrückt, innen aber mit einer an der Basis bis fast zur Spitze reichenden markirten Rinne versehen, welche Poey bei Solenodon sogar auf Giftzahn nach Analogie der Schlan- gen freilich ganz irrthümlich gedeutet hat, die obern haben einen deutlichen, die untern einen schwach angedeuteten basalen An- satz. An den dicken minder hakig gekrümmten Eckzähnen der gemeinen Art fehlt der basale Ansatz gänzlich und die innere Rinne ist seicht, minder markirt. Die grosse Grube im Zwischenkiefer vor dem obern Eckzahn bei der gemeinen Art für den untern Eck- zahn fehlt der kleinen Art gänzlich. Ebenso auffällig wie die Schneide- und Eckzähne sind auch die Backzähne beider Arien von einander verschieden. C. semi- spinosus hat nämlich oben wie unten je 3+3 Backzähne, C. ecaudatus dagegen oben 1 +5, ınten 2-4. Bei erster Art ste- hen die drei Lückzähne in beiden Kiefern weit getrennt von ein- ander: in der obern Reihe gleicht der erste in der Form ganz dem Eckzahne, hat auch den kleinen hintern basalen Ansatz, ist jedoch kleiner als der Eckzahn, der zweite ist schon erheblich breiter und sein hinterer Ansatz stärker entwickelt, der dritte wiederum breiter mit noch grösseren, hintern Ansatz und zugleich mit kleinem vordern basalen Ansatz; in der untern Reihe gleicht der erste bis auf etwas geringere Grösse dem ersten obern, die beiden folgenden sind scharfspitziger als die entsprechenden obern und haben jeder einen vordern und hintern scharfspitzigen Basal- zacken, von welchen am zweiten Zahne der vordre grösser als der hintere, am dritten beide gleich stark sind. Bei C. ecau- datus ist in beiden Kiefern nur der erste Lückzahn isolirt, zwei- wurzelig, mit comprimirter Kegelkrone und sehr schwachen hin- tern stumpfen basalen Ansatz, in der obern Reihe hat der nächstfolgende oder erste der geschlossenen Reihe schon den dritten innern Wurzelast und kann deshalb nicht mehr als Lück- zahn gelten, daher wir oben 5 eigentliche Backzähne zählen, iın Unterkiefer ist der zweite noch zweiwurzelig und von der Form des ersten aber doppelt so gross und stark. Von den drei eigentlichen obern Backzähnen sind bei Ü. se- mispinosus die beiden ersten sehr schief dreiseitig, dünn von in- nen nach aussen, mit hohem innern und sehr niedrigem vordern 59 und hintern Zackeın, der letzte Zahn kürzer, dieker und stumpf zweizackig; in der untern Reihe haben alle drei einen schlanken scharfspitzigen Hauptzacken und je einen vordern und hintern scharfspitzigen Basalzacken. Ganz andere Formen bietet C. ecau- datus. Sein erster oberer dreiwurzliger Backzahn hat einen star- ken Hauptkegel auf etwas erweiterter Basis, die drei folgenden der obern Reihe sind quer (nicht schief) dreiseitig mit je 2 äus- sern und einem stumpfen Zacken, der letzte Zahn bildet eine dicke quere Platte mit unregelmässigen Zacken. Im Unterkiefer haben die vier eigentlichen Backzähne je einen äussern starken und zwei innere ungleiche Zacken, weichen also noch viel auffälliger als die obern von den dünnen scharfspitzigen der kleinen Art ab. Während der Schädel des C. ecaudatus ungemein starkkno- chig ist und durch enorme Entwicklung des Pfeil- und der Lambda- kämme sich auszeichnet, erscheint der viel kleinere des C. semi- spinosus sehr zartknochig und zierlich mit nur linienförmigen Pfeil- kamme und schwachen Orbitalleisten; der Schnauzentheil ist hier lang gestreckt, dünn walzenförmig und der Hirnkasten breit und gewolbt, bei erster Art der Schnauzentheil dick und kantig, kür- zer, der Hirnkasten niedriger, gegen die hohen Muskelkämme zu- rücktretend. Von Einzelheiten sei nur erwähnt, dass die Zwischen- kiefer mit langen schmalen Fortsätzen die in ganzer Länge gleich breiten Nasenbeine weit nach hinten begleiten, das Infraorbital- loch bei C. semispinosus aussen nur durch einen zarten Knochen- faden, bei C. ecaudatus durch eine breite starke Knochenwand begränzt ist, der Jochfortsatz des Oberkiefers sehr dick bei letz- tem fast rechtwinklig vom Schädel absteht, bei erstem sehr zart und schwach der Seitenwand des Schädels parallel nach hinten gerichtet ist, das Tympanum bei Ü. semispinosus ein sehr breiter, bei C. Eat ein sehr schmaler Knochenring ist, im Körper des Keilbeines eine grosse tiefe Grube eingesenkt ist und dessen Seiten hochlamellenartig hervorstehen. So weicht der weisschopfige Tanrec im Zahnsystem und Schä- delbau erheblich genug von dem gemeinen Tanrec ab, um als eigener Gattungstypus zu selten. Auch mit den andern nächst ansanalem Gattungen boxen keine nähern Beziehungen, denn Erieulus ist im able: sehr kurzschnauzig und el: An Ge- biss mit nur zwei untern Schneidezähnen ne mehr dem C. ecau- datus als C. semispinosus und Echinogale hat noch einen Back- zahn weniger. Ich schlage für diesen Tanrec den Varro’schen Namen des Igels Ericius vor unter Beibehaltung des Artnamens, so dass also der Ceutetes semispinosus nunmehr als Ericius semi- spinosus aufzuführen und zwischen Centetes und Solenedon in der Kamilie. der Ceutetina, wie Peters dieselbe in seiner Mono- graphie der Gattung Solenodon (Berlin 1863) hegründet hat, ein- zureihen ist. 60 Auf Tafel I. Fig. 1—3 ist Schädel und Gebiss von Eri- cius semispinosus vergrössert, Fig. 4—6 von Üentetes ecaudatus dieselben Formen zur Vergleichung dargestellt. Giebel. Einige mitteloligocäne Brachiopoden bei Magdeburg. Bei Ausgrabung der neuen Festungsgräben Magdeburgs wurde auf der West- und Südseite der Stadt der Tertiärgrünsand unter den Schichten des Diluviums fast überall anstehend gefunden; die mächtigen Lager desselben liessen jedoch nirgends eine Spur or- ganischer Ueberreste bemerken, bis endlich die unter der Ober- fläche anstehenden Kuppen dreier von SO nach NW streichenden Höhenzüge der Formation des Rothliegenden erreicht wurden, welche in muldenförmigen Vertiefungen die characteristischen Ver- steinerungen des Mitteloligoecän bargen. In den dicht über dem Felsen befindlichen Schichten koınmen vorzugsweise Natica Han- toniensis, Fusus und Pleurotoma-Arten in grösserer Menge vor; tiefer zwischen den oberen lockern Gesteinsschichten zahlreiche Exemplare von Pecten Stettinensis und viele Korallen, welche an ihrer Basis zum Theil noch eine Sohle des rothen Sandsteins tra- gen, auf dem sie hafteten; unter letzteren waren zahlreich ver- treten: Eschara glahra, Lunulites perforata, Ceriopora variabilis. In dieser Schicht kamen nun auch einige Brachiopoden vor, die bei der grosen Seltenheit in unseren norddeutschen Tertiärbildun- gen eine nähere Betrachtung gewiss verdienen. Es sind folgende: 1. Terebratula grandis Blumb. Taf. I. Diese in horizontalem wie verticalem Auftreten weitest ver- breitete tertiäre Terebratel ist auch in unserer Lokalität am häu- figsten und in kleinen bis grössten Exemplaren gesammelt worden, letzte leider stets fragmentär, doch insofern beachtenswerth als auch die Schlosslamellen der kleinen Klappe noch sehr gut er- halten sich finden. Ich habe dieselben von zwei Exemplaren unter la. abbilden lassen, um zu zeigen, dass die Streifen derselben in anderer Richtung verlaufen und markirter sind, als Davidson in seinen Tertiärbrachiopoden Englands Palaeontograph. Soc. 1852. Tb. 2 Fig. 3 dieselben darstell. Die Lamellen sind muldenfor- mig, ihr Innenrand flach erweitert, ihre Enden leider wegge- brochen. Die Eindrücke in der Mitte dieser Klappe weichen nicht von Davidsons Darstellung ab. Die Wachsthumslinien treten scharf hervor. In den grossen Klappen ist gewöhnlich das sehr kurze, breite und dicke Deltidium erhalten und die weite den Schnabel schief abstumpfende Oeffnung ist von einer besondern Kalklage des fleischigen Fusses ausgekleidet, welche mit schar- fem Rande in das Innere hineinragt. Die Zähne sind auch an unsern grössten Schalen viel kleiner und stumpfer als Davidson dieselben darstellt. Die dichte Punctirung der Schalen ist erst 61 unter starker Loupe zu erkennen. In den kleinsten papierdünnen Schalen von Ys bis '/ der Grösse der unter Ic. abgebildeten be- steht das Deltidium aus zwei durch eine mittle Lücke getrennten Stücken und die Wachsthumslinien an den grössten Exemplaren bekunden, dass erst nach und nach beide Stücke zu einer einzi- gen Kalkplatte verbunden werden: ein Wachsthumsverhältniss auf das meines Wissens noch nicht aufmerksam gemacht worden ist. Uebrigens sind unsere jungen Exemplare durch ihre viel mehr gerundete Form auffallend von den gestreckten des englischen Brachiopodologen auffallend verschieden und möchte ich fast ver- muthen, dass unsere Magdeburger Exemplare der Lamarckschen . T. bisinuata, welche L. v. Buch in seinen Terebrateln S. 110 als T. gigantea beschreibt, zufallen. Die geringe Krümmung des Schnabels der grossen Klappe und die Abweichungen der Stütz- lamellen, unterstützen diese Vermuthung, aber unsern grossen Exemplaren fehlt die Stirnhälfte und ist daher von den Buchten derselben nichts zu erkennen und hinsichtlich des Deltidiums be- merkt L. v. Buch, dass dasselbe nie eine Trennung bemerken lasse, während Davidson von zwei kleinen Deltoidplatten in der Dia- gnose spricht. Dieser Widerspruch erheischt eine erneute Prü- füng der T. bisinuata und ohne Vergleichnng mit Exemplaren derselben ist eine sichere Entscheidung über die Magdeburger nicht möglich, vorläufig schien es mir angerathener sie unter die gemeine Art zu verweisen. 2. Terebratulina striatula Sowb. Taf. IV. Fig. Habe. Sowerby, Miner. Conch. VI. 69. 'Tb. 536. Fig.5. — David- son, brit. Tert. Brachiop. 14. 'Tb. 1. Fig. 16. Diese zierliche Art ist zuerst sicher charakterisirt worden von Davidson nach Exemplaren aus dem Londonthon und in deut- schen Tertärbildungen noch nicht beobachtet. Unsere Exemplare stimmen mit Davidsons Beschreibung und Abbildung überein. Die Rippen bald schwächer bald stärker, ebensowohl durch Spaltung wie durch Einsetzung neuer gegen den Rand hin sich vermehrend, sind völlig abgerundet und tragen hoch aufgerichtete dieke Schup- pen, die jedoch meist abfallen, durch Abreibung verschwinden und dann ist nur die concentrische Streifung vorhanden. Diese sehr charakteristische Beschuppung wird von den englischen Exem- plaren nicht erwähnt, ist auch unter den unserigen nur einmal schon vorhanden. Auch das in Figur Ib dargestellte Armgerüst kennt Davidson nicht. Die vollig getrennten schmalen Deltidium- platten sowie die Form unserer Klappen weichen nicht von den englischen Exemplaren ab. Die punktirte Struktur der Schale wird erst unter stärkster Loupe erkennbar. — Die überaus ähn- liche Art in der Kreide, welche Mantell im Jahre 1822 als T. striatula beschrieb, wurde schon ein Jahr vorher von Wahlenberg unter dem Namen T. striata bekannt gemacht und muss also auch diesen führen, so dass die tertiäre den Sowerbyschen freilich nur 62 mit der hier aufgenommenen Davidsonschen Charakteristik behal- ten kann. Die meisten Autoren begreifen unter T. striatula die Kreideforn. Unsere Magdeburger Exemplare messen 2 — 10 Mm. Länge. 3. Argiope rugosa n. sp. Taf. IV. Fig. Ilabed. Diese winzige, nur 2 bis 4 Mm. grosse Argiope erinnert lebhaft an die lebende A. decollata, weicht jedoch erheblich ge- nug ab, um sie unter einem eigenen Namen in das System ein- zuführen. Halbkreisformig hat sie in dem grossen Schlossrande ihre grösste Breite und hat sehs bis acht sehr dicke, abgerundete Rippen, welche durch Hohlkehlen, schmäler als die Rippen ge- schieden sind. Starke concentrische Wachsthumsfalten setzen gleichmässig über dieRippen und deren Zwischenräume fort. Die dichte Punktirung der Schalen ist schon unter mässiger Loupe deutlich zu erkennen. Die flache Klappe hat innen eine sehr hohe Mittelleiste und jederseits derselben eine nur linienartige dem Seitenrande ziemlich parallele Leiste. Die gewoölbte Klappe mit hoher Area trägt innen eine niedrige Leiste, welche vom Schlosse bis zur Mitte reicht und dann als Rinne bis zum Rande fortsetzt. Die beiden starken Fortsätze, welche jederseits der Oeffnung in der flachen Klappe gegen die Mittelleiste gerichtet sind, sind schlanker und schwächer als bei A. decollata. Die geringere An- zahl der viel stärkern, mehr abgerundeten rauhen Rippen, die höhere Woölbung der grossen Klappe und deren viel breitere Oeff- nung in der Area sind so auffällig von A. decollata unterschei- dende Eigenthümlichkeiten,, dass die Selbsständigkeit der Art hin- länglich gerechtfertigt ist. Magdeburg im Januar 1871. Dr. A. Schreiber. Literatur. Allgemeines. W. R. Grove, die Verwandtschaft der Naturkräfte. Deutsch nach der 5. Aufl. des englischen Originales her- ausgegeben durch E.v. Schaper, mit einem Anhange enthaltend die Rede des Autors iiber den ununterbrochenen Zusammenhang in der Natur nebst einem Vorworte von R. Clausius. Braunschweig 1871. 80 Fr. Vieweg u. Sohn. — In neuerer Zeit beherrscht auf dem Gebiete der Physik und Chemie das Experiment, auf dem der systematischen Naturgeschichte die Diagnosirung neuer Arten und Gattungen die ganze Thätigkeit und nur selten wendetssich ein Forscher von diesen wenn auch unumgänglich noth- wendigen,, so doch in ihrem dominirenden Einflusse ermüdenden Handlan- gerdiensten ab und sucht das angehäufte Material geistig zu verwerthen. Als einen solchen sehr wohlthuenden Versuch empfehlen wir den Lesern unserer Zeitschrift, die wir monatlich mit neuen Material aus allen Ge- 63 bieten unserer Wissenschaft versorgen müssen, die vorliegende Schrift über die Verwandtschaft der Naturkräfte von dem allen Physikern durch die nach ihm benannten Elemente hinlänglich bekannten englischen Phy- siker Grove und wir sind überzeugt, dass Jeder, der noch nieht in dem Experiment oder der Beschreibung verknöchert ist, in der Leetüre des Buches eine gewisse Befriedigung und lehrreiche Anregung finden wird. Verf. behandelt nach der Einleitung die Bewegung , die Wärme, Elektri- eität, Licht, Magnetismus, chemische Affinität und andere Kraftarten, die im Anhange mitgetheilte Rede ist allgemeinen Inhaltes. A. E. Brehm, gefangene Vögel. Ein Hand- und Lehrbuch für Liebhaber und Pfleger einheimischer und fremdländischer Käfigvögel. 1. Theil: die Stubenvögel. Heft 1—3. Leipzig und Heidelberg 1870. 4°. Wintersche Verlagshandlung. — Bechsteins musterhaftes Buch über die Stubenvögel reicht für den heutigen Liebhaber derselben nicht mehr aus, da gegenwärtig die aussereuropäischen Vögel mit besonderer Vorliebe ge- halten und gepflegt und zugleich in so grosser Anzahl fort und fort ein- geführt, z. Th. bei uns schon gezüchtet werden, dass ihre Beschaffung leichter ist als die mancher einheimischen Arten. Als fremde Gäste er- fordern sie aber neue Aufmerksamkeit, Bekanntschaft mit ihrer Lebens- weise, ihrem Naturell, besondere Behandlung um sich in ihrer neuen Heimath wohl zu befinden und den Anforderungen ihres Besitzers genü- gen zu können. Die Bedürfnisse dieser neuen, schnell um sich gegriffe- nen Neigung im Sinne des Bechstein’schen Buches zu bfriedigen , bietet der Verf. seine vorliegende Arbeit, zu deren Ausführung seine eigene langjährige Beschäftigung und die warme Theilnahme zahlreicher bewähr- ter Vogelwirthe das ausreichende Material bietet, denn nur die wirkliche Erfahrung kann auf diesem Gebiete als Lehrerin, als zuverlässiger Führer gelten. Nach dem Prospectus wird das Buch in zwei Theile zerfallen, deren erster die allgemeinen Verhältnisse und die Stubenvögel, der zweite die Raubvögel, Tauben, Hühner, Stelz- und Schwimmvögel behandeln wird. Die vorliegenden ersten drei Lieferungen bringen die allgemeine Einleitung S. 1—132 und die Papageien und ihr Inhalt beweist, dass Verf. seine Aufgabe nicht blos richtig erkannt hat, sondern auch glück- lich zu lösen im Stande ist. Wer also Vögel in der Stube, auf dem Hofe oder im Park auf die sicherste und genussreichste Weise halten will, der nehme Brehms Hand- und Lehrbuch für dieselben zum Führer und Rathgeber. Utile cum dulei Heft IX. Acotyledonische Musenklänge, Der Cryptogamen Liebesfreuden und Familienleben. Eine blühtenlose Er- bauungs-, Zeitvertreibungs- und Repetitionslectüre von Franz Hagen. Breslau 1870. 16%, Maruschke und Berendt. — Ein Leitfaden für Cryp- gamenkunde in Versen, in guten und schlechten, leichten und schwerfäl- ligen, trocknen und kurzweiligen, die wohl dem Einen oder Andern einige nothdürftige Brocken für das Examen, auch hie und da vielleicht einen angehenden Botaniker eine gelegentliche Unterhaltung bieten, sonst aber nur noch den Beweis liefern, dass das Cryptogamensystem ebensogut wie grammatische Regeln in Verse sich zwängen lässt. Die andern Hefte die- 64 ses Utile cum dulei behandeln in gleicher Weise den rythmischen Gang der qualitativen chemischen Analyse, die Verlobung in der Bleikammer, die Wunder der Uroscopie u. dgl. R. Hasenclever, die Grundzüge der esoterischen Har- monik des Alterthums, im Anschlusse an die Schrift des Freiherrn A.v‚.Thimus über die harmonikale Symbolik des Alterthums. Köln 1870. 4%, — Das im Titel des vorliegenden Buches erwähnte Werk ist schon früher in dieser Zeitschrift gelegentlich erwähnt worden, es war aber damals keine Veranlassung auf den gesammten Inhalt desselben ein- zugehen, zumal da es für eine naturwissenschaftliche Zeitschrift nur zum Theil von Interesse ist. Herr Dr. Hasenclever hat sich in der jetzt vor- liegenden Schrift die Mühe gegeben, den Inhalt von mehr als 400 grossen Quartseiten auf 40— 50 zusammenzudrängen; am Schluss hat er sogar „nach alter akademischer Sitte“ eine Reihe von Thesen aufgestellt, welche die Ergebnisse dem Leser in Kürze nochmals vorführen. Wir theilen zu- nächst diese 10 Thesen mit, um daran einige Bemerkungen zu knüpfen, die sich sowol auf die vorliegende kleine Schrift, als auch auf das grosse Werk des Freiherrn v. Thimus beziehen: ,„1) Die Vortragsweise der py- thagorischen und der mit ihr verwandten herakleitischen Schule beruht zum grössten Theile auf einer der Zahlentheorie und Harmonik entlehnten Symbolik. 2) Es war ein strenger Grundsatz der Schule ihre wichtigsten Lehren, soweit dieselben nicht überhaupt dem Gesetze strenger Geleim- haltung verfielen, in dunkeln und verfänglichen Räthselsprüchen vorzutra- gen. 3) Mit den Worten &gozıov und 72e01000v verbanden die Pythagoräer iin Gegensatz zu der vulgären Bedeutung von „grad“ und „ungrad“ eso- terisch den Begriff des „Theiligen“ und „Nichttheiligen“, worunter technisch die absteigende Reihe der Aliquotbrüche und die aufsteigende der Ganzzahlen zu verstehen ist. 4) Die universelle Anwendung des Zah- lengesetzes der Artios- und Perissosreihe auf alle kosmische Bewegung überhaupt geht aus pythagorischen und herakleitischen Aussprüchen un- zweifelhaft hervor. Die Consequenz des Systemes führte zu der Annahme, dass die Berechnung der Tonverhältnisse, sowol nach den Wellenlängen, als nach Schwingungsmengen; ferner die Erzeugung der Obertöne und ge- wisse Grundphänomene der Tonerregung durch Mitklingen; endlich auch die Lichtbewegung als Vibration dem Alterthume bekannt gewesen sein müsse. 5) Die Kenntniss und Anwendung der reinen Dur- und Mollterz nach den Verhältnissen *, und 5/, hat die pythagorische Schule niemals ent- behrt. 6) Der aus den angeblich Aristotelischen Problemen (Sect. 19) her- genommene Beweis, dass die alten Griechen keine andere Mehrstimmigkeit in Gesang und Instrumentalmusik gekannt hätten als die Octavenverdop- pelung, beruht auf mangelhafter Interpretation. 7) Die Auffassung des Aristoteles von der Bedeutung der Zahlenlehre in der pythagorischen Phi- losophie ist theils unvollständig, theils nicht zutreffend. 8) Aristoxenos ist als directe Quelle für das Verständniss der esoterischen Musiklehre der Pythagoräer schlechthin zu verwerfen. 9) Die Aehnlichkeit des Sy- stems der Pythagoräer mit dem der alten Chinesen, sowie das Zusammen- treffen beider mit den wichtigsten Aussprüchen des Buches. Jezirah und 65 vielen Stellen des alten Testaments, deuten auf gemeinsamen Ursprung der griechischen, chinesischen und semitischen Lehre. 10) Die Ordnung der 12 Octavengattungen (toni) des gregorianischen Gesanges nämlich der 8 sogenannten regulares und der vier örregulares ist mit der als pytha- gorisch überlieferten identisch.“ — Dies sind die von Dr. Hasenclever her- vorgehobenen Hauptpunkte aus dem Werke des H. v. Thimus, welches aber selbstverständlich noch viele andere Sachen enthält, z. B. Untersu- chungen über ein von den Pythagoreern benutztes Zahlensystem mit Stel- lenwerth der Ziffern, welches principiell mit unserm indoarabischen Zah- lensystem übereinstimmen und einen hebräisch -chaldäischen Ursprung ha- ben soll. Doch wollen wir uns hier nur auf einige der Haseneleverschen Thesen einlassen. Wie man sieht tritt Herr v. Thimus den über die pythagoreische Phi- losophie verbreiteten Ansichten in ziemlich vielen Punkten entgegen; Nr, 1 und 2 sind in einer naturwissenschaftlichen Zeitschrift principiell nicht zu erörtern; Nr. 3 aber führt uns auf das mathematisch-physikalische Ge- biet, es wird behauptet, dass diejenigen, welche in jene Philosophie ein- geweiht waren, unter den Artios-Zahlen nicht wie die gewöhnlichen Men- schenkinder die geraden Zahlen, sondern ganz heimlicherweise die Reihe der Stammbrüche !/,, Y/a, Us Ya Us Ys u.s.w. — und ebenso unter den Perissos-Zahlen statt der ungeraden Zahlen die ganze Reihe der natürli- chen Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 u. s. w. verstanden hätten. Wir müssen es den Philologen überlassen, die Möglichkeit dieser Auffassung zu beurthei- len und wollen nur darauf aufmerksam machen, dass, die Richtigkeit die- ser Annahme vorausgesetzt, Herr Professor Arthur von Oettingen die Prio- rität für sein „Harmoniesystem in dualer Entwickelung“ an den Erfinder der Sphärenmusik abtreten müsste. Dies interessante Werk scheint dem Herrn v. Thimus nieht bekannt gewesen zu sein; wenigstens erwähnt er es nirgends, obgleich er mitunter ganz ähnliche Gedanken z. B. über Dur und Moll u. s. w. entwickelt. H. v. Thimus bringt aber mit diesen Rech- nungen allerlei philosophische und theologische Speculationen in Zusam- menhang, die selbstverständlich den Physikern des 19. Jahrhunderts fern liegen, und ihnen die Leetüre des Buches fast unmöglich machen. Sie werden daher die umständlichen Beweise des Herrn Verfassers für seine Behauptungan nicht würdigen und werden höchstens zugeben, dass es so gewesen seinkönne; siewerden aber auch zugleich hinzusetzen, dass sie das nichts angehe, indem sie es nur mit dem zu thun hätten was wirk- lich ist, resp. was wirklich gewesen ist. Es kann uns auch in der That gleichgültig sein, welche Ansichten die Pythagoreer über das Wesen des Schalls und des Lichts gehabt ha- ben, denn da sie diese Theorien sorgfältig verschwiegen haben, so sind sie für uns, wie für ihre Zeitgenossen eben nicht vorhanden, Wenn nun auch die Pythagoreer wirklich die mathematischen Verhältnisse der Ter- zen (4:5 und 5:6) gekannt haben, was die musikalischen Theoretiker und Historiker bis jetzt leugnen, so bleibt es doch immer noch zweifel- haft, wie die griechischen Sänger die Saiten ihrer Lyra gestimmt haben, da sie doch schwerlich in die esoterischen Geheimnisse des „pythagori- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss, Bd. XXXVII, 1871. 5 66 schen Ordens“ (wie der H. Verf. die philosophische Schule des Pythago- ras gern bezeichnet) eingedrungen waren. Uebrigens wird ja auch allge- mein anerkannt, dass schon im 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung die grosse Terz 4:5 durch Archytas richtig gefunden sei. Beachtenswerth ist bei dieser Angelegenheit einerseits der Spott des Verf. gegen diejeni- gen, welche den Pythagoreern so wenig zutrauten, dass sie die Zah- lenreihe 1, 2, 3, diedurch Verdoppelung des Verhältnisses 2:3 sofort auf 4 und 6 führe, nicht durch die Zahl 5 vervollständigt hätten — anderer- seits dielronie, mit der er von der Benutzung der Zahl 7 spricht, die doch eigentlich dem rechnenden Harmoniker als Ergänzung zwischen 6 und 8 ebenso nahe liegen dürfte (S. 37 —38 und Anm. S. 110). — Die folgen- den Thesen sind für die Physiker weniger von Interesse, nur in Bezug auf die letzte wollen wir uns noch ein paar Bemerkungen erlauben. Die Tonarten der Griechen sind bekanntlich auch im mittelalterlichen Kirchen- gesange verwendet worden, man ist aber bis jetzt der Meinung gewesen, Papst Gregor VII und später der Musiktheoretiker Glarean hätten die griechischen Namen mehrfach verwechselt, so dass z. B. die dorische Tonart der Griechen mit der phrygischen Kirchentonart und umgekehrt übereinstimmte (nur unter aeolisch hätten beide dieselbe Tonart verstan- den). Der Freiherr v. Thimus, bekanntlich ein eifriger Verfechter der Lehre von der Infallibilität des Papstes, hält auch in diesem Puncte die Unfehlbarkeit des grossen Gregor aufrecht und sucht zu beweisen, dass die griechischen Tonarten auch dem Namen nach genau mit denen des Mittel- alters übereingestimmt hätlen. Wenn dies nun wirklich der Fall gewe- sen wäre, so würden allerdings die Ansichten über die griechische Musik, wie sie von Friedrich und Heinrich Bellermann, Westphal, Fortlage, Am- bros, Oscar Paul u. A. vertreten werden, einen argen Stoss bekommen und man kann daher mit H. Dr. Hasenclever allerdings gespannt sein, welche Stellung diese Männer zu den Ansichten des H. v. Thimus einnehmen werden. Bis jetzt haben sich die „eigentlichen Musikgelehrten“ noch nicht über das Buch ausgesprochen; überhaupt klagt H. Dr, H, darüber, dass das Buch des Herrn von Thimus zu wenig Beachtung und Aner- kennung gefunden habe, nur eine einzige Recension sei in den wissen- schaftlichen Blättern darüber erschienen, nämlich im Bonner theologischen Literaturblatte — wir können ihm glücklicherweise noch eine andere nach- weisen, nämlich in den Göttinger gelehrten Anzeigen 1868, S. 1988, in der die Bedeutung des Werkes vollständig gewürdigt ist. Eine grössere Theil- nahme der Kritik wäre allerdings zu wünschen, aber sie ist wol schwer- lich zu erwarten, da das Werk des H. v. Th. sehr schwer verständlich ist — vielleicht hilft der Commentar des H. Dr. H. in dieser Beziehung etwas nach. Wir würden uns in der That freuen, wenn durch diese bei- den Bücher eine Entscheidung der betreffenden Fragen hervorgerufen würde, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil bei der Gelegenheit wol klar werden würde, dass heutzutage die gleichschwebende Temperatur einer den Ansprüchen der Wissenschaft genügenden Theorie der Musik nicht mehr als Grundlage dienen kann, sondern dass dazu die genauen mathe- matischen Verhältnisse der Intervalle nöthig sind, und zwar so wie es 67 zuerst von Hauptmann, später aber vichtiger von Naumann, (dem wir selbstverständlich in seinen übrigen Ansichten über Quinten und Ter- zen nicht beistimmen können) sodann auch von Helmholtz und endlich von Otto Tiersch (System und Methode der Harmonielehre 1868) ge- schehen ist. In diesem Punkte sind wir mit H. v. Th. vollständig ein- verstanden, seine übrigen Theorien interessiren uns weit weniger, ja sie liegen z. Th. ganz ausserhalb des Gesichtskreises eines Naturforschers. Es scheint nämlich als ob auch er einer Art von „pythagorischen Orden“ angehöre, und wie die Schüler des Weisen von Samos, seiner Schrift ne- ben ihrem exoterischen (offenbaren) Inhalt auch noch einen esoterischen (geheimen) gegeben habe. Wir glauben diese „esoterischen‘ Bestrebungen deutlich genug zu kennzeichnen, wenn wir auf einige Stellen des Buches hinweisen. Es sieht nämlich gerade so aus, als wollte der Verf. dadurch, dass er fast alle wichtigen Entdeckungen aus der Physik dem Alter- thume zuweist, zu der modernen Naturwissenschaft sagen: Du hast gar keinen Grund auf Deine Leistungen stolz zu sein, das haben die alten Griechen, Aegypter und Chinesen schon vor vielen tausend Jahren ge- wusst. Dieser mehr oder weniger versteckten Predigt über den Hochmuth und die Ueberhebung unserer Zeit (siehe z. B. die ironische Besprechung des Buches von Whewell auf S. 44 und 45) schliessen sich dann allerlei spöt- - tische Bemerkungen über verschiedene moderne Einrichtungen an; so wird S. 39 das von Sauveur aufgestellte neue Tonsystem, welches keinen Un- terschied zwischen cis und des u. s. w. macht, verdientermassen als un- brauchbar hingestellt, dabei heisst es denn unter andern: es war „eine Art von Civil-Ehe der erhöhten und erniedrigten Intervalle“. Noch deut- licher tritt der Standpunet des H. Verf. hervor in den Bemerkungen über das Land Baden — der damaligen Heimat von Prof. Helmholtz — über welches er mit Beziehung auf eine Stelle in der Lehre von den Tonem- pfindungen (Ausg. 1 und 2, S. 351, Z. 24—26) wörtlich folgenden Zwi- schensatz bringt: „woselbst vor einer Reihe von Jahren die denkgläubige Aufklärung eines Paulus indirect bereits so viel zur Verbesserung der Cultur des Volkes gethan und wo seitdem Gottlob — sofern ein so alt- modischer Ausdruck erlaubt ist — eine noch fortgeschrittenere Richtung der Himmel weiss wie vieler ‚neuer Aeren‘ dem Volksschulwesen seine rechte Gestaltung gegeben hat.“ Nimmt man hierzu noch die durch viel- fache Citate bewiesene Bekanntschaft mit den Schriften von Mitgliedern aller möglichen geistlichen Orden, so wird man nicht daran zweifeln, dass der H. v. Thimus sich sehr gut zu einem Professor der Akustik an der neu zu gründenden exclusiven Universität zu Fulda eigenen würde, Wenn aber H. Dr. Hasenclever sein Assistent werden will, so rathen wir ihm, das gerühmte „celassische Werk von Helmholtz“ doch etwas genauer zu studiren, wenn auch nur das Titelblatt, damit er wenigstens erfahre, wie der Name des „genialen Naturforschers“ geschrieben wird, dessen Auto- rität er so offenbar missbraucht. Sbg. Meteorologie. Dove, über Zurückführung der jährli- chen Temperatureurve auf dieihr zu@runde liegenden Be- dingungen. — Verf. geht aus von den Monats-Isothermen und ihrer, dem 5* 68 Lauf der Sonne entsprechenden Bewegung vom Aequator nach dem Pol zu. Diese Bewegung ist aber wegen der Configuration der Erdtheile nicht gleichmässig, so fällt z. B. in Amerika das Minimum der Wärme in den Februar, bei uns in den Januar; während also die Isothermen sich bei uns schon nach Norden zu bewegen, nähern sie sich in Amerika noch dem Aequator. Andere Einbiegungen in der barometrischen Curve zeigen die Ursache unserer schon wiederholt besprochenen Rückfälle der Kälte im Mai; dieselben sind besonders dann zu erwarten, wenn in Europa ein mil- der und gleichzeitig in Amerika ein strenger Winter stattfand. Die Rück- fälle sind natürlich nicht an ein bestimmtes Datum gebunden (Julianischer oder Gregorianischer Kalender?), aber sie trelen regelmässig im westli- chen Deutschland früher ein als im östlichen (die Eismänner sind dort und in Frankreich Pancratius, Servatius und Bonifacius, am 12. — 14. Mai — bei uns bekanntlich am 11.— 13). Ueberhaupt liegt der Anschauung, dass einzelne Tage (Loostage, Lurtage) für das«Wetter der folgenden Wo- chen entscheidend sind, etwas richtiges zu Grunde. Man kann nämlich einzelne Zeitabschnitte des Jahres, besonders die Winter nach ihrer Wit- terung in verschiedene Klassen theilen. Die Winter z. B. sind entweder Früh -, Mittel- oder Nachwinter u. s. w.; weicher Klasse nun ein bestimm- ter Winter angehören wird, lässt sich eben nach der Witterung zu be- stimmten Zeiten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit iın Voraus erken- nen. Selbstverständlich sind es aber nicht einzelne Tage,. an denen sich die Witterung entscheidet, sondern nur aus dem Gange der Witterung während ‚einer Reihe von Tagen lässt sich nach Analogie früherer Jahre ein Schluss machen auf die Witterung der folgenden Zeit. — (Monatsber. d. Berliner Akademie 1870 , 365 — 379.) Sbg. Physik. Cappel, über den Einfluss der Temperatur auf die Empfindlichkeit der Spectral-Reactioren. — Der Verf. hat die zu untersuchenden Metalle meist als Chloride in Lösung ge- bracht und diese Lösungen in verschiedenen Concentrationsgraden herge- stellt, so dass jede folgeude Lösung den doppelten Verdünnungsgrad der vorhergehenden hatte; von der verdünntesten Lösung wurde 1 Tropfen auf einen Platindralt gebracht um das Spectrum zu untersuchen; zeigte diese Lösung die empfindlichste Linie nicht, so wurden die concentrirteren Lösungen der Reihe nach angewandt bis die Reaction auftrat. Hiernach gehört zur Erkennung z. B. des Kaliums !/yoo Milligramm, des Lithiums 1/40000000 Mgr., Strontium !/000000009 Zink Yeooooo, Eisen Yasooo, Kupfer Ys0o000, Gold A/yooo -— Alles bei der Temperatur des elektrischen Funkens. In der Bunsenschen Flamme sind nach älteren Versuchen nöthig für Ka- lium 1/3000, für Lithium Ygooooo, Strontium 1/z9000, Kupfer Afag, Mgr. — Hieraus ergibt sich, dass für die Metalle der Alkalien die Reactiousfä- higkeit bei der Temperatur des Bunsenschen Brenners grösser ist als im elektrischen Funken, bei den andern Metallen aber ist sie bei der Temperatur des elektrischen Funkens grösser als in der Gasflamme. Zu- gleich zeigt sich, dass die Empfindlichkeit der Reaction mit dem Linien- reichthum des Spectrums wächst und zwar bis zu einer gewissen, für je- des Metall besondern Temperatur; wird die Temperatur noch mehr 69 gesteigert, so nimnıt der Linienreichthum und die Empfindlichkeit wieder ab. — Zu bemerken ist noch dass der Verf, die von Brasack (unsere Zeitschrift B. 23, S. 216— 221) beiläufig angegebenen Zahlen für die Reactionsfähigkeit nicht für richtig hält, weil dabei vorausgesetzt sei, dass die Empfindlichkeit eines Metalls umgekehrt proportional sei der Flüchtig- keit, abgesehen von den mechanisch abgerissenen Metalltheilen. Diese Voraussetzung ist aber nicht richtig, denn das Thallium z. B. ist sehr leicht flüchtig und doch speetralanalytisch’ sehr empfindlich. — (Pogg. Ann. 139, 628 — 639.) Sbg. Lippich, über die Breite der Spectrallinien. — Die vor- liegende theoretische Arbeit basirt auf der Annahme eines ideellen Gases, in welchem die Moleeüle vollkommen freie elastische Systeme sind; er rechtfertigt die Annahme dass bei einem solchen ideellen Gase, sobald man nur auf die Schwingungsbewegungen der Moleküle allein Rücksicht nimmt, das Spectrum nur bestehen könne aus einer Anzahl verschieden- farbiger Streifen absolut homogenen Lichtes. Nach der Theorie der Gase von Krönig und Clausius haben aber die Moleküle eines Gases fori_ schreitende Bewegungen mit sehr bedeutenden Geschwindigkeiten und diese Theorie wird nun benutzt, um die von derTemperatur der Gase abhängigen Veränderungen der Spectra zu erklären, namentlich die Ver- breiterung, das Verwaschenwerden der Streifen, das Hinzukommen neuer Streifen und das Auftreten continuirlicher Partien. Unter den verschiede- nen Resultaten ist hervorzuheben, dass die Breite der Streifen im Spec- troskop mit der Brechbarkeit der Streifen zunehmen müsste, und zwar etwas schneller als l & Sa ı 2" Auch die schwarzen Linien eines umgekehrten Spectrums müssten denselben Gesetzen genügen und es könnte daher we- nigstens bei einem ideellen Gase durch verstärkte Absorption keine Ver- breiterung der Linien eintreten. Verf. wünscht eine experimentelle Prü- fung seiner theoretischen Untersuchungen. — (Ebda 139; 465 — 470.) Edlund, Ueber den Gang elektrischer Inductions- und Disjunetions-Ströme durch Gase von verschiedener Dich- tigkeit und zwischen Polen von verschiedener Form. — Der Verf, untersucht hier diejenigen electrischen Ströme, welche in galvani- schen Liehtbogen und im elektrischen Funken -entstehen, er bezeichnet dieselben als Disjunctionsströme, weil zum Hervorbringen derselben die Leitung unterbrochen sein muss, und weil die Pole, zwischen denen das Licht -Phänomen entsteht, mechanisch zerrissen resp. zerrieben werden. Der Verf. beschreibt eine grosse Anzahl interessanter Versuche, mit den in der Ueberschrift angegebenen Modifieationen, die wir aber aus Mangel an Raum hier nicht referiren können. — (Ebda 139, 353—378.) Shg. W. Klinkerfues, Versuche über die Bewegung der Erde und derSonne imAether. — Verf. geht von der Annahme aus, dass der Aether in der nächsten Nähe der Erde an der Bewegung derselben so wenig theilnimmt, wie das Wasser in der Nähe eines auf hoher See fahrenden Schiffes; er versucht die Bewegung der Erde gegen den Aether nachzuweisen, wie der Schiffer die Bewegung seines Fahrzeuges durch 70 das Log. Er benutzt dazu die nach Donders eintretende Verlängerung und Verkürzung der Lichtwellen und die dadurch hervorgebrachten Ver- schiebungen der Spectrallinien und beschreibt folgenden Versuch: Zu Mittag wird der Strahl einer irdischen Lichtquelle von Süd nach Nord ge- richtet, das ist etwa senkrecht zu dem Wege der Erde um die Sonne, das Natrium-Spectrum wird also durch diese Bewegung nicht beeinflusst; wird nun aber der Strahl durch Spiegelung in die Richtung nach West gebracht (Richtung der Erdbewegung) und wird hier ein Behälter mit Bromdämpfen eingeschoben, so wird derselbe „vor dem Strahle fliehen “ und es wird eine Verschiebung der Bromlinien nach dem Violett zu ein- treten. Der Abstand zwischen den Natrium- und Bromlinien wird sich da- her vergrössern. Lenkt man aber den Strahl nach Osten zu ab, so wird eine Verschiebung der Bromlinien nach dem Natriumspeetrum hin eintre- ten. Zu Mitternacht ist es gerade umgekehrt. Die vierzigtägigen Be- obachtungen mit einem grossen Spectralapparat zeigen nun zwar deutlich eine Verschiebung der Linien in dem angegebenen Sinne, dieselbe ist aber nicht so gross, wie K. erwartet hatte; es scheint daraus hervorzugehen, dass der Aether doch etwas stark an der Erdbewegung theilnimmt, — Von Interesse ist noch die angewandte Lichtquelle: Eine Petroleumlampe in deren Flamme durch den Dochthalter ein Sauerstoffstrom geleitet wurde *); dem Petroleum war reichlich Kampher zugesetzt. Das auf diese Weise erzeugte Licht leistete erheblich mehr, als das ebenfalls versuchte Drum- mond’sche Kalklicht oder Magnesiumlicht; grosse Intensität, grosse Leucht- fläche und bequeme Unterhaltung des Lichtes sind die Vortheile dieser Einrichtung. Die Natriumlinie wurde durch essigsaures Natron erzeugt. — (Göttinger Nachrichten 1370. 226 — 234.) Sbg. Kohlrausch, über eine durch verschiedeneBrechbarkeit des Lichtes hervorgebrachte stereoskopische Wirkung. — Es sei r ein rother und d ein blauer-Punct in gleichem Abstande ge- legen von zwei schwachen Prismen (die zunächst umgekehrt stehen mögen als beim Stereoskop), durch welche je ein Auge die Punete betrachtet. Wegen der geringeren Ablenkung der rothen Strahlen wird dann der Punct 5 weiter entfernt erscheinen, als der Punct r. Verf. empfiehlt im Interesse der leichtern Accomodation combinirte Flint- und Kronglas Pris- men welche Dispersion ohne Ablenkung geben. Man kann aber auch eine gewöhnliche Linse von 1 Fuss Brennweite benutzen, durch welche beide Augen hindurchsehen, dabei kommt zu dem scheinbaren stereosko- pischen Effeet (der dadurch entsteht, dass die betrachteten Bilder als sehr entfernte Gegenstände erscheinen) noch diese streng stereoskopische Wir- kung. Als Objecte empfehlen sich z. B. roth und blau gefärbte Schach- brettmuster, eine rolhe Blume über grünen Kelchblättern, oder eine blaue Blume mit gelben Staubfäden. Werden die brechenden Kanten der Pris- men nach innen gewandt, so springt hervor was bisher zurücktrat. Die *) Nach früheren Erfahrungen des Ref, sind aber die ‚‚geschnürten‘“ Cylinder der Pe- troleumlampen bei optischen Versuchen sehr störend. 71 Dispersion an den Rändern vermehrt bei passender Anordnung als schein- barer Schlagschatten häufig den Effect. — (Göttinger Nachrichten 1870 415 — 416.) Sbg. Chemie. A. Emmerling und C.Engler, die Synthese des Indigblau’s. — Das Material zur Synthese des Indigblau’s war ein Nitroderivat des Acetophenons (Methylketon der Benzoesäure) C®H®0. Je nachdem jedoch die Nitrirung des Acetophenons in der Kälte oder Wärme . vorgenommen wird, erhält man verschiedene Producte. Geschieht die Ni- trirung in der Kälte, so erhält man ein Mononitroacetophenon, welches sich in kaltem Wasser anfangs als dickes Oel abscheidet, nach kurzer Zeit aber zu einer krystallinischen Masse erstarrt. Die Kryställchen sind nadelförmig, die Analyse führte zu der Formel CEH’0.NO?. Dieser Kör- per kann, wie die Untersuchung der Verf. lehrt nicht in Indigblau über- geführt werden. Wendet man aber bei der Nitrirung des Acetophenons Wärme an, so erhält man ein syrupförmiges Nitro-Acetophenon. Will man ein taugliches Produet erhalten, so sollen genau folgende Vorschrif- ten bei der Darstellung dieses Nitroderivates innegehalten werden. 70—80 Gr. rothe rauchende Salpetersäure werden in einem Kölbchen auf 45 — 50° erhitzt und 5—7 Gr. Acetophenon dann rasch eingetragen. Bald steigt die Temperatur bis zu einem Punkte, wo dicke rothe Dämpfe aus dem Kölbehen austreten. Nun muss man, bevor die Reaction heftig wird, den Inhalt in kaltes Wasser giessen. Es scheidet sich eine rothgelb gefärbte syrupartige Masse ab, die auch nach längerem Stehen nicht erstarrt. Die Zusammensetzung ist, wie die Analyse zeigte, auch die des Mononitro- acetophenons. — Nimmt man die Anfangstemperatur niedriger, so bildet sich zu viel von der krystallinischen Modification, ist sie zu hoch, so bil- den sich höher nitrirte, in fester Form durch Wasser sich abscheidende Producte, die sich auch in reichlicher Menge bilden, wenn man die Reac- tion nieht frühzeitig genug unterbricht. — 2 Molecüle des Mononitroaceto- phenons: Ci8H14N?0% müssen, um in Indigblau C1°H10N?0? überzugehen, 4At. H und 4At. O verlieren, oder es müssen 2 Molecüle H?O und 2 At. 0 austreten, Der Process muss demnach bestehen 1) aus einer Wasser- entziehung und 2) aus einer Reduction ohne Wasserstoffaufnahme. Redu- eirt man mit einem trocknen Reductionsmittel bei hoher Temperatur, so vollziehen sich beide Reactionen zu gleicher Zeit. Eine Mischung von Zinkstaub und Natronkalk ist als solches Mittel allein brauchbar. Doch ist es zweckmässiger die Wasserentziehung und die Reduction getrennt vor sich gehen zu lassen. Erstere wird dadurch bewirkt, dass man das Nitroderivat in kleinen Portionen im Porzellanschälchen bis zu beginnender Zersetzung vorsichtig erhitzt. Eine tiefergehende Zersetzung, die leicht unter Aufbrausen eintritt, ist zu verhüten. Man darf nur 5 bis 10 Grm, auf einmal erhitzen und zwar so weit, dass die Masse nach dem Erkalten zu einer zähen, harten Masse erstarrt. — Bei der Reduction verfährt man folgendermassen: Ein Theil des Nitroderivats wird in Chloroform gelöst, die Lösung mit ca. 40 bis 50 Theilen einer Mischung von 1 Theil fein ge- pulverten Natronkalks mit 9 Th. Zinkstaub zu einem dünnen Brei angerie- ben und bei gelinder Temperatnr das Chloroform wieder verjagt. Häufig 12 nimmt man schon bei dem Reiben der trockenen Masse mit dem Pistill den Indigogeruch wahr. Der sublimirende Indigo muss möglichst rasch der heissen zersetzenden Reductionsatmospäre entrissen werden. Ein Ver- such zeigte, dass wenn reiner Indigo aus derselben Reductionsmischung unter gleichen Bedingungen sublimirt wird, das meiste zersetzt wird und nur schwer ein Sublimat erhalten werden kann. Durch diesen Umstand erklärt sich die geringe Ausbeute der Verf. an Indigo. Am meisten er- hält man, wenn man immer nur eine kleine Quantität auf einmal rasch erhitzt. Man erhitzt am Besten kleine Mengen im Reagenzröhrchen über der Bunsen’schen Lampe. An dem kalten Theile des Röhrchens setzt sich ein dunkles Sublimat an, während zahlreiche entweichende Zersetzungs- produkte den für den Indigo characteristischen Geruch verbreiten. Erhitzt man den dunklen Anflug, so beobachtet man deutlich die jodähnlichen violetten Dämpfe, die den Indigo mit keinem andern Körper verwechseln lassen. Da die zur Analyse erforderliche Quantität noch nicht erhalten werden konnte, so suchten Verfasser als weiteren Beweis für die Identität jenes Sublimates mit dem Indigblau die Indigküpe darzustellen. — Der dunkle Indigoanflug aus 300 Reagensgläschen wurde mit Alkohol und Aether ausgezogen und die Lösung mit einem Gemisch von Eisenvitriol und Kalk (nach Erdmann) unter gelindem Erwärmen im verschlossenen Kölbchen einige Tage stehen gelassen. Die klare Lösung abgegossen und der Luft ausgesetzt, schied bald an ihrer Oberfläche die für Indigblau so charakterische purpurfarbne Haut ab. Die Verfasser betrachten, auf diese Synthese aus dem Acetophenon sich stützend, das Indigblau als das Azoderivat eines eigenthümlichen Ke- tons: IE essen enelgclanitlenng N OH EU OH 66H5— C0O—C'H "N—C8H2—C0—C'H entsprechend constituirt. Das Indigweiss wäre dann ohne Zweifel die Hy- drazoverbindung: N "NAH—C®H2—C0—C'H N-zErB!, 100. ee) das Dioxindol: 'N—C°H2—-C0 -- C(0'A)’ NH—C®H2—.C(OH) — C(OR) na: NH — C6H2—CH—C(OH) ‘NH—-C5H2—-C(OH—'C(OH)’ 'NH -- C6H*—CH —'C(OH) endlich das Indol: Sn en _ A. Emmerling und Engler, über einige Abkömmlinge des Acetophenons. — Lässt man ein Natriumamalgam auf die Lö- sung des Acetophenons in verdünntem Weingeist wirken, so erhält man durch die Einwirkung des nascirenden Wasserstoffes den secundären Ae- thylbenzolalkohol CHB, Dane (C5H5.CO. CH’ + H2= Cab. n. CH>). — — Das Isatin betrachten Verfasser als zusammengesetzt nach der Formel: und (Berl. Ber. 3. 885.) Der Alkohol krystallisirt aus dieser Lösung in wohlausgebildeten, bis 1 Zoll langen spiessigen Krystallen heraus, die unlöslich in Wasser, aber leichtlöslich in Alkohol und Aether sind. Ihr Schmelzpunkt liegt bei 120°. Wird er über 200° erhitzt, so destillirt er zum grössten Theil unzersetzt über, ein kleiner Theil jedoch wird unter Abscheidung von Wasser zer- 13 setzt. Zu gleicher Zeit destillirt eine ölige Flüssigkeit (Styrol?) über, welche den mitübergehenden Alkohol gelöst erhält. — Durch Einwirkung von PCI auf Alkohol erhält man sein Chlorid, das Chloräthylbenzol C$H°. CHCI.CH? als ölige, farblose Flüssigkeit von angenehm aromatischem Ge- vuch, löslich in Alkohol und Aether, nicht in Wasser. — Synthese des Styrols. Der sekundäre Aethybenzolalkohol gibt mit Chlorzink erhitzt Wasser ab und bei darauf folgender Destillation geht eine reich benzolhaltige Flüssigkeit über, aus der sich nach öfterem Fractioniren eine zwischen 144 nnd 150° siedende Flüssigkeit isoliren lässt, die die Eigenschaften des Styrols aus dem Storax hat. Auch die Analyse ergab die Zusammensetzung des Styrols und muss dieser Synthese zufolge die- sem Körper die Constitution C®H®.CH=:=CH? beigelegt werden. Es kann demnach als phenylirtes Aethylen angesehen werden, Für diese Constitution spricht auch Berthellot’s Synthese des Styrols, welcher es ne- ben Benzol durch Durchleiten von ölbildendem Gase durch eine rothglü- hende Porzellanröhre erhielt. — Auch durch Einwirkung von alkoholischer Kalilauge auf das secundäre Chloräthylbenzol scheint nach den Verfassern Styrol zu entstehen, und zwar in verhältnissmässig grösserer Menge als nach der ersten Methode. — Gebromte Acetophenone. Lässt man schon bei gewöhnlicher Temperatur gleiche Molecüle Brom und Acetophe- non auf einander einwirken, so entstehen 2 verschiedene Bromsubstitu- tionsproducte, von denen das eine leicht, das andere schwer in Alkohol löslich ist. Das Acetobromphenon C®H?Br.CO.CH? lässt sieh aus dem Produet der Einwirkung mit verdünntem Alkohol ausziehen. Es krystalli- sirt beim langsamen Verdunsten in blättrigen farblosen Krystallen. Es hat einen stechenden Geruch, wirkt reizend auf die Augen; löst sich leicht in Alkohol und Aether und wird vom Wasser nicht angegriffen. Es schmilzt bei 50°. Durch Oxydation mit chroms. Kali und Schwefelsäure geht es in Brombenzoesäure über, ein Beweis, dass das Brom im Benzolkern sitzt. Das Bromacetophenon C°H®.CO.CH.2Br bleibt bei dem Ausziehen des Ace- tobromphenon mit verdünntem Weingeist als syrupdicke Masse zurück, die erst nach längerem Stehen fest wird. Bei der Oxydation dieser Verbin- dung tritt viel freies Brom auf und es entsteht Benzoesäure, neben gerin- ger Menge Brombenzoesäure, die zeigte, dass das Product noch nicht rein war. — Durch Einwirkung von Bromdämpfen auf siedendes Acetophenon konnte wegen der zu heftigen Einwirkung dieser Körper nicht erhalten werden. Verfasser hoffen von dieser Bromverbindung auf die Muttersub- C6H®. CO. CH stanz des Indigblau’s den Indigketon: HS. CO. “CH zu gelangen. — (Berl. Ber. 4. 147.) C. Graebe hat Chlor in siedendes Acetophenon geleitet und dabei das dem Bromacetophenon entsprechende Chloracetophenon, welcheser Chlor- methylbenzol nennt, C$H3.CO.CH?Cl erhalten (das Acetochlorphenon C5H4. C1.CO-CH3, (was Graebe als Acetychlorbenzol bezeichnet, entsteht wahrscheinlich durch Einwirkung in der Kälte). — Das Chlormethylben- zol schmilzt bei 41° und siedet bei 246°. Es ist farblos, leicht in Alko- hol und Aether löslich und krystallisirt aus verdünntem Alkohol in Tafeln, 14 Es hat einen stechenden, die Augen heftig reizenden Geruch. Am Lichte färbt es sich rasch grün. Durch kochendes Wasser wird es nieht verän- dert; erhitzt man es jedoch mit Wasser in einer zugeschmolzenen Röhre, so bildet sich Salzsäure und ein sehr hoch siedender fester Körper. — Eine Lösung von kohlens. Natron oder Bleioxydhydrat und Wasser, ent- zieht ihm bein Erwärmen auch das Chlor und es entsteht neben andern Producten auch der Acetybenzolalkohol. — Mit einer alkoholischen Lösung von essigsaurem Kali einige Zeit gekocht, wird das Acetat des Acetylben- zolalkohols CH. CO,CH’(0C2H30) erhalten. Dieser Essigäther schmilzt bei 44° und siedet bei 270°. Aus verdünntem Alkohol krystallisirt er in grossen rhombischen Tafeln; in Alkohol und Aether ist er leicht, in Aether unlöslich. Der Acetylbenzolalkohol C#H5.CO.CH2(OH) entsteht wie ange- führt direet aus dem Chlormethylbenzol, aber auch aus dem Acetat durch Einwirkung alkoholischer Kalilauge. In beiden Fällen konnte er jedoch nicht rein erhalten werden. Er ist eine angenehm riechende, nicht in Al- kalien lösliche Verbindung. — (Berl. Ber. 4. 34.) J.Schreder, Ueber die Oxypikrinsäure (Styphninsäure). — Die Oxypikrinsäure ist identisch mit der Trinitroresoreinsäure. Sie lässt sich Sn und HCl redueiren und liefert leicht das gut krystallisir- bare Salz: H OH 66 OH NH?, HCI NH?. HCl -+ SnCi? NH2. HCl. Daraus wird mit H2S die salzsaure Triamidoverbindung in schönen, gros- sen, gelblichen Krystallen erhalten. Hieraus entsteht durch Oxydation eine dem salzsauren Azotriamidophenol analoge Verbindung: H OH NH NH > NH?, HCI in prächtig blutrothen Nadeln mit metallischem Glanz, NH? verwandelt dieses Salz in die reine Azotriamidverbindung, dunkelgrüne, metallglän- zende kleine Nadeln. Der Sachanholzextract, das beste Material für die Gewinnung der Oxypikrinsäure, liefert mit Kalihydrat geschmolzen , reichlich Resorcin. Daneben entsteht eine, durch essigsaures Blei fällbare, krystal- lisirbare Säure mit einer charakteristischen rothen Eisenreaction, deren Zusammensetzung noch nieht ermittelt. — (Berl. Ber. 4. 161.) A. Bannow, zur Geschichte des Guanidins. — Chloreyan mit trockenem Ammoniak zusammengebracht, giebt bekanntlich nach Er- lenmeyer Cyanamid; derselbe zeigte auch, dass durch fortgesetzten Ein- fluss des Ammoniaks Guanidin entsteht. Ferner stellte Erlenmeyer durch 75 Einleiten von CN.Cl in alkoholische Ammoniaklösung und Einschmelzen der entstandenen alkoholischen Lösung des Cyanamid mit dem ausgeschie- denen Salmiak in ein Glasrohr, welches er erhitzte, Guanidinchlorhydrat dar. CN.CI + 2NH? — CN.NH? + NH#CI NH CN.NH? + NH4CI = C NH?.HCl, NH? Verf. untersuchte nun das Verhalten des Jodeyans gegen Ammoniak, mit welchem die Darstellung des Cyanamid nicht gelang. Bannow fand, dass Jodeyan mit Uebergehung des CN.NH? mit grösster Leichtigkeit mit dem NH? Guanidinjodhydrat bildet. Wahrscheinlich bewirkt es die Löslichkeit des NH. J die dasselbs nicht sogleich der Reaction entzieht, dass es mit dem zugleich entstandenen CN.NH? zu Guanidinjodhydrat umsetzt. Jod- cyan mit seinem dreifachen Gewichte alkoholischen Ammoniaks (v. 10 Proc.) in eine Röhre eingeschlossen gab nach 3stündiger Digestion im Wasser- bade beim Verdampfen reines Guanidinsalz in fast theoretischer Menge. Der Geruch nach CN.J war vollständig verschwunden. Das leicht zu be- schaffende Jodeyan giebt so das Mittel an die Hand mit grosser Bequem- lichkeit für viele Zwecke ausreichende Mengen dieses interessanten Präpa- rates in reinem Zustande zu gewinnen. — (Berl. Ber. 4. 161.) Albr. Geologie. H. Bachmann, die quartären Bildungen im untern Kandergebiete. — Die einzelnen Veränderungen erfolgten nach einander: 1. Deltabildung der Kander und Simme in den 40—50 Meter höhern Thunersee; 2. Periode der Schieferkohlenbildung; 3. Mit dem Vorrücken der Aar- und Kandergletscher verbundene Grundmoränen- bildung; 4. Zeit der grössten Gletscherausdehnung; 5. Rückzugsperiode dieser Gletscher bis in die Gegend von Spiez und Wimmis und damit ver- bundene Erosion der Grundmoränen von Jaberg bis gegen Gesigen; 6. Nochmaliges Vorrücken der Gletscher bis zum Belpberg; 7. Langsamer unterbrochener Rückzug der Gletscher bis in ihre jetzige Gränze, Abla- gerung zahlreicher Endmoränen, Durchsägung und Verschwemmung ihrer Mittelstücke und Bildung des alten Kanderbettes von 1712; 8. Kander- durchstich, rückwärts schreitendes Einschneiden der Kander verbunden mit deutlicher Terrasseubildung. — (Berner Mitthlgen Dechr. 1869.) C. Deffner, der Buchberg bei Bopfingen. — Der Buchberg ist ein isolirter Ausläufer des weissen Juraplateaus bei Bopfingen nur durch den Breitwang noch verbunden, ihm vorgelagert ist der Kegel des Flock- berger Schlossberges 466, der Schlossberg 579 Meter u. M. Von Bopfin- gen aus geht man über braunen Jura 8, den mittlen und obre Braunen» dann über weissen @ an eine steile Kalkwand des weissen ß, und plötzlich hinter der Biegung der Strasse steht man wieder auf braunem ß, zweifel- los auf weissem ß gelegen, das ganze WEnde des Buchberges bedeckend. Auch der jüngere braune fehlt nicht. Aehnliche Absonderlichkeiten wie- derholen sich an andern Stellen des Riesrandes. Nach der einen Hypo- these ist der braune $ in einer Spalte aus der Tiefe herausgetrieben, wo- für schon der eruptive Character des Ries spricht, weiter aber auch die völlige Zerstörung der Schichten am Rande der braunen Jurakuppe in ein 76 wildes Haufwerk einzelner Stücke, die durch Sinter wieder verkittet sind, die fast senkrechte Stellung der Schichten in der Tiefe, die wenig ge- neigte oben. Ferner wurden diluviale, weil weit verbreitete als Goldshöfer Sande bezeichnet. Die andere Hypothese nimmt einen horizontalen Schub an und weist die Hebung als unannehmbar durch eine eingehende Beleuch- tung zurück. Denkt man sich eine feste Masse von NO gegen den Buch- berg sich langsam bewegend und braune Juraschichten begegnend: so muss sie diese vor sich her und über andre Schichten wegschieben , dabei werden die Schichtenköpfe zerstört und als Schutt aufgestaut und die spä- tern Schichten werden dann aufgerichtet. Je nach der Festigkeit der Schichten und der Grösse der schiebenden Kraft setzt sich dies Ineinan- derdrücken, Aufstauen und Bäumen der Schichten mehr minderweit fort ins Innere der Masse. Am entgegengesetzten Ende der geschobenen Masse bleibt dagegen die Schichtung erhalten. Die vordern Reibungsprodukte werden durch Fortschieben in feinen Schlich gerieben und riefen die Un- terlage. Diese Ansichten finden nun am Buchberge ihre Belege. Der Ur- sprung der geschobenen Msssen liegt am Fusse des Buchberges. Zur Er- mittelung des Alters dieses Schubs zieht Verf. noch die ähnlichen Verhält- nisse des Bildwasen und dessen Tunnels bei Lauchheim zur Vergleichung und verlegt dasselbe nach der Ablagerung der Helixkalke, Braunkohlen- thone und Cyprismergel, frühestens an den Schluss der tertiären Riesbil- dungen. Da er aber auch die Goldhöfer Quarzsande mit berührt: so muss er nach denselben statt geliabt haben und wird dadurch in die älteste Eis- zeit zersetzt. Die bewegende Kraft war entweder eine vulkanische oder Gletscherbewegung. Gegen erstere spricht aber das Fehlen des Zwischen- mittels zwischen dem Schiebenden und dem Geschobenen wie auch dass andre Beweise vulkanischer Aktion im Ries während der Eiszeit nicht auf- zufinden sind. Wohl aber sind Beweise für alte Riesgletscher vorhanden und diese bespricht Verf. besonders zur Stütze seiner Ansicht. — (Württemberger Jahreshefte XXVI. 95 — 143. Tf. 1—3.) R. Richter, thüringische Porphyroide. — Das thüringische Schiefergebirge ist zwischen die krystallinischen Massengesteine um Il- menau, des Voigtlandes und Fichtelgebirges eingeklemmt und hat dadurch mächtige Faltungen erfahren und ein Streichen von SW nach NO ange- nommen. Es legen sich die fast nur paläolithischen Bildungen gleichsam in Gürteln mit abnehmendem Alter und mittler Erhebung übers Meer an die Porphyre des NWTheiles zuerst als petrefaktenleere meist krystalli- nische Schiefer und cambrische Gebilde, dann silurische und endlich de- vonische an, jüngere nur an wenigen Punkten. Die Stellung der Bildun- gen unterhalb der Griffelschiefer und der krystallinischen Schiefer ist noch unsicher, jedenfalls sind sie die ältesten. In ihnen lagern theils massige theils schiefrige Porphyrgesteine den Porphyroiden des Harzes und NAme- rikas überaus ähnlich. Schon Heim erkannte dieselben bei Fehrenbach und bei Katzhütte als in Thonschiefer übergehende Quarzporphyre, und Credner gedenkt derselben als des ältesten Quarzporphyrs in Thüringen, auch Emmerich besprach sie. Verf. untersuchte sie von Neuem eingehend. Im äussersten SO legen sie sich an den Quarzfelszug oberhalb der Wulst- 71 mühle von Lindigkopfe nach der Saudenburg streichend, begleiten den Haupizug des Qunarzfelses der bei Schwarzenbrunn beginnt und bis zur Kursdorfer Kuppel als walırer Quarzfels dann bis Sitzendorf als dickplat- viger Sandstein fortsetzl. Auch einen dritten Quarzfelszug von Meisen- anger bis zum Hirtenrod an der Hauptquelle der Werra begleiten sie. Von andern Porphyroidlagern, die nicht in Beziehung zu Quarzfels stehen, zieht das erste von Oberwied über den Leupel, das Hettlein bis zur holıen Heide am Rennsteig, ein zweitrs streicht von der Höhe des Rittersberges bei Oberwied bis Fehrenbach, zwischen beiden liegen zwei isolirte Vorkomm- nisse und ein drittes zwischen Schnett und Tellerhammer. Wieder mäch- tige Porphyroide erscheinen an der steilen Wand des Hallkopfs im Biber- grund, an der Pfützenwiese bei Heubach, an der SWand des Lämmer- grundes bei Biberschlag bis Schnett. Ausserdem begleiten Porphyriode den Granitzug, der das Schwarzathal bei Katzhütte und Glasbach durch- setzt, am Hohenried bei Meuselbach, am Steinberg bei Glasbach und zwi- schen Mankenbach und Öbernhain. In petrographischer Hinsicht sondern sich all diese Porphyroide in zwei Reihen. Die erste wird durch eine dichte Grundmasse charakterisirt und ähnelt dadurch sehr den ächten Quarzporphyren soähnlich , dass sie seither damit identificirt wurden, die andere Reihe hat eine schiefrige Grundmasse, in beiden zugleich treten Quarz, zweierlei Feldspäthe und Eisenglimmer auf. Der Quarz erscheint in Körnern bis 3 Mm. Durchmesser, wasserhell, in einfachen oder ver- wachsenen Krystallen mit stumpfen Kanten und rauhen Flächen, wodurch sie von denen der eigentlichen Porphyre sich unterscheiden. Von den Feldspäthen ist Orthoklas am häufigsten in einfachen oder polysyntheti- schen Krystallen bis 20 Mm. Länge, röthlichweiss bis roth und mit voll- kommenem Glasglanz auf den Spaltflächen. Seltener und kleiner sind die Krystalle eines hellen Feldspathes mit Zwillingsstreifung, der meist weni- ger frisch, oft ganz zersetzt ist. Der Eisenglimmer ist bei schiefriger Grundmasse gewöhnlich ockerig. Die dichte Grundmasse ist felsitisch, wird von Orthoklas gar nicht, von Quarz nur wenig geritzt und schmilzt v. d. L. nach langem 'Glühen an den dünnsten Kanten zu weisslichem Email, ist röthlich bis ziegelroth, auch gelblich und weiss, hat platten- förmige mit Zerklüftung verbundene Absonderung. Die Ablösungsflächen sind mit einem zarten Häutchen eines weisslichen oder gelblichgrünen Mi- nerals bedeckt, das sich bräunt und endlich röthet. Die Häufigkeit der Einschlüsse in dieser Grundmasse ist nur bisweilen sehr gering, meist gross, selten gleichmässig, bald die Quarzkörner, bald die Feldspäthe überwiegend, stellenweise bis zum Verdrängen der Grundmasse, Nach dem Hangenden hin werden die Lamellen des gelblichgrünen Minerals häufiger und stärker, verfliessen mit der Grundmasse und leiten den Ueber- gang in ein schiefriges Gestein ein, dann sind die Feldspäthe noch frisch. Das grüne Mineral ist talkartig, blättert sich aber v.d. L. auf, röthet sich mit Kobaltsolution und wird von concentrirter Salzsäure nicht angegriffen. So tritt das porphyroidische Schiefergestein überall im Hangenden der dieh- ten Porphyroide auf, mit Ausnahme des knotigen Schiefergesteins von Leupel am Kirchwege von Waffenrod nach Crock, dessen Grundmasse ein 78 äusserst feinschuppiger Glimmerschiefer ist mit den grössten Quarz- und Feldspatheinschlüssen. Auf dem Plateau von Hinterrod bei Eisfeld und an dessen Abfalle gegen Waffenrod hin stehen Feldspathgesteine, die südwärts gneissartig werden, dann in Granitit übergehen und nordwärts einen grobkörnigen Gabbro umschliessen. Vielleicht hatte dieses Gestein Einfluss auf jenes. Die äussersten Phasen des Ueberganges der porphy- roidischen Gesteine in den Schiefer lassen sich in jenen Schiefern erken- nen, welehe den Raum zwischen je zwei Quarzfelszügen ausfüllen. Sie sind schwärzlichgrau,, angewittert weisslichgrau und bestehen aus Flasern eines schwärzlichen Schiefers, aus Quarzkörnern und vielen Ellipsoiden eines zersetzten weisslichen Feldspathes. Somit ähneln die thüringischen Porphyroide bis auf das Fehlen des Strahlsteines und Serieit petrographisch ganz denen des Harzes und NAmerikas. Hinsichtlich ihrer Beziehungen zum Diabas ist zu beachten, dass derselbe an der Arolswand des Blas- senberges mit ihnen in Berührung tritt, an andern Orten ist dessen Ein- fluss auf die Schiefer nicht zu erkennen. Enger ist die Beziehung zum Quarzfels.. Nur an einzelnen Punkten besteht derselbe aus dichtem Quarz, an den übrigen ist er feinkörnig und vielfach von silberweissen oder gelb- lichen Lamellen jenes kalkartigen Minerales durchzogen. — Als Trümmer- gesteine und Geschiebe kommen die Porphyroide überall im Rothliegenden häufig vor, doch nur in dessen untersten Gliedern. — Verf. giebt die mit- getheilten Untersuchungen nur als vorläufige und beabsichtigt deren wei- tere Verfolgung. — (Programm der Saalfelder Realschule. Ostern 1871.) E. Tietze, liasische Porphyre im südlichen Banat. — In 0. von Bersaskas treten im Gebiet der jurassischen Gebilde zahlreiche ächte Porphyre und Porphyrtuffe in Verbindung mit Schiefern und Arko- sen auf, die porphyrischen Ursprungs sind, so im Thale der Jeliszewa und in der Nähe der Donaucataracten Izlaz und Tachthalia. Dieselben sind seither für paläozoisch gehalten worden, aber die Verhältnisse von Steierdorf im mittlen Banat sprechen dagegen, indem die hier auftreten- den Porphyre und Porphyrtuffe gangförmige Eruptivgesteine im Lias mit Contacterscheinungen darstellen. Wenn nun auch diese Verhältnisse durch einen breiten Streifen krystallinischen Gebirges von Bersaska getrennt sind: so liegt deren Vergleichung doch sehr nalı. Im Auswaschungsthal der Sirinnia nämlich treten zunächst die Tithonschichten geknickt, gefal- tet, gebrochen auf zuerst mit den hell, weiterhin mit den unten roth ge- färbten Kalken und ältere Schichten kommen hier nur als sattelförmige Faltenbildungen zum Vorschein. Man vermisst an dieser Stelle die schon im obern Sirinniagebiete vorhandenen Posidonomyenschiefer, unter dem Tithon steht dunkelgrauer Liaskalk, thalaufwärts folgt Porphyrgestein, un- ter und hinter diesem untrer Liassandstein, weiter aufwärts wieder Por- phyr, stark zersetzter, dann wird das Einfallen der Schichten ein entge- gengesetztes, weil eben Sattelbildung vorliegt. Hier schiebt sich noch einmal der Sandstein ein, dann erscheint erst der mittle Liaskalk. Offen- bar wurde der Sandstein von Porphyr durchbrochen, aber der Liaskalk von demselben nicht beeinflusst. Ein lagerförmiges Vorkommen statt eines gangförmigen hier anzunehmen und den Porphyr als Tuff zu betrachten, 79 ist nicht statthaft. Uebrigens ist der Feldspath in der felsitischen Grund- masse theilweise Sanidin, wie sonst in jüngeren Eruptivgesteinen. Ein anderer Theil der Banater Porphyre gehört der Trias an. — (Ver- handlgen Geoloy. Reichsanstalt 187. no 14. S. 275 — 277.) C. v. Beust, der Dimorphismusin der Geologie der Erz- lagerstätten. — Während der Dimorphismus in der Mineralogie längst allgemein anerkannt ist, sträubt man sich denselben in der Geologie ins- besondere für die Erzlagerstätten zuzugestehen. Schon vor 50 Jahren wurden im Alınengraben auf dem Habichtswalde bei Cassel regelmässige Lager von Basalt mit Olivin zwischen den Schichten des Muschelkalkes erkannt und man nahm für sie einen eigenthümlichen Durchbruch des Ba- saltes an. Seitdem sind derartige Verhältnisse an Basalten, Melaphyren, Dioriten und Porphyren vielfach bekannt geworden und man nimmt für die Lagerform denselben Ursprung wie für die Gangform an, aber für die Erzlagerstätten soll dasselbe Gesetz noch immer nicht gelten. Es ist die von Werner in die Lehre von den Erzlagerstätten eingeführte strenge Sy- stematik, welche den Fortschritt in derselben so anhaltend gehemmt hat. Man unterscheidet noch streng zwischen Erzgängen und Eırzlagern, letzte sind den Gesteinsschiehten parallel und von einem andern Aggregatzu- stande als viele aber nicht alle Gänge, aber es ist nicht satthaft daraus auf einen der Zeit nach völlig verschiedenen Ursprung zu schliessen: Erz- gänge und Erzlager sind nur verschiedene Erscheinungsformen derselben Sache. Wo sind die Erze hergekommen? Nicht von oben aus der Atmo- sphäre, sondern aus dem Gebirge selbst oder von unten her, also durch Secretion oder durch Ascension. Beachtet man aber die völlige Abwesen- heit der Erze in den ganz frischen Nebengestein sehr reicher Erzgänge und Lager: so wird man auch an keine Auslaugung und Concentralion aus demselben denken können. In jedem Falle muss man den Ursprung der Erze in grösserer Tiefe annehmen sowohl für die Lager wie für die Gänge. Warum sollte nicht ein Aggregat von Schwefelmetallen sich zwi- schen Sehichten von Glimmerschiefer eingeschoben haben wie jene Basalt- lager in die Schichten des Muschielkalkes in dem Ahnengraben bei Cassel, die Möglichkeit liegt sogar näher, da die Auflöslichkeit und Beweglichkeit der eingedrungenen Metallsubstanzen eine viel grössere ist. Uebrigens zeigen auclı sehr viele Erzlager die deutlichsten Beweise des Eingedrun- genseins, so die schmalen Erztrümmer, welche die Zwischenschicht zweier Erzlager quer durchschneiden und die Ausläufer von Erzlagern in das Nebengestein. Auffällig ist, dass Erzlager und Erzgänge in gewissem Sinne sich gegenseitig ausschliessen: in einem krystallinischen für die Bildung der Gänge günstigen Gesteine wird man nicht leicht ein Lager antreffen und umgekehrt. Sind aber die Lager ebensogut wie die Gänge ein fremdes Element in dem Gebirge: so giebt es gar keine Gränze für den Zeitpunkt ihrer Bildung und nichts spricht dagegen, dass ein in dem ältesten Gestein vorkommendes Erzlager möglicherweise der jüngsten geo- logischen Periode angehören kann. Hinsichtlich des Alters der Erzlager- stätten von Rodna in Siebenbürgen sprach sich Verf. in diesem Sinne aus und Grimm wies dafür die thatsächlichen Belege nach. Wohl zu beachten 80 ist, dass in den Gruben von Rodna lange Schollen von Kalkstein sich finden, zwar der Schichtung des Gebirges völlig parallel aber rings von dem Erz- gemenge umzogen und dass schmale Erztrümmer quer durch die Schich- ten hindurchsetzen. Und weiter zu beachten, dass die in der Trachyt- breccie eingeschlossenen Partien von Schwefelkies, Zinkblende und Bleiglanz ganz denselben Habitus zeigen wie die in Lagerform anstehenden Erzmas- sen und die scharfen Bruchstücke dieser, welche in der Trachytbreecie eingewickelt sind. Darauf gestützt behauptet Verf., dass die in der Form von Lagern zwischen den Schichten des Glimmersehiefers und Kalksteines auftretenden Erzmassen von Rodna, welche gewiss keine lagerartige Ent- stehung im gewöhnlichen Sinne zulassen, soudern unzweideutig Bildungen sind, die nachträglich innerhalb des vorhandenen Complexes von Glimmer- schiefer- Kalkstein stattgefunden haben, dass diese Erzmassen derselben . Hauptbildungsepoche angehören wie die ganz ähnlichen Erze, die man als das Product einer Krystallinischen Ausscheidung in der Trachytbreceie fin- det. Es gehört die Erzformation von Rodna in die Periode der trachyli- schen Ausbrüche. Es erscheint natürlich, dass manche Erzgänge neuern, andere ältern Ursprungs sind als die ihnen im Allgemeinen gleichzeitigen Eruptivgesteine, denn da solche plutonische Eruptionen augenfällig sehr lange Perioden umfassen: so müssen die im Allgemeinen gleichzeitig er- folgten Erzbildungen den correspondirenden Gesteinen theils nachgefolgt theils vorausgegangen sein. Dass die Erzgebilde von Rodna nicht als Gänge, sondern als Lager erscheinen, liegt einfach darin, dass sie in einem Gesteine auftreten, welches für die Gangbildung sehr ungünstig ist. Selbsiverständlich brauchen nicht alle Umstände die nämlichen gewe- sen zu sein, obwohl nicht unbemerkt bleiben kann, dass die im unmittel- baren Contact mit der Erzlagermasse befindlichen Schichten bisweilen eine Beschaffenheit zeigen, welche auf eine metamorphosirende Einwirkung der metallischen Massen zu deuten scheint, was keineswegs ausschliesst, dass umgekehrt die speeifische Beschaffenheit des Nebengesteines auf die An- sammlung und Fixirung derErztheile eingewirkt haben kann. Nach Grimm stehen die Erzlagerstätten von Rodna mit den Traehytausbrüchen aus- ser allem Zusammenhang und sind jedenfalls von ungleich älterem Datum. Die an den Ringerzbildungen in Erzgängen erinnernden Vorkommnisse von Schwefelmetallen in der Trachytbreceie sollen ein Regenerationsproduet aus der Masse der Erzlager seien entstanden unter dem Einflusse einer starken chemischen Action zur Zeit der Trachytausbrüche. Worin aber hat denn solche chemische Action bestanden? Offenbar müssten die ursprünglich im Glimmerschiefer vorhandenen Schwefelmetalle durch ein chemisches Agens zerstört und dann in der Trachytbreccie wieder regenerirt sein, aber die in der Breccie eingewickelten Lagerbruchstücke zeigen keine Spur einer corrodirenden Einwirkung, sondern sind frisch und scharfkantig und haben lediglich einer mechanischen Gewalt unterlegen. Die Beziehung von Erz- bildungen auf geologische Eruptionsepochen ist eine sehr geläufige Com- bination und scheint Verf., wenn überhaupt eine Entstehung der Erzlager- stätten durch Aufsteigen aus dem Erdinnern angenommen wird, kaum möglich, eine solehe Combination nicht zu machen, da es doch sehr na- 81 türlich ist, die Durchbrechung der festen Erdrinde und die Oeffnung weit- erstreckter Schlünde in derselben mit dem Aufsteigen metallischer Substan- zen in igend einer Gestalt in Beziehung zu bringen. In Frankreich haben besonders Fournet und Gruner sich mit diesem Thema beschäftigt, aber gegen Grimm gewendet erklärt Verf., dass eine solche Correlation deshalb noch nicht zum Leitfaden für bergmännischen Betrieb genommen worden ist. Letzter bewegt sich auf einem engbegränzten Terrain, während die Theorie des genetischen Zusammenhanges die grossartigen Beziehungen des Ganzen umfasst. — Posepnys Theorie von der Bedeutung der Klüfte, Blattsystem, hält v. B. für eine sehr glückliche und fruchtbare, die wahr- scheinlich für die Ausrichtung von Erzmitteln ein sicherer Führer werden wird. Allbekannt ist die grosse Bedeutung der Blätter in den Blei- und Zinkgruben von Bleiberg und Raibl und ähnliche scheinen sich auch sonst in den Alpen zu wiederholen. Auch in den Gangrevieren des sächsischen Erzgebirges also unter völlig andern Verhältnissen ist dieser Einfluss nicht unbekannt, mehrfach ist.eine bedeutende Gangveredlung regelmässig an das Auftreten anscheinend ganz unbedeutender Klüfte gebunden. — (Jahrb. Geolog. Reichsanstalt XX. 511 — 518.) Oryktognosie. A. E. Reuss, zwei neue Pseudomorpho- sen. — Ein Handstück von Oberneissen im Nassauschen besteht aus bläu- lichschwarzem mit vielen Höhlungen durchzogenen derben Psilomelan, der in engen Drusenräumen zu kleintraubigen nachahmenden Gestalten ausge- bildet und mit flachnierenförmigen flaserigen Limonitschalen verwachsen ist; ein grösserer Drusenraum ist mit den pseudomorphen Krystallen über- kleidet. Diese sind 4—5°’‘ Länge, Combinationen eines spitzigen Rhom- boeders (5 R) mit der basischen Endfläche, bläuliehschwarz und bestehen in der Rinde aus Psilomelan. Die Rhomboederflächen zeigen starke ho- rizontale Riefung, die Streifen oft aus Körnerreihen gebildet; die basische Fläche uneben oder triangulär gestreift. An zerbrochenen Krystallen sieht man unter der Psilomelanrinde die regelmässige Krysiallform, bald mit spaltbarem rothen Dialogit erfüllt bald nur mit einem angefressenen Kern desselben, bald ganz hohl. An einzelnen Stellen besteht die derbe Masse noch aus einem lockren Aggregate eckiger rother Dialogitkörner, an an- dern Stellen schieben sich zwischen diese Körper dünne Wände von Psi- lomelan, welche zuletzt die Körner allseitig umhüllen. Die Psilomelan- rinde nimmt allmählig an Dicke zu, die Dialogitkörner werden immer kleiner, bis zuletzt nur noch ein körniges Aggregat von Psilomelan oder ein netz- förmiges Gewebe sich durchkreuzender Psilomelanwände vorhanden ist ohne Spur von Dialogit. Offenbar liegt hier eine langsame Umwandlung des Dialogit vor. Die Umwandlung der rhomboedrischen Carbonate mit einatomigen Basen durch Aufnahme von Sauerstoff und oft auch von Wasser im höhern Oxyde und deren Hydrate ist eine allbekannte That- sache, die Umbildung des Siderits in Limonit ist eine der grossartigsten hierhergehörigen Erscheinungen, ebenso bekannt ist, dass dabei der Kalk- gehalt des Siderits in Aragonit, der Mangangehalt dagegen im Pyrolusit, Wad oder Psilomelan sich verwandelt und hiernach ist die Umwandlungs- pseudomorphose von Oberneissen leicht erklärlich. — Die andere Pseudo- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 6 82 morphose bietet ein Handstück von Kallnick in Siebenbürgen. Die Basis desselben ist ein feinkörniger, gelbliehgrauer Quarzit mit eingesprengten Pyritkryställchen. Die Oberseite ist mit einer theilweisen Rinde dünner Quarzsäulen bekleidet, hexagonale Prismen mit dreiflächiger Zuspitzung, darauf sitzen bis Zollgrosse Octaeder etwas verzerrt, zerborsten, mit dıu- siger Oberfläche. Die sie zusammensetzenden winzigen Individuen sind durch gleichzeitiges Spiegeln als parallel geordnet zu erkennen. Sie be- stehen aus schwärzlichbrauner Zinkblende, welche die Rinde bildet, nach innen gelbbraun erscheint. Unter dieser Rinde folgt eine Lage einer sehr feinkörnigen gelblich bis röthlichweissen Substanz, welche Dialogit ist. Der Kern besteht aus grünlichschwarzem Alabandin, der in beginnender Zersetzung begriffen ist. Auf den Afterkrystallen selbst und auf den Quarz- krystallen sitzen noch kleine Kugeln und traubige Partien von blassrosa- rothem Dialogit, deren grobdrusige Oberfläche kleine linsenförmige Rhom- boeder erkennen lässt. Den Ausgangspunkt dieser Pseudomorphose bildet der Alabandin, dessen Octaeder zuerst mit einer Rinde feinkörniger Blende umhüllt wurden, darunter mochte wohl erst die Umwandlung des Sclhwe- felmangans in kohlensaures Manganoxydul durch Oxydation unter dem Einflusse kohlensäurehaltiger Wässer vor sich gegangen sein. Dann un- terliegt auch die Erklärung der zerborstenen Beschaffenheit der Blenderinde keiner Schwierigkeit. — (Ebda XV. 519 -— 522.) Sartorius von Waltershausen, über den Isomorphis- mus des schwefelsauren Bleies, Baryts, Strontians, Kalks, Natrons und Ammoniaks. — Längst bekannt ist die Isomorphie des Coelestin, Baryt und Bleivitriol, aber den Anlıydrit, Thenardit, Glaserit und Mascagnin hat man noclı nicht mit jenem für isomorph gehalten. Die genaue Untersuchung zeigt aber, dass wenn die Parameter der vier letzten Körper aus andern Flächen als bisher abgeleitet werden, der Isomorphis- mus für die ganze Reihe dieser schwefelsauren Salze hervortritt und dass nur mässige Unterschiede zwischen den Parametern derselben zurückblei- ben nicht grössere als bei andern Reihen hemiedrisch oder isoklin krystal- lisirter Salze. Stellen wir die angulären Elemente dieser Salze DET übersichtlich zusammen: D E T 011,010 101,001 110,100 Anhydrit 42017‘ 44025 48018° Baryt 31 49,4 52 42 530 50 Coelestin 31 19 524 521 Anglesit 31 21 52 16 51 49 Thenardit 40 41 28 50 64 40, Glaserit 37 30 36 44 60 12 Mascagnin 37 40 36 10 60 34 Aus diesen Winkeln berechnet man die nachfolgenden Parameter « b € a b c I Anhydrit 1 0,89 96 : 0,97985 1 Baryt 107:7.0,814617 2 1,31270 2 Coelestin l 0,738082 :; 1,28380 a b c 3 Anglesit 1 : 0,78645 : 1,29?30 4 Anhydrit 1 : 0,89096 : 0,77982 5 Thenardit 1 : 0,47324 : 0,55052 6 Glaserit 1 0,97271 : 0,74628 7 Mascagnin 1 : 0,56424 : 0,73101 Aus diesen Zahlen geht hervor, dass Kalk, Natron, Kali und Ammoniak mit Baryt, Strontian und Blei nur bedingungsweise isomorph sein können, wenn man beim Anhydrit für die von Miles 1 1 1 bezeichneten Fläche die Fläche 8 9 6 in ähnlicher Weise für Thenardit statt der Fläche 111 die Fläche 7 4 3 und für Glaserit und Mascagnin stait der Fläche 111 dieFläche 7 5 4 substituirt ; es ergeben sich dann für die neu aufgestellte Fläche 1 1 1 folgende Parameter, welche mit denen von Baryt, Coelestin und Anglesit zusammengestellt sind: a b c Baryt I : 0,31461 — 0,01569 : 1,31270 — 0,01809 Coelestin 1 : 0,78082 + 0,01810 : 1,28380 + 0,01081 Anglesit 1: 0,73513 + 0,01379 : 1,28950 + 0,00511 Anhydrit 1 : 0,79196 + 0,00696 : 1,30647 — 0,01156 Thenardit 1 : 0,82817 — 0,02925 : 1,28447 + 0,01004 Glaserit 1 : 0,80176 — 0,00287 : 1,30599 — 0,01138 Mascagnin 1: 0,78994 -- 0,00898 : 1,27927 + 0,01534 Mittel 1 : 0,79892 : 1,29461 Diese bis jetzt nieht genügend zu erklärenden Abweichungen betragen im Mittel noch nicht 2 Procent. Es wäre wünschenswerth besonders die Kry- stallformen von Thenarditindividuen nachzuweisen, deren Parameter etwas grössere Differenzen als die übrigen zeigen, wozu dem Verf. das Material fehlt. — (Göttinger gelehrte Nachrichten 1870. 235 - 237.) C. Rammelsberg, zur Kenntniss der Meteoriten. — Zur Analyse 1. Trennung des Nickels vom Eisen. Berzelius fällte entweder das Eisenoxyd durch überschüssiges Ammoniak oder setzte nur so viel desselben hinzu, dass ein basisches Salz entstand und fällte dann mit bernsteinsaurem Ammoniak; das Nickel schlug er durch Ammoniumhydro- sulfür nieder. Nach erster Methode erhält man stets wenig Nickel, auch die andere bleibt unzuverlässig. Besser benutzt man die Fällung des Eisens durch essigsaures Natron in der Siedhitze, wodurch aber auch das Niekel nicht völlig genau bestimmt wird. Nach R. ist die Scheidung durch kohlensauren Baryt vorzuziehen und von mehreren Analysen dann das Maximum des Nickels als die zuverlässigste Zahl anzunehmen. Die Differenzen für Nickel sind nach den verschiedenen Analysen sehr bedeu- tend bis über 7 Procent. — 2. Trennung und Bestimmung des Meteorei- sens in Steinmeteoriten; Da die mechanische Trennung des Eisens sehr mangelhaft ist: so empfiehlt Wöhler Kupferchlorid, das jedoch säurefrei sein muss, nur ist die nachherige Ausfällung des Kupfers durch Schwefel- wasserstoff nicht angenehm und deshalb schlägt R. Quecksilberchlorid vor, das neutral ist und das Schwefeleisen viel weniger angreift. Man hat da- mit schon die Natur des Schwefeleisens ob Troilit oder Magnetkies ermit- 6* 84 teln wollen, auch auf den Olivin ist es nicht ohne Einwirkung. Chlorsil- ber ist nieht verwendbar, weil sich basisches Eisenchlorid bildet; Jod ist unbrauchbar, Brom greift die Silikate sehr stark an. — 3. Analyse der Silikate. Bei der Trennung durch Säuren beachte man, dass die Kiesel- säure des Olivins aus dem Rest noch feucht durch Kochen mit einer Aul- lösung von kohlensaurem Natron zu extrahiren und abzuscheiden ist, fer- ner, dass die Analyse des unzersetzbaren Silikates eine Prüfung der Kie- selsäure auf ihre Reinheit erfordert, dass ihre Trennung am sichersten durch Glühen mit Aetzkali erfolgt. — A.Meteoreisen von Ruffis Moun- tains in SCarolina enthält 8,62 Nickel im Mittel, nach Sheppard nur 3,12 Nickel und 96,00 Eisen. Meteoreisen von Lockport in New - York: 0,17 Schwefel, 0,30 Eisen, 88,76 Eisen, 10,65 Nickel, 0,08 Kobalt, 0,04 Kupfer. Meteoreisen von Tula 10,24 Nickel. — B. Der Pallasit von Brahin im Gvt. Minsk 1810 gefallen ganz der Pallasmasse gleich enthält im ausge- sonderten Eisen 11,04 Nickel und im Olivin 37,5 Kieselsäure , 43,32 Mag- nesia, 18,85 Eisenoxydul, während der Olivin der sibirischen Pallasmasse nach Berzelius besteht aus 40,36 Kieselsäure, 47,55 Magnesia und 12,15 Eisenoxydul. C. Chondrite von Pultusk, Richmond und Jowa enthalten Nickeleisen in feiner Vertheilung, äusserst wenig Schwefeleisen und Chrom- eisen. Die aus kleinen excentrischfaserigen Kugeln bestehende Grundmasse ist ein Gemenge von Silikaten, deren eines Olivin in äusserst kleinen Kry- stallen ist, das andre aus faserigen Aggregaten und schwarzgrünen Kör- nern besteht. Nach Beseitigung des Nickeleisens durch Quecksilberchlorid bleiben die Silikate nebst Schwefeleisen unı Chromeisen zurück, von die- sem löst Chlorwasserstoffsäure das Schwefeleisen und die Hälfte der Sili- kate, welche Olivin ist, der Rest muss weiter untersucht werden und be- steht mach den bisherigon Analysen aus Eisenoxydul und Magnesia aller- meist 1— 12 Thonerde, häufig 0,5 — 5,0 Kalkerde, Natron und Kali. Verf. fand in dem von Pultusk in 4 Analysen 13,00 — 17,31 Nickel nnd für den Olivin 12,16 — 15,30 Kieselsäure, 2,70 — 4,86 Eisenoxydul, 13,84 — 17,70 Magnesia. Die weitere Untersuchung ergab die Zusammensetzung aus 12,08 Nickeleisen, 2,82 Schwefeleisen, 1,30 Chromeisenerz, 38,89 Olivin, 45,91 Broneit. Ferner die Zusammensetzung dessen von Riehmond aus: 8 Nickeleisen, 4 Schwefeleisen und 88 Silikaten, welche fast zur Hälfte Olivin zur andern Hälfte Broneit und Diopsid sind, dessen aus Jowa ganz abweichend von Shepard in den Silikaten 45,88 Kieselsänre, 2,40 Thon- erde, 17,49 Eisenoxydul, 31,36 Magnesia, 1,41 Kalk, 0;46 Natron. Es enthalten demnach die untersuchten Chondrite nur zwei Silikate: das Sin- zulosilikat oder Olivin und das Bisilikat oder Broneit. Dieselben Resul- tate lieferte der Chondrit von Ausson, Chassigny, Alais, Stauropol. Meso- siderit und Chondrit sind petrographisch nieht, nur ihrer Struktur nach verschieden. — (Berliner Monatsberichte 1870. 440 — 461.) F. Wöhler, das angebliehe Meteoreisen von der Collina di Brianza. — Im vorigen Jahrhundert wurde im Mailändischen am ge- nannten Orte eine Eisenmasse von 200— 300 Pfund gefunden, welche erst Chladni 1813 genau beschrieb. In jener Gegend sind weder Risenhütten noch Eisengruben, und ist der Ursprung räthselhaft, doch steht fest, dass , 85 die Masse ein Hüttenprodukt und nicht atmosphärischen Ursprungs ist, die Analyse wies weder Nickel noch Phosphor darin nach, auch lassen sich die Aetzfiguren nicht erzeugen. Neuerdings veröffentlichte wieder Haushofer eine Analyse und gab 7,7 Nickel, 0,2 Kobalt und 0,3 Phosphor an und wollte auch die Aetzfiguren gemacht haben, Dieser Widerspruch mit den frühern Analysen veranlasste W. eine solche mit einem von Chladni etiquettirten Stück der Blumenbachschen Sammlung von dieser Eisenmasse auszuführen: keine Spur von Nickel oder Kobalt, keine Aetzfiguren, nur das gewöhnliche krystallinische Gefüge des Stabeisens. Die Berliner Samm- lung erhielt 8 Stücke dieses Eisens von Chladni, auch von diesen zeigt kein einziges die Aetzfiguren, keinen Nickel oder Kobalt, eines dagegen ein Stückchen eingeschmolzener Schlacke. Hiernach hatte Haushofer ein anderes wirkliches Meteoreisen, das irrthümlich mit Collina di Brianza eti- quettirt worden ist, — (Göttinger Nachrichten 1870. 31 — 32.) F. Wöhler, Analyse des Pyrosmaliths. — Dieses bis jetzt nur in einer Eisengrube bei Nordmarken in Schweden bekannte Mineral wurde 1815 von Hisinger analysirt. Es kömmt in derben blättrigen Mas- sen und ausgezeichnet hexagonal Krystallisirt vor. Ein grossblättriges liehtbräunliches Stück mit bräunlichem Pulver gab beim Glühen ein durch Salzsäure stark saures Wasser und wurde schwarz. Das eingewachsene Magneteisen und der Kalkspath wurden entfernt und dann das sehr fein geriebene Pulver analysirt: 36,42 SiO?, 22,91 FeÜ, 22,52 MnO, 5,10 Fe20®, 9,73 Pe2Cl?, 3,32 HO. Es enthält demnach 14,88 Oxychlorid verbunden mit einem Doppelsilikat uud Manganoxydul und entspricht der Formel (Fe2Cl® + Fe20°) + Io + 8H0. — (Edda 411 —415.) Palaeontologie. M. Neumayr, IdentitätvonPerisphinc- tes Greppini Op und P. oxyptychus Neum, — Oppel beschrieb erste Art aus der Gruppe «des Ammonites anceps nach einem Exemplar des Callovien von Trimbach zwischen Olten und dem Hauensteintunnel. Verf. fand in den Macrocephalenschichten des Brielthales im Salzkammer- gut zwei ganz ähnliche Exemplare und beschrieb dieselben im vorigen Jahre unter dem letzten Namen. Die Ansicht des Exemplares in der Mün- chener Sammlung überzeugte von der Identität, worauf Verf. seinen Na- men als den späteren zurückzieht, auch vermuthet, dass Zittels Amm. an- eeps aus dem Brielthale hierher gehört. Das Schweizer Vorkommen ge- hört dem untern Theil der Ornatenzone. — (Verhandl. Geolog. Reichs- anst. 1870. S. 249). Fr. v. Hauer, Psephophorus polygonus im Sandstein von Neudörfl. — Die Wiener Geolog. Reichsanstalt erhielt zugleich mit der Originalplatte dieser Art eine zweite viel grössere an jene anpassende. Während erste 6 Mittelplatten mit erhöhtem Kiel und 64 Seitenplatten besitzt, bietet die sich anschliessende 5 weitere Mittelplatten und nahe an 100 Seitenplatten, alle zusammen bilden einen flach gewölbten Schild von 13° Länge und 15° Breite. Zugleich fanden sich in demselben Sand- steine zahlreiche Knochenplaiten und andere Knochenstücke, im Gestein unter erstem Schild nur !/,‘‘ davon getrennt der Querschnitt eines zweiten, 86 Ursprünglich hatte v. Meyer den Psephophorus in die Familie der Dasy- podiden gestellt, später dann die Aehnlichkeit mit dem von Joh. Müller abgebildeten Rückenschilde von Dermatochelys erkannt. Aehnlich in der Form der Knochenplatten ist die zweite Gattung Psephoderma alpinum aus dem Plattenkalke von Reit im Winkel, unterschieden durch zackige Nahtlinien der Platten und durch krokodilähnliche Oberfläche derselben. Eine sorgfältigere Vergleiehung ist beabsichtigt. (Ebda S. 342.) C. W. Gümbel, über Nulliporenkalk und Coceolithen. — Die Untersuchung des Wiener Leithakalkes durch Dünnschliffe und mittelst verdünnter Säuren gab eine Bestättigung der vortreillichen Arbeit Ungers in den wesentlichen Punkten. Es leidet keinen Zweifel, dass die sogenann- ten Nulliporen des Leithakalkes den kalkabsondernden Algen oder Coral- linen angehören und sich in die Familie der Melobesinen einreihen, wenn nicht geradezu in die Gattung Melobesia, ob man dieselben noch in Me- lobesia s. str., Lithophyllum und Lithothamnium sondert, bleibt von unter- geordneter Bedeutung, denn die innere Structur lässt sich bei den stark verkalkten Exemplaren des Leithakalkes nicht ermitteln, daher diese als Melobesia ramosissima (Reuss) aufzuführen sind, oder wenn man die äus- sere staık krustenartige und verzweigte Form mit zitzenartigen Erhöhun- gen betont als Lithothamnium ramosissimum. Nunmehr ist auch für Nulli- porenkalk der Name Melobesienkalk zu wählen. — Aehnlich knollenarlige Bestandtheile des eocänen Nummulitenkalkes insbesondere des Granitmar- mors von Neubeuern sind nicht einfache Coneretionen, sondern nach Un- tersuchung der Dünnschliffe Kalkalgen mit engern Reihenzellen als die Leitha - Melobesien und müssen Melobesia nummulitica heissen. Eine gleiche oder sehr ähnliche Art birgt der Nummulitenmergel von Verona, eine dritte grosszellige an der Oberfläche warzigrauhe Art in den obertertiären Schichten von Castelarquato als Melobesia verrucosa, andere Arten der Sand von Mont Mario, das Oligocän des Thalberggrabens, die Kreide von Mastricht u. a. — In den Amphisteginenlagern des Leithakalkes kommen die Cocco- lithen der Tiefseeabsätze in solcher Menge vor, dass sie einen wesentlichen Antheil an der Zusammensetzung haben. Verf. erkannte diese Coccolithen gleichzeitig in fast allen weichen Kalken fast aller Formationen, wodureh sie bezüglich der Entstehung der Kalkfelsen eine ungeahnte geologische Wichtigkeit erhalten. Und noch mehr: bei dem Aufweichen noch lebender Melobesien erkannte G. ebenfalls in den allermeisten Fällen zahlreiche Coceolithen. Da nun die Melobesien am Meeresufer in ganz geringer Tiefe vorkommen: so ist die bisherige Annahme, dass die Coceolithen nur in der Tiefsee, unterhalb 5000° Tiefe auftreten, völlig unbegründet. Die Coceolithen und Bathybius gehören allen Meeren und alleı Meerestiefen an. — (Ebda S. 201 — 203.) H. Burmeister, über das Beeken von Megatherium. — Vier Exemplare vom Megatherienbecken im Museum von Buenos Aires ver- vollständigen unsere Kenntniss von den Formen dieses wichtigen \Skelet- theiles. Cuvier bestimmte die Breite zwischen den äussersten Ecken der Darmbeine auf 1,350 und Owen über 5° = 1,630, das Exemplar in Buenos Aires hat 1,505, ein zweites 1,480, also ein individuelles Schwanken in 87 der Grösse, wie ein gleiches von Elephas bekannt, ist wahrscheinlich durch geschlechtliche Unterschiede bedingt. Der Eingang in das kleine Becken zwischen Schambeinfuge und Kreuzbein ist 221/,‘°° lang und 111/, breit. Das aus 5 Wirbeln bestehende Kreuzbein giebt Owen auf 22° Länge an bei 20° hinterer Breite, Verf. misst 19 und 16°. Gewöhnlich sind die 5 Kreuzwirbel innig verwachsen und zwischen den Querfortsätzen, die an das Darm- und Sitzbein stossen, mit diesen innig verschmolzen, bleiben als Gränzen nur 4 runde Löcher jederseits. Selbst die Dornfortsätze sind in einem nohen Kamm vereinigt, welcher nach oben in eine breite, dicke, am Rande unregelmässig gekerbte Endfläche von 1‘ Länge und 2 — 3° Breite ausgelit. Nach Cuvier geht an dem Madrider Exemplare dieser Rand in gesonderte Zacken aus, an einem Exemplare sah B. vor dem erweiterten obern Ende vier kleine runde Löcher, also unvollendete Ver- schmelzung der Dornfortsätze, an einem andern den fünften Dornfortsatz durch einen Spalt gesondert, was auch Owen angiebt. Das vordere Ende des Kreuzbeins weicht in einem Exemplar ganz von Owens Darstellung ab. Dasselbe hat vor dem ersten obern Sacralloech am Rande des Darm- beinkammes ein anderes Loch von einem starken Bogen überspannt, der den vordern schiefen Fortsatz des ersten Sacralwirbels mit dem Anfange des Darmbeinkammes verbindet. Auf dem Gipfel dieses Bogens erhebt sich ein freier Höcker. Derselbe entspricht einem ähnlichen spitzeren Fortsatze, den die drei Lendenwirbel mit nach vorn abnehmender Grösse haben und der als Theil des Querfortsatzes sich dadurch darstellt, dass an den Rücken- wirbeln derselbe in einen dieken horizontalen Höcker für das Rippenhöcker- chen übergeht. An dem kleinen Exemplar ist der erste Wirbel vom zweiten völlig getrennt, die Querfortsätze leider jedoch verschmolzen, während an den übrigen Exemplaren die Wirbel innig verwachsen sind. Auf den Querfortsätzen liegt eine doppelte quere sclıarfe Kante mit mittlem Höcker, den schon Owen richtig als Rest der schiefen Fortsätze deutet, welche am fünften Wirbel wieder ausgebildet vorlıanden sind. Am letzten Kreuz- wirbel treten noch eigenthümliche Gelenkflächen für ein wirklich vorhan- denes Zwickelbein, das vielleicht die an den Schwanzwirbeln vorkommen- den untern Bogenelemente darstellt. Zum Schluss giebt Verf. noch die Ausmessungen in engl, Zollen. - (Wiener zooloy. botan, Verhandlgen XX. 381 - 388.) EB. Beyrich, über die Basis der Crinoidea brachiata. — Form und Ausdehnung dieses Theiles des Kelchgerüstes sind für die Sy- stematik fast werthlos, dagegen die Zusammensetzung von höchster Be- deutung. Dieselbe zeigt uns entweder einen regulär -fünftheiligen Bau oder in solehem einen symmetrisch vier- oder dreitheiligen. Diese Umän- derungen untersuchte Verf. speciell und gelangt dadurch zu folgenden allgemeinen Resultaten: 1. Bei allen Crinoideen, an deren Kelchen sich zugleich die Radien nach einer radialen und die Theile der Basis nach einer dorsalen Axe ordnen lassen, habeu die beiden Axen eine gesetz- mässige Lage gegen einander. 2. Wendet man den interradialen Pol der radialen Axe in der umgekehrten Stellung des Kelehes nach vorn oder in der aufrechten Stellung nach hinten und unterscheidet man von den in- 88 terradialen Pol ausgehend die seitlichen Radien und Interradien als die an- liegenden und abliegenden : so gilt für alle Brachiaten das Gesetz, dass die dorsale Axe entweder vom rechten anliegenden Radius bis zum ab“ liegenden Interradius oder vom rechten anliegenden Interradius zum lin- ken abliegenden Radius herüberführt. 3. Bei den Brachiaten mit penta- gonaler dreiseitiger Basis sowohl bei denen mit monocyclischer wie bei denen mit dicyclischer Basis geht die dorsale Axe vom rechten anliegen- den Radius zum linken abliegenden Interradius. 4. Bei der monoeyeli- schen viertheiligen Basis des Melocrinus geht die dorsale Axe vom rech- ten anliegenden Interradius zum linken abliegenden Radius. 5. Die Gattungen mit vier- und mit dreistrahligen Stengeln (Cupressocrinus, Gra- strocoma ete.) sind die Strahlen des Stengels so geordnet, dass sie in die Glieder einer nach den beobachteten Axenrichtungen viertheilig oder drei- theilig zertheilten Basis in antimerer Richtung einschneiden würden. 6. Die hexagonale Basis des Actinoerinus, Hexacrinus und Dichoerinus ist sym- metrisch getheilt, indem die eine der vom dorsalen Pol ausgehenden thei- lenden Nähte zu der einzelnen interradialen Seite des Hexagons hinführt. 7. Bei den Blastoideen hat die dorsale Achse der pentagonalen dreithei- ligen Basis die bei Brachiaten nicht beobachtete Lage vom linken anlie- genden Radius zum rechten abliegenden Interradius herüber. 8. Die Cy- stideengattung Stephanocrinus hat dieselbe Lage der dorsalen Axe wie die Blastoideen. 9. Betrachtet man die Cystideengattung Cryptocrinus wie eine brachiate Crinoidee mit dieyelischer dreitheiliger Basis: so entspricht ihre dorsale Achse einer Lage vom linken anliegenden Interradius bis zum rechten abliegenden Radius. — Von den meridionalen Asselreilen der Seeigel entsprechen die Ambulacral- und Interambulacralfelder den Radien und Interradialräumen der Crinsideen. Wie bei diesen vereinigen sich die Radien der Seeigel nicht im dorsalen Pol, sondern bleiben hier durch den Scheitelapparat getrennt, der der Basis der Crinoideen entspricht [?). Die symmetrischen Seeigel erhalten ihren bilateralen Bau dadurch, dass eines der Interradialfelder durch das Eintreten der Afterölinung von den andern ausgezeichnet wird; die Radien und Interradien ordnen sich als Folge davon nach einer radialen Achse in ähnlicher Weise wie bei den Crinoideen. In der Zusammensetzung des Scheitelapparates der Seeigel kommen keine Erscheinungen vor, die sich den Abweichungen von der regulären Fünftheilung bei der Basis der Crinoideen vergleichen lassen, der Scheitelapparat erhält aber in anderer Weise eine symmetrische An- ordnung durch die Verbindung der einen seiner Platten mit der Madre- porenplatte. Die 10 radial und interradial geordneten Asseln des Scheitel- apparates lassen sich daher auch analog der symmetrisch getheilten Basis der Crinvideen nach einer dorsalen Achse ordnen, welche die interradial- stehende Madreporenplatte und Jie gegenüberliegende radiale Ocellarassel durchschneidet. Wie bei den Crinoideen fällt die dorsale Achse mit der radialen nicht zusammen , sondern hat eine schiefe, nicht gesetzmässige feste Lage gegen dieselbe. Der Ausdruck für die Lage der dorsalen Achse wird bei den Seeigeln ein anderer als bei den Crinoideen dadurch, dass sie durch die Madreporenplatte einen festen interradialen Pol erhält, wel- 39 cher der dorsalen Achse der Crinoideen fehlt. Bei den symmetrischen Seeigeln wird das Gesetz für die Lage der dorsalen Achse so ausgedrückt, dass die Madreporenplatte dem rechten vordern Interradius zugewendet ist. Wollte man die Lage in ähnlicher Weise wie bei den Crinoideen be- zeichnen: so müsste man den polaren Interradius wie in der umgewende- ten Lage des Crinoidenkelches nach vorn stelleu und erhjelte dann den Ausdruck, dass die dorsale Achse der symmetrischen Seeigel vom rechten anliegenden Radius zum linken abliegenden Interradius hinüber führt. Diese Lage zeigen Platyerinus und Toxocrinus unter den Crinoideen. Die regu- lären Seeigel sind solchen Crinoideen vergleichbar, bei denen sich eine radiale Achse nicht unterscheiden lässt, weshalb bei ihnen auch von einer gesetzmässigen Lage der dorsalen Achse oder der Madreporenplatte nicht die Rede sein kann. — (Berliner Monatsberichte 1871. Februar 33— 55.) Botamik. J. Glowacki u. F. Arnold, Flechten aus Krain und Küstenland. — Nach einer Schilderung der Standorte speciel! des Hochplateaus von Kovk und Odelca, des Caven, Zelenirob, der Forstre- viere Merzla und Krekovsc, der Hochebene von Vojsko, des Jelenk, der Umgebung vou Idria, des Idricathales, des Dole und Cudenberges, des Sirug und wilden Sees, des Hochplateaus von Iderskilog, von Godovie und Hotedersi, von Bavna, der Caica und der Cerna perst in den Wohei- mer Alpen folgt das systematische Verzeichniss der Arten mit Angabe der Synonymien und der speciellen Standorte. Es sind 228 Arten, darunter als neu diagnosirt: Lecotheeium pluriseptatum, Biatora carniolica, The- lidium dactyloideum, von einigen Arten werden neue Varietäten kurz cha- vakterisirt. — (Wiener zoolog. botan. Verhandlgen XX. 431—466. Tfl.) J. Juratzka, Muscorum species novae: Webera Breidleri auf Gneiss in den Steierischen Alpen, Jungermannia Reichardti auf Thonschie- fer des Pinzgaus in 6000° Meereshöhe. — (Ebda 167. 168.) J. Juratzka u. J.Milde, Beitrag zur Moosflorva des Orien- bes. — Verf. geben ein Verzeichniss der von Hausknecht 1865 und 186% in Kleinasien, WPersien und im Caucasus gesammelten Moose und be- schreiben darin folgende neue Arten: Gymnostomum Mosis SPersien, Fis- sidens persicus am Singara, Trichostomum Mildeanum Persien, Tr. per- sicum ebda, Barbula Hausknechti Schahpur, Encalypta intermedia, Entost- hodon angustifolius am Singara, Bryum Juratzkae am Kelal in 12000° Höhe, Bryum dalachanieum in Kurdistan, Bryum syriacum bei Tiflis, Atrichum Hausknechti bei Lenkoran, Hypnum umbilicatum in Kurdistan, H. Haussknechti bei Marasch. — (Ebda 589—602. J. Klein, mykologischeMittheilungen. — 1. Die Formen des Pilobolus. Diese Gattung hat nach Coemans nur 2 sichere Arten, welche Verf. in eine, P, erystallinus vereinigt und eine andere neue P. microspo- rus hinzufügt. Er untersuchte dieselbe auf Bau und Entwicklung nach Cultur auf Pferdemist und charakterisirt beide Arten speciell. — 2. Ueber einige Pilze bei Piloboluskulturen. Oft geht dem Pilobolus auf Pferdemist der Mucor mucedo voraus, seltener Thamnidium elegans und eine neue Form Bulbothamnidium elegans, das beschrieben wird. Die Mucorvegetation wird vom 6. Tage an durch Pilobolus unterdrückt und neben diesem erscheint 90 Coprinus stellaris und nach diesem fast stets Sphaeria stercoraria. Die Sporen des Pilobolus in Fruchtsäfte ausgesäet ergaben eine Mucorfructifi- cation. — 3. Botrytis einerea Pers, sehr häufig in den Gewächshäusern des Münchener botanischen Gartens zumal an den männlichen Blühten- köpfchen von Thuja orientalis, die er zum Abfallen bringt. Entwicklung und Bau wird beschrieben. — 4. Ascobulus elegans n. sp. auf Pferde- mist im Zimmer nach grünen Öscillarienfälen und grünlichen dicht ge- drängten Körnchen beobachtet. Diese Fruchtkörper waren äusserlich bräun- lich und aus dem grünlichgelben Hymenium ragen die Aeste stark hervor. In letzten befinden sich 8 violette ellipsoidische Sporen. Ihre Entwicklung wird beschrinben. — (Ebda 547 — 569. Tf. 9. 10.) Fr. Hazslinsky, die Sphärien der Rose. — Die widerspre- ehenden Ansichten über diese Sphärien veranlassten Verf. zu einer ernen- ten Untersuchung, die er mittheilt. Coryneam marginatum Fr durchbricht als rundliche Scheibe die Oberhaut, ihre Masse ist gallertartig fleischig, trocken runzelig, das unter der Oberhaut wuchernde Mycelium besteht aus verfilzten rosenkranzartigen Hyphen auf dem sich polsterförmig das Stroma erhebt. Die Unterlage dieses bilden mehre knotige braune Fäden, von denen sich gerade Hyphen erheben, an der Basis bräunliche, sonst farb- lose, einfache und ästige, gegliederte, dazwischen einzelne braune dickere Fäden. Sie entwickeln akrogen eigene Conidien, bald den Uredo bald den Puceiniasporen ähnelnd. Die Sporidien entwickeln sich am Ende der auf- rechten Hyphen ganz wie bei Stilbospora macrosperma und haben stark conturirte Sporidiolen, farblose nicht gegliederte Schwänze. Die Art ist gleich dem Sciniatosporium Nees. — Seiridium marginatum Nees bildet sehr kleine Pusteln, welche die Oberhaut der Rosenzweigchen blasig er- heben und endlich mit kleinem rundem Loche durchätzen. Das raucl- graue Mycelium besteht aus glatten verästelten Hyphen, daraus erheben sich die Perithecien schliesslich kahl und schwarz mit runder selten spal- tenförmiger Oeffnung. Von dem zelligen Keimboden erheben sich gerade Hyphen ohne Querwände und diese entwiekeln acrogen die sehr zierlich eoncentrirten Sporidien, deren jedes nur 2 Sporidiolen enthält. — Sphaeria fissa Fr. nicht wesentlich von vorigem verschieden in Dichaena- und Hen- dersoniaform. Die Perithecien der ersten Form sitzen auf einem braunen Mycelium, sind halbkugelig und öffnen sich mit rundem Loche, die dichg gereihten verfliessen in ein lineallängliches Peritheeinm und diese öffnen sich mit einem Längsspalt und bilden aus der Epidermis hervortretend schwarze Streifen an den Rosenästen. Die Hendersoniaform hat viel klei- nere Perithecien stets zerstreute und öffnen sich durch einen Porus mit grauweissem Hofe. Die länglichen Sporidien haben 2 hellbraune Sporidio- len. Dass diese Form zu Chilospora oder Dichaena fissa gehört, scheint höchst wahrscheinlich, ob auch Seiridium dazu zu stellen, lässt Verf. fraglich. Häufig erscheinen in ihrer Gesellschaft Libertella und Chailaria. Die Perithecien beider sitzen auf demselben rauchgrauen Mycelium. Die Spermatien der ersten sind sehr lange lebensfähig. Die Cheilaria wächst sehr intensiv, indem die in Schleim gehüllten Spermatien und Protospo- ven als Tropfen durch die Oeffnung des Peritheeiumscheitels sich heraus- 91 drängen. Verf. beschreibt noch 2 andere Sphärienformen und die Dito- pella die er zwischen Dichaena fissa fand. Dieselbe ist sehr ähnlich der Cueurbitaria. — (Ebda 211— 218 Tf. 4). C. Koch, die spanische Weisstanne, Abies pinsapo Boiss, — Boissier entdeckte dieselbe 1837 auf der Sierra nevada in SSpanien und wurde sie später auch in NAfrika gefunden auf dem Atlas, hier aber von Carriere als besondere Art Abies numidica beschrieben als neben A. pinsapo wachsend. Beide werden in Europa cultivirt, aber die noch jun- gen Exemplare, weil sehr veränderlich, gestatten noch kein entscheidendes Urtheil. Verf. erklärt Abies pectinata, pinsapo, cephalonica und Reginae Ameliae für sichere Arten, die im jugendlichen Zustande zwar schwer, in grossen Exemplaren sicher zu unterscheiden sind. Die beiden Formen von A.pinsapo in England stimmen ziemlich mit den afrikanischen über- ein, sollte aber die spitznadelige nicht A. cephalonica sein, denn eine ganz ähnliche Form wächst in Kleinasien. — (Kochs Wochenschrift 1870. S. 26.) K. Koch, die Alpenveilchen, Cyclamen, gehören zu unsern ältesten Gartenpflanzen und stehen gruppenweise an den Gehängen unter Gebüsch in den Alpen. Ihr ursprünglicher Name in den meisten europäi- schen Sprachen ist Schweinebrot, pane poreino, pain de porceau etc. oder Waldrübe. Ob die Schweine die Knollen wirklich fressen ist zu bezwei- feln, da dieselben einen giftig scharfen Stoff enthalten. Im elassischen Alterthume heissen sie Cyelaminos, wie auch Joh. Bauhinus noch schreibt, während Kasp. Bauhinus die abgekürzte Form Cyclamen hat, welche Tour- nefort in die Botanik einführte. Das Wort ist von eyelus abzuleiten, weil sowohl die Knollen wie die Blätter meist kreisrund sind. Die Alpenveil- chen heimaten nur in den Gebirgen der mittelmeerischen Länder, den Al- pen, Balkan, Pyrenäen und spanischem Hochlande, ausnahmsweise auclı in Böhmen und Schlesien, jenseits des Mittelmeeres im Atlas, Libanon, Persien, Kleinasien, Kaukasus. Die Arten ändern in dem Blattrande, der Zeichnung der Blätter und der Blühtenfarbe ab und wurden durch sehr frühzeitige Kultur noch manichfach verändert, in der neuesten Zeit noch durch Kreuzung. Schon Kasp. Bauhin im 16. Saec. führt 13 Arten auf, und Tournefort sogar 32. Linne vermochte die Arten nicht scharf zu sichten und wollte sogar nur eine einzige gelten lassen. Clusius nahm 8 und wie erwähnt Bauhinus 13 an, die jedoch auf die heutigen nicht sicher zurückzuführen sind. Die ersten sichern Arten in den Gärten unterschie- den Sweert 1626 und Besler in dem Hortus Eystettensis 1613. Erster nahm C. franecieum, C, romanum und C. germanicum und 2 andere Arten an, letzter C. vernum = C. repandum, C. romanum = C. latifolium, C. he- deraefolium = C. serotinum und C. longius radicatum und vulgare = C. europaeum. In Frankreich kultivirte Morin schon 1621 8 Arten und in England Parkinson 1629 10 Arten, die Maison auf 26 vermehrt und Tour- nefort (1683) auf 32 jedoch ohne alle Kritik. Müller führte in seinem Gartendietionnär nur die 7 in England kultivirten Arten auf. In diesem Jahrhundert wurde die Kultur allgemeiner. Die Arten sind gegenwärtig folgende 1. C. europaeum Ait: tuber irregulare, undique radiculus obsi- 92 tum, saepe stoloniferum; folia suborbiculata, basi cordata, denticulata ; calyeis laeiniae ovatae, acutae; corollae faux pentagona exappendiculata, hat in Gärten viele Namen als C. Clusii, litorale, hungaricum, aestivum, purpurascens, retroflexum, officinale und blüht vom Mai bis Septbr. 2. C. eoum Mill: tuber regulare, compressorotundatum, lateribus et subtus ra- dieulis obsitum; folia orbiculata, basi cordata, edentula aut subtiliter den- tieulata; calycis laciniae lanceolatae; corollae faux rotundata, constricta, exappendiculata, in SOEuropa, dem gemeinen sehr ähnlich, in Gärten als C. ibericum Fisch, caucasieum, orbieulatum, vernum, ciliecium, C. Att- kinsi. 3. C. latifolium Sibth: tuber magnum, undique radieulis obsitum, compressum; folia ovata, acutiuscula, basi cordata, irregulariter crenulata; calyeis laciniae ovatolanceolatae; corollae faux pentagona, laciniis basi exappendiculatis, in der Türkei, Griechenland, Italien, von Schmidt in Athen u. A. aufgelöst in C. argyrophyllum, marmoratum, nobile, odora- tum, graecum, anecholifolinm, Polii. 4. C. repandum Sibth: tuber par- vum, compressorotundatum, medio subtus radiculis obsita, medio supra folia et flores gerens; folia ovata, basi cordata, acuta, margine remote repanda; calycis laciniae ovatolanceolatae; corollae faux pentagona, basi exappendiculata, früher als C. byzantinum, bei Reichenbach als C. ver- num, von Andern als fragaus, romanum, litorale, orbiculatum aufgeführt. d. C. hederaefolium Ait: tuber grossum, lateribus et subtus radiculis ob- tectum, supra pluribus locis gemmifer; folia ovatocordata, quinquangu- laria, erenulata; calyeis laciniae ovatae, acutae; corollae faux pentagona, basi laciniarum appendieulata, bei Reichenbach als C. subhastatum, bei Decandolle als C. linearifolium, ferner als ficariaefolium, purpurascens, autummale, latifolium, graecum, neapolitanum. 6. C. africanum Boiss: tuber grossum, irregulariter rotundatum, undique radieulis obsitum; folia magna, rotundatocordata, septangularia, dentata; calyeis laciniae oblon- golanceolatae; corollae faux magna, laciniis basi ulroque latere appendi- eulatis, aus NAfrika eingeführt und von dem länger bekannten (. africa- num —= (. gigas verschieden, wozu als dritte Art wahrscheinlich C. ma- erophylllum zu stellen. 7. C. persicum Mill: tuber grossum, compresso- rotundatum, lateribus et subtus undique radiculis obtectum, folia magna ovatocordata, erenata, interdum angulata; calycis laciniae ovatae, obtusae saepe denticulatae; corollae faux magna, rotundata, laeiniis longis, basi exappendiculatis, von der Insel Cypern im J. 1731 in die Gärten einge- führt, früher als C. antiochenum kultivirt, nach Curtis aus Ostindien, rothblühend als C. aleppicum bezeichnet. Wahrscheinlich wachsen im Li- banon noch 2 Arten. Zucearinis C. macropus scheint nur Abart zu sein» viele andere Gartennamen verdienen keine Beachtung. — (Ebda Nr. 45 — 47.) Zoologie. W.Peters, Propithecus Deckeni, neuerHalb- affe aus Madagaskar. — Die Gattuug Propithecus war seither nur in jungen Exemplaren von Pr. diadema und als Pr. Verreauxi bekannt. Die neue Art ist an Kopf und Händen wie am übrigen Körper gelblichweiss, im schwarzen Gesicht mit weisslichem Nasenfleck und ihr Schwanz so lang wie Rumpf und Kopf. Pr. diadema ist grösser, mit nar bis an den 93 Hacken reichenden Schwanz und anders gefärbt, hat auch grössere Schnei- dezähne und letzte Backzähne. Auch die Schädeleigenthümlichkeiten wer- den noch besprochen und die Messungen gegeben. — (Berliner Monats- berichte 1570. S. 421 — 424.) R. A. Philippi, neues Faulthier. — Dieser Bradypus ephippi- ger kam lebend nach Sanjago in Chili wahrscheinlich aus Ecuador oder Peru und gehört zur Gruppe Arctopitheeus. Die fein anliegenden Härchen im Gesieht sind um Mund und Nase grau, an den Backen und der Stirn gelblichweiss, von den Augen über das Ohr zieht ein braunschwarzer Streifen. Lange braunschwarze Scheitelhaare überschatten die weisse Stirn. Die Körperhaare sind weiss und graubraun, die Bauchseite fast weiss, zwischen den Schultern bis zur Mitte des Rückens ein hellgelber Fleck mit sehwarzen Längsstreifen in der Mitte. Der Schädel ist viel gesireckter als der des nächst verwandten Br. gularis, in der Gegend der Schläfen- sruben auffallend eingedrückt, an der Hinterseite des Unterkiefers spitz- winkelig eingesehnitten. — (Wieym. Archiv XXXV1. 263 — 267.) W. Peters, neue Eidechsen: Egernia Kreffti von Sydney, von welcher Gattung Silybosaurus Stockesi kaum zu trennen sein dürfle. — Euprepes (Riopa) punctatostriatus aus Singapore, durch die weisse Punk- tirung an den sehwarzen Körperseiten und 56 statt 40 (Querreihen von Schuppen zwischen den Gliedmassen von R, albipunetata Günth. verschieden. — (Berliner Monatsberichte 1870. S. 30 — 32.) R. v. Willemoes-Suhhm, über einen Balanoglossus im Nordmeere. — Zu den beiden bei Neapel lebenden Arten dieser merk« würdigen Wurmgattung fügt Verf, B. Kupfferi n. sp. aus dem Oersund Seelands hinzu, wo derselbe in feinem Schlamme in 12— 16 Faden Tiefe sieh findet mit Siphonostomum plumosum, Aphrodite aculeata, Chaetop- terus norvegicus, Phascoloma dentalii und den Pyenogoniden. In einem Gefässe mit reinem Seewasser stirbt er doch sofort ab und zersetzt sich auffallend schnell. Die grössten untersuchten Exemplare waren 25 Mu. lang und 7 Mm. breit, ihr Rüssel eiwa so breit wie hoch, der Kragen zweimal so breit wie hoch, der Hinterleib sehr kurz und gedrungen, die Leberdrüsen ohne Ausstülpungen an der Oberfläche, die Ringelung im vordern Körpertheile uudeutlich. Der gerade den Körper durchsetzende Darmkanal schimmert angefüllt durch die zarte Körperhaut hindurch und hat zu beiden Seiten die (seschlechtsdrüsen. Im Juli beobachtet; war die Fortpflanzung schon vollendet. Auch in der Lebensweise weicht die Art von der neapolitanischen ab, die in geringerer Tiefe und in reinem Sande sich aufhalten , auch nicht so schnell absterben. — (Göttinger gelehrte Nachrichten 1570. 475 — 480.) Seibert, Zucht der Landschnecken in Aquarien. — Verf. züchtel schon längere Zeit mit bestem Erfolge in seinem Süsswasseraqua- vium auf dem mit Moos, Farren, Gräsern etc, besetzien Kalktuff: Hya- lina cellaria und lueida, Vitrina brevis, Cionella lubriea, Carychium mi- nimum, Helix rotundata, pulchella und hispida, Clausilia biplieata und parvula, auch Nacktschnecken. Bei Einrichtung des Aquariums sorge man, dass mit der Erde und den Pflauzen keine Insekten ete. eingetragen wer- 94 den, welche die Zucht sehr beeinträchtigen und sind solche vorhanden, suche man sie sorgfältig ab. Fleischfressende Schnecken muss man iso- lirt züchten, da sie die andern verzehren, die Pflanzenfressenden können sämmtlich in einem Aquarium gehalten werden. Zur Beobachtung einer Art ist es jedoch besser sie isolirt zu halten und ihr den Wohnort mög- liehst naturgetreu einzurichten, ihr die Lieblingsnahrung zu reichen; be- sprenge die Pflanzen mehrmals täglich mit Wasser, setze das Aquarium nie directem Sonnenlichte aus und überwintere es in einem hellen luftigen Zimmer bei einer Temperatur über Null. Die zarte Vitrina brevis und Hyalina cellaria gedieh dem Verf. stets sehr gut in dem nassen Kalktuff. Die jungen Nacktschnecken bringt Verf. auf einen isolirten Kalkfelsen, von dem sie nicht entwischen können, was geschieht, wenn nur ein Gras- halm hinüberragt. Mit ausreichender Nahrung versorgt erreichen sie auch hier ihre volle Grösse. Diese Unterhaltung gewährt befriedigenden Auf- schluss über Entwicklung, Betragen, Naturell ete. vieler noch nicht genü- gend beobachteter Schnecken. — (Malakozool. Nachrichtblatt II. 72— 74.) R. A. Philippi, neue Seesterne aus Chile: Goniodisceus pe- nieillatus, jederseits 11—12 dichtgekörnelte Randplatten an den Armen, Unterseite ganz mit Stacheln besetzt, dreiseitige Stacheln am Rande der Ambulacralfurchen. Asteracanthion clavatum Arme eylindrisch, Stacheln der Armfurchen fast walzig in zwei Reihen, auf dem Rücken 9 Reihen Papillen, die knopflörmig sind. Asteracanthion fulvum Arme platt ge- (rückt, Stacheln der Armfurchen fein, spitzig, Stacheln der Rückseite kurz und fein in 7 Längsreihen. Asteracanthion spectabile Arme halbey- lindrisch, Stacheln der Armfurchen zusammengedrückt, kräftig, auf der Rückseite 9 Stachelreihen von verschiedener Bildung, Asteracanthion mite mit sehr feinen walzigen Stacheln an den Armfurchen und blosser Kör- nereinfassung der Madraporenplatte. Asteracanthion varium mit nur einer Reihe walziger dünner Stacheln an den Armfurchen. — (Wieymanns Ar- chiv XXXVI, 268 — 272.) J. J. Bianconi, Specimina zoologica mosambicana XVIl. — Diese Schlussabhandlung des Verfs. Untersuchungen der Fauna von Mossambique verbreitet sich über folgende Arten: Seiurus palliatus Pet, Manis Temminki Smith, Seriola Dussumieri Cuv, Gobius nudiceps Val, Co- bitis punetifer Casteln, Venus Corbis Lk, V. verrucosa Lk, Mycippe pu- silla n. sp., Thalamita admete Hbst, Gelasimus lacteus Dehaan, Alpheus Edwardsi Sav, Hippolyte Kraussi n. sp., Dioridium Meckeli Chiaje. Zum Schluss Zusätze und Berichtigungen zu den frühern Abhandlungen, wobei noch Arca Rigacei beschrieben wird. — (Mem. Acad. Sc. Bologna 1870. IX 199 — 222. 3 Tbb.) 1871. Correspondenzblatt I. des Naturwissenschaftlichen Vereines ww BE für die Provinz Sachsen und Thüringen in Halle. Sitzung am 11. Januar. Eingegangene Schriften: . Peter Münch, Lehrbuch der Physik. Mit 286 Holzschnitten. Freiburg i. Breisgau 1871. S°. Herdersche Verlagshandlung. W. R. Grove, die Verwandtschaft der Naturkräfte. Deulsche autori- risirte Ausgabe nach der 5. Aufl. des englischen Originals herausge- geben durch E. von Schaper nebst Vorwort von R. Clausius. Braun- schweig 1871. 8°. Verlag von Fr. Vieweg u. Sohn. John Tyndall, die Wärme betrachtet als eine Art der Bewegung. Autorisirte deutsche Ausgabe herausgegeben durch H. Helmholtz u. G. Wiedemann. Mit zahlreichen Holzstichen und einer Karte. 2, Aufl. 1. Abtheilg. Braunschweig 1871. 8° Verlag von Fr. Vieweg u. Sohn. Gust. Jäger, Zoologische Briefe. 11. Lieferg. Mit 49 Holzschnitten, Wien 1870. 8%. Wilh. Braumüller. Gust. Hansemann , die Atome und ihre Bewegungen. Ein Versuch zur Verallgemeinerung der Krönig-Clausiuschen Theorie der Gase. Cöln u. Leipzig 1871. 8°. Verlag von E. H. Mayer. Fünf und funfzigster Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft in Emden 1869. Emden 1870. 8°. Översigt over det kongelige danske Videnskabernes Selskabs Forhand- lingar og dets Medlemmers Arbeider i Aaret 1868. 1869 af J. Jap. Steenstrup. Kjobenhaven 1868 Nro. 6. 1869. Nro. 1, 4. Acta Universitatis Lundensis. Lunds Universitets Arsskrift 1868. Ma- thematik och Naturvetenskap. Lund 1868—9. 49. Videnskabelige Meddelelser fra Naturhistorisk Forening i Kjobenhavn for aariel 1868. 69. 70. Kjobenhaven 1869 — 70. 8°, Die statutenmässig vorzunehmende Neuwahl des Vorstandes betreffend wurde auf Antrag des Hrn. Geh. Raths Credner beschlossen, dieselbe aus- zusetzen bis zur Rückkehr der noch im Kampfe mit dem Lügensystem in Frankreich zurückgehaltenen Mitglieder und die anwesenden Vorstands- mitglieder zu ersuchen, die Geschäfte bis dahin in der seitherigen Weise fortzuführen, Es fungiren also zunächst als 96 Vorsitzender: Hr. Professor Giebel; Schriftführer: Hr. Dr. Taschenberg und Hr. Kreisgerichtsrath von Landwüst; Kassirer: Herr Direetor Marschner. Herr Prof. Giebel berichtet Boeck’s Untersuchungen über Härings- asung. Die schnelle Fäulniss der eingefangenen Häringe ist schon längst Gegenstand der Untersuchung und der Gesetzgebung gewesen und wurde z. B. schon 1733 den norwegischen Fischern verboten keine Sommerhä- ringe zu fangen. Die Fischer unterscheiden die Roth-, die Ge'b- und die Schwarzasung, theils nach der Farbe der frischen Nalhırung, theils nach der der Exkremente. Die Rothasung kömmt an der ganzen norwegischen Küste vor und besteht aus einem winzigen Copepoden (Krustaceen) der Gatiungen Calanus, Eikocalanus, Centropages und Anomalocera. Diesel- ben dienen auch vielen Vögeln und den Walfischen zur Nahrung und sie sind es die im Magen des Härings schnell faulen und dann dessen Fleisch ungeniessbar machen. Die Gelbasung, minder gefährlich, scheint von jun- gen Borstenwürmern herzurühren. Die Schwarzasung, gefährlicher als vorige und besonders in regnigen Jahren häufig, besteht aus einer kleinen Schnecke, Rissoa, deren Thierchen, in das Gehäuse zurückgezogen, im Magen des Härings nur sehr langsam verdaut werden, in eingefangenen Häringen aber in Fäulniss übergehen und deren Fleisch widerlich ver- pesten. Herr Geh. Rath Credner wies sodann auf die grossen Schwierig- keiten hin, welche der Erforschung der Juraformation um das baltische Meer, (des baltischen Jura) entgegentreten. Die Flutben der Diluvialzeit haben die Ablagerungen in den genannten Gegenden zerstört und die süd- lich von der Ostsee gelegenen Länder so hoch mit Lehm, Sand ete. be- deckt, dass die darunter liegenden Gesteine nicht zu ermitleln sind. Nur Gerölle, welehe durch die Fluthen von NO nach SW getrieben worden sind, sich zerstreut in dem Tieflande bis zum Fusse des Riesengebirges vorfinden, und organische Ueberreste sind es, welche entschieden auf die Juraformation hinweisen, sowie sehr vereinzelte Aufschlüsse des noch an- stehenden Gesteins in Kurland, in der Gegend von Colberg und an der Odermündung. Einige Profile dieser Juraablagerungen, namentlich eines bei Camin, wurden vom Vortragenden näher erörtert. Was unter den ob- waltenden ungünstigen Verhältnissen bisher über die baltische Juraforma- tion hat ermittelt werden können, lässt sich in wenig Worten dahin zu- sammenfassen, dass dieselbe der obern Abtheilung des braunen und der untern Abtheilung des weissen Jura angehört und dass die Südgränze der Ausbreitung ihrer Geschiebe einer Linie zwischen Görlitz und der Flamigs- höhe zusammenfällt. Sitzung am 18. Januar. Eingegangene Schriften: 1. Franz v. Mygind der Freund Jacquins. Wien 1870. 8°. 3. Monatsbericht der k. pr. Akademie der Wissenschaften November. Ber- lin 1870. 8°, 97 3. Patent office report. Washington 1867. I—IV. 8°, 4. Comitato geologico d’Italia Bolletino no 9. 10 Septbr. Octb, 8°. Das Octoberheft der Vereinszeitschrift liest zur Vertheilung aus. Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr W. Fitting, Buchhalter in Freiimfelde durch die Herren Taschenberg, Knauth, Giebel. Herr Prof. Giebel legt einen eigenthümlichen Wels vor, welchen das zoologische Museum nebst dem früher beschriebenen(ef. Bd. 35. S. 170) Dakosaurus und Käfer (cf. Bd. 35. S.117) von Hrn. Wallis aus dem obern Amazonenstrom erhalten hat. Die Eigenthümlichkeiten sind so auffällige und bedeutende, dass dieser Wels als Typus einer eigenen Gattung be- trachtet werden muss, für welche Redner, da er in der ihm zugänglichen ichthyologischen Literatur dieselbe nicht aufzufinden vermochte, den Na- men Trachypoma und für die Art Tr. marmoratum vorschlägi. Das auffälligsie generische Merkmal liegt in dem völligen Mangel der Bauch- flossen, alle übrigen Flossen sind klein, schwach, blos weichstrahlig, keine zweite Rückenflosse, sechs Bärteln und starke Bürstenzähne nur im Zwischen - und Unterkiefer. Körper nackt. Das schön erhaltene Spiritus- exemplar misst zehn Zoll Länge und hat entschiedenen Welshabitus, einen zumal im breit und stumpf gerundeten Schnauzentheile stark deprimirien Kopf und gleich hinter den Brustflossen comprimirten Körper und die nur hanfkorngrossen Augen liegen in der Mitte der Kopfeslänge. Zwei gleich lange Bärteln stehen in jedem Mundwinkel, ein anderer etwas kürzerer an jedem Nasenloch, alle sind in der Wurzelhälfte platt bandförmig, iu der Endhälfte fadendünn. Die Zähne sind starke Bürstenzähne. Der Vorder- deckel und Deckel sind mit kleinen harten Stacheln besetzt und darauf bezieht sich der Gattungsname, während der ganze Kopf und Körper nackthäutig ist. Fünf Kiemenhautstrahlen. Die kleinen, gefleckten und dunkel gerandeten Brustflossen werden von 8 Strahlen gespannt, die Bauchflossen fehlen, die wie der Körper marmorirte, über dem After ge- legene Rückenflosse hat 10, die Afterflosse 8 und die Schwanzflosse 14 Strahlen. Keine Fettflosse. Alle Flossen sind stumpf gerundet. Der ganze Körper ist schwärzlichbraun mit grober weisslicher und bläulichweisser Marmorirung, die auf dem Kopfe viel feiner und ausgebildet ist, während auf dem Körper die unregelmässigen hellen Flecken weniger zusammen- fliessen. Herr Dr. Taschenberg gedenkt einiger eigenthümlicher Gebilde, welche im unmittelbaren Zusammenhange mit der Entwicklung der ver- schiedenen Insekten stehen. Sie alle sind als Schutzmittel zu betrachten und bestehen entweder aus Gespinnsten, welche gewisse Larven (Raupen, Afterraupen) bei ihrer Verpuppung um sich legen oder in den verschie- denartigsten Wohnungen, Nestern, welche die Weibchen für ihre Brut herrichten. Von ersterer Art wurde als normale, meist immer wiederkeh- rende Form das Cocon der gemeinen Seidenraupe (Bombyx mori) vorge- legt und das Cocon von Saturnia Mylitta aus Java. Dasselbe ist an sei- nem Kopfende mit einem langen Stiele versehen, welchen die Raupe um ein Aestchen legt und bedeutend fester webt, als das eigentliche Cocon, Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1971. 7 98 das durch diesen Stiel mehr oder weniger wagerecht aufgehängt wird. Zu den zweiten, weit manichfacher sich gestaltenden Gebilden gehören beispielsweise alle Gallen, alle Wespennester, von denen eines der Vespa holsatica vorgelegt wurde. und ein höchst eigenthümlicher Bau, von dem der Vortragende 2 Exemplare aus Java vorzeigte, die er für die Nester irgend welcher Sphegopoden glaubte ansprechen zu müssen. Das Gebilde besteht aus einer längern oder kürzeren, in der Mitte etwas bauchig er- weiterten Röhre, die vorn und hinten offen, aus einem erhärteten Stoffe angefertigt und an dem hintern Ende durch eine bandartige Erweiterung um einen Zweig gelegt ist; auch am Spitzenende erweitert sich das Rohr in einer Biegung über die Oeffnung hinaus, um den wahrscheinlichen Aus- gang des entwickelten Insekts zu schützen. Das Ganze ist an dem Zweige so befestigt, dass es unter einem rechten Winkel von ihm absteht und dass die Endöffnungen, sich einander genau entsprechend, auf eine Seite zu liegen kommen. Die Oberfläche des grössern Exemplars ist lichtgrau und glänzend, die des kleineren, dessen Spitzenöffnung wahrscheinlich in Folge einer noch darin befindlichen Larve verstopft ist, hat eine matte, mehr braune Oberfläche, aus welcher einige* kleine Hufpilze hervorgewach- sen sind. Herr Prof. Giebel giebt schliesslich Mittheilungen über die fossilen Säugethiere und Vögel von Steinheim nach Fraas’ eben erschienener Mo- nographie. In diesem höchst interessanten Tertiärbecken bei Steinheim kommen 27 Säugethiere vor, darunter eiu Schlankafle, eine Spitzmaus, das bärenartige Amphicyon und Ottern, mehre Nagethiere, das miocäne Mastodon, 4 Nashörner, alle mit Schneidezähnen, ein Tapir und mehre schweinsartige Diekhäuter, endlich die Hirscharten. Die Vögelreste sind in einer förmlichen Breecie angehäuft, wie sonst nirgends und gehören nur Spinnen und Sumpfvögeln an. Sicher bestimmt wurden 3 Entenarten, ein Pelekan, Ibis, Reiher und 2 Arten einer untergegangenen Grallatorengat- tung. Ausserdem lieferte Steinheim 2 Landschildkröten, häufige Ueber- reste von Chelydra, einen Frosch und zwei Schlangen. Die sehr zahlrei- chen Fische sind Karpfen, Barben, Schleien und Weissfische. Sitzung am 25. Januar. Eingegangene Schriften : 1. 2. Verslagen en Mededeelingen der koninkl. Akademie van Wetenschap- pen XI. Amsterdam 1869 1. u. Il. Reihe IV. 1867. Amsterdam 1869 8°, 3. Jaarboek van de koninkl. Akademie van Wetenschappen Amsterdam 1869. 8°, 4. Processen- Verbal van de Gewone vergaderinger der kon. Akademie vam Wetenschappen Amsterd. 1870 8°. Der Vorsitzende meldet den Tod des Vereinsmilgliedes Major a. D. Bennigsen-Förder in Berlin. Herr Prof. Giebel berichtigt einen Irrthum in Hugo Magnus’ Un- tersuchungen über den Bau des knöchern Vogelkopfes in der Zeitschr. f. wiss, Zool. 1870 XXI, in welchem nämlich S. 100 sogenannte Ossicula 99 accessoria am Ünterkiefergelenk als bis jetzt noch nicht be- kannt beschrieben werden. Allerdings sind dieselben in den gewöhnli- chen anatomischen Lehrbüchern und selbst in Selenkas Bearbeitung von Bronns Klassen und Ordnungen nicht erwähnt, wohl aber schon in des Redners populärer Naturgeschichte des Thierreiches (Leipzig 1860) ll. S. 13, in welchem Buche noch gar manche anatomische und biolo- gische Beobachtung sonst von ÖOrnithologen unbeachtet zu finden sein sein dürfte. Diese Knochen sind von Nitzsch Metagnathia genannt wor- den, und hätte sich Herr Magnus über deren Vorkommen und systema- tische Bedeutung hinlänglich unterrichten können, wenn er Nitzsch’s gründ- liche Charakteristik der Singvögel in unserer Zeitschrift 1862 XIX S. 389 und des Redners specielle Mittheilung über einige Nebenknochen am Vo- gelskelet ebda 1866 XXVII S. 30 gelesen hätte, wo das Vorkommen dieser Knochen viel vollständiger angegeben als es Magnus beobachtet hat. Jene Abhandlung von Nitzsch über die Singvögel gehört zu den gründ- lichsten, welche die systematische Ornithologie aufzuweisen hat, bleibt leider aber von den Ornitholegen unbeachtet, jaBrehm nennt in seinem Illustrirten Thierleben dergleichen gründliche Untersuchungen eine schul- meisterliche Behandlung der Natur! Hrn. Magnus nun machen wir in Rücksicht auf die schon mehrfach publieirte Anwesenheit der Metagnathia auf die Mahnung L,. v. Buchs aufmerksam: wozu werden wissenschaftl. Arbeiteu gedruckt, doch nur um gelesen zu werden! Herr Prof. Giebel berichtet ferner H. Weijenbergh’s Beobach- tungen über die Parthenogenesis bei Liparis dispar. Derselbe hatte die Larven aus 50) Eiern im Frühjahr 1866 gezogen, und 60 weibliche dar- unter streng abgesperrt, dieselben sich verpnppen lassen und von den reifen Weibchen, die nicht befruchtet waren, wieder Eier erhalten nur sehr viel weniger als befruchtete Weibehen ablegen. Diese Eier lieferten im folgenden Jahre wiederum Raupen, aus denen er 14 weibliche und 13 männliche Schmetterlinge zog. Auch von erstern, die abermals streng von den Männchen abgeschlossen wurden, zog er eine dritte Generation von Raupen, die ihre Metamorphose normal vollendeten, aber die Eier von ihren reifen Weibchen lieferten im folgenden Frühjahr keine Raupen, sondern vertrockneten. Ausser diesen zuverlässigen Beobachtungen ‚liegen über die Parthenogenesis von Schmetterlingen andere vor und zwar von Treviranus bei Sphinx ligustri, von Nordmann, Brown, Newrham und Kipp bei Smerinthus populi, von Johnston bei Smerinthus ocellatus, von Brown, Robinson u. A. bei Euprepia caja, von Stowell bei Euprepia villiea, von Curtis und de Filippi bei Saturnia polyphemus, von Scopoli, Suckow und Lacordaire bei Gastropacha pini, von Basler bei Gastropacha quereifolia, von Burmeister bei Gastropacha potatoria, von Plieninger bei Gastropacha Quereus, von Carlier und Tardy bei Liparis dispar, von Po- poff bei Liparis ochropoda, von Werneburg bei Urgyia pudibunda, von Rossi bei Psyche apiformis und von v. Siebold von Bombyx mori. Herr Geh. Rath Credner sprach über die allmälige Vervollkomm- nung der geognostischen Karten, hob hervor, dass namentlich auch die k. preussische Regierung sich der Angelegenheit in anerkennungswerther I 100 2) Weise angenommen habe und legte einige Blätter der vorzüglich ausge- führten geognostischen Karte Oberschlesiens von Römer vor. Unter An- leitung derselben besprach Vortragender ausführlicher die geologischen Verhältnisse von Oberschlesien. Der Karte ist zur Erläuterung ein beson- derer Band beigegeben, der einen schön ausgeführten paläontologischen Atlas von Prof. Dr. Römer und in einem zweiten Theile durch vorzüglich durchgeführte Profile erläuterte Beschreibungen von den Lagerstätten der nutzbaren Mineralien enthält, und von Oberbergrath Dr. Runge abgefasst ist. Von letzteren Mineralien werden die Steinkohlen, Eisenerze, Zinkerze und Bleierze näher besprochen und einige interessante statische Notizen über den Bergbau auf dieselben mitgetheilt, aus welchen sich ergiebt, dass im Jahre 1868 gewonnen wurden: Steinkohlen 106,141,505 Ctr. gegen er. 3,0 0,000 Ctr. im Jahre 1816 Eisenerz 8,897,731 „ „ er. 650,000 ,„ = ;; Galmei 5,807.249 „ sn zer) 1696107, „ „ Bleierz 220,955 FL) PL) cr. 3,000 PL) PL) ” Bei Betrachtung des paläontologischen Atlases bemerkte Herr Prof. Gie- bel, dass die von Römer als Camerospongia abgebildeten Kreide- schwämme in derselben Art bereits von ihm aus der subhereynischen Kreide im Jahresbericht des Naturwiss. Vereins in Halle 1851. III. 52. Tb. 2 als Ptychotrochus beschrieben und abgebildet worden seien, auf welche Arbeit leider weder Fromentel bei Aufstellung seiner neuen Gat- tung, noch spätere Untersuchungen der Kreideschwämme Rücksicht ge- nommen haben. Schliesslich legte Herr Wahlstab monströse Bildungen von Zea Mais vor, welche seiner Meinung nach durch feuchte Sommer vorzugs- weise begünstigt werden. Die normal getrennten Blühtenstände zeigen sich hier verschiedenartig vereinigt: zwischen Früchten stehen einzelne männ- liche Blühten, besonders interessant war aber die Spitze eines Maissten- gels, wo zwischen den Staubfäden einzelne Fruchtreihen zur Entwickelung gelangt sind. Gebauer - Schwetschke’sche Buchdruckerei in Halle. Ueber das Leben in der todten Natur. Eine Skizze auf dem Gebiete der dynamischen Geologie Prof. Dr. Hermann Credner in Leipzig. Die Geologie fasst die Erde als ein Individuum im Wel- tenreiche auf und hat sich die Ergründung deren Entwicklungs- geschichte zur Hauptaufgabe gesetzt. Das organische Einzel- wesen, das Thier, die Pflanze, ist der Mensch gewöhnt, eine Reihe von Veränderungen durchlaufen zu sehen, ehe sie den Zustand ihrer grösstmöglichen Vollkommenheit erreichen, — das kosmische Individuum aber, den Erdball ist er nur zu sehr geneigt als etwas Todtes und seine Oberfläche als eine starre, unbewegliche Maske zu betrachten. Und doch ist die augen- blickliche Erscheinungsweise unseres Planeten nichts als eine momentane Gruppirung des ruhelos wandernden Stoffes, welche nur scheinbar eine gewisse Stabilität bewahrt, nichts als ein Stadium in dem Umgestaltungsprocesse der Erde, ebenso ver- gänglich wie die bereits durchlaufenen. Die Gliederung der Erdoberfläche in Land und Meer, in Berg und Thal, in Gebirge und Ebene ist das Resultat manich- facher, strenggesetzlicher Einwirkungen, welche sich einerseits auf eine empordrängende, hebende, — anderseits auf eine in der Richtung nach der Tiefe thätige, der ersten entgegenar- beitende Kraft zurückführen lassen. Die einzelnen Phasen des Kampfes zwischen diesen beiden geologischen Agentien finden ihren Ausdruck in der jeweiligen Gestaltung des Erdballes und davon abhängig in dem Gesammtcharakter der organischen Welt auf seiner Oberfläche. Die Möglichkeit, dass die Erde durch Abplattung an den Polen ihre heutige Gestall annahm, war durch ihren anfäng- lich Nüssigen Zustand bedingt. Dafür, dass dieser ein gluth- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. YAXVll, 1871. 8 102 flüssiger war, sprechen zahlreiche geologische Erscheinungen, sowie Analogien mit dem grössten Gestirne unseres Planeten- systemes, der Sonne, welche sich noch jetzt in dem Stadium der Gluthflüssigkeit befindet. Wie jeder wärmere Körper in seine kältere Umgebung, so strahlte die Erde Wärme in den Weltenraum aus, kühlte sich an ihrer Oberfläche ab und be- deckte sich wie Wasser mit Eis mit einer Estarrungskruste, deren Dicke im Laufe der Zeiträume auf Kosten des gluth- flüssigen Inneren zunahm, — ohne dass jedoch dieser Process der Abkühlung und des Festwerdens bereits bis zum Centrum der Erde vorgeschritten ist, — vielmehr herrscht dort noch der ursprüngliche Zustand der Gluthflüssigkeit. Nur durch einen centralen, unversiechlichen Wärmequell lässt sich die Thatsache erklären, dass die Temperatur des Erdinnern in demselben Verhältnisse zunimmt, in welchem wir von der Erdoberfläche aus in die Tiefe hinabsteigen. Jene Laven z. Th. so dünnflüssig, dass sie ihren Weg von dem Krater nach dem Fusse der Vulcane in plätschernden Cascaden zurücklegen, La- ven, welche sich ebenso auf den Inseln des indischen, wie des griechischen Archipels, sowohl in den Polarzonen, wie unter dem Aequator deın Schoose der Erde entringen: sie sind die Sendboten eines ınter der Erdkruste verborgenen gluth- flüssigen Kernes. Das passive Verhalten dieses Erdinnern gegen seine starre Hülle ist nur ein scheinbares, vielmehr sind seine Kraftäusse- rungen zahlreich, manchfach und z. Th. erschrecklich. Man pllegt sie unter dem Namen der vuleanischen Erschei- nungen zusammenzufassen und ihre gemeinschaftliche Ursaclıe als Vulcanismus zu bezeichnen. In grossartigster Weise offenbart sich dieser in der fort- währenden Auf- und Abbewegung, welcher grössere Theile der Erdkruste in der Weise unterworfen sind, dass sich die einen im Zustande unmerklicher Hebung befinden, die anderen in langsamer Senkung begriffen sind. In Folge der Allgemeinheit dieser sog. saecularen Schwankungen, — aus Mangel an einem an der Bewewegung des Festlandes unbetheiligten Beobach- tungspunkte, gehen die stetigen Oecillationen an dem Bewoh- ner des Binnenlandes unvermerkt vorüber und würden über- haupt schwer nachweisbar sein, wenn nicht der Meeresspiegel 105 ein unveränderliches Niveau einnähme, an welchen sich die Hebungen und Senkungen der Continente wahrnehmbar machen und messen lassen. Felsriffe, welche früher vom Wasser be- deckt waren, tauchen empor, Küstenstriche wachsen an Breite in der Richtung nach dem Meere zu, einstige Hafenplätze werden landeinwärts geschoben, flache Meeresarme vollständig unfahrbar gemacht, Korallen- und Austerbänke trocken gelegt. Andere Ufer und mit ihnen Hochwälder und menschliche Bau- ten senken sich allmählich unter den Spiegel des benachbarten Oceanes bis sich die Waser über ihnen schliessen. Solche Hebungen und Senkungen äussern sich der Natur der Sache nach durch Umgestaltung der Küstenlinien, ebenso wie dies bei Ebbe und Fluth der Fall ist, am auffälligsten an flachen Ufern und würden an steilen, felsigen Gestaden spurlos vorübergehen, wenn nicht das Meer selbst darauf be- dacht wäre, unverkennbare Merkzeichen überall da zurück zu lassen, wo es einst gegen die Ufer gebrandet hat. Durch den Anprall der Wogen hat es die Felswände unterwaschen und die Klippen glatt geleckt, es hat Haufwerke von runden Kie- seln aufgethürmt und Muschel - und Corallenbruchstücke, sowie Seelange zusammengeschwemmt, kurz sich jene eigenthümli- chen Strandbildungen bereitet, welche den Ocean wie ein Saum umgürten. Hebt sich der Continent, so entzieht er die Strand- linien dem Bereiche des Meeres, rückt sie landeinwärts und versetzt sie in die Höhe von Hunderten von Fussen. Unter- dessen wirft das Meer neue Strandbildungen auf, um dieselben eine nach der anderen einem gleichen Schicksale anheimfallen zu sehen. Als anscheinend horizontale Terrassen umsäumen sie dann die Abhänge der steilen Meeresküsten, — Gegenstände des Staunens für den Wanderer, welcher hoch über dem Oceane auf weitausgedehnte Haufwerke von noch unverwitterten Mu- schelschaalen stösst, deren mariner Ursprung ihm nicht ent- sehen kann und deren jetzige Lage oberhalb des Meeresspie- sels bei der fast vollkommenen Unveränderlichkeit dieses letzteren, einen sicheren Massstab abgiebt um wie viel sich die Küste in jüngster Zeit gehoben hat. In manchen Theilen von Chili und Peru wiederholen sich solche alte Uferbildungen 4, 5 ja 6 oder Tmal übereinander, erstrecken sich an einzel- uen Stellen 7 Meilen weit in das Festland und erreichen z.B. S*+ 104 bei Valparaiso 1,300 F. Höhe über dem heutigen Meeres- niveau. In Europa hat man ganz ähnliche Erscheinungen in Sieilien, Grossbritannien und ver Allen in Skandinavien nach- gewiesen. In früheren geologischen Perioden, wo die Erdkruste ihre heutige Dicke und deshalb grössere Widerstandsfähigkeit noch nicht erreicht hatte, waren die Hebungen und Senkungen, denen ihre einzelnen Theile unterworfen waren, weit gross- arliger und lösten sich gegenseitig in häufigerem Wechsel ab als heutzutage. Die Oberfläche sämmtlicher Continente bildete in längst dahingeschwundenen Zeiträumen einen Theil des Meeresgrundes und ist erst allmählig emporgestiegen, oft um nach kurzem wieder zu versinken und später von Neuem her- vorzutauchen. Wenig vor dem Auftreten des Menschen war der grösste Theil der nördlichen Halbkugel von einem nordi- schen Oceane überfluthet, welcher durch Hebung und damit verbundenes Wachsthum des flachen Festlandes nach und nach in seine jetzigen Grenzen zurückgedrängt wurde. In den wei- ten Sandflächen der norddeutschen Ebene, den auf ihnen zer- streut liegenden, weither transportirten Felsblöcken und den ‚weın auch seltenen Resten seiner einstigen Bewohner hat jenes Meer unverkennbare Spuren seiner früheren Herrschaft zurückgelassen. In den Gesteinsbildungen noch älterer geologischer Zeit- räume mehren sich die Anzeigen einer früheren allgemeinen Wasserbedeckung. Ganze Gebirgszüge sind grossentheils aus den Resten von Meeresbewohnern zusammengesetzt, weite Pla- teaus und Hochebenen im Inneren der Continente bestehen aus uralten, jetzt in. Stein umgewandelten Korallenbauten, so- wie Muschel- und Crinoideenbänken. Auch die Geröllanhäufun- gen an der einstigen Fluthgrenze, heute zu Conglomeraten verkettet, fehlen nicht in Mitten des Festlandes. Grade die höchsten Gebirge der Erde waren vor verhältnissmässig kur- zer Zeit noch Meeresboden und ihre von Gletschern bedeckten Felsgipfel noch schlammiger mit den Thieren des Meeres ge- mengter Bodensatz. Erst durch langandauernde Hebungen ward der einstige oceanische Grund zum Festlande und zum Hoch- gebirge. Diese Niveauveränderungen gingen aber nicht gleich- mässig und constant, sondern mit Unterbrechungen durch Still- 105 stände, ja durch neu eintretende Senkungen vor sich. An zahlreichen Erscheinungen lässt sich der Process des Oscilli- rens der alten Continente verfolgen. An keinem Punkte der Erde ist die Reihe der unter Mithülfe des Meeres, also durch Niederschläge aus demselben entstandenen geschichteten For- mationen eine vollständige; überall fehlen einzelne wichtige Glieder derselben, an den meisten Stellen sogar deren Mehr- zahl, an vielen sind nur zwei oder drei Schichtensysteme und noch dazu nur theilweise zur Ablagerung gekommen; oft la- gert die jüngste direkt auf der ältesten Formation auf, wäh- rend alle Zwischenglieder fehlen. Solche Lücken in den Schich- tenreihen entsprechen periodischen Emersionen grösserer oder kleinerer Theile des damaligen Meeresgrundes über den Was- serspiegel, in Folge deren zwar rings um den gehobenen Land- strich continuirliche Niederschläge erfolgten, auf ihm selbsi jedoch nicht stattfinden konnten. Ueberlagerungen dieses ein- stigen Festlandes durch jüngere Schichtenreihen beweisen späteres Zurücksinken des zeitweilig in’s Trockene gehobenen Meeresgrundes in sein früheres Niveau und endlich seine jetzige Lage oberhalb des Wasserspiegels eine neue Hebung. Andere zahlreiche und untrügliche Merkzeichen stetiger, wenn auch langsamer Niveauveränderungen der Erdoberfläche während verflossener geologischer Perioden treten uns in der Wechsellagerung rein mariner Schichtenreihen mit Land-, Sumpf- und Süsswasserbildungen entgegen. Sandsteine mit Resten von Landpflanzen und Flötzen von Steinkohle, welche aus der Ver- wesung von Farren, Calamiten und Sigillarien oder von Coni- feren, Cycadeen und Equisetaceen hervorgegangen sind, Schich- ten, auf welchen sich noch die Fussabdrücke der Thiere erhalten haben, die am Meeresstrande ihre Nahrung suchten, Schichten, auf denen man noch die Wellenfurchen der Ufer uralter Oceane, die Eindrücke vorweltlicher Regentropfen erkennt, sie werden überlagert von mächtigen Formationen, deren Reichthum an Resten von Bewohnern der Tiefsee auf einen oceanischen Ursprung derselben, also auf bedeutende und wiederholte Senkungen des vormaligen Festlandes und auf eine spätere neue Hebung desselben in sein jetziges Niveau schliessen lassen. Mit diesen z. Th. sehr ausgedehnten Hebungen und Sen- 106 kungen, mit dieser sich fortwährend geltend machenden Um- gestalung der Conturen der Erdoberfläche gingen stete Verän- derungen der Localfauna und Flora, das Verdrängtwerden der älteren und die Einwanderung einer benachbarten Hand in Hand. Bei eintretenden Senkungen stellten sich statt der bisherigen continentalen Thier- und Pflanzenwelt zuerst die Bewohner der Sümpfe ein; vor dem hereindringenden Meere verschwanden auch diese, die Organismen des Brakwassers, dann die der seichten See und noch später die des offenen Oceanes wan- derten ein. Bei Hebungen der von Wasser bedeckten Land- striche zu Festland fand die umgekehrte Reihenfolge in dem Wechsel des organischen Lebens statt. Der Thier- und Pilan- zencharakter ein und derselben Stelle der Erdoberfläche war demnach, ganz abgesehen von den Veränderungen des organi- schen Gesammthabitus der Erde durch seine mit der Zeit fort- schreitende Umgestaltung, fortdauernden und durchgreifenden Wandelungen und gegenseitigen Ablösungen unterworfen. Es ist nach Alledem jene im Inneren unseres Planeten verborgene vulcanische Kraft, welcher die Erde die Scheidung von Land und Wasser und dadurch ihr höchst organisirter Be- wohner, der Mensch, die Möglichkeit seiner Existenz verdankt, — es ist der Vulcanismus, welcher die Einförmigkeit der ur- sprünglich fast vollkommenen ebenen Continente unterbrach, einzelne Theile zu Gebirgen empordrängte und die stagniren- den Wasser zwang, sich Wege nach dem Meere zu bahnen, welche zu Adern des Verkehrs, ja zu Bedingungen menschli- cher Civilisation werden sollten, — es sind endlich die Niveau- veränderungen vulcanischen Ursprunges, welche ganze Faunen und Floren zum Wandern zwangen und deshalb den grössten Einfluss auf die Verbreitung der Organismen ausgeübt haben. Nicht immer gehen die Hebungen einzelner Theile der Erdkruste so ruhig und gleichmässig und deshalb so unmerk- lich vor sich: sehr häufig sind sie vielmehr mit den ruckweisen Erschütterungen, mit Erdstössen verknüpft. Nicht als ob dies ausnahmsweise Paroxysmen der vulcanischen Einwirkungen auf die Erdkruste wären, sind es vielmehr Erscheinungen, welche sich zweifelsohne fortwährend an irgend einem Punkte der Erde, bald hier bald dort geltend machen, fast täglich beob- achtet werden und auch Deutschland nicht fremd sind. Glück- 107 licherweise aber nur selten steigern sie sich zu den furcht- barsten der irdischen Schrecknisse, den Erdbeben. Der Mensch wiegt sich in falscher Sicherheit, wenn er den Boden auf dem er wandelt Erdveste nennt. In enger ursachlicher Beziehung zu den Erderschütterun- gen stehen die Ausbrüche gluthflüssiger Gesteinsmassen aus der Tiefe, — die vulcanischen Eruptionen. Auf den Spalten, welche die Erdkruste durchziehen und die Oberfläche unseres Planeten mit dessen Innerem in Verbindung setzen, sucht sich das Material des flüssigen Kernes unter dem Drucke der sich abkühlenden Hülle einen Ausweg. In besonders ge- eigneten Stellen steigt es zu Tage und breitet sich als Lava in Strömen und Decken auf dem gewonnenen Untergrunde aus, oder staut sich zu glockenförmigen Bergkegeln über seinem Austrittspunkte an. Jedoch nur im seltenen Fällen ist die Eruption eine so ruhige und ungehinderte, meist ist der Wi- derstand eines Elementies zu überwinden, welches in stetem und z. Th. erfolgreichen Kampfe mit dem Vulcanismus liegt, der Widerstand des Wassers. Auf ihrem Wege aus der Tiefe in die Höhe erreicht die Lava Regionen, welche das Wasser bereits als Schauplatz seiner Thätigkeit in Anspruch genommen hat, wo es in tausend Adern und Hohlräumen circulirt und alle Gesteinsporen erfüllt. Bei der Berührung mit der gluth- flüssigen Gesteinsmasse wird das Wasser plötzlich in Dampf umgesetzt, Explosion erfolgt auf Explosion, die Lava wird in Atome zerstäubt, zischend dringt der Dampf aus dem Krater und Wolken von vulcanischen Aschen und Sanden werden hoch in die Luft geschleudert. Unter dem Ringkampfe erzittert die Gegend, rollender Donner dringt aus den unterirdischen Re- gionen empor. Endlich ist der Widerstand des Wassers über- wunden, in Dampfform ist es entwichen und das benachbarte Erdreich vollständig eingetrocknet, da öffnet sich eine Spalte an der Seite des Vulcanes, hellleuchtend bricht die flüssige Lava hervor und stürzt sich, zuweilen mit der Schnelligkeit eines Sturmwindes die Bergabhäuge hinab in die Gefilde und nach den Wohnstätten der Menschen. Die Eruptionen von gluthflüssigem Gesteine aus dem Erd- inneren, wie sie der Jetztwelt angehören, sind unbedeutend im Vergleich mit denen längst vergangener geologischer Zeit- 108 räume, wo sich der geringen Dicke der Erdkruste wegen alle vulcanischen Kraftäusserungen in grossartigerem Massstabe be- thätigen konnten. Auch Deutschland und vor Allem Mittel- deutschland war früher wiederholt ein ausgedehnter Vulcanherd. In der Zeit, wo sich in unseren vaterländischen Gauen noch Wälder von Palmen und tropischen Coniferen ausdehnten, waren dieselben durchzogen von einer Vulcanenkette, welche heute ihres Gleichen nur in denen Südamerikas findet. Fast ununterbrochen, oft dicht aneinander gereiht, ziehen sich die jetzt erloschenen Vulcanenkegel und Kratere von der Eifel aus über den Rhein, durch den Westerwald und Hessen, durch den Thüringerwald und das Erzgebirge, durch Böhmen und die Lausitz bis nach Schlesien hinein. Die kesselförmigen Kratere und die gewaltigen Lavaströme der Laacher Gegend, das vulcanische Hochplateau des Vogelsberges, die zahlreichen Basaltkegel Hessens, die elegant glockenförmigen Dome des Mittelgebirges in Böhmen sind solche vulcanische Denkmäler aus der geologischen Vergangenheit Deutschlands. Versetzen wir uns weiter in diese zurück und zwar in jene Perioden, wo die flachen, sumpfigen Landstriche z. B. auch Deutschlands von riesengrossen Farrenbäumen überwu- chert waren, wo 30 bis 40 F. hohe Schachtelhalme dichte Dschungeln bildeten, und wenden wir uns endlich nach jener noch älteren Periode zurück, wo fast noch das ganze Erden- rund vom Meere bedeckt ist, über welches sich nur einzelne, nackte und öde Felsriffe, — die Kerne der späteren Conti- nente, — erheben, während der Ocean selbst von abenteuer- lich gestalteten Thierformen belebt ist. In jenen ältesten Zeiten waren enorine Ergüsse gluthflüssiger Gesteinsmassen gewöhn- liche Erscheinungen. Eruptionen von Diabasen spielten wäh- rend der silurischen und devonischen Perioden in dem heuti- gen Voigtlande, im Harze und in Nassau eine wichtige Rolle, ähnlich. wie in späteren Zeiträumen die Porphyre und Mela- phyre im Thüringerwalde, den Sudeten und dem jetzigen Sachsen. In der That der Einfluss des Vulcanismus auf die Gestal- tung der Erdoberfläche und dadurch auf die Organisation der Erdbewohner ist kaum zu überschätzen. Und doch ging man begeistert für das gewaltige geologische Agens auch hierin 109 zu weit. In der geheimnissvollen Thätigkeit der unterirdischen Kräfte glaubte man die alleinige Ursache des äusseren Habitus der Erde erkannt zu haben, schrieb die Manichfaltigkeit in den Umrissen der Continente, der Inselreihen, welche diese letz- teren umgürten, die Gliederung der Gebirge in Thäler und Höhen vulcanischen Paroxysmen zu und malte sich Revolutionen aus, welche die Erde in ihren Grundvesten erschüttert und umgestaltet hätten. In der Vorliebe für das Wunderbare ci- tirte man überall das Gespenst des Vulcanismus, indem man es verschmähte an der Hand nüchterner Beobachtungen eine den natürlichen Vorgängen entsprechende Lösung der geolo- gischen Räthsel zu finden. Man glaubte aus grossartigen Wir- kungen auf grossartige Kraftäusserungen schliessen zu müssen und war endlich überrascht in dem Alles durchdringenden Wassertropfen das Element zu erblicken, dessen stille aber nimmer stillstehende Thätigkeit die Hauptursache der heutigen Oberflächengestaltung der Erde ist. An der einen Stelle zerstörend und fortführend, an der anderen absetzend und neubildend ist dem Wasser die Auf- gabe gestellt, dem Vulcanismus entgegenzuarbeiten, umnzureis- sen, was vulcanische Kraft aufgebaut, auszuebenen, was sie emporgedrängt hat. Das Endziel seiner Thätigkeit ist es, die ursprüngliche regelmässige von Berg und Thal nicht unter- brochene Gestalt der Erde wieder herzustellen. Der ganze Kreislauf des Wassers ist, abgesehen von sei- nen Pflichten gegen die organische Natur ein geologisches Werkzeug, dessen einschneidende Wirkung auf seinem Streben beruht, von der Höhe nach der Tiefe zu gelangen. Als Regen- tropfen auf den Schauplatz seiner irdischen Thätigkeit gefallen, beginnt es sogleich mit Ueberwindung aller Hindernisse einen Weg nach dem tiefsten Punkte der Erdoberfläche, dem Marke zu bahnen. Der Grösse und Schwierigkeit der Aufgabe des Wassers entspricht die Vielfältigkeit der Mittel, welche ihm zur Erfüllung derselben zu Gebote gestellt sind. Reicht seine mechanische Kraft zur Zertrümmerung und zur Transporti- rung der Gesteinsmassen, welche sich ihm in den Weg stellen, nicht aus, dann kommt ihm seine Fähigkeit zu Hülfe, gewisse Bestandtheile der Gesteine chemisch aufzulösen und auszu- laugen und dadurch den Fels in seinem innersten Gefüge zu 110 lockern und sind beide vereint zu schwach zur Bewältigung der Hindernisse, so gesellt sich ihnen der Frost zu. Dann nimmt das Wasser seine feste Forn an und dehnt sich bei dieser Gestaltsveränderung mit so unwiderstehlicher Gewalt aus, dass es in Felsspalten eingeschlossen, die Gesteine zer- trümmert, — ein Vorgang welcher sich im Hochgebirge all- nächtlich, in tlacheren und wärmeren Gegenden nur während jedes Frühjahres und Herbstes wiederholt, bis die Trümmer genügend klein sind, um vom Wasser fortgeschoben zu wer- den. Auf diese Weise werden Felspartieen den Gebirgsbä- ehen zur Beute, welche hoch über dessen Bett erhaben, sei- ner direkten Einwirkung entzogen sind, aber durch die zer- sprengende Kraft des in ihren Spalten gefrierenden Wassers losgelöst werden, in die Tiefe stürzen und hier dem Schick- sale der Zerstörung anheimfallen. Der Weg, welchen das Wasser einschlägt, um aus den Bergen in die Ebene und von da zum Meere zu gelangen, ist ein doppelter. Ein Theil sucht sich unterirdische Bahnen, ein anderer folgt der Oberfläche des Bodens. Aus der Hebung eines Landstriches zu einem Gebirge ging nicht unmittelbar das hervor, was heut’ als abwechslungsreiches Ganze vor uns liegt, — der Vulcanismus lieferte vielmehr nur eine rohe, ordnungslos von Spalten durchsetzte Gesteinsmasse, diese in ein gegliedertes Gebirgssystem umzugestalten, liegt dem Wasser ob. Der erste Regenguss leitete die Arbeit ein, die gefallenen Tropfen streben nach der nächst gelegenen Bo- deneinsenkung zarte Rillen hinter sich zurücklassend, zum Rieselbach vereint schneiden sie sich Wasserrisse in das Ge. stein, als Gebirgsbach stürzen sich die gesammelten Gewässer in vorhandene Spalten, entfalten hier die ganze Kraft ihrer Fallthätigkeit und wühlen sich tiefe Schluchten in die Felsen. Die Bäche vereinen sich zum Bergstrom, welcher die Schlucht zum Gebirgsthal erweitert, die Bergströme zu Flüssen, deren Bett sich zum Thale ausdehnt, aus welchem sie in die Niede- rung treten, um durch diese, indem sie andere Gewässer in sich aufnehmen, dem Meere als Strom zuzufliessen, ein kunst- reiches System von Wassercanälen, dessen zarteste Aeste sich im Hochgebirge verzweigen, um jeden Wassertropfen aufzu- 111 fangen, nutzbar zu machen und dem Meere zuzuführen. In dem ursprünglichen Gebirgsabfall schneiden sich die Wasser ein solches System neben dem anderen ein ; Schluchten und Thä- ler unterbrechen jetzt in manichfachster Gestaltung die früher gleichförmig ausgedehnten Abhänge, als deren Ueberbleibsel nur noch die Bergrücken und Felsgrate stehen geblieben sind, welche die einzelnen Thäler trennen. Ihre oberen Begrenzungs- linien deuten das vordem allgemein unterbrochene Niveau des Bergabfalles an. Ein imposantes Schauspiel der auswaschenden und ımo- dellirenden Thätigkeit der fliessenden Gewässer liefert die sächsische Schweiz. Dieses Labyrinth von grottesken Fels- massen war ursprünglich eine monotone Ebene von horizontal liegenden Sandsteinen und dehnte sich im Niveau des Königs- steines und des Liliensteines gleichförmig aus. Auf diesem Plateau strömte die Elbe damals noch der Abfluss eines böh- mischen Seebeckens und stürzte sich bei Pirna über den stei- len Rand des Sandstein - Territoriums, welches sich dort aus dem Flachlande erhebt. Ihre Wogen unterwühlten das Gestein, es brach zusammen, der Wasserfall rückte stromaufwärts und zog sich”unaufhaltsam mehr und mehr in das Sandstein -Pla- teau hinein, bis es dieses ganz durchschnitten hatte, bis bei Tetschen der letzte Damm des böhmischen Elbsees in die Flu- then zusammenstürzte und der See selbst sich durch die tiefe Schlucht entleerte.e Das neue Bett der Elbe liegt über 800 F. tiefer als das ursprüngliche. Durch diese Niveauverände- rung erhielten auch die Nebenflüsse des Hauptstromes neue Gelegenheit zur Ausübung ihrer Fallthätigkeit, — ihre früher nur oberflächlichen Wasserläufe schnitten sich tief in den Sand- stein zu jenen Schluchten ein, welche sich heute in labyrin- thischem Gewirre zwischen den unberührt gebliebenen Fels- partien, den Ruinen eines zerstörten Landstriches, hindurch winden. — Ganz ähnliche Erscheinungen, nur in weit gross- artigerem Massstabe wiederholen sich in den noch wenig be- kannten Einöden von Arizona, dem nördlichen Nachbarstaate Mexikos. Dort haben sich der Coloradofluss und seine Neben- ströme ein System von bis zu 6000 F. tiefen und z. Th. fast vollkommen senkrechten Schluchten in das ebene, sich in ein- zelnen Terrassen stufenförmig erhebende Plateau von horizon- s 112 talen Kalksteinen, Sandstetnen, Schiefern und in die unter- halb dieser lagernden Granite eingeschnitten. Die Bildung der Thäler durch fliessende Gewässer ist nicht das Endziel ihrer Thätigkeit, sondern nur das Mittel zur Erreichung eines Zweckes. Es bedarf das Meer der ihm durch vuleanische Hebungen entzogenen Substanzen um neues Fest- land zu schaffen, und dem Bache, dem Flusse ist die Aufgabe zu Theil geworden, diese Gefahr und Neuversorgung zu be- werkstelligen. In der Erfüllung derselben spielen Thalbildun- gen eine doppelte Rolle, einerseits sind sie die Angriffspunkte, welche sich das Wasser zur Zerstörung der Gebirge gewählt hat, also die Lieferungsplätze des Gesteinsmateriales, ander- seits zugleich die Canäle, in welchem die gewonnenen Ge- steinstrümmer dem Festlande entführt und dein Meere zuge- führt werden. Jeder Regenguss, jeder Gewitterschauer kommt den Gebirgswassern zu Hülfe, indem er von den abschüssigen Bergabhängen Felsblöcke loslöst, und dem Bache zuführt, der sie entweder direkt oder nachdem sie der Frost in kleine Stücke gesprengt hat, mit sich fortschiebt. Durch gegensei- tige Reibung, runden sich die Fragmente ab und verlieren zugleich immer mehr an Grösse, bis sie am Fusse der Ge- birge angekommen zu Kies, Sand und z. Th. zu den feinen Schlammtheilchen zermalmt worden sind, welche die Trübung der Flüsse bewirken. Selbst an sehr sanften Thalgehängen sind die Regenwasser unablässig thätig, sandiges und erdiges Material zu rauben und den Strömen zuzuführen. In Folge der allgemeinen Verbreitung der Regen und der dadurch bedingten Bildung von fliessenden Wassern ist der grösste Theil der Erd- oberfläche in einer Bewegung nach dem Oceane begriffen, in welchem sich die eingeschwemmten Substanzen zu feinem Schlamme niederschlagen um allmählig zu Gestein zu erhärten und im Laufe der Zeiträume von Neuem über den Spiegel des Meeres z. Th. zu hohen Gebirgen gehoben zu werden. Das Material, aus welchem die Erdkruste aufgebaut ist, befindet sich somit in einem ununterbrochenen Kreislaufe, — einem Kreislaufe, den ihm die Bahn des Wassers vorsehreibt, welches im Meere angelangt, in Dunstform zum Gebirge zurückkehrt, um dort von Neuem eine Wanderung in die Tiefe anzutreten. Dabei steht ihm aber ausser dem Wege auf der Oberfläche 113 der Erde noch ein zweiter offen. Durch feine Spalten, durch Poren des Gesteins dringt es in das Innere der Gebirge, um an deren Fusse oder in der Ebene als Quelle wieder an das Tageslicht zu treten. Auch auf dieser seiner unterirdischen Bahn liegt das Wasser erfolgreich seiner Aufgabe der Zerstö- rung ob und versieht sich zu diesem Zwecke mit einer neuen Waffe, indem es begierig die Kohlensäure aufsaugt, welche z. Th. auf der Oberfläche der Erde aus der Verwesung der Pilanzen hervorgeht, z. Th. aus dem Inneren der Erde empor- steigt und welcher es auf seinem entgegengesetzten Wege be- gegnet. So ausgerüstet entfaltet das Wasser im Verborgenen eine so grossartige Thätigkeit, dass uns dafür jeder Massstab fehlt und verwandelt das Innere der starren Erdkruste in eine Werkstatt, aus welcher die wichtigsten geologische Erschei- nungen hervorgehen. Zuerst drängt es sich in die Poren der Gesteine, — selbst die dichteste Felsart kann ihm den Zutritt nicht wehren — und nun beginnt es den Process der Auflö- sung und Zersetzung, welchem im Laufe der Zeit fast alle Mi- neralsubstanzen verfallen. Die chemische Thätigkeit der kohlensäurehaltigen Wasser macht sich zuerst auf der Oberfläche der Gesteine in der Ver- witterung derselben geltend. Diese besteht in einer Zerset- zung der Gesteinsmasse, in Folge deren ein Theil der Bestand- theile der letzteren entführt wird. Mit diesem Substanzver- luste geht eine Auflockerung des Gesteins und schliesslich das Zerfallen derselben Hand in Hand. Von der Oberfläche aus dringen die Gewässer nicht nur in Spalten und Klüfte, sowie zwischen die Schichtungs- und Ablösungsflächen, sondern auch in die kleinsten Poren des Gesteins selbst ein und üben z. Th. bis zu bedeutender Tiefe ihre zersetzende und lockernde Thä- tigkeit aus. Neben allen den Felsarten, welche allein oder theilweise aus Kalkspath, Dolomitspath, Eisenspath, Gyps, Schwefelkies bestehen, sind es namentlich gewisse Feldspath- gesteine und unter diesen vorzugsweise die Orthoklasführen- den, welche der Zerstörung unterworfen sind. Die Umwand- lung, welcher diese Feldspäthe unterliegen, besteht wesentlich darin, dass die Alkalien und ein Theil der Kieselsäure entfernt oder ausgeschieden und dagegen Wasser aufgenommen wird. Die Alkalien bilden ınit der Kohlensäure, welche die Zer- 114 setzung der Silicatle bewirkt hat, alkalische Carbonate und werden von den Quellwassern weggeführt. Der Rückstand der Feldspathzersetzung ist der Kaolin, ein thoniges Mineral, wel. ches fortgespült und an einer anderen Stelle wieder abgesetzt wird, so dass noch die losen Quarzkörner und Glimmerblätt- chen des Feldspathgesteines zurückbleiben. Auch die Labra- dorgesteine zeichnen sich durch leichte Zersetzbarkeit ihres feldspathigen Gemengtheiles durch kohlensäurehaltige Wasser aus, wobei Kalkcarbonat gebildet wird. Aehnliches ist bei den Gesteinen der Fall, welche hauptsächlich aus Magnesia, oder Kalk -Magnesia-Silicaten, also aus Hornblende, Epidot, Chlorit u. s. w. zusammengesetzt sind, nur dass hier Kalk- Magnesia - Carbonate entstehen. Beladen mit fremdartigen Stoffen setzt das Wasser seinen Weg weiter fort, um frischen Kräften, nehmlich neu eindrin- senden Gewässern Platz zu machen, welche das begonnene Werk der Auflösung und Zersetzung aufnehmen. Vor der an- dauernden Thätigkeit der mikroskopisch kleinen Wassertröpf- chen verschwinden ausgedehnte Gesteinsmassen, an ihrer Stelle entsteben unterirdische Hohlräume, an deren Erweiterung die Wasser so lange arbeiten bis ihre Decke die auf ihnen ru- hende Last nicht mehr zu tragen vermag. Dann bricht die Höhle in sich zusammen, Stösse erschüttern die Erdoberfläche, der Boden wird von Spalten durchsetzt und beginnt sich un- ter erdbebenartigen Erscheinungen zu senken. Die Mineralwasser selbst sammeln sich in der Tiefe in Spalten und Hohlräumen an und brechen von diesen unterir- dischen Reservoirs aus als Quellen hervor. Dann ist ein Theil ihrer Aufgabe gelöst, sie haben dem Gebirge eine bedeutende Menge ihres Materiales entzogen und in ihrem Inneren ebenso zerstörend gewirkt, wie die Bäche und Ströme auf deren Ober- Näche. Ihre Arbeitsfähigkeit als chemisch thätiges Agens er. lischt, sobald sie mit atmosphärischer Luft in Berührung kommen; die entführten Substanzen scheiden sich dann aus und lagern sich am Fusse der Gebirge, tief unter ihrer ur- sprünglichen Heimath ab. Doch am Ziele ihrer Wanderung sind sie noch nicht angelangt. Die unterirdischen Wasser haben sie nur dem Schoose der Erde entführl, um sie der zerstö- renden Einwirkung von Seiten der lliessenden Tagewasser zu 115 überliefern. Binnen kurzem verfallen sie diesem Schicksale, begeben sich von Neuem auf die Wanderung und treten als Schlamm, Sand und Kies ihren Weg nach dem Meere an. Die Gebirgsquellen entledigen sich jedoch ihrer minera- lischen Last bei ihrem Austritte an die Tagesoberfläche nicht vollständig, eine geringe Meuge von fremdartiger Substanz und zwar namentlich von kohlensaurem Kalke bleibt vielmehr gelöst zurück und wird von ihnen dem gemeinsamen Ziele aller Gewässer zugeführt. Da dies in Tausenden von Strömen geschieht, so müsste der Ocean innerhalb kurzer Zeiträume zu einer gesättigten Solution von Kalkstein werden. Um dies zu verhüten hat die Natur Milliarden von Meeresarbeitern an- gestellt, deren Lebensaufgabe es ist, den kohlensauren Kalk, welcher aus dem Inneren der Continente, vielleicht aus den höchsten Berggipfeln stammt, nachdem er in gelöstem Zu- stande weite Strecken durchwandert, wieder dem Wasser zu entziehen, als feste Substanz auszuscheiden und als Material für Gesteinsbildungen aufzuspeichern. Diese im Haushalte der anorganischen Natur so wichtige Pflicht liegt namentlich den Mollusken, Echinodermen, Korallenthieren und Foraminiferen ob. Die Austerbänke der atlantischen Küste sind aus Kalk aufgebaut, welcher zum grossen Theile aus den Alpen stam- men mag, — die Korallenriffe des stillen Oceanes verdanken ihr Material den Gipfeln der Andes-Kettie; auf der anderen Seite sind diese Gebirge z. Th. wiederum nichts anderes als über den Meeresspiegel gehobene Bauten von Seethieren, — kurz diese wie jene repräsentiren nur Stadien in dem Kreis- laufe des Stoffes. Die Annahme, dass das Wasser nur in flüssigem Zustande eine Rolle in diesem Kreislaufe spiele, ist eine Täuschung. Derselbe Drang nach der Tiefe, welcher das Wasser zum wich- tigsten geologischen Werkzeuge gestaltet, wohnt auch dem Eise inne Die Gletscher sind Eisströme, welche in den Firnschneefeldern entspringen und wie Flüsse von See’n, so von diesen genährt werden. Das Gletschereis entsteht durch das Zusammenschmelzen des Firneises, dieses durch Abschmel- zung der Firnschneekrystalle zu runden losen oder durch Eis- cement verkitteten Körnern. Die Heimath des Firnschnee’s sind die höchsten Partien der Hochgebirge , sowie das Innere 116 des polaren Festlandes, wo er sich als Niederschlag der atmo- sphärischen Feuchtigkeit bildet. In geringeren Höhen und in polaren Gegenden in grösserer Nähe des Meeres geht er in Firneis und in noch tieferen Niveaus in Gletschereis über. Lang- sam aber beständig gleitet dieses letztere thalabwärts, bis die Schmelzlinie seinem Vordringen ein Ende macht. Die Glet- schermasse quillt durch die Engpässe der Thäler und breitet sich bei deren Erweiterung wieder aus, sie nimmt Neben- gletscher in sich auf, theilt sich in einzelne Arme und ver- eint diese wieder zu einem Strome, kurz hat alle Eigenthüm- lichkeiten der strömenden Gewässer. Bei der bedeutenden Mächtigkeit und dem enormen Drucke der Gletscher auf ihre Unterlage, kann ihre Fortbewegung nicht ohne Einfluss auf die Sohle und die Gehänge des Thales bleiben, welches ihnen als Bett dient. Derselbe äussert sich denn auch in grossartig- stem Maassstabe einerseits in der vollständigen Abrundung und Polirung des ursprünglich zackigen und scharfkantigen Fels- grundes, andrerseits in der Zermalmung der Gesteinsblöcke, welche zwischen die forigleitende Eismasse und ihre felsigen Ufer gerathen. Unter der ungeheuren Last wird ein Theil derselben zu Sand und Schlamm zerquetscht, und dann durch die Bäche, welche von den Gletschern genährt werden, hin- weggeführt, um mit diesen den Weg nach dem Meere anzu- treten. Der Vorschub, welchen das Eis der Aufgabe des Was- sers leistet, indem es Hand in Hand mit ihm das Gebirge ab- zutragen beflissen ist, offenbart sich am augenfälligsten in dem Transporte von Gesteinsmassen auf dem Rücken der Gletscher. Von den Felspartien, zwischen welchen sich diese hindurch drängen, stürzen z. Th. in Folge der Gesteinszerspaltung durch den Frost, z. Th. in Folge der zerstörenden Gewalt der Lawi- nen grössere oder kleinere Trümmer auf die Ränder der Glet- scheroberfläche, wo sie sich zu vereinzelten Haufwerken an- sammeln würden, wenn der Gletscher stillstände, — dadurch aber, dass er unter dem Ursprungsorte der Gesteinsbruchstücke langsam vorbei zieht, ordnen sich diese in lange Reihen, es entstehen die Seitenmoränen. An seiner unteren Grenz- linie angelangt, schmilzt das Eis, seine Belastung stürzt auf die Thalsohle und häuft sich hier zu einem hohen Querwalle, der Endmoräne auf, — eine Station auf der Wanderung uhr der Gesteinstrümmer von den höchsten Berggipfeln nach dem Meere. In polaren Regionen äussern die Sonnenstrahlen so wenig Einfluss auf die Eismasse der Gletscher, dass diese bis in die See hinabsteigen, wo ihre Enden von den Wogen losgerissen und von der Strömung fortgeführt werden. Solche Gletscher- bruchstücke, — es sind die Eisberge, — treiben, beladen mit Gesteinsmassen, welche aus den Gebirgen der arktischen Continente stammen, weit in den offenen Ocean hinaus, bis sie unter dem Einflusse der wärmeren Gewässer und Winde schmel- zen und die Last, welcher sie Hunderte von Meilen als Fahr- zeug gedient haben, zu Boden sinken lassen. In Europa spielen die Gletscher augenblicklich nur eine untergeordnete Rolle als geologisches Agens. Es gab jedoch eine Zeit, wo unser Continent den Anblick einer arktischen Landschaft gewährte, die sogenannte Eisperiode, welche kurz vor das Erscheinen des Menschen auf der Weltbühne fällt, also noch nicht lange dahin geschwunden ist. Damals hatte Europa die Gestalt einer schmalen Landzunge, Norddeutsch- land, Holland, Dänemark, Polen und Nord -Russland sowie der grösste Theil. Skandinaviens, waren von der südlichen Fort- setzung des arktischen Oceanes überfluthet. Auf ihm tummel- ten sich zahlreiche Eisberge, welche den Gebirgen Skandina- ‚viens, damals noch eine von Gletschern hochbedeckte Insel, entstammten und mit Schuttmassen aus deren Inneren beladen waren. Nordische Strömungen bemächtigten sich ihrer und trieben sie an die flache Küste des damaligen Europas, wo sie strandeten, schmolzen und die Steinlasten, welche sie über’s Meer getragen, als Denkmäler ihrer weiten Fahrten hinterlies- sen. Zu Tausenden liegen diese erratischen Blöcke auf dem damaligen Meeresgrunde, der heutigen nord - europäischen Tiefebene zerstreut. Das Volk hat sie bald als Fremdlinge erkannt und nennt sie, da es nicht weiss, woher sie stammen „Fremdlinge.“ Das Meer der Eiszeit bespülte ein Festland, in welchem unser Auge kaum das heutige Europa wiedererkennt. Während nehmlich die Ebenen desselben von moorigen Sümpfen und dichtem Gestrüppe von Nadelholz bedeckt und z. Th. von riesigen Elephanten- und Rhinoceros-Arten belebt sind, starren Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 9 118 die Gebirge im Einklange mit dem arktischen Charakter der umgebenden Meere unter einer Gletscherbedeckung, deren Aus- läufer selbst in die Ebenen vorgeschoben sind. Nicht nur das Alpengebirge, nein die ganze Schweiz, war unter einer Eis- decke verborgen, von welcher aus Gletscherströme bis weit nach Bayern und Schwaben, ja bis in die Niederung des Po vordrangen. Der Harz, die Vogesen, der Schwarzwald erzeug- ten Gletscher und sendeten sie thalabwärts. In den Pyrenäen und fast überall in Grossbritannien trifft der Kundige auf Spu- ren, die beweisen, dass die Rolle, welche dasEis als geolo- gisches Werkzeug, als Zerstörungs - und Transportmittel wäh- rend jener dahin geschwundenen Zeiträume gespielt hat, eine ausserordentlich einflussreiche war, und dass Europa manchen Zug seiner heutigen Physiognomie dem Eise verdankt. Zwei Kräfte sind es nach Alledem, aus deren Wechsel- wirkung die gedeihliche Manchfaltigkeit, die planvolle Gliede- rung, die gesammte Gestaltung der Erdoberfläche hervorge- gangen ist: der Vulcanismus, das empordrängende und das Wasser das ausgleichende Element. Der Wege ihrer Wirk- samkeit sind viele, doch gerade die unscheinbarsten und ver borgensten sind es, welche den bedeutendsten Einfluss ausge- übt haben. Das furchtbarste Erdbeben, der gewaltigste Ausbruch eines Vulcanes ist nur local und verschwindend, — auf dem ruhigen Kreislaufe des Wassers, den kaum merklichen Hebun: gen der Continente beruhte die allmählige Entwicklung der Erde und ihrer Bewohner. Sollen sich aber diese Agentien in wahrnehmbarer Weise bei der Herausbildung der Erdgestaltung bethätigen, so be- dürfen beide, Wasser sowohl wie Vulcanismus eines dritten Factors, der Zeit. Der Entwicklungsgang, den die Erde durch- laufen hat, nahın so gewaltige Zeiträume in Anspruch, dass uns, die wir nach Jahren zu rechnen gewohnt sind, jeder Maass- stab fehlt, den wir anlegen könnten. Um einen solchen zu gewinnen, hat man versucht die Länge der Jetztzeit, also des Zeitraumes abzuschätzen, seit Beginn dessen das organische Leben auf Erden seinen heutigen Gesammtcharakter angenom- men und seitdem nicht wesentlich verändert hat. Eine derar- tige Berechnung knüpft sich an die Thatsache, dass der Nia- 119 gara- Wasserfall langsam stromaufwärts rückt. Der Niagara ist der Ausfluss des Erie See’s, wendet sich in nördlichen Laufe nach dem Ontario und stellt eine 6 Meilen lange Verbindung beider her. Fast genau in der Mitte zwischen diesen beiden Wasserbecken bildet der Fluss den 165 F. hohen Niagara Fall. Von diesem Punkte an schiesst das Wasser in einer tiefen engen Schlucht mit senkrechten Wänden für 1'% MI. dahin, um bei Queenston in die offene Ebene des Ontario See’s zu treten und sich dann in langsamem Laufe bis zu diesem zu bewegen. Der Landstrich zwischen Erie und Ontario besteht aus den Schichten des oberen Silur, welche sehr flach gegen S, also gegen den Erie zu fallen, so dass ihre Schichtenköpfe gegen den Ontario gerichtet sind und nach diesem zu eine schrofi- abstürzende Felswand bilden. In diese silurischen Schichten hat sich der Niagara von dem Falle bis nach Queenston eine 200 bis 250 F. tiefe Felsschlucht eingeschnitten. Die Wand, über welche sich der Fail stürzt, besteht in ihrer unteren Hälfte aus verhältnissmässig weicheren und lockeren Schielern, in ihrer oberen Partie aus hartem Kalkstein. Die Gewalt der stürzenden Wassermassen wäscht die lockeren Schiefer aus und interminirt dadurch den Kalkstein, welcher stückweise herunter bricht, so dass der Wasserfall stromaufwärts rückt. Anfänglich hat sich der Niagara über die Felswand bei Queen- ston direkt in die Ontario-Ebene gestürzt, in Folge der unter- wühlenden Thätigkeit seiner Fluthen ist er jedoch im Laufe der Zeit bis zu seinem jetzigen Standorte zurückgewichen, so dass jeder Punkt der Felsschlucht zwischen diesem und seinem ersten Fallpunkte bei Queenston zeitweilig die Wasserfälle be- sass. Können wir das Maass ihres jährlichen Rückschreitens abschätzen, so sind wir im Stande aus diesen und aus der Di- stanze, welche sie zurückgelegt haben auf die Zeitdauer zu schliessen, die das gesammte Zurückweichen in Anspruch nahm. Hall und Lyell, welche den Niagara aın genausten un- tersucht haben, schätzen das jährliche Zurückschreiten auf höchstens einen Fuss, so dass, da die Schlucht 11% Meil. lang ist, wenn nicht einzelne Stillstände durch das Auftreten von härteren Schichten eingetreten sind, welche das Zeitmaass noch um Vieles vergrössern würden, im Minimum 36,000 Jahre g* 120 verstrichen sind, seit der Niagara begann, seine Schlucht durch Rückweichen der Fälle auszuwühlen. Nun kennt man aber auf dem Plateau, in welches die Niagaraschlucht eingeschnitten ist und auf beiden Seiten die- ser Geröll- und Sandablagerungen mit Schaalen von Unio, Melania und Paludina-Arten, welche heut noch in jenen See’n leben und die nur abgelagert worden sein können, ehe die Fälle so weit nach dem Erie zu hinaufgerückt waren und ehe die Schlucht ausgewühlt war. Der Zeitraum, welcher zu die- sem Zwecke nöthig war, also 36,000 oder walirscheinlich mehr Jahre, gehören wie aus der Identität der subfossilen, in der- selben Gegend fortlebenden Molluskenarten geschlossen werden muss, der Jetztzeit an. Einen anderen Weg zur Berechnung der letzteren hat Agassiz eingeschlagen. Ein grosser Theil der Küste Floridas ist von vier Korallenriffen umgürtet, deren eines erst nach Vollendung des nächst vorhergehenden zum Aufbau gelangte. Die Ausbildung jedes derselben hat wenig- stens 8000, die sämmtlicher vier Riffe mithin 32,000 Jahre erfordert. Und während dieser ganzen Zeit sind die riffbauen- den Korallen und die anderen Thierarten, welche in den Ko- rallenbänken stecken, im Golfe von Mexiko die nehmlichen geblieben. Noch andere Berechnungen, welche sich auf die verschiedenartigsten geologischen Vorgänge gründen, ergeben in Uebereinstimmung mit den oben angeführten Schätzungen, dass der Zeitpunkt, von welchem der heutige, organische Ge- sammtcharakter der Erde datirt, mehr als 30,000 Jahre hinter uns liegen muss. Nun ist aber die Jetztzeil nur eine der zahlreichen Perioden, in welche die Eutwickelungsgeschichte der Erde und ihrer Bewohner zerfällt. Man scheute sich die enormen Zahlen, welche aus diesen Factoren resultiren, anzu- erkennen, obwohl man schon längst gewohnt ist, eine andere Wissenschaft, die Astronomie, welche mit der Geologie so zahlreiche Berührungspunkte hat, mit dem menschlichen Geiste vollkommen unfassbaren Grössen rechnen zu sehen, wenn sie den Durchmesser der Erdbahn in den Zirkel nimmt und ihn als himmlischen Zollstab benutzt. Weder der Geolog noclı der Astronom brauchen mit dem zu geizen, von welchem so unerschöpflicher Vorrath zu Gebote steht, wie von Zeit und Rauın. Die Entwickelungsgeschichte unseres Planeten ist noch 121 nicht abgeschlossen, auch die jetzige Erscheinungsweise des- selben ist nur ein vorübergehender Zustand wie manche vor- dem. Was,heute als Gebirgsgipfel über den Wolken thront, wird in Zukunft ein Spiel der oceanischen Wogen sein und umgekehrt wird der Grund des Meeres zum Festland werden. Unter dem Einflusse der veränderten Lebensbedingungen wird sich genau wie in sämmtlichen früheren geologischen Perioden der Erdgeschichte der Gesammtcharakter des thierischen und pflanzlichen Lebens umgestalten; — kurz die Welt, wie sie uns heute erscheint ist nur ein vergängliches Bild in dem Kreislaufe von Vorgängen, welche der starren Natur Beweg- lichkeit und Leben verleihen. Einige Pupiparen auf Chiropteren schmarotzend. Von Dr. F. Rudow. Zu den wenigen von Nitzsch, Frauenfeld, Westwood, Ko- lenati und andern beschriebenen Thieren dieser Art bin ich im Stande, einige noch nicht untersuchte Thiere zu liefern, die sich an Fledermäusen hauptsächlich Amerikas schmarot- zend aufhalten, und deren Originalexemplare sich wahrschein- lich in der vom Conservator H. Schilling angelegten Sammlung des Hamburger Museums befinden. 1) Strebla longipes. Zur Gruppe B. der gewölbten Formen Kolenatis gehörend. Ockergelb, ziemlich dick, sehr rauh, der Hinterleib mit dun- kelbraunen, dicken Stacheln, einzeln zwischen schwächeren ste- ‚hend, besetzt. Alle hornigen Theile runzlig lederartig. Der Kopf länglich schildförmig, vorn fast zugespitzt mit langen braunen Borsten. Der Rüssel stark spitz vorragend. Der Tho- rax herzförmig, länger als breit, schwach gewölbt, lang borstig. Füsse ziemlich dick, Schenkel und Schienen keulenförmig, Tarsus dünn, Klauen sehr stark, stark beborstet, mit einzelnen fast schwarzen Stacheln dazwischen. Flügel ziemlich durch- sichtig hell ockergelb, wenigstens ein Drittel länger als der Hinterleib, fast elliptisch mit etwas dünnem seitlich gerande- 122 ten Grundstücke, Wimperhaare an den Seiten ziemlich lang aber fein, ebenso Behaarung der ganzen Flügelfläche. Die Aderung verschieden von der Frauenfeldschen Str. Kollari, nämlich die beiden mittleren wenig hervortretenden Adern fast am Grunde bereits gablig, die andern einfach. Halteren sehr klein. Abdomen länglich eiförmig, mit undeutlicher Segmentirung, an den Seiten fein gewimpert. Endsegment mit einigen lan- sen Borsten und starken Warzen. Ein Weibchen von Phyllostoma hastatum, 0,75 M. M. Eine 'Vergleichung mit der einzig bekannten Art, lässt keine Ver- wechslung zu. | 2) Lipoptena dubia. Farbe ockergelb, stark borstig. Kopfbreit, an den Augen- theilen vorzüglich dick. Fühler sehr breit, besonders das letzte Glied und mit starken Stacheln versehen. Stark borstig und stachlig. Saugrüssel sehr lang und spitz. "Thorax viel breiter, fast viereckig mit abgerundeten Seiten. Grundfarbe ockergelb, mit einigen bogenförmigen, quer und winkligen Längsfurchen von rother Farbe versehen. Füsse mässig dick und lang, stark borstig, mit keuligen Gliedern und scharfen Klauen. Flügel- rudimente kaum ein Viertel vom Abdomen lang, rundlich el- liptisch, lang, aber feinborstig. Abdomen sehr dick, breit eiförmig, mit undeutlicher Segmentirung, an der Seite fein, auf dem Rücken stark borstig mit einzelnen langen Stacheln, Endsegment klein mit 2 dicken, stumpfen sehr lang borstigen Höckern. Grösse 0,5 Mm. Auf Noctilio dorsatus aus Venezuela. Am Thorax befinden sich neben den Flügelrudimenten bei einem Thiere noch sehr kleine Halterenrudimente, seitlich angesetzt von schmal eiförıniger Gestalt, und nur wenig klei- ner als die schon an und für sich kleinen Flügel. Die Bildung von L. cervina, vom Reh, Hirsch, Elenthier bietet nichts ähnliches, so dass das erwähnte Thier, wenn nicht als neues Genus, so doch als Uebergang zu Strebla betrachtet werden kann. 3) Nycteribia elongata. Zur Gruppe I von Kolenati gehörig ohne Winkelleisten am Thorax und ganzrandigem vorderen Theile desselben. Farbe dunkel ockergelb. Füsse etwas heller. Thier lang- 123 gestreckt. Kopf klein, versteckt, mit lang vorstreckbarem spitzen Rüssel, lang behaart. Thorax eirund, am untern Rande abgeplattet, am Kopftheile durchscheinend, mit einzelnen Quer- reihen von steifen Borsten besetzt, zwischen denen sich län- gere Stacheln befinden. Oberseite gewölbt, Unterseite fast flach. Seitenctenidien 17zähnig, den Rand fast erreichend. Füsse lang borstig, Schenkel elliptisch, Tibien keulenförmig, beide an der Unterseite strahlig. Tarsus lang schmal, Klauen sehr dick und stachlig. Abdomen langgestreckt eiförmig. Am Rande jedes Segmentes mit einem Stachelbüschel. Farbe der Segmenteindrücke hellgelb. Vorderes Ctenidium 45zähnig. Analsegment des Männchens ziemlich breit, mit kurzer Zange und langen dünnen äussern Horndecken, stark behaart. Analsegment des Weibchens an der Seite mit 2 abgestutzten, in der Mitte mit rundlichen Höckern. Grösse 0,5 M. M. Auf Nyctophilus Geoffroyi. 4) Nycteribia varipes. Zur Gruppe II gehörig, mit Winkelleisten und dünnen Tibien. Farbe hellockergelb. Füsse ganz hell. Kopf lang gestreckt, mit langen Borsten dicht besetzt. Schnabel kurz aber scharf. Scheitel mit 2 Reihen sehr langer Stacheln nach aussen gehend, versehen. Thorax mit deutli- chen rothbraunen Winkelleisten vorn, die sich beinahe berüh- ren. Unterseite fein, dicht, Oberseite dicht behaart mit einem Büschel langer Borsten. Ctenidien von dem Thoraxrande etwas abstehend 25zähnig, Zähne fast gleichlang mit Ausnahme der äussersten. . Abdomen des Weibchens ögliedrig. Erstes Segment schmal, zweites sehr lang und breit, drittes fast so breit aber nur !/ı so lang, die beiden letzten schmaler. Endglied mit 2 nach aussen gerichteten Eckwarzen, zwei nahestehenden in der Mitte, alle mit langen Borsten besetzt. Oberseite mit einzel- nen langen Borsten zwischen dichten Haaren, Seiten mit kur- zen Wimpern, Segmentecken. mit dichten Haarquasten besetzt. Segmentirung dunkler gefärbt. Ctenidium 50zähnig, nicht deutlich. Füsse sehr lang. Schenkel flach elliptisch, Schienbein schmal, Tarsus lang, starkklauig, fein, aber dicht behaart, an 124 den Gelenken mit langen Borsten. Schenkel und Schienbein der vordern Beine an den Gelenken fast abgestutzt, höckrig, nit sehr Kleiner Gelenkstelle. Grösse 0,4 M. M. Auf Miniopterus Morio. Durch den breiten Hinterleib hinlänglich von andern un- terschieden. Literatur. Physik. Ed. Ketteler, über den Einfluss der ponde- rabeln Moleküle auf die Dispersion des Lichtes und über die Bedeutung der Constanten der Dispersionsformeln. — Ueber die Dispersion des Lichtes sind bekanntlich von Cauchy, Redten- bacher, Christoffel u. a. verschiedene Formeln aufgestellt worden, welche alle nicht vollständig genau sind; der Verf. hat mit Aufwenduug vieler Arbeit die Proben gemacht und gefunden, dass sie sämmtlich falsche Re- sultate liefern. Dagegen hat er zunächst empirisch eine den Thatsachen entsprechende Formel gefunden. Dieselbe wird in mehreren Gestalten ge- geben, von denen die einfachste folgende ist: ENT, | C ee a N: In derselben ist © die Geschwindigkeit eines bestimmten Strahles und € die Wellenlänge desselben im Innern des brechenden Mediums, die Con- stanten A, B, C, D lassen nicht nur eine formelle Interpretation zu, son- dern es kann denselben auch eine specielle physikalische Bedeutung unter- gelegt werden. Weitere Untersuchungen an dem ausgedehnten elektrischen Spectrum sowie der dunkeln Wärmestrahlen werden zeigen, ob der Formel eine höhere Bedeutung zukommt. — (Poggy. Ann. 140, 1—53, 178—219.) Sbg. Vierordt, die Messung der Lichtabsorption durchsich- tigerMedien mittelst desSpectralapparates. — Wird die Spalte am Spectralapparat so eingerichtet, dass sowol die obere als die unlere Hälfte je für sich breiter und enger gestellt werden kann, so kann man durch die untere Hälfte das reine Spectrum einer Lichtquelle betrachten, durch die obere das durch absorbirende Medien geänderte Spectrum. Man kann dann ferner die untere Hälfte des Spaltes so weit verengern, dass ein bestimmter Bezirk des Spectrums oben und unten gleiche Intensität hat. Aus den beiden Spaltbreiten lässt sich dann die Lichtstärke bestim- men. Dass zum Apparat noch besondere Blendungen u. s. w., eventuell auch noch rauchgraue Gläser zur Schwächung des direeten Lichts nöthig sind, ist im Original specieller ausgeführt. — (Edda 172-175.) Sbg. J. J. Müller, zur Theorie der Farben. — Dieser Aufsatz, der zunächst für das „Archiv für Ophthalmologie“ bestimmt war, hat auch für 125 den Physiker ein besonderes Interesse. Verf. geht von dem bekannten Satze aus, dass die Manichfaltigkeit der Farben eine 3fache ist, nämlich nach Farbenton, Sättigung und Helligkeit; ebenso ist auch die Erregung einer Opticusfaser im Auge eine Function von 3 Variabeln, erstens von ihrer eigenen Erregbarkeit, zweitens von der Beschaffenheit des ins Auge fallendeu Lichts und endlich von den Veränderungen die dasselbe im Auge erleidet. Daraus folgt, dass jede Farbentafel eines Beobachters nur für eine bestimmte Stelle seiner Netzhaut und auch da nur bei einer bestimm- ten Erregbarkeit streng richtig ist; für die Versuche ist es demnach nö- thig, die Erregbarkeit möglichst constant zu erhalten. Zu den thatsäch- lichen Grundlagen der Farbentheorie hat der Verf. mehrere Versuchsreihen angestellt ; das Verfahren war folgendes: es wird aus 2 Spectralfarben ein Farbenfeld gebildet und dasselbe mit einer homogenen Spectralfarbe von gleichem Farbentone und gleicher Helligkeit verglichen in Bezug auf die Sättigung. Diese Versuche wurden mit einem ausführlich beschriebenen Apparate unter Anwendung aller Vorsichtsmassregeln angestellt. Das Resultat derselben ist in folgenden Tabellen enthalten: Componenten. | Mischfarbe. | Sättigung. 1) Roth Gelb Orange Spectral Orange Gelbgrün Gelb Spectral Gelb Grün Gelbgrün Weisslich Gelbgrün Blaugrün Grün Weiss Grün Cyan Blaugrün Weisslich Blaugrün Indigo Cyan Spectral Cyan Violett Indigo Spectral 2) Roth Gelbgrün Orange - Gelb Spectral Violett Blaugrün Indigo - Cyan Spectral 3) Roth Grün Orange-Gelbgrün | Weisslich Violett Grün Indigo - Blaugrün Weisslich 4) Violett Orange Roth Weisslich Roth Cyan Indigo - Violett Weisslich Roth Indigo Violett Weisslich Die Mischungsversuche unter Nr. 1—3 lehren: Alle Farben von Roth bis Gelbgrün einerseits, alle vom Violett bis zum Blaugrün andrerseits geben unter sich Mischfarben von der Sättigung der dazwischenliegenden Spec- tralfarben; grün mit irgend einer Farbe gemischt, gibt eine Sättigungs- verminderung, noch stärker ist diese Verminderung bei der Mischung von Gelbgrün und Blaugrün zu Grün. — Nach den Versuchen unter Nr. 4 ge- ben die Farben an den beiden Enden des Spectrums bei gegenseitiger Mi- schung stets eine Sättigungsverminderung. In einer weiteren Versuchs- reihe wurden die Grenzen desjenigen grünen Farbentones bestimmt, wel- cher die Sättigungsverminderung herbeiführt, es ergeben sich also solche für die Augen des Verfassers die beiden Frauenhoferschen Linien 5 und F, mit den Wellenlängen 517,1 und 486,0 Millimeter. Sodann 126 wurde versucht in diesem Intervalle die Wellenlänge desjenigen Grün zu bestimmen, welches beim Mischen mit Roth und mit Violett ein und die- selbe Sättigungsverminderung herbeiführt; dieser grüne Ton hat eine ge- wisse Analogie zu dem ideellen Grün, welches bei der Mischung mit Roth oder Violett gar keine Sättigungsverminderung bewirkt; er wird dadurch für die folgenden theoretischen Betrachtungen von Wichtigkeit. Leider lässt sich seine Wellenlänge nur annähernd bestimmen, als wahrscheinli- cher Werth ergibt sich 506,3 so dass seine Abstände von 5b und F' sich ungefähr wie 1:2 verhalten. Eine letzte Versuchsreihe bezieht sich auf die Fluorescenz der Netzhaut im Auge, es zeigt sich, dass dieselbe für das Licht aus dem Violett in der Mitte zwischen den Linien @ und H am grössten ist und nach beiden Seiten zu rasch abnimmt; die Zerlegung des Fluorescenzlichtes zu einem Fluorescenzspectrum zeigt, dass dasselbe alle Strahlen umfasst von der Wellenlänge des erregenden Lichtes an bis zum Roth; das Fluorescenzlicht ist daher weisslich. Nach einer speciel- lern Discussion der Fluorescenzerscheinungen wird folgendes Mischungs- gesetz für die Farben: 1) Es gibt im Spectrum 2 Gebiete (Roth bis 6b und Violett bis F) innerhalb deren jede Combination von 2 Farben in ste- tig sich ändernden Verhältnisse ihrer Mengen solche Mischfarben gibt, die einem stetigen Uebergange der Farbentöne von der einen zu andern entsprechen. — 2) Es gibt im Spectrum Combinationen von 2 Farben, welche für ein stetig sich änderndes Verhältniss ihrer Mengen solche Mischfarben llefern, die einer stetigen Aenderung der Sättigung der einen und der andern Farbe bis zum reinen Weiss entsprechen. (Dies sind die Complementärfarben, welche durch Weiss in einander übergehen. — 3) Alle übrigen Combinationen zweier Farben des Spectrums in allen möglichen Verhältnissen der Mengen geben a) wenn die Farben weniger weit von einander entfernt sind als Complementärfarben: die zwischen ihnen liegenden Farben des Spectrums — 5) wenn sie aber weiter von einander entfernt sind als Complementärfarben: die Farben zwischen jeder von ihnen und dem entsprechenden Ende des Spectrums und ausserdem noch Purpur — beidemale in variabeler Sättigung. Nach allen diesen experimentellen Untersuchungen lässt sich nun eine geometrische Farbentafel construiren, auf der die Farben sämmtlich so übereinander aufgetragen sind, dass die Verbindungslinie je zweier Farbentöne durch alle Mischfarben hindurch geht. Müller construirt seine Tafel wie sie seinen Beobachtungen unmittelbar entspricht; unter Berück- sichtigung der Veränderungen die die Farben im Auge erleiden, müssten alle Fluorescenzerregenden Farben weiter von dem in der Mitte der Tafel befindlichen Weiss abgerückt werden, während alle Farben, die im Auge merklich absorbirt werden näheran das Weiss herausgerückt werden müss- ‘ten. Müllers Versuche zeigen nun, dass die Farbentafel eine dreieckige Form hat, der geometrische Ort aller Farben von Roth bis zur Linie 5, desgl. aller der Farben von Violett bis zur Linie F' ist je eine Gerade; diese Geraden sind an ihren convergirenden Enden (db und F) durch eine kurze bogenförmig gekrümmte Linie verbunden, die das Gebiet des Grün darstellt; die divergirenden Enden (Roth und Violett) sind verbunden 127 durch eine dritte Gerade den geometrischen Ort der gesättigten Purpur- töne. Der Scheitel des Bogens für Grün entspricht wol der Wellenlänge 506,3. In Bezug auf die physiologische Farbentheorie ergibt sich aus Müllers Versuchen mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass die physio- logischen Grundfarben Roth, Grün (A=506,3) und Violett sind. Dass es Nervenfasern gibt, die dem Roth und Grün entsprechen, lehrt die Unter- suchung von Farbenblinden, dass es auch Nervenfasern für Violett gibt, scheint nach Hüfner (Arch. f. Ophthalm. XII, 2, 309) aus den bekannten Erscheinungen beim Santoringenuss hervorzugehen, Im Schluss spricht der Verfasser über die Vertheilung der Erregung in den einzelnen Nervenfaser- gattungen, (oder wenn man die nicht annimmt , über die relativen Inten- sitäten der 4 verschiedenen Erregungsprocesse in derselben Faser. Für die Intervalle Roth bis 5 und Violett bis F' ist die Erregung auf je zwei Fasern vertheilt, in dem Grün immer mit erregt wird, im Gebiete 5b bis F ist die Erregung in allen dreien vorhanden. Diese Beziehungen sind durch Curven bildlich dargestellt und durch eine längere Discussion noch näher erläutert. — (Pogg. Ann. 139, 411— 431 und 593— 613.) Shg. J. Müller, Leclanche’s Braunsteinelemente. — Die Ele- mente von Leclanche bestehen aus einem Stück Gaskohle, welches in den Thoneylinder gesetzt und mit erbsengrossen oder grösseren Stücken von Braunstein und Gaskohle umgeben; der Thoncylinder befindet sich in einem Glasgefässe, welches mit concentrirter Salmiaklösung gefüllt ist und noch einen Zinkstab enthält. Die Bestimmung der Constanten nach der Methode Ohms lieferte für die electromotorische Kraft den Werth 10,76 Daniells Element 12, Bunsen 21), für den wesentlichen Leitungswiderstand eines Bechers aber 1,89. Dabei ist nach Waltenhofer als Einheit der Stromstärke diejenige angenommen, welche in 1 Minute 1 Kub, em, Konall- gas liefert und für den Widerstand nach Siemens der von einer Quecksil- bersäule von 1 M. Länge und 1 Q. mm. Querschnitt. Verf. setzt die Ur- sachen für die Abweichung seiner Bestimmungen von dem Leclanche@’schen auseinander und berichtet noch, dass die elektromotorische Kraft auf 6,16 sank, wenn die Thonzelle nur mit Gaskohlenstückchen gefüllt wurde. Der Braunstein verhindert also die galvanische Polarisation zwar nicht voll- ständig, aber doch theilweise. Nach längerem Gebrauch verliert der Braun- stein seine Wirksamkeit. — (Ebda 140, 300— 311.) Sbg. Weinhold, Bemerkung über Inductionsfunken. — Stöhrer verwendet als positive Elektrode bei seinen Induktoren einen Pinsel von übersponrenen Kupferdrähten; blanker Kupferdraht liefert nicht so lange Funken, Man kann die Einrichtung mehrfach modificiren, es kommt we- sentlich nur darauf an, dass die eine Elektrode durch einen kleinen nicht leitenden Zwischenraum (Holz, Siegellack oder dergl.) unterbrochen wird. — (Ebda 176.) Sbg. Le Roux, Experimentelle Bestimmung der Schallge- schwindigkeit in einer eylindrischen Röhre. — Verf. benutzte zur Bestimmung der Geschwindigkeit des Schalls eine u-förmig gebogene Röhre, welche mit trockner Luft gefüllt und wegen der Constanz der Tem- 128 peratur in ein kaltes Wasserbad (Kältemischung) gesenkt war. Die beiden Enden waren mit Kautschnkmembranen geschlossen, von diesen wird die eine durch einen mechanisch ausgelösten Hammer ausgeschlagen, die an- dere nimmt die Schallwelle auf, nachdem sie die Röhre durchlaufen hat’ Beide Momente werden durch elektrische Funken eines Induktionsapparates markirt, welche sich auf einer frei fallenden Jodsilberplatte abbilden; die Fallgeschwindigkeit derselben ist vorher genau bestimmt, so dass die Zeit die zwischen beiden Funken vergeht, genau bestimmt werden kann. Das Resultat für trockne Luft von 0° C. ist » = 330,66 Meter mit einer Unsi- cherheit von 10,20 M. — (Ann. de chimie et de physique XII, 345—419. Fortschr. d. Physik im J. 1867, 153 — 157.) Sbg. ' F. W. Barret, über sensitive Flammen. — Der Bericht über die freien, schallempfindlichen Flammen, den wir früher in dieser Zeit- schrift (B. 33, 96) gegeben haben, ist hiernach noch dahin zu ergänzen, dass man auch bei gewöhnlichem Gasdruck (Tyndall benutzte einen sehr starken Druck) sensitive Flammen herstellen kann; man soll ein Glas- rohr von ®/g“ Dicke bis auf 1/,,‘‘ ausziehen und an der Spitze schwach einkerben ; dieser Brenner liefert, wenn er durch ein recht langes Kaut- schukrohr mit der Gasleitung verbunden wird, eine sehr empfindliche Flamme von 15 Zoll Länge. Töne die höher waren als das e mit 512 Schwingungen verursachten eine Theilung der Flamme in 2 diagonale Zungen. Beim Experimentiren hat man eine Zeit zu wählen, wo der Gas- druck in Leitung am stärksten ist, ferner müssen die Gaswege möglichst frei sein, d. h. der Gummischlauch darf nirgends verengt sein und der Hahn muss ganz geöffnet werden. — (Philosophical Magazine by Brewster etc. XXXIII 216—223, 287-290. — Fortschritte der Phy- sik im J. 1867, 173— 181; daselbst finden sich auch speeciellere Litera- turangaben.) Sbg. L. Overzier, über das Schwimmen des festen Eisens auf flüssigen, nebst Bemerkung über den Tre&ves-schen Ver- such. — Die Erscheinung, dass festes Eisen auf flüssigem schwimmt ist deshalb merkwürdig, weil das specifische Gewicht des festen Eisens grös- ser ist als das des flüssigen. Verf, bringt nun 3 Gründe vor, durch welche die genannte Erscheinung möglicherweise erklärt werden könnte, kann aber die aufgestellten aus Mangel an Hilfsmitteln nicht verifieiren. Seine erste Vermuthung ist die, dass das feste Eisen in der Berührung mit dem flüssigen der Temparatur seines Schmelzpunktes nahe komme, wobei denn ähnlich wie beim Eise, der Fall einer unregelmässigen Aus- dehnung stattfinden könne. — Zweitens das Eisen ist in der Hitze be_ kanntlich sehr permeabel (im Original steht merkwürdigerweise thermea- bel) für Gase, es könnte also das schwimmende Eisen bei der hohen Tem- peratur die es annimmt, eine grosse Quanlität Gase absorbiren und dadureh speeifisch leichter werden. — Endlich könnte man sich denken, dass durch jede Störung [so ist wohl zu lesen statt des unerklärlichen Strömung] des molekularen Gleichgewichts Eleetrieität hervorgerufen würde und dass auf diese Weise elektrische Ströme entständen, welche eine Abstossung auf das Eisenstück ausüben. — Hieran schliesst sieh eine Besprechung 129 des Versuches von Treves, nach welchen eine eiserne Gussmasse von ihrem flüssigen Zustande (1300°) bis zur Erkaltung stark magnetisch sein kann; während andrerseits ein Magnet durch Erwärmen an Magnetismus verliert. Er glaubt diesen Widerspruch durch thermoeletrische Ströme er- klären zu können, die natürlich bei der Abkühlung eine andere Richtung haben müssen als bei der Erwärmung. — (Poygg. Ann. 139, 651—660.) Sby. Fr. Rosetti, über das Maximum der Dicke und den Ge- frierpunkt der Mischungen von Alkohol und Wasser. — Die Versuche des Verf. lehren 1) die Erniedrigung des Gefrierpunktes beträgt bei Mischungen die weniger als 10°/, Alkohol enthalten 00,45 C. für jedes in 100 Grammen der Mischung enthaltene Gramm Alkohol; 2) bei grösse- rem Alkoholgehalt wächst die Erniedrigung schneller. 3) Die Temperatur des Maximums der Dichte ist für Mischungen , die weniger als 2°, enthalten, kaum von der des Wassers verschieden; 4) bei grösserem Al- koholgehalt sinkt die Temperatur stärker als die Alkoholmenge, sondern (5) die Curve der Maxima ist. eine Parabel: y —= 0,0762? — 0,295 &. 6) Die Mischung, welche 14,4°%/, Alkohol enthält, hat bei — 70,35 C. so- wol den Gefrierpunkt als das Maximum der Dichte. — (Pogg. Ann. 140, 329 — 331.) Sby. Chemie. Gore, über Einwirkung von Chlor, Brom, Jod und deren Verbindungen auf Fluorsilber bei verschiede- nen Temperaturen. — Die Versucue wurden in Gefässen aus Platin, Kohle und Fluoriden angestellt. In Platingefässen zerlegte Chlor bei Roth- glühhitze das Fluorsilber vollständig. 4AsgF + 4Cl = 4Agtl, PıF4 Gefässe von Kyrolith und Flussspath waren nicht im Stande geschmolze- nes Fluorsilber zurückzuhalten, dasselbe Resultat zeigte sich bei zu Ge- fässen verarbeiteten verschiedenen erdigen Fluoriden. Bei etwa 15° griff Chlor das Fluorsilber im Laufe von 38 Tagen nur oberflächlich an. Bis 110° in einem Platingefässe erhitzt, wurde es während 15 Tagen nur we- nig zerlegt. Chlor durch eine wässerige Lösung von Silberfluorid geleitet veranlasste unter Erhitzung Freiwerden von Sauerstoff nach folgender Gleichung: SAgF + SCI + 4H?20 = 5AgCl + 3AgClO + SHF + O oder = 7AgCl + AgCl0? + SHF + 0 Trocknes Salzsäuregas zerlegt Fluorsilber vollständig, wenn letzteres sich im geschmolzenen Zustande befindet. Brom greift Fluorsilber in der Kälte und selbst bei Vermehrung der Temperatur bis auf 100° nur sehr wenig an; wird aber die Erhitzung in Platingefässen bis auf niedere Rothgluth gebracht, so wird Fluorsilber gänzlich zersetzt, indem ein Theil des Fluors entweicht, ein anderer mit dem Platin des Gefässes unlösliches Platin- fluorid bildet und Bromsilber entsteht. In Kohlenschalen wird bei gleicher Temperatur alles Silbersalz in Bromid verwandelt und das Fluor entweicht in Verbindung mit Kohle. Auf eine wässerige Lösung von Fluorsilber wirkt Brom ähnlich wie Chlor. Jod greift das Fluorsilber bei Rothglüh- hitze in analoger Weise an wie Brom. Ein merklicher Unterschied in den 130 Einwirkungen von Chlor, Brom und Jod besteht darin, dass die Säuren der zwei letzteren reichliche Niederschläge in wässerigen Fluorsilberlösun- gen erzeugen, während cs Chlorsäure nicht thut. — (Deut. chem. @. Berlin. 4. Seite 131.) H. Vogel, über Lichtempfindlichkeit des rothen Blut- laugensalzes. — Lösungen von rothem Blutlaugensalz sich selbst über- lassen zersetzen sich bald in gelbes Blutlaugensalz und einen blauen Nie- derschlag, angeblich Berliner Blau. Als Ursache der Zersetzung gab man die Gegenwart organischer Stoffe an, Verf. beobachtete, dass Lichteinwir- kung ein Hauptgrund der Zersetzung sei und bewies die Richtigkeit der Beobachtung durch eine Anzahl Versuche. Eine Lösung von 1 Thl. Was- ser wurde vom Verf. einige Stunden dem Lichte ausgesetzt; bei nachhe- riger Vergleichung mit einer im Dunkeln aufbewahrten Probe zeigte sich die dem Lichte ausgesetzt gewesene Lösung dunkler gefärbt und gab mit Eisenoxydsalzen einen blauen, mit Uransalzen den bekannten braunen Nie- derschlag, während die frisch bereitete Lösung mit Eisenoxydsalzen keine Reaction zeigte. — Verf. nimmt an, dass durch das Licht eine Reduction in Ferrocyankalium veranlasst werde. — Gelbes Licht veränderte die Lö- sung des rothen Blutlaugensalzes nicht; ebensowenig konnte eine Einwir- kung gewöhnlichen Lichtes auf das feste Salz constatirt werden, obwohl sie sich, namentlich im Sommer bei intensiverer Beleuchtung, vermuthen lässt. Einige vom Verfasser angestellte Versuche mit 10P/ytiger Lösung von Ferrideyankalium zur Erzeugung photographischer Bilder blieben nicht erfolglos, haben jedoch wegen der zweifelhaften Haltbarkeit der Cyanver- bindungen vorläufig für die Praxis noch keine Bedeutung. Dagegen em- pfiehlt es sich für Fabrikauten chemischer Präparate, die vom Verf. ge- machte Beobachtung zu berücksichtigen und rothe Blutlaugensalzlösungen nur im Dunkeln resp. bei Lampenlicht abzudampfen und zu krystallisiren, ebenso für analytische Chemiker die Flaschen für gelöstes rothes Blutlau- gensalz vom gelben Glase zu wählen. Schliesslich bemerkt Verfasser, dass ebenso eine rothe Blutlaugensalzlösung wahrscheinlich auch eine Reihe an- derer Verbindungen, denen man freiwillige Zersetzung zuschreibt, durch Lichteinwirkung zersetzt werden. — (Ebda. Seite 90.) L. Barth, über Umwandlungen des Phenols. — Schmelzen- des Kaliumhydrat greift Phenol unter Wasserstoffentwickelung ziemlich leicht an, wird der Prozess unterbrochen, sobald die Masse syrupartig dick ist, so lassen sich daraus ausser unverändertem Phenol Salicylsäure, Oxybenzoesäure und ein Körper C1?H100?, vom Verf. Diphenol genannt, abscheiden. Die angesäuerte Lösung der Schmelze mit Aether geschüttelt, giebt an diesen alle jene Körper ab, die Aelherlösung verliert durch Schütteln mit wässerigem Ammoniakcarbonat an dieses die Säuren. Die so behandelte Aetherlösung der Destillation unterworfen liefert bei 200° wesentlich Phenol, bei höherer Temperatur nicht näher untersuchte Körper, bis bei 340 — 350° hauptsächlich Diphenol übergeht. — Wird Diphenol in Sodalösung gelöst, mittelst Aether der Lösung entzogen und nochmals destillirt, so bildet es dann ein zähflüssiges fadenziehendes Oel, welches nach längerer Zeit allmählich Krystalle ansetzt. Es riecht schwach aro- 131 malisch, ähnlich dem Phenol, ist in Wasser löslich, die Lösung bläut Eisenchlorid, ebenso löst es sich in Alkohol, Aether und Kalilauge, weni- ger leicht in Ammoniak. Bleizucker fällt das Diphenol aus der wässrigen und ammoniakalischen Lösung in Form von Flocken. — Verdünnte Sal- petersäure greift es in der Wärme ziemlich lebhaft an, beim Anfang der Einwirkung entsteht ein später verschwindendes braunes Harz; Wasser fällt aus der gelben Lösung ein Nitroproduct in gelben Flocken. Brom trübt die wässerige Lösung nicht. Mit Phosphorchlorid entsteht ein in fast allen Lösungsmitteln unlöslicher, chloridhaltiger amorpher Körper; durch concentrirte Schwefelsäure eine Sulfosäure, deren Baryumsalz gummiartig eintrocknet. — Indem Verf. Diphenol mit Kaliumhydrat behandelte und die in der Kälte entstehende feste Masse mit Jodmethyl und etwas Alko- hol auf 120 — 130° erhitzte, das Product der Reaction nach Zufügen von Kalilauge mit Aether ausschüttelte, gewann er aus der ätherischen Lö- sung eine dünnflüssige, aromatische Flüssigkeit, den Dimethylaether des Diphenols, ein Dianisol C14H140?, welches zwischen 310 — 320° siedet. Bei ruhigem Stehen schieden sich aus der Flüssigkeit mikroskopische (wahrscheinlich quadratische Octaeder) Krystalle ab, welche durch kalten Aether vom unveränderten Oele gereinigt wurden. — Die Krystalle lösen sich nur in heissem Aether ein wenig auf; ihr Schmelzpunkt ist 146°; ihre Zusammensetzung ebenfalls C!4H1402. Sie sind also entweder beim Stehen krystallisirtes Dianisol oder ein demselben isomerer Körper. Das flüssige Dianisol giebt ein amorphes Bromproduct und ein undeutlich kry- stallisirtes Nitroproduct; das krystallisirte Dianisol ein amorphes Brompro- duct und ein in langen verfilzten Nadeln krystallisirendes Nitroproduct. — Bei den Versuchen des Verf. wurde etwas mehr als die Hälfte des mit Kaliumhydrat verschmolzenen Phenols wiedergewonnen; das gebildete Di- phenol betrug 12— 15°, vom Gewicht des Phenols. — Besondere Ver- suche wurden vom Verf. augestellt zur Constatirung der völligen Reinheit des Phenols. — Das Diphenol scheint sich zu bilden indem aus Phenolmo- lekülen je ein Wasserstoffatom abspalten wird und die beiden Reste sich vereinigen, während bei Bildung der Säuren sich ein Rest C6H4OH mit COOK vereinigt, welches letztere der Rest eines völlig zerstörten Phenol- moleküles ist. — (Ann. Chem. Pharm. 156. 93.) Dr. 0. Jacobsen, über einige Verbindungen des Chlo- rals mitAlkoholen und mitAmiden. — Nachdem Liebig in seiner ersten Abhandlung über das Chloral die -krystallinische Substanz, welche durch Vereinigung desselben mit Wasser entsteht für identisch gehalten hatte mit dem bei Einwirkung von Chlor auf absoluten Alkohol entstehenden Product, wurde dieses letztere unter dem Namen Chloralhydrat in Handel gebracht. — J. Personne wies nach, dass die direct durch Chlor aus Alkohol erhaltene krystallisirte Richtung nicht das wirkliche Hydrat, son- dern ein Alkoholat des Chlorals sei, welches auch durch directes Einwirken von Choral auf Alkohol erhalten werden könne. — Verf. ist es gelungen die Verschiedenheiten der physikalischen Eigenschaften dieser Körper in ziemlich genau mit den Angaben Personne’s übereinstimmender Weise be- slätigt gefunden zu haben. Die Angaben der Verschiedenheiten folgen: 132 Chloralhydrat, völlig trocken schmilzt bei 50— 51°. und siedet bei 99°. Chloralalkoholat nach Roussins Methode völlig gereinigt, schmilzt bei 56— 57° und siedet bei 115 — 117%. (Roussin Compt. rend. LXIX, 1144, giebt als Siedepunkt 145° an, vielleicht ein Druck- fehler.) 0,2380 Grm. des Chloralalkoholats gaben 0,530,3 Grm. Chlor- silber —= 55,08%, Chlor. 0,3700 Grm. gaben = 0,8225 Chlorsilber = 55,00%, Chlor. Die Formel C?HC1?0 . C2H®0 verlangt 55,06°/, Chlor; die des wirklichen Hydrates 64,35°/9. — Aus der Existenz dieses Alkoholates schloss Verf. auch auf ähnliche Verbindungen des Chlorals mit anderen Alkoholen, welche ihm durch direetes Zusammenbringen der Bestandtheile und wiederholtes Pressen der erstarrten Verbindungen darzustellen mög- lich war. Essind folgende: Chloralmethyl ılkoholat C2HCI?0. CH?0, eine dem Hydrat ähnliche, etwas hygroscopische Masse, Schmelzpunkt nahe über 50°, Siedepunkt 106°. Chloralamylalkoholat. C?HCl’0. C5H120, schöne nadelförmige Krystalle, schwer in Wasser, leicht in Alko- hol und Aether löslich. Beim Erhitzen mi! Wasser nicht zersetzbar. Schmelzpunkt ungefähr bei 56°, Siedepunkt 145— 147%. Chloralcetyl- alkohol C2HCI?0 .C!CH320, wird in weichen warzigen Gruppen mikros- copischer Nadeln erhalten, wenn man Cetylalkohol in einem geringen Ueberfluss von Chloral in der Wärme löst und erkalten lässt. — Concen- trirte Schwefelsäure zersetzt die Alkoholate und bildet Chloral und die betreffende Aetherschwefelsäure. — Mit Alkoholen der aromatischen Reihe verbindet sich Chloral nicht. — Ausser den Alkoholaten stellte Verfasser noch eine Reihe einfacher Additionsverbindungen mit den Amiden dar: Chloral-Acetamid C?HCI30.C?H5ON, Chloral und Acetamid verbinden sich unter starker Erhitzung zu einer farblosen Flüssigkeit, die bald zu einer blättrigen Krystallmasse erstarrt. — In heissem Wasser und Alkohol löslich. Schmelzpunkt 158°; zersetzt sich bei der Verflüchtigung in Chlo- ral und Acetamid. Chloral-Benzamid C?HCI30.C’H’ON. Benzamid in erwärmtem Chloral gelöst giebt beim Erkalten die obige Verbindung als krystallinische Masse, welche aus Alkohol in rhombischen oder sechsseili- gen Tafeln krystallisirt. Schmelzpunkt bei 146°; zerfällt bei weiterem Er- hitzen in Chloral und Benzamid. Chloral-Harnstoff C?2HCI30. COH4N?. Eine Verbindung, welche man erhält bei Zusatz von Chloral zu einer überschüssigen nahezu gesättigten Harnstofflösung und zwar als zu- sammenhängende krystallinische Masse. Durch Pressen und Umkrystalli- ren aus heissem Wasser gewinnt man kleine Krystallschuppen, welche‘ vom überschüssigen Harnstoff befreit sind. Grössere Krystalle erhält man bei Zusatz von wässriger Chloralhydrat -Lösung (auch Chloralalkoholat Lösung) zu überschüssiger eoncentrirter Harnstofflösung. Die Krystalle scheiden sich nach mehreren Tagen oder Wochen aus und gehören dem rhombi- schen Systeme an. — Bei 150° schmelzen sie unter Zersetzung, es ent- weicht Chloral der Rückstand ist Cyanursäure. Auch beim Erhitzen der wässerigen Lösung auf 140° findet Zersetzung in ameisensaures Ammoniak und Chloroform statt. — Bringt man in eine concentrische Harnstofflösung überschüssiges Chloral, so scheidet sich ebenfalls eine krystallinische Masse ab, welche man auch erhält durch Erhitzen von trockenem Harn- 133 stoff mit Chloral auf 100%, Waschen mit heissem Wasser, Lösen in Alko- hol und Verdunsten der alkoholischen Lösung. — (Neben der vorher be- schriebenen Verbindung, welche bei 150° schmilzt, findet sie sich auch in geringer Menge.) Sie ist in Alkohol und Aether löslich, Krystallisirt aus beiden Lösungsmitteln in kleinen sechsseitigen Tafeln oder in grösseren flachen Nadeln von lebhaftem Perlmutterglanz. In Wasser, selbst in heis- sem, ist sie fast ganz unlöslich. Sie beginnt erst bei 190° zu schmelzen und zersetzt sich dabei in derselben Weise, wie die in Wasser lösliche Modification. — Ihre Formel ist 2(C2H.C130).COH®N?. Säuren greifen in verdünntem Zustande die beschriebenen Verbindungen des Chlorals mit den Amiden nicht an; dagegen werden sie beim Erwärmen mit Alkalien leicht zersetzt in die Zersetzungsproducte, welche aus ihren einzelnen Bestand- theilen erhalten wurden. Schliesslich erwähnt noch Verf-, dass diese Ver- bindungen nach Zusammensetzung und Zerseizungsweise dem Chloral-Am- moniak entsprechen und nicht den von Strecker entdeckten Körpern, welche durch Vereinigung von Aldehyden mit neutralen Amiden unter Austritt von Wasser gebildet werden, oder den von Schiff als condensirte Harnstoffe bezeichneten Verbindungen, die jenen Körpern an die Seite zu stellen sind. — (Ann. d. Ch. u. Pharm. 157. 243.) Geologie. H. Höfer, die Melaphyre der niedern Tatra in Ungarn. — Vom Königsberge bis zu dem Fusse der hohen Tatra an der NGränze Ungarns erheben sich mehre fast parallel von O nach W streichende Gebirgsrücken als niedere Tatra, an deren Bau der Melaphyr einen wesentlichen Antheil hat. Ein Hauptzug desselben bis !/, Meile breit tritt in rothem Sandstein hervor, beginnt im Eichenwald bei Poprad zwischen den verquerenden Blumen - und Kuhbachthälern und bildet den Schlossberg und Kirsowaberg. In W vom Kuhbachthale theilt er sich in zwei parallele Arme, deren einer in 3,971‘ gipfelt, durch das Benkowa und Ipolliezalhal setzt und am pod Holicaberge endet. Weiter nach W bei Maluzina am Milkowaberge tritt noch eine isolirte Partie auf und eine zweite am Palkniczaberge und in der Czerna hora. Der andere Arm zieht über den Holaberg gegen Vikartocz, zersplittert sieh in WSW und streicht später wieder vereint durch die Schwarzwaag über den Okrouliberg und verschwindet unter jüngern Schichten. Zwischen beiden Armen liegen zwei kleinere Parallelzüge, deren einer bei Vikatorez beginnt. Andere Züge erscheinen südlich von Krawjani und ausserdem isolirte Partien bei St. Andrä, im Bistrathale. Keiner dieser Melaphyrgänge bewahrt im gan- zen Streichen die gleiche Gesteinsart. Der Melaphyrporphyr ist schön bei Luczivna, am SFusse des Poprader Centralstockes. Zonen verschiedener Melaphyrvarietäten lassen sich nicht nachweisen, meist herrscht der dichte Melaphyr mit dunkelvioletten und braunen Varietäten, in einem Zuge herrscht licht grüne Farbe. Die Bergformen sind meist schroffe und zer- vissene, in den leicht verwitterbaren Partien domförmige mit üppigem Banmwuchs. Grauer lockerer Tuff erscheint nur bei Kravjani und bei Te- plitz. Der umgebende Sandstein ist fest, mit kleinen eckigen Quarzkör- nern, stellenweise mit quarzigem Bindemittel, sonst mit rothem thonigen, eingelagert sind blutrothe Schiefer mit Myacites fassaensis; darüber lagern Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd, XXXVII, 1871. 10 134 Werfnerschiefer, also gehört das ganze Gebilde zur untern Trias und fällt unzweifelhaft die Entstehung dieser Melaphyre in die Triasepoche. Der Poprader Centralstock ist der Mittelpunet der Erüption, von welcher die Lagergänge ausstrahlen. Die Gränzen des Buntsandsteines zeigen fast gar keine Veränderung. Trias und Rhät verflächen meist bei 40° nach N und an dieser Hebung betheiligt sich noch die Kreideformation aber nicht mehr das Nummulitengebirge. Als andere Störung ist eine Aberutschung zu beachten, die von Hradek über Hoschkowa bis Teplitz zieht, südlich von ihr liegen riesige Schollen von Triaskalken auf den Spitzen der Berge. — Als Abänderungen der Melaphyre treten auf dichte, krystallinische, por- phyrartige und Mandelsteine. Die dichten Melaphyre herrschen vor mit grossem Farbenwechsel, ihr Typus ist schwarz mit einem Stich ins Vio- lette, aus ihm entwickeln sich rothe und rothbraune „ andrerseits schwarze und grüne. Letzte brausen stark mit Salzsäure in Folge feiner weisser Kalkspathblättchen. All diese Melaphyre verrathen Thongeruch und schmel- zen zu einer schwarzen Schlacke. Verf. theilt von diesen schwarz violet- ten dichten zwei Analysen mit. Die krystallinischen bilden den Uebergang von den dichten in die porphyrartigen durch Grösserwerden der Feld- spatheinschlüsse und wurden dieselben gleichfalls analysirt; wie auch die Melaphyrporphyre, deren Feldspath und die Grundmasse. Daraus ergiebt sich, dass der Feldspath um so mehr als Andesin zu betrachten, da nicht nur das Alkalienverhältniss übereinstimmt sondern auch der Kalk- und Thorierdegehalt der Grundmasse mit dem feldspathigen Antheil nahezu gleich ist; dass ferner im Melaphyr der Andesin vorwiegend ist. In der Grundmasse verbleiben nach Abzug des Andesins 28 Proc., wovon 12,20 für die Kieselsäure und 15,88 für Eisenoxyd entfallen. Das Sauerstofiver- hältniss ist also SiQ, = Fe,0, = 6,55 : 3,52 = 2 : 1. Sind diese bei- den Reste als in chemischer Verbindung anzunehmen. Ein Theil der Fe,O, gehört dem Magneteisenerz an und nach Abzug des Magnetits muss ein Trisilicat angenommen werden und zwar der Nontronit, nur fällt die hohe Härte von 7 auf, die für Anthosiderit spricht oder für freie Kieselsäure. Weiter untersuchte und, analysirte Verf. auch den Melaphyrporphyr und die Melaphyrmandelsteine und gelangt hinsichtlich dieser zu folgenden Re- sultaten: das Stadium, in welchem der Kalk des Silikates durch die koh- lensäurehaltigen Gewässer abgeschieden wird, ist das erste Zersetzungs- stadium. Im zweiten ist noch mehr kohlensaurer Kalk abgeschieden, ein Theil desselben aufgelöst und weggeführt, das Gestein braust ferner mit Säuren. Im dritten ist doppelt kohlensaurer Kalk zugeführt und das neutrale Salz theils aus dieser Lösung theils aus dem Gesteine selbst ab- gesetzt. Endlich wird auch der ausgeschiedene Kalk weggeführt und das Gestein braust gar nicht mehr. Der untersuchte Melaphyrsandstein befin- det sich in dem dritten Stadium. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 113—147.) C. L. Griesbach, geologischer Durchschnitt durch Süd- afrika. — Verf. ging von der Capstadt über Baeries Kloof, Michelles Pass, Hottentoit Kloof, Karoo Port in die grosse Karoo und machte eine ähnliche Reise von Port Elisabeth aus und untersuchte Port Natal, einen Theil des Zululandes und ganz Kaffria, besuchte die Ostküste, die Baza- 135 ruto Inseln und das alte Sofalla, entwarf Karten und nahm geographische Positionen auf. Im Durchschnitt von Durban nach den Freistaaten Hoch- ebenen erhält man ein geologisches Bild von SAfrika. Es sind drei grosse Hochebenen, Terrassen und Eisenkungen, überall in den Aufbrüchen und Thälern zwischen Pinetown und Thornville tauchen alte Schichten empor. Granite und Gneisse von allen Varietäten mit aufruhenden in ganz SAfrika von Natal bis zum Tatin steil 70—75° aufgerichteten von W—O streichen- den Glimmerschiefer, Thonschiefer, Talk und Chloritschiefer, die durch zahlreiche Quarzlager unterbrochen sind. Alle diese Formationen führen Gold, doch nirgends in ergiebiger Menge. Darauf ruhen meist ungestört und horizontal die Sandsteine mit liegenden Schiefern des Tafelberges durch zahlreiche Petrefakten als devonische und untercarbonische erkannt. Sie bilden das zweite grosse Plateau und erzeugen einen sehr armen Lehm- boden. Diese Tafelbergschichten, d. h. alle Schiefer, Sandsteine und Quarzite, die am Cap der guten Hoffnung den Tafelberg zusammensetzen und eine 25—30 Meilen breite Zone parallel der Küste bilden, sind ma- rinen Ursprungs, wahrscheinlich eine Küstenbildung. Den Sandstein über- lagert ein colossaler Complex von Schichten, Sandsteinen und Schiefern lakustren oder terrestren Ursprungs. Gegen die See hin nach © fallend sieht man mächtige Schichten, welche die grossen Ebenen der Freistaaten Transvaal und die Kalahariwüste bilden, die sogenannten Karoo-Ebenen, nach der man diese Formation benennen kann und die untern Schichten dieser setzen auch die mächtigen Ketten der Drakensberge 10,000° und höher zusammen. Sie wird als Dieynodonformation auch der Kohlen- und der Triasformation zugewiesen, führt ausgedehnte Kohlenfelder, denen die Kohlen von Port Natal und von Tette am Zambeji zugehören. Die neuer- dings entdeckten Kohlen bei Tulbach in der Cap-Kolonie liegen tiefer, sind vielleicht eigentliche Steinkohlenformation. Die wichtigste Erzlager- stätte SAfrikas, hauptsächlich die Kupfer- und Bleivorkommen, halten sich stets in der Linie von Eruptivgesteinen, welche die Gränze zwischen den Tafelbergschichten und der Karooformation bezeichnen. Zwei solche Linien gehen vom Cap bis zum Zambegi andrerseits bis zur Walfischbai parallel der Küste. Die letzter genäherten Eruptivgesteine gehören zur Grünsteingruppe, dem irländischen Trapp zunächst verwandt, die nach dem Innern liegenden sind mehr melaphyrartig, stellenweise Mandelsteine, Wo man diese Grünsteine durchsetzt, stösst man auf Gänge von Kupfer- erzen, meist Malachit, Kupferkies, Pecherz etc. durch Zerklüftung sehr disloeirt. Dasselbe gilt von einigen Vorkommen silberhaltigen Bleiglanzes. Die Grünsteine selbst sind meist lagerartig über den Sandstein ausgebrei- tet. Der überaus theure Transport der Erze bis zur Verschiffung erschwert deren Abbau und Verhüttung am Orte ist wegen Mangel an Brennmaterial nieht möglich. In Natal würde die Gewinnung von Kohlen ebenso theuer werden wie der Bezug derselben von England. Sehr interessant sind die Reste einer Juraformation an der Küste von SOAfrika.. Auf den Süss- wasserbildungen der Karooformation rulıt an mehreren Stellen dieser ma- rine Jura mit mehreren schönen Höhlen. Die darin vorkommenden Arten sind fast durchweg neu. In Süd Lucia Bai steht dieselbe Formation an, 10 * 136 Tertiäre Schichten sah Verf. nirgends, die Lehm - und Sandsteinschichten an der Mündung des Zambegi mit Knochen von Büllel, Elephanten ete. und Steingeräthen gehören einer ganz neuen Zeit an. — (Jahrb. Geol. Reichs- anstalt XX. 500 — 504.) C. v. Beust, die Erzlagerstätten von Schneeberg unweit Sterzingin Tyrol.— Der Abbau ging früher lebhaft um auf silberhal- tigen Bleiglanz und werden gegenwärtig noch die Halden ausgebeutet. Erst neuerdings sind die alten Stollen wieder geöffnet und Tagebaue angelegt. Geht man von Sterzing aus im Thal am rechten Ufer der Eisach aufwärts gelangt man in 21/, Stunden bei Mareit an eine steile Terrasse, hinter welcher nach 2 Stunden wieder mit geringem Gefälle über Ridenau hin- aus das Thal streicht bis eine zweite hohe Terrasse kömmt. Von dieser zieht sich der Thalweg aufwärts bis zur Lazager Alpe, an welcher das letzte steile Ansteigen beginnt. Da gelangt man an das Mundloch eines alten Tunnels, des Keindel und hinter diesem eröffnet sich der Blick auf den Hochgebirgskessel des Schneeberges mit seinen grossartigen Halden, Berghäusern und Pochwerken. Von dem schwarzen Seespitz in NO zieht sich ein tiefes Thal herab zum Passeier, das bei Meran die Etsch erreicht. Dieses ist die Lebensader für den Schneeberger Bergbau, da es die zahl- reichen Aufbreitungsstätten giebt und an seinem SOGehänge sind die zahl- reichen Stollen angesetzt, welche die Erzlager erschliessen. Der Horizont des tiefsten Stollens liegt 200 Klafter unter dem obersten und unter ihm ist ein jäher Absturz von mehren 100 Klaftern, wodurch die Möglichkeit einer sehr tiefen Aufschliessung gegeben. Die Gipfelhöhe des Schneeber- ges mag 7000‘ betragen. Der geologische Charakter der Gegend ist sehr einförmig, nur Glimmerschiefer, auf dem Schneeberg selbst mit grossen Granaten. Seine Schiehten streichen SW NO unter 40° NW Einfallen. Das Erzvorkommen ist ein regelmässiges Erzlager, im Streichen und Fal- len den Schieferschichten parallel und die Füllung ist ein compactes Ge- menge von Schwefelmetallen mit vorwaltender Zinkblende und Bleiglanz, untergeordnet erscheinen Kupfer und Schwefelkies, auch Magneteisenstein, zufällig finden sich Ankerit, Eisenspatli und Amianth, auch Granat. Die Zinkblende führt bis 56 Proc. Zink, wechselt von grossblättrigen bis dich- ten, im letzten Zustande meist mit Bleiglanz innig gemengt, sehr häufig aber derb, ohne Beimengung. Der Bleiglanz hat bei 60 Bleigehall 0,07 Münzpfund Silber mit 1 Proc, Gold. Derselbe ist meist feinkörnig bis dicht, doch auch grossblätterig, welch letztern die alten Baue nachgegan- gen sind. Die Erzlagerstätte ist im Streichen auf 900 Klafter Länge be- kannt, vom Keindel bis zum Seemoospochwerk durch 10 Ausbisse und 6 unterirdische Aufschlüsse bekannt und scheint bis zu den 2 Meilen ent- fernten alten Bauen bei Pflersch fortzusetzen, wo alte Halden ähnliche Verhältnisse zeigen. Auch in SWRichtung darf die Fortsetzung des La- gers vermuthet werden. In den neuen Tagebauen wechselt die Mächtigkeit von 2—4,5 Klafter, in den Gruben bis 5 Klafter und da dieselbe ganz aus Erzen besteht: so ergiebt sich eine ganz colossale Erzmenge. Ein Kubikklafter Lagermasse liefert 25 Cir. Stuffblende mit 50 Zink, 75 Ctr, Blendschlieck mit 40 Zink, 10 Ctr. Bleischlieck mit 60 Bl.i einen Werth 137 von 200 Fl., also einen Werth für die ganze Lagerfläche von 80 Millionen Gulden. Diese Erzlager sind Lagergänge entstanden durch späteres Ein- dringen der Erzmassen. — (Ebda 505 — 520.) F.Posepny, zur Genesis derG@almeilagerstätten. — Bei Raibl in Kärnten tritt der Galmei, vorwaltend Zinkkarbonat mit Braunei- senstein, Ocker, Thon ete. mitten im Erzführenden Kalke und zwar in dessen nicht dolomitischen Partien auf. Darin lässt sich eine Art von Erz- schalen beobachten , der Galmei erscheint durch Heterogenität seiner Masse in Substanz und Struetur oft durch Wechsellagerung mit den begleitenden Substanzen in Schwarten oder Schalen getheilt, deren Verlauf parallel der sehr unebenen Gesteinswand ist. An dieser findet man unzählige napf- förmige Excavationen, deren Gränzkanten eine polygonale Zeichnung her- vorbringen. Sie entstanden durch die Wirkung von corrosiven Flüssig. keiten auf das lösliche Gestein und gleichzeitig mit dieser Corrosion erfolgte die Substituirung des Kalkkarbonates durch das Zinkkarbonat. Noch deutlicher als massiver Kalkstein zeigen diese Metamorphose die Rauchwacken, die sich an den Galmeiklüften einstellen. Die Rauchwacke ist bekanntlich selbst ein Umwandlungsprodukt und an einigen Punkten sieht man die das einstige Spaltennetz repräsentirende Zellenwandmasse in Galmei umgewandelt und es ist sogar wahrscheinlich, dass die ausge- zeichnet zellige Beschaffenheit einiger Galmeie analogen Verhältnissen ihren Ursprung verdankt. Während also hier die Substanz des ursprünglichen Gesteines total verschwunden ist, ist ein Theil seiner Structur, das in zalmei umgewandelte Spaltennetz erhalten analog wie dies auch bei der Substanz und Structur einiger organischen Reste oft vorkommt. Einige Galmeiklüfte setzen bis in den hangenden Dolomit fort. Er verschwindet mit seinen Gesellschaftern, die Klüfte schliessen sich und im Dolomit selbst zeigt sich diese Kluft in dem für die alpinen Bleilagerstätten cha- rakteristischen Blatt d. h. ein ebener Sprung mit beiderseits abgeschliffe- nen Wänden, an welchen sich nicht selten die Bleiglanz -Zinkblende Erz- führung zeigt. Es ist anzunehmen, dass die Dislocation ursprünglich auch in dem Liegend Kalksteine den Charakter einer solchen Fläche hatte und dass sie erst nachträglich durch Corrosion zu einer Spalte ausgeweitet und. successive durch Metamorphose mit Galmei erfüllt wurde. In den Galmeistrassen des Strugglischen Grubenfeldes findet man eine fast in der Mitte der Erzmasse verlaufende und durch verschiedene Heterogenitäten der Substanz und Struktur angedeutete Linie, die wahrscheinlich den ur- sprünglichen Sprung repräsentirt. Zu beiden Seiten derselben spielt ein gewisser Parallelismus der einzelnen Galmeischalen, welcher diesen Vorgang besonders klar macht. Darauf hin lassen sich auch die grössern Complieationen erklären so die Abzweigung der Galmeimassen weit von der Hauptkluft weg, das Erscheinen von scheinbar isolirten Galmeiarten mitten im Nebengestein, das Erscheinen von ringsum corrodirten Neben- gesteinsfragmenten verschiedener Grösse und andrer Erscheinungen, welche sich bei Erzlagerstätten, die durch successive Ausfüllung präexistirender Hohlräume entstanden sind nicht finden. — (Verhdlgn. Geolog. Reichs- anst. 1870. Nr. 13 S. 247 — 249.) 138 G. Stache, aus dem Zillerthale. — Exkursionen in die seitli- chen Hochthäler des Zemthales und des obern Zillerthales ergaben, dass der körnige durch schwarzen Glimmer ausgezeichnete Granitgneiss wieder- holt mit breiten Zügen von wohlgeschichtetem Gneiss wechsellagert. Der Granitgneiss erscheint also in mächtigen lagerartigen Massen zwischen pa- rallelen Zonen von Stengel-, Schiefer- und Flasergneisschichten. Der Gneiss dieser Parallelzone zeigt einen ausserordentlichen Wechsel von Varietäten in Textur und in der relativen Menge der Bestandtheile. In einzelnen schuppigkörnigen und kurzflaserigen Abänderungen herrscht noch schwarzer Glimmer allein, öfter tritt weisser Glimmer hinzu und schichtenweisse herrscht nur dieser. Auch Quarz und Feldspath bestim- men eigene Abänderungen. Die interessanteste Hauptzone des geschich- teten Gneisses durchsetzt das hintere Zembachthal zwischen dem Fusse des Schwarzensteingletschers und der Schwemmalpe und trennt die gra- nitische Lagermasse des Schwarzensteines von dem Granitgneisszuge des Ingent. In dieser ist nämlich parallel zum Hauptstreichen jener bunte Complex von Hornblend-, Chlorit- und Talkglimmerschiefern eingebettet, der durch seine nahe Verbindung mit einer dem Hauptstreichen folgenden Serpentinfelsmasse, sowie durch seinen Reichthum an verschiedenen Mi- neralausscheidungen schon längst den Mineralogen bekannt ist. Die Länge dieses interessanten Zuges betreifend ist derselbe in der Richtung gegen NO von der grossen Serpentinfelsmasse des Rothenkopf bei Schwarzen- stein weiter zu verfolgen als auf der allgemeinen Uebersichtskarte ange- geben. In Begleit von Serpentin setzen die Schiefer dieses Zuges noch bis in das hintere Floitenthal und die durch wohl. ausgebildete grosse Granaten ausgezeichneten Schiefer erscheinen auch im Gebiete des Stillup- thales noch in der Nähe des Giglitzspitz und der Lapenalp. Die in Strei- chen dieses ganzen vorwiegend durch Hornblende führende Gesteine cha- rakterisirten Zuges mehrfach erscheinenden beiderseits linsenförmig sich auskeilenden Serpentinmassen sind entweder ganz von der Buntenschiefer- hülle umgeben oder sie gränzen einseitig direct an den Gneiss. Das ist der Fall mit der grossen Serpentinfelsmasse des Rothenkopf zugleich mit geringer Metamorphose des angränzenden Gneisses, dessen Farbe durch Beimengung von Chloritschuppen ins Grüne spielt, der reicher an kleinen Granaten und eine dichtere mehr verworren flaserige Textur hat. Ob der Serpentin hier ein Umwandlungsprodukt aus einem kıystallinischen Mas- sengestein ist, kann erst durch eine genaue chemische und mikroskopische Untersuchung ermittelt werden. — (Ebda S. 260 — 261.) E. Favre, der Molesonstoek und Umgebung im Canton Freiburg (Schweiz). — Diese NO von Vevey gelegenen Berge bilden die SWFortsetzung der Stockhornmasse und das letzte Vorgebirge der Alpen gegen die Schweizer Ebene hin. Es sind der Niremont, die Corbettes, das Massiv des Moleson und die Verreauxkette. Die Schiehten des Mo- leson verflächen sich auf dem von NW nach SO gerichteten Abhange ge- gen das Innere, die Kette des Verreaux sehr steil an der WSeite fällt sanft gegen O ab unter gleicher Schichtenneigung. Die Schichtenfolge ist : Rauchwacke und Dolomite der oberen Trias; rhätische Schichten als sehr 139 fester krystallinischer Kalkstein und Lumachellen mit Mytilus minutus, Avicula contorta, Terebratula gregaria etc., untrer und mittler Lias wenig entwickelt, obrer Lias mit Ichthyosaurus, Fischen, Belemniten und den charakteristischen Ammoniten, dagegen in seinen untern mergligen Schie- fern mit Ammonites opalinus, A. Murchisonae dann als merglige Kalk- steine mit der Fauna der österreichischen Klausschichten: Amm. Kuder- natschi, A. subobtusus, A. dimorphus, Posidonomyia subalpina, A. hec- tieus, A. Adelae. Im Moleson beginnt der Malm mit rothen Knollenkalken worin Belemnites hastatus, Amm. tortisuleatus und plicatilis, darüber mäch- tige graue Kalke ınit Kieselknollen und arm an Petrefakten, dann weisse Mergelkalke als alpines Neocom mit Amm, Astieranus und subfimbriatus. In der Kette des Verreaux und des Mt. Cray liegt zwischen dem Kiesel- kalk und dem Neocom eine schmale Schicht mit Belemniten und Ammo- niten, mit Aptychus latus und A. imbrieatus. Das Neocom wird von schiefrigen, röthlichen und grünen Schichten überlagert, die petrefakten- leer, aber an der Simmenfluh bei Wimmis und am Thunersee Echiniten und grosse Inoceramen führen. Die Kette des Niremont und der Corbettes ist vom Moleson durch eine grosse Verwerfung getrennt, die dem Eocän- flysch mit der triasischen Rauchwacke, den rhätischen Schichten und dem Lias in Contact bringt. In beiden Bergen neigen alle Schichten nach 0. Der Niremont bildet ein einfaches Gewölbe, das in der Mitte gebrochen und nach W. über die Tertiärschichten der Ebene geworfen ist. Die Corbettes bilden ein Doppelgewölbe in derselben Lage und erinnern an den Durch- sehnitt der Voirons, welche die südliche Fortsetzung dieser Gebirge bilden. Dieselben bestehen aus Malm, Neocom und Flysch, der Malm ganz ver- schieden von dem des Moleson ist eine mächtige Kalksteinmasse, Studers Chatelkalk, reich an Petrefakten: Bel. hastatus, Amm, tortisulcatus, fle- xuosus, piychoicus, Aptychus latus und imbricatus etc,, welche verschie- dene Horizonte anzeigen. Darüber finden sich dunkle Mergel mit grossen Crinoideen, Brachiopoden und Ammoniten fast alle neu. Die Schichten erinnern an die Crinoideenschichten in der Klippe von Nickolsburg. Sie werden bedeckt von mergligen und blättrigen Kalken mächtig und petre- faktenreich: Belemnites latus, Amm. subfimbriatus, ligatus, Astieranus, Terebratula diphyoides, sind also alpines Neocom, dem der Voirons gleich, bedeckt von Eoceänflysch. Die Gebilde bleiben in all diesen Bergen parallel zur Kette per Alpen sich gleich, aber ändern ihre Natur gegen das In- nere der Kette zumal die obern Jura- und die Kreidegebilde, ganz im Innern tritt schwarzer Kimmeridgekalk mit Mytilus und Pteroceras auf, der zu Wimmis von Nerineen und Diceratenkalken überlagert ist, worüber rothe Kreideschichten folgen. — (Ebda 267 — 269.) F. Fötterle, Verbreitung der sarmatischen Stufe in der Bukowina und der nördlichen Moldau. — Verf. untersuchte die- ses noch sehr ungenügend bekannte Gebiet. Von Czernowitz aus durch- schneidet die Eisenbahn die Bergzüge zwischen dem Pirith und der Sereth, läuft dann im Suczawathale fort bis Paskany, darauf südlich längs dem Gehänge des Sereththales, dann durch das Bachlajthal nach Jassy. Aus- ser dem Alluvium und Diluvium in den Thälern besteht das ganze Ter- 140 rain nur aus der sarımatischen Stufe oder Ceritliienschichten überall mit Tapes gregaria, Mactra podolica, Cerithium pietum. Sie sondert sich scharf in zwei Glieder. Das untere besteht aus bläulichgrauen Leiten, oft mit sehr dünnen Lagen eines feinen glimmerreichen Sandes durchzogen» “urch Wasser in Schlamm sich auflösend. Er ist sehr mächtig und führt Mactra podolica, Cardium obsoletum, Cerithium plieatum , Buceinum Du- jardini und Trochus patulus. Das obere Glied sind feste und lockere gelbliche thonige und kalkige Sandsteine im Wechsel mit lockeren Sanden, stets nahzu horizontal überall mit den gemeinen Leitmuscheln der sarma- tischen Stufe oft in grosser Menge. Diese Sandsteine nehmen alle Höhen ein bis zu 280 Klafter, die Letten bilden nur die modrigen Hügel und tiefen Thalgehänge. Bei Czernowitz sieht man überall die Letten in gros- ser Mächtigkeit und Ausdehnung, am Gehänge zum bischöflichen Pallast aufsteigend treten dünne Sandsteinlagen in Wechsellagerung, dann herrscht der Sandstein bis auf die Spitze des Cerinaberges. Südlich von Czerno- witz durchschneidet die nach Suczawa führende Bahn den Höhenzug zwi- schen Pruth und Sereth und öffnet nur das untere Glied der sarmatischen Stufe, den Letten, der denselben Charakter wie vorhin behält, für die Eisenbahn bei starkem Regenwetter sehr gefährlich und häufige Störungen veranlassend. Leider liess sich bei Anlage der Bahn dieses ihr ungün- stigste Terrain nicht umgehen, nur grosse und kostspielige Wassergräben könnten die häufigen Gefahren beseitigen. Von Suezawa an gewinnen die Sandsteine die Oberhand. Sie ziehen sich längs der moldauschen Gränze gegen das Pereththal hin und südlich bis Foltitscheni überall mit Ceri- thium pietum. Bei Foltitscheni erscheinen wieder Letten mit einem 10 starken Braunkohlenflötz, das auch an andern Stellen beobachtet wird. Die Sandsteine verbreiten "sich noch südwärts weithin bis Roman und Piatra, auch ostwärts von Jassy bis Paskany. So dehnt sich also die sar- matische Stufe in der Bukowina und Moldau ungemein aus und steht mit den gleichartigen Bildungen von Podolien und Bessarabien in unmittelba- rem Zusammenhange. Ihre Südgränze ist noch nicht bekannt. Längs des ganzen SRandes der siebenbürgischwallachischen Alpen werden die mari- nen Salzführenden Schichten von Congerienschichten überlagert, die in der nördlichen Moldau und Bukowina fehlen. Gegen W. sind die Cerithien- schichten auf der ganzen Länge durch die Salzführenden marinen Tertiär- schichten von dem Karpathensandsteine, während sie inNW und N gegen Kolomea ganz ausgehen. —- (Ebda 314 — 320.) v. Vivenot, mikroskopische Untersuchung des Syenites vonBlansko. — Das grosse Wmährische Syenitgebiet hat seine grösste Breite zwischen Ochos und Tschepin und besteht das Gestein in seiner Hauptmasse überall aus weissen, grünlichen und rothen Feldspath mit der charakteristischen Zwillingsstreifung des Oligoklas auf der basischen Spal- tungsfläche, Quarzkörner mit Fettglauz fehlen nirgends. Die dunkel bis schwärzlichgrüne Hornblende kömmt theils in körnigen Massen, theils in kleinen Säulchen vor. Der reichlich vorhandene dunkle Glimmer ist Biotit. Zufällig findet sich Titanit, Piazit als Ueberzug und in Adern, auch in Krystallnadeln, Das Mikroskop erwies nun neben dem Orthoklas auch 141 Plagioklas. Den Syenit durchsetzen schwache Gänge einer dichten hell- grauen Masse, welche sich unter dem Mikroskop als stark angegriffener Plagioklas ergab. Diese zersetzte Feldspathmasse durchziehen Bänder von aneinander gereihten polarisirenden Blättchen, kleinen neugebildeten Or- thoklasindividuen. Im Dünnschliff durchzieht den zersetzten Plagioklas ein Band von kleinen Orthoklasindividuen, Der Biotit scheint mit Kaliglimmer gemengt zu sein und wird von dunkeln Streifen durchzogen, die vielleicht von zersetztem Epidot herrühren. Accessorisch erscheinen Magnetit in Kör- nern und zusammenhängenden Partien, Apatit in Tafeln und Säulchen, — (Ebda 336.) F. Posepny, das Salzvorkommen Siebenbürgens. — Das- selbe beschränkt sich nicht auf das jungtertiäre Centralland, sondern tritt auch in den ältern Gesteinen des Randgebirges auf, wo es durch Quellen im Eocän sich verräth, so bei Sztojka und Gyorgy, die 500 Ceniner Salz jährlich liefern. Auch Steinsalz ist in der Siebenbürgischmoldauischen Gränze vielfach bekannt so am Ojtozpasse, an den Quellen der Liptselia und Putna, wo es von Fiysch umlagert wird. Die Altersbestimmungen sind noch nicht sicher. Gute Aufschlüsse gewähren die Salzgruben des Centrallandes. Ueberall ist das Salz mehr minder geschichtet aber mit sehr unebenem Verlauf der Schichtenflächen und die Complexe welligen Verlauf. Danach lassen sich zwei Gruppen unterscheiden, eine mit flach liegenden und schwach undulirten Schichten so auf der Saline Deesakna, eine zweite mit steil fallenden und scharfgefalteten Schichten. Die Fläche mit welcher der Salzkörper zur Oberfläche kömmt ist meist eine Ellipse und die Schichten verlaufen concentrisch. Nach den Aufschlüssen von Maros Ujvar und Thorda wiederholen sich rings um das Ausgehende des Salzstockes ganz analoge Erscheinungen und man muss diesen Complex zum Hangenden zählen. In der Regel fällt die Salzgränzfläche an der Oberfläche steil gegen das Centrum des Salzkörpers, wird aber in einer gewissen Tiefe senkrecht, noch tiefer steil und an den tiefsten Stellen so- gar flach von demselben Centrum ab, wonach der Salzkörper in der Tiefe an horizontaler Ausdehnung gewinnt. Die Hangendschichten schmiegen sich an der Oberfläche an die Salzgränze an und erhalten erst in einer gewissen Distanz ihre normale flache Lage; in den mittlen Teufen stos- sen sie an der Salzgränze ab und in den untersten Regionen überlagern sie das Salz nahezu concordant. Daraus folgt, dass der Salzkörper hebend und störend auf die ganzen Hangendschichten wirkte und dieselben um- kippte und die Kraft dazu ist im Salzkörper selbst zu suchen. Das Stu- dium der Struktur des Steinsalzes zeigt, dass in den Fällen wo mecha- nische Absätze mit den chemischen wechsellagern, erste nicht immer con- tinuirliche Schichten bilden, sondern dass sie in einzelne Fragmente zerrissen sind, die das Steinsalzmedium von einander trennt. In Maros Ujvar haben diese Einlagerungen von mechanischen Sedimenten nur einige Linien Mächtigkeit, in Vizakna einige Zoll, in Parajd einige Fuss und die Distanz bis zu welcher sie auseinander gerissen sind, steht in glei- chem Verhältniss zu ihrer Mächtigkeit und beträgt in Parajd einige Klaf- ter. Diese und ähnliche Erscheinungen lassen sich nur durch eine Bewe- 142 = gung innerhalb des Salzes selbst erklären, die sich allgemein als eine Volumvergrösserung der chemischen Sedimente auffassen lässt, wobei’ die mechanischen Sedimente jener Vergrösserung nicht folgen konnten und denn auseinander gerissen wurden. Dasselbe erklärt auch das Lagerungs- verhältniss der Salzlagerstättengruppe, die Aufstauchung und Faltung der Salzschichten und da der Hangendschichteneomplex dieser langsam un- widerstehlich wirkenden, aus der Summirung der Molekular- Anziehung hervorgehenden Kraft nachgeben musste, die Hebung der untersten, die Durehbrechung der mittlen und die Ueberkippung der obersten Schichten. — (Ebda 339 — 342.) Orykitognesie. H. Guthe, krystallographische und mi- neralogische Notizen. — Die neuerdings in den Handel gebrachten schönen Drusen von Atacamit aus Australien zeigen die Combination P%, “P&) „P- Der Winkel der Brachydomas beträgt 10609, der zwi- schen Doma und Prisma 109035°5 woraus sich der Winkel des Prismas berechnet 11208, dessen wirkliche Messung in der That 112010'7 ergiebt. Grosse Krystalle gaben mehrfache Bilder im Fernrohr und die 4 Flächen des Prisma bildeten in der Regel keine genaue Zone. Gewöhnlich giebt man den Winkel des Brachydoma zu 105040’, den des Prisma zu 112020° an. — Auf Grube Samson bei Andreasberg kam vor 12 Jahren Gmelinit vor in kleinen Krystallen mit den Combinationen von R,—R,„R.G fand R:R = 112010°, 67050° woraus der Basiswinkel der hexagonalen Pyra- mide sich ergiebt 80°%18° und R:„R = 1300%6° der gemessen 1300117 ist, während andrer Messungen weit auseinander gehen, indem für den Basis- winkel als Maximum Brewster 80054 als Minimum Deseloizeaux 79044° angiebt. Letzter hätte R:R=112034 finden müssen, beobachtete aber 11205. Dessen Deuteropyramide P, zeigte sich an G.s Krystallen als unmessbare schmale Absiumpfung der Combinationskante zwischen R und —R. G. fasst die Krystalle rhomboedrisch und nicht holoedrisch auf we- gen der Beschaffenheit der Flächen, denn während R stets ununterbrochen ist, zeigt —R eine treppenförmige Bildung durch osecillirende Combina- tion mit R. Die Flächen von „ R sind horizontal gestreift und geben oft doppelte Bilder im Fernrohr. — Das künstlich erzeugte Essiehpiperidiniuin- oxydhydrat bildet Combinationen von m) im), & Em), 222 (a: Säule und Pinakoid sind von mässiger Ausdehnung, das Tetraeder ist durch Wachsthum der linken obern Oktaederfläche entstanden. — Chlor- platinsalzsaures Triäthylycin erscheint in morgenrothen vollkommen ausge- bildeten Krystallen des monoklinen Systems bestehend aus „P, auf dessen stumpfer Kante die Basis OP aufgesetzt ist und dessen scharfe Kanten durch das Klinopinakoid „P’„ abgestumpft werden, während die spitzen Combinationskanten zwischen Prismen und Basis durch die Flächen eines +-P eine Abstumpfung erhalten. Bei einigen Krystallen erschien das zu diesem Oktaeder gehörige positive Hemiorthoma +P .. — (Hannöver- scher Jahresbericht XX. 52 — 53.) Dove, Verhalten des Achats im magnetischen Felde. — Die Stellung eines Körpers zwischen den Polen eines kräftigen Elektromag- 143 neten wird bestimmt durch seine chemische Beschaffenheit, seine äussere Form, krystallinisches Gefüge und durch eine schichtenförmige Absonde- rung nach bestimmten Richtungen, Um den Einfluss dieser verschiedenen Bedingungen an derselben Substanz zu untersuchen, dazu eignet sich vor- zugsweise die Kieselerde als Bergkrystall rein und farblos, als Achat in stufenweis wechselndem Gemenge von Chalcedon, Jaspis, Amethyst und an- dern Quarzvarietäten, beide durch Schleifen in beliebige äussere Formen gestaltbar. Glattflächige ausgebildete einfache und Zwillingsbergkrystalle, optisch rechts und linksdrehende und Combinationen beider mit rechten und linken Trapezflächen ebenso wie Rauchquarze stellen sich sämmtlich an Coconfäden horizontal aufgehängt senkrecht auf die Verbindungslinie . der Pole eines durch 6 Grovesche Elemente erregten Ruhmkorffschen dia- magnetischen Apparates. Um so auffallender erschien daher anfangs das Verhalten zu optischen Untersuchungen senkrecht auf die Achse und pa- rallel derselben geschliffene Platien von Bergkrystall, deren einige sich axial andere aequatorial einstellten. Allein die axiale Stellung trat nur bei den Individuen ein, bei welchen der rauhe der Säulenfläche entspre- chende Rand der Platte nicht auch mit abgeschliffen war, woraus folgt, dass das diamagnetische Verhalten des Quarzes hier überwogen wurde durch eine der Oberfläche angehörige oder bei dem Schleifen äusserlich haftend gebliebene magnetisirbare Substanz. Das ging noch daraus her- vor, dass aus demselben Krystalle parallel geschnittene Platten sich in Beziehung auf die Stärke des Einstellens sehr verschieden verhielten. Ganz analog verhalten sich geschliffene Achatplatten. Nach allen Rich- tungen vollkommen abgeschliffen stellen sie sich sehr entschieden äquato- rial, bei allen welche sich in der Richtung der Verbindungslinie der Pole also axial einstellen, ist der rauhe der Quarzdruse entsprechende Rand stehen geblieben. Sehr bezeichnend ist in dieser Hinsicht das Verhalten einer 130 Mm. laugen und 85 Mm. breiten Platte, deren innerer 60 Mm. lange and 20 Mm. breite leere Raum von Quarzkrystallen umgeben war, die wiederum von schönen rothen und weissen Chalcedonbändern eingefasst waren. Nach Abschleifen des rauhen Randes verwandelte sich die axiale Stellung in eine aequatoriale. Um den Einfluss der Streifung zu ermitteln wurden kreisrunde Platten von Bandachat mit nahe geradlinigen Streifen gewählt und so aufgehängt, dass die Durchmesser der Scheibe horizontal jagen. Es konnte hiebei kein Einfluss der Streifung mit Entschieden- heit nachgewiesen werden. Das diamagnetische Verhalten aller Quarzva- rietäten scheint demnach festgestellt. Die Einstellung des Rauchquarzes erfolgte schwach. — (Berliner Monatsberichte 148 — 149.) Ww. Hankel, über die thermoelektrischen Eigenschaften des Topases. — Verf. hat sich seit einer langen Reihe von Jahren mit der Thermoelektrieität der Mineralien beschäftigt und giebt in dieser ach- ten Abhandlung zunächst einen geschichtlichen Ueberblick über die bezüg- lichen Untersuchungen seit Canton und Hauy, erläutert alsdann die kry- stallographischen Verhältnisse des Topases und die Methode der thermo- elektrischen Untersuchung. Diese neuen Untersuchungen sind an 64 Krystallen aus Sachsen, Sibirien, dem Ural und Kleinasien angestellt 144 worden und ergeben folgendes Resultat. Die Thermoelektrieität der Krystalle ist nicht durch den Hemimorphismus bedingt. Bei nicht hemimorphen Krystallen sind die ganz gleich ausgebildeten Enden der Achsen gleich polar und die Vertheilung der Elektricität hängt auch von der äussern Gesammtform ab, kann also durch Veränderung der letzten in bestimmter Weise modifieirt werden. Bei hemimorphen Krystallen erscheint im Gefolge der krystallographischen Verschieden- heit der beiden Enden der Achse auch ihre entgegengesetzte Polarität. (Abhdlgn. leipziger Gesellsch. Wiss. IX Nro. 4.) 0. v. Petrino, podolisches Phosphoritvorkommen. — Die bezügliche Gegend bildet ein Dreieck, dessen Basis der Dniester mit den Endpunkten Mielnica und Mohulew, dessen Scheitel Minkowce ist, Hier findet sich der Phosphorit einmal ganz ähnlich wie bei Chudikovce in Gallizien in der Kreide und zweitens auch in der Silur- formation. Das Alter beider Vorkommnisse ist durch die begleitenden Petrefakten unzweifelhaft festgestellt, wie nicht minder durch die chemischen Analysen die Bildungsweise der Phosphate. Es haben hier die weniger löslichen Verbindungen die leichter löslichen allmählich verdrängt und dadurch bei sonst ungestörten Verhältnissen zu unterst ist der kohlensaure Kalk, dann weiter oben der phosphorsaure Kalk und endlich noch höher oben die Kieselsäure als Bildungsmaterial der Versteinerungen geliefert werden. Dieser Anschauung entspricht aueh das Vorhandensein von phosphorsaurem Kalk in dem Grünsande von Onuth, das unterhalb des Phosphoritbandes ein viel geringeres ist und durch kohlensauren Kalk ersetzt erscheint. Verf. theilt die Analysen mit und zwar unter A der Grünsandproben von Onuth bei & oberhalb des Phosphoritbandes bei & unterhalb desselben, unter B c von der rechten Seite des Thaleinschnittes, bei d von der linken Seite dessel- ben, unter € die Durchschnittsprobe der im Grünsande eingelagerten Phosphorite: A. B. ©. a. b c d Im Ganzen: dreibasisch phosphors. Kalk 2,035 0,860 2,781 2,783 51,995 kohlensaurer Kalk Spur 9,540 31,768 34,145 16,136 im löslichen Theile: dreibas. phosphors. Kalk 20,445 6,897 6,877 6,500 63,901 kohlensaurer Kalk Spur 76,510 78,558 75,072 19,831 (Verhdig. Geol. Reichsanst. 1870. Nro. 15. S. 305—307.) E. Tietze, Vorkommen von gediegen Kupfer zu Mai- danpek in Serbien. — Bei Maidanpek liegt der wichtigste serbische Bergbau besonders auf Kupfererze zugleich auf Eisen- und Bleivorkom- nisse. Bei einem Besuche der Gruben von Tenka am rechten Ufer des Peck erhielt Verf. ein Specksteinartig sich anfühlendes Mineral, an und in dem sich gediegen Kupfer in Lamellen und dendritischen Formen befand, Erste zeigen keine Spur von Krystallisation, die den- dritischen weisen auf Zwillinge. Das Specksteinartige Mineral zerfällt 145 leicht mit splitterig muschligem Bruch, ist grünlichweiss und besteht aus kieselsaurer Thonerde und Wasser mit Spuren von Eisen, Magnesia und Kupfer, ist also dem Miloschin und Montmorillonit zunächst ver- wandt. Diese Mineralien treten in der Zersetzungsregion der Erzlager- stätte von Tenka auf und erscheint es demnach möglich, sich die Ent- stehung des gediegen Kupfers durch Reduction aus den die eigent- lichen Erzlagerstätten auszeichnenden -Kupferkiesen oder Buntkupfer- kiesen zu denken. Cotta führt aus den hiesigen Erzlagerstätten aus- schliesslich Kupferkies und Fahlerz, aus den Zersetzungsregionen Kupferschwärze, Malachit, Kupfervitriol und Jndig an. Es würde also das Vorkommen von Buntkupfer für die Erzlagerstätte. das von ge- diegen Kupfer für die Zersetzungsregionen neu sein und mit Bildstein bezeichnet Cotta wahrscheinlich jenes specksteinartige Mineral. — (Ebd. S. 304—305.) F. Zirkel, über den mikroshopischen Tridymit. — Das Vorkommen des Tridymit in Dünnschliffen des Pachucagesteines veran- lasste Verf. zu weitern sorgfältigen Nachforschungen und es gelang ihm die dünnen mehr minder regelmässig sechsseitigen farblosen Blätt- chen dieses Minerals in vielen neuen Vorkommnissen nachzuweisen. Es findet sich nämlich in den Sanidintrachyten und Andesiten des Sieben- Gebirges, in den Nassauischen Trachyten bei Dernbach, im Domit von Puy de Dome, in vielen ungarischen Trachyten und Andesiten zumal in denen von Erdöbenye bei Tokai, von Guita nahe Kapnik, von Roszag Ignies bei Nagybanya, von Veg Ardo bei Sarospatak, von Dubnik bei Eperiesund besonders reichlich in dem Trachyt von Jarpahegy bei Bereghs- zasz und in dem Andesit von Szenna im Neograder Comitat, ferner auch noch in isländischen Trachyten und in einer trachytischen Lava von Aden in Arabien. Meist also sind Trachyte mit Sanidin in kieselsäure- reicheren Plagioklasen der Heimort des Tridymit, den älteren Masse- gesteinen und den jüngeren basischeren scheint er gänzlich zu fehlen. — (Pogyendorffs Annalen 1870.) H. Rosenbusch, merkwürdige Chalcedon-Coneretionen aus Brasilien. — Dieselben finden sich in Mergelschichten des Thales des Jahuflusses eines von N kommenden Nebenflusses des Tiele auf der Hochebene von S. Paulo. Sie sind aufgebaut um lange cylin- drische Röhren, deren Längsachse von wenigen bis 50 Mm. schwankt bei einer Weite von 5—6 Mm., die meist vollkommen rund und hohl sind. Ihre Höhlung ist ausgekleidet mit Rotheisenocher, dem viel organische Substanz anhängt, welehe der brenzliche Geruch beim Glühen verräth. Die flachgedrückten Röhren zeigen innen vorspringende Reifen, denen Furchen auf der Aussenseite entsprechen, dass es eine Verwachsung mehrerer paralleler Röhren ist. Jede derselben ist durch horizontale Einschnitte ziemlich regelmässig gegliedert, dabei die ganze Oberfläche von flachnierenförmiger Struetur, die kleinen Nieren sind mit feinen Höckerchen geziert. Auf einem mikroskopischen Schliff senkrecht zur Längsachse des Röhrchens sieht man unter der eigenthümlichen Farbenpracht der Aggregatpolarisation deutlich radial- 146 fasrige Structur. Die Fasern sind ununterbrochene Radien und ordnen sie sich um verschiedene Centren, dann ist es ein Durchschnitt um mehre juxtaponirte Röhrchen. Schleift man parallel zur Längsachse, dann zeigt sich im polarisirten Lichte nieht mehr ein fasriges sondern ein feinkörniges Aggregat. Die Oberfläche der Röhrchen bekleidet ein leicht ablösbarer Mantel von Quarzkrystallen, deren Spitzen nach allen Richtungen hervorragen. Um sie hat sich eine Schicht von Chalcedon gelegt alle Vertiefungen ausfüllend. Darüber folgt abermals krystallisirter Quarz, dessen Endecken frei nach allen Riehtungen in den Mergel hineinragen, welcher dabei aber die Eigenthümlichkeit zeigt, dass nur das eine Rhomboeder vorhanden, während das andere ent- weder ganz fehlt oder doch nur sehr klein auftritt. — Andre Quarz- eoneretionen desselben Fundories sind mehr krummlinig, bilden baum- und astförmige Gestalten, haben aber dieselbe Structur, nur ist der hohle Kanal ihrer Röhren sehr klein. Die oben erwähnten nierenför- migen mit Höckerchen gezierten Aggregate erscheinen hier als Ver- tiefungen, der Mantel von Quarzkrystallen fehlt um die Cylinder, sie liegen frei und hängen nur mit ihren Enden mit der übrigen Masse der Concretion zusammen. Erst im weiteren Abstande ist jedes Röhr- chen von einem Mantel von Chalcedon umgeben, der genau dessen Peripherie nachahmt und aus vielen feinen Schälchen besteht, welche genau die nierenförmigen Aggregate mit den Höckerchen nachahmen. Es ist zwischen den Röhren und dem Chalcedonmantel etwas ver- schwunden, gewiss aber nicht krystallisirter Quarz wie bei den ersten Stücken, da dessen Eindrücke, fehlen. Dass all diese sonderbaren Bil- dungen organischer Herkunft sind, dürfte kaum zu bezweifeln sein und liegt die Erinnerung an den Indusienkalk der Auvergne zunächst. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 175—176.) H. C. Holm, Analyse eines Magnetkieses von New- York: Eisen 58,31, Nickel und Kobalt 2,28, Schwefel 39,41, woraus sich die Formel 6FeS + FeS, oder 5FeS + Fe,S, ergiebt, ein Theil des Eisens ist durch Nickel und Kobalt vertreten. — (Berg,- Hütten- müänn. Zeityg. XXIX- S. 65.) G. Brush, der am 5. Decbr. 1868 inFranklin, Alabama, gefallene Meteorit. — Das Gewicht desselben betrug 1 Pfund 91), Unzen, das spec. Gew. 3,31. Die Analyse ergab: 51,33 Kieselerde, 8,05 Thonerde, 13,70 Eisenoxyd, 0,42 Chromoxyd, 17,59 Magnesia, 7,03 Kalkerde, 0,22 Kali, 0,45 Natron, 0,23 Schwefel, Spur von nickel- haltigem Eisen. Das Chromoxyd entspricht 0,62 Proc. Chromit', der Schwefel 0,63 Proc. Troilit. Der Meteorit gehört in die Abtheilung der Howardite und gleicht in seinen Eigenschaften den von L. Smith untersuchten Meteoriten von Petersburg, Tennessee. — (Sillim. americ. Journ. XLVIII. 240.) L. Smith, Meteoreisen von Wisconsin. — Bei Trenton, Grafsch. Washington in Wisconsin wurden mehre Massen von Meteor- eisen entdeckt, deren grösste 14° lang, 8 breit, 4 dick 62 Pfund 147 wog und 7,82 spee. Gewicht hatte. Sie besteht aus 91,03 Eisen, 7,20 Nickel, 0,53 Kobalt, 0,14 Phosphor, Spur von Kupfer und 0,45 unlös- liche Bestandtheile. — (Ibidem. XLV11I. 271.) Palaeontologie. F. Posepny, über die vonMoore eut- deckte Petrefaktenführung der Erzgänge NW Englands. — Ch. Moore sammelte in Erzgängen 209 und tauben Gängen 70 Spe- cies. Dieselben wurden durch Ausschlämmen eiuer sandigen, mergeligen bis eonglomeratischen Substanz gewonnen, welche local dowky heisst und mitten in den im Kohlenkalk aufsetzenden Erzlagerstätten der N Englischen und Waleser Bergreviere vorkommt. Die Species sind vor- waltend Fragmente von Meeresthieren, einzelne auch von Land - und Sisswasserbewohnern und gehören theils dem Kohlenkalke theils dem Lias und Rhät an. Allein diese in Kalkstein aufsetzenden vorwaltend Bleierze führenden Lagerstätten sind nicht immer wahre Erzgänge, Ausfüllungen von gangförmigen Hohlräumen, sondern die Erze kommen auch in Geoden und Imprägnationen, also mitten im Gestein vor, welehes Vorkommen mit den alpinen im Kalke aufsetzenden Bleilager- stätten analog oder identisch ist. Natürlich sind die Schlüsse ganz verschieden je nachdem die dowky mit ihren Petrefakten dieser oder jener Art von Erzlagerstälten entstammen. In einem Falle bilden sie in die offenen Gangräume eingeschwemmten mechanischen Detritus, im andern sind sie vorwaltend die Residuen des durcli combinirte chemische und mechanische Kräfte eorrodirten Nebengesteines. Moore giebt kein Detail über die Lagerungsverhältnisse der Dowky und ist daher nicht zu entscheiden, welcher Art von Erzlagerstätten die Petrefakten ent- nommen sind, Die Dowky entsprechen wahrscheinlich den Glammen des siebenbürgischen Erzdistriktes, die aus klastischem Material be- stehend gangförmig das Grundgestein durchsetzen. Sie führen keine thierischen Reste, oft aber Holzfragmente, welche in ähnlichen Bezie- hungen zu den Erzen standen wie die fossilen Hölzer der Dowky d.h. theils von Erzen bedeckt theils mit denselben imprägnirt. In Sieben- bürgen durchsetzt das Erz den Glammen kluftförmig, imprägnirt seine Massen oder füllt Geodens in seinen conglomeratischen Partien aus, kurz seine Bildung ist stets eine jüngere. Doch könnte in andern Gegenden recht wohl auch der umgekehrte Fall eintreten, wie ein soleher in Moore’s Andeutungen zu finden. Da die Genesis der che- mischen und mechanischen Absätze der Erzlagerstätten eine ganz ver- schiedene ist, müssen nothwendig beide Bildungen bei derlei Unter- suchungen unterschieden werden und dies vernachlässigend hat Moore an seine wichtige Entdeckung falsche Schlüsse angeknüpft. Das Vor- kommen der Petrefakten bildet einen wichtigen bisher noch unver- wendeten Factor im Studium der Erzlagerstätten, Bei Ausfüllungen der Erzlagerstätten von Tage her können die eingeschlossenen Petre- fakten sowohl aus dem Nebengestein wie aus jeder ältern und jüngern Formation stammen. Bei Bildung der Erzgänge innerhalb des Gesteins können die Petrefakten nur solche des Nebengesteines sein und zu diesen gehört Bleiberg in Kärnten mit seinen zahlreichen Versteine- 148 rungen, die sämmtlich. dem Nebengesteine angehören. — (Verhandl. Geol. Reiehsanst. 1870 Nro. 14. S. 273—274.) Ewald, paläontologische Untersuchung einiger Nord. deutschen Neocomvorkommnisse. — Im Neocom westlich von der Holzemme des subhereynischen Hügellandes liegt eine sehr beach- tenswerthe Fauna. Die dasselbe constituirenden Sandsteine enthalten nur selten organische Reste, wohl aber die zwischen gelagerten thoni- gen Bänke. Sie bestehen aus einem Gemenge von Thon, Sand und kohlensauren Kalk. Die Schalen der Mollusken sind zwar noch vor- handen, bleiben aber beim Zersprengen des Gesteines theils in dem einen theils in dem andern Stück zurück. Meist sind jedoch die Kalk- schalen ganz verschwunden und nur die Abdrücke vorhanden und zwar in schwer erhaltbarem Zustande bei der lockern Beschaffenheit des Materials. Trotzdem bestimmte Verf. schon mehr als 50 Arten, Dieselben vertreten zwei wesentlich verschiedene Facies. Die eine derselben besteht zumeist aus Dimyarien, die einen flachen thonigen oder sandigen Strand bewohnt haben müssen. Vergesellschaftet sind kleine Gastropoden. Die Arten der zweiten Facies weisen auf felsigen Wohnort. Die erste Facies ist in dem Gebiete die häufigere zum Gegen- satz des westlichen Theiles der Provinz Sachsen in dem braunschwei- gischen, wo die neocomischen Conglomerate auf felsige Ufer hinweisen. Indess findet man beide Facies auch an ein und demselben Orte ge- mengt, dann ist die neue durch die grössere Anzahl der Individuen, die andere durch weniger Bruchstücke vertreten und offenbar herbei- geschwemmt worden. Die felsenbewohnenden Arten sind im wesent- lichen dieselben, welche sich westlich wie am Fallstein, an der Asse, dem Elm u. a. OÖ. charakterisirt finden: Brachiopoden, Monomyier und Echinodermen des Hilsconglomerates. Von der andern Facies ist eine srosse Anzahl neu, wenigstens für Deutschland und weisen auf Frank- reich, wo in der östlichen Begränzung des Pariser Beckens dieselben Arten vorkommen. Neu sind ein Cardium, 2 Crassatellen, I Astarte, Cardita, Lueina, 2 Cueullaea, 1 Nucula, Psammobia, Arcopagia, Cor- bula, dann noch 8 Turritellen, Actaeon, Natica, Trochus, Pleurotomaria, Rostellaria und Cerithium. Von ähnlichen oder identen französischen Arten ist Cardium subhillanum, Crassatella Cornuelana, Cucullaea securis, Mytilus Cornuelanus, Cerithium Phillipsi zu erwähnen. Nur wenige dieser Arten sind an andern Orten Deutschlands beobachtet worden. Es scheint, dass das Neocommeer vom Harzraude bis zum Pariser Becken ein zusammenhängendes war und gelingt es vielleicht noch zwischen beiden Geßieten vermittelnde Belege des Zusammen- hanges aufzufinden. — (Berliner Monatsberichte 78—89.) R. Richter, aus dem thüringischen Schiefergebirge., — Verf. wies früher wie wir berichteten durch die Bivalven das silu- tische Alter der Kalklager, Tentakuliten- und Nereitenschichten Thürin- gens nach, welche zwischen dern Graptolithen führenden Kiesel- und Alaunschiefer und dem devonischen Systeme lagern und erhebt diesen Nachweis jetzt durch vorkommende Graptolithen über jeden Zweifel, 149 wobei er sich an Halls Arbeiten anschliesst. Das Gerüst des Grapto- lithenstockes besteht bekanntlich aus einer von zwei Blättern gebilde- ten Haut, die neben ihrer Festigkeit doch auch biegsam war. Das innere Blatt dieser Haut ist das dickere und meist quer gerunzelt, die Runzeln schief von der Dorsal- zur Ventralseite verlaufend und auf der Ober- und Unterseite der Zellen über einander greifend, wo- durch eine Ziezacnaht entsteht. Nur bei Monograpsus distans, Sed- gwicki, convolutus, turriculatus, proteus und triangulatus ist die Haut glatt, bei M. crenulatus fein gekörnelt. Das äussere Blatt besteht aus zwei dünnen Lamellen dem innern dicht aufliegend, ist aber selten noch zu unterscheiden, am besten noch bei den Exemplaren in den kieselschieferartigen Kugeln der Alaunschiefer ; in den Verkiesungen der Grube Morockina bei Gräfenthal ist es eine Hülle von silberweissem oder lichtgrünen' Pyrophyllit. Auch bei Retiolites lassen sich zwei Blätter unterscheiden. Die erhabenen Ausfüllungen der Maschen, die am Jugendtheile des Stockes kleiner und höher, am erwachsenen grösser und flacher sind, zeigen bei guter Erhaltung auf der Oberfläche eine oder mehre seichte Vertiefungen und eine von dem Nebengesteine verschiedene Beschaffenheit. Dies und der Ueberzug der Ausfüllungen mit einem feinen Kieselhäutehen lassen vermuthen, dass der lebende Stock nur f[continuirliche Hautbedeekung mit Ausscheidungen einer harten Substanz besessen habe. Der Fuss des Stockes besteht bei den didymograptischen Formen aus einem an der dorsalen Seite der Stelle, an welcher die beiden Aeste des Stockes sich differenziren, befindlichen spitzen Knötchen oder schlanken Kegel. Bei Diprion ist der Fuss ebenfalls spitzkegelig oder pfriemenförmig mit mehr minder abgerundetem Unterende, so dass er sich als selbständiges Organ er- giebt. Auch schlägt sich der Fuss sehr häufig auf die Dorsalseite des Stockes zurück und reicht bis zum zweiten Zellenpaare aufwärts. Die Monoprioniden haben ein schon früher beschriebenes ringelförmiges Haftorgan. Dieser Fuss ist immer drehrund und spitzkeglig mit ab- serundeter Basis, sein innerer Hohlraum von der allgemeinen aus zwei Blättern bestehenden Haut ausgekleidet. Der Haupttheil des Grapto- lithenstockes ist der Kanal und fehlt derselbe niemals. Er nimmt vom Fusse aufwärts an Stärke zu, wird am stärksten bei den Dipri- oniden, bleibt am schwächsten bei den Rastriten, wo er kreisrund statt gewöhnlich comprimirt ist. Die Richtung des Kanals ist bei den Diprioniden und den grossen Monoprioniden eine gradlinige, bei andern eine leicht gekrümmte, eingerollte, excentrisch gewundene. Die Achse des Stockes liegt in einer Rinne des innern Hauptblattes und wird von dem äussern Doppelblatte bedeckt, scheint solide zu sein und von fasriger Natur. Bei den Monoprioniden liegt sie auf der den Zellen gegenüber befindlichen Dorsalseite des Kanals und folgt genau der Richtung dieses. Bei sorgfältiger Spaltung eines verkiesten Stockes erkennt man, das die Wellenlinie der Achsenrinne durch die am Unter- ende der Zellen befindlichen beekenförmigen Verbreiterungen hervor- gebracht wird, während die Achse selbst vollkommen gradlinig ver- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. KXXVII, 1871. 11 150 läuft. Der Durchmesser der Achse verhält sich zu dem Kanale wie 1:10. Die mit dem Kanale communieirenden Zellen sind von einer doppelblättri- gen Haut umgeben, innen glatt, in Verticalreihen geordnet, bei einrei- higen der Achse gegenüber, bei Diprioniden zu beiden Seiten der Achse. Ihre Entfernung von einander ist specifisch. Nach noch weiterer Schilde- vung der Zellen, ihrer Entwicklung und wahrscheinlichen Lebensweise sowie systematischen Stellung charakterisirt Verf. die neue Gattung Triplograpsus. Ihr Kanal trägt drei Verticalreihen alternirender Zellen. Ihre Art Tr. Ne- reitarum in den thüringischen Nereitenschichten. Ferner beschreibt Verf. Diplograpsus pristis (His.), D. pennatulus n. sp., Monograpsus crenatus n. sp. und M, sagittarius. — (Geolog. Zeitschrift XXI. 231— 259. Tf. 5.) “ T.C.Winkler, M&moire sur le Coelacanthus harlemensis (Harlem 1871. 40%). — Unter den neuen Erwerbungen des Teylerschen Mu- seums in Harlem aus dem lithographischen Kalk von Eichstädt befindet sich ein neuer. Coelacanthus, den Verf, eingehend untersucht. Im Habitus und Grössenverhältnissen des Körpers stimmt er mit C. striolaris überein, auch hinsichtlich der Flossen, aber die Rücken- und Afterflosse stehen auf starken Knochen, die zweite Rückenflosse hat 13 oder 14 (statt 19) Strahlen, die Afterflosse 10 oder 11 statt 19, die Brustflosse 20 statt 13 oder 14, die Bauchflossen sind die grössten von allen Flossen; keine Schuppen und demgemäss auch keine Fulcra. J. W. Hulke, Amphibienreste von der Insel Gozo bei Malta. — Das eine dieser miocänen Knochenstücke ist der Symphysen- theil eines schlanken Kiefers von 9 Länge mit comprimirt kegelförmigen Zähnen, auf welches lchthyosaurus gaudensis n. sp. begründet wird, das andere Stück ein Schädel bildet die neue Art Crocodilus gaudensis. Jenes Kieferstück scheint aus der Kreideformation in die tertiäre übergeführt zu sein. — (Quart. Journ. geol. XXVII. 29 — 33.) Botanik. Schulzer v. Müggenburg, mykologische Bei- träge. — Verf. bespricht ausführlich eine Reihe neuer Pilze, die sich hier jedoch nur namhaft machen lassen: 1. Pilze an Weissbuchenspänen: Sporidesmium carpineum, Macrosporium clayatum Bon. ß. atrum;; Chaeto- sphaeria pezizaeformis. 2. Bei wiederholter Untersuchung der Diplodia Heufleri an längst abgestorbenen wilden Reben legte die Natur in einem einzigen Räschen dem Verf. den Beweis vor Augen, dass zwischen Podo- sporium Bon. Sporen einfach, Diplodia Fr. Sporen einmal septirt, Hender- sonia Berk. Sporen zwei oder mehrmal überquer septirt und Camarospo- rium Schulzer, Sporen nicht blos querüber septirt, sondern die Fächer wieder durelı Längenwände getheilt, kein generischer Unterschied bestehe. 3. Pilze an wilden Reben: Myrotheeium vitis Bon., Gibbera vılis, Lepto- sphaeria vitis, beide letzteren werden stets von Diplodia Heufleri in 6 Sporenformen begleitet; Sphaerella vitis, Cucurbitaria vilis, Bertia vitis, Ceratostoma vitis, Phoma vitis, Pyrenotrichum vitis, Cheilaria vitis, Dis- cosia vitis, Pestalozzia pezizoides De Not., Cytispora vitis, Septoria vitis, Fusoma vitis, Polynema vitis. 4. Pilze an Maulbeerbaumzweigen: Pleo- spora mori, Camarosporium mori und quaternatum Hazsl., Diplodia mori, 151 Naemaspora mori, Myxosporium mori, Psilospora mori, Helminthosporium mori, Tubercularia mori, Fusoma mori. 5. Pilze an Feigenzweigen: Pe- ziza nivea Fr., Thelephora cinerea P, £ ficophila, Valsaria ficophila, Splanchnonema ficophilum, Diplodia ficophila, cum var. ß. sublibera, Phoma ficophilum, ce. var. & Zythia, Discella ficophila, Myxosporium fieo- philum, Gliostroma ficophilum, Seimatosporum ficophilum. Häufig sieht man noch an dürren Feigenästen Tubercularia vulgaris und T. pulla Schulzer wenig verschieden von T. nigricans Link. — (Wien. zool. bot. Verh. XX. 635 — 658. Taf. 14.) H.W.Reichardt, Miscellen Forts. 39—42, — Für die im adria- tischen Meere seltene, aufLaurencia obtusa Lamour lebende Alge Ricardia Montaguei Derbes et Solier werden 2 neue Fundorte: Insel San Pietro di Membi und Porto Zubzanski auf San sego angegeben. — Trifolium parvi- florum Ehrh., im Prater aufgefunden, wird als neue Nieder-Oesterr. Art bezeichnet. — Polystietus Ramonnetii n.sp. aus Ostindien wird diagnosirt und ausführlicher beschrieben. Als neu für die Flora des böhmisch - mäh- rischen Grenzgebirges werden mit den Standorten aufgezählt: Eriophorum alpinum L, vaginatum L, Pieris hieracioides L, Asperula eynanchica L, Vinca minor L, Cardamine hirsuta ß. silvatica Gaud, Sagina nodosa Meyer, Trifolium ochroleueum L — Carex pulicaris L. ist in Steiermark aufge- funden worden und zwar bei Leoben. — (Ebda p. 875 — 78.) v. Hohenbühel-Heufler, Franz v. Mygind, der Freund Jaequins, ein Beitrag zur Geschichte der Botanik. — Verf. stellt hier dar: Mygind in der Literatur, seine Herkunft, Jugend- und Wanderjahre, sein Amtsleben, das häusliche Leben, aus seinen eigenen Briefen, in den Briefen Hohenwart’s, in den Briefen Wulfen’s, Mygind’s Testament und Tod, Mygind’s kurze Regesten und fügt als Anhang Wulfen’s Bericht über seine auf Kosten Mygind’s im August 1778 in die Müllthaler Alpen ge- machte naturhistorische Reise. — (Ebda 879 — 924.) J. Milde, Nachtrag zur Monographia Botrychiorum. — Verf. fühlt sich nach Entdeckung einer var, von Botrychium simplex ver- anlasst, die Art neben B. Lunaria zu stellen. Zur Unterbringung in die Gruppe Affinia spricht 1. die Vertheilung der Spaltöfinungen auf beiden Seiten der Spreite, und 2. der vollständige Mangel an Behaarung, die gerade bei den Botrychien von höchster Wichtigkeit ist, 3. die Zahl und Beschaffenheit der Gefässbündel im Stipes. Dagegen spricht für die Vereinigung mit der Gruppe Tornata nur die Stellung .der sterilen Spreite in der Nähe der Basis. Die Systematik würde sich also gegen die frü- here in Folgendem ändern: Eubotrychium a. Affinia: Lamina sterilis ob- longa 1. ovata, in media fere planta, rarius inferius posita. Stomata in utraque laminae sterilis pagina provenientia. Gemma nunquam pilosa, in stipite medio fasciculi 3—4 breviores. Botr. Lunaria, simplex, erassiner- vium, boreale, matricariaefolium, lanceolatum. b. Ternata: Lamina sterilis petiolata, subbasilaris, ternata. Stomata in superiore laminae parte nulla. Gemma pilosa. In stipite fasciculus maximus semiannularis. Botr. ter- natum cum subspeciebus numerosis, c. Elata: Lamina sterilis in media fere planta posita, deltoidea, bi-quadripinnatisecta, late ovata. Stomata in 11 152 superiore laminae parte nulla. Gemma pilosa. In stipite fascieuli 7 —13 peripheriei 1. solitarius maximus semiannularis., Botr. daueifolium, lann- ginosum. — Die neue var. fallax: Lamina sterilis brevius petiolata, supra mediam plantam posita, cetera varietatis incisae, wurde bei Tilsit gefun- den. Für B. Lunaria, simplex, lanceolatum, matricariaefolium, borealis, ternatum und virginianum werden überdies neue Standorte nachgetragen. (Ebda 999 — 1002.) C. E. Eiben, zur phykologischen Charakteristik der ost- friesischen Inseln und Küsten. — Die ostfriesischen Algen er- wähnt zuerst 1815 v. Halem in seiner Beschreibung von Nordernei und gleich darauf erschien Jürgens Algenwerk, dann beschäftigten sich Meyer, Ehrenberg, Harting damit. Verf. giebt hier nur Uebersichten. Das Ge- biet wird durch die Dämme oder Deiche in die Brakwasserregion des Festlandes und in die Strandregion oder das Wattenmeer geschieden. Zu erster gehören die Marsch- und Gränzgräben am Fusse der Deiche, die Sieltiefe und Binnenhäfen, aus ihnen fliesst das Süsswasser des Landes zur Ebbezeit nach aussen und mit der Fluth tritt das Seewasser ein. Ueber eine Stunde landeinwärts ist das Wasser brakisch und ungenies- bar. Verf. zählt 48 Arten aus demselben auf, darunter Melosira, Navicula, Nitzschia, Pleurosigma und Surirella am reichsten vertreten. Ferner ge- hören in dieses Gebiet die 60 Polder oder Groden, dieallseitig von hohen Deichen umgeben sind und eben so viele Arten mit denselben vorwiegen- den Gattungen führen. Endlich die Wiesengräben, Thalgewässer und Deichkolke auf Borkum und die Schanzengräben haben nur etwas weni- ger Arten und nur Epithemia, Navieula und Synedra durch mehre Arten vertreten. Die Strandregion gliedert sich in sechs Gruppen. Die Heller- gräben, Aussentiefe und Strohdämme sind ziemlich reich namentlich an Surirella, Navieula und Pleurosigma. Die Holzhöfte, Stroh-, Reis- und Steindämme an der WKüste von Krummhöre sind minder reich, lieferten nur 32 Arten. Die Aussenweiden der Insel Borkum und die Abzugs- gräben an der Wattseite der übrigen Inseln bergen 54 Arten, weniger wieder das Watt, die Strandrillen und Buhnen und die Teckseiten an der Seeseite der Inseln. Schliesslich stellt Verf. sämmtliche Arten mit den speciellen Standorten in einem systematischen Verzeichnisse zusammen. — (Hannöverscher Jahresbericht XX. 37—50.) J. Romer, über Pflanzeneigenwäre. — Verf. untersuchte mehre Blühten des Philodendron pinnatifidum mittelst des thermoelektri- schen Multiplicators. Die erste Blühte am 9. Juli hatte 71/,°° Länge und wurde die thermoelektrische Nadel in dem Spadix ?7/s‘‘ von der Spitze ein- gestochen. Es war 6!/, h Nachmittags die Luft- und Spadixtemperatur gleich, nämlich 19°9C bis gegen 10 Uhr sank die Lufttemperatur auf 19,02 herab, die des Spadix stieg allmählig auf 27,00, und sank dann ebenfalls langsam, war aber am zweiten Tage 7 Uhr Morgens schon wieder auf 20° bei 18° Lufttemperatur, und erhob sich Abends 9 Uhr 15° über die Lufttemperatur, fiel am dritten Tage dann bis auf die Lufttemperatur herab, womit das allmählige Schliessen der Spatha gleichen Schritt hielt. Die zweite Blühte wurde am 16. und 17. Juli beobachtet und zwar die 153 Temperatur der Antheren am obern Theile des Spadix, sie stieg am 1. Tage früh von der Lufttemperatur 20° Abends bis 6° über dieselbe, war andern Morgens noch 2° höher und stieg bis zum Abend 7 Grad über dieselbe. Die Antheren in der Mitte des Spadix hatten Abends 7 h 2409 bei 21° Lufttemperatur und bei 20° Lufttemperatur um 91/, h Abends noch 29%. Die Temperatur des Schaftes war sogar 31.06, sank jedoeh schnell auf die Lufttemperatur herab. Auch eine dritte Blühte wurde noch gemessen und resultirt aus Allem, dass die Eigenwärme des Blühten- schaftes viel grösser ist als C. N. Schulz angegeben, ist am stärksten im Innern des Spadix, niedriger in den Antheren, zeigt gar keine Erhöhung an den weiblichen Organen und dem untern Theile des Schaftes, — (Mitlheilg. Nat. Verein Neuvorpommern und Rügen II. 51—57.) W. 0. Focke, Untersuchungen über die Vegetation des NWDeutschen Tieflandes. — Dasselbe begreift das Schwemmland zwischen der Unterelbe und der holländischen Gränze südlich begränzt durch die Gesteine bei Bentheim, Lemförde, Rehburg und Braunschweig und ist der Charakter der Flor überall wesentlich derselbe. Verf. be- schränkt daher seine Untersuchung auf die untere Weser und Ems, ohne . die übrigen Theile ganz unberücksichtigt zu lassen. Der Boden besteht aus aufgeschwemmtem Gebirge, sandigen, thonigen, mergeligen Schichten oft mit starker Humusdecke, Die Bewohner unterscheiden Geest und Marsch, die mit Diluvium und Alluvium gleichbedeutend sind. Der dritte Boden, Moor, kömmt auf der Geest und auf der Marsch vor. Die Geest liegt höher über dem Meere 10—30—100 Meter, im Wilseder Berg 170 Meter. Sie tritt bei Bremen in zwei Terrassen auf, die als Geest und Vorgeest unterschieden werden, letzte nur wenig. höher als die Marsch und unter dieser fortsetzend und aus Schlämmprodukten bestehend. Den . Grundstock des Geest bildet ein feiner glimmerhaltiger Quarzsand ohne Geschiebe und tertiären Alters, meist von Diluvium bedeckt. Dieses ist Geschiebeführender Mergel, Lehm und Sand, reich an Feuersteinen und Kreidekalktrümmern. Die Marsch erfüllt das niedrige Land in den Fluss- thälern und an der Küste und besteht aus den jüngsten Ablagerungen, ist vorherrschend Lehm und Thonerde bisweilen mit Moor wechselnd, an den Ufern mit Sand, der am Meere zu Dünen angehäuft ist. Bremen selbst liegt auf einer Dünenkette.e Die grossen Moore erfüllen alte Flussläufe und Seebecken. An einzelnen Stellen der Küste ist der Boden salzhaltig. Die Witterung des Gebietes ist unbeständig und wechselnd, Temperatur und Niederschläge sehwanken zu allen Zeiten des Jahres erheblich, Kühle Sommer, milde Winter, sehr unregelmässig vertheilte Niederschläge sind besonders einflussreich auf die Vegetation. Die selten starke Kälte ist den hochwüchsigen Holzpflanzen günstig, den Kräutern wegen man- gelnder Schneedecke nachtheilig. Es kommen fast frostfreie und auch strenge Frostperioden ohne Schnee vor. Zwei immergrüne Holzpflanzen, Epheu und Hülse gedeihen vortrefllich, demnächst der Stechginster, der schon im Mai zu blühen pflegt, im milden Wintern aber von Oktober bis Mai. Wichtigen Einfluss üben auch die W. und NWstürme verderblichen den meisten Bäumen, einen allgemeinen wesentlichen natürlich die Boden- 154 beschaffenheit, die physikalische und chemische. Auf diesem Gebiete macht sich besonders der Gegensatz von salzbedürftigen und salzfliehen- den Pflanzen bemerklich. Erste kommen an der Küste vor, aber nicht wegen Kochsalzgehaltes, sondern wegen der Jodide und schwefelsauren Verbindungen und des Kaligehaltes. Von dieser Strandflora unterscheidet sich sehr charakteristisch die Flora längs der Flussufer, auch das Weser- wasser ist reich an Kali, Ammon, Kalk und Schwefelsäure, das der kleinen Haideflüsse statt deren reich an aufgelöster Humussubstanz, Für viele andere Pflanzen sind dagegen die Chloride geradezu Gift und Kali, Magnesia und Kalk vertragen sie nur in geringen Mengen. Der Geschiebe- sand, die Dünen und das Hochmoor enthalten davon nur sehr wenig, darum deren Flora einc andere, welche bei dem reichen Gehalt des Bo- dens an Eisen gedeiben. Nach diesen allgemeinen Betrachtungen wendet sich Verf. nun an die Vegetation der verschiedenen Localitäten und unter- scheidet zunächst die Wald-, Haide- und Wiesenvegetation. Norddeusch- land hat Nadel-, Laubhoch- und Laubniederwald. Erster erscheint nur im südlichen Wesergebiet massenhaft, der Laubhochwald in den Thälern der Geest, doch auch auf den Geesthöhen und dem Moor, in der Marsch fast nur angepflanzt und besteht vorzüglich aus Eichen und Buchen. Der Laubniederwald liegt auf der Geest und den Haiderücken und ist von buschigen Eichen gebildet. Die Strauchvegetation der Haiden ist sehr ausgedehnt, charakterisirt durch Calluna vulgaris auf der Geest, deu Dünen und Hochmoor, im Moor mit Myrica gale, auf den Seedünen Salix repens. In der Marsch fehlt diese Vegetation. Die Grasvegetation der Wiesen sondert sich in das Röhricht und die eigentliche Wiese. Erstes auf sumpfigem Marschboden und längs der Flüsse mit Phragmites com- munis u. a. Rohrarten. Längs der Küstendünen erscheint der Röhricht- charakter etwas modifieirt. Die Wiese herrscht in der Marsch, längs der Geestflüsse und auf niedrigem Moorboden und wird gewöhnlich durch mehre Arten gemeinschaftlich charakterisirt. Die Flora selbst näher be- trachtend bemerkt Verf. die vom Menschen abhängigen wildwachsenden Pflanzen wie die Ackerunkräuter, die durch die Kultur zurückgedrängten oder ganz vernichteten Arten und die durch dieselbe gepflegten, die von dem Rande des Meeres abhängigen. Nach all diesem ist bei jeder Art einer Flora zu beachten, ihr Umfang in systematischen Sinne, ihr Ver- hältniss zu den verwandten Arten, ihre Lebensbedingungen (Licht, Tem- peratur, Feuchtigkeit, Boden), Mechanismus ihrer Befruchtung, Vermeh- rungs- und Verbreitungsweisen, ihre Feinde, ihre Kreuzungen. Für die meisten Arten sind all diese Beziehungen noch nicht genügend erkannt worden. Die speciellen Erörterungen beginnt Verf. mit der Geest und zwar deren Haideflora, schildert deren allgemeinen Charakter, deren Be- ziehungen und zählt dann die wichtigsten Arten ihrer verschiedenen Loca- litäten auf, behandelt in gleicher Weise die Wald- und Dünenflora sowie die Flora der Geestgewässer. Darauf wird die Flora der Marsch ge- schildert, die der Weserdünen, der Geestabhänge an der Weser und der Anhöhen im Innern der Geest, endlich die Küstenflora. Die speeiellen Betrachtungen gestatten einen Auszug nicht, sind aber wichtig und inter- 155 essant genug um die Floristen angelegentlich auf sie hinzuweisen. Zum Schluss stellt Verf. noch folgende allgemeine Sätze auf, die aus seinen Detailuntersuchungen resultiren. 1. Während der Tertiärperiode fand eine allmählige Abnahme der Wärme in den aussertropischen Gegenden statt, schnell an den Polen, äusserst langsam an den Wendekreisen und während dieser Zeit zogen sich die Gebirgspflanzen der aussertropischen Gegenden allmählig in die Ebenen, die Pflanzen der Polargegenden nach den mittlern Breiten zurück. Vielfacher Austausch zwischen Gebirgs- und Polarpflanzen. 2, Während der Diluvialperiode verbreiteten sich die Po- larpflanzen der Pliocänzeit nach Mitteleuropa und NAmerika, nachdem das Klima wieder milder geworden, bleiben viele derselben an günstigen Stel- len unter mittlen Breiten zurück. 3. Die Flora der Haiden, Moore und des Küstensaumes in NW Deutschland besteht grossentheils aus solchen ursprünglich pliocänen Polarflanzen, die meisten Art welche NAmerika mit Europa gemeinschaftlich hat, sind zur Diluvialzeit aus dem Norden in beide Länder eingewandert. 4, Von Bäumen kömmt nur die Birke in Europa und NAmerika vor, von Waldpflanzen sind beiden Kontinenten vorzugsweise solche Arten gemeinsam, die auch in niedrigem Gebüsch und an lichten Stellen gedeihen. 5. Von den eigentlichen schattenbe- dürftigen Waldpflanzen des NWdeutschen Tieflandes findet sich eine weit kleinere Zahl in Amerika als von den Haidegewächsen, die der Fluss- marsch und den Ufergegenden der Weser eigenthümlichen Arten fehlen mit wenigen Ausnahmen in Amerika ganz. 6. Ausser den physikalischen Verhältnissen des Bodens ist auch dessen chemische Beschaffenheit von entscheidender Wichtigkeit für die Vegetation. 7. Einige Pflanzen be- dürfen grössere Mengen von Kalk, Salzen oder Stickstoffverbindungen als andere und wahrscheinlich erfordern einige auch Humussubstanz zu ihrem Gedeihen. 8. Mehre Pflanzen werden durch grössere Mengen von Kalk, löslichen Salzen, Eisenoxydulverbindungen und Humussäuren ge- tödtet. 9. Viele Pflanzen wachsen auf den verschiedensten Bodenarten wenn ihnen nur die nothwendigen Salzlösungen zugeführt werden. 10. Während so vielen Arten der Boden nur als indifferentes Substrat dient und die Gewächse selbst unter ähnlichen nutritiven Verhältnissen leben wie bei der künstlichen Wasserkultur, scheinen andere Arten ihre Nah- rung direet aus Mineralien aufzunehmen, deren Zersetzung erst durch die Ausscheidungen der Wurzeln eingeleitet wird. - (Bremer Abhandlungen 405— 456.) Zoologie. 0.Schmidt, das natürliche System derSpon- gien. — Den ersten Versuch zu einem solchen veröffentlichte Verf. in seiner Monographie der Spongien von Algier 1868, worin er zwei Fami- liengruppen aufstellte, die nicht begründet sind; zugleich wies er die Wandelbarkeit der mikroskopischen Skelettheile nach, auf welche die Gat- tungen und Arten begründet wurden. Die Resultate der neuen Untersu- chungen gab er in seinen Grundzügen einer Spongienfauna des atlantischen Oceanes (Leipzig 1870) heraus. Hier entwirft er folgendes Schema 156 I 1 1000 IV Geodinidae Desmacidinae. Chalinopsidinae Ancorinidae Suberitidinae | ‘ n „‚Chalineae a nie” Renierinae Ceratospongiae Gummineae = ER Pa BR S S “ Rz EN Ba . {9% . z Hexatinellidae Lithistidae Halisarcinae Caleispongiae Dr DER Dr - - a, .o- "Protospongiae u m nn, Dieser Stammbaum geht bis auf die Urschwämme der ältesten Vorzeit zurück, die freilich noch lange nicht vollständig bekannt sind und die skeletlosen Formen unter ihnen wohl nie aufgefunden werden können, als ihre unmittelbaren Abkömmlinge dürfen die Halisareinen betrachtet wer- den. Sie nehmen die Grundlage des Schemas ein und mit ihnen hängen alle ohne Kiesel- und Kalkausschwitzungen zusammen, auch alle in wel- chen einachsige oder vielachsige Kieselkörper auftreten. Die Verkieselung tritt so allmählig auf, dass sie nur als Familiencharakter verwendbar. Eben diese Ordnung enthält nur Gattungen mit einfach linearen theils ge- raden theils gekrümmten und geschnörkelten Kieselkrystallen, Die Fami- lien dieser Abtheilung sind folgende: 1. Halisareinae und Gummineae mit Halisareia, Cellulophana, Chondrosia, Chondrilla, Sarcomella, Öseulina, Columnitis n. gen. — 2. Ceraospongiae: Spongelia, Euspongia, Tuba, Cacospongia, Stelospongia n. gen,, Luffaria, Aplysina, Filifera (Hircinia und Sarcotragus). — 3. Chalineae mit Pseudochalina n. gen., Chalina, Ca- cochalina, Siphonochalina, Cladochalina nov. gen., Sclerochalina nov. gen., Rhizochalina nov. gen., Crebrochalina n. gen,, Pachychalina und Chali- nula. — 4. Renierinae mit Reniera, Amorphina, Pellina, Eumastia n. gen., Foliolina n. gen., Schmidtia, Auletta, Tedania. — 5. Suberitidinae mit Suberites, Papillina, Radiella, Cometella, Theocophora, Rinalda (diese 4 neu), Tethya, Suberotelites. — 6. Desmacidinae mit Desmacella, Desma- codes, Scelerilla, Myxilla, Desmaeidon, Tenacia , Cribrella, Esperia, Scep- trella, Scopalina. — 7. Chalinopsidinae mit Pandaros, Dictyonella, Chali- nopsis, Clathria, Axinella, Phakellia, Acanthella, Raspailia, Raspaigella, Plocamia. — Zwischen den Halisareinen und den nadellosen Gummineen ist kaum eine Gränze, Die andern 6 Familien vertheilen sich auf zwei von den Halisarecinen ausgehende Aeste unter mehrfachen Verschmelzun- gen. Für die Renierinen, Suberitidinen und Desmacidinen nimmt Verf. die Gestalt und Combination der Kieselkörper als Hauptcharakter, ihre Lage- rungsweise und das Auftreten faserähnlicher Stränge als zweiten, die Bil- dung besonderer Hautschichten, die Modifieirung der Poren als Gattungs- charaktere. Eine Familie der Rindenschwämme mit Tethya als Typus ist nicht mehr haltbar. Eine interressante Reihe bilden die Desmacidinen, 157 indem sie die Wandelbarkeit und die Abänderungsgränzen der Kieselkör- per und den allmähligen Uebergang des lockeren in einen festen Zusam- menhang klar verfolgen lassen. Die Halisareinen bilden auch den Aus- gang zu den Hornschwämmen, welchen Spongelia vermittelt. Von ihnen fast untrennbar sind die Chalineen, die noch nicht natürlich umgränzt sind. Die fossilen Schwämme gehen in 2 Reihen auseinander, ihre Kie- seltheile bilden ein zusammenhängendes Gerüst und sind die Kieselfäden entweder kraus und scheinbar ganz regellos gebogen oder sie bilden äus- serst regelmässige quadratische Maschen, wonach man solche mit wurm- förmigen und solche mit gitterförmigen Gewebe unterscheidet, erste nennt nun Sch. Vermiculatae und findet sie unter den lebenden in seiner Fa- milie der Lithistidae. Zu ihnen gehören die drei neuen Gattungen Leio- dermatium, Corallistes und Lyidium, in die 2. Familie Ancorinidae: Pa- chastrella, Sphinietrella, Tetilla, Craniella, Ancorina und Stelletta, in die 3. Familie Geodinidae: Geodia, Pyxitis, Caminus und Placospongia. Leio- dermatium enthält die Arten, deren Harttheile lediglich aus einem conti- nuirlichen Kieselfadengewirr bestehen. Bei Corallistes kommen dreizähnige, eine Rindenschicht bildende Anker hinzu, welche den Zusammenhang mit den Ancoriniden darthun. In Lyidium verliert das Gewebe die Continui- tät. Die fossilen Ventrieuliten sind den lebenden Hexatinelliden zunächst verwandt. Sowohl in den continuirlichen Netzen wie in den charakteristi- schen isolirten Nadeln geschieht das Wachsthum nach dem Achsensystem des Würfels. Es ergiebt sich auch für die lebenden Spongien, dass die zusammenliängenden Kieselnetze aus der Knospenbildung der sechsstrahli- gen Nadeln hervorgehen, und daraus weiter, dass die Verwandtschaft we- nigstens der lebenden Gattungen unter einander sehr innig ist. Deshalb ver- einigt sie Sch. in die Familie der Hexatinellidae mit Lanuginella, Holtenia, Hyalonema, Sympagella, Placodietyum, Euplectella, Farrea, Aphrocallistes, Dactylocalyx. Fast alle sind Tiefenbewohner und gleichsam lebende Kreide- ihiere. Auch die Lithistiden können als directe Abkommen der Vermieu- laten betrachtet werden, Die tiefste Art, Radiella sol wohnt in 600-Faden Tiefe bei Cuba und ist eine Suberitidine. Die Ordnung der Kalkschwämme hat heute ihre Verbindung mit den übrigen Schwämmen gänzlich verloren. — (Steiermärk. naturwiss. Verein II. 260 — 269.) Ed. Clapar&de, zur Anatomie und Entwicklungsge schichte der Seebryozoen. — Verf. untersuchte während des Win- ters 1868-69 in Neapel neben den Anneliden auch die Bryozoen und sieht sich durch ähnliche Arbeiten von Smitt (1865), von Nitzsche, Mez- enikow und Reichert veranlasst die Resultate seiner Untersuchungen zu veröffentlichen. 1. Das Verhältniss der verschiedenen Zooecien zu einander bei Bryozoen nebst Bemerkungen über die Knospenbildung. In allen oder fast allen Bryozoenstöcken entbehren viele, oft die meisten Wohnzellen den Nahrungsschlauch mit dem Tentakelkranze und man hielt dieselben für abgestorben, allein sie leben und haben eine eigene Func- tion, ihre zellige Endocyste besteht ohne Zeichen eines Zerfalles, ihr Colo- nialnervensystem behält die Structur und physiologische Processe gehen in der Leibeshöhle vor. Diese Zooecien sind bestimmt nicht tod, sie 158 leben ohne Tentakeln und Darm. Die Vermehrung, des Bryozoenstockes geschieht bekanntlich durch Knospen, deren jede als Ausstülpung der Endocyste entsteht, welche die dünne Ectocyste vor sich her treibt. Sie legt später durch Spaltung den Grund zu einzelnen Zooecien, ist an sich aber eine blosse Wucherung der Endocyste, die schwimmenden Körper- chen in der Leibeshöhle sind aufgespeichertes Bildungsmaterial und fehlen gewöhnlich den ausgebildeten Zooecien. Das Zellennetz der Endocyste hat Smitt bei Membranipora als Canalsystem beschrieben. Durch die Wucherung nach Innen entsteht eine Blase als Anfang des Nahrungs- schlauches, auf derselben bilden sich zwei Knöpfchenreihen als Anlage der Tentakeln, ihr hinterer Theil treibt den Nahrungsschlauch hervor, während die Tentakeln fadenförmig werden. — 2. Rückbildung des Nahrungsschlauches und Bedeutung von Smitt’s Keimkapseln. Mit dem allbekannten Verschwinden des Nahrungsschlauches geht ein Auftre- ten von braunen Körperchen in den Zooecien parallel, die zuerst Favre mit der Reproduction in Beziehung brachte und die in der That als Statoblasten zu betrachten sind. Bei den meisten Bryozoenstöcken findet man die ausgebildeten Nahrungsschläuche nur in den Astspitzen, die andern Zooecien enthalten statt dessen nur jene ein oder zwei Keim- kapseln, nur einige beide Organe zugleich. Smitt fand in den Keim- kapseln wirkliche Eier. Verf. weicht von dieser Auffassuug ab. Die angeblich neu sich bildenden Nahrungsschläuche neben den Kapseln hält er für in Resorption begriffene, die ganz allmählig erfolgt, den Ursprung der braunen Körper konnte er nicht ermitteln, aber dieselben kommen auch in den ältesten Zooecien vor und enthalten stets nur starklichtbre- chende Körnchen, keine Eier. Mit der Zurückziehung und Resorption der Tentakelkrone schliesst sich aueh die. Mündung der Zelle. Bei einigen Arten zeigen sich im Innern zugleich zahlreiche blassgelbe Tropfen, rund- liche, spindelförmige und gelappte, die wie die dunkeln Körper Excrete sein mögen. Nach Verschluss und vollendeter Resorption treten in den alten Zooecien noch andre neue Gebilde auf, braune Kugeln neben jenen dunkeln Körpern, farblose und milchweise Kugeln, ausserdem verdickt sich die Endocyste fort und fort. Nach Smitt legen sich die neuen Kalk- schichten aussen auf die alte Schale, aber bei Scrupolaria sondert die Endoryste die neuen Kalkschichten ab und dadurch nimmt die Breite des Innenraumes allmählig ab. Den Stoffumsatz liess Verf. anfangs durch feine Poren in den Wänden geschehen, erkannte aber später dieselben als Durchgänge für das Colonialnervensystem und fand dann eine breite Oeffnung, durch welche ein Zooeeinm mit seinem Nachbar in Commu- nication steht und durch diese wird die Nahrung zugeführt. — 3. Das Colonialnervensystem wurde von Fritz Müller zuerst bei einer Serialaria erkannt und Andere haben dessen Existenz bestättigt. Müller unterschied ausser den Ganglien den Hauptnervenstamm und den Plexus, der Hauptstamm fehlt den Chilostonen, er gehört dem gemeinschaftlichen Stamme des Stockes und giebt nur Zweige an die Zooecien ab. Im All- gemeinen verlaufen die Zweige longitudinal, zerfallen aber gewöhnlich an beiden Enden der Zooecien in viele dünne Fäden, welche die Zwischen- 159 wand durchsetzen und in die Nachbarzellen eintreten. Bei Bugula fand Verf. im Nervengeflecht einen hohlen Ast, erkannte auch Verästelung desselben. Diese Beobachtung nimmt Reichert zur Stütze seiner Ansicht, dass das Colonialnervensystem bei Vesicularia ein Gefässsystem sei, wo- von sich Verf. jedoch nieht überzeugen konnte. Die Nervenverbindungen finden ebensowohl zwischen den Zooecien derselben Reihe wie mit denen der Nachbarreihen statt und auch zu den Avicularien und Vibracularien gehen Fäden. Nach einem individuellen Nervensystem hat Verf. verge- bens gesucht. — 4. Geschlechtsverhältnisse bei Bryozoen und Entwicklung von Bugula. Viele Bryozonen besitzen Ovicellen, andre nicht; bewimperte Embryonen wurden bei allen beobachtet, sie entstehen in den Ovicellen. Grant erklärt diese Embryonen nur für bewimperte Eier, Favre nemnt sie unpassend gemmulae, wogegen Dalyell mit Recht auftrat, da sie keine innern Knospen sind. Neben ihnen wurden auch wirkliche Eier in der Leibeshöhle beobachtet, die an der hintern Zellwand ent- stehen. Huxley wies 1856 die Zwitternatur der Chilostomen nach, zeigte, dass die Ovicellen ursprünglich leer sind und erst spät das Ei aufnehmen, wogegen Hincks erklärte, dass die bewimperten Embryonen in den Ovicellen entstehen, die hier aber niemals in dieselbe gelangen. Smitt tritt auf Huxleys Seite. Nach demselben entstehen die Embryonen bei einigen “Arten geschlechtlich bei andern ungeschlechtlich. Nach Verf. bilden sich Eier in den Zooeeien selbst und schlüpfen erst später in die Ovicellen wenigstens bei Bugula und Scrupocellaria. Der Eierstock liegt im obern Theil der Rückenwand und besteht aus zwei Eizellen in gemeinschaftli- cher Hülle, deren eine rasch wächst und einen ziegelrothen Dotter erhält, während die andere klein und farblos bleibt. Erst wenn das Ei reif ist, beginnt die Bildung der Ovicelle. Der Hoden liegt am untern Ende. Die Entwicklung der bewimperten Embryonen verfolgte Verf, Er sah dieselbe aus den Ovicellen ausschlüpfen, umherschwärmen, sich festsetzen und in einen jungen Stock verwandeln. Ausschlüpfend ist die Larve kugelig, 0,18 Mm. breit, ganz bewimpert, im Centrum dunkelgrobkörnig, nach aussen hell, auf der Oberfläche zeigt sich eine Furche mit erhabenen Rändern, an ihrem runden Ende liegt ein schwingendes Haarbüschel, davor eine Mundöffnung. Nach einiger Zeit treibt die Larve einen breiten eigenthümlichen Fortsatz, der sich saugnapfartig aushöhlt und zum Fest- setzen dient. Nach dem Festsetzen gehen die Wimpern und Haarbüschel verloren, die zellige Hülle hebt sich von der körnigen Centralmasse ab, nun ist die junge Bugula keulenförmig. Die zellige Haut ist die Endo- cyste, welche nach aussen die Eetocyste als äusserst zarte Haut abson- dert. Von erster springt eine ovale Masse nach innen vor und in dieser bildet sich eine Höhle. Dieses hohle Gebilde ist einer innern Knospe vergleichbar, in ihr keimen die Organe hervor. Dabei aber verändert sich die Gestalt des Zooeeiums, — 5. Knospenbildung bei Loxo- soma. Die jungen Knospen sind blosse birnförmige Ausstülpungen der Leibeswand mit einer einzigen Zellenlage als’ der Endoeyste und einer weichen Cutieula als Ectocyste. An ihren freien Pole wuchert eine Zellen- masse nach innen, die zum Nahrungsschlauch wird, Ueber dem Knospen- 160 > stiel wächst dann ein Fortsatz hervor, der zum hintern Leibestheile wird und endlich den Fuss des neuen Individuums bildet, mit dem sie sich abfallend festsetzen. — (Zeitschr. wiss. Zool. XXI. 137— 174. Tf. 8—10.) Ad. Agassiz, über die Jugendzustände der Seeigel, — Die bei den Tiefseeuntersuchungen zwischen Cuba und Florida gesammel- ten Echiniden nöthigten zu einem Studium der Jugendzustände und dessen Resultate giebt Verf. in vorliegender Abhandlung. Es waren mehr denn 30 Arten der verschiedensten Familien, also ein sehr reiches und einzelne ergaben so auffallend verschiedene Formen und Eigenthümlichkeiten in verschiedenen Stadien, dass man dieselben in zwei Familien untergebracht haben würde, wenn die Entwicklung nicht ermittelt worden wäre. Bei Toxopneustes drobachensis hat der junge Seeigel nach Absorption des Pluteus einige grosse Höcker mit Warze, im nächsten Stadium zwei grosse Höckerreihen, welche die ganze Schale einnehmen und sich vermehren wie sie grösser werden, wobei auch die Stacheln ihre-Form ändern. Die Mundöffnung ist anfangs gross, ohne Einschnitte und nimmt fast die ganze Unterseite ein. Sie wird kleiner in dem Masse als die Schale grösser wird und erhält Einschnitte. Das Analsystem ist zuerst von einer einzigen Plaite geschlossen, die vor den Ocellar- und Genitalasseln auftritt. Die Sub- analplatte ist in verschiedenen Stadien verschiedenen Genitalplatten gegen- übergestellt. Die Ambulakren sind anfangs schmal, die Poren in verticale Reihen geordnet, dann werden sie schwach vertical gebogen, trennen sich darauf in horizontale Bogen mit kleiner Porenzahl, die schuell grösser wird. Die Platten des Porengürtels wachsen unabhängig von den Interambula- kralplatten. So repräsentiren die verschiedenen Wachsthumsstadien junge Cidaris, dann Hemieidaris, Pseudodiadema, Echinocidaris endlich Helio- eidaris. Eine ganz ähnliche Formenreihe durchläuft Toxopneustes lividus. — Bei Cidaris weicht die Jugend vom reifen Alter fast nur durch die Grösse der Stacheln ab und durch die auffallende Zähnelung. Das Abac- tinalsystem nimmt zeitig den Charakter der Reife an. Aehnlich verläuft die Entwicklung bei Diadema und Garelia, die verhältnissmässig grössere Stacheln haben. In der Aktinalmembran weichen die jungen Diadema von den alten ab. Die eigenthümliche Gruppirung der zuerst auftretenden Mundambulakralplatten in fünf Haufen geht bald durch die Annäherung der kleinen Interambulakralplatten verloren und bei allen erscheinen die Platten tief in die Mundmembran eingebettet. Die Poren sind anfangs in verticale Reihen gestellt, ordnen sich dann in Bogen von 3 oder 4 Paaren, später nehmen die mittlen Reihen der Interambulakralhöcker die Anord- nung der Alten an. In Folge des rapiden Wachsthumes der Stacheln sind dieselben häufig hohl und werden von der Basis aus solid. Verils Echino- diadema beruht auf jungem Diadema mexicanum. Bei Garelia sind die Stacheln schon frühzeitig solide und längs gestreift. Die grössten Verän- derungen aber durchläuft Echinometra. Von Exemplaren derselben Grösse sind einige fast kreisrund, die Schale flach, bedeckt mit langen dünnen Stacheln, andre dagegen haben eine gelappte angeschwollene Schale mit kurzen dicken Stacheln. Durch derartige auffallende Veränderungen ist die Synonymie sehr verwirrt geworden. Junge Echinocidariden haben sehr 161 früh schon 4 Analplatten, ein auffallend vorragendes Abactinalsystem, eine tief punktirte Schale durch Leisten verbunden in rudimentäre Höcker, Die Haupthöcker sind zuerst im Umfange begränzt und mit kurzen, dicken Stacheln besetzt, die später dünn und lang werden. Die rudimentären Stacheln sind keulenförmig. Der Porengürtel hat früh schon die Structur der Alten, auch das Verhältniss der Mundöffnung zur Schale ändert nicht erheblich, der Rand des Actinalsystemes ist nur schwach aufwärts gebo- gen, die Lippen treten allmählich mehr hervor. Die Trennung von Echi- noeidaris und Arbacia, welche die Gruppen mit nackten oder bestachelten Interambulakren repräsentiren ist nicht natürlich, sie hängt von der grös- seren oder geringeren Resorption der rudimentären Höcker ab. Junge Echinoeidaris punetulata könnte man für junge Arbacia halten und junge Arbacia aequitubereulata für junge Echinocidaris. In Folge des unabhän- gigen Wachsthums der Platten des Porengürtels haben wir 3 oder 4 Po- renpaare für jede Ambulakralplatte, — Bei Echinus, Sphaerechinus und Lytechinus haben junge dieselbe ununterbrochene verticale Anordnung der Poren, die zunächst eine verticale bogige noch verbundene Form und dann die Anordnung der Alten annimmt. Bei ihnen ist das Analsystem zuerst von einer Platte bedeckt und erleidet ähnliche Veränderungen wie Toxopneustes und durch das Hinzutreten von vier kleinen Platten u.s. w. Die Miliarhöcker werden hier ebenfalls durch strahlige Leisten gebildet, die sich von der Basis der Haupthöcker erheben, dann schwellen sie am Ende und bilden eine Reihe keulenförmiger Speichen rund um den Haupt- höcker und diese werden nach und nach von ihm getrennt. Die zehn grossen Mundplatten der Mundmembran erscheinen zuerst, kleine darauf zwischen ihnen und den Zähnen. Diese Wachsthumsreihe ist eine ganz andere als bei den Cidariden, wo diese Platten den Theil der Ambulakral- und Interambulakralplatten vollenden. — Bei den Temnopleuriden bleibt die Subanalplatte selır vorragend bei Alten, das Analsystem der Jungen ist von einer grossen elliptischen Platte bedeckt; mit der Vergrösserung des Analsystemes umgeben zahlreiche kleine Platten die grosse. Bei Tem- notrema dagegen geht das Analsystem gleiche Veränderungen ein wie bei Toxopneustes und Echinus. Bei Toreumatica erscheinen die Vertiefungen an den Winkeln der Platten zuerst als rectanguläre Oeffnungen, die sich allmählieh durch Gruben verbinden, tiefer werden- und hervorstechen. Ebenso bei Temnotrema. Die Miliarhöcker bilden sich auch hier durch Streifen der Haupthöcker. Bei Trigonoeidaris’ unterscheiden sich die Jun- gen von den Alten durch grössere Vertiefungen minder zahlreiche und niedrigere Reifen und nur wenige Secundärköcker. Bei Gonocidaris haben die kleinsten Exemplare einige grosse Stacheln, denen der jungen Doro- eidaris abyssicola ähnlich, die allmählig ihre spindelförmige Gestalt verlie- ren, spitzer und länger werden, während die Schale grösser wird. Die Actinalöffnung anfangs sehr gross, die Schale der Jungen ein schmaler Ring von der Actinalseite gesehen; die Hauptwarzen wenig zahlreich mit ausstrahlenden Linien, die allmählig zu Miliar und Secundärwarzen werden, so dass die Schale erst einem jungen Psammechinus ähnlich ist, dann einen Psammechinus mit tiefen Strahlenfurchen, endlich mit tiefen Höh- 162 lungen um die Basis der Warzen. Die Subanalplatte bleibt immer vor- wiegend und der embryonale Charakter des Analsystems ist ein Hauptzug dieses Seeigels. Die Veränderung der Anordnung der Poren bei Tripneu- stes und Boletia ähneln denen bei Echinus. Gray’s Hippono& ist dieser Gattung ident. Die Jungen der Clypeastriden ändern sich erheblich, Echinarachnius ist anfangs elliptisch, gewölbt, hoch, der After in einer seichten Depression gelegen, nur zwei Hauptreihen grosser Warzen in je- dem Felde vom Scheitel bis zum Munde sich erstreckend, dieser gross, pentagonal, die Ambulakralrosette auf 2 Porenpaare redueirt, einfache Durchbohrungen der Schale , eines in jeder Porenreihe für jedes Ambula- krum. Dann wird die Schale birnförmig, das hintere Ende stumpf, ver- flacht sich, der After rückt an den Rand, die Rosette aus 3 und 2 Paaren einfacher Poren in jeder Porenreihe für jedes Ambulakrum, die Warzen relativ kleiner nur noch 2 Reihen in jedem Felde. Im nächsten Stadium ist die rudimentäre Rosette aus 4 und 5 dicht gedrängten und 2 oder 3 entfernten Porenpaaren gebildet. Die Schale wird ganz flach, ihre Unter- seite concav, wellig, die Ambulakralfelder viel schmäler als die interam- bulakralen, jede Platte mit nur einer Warze. Noch später, wenn die Rosette ihren strahligen Umriss verliert und schwach petaloid wird, findet sich der Winkel an der Basis des Petalums in dem Ambulakralfelde ge- bildet, von welchem Punkte sich die Ambulakralasseln rasch erweitern, jede Platte nun mit 2—6 kleinen Warzen. Der Umriss ist ganz penta- gonal, die Unterseite concav aber wenig wellig, der After nahe dem Rande und von einer Assel bedeckt, das Analsystem mit 5 Platten. Wie der junge Echinarachnius an Grösse zunimmt, wird sein Umriss kreisförmig und bei 1/5” Durchmesser erhält er das Ansehen der Riefen. Junge Mellita hexopora von 3/35‘‘ Durchmesser sind kreisrund mit erhabenem Rande wie bei Laganum, noch ohne Lunulae, die Rosette einfach eine Reihe strahli- ger Poren, 3 und 2 in jeder Porenreihe für jedes Ambulakrum. Die am- bulakralen und interambulakralen Asseln von gleicher Grösse, hexagonal bilden 20 gleiche Felder und tragen je eine grosse Warze auf der Mitte, der Mund sehr gross, dann wird allmählig der Umfang schwach penta- gonal, die Asseln länglich, die Lunula bohrt sich bis zur Rückenseite hindurch, die Rosette ist strahlig und besteht aus 5—6 Porenpaaren in jeder Reihe, das Ambulakralfeld kaum schmäler als die interambulakralen. Die Rosette wird schwach petaloid, es sind 2-— 5 Warzen auf jeder Assel vorhanden, diese ganz langgestreckt; die Unterseite der Schale flach mit verbreiterten Ambulakris und mit grössern interambulakralen Warzen. Der Schalenrand ist noch verdickt und erst bei !/,‘“ Durchmesser erscheinen die ambulakralen Lunulae als Gruben, die sich allmählig durchzwängen ; die hintern interambulakrale Lunula nimmt sehr schnell an Grösse zu, die Schale und die Aftergrube werden etwas von ihr getrennt und bilden einen Eindruck in der Fortsetzung der Lunula. Aehnliche Veränderungen er- leiden Mellita testudinata und Encope marginata, nur stimmt bei erster die Bildungsweise der Ambulakrallunula nicht überein. Die interambulakrale Lunula allein entwickelt sich aus einer Depression an der Unterseite und drängt sich durch die Schale, die ambulakralen Lunulae resultiren aus 163 dem Verschluss von Einschnitten am Schalenrande. Bei jungen ellipti- schen Eucopiden erstrecken sich die Ambulakralfelder einförmig vom Rande zum Scheitel und sind schmäler als die interambulakralen ;} beider Asseln tragen je eine oder 2 Warzen und ein Paar sehr kleiner, die Ambulakral- poren erstrecken sich vom Scheitel bis zum Munde. Der tief gekerbte Um. riss gleicht einer Moulinsia und Agassizs Figur in der Monographie des Seutelles ist nur eine junge Encope emarginata. Die Kerben schliessen sich oder nicht. Die Entwicklung des Stolonoclypus prostratus und der flachen Clypeastroiden bringt eine vollständige Reform unter Lenita, Scu- tellina, Runa, Echinocyamus u. a., die vielleicht nur Jugendzustände An- derer sind. Die Scutelliden durchlaufen Stadien, welche nicht von Mou- linsia, Fibularia, Runa, Seutellina verschieden sind und die Clypeastriden haben ein mit Echinoeyamus identisches Stadium. Der Echinoceyamus bei Florida is ein junger Stolonoclypus prostratus. Die Entwicklung von Echi- nolampas wirft unerwartetes Licht auf die Beziehungen der zahnlosen Ga- lerites und Cassidulidae: Echinoneus is nur ein permanentes Embryonal- stadium von Echinolampas und hat nichts mit Galerites gemein. Junge Echinolampadae von }1/,‘ Grösse sind elliptisch ähnlich Echinoneus mit grossem querelliptischen Munde und After am stumpfen Hinterende über der Peripherie, auf jeder ambulakralen Assel mit einer Hauptwarze um- geben von Miliarwarzen, die interambulakralen verlängert mit je 1—3 Hauptwarzen und zahlreichen Miliarwarzen in Kreisen. Später ist die Schale weniger elliptisch, flacher und eine rudimentäre Rosette zeigt sich. Bei Zollgrösse ist die Gestalt kreisförmig pentagonal, die Miliarköcker ver- mehrt, das Analsystem von drei grossen dreieckigen Plaiten bedeckt, der After nahe dessen Rande in einer schmalen Spalte. Die Spatangiden än- dern ihre Gestalt ebenfalls erheblich, auch die Lage des Afters, die Am- bulakralblätter, die Semitä mit ihren Pedicellen, die nur modifieirte Sta- cheln sind. Junge Brissopsis lyrifera sind cylindrisch, hinten vertikal ab- gestutzt, auf dem unpaarigen Ambulakrum mit 4—5 grossen lappigen Tentakeln. Auch die Aenderungen von Echinocardium cordatum, der Agassizia berührt Verf, noch. — (Bullet. Mus. Compar. Anat. 1869. 279.) Winnertz Joh., Heteropeza und Miastor. — Verf. hat früher in der Stett. entom, Zeitung zwei Arten pygmaea und nervosa unter der Gattung Heteropeza publieirt und findet sich jetzt veranlasst, nachdem er eine dritte Art aufgefunden, die der letzteren näher steht, die von Meinert aufgestellte Gen. Miastor für beide anzunehmen. Sonach ge- stalten sich die Diagnosen für die beiden Gallmückengattungen, wie folgt: Heteropeza Wtz: Caput parvum. Antennae porrectae, moniliformes, maris articulis remotis 2-+9, feminae sessilibus 2+8 articulatae, artieulis 2 radialibus cerassis. Proboscis brevissima, in os retracta, apice palpigera. Palpi 4-articulati, artieulis inaequalibus. Oculi lunati, ocelli nulli. Tho- rax ovatus absque sutura transversa. Abdomen 8-annulatum. Pedes bre- ves; tarsorum articulus 3. longissimus, 4. et 5. brevissimi. Alae nudae lanceolatae, binerviae, incumbentes parallelae. H. pygmaea:pallide flava, thorace fusco-flavido, halteribus albidis; alis nudis decoloribus N»? 1/,‘“ — Miastor Meinert: Caput rotundum parvum. Antennae porrectae, 164 moniliformes, in utroque sexu 2-11 articulatae, verticillato -pilosae, ar- tieulis basalibus cupuliformibus, ceteris subovatis, remotis Z', v. monili- formibus, sessilibus @. Proboseis brevis crassa, in os retracta. Palpi 4-artieulati. Oculi lunati, ocelli nulli. Thorax evalis absque sutura transversa.. Abdomen 8-annulatum. Pedes graciles J', v. breves, validi 9; tarsorum articuli inaequale longi, articulus ultimus minutissimus. Alae nudae lanceolatae, trinerviae, incumbentes parallelae. _M. nervosus : luteus, vertice, thorace antice metathoraceque nigrescentibus; halteribus albis; pedibus pallidis, tarsis obscuris; alis hyalinis, cubito marginem non attingente Z1Q ?/,‘° M. hospes n. sp. Luteus, capite nigricante ; halteribus albis; pedibus pallide flavis, tarsis obscuris; alis hyalinis, eubito usque ad marginem extenso,. Q°/,‘“. Es ist dies das merkwürdige Thier, dessen vivipare Larve von Wagner und später von Meinert beobachtet worden. Ausserdem wird noch die von Meinert beobachtete Art M. me- traloas wie folgt diagnosirt: Ochraceus; oceipite, vittis 3 mesonoti, me- tanoto extremo, segmento mediali, marginibus segmentorum extremorum apiceque abdominis nigrescentibus. Mas. Antennae corpore quadruplo bre- viores; genitalia parva 1,25 — 1,75 mill. Fem. Antennae cerpore quintuplo breviores ; ovipositor brevis 2 mill. Larva habitat sub cortice fagi gre- gatim. — (Wiener Zool. bot. Verh. XX. p. 3— 8.) Derselbe, dieG@ruppe der Lestreminae besteht aus den Gat- tungen Campylomyza, Micromyia, Catocha und Lestremia; die sich von der Gruppe Ceeidomyinae durch das Vorhandensein der Punktaugen, die nicht verkürzten Fersen, ein ausgebildeteres Adernsystem der Flügel un- terscheiden. Von Campylomyza werden folgende n. sp. beschrieben: a. Flügel mit keilförmiger Basis C. pumila 4 !/,‘'‘ Fusca; halteribus pallidis, pedibus sordide flavis; antennis 2+11 articulatis; alis limpidis. C. analis 9 2/,‘ Fusca ; antennis, foreipe pedibusque flavo-albidis; an- tennis longitudine corporis; 2+12 articulatis, alis vitreis, alio situ albi- cantibus, pallide flavo irisantibus. C. fusca J' 2/5 Nigro fusca; pedibus fuscis, tarsis sordide flavidis; antennis gracilibus, longitudine corporis, 2-12 articulatis; alis hyalinis. C. aequalis 41 ®/19‘‘ Obscure badia, an- tennis 2-+12 articulatis; halteribus albis; pedibus flavidis; alis hyalinis. C. flavida Z1/,, 2 1%“ Flavida, thorace vittis 3 brunneis; antennis 2-+-12#articulatis; halteribus albis; alis hyalinis. C. vivida 5 1/,‘4 Tho- raceZnigro-fusco, abdomine dilute fusco; halteribus albis; pedibus rufis; ‚antennis corpore longioribus, 2+ 12 articulatis; alis hyalinis. O. lepida 9 31,” Thorace fusco; abdomine sordide flavo, fusco fasciato; pedibus dilute piceis, alis hyalinis; antennis capite thoraceque paullo longioribus, 24-12 articulatis. C. flavicoxa 5! 3/4‘ Thorace nigrofusco; abdomine dilute;fusco; palpis, coxis pedibusque flavis; alis subhyalinis , antennis corpore brevioribus, 2+12 artieulatis. C. perpusilla 1/z‘. Lurida, thorace vittis“3 fuscis — post mortem tota sordide fusca; pedibus albidis v. flavidis ;jalis hyalinis, dense pilosis; antennis corpore longioribus, 2413 artieulatis. b. Flügel mit eirunder Basis. C. squalida 2 ?/,‘“ Thorace nigro-fusco , abdomine sordide flavo; antennis 2 10 artieulatis; halte- ribus albidis; pedibus flavidis; alis hyalinis. C. rudis Q 4/5‘ Nigro-fusca, 165 antennis 24-10 artieulatis; halteribus pedibusque piceis, tarsis sordide flavidis; alis einerascentibus. C. vittata Q 7/,‘” Thorace flavo, fusco- trivittato, antennis 2+12 artieulatis; abdomine fuscescente, ineisuris pal- lidis; pedibus flavis; alis subhyalinis. C. sylvicola Q 11/,,‘ Thorace flavo, fusco-trivittato ; abdomine sordide flavo, antennis 2+11 artieulatis; hal- teribus albis; pedibus flavidis; alis einereis. C. munda Q ?/,,’“ Nigro- fusca; antennis 2-+12 artieulatis; halteribus albis; pedibus dilute piceis; alis subhyalinis. C. obscura Q 2/,/ Nigro-fusea; halteribus pedibusque dilute piceis; alis hyalinis; antennis 2-+12 articulatis. C. fuseinervis g1, 2°)‘ Nigro-fusea; antennis JQ 2-+12 articulatis; halteribus albis; pedibus luridis; alis cinerascentibus. C. picea 2 1 Thorace nigro-fusco; abdomine piceo, incisuris dilutioribus; antennis 2+ 13 arti- eulatisz; halteribus albidis ; pedibus dilute piceis; alis subhyalinis. C. va- lida J'Q 1'%° Nigra, nitida; antennis graeilibus 2-+12 Z1, 2+ 15 — 16 (2) artieulatis; halteribus nigris v. fuseis’; pedibus piceis, feminae tarso- rum anticorum articulo ultimo elongato et dilatato; alis einerascentibus. C, flaviventris @ 11/,° Thorace nigro, abdomine sordide flavo, ineisuris pallidis, apice fusco, palpis halteribusque fuseis; pedibus piceis; antennis 2-17 artieulatis. C. albicauda Z' Q 1° Thorace badio v. fusco; :bdo- mine fusceo, forcipe Z' albida; halteribus fuseis; pedibus piceis; alis brun- nescentibus, antennis 2+12 (Z), 2-+18 (2) artieulatis. C. Kollari & 2/3‘ Thorace nigro-fusco; abdomine lurido ; antennis 2+19 articulatis, halteribus fuseis; hypostomate, palpis pedibusque melleis; alis hyalinis. “ C* antennata Q 1‘ Thorace fusco; abdomine pedibusque piceis; antennis 2-23 articulatis; palpis sordide flavis; halteribus albis; alis brunnescen- tibus. Weiter werden die folgenden Gattungen ausführlich charakterisirt und die bereits bekannten Arten bei den einzelnen näher beschrieben: Mi- eromyia lucorum Rond. Catocha latipes, brevinervis? Q@ Zett. Lestremia leucophaea, fusca, defecta n. sp. Thorace flavo, striis 3 confluentibus nigro-fuseis v. toto nigro-fusco; abdomine nigro-fusco, antennis 2—+14 (4), 2+9 (2) artieulatis; coxis femoribusque flavis; tibiis tarsisque fuseis A, coxis flavis, pedibus fuseis (9): alis hyalinis. L. carnea Löw. (Ebda 9 — 36.) } v. Bergenstam, die Metamorphose von Platypeza holo- sericeaMg. — DieLarve, welche in Agaricus camp. var. sylvatica lebt, wird ausführlich beschrieben und auch abgebildet, und ist somit neben P. fasciata die zweite Art, deren Verwandelung man kennt. — (Ebda 37 Taf. 3. A.) C. Tscehek, Beiträge zurKenntniss der österreichischen Cryptoiden. — Verf. giebt hier die Diagnosen einiger bekannten Arten in beiden Geschlechtern, von denen bisher nur das eine beschrieben war und stellt eine grosse Anzahl neuer Arten auf, die wir jedoch hier nur namhaft machen können. In Bezug auf das Ausführlichere müssen wir auf die beiden Arbeiten selbst verweisen, bemerken nur, dass hier immer beide Geschlechter gemeint sind, wenn keins besonders bezeichnet ist, ausserdem die Namen ohne Autorangabe n. sp. sind A. Humeralquerader im Vorderflügel vor oder in der Mündung der Grundader entspringend, Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 12 166 a. Humeralquerader im Hinterflügel unter der Mitte gebrochen aa. Luftlö- cher des Metathorax spaltenförmig oder deutlich elliptisch. Cryptus ob- scurus Gr., reereator F, australis, albatorius Gr. (Q= obseurus Gr. par- tim), diffieilis, immitis Q, sponsor Gr. (g' = 4lineatus Gr), leucocheir Rtzb, ineisivus j', gratiosus, investigator, exstinetor, attentorius Gr. (J' obscurus var 2), analis Gr simplex /, mactator Q, bb. Luftlöcher des Hinterrückens klein, kreisrund. C. inquisitor Q, alutaceus Q, rufiventris Gr; mansuetor, pereginator Gr (j' — analis Gr.), fumipennis Gr. g' (in beiden Geschlechtern aus Psyche viciella erzogen), hospes, minutorius Gr., fuscipes 9, excentricus Q, remex 9, vindex @ — b. Humeralquerader im Hinterflügel über oder in der Mitte gebrochen, «& Luftlöcher des Hinter- rückens kreisrund: C. heliophilus, ß Luftlöcher eiförmig: C. fuseicornis Q, explorator; insectator Q, coxator ®, confector Gr. (Z' = albus Tg). B. Die Humeralquerader im Vorderflügel deutlich, d. h. um wenigstens eine Nervenbreite hinter der Mündung der Grundader inserirt. «. Erstes Glied der Fühlergeisel mehr als 4 mal so lang wie dick: C. mesocasta- nus Q, ambiguus, molestus, abnormis, plebejus, inimicus 9, ingratus 9, tristator, negleetus, simulator. ß. Erstes Glied der Fühlergeisel weniger als Amal so lang wie diek: C. pauper @, castaniventris Q, gradarius 9, curvipes @ — Mesostenus furax. Listrognathus n. g. L. cornutus. — (Ebda p. 109 — 156.) Derselbe. Fortsetzung. — Dieselbe Eintheilung ist vom Verf. festgehalten und vom Ref. dieselbe Bezeichnungsweise. Es werden folgende Arten ausführlich besprochen: A, a. aa. C. ineisus @ (= sponsor Rtzh), macellus 9, buceulentus Q, erro Q@, nubeculatus Gr Q, sordidus 9, bb. C. solitarius, Cimbieis, incubitor Gr f' (= pygoleucus var.), remex 9. b. £ Luftlöcher des Hinterrückens gestreckt: C. coxator g1, ingecta- tor. B. «@. Beim © das erste Geiselglied der Fühler mindestens 4 mal so lang wie dick (beim Z nur 21, —3mal so lang) C. mesocastanus, ambi- guus, molestus, abnormis, plebejus erfahren Erweiterungen, rustieus, in- gratus, tristator, simulator, letzte 3 Arten gleichfalls mit Zusätzen. ß. Erstes Geiselglied (9) höchstens 3mal so lang wie breit, meist kürzer. 0. gra- darius 2, pauper f. Anhang C. conjungens @ zu A. a. bb. Oedemopsis Rogenhoferi /1; es wird für diese letzte Gattung sammt ihrer nun in bei- den Geschlechtern bekannten Art eine neue Diagnose gegeben. — (Edda 403 -—- 430.) Kriechbaumer Dr., Vier neue Hummelarten: Bombus xan- thopus @, Oblongo - ovalis, abdomine convexiusculo, basi angustato, niger, nigro -hirsutus, tibiis posterioribus tarsisque rufis, una cum segmentis ul- timis fulvo-hirsutis, segmento secundo utringue pilis fulvis intermixtis. Corsica. B. haematurus: Ovalis, hirsutus, ater; thorace antice abdominis- que segmentis 2. 3. laete eitreis, 5. anoque subsanguineis, capite subtri- angulari 9. Armenien. B, niveatus: Oblongo-ovalis, capite elongato, niger, tarsis articulo primo excepto rufis, thoracis fascia lata marginali antica, usque ad mesosternum utringue descendente, seutello abdominisque segmentis 2 primis albis, terlio nigro, ceteris fulvo densissime hirsutis 9. Palästina. Psithyrus lugubris; Niger, pronoti margine antico saepius, 167 scutello rarius pilis immixtis flavis, in illo interdum fasciam formantibus, abdominis segmento 4., rarius etiam 5. utrinque pilorum fasciculo - aureo- flavo, talis (?) postieis elongatis vix eurvatis. Q alis nigro-violaceis; segmento anali superiore medio carinato, inferiore ante apicem lamina elevata, utrinque rotundata, medio inceisa. Mit verschiedenen var. alle aus dem Süden Europas. — (Ebda 157 — 160.) L. Miller, zwei neue Otiorhynchus Arten: 0. tenuicornis: Subovatus, niger, virescenti-squamosus, antennis tenuibus; thorace oblongo, subeylindrico, granulato; elytris punctato suleatis, interstitiis subcostatis, costis piliferis; femoribus incrassatis, omnibus acute dentatis. long. 3—4°’, Jg elytris angustatis, rostri pterygiis acuminatis, reflexis; pectore impresso; Q minor, elytris latioribus, subquadratis. Untersteiermärk. Alpen. Nahe bei O. eremicola, besonders durch die schwarze Farbe aller Theile, die feinen Fühler, bedeutendere‘ Grösse und schmälere Gestalt des Männchens von ihm unterschieden. — 0. egregius: Oblongo-ovatus, nigerrimus, ni- tidus; rostro remote punctato, medio impresso et longitudinaliter carinato; thorace alutaceo, lateribus modice rotundato, subtus squamulato; elytris transversim rugosis, punctato-striatis, ante apicem squamulatis; tibiis rectis. long. 4—41/,° Z1 minor, angustatus, elytris profundius punctato striatis, segmento anali non foveolato. Q major, elytris latioribus, obso- lete punetato-striatis. Dem O. Kratteri am nächsten; aber durch die Ge- stalt und die stärker punktirt gestreiften Flügeldecken des 5', in beiden Geschlechtern durch geringere Grösse und durch den Mangel grösserer Schuppenflecke verschieden. Ostgalizische Karpathen. — (Edda 219. 220.) Alfr, Pseudhomme de Borre, neuer amerikanischer Alli- gator. — Das Brüsseler Museum erhielt 1866 zwei junge Alligatoren aus Mittelamerika, auf welche Verf. eine neue, dem Alligator punctulatus Spix zunächst verwandte Art, Alligator Lacordairei begründet mit folgender Dia- gnose: Vert olivätre, macule de brun; tete assez longue, busquee sur le front, sans ar&te longitudinale ni transversale entre les yeux; paupieres en partie osseuses. Scutelles nuchales au nombre de quatre format deux couples espaces sur une seule ligne; scutelles cervicales aux nombre de six sur deux rangees, separees des scutelles dorsales par un intervalle considerable; sceutelles dorsales peu nombreuses tres faiblement carenees. (Bullet. acad. Bruxelles XXVIII. 109— 116. Pl.) i2* 1871. Correspondenzblatt II. des Naturwissenschaftlichen Vereines - für die Provinz Sachsen und Thüringen Halle. Sitzung am 1. Februar. Anwesend 13 Mitglieder. Eingegangene Schriften: Vierteljahrsschrift der naturforsch. Gesellschaft zu Zürich XIV. 1 —4. Zü- rich 1869. 8°. Nachdem der Vorsitzende Herr Prof. Giebel Grüsse von den vor Paris stehenden Freunden überbracht, theilt er folgende briefliche Nachricht von Herrn W. Reek aus St. Petersburg mit: „Auf Wunsch und im Auftrage von Herrn P. v. Jeremejew, Professor der Mineralogie am Berginstitut in St. Petersburg nehme ich mir die Freiheit, mich an Sie mit dem Anliegen zu wenden, in einer der nächsten Sitzungen Ihrer geehrten Gesellschaft die folgende Mittheilung zu machen, welche Herr v. Jeremejew selbst in der Sitzung der mineralogischen Gesellschaft zu St. Petersburg am 7/19. Ja- nuar 1871 bezüglich der von ihm im Xanthophyllit entdeckten Einschlüsse von Diamantkrystallen vorgetragen hal. Der Xanthophyllit aus dem Schirchimsker Bergen im Slatooster Berg- revier im Ural enthält eine bedeutende Anzahl von Einschlüssen, die aus mikroskopischen Diamantkrystallen bestehen. Dieses Vorkommen des Dia- mants, obgleich in mikroskopischen Krystallen , verdient um so mehr Be- achtung, da das die Einschlüsse enthaltende Gestein ein anstehendes ist. Selbst bei einer 30maligen Vergrösserung sind die Einschlüsse deutlich sichtbar, doch bei einer 200maligen lassen sich die Formen und die Lage der Krystalle genau bestimmen; sie entsprechen dem Hexakistetraeder, welches mit gekrümmten Flächen auftritt, in Combination mit dem Te- traeder sehr vollkommen ebene Flächen bietet. Die Einschlüsse haben unter einander eine parallele Lage und ihre trigonalen Zwischenaxen sind vertical zu den Spaltungsflächen des Xanthophyllit. Die grösste Anzahl der Einschlüsse findet sich in der Nähe der knolligen Aggregate des Talk- schiefers und Specksteins, welche ihrerseits auch Einschlüsse von Diamant- krystallen enthalten. Die meisten Krystalle sind farblos, doch finden sich auch braun gefärbte. Für’s Erste diese vorläufige Mittheilung. Sollten sich bei weiterer Bearbeitung des Gegenstandes noch andere interessante Data vorfinden, 169 so werde ich nieht ermangeln, mit der Beistimmung des Herrn v.J., ihnen Näheres darüber mitzutheilen.“ Hierauf sprach Herr Bergrath Bischof über Goldvorkommen in An- halt. Bei Tilkerode, wo der silurische Thonschiefer durch den Diorit ge- hoben ist, findet sich ein reicher Rotheisenstein zwischen dem Diorit und Schiefer auch Eisenglanz, wodurch ebenfalls die plutonische Wirkung do- cumentirt ist. Der Eskoborner Stollen ist von der Eine aus, theils zur Wasserlösung, theils zur Eisensteingewinnung getrieben, und es streichen hier durch den Diorit und Eisenstein mehrere Quarzgänge. Ein Trumm, vielleicht ein wirklicher Gang, von 2—3 Zoll Mächtigkeit, hat östliches, regelmässiges Einfallen und zeigt im Hangenden ein Saalband von schwar- zem Schiefer, im Liegenden aber Bitterspathschwärme mit Kernen von gold- und palladiumhaltigen Selenerzen. Die Aussenseite dieser Schwär- me ist von Eisenoxydhydrat umgeben. Man hat diesen Gang von der First aus nördlich etwa 4— 5 Lachter, nicht aber nach der Tiefe zu, ver- folgt, und im Jahre 1825 theils mehrere Mark Gold gewonnen, woraus man in der Berliner Münze Dukaten und Alexisd’ors prägen liess, theils schmücken diese Selenvorkommnisse mit ihren Gold- und Palladium -Ein- schlüssen viele Sammlungen Europa’s. Ich kann mich des Gedankens nicht entwehren, dass in Betracht der grösseren Flüchtigkeit der Selenverbin- dungen, im Vergleich zum Golde, letzteres durchaus nach der Tiefe zu hätte verfolgt werden müssen. Anstatt dessen verdeckte man den Fund- punkt, der Oberbergrath Ziucken hielt für räthlicher Seifenwerke zu be- treiben, welche allerdings auf einem Plateau nicht möglich sein konnten. Die vielen nutzlosen und kostspieligen Arbeiten gaben endlich der Regie- rung die Veranlassung zur Einstellung, und man begnügte sich fortan mit der Erinnerung an die so seltenen Funde, Nach einer längeren Discussion über diesen Gegenstand übergab Herr Bergrath Bischof eine Partie Sämereien aus Bolivia, welche Herr Gar- teninspektor Paul an sich nahm mit dem Versprechen, später über die Kulturversuche derselben berichten zu wollen. Sitzung am 8. Februar. Eingegangene Schriften: 1. Stadelmann, Dr., Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralver- eins der Prov, Sachsen XXVII, 1. 2. Halle 1871. 8. 2. Mittheilungen der anthropologischen Geselllschaft in Wien I. 6 Januar 1871, 8°, Herr Prof. Giebel giebt eine kurze Mittheilung über die neuerdings in $S. Afrika entdeckten, überaus reichen Diamantfelder. Die ersten sehr werthvollen Diamanten wurden 1867 im Distrikt Hopetown gefunden, dann die Ausdehnung der Lagerstätte im Vaalthale und dessen Verzweigungen in einem Theile des Orangeflussthales verfolgt. Es sind Gerölllager und basaltische Tuffe längs der Flussbetten und bis über 100° Höhe an und auf den Hügelketten. Das Muttergesteia scheint jedoch derselbe Itaco- lumnit zu sein, der in Brasilien als solehes erkannt worden ist. An der 170 grossen Menge der Diamanten überhaupt, so wie besonders durch die Häufigkeit grosser Diamanten von 30—87 Karat und auch durch die Man- nigfaltigkeit der Farben zeichnen sich diese Lagerstätten vor allen bisher ausgebeuteten sehr vortheilhaft aus und verspricht die Ausbeute besonders für die technische Verwendung der Diamanten erfolgreich zu werden. Specieller bespricht derselbe sodann Greef’s neueste Untersuchungen über die Organisation der Protozoen und zwar über die Fortpflanzung der Epistylis, und einer Amoeba-Art (Bd. 36 S. 526). Sitzung am 15. Februar. Anwesend 14 Mitglieder, Eingegangene Schriften : 1. Credner, Dr. Prof., die Geognosie und der Mineralreichthum des Alleghany-Systemes. Gotha 1871. 4°. 2. Notizblatt des Vereins für Erdkunde Nr. 109. Jan. 1871. 8°. Herr Prof. Giebel legt einige seltenere südamerikanische Vögel aus der Gruppe Gymuoderinen, Fam. Ampelidae vor: Cephaloptera glabricol- lis in einem männlichen Exemplare von Costa Rica. Vorderhals und Brust sind nackt und von letzterer hängt ein nacktes, fleischiges Band, bis auf die Zehen reichend, herab, das nur am Ende mit zolllangen, zerschlissenen Federn besetzt ist. Diese Art wurde zuerst von Gould 1851 beschrieben und stimmt im Uebrigen mit den beiden andern der Gattung C. ornatus aus Guiana und C. penduliger aus Ecuador überein. Ferner von der Gattg, Chasmarhynchus den Ch. tricarunceulatus von Costa Rica. Das Männchen hat auf dem nackten Schnabelgrunde ein 2° langes schwarzes Hautband und in jedem Schnabelwinkel ein gleiches halb so langes. Uebrigens ist die Schnabelumgebung und der Augenring nackt und tief schwarz, Kopf und Hals sind grell weiss, der ganze übrige Körper schön nussbraun, die Beine schwarz. Das Weibchen dagegen hat nur in jedem Mundwinkel einen kurzen Hautfaden, einen ganz dicht befiederten Schnabelgrund und gleichmässig zeisiggrüne Färbung über den ganzen Körper, nur unten mit lichten Längsflecken. Chasmarhynchus nudicollis aus Brasilien hat im männlichen Geschlecht nacktes Gesicht und Kehlgegend und ist weiss bis auf wenige Schwingen und Steuerfedern, das ganz dunkel gefärbte, nur unterseits hell gefleckte Weibchen hat Gesicht und Kehle dicht befiedert. Dieser Art fehlen die häutigen Anhänge am Kopfe gänzlich. Sitzung am 22. Februar. Anwesend 8 Mitglieder und 3 Gäste. Eingegangene Schriften: 1. Correspondenzblatt des zool. mineral. Vereines in Regensburg XXIV. Regensburg 1870. 8°. 2. Comitato geolog. d’Italia no. 11. 12 8°. 3. Noll Dr., der zoologische Garten XII. 2. Frankf. a/M. 1871. 8°. 4. Abhandlungen der schlesischen Gesellsch. für vaterländische Cultur Philos. histor, Abtheil. 1870, 171 Abtheilung für Naturwissensch. und Medizin 1869/70. Breslau 1870. gr. 8. 5. Siebenundzwanzigster Jahresbericht der schlesischen Gesellsch. für va- terländische Cultur. Breslau 1870. gr. 8°. Das Novemberheft der Zeitschrift liegt zur Vertheilung vor. Herr Prof. Giebel legt den weichborstigen Tanree vor ef. S. 57. Herr Oberbergrath Dunker spricht über die Resultate einer Unter- suchung, die er darüber angestellt, welche Gestalt in dem Werrathale bei Allendorf und Sooden gehobene Gebirgsschichten angenommen und na- mentlich in welcher Gestalt sie sich zunächst an die hebende Bergkette gelegt haben. Es wird jenes Thal nach Westen begrenzt durch eine Berg- kette, deren Kern aus Grauwacke besteht. Auf beiden Seiten der Berg- kette liegen auf der Grauwacke in geneigter Lage und daher auf der Thal- seite nach Osten einfallend die Gesteine der Kupferschieferformation, Darauf folgt, auch nach Osten einfallend, bunter Sandstein und bei dem Dorfe Asbach Muschelkalk. Auf der westlichen Seite des Thals, in der von der Werra gebildeten Ebene sind mehrere Bohrversuche nach Soole angestellt worden. Einer derselben in der Nähe der Bergkette und des Ausgehenden der Kupferschieferformation gab in der Tiefe von 480 cass. Fuss zwar für die Saline Sooden brauchbare 10 bis 11procentige Soole, aber nicht anhaltend, was man dadurch erklärte, dass in der Nähe des Ausgehenden und weil es an einer dichten Gesteinsdecke fehlte, zu viel süsse Wasser nachdrangen. Man ging daher mit einem andern Bohrver- suche mehr nach der Mitte des Thales hin, wo flach nach Osten einfallen- der bunter Sandstein vorkam, und rechnete hier auf eine mässige Mächtig- keit desselben, die gerade genügt haben würde, den Zudrang der wilden Wasser abzuhalten. Der bunte Sandstein war aber wider Erwarten mit 1054 eass. Fuss noch nicht durchbohrt. Die tiefe Lage der Kupferschie- ferformation an dieser Stelle hat man längere Zeit durch eine stattgefun- dene Verwerfung zu erklären gesucht. Der Vortragende erörterte, warum es richtiger sei, die hier stattfindende Lage der Gebirgsschichten durch die Biegungen und Faltungen zu erklären, welche gehobene Gesteine in der Nähe einer hebenden Bergkette annehmen und wie verfahren worden sei, um dies durch ein geometrisch richtiges Gebirgsprofil nachzuweisen. Dass die Gebirgsschichten gebogen und gefaltet und nicht verworfen seien, stimmte auch mit den Aufschlüssen überein, welche zwei andere, daselhst ausgeführte Bohrversuche nach Soole ergeben haben. Der Hauptsitz der Soole in dieser Gegend ist die Asche nebst den zunächst über ihr liegenden Mergeln. Der Zechstein führt keine Soole. Bei Anfertigung des erwähn- ten Profils wurde auch entdeckt, dass das Dorf Eisbach auf einem alten Bergsturze von Gesteinen der Muschelkalkformation steht. Es wurden aus der betreffenden, in geologischer Hinsicht mehrfach interessanten Gegend Be- weise dafür angeführt, dass wenn Gesteine der Kupferschieferformation so liegen, dass das Wasser sie durchziehen kann, sie Steinsalz und Soole nicht mehr enthalten. Die hier in geringer Entfernung von einander und zum Theil in solcher Lage vorkommenden Gebirgsformationen bedingen eine mannigfaltige Flora. Aus derselben wurden hervorgehoben : Lilium 172 Montagon L. auf dem Meisner, Specularia speculum DC. auf dem grossen Hain und Salvia Aethiopis L. auf der Bergruine Bielstein im Höllenthale bei Albungen. Herr Geh. Rath Credner bespricht im Anschluss an den vorherge- gangenen Vortrag die Ursachen der Verwerfung und faltenartigen Biegun- gen der emporgehobenen Gesteine, die beide zugleich vorkommen können und führte einige erläuternde Beispiele vor. Derselbe verbreitet sich sodann über den bisherigen Steinkohlenberg- bau in Schonen in Schweden, erörtert die Frage, in welcher Formation die Steinkohlen dort vorkommen und weist dieselben der sogenannten Rhä- tischen Gruppe zu, einer Formation, welche über dem Keuper und unter- halb des Lias liegt und Avicula contorta als Leitmuschel besitzt. Weiter berichtet derselbe die Lagerungsverhältnisse jener Gegenden, in welchen nach den neuesten Zeitungsnachrichten Bohrversuche angestellt worden sind, und spricht die Erwartung aus, dass nach diesen Lagerungsverhält- nissen die Erfolge günstig ätsfallen dürften. Schliesslich verbreitet sich Herr Hüttendirektor Heine aus Eisleben eingehender über die von Luccow angeregte, durch die Praxis mehr und mehr verbesserte elektrolytische Methode, durch welche es nicht nur ge- lungen ist, bis 1000 Kupferproben der dortigen Kupferschiefer in einem Monate zu erzielen, sondern auch den Nickel- und Kobaltgehalt der Erze genau zu bestimmen; auch hofft man durch dieselbe das Mangan auszu- scheiden. Diese elektrolytische Methode hat nicht nur dem Eisleber Berg- bau eine ungemeine Sicherheit verschafft, sondern auch die ausserordent- liche Schwankung der dortigen Kupferschiefer an Metallgehalt, wie die verschiedene Constitution des Gesteins überhaupt zur Anschauung ge- bracht. Gebauer - Schwetschke’sohe Buchdruckerei in Halle. Analytische Uebersicht der Säugethierläuse, Haematopinus und Trichodectes von C. Giebel. Auf der Haut der Säugethiere schmarotzen bekanntlich beiderlei Läuse, saugende, welche mittels eines Saugrüssels die Haut anbohren und deren Blut saugen, und beissende, welche mit ihren kräftigen bezahnten Kiefern nur die sich ab- schülfernden hornigen Rpidermalschüppchen die Federn und Haare fressen. Trotz der überaus grossen Aehnlichkeit beider im äussern Körperbau sind beide also im Bau ihrer Mundtheile und in der Nahrungsweise wesentlich von einander verschie- den. Der Mensch wird nur von den saugenden Läusen be- lästigt und zwar von der Kopf- und der Kleiderlaus, welche allein die Gattung Pediculus im gegenwärtigen Sinne — die ältern Entomologen vereinigten unter diesem Namen sämmt- liche Läuse der Säugethiere und Vögel ohne Rücksicht auf deren vielfache sehr wesentliche Unterschiede — bilden und die Filzlaus als einzige Art der Gattung Phthirius. Die sau- genden Arten der Säugethiere werden generisch von Pedicu- lus getrennt und zwar eine auf Affen vorkommende Art als Pedicinus eurygaster, weil sie dreigliedrige, statt fünfglied- rige Fühler besitzt. Obgleich nun das dritte Fühlerglied augen- scheinlich aus der Verschmelzung dreier Glieder entstanden ist, kann man immerhin den Namen Pedicinus wenn auch nur im Sinne eines Subgenus aufrecht erhalten, da die scharfe Segmentirung des Hinterleibes und andere Formeigenthüm- lichkeiten diese Affenart auszeichnen. Alle übrigen Säuge- thierläuse mit saugenden Mundtheilen bilden die Leachsche Gattung Haematopinus mit fünfgliedrigen Fühlern, kurzen, scharf vom Hinterleibe sich abgränzenden Thorax und mit acht- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871, 13 174 oder neunringeligem Hinterleibe. Nur die auf dem gemeinen Seehunde schmarotzende Art kann mit noch mehr Berechti- gung als die Affenart generisch abgesondert werden und würde ich für sie den Gattungsnamen Kchinophthirius vorschlagen, da nämlich ihr ganzer Körper mit kurzen starken Stacheln dicht bekleidet ist, und sie nur viergliedrige Fühler besitzt, an denen eine Verschmelzung zweier Glieder durchaus nicht mehr zu erkennen ist. Wenn wir nun bei dem auffallend geringen Interesse, welches von Seiten der Entomologen und der Zoologen über- haupt von jeher diesen Epizoen zugewendet worden ist, be- stimmt annehmen müssen, dass die meisten Säugethiere noch nicht auf diese ihre Quälgeister untersucht worden sind, uns also die übergrosse Mehrzahl derselben noch völlig unbekannt ist, so weisen doch die seitherigen dürftigen Untersuchungen schon eine solche Manichfaltigkeit der Gestalten auf, dass eine Uebersicht über dieselben zur systematischen Bestimmung der Arten nicht überflüssig erscheint, zumal dieselbe dazu dienen kann, über gelegentlich vorkommende Arten sogleich zu ent- scheiden, ob dieselben bereits bekannt oder noch nicht be- schrieben und benannt sind. Ich habe in meiner demnächst bei O0. Wigand in Leipzig erscheinenden Monographie der Epizoen mit 20 Tff. die Haematopinusarten nach folgenden Merkmalen geordnet. Acht Hinterleibssegmente Hinterhaupt abgestutzt Stirngegend unmittelbar vor den Fühlern abgestutzt, stumpf Fühlerglieder von gleicher Länge Schläfengegend nicht erweitert, letztes Fusspaar stark verdickt ....... H.sphaerocephalus Schläfengegend erweitert, Fusspaare all- mahlieiverdiektun, . ehe eo Fl. serratus Fühlerglieder von ungleicher Länge ; 2.am längsten; 3. Schenkel mit Haken . . A. acanthopus Stirngegend vor den Fühlern verlängert Mit langem Seitendorn an den Segment- Ecken... 0... UL. AR. A. leucophaeus Mit kurzem Seitendorn an den Segment- ecken 2. Fühlerglied von der Länge der bei- denMtolgenden ....2002..... H. spiculifer 175 2. Fühlerglied nur wenig länger alsdasdritte 4. Hinterhaupt in den 'Thorax eingreifend Mit drei Reihen Härchen auf den Hinter- leibsningen ya. ye ceis a. re eher a H. Mit nur einer Reihe Härchen auf den Hin- terleibsringen ‘ Stirn vor den Fühlern abgestutzt Füsse von gleicher Stärke ....... NA. Füsse nach hinten allmählig verdickt. . M. Stirn parabolisch über die Fühler hinaus verlängert RO 7B Neun Hinterleibssegmente Oberfläche mit dichtem Stachelkleid .... A. Oberfläche nur behaart Hinterhaupt keilföormig in den Thorax ein- greifend Fühler weit vor der Kopfesmitte Thorax so lang wie breit Hinterleibssegmente mit vorstehenden Seitenecken; Thoraxrautenföormig . . H. Hinterleibssegınente ohne vorstehende Ecken Kopf von derLänge des Thorax ; Füsse Sleichan re een H. Kopf länger als der Thorax Thorax quadratisch Stirn rechtwinklig zugespitzt Hl, Stirn breit abgerundet ...... . I. Thorax breiter als lang, quer oblong, Stirn breit abgerundet... ...... o Fühler in oder nahe vor der Kopfesmitte Schläfengegend nicht erweitert Kopf lang und schmal Stimm spitzwinklig. ......... dd: Stirn breit abgerundet ......... H. Schläfengegend verbreitert Schläfen eckig vorstehend, Hinterhaupt abgerundet ... ee... cc0een N. Schläfen breit gerundet, Hinterhaupt keilformier ..... come. NH. Hinterhaupt abgestutzt, nicht in den Thorax eingreifend Oberseite mit starken Höckern. ... .. H. Oberseite glatt, nır behaart; Thorax brei- ter als lang Hinterleibssegmente mit vortretenden Seitenecken .......-.- : HH, clavicornis hispidus spiniger spinulosus laeviusculus setosus affinis piliferus Zyriocephalus crassicornis eurysternus tenuirostris stenopsis macrocephalus brevicornis tuberculatus urius 13 * 176 Hinterleibssegmente mit Randzapfen .. H. phthiriopsis Hinterleibssegmente mit schwach conve- Xen Seiten... verohe re Bl Le ”,=H. ventricosus. Hinsichtlich der Verbreitung sind die Nagethiere und Wie- derkäuer am reichsten versorgt, andere Gruppen weniger und einige wie die Fledermäuse, Beutelthiere, Edentaten und Ce- taceen haben noch gar keine Läuse geliefert. Die Arten schmarotzen auf: H. albidus Rud. auf Inuus sylvanıs und H. obtusus Rud. auf Semnopithecus maurus, beide in dieser Zeitschrift XXXIV 168. 169 beschriebene Arten konnten ;in der analytischen Uebersicht nicht aufgenommen werden. . reclinatus Gieb. auf Sorex araneus. . piliferus Denny auf Canis familiaris. . setosus Gieb. auf Phoca vitulina. . sphaerocephalus Denny auf Sciurus vulgaris. . laeviusculus Gieb auf Spermophilus Eversinanni. leucophaeus Gieb. auf Myoxus nitela. affınis Denny auf Mus agrarius und M. sylvaticus. . serratus Denny auf Mus musculus. . spiculifer Gieb auf Mus barbarus. . spinulosus Denny auf Mus decumanus. ; . spiniger Denny auf Hypudaeus amphibius. . acanthopus Denny auf Hypudaeus arvalis. . clavicornis Gieb auf Meriones spec. indet. . hispidus Gieb auf Lemmus obensis. . Iyriocephalus Denny auf Lepus timidus. . ventricosus Denny auf Lepus cuniculus. . macrocephalus Gieb auf Equus caballus und E. asinus. . erassicornis Denny auf Cervus elaphus. . brevicornis Gieb auf Camelopardalis Giraffa. cameli Gieb auf Camelus bactrianus. . tenuirostris Gieb auf Bos taurus. eurysternus Denny auf Bos taurus. . tuberculatus Gieb auf Bos bubalus. . phthiriopsis Gieb auf Bos caffer. . punctatus Rud auf Bos grunniens, . stenopsis Denny auf Capra hirecus und Antilope rupicapra. . saccatus Gieb auf Capra aegyptiaca. 2eB --HeeWleehlas) sel jach [sel Faeb ash ae eej fach jan] [al mehlae) jan jaelfael meh mer zei [anffaeh nei joe 177 H. forficulus Rud auf Capra ibex, H. oviformis Rud auf Hircus manifricius, H. rupicaprae auf Antilope rupicapra Rud, auch diese Arten konnten in der analytischen Uebersicht nicht aufgenommen werden, H. leptocephalus Gieb auf Hyrax syriacus. H. urius Gieb auf Sus scrofa zahm und wild. Die beissenden Säugethierläuse ordnen sich in die Gattungen Gyropus mit keulenförmigen Fühlern und Maxillartastern und Trichodectes mit fadenförmigen dreigliedrigen Fühlern ohne Maxillartaster. Die Arten der ersten Gattung habe ich bereits 1861. Bd. XVII. S. 81 beschrieben. Die der andern Gattung oder die Kneifer sind zahlreicher und weiter verbreitet und lassen sich nach folgendem in meiner erwähnten Monographie gewählten Schema übersichtlich ordnen. Haarlinge der Unguiculaten mit kurzen Tarsen und kurzen, stark gekrümmten Krallen. Vorderkepf abgestutzt, beide letzte Fühler- glieder meist gleich lang Seiten der Abdominalsegmente abgerundet Hinterhaupt nach hinten sich verschmälernd Tr. pinguis Hinterhaupt nach hinten sich verbreiternd Eüssessehr"kurz 1. LUDER Tr. exilis Füsse sehr schlank und 2. Fühlerglied etwas, verkürzt... 2.......0. .. Tr. crassus Seiten der Abdominalsegmente mit ale fen Hirterecken. .».......,.... Tr. latus Vorderkopf verlängert, dreiseitig Mit rechtwinkliger Spitze ......... Tr. subrostratus Mit stumpfwinklig gerundeter Spitze Kopf fünfseitig Nach hinten nicht verschmälert ..... Tr. retusus Nach hinten verschmälert ........ Tr. micropus Kopf herzförmig Endglied der Fühler spindelformig, ver- längert ses a. ee. Tr. setosus Endglied der Fühler dem zweiten:gleich Tr. mexicanus - Kopf vierseitigabgerundet,, 3. Fühlerglied kurzevnalsn22. 0... oe Tr. pusillus. Haarlinge der Ungulaten mit schlanken Tarsen und langen fast geraden Krallen. Vorderkopf ganz abgestutzt Hinterecken des Kopfes abgerundet Drittes Fühlerglied kürzer als das zweite Tr. limbatus 178 Drittes Fühlerglied von der HiReRan des ZWEIEN EL . Tr. climax Hinterecken des Kopfes ee . Tr. breviceps Vorderkopf verlängert Vorn breit abgerundet Fühler von Kopfeslänge, Beine sehr lang Tr. longicornis Fühler und Beine kürzer Zweites Fühlerglied dicker als drittes Tr. diacanthus Zweites Fühlerglied dünner oder gleich dick mit dem dritten Drittes Fühlerglied länger als das 2. und dicker Prothorax sehr breit ......... Tr. sphaerocephalus Prothorax halsartig verengt ...... Tr. pilosus Drittes Fühlerglied von der Länge des zweiten Schienen schlank und dünn ..... Tr. manubricus Schienen sehr stark verdickt ..... Tr. crassipes Drittes Fühlerglied kürzer als zweites Tr. solidus Vorn verschmälert, stumpf zugespitzt, drei- seitig Kopf fast so breit wie lang . ...... Tr. scalaris Wopk länger als breit .. . ...... Tr. eornutus. Die Kneifer sind auf Affen, Fledermäusen, Beutelthieren, Edentaten und den Flossensäugethieren noch gar nicht beob- achtet worden, am häufigsten auf Raubthieren und Wieder- käuern. Sie schmarotzen nämlich auf: Tr. Tr. Tr. Tr. tin, Tr. 1 Tr. Ar: br: br; Tr. Er: Tr. Tr. Ir pinguis Nitzsch auf Ursus arctos. exilis Nitzsch auf Lutra vulgaris. crassus Nitzsch — Meles taxus. retusus Nitzsch — Mustela foina. pusillus Nitzsch — Mustela vulgaris. latus Nitsch — Canis familiaris. subrostratus Nitzsch — Felis catus. setosus Gieb. — Cercolabes dorsata. mexicanus Rud. — Cercolabes mexicanus. limbatus Gerv. und Tr. crassipes Rud. auf Capra angorensis. climax Nitzsch auf Capra hircus. breviceps Rud. — Auchenia lama. longicornis Nitzsch — Cervus elaphus, C. daına. sphaerocephalus Nitzsch — Ovis aries. pilosus Gieb. — Equus cabellus. manubrieus Rud. — Hircus manubricus. 179 Tr. solidus Rud. auf Capra guinenensis. Tr. scalaris Nitzsch — Bos taurus. Tr. cornutus Gerv. — Antilope dorcas und A. arabica. Tr. diacanthus Ehb. auf Hyrax syriacus. Die Geognosie und der Mineralreichthum des Alleghany - Systems. Von Prof. Dr. Hermann Credner in Leipzig. (Vom Verfasser zum Abdruck mitgetheilt aus Petermanns geogr. Mittheilungen.) l. Die geognostischen Verhältnisse. Weisen die tief eingeschnittenen, vorgebirge- und halb- inselreichen Küsten, die zahlreichen selbstständigen Gebirgs- und Flusssysteme Europa’s auf einen sehr verwickelten geo- gnostischen Bau dieses Continentes hin, so lässt sich aus der grossartigen Einfachheit der Oberflächenverhältnisse Nord-Ame- rika’s auf dessen weniger complicirte geologische Zusammen- setzung schliessen. Von der Basis der Rocky Mountains aus, also von einer Meereshöhe von durchschnittlich 5000 Fuss, verflacht sich der Amerikanische Continent in östlicher Richtung langsam bis zum Spiegel des Atlantischen Oceans, nur durch ein ein- ziges grösseres Gebirge, das Alleghany- oder Appalachische System, unterbrochen. Zwischen diesem und den Rocky Mountains dehnt sich, nach Norden begrenzt durch die Bo- denerhebung, welcher die grossen See’n angehören, die cen- trale Ebene Nord-Amerika’s aus, bestehend aus dem west- lichen Hochplateau, den Prairien und östlich von beiden dem eigentlichen Mississippi-Bassin. In östlicher Richtung lehnt sich an den Appalachischen Gebirgszug das Atlantische Hügel- land und an dieses die flache Atlantische Küstenzone. Seinem geognostischen Baue nach ist das erwähnte Hügelland (Eastern oder Atlantic Slope) nur ein Theil des Alleghany - Gebirgs- systemes bildet mit ihm ein untrennbares Ganze, während seine Begrenzungslinie nach den flachen Küstenstrichen zu so- 180 wohl in geologischer wie in topographischer Hinsicht ihrem ganzen Verlaufe nach scharf ausgesprochen ist. Dem Alleghany-System gehört die Zone von Gebirgs- und Höhenzügen an, welche sich zwischen der Atlantischen Küste einerseits und dem Mississippi- Bassin so wie dem Thale des Lorenz-Stromes andererseits von Gaspe am St. Lorenz-Golf in südwestlicher Richtung bis Georgia und Alabama erstreckt. Seine Totallänge beträgt demnach 300, seine Breite 30 bis 40 Deutsche Meilen. Eine auffällige Eigenthümlichkeit aller der Gebirgs- und Höhenzüge, deren Gesammtheit das Alleghany- System repräsentirt, ist die Parallelität ihrer Erstreckung, noch mehr aber die grossartige Gleichmässigkeit der Grund- züge ihres geognostischen Baues. Erstere tritt namentlich in der zwischen dem Hudson und dem Küstenlande des Mexika- nischen Meerbusens gelegenen südlichen Hälfte der Alleghanies hervor. Das geologische Skelet des Appalachischen Systems und somit der ganzen östlichen Hälfte des Nord- Amerikanischen Continentes wird von einer Zone urältester Sedimentärgesteine gebildet, welche sich vom Staate Alabama aus in wechselnder Breite und in nordöstlicher Richtung bis nach dem unteren Laufe des Lorenz-Stromes hinzieht. Es sind zwei Gebirgs- formationen, welche an der Zusammensetzung dieser Appala- chischen Zone Theil nehmen: die laurentischen Gneisse und die huronischen krystallinischen Schiefer. Erstere, bald ty- pische Glimmergneisse, bald syenitische Gneisse, abwechselnd mit Graniten und Syeniten oder übergehend in Glimmer- und Hornblendeschiefer, umschliessen mehr oder weniger mächtige Zwischenlager von Serpentin, krystallinischem Kalkstein und Eisenerzen. Die schieferige und flaserige Struktur der vor- waltenden Glieder dieser Formation, die auffallend constante bankförmige Absonderung der Granite und Syenite, die vielfach sich wiederholenden Wechsellagerungen von untergeordneten Eisenerzen, Kalksteinen und graphitischen Schiefern mit den vorherrschenden gneissigen und syenitischen Felsarten, vor Allem aber.) das Auftreten von Conglomeraten, wie z. B. Hitchcock aus Vermont und Massachusetts beschrieb, alle diese Erscheinungen bezeugen den sedimentären Ursprung der lau- rentischen Gneissformation und sprechen zugleich für ihre ur- 181 sprünglich krystallinische Bildungsweise. Sie ist somit als das Produkt der ersten Thätigkeit des ältesten Meeres, wel- ches die Erstarrungskruste der Erde bedeckte, zu betrachten. Eng verknüpft mit den laurentischen Gesteinen sind die Vertreter des huronischen Systems, normale Schichtenreihen von Gliminer-, Talk-, Thon- und Chloritschiefern, so wie Itakolumit , Quarzit, Kalkstein und Conglomeraten , welche meist ungleichförmig auf den Rändern der laurentischen Gneisszonen auflagern, sich dann allen Ein- und Ausbuchtungen derselben anschmiegen und zwischen den einzelnen Gneisszügen schinale Mulden oder steil einfallende, häufig selbst auf_dem Kopf ste- hende Schichtensysteme bilden. Ueber die Entstehungsweise dieser Schiefer als Sedimente eines Meeres von nur wenig Jüngerem Alter als das laurentische kann kein Zweifel obwal- ten, glaubt man doch in den huronischen Quarzitschiefern Nord-Carolina’s zahlreiche fossile Reste einstiger Meeresbe- wohner (Palaeotrochis) aufgefunden zu haben. Die wichtige Rolle, welche den beschriebenen Gneiss- und Schieferformationen als Basis sämmtlicher übrigen Schich- tensysteme zukommt, die am Baue der Alleghanies und der ganzen östlichen Hälfte von Nord- Amerika Theil nehmen, ist auch in ihrem topographischen Habitus ausgeprägt. Als im- posante Hauptkette des Appalachischen Systems ziehen sie sich in einer Länge von etwa 300 Meilen ununterbrochen, nur hie und da durch enge Querthäler eingekerbt, im Süden unter dem Namen Blue Ridge mit ihren westlichen Begleitern, den Unaka, Smoky und Iron Mountains, dann als Hoosick und Takonic, noch weiter nördlich als Green und White Mountains vom bergigen Hügellande des nördlichen Georgia aus durch die Carolinas, wo sie in den Black Mountains eine Meeres- höhe von 6700 F. erreichen, durch die übrigen Atlantischen und Neu-Englischen Staaten und gipfeln nahe ihrem nördli- chen Ende in dem 6258 F. hohen Mount Washington. In dieser Hauptkette, zu welcher sich die Gesteine der laurentischen und huronischen Zone nach dem Inneren des Continentes zu erheben, finden dieselben aber auch zugleich ihre nordwestliche Begrenzung, indem mit den steilen West- abhängen des Hauptgebirgszuges zugleich die Gneisse und krystallinischen Schiefer abschneiden und von den jüngeren 182 Formationen des weiten Mississippi - Thales überdeckt werden. Anders auf der südöstlichen Seite der Blue Ridge und ihrer nördlichen Fortsetzung. In dieser Richtung lehnt sich an die beschriebene Gebirgskette, nur hie und da unterbrochen von isolirten Bergkuppen und in den Neu-Englischen Staaten von zahllosen tiefen See’n, ein hügelig-welliges Terrain an, des- sen Untergrund ebenfalls von der laurentischen und huroni- schen Formation gebildet wird: die Atlantic Slope. Sie senkt sich allmählich zu den nur wenig über den Meeresspiegel er- habenen Küstenstrichen hinab. Noch vor verhältnissmässig kurzen Zeiträumen bildete diese vorsilurische Zone die Ge- stade des damaligen Atlantischen Oceans und noch heute steht der Verlauf der Uferlinie dieses Meeres im engsten Abhängig- keitsverhältnisse zu der östlichen Grenze der Gneisse und kKry- stallinischen Schiefer. Die kurz skizzirte laurentisch - huronische Gneisszone steht an ihrem nördlichen Ende, also am unteren Laufe des Lorenz- Stromes in fast direktem Zusammenhange mit einer zweiten, ihr gleichalterigen und petrographisch eng verwandten Zone, welche sich von hier aus in westlicher Richtung bis über die Quellen des Mississippi hinaus erstreckt und dort mit den von Nord naeh Süd streichenden Gneissen der nördlichen Rocky Mountains vereinigt. Dieser nordischen oder Canadischen vor- silurischen Gesteinszone entspricht die Bodenerhebung, welche gegenwärtig die Wasserscheide zwischen dem Nississippi und den arktischen Strömen bildet. Die jetzigen Conturen des Ostens von Nord- Amerika wa- ren demnach. schon beim Beginn der Aera, in welcher das erste organische Leben in grösserer Mannigfaltigkeit auftrat, also beim Eintritt der Erde in das silurische Zeitalter, durch zwei Zonen von Festland angedeutet. Innerhalb der tiefen Bucht, welche die Canadische und Atlantische Gesteinszone einschlossen ‚“dehnte sich während der paläozoischen und theil- weis auch während der jüngeren geologischen Perioden ge- wissermassen als "eine nördliche Fortsetzung des Mexikani- schen Golfes ein Meer aus, welches damals noch in westlicher Richtung mit dem jetzigen Busen von Californien in Verbin- dung stand, dessen Ufer aber im Laufe der Entwickelung un- seres Eıdballes immer mehr nach Süden zurückgedrängt wurde, 183 während sich das Festland in gleichem Masse vergrösserte. Der Ausdehnung dieses paläozoischen Meeres entspricht die Verbreitung der in ihm zur Ausbildung gelangten silurischen, devonischen und carbonischen Schichtensysteme, welche inner- halb der angedeuteten theilweisen Umgürtung von Gmeissen und krystallinischen Schiefern mehrere grosse Bassins bilden. Nur das östlichste derselben gehört in das Gebiet unserer Be- trachtung; es ist das Appalachische Bassin, das Flussgebiet des Ohio, während das zweite, westlichere den Untergrund der Staaten Illinois, Missouri, Arkansas und lowa bildet, das nördliche aber dem Staate Michigan angehört. Ausser diesem ausgedehnten Areal innerhalb der Gneiss- umgürtung haben paläozoische Meere auf dem von uns behan- delten Flächenraume auch noch einzelne Landstriche des heu- tigen Britischen Dominiums, namentlich Neu -Braunschweig’s und Nova Scotia’s, bedeckt und dort ihre Sedimente zurück- gelassen. Mit ihnen stand der centrale Meerbusen während der ältesten silurischen Zeit durch einen nur wenige Meilen breiten schluchtartigen Kanal zwischen den Green und Adiron- dack Mountains in Verbindung. Die östlichen Ränder der Schichten des paläozoischen Appalachischen Bassins legen sich, wie aus Obigem hervor- geht, an die laurentisch-huronische Zone der Blue Ridge und derssie begleitenden Gebirgsketten an, so dass man von hier aus in westlicher Richtung bis in das Centrum des Bassins gehend zuerst die ältesten, dann die jüngeren der hier über- haupt vertretenen Schichten überschreitet. Die Grenze zwi- schen den krystallinischen Gesteinen des Atlantischen Haupt- gebirgszuges und den versteinerungsführenden Schichten des Appalachischen Beckens spricht sich in den topographischen Verhältnissen auf das Grossartigste aus. Steil stürzen die Gneisse und Schiefer der genannten Gebirgskette nach Nord- west zu ab. In ihrer ganzen Erstreckung dehnt sich an ihren Fusse eine fruchtbare Niederung aus, das „Grosse Appala- chische Thal“, welches sich ohne Unterbrechung von Quebec in Canada bis Montgomery in Alabama, also auf mehr als 300 Meilen Länge, verfolgen lässt und somit an Ausdehnuug sei- nes Gleichen sucht. Ihm gehört im Norden’ der untere Lauf des Lorenz -Stromes, der Champlain-See und der grösste heil 184 des Hudson, im Süden der obere Tennessee mit seinen Ne- benströmen, vor allen der Holston-Fluss an. Der Sohle dieses Thales entspricht das Ausgehende der untersilurischen Schich- ten, nämlich der Potsdam-, Trenton- und Hudson -Formation, welche sich somit in Form eines schmalen Bandes ununter- brochen an den Fuss des Gneiss- und Schiefergebirges von der Mündung des Lorenz-Stromes bis nach Alabama hin anle- gen und die jüngeren, weiter westlich auftretenden Schichten- systeme unterteufen. Der organische Charakter der ältesten Silurschichten Nord-Amerika’s gleicht dem der Primordial-Zone Europa’s auf überraschende Weise. Es sind namentlich die Trilobiten-Genera Olenus, Conocephalites, Dikelocephalus und Arionellus, welche, in ihrer Existenz auf die erste Silurzeit beschränkt, die Aequivalenz der sie einschliessenden Schich- tencomplexe über jeden Zweifel erheben. Ueber das Obersilur genügen wenige Worte. Seine Schich- tenreihen repräsentirt gewissermassen die zweite concentrische Schale des Ost-Amerikanischen geologischen Beckens, deren Ränder innerhalb des äussersten Saumes von Untersilur, frei- lich nicht ohne Unterbrechung, zu Tage treten. In der Periode des Absatzes der oberen Silurschichten war das organische Leben, wenn auch bereits wieder mancher charakteristischer Formen früherer Zeiten beraubt, schon zu einer überraschen- den Mannigfaltigkeit gediehen, ein Wink über die Grösse*der Zeiträume, welche seit dem Auftreten des ersten Organismus dahingeschwunden, trotzdem wir uns noch in den Anfangssta- dien der Entwickelungsgeschichte unseres Erdballes befinden. Die Graptolithen, welche in Amerika das Maximum ihrer Häufigkeit im Untersilur erreicht hatten, sterben ganz aus, neue Crinoiden- Arten und -Geschlechter entstehen, unter den Korallen zeigt sich grössere Abwechselung, die Cyathophylli- den, Favositen und Halysiten werden häufiger, doch verschwin- den letztere bald wieder ganz von der Bühne. Unter den Mollusken sind die Brachiopoden die vorherrschenden, während die zahlreichen Trilobiten - Gattungen um Homalonotus und Phacops vermehrt werden. So vollständig war der Wechsel der untersilurischen in eine obersilurische Fauna, dass nach Dana die jüngsten Silurschichten und die obersten Horizonte des unteren Silur keine einzige Species gemeinsam haben. In 185 das devonische System gehen aus der silurischen Formation kaum ein Dutzend Arten über und auch diese sterben lauge Zeit vor dem Ende der neuen Periode aus. Beim Eintritt des devonischen Zeitalters hat das früher nur durch zwei Gneiss-Schiefer-Zonen gebildete Festland durch stetig fortschreitende, vielleicht auch instantane Hebungen auf Kosten des Devonmeeres bereits stark an Ausdehnung gewon- nen. Die aus dieser Periode stammenden Ablagerungen be- sitzen im Osten von Nord-Amerika eine grosse Verbreitung. Begleiten sie die silurischen Gesteine der Appalachischen Zone auch nur in Form eines schmalen Bandes, so gelangen sie als breiter Saum des nördlichen paläozoischen Gesteinsterrains im im Inneren des Continentes zu grösserer Wichtigkeit, nament- lich dadurch, dass sie sich kranzförmig rings um die siluri- schen Partien von Ohio, Kentucky und Tennessee herumlegen. Im Verein mit diesen bilden sie einen von dem nordischen Küstensaume weit nach Süden vorspringenden Keil zwischen den östlich und westlich davon gelegenen Kohlenbassins von Pennsylvania und Illinois. Waren die Continente der siluri- schen und vorsilurischen Zeitalter kahl und todt gewesen, während der devonischen Periode bedeckten sie sich, noch vergrössert durch neue sedimentäre Anschwemmungen, mit Vegetation. Neben der Erstehung der Landpflanzen fällt na- mentlich das erste Auftreten von Wirbelthieren und zwar von Fischen, in die Devonzeit. Wie in den Europäischen, so sind letztere auch in den entsprechenden Formationen Nord - Ame- rika’s durch Arten von Pterichthys, Cephalaspis und Holopty- chius vertreten. Dort wie hier erstehen ferner gleichzeitig in Productus und Goniatites neue Molluskengeschlechter, — Alles Beweise, wie gleichartig die Entwickelung des organischen Lebens auf der ganzen Erdoberfläche vor sich gegangen ist. Durch fortgesetzte aflmähliche Hebungen wurde die Stein- kohlenperiode eingeleitet. In Folge ersterer so wie stetiger Meeresniederschläge war der weite Ocean, welcher sich zwi- schen den Amerikanischen Gneisszonen während der silurischen Periode ausbreitete, im Laufe der Zeit in enge Grenzen zu- rückgedrängt worden. Von seinen nördlichen Ufer sprang ausserdem die erwähnte silurische und devonische Landzunge von Ohio, Kentucky und Tennessee weit nach Süden vor und 186 schied das Amerikanische Meer jener Zeiten in eine Östliche kleinere und eine westliche grössere Bucht, deren ersterer heute das Appalachische, deren letzterer das Kohlenbecken von Missouri — Illinois in Lage und Ausdehnung entspricht. Die ganzen Verhältnisse der genannten beiden Meeresbuchten waren sehr verschiedener Natur. Die östliche Bucht war schmal, langgestreckt, stand nur.an ihrem südlichen Ende durch einen verhältnissmässig engen Arm mit dem weiten Ocean in Ver- bindung und stellte somit ein echtes Binnenmeer vor. Die Ausdehnuug der westlichen Bucht ist nur theilweis bekannt, weil die in ihr zur Ausbildung gelangten Schichten nach West zu von jüngeren Formationen überlagert, ihre wahren Grenzen also verdeckt werden. Jedenfalls aber besass dieses Meer eine sehr bedeutende Grösse. In Proportion zu der Ausdeh- nung mag auch die Tiefe der betreffenden Bassins gestanden haben. Derartige Verschiedenartigkeit der Bildungsräume be- dingte es, dass die in ihnen vorgehenden Sedimentationspro- zesse unmöglich übereinstimmende sein konnten. Der Natur dieser Gewässer entsprechend, also je nachdem sie offen oder fast allseitig geschlossen, mehr oder weniger klar oder ge- trübt waren, mussten auch die Verhältnisse ihrer Faunen durchaus verschieden sein. Daher der Unterschied ihres pe- trographischen und paläontologischen Charakters, der im Be- ginne der Steinkokienperiode zur Ablagerung gelangten sub- carbonischen Schichtenreihe des Ostens und Westens, des Nordens -und! Südens. Besteht die untere Kohlenformation des Appalachischen Beckens aus Conglomeraten, Sandsteinen und Thonschiefern, in welchen sich nur selten die Abdrücke von Organismen auffinden lassen, so treten nach Süd und West zu an deren Stelle Kalksteine, angefüllt von vielen, in seltener Schönheit erhaltenen organischen Resten, namentlich von Cri- noideen, welche einen nicht unbedeutenden Beitrag an Ge- steinsmaterial geliefert haben. Im Alleghany -Systeme bilden die kurz skizzirten obersi- lurischen, devonischen und subcearbonischen Formationen das System von lang gezogenen, durch horizontale Rücken be- grenzten, parallel angeordneten Höhenzügen, welche gewöhn- lich als Alleghanies zusammengefasst werden und, von der Blue Ridge nur durch das grosse Appalachische Thal getrennt, 187 westlich von diesem, allen seinen Biegungen folgend, hin- laufen. Innerhalb der flach- trogförmigen Mulde, deren östlicher Flügel in den Alleghanies, deren nördlicher und westlicher Rand in den flachen Bodenerhebungen von Nord-New York, Ohio, Kentucky und Tennessee zu Tage tritt, also rings um- geben von den in concentrischen Zonen ausgehenden älteren Gesteinen, breitet sich das jüngste der im Appalachischen Bassin vertretenen geologischen Systeme, die produktive Stein- kohlenformation, in lachwelliger Lagerung aus. Während ihrer Bildung war die grosse continentale Region Nord - Amerika’s bereits zeitweilig über den Meeresspiegel gehoben. Als eine weite sumpfige Niederung dehnte sie sich westlich von dem Alleghany-System aus, besäet mit flachen Süsswassertümpeln, eine fast ununterbrochene Dschungel von üppig emporwuchern- den Sigillarien, Calamiten, Lepidodendren, Farnen und Coni- feren, deren im Laufe der Jahrhunderte auf einander folgende Generationen das vegetabilische Material zur Bildung von Koh- lenflötzen anhäuften. Aber nur zeitweilig bot das Innere von Nord-Amerika während der Steinkohlenzeit diesen Anblick. Es weist vielmehr die Wechsellagerung von Kohle, Sandstein, Schiefer, Conglomeraten und Kalksteinen, letztere mit Resten von Meeresbewohnern, darauf hin, dass stete Niveauverände- rungen des jungen Continentes Statt gefunden haben. Dieser _ war deshalb bald eine von kohlenbildenden Pflanzen bedeckte Niederung, bald der Boden eines Meeres, als dessen Nieder- schläge wir die Gesteinsschichten zwischen den einzelnen Kohlenflötzen zu betrachten haben. Mit Ablagerurg der Koh- lenkalke und Sandsteine schlossen die Sedimentationsprozesse, welche bisher Material zum Aufbau der Schichten geliefert hatten, ab. Das Appalachische Areal erhob sich als Festland über den Ocean, aus welchem anderenorts die dyassischen, mesozoischen und tertiären Formationen hervorgingen. Mit dieser Hebung mögen vielfache Schichtenstörungen in geneti- schem Zusammenhange gestanden haben, von welchen nicht nur das Kohlensystem, sondern sämmtliche paläozoische For- mationsglieder in dem ganzen Appalachischen Gebirgssysteme betroffen wurden. Aus ihrer ursprünglichen horizontalen La- gerung sind die Schichten dieser Formation wie durch seitli- 188 chen Druck zu lauter unter sich und der heutigen Atlantischen Küste parallelen Falten zusammengeschoben worden, deren Steilheit und Höhe im Osten, also im eigentlichen Alleghany Gebirge, ihr Maximum erreicht, nach Westen zu aber abnimmt, und zwar so, dass sie proportional ihrer Entfernung von der Blue Ridge flacher werden. Noch verwickelter wurde die Geo- tektonik des Appalachischen Systemes durch gewaltige Ver- werfungen, inFolge deren z. B. der Kohlenkalk in das Niveau des untersilurischen Trenton -Dolomites gesunken ist, und end- lich hat der nagende Zahn der Gewässer ganze Schichtenrei- hen über grosse Flächenräume verschwinden machen und nur inselförmige Schollen oder zwischen ältere Formationen einge- keilte und dadurch conservirte Partien als Reste der einst gleichmässigen Bedeckung zurückgelassen. Während in dem Appalachischen Bassin keine Jüngeren Schichten zur Ablagerung gelangt sind als die der Steinkohlen- formation, ist der östliche Rand der Atlantischen Gneiss-Schie- ferzone von mesozoischen Gebilden umsäumt, ohne dass jedoch, abgesehen von den silurischen, devonischen und carbonischen Schichten Neu-Braunschweig’s, Nova Scotia’s und Rhode Is. land’s, paläozoische Schichten dort vertreten wären. Drei jüngere Formationen nehmen Theil am geologischen Bau der Atlantischen Küstenstriche. Der ältesten derselben gehört der obertriassische New Red Sandstone an, welcher, in einstma- ligen Thälern paläozoischer oder krystallinischer Gesteine ab- gelagert, an der Westküste Nova Scotia’s, im Connecticut- Thale, in New-Jersey, Pennsylvania und Maryland in Gestalt schmaler Streifen, auf den Prince Edward -Inseln in grösserer Ausdehnung, in Virginia, Nord- und Süd-Carolina in Form kleinerer isolirter Becken auftritt. Obwohl sich diese Auf. schlüsse auf eine Linie von 250 Meilen Länge vertheilen, bleibt sich doch der Gesammtcharakter der New Red Sand- stone-Formation überall auffallend gleich. Es ist eine in Vir- ginia z. B. 8000 F. mächtige Schichtenreihe von horizontalen oder sanft geneigten rothbraunen Sandsteinen, abwechselnd mit untergeordneten Conglomeraten und Schiefertlionen mit selte- nen Resten von Pterophyllum (z. B. Pt. longifolium Br.) und Labyrinthodonten, aber stellenweise, so besonders im Con- necticut-Thale, reich an Fussabdrücken von Reptilien und, 189 wie es scheint, Vögeln. Zwischen dieser Schichtenfolge treten überall, selbst in deren kleinsten isolirten Partien und unzer- trennlich von diesen, dioritische Gesteine entweder als decken- förmige Lager oder in Gestalt durchgreifender Gänge auf. Bei Richmond und Raleigh erhält die New Red Sandstone - Forma- tion technische Wichtigkeit durch ihre Kohlenführung. Eine noch geringere Verbreitung als die triasischen Sand- steine besitzen die Kreidegebilde, und zwar obersenone Mergel und Thone, in den Atlantischen Küstenstrichen. Sie bedecken zwar im südlichen New Jersey und nördlichen Delaware ein Areal von 30 Meilen Länge und 6 Meilen Breite, reichen aber überhaupt nicht weiter nach Norden und sind in den südlichen Atlantischen Staaten fast vollständig unter hohen Tertiär- und Quartär-Ablagerungen verborgen. Nur in Nord-Carolina tre- ten sie in einigen Thaleinschnitten vereint zu Tage. Auch westlich vom Südende der Alleghanies, also im jetzigen Mis- sissippi- Thale und von diesem aus weit nach Westen hin breitete sich ein weites Kreidemeer aus, wenn auch heute nur die Ränder der damals entstandenen Formation aufge- schlossen sind, von denen allein der östliche, sich durch Ala- bama und Tennessee erstreckende, unserem Untersuchungsge- biet angehört. Wo die Kreide nicht zu Tage ausgeht, grenzen tertiäre Sande, Thone und Mergel, denen sich nach Osten zu als eigentliche Küstenbildungen quartäre lose Sande anschliessen, direkt an das laurentische und huronische Hügelland der süd- lichen Staaten. In der Atlantischen Tertiär- Formation sollen eocäne, miocäne und pliocäne Gebilde erkannt worden sein, doch gehört ihre Kenntniss noch zu den schwächsten Punkten Amerikanischer Geognosie. Wie angedeutet, gelangten die jüngsten geologischen Gebilde nur in der südlichen Hälfte der Atlantischen Gestade zur Ablagerung, während in deren nörd- licher Hälfte die Gneisszone direkt bis ans Meer tritt und dort eine steile, fjordenreiche Küste formt. Auf der Gränzlinie zwischen Tertiär- und den krystallinischen vorsilurischen Ge- steinen tritt mit dem Wechsel des geognostischen Untergrun- des eine plötzliche Veränderung des topographischen Charak- ters ein. Die bisher schnell strömenden Flüsse nehmen einen Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXX VII, 1871. 14 190 trägen Lauf an, die hügelige, bergige, stellenweise hoch pit- toreske Landschaft wird monoton, — die hohen Ahorn-, Eichen- und Wallnusswälder verschwinden, ausgedehnte Cypressen- und Cedersümpfe treten an ihre Stelle und die eindringende Fluth setzt jedesmal grosse Landstriche unter Wasser. Die Grenzen zwischen Ocean und Continent sind verwischt, der Uebergang von Festland in die See ist ein allmäliger und wird durch die grossen Aestuarien des Chesapeak, Delaware und Roanoke vermittelt, welche sich, von flachen moorigen Gestaden ein- gefasst, durch die ganze tertiäre Küstenebene bis an den Fuss der Atlantischen Gneisszone erstrecken. Nur noch Eine Oseillation eines grossen Theiles von Nord- Amerika und mit ihm des Alleghany-Systems fand in späteren geologischen Zeiträumen Statt, eine Submersion, auf deren Grossartigkeit die Diluvial- Erscheinungen hinweisen. Am Ende der Tertiärzeit senkte sich die nordöstliche Hälfte des Conti- nentes unter den Meeresspiegel — über 3000 Fuss tiefe Was- ser bedeckten ihn —, Eisberge, mit nordischen Steinblöcken beladen, wurden durch arktische Strömungen von Norden herab getrieben und strandeten an der Südküste des damaligen Nord- Amerikanischen Eismeeres, welche sich von der jetzigen Che- sapeak-Bai aus in westlicher Richtung ungefähr im 39. Brei- tengrade durch Pennsylvania, Ohio, Indiana und Illinois er- streckte. Erst kurz vor dem Erstehen des Menschen erhob sich der damalige Meeresboden wieder über den Ocean, das Festland wuchs und nahm allmählich seine heutigen Contou- ren an. Auch heute ist die Thätigkeit der geologischen Agentien, deren Gesamntresultat in Amerika in seiner jetzigen Gestalt ist, noch nicht erloschen. Der äusserste Küstensaum des Con- tinentes ist stetigen Niveau - Veränderungen unterworfen. Hier senken sich weite Landstriche allmählig unter den Ocean, dort drängen neu entstehende Sandbänke das Meer in engere Grenzen zurück und fast überall beginnen sich sumpfige Buch- ten in Festland umzuwandeln. 2. Üeber den liineralreichthum des Alleghany - Systems. Die Mineralschätze der meisten grösseren Erzbergbau trei- benden Distrikte sind in Gangspalten zur Ausscheidung gelangt, 191 sind also jüngeren Ursprunges als die Gebirgsarten, in welchen sie aufsetzen. Eine fast durchgängige Ausnahme dieser sonst gewöhnlichen Erscheinung machen die Erzvorkommen des Alleghany -Systems. Dieselben repräsentiren nämlich sämmt- lich integrirende Theile der geologischen Formationen, nor- male Glieder der geognostischen Schichtenreihen sind mit den ihnen benachbarten tauben Gesteinen petrographisch eng ver- knüpft und verdanken denselben Bildungsprozessen wie diese ihren Ursprung. Neben derartigen Erzlagerstätten sind es na- mentlich Vorkommen von aus vegetabilischen Stoffen entstan- denen Mineralien, also vor Allem Kohlenflötze, mit welchen das in Betracht gezogene Areal gesegnet ist. Ausserordentlich reich an Erzlagerstätten ist im Alleghany- Systeme die laurentische Gneissformation, und zwar sind es namentlich Eisenerze, deren Führung für sie geradezu charak- teristisch ist. Magneteisenerz tritt theils als zonenweise Im- prägnation der gneissigen, besonders der syenitischen Ge- steine, theils und hauptsächlich in diesen in nesterförmigen oder ausgedehnten flach -lentikulären oder anhaltenden flötz- ähnlichen Lagerstätten auf, welche gleichförmig den Gmeissen zwischengelagert sind und zum Theil selbst wiederum durch dünne, den Saalbändern parallele Lagen von taubem Gestein in verschiedene Zonen getheilt werden. Sind auch viele der Eisenflötze durch haarscharfe parallele Grenzflächen vom Ne- bengestein getrennt, so beweisen sie doch durch ihre Theil- nahme an allen synklinalen und antiklinalen Biegungen der Gneissschichten ihre Zusammengehörigkeit mit letzteren, wäh- rend andere Lagerstätlten, namentlich aber die linsenförmigen Nester von Magneteisenstein durch nach aussen überhand neh- mende Beimengungen von taubem Gesteinsmaterial mit dem Nebengestein in der Weise verwachsen sind, dass sie als con- centrirte Erzkerne inmitten von Imprägnations.-Zonen, also als untrennbar von der laurentischen Formation aufzufas- sen sind. Namentlich in drei Bezirken des Appalachischen Systems setzen dergleichen laurentische Magneteisenstein - Lagerstätten in abbauwürdiger Reinheit und Mächtigkeit auf und bilden das Objekt eines ausgedehnten Bergbaues. Es sind die Adirondack Mountains und die Highlands von New York und New Jersey. 14* 192 In den ersteren, einer nach Süden hervorragenden Halbinsel des grossen laurentischen Terrains von Cänada, tritt das Eisen- erz in zwei oder drei bis 45 Fuss (nach Emmon’s irrthümli- cher Angabe bis 700 F.) mächtigen Lagern zwischen Hy- persthenit auf. Dieselben sind mehrfach durch lokale Hebun- gen in ihrer Lagerung gestört, fallen von diesen Antiklinalen grösstentheils lach ab, sind durch tiefe Thaleinschnitte der Nebenflüsschen des Hudson in eine Reihe isolirter Felder ge- theilt und bieten auf diese Weise zahlreiche Angrifispunkte für ihre bergmännische Gewinnung. In ihrer Fortsetzung nach Canada erreichen diese Eisensteinlager eine viel bedeutendere Mächtigkeit, so das von Newborough 200, das von Hull 90 und das von Marmora 100 Fuss. In den Highlands von New York, also im südlichen ge- birgigen Theile dieses Staates, treten neben bis 30 Fuss mäch- tigen flötzartigen namentlich lentikuläre Erzlagerstätten auf, von welchen z. B. die von Forrest O’Dean bei einer Länge von etwa 800 F. eine grösste Mächtigkeit von etwa 62 F. er- reicht. Die Magneteisensteine New Jersey’s sind in ihrem Vorkommen fast durchweg auf Flötze beschränkt, welche, bald nur Bruchtheile eines Zolles, bald 30 und mehr Fuss mächtig, sich Meilen weit in der grössten Gleichmässigkeit, an allen Biegungen und Knickungen der laurentischen Gneissreihe Theil nehmend, verfolgen lassen. Eine Anzahl der günstiger gele- genen, reicheren und mächtigeren dieser Lager werden durch 115 zum Theil sehr bedeutende Gruben abgebaut, welche im Jakre 1367 über 6 Millionen Centner Eisenerze förderten. Die- selben sind namentlich auf die Umgegend von Dover und Rockyway in Morris County concentrirt, während nur etwa 30 auf den Rest des Staates kommen. Dem Magneteisenstein ganz analog, wenn auch seltener, treten Schwefelkies, Magnetkies und Kupferkies als unregel- mässige Einlagerungen in den laurentischen syenitischen Ge- steinen auf. Das grossartigste Beispiel für derartige Vorkom- men ist bei Peeksbill, einige Meilen nördlich von New York, aufgeschlossen, wo eine gegen 80 F. mächtige Lagerstätte eines Gemenges von nuss- bis über kopfgrossen Partien der genannten drei Erze aufsetzt. Wichtige Glieder des laurentischen Systems sind die kry- 193 stallinischen Kalksteine, besonders da, wo sie das Mutterge- stein von Erzlagerstätten bilden, wie dies mit den Franklinit- und Rothzinkerzflötzen in Sussex County im Staate New Jersey der Fall ist. Diese repräsentiren zwei der Parallelstruktur des Kalksteins conforme Lager eines grobkörnigen Gemenges von Franklinit, Rothzinkerz und stellenweise Willemit, so wie von Kalkspath. Die auf ihnen bauenden Gruben fördern jährlich durchschnittlich 560.000 Centner Erz, welches zu 160.000 Centner Zinkweiss und 12.000 Center Zink verhüttet wird. Einen nicht unbedeutenden Antheil an dem Mineralreich- thum der Alleglıanies haben die Chromeisensteine, welche in Nestern und unregelmässigen Lagern in den Serpentinzonen aufsetzen, die namentlich im südlichen Pennsylvania und Mary- land untergeordnete Glieder des laurentischen Systems bilden. Auch die zahlreichen Graphitlagerstätten, wie deren bei Stur- bridge und Worcester in Massachusetts, bei Peapack, Mend- ham, Bloomingdale in New Jersey, bei Raleigh in Nord- Ca- rolina und an zahlreichen anderen Punkten der Atlantischen Gneisszone bereits bergbaulich in Angriff genommen sind, werden in späteren Zeiten, in denen der verlockende Gold- bergbau nicht mehr so viel Kapital in Anspruch nimmt, ihrem Werthe nach besser gewürdigt werden. Noch reicher als die laurentischen Gneisse sind die hu- ronischen Schiefer an Erzlagerstätten. Ihre Erzführung ist eine so constante und allgemeine, dass sie als eine wesent- liche Eigenthümlichkeit der krystallinischen Schieferreihe be- trachtet werden muss. Namentlich ist Gold in derselben ver- breitet, welches frei für sich allein oder an Schwefelkies gebunden in feinen Schüppchen und Körnchen als Imprägna- tion zahlreicher, durch äussere Merkmale nicht zu unter- scheidender Zonen der huronischen Talk-, Chlorit- und Glim- merschiefer, so wie der schiefrigen Quarzite und Itakolumite gefunden wird oder in einer Matrix von glasigem oder körni- gem Quarze auftritt, welcher die Gestalt flach gedrückt lin- senförmiger Nester oder anhaltender Bänke annimmt. In Folge der Verwitterung des Ausgehenden seiner ursprünglichen La- gerstätte ist das Gold von den Gewässern fortgeführt und mit Schutt, Sand und Geröll vermengt, jedoch im Verhältnisse zu seiner früheren sporadischen Vertheilung concentrirt anderen- 194 orts wieder abgesetzt worden. Derartige Goldseifen sind, wie in Californien, so auch im Osten Nord-Amerika’s die zuerst bekannten und ausgebeuteten Fundstellen des edlen Metalls gewesen. Die Hauptgolddistrikte auf dem huronischen Gebiete des Alleghany-Systemes sind Nova Scotia und die südlichen At- lantischen Staaten. In erstgenannter Britischer Provinz wurde das Gold 1861 entdeckt und ist seitdem mit günstigem Erfolge gewonnen worden. Nova Scotia lieferte 1862: 145.500, 1863: 280.026, 1864:400.440, 1865: 509.080, 1866: 447.000, 1867: 475.200 Dollars Gold. Aermer scheinen die benachbarten hu- ronischen Distrikte der Neu-Englischen Staaten zu sein, ob- wohl goldführende Quarzit- und Schieferzonen so wie Gold- seifen auch neuerdings an einigen Lokalitäten in New Hamp- shire und Vermont, namentlich aber im Chaudiere- Thale in Canada entdeckt worden sind, während die südlichen Atlanti- schen Staaten Virginia, Nord- und Süd-Carolina, Georgia und Alabama bereits über 40.000.000 Dollars Gold geliefert haben sollen. Der Reichthum gewisser Zonen der krystallinischen Schiefer in jenen Staaten an dem edlen Metalle, die Häufig- keit solcher goldführenden Zonen steht für den Geognosten fest, wird aber fehlgeschlagener Unternehmungen wegen, auf der anderen Seite aber auch in Folge der noch immer keine vollkommene Sicherheit gewährenden politischen Verhältnisse des Südens von dem in Bergbau spekulirenden Publikum mit Misstrauen betrachtet und liegt verhältnissmässig brach. Mehr Anerkennung als die Goldführung der huronischen Schieferformation in den südlichen Atlantischen Staaten hat deren erstaunlicher Reichthum an Kupfererzen gefunden. Set- zen letztere auch in zahlreichen und abbauwürdigen Lagerstät- ten in den centralen Bezirken von Virginia und Nord -Carolina, namentlich in Guilford County südlich von Raleigh auf, so er- reichen sie doch nicht die Wichtigkeit der jenseit der Blue Ridge gelegenen. Die hier bekannten grossartigen Vorkom- men von Kupfer sind beschränkt auf eine huronische Schiefer- zone, welche sich westlich von den Gneissen der Blue Ridge und östlich von den silurischen Schichten des Grossen Appa- lachischen Thales durch das südwestliche Virginien, durch Ost- Tennessee bis nach Georgien zieht. Die Kupfererzführung 195 dieser Zone von etwa 60 Meilen Länge ist namentlich an drei Punkten, nämlich in Carrol County (Virginia), bei Ducktown (Tennessee) und bei New Canton (Georgia), nachgewiesen. Die Lagerstätten von Ducktown sind durch tiefe und ausge- dehnte Grubenbaue am besten erschlossen und in Folge davon am speziellsten bekannt. Dieselben sind ausgedehnte, über 1500 F. lange und bis 400 F. mächtige Imprägnationen mit unregelmässig lentikulären, fast massiven Erzkernen, wäh- rend sie an den beiden andern erwähnten Punkten mehr die Gestalt anhaltender, aber ungleichförmiger, bald nur wenig mächtiger, bald bis zu 80 F. aufgeblähter Einlagerungen be- sitzen, welche wie die benachbarten huronischen Schiefer, ihr gleichalteriges Nebengestein, steil aufgerichtet sind. Allen diesen Erzvorkommen ist eine bestimmte Anordnung der sie bildenden Mineralien zu vier durchaus verschiedenen Horizon - ten gemeinsam. Ihr Ausgehendes besteht aus schlackigem Brauneisenstein, in welchem in einer Tiefe von etwa 50 F. Nester von Malachit , Kupferlasur, Rothkupfererz mit gediege- nem Kupfer auftreten und so die zweite Etage bilden, welche nach unten plötzlich von der dritten, der der Eisenkiese, ab- geschnitten wird. Die Einsprenglinge von Kupferkies , welche zuerst vereinzelt zwischen dem Schwefel- und Magnetkies auf- treten, mehren sich mit der Tiefe, bis sie die vierte und un- terste Etage, die der vorwaltenden Kupferkiese, bilden. Diese etagenweise Anordnung ist nicht allein in Ducktown, sondern neuerdings auch in der Hale Mine in Virginia auf das Be- stimmteste nachgewiesen worden. Aehnlich wie Kupfererz tritt Magneteisenstein in ausgezeichneter Linsenform oder flötz- artig zwischen Talk-, Chlorit- und Quarzitschiefern an zahl- reichen Punkten der huronischen Zone in den Atlantischen Staaten auf. Das Vorkommen von Diamant im Itakolumit von Süd Ca- rolina und Georgia ist bisher allein von wissenschaftlichem Interesse gewesen, ohne zum Zweck der Ausbeutung verfolgt worden zu sein. Nur an einer Lokalität, nahe bei Gaimesville im letztgenannten Staate, hat man, aber, wie es scheint, ohne den gehofften Erfolg, Itakolumit-Gerölle einer alluvialen Ab- lagerung auf Diamanten verwaschen. Die Bildung von an die Schichten -Complexe selbst ge- 196 bundenen Erzformationen erlischt nicht mit demEnde der hu- ronischen Periode, sondern erhält sich noch bis in die Silur- zeit hinein. So kommt es denn, dass in dem Grossen Appa- lachischen Thale, welches, wie früher nachgewiesen, vom Ausgehenden der untersilurischen Schichten gebildet wird, zahlreiche Lagerstätten zu Tage treten. Dieselben führen Zink-, Blei- und Eisenerze. Hierher gehören die Blendeeinlagerun- gen von Ost-Tennessee, Südwest-Virginia, namentlich aber von Friedensville in Pennsylvania gelegen, die Bleiglanz- flötze von Austin am New River und endlich die Schwefel- kieseinlagerungen zahlreicher Lokalitäten, sämmtlich im Tren- ton-Dolomite. Die genannten Vorkommen von Schwefelmetallen sind bis zu einer Tiefe von 70 F. durch die Atmosphärilien zersetzt, so dass ihr Ausgehendes von Galmei, Pyromorphit, Bleivitriol, Weissbleierz oder Brauneisenstein gebildet wird; auf diese Weise ist auch der Schwefelkies zur Darstellung von Eisen nutzbar geworden. Mit der individuenreichen Fauna der paläozoischen Schich- ten, mit der üppigen Flora der Kohlen-Periode treten neue Agentien "zur Schichten- und Gesteinsbildung an Stelle der chemischen Präcipitations - Prozesse aus Minerallösungen, wel- chen die vorsilurischen Lagerstätten von nutzbaren Mineralien ihren Ursprung zu verdanken scheinen. Aus der Verwesung vorweltlicher Organismen ist namentlich der unvergleichliche Reichthum des östlichen Nord- Amerika an Petroleum und Stein- kohle hervorgegangen. Petroleum, das Produkt sich unter Luftabschluss zersetzen- der animalischer, namentlich aber vegetabilischer Masse, füllt ähnlich wie das Wasser, meist sogar vereint mit diesem, Spal- ten und Hohlräume im Gestein aus. In seinem Auftreten ist es auch in Nord-Amerika nicht an bestimmte Formationen gebunden. So fliessen die Oelbrunnen Kentucky’s, Tennessee’s und Manitoulin Island’s aus Reservoirs zum Theil im unteren, zum Theil im oberen Silur. Mitteldevonischen Ursprunges ist das Petroleum von Canada und Michigan, während das von West-Virginien und Pennsylvanien aus dem Oberdevon, theil- weis auch aus -der unteren Kohlenformation stammt. Die Hauptölregionen des Appalachischen Beckens sind die Distrikte an den Quellflüssen des Alleghany in Pennsylvania, namentlich 197 die Thäler des Cherry Run und Oil Creek, so wie des Alle- ghany selbst, ferner die Thalsohlen und Gehänge des Ka- nawha und seines Nebenflusses, des Hughes River, so wie der sich in beide ergiessenden Bäche südöstlich von Parkers- burg in West-Virginia. Die Entdeckung des unterirdischen Petroleum-Reservoirs in den Jahren 1859 und 1860 war für den Geldmarkt und den Nationalreichthum der Vereinigten Staaten eine epochemachende Begebenheit. Bereits im Be- ginne des Jahres 1865 hatten sich 1085 Petroleum - Compag- nien mit 580.000.000 Dollars Nominal-Kapital gebildet, von welcher Summe faktisch 116 Millionen Dollars in dem Ankauf von Oelländereien und Maschinen, in Bohrlöchern &c. angelegt waren. Rasch stieg die Petroleum-Produktion von 700.000 Barrels (ad 40 Gallonen) im J. 1862 auf 1.350.000, 1863 auf 1.600.000, 1864 auf 1.680.000, 1865 auf 2.200.000 und 1866 auf 2.250.000., letztere im Werthe von 17 Millionen Dollars. Noch wichtiger und folgenschwerer als die Gewinnung des Erdöls ist für den Osten Nord-Amerika’s die Grösse sei- ner Steinkohlenfelder, weil in letzteren eine viel berechen- barere und anhaltendere Quelle des Nationalreichthums liegt als in den nach und nach versiegenden, in ihrer Lage an Ober- flächenmerkmalen nicht erkennbaren Reservoirs von Petroleum, deren Auffindung mehr dem Zufall überlassen bleiben muss. In der Ausdehnung ihres zum grössten Theile noch unänge- tasteten Steinkohlen-Areals übertreffen die Vereinigten Staaten alle übrigen Länder und mit einer gewissen Genugthuung be- rechnet der Amerikaner, in welch kurzer Zeit Europa’s Koh- lenflötze abgebaut, seine Industrie dadurch vernichtet und der Mittelpunkt von Handel, Industrie und Kultur von jenseit des Oceans in das an Steinkohlenflötzen unerschöpfliche Mississippi- Thal verlegt sein wird. Und in der That ist die Grösse des Flächenraumes, welchen die Amerikanischen Kohlenfelder ein- nehmen, eine erstaunliche, sie beträgt nämlich etwa 5800 Deutsche Quadrat-Meilen, von welchen 3200 in das Gebiet unse- rer Betrachtung fallen, während 2400 den Staaten Illinois, Ken- tucky, Indiana, lowa, Missouri, Kansas und Arkansas, andere 200 dem Staate Michigan angehören. Von allen Europäischen Ländern besitzt Gross-Britannien das grösste Kohlen - Areal, 198 nämlich 480 QMeilen, der flötzreiche Theil des Saarbrücker Kohlengebirges bedeckt dagegen nur 7 QMeilen. Im Osten des Continentes vertheilt sich die produktive Steinkohlen-Formation auf drei Bezirke, nämlich das Appala- chische, das Neu-Englische und das Akadische Becken. Das ausgedehnteste derselben ist das Appalachische, welches sich vom nördlichen Pennsylvania bis nach dem mittleren Alabama erstreckt. Seine allgemeinen Umrisse sind keulenförmig, so dass sein engerer Theil, gewissermaassen der Stiel von sei- nem südlichen Ende, nämlich dem Tafellande der Cumberland Mountains im Staate Tennessee, repräsentirt wird. Der Flächenraum, welchen seine abbauwürdigen Kohlenflötze ein- nehmen, wird auf 2400 QMeilen geschätzt, ihre Gesammt- Mächtigkeit beträgt bei Pottsville 120, bei Wilkesbarre 60 und bei Pittsburg 25'% F. Dieses grossartige Kohlenfeld ist nun seinem geognostischen Baue nach eine breite, verhältnissmäs- sig flache Mulde, deren Schichtungen wiederum eine Reihe flach-wellenförmiger Biegungen machen, bis auf den Theil der Steinkohlen-Formation, welcher innerhalb der Alleghany- Gebirgskette liegt und dort steiler und enger gefaltet ist. Diese Schichtenwellen streichen nicht nur unter sich, sondern auch der Längsrichtung des Appalachischen Kohlenfeldes parallel und weisen ihre Entfernung von der östlichen Kohlengrenze proportional eine allmählige Abnahme in ihrer Höhe und Steilheit auf. In Folge von Hebungen sowie späteren Auswa- schungen ist das grosse, einst zusammenhängende Kohlen- Areal in eine Anzahl isolirter Felder zerschnitten worden. Von diesen haben die östlichsten, also die zwischen Allegha- nies und Blue Ridge gelegenen, die stärksten Schichtenstö- rungen erlitten, wodurch die Bildung von zahlreichen Rissen und Klüften bedingt war. Durch diese konnten die flüchtigen Substanzen der Kohlenflötze entweichen, so dass deren Bitu- mengehalt abnehmen musste. Die bituminöse Kohle wurde zu Anthracit. Diese vier lang gezogen elliptischen Anthraeit- Felder, deren Gesammtausdehnung etwa 120 QMeilen beträgt, haben nicht nur dieselbe, nämlich eine nordöstliche Strei- chungsrichtung gemeinsam, sondern besitzen auch denselben geologischen Bau. Sie sind vollständig synklinale Mulden, de- ren centrale Zonen und trogförmiges Innere von den oberen, 199 deren wellenförmige Umgürtung von älteren, härteren Schich- ten der produktiven Steinkohlen - Formation gebildet wird. Um letztere zieht sich ein tiefes, lang elliptisches Thal, welches dem Ausgehenden einer Zone von weichen Schiefern des mitt- leren Kohlengebirges entspricht, und dieses ist wiederum von einem elliptischeu Höhenzug aus den harten Conglomeraten und groben Sandsteinen der unteren Steinkohlen-Formation all- seitig umgeben. Der allgemeine Charakter der Pennsylvanischen Felder ist somit der lang gezogen elliptischer Bassins, welche von einem doppelten Gürtel von Höhenzügen der älteren Schich- ten des Steinkohlengebirges umsäumt werden. Im Vergleich mit dem Appalachischen Kohlenfeld unbedeu- tend ist das ganz isolirt an der Atlantischen Küste gelegene von Rhode Island, welches sich in einer tiefen Mulde von laurentischen Gneissen abgelagert hat und auf 40 QMeilen geschätzt wird. Von grösserer Wichtigkeit hingegen ist die Steinkohlen- Produktion Akadiens, also von New Brunswick, namentlich aber Nova Scotia. In letzterer Provinz, und zwar an den Jog- gins, jener durch Lyell’s, Logan’s, Dawson’s u. A. Beschrei- bung berühmt gewordenen Küste der Bay of Foundy, umfasst eine etwa 3000 F. mächtige Schichtenreihe von Sandsteinen und Schieferthonen 76 Kohlenflötze von 45 F. Gesammtmäch- tigkeit, von denen freilich der grösste Theil nur wenige Zoll stark und deshalb bis auf 7, weiche zwischen 1", und 5 F. schwanken, nicht abbauwürdig ist. Besonderes Interesse er- hält dieser Aufschluss des kohlenführenden Systems dadurch, dass sich an ihm 22 Horizonte mit aufrecht stehenden Pflan- zenstrünken nachweisen liessen. Aus der sich dort 24mal wie- derholenden Wechsellagerung von Steinkohlenflötzen mit Kalk- steinen, letztere zum Theil mit marinen Resten, lässt sich auf eben so viele Senkungen des Kohlenmaterial produciren- den Sumpflandes unter den Meeresspiegel schliessen. An der Nordküste von Nova Scotia, im Bergwerksbezirke von Pictou, werden vier Flötze abgebaut, welche 40, 25, 11 und 4, zusammen also 80 F. Mächtigkeit haben. Den Flächen- raum, welchen die produktive Kohlen- Formation in den Bri- tischen Provinzen einnimmt, hat man auf 720 QMln. geschätzt, Die Produktion der genannten drei Kohlenfelder des Ostens 200 von Nord-Amerika erreichte bereits im J. 1866 die enorme Höhe von 400 Millionen Centnern. Ganz abgesehen von den Sand- und Kalksteinen des car- bonischen Systems spielt neben der Steinkohle der Sphärosi- derit eine wichtige Rolle als technisch nutzbares Mineral. Dieses Eisenerz ist selten bituminös (Blackband), häufiger thonig, meist aber kalkig oder kieselig und formt entweder zusammenhängende, bis zu 6 F. Mächtigkeit anschwellende Flötze oder bestimmte Horizonte der Schieferthone anfüllende ellipsoidische oder linsenförmige Nieren. Diese Lagerstätten liefern einen ziemlich bedeutenden Theil des Rohmaterials für die Amerikanische Eisen-Industrie, aus welcher z. B. im Jahre 1866 27.200.000 Centner Roheisen hervorgingen. Die nächst jüngere, im Osten des Amerikanischen Conti- nentes zur Ablagerung gelangte Formation ist der obertrias- sische Rothsandstein. Als eine Sumpf- und Brackwasserbil- dung besitzt er in petrographischer Hinsicht viel Aehnlichkeit mit dem carbonischen System und führt wie dieses Steinkoh- len- und Sphärosiderit-Flötze.e Dies ist namentlich in den bereits erwähnten Rothsandsteinbecken westlich von Richmond in Virginia und am Deep River südwestlich von Raleigh in Nord-Carolina der Fall, wo bituminöse Kohle fünf Flötze bil- det, deren unterstes in Virginia 60 Fuss Mächtigkeit erreicht und zum Theil direkt auf laurentischen Gneissen auflagert. An tirassischen Sphärosideriten ist besonders das erwähnte Deep River-Kohlenfeld reich. Auf das höchst auffällige constante Zusammenauftreten des Rothsandsteins mit Dioriten ist bereits "aufmerksam gemacht worden. In genetischem Zusammenhange mit der Eruption dieser Diorite scheint die auf die Contakt- zone mit letzteren beschränkte Kupfererzführung des Rothsand- steins zu stehen, wie sie seit längerer Zeit in New Jersey, Connecticut und Nova Scotia bekanntist. Die in solchen Fällen in Gestalt von Nestern oder Imprägnationen in der gefritteten Sandsteinmasse auftretenden Erze sind Rothkupfererz, Kiesel- malachit und gediegen Kupfer, zuweilen mit Einschlüssen von gediegen Silber. Ihre Lagerungsweise ist jedoch zu inconstant, um grössere bergwerkliche Unternehmungen zu rechtfertigen. Dagegen sind Gänge von Schwerspath im Rothsandstein von Connecticut, welche gleichfalls der Eruption des Diorites ihren 201 Ursprung verdanken, daselbst das Objekt eines ziemlich be- deutenden Bergbaues, welcher im Jahre etwa 240.000 Centner dieses Minerals auf den Markt bringt. Endlich gehört auch der senonen Kreide und den un- tersten Horizonten der Tertiär-Formation, wie sie beide na- mentlich in New Jersey entwickelt sind, eine Schichten- reihe von nutzbaren Gesteinen an, deren direkler Anwen- dung die flachen sandigen Küstenstriche jenes Staates ihre ganze Fruchtbarkeit, deren Export sie einen grossen Theil ihrer Wohlhabenheit verdanken. Es sind Glauconitmergel von aussergewöhnlich hohem Kali- und Phosphorsäuregehalt und deshalb als Düngmittel sehr gesucht. Ihre Mächtig- keit wird vom Staatsgeologen Cook auf 110 Fuss geschätzt. Ihr Ausgehendes zieht sich bei der flachen, fast horizontalen Lagerung der Schichten in breiten Zonen von der Mündung des Hudson bis zum Delaware. Sie werden in Hunderten von Mergelgruben abgebaut, welche im J. 1867 20 Millionen Cent- ner Grünsand lieferten, deren Produktion sich jedoch im Jahre 1869 fast auf das Doppelte gesteigert haben soll. Selbst aus einer so kurz gefassten Skizze wie der obigen muss hervorgehen, dass sich mit. der Mannichfaltigkeit des Materials nur die Grossartigkeii der Dimensionen der nutzba- ren Lagerstätten des Alleghany-Systemes vergleichen lässt. Der Osten Nord- Amerika’s, gesegnet mit Eisenerzen und Stein- kohlen, ergänzt sich mit dem gold- und silberreichen Westen zu einem in seinem Mineralreichthum einzig dastehenden Con- tinente. Literatur. Allgemeines. Die neuen Masse und Gewichte des me- trischen Systemes sind für Schulen u. s. w. vielfach abgebildet; — aus der grossen Zahl derselben heben wir die bei G. W. F. Müller in Ber- lin und die bei Springer in Berlin erschienenen Tafeln heraus. Die bei Müller erschienene enthält erstens ein halbes Meter mit seinen Einthei- lungen, zweitens alle Hohlmasse vom 2-Litermass herab bis zu den klein- sten, für flüssige und trockne Gegenstände, — endlich alle Gewichte vom 202 20 Kgr.-Stück bis zum Gramm in Eisen resp. in Messing — alles in Far- bendruck und in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen und Grössen, Die andere bei Springer erschienene Tafel enthält nicht so viel einzelne Masse und Gewichte, sie bringt dafür einganzesMeter, ferner noch die Abbildung eines Kubikdecimeters als Grundlage für Liter und endlich eine vollständige tabellarische Uebersicht über die neuen Masse und Gewichte. Wir haben an denselben nur eins auszusetzen nämlich die unrichtige und inconsequente Schreibweise, es steht da erstens der Meter statt das Me- ter (metrum, «EToov), ferner Decameter statt Dekameter, während die Ab- kürzung Dkgr. richtig geschrieben ist; man sollte doch schon zur Ver- meidung von Verwechselungen mit Decimeter das griechische Zahlwort mit einem k schreiben — auch Hektoliter ist besser als Hectoliter. Was ge- hen uns denn die Franzosen an, die in ihrer Grammatik kein sächliches Geschlecht und inihrem Alphabete kein k haben? [Ebenso thöricht ist es aber auch wenn man, wie es häufig geschieht Centimeter, Decimeter u.s.w. mit einem Z schreibt.] H. Martius - Matzdorf der diese Tafel gezeichnet hat, wird hoffentlich die erwähnten Fehler bei künftigen Abdrücken ändern lassen. Sbg. Joh.KarlBähr, über die Einwirkung der Reibungselek- trieität auf das Pendel. Dresden bei W, Türk 1870. — Der ver- storbene Verf. war Prof. an der Akademie der Künste in Dresden und hat sich bei seinen Lebzeiten durch eine Schrift über die Göthesche Farben- lehre und durch die Entdeckung des „dynamischen Kreises‘ bekannt ge- macht. Beide Schriften sind von den Physikern so gut wie gar nicht beachtet; die erste, weil sie längst widerlegte Sachen aufs neue vor- brachte, die zweite, weil ihr Inhalt etwa mit der Theorie des Tischrü- ckens auf gleiche Stufe zu stellen gewesen sein dürfte. Es kommen darin Versuche mit Pendeln vor, die durch eine im menschlichen Körper vor- handene zauberhafte Kraft in Bewegung gesetzt werden sollten. In dieser kurz vor dem Tode des Verf. vollendeten Schrift werden neue Versuche beschrieben, in denen, wie der Herausgeber (0. Reinhard) sagt, der Verf. „seine hochwichtige Entdeckung aus ihrer bisherigen Vereinzelung heraus- treten und sie so zu sagen Fühlung mit den sogenannten exacten Wis- senschaften gewinnen sah.‘ Diese „Fühlung“ ist nun freilich nicht ge- rade ens: der Verf. hängt ein Pendel über verschiedenen Stoffen auf und lässt die Elektrieität darauf einwirken und berichtet nun, dass bei Gold, Silber, Diamant u. s. w. (positive Körper nennt er sie) das Pendel in me- ridionale Schwingungen gerathen sei, wenn es aber über Kupfer, Platin» Zinn, Kohle u. s. w. (negativ!) aufgehängt sei, so wären Schwingungen in aequatorialer Richtung entstanden. Noch wunderbarer aber ist der Ein- finss, den die menschlichen Hände auf die Pendelphänomene haben sollen, es sollen da nämlich Verschiedenheiten zwischen der rechten und linken Hand auftreten, derartig, dass die männliche rechte und die weibliche linke gleiche Wirkung haben, eine andere Wirkung aber soll der männli- chen linken und der weiblichen rechten zukommen, doch sollen auch diese beiden mit einander übereinstimmen. — Dass dies ein Mensch glauben soll, ohne es gesehen zu haben, ist ein starkes Verlangen, Referent er- 203 laubt sich wenigstens trotz des auf dem Titelblatte stehenden Motto seine Zweifel darüber zu äussern, — und die meisten Physiker werden wol ebenso denken. Sbg. v. Wedelstädt; Electricität, Wärme, Licht. Versuch der Lösung des Problems der Weltbildung, Weltbewegung und Welterhaltung. Berlin 1871 Lüderitz’sche Verlagshandlung. — Verf. stellt die Hypothese auf, dass von der Sonne‘ ausser der Gruppe der optischen Schwingungen (er rechnet dazu auch noch die wärmenden und die chemischen Vibrationen) auch noch eine andere Gruppe „erhöhter Aetherschwingungen‘“ mit bedeu- tend kleinerer Wellenlänge aber grösserer Fortpflanzungsgeschwindigkeit ausgehe, dieselben zerfallen in 2 Arten, elektrische und magnetische, welche zu einander rechtwinklig gerichtet sind und spiralförmig zu sein scheinen, Auch den optischen Schwingungen schreibt der Verf. diese „strickartige‘“ Beschaffenheit zu und vermuthet, dass dieselben durch das Prisma aufgedrieselt würden — ob er etwa durch Göthes Verse: aufge- dröselt, bei meiner Ehr, siebst ihm als ob’s ein Stricklein war — sieben- farbig statt weiss, oval statt rund etc.“ zu dieser Ansicht gekommen ist, verschweigt er leider. Bei dieser Gelegenheit wird gesagt, dass die Zer- legung des Lichtes darin begründet sei, dass es Wege von verschiedener Länge im Prisma zurückzulegen habe — das dürfte doch wol ein cireulus vitiosus sein, denn wenn sich der Lichtstrahl nicht zerlegte, so hätte ja das Violett keinen längern Weg im Prisma als das Roth zurückzulegen ; doch dies beiläufig. Wir kehren zurück zur Elektricitätstheorie des Verf. ; da ist nun zunächst zu bemerken, dass schon früher die Elektricität als Aetherschwingungen aufgefasst ist, so hat Prof. Hankel in Leipzig eine viel vollständiger entwickelte Theorie gegeben, wo ebenfalls rotirende Be- wegungen der Aethermoleküle zu Grunde gelegt waren ; dagegen geht der Verf. einen Schritt weiter, indem er die Sonnenflecken als Entstehungsort der Elektricität betrachtet. Das ist nun freilich eine etwas gewagte Hy- pothese, es kommen aber noch viel merkwürdigere vor, z. B. dass auch die Schallwellen in Aether und nicht in der Luft sich vollziehen. Ferner wird im 2. Theile des Heftchens die Gravitation anders wirkend darge- stellt als gewöhnlich: ein jeder Himmelskörper soll nämlich bei seiner Be- wegung sowol anziehend als abstossend wirken; nach vorn hin abstossend, nach hinten zu anziehend. Verf. hält diese Hypothese für nöthig zur Er- klärung der Erscheinung, dass die Erde nicht mit dem Monde zusammen- stosse. Er gibt freilich zu, dass das alles nur Vermuthungen seien, aber bei den bisherigen Ansichten müsse man nothwendig zu der Annahme kommen, „dass der Weltenbau auf einmal fix und fertig aus der Hand eines Schöpfers hervorgegangen sei.“ Kennt denn der H. Verf. die Theorie von Kant und Laplace nicht? und abgesehen davon — das Newtonsche Gravitationsgesetz hat offenbar mit der Erschaffung der Welt gar nichts zu thun, es soll ja nur das wahre Verhalten der Stoffe ersetzen, es soll nicht zeigen, wie Gott die Welt erhält, sondern wie sie sich selbst er- ‚halten würde, wenn die geschaffenen (oder entstandenen) Stoffe nach die- sem Gesetze richteten (cfr. Heine, Vortrag über das Newtonsche Gesetz, Halle 1864 und Neumann, die Principien der Galilei - Newtonschen Theorie, 204 Leipzig 1870.) Doch können wir hier nicht weiter erörtern. Dagegen ver- dient der Haupt- und Grundgedanke des Verf. gewiss Beachtung, das ist nämlich der, dass alle Erscheinungen auf der für uns sichtbaren Welt nur Modificationen einer Kraft und eines Stoffes seien; dieser Stoff sei der Aether und die Kraft die Bewegungen desselben. Zu einer vollständigen Durehführung der hieran sich anknüpfenden Gedanken dürfte aber jetzt noch nicht Zeit sein; immerhin bleibt es ein dankenswerther Versuch, wenn jemand in dieser ziemlich verlassenen Richtung arbeitet. Es gehört aber dazu eine ungemeine Kenntniss aller Naturerscheinungen, sonst kommt man sehr leicht mit den Thatsachen in Conflict, auch Herrn v. W. ist dies leider einigemale passirt, so sagt er z.B. S.36: „darum kühlt sich zuerst die Erde, dann das Wasser, zuletzt die Luft ab.“ Auch der Zusammenhang zwischen der Abplattung der Erde und der Stelle mit dem halbjährigen Tage, wie S. 34 angegeben ist, entspricht den factischen Ver- hältnissen nicht; ferner ist die Behauptung, dass dieMonde keine rotiren- den Körper seien (S. 93) wol nicht ohne weiteres anzunehmen. Zum Schluss noch eine Aeusserlichkeit: es fällt auf, dass der Verf. lateinische Worte mit einem k schreibt statt mit einem c (kondensiren, koncentriren u. s. w.) während er in andern Worten, wo man der Entstehung nach ein k zu setzen pflegt ein e schreibt, z. B. Calium, welches bekanntlich all- gemein durch K abgekürzt wird oder electrisch, welches doch vom grie- chischen nAextoov abgeleitet wird. Sbg. H.J. Klein, das Gewitter und die dasselbe begleitenden Erscheinungen, ihre Eigenthümlichkeiten und Wirkungen, sowie die Mittel sieh vor den Verheerungen des Blitzes zu schützen. Graz 1871. Verlag des „Leykam -Josefsthal“. — Eine kleine interessant geschriebene Zusammenstellung alles dessen was man vom Ge- witter weis, gut geordnet und durch viele Beispiele belegt, mehr für solehe die sich über die betreffenden Erscheinungen belehren wollen, als für Meteorologen von Fach, obgleich auch diese wegen der vielen authen- tischen Berichte ü’;er merkwürdige Gewitter das Buch sehr wol werden gebrauchen können. Zu wünschen wäre, dass die Quellen vollständiger angegeben wären. Das letzte Kapitel betreffend den Schutz gegen die Wirkungen des Blitzes ist sehr vollständig und nicht nur allen denen, die sich Blitzableiter anzulegen beabsichtigen, sondern auch denen, die sich schon damii versehen haben zu empfehlen. Wir wünschen der Schrift eine möglichst weite Verbreitung, damit sie auch in weiteren Kreisen die Vorstellungen über das Wesen der atmosphärischen Elektrieität aufkläre. Sbg. Sirius, Zeitschrift für populäre Astronomie, herausge- geben von Rudolf Falb. — Diese monatlich zweimal erscheinende gut ausgestattete Zeitschrift verdient die besten Empfehlungen, sie bringt Auf- sätze von allgemeinen Iuteresse, und so weit es der Zweck des Blattes zulässt auch Berichte über neue Entdeckungen — alles in einer entspre- chenden Form, die auch dem Nichtmathematiker verständlich ist, ohne doch unwissenschaftlich zu sein. Das Blatt erhält aber auch einen ganz besondern Werth durch die ausgezeichnet lithographirten Tafeln, von de- 205 nen jeder Nummer mindestens eine beigegeben ist. Eigenthümlich und sehr praktisch sind die Doppeltafeln: irgend ein Sternbild (Schwan, gr. Bär u. s. w.) ist auf blauem oder schwarzen Grunde abgebildet ohne dass den Sternen die störenden Namen beigefügt sind, dieselben sind vielmehr auf ein Blatt Seidenpapier gedruckt, welches über die Haupttafel gelegt wird und die Sterne durchschimmern lässt, so dass man zu einem jeden seinen Namen finden kann. Auf den Inhalt einzelner Aufsätze können wir hier natürlich nicht eingehen, wir verweisen vielmehr auf die Zeitschrift selbst und empfehlen sie allen, welche sich für Himmelskunde interessiren aufs Wärmste. Sie erscheint seit Anfang des Jahres 1870, (3. Jahrgang) im Verlage der Actiengesellschaft Leykam-Josefsthal in Graz und kostet jährlich 4 Fl. Sbg. Astronomie. F.Zöllner, über dieTemperatur und phy- sikalische Beschaffenheit der Sonne. - Sehon im J. 1869 (Bd. 34, S. 316 —318) haben wir Zöllners Methode zur Beobachtung der Protuberanzen beschrieben und dabei bemerkt, dass Zöllner die Form die- ser interessanten Gebilde mit unsern Wolken vergleicht. Er erklärt dies dadurch, dass unsere Wolkenformen wesentlich bedingt sind durch die Art der Ausbreitung von verschieden erwärmten und bewegten Luftmassen ; die Wasserdampfbläschen bilden bei irdischen Wolken nur das Material, durch welches die verschiedene Erwärmung sichtbar wird. Bei den Pro- tuberanzen wird diese Sichtbarkeit durch die Gluth der leuchtenden Was- serstoffmassen vermittelt. [Zu Experimenten im Kleinen würde der Töp- lersche Schlierenapparat anzuwenden sein. Referent.] Die Erscheinungen führen nun von selbst zu der Annahme, dass die eruptiven Protuberanz- gebilde zu betrachten sind als ein Phänomen der Ausströmung eines Ga- ses aus einem Raum in einen andern, wobei der Druck während der Aus- strömung in jeden von beiden Räumen als constant angesehen und weder eine Mittheilung, noch eine Entziehung von Wärme angenommen wird. Die mathematische Behandlung dieser Bewegung wird durchgeführt vom Stand- punete der mechanischen Theorie der Gase (Gesetz von Mariotte und Gay- Lussac; Constanz des Verhältnisses der spec. Wärme bei constantem Vo- lumen und bei constantem Druck) — und unter einigen andern Annahmen, von denen namentlich hervorzuheben ist, dass der wesentliche Bestandtheil der Sonnenatmosphäre (ebenso wie die hervorbrechenden Protuberanzen) das Wasserstofigas ist; gerechtfertigt wird diese Annahme durch die Ent- deekung der Chromosphäre. In die theoretisch gefundenen Formeln wer- den dann numerische Werthe eingesetzt; z. Th. sind das allerdings nur Grenzwerthe, so z. B. beim Druck an der Basis der Chromosphäre (am Rande der leuchtenden Sonnenscheibe): nach den Beobachtungen Wüllners über die Veränderungen die das Spectrum des Wasserstoffs bei wechseln- dem Druck erleidet muss dieser Druck so gross sein, dass er auf der Erd- oberfläche zwischen 50 und 500mm eines Quecksilberbarometers beträgt. Demgemäss kann man annehmen, dass der continuirliche Grund des Son- nenspectrums auf dem die schwarzen Linien erscheinen, durch das Glühen eines stärker comprimirten Gases hervorgebracht werden. Eine besondere Betrachtung ist der Trennungsschicht gewidmet, aus der die Protuberanzen Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVI1, 1871. 15 206 eruptivartig herausbrechen; nach der bisherigen Anschauung müsste die- selbe der leuchtende Kern der Sonne sein, der das continuirliche Spectrum erzeugt, während die glühende Gashülle die schwarzen Linien bewirkt; nach den neuern Entdeckungen kann aber unter dem starken Drucke das glühende Wasserstoffgas selbst ein continuirliches Spectrum liefern und es könnte die genannte Trennungsschicht unter jener Wasserstoffschicht liegen, welche den continuirlichen Untergrund des Sonnenspeetrums liefert und die uns als leuchtende Sonenscheibe erscheint. Die flüssige Trennungs- schicht kann nach den Beobachtungen über die Sonnenflecken ungefähr 8° unter jener leuchtenden Hülle liegen, die auf ihr durch Abkühlung entstehenden Schlacken sind nach Zöllner die Sonnenflecke. Aus allen die- sen Annahmen berechnet Zöllner, dass die Temperatur des innern Gases etwa 40690° C. (bei den gewöhnlichen Protuberanzen bis zu 1!/, Minuten Nähe) bis 749100 (bei den grössern von 3° Höhe) höher ist als die Tem- peratur des äussern Gases. Um für diese Temperatur wenigstens eine un- tere Grenze zu finden wird noch nachgewiesen, dass es wegen des Archi- medischen Prineips nicht möglich, die Sonne für eine grosse Wasserstoff- blase mit flüssiger Hülle zu halten, es bleibt demnach nur noch übrig, „dass die Sonne aus einer incompressibeln Flüssigkeit bestehe, in welcher in der Nähe der Oberfläche locale Ansammlungen von glühenden Wasser- stoffmassen stattfinden, die aus blasenartigen Hohlräumen bei entsprechen- den Druckdifferenzen als Eruptionsprotuberanzen hervorbrechen.‘“ Hiernach wird aus dem spec. Gewicht der Sonne (=1,46) für einen Druck von 50 bis 500mm Quecksilber (auf der Erde) berechnet, dass die Temperatur der Wasserstoffmassen ausserhalb der Trennungsfläche mindestens 26000 bis 29500°C. über dem absoluten Nullpunkte liegen muss, das gibt im Mittel 27700°C. absolute Temperatur. Daraus ergibt sich weiter die Temperatur in den innern Gasmassen — 68400° C. a. T. und das hat wieder zur Folge, dass derDruck in den erwähnten Hohlräumen ungeheuer gross ist, nämlich mehr als 4 Millionen Erdatmosphären. Es muss also der Druck nach dem Innern des Sonnenkörpers zu ungeheuer schnell wachsen, so dass selbst die permanenten Gase, wie der Wasserstoff, nur in glühendflüs- sigem Zustande existiren können. Wenn man nun neben dem Wasserstoff noch eine Sauerstoff und Stickstoff- Atmosphäre auf der Sonne annähme, welche in der leuchtenden Wasserstofischicht denselben Druck und dieselbe Temperatur hätten, so könnten davon an der Oberfläche der sichtbaren Sonnenscheibe (8° höher) nur noch ganz geringe Spuren vorhanden sein, dass sie keine Absorptionslinien hervorbringen könnten. Aus dem Mangel von Linien in dem Spectrum eines selbstleuchtenden Gestirnes darf also noch nicht auf Abwesenheit des entsprechenden Stoffes geschlossen wer- den. — An diesen Satz schliessen sich noch einige Sätze über die Schicht, in welcher die „Umkehrung“ des Speetrums stattfindet, d. h. wo die schwarzen Linien erzeugt werden. Da die Begründung dieser Sätze vor- behalten wird; so haben wir vielleicht Gelegenheit noch einmal darauf zurückzukommen, für jetz verweisen wir auf das Original, dem auch 2 ausgezeichnete farbige Abbildungen Protuberanzen beigegeben worden sind, 207 (Berichte d. Gesellsch. d. Wissensch. zu Leipzig, math.-phys. Classe 1870, 103 — 123.) Shg. Seidel, einige Bemerkungen in Bezug auf die Beobach- tung der bevorstehenden Durchgänge der Venus durch die Sonne. — Verf. empfiehlt bei den bevorstehenden für die Astronomie überaus wichtigen Venusdurchgängen hauptsächlich die photographische Methode anzuwenden, weil die erhaltenen Bilder ohne subjective Fehler sind und nach der Erscheinung bequem untersucht und genau gemessen werden können. — Die objectiven Fehler der Apparate aber sind constant und können jederzeit genau bestimmt werden, so dass photographische Aufnahmen in möglichst grosser Anzahl dargestellt für alle Zeiten werth- voll bleiben werden. — (Sitzungsber. der Akad. zu München 1870 I. 297 — 302.) Sby. Physik. Riess, Wirkung der Nebenströme der elektri- schen Batterie auf denHauptstrom und aufeinander, — Die Elektrisirung aus der Ferne her wird bekanntlich bei der ruhenden Elek- trieität Influenz, bei der in Bewegung befindlichen Induction genannt. Mit der abgemessenen Menge von Elektrieität für einen bestimmten Leiter em- pfangen zugleich andere Leiter absichtslos Elektrieität, welche die Wir- kung ändert, hindert und selbst entgegengesetzte Erscheinungen hervor- bringt, und oft ist die Elektrieitätsmenge und die Stelle ihres Einflusses bei Versuchen unbekannt. Fechner hat darauf bezügliche Influenzversuche angestellt. An der Elektrophormaschine wirken von der drehbaren Scheibe und dem Papierkuchen fünf gesonderte Elektricitätsportionen auf jedem Elektrodenkamm und erzeugen befremdende Erscheinungen. Bei Versu- chen mit dem Entladungsstrome der Batterie sind es die Inductionen des Schliessungsbogens auf ihn selbst und nahliegende Leiter, welche die Wir- kungen des Stromes verwirren. Verf. stellte neue Versuche an diese Ne- benwirkungen zu ermitteln. 1. Rückwirkung eines Nebenstromes auf den Hauptstrom. Der Entladungsstrom der Batterie wird durch die Erwärmung im Schliessdrahte gemessen und die Rückwirkung des Ne- benstromes auf jenen Strom ist an dieser Erwärmung erkannt. Nur die Dauer der Bewegung des Hauptstromes erleidet eine Aenderung, die in ihm bewegte Eiektrieitätsmenge bleibt dieselbe. Den direkten Versuch für diese Unveränderlichkeit erhält man durch Einschaltung eines Galvanome- ters in die Hauptschliessung. Die Erwärmung im Hauptdrahte sinkt durch Wirkung des Nebendrahtes unter die Hälfte, die magnetische Abänderung bleibt dieselbe. Mit kurzen Drahtlängen erkennt man den Gang des Haupt- stromes, wenn die Schliessung des Nebenstromes durch einen dünnen Platindraht vollzogen wird. Mit allmähliger Verlängerung des Drahtes sinkt der Hauptstrom so lange bis er den kleinsten Werth erreicht hat und steigt dann bis zu seinem Werthe bei ungeschlossenem Nebendrahte. Der vorhandene Nebenstrom sinkt gleichzeitig fortdauernd, so dass vor dem Eintritte das Minimum des Hauptstromes demnach abnehmende Ne- benströme abnehmenden, nach dem Eintritte zunehmenden Hauptströmen ‘entsprechen. Diese Thatsache bestättligt Verf. durch eine überzeugende Versuchsreihe, — 2. Rückwirkung zweier Nebenströme auf den 15 * 208 Hauptstrom. Der in einem Nebendrahte beobachtete Strom kann unend- lich gemacht werden durch Zwischensetzung einer gut leitenden Metall- platte zwischen Haupt- und Nebendraht; die Wirkung der Platte ist einem in ihr erzeugten Nebenstrom zuzuschreiben, der sich durch einen Funken bemerklich macht, wenn die Platten mit Einschnitten versehen werden. Verf. beschreibt den Versuch speciell und gelangt zu dem Resultate: wenn in der Nähe eines Nebenstromes von dem ihn erregenden Stücke des Hauptbogens ein zweiter Nebenstrom erregt wird, dem man zuerst die voll- kommenste Leitung giebt und diese successiv verringert: so findet ein zweimaliges Sinken und Steigen des ersten Nebenstromes statt. Einen eigenthümlichen Verlauf hat der gleichzeitig vorhandene Hauptstrom. Er erreicht sein Maximum zugleich mit dem Eintritte des ersten Minimum des Nebenstromes, sinkt dann fortwährend ohne seinen Gang bei dem zweiten Minimum des Nebenstromes zu ändern und wird bald constant, Der Ver- such wird besonders dadurch verwickelt, dass ausser zwei secundären Strömen noch zwei tertiäre auf einander, auf jene und den Hauptstrom wirken. — 3. Wirkung zweier Nebenströme auf einander, Die hierauf bezüglichen Versuche stellen fest: zwei Nebenströme derselben Ordnung, die in zwei getrennten einander benachbarten Drähten laufen, schwächen sich gegenseitig, wenn ihre Richtungin den Drähten die gleiche und verstärken sich, wenn ihre Richtung einander entgegengesetzt ist. Die Schwächung eines Nebenstromes durch Nahelegung eines geschlosse- nen Drahtes setzt zwei Bedingungen voraus. Der Draht muss einen Ne- benstrom derselben Ordnung und derselben Richtung führen wie der Draht des schwächeren Stromes. !n einem zweiten Versuche wurde ein secun- därer Strom bedeutend verstärkt durch einen benachbarten Draht, weil in diesem zwar ein Strom gleicher Richtung aber dritter Ordnuug erregt wurde, und in einem weitern Versuche wurde der secundäre Strom noch mehr verstärkt, weil im benachbarten Drahte ein secundärer Strom ent- gegengesetzter Richtung vorhanden war. Erst in einem dritten Versuche trat die Schwächung des untersuchten secundären Stromes ein, der nahe- liegende Draht führte einen secundären Strom, der mit jenem gleich ge- richtet war. —- (Berliner Monatsberichte. März S. 95 — 109.) A. W. Hofmann, Eudiometer mit beweglichen Funken- drähten. — Bei Zerlegung des Phosphorwasserstoffs durch den Funken- strom muss man die Elektrieität von Kohle zu Kohle überspringen lassen, um die Zerstörung des Apparates durch die Bildung leicht schmelzbaren Phosphorplatins zu vermeiden. Diesen Uebelstand vermindert man am si- chersten, wenn man in Entfernung von 5—6 Centimeter von der Wölbung des Eudiometers zwei kurze enge Ansatzröhren anschmilzt rechtwinklig zur Achse der Röhre einander gegenüber. An den Enden dieser Röhrchen sind kleine Stahlklappen aufgekittet, auf welche Schlussschrauben von Stahl mit Hilfe von Lederscheiben luftdicht aufpassen. Diese Schluss- schrauben enden nach innen in Stiften, welche den Raum der Ansatzröhr- chen möglichst erfüllen und diese Stifte tragen schliesslich starke in das Eudiometer hineinragende Platindrähte; die Köpfe der Schrauben sind mit Oesen versehen, in welche die Leitungsdrähte der Inductionsmaschine ein- 209 gehängt werden. Zur Zerlegung des Phosphorwasserstoffes werden die aus Gaskohle geschliffenen Kohlenpole mittelst feinen Platindrahtes an die dicken Platindrähte befestigt, die Schrauben in den Kappen der Einsatz- röhrehen eingeschraubt und die Uröhre mit Quecksilber gefüllt. Dieser Apparat lässt sich in einer Reihe interessanter Versuche verwerthen, de- ren einen Verf. beschreibt. Bekanntlich verdoppelt Kohlersäure ihr Volu- men, wenn sie durch Kohlenzufuhr im Kohlenoxyd verwandelt wird. Diese Thatsache konnte man nicht zur Anschauung bringen, das gelingt mit dem beschriebenen Apparate. Die Umbildnvg gelingt durch das Ueberspringen des Funkens zwischen den Gaskohlenspitzen und die sehr beträchtliche Ausdehnung des Gases erfolgt sogleich. Nur wende man weiche leicht verbrennliche Kohle für die Umwandlung der Kohlensäure an, Holzkohle und Zucekerkohle. Die an den Eisenstiften ansitzenden Platindrähte werden zu Oesen umgebogen, welche man in einen steifen Brei von gepulverter Holzkohle mit Zuckersyrup eintaucht. An den Platinösen bleiben kleine Massen von Kohle hängen, die man vor dem Einschieben in das Eudio- meter stark ausglüht und unter Quecksilber abkühlt. Nach wenigen Mi- nvten sind 20 CC Kohlensäure in 40 CC Kohlenoxyd umgewandelt, das man in den offenen Schenkel der Uröhre transferirt und durch die Ver- brennung identifieirt. Noch lehrreicher ist der Versuch, wenn man statt von der Kohlensäure von dem Sauerstoff ausgeht. Das Endiometer ist mit O gefüllt, durch nur einen überspringenden Funken wird die Kohle ent- zündet und brennt fort bis sich der Sauerstoff in Kohlensäure verwandelt hat. Mit Erlöschen der Kohle wird das Quecksilber in beiden Schenkeln durch Eingiessen wieder ins Niveau gebracht. Nun zeigt sich, dass das ursprüngliche Volum des Sauerstoffes beim Uebergang in Kohlensäure un- verändert geblieben. Jetzt wird der Funkenstrom von Neuem in Bewegung gesetzt und der Versuch in der obigen Weise zu Ende geführt. — (Ebda Ss. 129— 132.) Bezold, Untersuchungen über die ’elektrische Entla- dung. — Die Versuche wurden mit der Elektrisirmaschine angestellt und lieferten nach der Zusammenstellung des Verf, folgende Resultate: 1) Bie- tet man einer elektrischen Entladung nach Durchbrechung einer Funken- strecke zwei Wege zur Erde dar, einen kurzen und einen längern, durch eine Probeplatte unterbrochenen, so findet bei kleinen Schlagweiten eine Theilung des Entladungsstromes statt. Bei grössern Funkenstrecken hin- gegen schlägt die Elektrieität nur den kurzen Weg ein und reisst sogar aus dem andern Zweige gleichnamige Elektrieität mit sich fort. (Anm. Das ist also eine dem bekannten Saugphänomen bei Flüssigkeiten und Gasen analoge Erscheinung; die Probeplatte ist eine einseitig belegte Tafel auf der Lichtenbergische Figuren entstehen, mit Hilfe derselben wurde die + und — Elektrieität unterschieden). — 2) Sendet man einen elektrischen Wellenzug in einen am Ende isolirten Draht, so wird derselbe am Ende refleetirt. Die Erscheinungen, welche diesen Vorgang bei alternirenden Entladungen begleiten, scheinen ihren Ursprung der Interferenz der an- kommenden und refleetirten Wellen zu verdanken. — 3. Eine elektrische Entladung pflanzt sich in gleich langen (gespannten) Drähten gleich rasch 210 fort ohne Rücksicht, auf das Material aus welchem diese Drähte bestehen. (Sitzungsber. d. Akad. zu München 1870. I. S. 113— 128.) Sbg. Church, Ueberziehen vonEisen, Stahl, Kupfer, Messing ete. mit Platin. — Die Metalle werden über einer Lampe bis unter Rothgluth erhitzt und dann in eine Lösung von 1 Theil Platinchlorid, 1 Th. Honig, 8 Th. destillirtes Wasser, 6 Th. Alkohol und 2 Th. Aether etwa eine Minute lang eingetaucht. — (Polyt. C. Bl. 1867, p. 1656.) Tyndall, Durchgang desSchalls durch Wasserstoff und Luft. — Versuche unter der Glocke einer Luftpumpe zeigen, dass Was- sersloff beim normalen Druck (l Atm.) viel schlechter fortpflanzt als Luft uuter einem Druck von 5m, Wenn man aber die Luft nur unter den halben normalen Druck brachte, so war die Schwächung des Tones kaum merklich. — (Mondes XIII, 370, Fortschritte d. Physik XXIII, 185.) L. Geiger, über den Farbensinn der Vorzeit und seine Entwicklung. — In alten Sprachdenkmälern kommen nur die beiden Farben gelb und roth vor; die Etymologie des Wortes blau soll auf neuern Ursprung hinweisen. Verf. schliesst daraus, dass der Farbensinn des Menschen sich erst allmählich entwickelt habe (?). — (Tagebl. d. deut- schen Naturf. u. Aerzte 1367, Anh. 51 —57, Fortschr. d. Physik XXIII, 327.) Sbg. A. Claudet, ein Stereoskop mit einer einzigen Linse. — „Wird eine Linse vor die Augen so gestellt, dass in ihr die Augenaxen sich kreuzen: so sieht jedes Auge eines der beiden stereoskopischen Bilder, welches hinter der Linse angebracht ist, für sich; beide Gesiehtseindrücke vereinigen sich alsdanı zu einem scheinbar auf der Linse selbst liegenden Reliefbilde.“ Aus diesem, den Fortschritten der Physik (XXIII, 339) entnommenen Referat ist leider nicht zu ersehen, was für eine Linse an- gewendet werden soll; Ref. glaubt aber, dass solche Augen, die nicht schon ohne Hilfsmittel mit gekreuzten Blicklinien stereoskopisch sehen können, auch auf diese Weise es nicht lernen werden. Das sicherste Hilfsmittel zu diesem Zweck sind 2 Prismen mit concaven Flächen, deren brechende Kanten nach aussen gestellt sind. Vgl. unser Referat über Steinhausers Schriftehen, Bd. 36, S. 67. Anmerk. — (Rep. Brit. Assoc. XXXVI. 23— 24.) Sbg. v. Steinheil, vollständiger Comparator zur Verglei- chung der Toise mit dem Meter und zur Bestimmung der absoluten Längenausdehnung derStäbe.— Nachdem v.Bayer festgestellt hat, dass der Ausdehnungsco£fficient für Zink sich mit der Zeit ändert, ist es wahrscheinlich geworden, dass dasselbe auch bei den meisten andern Metallen der Fall ist, Dadurch ist für alle genauen Mass- bestimmungen eine neue Unsicherheit entdeckt worden, zu deren Beseiti- gung Steinheil einen neuen Apparat construirt hat. Am einfachsten wäre es, wenn man das Normalmass fortwährend in einem tiefen Keller mit con- stanter Temperatur aufbewalıren und benutzen könnte. Da dies aber nicht gut thunlich ist, so hat Steinheil 2 massive tief fundamentirte Säu- len construirt und auf denselben je einen festen Punkt bestimmt, deren Entfernung nun ebenfalls constant ist und höchstens durch Erdbeben al- 211 terirt werden könnte. Zur möglichst sichern Fixirung von Urmassen wäre es demnach wünschenswerth, in verschiedenen von Erdbeben freien Ge- genden in dieser Weisse Masseinheiten zu fundamentiren. Die Beschrei- bung und Abbildung des Comparators selbst können wir hier nicht repro- duciren, sondern müssen in dieser Beziehung auf das Original verweisen, (Sitzungsb. d. Acad. zu München 1870. I, 1—13.) Sbg. Chemie. A. W.Hofmann, über Phosphorwasserstoff. — Verf. illustrirt die Zusammensetzung der wichtigeren gasförmigen Verbin- dungen in seinen Vorlesungen durch einfache gasometrische Versuche, wobei nur die eine Schwierigkeit, gewisse Gase im Zustande der Reinheit zu beschalfen, so mit dem Phosphorwasserstofl. Das durch die Einwirkung des Kaliumhydrates auf den Phosphor gebildete Gas enthält bekanntlich viel Wasserstoff und nur 40 Volumprocente Phosphorwasserstoff, oder noch weniger. Von Zeit zu Zeit in einer graduirten Röhre mit Chlorkalklösung geschütteli, wird der Phosphorwasserstoff leicht und vollständig absorbirt und fand H. im Mittel aus zehn Bestimmungen nur 15 Proc. Phosphor- wasserstoff, in einigen Versuchen bis 20, und in andern nur 10 Proc. Bei einem Versuche mit zur Kalilauge gesteigerter Menge des Phosphors stieg der Gehalt an Phosphorwasserstoff auf 35 Proc., noch höher, wenn statt wässriger Kalilauge eine Lösung von Kaliumhydrat in Alkohol angewendet wurde, nämlich 45 Proc. Reineres Gas liefert Phosphorcaleium, freilich enthält nach Buff das mit Wasser aus demselben entwickelte Gas noch 14 Vol. Wasserstoff, welche Dumas durch Salzsäure auf 7 Proc. herabbringt, Thenard durch Behandlung mit rauchender Salzsäure ganz beseitigt. Alles hängt dabei von der Natur des Phosphorcaleiums ab. Als beste Methode reines Gas zu gewinnen wird die Zersetzung der krystallisirten phospho- rigen Säure durch die Wärme empfohlen, aber auch hier tritt stets Was- serstoff auf, mindestens 6 Proc. Das ist der Fall auch bei der Darstellung des Gases aus wasserhaltiger unterphosphoriger Säure. Verf. wandte deshalb eine andere Reaction für die Darstellung reinen Phosphorwas- serstoffes an. Das Jodphosphonium, eine Verbindung von Phosphor- und Jodwasserstoff, zerlegt sich durch Wasser, besser noch durch Alkalien in seine Bestandtheile. Die Darstellung desselben gewinnt man sehr leicht nach Baeyer’s Methode (Ann. Chem. Pharm. CLV. 269). Es wird in erb- sengrossen Stücken mit einigen Glasstückchen gemischt in ein kleines Standgefäss gebracht, dessen doppelt durchbohrter Kautschukpfropf ein Triehterrohr mit Kugel und Hahn und eine Entbindungsröhre trägt. Lässt man aus der Kugelröhre tropfenweise Kalilösung auf das Jodphosphonium fliessen, so erhält man einen regelmässigen Strom von Phosphorwasser- stoffgas, kann diese Entwicklung jeden Augenblick unterbrechen und be- liebig wieder aufnehmen. Das Gas ist vollkommen rein, die Entwicklung eine sehr veichliche, 7,3 Gramm gaben nahezu ein Normalliter Phosphor- wasserstoff, 95 — 96 Procent. Wegen seiner Reinheit entzündet sich die- ses Gas viel leichter als das wasserstoffhaltige. Mit einem Tropfen rau- chender Salpetersäure berührt, entflammt es sich; auch schon bei Berüh- rung mit dem Dampfe des Chlor- und Bromwassers, sogar schon bei gelindem Erwärmen und in Folge der Reibung des Glasstöpsels in der 212 Flasche. Die Entzündungstemperatur liegt dennoch höher als 100%, da man das Gas durch siedendes Wasser leiten kann. Beim Durchleiten durch Salpetersäure wird es selbstentzündlich. In allen Fällen, wo reines Phosphorwasserstoffgas verlangt wird, ist diese Methode die sicherste und zugleich billigste, auch ist das dabei gewonnene Jodkalium ein werthvol- ler Stoff. Die Zusammensetzung des Gases lässt sich nun leieht nach- weisen durch den Funkenstrom der Inductionsrolle Schon der erste über- springende Funke bewirkt die Ausscheidung einer braunen Phospliorwolke, die sich als dichter Ueberzug an den Wänden der Glasröhre anlegt, nach 6 Minuten sind 20 CCmeter Phosphorwasserstoff vollkommen zersetzt. Dieser Versuch kann in dem Vorlesungseudiometer ausgeführt werden, den Verf, vorgeschlagen hat (Bericht deutsch. chem. Gesellsch. II. 250), noch besser ist ein eigener Apparat. Ein Theil des ausgeschiedenen Phosphors verbindet sich mit den weissglühenden Pla:inspitzen zu einer spröden leicht schmelz- baren Verbindung, bisweilen schmelzen die Spitzen und man muss dann neue Drähte einsetzen, deshalb ist es besser, den Funken zwischen Kohlenspit- zen überspringen zu lassen. Geissler hat dazu geeignete U-röhren con- struirt, mit welchen der Versuch zu den reizendsten in Vorlesungen ge- hört. — (Berlin. Monatsberichte März 84— 89.) Derselbe, direecte Substitution der Alkoholradicale für den Wasserstoff im Phosphorwasserstoff. — Bei den Untersu- chungen über die den äthylirten Ammoniaken entsprechenden Phosphor- basen gründete sich das angewendete Verfahren auf die Wechselwirkung zwischen Zinkäthyl und Phosphortrichlorid, welche eine Verbindung von Triäthylphosphin und Zinkcehlorid liefert: 3[Zn(C,H,),] + 2PCl, = 2[(C,H,);P],3ZnCl,. Aus dem Zinkdoppelsalz wird dann die Base durch ein Alkali befreit. Dieser Process lässt noch manches zu wünschen und eine neue Methode ist nothwendig. Verf. liess deshalb den Phosphorwas- serstoff auf die Alkoholjodide einwirken und zwar unter Druck. Er brachte 10 Grm. Jodphosphonium in ein starkes Glasrohr, übergoss in einer en- gern Röhre 30 Grm. Jodäthyl mit etwas Wasser und schob diese in die weite ein, schmolz zu, liess die Röhre mehre Stunden horizontal zwischen 160—180° digeriren. Das Volum des Jodäthyls nahm allmählig ab, war aber nach zehnstiindiger Digestion noch nicht vollständig verschwunden. Bei Oeffinung der Röhre entwickelte sich viel Phosphorwasserstoff und an- haltende Ströme von Jodwasserstoff und nach Abdestillirung des nicht an- gegriffenen Jodäthyls blieb eine stark jodwasserstoffsaure farblose Lösung. Auf Zusatz von Alkali entwickelte sich der bekannte Geruch der Phosphor- basen. Beim Erwärmen der Flüssigkeit destillirte die Phosphorbase und schied sich auf dem übergegangenen Wasser als farblose Oelschicht ab. Sie mochte grösstentheils Triäthylphosphin sein. Nach Entfernung der Phosphorbase schieden sich durch Abdampfen der alkalischen Flüssigkeit ölige, später erstarrende Tropfen aus, die sieh als Triäthylphosphonium- jodid ergaben. Ol’enbar steht die grosse Menge der freiwerdenden Jod- wasserstoffsäure der glatten Umsetzung hindernd im Wege. Diese Jodwas- serstoffisäure lässt sich jedoch leicht beseitigen. Man fülle die Röhre mit Jodphosphonium und Alkohol (statt Jodäthyl). Nach achtstündigem Er- 213 hitzen auf 180° war die Umbildung vollkommen, die Röhre mit schnee- weisser Krystallmasse erfüllt, die sich im Wasser zu einer farblosen Flüs- sigkeit auflöst und aus nahezu gleichen Theilen Triäthyl- und Teträthyl- phosphoniumjodid besteht. Auf Zusatz von Natriumhydrat schied sich das Triäthylphosphin als klare Schicht ab. Dasselbe ist vollkommen rein, siedet bei 128°. Man wende bei dem Versuche das Verhältniss von 1 Jodphosphonium und 3 Alkohol an. Verf. stellte noch besondere Ver- suche zur Aufklärung dieses Processes an und deutet die mehrfache Ver- werthung der Versuche an. — (Ebda 91 — 95). K. Knapp, zur Theorie der Flamme. — Das Nichtleuchten der Bunsen’schen Gasflamme wird bekanntlich durch eine vollständige Ver- brennung der Gase erklärt, die durch die in den Brenner einströmende Luft bewirkt wird. Verf beobachtete jedoch, dass auch die Verbrennung nicht unterhaltende Gase, wie Stickstoff, Salzsäure, Kohlensäure der Flamme eine blaue Färbung ertheilen, wenn sie durch die seitliche Oefl- nung des Brenners in das Leuchtgas einströmen. Verf. glaubt daher die blaue Flamme der durch das Einströmen der Luft bewirkten starken Ab- kühlung und der Beimischung der neutralen Gase zuschreiben zu müssen. (Journ. pract. Chem. N. F. 1, 428.) K. Reuss, Sicherheitsvorrichtungen an Wasserbädern. Verf. wendet zum Erhitzen von \Vasserbädern eine Lampe an, deren Hahn aus einem verhältnissmässig langen, leicht drehbaren Hebel besteht, Ist der Hebelarm nach oben gerichtet, so ist‘der Hahn offen, sinkt er nach unten, so wird der Gaszufluss in die Lampe unterbrochen. An dem Boden des Wasserbades ist nun ein Häkchen befestigt, an welches ein Faden gebunden, der mit dem oberen Ende des Hebels so verbunden ist, dass der Hahn offen ist. Ist das Wasser im Wasserbade vollständig ver- kocht, so wird dieser Haken so heiss, dass der Faden durchbrennt, den Hebelarm fallen lässt und so die Gaslampe auslöscht. — (Zeitschr. ana- Iyt. Chem. 1870. 336.) A. Fleischer, über die isomere Modification des Schwe- feleyankaliums. — Bei der Gewinnung des Kohlenoxysulfids bildet sich bekanntlielh ziemlich viel Persulfocyansäure (CN)?H?S?; bei der Be- handlung dieser Säure mit alkoholischer Kalilauge erhielt Verf. die iso- mere Modifieation des Schwefeleyankaliums, die er Isoschwefeleyankaliunı nennt. Mitsehr starken: Weingeist gekocht und gereinigt, stellt es eine kör- nige weisse Masse dar, die jedoch immer noch einen Stich in’s Gelbliche zeigt. Die Analysen dieses Körpers, der auf diesem Wege zwar noch nicht ganz rein erhalten werden konnte, stimmen annähernd mit der Theorie überein. Er löst sich sehr leicht und unter Kälte-Erzeugung in Wasser, ebenso ist er löslich in sehr schwacliem Alkohol, in starkem Alkohol je- doch unlöslich. Aus der alkoholischen Lösung wurde er in kleinen nadel- förmigen, zu Bündeln vereinigten Krystallen erhalten. — Die wässerige Lösung mehrere Wochen lang in einem warmen Raume über Schwefelsäure stehen gelassen, setzt sehr harte wasserhaltige Krystalle ab, die jedoch nicht gut ausgebildet erhalten werden konnten. Verf. giebt ihnen nach den Analysen die Formel: 2KCSN+H?0. — Aus concentrirten Lösungen die- 214 ses Körpers wird durch verdünnte Säuren sogleich, aus verdünnten Lö- sungen erst nach einiger Zeit ein gelber Körper abgeschieden, der noch nicht untersucht wurde. Das Salz selbst verwandelt sich in trockenem Zustande durch Säuren in diesen gelben Körper. Das Isosulfocyankalium unterscheidet sich auch in seinen Reactionen von dem Sulfocyankalium. Es giebt mit Eisenchlorid statt der intensiv rothen Färbung des Snlfocyan- kaliums eine braune Färbung, die mit mehr Eisenchlorid oder bei starkem Schütteln wieder verschwindet. Bei längerem Stehen scheidet sich aus dieser Flüssigkeit eiu gelber pulvriger Körper, manchmal auch krystalli- nisch aus. In saurer Lösung entsteht mit Eisenchlorid keine Färbung; nach längerem Stehen aber, sowie beim Kochen färbt sich die Flüssigkeit intensiv roth unter gleichzeitiger Abscheidung jenes gelben Körpers. — Ferner giebt das Isosulfocyankalium mit salpetersaurem Silber, basisch essigsaurem Blei, schwefelsaurem Kupfer, schwefelsaurem Kobalt, schwefelsaurem Nickel, schwefelsaurem Cadmium, Zinnchlorür, Quecksilberchlorid und salpetersau- rem Quecksilberoxydul andere Niederschläge als das Schwefeleyankalium. In wässeriger oder schwach alkoholischer Lösung wiederholt auf dem Wasserbade eingedampft, verwandelt sich das Isosulfoeyankalium zum grossen Theil in das Sulfocyankalium. Wird es geschmolzen, so ist die Umwand- lung vollständig. Die Kalium- und Silberverbindungen mit Jodäthyl län- gere Zeit stehen gelassen, gaben einen dem Senföl ähnlichen Geruch. — (Berlin. Berichte 4. 190.) V. Wartha, Lösungsmittel für Indigoblau. — Verf. hat einige Stoffe gefunden, vermittelst deren man das Indigblau leicht in Kry- stallen darstellen kann. 1) Venetianischer Terpentin löst, bis zum begin- nenden Sieden erhitzt, das Indigotin mit derselben blauen Farbe wie Schwe- felsäure oder Anilin. Beim Erkalten scheiden sich kupferroth glänzende, dem krystallinischen Anilinblau ähnliche Krystalle aus, welche im polari- sirten Lichte mit dem Mikroskop betrachtet, dunkelblau mit himmelblauem Rande erscheinen. Sie lassen sich von dem Terpentin durch Aether oder Alkohol leicht trennen. 2) Siedendes Paraffin löst den Indigo reichlich in der prächlig rothen Farbe seines Dampfes (eine etwas verdünnte Paraffin- lösung desIndigotin lässt sich von einer alkoholischen Fuchsinlösung nicht unterscheiden) ; die beim Erkalten ausgeschiedenen nadelförmigen Krystalle können mit Benzol gereinigt werden. — Die aus dem Terpentin ausge- schiedenen Krystalle des Indigoblau bestehen aus prächtigen, lazurblauen Tafeln von sanduhrförmiger Gestalt, während es sich aus dem Paraffin in langen, dicken Prismen, manchmal bei schnellem Erkalten büschelförmig vereinigt, ausscheidet. — Auch Petroleum löst Indigo mit carminrother Farbe; Wallrath löst es carminviolett, Stearinsäure mit blauer Farbe auf. — Dass siedendes Chloroform reichlich Indigo löst, ist schon durch Stok- vis bekannt. — (Ebda 4. 334.) L. Schäffer, über Bromal und Nebenprodukte der Bro- malfabrikation. — Das Bromal wie die bei dessen Fabrikation auf- tretenden Nebenprodukte sind schon von Löwig *) geuau untersucht wor- den. Die Arbeit Krämer’s**) jedoch über die in ungeahnter Menge auf- *) Ann, Chem. Pharm. 3. p. 288. **) Berl. Berichte III. 257, 215 tretenden Producte bei der Chloralfabrikation sowie eine abgeänderte Be- reitungsmethode des Bromals veranlasste Verf., diese Untersuchungen auf- zunehmen. — Das Brom wurde gasförmig und in relativ geringer Menge dem Alkohol zugeführt; es beschleunigt dieses Verfahren die Reaction bedeutend und schliesst die Bildung bromirter Bromäthyle möglichst aus. — Das Rohproduct der Reaction wurde Anfangs im Dampf-, später im Sandbade der Destillation unterworfen. Der im Dampfbade übergehende Theil bestand aus Bromäthyl, Bromwasserstoff, geringen Mengen Essig- äthers und etwas unverbrauchtem Brom. — Der nicht übergegangene Theil gliederte sich beim weiteren Erhitzen in 3 verschiedene Gruppen. 1) Frac- tion 100— 130°; hauptsächlich wässrige Bromwasserstoflsäure 2) von 165— 180°, Bromal und eine ölige, in Wasser unlösliche Flüssigkeit 3) ein kleiner über 180° unter theilweiser Zersetzung siedender Theil. — Das reine Bromalhydrat wurde aus Fr. 165— 180 durch Mischen mit Was- ser und wiederholtes Umkrystallisiren dargestellt. Das Bromal siedet ohne Zersetzung bei 172—173°; bei — 20° ist es noch flüssig. Das Hydrat schmilzt bei 53,50 (nicht schon durch Wärme der Hand nach Loewig), ist nicht unzersetzt destillirbar, sondern zerfällt bei der Destillation in Wasser und Bromal. Bromal mit absolutem Alkohol gemischt giebt das Bromal- . alkoholat ; dieses krystallisirt in dicken Nadeln, schmilzt bei 44°, riecht scharf und stechend und greift die Schleimhäute an. Schwer in Wasser, leicht in Alkohol und Aether löslich. Formel C,Br,0OH -+ C,H,0. — Bro- mal mit saurem schwefligsauren Natrium giebt kleine, durchsichtige, farb- lose Blättchen von schwefligsaurem Bromalnatrium. — Dem in Wasser un- löslichen Theile der Fr. 165 — 1800 konnte durch wiederholtes Schütteln mit Wasser noch ein grosser Theil Bromal und schliesslich eine grössten- theils bei 145— 160° siedende Flüssigkeit, Bromoform entzogen werden, Der unlösliche Theil scheidet beim Abkühlen Krystalle aus. Durch wie- derholtes Lösen derselben in warmem Alkohol, Entfärben mit Thierkohle und Ausfällen mit Wasser, werden weisse, dünne, glänzende, durchsich- tige, blättrige Krystalle erhalten, welche einen eigenthümlich süsslich ge- würzhaften Geruch und Geschmack hatten. Sie waren Tetrabromkohlen- stoff CBr‘. Er ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, Aether und Chloroform, schmilzt bei 92,50, siedet bei 188-189°, sublimirt aber schon bei viel niederer Temperatur. Der grösste Theil des CBr* war in dem über 180° übergegangenen Theile des Rohproducets enthalten; dieser Theil mit Wasser geschüttelt gab eine saure, wässrige und eine ölige Schicht. Letztere erstarrte bei starkem Abkühlen zu einer krystallinischen Masse, die CBr* war und die wie oben gereinigt wurde. — Die wässrige Lösung wurde mit kohlensaurem Barium neutralisirt und die erhaltenen Krystalle durch Umkrystallisiren gereinigt. Sie bilden grosse, durchsichtige Säulen und waren bibromessigsaures Barium. Durch Zersetzung mit H2S0? wurde daraus die Bibromessigsäure erhalten. Sie bildet dieke, weisse krystalli- ‘nische Massen, zieht schnell an der Luft Feuchtigkeit an und zerfliesst zu einem Syrup. Sie schmeckt stark sauer, riecht schwach nach Essig- säure und reizt durch ihre Dämpfe die Schleimhäute heftig. Sie siedet 216 unter geringer Zersetzung bei 232— 234°. Schmelzpunkt zwischen 45 und 50%. Unter Schwefelsäure sammelt sich die Säure in öligen Tropfen am Boden des Gefässes und Krystallisirt in wenigen Minuten, während eine nicht ganz reine Säure im Vacuum oft nach langer Zeit nicht erstarrt. Die Salze der Bibromessigsäure sind mit Ausnahme des Silber- und Queck- silberoxydulsalzes leicht löslich und krystallisiren gut; namentlich bildet das Kalium-, Ammonium- und Bariumsalz grosse säulenförmige Krystalle, — Mono- und Tribromessigsäure konnten nieht unter den Producten der Bromalfabrieation aufgefunden werden, doch glaubt Verf., dass die Tri- bromessigsäure bei der Einwirkung von Brom auf Alkohol entstehe, da ihr weiteres Substitutionsprodukt, der Tetrabromkohlenstoff, bei der Reaction auftritt, deren Entstehung auf andere Weise, als aus der Tribromessig- säure nur schwierig erklärt werden könnte. Die wiederholten Destillationen des Rohproduktes bewirken jedenfalls die Zersetzung der wenig beständi- gen Säure und lassen nır das Produkt dieser Zersetzung, CHBr?, auftre- ten. — Wie Ch!oral beim Behandeln mit rauchender Salpetersäure leicht in Trichloressigsäure übergeht, so oxydirt sich das Bromal unter diesen Bedingungen zu Tribromessigsäure. Dieselbe bildet tafelförmige durch- sichtige Krystalle, die luftbeständig sind. Sie sind leicht in Wasser, Al- kohol und Aether löslich. Sie ist geruchlos, ihre Dämpfe erstickend und schwach nach Essigsäure riechend. Schmelzpunkt 130°, Siedepunkt unter Abspaltung von Br und HBr bei 245%, Ihre Salze sind bis auf das Sil- ber- und Quecksilberoxydulsalz in Wasser und Alkohol leicht löslich, wer- den aber leicht durch Erwärmen in Bromoform und das Carbonat zerlegt; in analoger Weise spaltet sich die Säure beim Erwärmen ihrer wässrigen oder alkoholischen Lösung. — (Ebda 4. 366.) Albr. Geologie. R. Lincke, der Buntsandstein am Ostrande des thüringer Beckens. — Verf. hat den Buntsandstein am Ostrande des Thür. Beckens in seinem Auftreten nach S. bis zur Orla hin, nach 0. bis an die Ufer der Elster, naclhı N. bis Kunitz bei Jena, nach W. bis an das Bett der Leutra bei Jena untersucht. Er unterscheidet 1) Con- glomerate, in unteren Lagen der Formation, im Allgemeinen selten, meist gebildet aus Quarzgeröllen, welche durch vorwiegend eisenhaltiges Cement verbunden sind (so bei Grossbokedra, im Reinstädter Grunde bei Bibra, bei Langenorla und bei der Stünzmühle im Wedauthale). Die Kör- ner zeigen von röthlichem oder graulichem, auch weissem Quarz bis zu 3 Cm. Grösse, sodann Bruchstücke von grauschwarzem bis schwarzem Kieselschiefer und gelbrothe, sowie mattweisse Feldspäthe; letztere mit zahlreichen Poren, zum Theil die Kaolinisirung deutlich zeigend, und zwar an den Kanten dann weicher, heller als mitten in der Fläche. 2. Sand- steine, die herrschenden Gesteine der Buntsandsteinformation bestehen vorwiegend aus Quarzkörnern, nach deren Grösse man feinkörnige, mittel- körnige und grobkörnige Sandsteine zu unterscheiden hat. Die mittel- mässig feinen Köruer sind 0,055 —1l Mm. gross, die aufsitzenden Krystalle 0,004 - 0,2 Mm. , die in Drusen vorkommenden oft auch rund von 0,001 Mm. Die Messungen geschahen mit Hülfe des Mikroskops, welches an vielen Proben angewandt, neben den Körnern auch fremde Körper, Schup- 217 pen etc. nachwies und ferner über besondere Beschaffenheit der verschie- denen Vorkommen mannigfache Ergebnisse lieferte. Danach zeigen die ‘ bunten Sandsteine am östlichen Rande des thür. Beckens alle, mehr oder weniger, krystallinische Bildung der Quarzkörner und zwar fast immer die Combination der sechsseitigen Säule mit der sechsseitigen Pyramide, de- ren Kanten oft etwas abgerundet erscheinen. Bisweilen jedoch bildet der Quarz blasige, abgerundete Körnchen, oder an ihre Oberfläche sind Bla- sen bemerkbar, die durch einen deutlichen dunkeln Rand darauf schliessen lassen, dass sie mit einer wasserhellen Flüssigkeit gefüllt sind. Wo die Quarzkörner abgerundet sind, sind sie doch häufig krystallinisch über- rindet. Durch Behandlung mit Salzsäure werden sie klarer, verlieren zum Theil die braune Farbe, doch kommen auch rein weisse Sandsteine vor, so zwischen Wogau und Grosslöbichau, wo die Quarzkörner ausserordent- lich trübe erscheinen und mit kleinen rundlichen Körnern besetzt sind. Den Quarzkörnern ist Glimmer beigemengt, welcher in 2 Varietäten, einer gelben (oder auch grünlichen) und einer braunen vorkommt. Die Gestalt seiner Blätter, wie ihre Dicke ist meist unregelmässig, sehr vereinzelt liess sich die hexagonale Tafel erkennen. - Dann zeigen sich Feldspäthe, mehr weniger zersetzt, auch schon vollständig in Kaolin verwandelt. Eine Eigen- thümlichkeit der Sandsteine zwischen Kahla und Rudolstadt ist Glimmer- armuth bei grösserem Gehalt an Feldspath. Der Sandstein von Kloster- lausnitz zeichnet sich namentlich durch grosse Quarzkörner aus, neben welehen sich röthliche Schuppen finden, die durch ihre grössere Breite und den abgesetzten Bruch an den Kanten weniger als Glimmer, denn als Bruchstücke von Feldspäthen erscheinen. Der Kanlinsandstein von Eisenberg hat selten krystallinische Quarzkörner, meist nur scharfkantige mit blättrigem Gefüge; das Kaolin (rein geschlämmt) zeigt unter dem Mikroskop dünne helle Blättchen. Bemerkenswerth ist auch ein mürber Sandstein bei Rothenstein wegen seines Glimmers, der an dicken Stellen lauchgrün, an dünnen farblos, auf der Oberfläche seiner Blättchen zahl- reiche gelbe und bräunliche Flecken zeigt, wälrend zwischen den Blät- tern desselben viele lineare Krystalle eingeschlossen sich finden. — Sehr viel Feldspäthe zwischen Bibra und Eichenberg. Häufig das Carbonat in rhomboedrischen Spaltungsstücken , sowie rosetlenartigen Aggregaten. Auch wurde einige Mal ein sechsseitiges Säulchen mit gerader Endfläche ge- funden, als Aragonit oder richtiger Apatit zu deuten, indem die chemische Analyse namentlich an Harpersdorfer Proben Phosphorsäure mit Sicherheit nachwies. In den lettigen Schichten zeigen sich vorwiegend Glimmerblätt- chen, deren Farbe variirt zwischen Lichtbraun, Röthlich und Grünlich; die Quarzkörner darin sind sehr blasig, oft rund; ausserdem liegen in dem Sand zahlreiche Schuppen und Splitter. — Hinsichtlich des Zusammen- hanges sind die Sandsteine zu unterscheiden als feste (oder dichte) und lockere (oder poröse), fälschlich harte und weiche genannt. Von dem Ce- ment hängt nicht nur der Grad des Zusammenhanges, sondern auch die Farbe der Sandsteine ab. Ist dasselbe Eisenoxyd, so sind die Sand- steine roth, durch Eisenoxydhydrat gelb, durch Manganoxyd dunkelbraun und schwarz, durch Thon, Kalk oder Dolomit graulich, weisslich, durch 218 Kaolin kreideweiss. Die grösste Manichfaltigkeit der Farbe findet sich beim Sandstein in der Umgegend Jena’s, der als echter „Buutsandstein“ neben den gewöhnlich auftretenden Farben grün, grau, roth, weiss dort Uebergänge von Grün in Gelb, Blau in Roth, Roth in Braun etc. zeigt. — Entweder zeigt eine Schicht der ganzen Ausdehnung nach nur eine Farbe, oder mehrere, der Sandstein ist „gestreift-geflammt, gefleckt, ge- strichelt“ ete. Meist sind die oberen Schichten heller und zwar weissli- cher oder grünlicher Farbe, während die mittleren ziegelroth und die un- tersten rothbraun erscheinen. An vielen Stellen sind die Sandsteinschich- ten äusserlich durch den überlagernden rothen Mergel roth bis braunroth gefärbt, während nach Beseitigung der Verwitterungskruste die eigent- liche Farbe des Sandsteins als weiss, grau oder grünlich heraustritt. Bei Jena bunt, sind die Sandsteine an andern Orten in Thüringen ein- oder höchstens zweifarbig. Für die Anwohner Thüringens ist folgende kleine geognostische Tour durch Ostthüringen interessant. Gehen wir von Jena nach Wogau, so finden wir hier noch die rothen und grünlichen Farben im Sandsteine abwechselnd, zwischen Wogau und Bürgel erscheinen weisse Sandsteine, während bei Bürgel selbst mächtige Lager eines rothen, auch rothbraunen Sandsteines auftreten. Bei Droschka stehen weisse Sandsteine an, bei Eisenberg begegnen wir dem kreideweissen Kaolin-Sandstein. Am Hainberge bei Gera finden wir wieder hell- und dunkelrothe Sand- steine, welche sich fortsetzen bis Töppeln und Tschieschitz, In dem Thale, welches von Gera aus nach W. führt, erscheinen bei Harpersdorf und Kraftsdorf mächtige Lager eines vorwaltend weissen Sandsteins, un- gefähr gleiche Farbe zeigen die Sandsteine von Klosterlaussnitz und die im Rodathale bei Lippersdorf. Von Roda aus nach Jena zu treten wieder Sandsteine auf (namentlich bei Rutha, Dorf Sulza, Grossbockreda) welche dann allmälig in den buntfarbigen Sand am rechten Saalufer bei Jena über- gehen. — Vorwiegend rothe Färbung zeigen die Sandsteine am linken Ufer bei Rudolstadt, während am rechten Ufer die Farbe der Sandsteine wechselt zwischen grau und roih.‘“ — Mehrfache qualitative und quanti- tative chemische Untersuchungen zeigen, dass das Cement im bunten Sand- steine am Ostrande des thüringer Beckens sowohl ein thoniges, wie kaoli- nisches, ein Kalkerde- wie ein kalkerdehaltiges sowie in einzelnen Partieen auf ein vorwiegend aus Eisenoxyd oder Eisenoxydhydrat bestehendes ist und zwar scheint in den oberen Schichten das thonige (auch kaolinische), in den mittleren das kalk- und Kalkerdehaltige (sowie das durch Verbin- dung beider gebildete dolomitische mit Uebergängen in sandigen oder er- digen Dolomit, dagegen in den unteren und untersten Schichten das eisenoxydhaltige Cement vorherrschend zu sein. Auch sind die Sandsteine der höheren Schichten im Allgemeinen cementreicher als die der unte- ren. An accessorischen Bestandmassen sind zu erwähnen: Thon- gallen, Glimmerblättchen auf den Schichtungsflächen oft in grösserer Menge, Quarzdrusen zugleich mit Kalkspath und Manganoxyd, zu denen auch die Sandknollen (mit Quarz und mit Braunspath) zu rechnen, aldann derbe quarzige Massen, verwandt dem Jaspis oder auch dem gemeinen Quarz — ferner die sogenannte Berg- oder Montmilch, fast nur aus koh- 219 lensaurer Kalkerde mit Spuren von Eisenoxydul, Talk- und Thonerde be- stehend auf den Schichtungsflächen und an den Kluftflächen des rothen Buntsandes, unter dem Mikroskop stabartige Krystalle olıne deutliche En- den — alsdann schwarze Schnüre und Flocken aus Manganoxyd. Zahl- reiche rothe und rothbraune Streifen und ganze Schichten zeigen die An- wesenheit von Eisenoxyd, ein seltener Anflug von Grün deutet auf geringen Gehalt an Kupferoxyd. Nach den Lagerungsverhältnissen steht die Mächtigkeit der Schichten meist zwischen 1 und 3 Meter, zuweilen (bei Rothenstein, Kahla und Gera) jedoch 10-30 Mm. Die einzelnen Bänke sind quaderförmig oder rhomboedrisch zerklüftet und werden durch schmale Lagen von Schieferlelten, Thon- und Sandschiefer getrennt, die meist eine geringe Mächtigkeit (bis 3 Cm.) zeigen. Ausser den mächtigen Sandbänken kommen auch platte, körnige vor, namentlich schön bei Har- persdorf. Auf der Unterfläche der Sandsteine an der hohen Saale, sowie im Reinstädter Grunde erwähnenswerth die Fährtenabdrücke von Chirothe- rium Barthii, mit ihnen zugleich die Leisten und Leistennetze, durch Aus- füllung von Rissen unterliegender Thonschichten entstanden. Auf der Oberfläche der Sandsteine zeigen sich hin und wieder Wellenfurchen, au abgeschlillenen Gesteinen als undulirte Farbenstreifung sichtbar werdend (besonders schön oberhalb der Schneidemühle bei Jena). An den Bunt- sandstein schliessen sich alsdann 3. Schieferletten, Thone und Mergel an, indem sie die oberste Abtheilung der Buntsandsteiuformation (z. Th. mit Gypsen) bildeten. Eine qualitative Analyse ergib: Viel Eisen- oxyd, viel Kalkerde, mässig viel Talkerde, viel Kohlensäure, wenig unge- lösten Rückstand. 4. Dolomit und dolomitische Kalksteine kommen sowohl als Bindemittel des Sandstein, als auch in selbstständigen Bildungen in der Form von Knauern und Knollen vor, als fester Dolomit am Hausberge bei Jena mit häufigen Vorkommen von Rlizocorallium je- nense. 5. Gyps findet man in den oberen Schichten fast regelmässig eingelagert, und zwar sowohl schuppig, körnig, meist graulich- und grün- lichweiss als auch faserig, gelblich- oder röthlichweiss. 6. Steinsalz hat sich in diesem Terrain bisher nicht gefunden. — Die ganze Bunt- sandsteinformalion ist in Thüringen immer regelmässig geschichtet und meist horizontal abgelagert in 200—300 Meter Mächtigkeit. Sie bildet den Hauptbestandtheil der Höhenzüge, welche die Saale begleiten als Berg- rücken mit mässig hohem Plateau. Für ihre Entstehung weisen die conglomeratischen Bildungen auf eine Zertrümmerung granitischer Gesteine, theils durch Vorkommen ziemlich grosser Feldspäthe, die in einzelnen Fällen sogar noch mit dem Quarz verwachsen scheinen, theils durch den Glimmerreichthum einzelner Glieder. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 1871. p. 15 — 32.) Gst. C. Rammmelsberg, über denAnorthitfels von der Baste. — Streng analysirte dieses Gestein unter dem Namen Protobastitfels und zugleich die Gemengtheile Anorthit und Broneit. Verf. wollte die Abwe- senheit des Olivin constatiren und zugleich die Anwendung der Chlorwas- serstoffsäure prüfen. Er fand 220 Streng Kieselsäure 48,96 48,79 Thonerde 18,57 24,97 Chromoxyd —_ 0,03 Eisenoxyd 1,07 1,28 Eisenoxydul 3,22 3,26 Kalk 12,67 12,46 Magnesia 12,20 8,84 Natron 1,01 0,98 Verlust 1,34 0,64 99,04 101,25 Beachtenswerth ist die Differenz in der Thonerde und der Magnesia und kömmt dieselbe vielleicht auf die Methode der Analyse. Das Pulver mit Chlorwasserstoffsäure im Wasserbade zur Trockne verdampft ete. ergaben sich 55,87 durch Säure zersetzbar, 41,83 als unzersetzbar. Die Berech- nung beider Silikate verglichen mit Strengs direeter Analyse lieferte für den Anorthit Streng Kieselsäure 45,24 45,37 Thonerde 33,81 34,81 Eisenoxyd 1,19 0,59 Kalk 17,76 17,35 Natron 2,00 1,85 10 9,97 also nach Verf. Al:Si=1:2,24, nach Streng 1:2,20 und NA:Ca nach Verf. 1:5 und nach Streng 1:6. Für den Broneit: Streng Kieselsäure 99,45 54,15 Thonerde 3,28 3,04 Eisenoxydul 7,68 12,17 Magnesia 25,74 28,37 Kalk 7,85 2,37 100. 100,00. also R:Si=1:1,04, nach Streng 1:098 und Al:R=1:29,7, nach Streng 1:30,7. — (Geolog. Zeitschrift XXII. 899 — 902.) Kossmann, Gesteine der jüngsten Eruptionen des We- sterwaldes. — Dieselben bieten chemisch und petrograplisch eine Pa- rallele zu den vulkaunischen Produkten der Eifel und des Laachersees, Zwar sind im Westerwalde die vulkanischen Formationen minder deutlich, weil die Kratere fehlen und die Lavaströme sich meist nur auf kurze Strecken verfolgen lassen. Als ausgezeichnete Beobachtungspunkte der basaltischen Bildungen gelten der Mühlberg bei Hirschberg in Amt Diez und der Stein bei Seelbach in Amt Weilburg. An andern Orten treten nur poröse Gesteine auf, die z. Th. in ihrer Fortbewegung sich der Thal- neigung angeschlossen haben, so bei Höppcheshain nahe bei Liebenscheid, bei Windhain nahe Rabenscheid, Kimmerich bei Seck, Weltershöhe bei Hof. Diese Gesteine sind doleritischer Natur; nur das des Mühlberges 221 nephelinhaltig und am Skegelberg bei Salz tritt eine trachytische Lava auf, bei Saynscheid in Amt Walmerod ein zwischen Trachyt und Nephe- ‚linit stehendes Gestein. — (Edda XXIII. 272.) 0.Struckmann,diePterocerasschichten derKimmeridge- bildung bei Ahlem unweit Hannover. — Ein bei dem Dorfe Ahlem eröffneter Steinbruch gewährt neuen Aufschluss, grösste paläontologische Aehnlichkeit mit dem Tönjesberge bei Hannover. Es folgen von oben nach unten: 1]. Obere Pterocerasschichten (Credners Schicht II) 1. 8° gelber Thon, geschichteter Thon und Thonmergel mit Resten von Schildkröten, Sauriern und Fischen, Cyprina nuculaeformis. 2. 8° grauweisser thoniger Kalkstein mit Steinkernen derselben Cyprina. 3. 2° grüner Thonmergel mit dünnen Schichten sehr thonigen weissen Kalksteines aus Muschelscha- len bestehend: Corbula mosensis, Cyrena rugosa, Anomia Raulineana und Osträen. 4. 2° dichter grauer Kalkstein. — II. Mittle Pterocerasschichten (Credners Zone Pteroceras Oceani), 5. 4° starke Banks eines bräunlichen theils diehten theils porösen Kalksteines reich an Steinkernen zumal Pte- roceras Oceani, Natica bavrensis, Cyprina nuculaeformis, Cyrena rugosa, Pecten lens, Anomia suprajurensis. 6. Bänke eines gelblichen sehr harten Kalksteines und einer oolithischen weichen mit den meisten Petrefakten. — II!. Untere Pterocerasschichten (Credners Schichten der Nerinea ob- tusa). 7. Dünnschichtige thonige fast rein weisse Kalksteine mit 3 star- ken Bänken eines theils grauen sandigen theils bläulichen oolithischen Kalk- steines 15° mächtig, arm an Petrefakten. — Die ganze Schichtenfolge hat 40° Mächtigkeit. Unter ihr folgen thonige und merglige Gesteine ohne Versteinerungen. Verf. zählt sämmtliche von ihm gesammelte Arten auf, aus den obern Pterocerasschichten 16 Arten , aus den mittlen 3 Anthozoen, 5 Echiniden, 1 Brachiopoden, 64 Muscheln, 32 Schnecken, 4 Cephalopo- den, 1 Serpula, einige Krebsscheeren, Fisch- und Reptilienzähne, und in den untern Pterocerasschichten, 23 Conchylien. Die meisten Arten von Ahlem finden sich zugleich am Tönjesberge, aber in verschiedener Verthei- lung und Verbreitung, häufigste Arten bei Ahlem sind sehr selten am Tönjesberge und umgekehrt. Die obern Pterocerasschichten am Tönjes- berge sind charakterisirt durch häufige Cidaris pyrifera, Heteropora ar- borea, Exogyra bruntrutana, Cyrena rugosa, erste drei fehlen bei Ahlem ganz, Cyrena rugosa ist die häufigste mit ihr Corbula mosensis, Die mitt- len Schichten führen am Tönjesberge massenhaft Nerineen, die bei Ahlem ganz untergeordnet erscheinen, wo die Lucinen am häufigsten sind, dem- nächst zwei Trigonien und einige Natica.. Die Fauna der untern Schich- ten differirt viel weniger an beiden Localitäten, am häufigsten ist Cerithium astartinum, dann bei Ahlem sehr häufig am Tönjesberge selten Nerinea ob- tusa, ferner Chemnitzia striatella und Nerita ovata, sehr ungleich Astarte seutellata. — (Ebda 214 — 230.) A, Stelzner, aus dem sächsischen Granulitgebiete. — Die in Scheerers Laboratorium ausgeführten Analysen folgender Proben: I normalen Granulits von Neudörfehen bei Mittweida, 11 von der Klaun- mühle bei Limbach, III von Röhnsdorf, IV des Gneissgranulits von Rima bei Hartha, V. desselben von Herrmannsdorf bei Burgstädt, VI des nor- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 16 222 malen Granulites von Penig, VII des Trappgranulites von Ringethal bei Mittweida, VIII desselben von der Klaumühle bei Limbach, IX desselben von Hartmannsdorf bei Burgstädt, X des dichten Gabbro bei Böhringen, XI des mittelkörnigen Gabbro von Mahlitz bei Rosswein, XII des Hyperst- henit von der Höllenmühle bei Penig ergaben folgende Zahlen: I I 111 1V V VI Kieselsäure 75,80 . 75,46 75,46 74,60 73,47 72,97 Thonerde 12,09 12,09 13,45 12,84 11,07 12,69 Eisenoxydul 2,18 3,38 2,22 2,39 9,38 4,10 Kalkerde 1,45 1,22 0,73 0,73 1,81 2,33 Magnesia 0,38 0,66 0,42 0,23 0,73 0,63 Kali 4,27 3,96 3,65 5,82 3,76 3,46 Natron 2,72 2,46 2,48 2,39 2,89 3,16 Wasser 0,63 0,63 1,11 1,02 0,77 0,58 99,52 99,86 99,51 100,02 99,83 99,92 vu VII IX X XI XII Kieselsäure 56,92 49,95 49,73 50,54 49,45 48,85 Thonerde 14,63 13,95 12,81 12,90 19,28 19,45 Eisenoxydul 12,14 15,97 16,75 13,01 11,93 8,15 Kalkerde 8,56 10,37 11,13 10,95 9,86 17,51 Magnesia 6,10 7,91 7,41 6,85 4,18 3,85 Kali _ — — 0,82 —_ _ Natron _ — —_ 2,03 2,59 — Wasser 1,46 1,67 1,94 1,08 2,35 1,03 (onen emmemmmmmmmeng mm mm mm U mn Die Differenz zwischen der Zusammensetzung der normalen, Granat oder Cyanit führenden Weisssteine einschliesslich der durch Glimmer gneiss- artig werdenden Varietäten und zwischen der der feinkörnigen grün- schwarzen Trappgranulite fällt sofort in die Augen. Erste sind weit hölıer silieirt, reich an Alkalien, arm an Eisenoxydul, die Trappgranulite weit basischer, enthalten statt der Alkalien beträchtliche Mengen von Kalkerde und Magnesia und führen vielfache Beimengungen von Magneteisenerz. Letztes kann durch den Magneten im Pulver leicht nachgewiesen werden und bewirkt mit einem zugleich vorhandenen feinen glimmerartigen Mine- rale die dunkle Farbe der Trappgranulite. — Die mikroskopische Unter- suchung der Dünnschliffe ergab mit der chemischen vollkommen überein- stimmende Differenz. Während der normale Weissstein fast stets nur aus Orthoklas und Quarz mit etwas Granat und Cyanit zusammengesetzt ist, lassen die Trappgranulite ausnahmslos Quarz, plagioklastischen Feldspath, Magneteisenerz und das grüne glimmerartige Mineral erkennen, während einige Trappgranulite arm an Granat sind, enthalten andere viel und bil- den fast Uebergänge in granatfelsartige Gesteine. Letzte zeigen auch ganz interessante Gruppirung der Mineralien, z. B. jedes Granatkörnchen von einer Quarzfeldspathzone umgeben, die sich als heller Ring von der dun- keln Hauptmasse der Schlifffläche deutlich abhebt, oder Glimmer und Magneteisenerz sind um den Granat radial gruppirt, wieder andere zeigen 223 im Quarze und Feldspathe viel Mikrolithe, glasige und steinige Poren, — Hinsichtlich der Verknüpfung und gegenseitigen Lagerung der ver- schiedenen Granulite findet man viele Uebergänge verschiedener Varietäten in einander namentlich der normalen schiefrigen in körnige oder in gneiss- und granitarlige Gesteine. Die Trappgranulite dagegen wechsellagern meist mit normalen Granuliten in schwachen Platten und starken Bänken wie sehr schön im Steinbruch an der Klaumühle bei Limbach zu erken- En, Diese Miechzellagerungen sprechen für gleichartige und gleichzeitige Bildung beider Gesteinsgruppen und müssen die verschiedenen Granulite unbedingt als Glieder einer Gesteinsformation betrachtet werden und ist der Granulit ein metamorphoses nicht aber ein eruptives Gestein. Die Annahme dass ein eruptives Magma bei seinem Festwer- den in tausendfacher Wiederholung sich in scharf begränzte chemisch und mineralogisch ganz verschiedene Gesteine zergliedert habe, wird Niemand behaupten wollen. Wer dennoch nicht an die metamorphe Genesis des Granulites glauben will, möge sich erinnern, dass die Geognosie mündig genug ist um selbständige Untersuchungen ohne beständige Leitung der Chemie anstellen zu können, dass z. B. die Bildung des Eisenglanzes als Sublimationsprodukt längst bekannt war, ehe ihre chemische Möglichkeit begriffen wurde. — Betrachtet mar ferner die Analogie zwischen Trapp- granulit und Hypersthenit resp. Gabbro und wie am rechten Ufer der Frei- berger Mulde oberhalb Rosswein schiefriger oder körniger Gabbro mit kör- nigen, feldspathreichen und lichtfarbigen granulitischen Gesteinen ganz ebenso in scharfbegränzten Platten wechsellagert wie sonst Trappgranulit mit normalem Granulit: so ergiebt sich ferner, dass Hypersthenit und Gabbro nur als besonders grobkrystallinische Trapp- granulite zu deuten also auch nur Glieder der Granulitforma- tion sind. — Hinsichtlich der Architectur der Grannulitellipse vermochte St. kein durchgreifendes Gesetz zu finden und vermag nur das negative Resultat zu bestättigen, welches Fallou hinsichtlich der Tabularstructur des Granulites bekannt gemacht hat. ‘Es finden sich sehr steil aufgerich- tete oder stark undulirte Platten besonders zahlreich, fast ausschliesslich an der Peripherie der Granulitellipse also an der Gränze gegen den Schie- fermantel hin. Als Ursache dieser Erscheinung nehme man diejenige Vo- lumvergrösserung und denjenigen durch dieselbe veranlassten Druck an, welche der den Granulit ursprünglich umgebende Thonschiefer bei seiner Metamorphose zu Knotengarbenglimmerschiefer und Gneiss erlitten hat. Natürlich war die Metamorphose des Granulites und des Schiefermantels eine gleichzeitige. Diese Anschauungen weichen erheblich von denen des hochverdienten Naumann ab und ist es Verf. vielleicht möglich auch in seiner neuen Stellung im fernen Cordova noch weitere Detailuntersuchun- gen beizubringen. — (Neues Jahrb. Mineral. etc. 244 — 249.) E. Kayser, über das Devon bei Aachen. — Unter den Arbei- ten über die devonischen Bildungen um Aachen verdient von den ältern nur die Abhandlung von Schulze in Nöggeraths Rheinland und Westpha- len 1822, von den jüngern besonders die von Bauer und Ferd. Römer Beachtung. Letzter gab die erste specielle Gliederung desselben in der 1675 224 Geolog. Zeitschr. 1855. VI, 377, nämlich Kohlenkalk, dann e. graue Kalkmergel mit devonischen Korallen, d. dunkelgrau grünliche plattenför- mig abgesonderte Grauwackensandsteine mit Spirifer Verneuili, c. grün_ liche und röthliche Schiefer mit Kalknieren, Spirifer Verneuili, Recepta. eulites Neptuni, Rhynchonella pugnus, b. grüne compacte Kalkbänke mit devonischen Korallen (Eifeler Kalk), a. graugrünliche und röthliche Thon- schiefer mit Quarzschnüren ohne Petrefakten. a. Bank von rothem kiese- ligen Conglomerat. Diese Gliederung berichtigte Schlönbach, indem er von oben nach unten folgende Gliederung aufstellte: 1. graue Kalkmergel mit Spirifer Verneuili und Korallen, 2. sandigglimmerige Grauwackenschiefer oben mit grünlichen Mergeln und schmalen Kalkbändern wechselnd, 3. grün- liche und röthliche Schiefermergel mit Spirifer Verneuili, Rhynchonella pugnus, Goniatiten und ÖOrthoceren, 4. grauer Mergelkalk mit Spirifer Verneuili, Rhynchonella pugnus, Receptaculites Neptuni, 5. dunkle Mer- gelschiefer mit Spirifer Verneuili, Sp. simplex und Productus subaeulea- tus. Dieses unterste Glied ruht unmittelbar auf Römers mitteldevonem Kalke b und es entspricht 1. Römers e, 2. dessen d, 3. und 4, dessen c, während 5. bei Römer fehlt. Verf. untersuchte das belgische Devon und dann das Aachener und findet zwischen beiden eine vollständige Ueber- einstimmung. Das Aachener Devon ist besonders schön im Viehtbachthale oberhalb Stolberg und an der Strasse von Venwegen nach Cornelimünster aufgeschlossen und gliedert sich von Kohlenkalk abwärts in «. graue Kalkmergel mit Korallen, %. grünliche Mergelschiefer oben kalkig und mit Kalkbänken Spirifer Verneuili, y. graubraune glimmerreiche Grauwacken- sandsteine mit plattiger Absonderung, d. grünliche zerfallende Mergel- schiefer arm an Petrefakten, &. graue oder bunte Nierenkalke mit Spirifer Verneuili, Gp. nudus, Rhynchonella euboides, Rh. pugnus, £. graue Kalk- mergel mit Receptaeulites Neptuni, Gp. Verneuili, Sp. euryglossus, Rhyn- chonella cuboides und pugnus, n. dunkelblaugraue Mergelschiefer mit Sp. Verneuli, 9. compacte graublaue Kalkbänke oben dolomitisirt, .. rolhe glimmerige Grauwackenschiefer und Sandsteine, x. dunkelgrau- oder grün- liehbraune quarzreiche Grauwackensandsteine, A, compacte hellgrüne glim- merreiche Grauwackensandsteine mit rothen und grünen oder buntgefleck- ten Schiefern wechsellagernd, u. grobes rothes kieseliges Conglomerat, Hier entspricht «@ Römers e und Schlönbachs 1., ß fehlt in beiden, y ist gleich Römers d und Schlönbachs 2, d fehlt, & gleich Schlönbachs 3, & gleich Schlönbachs 4 und beide zusammen gleich Römers c, 7 gleich Schl. 5, $ gleich Römers 6, ı x A w entsprechen Römers a. — Das bel- gische Devon sondert sich in ein südliches Becken, das von Coudroz und in ein nördliches, das von Namur, jenes an seinem S. und N. Rande ver- schieden entwickelt, so dass überhaupt drei Ausbildungsweisen zu unter- scheiden sind, am Nrande fehlen nämlich die Calceola- und Coblenzschich- ten und dieses Gebiet entspricht gerade dem Aachener. Die Sandsteine y sind das Aequivalent der belgischen Psammite von Coudroz, haben beide dieselbe Fauna und wäre es zweckmässig sie als Etage der Verneuilisand- steine zu bezeichnen, Von ihnen sondert Verf. sein d, das petrographisch dem Büdesheimer Goniatitenschiefer gleicht, aber nicht deren Fauna ent- 225 hält, wahrscheinlich nur Sp. Verneuili, deshalb soll es Verneuilischiefer heissen. Die darunter folgenden €Eön bergen dieselbe Fauna, welche reicher ist als die der höhern Schichten. Sie entsprechen den belgischen Kalken und Schiefern von Frasne oder dem Cuboidesschiefer und haben 350 Mächtigkeit, wovon 80° auf die Kramenzelkalke kommen und wie in Bel- gien sich auch Receptaculitenschiefer auszeichnen. Diese Cuboidesschich- ten bilden die Basis des Öberdevon. Die unter ihnen folgenden Kalke stellt Römer dem Eifeler Kalke gleich, ihre Fauna mit Stringocephalus Burtini, Megalodon cueullatus ete. gleicht völlig der von Paffrath, aber Calceola sandalina und Spirifer speciosus fehlen und sind somit diese Kalke oberes Mitteldevon oder Stringocephalenkalk und die Calceolaschichten feh- len bei Aachen. Die nach unten folgenden Schichten fasst Römer als versteinerungsleere Ardennengesteine zusammen. Bauer löst dieselben pe- trographisch in drei Gruppen auf, Die zunächst folgenden rothen Schich- ten gleichen den Schichten von Burnot und gehen in dunkle Grauwacken- sandsteine, ähnlich Drumonts Ahrien über, die im Vichtbachthal oberhalb Zweifall grünen Grauwacken und Schiefer entsprechen Dumouts Gedinien, dem untersten Devon in Belgien. Ihre untersten Conglomerate und Brec- cien, die Pudding von Fepin und die Arcose von Weims finden sich bei, Eupen wieder wenn auch nur in losen Blöcken. So lassen sich dieselben Abtheilungen vom Nordrande des Beckens von Coudroz in der Gegend von Aachen nachweisen. Die tiefen Gesteine des hohen Venn gehören wie die der Ardennen nicht mehr zum Devon. — (Geolog. Zeitschrift XXL. 841 — 852.) Scholz, zur Geognosie von Pommern. — Verf. untersuchte die von der See günstig entblösste Insel Rügen zur Vergleichung mit den gegenüber liegenden Küsten. Am mächtigsten sind die quartären Bildun- gen im N und NO derInsel, welche zugleich den Zusammenhang mit der dänischen Insel Mön zeigen. Die Verhältnisse der Halbinsel Wittow und der Hiddens Oe ähneln denen von Hinterpommern, O und WPreussen. Die Halbinsel Wittow erhebt sich im Vorgebirge Arcona 200° hoch. Von der Wittower Haide, welche die Verbindung mit Jasmund herstellt, bis zum Beginne des Bugs ist N und OÖ die Küste fast überall in steilen Abstürzen aufgeschlossen, die Binnenufer dagegen flach und und sandig. Der STheil von Wittow bis Wiek zeigt leichteren Boden als der nördliche in Folge aller dünenartigen Ablagerungen. An der Schlucht bei Breege beginnt die Ansatzstelle der Schabe, einer auf Geröll lagernden Düne, welche als Al- luvialbildung Wittow mit Jasmund verbindet, früher vom Meere überflutet; sie reicht N bis in die Höhe von Reidewitz, wo das Ufer steil wird, wei- ter nach N zeigt sieh gelber Lehm und graublauer Thon, beide mit Krei- detrümmern, der Strand besteht nur noch aus Flintbrocken und nordischen Geschieben. Eine bestimmte Reihenfolge der lehmigen mergeligen und sandigen Masse ist nicht zu erkennen. Weisse Schreibkreide tritt nur am Vorgebirge Arcona auf in drei Klippen, die durch Schluchten mit feinem Sande gefüllt getrennt sind. An der Biegung des Vorgebirges von SW nach NO liegt eine 30° starke diluviale Sandschicht, darunter eisenschüs- siger Sand mit grossen Geschieben, dann blaugrauer Thonmergel unter- 226 teuft von Grandsand, wahrscheinlich das Hangende der Kreide. Dieser obre feinkörnige Quarzsand enthält Feldspathtrümmer, ist also diluvial- An der NKüste von Wittow folgen die Schichten regelmässig, im Profil der Swantewitburg liegt oben gelber Lehm, nach N. Kalk- und Thonhal- tig, darunter eine blaugraue Thonschicht und unter dieser Kreide. Die Küste verliert jährlich durch den Wellenschlag 1,—1’, an andern Stellen nur 1—2”, Auf den Kreideschiehten von Arcona lagert nach N. eine mächtige Decke von gelblichem Lehmmergel, wie er dem über Wittow ver- breiteten schweren Ackerboden bildet. Die vorher erwähnten blauen Thone treten nach der Biegung der Küste wieder hervor: es folgen 4° humose Schicht, 20° kalkhaltiger Lehm, 20° sandiger Lehm, 40° Kreide, darun- ter 20—25° blaugrauer Thon. Die Kreide über dem Thone ist nur ein Trümmerflötz. In den Schluchten der NKüste hat der Thon und Lehm auch Sandeinlagerungen und scheint der Lehm bis 100° Mächtigkeit zu er- reichen so bei Varnkwitz, von wo ab die Küste allmählig bis 10‘ sieh er- niedrigt. Durch Ueberwehung mit Seesand ist zwischen Schnarbe und Lauken eine mehre 1000 Schritt breite Sandzone gebildet. Unter der Ackerkrume vor diesem Sandgebiete, in der Bernstein vorkömmt, liegt eine dünne Schicht eisenschüssigen Sandes mit stark eisenhaltigem Lehm, der nach unten in ächten Wittower Lehm übergeht. In O vor dem Bakenberge steht unter sandigem Mergel ein feiner und ein grober Sand an, der Berg selbst ist Dünensand auf blauem Thon. Westlich folgt Lehm und blauer Thon, bei Kreptitz über erstem gelber Sand, im Thon Flint, Kreidestücke und nordische Geschiebe, an mehren Stellen unter der Humusschicht durch Dünensand getrennt eine zweite Humusschicht, weiter nach W wer- den der Sand und Lehm mächtiger und blauer Thon erscheint unter ihnen, dieser zeigt wellige Biegungen und senkt sich nach W ein. Bei der Dranske endlich verschwinden. die Diluvialschichten unter der See und gehen in das Alluvium des Bug über, dieser von Sand und moorigen Wiesen gebildeten Landzunge, an die sich die wandernde Insel Wenbessin anschliesst, Die Binnenufer von Wittow, in W den Wiecker Bodden und Rassower Strom, in O und S den Breeger und Breetzer Bodden begränzend sind niedrig und sandig, ohne Interesse, der von ihnen eingeschlossene Theil ist leh- mig-mergelig. Diese Küstenbildungen lassen sich im Innern von Wittow wieder nachweisen, wozu noch ausgetrocknete Süsswasserbeeken kommen. — Die westlich von Rügen gelegene Insel Hidden. Ihr NTheil ist gebir- gig, im Bakenberge 257° hoch, im südlichen Theile eine alluviale sandige Landzunge mit angeschwemmten Bernstein. Nur der NWTheil hat Acker- boden, mergeligsandigen. Die Zerstörungen der Küste sind so gewaltige, dass die Insel bald verzehrt sein wird. Die vielen Hügel im Innern deu- ten auf wechselnde Bodenlagen, die höchsten dieser 33 Hügel liegen an der NW und NKüste und gipfeln im Bakenberge, bilden 2 parallele Rei- hen, deren östliche nach der Rügenschen Seite hin Ackerbau hat. An der SWSeile zeigen sich unter Humus Sandschichten 70° mächtig, darun- ter gelber Lehm, in beiden grosse Geschiebe, Kreide und Flint, nach Norden geht der Lehm in Mergel über und es erscheinen kalkführende Thone, über diesen völlige Dünenbildung. Der NTheil der Insel besteht 227 aus festem grauen bis weissen Thon mit Kreide, Flint und nordischen Geschieben, darunter Septarienthon, Die 8—30° tiefen Brunnen der Insel steheu in Lehm oder Sand und die Granddecke spricht für eine spätere Hebung der Insel als Wittow. Hier wie dort ist die Kreide weisse Schreib- kreide mit Feuerstein und den bekannten Versteinerungen, der untere Sand ist weisslicher oder gelblicher Quarzsand stets mit etwas Feldspath und Glimmer oder noch mit Kieselschiefer, Augit, Thonschiefer, Kalk und Flint; die Geschiebe sind die der norddeutschen Ebene. Der blaue Thon ist plastisch und wegen der silurischen Geschiebe diluvial, enthält mi» kroskopischen Glimmer, feinen Quarzsand, Feldspath, chloritische Körner und erbsengrosse Kalkstückchen, sehr wenig nordische Geschiebe, Der Löss oder Lehmmergel besteht aus Quarzsand, Thon und Eisenoxydhydrat mit kohlensaurem Kalk und Gyps, sehr veränderlich im Mischungsverhält- niss. Der darüber folgende obre Sand ist wohl vom Dünensande zu un- terscheiden, hat viel grosse Gesteinstrümmer und Flint. Verf. vergleicht diese Ablagerungen noch mit denen auf Moen und der Festlandsseite und giebt dann die vergleichende Tabelle mit Hinterpommern, Preussen und Brandenburg 228 Öberes Diluvium Unteres Diluvium Vorpommern Hinterpommern | Westpreussen Sand Grand u. Gerölle Osipreussen Mark | Südschweden | Diluvialsand — | — —_ Obr. Diluvialmergel or afllnz Iielhen Lehm mit Sandstein|Lehm u. Lehmmergel Yoldiathon i desgl. Lehmmergel mit Sandstein zul De unideeie; Grand u. Gerölllager = Sand mit Geschieben ‚Grand u. Gerölllager Diluvialsand Diluvialsand Diluvialsand ? = EI 5 Diluvialsand mit |Untr. diluv. Mergel | Untr. diluv. Mergel [Thon mit Geschieben Untr. Diluvialmergel : Mergelbänken mit Sand mit Sand Sand Untrer Diluvialthon Se Se Diluvialthon mit 5 blauer Then ohre Ceschiche Diluvialthon Diluvialthon Som Thon ohne Geschiebe Untr, Diluvialsand Sand Diluvialsand Diluvialsand Diluvialsand Sand l Auf Wittow und Hiddensoe folgt unter dem obern Diluvialmergel oft ein blaugrauer steinartiger Mergel, in feuchtem Zustande dem plastischen Thone sehr ähnlich aber mit grossen Geschieben und von geringer Elastieität. Er entspricht dem ostpreus- sischen Schliffmergel. Auf Hiddensoe wurden in dem auf dem obern Lehmmergel aufgelagerten feinkörnigen Sande schie- ferige glimmerhaltige Sandmergel eingelagert gefunden. — (Greifswalder Mittheilgen I. 75— 99.) 229 Oryktognosie. P. Groth, Zusammenhang zwischen Krystallform und chemischer Constitution. — Nach Berzelius ist die Chemie die Wissenschaft von den materiellen Eigenschaften und Veränderungen der Körper und nach Gerhard, dem geistvollen Begründer der Typentheorie nur die Wissenschaft von den stofflichen Veränderungen, durch welche die Körper entstehen und die mit ihnen unter der Einwir- kung anderer vor sich gehen, ‚also gleichsam von Vergangenheit und Zu- kunft der Körper [wahrlich doch aber nicht der organischen]. Die Ge- sammtheil der physikalischen Eigenschaften gehört zwar zur Diagnose derselben, aber nicht in das Gebiet der Chemie. Unter diesen Eigenschaf- ten steht obenan die Krystallform, die Fähigkeit zu krystallisiren sondert einen Stoff in völliger Reinheit von andern ab, daher die krystallisirenden Substanzen von den Chemikern mit besonderer Vorliebe behandelt werden. Jeder Körper [hier wie immer die organischen ausgenommen obwohl Verf. es nicht bemerkt] besitzt die Fähigkeit bestimmte Krystallformen anzu- nehmen und’ mit den morphologischen Eigenschaften hängen alle übrigen physikalischen innig zusammen. Mineralogie in Verbindung mit der Chemie hat diese Eigenschaften und deren Beziehungen zu untersuchen. — Die Geschichte der Ermittlung der Gesetze, welche den Zusammenhang zwi- schen ehemischer Constitution und Krystallform ergeben, beginnt mit der Entdeckung der Isomorphie durch Mitscherlich 1320 und dessen fortge- setzte Untersuchungen derselben. Diese ergaben weiter, dass isomorphe Körper nicht nur analoge Formel und gemeinsame Krystallform haben, sondern zugleich die Eigenschaft besitzen in beliebigen relativen Mengen zusammen zu krystallisiren, zu Krystallindiyiduen, welche die Form der einzelnen sie componirenden Substanzen haben, aber nicht als mecha- nische Mischungen derselben aufzufassen sind sondern als chemische, Mischt man.z, B. die Lösungen der beiden isomorphen Salze K,S0, und K,CrO,4: so setzen sich beim Verdunsten Krystalle ab, welche beide Säu- ren enthalten aber in verschiedenem Verhältniss, je nach der in der Lö- sung vorhandenen Menge derselben, deren verschiedener Löslichkeit u.s. w. Diese Krystalle sind durchsichlig, vollkommen homogen und haben Eigen- schaften, welche zwischen denen des schwefelsauren und chromsauren Salzes stehen, also nicht blosse Gemenge beider sein können, Die Resul- tate solcher theilweisen Vertretungen, der isomorphen Mischungen sind in der Natur viel häufiger als reine einfache Verbindungen. Ein noch Mg und Fe enthaltendes Kalkcearbonat wurde vor Entdeckung der Isomorphie als eine Verunreinigung betrachtet, allein es fehlt für die in der Verbin- dung enthaltene Quantität Kohlensäure etwas an der äquivalenten Menge Ca, um die Verbindung 1Ca, 1C und 30 herzustellen, aber die vorhan- denen Antheile Mg und Fe stehen zu dieser fehlenden Menge in äquiva- lentem Verhältniss, die Substanz ist nicht CaCO,, MgCO, und FeCO, oder was gleichbedeutend ist CaCO, in welchem ein Theil des Ca durch die äquivalente Menge des Mg und Fe vertreten ist. Die Mehrzahl der Mine- ralien sind solche isomorphe Mischungen und so ist durck Milscherlichs Entdeckung die Deutung der chemischen Constitution der Mineralien gänz- lich umgeändert worden. Aber mit der schärferen Messungsmethode der 230 Krystallwinkel erkannte man, dass diese bei isomorphen Körpern nicht ab- solut gleich sondern nur sehr ähnlich sind. Das Gesetz der Isomorphie ist nur ein annäherndes, da sich bei völlig isomorphen Stoffen Differenzen in den Kantenwinkeln bis zu mehreren Graden finden. Daher ist es nicht selten, dass zwei Verbindungen zufällig sehr ähnliche Verhältnisse ihrer Krystallform zeigen, olıne dass sie chemisch in irgend einem Zusammen- hange steben, welche Erscheinung geometrischer Isomorphismus genannt ist. Wichtig für die Unterscheidung solch zufälliger Aehnlichkeit von wirklicher Isomorphie ist für letzte die Uebereinstimmung im Habitus, der Krystallform, der Spaltbarkeit und anderer physikalischer Kennzeichen, entscheidend ist aber nur die Eigenschaft der betreffenden Körper zu iso- morphen Mischungen in beliebigem Verhältniss zusammen zu kıystallisiren. Einen gewissen Spielraum besitzt jedoch die Verschiedenheit der chemi- schen Constitution immer noch im Rahmen des Isomorphismus, so dass es streng isomorphe Verbindungen giebt, welche nur sehr ähnliche, aber nicht völlig gleiche Constitution haben. Die beiden Salze KCIO, und KMnO z, B. erfüllen alle Bedingungen der Isomorphie und dennoch ist ihre chemische Constitution nieht streng die gleiche, an Stelle des ein- werthigen Chloratoms der einen Verbindung befindet sich in der andern ein vier- resp. ein zweiwerthiges Element, das Mangan. Solche Beispiele hat man mehre erkannt und so lange diese Abweichungen von dem Ge- setze in seiner ursprünglichsten Einfachheit noch nicht erklärt sind, darf man auch das Auftreten der Gleichheit der Krystallform bei verschiedenen Körpern nur als einzige Grundlage zu Schlüssen über die Analogie ihrer atomistischen Constitution benutzen. So ist z. B. die Vierwerthigkeit des Silicium also auch die Zusammensetzung der Kieselsäure zwar durch die wiehtige Entdeckung der Isomorphie gewisser Fluordoppelsalze das Si mit entsprechenden des vierwerthigen Si durch Marignac sehr wahrscheinlich gemacht, aber doch erst zur unumstösslichen Gewissheit geworden durch die Kenntniss der Dampfdichten der flüchtigen Silieiumverbindungen. Auch fehlt uns noch befriedigende Erklärung für die Aehnlichkeit der Krystall- winkel bei Stoffen, welche in verschiedenen Systemen krystallisiren ver- bunden mit gewissen gegenseitigen Beziehungen in Hinsicht ihrer chemi- schen Constitution. Zu den auffälligsten Beispielen dieser Gruppe von Substanzen gehören der Orthoklas und Albit, die bei durchgehender Aehn- lichkeit ihrer Krystallformen und Winkel doch verschiedenen Symmetrie- systemen, dem monoklinen und dem triklinen angehören, dabei haben beide nicht nur ganz gleiche chemische Formel nur mit dem Unterschiede von Na in dem einen und Ka in dem andern, sondern jedes derselben tritt niemals rein sondern stets mit einem Antheil der andern Verbindung also unzweifelhaft in isomorpher Mischung auf. Noch häufiger finden sich Substanzen , die chemische Analogie bieten und deren Krystallformen nicht in allen Zonen wie dort, sondern nur in gewissen Richtungen Ueber- einstimmung der Winkel zeigen, während das Krystallsystem ein verschie- denes ist. Diese Erscheinung nennt Laurent Isomorphie in verschiedenen Systemen. Das Unstatthafte der Ausdehnung der Isomorphie auf Körper von verschiedenem System erhellt aus der durch die Natur der Krystalle 231 bedingten vollkommen scharfen Trennung der sogenannten Symmetriesy- steme, Auf mehr als einem Wege hat man über Zugrundelegung einfa- cher und unwiderleglicher Annahmen nachgewiesen, dass eine Anzahl materieller Punkte nur nach den 6 Achsen symmetrisch angeordnet wer- den können, welche den Kıystallformen entsprechen. Vornämlich lehrt dies aber die physikalische Betrachtung der Krystalle und wenn noch jetzt von Uebergängen des einen Krystallsystemes in ein anderes gesprochen wird: so beruht dies auf Unkenntniss der Elemente der Krystallphysik. In jeder Reihe von Rhomboedern einer Substanz die unter einander in Be- zug auf ihre Achsenlängen in einfachen rationalen Verhältniss stehen, ist eines möglich, dessen Winkel fast 90° sind also dem Würfel sehr nahe. Wenn das aber eine Verwischung der Gränzen des tesseralen und rhom- boedrischen Systemes sein sollte: so müssten doch auch die physikalischen Eigenschaften z. B. die Doppelbrechung des Lichtes verwischt sein, was niemals der Fall ist. Doch ist nicht zu leugnen, dass die Winkelähnlich- keit trotz Verschiedenheit des Systemes oft mit der chemischen Zusam- mensetzung in engster Abhängigkeit steht. Zur Lösung dieser Schwierig- keit gerieth man auf Abwege. So kennt Delafosse genau die Zusammen- setzung der Moleküle aus den Atomen und lehrt, dass von der Zahl der Atome, welche die äussere Hülle des Moleküls bilden, die Krystallform abhängt; ao ist der Alaun deshalb regulär, weil seine 24 At. Krystallwas- ser seine Hülle bilden und weil manche reguläre Krystallformen 24 Flächen haben! Auf die Silikate ist diese Theorie nur anzuwenden, wenn die Formel der Kieselsäure SiO ist. Nickles suchte nachzuweisen, dass Körper, welche chemisch zu einander in der verschiedenartigsten Weise in Bezie- hung stehen, auch krystallographische Aehnlichkeiten bieten und nach seiner Methode bei Untersuchung solcher Aehnlichkeiten dürfte es schwer fallen überhaupt keine dergleichen zwischen zwei verschiedenen flächen- reichen Krystallen zu finden, Er sucht die Aehnlichkeiten in der Summi- rung der Winkel. Noch absurder behauptet Gaudin, dass der Feldspath rhomboedrisch krystallisiren müsste wenn er rein wäre, da er aber Wasser enthält und eine 7 Atome lange Achse hat, die ihm nicht erlaubt, als ge- rades rhombisches Pisma zu Kkrystallisiren:; so ist er monoklinisch. Diesen unfruchtbaren Spekulationen der Franzosen gegenüber wurde in Deutsch- land ein sicherer Weg zur Lösung des Problems über Zusammenhang zwischen Krystallform und Constitution eingeschlagen. Man nahm zahl- reiche Detailbestimmungen von Körpern mit bekannter chemischer Natur und vermehrte dadurch die Zahl der Thatsachen, welche allein zur Grund- lage der Theorie dienen können, gleichzeitig unterstützten die Chemiker diese Forschungen und es verdoppelte sich schuell die Zahl der ihrer Krystallform nach bekannten chemischen Verbindungen, besonders der or- ganischen Substanzen. Man verglich isomorphe Substanzen, welche also bei der Zusammensetzung sich nur durch die intermolekulare Anordnung ihrer Atome unterscheiden, andrerseits die Glieder einer homologen Reihe, welche fortlaufend um CH, verschieden sind und fand wohl zuwei- len ähnliche Krystallformen, öfter aber ganz verschiedene, so dass sich die Lehre der Isomorphie nicht anwenden liess. Verf. wählte daher einen 232 andern Weg. Man kennt die Wichtigkeit der Erkenntniss, dass der Was- serstoff in einer organischen Verbindung durch gleichwerthige Atome oder Atomgruppen substituirt werden kann, wobei die neu entstehenden Körper noch gewisse allgemeinere Eigenschaften des ersten Stoffes bewahren. Für die Aufsuchung geseizmässiger Beziehungen zwischen Constitution und Krystallform nun scheint vortheilhaft statt nach isomorphen Körpern zu suchen vielmehr die Verschiedenheiten derartig chemisch verwandter Sub- stanzen zu studiren. Die Frage ist also, welche Aenderung erfährt die gegebene Krystallform durch den Eintritt eines bestimmten, Wasserstoff substituirenden Atoms oder Atomgruppe? Durch die Untersuchung einer Reihe von Derivaten des Benzols ergab sich als Resultat, dass es gewisse Atome und Atomgruppen giebt, welche für Wasserstoff in das Benzol und dessen Abkömmlinge eintretend die Krystallformen derselben nur mässig alteriren, so dass man dieForm des neuen Körpers mit der des ursprüng- lichen vergleichen kann. Die Aendrung ist z. Th. der Art, dass z. B. bei rhombischen Substanzen das Verhältniss zweier Achsen, also die Grösse der Winkel in der betreffenden Zone nahe dieselbe bleibt, während nur die dritte Achse durch den Eintritt des neuen Stoffes in das Molekül eine erhebliche Aenderung ihres Werthes erfährt. Derart wirken z.B. die Atomgruppen HO, das Hydroxyl und NO, die Natrongruppe. Besonders bei letzter gelang es nachzuweisen, dass eine Anzahl Benzolderivate wenn ein HAtom durch den NO, vertreten wird, mit dem neuen Körper noch Beziehungen der Krystallformen zeigen, die sich dahin bestimmen lassen, dass der Eintritt jener Atomgruppe für H das Krystallsystem und von den 3 Achsen nur eine wesentlich sich ändert. Energischer erscheint die Sub- stitution durch Cl, Br, und durch die Gruppe CH,, die regelmässig eine Aenderung des Systemes in ein weniger regelmässiges nach sich zieht. Aber auch dann bleiben noeh die Winkel einer Zone den entsprechenden an der unveränderten Substanz nahezu gleich. Diese Erscheinung ist in ihrem Wesen von der Isomorphie verschieden, aber noch war es nicht möglich für sie die Zahlengesetze aufzustellen. Die Aenderung der Kry- stallform durch Eintritt eines Atomes heisst Morphotropie und es ist die morphotropische Kraft des Hydroxyl und der Nitrogruppe in Bezug auf das Benzol also eine mässige, die des Chlors eine intensive. Der Grad der Kraft hängt ab: 1. von der speeifischen Eigenschaft des substituiren- den Atomes, 2. von der chemischen Natur der Verbindung, in welcher die Substitution vor sich geht, 3. von dem Krystallsystem der zu verän- dernden Verbindung, 4. von der relativen Stellung der neu eintretenden Gruppe zu den andern Atomen des Molekuls. Einer Schwierigkeit begeg- nen diese Untersuchungen neben andern in der Unvollkommenheit der Kry- stalle begründeten, noch durch die Eigenschaft einiger Stoffe in zwei, ja auch noch mehr von einander unabhängigen Krystallformen zu krystallisi- ren, oder in der Dimorphie und Heteromorphie. Bekanntlich erklärte man die Differenz des kohlensauren Kalkes im hexagonalen Kalkspath und rhom- bischen Aragonit durch gewisse Beimengungen in letztem, nach Entdeckung der Isomorphie galten diese Beimischungen nur noch als isomorphe, aber mit Entdeckung der Dimorphie des Schwefels war diese Deutung haltlos. 233 Die Zahl der dimorphen Körper nimmt regelmässig immer mehr ab je complieirter die Zusammensetzung der Körper wird. Unler den Elementen ‚ist die Mehrzahl dimorph, viel kleiner ist die Zahl der heteromorphen Stoffe unter den nur aus zwei Elementen gebildeten, verschwindend klein unter den noch complieirteren. Auf ein anderes Pıoblem wies Pasteur hin, dass nämlich die Krystallformen dimorpher Körper doch Winkelähnlich- keiten nach gewissen Richtungen zeigen, ohne ein allgemeines Gesetz da- für aufstellen zu können. Einzelne solcher Beziehungen sind recht auffal- lend, manche derart, dass sie zwischen allen möglichen Krystallen gefun- den werden können. Der Widerspruch der Krystallisation dimorpher Körper in zwei auf einander nicht redueirbare Formenreihen desselben Sy- stemes beseitigt Pasteur dadurch, dass er dieselben für isomer erklärt, Auch hierfür dürfte die Untersuchung organischer Stoffe Aufklärung brin- gen. Von ihnen kannte man keine Dimorphien und deutete dieselben als isomere, doch sind neuerlich wirklich Dimorphe erkannt worden. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 225 — 243.) C.Rammelsberg, Zusammensetzung des Lievrits. — Stä- deler fand im Lievrit mehr Eisenoxydul als seine Vorgänger, nämlich 36 Proc. des wasserfreien Minerals, ebenso R. nur 35,93 Proc. und stellt er- ster die Formel auf R*FeSit017 und zieht auch das Wasser als chemisch gebundenes in die Formel. Der Gehalt desselben ist nach Stromeyer 1,27, nach R. 1,60 — 1,65, nach Städeler 2,36. Dagegen erklärt R. jedoch den Lievrit als ein Halbsilikat von der Formel R!2Fe28i903% und berechnet sich dieselbe wenn (Ca, Mn): Fe = 1: 2 ist R St. 4 Ca = 160 = CaO 13,50 14,84 13,15 8 Fe = 418 — FeO 34,70 36,51 36,00 2 Fe = 224 = Fe0?19,28 18,94 21,24 9 Si — 252 — Si0? 32,32 30,30 29,91 350 — 576 100,00 99,59 100,30 1660 In Wassevstoffgas in einer Glaskugel geglüht verliert der entwässerte Lie- vrit Sauerstoff und enthält nun blos Eisenoxydul. Der berechnete Verlust ist = 1,93, der gefundene 2,6. Vielleicht wird auch ein wenig Eisen me- tallisch, doch bemerkt man beim Behandeln mit HCl keine Entwicklung an Wasserstofigas. — (Geolog. Zeitschrift XXIII. 897 — 98.) A, Frenzel, Zusammensetzung des Plumbostib und Em- brithit, — Erster hat 6,12—6,22 spec. Gewicht und wurde zweimal I und II analysirt, letzter bei 6,32 spec. Gewicht unter Ill I II 11 Blei 59,64 59,44 59,30 Kupfer 0,858 0,88 0,80 Antimon 19,49 21,48 21,47 Schwefel 18,04 18,14 18,04 98,05 99,94 99,65 welche Zahlen zu der Formel führen: 10PbS.3SbS,; und ist also der Em- 234 brithit mit dem Plumbostib identisch. Beide sind nur von Nertschinsk be- kannt. — (Journ. pract. Chemie 1370. Nr. 18. S, 350 —364.) G. Moore, Vorkommen des amorphen Quecksilbersul- fids. — Dasselbe findet sich in der Grafschaft Lake in Californien als Ueberzug auf Klüften und in Höhlen einer kieseligen Gangart in Gesell- schaft von Zinnober, Eisen- und Kupferkies, ist amorph, bildet oft eine Decke über Eisenkies und enthält ınit Zinnoberkrystallen ausgekleidete Hohlräume, hat muscheligen bis spröden Bruch, 3 Härte und 7,701 7,748 spec. Gew., ist graulichschwarz , im Strich rein schwarz und besteht aus 13,82 Schwefel, 85,79 Quecksilber, 0,39 Eisen, 0,25 Quarz. — (Ebda Nr. 17 S. 319— 327). Palaeontologie. E. Weiss, Studien über Odontopteri- den. — Die Cyclopteriden, Neuropteriden und Odontopteriden entfernen sich durch die fehlende Fruchtbildung und die eigenthümlich spitzbogige Gabelung ihrer Nerven von den analogen lebenden Familien. Die Odon- topteriden gehören vorzüglich der Steinkohlenformation und dem Rothlie- genden an und sind die artenreichsten. Brongniart stellte die Gattung Odontopteris zuerst mit O. Brardi auf und fügte alsbald noch 4 Arien hinzu, welche Sternberg, Lindley, Gutbier, Göppert und viele Andere ver- mehrten zugleich mit Erweiterung des Gattungsbegriffes besonders gegen Neuropteris hin, deren beide erste Arten von Brongniart ihr zugewiesen wurden, während Gutbiers Od. britannica zu Pecopteris führte und mit ihrem Kreise die Einrichtung der Gattung Callipteris veranlasste. Eine neue Systematik der Gruppe gab Schimper in seinem Traite de Paleonto- _ logie vegetale 1869. 70 2 voll., worin er folgende Gattungen aufstellte. Odontopteris, Lescuropteris, Callipteris, Anotopteris, Palaeopteris, Triphyl- lopteris, Cardiopteris, Lomatopteris, Cycadopteris, Otopteris, Nilssonia, Pa- chypteris, Thinnfeldia. Von mehreren sind Fruchtbildungen bekannt. Bei allen ist ein einziger die Seitennerven entsendender Hauptnerv vorhanden und mehrere bis zahlreiche Nerven entspringen zugleich aus der Spindel, bei allen auch das Fiederchen mit dem grössten Theile der Basis ange- wachsen. Nach Ausscheidung zweier Formenkreise bleiben als ächte Odontopteris 4 Gattungen übrig: ÖOdontopteris, Leseuropteris, Callipteris und Anotopteris und erste hat Verf. schon früher in die Subgenera Xe- nopteris, Mixoneura und Callipteris aufgelöst. Odontopteris begreift Far_ ren, deren Wedel Fiederchen tragen, welche mit ganzer oder fast ganzer Basis angewachsen, frei oder zusammengewachsen sind und in welche mehre Nerven von der Spindel auslaufen ohne oder mit verschwindendem Mittelnerv. Xenopteris begreift die Fiederchen ohne Mittelnerv und Mixo- neurafiederchen mit Neuropterennervation, Callipteris mit Mittelnerv in den Endlappen. Neuropteridium begreift nur N. mirabile (Rost) — Pecopteris Brgn., Callipteridium nur C. Sullivanti Lesq. Diese 6 Subgenera vergleicht Verf. mit einander. Sie erscheinen in der Steinkohlenformation und ver- schwinden bereits im Rothliegenden wieder. Es sind folgende Arten: Mi- xoneura hat M. obtusa (M. Sternbergi Brg. und M. obtusiloba) in beiden Formationen, M, desori (M. delieatula Lesq) in Pennsylvanien. Xenopteris zählt X. Brardi (Od. alata Lesg), X. Reichana (Od, squamosa Lesg Penn- 235 sylvanien), X. Winterana voriger sehr nah verwandt, X. minor von St. Etienne, X. Schütze) von Zorge, X. crenulata Dordogne, X. Schlotheimi Saarbrück, alle aus der Steinkohlenformation, X. Goepperti (Od. Schlot- heimi Göpp) im Kupferschiefer von Riecheldorf, X. stipitata permisch bei Ottendorf in Böhmen, X. Wortheni Kohlenformation in Groundy County, X. Brongniarti permisch in Orenburg, X. heterophylla in Illinois, X. al- pina von der Stangalpe in Steier und in Sachsen, X. alpestris (Pecopteris nervosa Ung) im Anthraeit Kärntens, X. catadroma Rothliegendes bei Mei- senheim, X. Coemansi Saarbrück, X. dufresnoyi Rothliegendes bei Cod@ve, X. subeuneata Kohlenformation in Canada, X. Neesana Rothliegendes bei Braunau in Böhmen. Lescuropteris begreift nur L. Moori der Steinkoh- lenbildung Pennsylvaniens. Callipteris umfasst die Alethopteris conferta und praelongata im untern Rothliegenden, C. permiensis Brgn, C. Fischeri in Örenburg, C. strietinervia von Braunau, C. cieutaefolia permisch in Schle- sien, C. Wangenheimi permisch in Orenburg, C. disereta Saarbrück, C. obliqua Kohlenformation in Lancashire, C. Sillimanni Kohlenformation im Ohio, C. subnerva bei Ibbenbüren, C. Villiersi Alais, C. latifrons Rothlie- sendes der Saar, C. inaequalis permisch in Orenburg, €. britannica Koh- lenformation in Sachsen, C, intermedia im Buntsandstein der Vogesen. Anotopteris erhält A. distans (A. remota) in Lettenkohle und mittlen Keu- per, A. obscura Lesq Kohlenformation von Pottsville. Callipteridium mit C. Sullivanti Lesq in Pennsylvanien und Illinois, C. mirabile bei St. Etienne, Waldenburg, Gotha, Wettin, Zorge, Saargebiet, C. pteroides Rothliegendes in Böhmen, C. connatum Osnabrück, ©. pennsylvanicum Lesqg Pottsville, C. plebejum Carlingen im Mosel Dept., C.regina bei Zorge, C. gigas Gutb. Sachsen. Von andern bespricht Verf. noch: Odontopteris neuropteroides inel. oblongifolia Roem ist eine Neuropteris, Odontopteris subeuneata Lesq wird zu den Cyclopteriden verwiesen, Od. aequalis Lesq ist vielleicht Xe- nopteris Schlotheimi, Od. eristata Gutb sehr fraglich, Neuropteris imbri- cata Göpp vielleicht Callipteris, Neuropteris bohemica Etig nicht sicher unterzubringen, N. Kuntzi Gutb ebenfalls unsicher, ferner Od. imbricata Goepp devonisch bei Herborn, Od. erassecaulieulata Ludw und Od, Victori Ludw im Dachschiefer von Dillenburg sind alle drei keine Oduntopteriden. Auch die jüngern Arten im Räth, Lias und Oolith sind nicht sicher unter- zubringen, stehen überhaupt schon ganz an der Gränze der Farren, Lo- matopteris hat den Habitus von Callipteris und zählt L, jurensis Kurr und L,. heterophylla Zigno, vielleicht noch die rothliegende Alethopteris brevis sicher. Otopteris und Nilssonia sind Cycadeenähnlieh. Cycadopteris im Lias ist kein Farren. Pachypteris identificirt Andrae mit Thinnfeldia und Zigno stellte für P. lanceolata und ovata die neue Gatturg Diehopteris auf ihr noch D. Visianica im Jura von Rotzo hinzufügend. Einige Thinnfel- dien haben Callipterischarakter. Laccopteris rotzana Zigno ist eine Ano- topteris. Zum Schluss giebt Verf. noch die geologische Entwicklungsta- belle. — (Geoloy. Zeitschrift XXII. 353— 888. 3 Tff.). H. Woodward, tertiäreConchylien des Amazonenthales. — Die Sandsteine und Thone dieses grössten aller Flussthäler wurden von Gardner für Kreideformation, von Spix und Martius für Quader, von 236 Lyell für devonisch, triasisch und tertiär gehalten. Eingehendere Unter- suchungen stellte Agassiz an und legte die Bildungszeit an das Ende der Kreideepoche, nur an der ersten Cascade des Tapajos kommen paläo- zoische Brachiopoden vor, und in Matto Grosso Kohlenpetrefakten, an einer andern Stelle Rother Sandstein. Verf. giebt die Tertiärablagerungen spe- ciell an und zählt die Conchylien derselben nach Conrad namentlich auf, dieselben dann im einzelnen besprechend. Es sind folgende: Isaea Or- toni und lintea, Livis laqueata, Ebora crassilabra, Nesis bella, Hemisinus suleatus, Dyris graeilis, Neritina Ortoni und pupa, Bulimus linteus, Pa- ehydon = Anisothyris tenuis, Hauxwelli, ovata, carinata, obliqua, erecta, cuneala, endlich Anodon Batesi. — (Ann. mag. nat. hist. Januar 59, Febr. 101—109 Tb. 5.) Botanik. Schulzer v. Müggenburg, mykologische Be- obaehtung aus N.-Ungarn. — Nachdem Verf. die natürliche Be- schaffenheit der von ilım bereisten Gegend, die Dolina, kurz erörtert, führt er die von ihm aufgefundenen Schwämme an und beschreibt eine Anzahl solcher, die er für neu hält als da sind: Balsamia (?) fusispora mit glat- ten, spindelförmigen Sporen, Helvella tremilloides unter Fichten und Roth- buchen einzeln; nahe bei H. lacunosa Afz. Boletus depressus, wird vom Landvolke eben so geschätzt wie B. edulis und für dessen rothlöcherige Spielart angesehen. B. Theklae, wahrscheinlich nur var. von B. luteus L., Hygrophorus Ipolyii, weicht von Agaricus discors Batsch hauptsäch- lich darin ab, dass Strunk und Schuppen rein weiss sind. H. Hazslinskyi, nahe verwandt dem H. pudorinus Fr., H. Nympha mit mehrern var., Rus- sula rugosa, Lactarius Dorneri, Cortinarius Szäszi, C. Deäthi, C. Szaböi, Agaricus Thani, fimetosus, graeilis 8 minus, Mengerszeni, fragilissimus, Miköi, Szaböi, Römeri, Divaldi, Toldyi, Kalchbrenneri, Löngayi und in die- ser Weise geht die Verewigung gewisser Persönlichkeiten weiter. — (Wien. zool. bot. Verh. XX. 169— 210.) Krasan, Studien über die periodischen Lebenserschei- nungen der Pflanzen im Anschluss an die Flora von Görz. — Verf. trägt seinen Gegenstand unter folgenden Gesichtspunkten vor: Die Flora von Görz mit besonderer Rücksicht auf etliche, das Klima näher bezeich- nende Arten, die Jahreszeiten, Pflanzenphänologie, die klimatischen Ver- hältnisse von Görz in ihrer Wechselbeziehung zur Vegetation, bespricht hier die mittle Jahrestemperatur und Witterung, die örtliche Vertheilung der Wärme, Zusammenstellung der Daten für 600 Arten Phanerogamen, deren Eintritt in das Blühtenstadium 1867, 68 und 69 beobachtet worden ist. Verschiedene Erscheinungen des Pflanzenlebens, welche von der Ein- wirkung der Temperatur, des Lichtes, der Feuchtigkeit und sonstigen Beschaffenheit des Bodens abhängig sind. Näheres über die gegenseitigen Beziehungen jener Agentien, von welchen die Zeitdauer der einzelnen Ent- - wickluugsphasen und die periodischen Erscheinungen des Pflanzenreiches abhängen. Zur Bestimmung der Faktoreneinheiten. — (Ebda 265—366.) Simony, Fr., Beitrag zur Kunde der obersten Getreide- und Baumgrenze in Westtirol. — Auf einer Wanderung von Mals durch ‘das Matschthal über das Matscher Joch zum Kurzras im obersten 237 Schnalzer Thal, dann über den Hochjochferner nach Fent und weiter durch das Oetzthal wurden barometrische Höhenmessungen vorgenommen, welche ergaben, dass in dem Matschthale, wenigstens innerhalb der österreichi- schen Alpen nicht nur der Getreidebau, sondern auch der Baumwuchs am höchsten. hinaufsteigt, indem bei dem Weiler Winterstall im Venterthale bei 5540 W. F. = 1751,1 Met. Höhe Ende September zum Mähen reife Gerste angetroffen wurde, während am Nordhange des Salur- ner Stockes einzelne abgestorbene Zirben 7500 W. F. — 2370,6 Met. und grüne Bäume 7360 W. F. = 2326,4 Met. hoch beobachtet wurden. Es wird ferner eine vergleichende Uebersicht des Vorkommens der Zirbe und Lärche nach ihren höchsten bisher beobachteten Ständen von einigen Lo- kalitäten der Oetzthaler Gruppe und von einigen angrenzenden Alpenthei- len gegeben. Hiernach kommen die genannten Bäume in folgenden Hö- hen vor: Langewiegthal (ein Theil des Schnal- zerthals) einzelne Zirben . . . 7230 W.F. = 2285,3 Met. Oberstes Schnalzerthal am Hochjoch eine lebende Zirbe. . . . & 7150 ya 72260 3 ein verkrüppelter Direhhnsch > 7110 wu 022473 Langtauferer Thal, Sonnenseite nahe dem Ferner mehre abgestorb. Zirben 7330 I 2316,9 R einzelne lebende Bäume . . . 7220 „ 22824 „ Rosner Thal (vom Venterthale abzwei- gend) kleine grünende Zirbe . . 7060 ayz= 235 ,„ Birkkogel bei Kühtei . . 7131 = 2294 » Martellthal gegen d. Zavalfernen, Son nenseite d. oberst. abgestorb. Bäume 7350 RAW einzelne lebende Zirben . . - 7280 RN AU einzelne Lärchen . . . . 7200 a 22758 Suldenthal, einzelne lebende an 7180—7210 ,„ 2269—2279 Trafoi- Stilfserthal nächst Franzens- höhe, serimesZirbe „2... wur... 7340 sun 12320 ss nach Heer . . . Ne: 7481 Br — IE 2SBAD Münsterthal, in dem vom Wormeer: joch niedersteigenden Aste. . . 7940 DI ON Nordseite des Passes zwischen Mün- ster und Scarl (Zirbe) . „ . » 7144 2255 Am Berninapasse (Zirbe) * . . . 7183 20 Ohne Zweifel rühren höhere Zahlen über das Vorkommen der Zirbe oder Arve in den Schweizeralpen, wie sie Tschudi in seinem Thierleben der Alpenwelt am Stilfserjoch z. B. mit 7883 P. F. anführt, von dem Irrthume her, dass sich zwischen den Angaben in pariser Fuss einzelne in Schwei- zer Fussen eingeschlichen haben ; denn reduciri man die Maasse auf ein- ander, so verschwinden die verschiedenen Höhenangaben, welche Heer in schweizer und Tschudi in pariser Fuss ausdrückt. Bemerkt sei noch, dass in der DauphineE am Col Longet die Zirbe in einer Höhe von 7956 W. F, — 2514,7 Met. nach Kerner vorkommen soll, während Schlag- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd, XXXVII, 1871. 17 238 intweit für den Montrosastock 7348 W. F. = 2322,5 Met. als oberste Baumgrenze anführt. Aus alle dem geht hervor, dass die Höhenbestim- mungen von Vegetationsgrenzen theils noch lückenhaft, theils noch unsi- cher sind. Zum Schluss gedenkt Verf. des merkwürdigen Vorkommens eines fruchtreifen Exemplars von Montia fontana in mit Eiswasser durch- drungenem Schlamme und einer Meereshöhe von 6600 Fnss. — (Wiener zool. bot. Verh. XX np. 395—402.) v. Hohenbühel-Heufler, die angeblichen Fundorte von Hymenophyllum tunbridgense Sm. — Verf. weist umständlich nach, dass das genannte Farrenkraut bei Artegnain Friaul nicht wachse, wie Host 1797 in seiner Synopsis plantarım etc. zuerst angiebt und wie andere ihm nachdrucken. Eben so wird der Standort Fiume im kroatischen Küsten- lande geleugnet und ein Südtiroler, welchen van der Bosch in der Synop- sis Hymenophyllacearum anführt, zwar nicht mit Sicherheit in Abrede ge- stellt, aber doch sehr angezweifelt. Ausserdem führt Verf. die Verbreitung von H. t. und von H. unilaterale Bory an, die beide an ein oceanisches Klima gebunden sind. Der entschieden merkwürdigste für Deutschland ein- zige Fundort der ersten Art, allerdings nur in Wedeln von ?/,—/, Zoll Länge, ist der Utewalder Grund in der sächs. Schweiz, wo sie von Pappe- ritz 1847 entdeckt worden ist, und später von Rabenhorst mit grosser Mühe 20 Exemplare zusammengebracht werden konnten. — (Ebda 571—588.) F. Cohn, über Pilzepidemie bei den Insekten. — Während bei den höhern Thieren Pilze sicher nur als Erreger von Hautkrank- heiten bekannt sind, entwickeln sich bei niederen Thieren zumal Insekten Pilze epidemisch mit tödtlichem Erfolge im Blut. Schon seit 200 Jahren hat man auf den Antillen, in China, Neuseeland und Mexiko, viel später auch bei uns aus dem Leibe von Raupen, Pnppen, Schmetterlingen, Wespen, Ameisen, Cicaden, Käfern, Spinnen Pilze hervorwachsen sehen, 1/,—6’’° lang, meist schön gelb, walzig, mit kolbiger, keuliger oder verzweigter Spitze, an welcher die Früchte mit haardinnen Sporen zu je acht sich entwickeln. Diese Insektenpilze beschrieben Leveille und Tulasne als Tor- rubia, Fries als Cordieeps und glaubte man sogar, dass sich die Insekten in Pflanzen verwandeln. Tulasne zeigte, dass die fadenförmigen Cordiceps- sporen in viele kurze Theilsporen zerfallen, diese in verzweigte Pilzfäden- keime, welche auf wirtelständigen Trägern lange Sporenketten treiben. Die Pilzfäden überziehen entweder die abgestorbenen Insektenkörper mit weissem Schimmelüberzug oder verflechten sich zu keulenförmigen Körpern, die früher als Isaria beschrieben wurden. Dass dieselben Epidemien ver- anlassen, ist seit 1866 von Bail, Hartig und de Bary bei Kiefereulen und Kieferspinnern nachgewiesen, ja es sollen 50—80 Procent dieser Raupen an der Isariaepidemie fallen. Bekanntlich wurden auch die Seidenraupen in SEuropa von Pilzen verheert, die todten Raupen verwandeln sich in starre harte Mumien und überziehen sich mit staubigem weissen Schimmel, wäh- rend ihr Inneres mit weissem trocknen Pilzgewebe erfüllt ist. Dieser Pilz ist seit 1835 unter dem Namen Botrytis bassiana bekannt, die Krankheit als Muscardine oder Calcine, jetzt unter den Seidenraupen verschwunden, aber bei den Kieferraupen sehr verbreitet erkannt. Die Sporen keimen auf 239 der ÖOberhaut der Raupen, ihre Keimschläuche durchbohren die Haut, dringen in die Leibeshöhle ein, schnüren hier viele walzige Fortpflanzungs- zellen ab, diesich im Blut verbreiten, keimen und ein Pilzmycelium bilden, das allmählig die ganze Leibeshöhle ausfüllt und nach 14 Tagen die Raupe tödtet, nach dem Tode die Haut durchbricht, um an deren Aussenseite die Sporen hervorzubringen. In eine andere Pilzgruppe gehört Empusa, (Myophyton Lebert, Eutomophthora Fres.), welche im Herbst die Stuben- fliegen tödtet. Dieser Pilz entwickelt sich vorzugsweise in Dipteren, tödtete nach Bail 1867 und 68 die Foreule der Kieferwälder, in Schlesien die Zwergeicade. Auch die Erdraupen der Ackersaateule, welche die Raps- felder verheert, wird in ihrem Winterlager von einem Pilze heimgesucht. Die Raupen werden träge, bewegungslos, matt schwarz, nach dem Tode weich, dann trocken und einschrumpfend, schliesslich eine schwarze stein- harte Mumie, ihr Leib ist mit einer schwarzen zunderartigen Pilzmasse er- füllt, die nur aus kugeligen Sporen besteht. Verf. nennt den Pilz Tari- chium sphaerospermum, die Krankheit schwarze Muscardine. Als erstes Stadium zeigt sich eine Schwarzfärbung des Blutes mit Auftreten von Krystallen und vielen kugeligen freischwimmenden Pilzzellen. Diese ent- stehen so, dass die auf eine unbekannte Weise in denLeib der erkranken- den Raupe eingedrungenen Fäden des Pilzes sich durch Quertheilung in zahlreiche Glieder oder Gonidien theilen, welche, anschwellend, sich von einander lösen und durch das Blut überall im Körper vertheilen. Kurz vor dem Tode wachsen nun die Gonidien in schlauchartige, rechtwinklig sich verzweigende, einzellige oder wenig gegliederte Pilze aus, an denen die schwarzen Sporen seitlich hervorsprossen; diese sind Dauersporen mit derber doppelter Haut. In feuchter Luft bedecken sich die todten Erdraupen mit einer mehlartigen Isaria, die jedoch an der Krankheit keinen Theil hat. Unter den Seidenraupen grassirt jetzt verderblich die Gattine oder Pebrine, welche durch die im Blut der Raupen entwickelten Cornalia- schen Körperchen, Leberts Panhistophyton ovale charakterisirt ist. — (Schlesischer Jahresbericht XLVII. 85—87.) P. Ascherson, über Standorte der Pilularia. — Peck fand Pilularia in einem Torfstich zn Mittelhohra bei Görlitz, Hellwig bei Som- merfeld, Verf. bei Berlin in einem Feldteiche SW. von Tempelhof am Rande des Wassers mit dem Rhizom unter dem Wasser, hier aber ist sie wieder verschwunden. Erfand sie auch in einem Sumpfloche vor Lippstadt zahl- reich mit Seirpus acieularis durchwachsen, ferner bei Dielkau in der Nieder- lausitz in einem verlassenen Torfstiche gröstentheils unter Wasser, wieder bei Sommerfeld in einem trockenen Wiesengraben reichlich fructifieirend, aber auch auf dem Grunde des Kulmer Sees. Die Pilularia globulifera ist also nicht eigentlich eine Wasserpflanze, da sie unter dem Wasser nicht fructificirt, sondern ist eine Teich- oder Uferpflanze, die zu ihrem Gedei- hen einen kühlen, im Winter und Frühjahr überschwemmten, später trock- nen Boden gebraucht. Bei lang anhaltender Ueberschwemmung fruetifieirt sie nicht, bei jahrelanger Trockniss wird sie von andern Pflanzen über wuchert und verschwindet. Die in Sardinien vorkommende Pilularia mi- 107 240 nuta verlangt dieselben Bedingungen wie unsere einheimische Art. — (Ebda. 89—91.) Buchenau, beachtenswerthe Monstrositäten. —1. Weit- gehende Spaltung der Blätter eines Rhododendron pontieum, des- sen Busch dieselbe zahlreich bietet. Das Blatt dieser Pflanze ist einfach, ganzrandig, stark lederartig, mit fiederartigen Nerven, die am Rande durch Bogen verbunden sind, oberseits dunkelgrün, unten graugrün. Die Spaltung theilt die Spitze ganz gleichmässig in der Mittelrippe wenig bis ganz auf die Basis hinab, oft aber bleibt die eine Hälfte gegen die andere zurück und bildet nur einen Seitenlappen dieser. Aber auch Dreitheilung kömmt vor, alle drei Theile völlig gleich bei Spaltung der Mittelrippe an einem Punkte, oder diese Spaliung ist eine sich wiederholende gabelige, oder drittens unten vom Blatte löst sich ein Seitenlappen ab und der obere Theil des Blattes spaltet sich in zwei gleiche Hälften. Ein anderes Blatt ist sehr tief dichotomisch getheilt, die rechte Hälfte wiederum dichotom, die linke aber trichotom. Die Blattstellung erscheint in keinem Falle die- ser Spaltungen gestört, und in der Achsel eines jeden Blattes steht stets eine einfache Achselknospe, deshalb kann in all diesen Fällen von keiner Verwachsung zweier oder dreier Blätter die Rede sein. — 2. Verwach- sung zweier Blätter bei Richardia afrieana. Ein Blatt mit auffallend breitem glatten Stiel spaltet seine Mittelrippe nahe der Mitte und beide Aeste laufen in 2 gleich lange Blattspitzen aus. Die Stellung der Blätter ergiebt hier, dass das getheilte Blatt aus zweien verschmolzen ist, — 3. Zwei getrennte Kreise von Strahlenblühten bei Bellis per- ennis, In dem mehrfachen Kranze von Strahlenblühten steht noch ein Kranz solcher mitten zwischen den gelben Röhrenblühten. — 4. Abnor- mität in den Blühten bei Papilionaceen. Mehrere Blühten von Clian- thus sinensis zeigen zwei vor einander stehende, in einander geschachtelte Schiffchen, bei übrigens normalem Bau der Blühte. Aelınliches beobachtete B. bei Robinia pseudaccacia, sogar eine Blühte mit drei in einander ge- schachtelten Schiffehen, jedes aus 2 Blättern bestehend, Fahne und Flügel normal, zwei Fruchtknoten am Grunde verwachsen. — 5. Ueberzähli- ger Organkreis bei Syringa. Die Blühte hat bekanntlich einen vier- blättrigen Kelch, eine ebensolche Blumerkrone, zweiseitlich gestellte Staub- gefässe und zwei median gestellte Carpellblätter. An Stelle der Staub- gefässe sah Verf. zwei Blumenblätter, breiteiförmig und dem Sehlunde der Blühte mit schmaler Basis aufsitzend. Vor den beiden andern Ein- schnitten der Corolle standen aber noch zwei vollkommen normale Staub- gefässe am obern Rande der Kronröhre. — 6. Vermehrung der Blüh- tenkreise bei Sedum maximum. Diese bestehen normal aus Kelch, Blumenkrone, äussern und innern Staubgefässen, Drüsenschuppen, Carpelle, in den beobachteten abnormen Blühten tritt noch ein Kreis von innern Car- pellen und bisweilen noch ein solcher dritter Cyclus. Dann erscheinen die normalen Carpellen längs der Innenseite aufgeschlitzt, an jedem der beiden Ränder sitzt ein verschrumpftes Eichen. Der zweite Kranz sitzt unmittelbar vor den normalen Carpellen und diese sind gleichfalls aufge- ‚schlitzt. Der Dritte Kranz hal kleinere Carpelle, welche in der Höhlung 241 derer des zweiten Kreises liegen. — 7. Merkwürdige Schotenmiss- bildung von Brassica, welche ausgezeichnete Fasciation zeigt. Oberhalb des breiten Stieles folgt eine deutliche Blühtenspur, die Schote ist sehr verbeitert und hat viele Klappen, deutlich zwei längere Klappen an beiden Schmalseiten und an jeder Fläche 6, erste schliessen Fruchtknotenfächer ab, die sehrreich an Samen und durch eine vollständige Scheidewand von der übrigen Frucht abgetrennt sind. Die andern Fächer haben eine voll- ständige, durchlöcherte Scheidewand. — 8. Eine Pelorie von Platan- thera montana. — 9. Bildung von Kelch und Blumenkrone bei einer Anemone ranunculoides. Diese Blühten haben zwei alternirende Kreise von je fünf Blättern, die innern nur schmäler und zarter als die äussern, sonst beide völlig gleich. — Endlich beschreibt Verf. noch Monstrositäten bei Birnen und Feigen, Durchwachsungen, bei welchen aus einer Frucht eine zweite herausgewachsen erscheint. — (Berner Naturwiss. Abhdlg. II. 469—480. Tf. 4.5.) Zioologie. A. Metzger, über dasMännchen und Weib- chen der@attungLernaeavordemEintrittdersogen.rück- schreitenden Metamorphose. — Im März 1866 fand M. an den Kiemen von Platessa flesus ausser dem Chondracanthus cornutus einen neuen, 1° langen zierlichen Copepoden und traf später denselben fast zu allen Jahreszeiten an jedem grösseren Individuum der genannten Fisch- art in grosser Menge. Beim ersten Anblick der Kiemen bemerkt man nur kleine dunkele Pünktchen und Striche, erst wenn man die ausge- schnittenen Kiemen unter Wasser bringt, und sich dadurch die einzelnen Blättchen von einander lösen, sieht man den kleinen Parasiten mit seinem freien Körperende an den Kiemenspitzen flottiren. Bei genauer Musterung der einzelnen Individuen lassen sich sofort zwei von einan- der abweichende Formen unterscheiden: eine kurze, mehr gedrungene und eine schlanke mit verlängertem Hinterleib. Es sind Geschlechts- unterschiede. Bei in Copulation befindlichen Pärchen ist die kurze Form vermittelst ihrer starken Klammerantennen am Grunde des Hin- terleibes der schlanken befestigt. Weibchen mit Eierschnüren konnte M. trotz wiederholter, bis spät in den Herbst hinein fortgesetzter Nach- suchungen niemals auffinden. Ueber die systematische Bestimmung des anscheinend zu den Dichelestiinen gehörenden Copepoden blieb er da- her vorläufig im Zweifel. Erst im April des folgenden Jahres fand er wider Erwarten dasselbe Thierchen auch an den Kiemen eines nicht sehr grossen Cyclopterus Lumpus, zugleich aber an den Kiemenbogen desselben auch vier Exemplare einer „jugendlichen Lernaea“, als wel- che sich dieselben auf den ersten Blick durch drei stielrunde, am obe- ren Theile des Rumpfes befindliche Hörner, so wie durch den bereits etwas verhornten und S-förmig verdrehten Hinterleib zu erkennen gaben. Aber diese Lernaea hat sämmtliche Merkmale des fraglichen Parasiten. Die Bildung der Antennen und Gliedmassen, die eigenthümliche feine Querstreifung des Abdomens u. s. w. ist so übereinstimmend, dass über die ‚Zusammengehörigkeit beider Formen kein Zweifel mehr bleiben kann. Da nun, die Männchen von Lernaea, so wie die der Penellinen 242 überhaupt, noch nicht bekannt sind, und man ausser den bereits gänz- lich umgeformten Weibchen nur das erste Naupliusstadium und einige sogenannte Jugendformen beschrieben findet: so wird das hier mitge- theilte Entwickelungsstadium, in welchem aller Wahrscheinlichkeit nach die Begattung vor sich geht, des Interesses nicht ganz entbehren. Männliche Form. Cephalothorax (Kopf und erster Thoracalring) länger als breit, vorn bogig zugerundet, hinten abgestutzt. Auf dem vordern Theile findet sich in der Mitte ein ziemlich grosser Augenfleck mit zwei kugelförmigen Linsen. 2., 3., 4. Thoracalsegment frei, all- mählich an Breite abnehmend, zusammen kürzer als der Cephalothorax. Genitalsegment gegen das Ende an Breite zunehmend, fast so lang wie die drei freien Thoracalringe. Schwanzstücke durch eine leichte seit- liche Einschnürung in zwei ungleiche Abtheilungen getheilt, wovon die letzte grössere zwei kleine Fortsätze (furca) trägt, die an ihrer Spitze mit je drei längeren Borsten endigen. Erstes Fühlerpaar schlank, un- deutlich gegliedert, vorn mit feinen Haaren besetzt und mit Borsten endigend. Zweites Fühlerpaar kräftig, dreigliederig; zweites Glied mit einem zahnartigen Fortsatz, gegen welchen das sichelförmig gekrümmte Endglied einschlägt. In dem beweglichen Mundkegel liegt die eylin- drische Saugröhre, welche mit einem Ringe endigt, der auf seinem ganzen Umfange mit einer zierlichen Reihe gekrümmter Zähnchen be- waffnet ist; darunter folgen noch zwei vorn (bauchwärts) offene Ringe, die je aus zwei halbkreisförmigen Bogen gebildet werden, welche hin- ten an einer zum Grundgerüst des Mundkegels herablaufenden Leiste eingelenkt scheinen. Aussen am Grunde des Kegels liegen jederseits die Taster, welche am Ende zwei längere steife und auf einer seitlichen Basalerweiterung eine kürzere Borste tragen. Erstes Paar der Maxillar- füsse dreigliederig; Basalglied gross und vorn an der Aussenseite mit einem zahnartigen Fortsatz, zweites Glied nach dem Ende zu schräg verbreitert, drittes klauenförmig, leicht gekrümmt. Das zweite und dritte Glied sind zusammen dem Bilde einer zeigenden Hand nicht gauz unähnlich. Zweites Paar der Maxillarfüsse etwas kräftiger, aus einem grossen eiförmigen Basalgliede und einem langen hakenförmigen Klauengliede bestehend. Erstes und zweites Paar der Schwimmfüsse zweiarmig, die Arme zweigliederig, letztes Glied mit langen Schwimm- borsten. Drittes und viertes Paar der Schwimmfüsse einarmig, im Uebrigen mit den beiden vorhergehenden übereinstimmend. Das ganze kaum über ®/, Linien lange Thierchen ist durchscheinend bläulichgran. Die weibliche Form unterscheidet sich von der männlichen 1) durch den Mangel des zweiten Paares der Maxillarfüsse und 2) durch den verlängerten, nur wenig ahnehmenden, cylindrischen und leicht ge- bogenen Hinterleib, an welchem Genitalsegment und Schwanzstück äus- serlich nicht zu unterscheiden sind. Die beiden Endfortsätze (furca) sind verschwindend klein und nur mit zwei oder drei kürzeren Borsten besetzt. Ausserdem zeigt die Oberfläche des ganzen Hinterleibes eine äusserst feine und regelmässige Querstreifung, in Folge deren die) Rän- der des Abdomens bei leichter Pressung durch ein Deckgläschen wie 243 gezähnelt erscheinen. Die Schwimmfüsse, das erste Paar der Maxillar- füsse der Mundkegel und die Antennen sind von denen des Männchens nicht verschieden. Während nun bei sämmtlichen männlichen Individuen, die mit weiblichen vereint gefunden wurden, das Genitalsegment ange- schwollen war und an den Stellen, wo die beiden Geschlechtsöffnungen liegen, je eine kuglige Auftreibung zeigte, war dagegen bei den Weib- chen etwas Derartiges, auf den Beginn des Generationsgeschäftes Hin- deutendes nicht zu bemerken. Selbst bei weiter fortgeschrittenen, schon in derrückschreitenden Metamorphose befindlichen Individuen, an denen der Cephalothorax und die drei freien Thoracalsegmente nicht mehr zu unterscheiden waren, die aber sämmtlich noch beide Antennenpaare, das Maxillarfusspaar und die im Basalgliede allerdings schon etwas verkürzten vier Paare Schwimmfüsse besassen, so wie noch einzelne Pigmentstellen zeigten, war eine Auftreibung des Hinterleibes durch die Geschlechtsstoffe nicht zu bemerken, Das Abdomen war nur be- deutend verlängert, stark S-förmig verdreht und zeigte selbst nech unter dem dünnen |Hornüberzuge die für die weibliche Form so charakte- ristische Querstreifung. Dennoch glaubt Verf., dass in dem oben be- schriebenen Entwickelungszustand die Begattung erfolgt, wofür ja aus- ser der so häufig beobachteten Vereinigung beider Geschlechter noch der Umstand spricht, dass man selbst an den schon in der Umformung befindlichen und noch nicht mit Eierschnüren versehenen Lernaeafor- men Männchen niemals gefunden hat. Nach erfolgter Begattung ver- lässt dann das Weibchen die Kiemenblättchen seines Wirthes und sucht dafür die Kiemenbogen desselben oder eines anderen Fisches auf. Hier erst entwickeln sich die eine dauernde Fixirung herbeiführenden Hörner, welche ähnlich wie das Haftorgan der Lernaeapoden das zweite Maxil- larfusspaar des Männchens vertreten, und die darauf nicht mehr in Funktion kommenden Gliedmassen verkümmern oder verschwinden nach und nach. Das Männchen dagegen wird einer solchen Umwandlung nicht unterliegen, denn „ihm bleibt ja nach wie vor die Aufgabe acti- ver Geschlechtsthätigkeit, vor Allem das Weibchen zur Begattung auf- zusuchen‘; es erlangt mithin die für die Familie und Gattung aufge- stellten Charaktere niemals. Ueberhaupt aber geht aus dem ÖObigen hervor, dass beide Geschlechter der hier in Frage stehenden Lernaea eine Stufe der morphologischen Ausbildung zeigen, wie sie zunächst erst bei den Dichelestiinen wiedergefunden wird und wie sie die Chon- dracanthen und Lernaeopoden schon nicht mehr erreichen, was offen- bar für die systematische Stellung der Lernaeen nicht ohne Bedeutung sein kann. — (Wiegm. Archiv XXXVII. 106—110.) Troschel, Ueber den Sexual-Unterschied bei Neosi- lurus brevidorsalis. — Kner hat bei Hinweis auf die Sexualunter- schiede bei Callichthys den Nachweis derselben bei den Fischen für wichtig erklärt, weil die Nichtbeachtung zu systematischen Irrthümern führen kann. Tr. liefert ein neues Beispiel dazu. In demselben Jahre (1867), wo Günther seine Copidogtanis brevidorsalis vom Cap York beschrieb, hatte Steindachner eine neue Gattung Neosilurus von Rock- 244 hampton gegründet, den er N. Hyrtlöi nennt, Günther erwähnt schon, dass Neosilurus Hyrtlii Steind. mit seiner Art offenbar nahe verwandt sei, und Steindachner selbst beschrieb Günther’s Copidoglanis brevidor- salis als zweite Art seiner Gattüng Neosilurus. Zwei Exemplare im Bonner Museum sind unzweifelhaft Neosilurus brevidorsalis, das eine hat wohl entwickelte Bauchflossen, wie sie von Günther und Steindach- ner beschrieben, während das andere der Bauchflossen gänzlich ent- behrt. Der Mangel der Bauchflossen ist früher als ein sehr wichtiger Charakter für die Systematik verwendet worden, namentlich um die Malacopterygii apodes von den Malacopterygii abdominales zu trennen. Dies hat auch J. Müller noch anerkannt, indem er seine Ordnung Physo- stomi in abdominales und apodes spaltete, und wir werden auch heute noch diese Unterscheidung anerkennen müssen. Dass andererseits der Mangel der Bauchflossen nicht überall als ein so wichtiger Charakter auftritt, dafür giebt es zahlreiche Beispiele unter den Teleostiern. So fehlen sie bei Stromateus den erwachsenen Individuen; sie fehlen gänz- lich der Carangiden-Gattung Paropsis, bei der Gattung Xiphias, ferner bei Aphanopus aus der Familie Trichiuridae. Alle diese Beispiele fallen in die Cuvier’sche Familie der Scombroiden. Dann sind Gattungen ohne Bauchflossen: Oxuderces, woraus Günther eine eigene Familie bildet, Ceratias unter den Pediculaten, Cebidichthys, Dietyosoma, Ne- mophis unter den Blennioiden, eine Familie, die ohnehin durch Ver- kiimmerung der Ventralen ausgezeichnet ist, Comephorus, woraus Gün- ther eine besondere Familie macht, Channa aus der Familie Ophioee- phalidae, Rhynchobdella und Mastacembelus, welche die Familie Masta- cembelidae bilden. — Unter den Müller’schen Anacanthini fehlen die Bauchflossen bei Gymnelis und Uronectes aus der Familie Lycodidae, bei Fierasfer, Encheliophis, Ammodytes und Bleekeria aus der Familie Ophidiidae. — Unter den Physostomi abdominales fehlen die Bauch- flossen: in der Familie der Siluroiden den Gattungen Astroblepus und Eremophilus, in der Familie Gymnarchidae bei der einzigen Gattung Gymnarchus, in der Familie Cyprinodontidae bei Tellia und Orestias, in der Famiiie Heteropygü fehlen sie bei Amblyopsis zuweilen, bei Cho- logaster immer, in der Familie Cyprinidae bei Apua, in der Familie Notopteridae fehlen sie bei Notopterus oder sind rudimentär. In allen diesen Fällen, mit Ausnahme von Amblyopsis, ist das Fehlen der Bauch- flossen als generischer Charakter benutzt worden. Notopterus fällt nicht ins Gewicht, da die Bauchflossen hier überhaupt rudimentär sind, Die beiden Exemplare unseres Neosilurus brevidorsalis stimmen so völlig überein, dass an eine specifische oder gar generische Trennung nicht zu denken ist, vielmehr handelt es sich hier um einen Sexualunterschied, das Exemplar mit Bauchflossen ist ein Männchen, das ohne Bauchflos- sen ein Weibchen. Die Oeffnung beider Exemplare liess leider nicht mit Sicherheit das Geschlecht erkennen, da die Geschlechtsorgane sehr wenig entwickelt sind. Bei dem Exemplare ohne Bauchflossen war je- doch der Bauch dicker, mehr gerundet als bei dem Exemplar mit Bauch- flossen, Hinter dem After haben beide eine kleine Papille. Die von / 245 Cuvier Valeneiennes XV. p. 415 beschriebenen verästelten Anhänge hinter der Geschlechtsöffnung sind bei beiden Exemplaren nicht vor- handen. Von sonstigen Unterschieden zwischen beiden Exemplaren lässt sich nur angeben, dass die Bartfäden bei dem muthmasslichen Männchen etwas länger sind als bei dem Weibchen. Der Nasalfaden reicht bei erstem bis hinter die Rückenflosse, beim Weibchen bis zum Anfang der Rückenflosse; der Maxillarfaden reicht beim Männchen bis gegen das Ende der Brustflosse, beim Weibchen bis zur Mitte der Brustflosse; der äussere Faden des Unterkiefers reicht beim Männchen über die Brustflosse hinaus, beim Weibchen bis über die Mitte der Brustflosse; der innere Faden des Unterkiefers reicht bis gegen das Ende der Brustflosse, beim Weibchen bis über die Mitte der Brustflosse. Uebrigens mag wohl die Länge der Fäden einigen individuellen Schwan- kungen unterworfen sein. Der Stachel der Dorsale ist beim Männchen am Vorderrande deutlich gezähnt, mit fünf Zähnen, beim Weibchen glatt, nur mit zwei sehr schwacheu wenig bemerklichen Zähnen ver- sehen. Ganz ähnlich verhalten sich die Stacheln der Brustflossen. — Die Gattung Neosilurus verdient Anerkennung. Günther zerlegt in Ca- talogue of the Fishes in the British Museum die Gattnng Plotosus La- cep. in die Genera Plotosus, Copidoglanis und Cnidoglanis. Bei ihnen beginnt die lange zweite Rückenflosse nicht fern von der ersten und besteht von Anfang an aus deutlichen Strahlen, bei Neosilurus dagegen ist die vordere Hälfte der zweiten Rückenflosse durch eine Fettwulst ersetzt, an der sich keine deutlichen Strahlen erkennen lassen, so dass der eigentliche Strahlentheil derselben viel kürzer ist, Darauf bezieht sich der von Günther gewählte Name der Art brevidorsalis. Die Gruppe Plotosina zerfällt demnach in vier Genera{ I. Rückenflosse in ganzer Länge strahlig. 1. Gatt. Plotosus Gthr. Kiemenhäute ganz getrennt und frei vom Isthmus, Kopf deprimirt. 2. Gatt. Copidoglanis Gthr. Kiemenhäute vorn vereinigt, frei vom Isthmus, Kopf etwas comprimirt. 3. Gatt. Cnidoglanis Gthr. Kiemenhäute an den Isthmus angeheftet. ll. Rückenflosse nur in der hintern Hälfte strahlig. 4. Gatt. Neosi- lurus Steind. Der Mangel der Bauchflossen im weiblichen Geschlecht verleiht der Gattung Neosilurus einen erhöhten Werth, — (Wieym. Archv XXXVII, 276—280.) Gredler, Vinz. Mar. Rhynchota Tirolensia 1. Wanzen. — Aus dem Verzeichnisse der in Tirol beobachteten Wanzen führen wir nur die interessante Notiz über die Bettwanze an, a. dass dieselbe Anfangs Mai in grösserer Zahl in Hasslach bei Botzen im Freien mit dem Streifnetze eingefangen ward, b. dass nach der Chronik eines Klosters im Jahre 1632 das Getäfel aus vielen Zellen entfernt worden sei, weil es „nidus eimicum‘“ gewesen. Beide Notizen dürften mit der Ansicht, dass die Bettwanze in England erst 1670 aus Ostindien oder Amerika importirt worden sei, nicht im Einklange stehen. (Wien. zool. bot. Verh. XX p. 69—108.) Fieber, 6. X., Dodecas neuer Gattungen und neuer Ar- ten europäischer Hemiptera. — Wir können nur kurze Notizen 246 geben und müssen auf die Arbeit selbst verweisen: Aphleps n. g. der Reduvidae mit A. dimidiata aus Griechenland. Piezoscelis n. g. der Lycaeodae, bei Pterotmetus einzuschalten; mit P. antennata Sign. aus Spanien, dem südl. Frankreich, Syrien. Stethotropis n, g. aus dersel- ben Familie, zwischen Stygnus und Acompus einzureihen, mit St. in- cana Dougl. aus England. Thaumnastopus n. g. derselben Familie mit T. flavipes aus Sarepta. Gymophyes n. g. neben Artheneis, mit G. ochroleuca aus Griechenland. Perideris n.g. bei Allodapus mit P. mar- ginata aus Griechenland. Zygimus n. g. bei Lygus und Poeeilosceytus mit Z. nigriceps aus Schweden. Plagiorhamma n.g. hinter Aetorhinus einzuschieben, mit P. suturalis Hs. aus Ungarn. Platycranus n. g. bei Hypsitylus, mit P. Erberi aus Montenegro und Dalmatien. Myrmeco- phyes n. 8. bei Lobops, mit M. Oschannini aus Russland. Liops n.g. bei Criocoris, mit L. puncticollis aus Spanien. Stenoparia n. g. bei Oncotylus und Conostethus, mit St. Putoni aus Spanien. — Zwölf neue Arten: Notochilus limbatus aus Frankreich, Chorosoma punctipes, Meck- lenburg, Conometopus prasinus, Sarepta, Calocoris Hedenborgi, Bospho- rus, C. collaris, Griechenland, C. Beckeri, Sarepta, C. Lethierryi, Dpt. du Nord, Phytocoris Nowickyi, Galizie, Maltienus puneticollis, Montene- gro, Agalliastes alutacea, Spanien, Macrotylus lutescens, Spanien, Bra- chynema triguttata, Andalusien. (Edda p. 243—264. Taf. V. VI.) Graber, V., faunistische Studien in der syrmischen Bucht 1. Orthopteren. — Nachdem Verf. die betreffende Lokalität kurz geschildert, die geographische Verbreitung, den Arten- uud Indivi- duenreichthum besprochen, geht er zur Aufzählung der syrmischen Or- thopteren über, welche enthält: Forficula aurieularia und minor, Peripla- neta orientalis, Ectobia lapponica, livida, Aphlebia punctata, Mantis religiosa, 6 Gryllodra : Gryllotalpa vulgaris, Oecanthus pellucens, Gryllus campestris, domesticus, melas Charp., eapensis. 17 Locustina : Orpha- nia denticauda Chp. Ephippigera vitium Serv, Odontura serricauda, albo- vittata Koll, Roscii Fieb., Phaneroptera falcata, Xyphidium fuseum, dor- sale Chp., Locusta viridissima, caudata, Platycleis grisea, bicolor, brevi- pennis, Dectieus verrucivorus, Thamnotrigon austriacus Türk, einereus, gracillis Burm. 24 Acridiodea: Truxalis nasuta, Stenobothrus deeclivus, elegans, dorsatus, pratorum, lineatus, nigromaeculatus, haemorrhoidalis, rufipes, vagans, variabilis, ’petraeus, Gomphocerus rufus, erst Anfangs August reif; Stauronotus annulipes, Epacromia thalassina, Pezotetlix men- dax, geht erst nach der vorletzten oder letzten Häutung vom Grase auf Haselsträucher über; Platyphyma Giornae, Caloptenus italieus, Pachytylus migratorius, Acrid,. tartaricum, Oedipoda coerulescens, insubrica, Tettix subulata, bipunctata. — (Ebda p. 367 — 380.) Rnpertsberger, bilogischeBeobachtungen; Coleopteren. —: Verf. beschreibt Larve und Puppe von Corymbites einetus Pz, in einem grossen Schwamme eines Kirschbaumes, Coeliodes fuliginosus Marsh,, ein sporadisch auftretender Wurzelschädiger an Papaver somniferum, Ceu- torhynehus Robertii Schh. auf Raphanus raphanistrum, Chrysomela va- rians auf Hypericum perforatum. — (Ebda p. 835 — 842.) 247 Rogenhofer, über Synonymie und frühere Stände von Earias insulana B. und Beschreibung einer neuen Art. — Jene der Baumwollenpflanze schädliche Art ist in Färbung des Thorax und der Vorderflügel sehr veränderlich und durchläuft alle Abstufungen vom blassen Weissgelb bis satt ockergelb unterseits und vom zartesten Grün- lichgelb bis zum schönsten Grasgrün andrerseits. Hieraus ergeben sich folgende Namen: a Alis antic. et thorace viridibus aut prasinis, costa an- gusta flavida: Tortrix insulana B. — Earias smaragdina Zell — Chlo&- ophora insulana B. — Earias? frondosana Walk = E. siliquana Staint. = E, gossypii? Fraunf. b. Alis ant. et thorace flavido-viridibus: Chlorion Ramb. c. Alis ant. et. thor. fulvis: Earias fulvidana Wallg. Die Raupe und Puppe wird ausführlich beschrieben. — Earias Hügeli n. sp. Capite, thorace, abdomine, margine anteriore et interiore alarum anteriorum albi- dis, medio viridibus, alis posterioribus albis nitidis, margine grisescente; Indien , Neuholland. — (Ebda 869 — 874.) Mayr, G., Neue Formiciden. — Camponotus Novae-Hollandiae, Arbeiter vom Cap York, C. vieinus, Arbeiter aus Connecticut, Virginien, Neumexico, Californien , Colobopsis angustata Q aus Singapore, Ü. ocea- nica @ von den Fidji- Inseln, carinata Soldat ebend., nigrifros Q, Freund- schaftsinseln, rufifrons Sm Q, Soldat, Arbeiter von den Inseln des stillen Oceans.: Polyrhachis australis, Arbeiter von Port. Mackay, P. indica, Ar- beiter von Pontichersy, P. quadrieuspus, Arbeiter von Neu -Süd- Wales; Prenolepis parvula alle 3 Formen von New-York, Lasius claviger Rog. Arbeiter und Männchen aus Connecticut und New-York, Polyergus lucidus, alle 3 Formen aus Connecticut. Hypoclina plagiata, Arbeiter von Illinois, Liometopum apiculatum, Arbeiter aus Mexiko, Anochetus Graeffei, Ar- beiter von der Insel Upolu, Platythyrea inconspieua 2 von Ceylon. P. pruinosa Arbeiter aus Mexiko, Ectatomma muticum, Arbeiter aus Brasi- lien, Gnaptogenys concentrica, Arbeiter aus Mexiko, G. regularis, Arbeiter und W. aus Mexiko, G. lineata, Arbeiter vom Amazonenstrome, Lobopetta chinensis, Arbeiter aus China, L. Kitteli, Arbeiter aus den Mimalayn, L. mexicana Arbeiter aus Mexiko. Cylindromyrmex n. g. striatus Q@ aus Su- rinam, Myrmecia auriventris, Arbeiter von Prt. Mackay, Cheliomyrmex n. gen. Nortoni, Arbeiter aus Mexiko, Eeiton californieum, Arbeiter von San Francisco, Tetramorium pacificum, Arbeiter und @ von den Freund- schaftsinseln, T. tonganum, Arbeiter ebd., T. lanuginosum Arbeiter von Batavia, Pheidole sexspinosa, Soldat, Arbeiter von den Ellice-Inseln, P. umbonata, Soldat von den Tonga-Inseln, P. oceanica, Arbeiter, Tonga- tabu und Upolu, P. inermis Soldat und Arbeiter aus Mexiko, P. fallax Soldat von Cuba, impressa, Soldat aus Brasilien, P. Bilimeki, Soldat und Q von Mexiko, P. ursus, Soldat und Arbeiter ebend., P. californica, Sol- dat und Arbeiter aus San Francisco, P. striaticeps, Soldat und Arbeiter ebd., P. picea desgl. aus Mexiko, P. bicarinata, Soldat von Illinois, Cre- mastogaster opaca, Arbeiter aus Mexiko, C. coarctata, Arbeiter aus Ca- lifornien, C. laeviuscula, Arbeiter von Fort Cobb, C. dara ebenso, C. Su- michrasti, Arbeiter von Mexiko, C. formosa, Arbeiter von Mexiko, C. corvina desgl., C. atra desgl., C, vietima Sm @ von la Guavia, C. minu- n 248 tissima, Arbeiter und Q aus Texas. Ausser den Diagnosen von den n. gen. und n. sp. werden noch eine Partie Bestimmungstabellen für arten- reichere Gattungen und sonstige Bemerkungen gegeben, die alle in der Arbeit selbst nachgesehen werden müssen. - (Ebda p. 939 — 996.) J. Jachno, die Fluss- und Land-Conchylien Galiziens. — Nachdem Verf. eine allgemeine geognostische Skizze einiger wichtige- ven Localitäten vorausgeschickt hat, zählt er die ven ihm und seinen Freunden aufgefundenen Arten unter 139 Nummeru auf; von diesen kom- men 113 auf die Gasteropoda pulmonifera inoperculata, nur eine (Acme polita) auf die operculata, auf die Gast. prosobranchiata 15 Arten und 10 auf die Mollusca acephala. — (Ebda p. 45 — 58.) Bened. Dybowski, ein Beitrag zur Kenntniss der Was- sermolche Sibiriens. — Veıif. stellt eine neue Galtg. Salamandrella auf, ausgezeichnet durch folgende Merkmale: Gaumenzähne auf einer \- förmigen wulstigen Erhabenheit in einer einfachen Reihe geordnet. Vor- der- und Hinterbeine 4zehig; Schwanz an der Basis cylindrisch, seitlich zusammengedrückt. Parotiden deutlich. Zunge ganzrandig, aufgewach- sen. S. Keyserlingi n. sp. 11 Bauchfalten, 12 Rippenfalten und eine recht tiefe Kiemen- oder Kehlfalte. Schwanz kürzer als der Körper, bei Erwachsenen 4, der Körperlänge. Oberkopf und Rücken bronzefarbig, metallisch goldig irisirend ; Seiten des Kopfes, Leibes, Schwanzes, sowie die äussere Fläche der Beine schwärzlich marmorirt, auf einen mehr we- niger schmutzig hell-bräunlichem Grunde. Unterseite schmutzig gelblich, Bauclı und Schwanz aschfarbig gewölkt; 7/5, —?/,, zusammen 44 Gaumen- zähne. Die 5 Stück variiren in der Körperlänge zwischen 26 — 126 mill. und in denselben Verhältnissen in den Massen einzelne Theile, die sehr sorgfältig für 27 Verhältnisse angegeben sind. Auf den moorigen Ufer- wiesen der Ku:tuschnaja- und Pachabicha- Thälern häufig. Die Art wird verglichen mit Ranodonv sibiricus Kessler und mit R. Kessleri Ballion. — (Ebda 237 — 242. Taf. VII.) Klunzinger, eine zoologischeExcursion auf einKorall- riff des rothen Meeres. — Wir können hier nur auf diese Arbeit hinweisen, die sich in einem Auszuge nicht wiedergeben lässt. Verf. schildert von aussen nach innen gehend, die verschiedenen zoologisch und botanisch begründeten Zonen und zählt die reichen Schätze an See- thieren auf, welche eine jede derselben mehr weniger charakterisiren. — (Ebda p. 389 — 394.) A. Friedlowsky, über eine missgebildete Affenhand. — Verf. beschreibt mit der grössten Ausführlichkeit die verkrüppelte Hand eines Macacus cynomolgus, welcher einen ziemlich normal gebildeten Dau- men, dagegen nur noch 3 Finger hat. — (Ebda 1017—1026. Taf. XV.) Derselbe, über gelappte Gallenblase bei einerKatze und einem Hunde. — Verf. beschreibt die normale und sodann die ab- norme Bildung und stellt sie bildlich dar. In der Kürze lässt sich keine genaue Vorstellung davon geben, darum zielen wir es vor, auf die Arbeit selbst zu verweisen. — (Ebda 1027—1032. Taf. XV.) 1871. Correspondenzblatt III. des Naturwissenschaftlichen Vereines für die ‚Provinz Sachsen und Thüringen Halle. Sitzung am 1. März. Anwesend 12 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Monatsbericht der k. pr. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, De- cember 1870. Berlin 1870. 8°. 2. Verhandlungen des naturhistor. Vereins zu Anhalt in Dessau. Neun- undzwanzigster Bericht. Dessau 1870. 8°, Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr Paul Winkelmann, Architekt hier durch die Herren: Potzelt, Giebel, Taschenberg,. Herr Bergraih Bischof legt ein mit gediegen Kupfer reich durch- setztes Knochenstück aus Bolivia vor, von welchem andere Stücke nach An-- gabe des Einsenders nach London gelangt und dort als Rippenstücke eines zwischen Lama und Kameel stehenden Thieres bestimmt worden seien. Gegen Rippen spricht indessen die sehr diekdreikantige Form des Frag- ments und die grosse innere Höhle; grösser ist die Aehnlichkeit mit dem Flossenstachel der Haifische, doch ist das Fragment überhaupt zu unvoll- kommen, um eine sichere Bestimmung zu ermöglichen, auch das Alter der Lagerstätte unbekannt. Herr Knauth theilt aus einer französ. Zeitung die Entdeckung eines lebenden Pterodactylus im Lias bei den Arbeiten des Eisenbahntunnels zwischen Nancy und St. Dizier mit. Obwohl einzelne Notizen in dieser Nachricht eine, wenn auch nur geringe Sachkenntniss des Verfassers ver- rathen: so erregt doch die ganze Nachricht vielmehr den Verdacht einer absichtlichen Mystifikation als den grober Unwissenheit. Sitzung am 8. März. Anwesend 11 Mitglieder. Eingegangene Schriften: _ 1. Burmeister Annales del Museo publico de Buenos Aires VII. Bur- nos Aires 1870. 4°, 250 2, Die Fortschritte der Physik im Jahre 1867. XII. Berlin 1870. 8°, 3. Klein, das Gewitter und die dasselbe begleitenden Erscheinungen. Graz 1870. 8°. 4. Ewald, Notizblatt des Vereins für Erdkunde II. Folge. IX, Heft. Darmstadt 1870. 8°. 5. Stadelmann, Zeitschrift des landwirthschaftl. Vereins’der Prov. Sach- sen XXVIIl. 3. Halle 1871. 8°. 6. Falb, Sirius, Zeitschrift für populäre Astronomie VI. Graz 1871. 8. Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr Dr. Holzmüller in Magdeburg durch die Herren: Giebel, Taschenberg, Knauth. Herr Prof. Giebel erläutert an den eben eingesendeten Abbildungen von Glyptodon tubereulatus den höchst eigenthümlichen und absonderlichen Knochenbau dieses vorweltlichen Gürtelthieres und findet denselben in eben- so hohem Grade von den lebenden Gürtelthieren abweichend, wie die Me- gatherien von den lebenden Faulthieren, ja in jenen Abweichungen ent- schiedene Annäherungen an die Megatherien. Seiner Ansicht nach recht- fertigen diese Riesengürtelthiere die Aufstellung einer eigenen Familie vollkommen, welehe er unter dem Namen Dinochlamideae in das System der Edendaten zwischen Gravigrada und Fodientia einzureihen vorschlägt. Der sehr kurze massive Schädel mit umrandeten Augenhöhlen und gewal- tigem absteigenden Fortsatze am Jochbogen, die völlige Verschmelzung der Wirbel in allen Gegenden der Wirbelsäule und des Kreuzbeines mit dem Becken, der gewaltige, wahrscheinlich als Bohrapparat dienende Stemmschwanz, die sich berührenden Sternocostalien, der eigenthümliche Bau der Gliedmassen und des Panzers charakterisiren die Familie hinläng- lich und auffallend. Weiter macht derselbe noch auf eine neue Abhandlung von Metz- ger aufmerksam, welche die wirbellosen Meeresthiere der ostfriesischen Küste zusammenstellt, und giebt einzelne allgemeine und specielle Beob- achtungen aus derselben. Es ist dies die erste vollständige Fauna der niedern Thiere unserer Küste (S. Bd. 36.) Schliesslich referirt Herr Albrecht Emmerling’s und Englers syn- thetische Darstellung des Indigblaus (S. S. 71.) Sitzung am 15. März. Anwesend 9 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Monatsbericht der k. preuss. Akademie der Wissenschaften. Januar 1871. Berlin 1871. 8°. 2. Garcke, Dr., Linnaea, Journal für die Botanik. Neue Folge II, 4—6 Berlin 1870. 8°. 3. Memoires d. l. Soc. de physique et d’histoire naturelle de Geneve XX, 2. Geneve 1870. 4°. 251 Als neues Mitglied wird proklamirt: Herr Dr. Holzmüller in Magdeburg. Der Verein hat durch den Tod eines seiner ältesten Mitglieder verlo- ren: am 14. h. starb Dr. August Wiegand, technischer Director an der Iduna. Die Versammlung stellt fest, mit heute die Sitzungen des Winterse- mesters zu beschliessen und die des neuen Semesters am Mittwoch den 26. April zu beginnen, in der frohen Erwartung, dass bis zu diesem Tage die befreundeten Sieger vor Paris in die Heimat zurückgekehrt sein werden. Herr Prof. Taschenberg bespricht die Lebensweise der Chrysoclista aurifrontella Hb. soweit sie ihm bekannt geworden. Herr Lehrer Ebeling hatte nämlich aus Magdeburg vor einigen Wochen Zweige des Rothdorns (Crataegus oxyacantha flore rubro) eingesandt, welche von einer Schmetter- lingspuppe bewohnt waren, Einen bis 11/, Zoll über der Stelle, von wel- cher Seitenzweige ausgehen, zeigte sich nämlich ein knopflochartiges Schlupfloch, mit etwas vernarbten gratartigen Rändern; von diesem führt ein völlig leerer, schwarzer Gang durch die Achse des Zweiges bis zu der Stelle der Nebenzweige und hier ruht im Grunde des Ganges das dunkle Püppchen aufrecht in einem glasartigen durchsichtigen Gespinnste. Eines dieser war in der warmen Stube ausgeschlüpft und hatte das oben ge- nannte Mottchen geliefert. Der glänzend schwarze, durch einen gelben Kopf ausgezeichnete Schmetterling nebst einem Gange seiner Larve wurde vorgelegt, weitere Aufschlüsse über seine Lebensweise konnten aber nicht beigebracht werden. Herr Bergrath Bischof legt Sandstein mit gediegenem Silber und gediegenes Kupfer aus den Bergwerken Corocora in Bolivia (in der Nähe des Titicaca-Sees) vor. Die nach dem Meere zu einfallenden Zechstein- schichten, welche. diesen Sandstein enthalten, nennt man \elas, die ent- gegengesetzt nach dem Lande einfallenden Ramas. Querspalten darin (Charqui) enthalten das gediegene Kupfer bis zu 12° Mächtigkeit,. Man zerschneidet es mit Sägen sofort zu Handelswaare. Den Sandstein pocht und schlämmt man, und das dabei gewonnene Silber wird in den Flamm- öfen bei Feuerung und Lamadünger geschmolzen und so ebenfalls in den Handel gebracht. Herr Geh. Rath Credner legt verschiedene interessante Vorkomin- nisse aus dem Porphyr unserer Umgegend vor. In einem Steinbruch bei Wettin, an der Liebecke finden sich im festen, säulenförmig abgesonderten Porphyr Nester eines porösen, des schlackigen Porphyrs Veltheim’s. In den Hohlräumen dieser Nester kommt Manganerz vor, und legt sich in Form kleinerer Kugeln an die Wände jener an. Die äussere Schicht die- ser Kugeln besteht aus Manganit von prismatisch -stängeliger Struktur, auf ilın folgt eine Schicht von Xylomelan, also harten Braunsteins, nach jenem folgt Hausmannit und Umbra füllt den Hohlraum des Kugelker- nes aus, 2, In einem Steinbruche des jüngeren Porphyr bei Cröllwitz füllen 252 2—6 Zoll breite Adern von Schieferthon des Rothliegenden durchgehende Klüfte aus. An der Grenze dieser Klüfte tritt Kalkspath auf und bei einer Kluft an diesem in der Mächtigkeit von eirca 1/, Zoll oder in den- selben strahlenartig eindringend, lauchgrüner Epidot. 3. Bei Cröllwitz, Wettin, am Petersberge findet sich im Porphyr Albit und daneben ein rauchtopasartiger Quarz von ganz anderer Be- schaffenheit als der dem Porphyr angehörige (Quarz. 4. Wurden freie Feldspathkrystalle vorgelegt, welche in der Acker- rinde bei Neutz (Wettin) von grösster Mannigfaltigkeit der Form darunter vorzüglich auch dreierlei Zwillingskrystalle sich finden. Druckfehler. S. 104. Z. 8. v. u. lies verkittet statt verkettet. » 109. 2.9. v.u „ Meere statt Marke. „ 112. 2.8 v.0o ,„ Zufuhr statt Gefahr. „ 117. 2.6. v.u. „ Findlinge statt Fremdlinge, Gebauer - Schwetschke’sche Buchdruckerei in Halle. Ueber die systematische Stellung der Gattung Polymera Wied, Taf. V. von Dr. H. Loew in Guben. Die ausgezeichnete Monographie des Baron v. Osten- Sacken über die mit kurzen Tastern versehenen Tipulidae Nordamerikas, welche den 4. Band der von der Smithsonian Institution in Washington herausgegebenen Monographs of North America bildet, behandelt die Systematik nicht nur der nordamerikanischen,, sondern der Arten aller Welttheile in so umfassender und gründlicher Weise, dass sie für jeden weiteren Fortschritt in der Systematik dieser Gruppe die feste Grundlage bildet. Besonders dankenswerth ist es, dass der Autor, soviel als irgend möglich den von früheren Schriftstel- lern errichteten Gattungen die ihnen in seiner systematischen Anordnung zukommende Stelle angewiesen hat. Dass ihm dies in einzelnen Fällen nicht möglich gewesen ist, erklärt sich leicht daraus, dass er die Wichtigkeit, welche gewisse pla- stische Merkmale für die Systematik dieser Dipteren - Gruppe haben, zuerst erkannt hat, während den früheren Autoren die Bedeutsamkeit dieser Merkmale entgangen ist und die Merk- male selbst von ihnen in vielen Fällen unbeachtet, oder doch unerwähnt geblieben sind, so dass sich ohne Autopsie der beschriebenen Arten über die systematische Stellung der auf sie begründeten Gattungen durchaus kein bestimmtes Urtheil gewinnen lässt. In der grossen Vollendung des systematischen Theils der v. Osten-Sacken’schen Monographie liegt für alle diejenigen, welche über Gattungen, deren Stellung noch unermittelt geblieben ist, eine brauchbare Auskunft geben ‚ können, die stärkste Aufforderung damit nicht zurückzuhalten. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 18 254 Zu diesen Gattungen gehört unter anderem die von Wie- demann errichtete interessante Gattung Polymera. — Baron v. Osten-Sacken vermuthet (cf. pag. 260 und 336), dass dieselbe der Gruppe seiner Amalopina beizuzählen sein möge; meine Ansicht, welche ich im Nachfolgenden rechtfertigen werde, geht dahin, dass sie in der Gruppe der Limnophilina ihre rechte Stelle hat. Zunächst möge das, was bisher über die Gattung Poly- mera und ihre Arten bekannt geworden ist, nach der Zeitfolge der Publication hier Platz finden. Ich beginne mit Wiedemann. Er errichtete die Gat- tung Polymera in den Dipt. exot. pag. 40 auf Chironomus hir- ticornis Fabr. aus Brasilien, von dem ihm das von Fabricius beschriebene männliche Exemplar vorlag; er characterisirt die- selbe a. a. O. in folgender Weise: Antennae 28-articulatae: articulus primus globosus, secun- dus cylindricus elongatus, basis articulorum sequentium multo breviorum pilis verticillatis. Pedes longissimi. Habitus Lim- nobiae. Diese Angaben begleitet er mit einer etwas rohen Flügelab- bildung, welche gar leicht zu Irrthümern verleiten könnte, wenn er nicht (Dipt. exot. pag. 44) unter Polymera fusca selbst bemerkie, dass die Hülfsader und die auf dem Vorderaste der zweiten Längsader stehende Marginalquerader in derselben nur durch ein Versehen ausgelassen seien. Aus der gleich darauf folgenden Beschreibung der Poly- ımera hirticornis ist als eine für die Beurtheilung der syste- matischen Stellung von Polyınera wichtige Angabe nur die, dass die Schienen dieser Art gespornt seien, herauszuheben. Demnächst beschrieb Wiedemann (Dipt. exot. pag. 44) das Weibchen einer zweiten brasilischen Art als Polymera fusca. Die Beschreibung lautet: Polymera fusca. — Fusca, alis flavido-limbidis, tarsis apice albis. Loncit. lin. 3. fem. — Brasilia. — Specimen nostrum mutilatum quidem et corruptum, pedibus, (sinistro antico et parte medii exceptis) carens; alis vero et anten- nis integerrimum, ut de genere nullum sit dubium. Color ubique fuscus; tarsi apex albus; an in omnibus pedibus ? 255 Numerus articulorum ex antennis siccatis aegre enucleandus, at minor certe quam in maribus. — In seinen Aussereurop, Zweifl. I. S. 57 und 58 wiederholt Wiedmann lediglich das bereits in den Dipt. exot, Gegebene in deutscher Sprache; etwas Neues oder Abweichendes ist hier nicht beigebracht. Ein dem Senkenberg’schen Museum in Frankfurt a. M. gehöriges, besser erhaltenes Weibchen der Polymera fusca, welches Wiedemann später zur Untersu- chung zuging, hat ihn veranlasst, in den Nachträgen desselben Bandes nochmals auf Polymera zurückzukommen, er sagt auf Seite 554: An einem besser erhaltenen Exemplare des Frankfurter Mu- seums, welches mit Gem meinigen ganz übereinstimmt, sind die Fühlerglieder überall fein und lang behaart. Vierzehn Glieder sind deutlich zu erkennen; das letzte scheint drei- mal so lang als die vorhergehenden, besteht aber vielleicht aus mehreren, deren Theilung nur nicht deutlich in die Augen fallen mag. Der Unterschied im Flügeladernverlauf ist durch die Abbildung deutlich. — Siehe Taf. VI. b Fig. 3. ein Fühler, Fig. 4. ein Flügel. Ausser bei Wiedemann findet sich nur noch beiMacquart eine Mittheilung über Polymera; sie ist in den Dipteres exo- tiques II. 1. enthalten, wo er auf S. 64 die Gattung Polymera in folgender Weise characterisirt : Tete transversale. Museau tres-court ou nul. Trompe peu distincte. Palpes & articles d’egale longueur; le quatrieme menu, pointu. Antennes plus longues que le corps, verti- eillees, de vingt-huit articles; premier court, epais, pres- que globuleux; deuxieme cyathiforme, troisieme allonge, trois fois aussi long que la tete, cylindrique, velu dans toute sa longeur; tous les autres au moins de la longeur de la !&te, renfles et velus a leur base, tres- menus et nus ensuite; les derniers presque sans renflement. Prothorax non distinet. Abdomen 7 deprime. Organe copulateur ac- compagne de deux pinces alongees. Pieds fort menus; jam- bes armees d’ergots (Wied); tarses plus longs que les jambes. Ailes a nervures velues; point de cellule discoidale; eingq posterieures, 1 256 Dann lässt Macquart die Beschreibung eines auf Tab. VIII abgebildeten Polyınera - Männchens folgen; sie lautet: Polymera obsecura, P. fusca Wied. — Long. 3 lin. 4. — D’un brun grisätre: base des articles noire; le reste jaune. Pieds fauves; cuisses et jambes a extremite noire; tarses posterieurs blanes; les autres jaunes. Ailes d’un gris jau- nätre; base des nervures brunätre; interno -mediaire bordee de brunätre. — Du Bresil. — Sylveira. — Museum. Wiedemann a decrit la femelle d’apres un individu altere. Il n’a pas fait mentions des taches des ailes. — Dass Macquart sich in der Ueberzeugung befunden hat, das Männchen der Polyınera fusca Wied. vor sich zu haben, geht aus dem Schluss seiner Angaben mit Sicherheit hervor; daraus ergiebt sich aber mit Bestimmtheit, dass die doppelte latei- nische Benennung der Art aus einem blossen Druck- oder Schreibfehler, obscura statt obscure entstanden ist. Da die Identität der von Macquart beschriebenen Art mit Polymera fusca nun indessen keineswegs unzweifelhaft zu sein scheint, so will ich mir doch gestatten hier für dieselbe den Namen Polymera obscura zu gebrauchen. Von dieser Polymera obscura habe ich durch die Gefäl- ligkeit des Baron v. Röder ein seiner Sammlung angehöriges Männchen aus Uruguay zur Untersuchung vor mir. Es stimmt mit Macquart’s Beschreibung und Abbildung so weit über- ein, dass an der zuverlässigen Richtigkeit der Bestimmung zu zweifeln gar kein Grund vorhanden ist. Das Exemplar ist bis auf das Fehlen der Hinterbeine und der Spitze des Hinterleibs gut erhalten, so dass ich nach demselben die Macquart’- schen Angaben zum grössten Theile controlliren und, da sie leider dessen sehr bedürfen, auch berichtigen kann. Zuerst ist Macquart’s unrichtige Angabe über den Bau der Fühler zu berichtigen; er beschreibt sie als 20 - gliedrig, während sie in der Wirklichkeit nur 16 Glieder haben, die beiden ersten Glieder bilden wie gewöhnlich den Fühlerschaft, dessen Grundglied erheblich dicker ist als sein kleines End- glied; das sehr verlängerte, linienförmige erste Glied der Füh- lergeisel ist, mit alleiniger Ausnahme seines äussersten, etwas dünner werdenden und zugleich heller gefärbten Endes, durch- weg von gleichmässiger Stärke und seiner ganzen Länge nach 257 ringsum von steifen, gerade abstehenden, langen Haaren be- setzt; die darauf folgenden Geiselglieder sind noch nicht voll- kommen halb so lang wie das erste; die Gestalt derselben kann zwar eine im Allgemeinen linienförmige genannt werden, doch zeigt jedes einzelne Glied zwei aufeinander folgende, ganz deutliche, wenn auch nicht starke Anschwellungen, deren jede mit einem besonderen Wirtel sehr langer, steifer, gerade ab- stehender Haare besetzt ist, ausserdem findet sich auf der Unterseite der Geiselglieder bis zur Fühlermitte ziemlich lange, sonst aber nur sparsame kurze Behaarung und jedes derselben ist an seiner äussersten Basis, sowie mit Ausnahme des letzten nach seiner äussersten Spitze hin merklich zugespizt und zugleich heller gefärbt, gegen das Ende der Fühler hin werden die beiden Verdickungen der einzelnen Glieder allmä- lig schwächer, zuletzt ziemlich undeutlich; die Länge der Glieder nimmt gegen die Fühlerspitze hin nur sehr allmählig etwas ab. Zweitens muss der Angabe, dass der Prothorax undeutlich sei, widersprochen werden. Er ist von ganz gewöhnlicher Bildung und in der Seitenansicht leicht und deutlich wahrzu- nehmen. Seine Stellung ist eine etwas tiefere als bei man- chen anderen Gattungen, so dass er, wenn man den Thorax von oben und zugleich von hinten betrachtet, durch die Wöl- bung des Mesothorax mehr oder weniger verdeckt wird, wie dies ja bei vielen Gattungen der Tipulidae der Fall ist. Die Art, in welcher Macquart in der Charakteristik der Gattung Polymera des Vorhandenseins von Schienensporen ge- denkt, lässt sich nicht wohl anders deuten, als dass er zwar selbst an dem ihm vorliegenden Polymera-Männchen keine gesehen, dass er aber dieselben auf Autorität Wiedemann’s unter die Gattungsmerkmale aufgenommen habe; diese Ausle- gung findet ihre Bestätigung darin, dass in Macquart’s Ab- bildung die Schienensporen fehlen. In der Wirklichkeit sind solche vorhanden, sie sind aber so klein, dass es nicht zu verwundern ist, wenn sie Macquard wahrzunehmen nicht vermocht hat! Ob Herrn Macquart’s Angabe über den Bau des männ- lichen Haltorgans richtig ist, vermag ich nicht zu beurtheilen, da es dem Exemplare, welches ich vor mir habe, fehlt. In 258 allem Uebrigen finde ich Macquart’s Genuscharacteristik zu- treffend, nur scheint er mir das letzte Glied der kurzen Ta- ster mit Unrecht ‚‚pointu“ genannt zu haben, da ich eine Zu- spitzung derselben an dem mir vorliegenden Exemplare nicht zu erkennen vermag. Die von Macquart gegebene kurze Artbeschreibung ent- hält nichts eigentlich Unrichtiges, ist aber ungenau. Von den Fühlern sagt er nur, dass die Basis ihrer Glieder schwarz, das Uebrige aber gelb sei; diese Angabe ist näher dahin zu be- stimmen, dass die Fühler schwarz sind, während das ganze zweite Schaftglied, das erste Geiselglied von der Basis bis über die Mitte hin und wieder an seiner Spitze, sowie die äusserste Basis und äusserste Spitze aller folgenden Glieder, nur mit Ausnahme der Spitze des letzten eine gelbliche Farbe haben, so dass die Fühlergeisel nach je zwei wirteltragenden Anschwellungen eine helle Stelle zeigt. — Von den Schenkeln und Schienen sagt Macquart, dass sie am Ende schwarz seien; er hätte richtiger sagen sollen, dass sie gegen das Ende hin und zwar in ziemlicher Ausdehnung allmälig schwarz werden, dass aber die äusserste Spitze der Schenkel wieder eine gelbliche Färbung hat. — Die vorderen Tarsen nennt er gelb, ohne zu erwähnen, dass die äusserste Spitze des vor- letzten und das ganze letzte Glied der Vordertarsen eine schwärzliche Färbung haben. — Die Färbung der Flügelfläche würde er statt gelblichgrau richtiger bräunlichgrau genannt haben. Wenn er ferner sagt, dass die Basis der Flügeladern bräunlich sei, so meint er damit, wie seine Abbildung deutlich erkennen lässt, dass die Queradern und die Gabelungsstellen der Längsadern von dunklerer Färbung umgeben seien. Da weder in der von Herrn Macquart gegebenen Gat- tungscharacteristik, noch in seiner Artbeschreibung sich eine Angabe über die Beschaffenheit des Flügelgeäders findet, so habe ich mich hinsichtlich desselben nur an die Abbildung auf Tab. VIII zu halten, welche trotz vieler Ungenauigkeiten im Einzelnen doch keineswegs zu den schlechteren der vonMac- quart gegebenen Abbildungen gehört. Was die Flügel und deren Geäder betrifft, so ist zuerst berichtigend zu bemerken, dass die Gestalt der ganzen Flügel eine ziemlich verfehlte ist; sie sind verhältnissmässig schmäler, am Ende etwas stumpfer 259 und an der Basis ausserordentlich viel mehr verschmälert und zugespitzt. Das Flügelgeäder, bei dessen Beurtheilung ich von der phantasiereichen Darstellung, welche ihm Macquart bei allen Tipulidae an der Flügelbasis giebt, abgesehen, enthält alle in der Wirklichkeit vorhandenen Adern mit Ausnahme der die Hülfsader mit der ersten Längsader verbindenden Subco- stalquerader;, diese liegt unmittelbar vor der Spitze der Hülfs- ader und fast genau oberhalb der Stelle, an welcher die dritte Längsader aus der zweiten entspringt. Da die Länge, welche Macquart der Hülfsader gegeben hat, als ungefähr richtig gelten kann, so folgt aus dem über die Lage der Subcostal- querader Gesagten, dass hier Macquart die erste Basalzelle und mit ihr auch die zweite viel zu kurz gezeichnet hat; selbst letztere reicht noch ein kleines wenig über die Flügel- mitte hinaus und erstere ist so lang, als sie in Macquart’s Figur erscheinen würde, wenn er der kleinen Querader ihre Stellung unterhalb des Endes der Hülfsader gegeben hätte; diese viel zu kurze Darstellung der Basalzelle führt eine eben so unnatürliche Verlängerung aller Verhältnisse auf der Spitzen- hälfte des Flügels herbei; so wird das Flügelgeäder, trotz dem Vorhandensein der richtigen Adern und der im Ganzen eben- falls richtig dargestellten Art ihrer Verbindung, zu einer ziem- lich verzerrten Karrikatur; die erste Submarginalzelle, so wie die zweite und vierte Hinterrandszelle sind an ihrer Basis zu spitzig und die dunkeln Flecken der Flügel contrastiren zu stark gegen die Flügelfläche und sind viel zu scharf begrenzt. Sonst begnüge ich mich, zu der Macquart’schen Abbil- dung zu bemerken: 1) dass die Fühler viel zarter dargestellt und gerade ausgestreckt sein sollten; 2) dass der Thorax viel zu massig und vorn viel zu breit erscheint; 3) dass die Beine und ganz besonders die Füsse viel zu kurz gezeichnet sind, da z. B. die Vorderfüsse in Wirklichkeit noch etwas länger als die Flügel sind; 4) dass die sich durch ihre Kleinheit aus- zeichnenden Klauen zu gross dargestellt sind. Aus Macquart’s Angaben und aus den von mir dazu gemachten Bemerkungen ergeben sich eine Reihe von Merk- malen, welche der Polymera obscura mit Bestimmtheit ihren Platz in der Gruppe der Osten-Sacken’schen Limnophilina anweisen. Die wichtigsten dieser Merkmal6& sind: 1) die 14- 260 gliedrige Fühlergeisel, 2) die gespornten Schienen, 3) die Deutlichkeit des Empodiums, 4) die Einfachheit der Klauen, 5) die Gabelung der zweiten Längsader, d. h. die Anwesen- heit von 2 Submarginalzellen im Sinne der Osten-Sacken’- schen Monographie 6) die jenseit der Basis der 2. Längsader stehende Subcostalquerader und, wie ich noch hinzufügen kann, 7) die Nacktheit der Augen. Der ganze Habitus der Polymera obscura entspricht ihrer Stellung in der Gruppe der Limnophilina ganz und gar; die bis in die Nähe der Flügelwurzel sich erstreckende lange Be- haarung der Flügeladern widerspricht derselben keineswegs, da sie auch bei anderen Gattungen der Limnophilina vorkommt. Nach alle dem Bemerkten dürfte wohl auch der letzte Zwei- fel über die Stellung, welche der Polymera obscura im Sy- steme zu geben ist, gehoben sein. Die Frage deren Beantwortung zunächst zu suchen sein wird, ist die, ob das von Wiedemann als Polymera fusca beschriebene Weibchen derselben Gattung wie Polymera ob- scura angehört; im Bejahungsfalle wird dann weiter zu erör- tern sein, ob beide verschiedene Arten dieser Gattung, oder ob sie nur die verschiedenen Geschlechter ein und derselben Art sind. Dass diese Fragen genau genommen einzeln für das Weib- chen der Wiedemann’schen Sammlung und für dasjenige des Frankfurter Museums entschieden werden müssten, und dass sie mit vollständiger Gewissheit nur nach einer sorgsa- men Untersuchung dieser Exemplare beantwortet werden kön- nen, ist gewiss. Leider stehen mir diese Exemplare zur Un- tersuchung nicht zu Gebote, so dass ich bei meiner Beurthei- lung dieser Fragen die spezifische Identität beider als erwiesen voraussetzen muss, was nicht zu gewagt erscheinen wird, da Wiedemann bei Beschreibung des Weibchens aus dem Frank- furter Museum ausdrücklich versichert, dass dasselbe mit dem Weibchen seiner Sammlung vollständig übereinstimme. Das Geäder, welches die auf Taf. VI. b. Fig. 4 von Mei- gens Hand gegebene Flügelabbildung zeigt, weicht vom Flü- gelgeäder der Polymera obseura nicht unerheblich ab; die hauptsächlichsten Abweichungen sind folgende: 1) die gerin- gere Länge der ersten und zweiten Basalzelle; 2) der Verlauf 261 der Präfurca, welcher so beschaffen ist, dass die dritte Längs- ader als gerade Fortsetzung derselben erscheint, während bei Polymera obscura die zweite Längsader die gerade Fortsetzung derselben bildet; 3) die grössere Länge der Hülfsader. Von diesen Unterschieden könnte der erste vielleicht nur Folge eines Fehlers der Zeichnung sein, was von den beiden letzten nicht wohl angenommen werden Kann; von diesen beiden ist der früher genannte nicht ohne systematische Bedeutung. Nichts desto weniger kömmt das von Meigen dargestellte Flügelgeäder der Polymera fusca dem der Polymera obscura im Ganzen genommen doch noch nahe genug, um der An- nahme, dass beide Arten derselben Gattung angehörig seien, nicht zu widersprechen. — Hinsichtlich der Fühlerbildung komme ich zu demselben Resultate. Ausser ihrer Abbildung auf Taf. VI. b. Fig. 3 kommen bei Erörterung ihres Baues zwei Angaben Wiedemann’s in Betracht: 1) die über das Frankfurter Exemplar auf S. 554 („vierzehn Glieder sind deutlich zu erkennen; das letzte scheint dreimal so lang als die vorhergehenden, besteht aber vielleicht aus mehreren, deren Theilung nur nicht deutlich in die Augen fallen mag“); 2) die Angabe über das Weibchen seiner Sammlung, dass dasselbe am Flügelgeäder und an dem Baue der Fühler ohne den geringsten Zweifel als Polymera-Art zu erkennen sei. — Aus der Fühlerabbildung geht hervor, dass die Fühlergeisel bei dem Weibchen der Polymera fusca aus cylindrischen, gleichmässig mit langer, abstehender Behaa- rung besetzten Gliedern gebildet ist. Erwägt man die Angabe Wiedemann’s, dass das Weibchen der Polymera fusca auch an der Fühlerbildung leicht als Polymera zu erkennen sei, und bedenkt man zugleich, dass Wiedmann ausser dem Weibchen dieser nur das Männchen der Polymera hirta kannte, dessen Fühlergeisel mit Ausnahme des ersten Glieds wirtelhaarige Fühler hat, so muss man sich nothwendig fragen, an welchem Merkmale der Fühler Wiedemann wohl die Polymera fusca als eine Polymera erkannt haben könne; dass dieses Merkmal die Anzahl der Füblerglieder nicht gewesen sein kann, geht mit Bestimmtheit daraus hervor, dass er schon von dem Weib- chen seiner Sammlung sagt, dass es bestimmt weniger Fühler- glieder zu haben scheine als das Männchen (nämlich der Po- 262 Iymera hirticornis) und wird durch seine Angabe über die Zahl der Fühlerglieder des Frankfurter Exemplars bestätigt. Jene Frage lässt sich wohl kaum anders beantworten, als dass die sehr auffallende Verlängerung des ersten Geiselgliedes das Merkmal gewesen sein möge, welches Wiedemann’s Ur- theil über die systematische Stellung der Polymera fusca mit bestimmt hat. Ist "diese Beantwortung, wie ich bestimmt glaube, richtig, so kann die Fühlerabbildung auf Taf. VI. b. Fig. 3 nicht richtig sein, sondern es muss in derselben das erste Geiselglied irrthümlich in zwei Glieder zerlegt sein; dass das zweite Geiselglied der Abbildung wirklich nur ein Theil des ersten Geiselglieds ist, wird mir dadurch noch unzweifel- hafter, dass es kürzer als das dritte Geiselglied der Abbildung ist. Nimmt man die nothwendige Berichtigung in der Abbil- dung vor und bedenkt man, dass das ungegliedert dargestellte, in Wirklichkeit aber unzweifelhaft gegliederte Ende der Füh- lergeisel nach der ihm gegebenen Länge wahrscheinlichst aus vier Gliedern gebildet sein muss, so lässt die Abbildung auf eine vierzehngliedrige Fühlergeisel schliessen, wie man sie eben bei einem Polymera- Weibchen vermuthen muss. — Auf dasselbe Resultat komme ich, wenn ich Wiedemann’s An- gabe über den Fühlerbau des Frankfurter Weibchens der Po- Iymera fusca der Erwägung zu Grunde lege; da er das schein- bar ungegliederte Ende der Fühlergeisel etwa dreimal so lang als die vorhergehenden Glieder nennt und da es in der von Meigen gezeichneten Abbildung erheblich über dreimal so lang ist, so hat er die Gliederung offenbar um ein Glied wei- ter erkannt, und man darf deshalb das Ende, an dem er die Gliederung nicht mehr zu erkennen vermochte, getrost als dreigliedrig ansehen; die Anzahl der von ihm deutlich erkann- ten Fühlerglieder beträgt 14, wobei das ungegliedert erschei- nende Ende der Fühlergeisel als ein Glied gezählt ist, zählt man statt dessen 3 Glieder, so ergiebt sich ebenfalls die Zahl von 16 Fühlergliedern, also eine 14gliedrige Fühlergeisel. Ge- gen das auf diesem Wege gefundene Resultat könnte man al- lerdings einwenden, dass Wiedemann den Fühlerschaft des Männchens der Polymera hirticornis als eingliedrig beschreibe, dass er also, wenn er bei Polymera fusca seine Bildung aus zwei Gliedern bemerkt hätte, er dieser Abweichung nothwen- 263 dig gedacht haben müsste, so dass man, da dies nicht ge- schehen sei, bei seiner Zählung der Fühlerglieder der Poly- mera fusca den Fühlerschaft auch nur als eingliedrig berechnen dürfe, wonach sich die Zahl der Geiselglieder nicht auf 14, sondern auf 15 herausstelle. Ohne die Berechtigung einer solchen Schlussfolge im Allgemeinen bestreiten zu wollen, muss ich doch bemerken, dass bei der Kürze der Wiede- mann’schen Angaben nothwendig so vieles mit Stillschweigen übergangen ist, dass man in der Regel auf richtigere Resultate kommt, wenn man sich lediglich auf das von ihm Gesagte stützt, als wenn man von seinem Schweigen auf ein Nichtvor- handensein des Verschwiegenen schliesst, namentlich wenn es sich um Beziehungen zu anderen, früher an anderem Orte be- schriebenen Arten handelt. Hätte Wiedemann, als er seine Angaben über die Fühlerbildung der Polymera fusca machte, das Männchen der Polymera hirticornis vergleichen können, oder wäre: der Gattungscharacter von Polymera, welchen er in den Dipt. exot. nur nach dem Männchen der Polyımera hir- ticornis giebt, wie es in der That der Fall sein sollte, mit Rücksicht auf das ihm erst später bekannt gewordene Weib- chen der Polymera fusca in den europ. Zweifl. modifizirt, so würde ich obiger Schlussfolge einiges Gewicht beilegen kön- nen; unter den eben erwähnten Umständen vermag ich es nicht zu thun. Da für die Beurtheilung der generischen Stellung der Po- Iymera fusca keine anderen Anhaltspunkte als die Aderung der Flügel und der Bau der Fühler vorhanden sind, die Bildung beider aber ihrer Unterbringung in einer und derselben Gat- tung mit Polymera fusca nicht widerspricht, so glaube ich es als höchst wahrscheinlich bezeichnen zu dürfen, dass beide Arten derselben Gattung angehören. Gegen Macquart’s Annahme, dass Polymera obscura das Männchen der Polymera fusca sei, liegen Bedenken vor, ohne deren Hebung beide nicht für einerlei erklärt werden können. Auf eines derselben hat Macquart selbst bereits "aufmerksam gemacht. Es besteht darin, dass Wiedemann nirgends eine Angabe über das Vorhandensein einer Fleckung der Flügel von Polymera fusca macht, während die dunkele Fleckung derselben bei Polymera obscura sehr deutlich ist, wenn 264 auch die dunkeln Flecke weniger gegen den Farbenton der Grundfläche contrastiren und eine. verwaschenere Begrenzung haben, als dies in der Macquart’schen Abbildung der Fall ist. Ein wichtigeres Bedenken als dieses, auf ein Schweigen Wiedemann’s über ein bei Polymera obscura vorhandenes und der Erwähnung gewiss werthes Merkmal begründet, er- weckt eine positive Angabe desselben; er sagt nämlich von seinem Exemplare der Polymera fusca, dass die Spitze der Tarsen weiss sei; da bei diesem Exemplare nur ein Vorder- bein vollständig vorhanden war, so bezieht sich diese Angabe auf den Vordertarsus; nun ist aber bei Polymera obscura der ganze Vordertarsus von seiner äussersten Basis an weissgelb- lich, nur die Spitze des vorletzten Glieds und das letzte Glied schwärzlich; ein sexueller Unterschied in der Färbung der Tarsen ist möglich, lässt sich aber nicht ohne Weiteres vor- aussetzen. Das aller gewichtigste Bedenken gegen die Iden- tifizirung beider Arten liefert das Flügelgeäder; ich habe schon oben nachgewiesen, dass die Abweichungen, welche das in Wiedemann’s Aussereurop. Zweifl. abgebildete Flügelgeäder der Polymera fusca von dem der Polymera obscura zeigt, so erheblich sind, dass sie fast an der generischen Zusammenge- hörigkeit beider Arten zweifeln lassen könnten; die spezifische Identität beider ist durch diese Unterschiede völlig ausge- schlossen, wenn sich die Flügelabbildung der Polymera fusca als richtig erweist; da sie von Meigen angefertigt ist, lässt sich nicht wohl vermuthen, dass sie nach einem zu Polymera obscura gehörigen Weibchen angefertigt sei, es müsste denn die Beschaffenheit des ihr zu Grunde liegenden Exemplars die sichere Wahrnehmung des Flügelgeäders völlig unmöglich ge- macht haben. Ich muss mich demnach dahin aussprechen, dass das Schweigen Wiedemann’s über die Fleckung der Flügel und seine Angabe über die Färbung des Vordertarsus die spezi- fische Identität von Polymera fusca und obscura einigermas- sen zweifelhaft machen, dass dieselbe aber, wenn seine Ab- bildung des Flügels von Polymera fusca richtig ist, ganz ge- wiss nicht stattfindet. Es fragt sich nun weiter, ob auch Polymera er 265 Fabr. mit den beiden bisher besprochenen Arten zu derselben Gattung gehört. Die oben mitgetheilte Charakteristik der Gattung Poly- mera hat Wiedemann in den Dipt. exot. auf Grund seiner Untersuchung des im Königl. Museum zu Kopenhagen befind- lichen Männchens aufgestellt, welches Fabricius zur Anfer- tigung seiner Beschreibung des Chironomus hirticornis gedient hat. Diese Charakteristik spricht gar sehr für die Annahme, dass zwischen Polymera hirticornis und den beiden anderen Arten kein generischer Unterschied stattfnde. — Wiede- mann’s Angabe, dass das zweite Fühlerglied ceylindrisch und verlängert sei, macht es unzweifelhaft, dass er das zweite Schaftglied übersehen, also 27 Geiselglieder gezählt hat, ge- rade wie es bei dem Männchen der Polymera obscura der Fall ist, wenn man das zweite und jedes der folgenden Geisel- glieder wegen seiner zwei aufeinanderfolgenden Anschwellun- gen und seiner zwei gesonderten Haarwirtel für zwei Glieder ‘ zählt, wozu man bei etwas flüchtiger Untersuchung sich gar leicht verleiten lassen kann, da bei den allermeisten Tipuli- den jedes dieser Glieder nur einen einzigen Haarwirtel hat. — Auch Wiedemann’s Angabe, dass die Beine ausser- ordentlich lang seien, passt ganz gut zu der Annahme, dass Polymera hirticornis eine Gattungsgefährtin der Polymera obscura sei. Die Skizze des Flügelgeäders der Polyımera hirticornis (Wied. Dipt. exot. 40) gleicht, wenn man die nach Wiede- mann’s eigener Angabe (ebenda S. 44) fehlende Hülfsader und Marginalquerader in dieselbe einträgt, dem Flügelgeäder der Polymera obscura viel mehr, als dies die in den Ausser- europ. Zweifl. gegebene Abbildung des Flügelgeäders der Po- lymera fusca ihut, so dass auch sie die generische Zusammen- gehörigkeit der Polymera hirticornis und obscura höchst wahrscheinlich macht. Wiedemann’s Artbeschreibung der Polymera hirticornis enthält durchaus nichts, was diese Wahrscheinlichkeit min- derte; auch die am Schluss derselben erwähnte Anwesenheit von Schienensporen spricht entschieden für dieselbe. Ihr üb- iger Inhalt zeigt nur, dass an der spezifischen Verschieden- 266 heit der Polymera hirlicornis von Polymera obscura und von Polymera fusca gar kein Zweifel möglich ist. Es ist ein offenbarer Fehler der Wiedemann’schen Ab- bildung, dass die vorletzte Längsader gegen ihre Basis hin sich mit der letzten Längsader vereinigt, anstatt” sich der drittletzten Längsader nahe anzuschliessen; aber auch dieser Fehler bestärkt die Vermuthung, dass Polymera hirticornis der- selben Gattung mit Polymera obscura angehöre, da man auch bei dieser letzteren durch die aderartige Flügelfalte, welche sich von der Basis der letzten Längsader unmittelbar hinter der vorletzten Längsader weit hinzieht, ganz derselben Täu- schung über den wahren Verlauf der vorletzten Längsader in auffallender Weise ausgesetzt ist, Das Gesammtresultat der Untersuchung dürfte sich wohl mit Zuversicht dahin zusammen fassen lassen: Polymera hirti- cornis und obscura, höchst wahrscheinlich auch Polymera fusca, sind Arten ein und derselben, zur Gruppe der Limnophilina gehörigen Gattung; die von Macquart vorausgesetzte spezi- fische Identität von Polymera obscura und fusca ist zwar nicht ganz unmöglich, aber nach dem, was bisher über diese Arten publizirt worden ist, sehr unwahrscheinlich. Die beiden Figuren (Taf. V. 1. 2.) zeigeu das Flügelge- äder des Männchens der Polymera obscura und die fünf ersten Glieder seiner Fühler, letztere so wie sie von oben gesehen erscheinen. Als Character der Gattung Polymera glaube ich ohne Ge- fahr eines Irrthums, mit Uebergehung der allen Gattungen der Limnophilina gemeinsamen Merkmale, den folgenden aufstellen zu können. Polymera. Das erste Glied der Fühlergeisel auffallend verlängert, cylindrisch, überall mit langer, steifabstehender Be- haarung besetzt; die folgenden Geiselglieder bei dem Männchen mit je zwei auf einander folgenden An- schwellungen, deren jede mit einem gesonderten Wirtel langer Haare besetzt ist, bei dem Weibchen dagegen von einfacher cylindrischer Gestalt und wie das erste Geiselglied behaart. — Flügel mit lang behaarten Adern; Subcostalqguerader dem Ende der Hülfsader ganz nahe 267 gerückt; Marginalquerader vorhanden, auf oder etwas Jenseit der Mitte der sehr langen ersten Submarginal- zelle stehend; Basalzellen verhältnissmässig ziemlich kurz; Discoidalzelle offen, mit der dritten Hinterrands- zelle vereinigt; fünf Hinterrandszellen, von denen die zweite ausserordentlich lang gestielt, die vierte lang gestielt ist. — Beine sehr lang und schlank; Klauen und Empodium sehr klein. Zur Geschichte der Gattung Alauda L. von C. Giebel. Seit den ältesten Zeiten bekannt und über die ganze Fırd- oberfläche verbreitet haben die Lerchen auch zu allen Zeiten die Ornithologen ernstlich beschäftigt und dennoch ist ilıre Systematik zu keinem einigermassen befriedigenden Abschluss gebracht worden, indem theils die Gattungen, in welche sie nach und nach vertheilt, noch keiner gründlichen Kritik un- terzogen worden sind, theils aber eine nicht geringe Anzahl von Arten noch der eingehenden Untersuchung ihrer verwandt- schaftlichen Beziehungen harren. Die Lösung dieser Aufgabe ist eine sehr schwierige, da sie ein kaum zu beschaffendes, umfangreiches Material erfordert. Eine kurze Darlegung, wie - aus der Linne’schen Gattung Alauda mit nur 4 Arten allmählig 36 Gattungen mit weit über 100 Arten welche gegenwärtig aufgeführt werden, entstanden sind, wird die Schwierigkeit, welche gegenwärtig derartige systematische Arbeiten zu be- wältigen haben, andeuten und dem die Untersuchung begin- nenden eine erste Uebersicht des Materiales gewähren. Linne führte die Gattung Alauda unter diesem aus dem klassischen Alterthume für gleiche Vögel gebräuchlichen Na- men bereits in der ersten Ausgabe seines Systema naturae 1755 mit 4 Arten auf.- Die Anzahl der Arten steigerte sich bis zur Gmelinschen Bearbeitung des Systema 1788 auf 34. Sie alle liessen die damalige Gattungsdiagnose: rostrum eylindrico su- 268 bulatum, reetum, recte protensum ; mandibulis aequalibus basi deorsum dehiscentibus; lingua bifida; ungues posticus rectior, digito longior, unverändert. Erst mit dem Beginn dieses Jahr- hunderts schied Bechstein durch Aufstellung der Gattung Anthus einige Arten aus, welche bis heute als vollkommen begründet anerkannt worden ist. Die Entdeckung einer eigenthümlichen javanischen Art im Jahre 1820 beginnt die Auflösung der Linneschen Alauda in die grosse Reihe der heutigen Gattungen. Horsfield führte dieselbe in den Transact. Linn. Soc. 1821. XIII. 185 ein un- ter dem Namen Mirafra: Rostrum breviusculum, crassum, conicoattenua- tum, subcompressum. Maxilla arcuata culmine rotundato. Na- res basales rotundatae, parte superiore membrana vestitae, Alae cauda breviores. Remiges 1. spuria, 2.— 6. subaequales longiores, 3.-—6. externe emarginatae, ceterae gradatim bre- viores. Pedes mediocres: digitus medius elongatus. Unguis hallucis mediocriter arcuatus medio antico magis duplo longior. Diese neue Gattung fand den Beifall der spätern Ornitho-- logen und führten ihr Franklin, Jerdon, Biyth, MeClel- land neue indische Arten, Smith afrikanische und Gould eine neuholländis>:he Art zu. Gray nahm sie unverändert in seiner schätzenswerthen Uebersicht Genera Birds Il. 383 auf, auch Bonaparte behielt sie in dem Conspectus Avium I. 243 bei, nur'Hodgson trennte ohne Rechtfertigung in Grays Zool, Miscell. 1814. II. 84. die sicher begründete Mirafra assamica Me Clell. als Plocealauda typica ab und Cabanis, ein Feind aller barbarischen und regelwidrig gebildeten Namen, mit wel- chen die systematische Ornithologie in wahrhaft erschrecklichem ' Masse überschwemmt worden ist, beseitigte den barbarischen Namen Mirafra durch Einführung des neuen Geocoraphus in Wiegm. Archiv 1847. XII. 328. Während nun Mirafra sich auf einen neuen Typus stützte wurde bald darauf von Swainson und Boie mit der Linne- schen Gattung der Zersetzungsprocess in Angriff genommen. Zunächst fügte erster im Zool. Journ. 1827. III. 347 für die Temmincksche Fringilla crucigera die neue Gattung Megalotis: Rostrum breve, compressum, integrum; culmine arceuato: naribus plumulis obtectis, alae mediocres, remige 269 prima spuria, 2. 3. 4. aequalibus longissimis; cauda medio- cris, subfurcata; pedes debiles. hinzu und schuf dann fürLevaillant’s Alouette a. a, O. die Gattung: Maecronyx: Rostrum mediocre, rectum; culmine leviter ar- cuato; naribus nudis, magnis apertura oblonga. Alae bre. viusculae, remigibus 1. 2. 3. 4. aequalibus, longissimis. Cauda subrotundata. Pedes elongati; Tarsis squamis lateralibus in- tegris, halluce ungue longissimo, curvato. Diese Gattung, von Cabanis im Jahre 1847 in Coraphi- tes umgetauft, erhielt durch Swainson selbst, durch Rüp- pell, v. Heuglin u. a. neue ausschliesslich afrikanische Ar- ten und wird noch gegenwärtig für solche aufrecht erhalten. Weniger Beifall fand dessen dritte auf Levaillant’s Alouette batelense a. a. O. 345 aufgestellte Gattung. Brachonyx (Brachyonyx, Braconyx): Rostrum breve, rectum, compressum; eulmine leviter arcuato. Alae breviusculae, remige prima brevissima, 2. 3. 4. 5. fere aequalibus, lon- gissimis. Cauda mediocris. Pedes longiuseuli, tarsi squa- mis lateralibus divisis, halluce ungue brevi subrecto. Die vierte aufLevaillant’s Alouette sirli sich stützende Gattung a. a. O0. 344 Certhilauda: Bostrum mediocre, gracile, arcuatum; naribus subrotundatis. Cauda subbrevis, aqualis. Pedes mediocres, halluce ungue brevi, recto beschäftigte die Ornithologen mehrfach sowohl durch Zufüh- rung zahlreicher Arten wie durch Aenderung des Namens mit und ohne Kenntniss der ersten Diagnose in Alaemon, Thino- tretis-und Chersomanes. Sie begreift in dem gegenwärtigen Umfange, südamerikanische, afrikanische und südasiatische Arten. Unmittelbar auf Swainson’s Arbeit folgte Boies neue Gattungsgruppe für die alte Linnesche. Nachdem derselbe schon 1826 Temmincks nicht veröffentlichten Namen Coryda- lis für den unter Certhilauda begriffenen Typus bekannt gemacht hatte, gab er in Okens Isis 1828. 322 die neuen Gattungen: Eremophila auf Alauda cornuta Wils. Galerida (Galerita) auf Alauda cristata L. und Melanocorypha auf Alauda calandra L gestützt. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd, XXXVII, 1871. 19 2710 Der erste Name wurde durch andere und besonders durch Bo - napartes Otocoris gänzlich verdrängt, die beiden andern wurden diagnosirt und mit zahlreichen Arten ausgestattet. Ga- lerida begreift Lerchen, deren Körper gedrungen, Schwanz ziemlich kurz, gerade abgeschnitten, Flügel breit und stumpf, Scheitelholle ausgebildet, Schnabel etwas gestreckt, gerade oder sanft gebogen, Füsse stark oder mittelstark mit fast ge- radem Sporm, 2.—5. Schwinge fast gleich lang uud die läng- sten sind. Ihre Arten tragen hauptsächlich Brehm’s undBo- naparte’s Autorilät, doch haben auch Blyth, Swinhoe und Tristram für ihre Vermehrung gesorgt. — Melanocorypha nahm die Arten auf mit fast ammerarligem starken, auf dem Ober- und Unterkiefer gewölbtem Schnabel, längster 2. und 3. Schwinge und ausgeschnittenem Schwanze. Brehm, Blyth und Gould lieferten die weiteren Arten. Den Boieschen Gattungen folgten zwei neue von Kauy, natürl. Syst. 1829 nämlich Lullula und Calandrella, welchen nur Bonaparte im Couspectus Avium I. 244 durch Aufnahme als Untergattungen seiner sehr eng umgränzten Alauda und zwar erste mit dem Zusatze: cauda brevis für Al. arborea L und die zweite als brachydactylae für Al. calandrella, deserti, pispolelta u. a. Beachtung schenkte. In die gleiche Zeit fällt Smith’s Pyrrhulauda Illustr. SAfr. Zool. 1829. Tab. 24—26, welche Gray in den Genera Birds Il. 381 mit folgender Diagnose ausstattete: Bill short, the sides compressed; the tip entire; the culmen arched; comınissure straight. Nostrils concealed by the frontal feathers. Wings moderate; Ihe first quill very sınall and spurious, the three next quills equal and longest. Tail ınoderate, slighily forked. Feet black. Tarsi moderate. Toes very small. Lateral toes equal. Hinder claws leng- thened, slightly curved. Smith gründete dieselbe auf die drei Südafrikaner P. australis, leucotis und verticalis, Blyth, Gould, Gray, Rüp- pel und neuerdings auch Finsch vermehrten die Arten unter Idenlifieirung von Megalotis; Veränderung des Namens in Pyrr- hulalauda und Umtaufung in Pyrgilauda von Verreaux und Co- raphites von Cabanis. | Das zweite Jahrzelint des Delirium genericum war für 271 Alauda zwar minder wirksam, aber immer;noch thätig genug, um dem dritten nur wenig Material übrig zu lassen. Vater Brehm eröffnete dasselbe 1831 in seinen Vögeln Deutsch- lands mit der neuen Gattung Phileremos, deren Diagnose Bla- sius 1840 in den Wirbelthieren Europas schärfte: Phileremos : Schnabel mitten zwischen den Nasenlöchern nicht viel höher als breit, bei weitem nicht doppelt so hoch wie breit, keine kleine erste Schwinge vorhanden, Schwanz zu 25; von den Flügeln bedeckt. Brehm stattete die Gattung selbst mit 4 Arten aus, zu denen Blasius noch 3 hinzufügte, später aber ward sie von Bo- naparte’s Otocoris ganz verschlungen. Gar keine anerkennende Beachtung erwarben sich Les- son’s Calandra und Saxilauda im Complet. Buffon 1837, für den Typus der Kalanderlerche und der tartarischen eingeführt. Die gleichzeitig erschienene Classification of Birds von Swainson ordnet Bd. Il. 291. der Subfamilie der Alau. dinae 7 Gattungen unter nämlich ausser der typischen Alauda die frühern des Verfassers: Braconyx, Macronyx, Certhilauda, dann Horsfields Myrafra und zwei neue. Die erste: der- selben Calendula: Bill thick, much compressed, the culmen curved and convex, the commissure arched, the tip of the up- per mandible wide above and inflexed. Wings long or mo- derate, the first quill very small and spurious, the second nearly equal to the third and fourth, lesser quills short, emarginate. Tail slightly forked. Lateral toes equal. Ihre einzige Art ist die Südafrikanische Al. crassirostris. — Die andere Gattung Agrodroma wurde aus Anthusarten ge- bildet und hat derselben Bonaparte in den Compt. rend. 1854. XXXVII. 65 die Audubonsche Alauda Spraguei zuge- wiesen, während er diese im Conspectus als Otocoris Spran- seri aufführt. Die Gattung bleibt naturgemässer bei Anthus. Völlig werthlos erscheint die von Sykes in den Proceed. Zool. Soc. 1838. VI. 114. auf Al. calandra L. errichtete Gattung. Londra: Bostrum crassum, capitis longitudinem aequans, ba- si altum, subcompressum, maxilla arcuata, tomiis integerrimis. Nares plumis anticum versus tectae. Alae corpore longiores, 195 272 acuminatae, remigibus primo subabbreviato, tertio longis- simo, secundo et quarto fere aequalibus, reliquis gradatim hrevioribus. Cauda cuneata. Pedes robusti, unguis hallucis rectus elongatus. Dagegen wurde mit allgemeinem Beifall aufgenommen die von Bonaparte Itin. 1839. I. 62. aufgestellte, die ältere Ere- mophila und Phileremos umfassende Gattung: Otocoris (Otocorys): Bill short, slender, conical, with the cul- men and lateral margins slightly arched; the nostrils basal, lateral and concealed by projecting plumes. Wings leng- thened with the first second and third quills equal and lon- gest. Tail lengthened and equal. Tarsi short, but longer than the middle toe. Toes short and strongly seutellated and the claws lengthened and nearly straight. Die zahlreichen Arten sind Amerikaner und Asiaten, bedürfen zum Theil aber noch emer sorglältigen Kritik. Das dritte Jahrzehnt der Lerchengenera beginnt sehr frucht- bar mit Gray’s List Genera Birds 1840, welche die Gattung Corypha, schon im folgenden Jahre mit Megalophonus vertauscht, ferner Erana wieder unter Alauda versteckt, und Philammus unter Otocoris zurückgewiesen, bringt, also drei Gattungen flüch- tigsten Daseins. Sicherer begründete dagegen Blasius in den Wirbelth. Europas 1840. 94 auf Al. desertorum seine Gattung Alaemon: der Schnabel sehr schlank, seine Höhe am Ast- winkel beträgt nicht den 5. Theil der Firstenlänge, die Mundspalte doppelt so lang wie der Daumen sammt der Kralle, die nicht länger ist als ihre Zehe; Lauf doppelt so lang wie die Mittelzehe mit Kralle;, Nasenlöcher gänzlich nackt; hinter den Nasenlöchern von ihnen abgerückt in der Nasengrube liegt die Schneppe aus kurzen Federchen ge- bildet, nur nach dem Kieferrande mit längeren Borstenspitzen versehen, die Mittelschwingen stumpf gerundet, die 1. kleine Schwinge über die Deckfedern hinaus verlängert, die 5 grossen Schwingen bilden die Flügelspitze, die 2.— 4. ziem- lich gleich und die längsten, die 5. nicht weit über die Schulteifedern hinaus, die 2.—5. auf der Aussenfahne deut- lich verengt; Schwanz zu %% bedeckt, ziemlich gerade. Für eben diese Art führte Gloger 1842 den Gattungs- 273 namen Thinotreton und für die schon wiederholt generisch ge- taufte Kalanderlerche den neuen Namen Corydon ein, die beide seitdem als lästige Synonyme fortgeführt werden. Ganz ebenso werthlos und lästig ist Hodgson’s Heterops für Al. cristata L und Plocealauda für Al. assamica beide in Gray’s Zoolog. Miscell. 1844. S4. veröffentlicht. Für die in- dischen Arten waren damit jedoch die neuen Gattungen nicht erschöpft, Blyth brachte gleichzeitig noch für die schon längst bekannte und auch vielfach verkannte Baghairi in dem Joum. asiat. Soc. Bengal 1844. XIII. 961 die Gattung Coryphidea : Bill ratlier short, subconical and moderately com- pressed, but essentially Lark like. Feet with shortish toes and short, but straight hind claw. Nachdem nun Cabanis bereits im J. 1847 die Umtaufun- gen von Mirafra in Geocoraphus, und von Pyrrhulauda in Cora- phites, später im Museum Heinean. 1851.1. 126 von Certhilau- da in Chersomanes gegeben, stellte er ebenda noch als Sandler- chen für Al. deserti und Al. pallida die eigenthümliche Gattung Ammomanes als Megalophonus zunächst verwandt, unterschie- den durch die mit Federchen bedeckten Nasenlöcher, durch kräftigere Bildung der Flügel und des Schwanzes, durch längere spitzere Flügel und geraden nur in der Mitte aus- gerandeten Schwanz. auf, deren Namen Bonaparte, keine Sprach. und Schreib- regeln achtend Annomanes schreibt. Mit der Umwandlung der Hamiltonschen Alauda raytal (= Alauda pispoletta Pall) in Alaudala raytal, welche Hors- field undMoore in dem Catal. Birds Mus. E. Ind. Comp. Il. 471 gegeben haben, schliesst die Geschichte der Lerchengat- tungen ab, auf welche der Zoologe nur mit dem tiefsten Be- dauern zurückblickt, dass nämlich nicht ein einzig Mal der Versuch gemacht worden ist für irgend eine dieser zahlrei- chen Gattungen auch nur eine einzige Eigenthümlichkeit in der innern Organisation nachzuweisen. Wohl entsprechen ge- wisse äussere Merkmale gemeinlich auch innern, so lange je- doch die Abhängigkeit jener von diesen für den jedesmaligen Typus nicht nachgewiesen worden, lässt sich doch auch deren systematischer Werth nicht annähernd sicher abschätzen und so ist der Zoologe, der die Gattungen auf Eigenthümlichkeiten 274 der innern Organisation begründet zu fordern sich berechtigt hält, genöthigt annoch die Linnesche Gattung Alauda aufrecht zu erhalten und von jenen zahlreichen blossen Balggattungen nur einige wenige für die übersichtliche Gruppirung der Ar- ten, als sogenannte Untergattungen anzunehmen. Die Anzahl der Arten ist unablässig bis auf die jüngsten Tage vermehrt worden und stellt sich dieselbe augenblicklich ohne strenge Kritik auf 95. Mehr als die Hälfte davon hei- matet in Afrika, dessen allgemeiner physischer Charakter den Lebensanforderungen der Lerchen am meisten zusagt. Nächst Afrika ist Asien der Lerchenreichste Continent mit 19 Arten, dann folgt Europa mit 11 Arten. Einige dieser altweltlichen Lerchen kommen in allen drei oder wenigstens in zwei Welt- theilen zugleich vor, wie andrerseits die asiatischen theils nur dem Continent theils blos dem Inselgebiete angehören. Aus Südamerika werden nur 5, aus Nordamerika und aus dem neuholländischen Faunengebiete je zwei Arten aufgeführt. Im Nachfolgenden zähle ich die Arten im einzelnen auf, wie dieselben gegenwärtig allgemein angenommen werden, lasse aber dabei die blos durch Versetzung in andere Gattun- gen entstandenen und deshalb leicht deutbaren Synonyme un- beachtet, und führe von der bezüglichen Literatur nur die erste Quelle an. Hinsichtlich der vollständigen Synonymie und weitern beachtenswerthen Literatur verweise ich auf meinen demnächst im Brockhauseschen Verlage erscheinenden omi- thologischen Thesaurus, der die Gattungen mit ihren Synony- men und Diagnosen, alle Arten mit den Synonymen und der Literatur sämmtlicher bis jetzt bekannter Vögel bringt. abyssinica Rüppell syst. Uebers. Vogel NOAfr. = Alauda ceristata I, affinis (Pyrrhulauda) Blyth, Ibis 1867. III. 185. -— Madras. africana Gmelin, Syst. Natur. I. 798. — Africa merid. Al. capensis Boddaert, Tabl. Pl. enlum. 712 Certhilauda longirostris Swainson, Classif. Birds Il. 273. africanoides (Mirafra) Smith, Illustr. SAfr. Zool. Tb. 88. Fig. 2. — Africa merid. aggia Hamilton teste Moore = Alauda assamica. agrestris Brehm, Vögel Deutschl. 319. —= Alauda arvensis L alba Brisson, Ornith. III. 339. = Alauda arvensis L. albescens de Lafresnaye, Rev. Zool. 1839. 258. — Africa merid. Al. codea Smith, Illustr. SAfr. Zool. Tb. 87. Fig. 1. 275 Al. pyrrhonota Vieillot, Eeyel. meth. 325. Al. erythronota Stephens, gen. Zool. X. 315. albifasciata de Lafresnaye, Magaz. Zool. 1836. Tab.58. — Alauda garrula. albifrons(Coraphites)Sundevall, Oefvers.Hdlgar1850.127.— Nubia. albigula Brandt, teste Bonap. — Russia. albigularis Brehm, Naumannia 1855. 279. = Alauda arvensis L albiterminata (Melanocorypha) Cabanis, Mus. Hein. 124.— Abyssinia Melanocorypha rufescens Brehm, Naumannia 1856. 375. alpestris Linne, Syst. Natur. I. 298. — Europa. Al. flava Gmelin, Syst. Natur. I. 800 Al. nivalis Pallas, Zoogr. ross. 1 519. Phileremos rufescens, Ph. striatus Brehm, Vögel Deutschl. 312 alpestris Forster, Philos. Transact. 1772. LXII. 383. = Alauda cornuta Wils. Ameliae (Macronyx); Terragon, Rev. Z001.1845.452.— Port Natal Al. hamagazy Delagorgues, Voy. Afr. austr. I. 328 anthirostris Landbeck — Alauda arborea L apiata Vieillet — Africa merid. Al. clamosa Stephens, gen. Zool. X. 316. Al. crepitans Merrem arborea Linne, Syst. Natur. I. 287. — Europa. Asia. Al. nemorosa Gmelin, Syst. Natur. I. 797. Al. eristata Pallas Zoogr. ross. I. 520. Al. eristatella Latham, Ind. Ornith. I. 499. Al. anthirostris Landbeck. - Galerita musica Brehm, Vögel Deutschl. 316. "arenarius Stephens, gen. Zool. X. 515. — Alauda brachydactylaLeisl. arenicolor Sundevall, Oefver. Handigr 1850. 128. = Alauda pallida Lichtst. arvensis Linne, Syst. Natur. I. 287. — Europa. Al. italica Gmelin, Syst. Natur. I. 793. Al. coelipeta Pallas, Zoogr. 1. 524. Al. longipes Latham Al.segetum, montana,agrestis,campestrisBrehm, VogelDeutschl.318. Al. duleivora Hodgson, Grays Zool. Misc. 84. Al. moreotica v. d. Mühle, Vogel Griechl. Al. crassirostris, robusta, galeritana, bugiensis, pratorum, albi- gularis, tenuirostris, minor Brehm, Naumannia 1855. 277. Al. Duponti Vierthaler arvensis Sundeyall, Ann. mag. nat. hist. 1846. XVII. 259 = Alauda malabariea Scop. assamica (Mirafra) MClelland, Proceed. Zool. Soc. 1839. VII. 162 — Asia merid. Plocealauda typiea Hodgson, Grays Zool. Mise. 84. Mirafra assamensis Blyth, Catal. Birds as. Soc. Mirafra javanica Jerdon, Madras Journ. XI. 33. 276 Mirafra erythroptera Jerdon, Illustr. Ind. Ornith. Tb. 38. Al. aggia Hamilton teste Moore australis (Pyrrhulauda) Smith, Illustr. SAfr. Zool. Tb. 29. — Africa merid. Pyrrhulauda melanosoma Swainson, Classif. Birds Il. 294. bicornis Hemprich —= Alauda bilopha Tem. bifasciata Lichtenstein, Verz. Doubl. 27 = Alauda desertorum Stanl. bilopha Temminck, Pl. color. 241. Fig. 1. — Asia oceid. Alauda bicornis Hemprich bimaculata Menetr. teste Bonap. = Alauda sibirica Gmel brachydaciyla Leisler, Wetterauer Annal. II. 357. Tf. 19. — Europa merid. Asia. Al. calandrella Bonelli, Mem, acad. Turin. Al. testacea Pallas, Zool. ross. as. Al. arenaria Stephens, gen. Zool. X. 515. Emberiza bagheira Franklin, Proceed. Zool. Soc. 1831. 119. Emberiza olivacea Tickell. Journ. asiat. soc. Bengal. 1833. 11. 578 Al. dukhunensis Sykes, Proceed. Zool. Soc. 1832. 92. Melanocorypha itala Brehm, Vögel Deutschlds 311. Phileremos moretica v. d. Mühle Melanocorypha graeca Brehm, Vogelfauna 121. breviunguis Sundevall, Oefvers. vet.Handlgar 1850. 99. — Catffraria. Cairis Gerbe. Bonaparte, Consp. Avium 1. 245 Calandra Linne, Syst, Natur. I. 288. — Europa merid. Afr. sept. As. occid. Al. undata Gmelin, Syst. Natur. I. 797. Al. torquata Brisson, Ornith. Suppl. Al. matutina Boddaert, Tabl. Pl. enlum. 363 Melanocorypha subcalandra Brehm, Vogel Deutschlds 310. Calandra ferruginea Brehm, Naumannia 1856. 375. calandrella Bonelli, Mem. acad. Turin = Alauda brachydactyla Leis]. campestris Gmelin, Syst. Natur. I. 794 = Anthus campestris Meyer campestris Brehm, Vogel Deutschlds 320 = Alauda arvensis L cantharella Bonaparte, Consp. Avium I. 245. — China. Italia Al. intermedia Swinhoe, Proceed. Zool. Soc. 1863. 84. cantillans (Mirafra) Jerdon, Journ. as. Soc. 1843. XI1. 181.— India Al. chendula Jerdon, Madras Journ. XI. 30. Mirafra cantans Gray, Genera Birds Il. 383. capensis Linne, Syst. Natur. I. 282. — Africa merid. Al. capitis bonae spei. Brisson, Ornith. III. 364. Maeronyx flavicollis Swainson, Nat Hist. Birds cervinus Gould, Birds Asia XXI = Anthus pratensis Bechst. chendulaFranklin, Proceed. Zool. Soe, 1831-119. — Alauda cristataL. chendula Jerdon, Madras Journ. XI. 30. = Alauda cantillans. cheniana (Mirafra) Smith, Ulustr. SAfr. Zool. Tb. 89. Fig. 2. — Africa merid. chrysolaema Wagler, Okens Isis 1831. 530. = Alauda cornuta Wils. 277 cinctura (Melanocorypha) Gould, Voy. Beagle 87. — Cap verde. cinerea Gmelin, Syst. Natur. I. 798. — Caffraria. Calandrella ruficeps Brehm clamosa Stephens, gen. Zool. X. = Alauda apiata Vieill. clotbey Tem. Bonaparte, Consp. Avium I. 242. — Sahara. Hierapterhina Cavagnaci Desmurs, Rev. Mag. Zool. 1825.24. Tb. 1. Melanocorypha Beckii v. Heuglin, Journ. Ornith. 1868. XVI. 221. coelipeta Pallas, Zoogr. ross. I. 524. = Alauda arvensis L. coelivox Swinhoe, Journ. as. soc. 1860. XXIX. 258. — Amoy. conirostris Sundevall, Oefvers. vet. Handlgr. 1850. 99. — Caffria. cordofanica (Mirafra) Strickland, Proceed. Zool. Soc. 1850. 218. Tb. 23. — NOAfrica. Galerita rutila v. Müller, Beitr. Ornith. NO.Afr. Tb. 13. Al. praestigiatrix v. Heuglin, syst. Uebersicht no. 446. Melanocorypha ferruginea Brehm, Journ. Ornith. 1857. V. 82. Annomanes cinnamomea Bonaparte, Coll. Delattre 60. cornuta Wilson, Amer. Ornith. I. 85. — America septentr. Al. alpestris Forster, Philos. Transact. 1872. LX11. 383. Al. virginiana Brisson, Ornith. 111. 367. Al. chrysolaema Wagler, Okens Isis 1831. 350. Al. minor Giraud, Texas Birds spec. 16. Al. rufa Audubon, Birds America VII. 353. Tb. 497. Al. glacialis Lichtenstein, Preisverz. Mexico 39. Otocoris occidentalis M’Call, Proc. acad. Philadelphia 1851. V. 218 coromandeliana Cuvier. Pucheran, Revue Mag. Zool. 1854. 63. — India. Mirafra affınis Jerdon, Madras Journ. XIIIb 136. crassirostris Vieillot, Encyel. meth. I. 324. — Africa merid. Al. magnirostris Stephens, gen. Zool. X. Al. turdina Merrem. Al. grypania Lichtenstein. crassirostris Brehm, Naumannia 1855. V. 279. = Alauda arvensis L. cristata Linne, Syst. Natur. I. 288. — Oestl, Hemisphäre. Al. undata Gmelin, Syst. Natur. I. 797. Al. galerita Pallas, Zoogr. ross. I. 524. Al. matutina Boddaert, Tabl. Pl. enlum. 503. Galerita ceristatella Mus. lugdun. Al. chendula Franklin, Procced. Zool. Soc. 1831. 119. Certhilauda Boysi Blyth. Journ. as. Soc. Bengal 1846. XV. 41. Al. gulgula Sykes, Proceed. Zool. Soc. 1832. 93. Al. deva Jerdon, Madras Journ. XI. 31. Mirafra Hayi Jerdon, Madras Journ. Xillb. 536. Al. abyssinica et isabellina Rüppell. Galerita major, viarıım, altirostris, carinthiaca, rufescens Brehm, Naumannia 1855. V. 279. cristatella Latham, Ind. Ornith, I. 499. = Alauda arborea L. eunicularia Vieillot, Enceyel. meth. 1.323. = Geositta cunicularia Gray 278 deserti Lichtenstein, Verz. Doubl. 28. — Europ. merid. Afr. or. Al. isabellina Temminck, Pl. col. 244. Fig. 2. Al. lusitania Gmelin, Syst. Natur. I. 798. Mirafra phoenicuroides Horsfield, Catal. Birds EInd. Comp. 11. 478. Melanocorypha arabs, galeritata Brehm, Vogelfauna 122. desertorum Stanley, Salts Voy. Abyss. App. 60. — Candia. Africa or. Al. bifasciata Lichtenstein, Verz. Doubl. 27 Saxicola pallida Blyth, Journ. as. Soc. Bengal 1847. XV. 130. Al. Duponti Vieillot, Fauna franc. Tb. 36 Fig. 2. Certhilauda meridionalis Brehm, Vogelfauna 123. deva Jerdon, Madras Journ. XI. 31 — Alauda cristata L, Al. ma- labarica Scop. devaSykes, Proceed. Zool. Soc. 1832. 92. = Alauda malabarica Scop. dukhunensis Sykes 5 „» 92.= Alaudabrachydactylaleisl. duleivora Hodgson, Gray’s Zool. Miscell. 84. = Alauda arvensis L. elegans Brehm, Vogelfauna 122. = Alauda pallida Lichtst. elegantissima (Geocoraphus) v. Heuglin, Journ. Ornith. 1868. XVI. 228. — Abyssinia. Megalophonus rufocinnamomeus Salvadori, Attisoc. Ital. 1866. VII. erythrochlamys Strickland, Jard. Contrib. Ornith. 1852. 151 — Damara. erythronota Stephens, gen. Zool. — Alauda albescens Lafr. erythroptera Lichtenstein, Mus. berol. = Geositta cunicularia Gray erythropygia Strickland, Proceed. Zool. Soc. 1850. 219 Tb. 24. — Kordofan. Melanocorypha infuscata v. Heuglin, Journ. Ornith. 1864. XI. 273. Fasciolata Sundevall, Oefvers. vet. Hdlg. 1850. 99. — Caffraria. Brachonyx pyrrhonota Smith, Nlustr. SAfr. Zool. Tb. 110 Fig. 2 Serruginea de Lafresnaye, Revue Zool. 1839.258. — Africa merid. Certhilauda nivosa Swainson, Birds WAfr. I. 213. fissirostris Kittlitz, M&m. acad. Petersbg. II. 310. — Chili. flava Gmelin, Syst. Natur. I. 800. = Alauda alpestris L. flavicollis (Mirafra) M’Clelland, Proc. Zoo]. Soc. 1839. VII. 163. — Assam. Jlavigaster (Macronyx) Swainson, Birds WAfr. I. 215. — Senegal. Macronyx flaviventer Bonaparte, Consp. Avium I. 247. Jringillaria Hermann, Observ. Zool. 1804. 201. — Germania. Frobeni (Certhilauda) Philippi, Wiegm. Arch. 1865. 62. — Peru. frontalis Lichtenstein, Mus. berol. = Alauda nigriceps. fulva Latham, Ind. Ornith. I. 42. = Antlıus fulvus Vieill. galerita Pallas, Zoogr. ross. I. 524. — Alauda cristata L. galeritana Brehm, Naumannia 1855. v. 279. = Alauda arvensis L. gangetica Blyth, Journ. as. Soc. Bengal 1842. XI 181. = Alauda malabarica Scop. zarrula (Certhilauda) Smith, MMlustr. SAfr. Zool. Tb. 91. — Africa merid. Certhilauda albifasciata de Lafresnaye, Mag. Zool. 1836. Ois. Tb.58. 279. gingica Gmelin, Syst. Natur. I. 795. — India. Fringilla erueigera Temminck, Pl. col. 269 Fig. 1. Al, grisea Scopoli, Sonnerats Voy. Inde II. Tb. 113. Fig. 2. Fringilla melanoleuca Lesson. Pucheran, Revue Mag. Zool. 1854.63. Gorensis Vieillot, Eneycl. meth. 320. — Senegal. gracilis Blyth, Journ, as. Soc. Bengal 1842. XI. 201. = Alauda malabarica Scop. grandior Pallas, Zoogr. ross. = Anthus campestris Meyer. Grayi Wahlberg, Oefvers. vet. akad. Forhdlg. — Damara. grisea Scopoli, Sonnerats Voy. Indes II. Tb. 113 Fig.2 — Alauda gingica Gmel. gulgula Franklin, Proc. Zool. loc. 1831. 119. = Alauda mala- barica Scop. guttata de Lafresnaye, Revue Zool. 1839. 258. hamagazy Delagorgues, Voy. Afr. austr. I. 328. — Alauda Ameliae, Heuglini. — Africa merid. Geocoraphus modestus v. Heuglin, Journ. Ornith. 1868. XVI. 229. Horsfieldi (Mirafra) Gould, Proc. Zool. Soc. 1847. XV. 1. — Neu Südwales. hova Schlegel, Rech. Fauna Madag. 157. — Madagascar. intermedia Swinhoe, Proc. Zool. Soc. 1863. 89. = Alauda can- tharella Bonap. isabellina Temminck, Pl. col. 944, Fig. — Alauda deserta Lichtst. isabellina Rüppell = Alauda cristata L. italica Gmelin, Syst. Natur. I, 793. = Alauda arvensis L. Japonica 'Temminck, Fauna japan. Tb. 47. — Japan. Javanica (Mirafra)Horsfield, Transact. Lin. Soc. XII. 159. — Java. Al. mirafra Temminck, Pl. col. 305. Jessei (Alaemon)Finsch, Proc. Zool. Soc. 1869. 430. — Abyssinta. Kollyi Temminck, Pl. color. 305. Fig. 1. — Africa orient. Al. longipennis Eversmann, Bull. Nat. Moscou 1848. 210. Melanocorypha macroptera Brehm, Journ. Ornith. 1854. H. 77. Zagopa Smith, Ilustr, SAfr. Zool. Tb. 87. Fig. 2. — Africa merid. leantungensis Swinhoe, Ibis 1861. 111. 256. — China. leiopus Hodgson, Gray’s Zool. Misc. 84. — Alauda malabarica Scop- leucoptera Pallas, Zoogr. ross. II. 518. = Alauda sibiria Gmel. leucotis (Loxia) Stanley, Salt’s Voy. Abyss. App. 59. — Africa septentr. Al. melanocephala Lichtenstein, Verz. Doubl. 28. Fringilla otoleueus Temminck , Pl. col. 269. Fig. 2. 3. littorea Forster, Deser. anım. 90. —= Alauda noväe Zealandiae Gmel. longipennis Eversmann, Bullet. Nat. Moscou 1848. 210. — Alauda Kollyi Tem. longipes Latham, Ind. Ornith. = Alauda arvensis L. longirostris (Otocorys) Moore, Proceed. Zool. Soc. 1855. 215. — Agra 280 ludoviciana Gmelin, Syst. Natur. I. 793. = Anthus ludovieianus Lichtst. lusitanica Gmelin, Syst. Natur. I. 798. = Alauda deserti Liehtst. macrorhyncha (Galerida) Tristram, Ibis 1857. 1. 57. — Sahara magna Linne, Syst. Nat. I. 167. = Sturnella magna Swains. magnirostris Stephens, gen. Zool. X. — Alauda crassirostris Vieill. ınajor Brisson, Ornith. II. 352. Th. 20. = Alauda calandra L. malabarica Scopoli, Sonnerats Voy. Indes. II. 203. Tb, 113. Fig. 1. — Asia merid. Al. gulgula Franklin, Proc. Zool. Soc 1842. 92. Al. deva Sykes, Proc. Zool. Soc. 1842. 92. Al. gracilis, gangetica Blyth, Journ. as. Soc. Bengal. 1842. X1.201. Al. tribonycha, leiopus, orientalis Hodgson, Gray’s Zool. Misc. 84. Al. arvensis Sundevall, Ann. mag. nat. hist. 1846. XVII. 259. Al. peckinensis Swinhoe, Ihis 1869. IV. 69. maritima (Certhilauda) d’Orbigny, Synopsis Avium 72.— SAmerica matutina Boddaert. Tabl. Pl. enlım 503. = Al. ceristata L. melanocephala Lichtenstein, Verz. Doubl. 28. = Alauda leucotis. minor Gmelin, Syst. Natur. I. 593. = Anthus pratensis Bechst. mirafra Temminck, Pl. color. 305. = Alauda javanica. modesta (Pyrrhulauda) Finsch, Journ. Ormith. 1869. XI. 402. — Üanarien. mongolica Pallas, Zoogr. ross. I. 516. — Asia orient. Al. sinensis Wäterhouse, Proceed. Zool. soc. 1839. VI. 60. montana Brehm, Vogel Deutschlds 318. = Alauda arvensis L. montana Crespon. Bonaparte Conspect. Avium 1. 245. moreotica v. d. Mühle, Beitr. Ornith. Griechld. — Alauda arvensis L. mosellana Gmelin, syst. Nat. I. 794. = Anthus campestris Meyer mutabilis Gmelin, syst. Nat. I. 796. — Alauda tatarica Pallas naevia Strickland, Jard. Contrib. Ornith. 1852. 152. — Damara nemorosa Gmelin, Syst. Natur. I. 797. = Alanda arborea L. nigra Boddaert, Tabl. Pl. enl. 738. Fig.2. = Anthus fulvus Vieill. nigricans Sundevall, Oefvers. vet.Handlgr. 1850. 99. — Caffraria. nigriceps (Pyrrhulauda) Gould, Voy. Beagle 87. — Africa. Ga- lopagos. Pyrrhulauda cerucigera Rüppell, syst. Uebersicht no. 313. Al. frontalis Lichtenstein Coraphites melanauchen Cabanis, Mus. Heine I. 124. nivalis Pallas, Zoogr. I. 529. = Alauda alpestris L. novae Zealandiae Gmelin, Syst. Natur. I. 799. — Nova Zealandia Al. littorea Forster, deser. anim. 90. Anthus noyae Zealandiae Gray, Genera Birds 1. 206. obseura Pennant, brit. Zool. I. 582. = Anthus obsenrus Blasius. orientalis Hodgson, Grays Zool. Misc. 84. = Alauda malabarica Scop. pallida Lichtenstein, Mus. berolin. — Africa septentr. Arabia. Al. elegans Brehm, Vogelfauna 122. Al, arenicolor Sundevall, Oefvers. vet. Handlgr. 1850. 128, 281 pekinensis Swinhoe, Ibis 1863. Ibis 1863. IV. 89. —= Alauda ma- labariea Scop. penicillata Gould, Proceed. Zool. Soc. 1837. V.226. — Asia merid. Ötocorys scriba Bonaparte, Conspectus Avium I. 246. Al. alpestris Gmelin, Iter I. 62. Tb. 12. Otocorys larvata Filippi, Archiv. Zool. Anat. I. 381. pennsylvanica Brisson, Ornith. = Anthus ludovieianus Lichtst. peregrina (Otocorys) Sclater, Proceed. Zool. loc. 1855. 110. Tb. 102. — Bogota. petrosa Montagn, Linn. Transact. IV. 41. = Anthus obscurus Blas. phoenicura (Mirafra) Franklin, Proceed. Zool. Soc. 1831. 115. — Caleutta. pieta Hermann, Observ. Zool. 1804. 200. — Germania. pispoletta Pallas, Zoogr. voss. I. 526. — Asia merid. Al. raytal Hamilton, Journ. af. soc. Bengal 1844. 962. planicola Lichtenstein, Verz. Doubl. 1842. 14. — Africa merid. Mirafra africana Smith, Illustr. SAfr. Zool. Tb. 88. Fig. 1. Al. suberistata Sundevall, Oefvers. vet. Hdlgr 1350. 99. Megalophonus oceidentalis Hartlaub, Syst. Ornith. WAfr. 153. praestigiatrix v. Heuglin, Syst. Uebers. Vögel Nr. 446. = Alauda cordofanica. praetermissa Blanford, Ann. mag. nat. hist. 1869. 330. — Tigreh. pratensis Gmelin, Syst. Natur. I. 793. = Anthus pratensis Bechst. . pratorum Gmelin, Syst. Natur. 792. = Anthus pratensis Bechst. pratorum Brehm, Naumannia 1855. 279. = Alauda arvensis L. pratensisReffles, Linn. Transaet: XII. 313. = Anthusmalayensis Eyt. pyrrhonota Vieillot. Enceyel. meth. 322. — AlaudaalbescensLafresn. raytal Hamilton, Journ. as. Soc. Bengal 1844. 962. — Alauda pispoletta Pall. robusta Brehm, Naumannia 1855. 279. = Alauda arvensis L. rostrata (Megalophonus) Hartlaub, Ibis 1863. 326. Tf.9. — Natal. rubra Gmelin, Syst. Natur. I. 794. = Anthus ludovieianus Lichtst. rufa Gmelin, Syst. Natur. I. 792. = Anthus fulvus Vieill. rufa Wilson, amer. Ornith. V. 89. = Anthus ludovieianus Lichtst. rufa Audubon —= Alauda Spragui Audub. ruficapilla Stephens, gener. Zool. = Alauda rufipilea Vieill. ruficeps Rüppell, Atlas Fauna Abyss. Tb. 38 Fg.1 — Abyssinia. Calandritis minor Cabanis, Mus. Heine I. 123. rufipilea Vieillot, Encyel. meth. 322. — Africa merid. Alauda ruficapilla Stephens, gener. Zool. X. sabota (Mirafra) Smith, Mlustr. SAfr. Zool. Th. 89. Fig. 1. — Africa merid. Salvini (Certhilauda) Tristram, Ibis 1859. 57. — Sahara. saxicoloides Boie = Alauda tatarica Pallas. segetum Brehm, Vögel Deutschl. 318. —= Alauda arvensis L. semitorquata (Certhilauda) Smith, Ilustr. SAfr. Zool. Tb. 92. — Africa merid. 282 Certhilauda rufopalliata Lafresnaye, Mag. Zool. 1836. Tb. 59. senegalensis Gmelin, Syst. Natur. I. 797. — Senegal. sepiaria Brisson, Ornith III. 347. = Anthus arboreus Bechst. sibirica Gmelin, Syst. Natur. I. 799. -— Sibiria. Al. leucoptera Pallas, Zoogr. Tb. 33. Fig. 2. Al. bimaculata Menetries. Melanocorypha rufescens Brehm. sinensis Waterhouse, Proc. Zool. Soc. 1839. 60. = Alauda mon- olica Pall. Smithi (Pyrrhulauda) Bonaparte. — Africa merid. Pyrrhulauda leucotis Smith, Ilustr. SAfr. Zool. Tb. 26. spinoletta Gmelin, Syst. Natur. I. 794. = Anthus aquaticus Bechst. spleniata Strickland, Jard. Contrib. Ornith. 1852. 152. — Damara. Spragueri Audubon, Birds Amer. VII. 335 Tb. 486. — Texas Al. rufa Audubon. striolata (Maeronyx) v. Heuglin, Journ. Ornith. 1867. 164. — Abyssinia. Macronyx crocea Lesson, Traite Ornith. 424. Macronyx capensis Antinori. subcoronata (Certhilauda) Smith, Illustr. SAfr. Zool. Tb. 90 Fe. 2. — Africa merid. suberistata Sundevall, Oefvers. vet. Hdlgr. 1850. = Alauda plani- cola Lichtst. syncipitalis (Pyrrhulauda) Blyth, Ibis 1867. 185. — India. tatarica Pallas, Iter II. 70%. — Tataria. Al. nigra Falk, Iter III. 393. Tanagra sibirica Sparrman, Mus. Carls. Tb. 19. Al. mutabilis Gmelin, Syst. Natur. I. 796. Al. yeltonensis Forster, Philos. Transact. XVI. 320. A]. saxicoloides Boie Al. tracal Voigt, Cuyv. Thierreich. Al. semitorquata Brehm. tenuirostris Lafresnaye, Mag. Zool. 1836. Tb. 59. — Chili. tenuirostris Brehm, Naumannia 1855. 579. = Alauda arvensisL. testacea Gmelin, Syst. Natur. I. 797. — Gibraltar. torgquata Brisson, Ornith. II. 342. = Alauda ealandra L. trivialis Linne, Syst. Natur. I. 286. = Anthus arboreus Bechst. tribonycha Hodgson, Grays Zool. Mise. 84. = Alauda malaba- rica Scop. turdina Scopoli, Sonnerats Voy. = Anthus arboreus Bechst. tordina Merrem = Alauda erassirostris Vieill. undata Gmelin, Syst. Natur. I. 797 = Alauda calandra L. verticalis (Pyrrhulauda) Smith, Hllustr. SAfr. Zool. Tb. 25. — Africa merid. vulgaris Oliv, Aves 12 = Alauda arvensis L. yeltonensis Forster, Phil. Transaet. XVII. 350. = Alauda tatarica Pall. 283 Literatur. Astronomie u. Meteorologie. K. Hornstein, über die Bahn des Hindschen Cometen vom Jahre 1847. — Seit dem J. 1859 hat sich Verf. mit der Berechnung dieser Bahn unter Berücksich- tigung aller bezüglichen Beobachtungen und Correctionen beschäftigt. Er giebt zunächst die Beobachtungen von Hind, die mittlen Positionen der Vergleichssterne, berechnet aus beiden die Compositionen, dann die ge- nauern Ephemeriden über die ganze Dauer der Sichtbarkeit mit Rücksicht auf die Störungen der Planeten, vergleicht nun mit denselben die 160 Beobachtungen und erhält nach Correction der Fehler eine Umlaufszeit von 10219 Jahren. — (Wiener Sitzungsberichte LXII. 244 — 260.) C, Puschl, über eine kosmische Anziehung, welche die Sonne durch ihre Strahlen ausübt. — Die Erde empfängt durch die Sonnenstrahlen jährlich eine gewisse Wärmemenge, welche die Quelle fast aller auf der Oberfläche unseres Planeten vor sich gehender Verän- derungen und der dieselbe bewirkenden Kräfte ist. Diese Wärmemenge ist die lebendige Kraft der in den Körpern erregten Bewegung, die sich dem Caleul unterwerfen lässt. Nach der Emanationshypothese ist die Intensität der Sonnenstrahlen dem von den fortfliegenden Stofitheilchen auf die normal getroffene Flächeneinheit ausgeübteu Drucke gleich und folgt daraus, dass diese Intensität gleich ist dem doppelten Arbeitsäquivalente der in einer Secunde gelieferten Wärmemenge dividirt durch die Geschwin- digkeit des Lichtes. Nach der Undulationshypothese ist diese Intensität der Sonnenstrahlen dem an der normal getroffenen Flächeneinheit durch die transversale Verschiebung der Aetherschichten longitudinal ausgeübten Zuge gleich. Da nun in jeder transversal schwingenden Aetherschicht nach der Richtung des Strahles eine longitudinale Drehung herrscht, welche dem Quadrate der entsprehenden Schwingungsgeschwindigkeit pro- portional ist und ferner die Intensität transversaler Aetherwellen gleich ist dem doppelten Arbeitsäquivalente der in einer Secunde auf die Flächen- einheit gelieferten Wärmemenge dividirt durch die Geschwindigkeit ihrer Fortpflanzung: so übt die Sonne durch ihre Strahlen auf jeden getroffe- nen opaken Körper eine Anziehung aus, welche der Abstossung gleich ist, die sich nach der Emanationshypothese durch die von ihr ausgesonderten Stofftheilchen ausüben möchte, Die Berechnung der Intensität der Sonnen- strahlen an der Erde in absolutem Masse ergiebt für ein Quadratmeter An- griffsfläche !/z4sooo Kilogramm und für die ganze Erde 234 Millionon Kilo- gramm. Verf, betrachtet weiter die thermische Anziehung der Sonne auf sehr kleine kosmische Massen und die Verkürzung der Umlaufszeit bei den Cometen. — (Ebda LXI. 299 — 318.) J. Hann, Wärmeabnahme auf der Höhe an der Erdober- fläche und ihre jährliche Periode. — Die Beobachtungen auf dem Theodulspasse in 3333 Meter Höhe zwischen den Hochstationen des Sim- plon und St, Beruhard veranlassten Verf, diese Erscheinuüg- von neuem 284 zu prüfen, Bisher verglich man nur zwei Stationen die hoch und die nächste tief gelegene, allein es wirken lokale Eigenthümlichkeiten ein, welche einen allgemeinen Schluss nicht sicher stellen. Doch verzichtet Verf. annoch auf die Aufstellung eines allgemeinen Gesetzes, sondern giebt zu- nächst nur aus dem reichen Beobachtungsmaterial Vergleichungstabellen und zwar für die Westalpen A, die Nordschweiz B, die Rauhe Alp C, das Erzgebirge D, den Harz E und ergeben dieselben’ eine Wärmeabnahme in Celsius wie folgt für 100 Meter ) A B © D E December 0,441 0,259 0,152 0,560 0,410 Januar 0,449 0,276 0,212 0,368 0,327 Februar 0,526 0,484 0,409 0,471 0,548 März 0,624 0,605 0,517 0,621 0,658 April 0,643 0,653 0,534 0,690 0,682 Mai 0,662 0,673 0,535 0,696 0,669 Juni 0,673 0,613 0,586 0,663 0,707 Juli 0,668 0,657 0,572 0,680. 0,709 August 0,643 0,572 0,481 0,681 0,671 September 0,600 0,532 0,430 0,608 0,581 October 0,560 0,465 0,365 0,507 0,523 November 0,508 0,399 0,465 0,549 0,430 Die Wärmeabnahme in der freien Atmosphäre erfolgt in der Nähe des Erd- bodens am raschesten und wird mit wachsender Höhe immer langsamer. Wegen der weiteren interessanten Verhältnisse müssen wir auf die Ta- bellen des Verf.’s verweisen, die einen Auszug nicht gestatten. — (Ebda LXI 65 — 87.) x MeteorologischeBeobachtungeninGraubündeniim Jahre 1868. — Das Jahresmittel beträgt für die einzelnen Stationen Höhe Celsius Maximum Minimum Barometer Castasegna 700 Met. 10,39 27,4 — 18,0 701,27 Chur 603 9,25 32,2 — 18,7 711,89 Splügen 1471 ,„ 3,94 26,0 — 26,2 638,36 Bernhardin 2070 „ 1,25 19,3 — 22,4 593,43 St. Gotthard 2093 , — 0,31 20,0 — 27,0 583,62 Julier 2244 9. — 0,30 20,5 — 23,2 580,72 Es sind die Beobachtungstabellen der einzelnen Monate zugleich mit der relativen Feuchtigkeit, der Bewölkung und den Niederschlägen im Original mitgetheilt. — (Graubündener naturforsch. Gesellsch. XV. 47—73.) Physik. Dove, über die subjeetivenFarben an denDop- pelbildern farbiger Glasplatten.— Die subjeetiven Farbenerschei- nungen an den Doppelbildern eines Schattenwerfenden Körpers auf farbi- gen Gläsern sind oft untersucht worden, weniger die so entstehen, wenn statt des Schattenwerfenden Körpers eine gleich grosse Spalte in einem undurchsichtigen Schirm angewendet wird, wobei die Farben sich schein- bar umkehren, weil nun die Stellen, wo das Licht allein von der Vorder- fläche und allein von der Hinterfläche gespiegelt wird, sich gegenseitig vertauschen, während das zusammenfallende Licht beider Spiegelungen 285 dann vollständig abgeblendet wird. Will man dies zusammenfallende Licht zugleich wahrnehmen: so muss man die Oeffnung im Schirme so gross machen, dass die Bilder theilweise über einander fallen, wobei bei dün- nen Gläsern freilich die übergreifenden objeetiv und subjectiv gefärbten Ränder sehr schmal werden. Schon 1833 (Poggdffs Annal. 44. S. 158) hat Verf. durch Anwendung polarisirten Lichtes, durch prismatische Ana- Iyse und absorbirende Media die Bedingungen beider Erscheinungen zu er- läutern gesucht, auch mit Spiegelfolie belegte farbige Gläser angewandt. Die Frage ob die auf verschiedenfarbigen Gläsern sehr verschieden gefärb- ten Nebenbilder nur subjectiv gefärbt seien, objectiv hingegen identisch, wurde dadurch bejaht, dass ihre Spectra identisch sich zeigten, während an den Spectris der sie erzeugenden Farben die Unterschiede der Absorp- tionsspectra sich entschieden geltend machten. Dabei blieb unerledigt, ob die subjeetive Farbe in voller Strenge die Ergänzungsfarbe der sie hervor- rufenden objectiven Farbe sind, d. I. ob sie mit dieser zusammenfallend wirkliches Weiss gebe, Entspricht nämlich die Intensität der subjectiven Färbung der Intensität der sie hervorrufenden objeetiven Farbe: so kann jene nur dann die wahre Ergänzungsfarbe dieser sein, wenn die Intensität des von der Vorderfläche refleetirten farblosen Lichtes gleich ist der In- tensität des von der Hinterfläche reflectirten farbigen. Ist jenes Licht heller als dieses: so wird der subjectiven Färbung weisses Licht sich hin- zufügen, im umgekehrten Falle farbiges. Der frühere Versuch in Poggdfl. 71. S. 110 ist nicht entscheidend hierüber. Legt man auf einen Metall- spiegel ein dünnes farbiges Glas: so ist das von der Hinterfläche gespie- gelte Licht viel intensiver als das von der Vorderfläche zurückgesendete. Ist bei einem dicken Glase die Absorption sehr bedeutend: so hat das Um- gekehrie statt. Daraus leuchtet ein, dass bei allmählig zunehmender Dicke die Intensität beider Bilder durch ein Uebergangsstadium vollständiger Gleichheit hindurch gehen muss. Deshalb hat Verf. statt farbiger hinten belegter Planscheiben als spiegelnde-Vorrichtung prismatische Platten an- gewendet, bei denen die Hinterfläche einen sehr spitzen Winkel mit der Vorderfläche macht. Zur Veränderung der Intensität der Doppelbilder warden drei Methoden combinirt: 1. die früher erwähnte Steigerung des innerlich gespiegelten Lichtes durch Belegen mit Spiegelfolie; 2. die auch bei farblosen Platten ungleiche Veränderung der Intensitäten des äusser- lich und innerlich gespiegelten Lichtes durch Veränderung des Einfallswin- kels; 3. die sich steigernde Absorption in farbigen prismatischen Platten, wenn man unter dem unveränderten Einfallswinkel diese senkrecht auf die Richtung ihrer Kante für das ruhende Auge verschiebt. Diese combinirten Methoden lassen sich bei Tages- und bei Lampenlicht anwenden. Für erstes betrachtet man bei der Verschiebung der spiegelnden Platte die weite runde Oeffnung eines Schirmes, für letztes eignet sich besonders die Be- trachtung der milchweissen Glocke einer hellen T,ampe. Prismatische Scheiben stark absorbirender Flüssigkeiten wie Indigolösung erhält man durch capillares Aufsaugen zwischen schwach geneigten in dieselbe tau- chenden farblosen Planscheiben, von denen die hintere auf ihrer Rückseite matt geschliffen ist. Der Einfluss der prismatischen Form der Gläser tritt Zeitschr. f, d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVIl, 1871. 20 286 wie folgt sehr deutlich hervor. Eine fertige Planscheibe auf einen Stahl- spiegel gelegt erhält man die von der Vorder- und Hinterseite entstehen- den Bilder der Dicke des Glases entsprechend schwach an den Rändern übergreifend und hier an der einen Seite die objective an der andern die subjective Farbe. Neigt man nun das farbige Glas gegen den ruhenden Spiegel, so dass sich zwischen denselben ein Luftprisma von zunehmender Neigung seiner Seitenflächen bildet: so entsteht während die Helligkeit der übergreifenden Ränder bei dem Wegfall der Belegung erheblich ab- nimmt, nun ein drittes Bild, das sich beliebig gegen das Bild von der Vorderfläche verschieben lässt, so dass sowohl der objective als subjective Theil eine grosse Ausdehnung gewinnt. Betrachtet man die auf einem Metallspiegel liegende prismatische Platte mit einem Nicol unter dem Po- larisationswinkel der von weissem Tageslicht beleuchteten Vorderfläche, so wird bei der Drehung des Nicols das äusserlich gespiegelte Bild allmählig bis zum Verschwinden geschwächt. Während die Intensität der objectiven Farbe des Glases ununterbrochen zunimmt, der Eindruck derselben also immer gesättigter wird, färbt sich das vorher an der Stelle des Zusam- menfallens beider Bilder gesehene Weiss immer stärker bis es beim Ver- schwinden des Nebenbildes zuletzt die objective Farbe vollkommen ange- nommen hat. In entsprechender Weise treten also bei dem Vor- und Zu- rückdrehen des Nicols dieselben Erscheinungen ein, als wenn man bei un- verändertem Einfallswinkel das Auge von dem dünneren Theil der Platte nach dem dicken hin oder in entgegengesetztem Sinne bewegt. Auf einer Verminderung der Intensität des von der Vorderfläche refleetirten Lichtes beruht es ferner, dass sie die Färbung derPlatte steigert, wenn man. die Vorderfläche behaucht. Selbstverständig bestättigen diese Versuche, dass unter den Bedingungen, wo die übereinanderfallenden Bilder Weiss geben, auch die subjective an dem Rande eines Schatten werfenden Körpers her- vortretende Farbe ihre grösste Intensität erhält. — (Berliner Monatsbe- richte April, S. 151 — 155.) Derselbe, die Farben dicker doppelt brechender Plat- ten. — Die von Newton entdeckten Farben dicker Platten wurden von Brewster 1817 auf die einfachste Form zurückgeführt, indem derselbe für den Hohlspiegel zwei ebene Glasplatten genau gleicher Dicke substituirte, wo der Reflex von der Vorder- und Hinterfläche beider den Gangunter- schied der interferirenden Strahlen hervorruft. Um das störende Ueber- einandergreifen der vier Bilder zu vermeiden fällt das Licht durch eine enge Oeffnung ein. Aber selbst bei Vermeidung dieser Vorsicht traten die Interferenzstreifen sehr deutlich hervor, Auf der Innenseite des Bo- dens und Deckels einer aus zwei auf einander drehbaren Theilen bestehen- den cylindrischen Büchse von 44 Mm. Durchmesser und 18 Mm. Höhe sind zwei gegen die Grundfläche geneigte unbelegte Spiegel gleicher Dicke be. festigt in solcher Entfernung von einander, dass bei paralleler Stellung die Grundflächen des durch die beiden Spiegel und die Oeffnung im Deckel und im Boden gebildeten Rhomboeders 20 Mm. lang und 10 Mm. breit ist. Sieht man durch diese Vorrichtung nach dem Himmel und dreht nun die beiden Fassungen der Spiegel um einander: so werden die vorher paral- 287 lelen Spiegel einen allmählig zunehmenden Winkel mit einander bilden. Die bei einem kleinen Winkel hervortretenden breiten Interferenzstreifen, 9 auf jeder Seite der weissen Mitte lassen sich soweit übersehen, dass ihre allmählige Krümmung deutlich hervortriti,. Beleuchtet man das Spi- ralsystem mit einer homogenen gelben im Brennpunkt einer grossen con- vexen Beleuchtungslinie aufgestellten Lampe: so zählt man 70 gleichweit von einander abstehende dunkle Interferenzstreifen, da die bei Anwendung einer hell beleuchteten Spalte auf 2 der 4 Bilder sehr lebhaft hervortre- tenden Interferenzfarben auch bei einer weiten Oeffnung also nicht ver- schwinden: so erregte dies die Hoffnung, dass bei den doppelt brechenden Platten, wo man im Allgemeinen mit SBildern zu thun hat, es ebenfalls gelingen würde sie zu sehen. Dies gelang mit Bergkrystallspiegeln, die aus einer der Achse parallelen Platte geschnitten waren. Die Interferenz- streifen zeigten sich unter verschiedenen Neigungen der Achse gegen ein- ander, wovon man sich durch Drehung der einen Platte in ihre Ebene über- zeugen kann. Für doppelt brechende Platten ist die Anwendung einer Spalte für das einfallende Licht zweckmässig, aber selbst bei einer wei- ten Oeffnung treten diese Interferenzstreifen hervor. — (Ebda 155 — 156.) L. Ditscheiner, Gangunterschied und Intensitätsver- hältniss der bei der Reflexion an Glasgiitern auftreten- den parallel und senkrecht zur Einfallsebene polarisirten Strahlen. — Die speciell dargelegten Versuche des Verf. ergaben, dass bei der an einer Glasgitterfläche statt findenden Reflexion eines einfallen» den linear polarisirten Strahles, dessen Polarisationsebene gegen die Ein- fallsebene geneigt ist, in ähnlicher Weise wie im durchgehenden Lichte, Beugungsspectra von grosser Schärfe und Reinheit auftreten. In den ver- schiedenen Beugungsspectren haben die parallel und senkrecht zur Einfalls- ebene polarisirten Componenten nicht nur verschiedene Gangunterschiede sondern auch ganz verschiedene Schwächungen erlitten. Wenn man bei bestimmten Einfallswinkeln namentlich bei solchen in der Nähe des Pola- risationswinkels von Spectra mit kleinen Beugungswinkeln zu solchen mit grossen Beugungswinkeln vorrückt, so findet man in den ersten Gangun- terschiede von nahe einer halben Wellenlänge, während derselbe im letz- ten beinah Null ist. Irgendwo zwischen jenen Beugungsspectren , welchen diese Grenzwerthe des Gangunterschiedes zukommen, muss es gebeugte Strahlen geben, bei welchen der Gangunterschied ähnlich wie unter dem Polarisationswinkel bei der gewöhnlichen Reflexion einen raschen Sprung macht. Wahrscheinlich ist ferner, dass bei diesem Vorrücken von Spec- irum zu Speetrum ein Wandern der dunkeln Interferenzstreifen gegen Vio- lett eingetreten ist, dass also die parallel zur Einfallsebene polarisirte Com- ponente verzögert erscheint gegenüber der senkrecht zu ihr polarisirten. Die senkrecht zur Einfallsebene polarisirte Componente ist stets mehr ge- schwächt wie die parallel zu derselben polarisirte. Das Intensitätsverhält- niss dieser beiden Componenten ist bei den oben angeführten Einfallswin- keln namentlich ein von Speetrum zu Spectrum rasch wechselndes. Die hierdurch bewirkte Drehung der Polarisationsebene ist eine ungleich be- deutendere wie in den bis nun beobachteten Fällen bei durchgehendem 20 * 288 Lichte. In manchen Spectren sind die beiden Componenten nahe gleich intensiv, während in den nicht allzuweit von ihnen entfernten "fast nur die parallel zur Einfallsebene polarisirte Componente zur Erscheinung beiträgt. Gangunlerschied und Intensitätsverhältniss ändern sich auch oft nicht un- wesentlich in einem und demselben Spectrum, wenn der Einfallswinkel sich ändert. — (Wiener Sitzungsberichte LX. 567 — 588.) Edm. Reitlinger u. M. Kuhn, über Spectra negativer Elektroden und lange gebrauchter Geisslerscher Röhren. — Zwischen Brewsters und Millers Arbeiten bis zu denen von Bunsen und Kirchhoff vollzog sich der Fortschritt der Speetralanalyse vorzüglich auf elektrischem Gebiete. Man lernte die Metalllinien von denen der Luft- bestandtheile trennen und Dove lenkte schon 1858 die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Spectra von einer positiven und einer negativen Elekt- rode, hob die unmessbar schnelle Umwandlung des einen Specetrums in das andere bei der Commutation und die eventuellen Aufschlüsse, die man auf diesem Wege über die Beschaffenheit des Nordlichts bekommen könne, hervor. Im selben Jahre begann auch Plücker seine Arbeiten über die Spectra in Geisslerschen Röhren und van der Willigen verglich das Luft- spectrum an der positiven und negativen Elektrode und constatirte die letztem eigenthümlichen drei Maxima. Diese und Doves Beobachtungen blieben bis vor Kurzem ohne Fortsetzung, aber an die mit verdünnten Ga- sen gefüllten Röhren knüpfte sich die räthselhafte Entdeckung mehrfacher Spectra desselben ‚Stoffes. Dubrunfaut bestritt dieselbe, indem er das zweite Wasserstoffspectrum Wüllners durch Stickstoffreste im Gase er- klärte, was Wüllner nicht zugestand. Später handelte Waltenhofen über die Reihenfolge, in der Spectrallinien bei fortgesetzter Verdünnung ver- schwinden. Vorher schon hatte Plücker das eigenthümliche magnetische Verhalten des Lichtes am negativen Pole entdeckt, ohne genügende Erklä- rung dafür zu geben. Verf. nahmen Dove’s und Willigens Studien aus drei Rücksichten wieder auf: 1. hofften sie Aufschlüsse über das magne- tische Licht, 2. schien esihnen möglich spectralanalytische Kennzeichen für negativelektrische Zustände zu bekommen und dadurch negative Elektrieität vielleicht in grossen irdischen und himmlischen Erscheinungen entdecken zu können, 3. erwarteten sie, vielleicht zwischen den mehrfachen Speectris eines Stoffes im engen Theil und den mehrfachen Spectris je nach der Elektrode einen Zusammmenhang zu entdecken. Sicher standen neue That- sachen in Aussicht, wenn sie den Unterschied des Lichtes an den beiden Elektroden nicht blos bei Luft, sondern bei den einzelnen Gasen aufsuch- sen, zumal bei Wasserstoff, Sauerstoff ete. Sie nahmen also eine Stick- stoff- (N), Wasserstoff- (H) und Sauerstoffröhre (0) und fanden am ne- gativen Pole von N die 3 Willigenschen Maxima, am negativen Pole von H ein grüngelbes Maximum, an demselben von Ö sechs Maxima ein rothes, gelbgrünes, grünes, grünblaues, blaues und violetes. Sie beabsichtigten die sämmtlichen Spectra dieser Röhren zu zeichnen und sie mit dem Son- nenspectrum zu combiniren, um die Resultate auf die nächstliegenden Frauen- hoferschen Linien sowohl selbst mit Beobachtungen der Aurora borealis, des Zodiacallichtes, der Protuberanzen ele, vergleichen zu können wie auclı 259 andern Beobachtern dazu Gelegenheit zu geben. Ihre Beobachtungen ge- schahen mit einem gewöhnlichen Spectralapparate mit Steinheilschem Flint- glasprisma und nahmen noch einen grossen mit drei Prismen zu Hilfe. Da erschienen Secchis bezügliche Arbeiten über das Sonnenspectrum, in welchen die verschiedenen Spectra demselben Stoffe bei verschiedener Tem- peratur zugeschrieben werden. Verff. fanden als Resultat: von den drei Maximis am negativen Pole der Nröhre stimmt das am wenigsten brech- bare mit der hellsten Sauerstofflinie, das zweite mit gar keiner Linie eines engen Theiles, das dritte stimmt mit einem schwachen Bande im engen Theile der Nröhre. Das Maximum am negativen Pole von H stimmt mit keiner Linie im engen Theile der unmodifieirten Röhre. Von den 5 Ma- ximis am negativen Pole von OÖ stimmt das gelbgrüne mit einer Linie im engen Theile der Oröhre, das blaugrüne mit einer Linie im engen Theile der Nröhre, das violete mit der violeten Quecksilberlinie, das grüne und das blaue mit keiner Linie im engen Theile der unmodifieirten Röhren, Bei Vergleichung der drei negativen Spectra unter einander fand sich, dass gar keine Maxima mit einander übereinstimmen, doch findet sich das violete Maximum am negativen Pole des O als deutliche Linie auch am negativen Pole des N. Da beide Röhren mittelst der Quecksilberluftpumpe hergestellt sind, so kann das Auftreten der violeten Quecksilberlinie nicht verwundern. Unter Berücksichtigung des Quecksilberspectrums ergiebt sich das wichtige Resultat, dass man mindestens 6 verschiedene Spectra in den 3 Röhren hat. Die lange fortgesetzten Beobachtungen am grossen “ Apparate ergaben die von Wüllner beobachtete Veränderung der Wasser- stoffröhre und zugleich eine interessante Modifieation der Stickstoffröhre. Die modifieirte H lieferte Wüllners H II. Dieses und das Spectrum im engen Theile der noch nicht modifieirten N erwies, dass dieses Spectrum nicht von Stickstoffresten in der H herrühren kann, dass Wüllner gegen Dubrunfaut Recht hat. Die Modification der Nröhre nahm folgenden Ver: lauf. Während anfangs das negative Glimmlicht scharf begränzt und we- nig ausgebreitet den negativen Poldraht umgab und der jenseits des dunk- len Raumes befindliche Theil des betreffenden weiten Röhrenstücks wenig hell war, wurde nach einiger Zeit das Glimmlicht grösser und füllte den ganzen Raum um den negativen Poldraht bis zum Glase, zugleich war auch der jenseits des dunklen Raumes befindliche Theil des betreffenden Röhrenstücks heller geworden. Die weitere Veränderung trat derart ein, dass das Glimmlicht fast verschwand, das Licht an der Uebergangsstelle von der capillaren Röhre zum Stücke am negativen Pole sich schichtete und eine hellere Stelle zeigte, das Licht im engen Theile der Röhre an Helligkeit abnahm und lavendelblau wurde, endlich auch im Stücke am positiven Pole dunkle Schichten auftraten. Nach '/, Stunde war die Mo- dification vollendet und es verschwanden die während des Uebergangs wahrnehmbaren Linien wieder gänzlich, dagegen trat nun eine wunder- schöne sehr lebhafte Fluorescenz ein und zwar nicht blos am, negativen Pole sondern wohl in den am negativen Pole befindlichen Röhrenstück, aber nur jenseits des dunklen Raumes, gegen den engen Theil der Röhre zu am lebhaftesten. Auch wo der positive Poldraht das Glas berührt, trat 290 deutliche Fluorescenz ein, bisweilen in allen Theilen der Röhre bis zum dunkeln Raume. Zugleich war am positiven Pole eine dem Glimmlicht im spätern Stadium ähnliche Liehtumfluthung eingetreten. In der capillaren Röhre bemerkte man während des Umwandlungsprocesses hell leuchtende gelbe Punkte an dem dem negativen Pole näher gelegenen Ende der Röhre. In der Spectralanalyse ergaben dieselben ein äusserst lebhaftes Natrium- speetrum. Bei Untersuchung einer modifieirten Nröhre mit dem kleinen Apparate und dem Vergleichsprisma ergab sich: die 3 Maxima am nega- tiven Pole der unmodificirten Nröhre sind jetzt in allen Theilen der Nröhre sichtbar. Am negativen und positiven Pole sieht"man fast nur die 3 Ma- xima, in der Mitte ein reicheres Spectrum und mit Ausnahme einiger schwachen Nebenlinien stimmen dieses Spectrum und das am negativen Pole der unmodificirten Stickstoffröhre überein. Diese Beobachtung ge- winnt an Interesse mit der Erinnerung, dass nun auch der positive Pol wie von Glimmlicht umfluthet ist und dass die Fluorescenz des Glases jetzt keineswegs mehr am negativen Pol allein auftritt sondern auch jenseits des dunklen Raumes und am positiven Pole ja bisweilen hier noch stärker. In solcher Weise bekömmt nach langem Gebrauch eine Nröhre ebenso wie eine Hröhre ein neues Spectrum, das sich als N II auffassen lässt. Nun ist es aber bekanntlich das Spectrum des negativen Poles, das sich in der modificirten Röhre in allen Theilen findet, ist vielleicht Aehnliches auch bei der modifieirten Hröhre der Fall. Kaum ist der Hinweis nöthig, welch merkwürdiger Zusammenhang sich in diesem Falle zwischen den Spectris am negativen Pole und den neuen Spectris im engen Theile durch langen Gebrauch modifieirter Röhren ergäbe und wie dadurch Wüllners H II in eine höchst beachtenswerthe Beziehung gebracht wäre. Die Beobachtung zeigt am negativen Pole einer Nröhre ein grüngelbes Maximum, dem eine grüne und eine grüngelbe Linie vorangehen und eine blaugrüne und blaue folgen, die mit dem grünblauen und blauen Maximum des negati- ven Poles der Sauerstoffröhre vollkommen übereinstimmen. Im engen Theile der modifieirten Röhre ist die Natriumdoppellinie am hellsten, ge- hört aber nicht zu H II. Hiervon sind im kleinen Apparat 5 Linien sicht- bar, die mit dem am negativen Pol der Wasserstoffröhre bemerkbaren voll- ständig übereinstimmen, nur dass das Maximum nicht so deutlich hervor- tritt. Eine Röhre wurde auf einer zweistiefeligen Luftpumpe bis zum tiefsten Baromelerstande ausgepumpt und zeigte dann im engen Theile eine Uebereinanderlagerung des gewöhnlichen O-, H- und NSpectrums, die Sauerstofflinien am hellsten. Am negativen Pole der Röhre sah man auch drei Maxima übereinstimmend jedoch mit H« Hß und Hy. Interesse be- anspruchen auch die Fluorescenzerscheinungen, die besonders am nega- tiven Pol hervortreten nach der gewöhnlichen Auffassung. Aber durch die Spectralanalyse ist es wahrscheinlich geworden, dass die Zusammensetzung des von einem glühenden Körper ausgesendeten Lichts nicht von der Ur- sache des Glühzustandes z. B. Verbrennungsprocess, elektrischer Strom etec., sondern nur von der materiellen Beschaffenheit des glühenden Kör- pers abhängt. Was ist Fluoreseenz anders als die Wirkung ultravioleter Lichtbestandtheile? Warum hier also etwas anderes annehmen? Dadurch 291 dass nun mit der Verbreitung des sichtbaren Speetrums des Lichtes am negativen Pole durch die ganze Röhre eine analoge Ausbreitung der Fluo- rescenzwirkung Hand in Hand geht wird die richtige Auffassung der Fluo- rescenzwirkung unterstützt. Interessant ist es ferner, dass bei einer mo- difieirten Nröhre die Fluorescenzwirkung unter gewissen Umständen durch Stromtheilung wie verstärkt erscheint. Dies ist kaum anders zu erklären, als dass im letzten Falle grade der die Fluorescenzwirkung bedingende ma- terielle Träger einen mindestens relativ grösseren Antheil an der Strahlen- emission erhält. Nochmals kurz das Resultat zusammenzufassen: es ver- hält sich mit denultravioleten Strahlen wie mit den sichtbaren, sie werden von den Stoffen wenn dieselben glühen, emittirt, sind für dieselben cha- rakteristisch wie Spectrallinien, aber unabhängig von der Glühursache sei dieselbe chemisch oder elektrisch. Schliesslich auf die Frage der mehr- fachen Spectra einfacher Stoffe und auf die Spee!ra positiven und nega- tiven Lichtes zurückkehrend sprechen die Verbreitung der Spectra des ne- gativen Lichtes in modifieirten Röhren und das Wasserstoffspectrum am negativen der selbst erzeugten Röhren für den stofflichen Ursprung dieser Spectra. Sollte bei dem Zusammenhange der Spectra modifieirter Röhren mit denen des negativen Lichtes nicht auch der stoffliche Ursprung dieser zweiten Spectra wahrscheinlich sein? Die Thatsache, dass der negative Pol einer neuen Röhre schon dasselbe Spectrum besitzt wie der enge Theil der lange gebrauchten, erklären Verff., dass ein bestimmtes Stoffgemenge durch dieses Spectrum charakterisirt am negativen Pole glüht. Jedenfalls „lüht sodann dieses selbe Gemenge bei der modifieirten Röhre auch im engen Theile sei es, dass sich durch den laugen Gebrauch dieses Stoffge- menge selbst immer mehr entwickelt z. B. aus dem Glase oder sei es, dass es. durch Verschwinden des Haupistoffes, indem z. B. derselbe von den Elektroden absorbirt wird, zur überwiegenden Geltung in der ganzen Röhre kömmt. In dem Stoffgemenge dürften sich übrigens Stoffe in grös- serer Anzahl finden. — (Wiener Sitzungsberichte LXI. 408—416.) Schultz Sellack, Zusammenhang der optischen und che- mischen Lichtabsorption bei den Silberhaloidverbindun- gen. — Diese Verbindungen, die mit vielen andern Substanzen die Fähig- keit dureh Licht verändert zu werden theilen, sind dadurch ausgezeichnet, dass sie durch Licht photographisch erregt werden, d. h. das Vermögen erhalten, Quecksilberdampf aus der Luft oder entstehendes Silber aus einer Flüssigkeit anzuziehen gemäss der Intensität der Beleuchtung. Diese Erregung ist durch die chemische Veränderung bedingt und erreicht ihr Maximum bevor die chemische Zersetzung durch Farbenänderung oder auf andre Weise bemerkbar wird. Mittelst des photographischen Verfahrens lässt sich deshalb die Veränderung der Silberhaloidsalze in sehr dünnen Schichten durch die verschiedenen Farben am besten untersuchen. Verf, wies früher nach, wie sich die Haloidverbindungen des Silbers, Chlor-, Brom-, Jodsilber geschmolzen als glasklare Massen ‚erhalten lassen, in diesem Zustande werden sie durch Licht langsam verändert und eignen sich besonders zur Untersuchung der optischen Absorption, welche zu- gleich die chemische enthält, denn die eine chemische Veränderung be- 292 wirkenden Strahlen werden absorbirt und da Lichtstrahlen und chemische Strahlen gleicher Brechbarkeit untrennbar sind, wird auch die Lichtwir- kung entsprechend geschwächt. Wohl aber könnte man annehmen, dass gewisse Farben optisch stark absorbirt werden ohne eine chemische Ver- änderung der Substanz zu bewirken. Bei den Silberhaloidverbindungen ist dies nicht der Fall; alleFarben, welche von diesen Stoffen in der Dieke von einigen Millimetern merklich optisch absorbirt werden, bewirken Zer- setzung. Der Vorgang der Lichtabsorption ist also in diesen Stoffen stets mit Zersetzung der Moleküle verknüpft; die Stärke der Zersetzung durch die photographische Erregung gemessen scheint im Allgemeinen, ist aber durchaus nicht stets der optischen Absorption proportional, Das der Linie G benachbarte Licht des Spektrums wird von Jodsilber optisch schwach absorbirt und wirkt photographisch am intensivsten, daraus kann man schliessen, dass für die andern Strahlen nur ein kleiner Theil der leben- digen Kraft der Lichtbewegung in Chemismus umgesetzt wird. Verf. stellte seine Versuche mit gläsernen Linsen und Prismen an, der ultraviolette Theil des Sonnenspectrums war deshalb schwach und nur bis OÖ wahrnehm- bar, Für den ultravioleten Theil des Spectrums sind alle drei Silbersalze empfindlich. Jodsilbercollodium ist empfindlich bis !/; GF, die G zunächst nach F hin liegenden Strahlen sind besonders stark wirksam und das Bild ist nach F hin scharf abgeschnitten auch bei sehr langer Exposition. Jod- silbercollodium im reflectirten Lichte gelb, ist in der Durchsicht als trübes Mittel röthlichgelb und absorbirt optisch stark bis zum Grün; eine dünne optisch ziemlich homogene Schicht Jodsilber wird durch Jodiren eines Silberspiegels erhalten. Solche Schichten von ®/,—/,; Dwellenlänge Dicke erscheinen schwach schwefelgelb und zeigen im Spectroskop eine Absorp- tionsbande von G bis !/;, GH, von da an bis zum sichtbaren Ende des Spectrums bedeutende Schwächung des Lichtes, bei wenig grösserer Dicke wird alles Licht über G hinaus vollständig absorbirt. Das Licht von @ bis 1/, GF dagegen, welches Jodsilbereollodium photographisch stark er- regt, wird nur wenig absorbirt, Photographirt man also einen Gegenstand auf Jodsilbercollodium und bringt vor die Camera eine solche dünne Jod- silberschicht: so wirkt diese wie eine Beleuchtung mit dem annähernd ho- mogenen Licht G bis 1/;, GF; Verf. erzeugte auf diese Weise Newtonsche Ringe zwischen einer Planfläche und einer Convexlinse sehr scharf und bis zum 70sten erkennbar photographirt. Jodsilber erstarrt geschmolzen zu einer glashellen Masse, die aber beim Erkalten plötzlich rissig und trübe wird und nur stellenweise zuweilen durchsichtig bleibt; die Farbe ist bei 2 Mm- Dicke nicht dunkler als die äusserst dünnen Schichten von weniger als 0,0085 Mm., die Absorption ist bis !/, GF bemerkbar, über- einstimmend mit der Gränze der photographischen Erregbarkeit. Brom- silbercollodium ist erregbar bis !/, GF, bei sehr langer Exposition bis F empfindlich; die Erregbarkeit ist sehr viel schwächer als die von Jodsil- ber. Bromsilbercollodium erscheint viel weniger gefärbt als Jodsilbereol- lodium von gleichem Gehalt an Silbersalz. Durch Bromiren eines Silber- spiegels erhält man eine etwas trübe aber kaum gefärbte Schicht. Ge- schmolzenes Bromsilber ist hell bernsteingelb, in dicker Schicht bedeutend 293 intensiver als Jodsilber, eine Schicht von 0,5 Mm. Dicke zeigt fast völlige Absorption bis !/, GF, eine dickere Schicht bis gegen F, die im Vergleich mit Jodsilber schwächere photographische Erregung des Bromsilbers ent- spricht also der langsameren optischen Absorption. Chlorsilbercollodium ist stark erregbar nur bis H, bei sehr langer Exposition schwach bis ?/, GH. Chlorsilbereollodium ist sehr schwach gefärbt, Chlorsilber geschmol- zen erscheint völlig farblos, in dünnen Schichten lässt es das ganze sicht- bare Spectrum bis über H fast ungeschwächt durch. Eine Schicht von 5 Mm. Dicke absorbirt aber deutlich bis 1, HG. Nach der Praxis sind Ge- mische von Jod- und Bromsilber- und von Jod- und Chlorsilbercollodium zur Wiedergabe von Farben brauchbarer als reines Jodsilber. Das durch Schmelzen erhaltene Gemisch von Jod- und Bromsilber ist rothgelb und absorbirt schon in dünnen Schichten alles Licht bis über F hinaus, ebenso ein Gemisch von Jod- und Chlorsilber, das aber nicht in klar durchsich- tiger Schicht zu erhalten. Die Haloidverbindungen des Silbers werden also durch alle Strahlen cheinisch verändert, auf welche sie in einer Schicht von einigen Millimetern eine merkliche optische Absorption aus- üben. Bei hoher Temperatur färbt sich Brom- und Jodsilber tief schwarz- braun und danach erweitert sich entsprechend auch die photographische Erregbarkeit. Wahrscheinlich gilt derselbe Zusammenhang von Luftab- sorption und Chemismus auch für andere Stoffe. Das in Licht veränderte Chlorsilber, das Silberchlorür ist braunschwarz und übt auf das ganze sichtbare Spectrum eine starke optische Absorption aus. Uebrigens hat auf die Reeiprocität des chemisch wirksamen und des durchgehenden Lich- tes schon Herschel aufmerksam gemacht nach Versuchen über das Bleichen von vegetabilischen Farbstoifen und Draper nach Versuchen über die Zer- setzung des citronsauren Eisenoxydes. — (Berliner Monatsberichte, Februar 56 —59.) Chemie. W.F,Gintl, eine Verbindung desSilberrhoda- nides mit Ammoniak. — Bekanntlich setzt eine Auflösung von Sil- berrhodanid in einem Ueberschusse von Kaliumrhodanid oder der entspre- chenden Ammoniumverbindung auf Zusatz von Ammon prächtig irisirende Krystallblättchen ab, die man für Silberrhodanid nimmt, obwohl sich das- selbe sonst nie in ähnlicher Form erhalten lässt. Verf. vermuthete darin eine Verbindung des Silberrhodanids mit Ammoniak und sah sich durch _ die Untersuchung nicht getäuscht. Das Material wurde gewonnen, dass zu einer mit Ammon in Ueberschuss versetzten Silbernitratlösung eine Auf- lösung von Kaliumrhodanid so lange geträufelt wurde, als noch eine Aus- scheidung der glänzenden Krystallschüppchen bemerkbar war. Der sei- denglänzende Niederschlag wurde auf einem Filter gesammelt, mit Am- monhaltigem Wasser gewaschen, zwischen Fliesspapier gepresst und in ein verschliessbares Gefäss gebracht. Die Analyse erwies Silber, Ammo- niak, Schwefel, Cyan und Wasser, Die quantitative Analyse wurde nur auf den Silber- und Ammongehalt erstreckt und ergab die Formel ENS, Ag + NH,, gefunden Ag58,63— 58,69 und NH,8,53— 9,18. Aehnliche Zahlen lieferte die Analyse jenes Körpers, der durch Zusatz von Ammon zu einer Lösung des Silberrhodanides in Kaliumrhodanid abgeschieden 294 werden kann, wie auch die Verbindung, welche durch Auflösen von frisch gefälltem Silberrhodanid in überschüssigem Ammon bei Siedehitze und Er- kalten der Lösung in ähnlichen Krystallblättichen erhalten wurde. Verf. nennt diese Verbindung Argyrammoniumrhodanid, sie ist sehr unbestän- diger Natur und verliert schon an der Luft ihren Ammoniakgehalt voll- ständig, wobei die Krystallblättchen ihren Glanz einbüssen und zu amor- phem weissen Pulver von Silberrhodanid zerfallen. Noch rascher aber be- wirkt Wasser diese Veränderung. — (Wiener Sitzungsberichte LX, 474 — 476.) Derselbe, zur Kenntniss der Verbindungen gepaarter Cyanmetalle mit Ammoniak. — Wird zu einer mit überschüssigem Ammon versetzten’ Silbernitratlösung Kaliumferrocyanid gefügt, so ent- steht ein schwerpulveriger weisser Niederschlag, der in Wasser äusserst schwer löslich, in grossem Ammoniaküberschuss nur sehr spärlich löslich ist. Die Substanz ist amımoniakhaltiges Silberferroeyanid und lässt sich auch erhalten durch Einwirkung von Ammon auf feuchtes Silberferrocya- mid. Die Analyse ergab Cyan, Eisen, Silber, Anımoniak und Wasser und führte zu der Formel CygFeAg, + 2NH, + 6HO, gefunden wurde näm- lich 8,26 Fe, 59,89 Ag,, 3,89 NH,. Eine gegründete Erklärung über die Constitution dieser Verbindung lässt sich noch nicht geben. — (Ebda 470 — 474.) C. Beckerhinn, neue Darstellung des Jodphosphoniums. — Wenn zu zweifach Jodphosphor in einer Retorte langsam Wassertrop- fen gelassen und die Retorte im Wasserbade erwärmt wird: so entwickelt sich nicht wie in der Kälte Jodwasserstoffsäure, sondern es bilden sich weisse Nebel, die im Retortenhalse zu hübschen Krystallen sich verdichten, welche sublimirbar sind und Würfelform haben. Nach der Analyse und ihrem Zerfallen bei Behandlung mit Wasser in Jodwasserstoff und Phos- phorwasserstoff sowie nach ihren physikalischen Eigenschaften charakteri- siren sie sich als Jodphosphonium und scheint der Process nach folgender Gleichung vor sich zu gehen: = H PJ, + 4(H,0) en u PO Da ' J H, J Jodwasserstoff entwickelt sich in geringer Menge. Da diese Methode gute Ausbeute liefert: so empfiehlt sie sich besonders. — (Ebda LXII. 420.) S. L. Schenk, Stickstoffgehalt des Fleisches. — Der Ge- halt des Stickstoffes variirt um 0,1— 0,7 Grm. auf 100 Grm. feuchte Sub- stanz berechnet und versuchte Verf. den Procentsatz genauer festzustellen als es bisher geschehen. Er verbrannte das Fleisch verschiedener Thiere mit Natronkalk und ermittelte den Stickstoff und giebt die erhaltenen Zah- len an, welche bis 0.4 Stickstoff auf 100 Fleisch differiren, selbst in einem Stück Hundefleisch schon um 0,06 — 0,46. Die Stickstoffmenge stellt sich auf feuchte Substanz berechnet im Mittel bei den Rindfleisch auf 3,52, Pferdefleisch 3,17, Kaninchenfleisch 3,35, Hundefleisch 3,25, Menschenfleisch 3,85. Einen Einfluss auf die Differenz hat der variabele Fettgehalt, wo- für Verf. die Zahlen anführt. Auch den Antheil des Bindegewebes er- mittelte Verf., welcher den Stickstoffgehalt im Fleische steigert und da 295 die Menge dieses in dem Fleische sich nicht feststellen lässt: so ist auch eine einigermassen genaue Berechnung für den Stickstoffgehalt des Flei- sches nicht zu erzielen. — (Ebda LXI. 47 — 54.) Ed. Czumpelik, zur chemischen Geschichte des e) Cy- mols. — Dasselbe kommt meist in Begleit des Cuminols, des Aldehyds der Cuminsäure vor so im Oel von Cuminum cyminum und Trapp, von Cicuta virosa und scheint das Cuminol durch Oxydation aus Cymol her- vorzugehen. Cannizzara, der die Methoden zur Darstellung aromatischer Alkohole lehrte, zeigte, dass aus Benzylalkohol mit Kalilauge leicht To- luol regenerirt wird, während Kraut unter denselben Bedingungen die Bildung des Cymols aus dem Cuminalkohol beobachtete. Das veranlasste Verf, die Darstellung der Derivate des Cymols aus diesem Kohlenstoff zu versuchen. Bekanntlich hat Siveking bei dem Einleiten von Chlor oder Zusatz von Brom zu Wasser mit schwimmendem Cymol direete Verbin- dungen dieser Haloide mit Cymol von der Formel C,0H44Clz, CioH4aBrz als wasserhelle ölige Flüssigkeit erhalten, die im Wasser nicht, in Alkohol schwierig löslich sind, sich unter Entwicklung von Chlor oder Bromwas- serstoffsäure zersetzen. Durch Kochen mit alkoholischer Kalilösung wurde der Bromverbindung alles Brom entzogen unter Bildung einer dem Cymol sehr ähnlichen Substanz C,oHjs- Dagegen zeigt Fittig, dass das «) Cymol sich nicht direet mit 2 At. Brom verbindet, sich vielmehr ein schweres öliges weder für sich noch mit den Wasserdämpfen unzersetzt destillirba- res Substitutionsprodukt bildet, dass ferner « und 8Cymol Nitroverbindun- gen liefern, die sich von einander unterscheiden. Verf. verschaffte sich das einfach gechlorte Substitutionsproduct des Cymols C,oH,;Cl, welches das Chlor nur in der Seitenkette enthielt. Das sollte mit alkoholischem Kaliumacetat Cumylacetat geben, welches als Ausgang der andern Cymol- derivate dienen sollte, wobei Verf. zugeschmolzene Röhren benutzte. Er trennte zunächst das Cymol durch fractionirte Destillation von dem Cu- minaldehyd, kochte mehre Tage in einem Kochkolben mit verkehrtem Liebigschen Kühler mit Natrium, destillirte ab und rectifieirte über Na- trium, und erhielt 125 Grm, rectifieirtes Cymol. Darauf wurde bei dem Kochpunkte des Cymols Chlor eingeführt. Die Reaction verläuft regelmäs- sig unter Entbindung von Strömen von gasförmiger Chlorwasserstoffsäure, Bei stärkerer Chlorentwicklung entzündet sich der Dampf des Cymols in der Chloratmosphäre unter Abscheidung von Kohle, Dies zu verhüten wurde durch ein URohr Kohlensäure mit dem Chlor gemengt und das verdünnte Chlorgas auf das siedende Cymol einwirken gelassen. Das ge- chlorte Produet wurde mit Wasser und verdünnter Sodalösung gewaschen, rectifieirt. Die Analyse des Rohproduktes gab 15,69 Chlor, die Formel erfordert 21,07. Dieses gechlorte Product wurde auf eine concentrirte al- koholische Lösung von geschmolzenem Kaliumacetat iu zugeschmolzenen Röhren bei 150° C* im Luftbade mehre Stunden erhitzt. Nach dem Ab- kühlen zeigte die massenhafte Abscheidung von Chlorkalium, dass die Einwirkung stattgefundeu. Der Röhreninhalt wurde von Chlorkalium ab- filtrirt, aus dem Filtrat der Alkohol abdestillirt, die Vorlage gewechselt bei 2,360 C. Das überdestillirte ölige Product wurde mit Wasser und ver- 296 dünnter Sodalösung gewaschen, rectifleirt und über trocknem Chlorealeium entwässert. Dieser Körper stellt eine ölige angenehm riechende Flüssig- keit dar und enthielt 74,04— 73,91 C,,, 9,9—9,98H,,, nach der Theorie 16,660,. Dass der der Kohlenwasserstoff zu niedrig, der Wasserstoff zu hoch ausgefallen , lag in der Unreinheit des Cumylacetats. Verf, will die Arbeit fortsetzen und sieht folgende Fälle voraus. Ist die Substitution in der Methylkette des Cymol: C,H C;H H IC io y Hr cl erfolgt, so muss er auf diese Art auf den Cuminalkohol C,H,< SR 0H 0, 2 C,H respective Cuminsäure (;H,< 70H kommen. Ist das Chlor jedoch in on 1,0 der Propylkette des Cymols C,H,< : so wird unbedingt ein Isomer des Cuminalkohols san on CH, und der Cuminsäure GE ie m entstehen, — 3 (Wiener Sitzungsberichte LXII. 486 — 49%.) Derselbe, einige Derivate der Cuminsäure, — Die vom Verf. aus der Cuminsäure dargestellte Oxysäure ist von der durch Cahour dargestellten ganz verschieden, Letztre ist unbedingt als carboxylirtes Thymol OH GH;< c3H? COOH aufzufassen, des Verf.’s Oxysäure dagegen hat die rationelle Formel Gun erscheint also als Oxypropylphenylameisensäure, als ein Glied einer Reihe von aromatischen, zweiatomig einbasischen Säuren, welche die wirklichen correspondirenden Verbindungen der Milchsäure- gruppe bilden, denn sie enthält nach Kekule zwei Wasserreste, von de- nen der eine an mit Kohlenstoff gebundenem Sauerstoff hängt und dem- nach dem Wasserreste der Säuren entspricht, während das andere Hydro- xyl nur an Kohlenstoff und Wasserstoff angekettet ist und daher dem Hydroxyl der Alkohole gleichkommt; kurz der Charakter der Säure wird klar, wenn man sie als eine aromatische Verbindung mit zwei Seitenket- ten, von denen die eine das Hydıoxyl, die andere von dem Propylrest und dem Carboxyl gebildet werden. Verf. versuchte aus der Cuminsäure die bromhaltige Cuminsäure zu erhalten, um daraus andere Verbin- dungen herzustellen. So hatte die Einwirkung dieser gebromten Säure C,H u11 cänen Eisperiode, Collomb nimmt während der jungtertiären Periode in Mitteleuropa Gletscher und schwimmende Eisberge an, Julien und Laval leiten im Puy Dome und Cantac von Gletschern die Bildung des wegen sei- ner fossilen Knochen berühmten Bimsteintuffhügels von Perrier ab. Col- lomb lıat diese Thatsache besonders im Cantal im Allagnonthale bei Murat u.a.0. bestättigt gefunden, und glaubt, dass diese Gletscher ihre grösste Entwicklang am Ende des jüngsten Plieän hatten. Haast versetzt die Bil- dung alter Moränen mit Dinornisknochen in Neuseeland in dieselbe Zeit. Alles betrachtet über die Verbreitung erratischer Blöcke vor der Diluvial- zeit verliert deren Herleitung von Gletschern mit dem Zunehmen des Alters der Formationen mehr und mehr an Wahrscheinlichkeit. Den Gletscher- theoretikern war es willkommen, dass Agassiz Gletscherspuren auch im Amazonenbecken gefunden hat, was jedoch nicht die Existenz von Glet- schern in Perioden befürwortet, in welchen auf der ganzen Erdoberfläche ein tropisches Klima herrschte. Verf. ist entschieden gegen die erratische Eisbildung der paläozoischen Conglomerate, der permischen und denen des alten rothen Sandsteines und überhaupt gegen Ramsay’s und Harkness phantastische Annahme, welche tiefe Seebecken in Gebirgen durch die Bewegung des Eises aushöhlen lassen. Dagegen sprechen die Form, Grösse, der Grund solcher Becken, wie nicht minder die Gesetze der Me- chanik. Boue rückt die jetzige Gletscherbildung nur bis zum Anfang der ältern Alluvialperiode zurück und erklärt durch sie die Zerstreuung erra- lischer Blöcke, ohne deren Vereinzelung durch schwimmende Eisberge auszu- schliessen. Für die tertiäre und Kreidezeit erlauben die selır wenigen That- sachen nicht die Annahme von Gletschern und Eisschollen. Wenn damals Eis und Schnee vorhanden gewesen, konnte es nur anf den höchsten Gipfeln der Gebirge während des Winters aber nicht während des Som- mers des Fall gewesen sein. Als Ultraglacialist möchte Thompson die 2.“ grossen eckigen Granitstücke im Chloritschiefer des krystallinischen Schiefergebirges von Islay in WSchottland als durch Eisschollen abgeselzt betrachten! Zum Schluss führt Verf. noch die specielle Literatur über die Bewegung von Blöcken durch Eis auf Flüssen, Seen und am Meeresufer an, welche denen die sich mit diesem Gegenstande beschäftigen sehr will: kommen sein wird. — (Wiener Sitzungsberichte LXI, 355 — 363.) Wiegmann, ein oberoligocänes Geschiebe bei Hohen- dorf, — Auf der zwischen Calbe und Bernburg bei Hohendorf gelegenen Grube, in welcher die Braunkohle unter einem durchwühlten Septarienthon lagert, fand sich ein Geschiebe eines grauen mit feinen Glimmerschüpp- chen gemengten, conchylienreichen Sandsteines. Ein Theil desselben ent- hielt 21 Conchylienarten: Tritonium flandrieum, Fusus Waeli, Cassis me- gapolitana, Pleurotoma laticlavia, Pl. Selysi, Pl. duchasteli, Pl. Moreni, Natica Nysti, Turritella Geinitzi, Bithynia spee., Dentalium sper., Bulla utrieulus, B. intermedia, B. Laurenti, Nucula compta, N. peregrina, Seda gracilis, L. pygmaea, L. glaberrima, Cryptodon unicarinatus, Cardium cornatulum, Poromya Hanleyana, alle sind aus den oberoligocänen Schich- ten bekannt, Cassis megapolitana, Turritella Geinitzi, Poromya Hanleyana nur aus diesen, im übrigen gleicht der Charakter dieser Conchylien ganz 312 dem des Sternberger Gesteines und ist jenes Gestein als ein verschwemm- tes oberoligocänes Gerölle zu betrachten. Es schliesst sich zunächst an den grauen Sandstein an, der bei Wittenburg in Meklenburg gefunden wurde. Ref. erinnert sich früher ein solches Gerölle aus der Magdebur- ger Gegend ohne nähere Angabe des Fundortes in einer Sammlung gese- hen zu haben, das gleichfalls Sternberger Conchylien enthielt. — (Meklen- burger Archiv XXIV. 46— 48.) Burkart, Vorkommen des titanhaltigen Magneteisen- sandes. — An den Küsten des Meeres, der Seen und in Flussthälern kömmt ein Sand mit eingemengten Eisenerzkörnern vor, der theils den nächst anstehenden vulkanischen theils andern krystallinischen Felsarten entstammt und durch deren Zertrümmerung unter dem Einfluss der Atmo- sphärilien entstanden ist, wie die gleichzeitig beigemengten Körner von Haematit, Magneteisenstein, Titaneisenstein und Chromeisenstein beweisen. Die Eisenerze haben sieh durch ihre dunkle Farbe und Gewicht seit lange in den Platin-, Gold-, Diamanten- und Zinnerzwäschen bemerklich ge- macht. Der Hämatit ist nur selten im Magneteisenstein wahrzunehmen, weil er im Allgemeinen zu weich ist, um der Zertrümmerung und Fort- führung längern Widerstand entgegenzusetzen. Der Chromeisenstein ist auf wenige gewisse Oertlichkeiten beschränkt und dem Sande nur in ge- ringer Menge beigemengt, so dass an den meisten Orten die im Sande auftretenden dunkeln Körner vorzugsweise Titan- und Magneteisenstein sind. Anhäufungen reichen Eisensandes finden sich besonders an den Küsten des baltischen und des Mittelmeeres, an den Küsten von England, Neuseeland, Nordamerika, Spuren davon in der Rheinprovinz. Im Sieben- gebirge ist Magneteisenstein in den Trachyten und Trachytconglomeraten sowie in den damit auftretenden Basalten als aussergewöhnlicher Gemeng- theil eingewachsen und insbesondere der im Basalt von Unkel auftretende Magneteisenstein ist litanhaltig befunden. Nach von Dechen wird ein aus Körnern von Magneteisenstein bestehender Sand, der auch kleine Titanit- körner enthält, am Langenberge im Siebengebirge aus dem Trachytcon- glomerat durch den Regen ausgewaschen. Am Laachersee ist ein ähnli- cher Sand aus Bimsteintuffen hervorgegangen, so zwischen Eich und Wassenach. Das weit verbreitete Vorkommen eines reichen titanhaltigen Magneteisensandes auf Neuseeland hat die Aufmerksamkeit der Industriel- len längst beschäftigt. Derselbe enthält mikroskopische abgerundete Ok- taeder von titanhaltigem Magneteisenstein und findet sich in fein pulveri- sirtem Zustande 9—20’ mächtig frei zu Tage an der Meeresküste. Seine Analyse ergab 27,53 Eisenoxydul, 66,12 Eisenoxyd und 6,17 Titansäure, nach Andern 88,45 Eisenoxydul und 11,43 Titansäure nebst Spuren von Kieselsäure und Mangan. Hochstetter berichtet in der Novarareise dar- über: An der NOSeite der Pupongahalbinsel in dem Manukauhafen der NInsel Neuseelands sind gewaltige Blöcke mit vulkanischem Gestein zu einer Breceie verkittet, welche feste schroffe Felsmassen bildet, während gegen NW die tiefern Schichten zunächst Bänke eines lockern rostfarbigen Sand- steins durch feine Magneteisenkörner schwarz gesprenkelt, weiterhin Schich- ten von thonigem Sandstein und Mergel sich zeigen. Schon hier sieht man 313 am Strande den schwarzen Eisersand, der aus kleinen Körnern desselben titanhaltigen Magneteisens besteht, welches dem Sande längs der ganzen SOKüste der NInsel beigemengt ist und meilenweit das Ufer bedeckt. Er stammt aus dem leicht verwitterbaren rostfarbigen Sandstein her und ist in dieses aus einem ältern vulkanischen Gestein gekommen, Vom Ein- gange des Hafens Manukau gegen S der WKüste der NInsel entlang fällt das Land in 500° hohen Felswänden mit Bänken grober vulkanischer Con- glomerate und Breccien, von basaltischer Gangmasse durchsetzt steil gegen das Meer ab. Nur ein flacher Strand und eine Reihe von Dünen aus fei- nem Flugsande mit vielen Magneteisenkörnern bestehend trennt ihren Fuss vom Meere, dessen Brandung stellenweise an den Felsen brieht. Der Kü- stenstrich von etwa 180 Seemeilen Länge bietet der titanhaltige Magnet- eisensand in ungeheurer Menge. Am Fusse des Mont Egmont erstreckt sich der Sand mehre Fuss tief am Meeresstrande der Taranakiküste ent- lang. Er gleicht feinkörnigem Schiesspulver. Nach Hunt tritt in NAme- rika schwarzer Magneteisensand an vielen Punkten auf, sehr verbreitet am untern St. Lorenzflusse und an den Ufern der grossen Seen, auch längs der atlantischen Küste der Vereinten Staaten zumal von Connectieut und Rhode Island, sehr reich bei Michigan in 3 Meilen Ausdehnung, bei Na- tasquan und Kagashkau. Ueberall führt dieser Sand auch Granat und Quarz. Erlässt sich leicht in einen magnetischen und nicht magnetischen Theil, in Magneteisenstein und Titaneisenstein sondern. Dieses gemein- same Vorkommen gesonderter Körner beider Mineralien in Canada fällt nicht auf, da am Lorenzflusse Lager von Titaneisen im Feldspathgestein auftreten und unweit Quebeck im Serpentin ein Lager, das zu ?/, Magnet- eisen zu 1/, Titaneisen ist. Auch Rammelsberg und Laspeyres haben das Vorkommen von Magneteisen neben Titaneisen unter andern Verhältnissen nachgewiesen. Endlich ist noch das reiche Vorkommen von Magncieisen- sand in Californien und im Oregon zu erwähnen, das an vielen Punkten Gold und Platin führt theils am Strande theils in ältern Ablagerungen hoch über den Meeresspiegel unfern von der Küste bis zu 4° Mächtigkeit. Der Nenseeländer Eisensand wurde noch nicht in Magneteisen und Titaneisen durch Versuche geschieden. — (Berggeist XVI. Nr. 27 — 30.) Oryktognosie. Tschermak, Simonyit neues Salz von Hallstadt. — Die alpinen Salzlager bergen mehre eigenthümliche Mi- neralspecies. Schon 1821 beschrieb John den Blödit von Ischl, welchen v. Hauer 1356 analysirte, ebdaher Haidinger 1846 den Löweit, eine dritte Art entdeckte Simony bei Hallstadt, dem zu Ehren es Verf. benennt. Das liehtbeständige Salz bildet dünne bis zollstarke Lagen zwischen Steinsalz und verwitterndem Salze, Seine überaus kleinen Krystalle bilden Drusen auf derber grüner Lage, sind glasglänzend, durchsichtig oder durch Ein- schlüsse smaragdgrün oder braungelb, gehören dem monoklinen System an mit dem Achsenverhältniss a:b:c=1:0,7453:0,5041 und dem Winkel ac— 78031‘, Die Spaltbarkeit wenig vollkommen, Härte 2,5, spec. Gew. 2,244, Geschmack schwach salzig bitter. Es verwittert an der Luft nicht, giebt jedoch im Kolben Wasser, wird in der Löthrohrflamme trübe und schmilzt schnell zu einer durchsichtigen Masse, wobei die Flamme rothgelb wird, 314 Die Krystalle lösen sich leicht im Wasser und hinterlassen grüne Flocken, die sich brännen. Die Analyse ergab 47,17 Schwefel, 12,65 Magnesia, 18,85 Natron, 21,82 Wasser, welehe der Formel entsprechen MgS0, . Na,S0,. 4H,0. Die derbe blaugrüne oder röthlichgelbe dichte Masse hat dieselbe Zusammensetzung wie die Krystalle. Dünnschliffe lassen grüne und braune flockige Einschlüsse erkennen, auch säulenförmige Kryställchen eines dop- pelbrechenden Minerales. Jene Flocken ergaben sich als Gyps. Das Pul- ver der Masse hat die Formel des Löweits nämlich 2MgS0,.2Na,S0,. 5H,0 jedoch mit 3 Mol. Krystallwasser, Die procenlische Zusammenset- zung des Simonyits ist die des Blödits und Astrakanits und unterscheiden sich beide nur durch den Wassergehalt, beide verwittern auch leicht an der Luft. Hayes analysirte ein Salz aus dem Steinsalz von Mendoza, dass bei gleicher Zusammensetzung auch den Wassergehalt des Simonyits hat. Nach vollständiger Entfernung des Wassers gleicht der Simonyit völlig dem Löweit. An einer Stufe des Simonyit befindet sich dichter rother Polyhalit, zertrümmert au der Oberfläche verwittert, in den Spalten Gyps. Nasulfat als weisses Pulver, Steinsalz und Simonyit im Gemenge. Auf den Polyhalit folgt derber grüner Simonyit stellenweise mit pulvrigem Na- sulfat gemengt. Danach scheint der Simonyit durch Umwandlung des Po- Iyhalit entstanden, indem aus diesem sich Gyps abscheidet und das übrig bleibende MgS0,K,SO, in das entsprechende Natriumsalz umgewandelt wird. — (Wiener Sitzungsoer. LX. 715 — 725.) G. Hauenschild, mikroskopische Untersuchung desPre- dazzites und Pencatites. — Der Neptunist Marzari Pencati entdeckte zuerst die Ueberlagerung des Kalkes durch Granit bei Predazzo, worauf v. Buch, v. Humboldt und Boue sich mit diesem Verhältniss beschäftigte. Geslin fand, dass der Kalk nur in der Contactfläche rein weiss und kry- stallinisch sei, was Reuss bestättigte unter Deutung des hangenden Gra- nits auf Syenit. Peizold lieferte die Analyse des weissen Kalkes 2(Ca0C0,) —+ MgOC0, + H,0 und nannte denselben Predazzit. Damour verwandelte diese Formel in 2(Ca0,C0,) + Mg0,HO und erklärte den Predazzit für ein mechanisches Gemenge aus kohlensaurem Kalk und Magnesiahydrat. Roth vertheidigte wieder die Selbstständigkeit desselben und schied die graue gebänderte Varietät mit der Formel Ca0CO, + MgOHO als Penca- tit ab. Richthofen untersuchte die Gesteine von Predazzo gründlich und ordnete sie paragenetisch in 4 Gruppen, erklärte den Unterschied zwischen Predazzit und Peneatit für unwesentlich, durch Uebergänge verbunden, hält die feinen perlmutterglänzenden Blättchen darin für Brueit und deu- tet beide Mineralspecies als meehanisches Gemenge von kohlensaurem Kalk und Brueit. Laparent nannte das den Kalk vom Syenit trennende Feld- spathgestein Monzonit. Tschermak fand den Brucit häufig zwischen Mon- zonit und Kalk und stimmt Richthofen bei. Neben dieser Discussion lief «ler Streit, ob die Kalke ein plutonisches Umwandlungsprodukt seien oder nieht, erstes nahmen Fournet, Cotta, Richthofen, letztes Roth und Bischof an, Verf. sucht die Frage zu entscheiden. Er untersuchte den Predazzit von Canzacoli, rein weiss, krystallinischkörnig, spiegelnd von perlmutter- glänzenden Punkten und Schüppchen, die Grundmasse aus krystallinischen 315 Körnchen bestehend, Bruch unregelmässig flachmuschlig. Pencatit von ebendaher, grünlichgrau mit grossen ölgrünen bis schwarzen Flecken und brauner Zersetzungsrinde, die Flecken mit feinen weissen Linien, Bruch grossmuschelig, Gefüge höchst feinkörnig, mit glänzenden Pünktchen und Schüppehen. Pencatit aus dem Flaimser Thal dunkelschwarzgrau, dicht, im Bruche sehr feinkörnig bis dieht, mit pechschwarzen Linien und glän- zenden Schüppehen, Bruch fast eben. Pencatit von Canzacoli dunkelgrün mit weissen Punkten und feinen schwarzen Bändern und feinen grünen Gängen oben und unten mit brauner feinblättriger glimmeriger Schicht. Peneatit vom Vesuv matt weiss, ganz dicht, mit spiegelnden Schüppehen und ganz unebenem Bruch. Von allen wurden dünne Schliffe angefertigt, und diese liessen sämmtlich je zwei Mineralien erkennen. Die Grundmasse ist unrein weissgrau, zeigt Tendenz zu krystallinischer Bildung, ist durch- setzt von sich kreuzenden Streifensystemen, den Spalt- und Zwillingsstrei- fen eines Rhomboeders. Das andere Mineral ist vollkommen pellueid, farblos mit Tendenz zu hexagonaler Ausbildung, bisweilen mit deutlichen Sechsecken, auch gestreiften Rechtecken und Zwillingsdurchschnitten,, op- tisch einachsigen, also hexagonalen. Die Analysen ergaben stets kohlen- sauren Kalk und Magnesiahydrat. Beide sind auch wirklich von einander getrenut, liegen nebeneinander, wie die mikrochemische Untersuchung er- wies, nur die Grundmasse mit rhomboedrischen Spaltungsstreifen entwickelte Kohlensäure, die Sechsecke und Rechtecke blieben unverändert, beide wurden isolirt dargestellt. So wurde festgestellt, dass der Predazzit und Pencatit innige Gemenge von Caleit und Brucit sind, die verschiedenen Formeln beider sich aus der wechselnden Häufigkeit des Brueit erklären, die dunkle Färbung und Bänderung des Pencatits von organischer Masse herrührt. — (Ebda 795 — 803.) J. Rumpf und Fr. Ulliek, Ullmannit oder Nickelantimon- kies von Waldenstein in Kärnten. — Waldenstein liest am NAb- hange des Teissenegger (mneissglimmerschieferzuges, der viele Kalklager enthält und mit demselben reiche Weiss- und Braunerze und einem ban- würdigen Eisenglimmerstock. Dieser ist bis 8 Klafter mächtig, 100 Klafter lang, führt Kalk- und Weisserzmittel vis 6° stark und hat im Liegenden ein Weisserzlager, das mit krystallinischen Kalken untermischt ist und weit nach W. fortselzt. Eine ziemlich ın der Mitte desselben auftretende Gangkluft wurde untersucht, führt anfangs Eisengiimmer, dann auch Braun- und Weisserze. Den Besteg bildet ein grauer Letten, ein Zersetzungs- produkt des umgebenden Glimmerschiefers. In ihm fand sich das Nickel- antimonkies, das hier nirgends wieder vorgekommen. Dasselbe ist bekannt vom Westerwalde, Harze und aus dem Thüringerwalde,, von Spatheisen- stein- und Bleiglanzgängen mit Eisen- und Kupferkies, Malachit, Speiss- kobalt, Blende, Nickelglanz, Fahlerz, Antimonglanz, Rothkupfererz, ge- diegen Kupfer, Flussspath, Kalk, Quarz. Der Ullmannit ist gewöhnlich in grossblättrigen Eisenspath eingewachsen, meist rein, ist silberweiss bis blaugrau bis eisensehwarz, stark bis wenig glänzend, bisweilen bunt an- gelaufen. Die Krystalle sind O0, Oo: und Combinationen; auch blätlrige Aggregate und diehte Abänderungen kommen vor. Bei Walden- 316 stein tritt er nur krystallinischblättrig und rein körnig aufin krystallinisch- grobkörnigem Kalke, der in der Umgebung gefärbt ist, von einer Zerset- zungsrinde umgeben, von dünnen Spalten und zarten Adern einer apfel- grünen Substanz durchsetzt. Reine Kerne dieser Aggregate haben Metall- glanz und eine Farbe zwischen zinnweiss und stahlgrau mit einem röthlichen Strich. Anlauffarben treten nur an wenigen Stellen auf. Der Strich ist matt schwärzlichgrau, Härte 5, Bruch feinkörnig, flachmuschlig bis uneben, spec. Gew. 5,467 — 6,51. Die Metamorphose eines Krystalls zeigt neben vorherrschenden Würfelflächen %20,.0°90 und besteht aus einer feinblättrigen erdigen Substanz von grünen Adern durchzogen mit kleinen Resten unzersetzten Ullmannits. Um diesen Kıystall ist der Kalk zellig, gelbockerig. Die Umwandlungsmasse ist antimonsaurer Kalk und die Adern darin ebensolcher von Nickeloxydul grün gefärbter Kalk. Je nach dem specifischen Gewichte ergab die Analyse verschiedene Zahlen Schwefel 14,73— 14,58, Antimon 44,16 — 56,01, Nickel 18,33 — 28,85, Blei 13,68—0,61, Kupfer 4,35, Kalk 1,17—0,55 und Spuren von Kobalt. Der metamorphosirte Krystall besteht aus 18,95 Kalk, 69,61 Antimonsäure und 11,42 Wasser, Nickel und Schwefel sind ganz verschwunden. — (Ebda LXI. 7 - 26.) v. Zepharovich, mineralogischeMittheilungen. — 1. Ull- mannit und Pyrit aus der Lölling in Kärnten in geneigt flächig hemiedri- schen Formen, welche näher bestimmt werden. Ihre Analyse 15,22 Schwe- fel, 50,53 Antimon, 3,10 Arsen, 27,38 Nickel, 3,89 Wismuth und Blei, also abweichend von den oben mitgetheilten Zahlen. Der gleichfalls in den Baryt eingewachsene Pyrit bildet Oktaeder mit Pentagondodekaedern. — 2. Sphen von Rothenkopf im Zillerthal in einem sehr flächenreichen Zwillinge, für welchen Hessenbergs Hemimorphismus nicht giltig ist. Die Formen werden genau bestimmt und müssen wir dieserhalb auf das Ori- ginal verweisen. — (Ebda LX, 309 — 824.) Albr. Schrauf, über Labradorit. — 1. Die Labradorile von Kiew sind entblösst am Bach Bystriewka bei Kamenoi Brod, District Ro- damysl, im Syenit, nach Andern im Hypersthenit. Später wurde er auch an andern Punkten dieses Distriets beobachtet und heisst das Multerge- stein am passendsten Labradorfels, der von Granitgängeu durchsetzt wird. Dasselbe besteht wesentlich aus plagioklastischem Feldspath mit Eisenkies, Magmnetkies und Oktaedern von Magneteisen. Verf. bestimmt zunächst die Krystallformen sehr genau und wendet sich dann zu den Figuren des Farbenschillers. Derselbe zeigt auf der Vorderseite des angeschliffenen Handstückes eine lasurblaue Grundfarbe, im Rande der Figur mischt sich das Blau lichtgoldgelb und wird glänzend grün, die äusserste Umgränzung der Figur wird durch zwei dunkle Parallelstreifen gebildet, welche durch eine goldige Leiste getrennt sind. Durch den Wechsel der dunkeln und hellen Partien lassen sich drei verschiedene Figuren, die einer eingehen- den Untersuchung unterworfen werden. — 2. Mikroskopische Untersuchung verschiedener l,abradorite, zunächst der von Kiew, welche schwarze Kıy- stallnadeln enthalten nebst noch andern Mikrolithen, dann derer von La- brador, welche schon Vogelsang untersuchte und die Augit und Eisenglanz 317 enthalten. Alle Einschlüsse bestimmt Verf. speciell und verbreitet sich dann über das Aventurisiren des Labradorits und über die Lage der re- flektirenden Lamellen, Die als Aventurin bekannten Varietäten von Quarz und Feldspath zeigen an der Oberfläche eine metallisch glänzende Flächenfarbe verschieden von den wahren Körperfarben. Am schönsten ist dieser Me- tallschiller am Oligoklas von Twedestrand, der deshalb auch Sonnenstein genannt wird. Ein Spaltungsstück in richtiger Stellung zwischen Licht und Auge gebracht zeigt von innen einen metallischglänzenden Reflex, der auch dann sich nieht ändert, wenn das Präparat entweder mit pola- risirtem oder homogenen Lichte beleuchtet wird. Dadurch unterscheidet sich diese Erscheinung wesentlich von dem Phänomen des orientirten Flä- chenschillers. Die Ursache des Reflexes am Aventurin sind zahlreiche im Feldspath eingeschlossene Lamellen, welche das einfallende Licht in der Farbe dünner Blättchen zurückwerfen. Auch andere Mineralien bieten die- selbe Erscheinung, welche Verf. Aventurisiren nennt. Einzelne Handstücke des Labradorits zeigen neben dem eigentlichen Farbenschiller ein deutli- ches Aventurisiren, schon unter der Loupe erkennt man hier die kleinen Blättehen, die in Metallfarben erglänzen. Diese Erscheinung tritt geson- dert von dem labradorisirenden Farbenschiller auf, aber auch gleichzeitig mit demselben. Welche Einschlüsse nun erzeugen den Reflex und welche Lage haben dieselben? Im Labradorit tritt das Aventurisiren nur auf der Pinakoidfläche auf, die auch den Farbenschiller und die zahlreichen Ein- schlüsse zeigt. Das Mikroskop hat die verschiedenen Richtungen und La- mellensysteme aufzusuchen und deren optisches Verhalten zu prüfen. Die aventurisirenden Lamellen im Labradorit liegen in Richtungen eingestreut, die keiner der einfachen bekannten Krystallflächen dieses Minerales ent- sprechen, ihre Lage lässt sich jedoch aus dem Incidenz- und Reflexions- winkel berechnen, wofür Verf. die im Original nachzusehende Anleitung giebt, wie er auch die Bestimmung der Indices der aventurisirenden La- mellen liefert. Diese eingehenden Untersuchungen setzen es ausser Zwei- fel, dass im Labradorit zwei von einander verschieden gelagerte Lamel- lensysteme eingeschlossen sind und dass in dieser verschiedene durch die Indices (180) für die Mikrophyllite und (4310) für die Mikroplakite be- zechenbaren, von der Zerklüftung des Labradorits durch die Augitsäul- chen bedingten Lage dieser Lamellen der Grund des dem Labradoril eigen- thüwlichen doppelten Aventurisirens zu suchen ist. Auch Reusch nimmt im Labradorit secundäre Flächen an. — (Ebda 995 — 1053.) Fr. Klose, über das Wachsthum der Krystalle. — Die Ent- stehung der-Krystalle ist ein räthselhafter momentaner Act, das Wachs- thum eine Vergrösserung vorhandener Krystalle durch Anlagerung neuer Substanztheilchen. Einen Schluss auf die Weise dieser Vergrösserung ge- statten die polysynthetischen Krystalle, also solche, die aus kleinen Kry- ställchen aufgebaut sind und sind diese in der That die häufigern, obwohl die Zusammenselzung häufig nicht sogleich erkannt wird. Die aufbauen- den Kryställchen pflegen parallel gestellt zu sein oder doch nahezu pa- rallel; die Rauheit der Krystallflächen, welche anf spiegelnden noch unter der Vergrösserung hervortritt, die Aetzung u. a. Eigenthümlichkeiten las- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 22 318 sen solehe Aggregirung erkennen. Der Verlauf derselben ist nur bei der Bildung künstlicher Krystalle zu verfolgen, bei der wir alle bestimmenden Momente kennen und beliebig modifieiren können. Die Bildung künstlicher Alaunkrystalle erfolgt am leichtesten und gewährt vorzügliches Beobach- tungsmaterial. Hängt man ein Alaunoktaeder im engen Glase so auf, dass eine rhombische Zwischenachse des Oktaeders senkrecht nahe über dem _ Boden schwebt und giesst das achtfache Volumen des Krystalls einer ge- sättigten Alaunlösung hinzu: so zeigt nach 24 Stunden ruhigen Stehens der Krystall auf seinen Flächen eine federartige Zeichnung, am schönsten auf den beiden nach unten gerichtet gewesenen Flächen. Hier stehen Li- nien senkrecht auf der unterst gewesenen Kante und haben zwischen sich Streifen, welche den beiden andern Kanten dieser Flächen parallel ist. Die senkrechten Linien sind nahe der untern Kante am höchsten und fal- len nach den Spitzen der Flächen hin ab und die zwischen liegenden Strei- fen bilden ein System dünner Lamellen, welche von der Spitze der Fläche nach der unten liegenden Kante treppenartig ansteigen. Wo die Stufen breit sind, lassen die einzelnen Lamellen durch den Parallelismus der Be- gränzungslinien ihrer freien Spitzen mit 2 Knoten der Fläche, welcher sie aufliegen, einen Schluss auf ihre Form zu. Die der untern Kante zu- nächst liegenden Lamellen haben ‘als Umriss ein gleichseitiges Dreieck und man kann jede Lamelle als ein nach einer trigonalen Zwischenachse stark verkürztes Oktaeder auflassen, allein alle übrigen Lamellen müssen eine andere Form besitzen, wenn durch ihre Treppung keine leeren Zwischen- räume entstehen sollen. Das Wachsthum des Krystalles in einer sich all- mählig abkühlenden Lösung geht ruckweise vor sich, die Verdunstung er- zeugt Uebersättigung und wo diese Statt hat setzt sich die Uebersättigung ab. Bliebe die Lösung ganz in Ruhe, würde der Krystall nicht grösser, Aber durch den Absatz der Uebersättigung wird die nächste Umgebung des Krystalls speeifisch leichter, vielleicht auch etwas wärmer, steigt auf- wärts und macht den untern schweren Schichten Platz, die noch übersät- tigt wieder neuen Absatz liefern. Durch diese Art der Strömung in der Lösung wird das Wachsen des Krystalls unterhalten und die Folge einzel- ner Lamellen bedingt. Diese legen sich stets an eine Kante des Krystalls an und zwar an die untere. Die einander folgenden Lamellen hindern sich seitlich und bringen Absonderungsflächen hervor, Dadurch werden die Lamellen länger und schmäler und durch ihr Aneinanderstossen entstehen die auf Oktaederkante senkrechten Linien. An dieser Kante legen sich stets wieder neue Lamellen an und verdicken die frühern gradatim. Die Anlagerung beginnt stets an der Kante und rückt allmählig vor. Schlingt man ein Haar um den wachsenden Krystall, so bedeckt sich dieses zuerst an der Kante mit Substanz oder ändert man die Farbe der Lösung: so sieht man die gefärbte Substanz zuerst an derselben Kante auftreten. Auf den vier Nachbarflächen der eben betrachteten beiden Flächen entstehen dieselben Lamellensysteme, aber dieselben gehen hier von 2 Kanten aus von der untern der geneigten Kanten und der senkrecht stehenden für jede Fläche. Bei Flächen, die während des Wachsthums nicht mit einer Kante horizontal nach unten liegen, stellt sich dieses zweifelhafte Streifen- 319 system immer ein. Hat die Fläche die Lage, dass eine ihrer Kanten ho- rizontal eben liegt, dann sind die von den beiden geneigten Kanten aus- gehenden Lamellensysteme gleich stark und gleich lang; unten in der Spitze solcher Fläche bemerkt man jedoch die Zeichnung meist nicht, hier wo beide Lamellensysteme sehr bald auf einander treffen, bilden die Flächen sich glatt aus. Liegt aber die Fläche so, dass die obre Kante nicht ganz horizontal ist, die beiden andern eiue verschiedene Neigung gegen den Horizont haben: so findet man die Lamellenzüge vorwiegend von der der beiden geneigten Kanten ausgehend, die sich der horizontalen Lage am meisten nähert, während das System an der andern steiler geneigten Kante schwächer entwickelt ist. Auf den beiden obersten Flächen des Oktaeders ist meist keine deutliche Zeichnung wahrzunehmen. Nun ändere man die Lage des Krystalls in der Lösung und zwar so, dass eine trigonale Zwi- schenachse senkrecht wird, dann zeigt sich auf der untern der beiden ho- rizontalen Flächen deutlich, dass von jeder der drei diese Fläche umgrän- zenden Kanten gleichmässig das Wachsthum ausgeht, also die Fläche ein dreifaches Lamellensystem bietet, das in der Mitte einen vertieften Raum einschliesst. Ist die Fläche nur etwas geneigt, waltet sogleich das La- mellensystem vor, das von der tiefen Kante ausgeht. Auf den 6 bei die- ser trigonalen Stellung des Krystalls den Rand bildenden Flächen wechselt die Zeichnung so ab, dass die 3 in Kanten mit der unteren horizontalen Fläche zusamenstossenden ein Lamellensystem besitzen, das von dieser un- tern Kante ausgeht, die 3 dazwischen liegenden Flächen aber, welche die untere Fläche mit ihren Spitzen berühren, je zwei Lamellenzüge von den beiden geneigten Kanten aus zeigen. Die Richtung der Lamellenzüge in Beziehung zur Lage des Krystalls betrachtet, stehen dieselben stets auf den am tiefsten liegenden Kanten senkrecht, d.h. jede Oktaederfläche des Alauns wächst von ihrer oder ihren am tiefsten liegenden Kanten aus und dieser Satz bestätligt sich für jede Stellung des Okiaeders in der Lösung, die man während des Wachsthums beliebig ändern und umkehren kann, Bei beschleunigtem Wachsthum in einer bei höherer Temperatur gesättig- ten und sich schnell abkühlenden Lösung treten dieselben Erscheinungen ein, nur zeigen die Flächen an der untern Kante nicht mehr ausschliess- lich das von dieser einen Kante ausgehende System, sondern auch von den beiden geneigten Kanten stellen sich solehe ein jedoch nur kurze La- mellensysteme. Auch die Dicke der einzelnen Lamellen ist beträchtlicher, weil die neuen Reihen an der Kante sich schneller absetzen. Aus diesen Beobachtungen folgt, dass der Kıystall nicht zunächst seine Kanten und erst seeundär seine Flächen ausbildet, dieses Verhältniss vielmehr in äus- sern Umständen seine Veranlassung hat. Die einzelnen sich anlegenden Lamellen haben dieselbe Form wie der Gesammtkrystall, sind hier beim Alaun also Oktaeder. Bei den sogenannten Krystallgruppen reihen sich die einzelnen Individuen naclı verschiedenen Richtungen geradlinig anein- ander und hat man gefunden, dass diese Richtungen sich unter Winkeln schneiden, welche auch gewisse Achsen, die in das Krystallsystem der betreffenden Substanz gehören, mit einander machen. Aber diese An- schauungen sind seither nur erst im regulären System entwickelt und je 102 320 nach der Zahl der sich scheidenden Richtungen und nach den vorkommen- den Winkeln nennt man das Wachsthum ein nach den trigonalen, oktae- drischen oder rhombischen Achsen erfolgtes. Diese Anschauung von den Gerippen kann man auf die vollkommenen Krystalle übertragen. Schliess- lich beleuchtet Verf. noch das rhombische Wachsthum bei Oktaedern. — (Neues Jahrb. Mineral. etc. 369 — 392.) Palaeontologie. F. Unger, Anthracitlager in Kärnten. — Die Ueberreste, deren Beschreibung der leider nicht mehr unter den Lebenden weilende hochverdiente Verf. hier liefert, wurden zwischen der Kron- und Zirkelalpe, am Vogelbach , im S. von Nassfeld, im Weissen- bach, in der Ofenalp und im Rothenstein gesammelt. Sie liegen in einem grauen glimmerreichen sehr feinkörnigen thonigen Schiefer und sind vor- trefflich erhalten. Der Schiefer bildet die unterste Schicht und führt schon kleine Anthraeitlager, über ihm folgt ein Schiefer mit blos marinen Re- sten, Productus, Spirifer, Trilobiten, dann folgen blaugraue Schiefer wie- der mit Landpflanzen und schönen Anthraeitlagern, darüber Kalk und Schiefer mit Crinoideen , Spirifer, Pleurotomarien, dann eine Foramini- ferenschicht und wiederum Kalk mit Anthraeitlagern, endlich Triasgebilde. Die Flora der Schiefer ist also die Anthracitflora, welche wesentlich Stein- kohlenflora ist. Es sind 19 Arten, davon 10 Farren, 2 Calamiten, aber keine Stigmarien, welche Verf. nicht für die Wurzeln von Sigillarien hält. Die Arten sind folgende: Calamites Suckowi Brg überall in den Steinkoh- len- und Anthraeitlagern verbreitet. C. Cisti Brg in Abdrücken häufig und ebenso weit verbreitet als vorige. Annularia sphenophylloides Ung in kleinen Blattquirlen, ebenfalls aller Orten gemein. A. longifolia Brg gleich zemein in weitester Verbreitung. Neuropteris flexuosa Brg überall vor- kommend. N. auriculata Brg mit den grössten Fiederblättehen unter den fossilen Farrn, zu welcher N. Villiersi Brg fraglich auch N. ingens Lindl und Cyclopteris obliqua Brg gehören , weit verbreitet. Pecopteris pennae- formis Brg von Schimper für den untern Theil der P. aequalis gehalten, nur aus den Steinkohlen Frankreichs bekannt. P. unita Brg nur aus den Steinkohlen Sachsens, am Rheine und Frankreichs bekannt. P. arbores- cens Brg in einem Exemplar, sehr gemein. P. Miltoni Brg in Frankreich und England [auch bei Wettin]. P. polymorpha Brg, wozu P. abbreviata Brg zu ziehen, in England und Fraukreich. P.ovata Brg nur ein Fieder- chen, in Schlesien, Sachsen und Frankreich. P. nervosa Brg, wozu P. Sauverni Brg zu stellen, in Mitteleuropa. P. Jaegeri Gpp aus Schlesien. Semapteris nov. gen.: trunei arborei ceicatrieibus foliorum deperditorum notati haud suleis longitudinalibus parallelis insigniti; eicatrices subrotun- dae vel rhomboidales transversales haud angulosae disco medio eicatrieulis vascularibus ternis, duobus rectis v. semilunaribus tertio intermedio punc- tiformi. Es sind Sigillarien ohne Längsfurchen, S. carinthiaca und S. tessellata beide neu. Cordaites borassifolia Stb auch in Böhmen und in der Schweiz. Bockschia flabellata Gpp in Schlesien. Rhabdocarpus can- dolleana Heer Früchte auch in der Schweiz authraeitisch, So haben wir in diesen Antlıracitlagern also Arten, welche auch aus andern Anthraeit- lagern und aus der Steinkohlenformation bekannt sind und an der Gleich- 321 altrigkeit der Lagerstätte keinen Zweifel aufkommen lassen. — (Wiener Sitzungsber. LX. 777—193. 3 T/f.) C. v. Ettingshausen, zur fossilen Flora von Radoboj. — Diese umfangreiche Arbeit bringt theils Berichtigungen bereits bekannter Arten, theils die Charakteristik neuer Arten und stützt sich auf erneute Untersuchung des den frühern Arbeiten zu Grunde liegenden Materiales, das seitdem noch vermehrt worden ist. Bei der Wichtigkeit dieser Flora für die Kenntniss der Tertiärfloren überhaupt führen wir die behandelten Arten sämmtlich auf, wobei wir die Ungerschen Arten nur mit U, die des Verf.’s ohne Autorbezeichnung angeben. Thoreites intermedia Mass. Cystoseirites PartschiStb communis U Helli U Sphaerococeites rius U cartilagineus U Delesserites pinnatus U Chara prisca U Hysterites labyrinthifor- mis U Xylomites umbilicatus U Equisetum affine Roessneri Sphenopteris recenlior U Pteris firma deperdita radoboiana U Woodwardia Rhadaman- ti U Roessnerana U Aspidium Brauni U Didymochlaena Freyeri U Filicites taeniopteroides Salvinia Mildeana Gpp Arundo Goepperti Heer Juncus radoboianus Smilax grandifolia U Haidingeri U Smilacina prisca U CGannophyllites quus U Arconium extinetum ' Typha latissima Braun Sparganium spec. Zosterites marina U tertia- anti- Ruppia pannonica U Potamogetum sirenum U Sabal major Heer oxyrrhachis Heer Phoenieites spectabilis U Callitris Brongniarti Edl Libocedra salicornoides Edl Sequoia Langsdorfi Brg Pinus lanceolata U Satani U Neptuni U ambigua U Urani U Podocarpus eocaenica U Myrica inundata U deperdita U salicina U Caronis U Betula Dryadum Brg prisca Quercus palaeococeus U aspera U tephrodes U gryphus U lonchitis U myrtilloides U mediterranea U Fagus Feroniae U Ostryia atlantidis U Carpinus grandis U Ulmus bicornis U Brauni Heer prisca U Planera Ungeri Celtis Japeti U Ficus lanceolata Heer m Ficus pseudoynx seminervia U coutareifolia U venusta U trachelodes U hyperborea U Artocarpidium Proserpi- nae U Malpighiastrum Populus latior Braun mutabilis Heer heliadum U Salix Apollinis U Pisonia radobojana Laurelia rediviva U Laurus reetandroides Persea radobojana Cinnamomeum Scheuch- zeri Heer lanceolatum Heer polymorphum Braun obtusifolium Rossmaessleri Heer subrotundum Heer Benzoin antiquum Heer Daphnogene relictum U Santalum acheronticum ExocarpusradobojanusU Daphne radobojana Proteoides radobojanus Personia radobojana U myrtillus Grevillea haeringana Embothrites anomalus U borealis U vadobojanus Banksia radobojensis U Dryandra dentata grandifolia U Ixora protogaea Pavetta borealis U Morinda astraea U Ungeri stygia U sublunaris U Nauclea olympiea U Cynchona pannonica U Cinchonidium titanum U racemosum U Posoqueria protogaea U Olea osiris U gigantum U Cerbera byrsonimaefo- lia U Tabernaemontana radobj Apocynophyllum caris- sa U tabernaemontana U amsonia U stenophyllum U dipladenia U Neritinium longifolium U majus U Echitonium superstes U microspermum U Porana minor U Bignoniophyllum geto- niaeformis Ardisia troglodytarum U Myrsina doryphora U antiqua U Eudymionis U eumelaena U centaurorum H Achrus pithecobroma U Bumelia oreadum Sapotaeites Eupliemes U Putterlicki U Daphnes minor chamaedrys Euclea Apollinis U miocaenica U Diospyros auricula U 322 brachysepala Braun Wodani U plumeria U myosotis U bilinica obliqua U Royeana U Styrax boreale U Herthae U Ambra U Symploccos radobojanaU Andromeda protogaea U Vaceinium achaeronti- ticum U Empetrites U Gaultheria Sesostris U Rhododendron stor U Azalea protogaea U Sedum limnophilum U Gilibertia Hercules U grandiflora- U digitata U jatrophaefolia U Araliophyllum denticul. Cissus radobojensis Ungeri oxycoccos U Loranthus protogaeus Ceratopetalum affine radobojanum pygmaeorum U Weinmannia europaea Cunonia europaea U Anona elliptica U Magnolia Dianae U primigenia U Clematis trichura Heer radobojana U Bombax Neptuni Grewia tiliaca U Ternstroemia radobojana Saurauja deformis Cedula europaea U radobojana U Acer pegasinum U megalopteryx U magi- Acer eupterygium U Rumianum U Tetrapteris minuta Malpighiastrum laurifo- lium U Procrustae U heteropteris U tenerum U Sapindus Pythii U heliconius U basilicus U Ungeri sessilis U radobojanus U Cupania Neptuni U grandis U Dodonaea radobojensis Piltosporum miocaeni- cum Bursaria radobojana U Celastrus Aeoli oxyphyllus U Endymionis U Maytenis U eassinifolius U europaeus U oreophilus U protogaeus Evonymusradobojanus U Maytenus europaeus U llex neogena U parschlugana U sphenophylla U ambigua U stenophylla U Prinos radobojana U Zizyphus protolotus U paradisiacus Heer Rhammus aizoon U deperditus U prototypus U Engelhardia Brongniarti Juglans radojana U parschlugana U Carya bilinica U Pterocarya radobojana Rhus oboyata U Rhus xanthoxylides U Pyrrhae U stygia U Protamyris pulchra U relista U Elaphrium antiquum U Cnestis coriacea U Ailanthus Confueii U Getonia petraeaeformis U Terminalia miocaenica U pannonica U radobojensis U Myriophyllites capillifo- lius U Melastomites radojana U Eucalyptus oceanica U Myrtus minor U Aphroditis U Calystemophyllum nerve Eugenia haeringana U tri- 323 Pyrus Theobroma U Spiraea nana U Prunus atlantica U daphnogene U mohikana U Amygdalus radobojana U Chrysobalanus miocae- nica Gastrolobium zephiricum Cytisus radobojensis U Kennedia orbicularis Erythrina daphnoides U phaseolites U Phaseolytes eutychor U Dolichites maximus U europaeus U Palaeolobius radobojen- se U grandifolium U Dahlbergia deleta U Entychos radobojana Risoidia antiqua U erythrophyllum Sophora europaea U Cereis radobojana U Cassia lignitum memnonia hyperborea U Caesalpinia tamarinda- cea U Hymenaea Fenzli Bauhinia destructa U Copaifera rediviva U radobojana U Schwartzia palaeoden- dron U Mimosites adenanthera U Mimosa pandorae U Acacia bisperma U nebulosa U Entoda primogenita U Photinia europaea Hiernach zählt die fossile Flora von Radoboj 295 Arten, ist also die reichste aller österrreichischen Tertiärfloren, doch stammen dieselben be- stimmt von verschiedenen Standorten. Die 7 Algen und ? Najaden sind Bewohner des Meeres, die Chara, Salvinia, Potamogeton etc. sind Süss- wasserbewohner,, die Equiseten, Juncus, Ledum sind Sumpfpflanzen, die meisten Arten gehören der Waldflora an und diese sondern sich wiederum in tropische Arten, die nicht neben den Arten der gemässigten Zone wuch- sen, sondern vertical über einander standen. Durch eine Käferart in den Radobojschichten, Acanthoderes Thrixi erfahren wir, dass die Pinusarten dieser Flora gesellige Waldbäume waren, weil dessen analoge lebende Art nur in den Nadelwäldern vorkömmt. In diesem Radobojer Nadelwalde konnten wohl Birken, Buchen, Pappeln wachsen, aber keine Laurineen, Myrtaceen, Magnolien, Olivaceen, Rhamneen etc. Diese Pflanzen wuch- sen im Thale, jene aber auf dem Gebirge. Die Pflanzen wurden im fri- schen Zustande, ohne vorausgegangene Maceration von dem Gesteinsma- teriale umhüllt, fand sich doch eine in voller Blühle stehende Inflorescenz der Terminalia radobojana mit noch gefüllten Antheren unversehrt vor. Von dieser und mehren andern Arten kommen nur die Blühten, keine Sa- men und Früchte vor, die Katastrophe brach daher schnell über Radoboj ein und verlief in kurzer Zeit. Von den 295 Arten kommen 117 auch in andern Tertiärorten vor. Unger identifieirte danach die Flora mit der eocänen von Sotzka später mit der untermiocänen, allein die Mehrzahl der Arten ist doch entschieden jünger, 69 Arten sind identisch mit der Lau- sannestufe und mit Leoben, 64 mit Oeningen, Mit der Jetztwelt vergli- chen, kommen die Analoga der Radobojer Flora in folgendem Verhältniss 324 vor: 48 im tropischen Amerika, 41 in NAmerika, 35 in SEuropa, 22 in Ostindien, 17 in Neuholland, 14 iu SAfrika, 6 in China und Japan. Ver!. giebt schliesslich noch eine übersichtliche Tabelle der vorweltlichen und heutigen Verbreitung der betreffenden Arten. — (Wiener Sitzungsbe- richte LXI. 829—907. 3 Tff.) H. Goeppert, die den Bernstein liefernden Coniferen. — Die Bestimmung fossiler Hölzer blos nach der Strnktur ist sehr schwie- rig und leider fehlen andere Theile meist in deren unmittelbarer Gesell- schaft. Die Hölzer der Tertiärformation sind meist Coniferen und nur 3 Laubhölzer sind bekannt, während deren Blätter so ungemein häufig vor- kommen; vielleicht wirkte der Harzgehalt der ersten conservirend. Ueber Zollgrorse Stücke sind im Bernstein sehr selten, Splitter dagegen häufig zumal in dem dunkeln Bernstein oder Grus, der zum Firniss verwendet wird. An 400 solcher Splitter erkaunte G@. nur Coniferen und nur ein einziges Laubholz. Dieses Vorkommen zeigt, dass im Bernsteinwalde wie im heutigen Coniferenurwalde der ganze Boden mit Nadelholzsplittern in allen möglichen Graden der Erhaltung erfüllt war, wo aber sind die Laub- hölzer geblieben, deren Blätter, Blühten, Früchte, Samen der Bernstein oft vortrefllich erhalten umschliesst. Und sie waren damals unzweifelhaft häufig. Warum das Holz dieser Eichen, Buchen, Kastanien, Birken, Er- len, Weiden, die in buntem Gemisch mit Cupressinen aller Zonen, mit subtropischen Kampferbäumen, Proteaceen, Acacien und arktischen Erica- ceen in den Bernsteiswäldern vegetirt, nicht erhalten ist, lässt sich schwer begreifen. Nicht minder seltsam ist, dass man unter den bituminösen Hölzern der Braunkohle selbst in Preussen bis jetzt noch keine Bernstein- baumarten gefunden hat. Die bituminösen Hölzer der preussischen Braun- kohlen und der blauen Erde des Samlandes gleichen denen der übrigen norddeutschen Braunkohlenlager und sind in diesen wie Cupressinoxylon ponderosum und C. protolarix eben so sicher Leitpflanzen wie viele Blätter. Nur der in der Braunkohle NGrönlands gefundene Bernstein mit Pinus Rinkanus macht davon eine Ausnahme, Von den früher unterschiedenen 8 Bernsteinbäumen nimmt G. jetzt nur noch 6 an: Pinites suceinifer und P. eximius unser Pinus picea und abies zunächst verwandt, P. Mengeanus, P. radiosus beide gleichfalls aus der Abiesgruppe, P. stroboides am ähn- lichsten Pinus strobus und die häufigste Art, endlich P. anomalus entfernt ähnlich der P. sylvestris. Wurzelholz einigermassen kenntlich an den in zwei Reihen dicht gedrängten Tüpfeln, fand G. nur einmal und glaubt dasselbe P. eximius zuweisen zu können. Die Merkmale wurden weniger von der Beschaffenheit der Tüpfel als vielmehr von denen der Markstrahlen entnommen, welche erst kürzlich Cramer bei Bestimmung der arktischen Hölzer zur Aufstellung der Arten verwendete, Für den grossen Harzreich- thum jener Arten spricht ein 21), Pfund schweres einst auf einem Stamme befindliches Stück Bernstein in der berliner Sammlung. Alle Bernstein- bäume gehören zu den Abietineen, doch lassen sich über ihre Zusammen- gehörigkeit mit den auch im Bernstein vorkommenden Blühten, Zapfen und Blättern nur Vermuthungen hegen, da dieselben nie im Zusammenhange mit den Hölzern beobachtet worden sind, ja nicht einmal eine Blaltnarbe 325 gefunden ist, nach welcher meistens Abies und Picea zu unterscheiden sind. So müssen also für beiderlei Theile besondere Namen fortgeführt werden. Abies Reihi und A. elongata lassen sich nur schwer von männ- lichen Kätzchen sowie der Zapfen von Abies Wredeana von denen von Pinus abies L trennen. Abies obtusata und A. rotundata sind jugendliche Zapfen und gehören zu eben dieser Kategorie. Von Blättern zeigen zu drei vereinigte Nadeln Pinus subrigida Verwandtschaft mit Pinus rigida, P. triquetri und P, trigonifolia mit P, taeda, P. sylvicola mit P. sylvestris. Den Arten von Abies erscheinen verwandt: A. obtusifolia, mucronata und pungens, äusserst merkwürdig sind 2 flache Nadeln mit 2 Nerven wie bei der japanischen Sceiadopitys. Die Pinusblätter können also sehr wohl zu Pinites stroboides und anomalus, die von Abies zu den übrigen gehören. Genaueres lässt sich über die Verwandtschaft der jetztweltlichen Flora bei den zahlreichen Cupressinen an 17 Arten feststellen, weil sie z. Th. mit Blühten beiderlei Geschlechtes vorliegen, wie dies bei den Thujaarten der Fall ist, die geradezu Thuja oceidentalis und Th. orientalis identisch sind. Libocedrites salicornioides, Thuiopsis europaea, Glyptostrobus europaeus, Taxodium distichum hat die Bernsteinflora mit der Tertiärflora gemein. Ueberhaupt sind aus dem Bernstein schon 39 Coniferen bekannt, welche in Göppert’s und Menge’s demnächst erscheinender Bernsteinflora speciell be- schrieben werden. — (Schlesischer Jahresbericht 1870. 79 — 21.) Cohn, über den merkwürdigen Steinkohlenpilz Archa- garicon. — Denselben entdeckte Ahlen Hancock in Newcastle im Koh- lenschiefer von Northumberland in verschiedenen Species in Gestalt klei- ner meist linsenförmiger Körper und erkannte in deren Dünnschliffen Skle- rotien. Verf. untersuchte solche Dünnschliffe von Archagaricon bulbosum. Dieselben zeigen in einer scheinbar homogenen hellbraunen Substanz sehwärzliche, schlauchartig gewundene, stellenweise angeschwollene und verzweigie Röhren von 0,015 — 0,020 Mm. Dicke, ähnlich den Hyphen einer Mucorine sowie dazwischen zerstreute, sehr zahlreiche kugelige oder ellip- tische, sehr scharf conturirte, stellenweis deckelartig abgesprengte Bläs- chen, anscheinend Sporen. Die gesammte Struktur gleicht allerdings der eines Pilzes vollständig, wenn auch schwerlich einem Sclerotium und will Verf. keinen Schluss auf die systematische Stellung dieser Gebilde ziehen. — (Ebda 28.) Botanik. Peyritsch, Dr, über Bildungsabweichungen bei Umbelliferen. — Nachdem Verf. einige allgemeine Bemerkungen über die nicht seltnen Missbildungen in den Blühten der Umbelliferen, Missbildungen, welche Aufschluss über die morphologische Deutung des unterständigen Fruchtknotens und der Samenknospe geben oder sich auf die Staubgefässe erstrecken, vorausgeschickt und unter der einschlagenden Literatur namentlich auf C. Cramer’s „Bildungsabweichungen bei eini- gen wichtigeren Pflanzenfamilien *“ aufmerksam gemacht hat, geht derselbe auf weniger bekannte Vorkommnisse an den Umbelliferen über und erläu- tert seine Beschreibungen an vergrösserten Abbildungen. Bei Carum carvi fanden sich gefüllte Blühten; ihre Blattorgane waren nicht vermehrt, wohl aber Blumenblätter mit blailarligen Sprossungen dicht besetzt und statt 326 der Staubgefässe standen doppelspreitige corollinische Blätter, ein schein- bar unterständiger Fruchtknoten war nicht vorhanden. Der Bau wird aus- führlicher beschrieben. — Daucus Carota ist reich an Missbildungen. Eine Pflanze, welche verblüht zu haben schien, wich besonders in den 5 Kro- nenblättern von der gewöhnliehen Bildung ab. Dieselben waren auffallend klein, nicht strahlend, verkehrt eiförmig, kurz zugespitzt, die Spitzen meist nicht eingeschlagen, 4- bis mehrzähnig, die Zähne pfriemlich, von cinem Mittelnerv durchzogen, welche in der Mitte 1—2 kurze Seitenner- ven aussendele. Statt der Staubgefässe waren 5 griffelartige Gebilde vorhanden, welehe narbenartig in 2-—-4 Zipfel mit knopfförmigen En- den ausliefen. An diese Missbildung schliesst sich eine zweite mit 5 un- gleichen, strahlenden, mit eingeschlagenen Endläppchen versehenen Blumenblättern, deren öfter ungleiche Hüllen von einem melhre Seitenner- ven aussendenden Mittelnery durchzogen sind. Statt der Staubgefässe findet man 5 dreispaltige, spitze, blumenblattartige Gebilde mit bisweilen fleischig verdickter Basis und nicht selten rinnenförmig ausgehöhlten Zip- feln. Fruchtknoten normal, Griffel kurz. Diese Form bildet den Ueber- gang zu einer dritien, wo kurzgestielte, mit oder ohne eingeschlagenes Läppchen versehene, lanzettliche corollinische Blätter die Stelle der Staub- gefässe einnehmen. Sehr häufig kommen einem andern Formkreise an- gehörige Blühten vor, in denen die Blumenblätter grünlich gefärbt und die Griffel blattartig verbreitert sind — Torilis Anthriscus, die zweite deutsche Dolde, welche neben der vorigen zu den meisten Missbildungen neigt, kommt mit grüner Färbung der meisten oder aller Blühteutheile vor, mit Verbildung der Staubblätter, mit zahlreichen Uebergängen vom unterständigen zum oberständigen Fruchtknoten in demselben Döldchen- strahlen oder mit andern Achselsprossungen aus den Achseln der Kelch- und Carpellarbiätter. Die häufigsten dieser Abnormitäten werden ausführlicher beschrieben. — Peucedanum Chabraei zeigt Missbildungen, welche sich durch die Gestaltung der die Stelle der Staubgefässe und Griffel vertre- tenden Blätter von den vorhergehenden Missbildungen unterscheiden; diese Blätter sind nämlich laubartig, gelappt oder mehrfach zerschnitten. Bei einer solchen Missbildung war der Kelch unmerklich 5zähnig, die Blumen- blätter waren nicht selten bedeutend grösser als gewöhnlich, concav, mit einem eingeschlagenen, rothangelaufenen Läppchen versehen. Statt der Staubgefässe 5 mit den Blumenblättern alternirende, kurz gestielte, ein- fach oder doppelt fiederschnittige oder fiederig gelappte, an der Basis der Spreite häufig handförmig dreinervige, concave grüne Blätter mit an der Spitze roth angelaufenen Zipfeln; dann und wann fand sich ein unverän- derter Staubfaden zwischen ihnen. Der unterständige Fruchtknoten 2—1- fächerig, aber auch ganz fehlend; statt der Griffel findet man 2 an der Basis mehr weniger verwachsene, lanzettliche, 3—5 nervige, grüne Blät- ter, die häufig fiederschnittig und nicht immer mit 2 Randnerven versehen sind. Solche Blühten unter normalen, sie meist überwiegend, im norma- len Blühtenstande. — (Sitzungsber. d. Wien. Akad. LX. 899 — 914. Taf. 1— 4.) Hartig, Dr. Th., Entwicklungsfolge und Bau der Holz- 327 faserwandung. — Verf. trägt in der Kürze die neusten, von Hofmei- ster im Handb. der physiolog. Botanik ausgesprochenen Ansichten über diesen Gegenstand vor und erhebt dagegen folgende Einwendungen: 1. Wenn das Material für die erste Wandungsschicht von der Hautschicht des Protoplasma nach aussen abgeschieden wird, dann müsste jede Zelle in der Jugend nur aus protoplasmatischer Flüssigkeit bestehen; diese Substanz könnte ursprünglich von einer Haut nicht umgeben gewesen sein. Wie ist denn der Beweis zu führen, dass die Hautschicht des Protoplasma ein Erstarrungsprodukt desselben sei? Müsste sie denn nicht vielmehr ein ursprünglich gegebener, organisirter, durch Intussusception und Assimi- lation wachsender Bestandtheil der Zelle sein? 2. Die ‚erste Wandungs- schicht jeder Zelle lässt Hofm. in der Bildungsform anorganischer Körper durch Apposilion aus formlosem Stoffe entstehen. Ist nun das Wachsthum dieser ersten Wandungsschicht durch Intussusception ohne die strengste Beweisführung anzunehmen? 3. Wesentlicher Charakter alles Organischen ist die Entwicklung seiner selbst innerhalb der Grenzen einer Hüllhaut. Ist es wahrscheinlich, dass die, durch lutussusception fortwachsende erste Zellenwand ausserhalb der Grenzen einer Hüllhaut entstehe? 4. Nach Hofm. müsste der, als Flüssigkeit vom Zellschlauche für die erste Wan- dungsschicht ausgesonderte Bildungsstoff, zwischen je 2 Nachbarwänden gleichzeitiger Entstehung und gleichzeitiger Fortbildung, nothwendig zu- sammenfliessen und eine diesen Zellen gemeinschaftliche Wand bilden, während sich im Jugendzustande durch anhaltendes Kochen wirklich 2 Wände nachweisen lassen, jain manchen Fällen auch später noch- trennbar bleiben. 5. Die Spaltung ciner primären Zellwand in 2 Grenzschichten und die Bildung von Zwischenschiehten innerhalb jener sind Annahmen, die mit den Thatsachen des Entwicklungsverlaufes sich nicht vereinen las- sen. Verf. weist hier umständlich einen früher begangenen Irrthum nach, wenn er eine Spaltungs- Hypothese aufstellte, und beschreibt die seinen Untersuchungen zu Grunde gelegten Präparate genauer, um wünschens- werthe Controlarbeiten über diesen schwierigen Gegenstand zu veranlassen. 6. Wie der Name „Differenzirung des Wassergehaltes“ für die Schichten- bildung, so ist für das örtliche Zurückbleiben des Diekezuwachses der Name „Lokalisirung“ zwar gefunden, aber nicht die Ursache dieser Erscheinung, welche Verf. in einer der Copulation ähnlichen Vereinigung der Schlauch- häute zu Sehliesshäuten findet, Tipfel, welche auch auf der Aussenwand der Oberhautzellen vorkommen, beweisen nur, dass die Vereinigung der beiden Schlauehhäute ohne Mitwirkung eines benachbarten Zellschlauches zur Schliesshaut stattfinden könne. 7. Nach Hofm. ist die Sonderung zwischen 2 verschiedenen Schichten nur eine scheinbare, er giebt aber selbst reiches Material zur Widerlegung seiner Ausicht. 8. Hofm, kennt keinen Unterschied zwischen Cellulosebestand und Zellhaut jedes einzelnen Schichtungscomplexes der Zellwandung und giebt in Folge dessen in den Abbildungen (S. 176 und 196) den Schliesshäuten der Tipfelflächen eine Dicke, die sie nicht zum zehnten Theile in Wirklichkeit erreichen. 9. Der linsenräumige Tipfel kanu nicht dadurch entstehen, dass an seiner Stelle die erste Wandungsschicht in der Verdiekung zurückbleibt und von später 328 gebildeten Verdickungsschichten kuppelförmig überwölbt wird; denn der ganze Linsenraum ist, bis auf die beiden centralen Mündungen, von der primären Zellwand in gleicher Dicke umgeben. Durch spätere Ver- diekung der angrenzenden Zellwandflächen wird der Tipfelkanal verlängert; mit der Bildung des Linsenraumes haben die Verdickungsschichten nichts zu thun. Ersterer ist schon fertig, ehe ungleiche Wandungsverdickung eintritt. 10. In Bezug auf die Bildungstheorie der linsenräumigen Tipfel schliesst sich Hofm. an Schacht an; Verf. weist ihm grobe Irrthümer nach und erläutert an Abbildungen, dass nur einfacher Röhrentipfel sei, was jener für einen „behöften Tipfel“ ausgebe; gleichzeitig wendet sich der- selbe gegen Schacht’s Ansichten über die Tipfelbildung, deren richtige Beurtheilung insofern von Wichtigkeit sei, als sie mit der Frage von der Saftbewegung in engster Beziehung stehe, da letztere aus ganz anderem Gesichtspunkte betrachtet werden müsse, wenn es wahr wäre, dass alle den Holzsaft aufwärts leitenden Organe unter einander in offener Verbin- dung stehen. 11. Spaltförmige Erweiterungen der Tipfelkanäle, wie sie Hofm. S. 177 abbildet, giebt es nicht. Die schräg aufsteigenden, die Ti- pfelkanäle einschliessenden Spalten werden stets durch die auseinanderwei- chenden Ränder des spiralig gewundenen Astathebandes gebildet, wie dies sehr schön die in Salpetersäure und fluorsaurem Kali isolirte Taxus-Holz- faser zeigt. 12. Die Scheidung der Endfläche zweier correspondirenden Tipfelgefässe durch eine so mächtig entwickelte Primärwand, wie sie Fig. 9 S. 126 zeigt, wird als jeder Analogie entbehrend stark angezwei- felt, kann aber wegen Mangels an Holz von Caryota urens nicht entschie- den widerlegt werden. 13. Dass das Protoplasma nur langsam und nicht in jedem Verhältniss mit Wasser mengbar sei, bestätigt sich in allen den Fällen nicht, in denen eine unmittelbare Prüfung hierauf möglich ist. 14. In Bezug auf das von Hofm. adoptirte Vorkommen netzförmig ver- zweigter und anderer Tipfelkanäle, die sich um die grösseren, netzförmig verzweigten Kanäle spiralig winden, werden sehr grosse Zellen der Samen von Bertholletia excelsa in Abbildung gegeben, nachdem sie durch Sal- petersäure und salzsaures Kali isolirt worden sind, und mit der von Hofm. wiedergegebenen Millardet’schen Zeichnung verglichen. 15. Auch die Zellen in den Samenschalen der Magnolien sollen nach Millardet netzför- mig verzweigte Tipfelkanäle sehr geringer Grösse besitzen. Der wahre Sachverhalt ist folgender: Nicht allein bei Magnolia, sondern bei vielen andern Pflanzen (Prunus, Juglans, Corylus, Cembra, Pinea u. a.) ist die Samenschale in der secundären Zellenwandung auf einer niedern Entwicke- lungsstufe zurückgeblieben. Neben einer nur hier und da auftretenden, vollkommenen Schichtenbildung finden sich alle Uebergangsstufen ‚zur gra- nulirten Struktur, die sehr häufig noch die Elementarkörper bestimmt er- kennen lässt. Was Hofm. „ein endloses, in der ganzen Wand verbreiteles Netz in offener Verbindung stehender Tipfelkanäle“ nennt, kann nichts anderes sein, als der Raum zwischen diesen Zusammensetzungstheilen der secundären Zellwandung. Weitere Besprechungen über andere Themata werden in Aussicht gestellt. — (Sitzungsber. d. Wien. Akad. LAXI. p. 661 — 79. Taf. 1.) 329 Wiesner,Dr. Jul., Beiträge zurKenntniss derindischen Faserpflanzen und der aus ihnen abgeschiedenen Fasern, nebst Beobachtung über den feinen Bau der Bastzellen. — Verf. hat Gelegenheit gehabt, ein von einem Hindu- Arzte angelegtes Her. bar zu erhalten, in welchem 26 Pflanzen enthalten waren, z. Th. mit bei- gelegten Fasern, von denen ausser den 3 Baumwollenarten (Gossypium herbaceum L, acuminatum Roxb., obtusifolium Roxb) den Bast der ver- wendbaren Faserstoff liefert ; überdies hatten noch von zweien nur die Fa- ser vorgelegen und war noch ein Verzeichniss folgender Pflanzen hinzu- gefügt, welche in Indien zur Fasergewinnung dienen, vom Verf. aber nicht näher hatten berücksichtigt werden können: (die eingeklammerten Namen sind dieindischen) Butea parviflora Roxb. (Palshin), Bauhinia purpureaL, (Machal), Prosopsis spieigera L (Sarmdal), Acacia procera Willd (Kinai), alles Leguminosen, Salmalia malabarica Schott (Säwar), Sterculiacee, Grewia mierocos L (Hasuli), Tiliacee, Terminalia glabrata Forsk (Uin), paniculata L (Kinjal), Combretaceen, Cordia Rothii R. et Sch. (Gunduj), Celtis Roxburghi Mig., Urostyma religiosum Miq. (Pimpal), infleetoria Miq. (Kel) pseudo -Tjiela Miq (Pagar) Moreen, Pandanus furcatus Roxb. (Boudki), von welcher letzteren Pflanze die Blätter Fasern liefern. Es wer- den nun 1. die Fasern folgender Pflanzen näher charakterisirt: Thespesia Lampas Dulz (Räu bhend), Abelmoschus tetraphyllos Graham (Rai bhendä), Sida retusa L (Chikau Kadia), Urena sinuata L (Tup Khadia), sämmtlich Malvaceen, Lasiosyphon speciosus Deen (Rämeta), Thymalacee, Stereulia villosa Roxb. (Udali), Holoptelea integrifolia Planch. (Wawla), Ulmacee, Kydia calyeina Roxb. (Wärang. Wilia), Büttneracee, Sponia Wighti Planch. (Chitzang), Celtidee, Bauhinia racemosa Lam (Aptä), Leguminose, Cordia latifolia Roxb. (Shelti, Wadgundi). Crotalaria juncea (Sunn. Taag) Cor- chorus capsularis L (Phatäki), olitorius L (Chunch) Tiliaceen. Wir kön- nen die Charakteristiken im Auszuge nicht wiedergeben, sondern müssen auf die Arbeit selbst verweisen — II, Beobachtungen über Bastzellen und zwar 1. Auftreten von Bastparenchym in den Bastbündeln. Frei davon waren Thespesia, Sida, Corchorus, Cordia. Mit Ausnahme von Kydia, in deren Baste ein Siebparenchym nachweisbar ist, führen die noch übri- gen gefächerte Bastzellen. 2. Form und Grösse der Bastzellen. Im pa- renchymarmen Baste waren die Zellen meist regelmässig gebildet, d. h. sie nahmen continuirlich von den Enden nach der Mitte hin an Dicke zu. Quersehnitt 5—6eckig. Unregelmässig dagegen war die Form der paren- chymatösen Baste, wellenförmig bei Thespesia, Urena, Holoptelea, Cor- chorus, höckerig bei Bauhinia. Die Länge aller Bastzellen beträgt nur wenige Millimeter. 3. Verdickung der Zellwaud zeigte sich bei allen un- gleichmässig. 4. Schichtung und Streifung der Zellwand, jene ist der Zelloberfläche parallel und tritt in Quer- und Längsschnitten hervor, da- gegen wurde an keiner Art eine directe Streifung beobachtet, durch Quetschung, Behandlung mit verdünnter und mit Schwefelsäure versetzter Chromsäure wurde sie jedoch sichtbar, nur bei Cordia liess sich auf keine Weise eine Streifung darlegen. 5. Poren der Zellenwand wurden überall und zwar spaltenförmig in einer von links (unten) nach rechts (oben) 330 gewundenen Spirale wahrgenommen. 6. Intercellularsubstanz zeigte in Hinsicht auf Löslichkeit bedeutende Unterschiede, die näher auseinander- gesetzt werden. 7. Auftreten der sogenannten Holzsubstanz in der Zell- membran wurde bei sämmtlichen Arten mit Hilfe von schwefelsaurem Ani- lin beobachtet. 8. Aschenmenge. Der parenchymarme Bast von Tlıespesia hatte 0,7— 0,9%, Asche, Abelmoschus 1,05°%,, Sida 1,90, Urena 1,46, Crotalaria 0,99, Corchorus caps. und olitor. 0,9—1,7°/o. Der parenchym- reiche Bast von Lasiosyphon 3,31, Sterculia 3,13, Holoptelea 4,79, Spo- nia 3,64, Bauhinia 3,32, Cordia 5,54°%,. 9. Die Hygroskopieität der Bastzellen schwankt nur innerhalb enger Grenzen. Bei mittler Temperatur 15— 20° C. und mittler Feuchtigkeit enthält der Bast 7 — 9°], Wasser. 10. Optisches Verhalten. Alle Arten zeigten im Polarisationsmikroskop in ausgezeichneter Weise die Erscheinung doppelbrechender Körper. — (Ebda LXII. p. 171—205. Taf. 1. 2.) Zoologie. R.Bergh, anatomische Untersuchung des Tribonisphorus Schüttei Kfst. Philomyceus carolinensis Bose. und australis n. sp. — Die Untersuchung des ersigenannten Thiers stützt sich auf eine Abbildung, welche v. Frauenfeld nach dem le- benden Thiere entworfen hat und auf ein in Spiritus verwahrtes, etwas eingeschrumpftes Exemplar, und soll die frühern Untersuchungen Kefer- steins vervollständigen, auch nöthigenfalls berichtigen. Zur Beschreibung der äussern Form, welche K. gegeben, weiss Verf. wenig hinzuzufügen. Die J,age der Genitalpapille „hinter dem rechten Tentakel an der Seite des Körpers“ wird als nicht ganz richtig bezeichnet und dafür gesagt: der Kopf ist von 2 divergirenden Furchen eingeschlossen, die in ihrer grössten Länge auswärts sichtbare Furchen abgeben, welche sich ganz wie die Aeste der Rückenfurche verhalten. Hinten in der rechten findet sich, eine kleine Strecke hinter der Tentakelöffnung , die Genitalpapille. Die erwähnte Rücken- furche so wie ihre Aeste können leicht übersehen werden und ist es da- her fraglich, ob sie bei der zweiten ausserdem bekannten Art (Tr. Krefftii) wirklich fehlt, wie Humpert annimmt. Das Centralnervensystem weicht in der Form sehr von Kefersteins Darstellung ab; jedes Cerebralganglion bil- det eine grosse ziemlich abgeplattete oder schief zusammengedrückte Masse, die sich an die Wand der Speiseröhre anlehnt. Eine querlaufende, ziem- lich tiefe Einsenkung scheidet das Ganglion in 2 Abtheilungen. Beide Ganglien sind durch eine ziemlich lange und schmale Commissur verbunden, Gegen hinten und unten steht jedes Ganglion mit den 2 unteren Schlund- ganglien in Verbindung; die 2 oberen derselben, die Visceralganglien, sind kleiner, die Pedalganglien grösser und mehr abgeplattet; beide Paare las- sen in der Mittellinie einen kurzen Kanal mit viereckiger vordern und hin- teren Oeffnung zwischen sich. Die Buecalganglien sind hier ziemlich ab- geplattet, gerundet dreieckig, mit einander durch eine Commissur verbun- den, die kürzer als der Querdurchmesser des Ganglions ist; das Ganglion giebt 2 Nerven ab, einen kürzern an die Unterseite der Speiseröhrwurzel einen längeren an den Speicheldrüsengang; hinterwärts geht ein Nerv ab. Die Ophthalmophoren sind stark zurückgezogen, kaum länger als 2 mill, ihr Ganglion ist ziemlich gross, fast kugelig, das Auge oben etwas abge- 331 plattet von 0,3 mill. grösstem Durchmesser. Das Mundrohr ist kurz, stark gefaltet, die Mundöffnung fast dreieckig, der Schlundkopf stark, etwa 7 mill. lang, 5 br., 4,5 hoch. Das Ende der grossen Raspelscheide gegen K. ziemlich stark vorspringend. Die Mandibel ist gross und kräftig 3 mill. breit, 2,4mill. hoch, ferner wurde gegen K.ein sehr deutlicher, obgleich wenig vorspringender Zahn am Kieferrande bemerkt. Die Zunge war gut erhalten, an der Raspel kamen etwa 250 Zahnreihen vor und dazu nach vorn 8 sehr incomplete; unter der Raspeldecke und in der Raspelscheide noch 100, deren hinterste wenig entwickelt. In den Zahnplattenreihen stehn eine mediane Zahnplatte und jederseits eine grosse Zahl von Seiten- platten, beide von derselben Grundform, jene aber symmetrischer als diese, Die kurze Speiseröhre geht allmälig in den Vormagen über, der durch ein verdünntes Zwischenstück mit dem sackförmigen Magen in Verbindung steht; der haubenförmige Blindsack , welcher durch eine lange weite Spalte mit ihm communieirt, wurde gleichfalls wahrgenommen, aber nur 2 (ge- gen 3) Gallengänge jederseits des Blindsacks, sowie keine deutliche Drei- theilung der Leber. Der am hintern Magenende entspringende Darm ist ziemlich dünn und macht 3 —4 lange Schlingen. Die Gesammtlänge des Verdauungskanals vom Pharynx ab betrug 14,5 Cm. Der Speisebrei be- stand aus einer unbestimmten thierischen Masse. Leber c,. 13 mill. lang» Lunge klein, in der Mitte etwas eingeschnürt. Periecardium 5,5 mill, lang, queroval von Gestalt, die Vorkammer des Herzens ziemlich gross und dünnwandig; ausgeprägte Klappenbildung konnte an den beiden Oeffnun- gen nicht wahrgenommen werden. Aus dem vordern Theile der Unter- seite entspringt die Aorta. Die Niere ist eben so lang wie das Pericardium und liegt hinter demselben, von gewöhnlichem Baue, ein Ausführungsgang konnte so wenig gefunden werden, wie eine Pore neben dem Anus. Im kleinen Mantel fanden sich die Schalenrudimente, von denen K. nur das grössere, dreieckige an der Aussenseite des Pericardiums gesehen hat; sie alle waren kleinen Eisstückehen mit eingeschlossenen Luftbläschen nicht unähnlich; auf der Oberfläche mit abgerundeten Höckerchen, Die Fuss- drüse liegt unter dem Vormagen frei in der Leibeshöhle, ist 6 mill. lang ganz hinten wenig breiter, vorn wenig verschmälert und öffnet sich in der Mitte des Vorderrandes am Fusse. Die Zwitterdrüse ist dem untern Theile der Prostata angedrückt, im grössten Durchmesser etwa 5 mill., nicht viel mehr beträgt die Länge, ihre Oberfläche zeigt Andeutungen einer lappigen Zusammensetzung, sonst hat sie nichts Besonderes. Zoospermen von bedeutender Länge. Der Zwitterdrüsengang, durch die ganze Drüse durchgehend, wird von K. etwas anders dargestellt. Eiweissdrüse langge- streckt, zuugenförmig 7,5 mill. lang, bis 2 breit zwischen dem untersten Theile der Zwitterdrüse und der Prostata der Länge nach eingeschoben und bildet eine zusammenhängende und nieht wie K. darstellte, eine pen- nate Masse, wenn sich auch in den zahlreichen Querfurchen der beiden- Flächen eine Andeutung eines solchen Baues finden liess. Der Eileiter stellt sich als diekwandiges, theilweise spiralig verlaufendes Rohr dar, das ausgezogen etwa 5 Cm. misst, der Querdurchmesser übersteigt aber kaum 1,5 mill., nach K. Darstellung muss er sehr formveränderlich sein, 332 Unten geht er in die Scheide über, an der Uebergangsstelle mündet die Samenblase ein. Ein kurzer Gang verbindet die Spermatotheke mit der Vagina. Diese, nur wenig weiter als der Eileiter, nimmt fast das vor- dere Drittel rechts an der Eingeweidemasse ein, ist 10 mill. lang und ge- rade. — Neben dem Ende des Zwitterdrüsenganges scheidet sich der Sa- menleiter von dem Eileiter und geht unmittelbar an die Prostata, hat fast durchweg eine Breite von 4 mill. und zeigt ziemlich starke Querfurchen, die aber kein perlschnurartiges Aussehen bedingen, wie K. will. Der aus- gedehnte penis ist etwa 26 mill. lang, von derselben Dicke wie die Scheide, hinterwärts spiralig aufgerollt, seine inneren Wandungen sind theilweise längsfaltig und die Falten mit Dornen besetzt, chitinisirte Ueber- züge von aufrechten oder etwas gebogenen Papillen. -— Nachdem Verf, über die Nichtberechtigung der von Rafinesque aufgestellten Gattg. Philo mycus gesprochen, 7 Arten namhaft gemacht, die derselben heute zuge- zählt werden, bespricht er die beiden ersten derselben ausführlich: den Ph. carolinensis Bose in seinen anatomischen Verhältnissen und den Ph. australis n. sp. von Oahıu. Ph. carolinensi sat similis, sed colore lae- tiore. Mandibula latior, angustior, non nihil fragilis, costieulata, denliculo indistineto. Drei Exemplare wurden der anatomischen Untersuchung ge- widmet und die Resultate derselben näher mitgetheilt. — (Wiener zool. bot. Verh. XX. 843 — 865. Taf. XI -- XIII.) Landois, H., Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Schmetterlingsflügel in der Raupe und Puppe. — Dass die Schmetterlingsflügel sieh schon in der Raupe vorgebildet finden, war be- reits durch Swammerdam und Malpighi bekannt geworden; nähere Unter- suchungen sind seitdem aber nicht wieder angestellt und sind daher die nachfolgenden besonders dankbar aufzunehmen. Dem Verf. dienten vor- züglich die Raupen von Vanessa urlicae und Pieris brassicae zu seinen Untersuchungen und verdünnter Alkohol zu seinen Präparaten für das ein- fache Mikroskop. Am etwas verjüngten Tracheenlängsstamme im 3. und 4. Ringe der Raupe (Kopf eingerechnet) bilden sich die Flügelkeime. Im ersten Stadium, bei einer 4 mill. langen Raupe, bestehen sie histologisch uur aus Zellen einerlei Art, die in Bezug aufGrösse und Gestalt mit den Peritonealzellen junger Tracheenstämmchen durchaus übereinstimmen. Nach der ersten Häutung lassen sich 3 Elemente an ihnen unterscheiden: eine strukturlose Haut, welche ein fünfeckiges Flügelsäckchen bildet, in ihr ku- gelige Zellen und unmittelbar an der Trachee, also an der Wurzel des Flügelkeims eine Gruppe keulenförmiger Zellen. Diese letzteren sind es namentlich, welche nach der zweiten Häutung sich weiler entwickeln, sich nach oben allmälig zuspitzen und im Innern einen unregelmässig knäul- förmigen Tracheenfaden entwickeln, dessen unteres Ende mit dem Lumen der Haupttrachee communieirt und sich daher bald mit Luft erfüllt. Mit der Entwickelung dieses Fadens verschwindet der Zellenkern. Zwischen der dritten und vierten Häutung nehmen die Keime bald solche Dimen- sionen an, dass sie bei einer 10 mill. langen Raupe I mill, messen und alle früher keulenförmigen Zellen zeigen im Innern den zusammengeknäul- ten Tracheenfaden, dem sich die Zellwandungen so eng anschliessen, dass 333 sie kaum noch unterschieden werden können. Nach der vierten Häutung vergrössern sich die Keime mehr und mehr, ‘die Wandungen der keulen- förmigen Zellen sind verschwunden, die Tracheenfäden mehr gestreckt und nehmen im Allgemeinen die Lage der spätern Flügeladern ein. Die Epi- dermis der Flügelkeime zeigt eine pflasterförmige Felderung. Nachdem sich die Raupe festgesponnen, schwellen die Flügelkeime unter der Rau- penhaut in 1—3 Tagen bedeutend an, was theils durch Auseinanderollen der zarten Tracheenknäule, theils durch den hierdurch bedingten Blutzu- fluss in die Flügelsäckchen bewirkt wird. Jetzt reisst die Haut im Nacken und die Puppe ist fertig. Nun bilden sich neben den geknäulten Tracheen, welche vorzugsweise die Respiration vermitteln, zwei andere und neue Organe: grössere Tracheenstämme und Flügelrippen. Letztere bestehen aus elastischen Strängen, welche ringsum von einer Zellenlage umgeben sind und im Querschnitte concentrische Streifung zeigen. Mit der fortschreitenden Entwicklung dieser beiden neuen Gebilde degeneriren die knäuelförmigen Tracheen, bis sie im fertigen Flügel vollständig verschwunden und die grösseren Tracheenstämme an ihre Stelle getreten sind. Da die obere und untere Flügelhaut ziemlich eng an einanderliegen, die grossen Tracheen und Flügelrippen einen bedeutenden Raum einnehmen, so werden die bei- den Flügelhautplattien an diesen Stellen auseinander getrieben und bilden Erhöhungen nach unten und oben, die wir beim entwickelten Flügel als Adern oder Rippen zu bezeichnen pflegen. Diese sind daher keine einfa. chen Gebilde, indem bei ihrer Entstehung die Flügelrippen im engern Sinne, die Tracheen und die ausgebuchtete Flügelhaut, welche auf der Flügelunterfläche vollständig damit verwächst, in Betracht kommen. Gleich- zeitig mit der Ausbildung der Rippen beginnt auch die der Schuppen und Haare und schreitet so schnell fort, dass schon am 5. Tage nach der Verpup- pung sämmtliche Organe mit Schuppen bedeckt sind. Letztere entstehen aus einem eigenthümlichen,, von Semper bereits geschilderten Zellgewebe, des- sen Stränge die reihenweise und alternirende Lage der Schuppen bedin- gen. Jede Zelle treibt zunächst einen Wulst, der durch die Hypodermis hindurchdringt und dort allmälig zu einer grossen Blase anschwillt. Diese Blasen, entweder sich nach vorn einzackend und abplattend, oder sich lang streekend, werden zu Schuppen oder Haaren. Jede Schuppe steckt in einem Halter, der am entwickelten Flügel ein kleines Röhrchen bildet, welches mit seiner Basis in der Epidermis des Flügels innigst verwachsen, einerseits aber von oben nach unten geschlitzt ist, wodurch er eine elas- tisch federnde Wirkung auf das Schuppenstielchen ausübt. Die Entwicke- lung dieses „Schuppenhalters‘ wird näher auseinandergesetzt. Somit sind die Schmetterlingsflügel nicht als „Ausstülpungen des Hautskelets“ zu be trachten, sondern selbständige Tracheengebildee An ilınen findet sich später eine neugebildete Oberhaut, aus deren Zellen die Schuppenhalter hervorgehen. Die Schuppen bilden sich aus Zellen, welche unter der Hypodermis liegen, und können daher nicht als Oberhautsgebilde im streng- sten Sinne des Wortes aufgefasst werden. So wie die Puppenhülle im Nacken reisst, sind die Flügel vollständig ausgebildei, nur sehr fein quer- gerunzelt; durch den bedeutenden Blutzufluss, die Atlhmungsluft und die Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVIl, 1871. 23 334 rüttelnde Bewegung des Neugeborenen erhalten sie in der kürzesten Zeit ihre normale Grösse. Verwundet man einen solchen Flügel, so dass das Blut in der Athmungsluft durch die Wunde ausfliesst, dann verkrüppelt er stets, wie schon Swammerdam nachgewiesen hat. Der Blutstrom stockt bei der natürlichen Entwickelung in den meisten Partien des Flügels und der Raum zwischen beiden Häuten wird enger und die zartfadigen Stiele der Schuppen schrumpfen ebenfalls ein, diese füllen sich mit Luft und der Flügel hat seine vollkommene Entwickelung erreicht. — (Zeitschr. f. wiss. Zool. XXI. 305—316. Taf. XXIII.) Mayr, Dr. Gust,, Formicidae novogranadenses. — Verf. führt 101 Arten von Ameisen (so viele wie aus ganz Europa bekannt sind) aus Neugranada auf, von denen 43 neu sind, während die übrigen aus Mexiko, von den Antillen, Panama, Venezuela, Guyana, Brasilien und den Argentinischen Staaten bereits bekannt waren, einige unter ihnen Kosmo- politen sind, wie Prenalepis longicornis Ltr, Odontomachus haematodes L, Tetramorium guineense F, Solenopsis geminata F, Die n. sp. werden nur im Arbeiterstande (Operaria) diagnosirt und beschrieben, wo ausnahıns- weise eine andere Form vorkommt, ist dies bei den Namen, welche wir hier nur geben können, bemerkt worden; ausserdem sind auch 2 n. gen. aufgestellt, deren Charakteristik wir hier geben werden. Die neuen Arten sind nun folgende: Camponotus nitens (oper. fem.), fasciatus, novograna- densis, eircularis, angulatus, conulus, sphenoidalis, exeisus, trapezoideus, Lindigi (oper fem.), canescens, bidens, bispinosus. Prenolepis nodifera, Brachymyrmex tristis, Hypoclinea laminata, lamellosa (fem.) abrupta Sm wird gleichfalls diagnosirt und die Ansicht Roger’s, dass sie mit bidens L identisch sei, widersprochen, iniqua, pilifera (oper fem.). Belonopelta n. gen. Operaria: Mandibulae longae lineares, ensiformes, margine interno dentibus 5 magnis. Clypeus brevissimus in medio spina recla, porrecta, acutissima, Laminae frontales contingentes. Antenae 12artieulatae, fu- nieuli articulo basali secundo longiore. Area frontalis nulla. Suleus fron- talis ad capitis medium extensus, pone laminas frontales profundus. Oculi simplices minutissimi prope mandibularum artieulationes. Ocelli nulli. Ca- put elongato -quadrangulare, postice leviter arcuatim emarginatum,. Tho- rax inermis absque strietura, mesonoto brevi, metanoto longo. Petioli squama crassa, inermis, rotundata, segmento abdominalis primo haud coalita. Abdomen subeylindrieum inter segmentum 1. et 2. fortiter con- strietum. Unguiculi simplices. Steht der Gattung Ponera sehr nahe. B, attenuata. Pachycondyla moesta, aenescens. Ectatoma conflne. Pheidole biconstricta (Miles- Oper.), punctatissima (Mil. Oper.), laeviventris, incisa (Mil. Oper.). Crematogaster distans, sulcata, brevispinosa, torosa, Ni- gropilosa. Solenopsis rugiceps, laeviceps. Pseudomyrma exeisa, exca- vata, pallens (Oper. fem.), sericea, elongata. Cataulacus coriarius, car- bonarius, rudis. Rhopalothrix n. g. Oper. et Fem.: Caput cordiforme, antice truncatum. Antennae septemarticulatae, scapo crasso, prope basin angulatim curvato, funiculo clavato, articulo apicali maximo. Cly- peus magnus inter antennarum articulationes intersertus, postice rotunda- tus. Oeculi operariae minuti, feminae mediocres; oper, absque ocellis. ‘ 335 Thorax brevis erassus, in oper. parum constrietus, suturis distinctis. Scu- tellum fem. prominens et inerme. Metanotum 2spinosum. Petioli artieulus 1. antice petiolatus, postice nodo transverso, articulus 2 transversus et muticus. Abdomen ovale. Unguiculi simplices. Corpus pilis duorum ge- nerum, pilis brevibus, simplieibus et pilis squamoso - cuneiformibus (Alae fem. mihi ignotae) R. ciliata. — (Sitzungsber. d. Wien. Acad. LXI p. 370—417. c. Tab.) Klunzinger, Synopsis der Fische des rothen Meeres l. Percoiden-Mugiloiden. — Verf. legt hier seine 4jährigen Sammlun- gen und Beobachtungen in Koseir am rothen Meere nieder und fand bei der Beobachtung Gelegenheit, Typen von Bleeker, Rüppell, Bloch, Ehren- berg, Peters zu vergleichen, somit manche Verwirrung in der Synonymie zu klären. Er ist dem System von Joh. Müller in der Hauptsache nach- gefolgt, hat aber Modificationen von Günther und Bleeker angenommen und lehnt sich in Bezug auf Synonymie und Abkürzungen an die Arbeit Gün- thers. Es werden aufgeführt: Serranus 12 Arten: Pseudoserranus louti, Pleetropoma maculatum, Diacope 14, Centropristis filamentosus, Apsilus fuseus, Anthias squamipennis, Grammistes orientalis, Pricanthus hamrurs Apogon 11, Cheilodipterus 2, Ambassis 2, Holocentrum 7 darunter H, platyrhinum n. sp., Myripristis murdjan, Therapon 4, Dules argenteus, Pristipoma 5, Diagramma 8 mit D. sordidum und umbrinum n. sp., Sco- lopsis 3, Upenoides vittatus, Mulloides 2 mit ruber n. sp., Upeneus 5, Crenidens Forskalii, Sargus noct, Lethrinus 7 mit L. xanthochillus n. sp. Sphaerodon grandoculis, Chrysophrys 4, Pagrus 2 mit P, megalommatus n. sp., Polysteganus 2 mit P. coeruleopunctatus n. sp., Gymnocranius rivulatus, Synaris 2, Aphareus rutilans, Caesio 2, Gerres 3, Chaetodon 11, Heniochus macrolepidotus, Holacanthus 3, Platax 2, Psettus argenteus, Pimelopterus 2, Cirrhites Forsteri, Cirrhitichtys maculatus, Scorpaena 5 mit S. tristis n. sp., Sebasies 2, Pterois 3, Apistus isra@litarum, Synar- ceja verrucosa, Platycephalus 2, Percis polyophthalma, Sillago sihama, Sphyraena 4, Mugil 7, Myxus 2, M. superfieialis, trimaeulatus n. sp. An- therina 2 mit A. eylindrica n. sp. — (Wien. zool, bot. Verh. XX. 669 — 834.) W. v. Nathusius, die Schale des Ringelnattereies und dieEischnüre derSchlangen, Batrachier und Lepidopteren, — In allen Schichten der Faserhaut des Ringelnattereies kommen keu- lenförmig verdickte Fasern vor. Die weiche lederartige Eischale enthält nur wenig Kalksalze und hat unter der Oberhaut eine Lage rundlicher Körper mit Hülle und körnigem Inhalt, wie solche sich auch in der Kalk- schale der Vogeleier finden und die bei den Schlangen demnach als Rudi- mente der Schale zu betrachten sind. Ausserdem finden sich viele lange zartkörnige Gebilde, welche den Schalenhautfasern entsprechen und in di- rectem Zusammenhange mit feinen runden Körpern stehen, Auch die fei- nen Fasern enthalten solche feine Körnchen, während wenigstens bei den Vögeln die starken Fasern wieder aus feinen zusammengesetzt und diese keinen körnigen Inhalt haben. Dass die Hülle des Vogeleies kein mecha- nisches Gebilde des Eileiters sein kann, geht schon aus ihrer Ueberein» 23* 336 stimmung mit dem Helixei hervor: über einem geschichteten Eiweis ein zartes Faserhäutchen, darüber kalkige Gebilde, die theils an die rudimen- tären Mamillen des weichschaligen Vogeleies theils an die Kalkbuckeln einiger Reptilieneier erinnern, diese endlich bedeckt an einem geschichte- ten durchsichtigen Oberhäutchen. Das alles kann nicht durch den Eilei- ter der Schnecke erklärt werden. Eine Analogie der rundlichen Körper mit den Speicheldrüsenzellen Pflügers und den Muskelkernen Wageners scheint Verf. nicht vorzuliegen, er nimmt vielmehr als zweites eigenthüm- thümliches Element in der organischen Struktur neben der Zelle noch die Fibrille an. Im Bindegewebe und im Muskel längst bekannt wies sie Schultze auch in der äussern Hülle der Ganglienzelle nach, Verf. fand sie als wesentliches Element in den Hüllen der Eizellen und in der Marksub- stanz des Schafhornes. Nach Wagener bildet sich die Fibrille ganz un- abhängig von den Zellen. Dagegen bemerkt Verf., dass im Ei der Mark- zellen die Fibrillen als Elemente einer äussern Zellenhülle auftreten, dass sich ebenso ihr Auftreten in den Ganglienkugeln auffassen lässt und auch die Grundsubstanz des Knorpels mit ihren Fasern als verschmolzene Zel- lenhülle betrachtet werden kann. Unzweifelhaft besteht ein Theil derselben aus den Hüllen nicht mehr vorhandener Mutterzellen. Aehnlich besteht und entwickelt sich beim Doppelei die gemeinschaftliche Hülle beider Dot- ter fort. Unsere Kenntniss der fibrillären Gebilde ist jedoch noch sehr lückenhaft. Gewisse Schlangen legen ihre Eier in Schläuchen, in einer darmähnlichen Hülle ab, welche ein organisches Gewebe ist. Die äussern Schichten bestehen aus vielen Lagen paralleler Fasern, die schiehtweise in sich kreuzender Richtung verlaufen. Die Fasern sind theils blass, theils eigenthümlich teichigkörnig und sind Röhren erfüllt mit einer weichen fetthaltigen Masse. Auf diese Faserlagen folgt eine wesentlich aus Schläu- chen bestehende Schicht, in den Schläuchen zahlreiche runde Körnchen mit krümeligem Inhalt wie in den Zellkernen, daher sie als Organismen zu betrachten sind. Innerhalb dieser Schlauchschicht und unmittelbar auf der eigentlichen Eischale liegt ein Häutehen mit undeutlicher, vielleicht faseriger Struktur,- welches viele Körnchen denen in den Schläuchen ähn- liche einschliesst. Auch in dem Fasergewebe in den Lücken der Schlauch- schicht finden sich solche Körnehen. Da Verf. einen Schlangeneihaufen mit dem Bindegewebigen Stroma des Eierstockes untersuchte, der gelegt war: so vermuthet er mit Recht, dass auch jene Eierschläuche aus dem Stroma des Ovariums hervorgehen. Nach Beschreibung noch einiger mon- ströser Eier weist er auf die Analogie der Laiehschnüre gewisser Batra- chier hin. Die den Dotter der Batrachiereier umgebenden und zu Schnü- ren oder Klumpen vereinigende Substanz wird gewöhnlich als Schleim- sekret bezeichnet. Nach langer Aufbewahrung in Spiritus zeigt solcher Schleim zahllose Falten unmessbar feiner aber scharf begränzter Membra- nen, an welchen sich Fasernetze und Faserzüge erkennen lassen. Diese Faserhäute scheinen in den verschiedenen Schichten der Laichschnur von verschiedener Beschaffenheit zu sein, die äussern sind die stärksten und enthalten die deutlichsten Fasernetze. Die Membranen quellen im Wasser so stark auf dass ihre Struktur nicht zu erkennen ist und das ist es 337 hauptsächlich, wodurch sich dieser sogenannte Schleim der Eierschnüre der Batrachier von den Membranen des Vogeleiweisses unterscheidet. Ganz analoge Gebilde erkannte Verf. in den Eiröhren der Schmelterlinge, — (Zeitschr. wiss. Zool. XXI. 109— 136. Tf. 7.) F, Stoliezka, über indische und malaische Amphibien. — Verf. verbreitet sich mehr minder ausführlich über folgende Arten: Ptychozoon homalocephalum Crev, Gecko guttatus Daud, G. stentor Cant (Geldereauxi Tytl), G. Smithi Gray, Phelsuma andamenense Blyth (Gecko chamaeleon Tytl), Peripia Peroni DB und Cantoris Gth, Hemidactylus frenatus Schleg, Cyrtodactylus rubidus Blyth (Gecko tigris Tytl), C. affi- nis n. sp., Tiliqua carinata Schneid, T. rugifera n. sp., T. olivacea Gr, Mabouia Jerdonana n. sp., Hinulia maculata Blyth, Riopa lineolata n. sp., Calotes mystaceus DB, Bronchocele cristatella Kuhl, Br. moluccana Less» Br. jubata DB, Tiaris substriata Blyth, Draco volans L, Cylindrophis ru- fus Laur, Ablabes melanocephalus Gray, A. Rappi Gth, A. collaris Gr, A. nicobarensis n. sp., Ptyas mucosus L, Pt. hexagonatus Cant, Com- ptosoma radiatum Reinw., C. melanurum Schl, C. semifasciata Blyth, C. Hodgsoni Gth, Tropidonotus quineuneialus Schl (Tr. Tytleri Blyth, Tr. striolatus Bl), Tr. stolatus L, Tr. platyceps Blyth, Goniosoma oxycepha- lum Boie, Dendrophis pieta Gm, D. caudilineata Gr, Chrysopelea ornata Shaw, Chr. rubescens Gray, Psammophis condanurus Meer, Tragops fron- liciuetus Gth, Dipsas hexagonotus Blytlı, D. ınultifaseiata Blyth, Lycodon striatus Shaw, L. aulicus L (Xenopeltis unicolor Reinw, Tytleria hypsi- rhinoides Theob), Tetragonosoma effrene Caut, Python molurus L, P. re- tieulatus Schneid, Hypsirhina plumbea Boie, Cerberus rhynchops Schneid, Hipistes hydrinus Cant, Cantoria Dayana n. sp., Bungarus caeruleus Schn, Ophiophagus elaps Schl, Naja tripundians Merv., Callophis intestinalis Laur,, Enhydrina valakadyen Boie, E. schistoda Daud, Pelamys platurus L (P. tricolor Schn), Trimeresurus gramineus Shaw, Tr. erythrurus Qant, Tr. carinatus Gr, Tr. porphyraceus Bl, Tr. mutabilis n. sp., Tr. Cantoris Blyth, Tr. convietus n. sp., Halys himalayanus Gth, Daboia Russeli Shaw. Emys crassicollis Bell. — (Journ. asiat. Soc. Bengal. 1870. AXXIX. 160— 228. Tb. 10 - 12.) Gould, chnrakterisirt eine neue Pitta arquata von Borneo zu- nächst verwandt der P. granatina Tem und P. coneinna Eyt, von beiden in der mehr P. erythrogastra Tem. ähnelnden Färbung verschieden. — (Ann. mag. nat. hist. 1871 VII. 340.) V. Bail giebt ein Verzeichniss der auf den Andamanen beob- achteten Vögel mit kurzen Bemerkungen über einige Arten, deren er 22 aufzählt, worunter ein Ninox und ein Edolius unsicher bestimmt sind. — (Journ. asiat. Soc. Bengal. XXXIX. 240 — 244.) 1871. Correspondenzblatt IV. des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen in Halle. 12. 13. Sitzung am 26. April. Anwesend 7 Mitglieder. Eingegangene Schriften: . Memorie dell ’Academia delle Sceienze dell Istituto di Bologna. VUI, 4. IX. 1—4. Bologna 1869. 70. 4°. Rendiconte delle Sessioni dell ’Accademia delle Scienze dell ’Istituto di Bologna Anno 1868. 69. 8°, Nachrichten von der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georgs Augustus Universität 1870. Götiingen 1870. 8°. Wochenschrift des Vereines zur Beförderung des Gartenbaus in den kgl. preuss. Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde von K. Koch. XI, Jahrgg. Berlin 1870. 4°. Verhandlungen des naturhistorischen Vereines für Anhalt XXIX. Des- sau 1870. 8%. . Verhandlungen der kk. Zoologischbotanischen Gesellschaft in Wien. XX. Mit 16 Tff. Wien 1870. 8°. Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kennt- nisse in Wien. Bd. IX. X. Wien 1869. 70. 8%. Monatsberichte der kgl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Ber- lin. Februar 1871. Berlin 1871. 8°. Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralvereines der Prov. Sach- sen von Oek. Rath Dr. Stadelmann. 1871. April u. Mai. 8°, Oversigt over det kgl. danske videnskaberne selskabs Forhandlingar og dets Medlemmers Arbeider i Aaret 1870. Kjobenhavn 1870. 8°. Verhandlungen u. Mittheilungen des Siebenbürgischen Vereins für Na- turwissenschaften zu Hermannstadt. XXI. Hermannstadt 1870. 8. Mittheilungen der mährischschlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaus, der Natur- und Landeskunde in Brünn herausgeg. von H. C. Weeber. Brünn 1870. 4°. Videnskabelige Meddelelser fra naturhistorik Forening i Kjobenhaven for aaret 1868. 69. 70. Kjobenhavn 1868—70. 8°. 339 14. G. Jäger, Zoologische Briefe I. Liefr. Wien 1870. 8°. Mit 49 Holzschnitten. 15. Beleuchtung des von Prof. M. v. Peitenkofer über das Canalisations- project zu Frankfurt a. M. den städtischen Behörden “überreichten Gutachtens. Frankfurt a. M. 1871. 8°. 16. Fr. v. Hauer, zur Erinnerung an Wilhelm Haidinger. Wien 1871. 4°. 17. Richter, über Porphyroide (Programm der Saalfelder Realschule 1871. 4°.) Der Vorsitzende, Herr Prof. Giebel meldet zunächst den Tod des correspondirenden Mitgliedes unseres Vereins, des Ritters von Haidin- ger in Wien und würdigt die hohen Verdienste, welche sich derselbe um die Wissenschaft und um das naturwissenschaftliche Leben in Oesterreich erworben hat. Weiter theilt derselbe die von Herrn Burghardt, Pfarrer zu Ross- leben eingegangene Notiz mit, nach welcher an sehr feuchten Stellen eines Unstrutdammes blutartige Flecken gefunden worden waren, die sich als breiartige Zusammenhäufungen kleiner Thierchen erwiesen, legte die- selben vor, welche in Spiritus ihre hochrothe Färbung gänzlich verloren hatten, und erklärte sie für den kleinen Krebs Cyclops quadricornis. Schliesslich berichtet der Vortragende folgende Mittheilung des Herrn Prof. Irmisch in Sondershausen unter dem 18. Febr. „Bereits vor mehre- ren Wochen und zwar zu einer Zeit, wo eine nicht unbeträchtliche Kälte herrschte, wurde in der Nähe von Wundersleben auf den Schneeflächen ein kleines Insekt, der sogenannte Schmerfloh gefunden. In diesen Tagen wurde dieses Thierchen auch an sehr vielen Stellen um Sonderhau- sen beobachtet. Ungemein häufig zeigte es sich an der Chausee, die zum Göldner hinaufführt, bei dem israelitischen Gottesacker und anderwärts. Die von dem angehäuften Schneewasser gebildeten Wegeränder waren von diesen kleinen Spaziergängern, die sich durch ihre schwarze Farbe auf dem Schnee leicht bemerklich machten, ungemein belebt: zu Hunderten, ja Tausenden zeigten sie sich auf kaum klafterlangen Stellen. Ihre Be- wegungen sind sehr mannigfaliig.. Kaum hat man sie auf den Schnee gehen und laufen gesehen, so erhoben sie sich in einem zu ihrer Klein- heit riesigen Sprunge mehre Zoll hoch vom Schnee, Ihr schlanker, be_ weglicher Körper giebt sich auch rasch, bald in schiefer, bald in senk- rechter Richtung in den Schnee ein. Oft glaubt man mit dem aufgeho- benen Schnee eins oder einger Thierchen habhaft geworden zu sein, aber nein — sie sind tiefer auf den Grund gegangen. Ausser an den angege- gebenen Wegen wurden sie noch auf dem alten Gottesacker und an vie- len Stellen des Parkes beobachtet; auch im Kloppenthale bei Stockhausen an der grossen Brücke und am Hammenteiche hat man die Schneeflöhe gefunden, die der Gattung Podura (Springschwanz) angehören und sich am liebsten an solchen Stellen aufhalten mögen, wo Bäume und Gebüsche stehen, unter denen sie wahrscheinlich ihregewöhnliche Wohnung haben.“ Herr Geh, Rath Credner legt sodann, ihm von Bergratı Wagner in Wettin übergebene Kalkspathe aus einer Gangspalte einer dortigen Steinkohlengrube vor. Dieselben sind ausgezeichnet durch die grosse Ma- nigfaltigkeit ihrer Krystallformen ; denn es kommen vor flache Rhomboe- 340 der von halber Axenlänge, Prismen in Verbindung mit demselben Rlıom- boeder, sechsseitige Säulen in der Stellung zweiter Ordnung abermals mit der ersten Form combinirt und endlich schräg aufgewachsene Krystalle, welche vorherrschend aus dem Skalenoeder in Combination von erstge- nanntem Rhomboeder und dem an zweiter Stelle genannten Prisma beste- hen. Nach der Bemerkung, dass die Form der Drusen auf die Bildung der Krystalle von Einfluss sein dürfe, verbreitet sich der Vortragende über den Fundort der vorliegenden Handstücke und die daselbst vorkommenden höchst interessanten Verwerfungsspalten. Ksebauer - Schweischke’sche Buchdruckerei in Halle. \ Ueber einige neue, vom Grubengas sich ableitende Sulfonsäuren. Von Max Albrecht. In der Schwefelsäure nimmt man nach den neueren An- sichten über die Constitution der chemischen Verbindungen das zweiwerthige Radical SO2 mit 2 Hydroxylen verbunden an und kann in Folge dessen, abgesehen von andern Gründen, das Schwefelatom nicht wohl anders als vierwerthig.betrachten. Zwei seiner Affinitätseinheiten werden gesättigt durch je eine der beiden im hypothetischen Radical SO? enthaltenen Sauer- stoffatome, die mit ihrer zweiten Einheit sich gegenseitig binden, während die beiden einwerthigen Hydroxyle mittelst zweier weiteren Affinitäten des Schwefels an denselben ge- bunden sind: Diese Constitution der Schwefelsäure muss uns unwill- kührlich an die Kohlensäure erinnern, in welcher das eben- falls vierwerthige Kohlenstoffatom durch zwei seiner Valenzen mit einem Atom Sauerstoff zu dem zweiwertbigen Radical CO, durch die beiden anderen mit den beiden Hydroxylen verbun- den ist: 0O—H | c=o0 | 0O—H Diese beiden in der unorganischen Chemie eine so wich- tige Stelle einnehmenden Säuren zeigen aber auch noch in Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 24 342 einer andern Beziehung analoges Verhalten. Wir wissen, dass der einwerthige Rest CO.OH der Kohlensäure, das sogenannte Carbo- xyl, eine organische Verbindung zu einer Säure macht, und wir be- messen die Basicität einer organischen Säure nachder Anzahlderin ihr enthaltenen Carboxyle. Eine ganz ähnliche Rolle spielt der einwerthige Rest der Schwefelsäure SO2,OH in der organi- schen Chemie; auch er macht die organischen Verbindungen, in die er eintritt, zu Säuren, deren Mannigfaltigkeit und An- zahl der der Carboxylsäuren fast gleichzustelten ist. Ich möchte den Rest S0?.OH analog dem Carboxyl mit dem Namen Swlfono.xryl bezeichnen, während der aus der schwefligen Säure stammende Rest SO.OH dann vielleicht Sulfoxyl genannt werden könnte. Jeder dieser beiden Reste kann auch in vielen Fällen für den andern eingeführt werden; es Kann aus den Sulfonoxyl- Säuren das Sulfonoxyl ausgeschieden und durch Carboxyl er- setzt werden, während umgekehrt in anderen Säuren das Car- boxyl dem Schwefelsäurerest den Platz räumen muss. Der erstere Austausch wird bewirkt: 1) durch Schmelzen der Ver- bindung mit Cyankalium, wodurch CN eintritt, welches in be- kannter Weise in CO.OH verwandelt wird; 2) durch Kalihy- drat, wodurch Hydroxyl an Stelle des Sulfonoxyls tritt, welches durch Kohlensäure und Natrium in Carboxyl umgewandelt wer- den kann; 3) durch Schmelzen der Säure mit ameisensaurem Kali, wodurch direct Carboxyl an Stelle des Sulfonoxyls tritt (V. Meyer). Das @arboxyl kann durch den Schwefelsäurerest verdrängt werden, indem man die betreffenden Verbindungen mit con- centrirter Schwefelsäure behandelt. Die den Rest SO3H enthaltenden Säuren nennen wir Sul- fonsäuren und sprechen von Mono-, Di-, Tri- und Tetrasul- fonsäuren, je nach der Anzahl der mit dem organischen Ra- dical verbundenen Sulfonoxyle: I 1 11 IV Roi, R ; R : R | H [1] I SO3H (SO3H)? (SO3H)3 (SO3H)* . Tetrasulfonsäuren sind in der fetten Reihe noch gar keine, Trisulfonsäuren vor meiner Arbeit nur zwei (die Methintrisul- 343 fonsäure und die Glyceryltrisulfonsäure) dargestellt worden, während die Zahl der Mono- und Disulfonsäuren auch in der fetten Reihe eine ausserordentlich grosse ist. — In obigen Formeln soll übrigens mit R nicht nur ein Kohlenwasserstoff- radical, sondern allgemein eine Kohlenstoffhaltige Gruppe von der wechselndsten Zusammensetzung, die die oben angedeu- teten freien Einheiten zeigt, bezeichnet werden. Auch Säuren, die CO.OH, wie auch SO?.OH enthalten, existiren in grosser Anzahl; die Basicität dieser Säuren wird sich natürlich nach der Summe der in ihnen enthaltenen Carboxyle und Sulfonoxyle richten. — Es sei mir hier verstattet, einen kurzen Ueberblick der allgemeinen Darstellungsmethoden der Sulfonsäuren zu geben. Die älteste Methode, Sulfonsäuren darzustellen, beruht auf der Behandlung der organischen Verbindungen mit Schwefel- säureanhydrid, rauchender oder gewöhnlicher Schwefelsäure. Eine grosse Anzahl organischer Körper geben mit Schwefel- säure leichter oder schwerer Monosulfonsäuren, die oft durch energischere Einwirkung in Disulfonsäuren umgewandelt wer- den können. — Es wird bei dieser Bildungsweise 1 Atom H durch SO3H ersetzt, während sich H2O bildet. Die folgenden Gleichungen versinnlichen die Bildung einiger Sulfonsäuren auf die angeführte Weise: C6H8 + SH20* = C6H5.S0OH + H2O CH3.C0O.OH + SH202 = CH2.SO3H.CO.OH + H2O. C?H*.(CO.OH)? + SH20% — C?H3.SO3H.(CO.OH)? + H2O C6H5.NH? + SH?0? — C6H#.SO3H.NH? + H2O C6H5.S0°H + SH204 — C6H?.(S03H)? + H2O. Auch das Carboxyl kann, wie oben schon erwähnt, durch Einwirkung von Schwefelsäure ausgeschieden und durch Sul- fonoxyl ersetzt werden: CH2.SO3H.CO.OH + SH20* = CH?2(SO3H)? + CO? + H2O. Etwas complieirter ist der Vorgang bei der Einwirkung der Schwefelsäure auf Säurenitrile und -amide, die nach den Untersuchungen von Buckton und Hofmann die Sulfosäure der entsprechenden Säure und eine Disulfonsäure geben. Aus den Säureamiden müssen dieselben Producte wie aus den Ni- trilen entstehen, weil sie sich ja von letzteren in ihrer Zu- sammensetzung nur durch H2O unterscheiden. 24 * 344 Es gab z. B. Propionitril und Propionylamid Monosulfo- propionsäure und Aethylendisulfonsäure: C3H5.N + SH?20% + H?O = C3H5.S03H.0? + NH? C3H5.N + 3SH20% = C?H?#.(SO3H)? + NH“.HSO® + CO? Eine zweite ziemlich allgemeine Bildungsweise der Sul- fonsäuren besteht in der Oxydation der Mercaptane, Bisulfide, Schwefeleyanverbindungen und gewisser Thiosäuren. Gerade diese Bildungsweise ist wichtig als Aufschluss gebend über die Constitution der Sulfonsäuren. In allen den genannten Schwefelverbindungen ist unzweifelhaft das organische Radi- cal direkt an Schwefel gebunden, und dieselbe Bindung des- selben muss demgemäss in den Sulfonsäuren angenommen wer- den, die durch Oxydation des Schwefels der angeführten Grup- pen von Verbindungen entstehen. Man muss sich also z. B. die Aethylsulfonsäure, die durch Oxydation des Aethylmer- captans entsteht, folgendermassen constituirt denken: (C2HB) | SO2, OH. Damit erklärt sich dann auch, dass die aus dem schwefligsau- ren Aethyl (aus SOCI? gewonnen) durch vorsichtige Zersetzung ınit Kalihydrat von Warlitz dargestellte ätherschweflige Säure, deren Structur, als vom SOCI?2 herstammend, offenbar durch die Formel: (0) .(C2HP) | S0.OH ausgedrückt wird, nur isomer, nicht aber identisch mit der Aethylsulfonsäure sein kann. — Während die Mercaptane und Bisulfide durch Oxydation nach den Gleichungen : R H u, und R RS +10 +50 Pr) SO3H, R SO3H in Sulfonsäuren übergehen, ist zu beachten, dass sich die Sul- fide der Alkoholradikale nur zu Sulfidoxyden und Sulfiddioxy- den oxydiren: 345 R2S geht in R2SO und durch lebhaftere Oxydation in R2S02 über. Was die Oxydation der Thiosäuren betrifft, so ist eben- falls ein Unterschied zu machen zwischen den Säuren, die ausser dem SH noch CO.OH enthalten, oder, mit anderen Worten, in welchen an den Schwefel ein Kohlenstoff und Was- serstoff haltiges Radikal gebunden ist, und denen, die den Schwefel direkt an Carbonyl gebunden enthalten. Nur jene geben Sulfonsäuren, während diese bei der Oxydation in Schwe- felsäure und die betreffende Sauerstoffsäure zerfallen. So wird Thioglycolsäure durch Salpetersäure zu Sulfoes- sigsäure oxydirt: CH?.SH ara CH?.SO3H CO.OH a 60:04 Monothiomilchsäure zu Sulfopropionsäure u. s. w., wohinge- gen Thiacetsäure oder Thiobenzo&säure Schwefelsäure und Essig- resp. Benzo@säure bei der Oxydation bilden: cH3 CH3 2 u a ee N: Die dritte und zugleich wichtigste allgemeine Methode zur Darstellung von Sulfonsäuren ist in ihrer ausgedehnten Anwendbarkeit erst in den letzten Jahren bekannt geworden. Sie bietet einen so bequemen glatten Weg dar, cas Sulfon- oxyl in organische Verbindungen einzuführen, dass sie seit jener Zeit oft und mit Erfolg von den Chemikern angewendet worden ist, die durch sie die Zahl der Sulfonsäuren um ein Beträchtliches vermehrt haben. — Man entnimmt nach dieser Methode das Sulfonoxyl aus dem schwefligsauren Kali, wel- ches dasselbe mit Cl, Br oder J-haltigen organischen Verbin- gen gegen diese Elemente austauscht. — + SH20%, Wir finden die ersten Angaben über Gewinnung von Sul- fonsäuren aus schwefligsaurem Kali schon im Jahre 1860 in den Annalen der Chemie und Pharmacie*), wo Hesse 2 Sul- fonsäuren aus der Benzolreihe, die Bichlorhydrochinonsulfon- säure und die Thichronsäure: *) Ann. Ch. Ph, 114 p. 313. 346 (OH)? OH cs ‘cl? und C#40(SOSH) (SO3H)? (SOSH)A beschreibt, deren Kalisalze er aus dem Tetrachlorchinon C6C1202 erhalten hat, auf welches er saures schwefligsaures Kali ein- wirken liess. — Seine Angaben wurden später bestätigt von Greiff*) und von Gräbe**), welcher Letzterer bei der Dar- stellung besagter Säuren das neutrale schwefligsaure Kali statt des sauren anwendet. Zugleich schlägt Gräbe in der citirten Arbeit die Verallgemeinerung der durch das schwefligsaure Kali bewirkten Reaction vor und theilt an derselben Stelle mit, dass er aus Jodaethyl und schwefligsaurem Kali das äthylsul- fonsaue Kali und aus Aetlıylenbromid das äthylendisulfonsaure Kali erhalten habe. J.C2H5 + SK20% — C?H5.S0°K + JK Br2.\C2H2 2 25K20>° = E21127 (S0>R)2 7, 2BrE In demselben Jahre (1868) theilte Streeker ***), mit, dass er die Umsetzung des neutralen schwefligsauren Kalis mit Ha- loidderivaten organischer Substanzen schon 1865 aufgefunden, und dass theils er, theils seine Schüler mittelst derselben eine Reihe neuer Sulfonsäuren dargestellt hätten, so auch die von Gräbe erhaltene Aethylsulfonsäure und Aethylendisulfonsäure. Wir finden in den betreffenden Arbeiten Bender’s, Coll- manns und Schäuffelen’s***), die auf Veranlassung Strecker’s vorgenommen worden, eine Anzahl bisher unbe- kannter Säuren, sowie neue Darstellungsmethoden für schon bekannte Sulfonsäuren, die sämmtlich durch die angeführte Umsetzung erhalten wurden. — So wurde z.B. auch die Sul- foessigsäure aus der Monochloressigsäure und schwefligsaurem Kali und aus dem Trichlorhydrin C3H5C13 durch Ersetzung aller 3 Chloratome durch SO3K die Glycerylirisulfonsäure erhalten, welche letztere besonders desshalb Interesse darbot, weil sie erst die zweite Trisulfonsäure war, die man in der fetten “Reihe dargestellt hatte. — Strecker selbst hat die Einwirkung von schwefligsaurem Kali auf Chloroform studirt; es ist ihm jedoch nicht gelungen, alle 3 Atome Cl durch SO3K zu erset- *) Ztschr. f. Ch. 1863 p. 340. **) Ann. Ch. Ph. 146, p. 39. #3) Ann, Ch. Ph. 148. p. 90. ##t) ibid. 347 zen und so das Theilkuhl’sche methintrisulfonsaure Kali zu erhalten, vielmehr erhielt er unter anderen Produkten me- thylendisulfonsaures Kali CH2(SO3K)?, dichlormethylsulfousau- res Kali CHCI?.SO3K und methylsulfonsaures Kali CH3.SO3K. In diesem Falle ist also durch das schwefligsaure Kali auch theilweise Reduction bewirkt worden. -— Vor allen Dingen muss bei dieser Reaction festgehalten werden, dass, soweit die bisherigen Erfahrungen reichen, nur direkt an den Koh- lenstoff gebundenes Chlor, Brom oder Jod durch SO3K ersetzt wird; auch die Bildungsweise einer meiner Sulfonsäure nach der Strecker’schen Methode bestätigt diese Annahme. — Jodeyan, in welchem das J an N gebunden ist, giebt in Folge dessen, wieStrecker gezeigt hat, keine Ersetzung des Jods durch SO3®H, sondern nur schwefelsaures Kali, Cyanwasserstoff und Jodwasserstoff: CN.J + K2S0% + H20O = K2S02 + CN.H + MH. Bevor ich zu meinen Untersuchungen übergehe, die als Resultat einige von dem Grubengas sich ableitende Sulfonsäu- ren ergeben haben, möchte ich noch kurz der bis dahin bekannten Sulfonsäuren von diesem Typus, also der Sul- fonsäuren mit 1 Atom Kohlenstoff und ihrer Darstellungsweisen Erwähnung thun. Denkt man sich im Grubengas CH“ den Wasserstoff Atom für Atom durch Sulfonoxyl ersetzt, so müssen theoretisch 4 Sulfonsäuren existiren: CH3.SO®K, CH?.(SO3K)?, CH(SO®K)?, C(SOFK)*, von denen bis jetzt nur die,drei ersten bekannt sind, die vierte jedoch wohl auch bald dargestellt werden wird. Ich möchte diese Säuren in Hinweis auf ihren Zusammenhang mit dem Gru- bengas oder Formen mit den Namen Formenmonosulfonsäure, Formendi-, — tri-, und — tetrasulfonsäure bezeichnen. — Die bekannteste unter ihnen, die Formenmonosulfon- säure oder Methylschwefetsäure, wurde auf verschiedene Weise dargestellt. Sie entsteht zunächst durch direkte Oxy- dation mit Salpetersäure aus dem Methylmercaptan, dem Me- thylbisulfid und Sulfocyanmethyl; ferner nach Strecker aus . Jodmethyl und schwefligsaurem Kali. Auch hat sie Letzterer, wie schon oben erwähnt, unter den Zersetzungsprodukten des Chloroforms mit schwefligsaurem Kali aufgefunden. Eine sehr 348 interessante Darstellungsweise der Formenmonosulfonsäure end- lich ist von Kolbe*) angegeben worden; derselbe hat näm- lich aus dem Trichlormethylsulfonchlorid , dargestellt aus Schwe- felkohlenstoff und Chlormischung, durch Einwirkung von Kalihydrat das trichlormethylsulfonsaure Kali erhalten: CC1l3.SO?Cl + KOH = CIH + CCI13.SO3K, und aus Letzterem durch Ersetzung von Chlor durch Wasser- stoff mit Hilfe des galvanischen Stromes das methylsulfonsaure Kali. Die Formendisulfonsäure, gewöhnlich Methylendisul- Fonsäure genannt, ist zuerst von Liebig**) durch Einwir- _ kung von Schwefelsäure auf Aether und auch auf Alkohol erhalten und von ihm mit dem Namen Methionsäure bezeich- net worden. Ferner erhielten Buckton und Hofmann***) die Formendisulfonsäure aus Acetonitril und Acetamid mit wasser- freier Schwefelsäure; es entsteht dabei, wie auch aus den schon oben gemachten Angaben über dieBuckton und Hof- mann’sche Reaction ersichtlich, Monosulfoessigsäure, die durch weitere Schwefelsäure in Formendisulfonsäure übergent: Auch die Milchsäure lieferte Strecke r****) durch Behandlung mit Schwefelsäure Formendisulfonsäure; es haben sich bei die- ser Bildungsweise vermuthlich aus der Milchsäure CH3. CHOH .COOH die Reste CH.OH und CO.OH unter Zersetzung abge- schieden, während in dem übrig bleibenden Methyl ein H durch SO3H ersetzt worden ist und ein anderes SO®H sich an- gelagert hat. Endlich fand Strecker diese Säure unter den schon mehrfach erwähnten Zerseizungsprodukten des Chloro- forms mit schwefligsaurem Kali. Die Formentrisulfonsäure ist nur von Theilkuh *****) dargestellt worden, welcher sie Methinirisulfonsäure nannte. Er gewann sie aus dem Kalksalz der Methylätherschwefelsäure. Den dabei stattfindenden Process erklärt er so, dass die Me- thylätherschwefelsäure: 0.CH3 SO3H *) Ann. Ch. Ph. 54 p. 145. **) Ann. Ch. Ph. 13, p. 32. ***) Ann. Ch. Ph. 100, p. 129. ****) Ann, Ch. Ph. 118, p. 290. *****) Ann. Ch, Ph. 147 p. 135. 349 sich durch Umlagerung der Atome in die der Isäthionsäure homologe Oxymethylsulfonsäure: CH?.OH SO3H verwandelt habe und in dieser dann erst 1 Atom H in SO3H und schliesslich auch das Hydroxyl in das Sulfonoxyl umge- wandelt worden sei. Letztere Annahme dürfte jedoch, wie Theilkuhl selbst zugiebt, sehr schwer zu erklären sein; man könnte vielmehr auf Grund der Angabe Theilkuhl’s, dass sich die Masse stark schwärzte und SO? entwickelte, die Umset- zung der Methylätherschwefelsäure in die Formentrisulfonsäure vielleicht in folgender Weise erklären: An das Methyl der Säure addiren sich 3 Mol. Schwefelsäureanhydrid, und der Rest 0.SO3H wird unter Zersetzung ausgeschieden. An seine Stelle tritt 1 Atom H, welches entweder aus den Zersetzungsproduk- ten des Restes selbst herstammt, oder, was noch wahrschein- licher, aus einem anderen Mol. Schwefelsäure disponibel wird, welches. einen Theil des Salzes unter Oxydation vollständig zersetzt. — Sowohl die Schwärzung der Masse wie das Auf- treten der schwefligen Säure würden durch diese Anschauung erklärt werden. Sulfonsäuren mit einem Atom Kohlenstoff, die vom Me- thylalkohol oder Methylmercaptan durch Frsetzung der an den Kohlenstoff gebundenen Wasserstoffatome durch Sulfonoxyl her- geleitet werden können, kannte man bis jetzt noch nicht. Vor- liegende Arbeit beschreibt die Darstellungsweisen einiger Säu- ren aus dieser Gruppe, sowie deren wichtigste Eigenschaften und Salze. Ich ging bei meinen Versuchen von dem Per- chlormethylmercaptan, CSC“ — RN welches nach Rath- ke*) aus Schwefeikohlenstoff und Chlormischung dargestellt wurde, aus. — Methylmercaptantrisulfonsäure. In eine kalte concentrirte Lösung von neutralem schwef- ligsauren Kali wurde in kleinen Portionen Perchlormethylmer- captan eingetragen, so lange sich das Oel noch löste- Die *) Ber, Ch. Ges. 3 p. 858. 350 Flüssigkeit erhitzte sich dabei sehr stark, so dass Kühlung nothwendig wurde, und es schied sich alsbald ein dicker Krystallbrei ab. Nachdem alles schwefligsaure Kali umgesetzt war, wurde der Brei durch Leinewand abgepresst und durch zweimaliges Umkrystallisiren gereinigt. Ich konnte mich da- mit begnügen, da das Salz sehr schwer löslich ist und beim Erkalten seiner Lösung in wohlausgebildeten Krystallen heraus- krystallisirt. Die Mutterlaugen lieferten stets nur noch wenig reines Salz. — Diese Krystalle wurden zwischen Filtrirpapier abgepresst, an der Luft und schliesslich, da ein Versuch zeigte, dass sie über Schwefelsäure ihre schön glänzenden Flächen behielten, zerrieben unter der Luftpumpe getrocknet. Das so präparirte Salz wurde analysirt: 1) 0,4304 gr. lieferten im Luft- und Sauerstofistrome mit chromsaurem Blei verbrannt 0,0443 CO? und 0,0455 H2O. 2) 0,4012 gr. gaben auf dieselbe Weise verbrannt 0,0404 CO? und 0,0422 H2O. 3) 0,3252 gr. auf dieselbe Weise 0,0322 CO? und 0,0343 H2O. h | 4) 0,3170 gr. gaben mit Salpetersäure und saurem chrom- sauren Kali im zugeschmolzenen Rohre oxydirt ind mit Chlor- baryum gefällt 0,6683 BaSO%#, 5) 0,4020 gr. gaben ebenso behandelt 0,8618 BaSO%#. 6) 0,5548 gr. gaben im Tiegel mit Salpetersäure oxydirt, mit SH204 und C(NH#)203 behandelt nach dem Glühen 0,3306 K2S0#. Bei der Wasserbestimmung verloren 1,0487 gr. bei 160° 0,0870 gr. Krystallwasser. Aus diesen Angaben ergiebt sich für das Salz die empi- rische Zusammensetzung CS?K3H50", die, in Rücksicht auf die 3 Entstehung des Salzes aus: en scı ’ in folgende Structurfomel auf- gelöst werden kann: So3K sosK 2 Cl SH 351 1. 22 3. 4. 5. 6. berechnet: W258 2,15. 2,10 °— _ — 2,74 SI — 28,95 29,42 — 29,22 Kı — '— -- 0 — 26,71 | 26,71 Bean LT — _— 1,14 Gefunden wurden 8,28 °/, Krystallwasser, während sich aus der Formel berechnen 8,22°/.. Es zeigen also die 4 Chloratome des Perchlormethylmer- captans verschiedenes Verhalten gegen neutrales schwefligsau- res Kali; während die 3 an den Kohlenstoff gebundenen Clor- atome durch den Rest SO3K ersetzt werden, wird das an S gebundene Chlor gegen Wasserstoff ausgetauscht. Die Bil- dung dieses Kalisalzes aus dem CSCl# ist so ein weiteres Beweismittel für die schon in der Einleitung erwähnte An- nahme, dass nur die direkt an Kohlenstoff gebundenen Halo- gene bei der Behandlung mit neutralem schwefligsauren Kali austreten und der Schwefelsäurerest an ihre Stelle tritt. Ich bezeichne das neue Kalisalz mit dem Namen methyl- mercaptantrisulfonsaures Kali, da der Zusammenhang mit dem Mercaptan wohl leicht ersichtlich ist. Man kann die Methylmercaptantrisulfunsäure als Methylmercaptan auffassen, in welchem die 3 Wasserstoffe des Methyls durch Sulfonoxyle vertreten sind. Der bei der Bildung des Salzes stattfindende Prozess kann durch folgende Gleichung interpretirt werden: CSCI2 + 4SK203 + H20 = 4KC1 + SKHO2 + C(SO3K)FSH. Das dabei sich bildende saure schwefelsaure Kali zerfällt in der wässrigen Lösung in Schwefelsäure und schwefelsaures Kali, und auf dessen schwere Löslichkeit in kaltem Wasser musste bei späteren Darstellungen des Sulfosalzes Rücksicht genommen werden. Letzteres wurde stets so oft umkrystalli- sirt, bis die Lösung von Chlorbaryum nicht mehr getrübt wurde. Das Salz krystallisirt in grossen, wasserhellen, harten Krystallen mit schön glänzenden Flächen, die an der Luft wie über Schwefelsäure nicht verwittern. Die Krystalle gehören in das triclinische System. Bei Verarbeitung einigermassen beträchtlicher Quantitäten kann man sie, sobald das Salz ge- 352 nügende Reinheit erlangt hat, in einer Länge von etwa '% Zoll erhalten. Die Löslichkeitsbestimmung derselben wurde in der Weise ausgeführt, dass 124,8 gr. des Salzes heiss in Wasser gelöst und die Lösung dem Erkalten überlassen wurde. Es waren 102,2 gr. Salz wieder herauskrystallisirt, während die Menge Wasser, die die übrig bleibenden 22,6 gr. gelöst enthielt, 548,2 gr. betrug. Die Temperatur der Lösung war 20,5° C. Bei einem an einem kälteren Tage auf dieselbe Weise ausgeführten Versuche waren in 78 gr. Wasser von 120 Temp. 1,5 gr. gelöst geblieben. Bei einem dritten Versuche endlich waren 2 gr. des Sal- zes in 92,4 gr. Wasser von 160 gelöst geblieben. Diese Versuche ergeben eine Löslichkeit von einem Theile Salz bei 120° in 52 Theilen Wasser — 160 _— 46,2 — = — 20,50 — 24,3 — — Die Löslichkeitscurve steigt demgemäss sehr steil. Die Lösung des mercaptantrisulfonsauren Kali giebt mit basisch essigsaurem Blei und salpetersaurem Silber weisse Niederschläge, mit Chlorbaryum und neutralem essigsauren Blei keine Fällungen. — Der mit basisch essigsaurem Blei entstehende Niederschlag zersetzt sich bei schwacher Erwär- mung unter Schwärzung sehr schnell; die Schwärzung ist dem bei der Zersetzung entstehenden Schwefelblei zuzuschreiben. In Salpetersäure löst er sich leicht, in Essigsäure erst nach längerem Kochen unvollständig auf. — Der Wasserstoff des SH ist in dem Kalisalze, wie aus der Formel ersichtlich, nicht durch Kalium ersetzt, und der Gedanke lag nahe, den Versuch zu machen, ob sich selbiger analog dem an Schwefel gebunden Wasserstoffe des Mercap- tans verhält, d. h. ob er vielleicht auch durch Quecksilber zu ersetzen sei. — Feuchtes Quecksilberoxyd, welches zu dem Zwecke einer kalten Lösung des Kalisalzes zugesetzt wurde, wirkte gar nicht auf dasselbe ein. Wurde jedoch das Queck- silberoxyd portionenweise zu einer kochenden Kalisalzlösung gegeben, so würde es von derselben aufgelöst. Es wurde mit dem Quecksilberoxydzusatz so lange fortgefahren, bis sich 353 die Flüssigkeit ganz leicht zu trüben begann. Beim Erkalten schied sich nun ein flockiger, amorpher, weisser Niederschlag aus, den ich für das erwartete Quecksilbersalz hielt, auf ein Filter brachte und lufttrocken analysirte. 0,9310 gr. gaben 0,5393 gr. Hg$ an Hg, während das erwartete Salz C(SO®K)3SHg nur 19,93%, Hg enthalten würde. Ausserdem wurde das Salz mit concentrirter Cyanka- liumlösung übergossen sofort schwarz, ein Beweis, dass das erhaltene Salz keine einfache Zusammensetzung hatte, sondern ein stark Schwefelquecksilber haltiges Zersetzungsprodukt war. Ich versuchte nun den Wasserstoff des SH noch durch Kalium zu ersetzen und so ein vierbasisches Kalisalz zu er- halten. 5 gr. kohlensaures Kali wurden mit 20 gr. des tri- sulfonsauren Kali’s in Lösungen vermischt und das zuerst herauskrystallisirte Product einmal umkrystallisirt, abgepresst, an der Luft und im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet und analysirt. 0,4947 gr. gaben bei der Verbrennung mit chromsaurem Blei 0,0456 CO?; 0,0526 H2O u. 0,2941 gr. Asche (K2S0%). gef. das unveränderte C(SO3K)3SH + 2H20 verlangt: 252 2,74 K 26,67 26,71 1,18 1,14 Das Salz ist also durch die Behandlung mit kohlensau- rem Kali nicht verändert worden. -- Um dem Einwande zu entgehen, dass sich doch vielleicht das 4 Atome Kalium ent- haltende Salz gebildet habe, aber durch die Umkrystallisation wieder zersetzt worden sei, wurde bei Vermeidung derselben der Versuch wiederholt. Das aus dem Gemisch der heissen Lösungen des mercaptantrisulfonsauren und kohlensauren Kalis, welches letztere nur in der berechneten, zur Ersetzung des vierten Wasserstoffatomes in dem Sulfosalz nothwendigen Menge vorhanden war, beim Erkalten ausgeschiedene Salz wurde von der Mutterlage getrennt, scharf abgepresst und di- rect analysirt. Eine Probe des an der Luft und über Schwe- felsäure getrockneten Salzes wurde im Porzellanschiffchen auf ihren Aschengehalt untersucht. 0,2898 gr. Substanz gaben 0,1743 gr. K2SO4#; 354 gef. ber. n. C(SO3K)3SH + 2H20 K 27,00 26,71 Das vierte Atom H in dem mercaptantrisulfonsauren Kali ist also durch Einwirkung von kohlensaurem Kali nicht mehr durch Kalium zu ersetzen. — Das geringe Plus an Kali bei der letzten Bestimmung erklärt sich durch noch etwas beige- mengt gewesenes kohlensaures Kali. — Ich will noch hinzufügen, dass auch freies Kalihydrat den an Schwefel gebundenen Wasserstoff nicht durch Kalium er- setzen kann; in der Hitze zersetzt es nämlich das kalisalz vollständig, während es kalt ohne Einwirkung auf dasselbe bleibt; ja es wurde sogar bei einer später zu beschreibenden Darstellung des methylmercaptantrisulfonsauren Kalis Letzteres aus einer viel freies Kalihydrat enthaltenden Lösung ge- wonnen. — Freie Methylmercaptantrisulfonsäure. Zur Darstellung der freien Säure wurde die Lösung des Kalisalzes mit basisch essigsaurem Blei ausgefällt, der Nie- derschlag mit kaltem Wasser (warmes zersetzt ihn) gewaschen, in Wasser suspendirt und mit Schwefelwasserstoffigas behan- delt. Der überschüssig eingeleitete H2S wurde durch Kohlen- säure eutfernt. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Säure wurde im Vacuum über Schwefelsäure eingeengt. Es blieb ein dicker Syrup zurück, und an den Wänden der Schale war ein schön violetter Ueberzug sichtbar. Der Syrup zerfloss an der Luft durch Wasseraufnahme sehr schnell und war daher zur Analyse nicht geeignet. Diese Säure giebt, selbst noch in äusserster Verdünnung mit Eisenchloridlösung eine schöne tief dunkelblaue Färbung, die der Farbe der ammoniakalischen Kupferlösung gleich kommt, an Intensität aber der der Salieylsäurereaction nicht nachsteht und daher als ein sehr scharfes Erkennungsmittel dieser Säure dienen kann. Doch schon durch blosses Stehen an der Luft, sowie durch Erhitzen und durch Einwirkung starker Säuren, verschwindet die Färbung wieder, indem sie in ein schwaches Gelb übergeht. : Redueirende Mittel, wie Eisenoxydullösung, Schwefelwasserstoff ete., machen ebenfalls die Färbung verschwinden. Aus der noch blaugefärbten Lö- 359 sung fällt NH3 rothes Eisenoxyd, aus der durch Erhitzen oder Stehen an der Luft reducirten und farblos gewordenen Flüs- sigkeit wird schwarzes Eisenoxyduloxyd gefällt. — Die Säure giebt sonst dieselben Reactionen wie das Kalisalz. N Sie ist sehr leicht zersetzbar. Beim Abdampfen über dem Wasserbade oxydirt sie sich sehr schnell, und kann Schwefelsäure in der Flüssigkeit nachgewiesen werden. Die Oxydation geht auch schon durch blosses Stehen an der Luft vor sich. Während eine frisch bereitete Säure mit Chlorba- ryum und neutralem essigsauren Blei völlig klar bleibt, giebt eine längere Zeit mit der Luft in Berührung gewesene Säure mit diesen Lösungen schwache Niederschläge. Auf neutrales schweiligsaures Natron wirkt das Perchlor- meihylmercaptan bei Weitem nicht so heftig ein, wie auf das schwefligsaure Kali; während sich bei der Einwirkung auf Letzteres die Flüssigkeit stark erhitzte, musste hier Erwär- mung auf dem Wasserbade die Einwirkung unterstützen, um überhaupt eine Lösung des CSCI? zu erlangen. Auch war die Menge das ausgeschiedenen Salzes weit geringer, wie die bei der Kalisalz-Darstellung, woraus die leichtere Löslichkeit des Natronsalzes ersichtlich war. Seine Reindarstellung gelang ınir nicht, da die Gegenwart grosser Mengen von Chlornatrium, schwefelsaurem und schwefligsaurem Natron dieselbe unge- mein erschwerte. Ausserdem färbte sich die Lösung sehr schnell gelb, ja schied beim Erhitzen sogar Schwefel ab. Ebenso ist es mir nicht geglückt, das Ammoniaksalz der Mercaptantrisulfonsäure mit Sicherheit rein darzustellen; nur bei einem Versuche konnte ich eine geringe Menge dessel- ben erhalten. Es wirkt neutrales schwefligsaures Ammoniak auf CSCI* ebenso träge ein, wie das schwefligsaure Natron, und die Menge der entstehenden in ihrer Löslichkeit nicht sehr verschiedenen Ammoniaksalze macht auch hier die Tren- nung derselben von dem ebenfalls leicht löslichen mercaptan- trisulfonsauren Ammoniak sehr schwierig. Auch mit Alkohol konnte keine schärfere Trennung erreicht werden. Die Menge des Ammoniaksalzes, die ich durch mehrfaches Umkrystalli- siren erhielt, erwies sich als Chlor- und Schwefelsäure frei; 356 sie war aber so gering, dass sie nur zu einer Wasser- und Ammoniakbestimmung ausreichte. Das analysirte Salz krystal- lisirte in dünnen Blättchen, die sowohl in kaltem, als auch in warmem Wasser leicht löslich waren. Die Wasserbestimmung gab keine brauchbaren Resultate; das Salz verlor ohne weitere Zersetzung nur eine sehr ge- ringe Menge Wasser und konnte beim Trocknen auf kein con- stantes Gewicht gebracht werden. Bei der Ammoniakbestimmung gaben 0,3973 gr. lufttrock- nes und kurze Zeit über Schwefelsäure getrocknetes Salz 0,3328 gr. Pt. Daraus berechnet sich ein Procentgehalt von 15,220/, NH“. Ein Salz von der Zusammensetzung en NHR)> + H?O verlangt 15,12%, NH#. Um das Barytsalz der Mercaptantrisulfonsäure darzustel- len, wurde, da Chlorbaryum keinen, wohl aber Barythydrat einen Niederschlag in der Kalisalzlösung erzeugte, diese mit Letzterem gefällt. Die Lösung färbte sich sehr schnell gelb, was auf entstandenes Schwefelbaryum hindeutete, welches auch nachzuweisen war, Trotzdem wusch ich den Nieder- schlag in einem Kolben durch Decantation aus, wobei die hin- zutretende Luft vorher durch Passiren eines mit Kalistücken gefüllten Rohres von der Kohlensäure befreit wurde, und ver- suchte, ihn in Essigsäure zu lösen. Doch auch nach länge- rem Kochen mit der Säure entwickelt sich nur Schwefel- wasserstoff, ohne dass der Niederschlag in Lösung geht. — Vielleicht entsteht durch anhaltendes Kochen der Kalisalzlö- sung mit Barytwasser ein ganz neuer Körper, was zu einer ferneren Versuchsreihe Anlass geben könnte, die ich vorläufig nicht aufnehmen konnte. Der frisch mit Barytwasser aus kalter Lösung gefällte Niederschlag löst sich in Essigsäure, doch krystallisirte aus der Lösung ein schwefelhaltiges Salz heraus. So musste auch die Darstellung eines Barytsalzes aufge- geben werden. — Um das Kupfersalz darzustellen, löste ich feuchtes Kupfer- oxyd in der freien Säure auf; die Lösung nimmt eine dun- kelschwarzbraune Farbe an, die wahrscheinlich von einer Reduction herrührte und durch längeres Stehen an der Luft 357 hellgrün wurde. Beim Eindampfen der Lösung in der Wärme trat sofortige Reduktion ein. Im Vacuum eingeengt hinter- liess sie einen dicken, grünen Syrup, der nach längerem Stehen an der Luft Krystalle von schwefelsaurem Kupfer ab- setzte. So machte die leichte Zersetzbarkeit der Säure auch die Darstellung eines Kupfersalzes unmöglich. — Feuchtes, frisch gefälltes Quecksilberoxyd: wird ebenfalls von der Säure gelöst, doch auch diese Lösung giebt kein Salz der Mercaptantrisulfonsäure, sondern hiuterlässt beim Verdunsten nur einen Syrup. — Schliesslich waren auch das Blei- und Silbersalz, wie aus dem Folgenden ersichtlich, nicht darstellbar. — Das Kalisalz ist somit das einzige, wohl characterisirte Salz der Methylmercaptantrisulfonsäure, welches sich ohne Schwierigkeit in vollständiger Reinheit und mit guter Aus- beute erhalten lässt. Meth ylmercaptandisulfonsäure. a) Entstehung derselbenaus dem methylmercap- tantrisulfonsauren Blei. Wird der Niederschlag, der aus der Lösung des mercap- tantrisulfonsauren Kalis mit basisch essigsaurem Blei entsteht, filtrirt, sorgfältig ausgewaschen und noch feucht mit viel ver- dünnter Essigsäure gekocht, so vermindert sich sein Volumen beträchtlich, und nachdem man das Kochen vielleicht /, Stunde lang fortgesetzt, scheidet das Filtrat beim Erkalten kleine nadelförnige Krystalle aus. Dieselben, die ich Anfangs für das Bleisalz der Trisulfonsäure hielt, wurden von der Mutter- lauge getrennt, mit kaltem Wasser gewaschen, abgepresst, ge- trocknet und analysirt. Das Salz, welches bei allen Darstel- lungen immer nur in diesen kleinen, feinen Nädelchen krystal- lisirte, verwitlert über Schwefelsäure. 1) 0,3763 gr. lufttrocknes Salz gaben mit chromsaurem Blei im Luft- und Sauerstofistrom verbrannt 0,021 CO?; 0,0485 H2O und 0,2918 PbSO&. 2) 0,4535 gr. gaben auf dieselbe Weise verbrannt 0,0351 CO? und 0,0606 H2O. 3) 0,3462 gr. gaben in NHO® gelöst und mit SH20* ge- fällt 0,2670 gr. Pb SO%. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 25 358 4) 0,3726 gr. gaben mit concentrirter Salpetersäure nach Carius im zugeschmolzenen Rohre oxydirt 0,2715 Pb SO* und durch Fällung des Filtrates mit Chlorbaryum 0,2282 gr. BaSO%. Die aus diesen Analysen sich ergebenden Zahlen zeigten, dass ich das Bleisalz einer ganz anderen, neuen Säure vor mir hatte, das auf 1 Atom C nicht 4, sondern 3 Atome S und auch drei Atome Metall enthielt und welchem die empi- rische Formel cs3(Z)u»on gegeben werden muste. Es war das Bleisalz der Mercaptandisulfonsäure: SO3H SO3H H SH in der die beiden Wasserstoffatome der Sulfonoxyle, sowie der Wasserstoff des SH durch Blei ersetzt sind; ausserdem enthält das Salz 4 Molecüle Krystallwasser; seine rationelle Zusammensetzung wird also durch folgende Formel wieder- gegeben: C Pb S03 > sos PP C 2 +4H20 H Pb er 1. 2. 3. 4. berechnet: Ü 2,03. 2,11 — — 2,04 SS 00 — — — 16,08 | 16,34 Pb 52,97 — 52,68 _ 52,85 H: ‚1,43: 197. 1,53 Eine direkte Krystallwasserbestimmung konnte nicht aus- geführt werden, da das Salz ohne Zersetzung zwischen 100— 130° nur 9,9°/, H2O verliert, während sein Gehalt an H2O 12,25°/, beträgt. Es hat sich offenbar bei der Bildung dieses Salzes das trisulfonsaure Blei, welches wahrscheinlich auch schon den an Schwefel gebunden Wasserstoff durch Blei ersetzt enthielt, mit 399 Wasser so umgesetzt, dass statt der Gruppe SO3 1 Atom H eingetreten und diese in sanures schwefelsaures Blei, resp. in schwefelsaures Blei und freie Schwefelsäure, übergegangen ist. Das schwefelsaure Blei blieb beim Kochen ungelöst zu- rück. Wird das Kochen zu lange fortgesetzt, so färbt sich das ungelöst bleibende schwefelsaure Blei schwarz von aus- geschiedenem Schwefelblei, was auf eine vollständige Zerset- zung eines Theiles des Salzes durch Wasser hindentet. Die filtrirte, klare, heisse Lösung des mercaptandisulfonsaren Bleies wird in der That auch durch weiteres anhaltendes Kochen vollständig unter reichlicher Abscheidung von schwefelsaurem Blei und Schwefelblei zersetzt. Aus diesem Bleisalz der Methylmercaptandisulfonsäure stellte ich ihr Kalisalz dar. Methylmercaptandisulfonsaures Kali. Zur Darstellung des Kalisalzes der Disulfonsäure wurde das frisch dargestellte Bleisalz mit Wasser angerieben und mit Schwefelwasserstoffgas zersetzt. Es zeigte sich jedoch, dass die dabei freiwerdende Säure die vollständige Ausfällung des Bleies verhindertee Nachdem der überschüssige Schwefel- wasserstoff durch Kohlensäure entfernt worden war, gab eine mit kohlensaurem Kali nahezu neutralisirte Probe des Filtra- tes mit H2S eine weitere Abscheidung von Schwefelblei. Die noch Bleisalz gelöst enthaltende freie Säure wurde daher mit kohlensaurem Kali schwach alkalisch, mit Essigsäure schwach sauer gemacht und nochmals mit Schwefelwasserstoffgas be- handelt, Die schliesslich von allem Blei befreite, schwach essigsaure Lösung wurde auf dem Wasserbade eingedampft. Sie lieferte ein in Krystallkrusten und als Ueberzug auf der Oberfläche ausgeschiedenes Salz, welches unter dem Mikroskop betrachtet nadelförmige Kryställchen zeigte, die in kaltem Wasser leicht, aber träge, in warmem sehr leicht löslich waren. Nach einmaliger Umkrystallisation wurde das Salz analysirt. 1) 0,4060 gr. im Vacuum über Schwefelsäure getrockne- tes Salz lieferten bei der Verbrennung mit chromsaurem Blei 0,0607 CO2; 0,0370 H2O und 0,2390 K2S0%. 25 * 360 2) 0,3354 gr. gaben 0,0512 CO?; 0,0337 H2O und 0,1974 K2502. — Darnach ergiebt sich für das Salz die Formel: SOS3K SO3K C H 2 ED, SH T. 2» berechnet: ©7124,00 > 4,1 4,09 K 26,38 26,38 | 26,62 El Aus der Zusammensetzung dieses Kalisalzes sehen wir, dass die Methylmercaptandisulfonsäure, wie auch zu erwarten, eine zweibasische Säure ist; doch können solche Metalle, die, wie das Blei, eine starke Verwandtschaft zum Schwefel be- sitzen, auch den an diesen gebundenen Wasserstoff ersetzen. Ueber die Reactionen der Methylmercaptandisulfonsäure will ich weiter unten, wo ich noch einmal auf das Kalisalz zurück- komme, das Wichtigste anführen. — b) Entstehung der Methylmercaptandisulfonsäure aus dem methylmercaptantrisulfonsauren Silber. Die Lösung des mercaptantrisulfonsauren Kalis gab mit salpetersaurem Silber einen weissen flockigen Niederschlag, der nach 24 Stunden krystallinische Struktur annahm. Es waren schon mit blossem Auge an der Wand des Glases wavellitartig gruppirte Nädelchen zu erkennen. Das Salz bräunte sich schnell in der Wärme und löste sich in der Kälte in Salpetersäure nicht auf. Nur das trockene Salz geht mit heisser Salpetersäure in Lösung über. — Ein Versuch zeigte, dass es noch kalihaltig war; es wurde daher die über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit abgegossen und durch Lösung von salpetersaurem Silber ersetzt, dessen längerer Einwirkung das Salz ausgesetzt wurde. Doch auch nach die- ser Behandlung behielt es seine nadelförmige, krystallinische Struktur und erwies sich als noch kalihaltig. Es musste also wahrscheinlich eine isomorphe Mischung von Silber- mit Ka- liumsalz sein. Ich filtrirte es, wusch aus, presste es ab, 361 trocknete es an der Luft und über Schwefelsäure und analy- sirte das so vorbereitete Salz. Die Analyse gab mir in An- betracht der anscheinend einfachen Reaction vollständig uner- wartete und überraschende Resultate. Bevor ich die erhal- tenen Zahlen anführe, möge man mir verstatten, die durch dieselben erlangten Ergebnisse und die Gründe, die mich zur Feststellung der rationellen Zusammensetzung des vorliegen- den Salzes führten, in wenigen Worten vorher auseinander- zusetzen. — Zunächst standen Kohlenstoff und Schwefel in dem Verhältniss von 1: 3, statt, wie erwartet worden, 1: 4; die Trisulfonsäure muss also durch Zersetzung einen Schwefel haltigen Rest verloren haben, und es war anzunehmen, dass sie wie beim trisulfonsauren Blei in die Disulfonsäure über- gegangen war. — Es standen jedoch ausserdem der Kohlen- stoff und das Metall (also hier Silber plus Kalium) in dem nicht einfachen Verhältniss von 1: 3, 2 zu einander; auch Wasserstoff und Sauerstoff standen in keinem durch ganze Zahlen auszudrückenden Verhältnisse zum Kohlenstoff, so dass ich esallem Anscheine nach mit einer ziemlich complicirten Verbindung zu thun hatte. Die nach den Analysen aufgestellte procentische Zusammensetzung bot mir durch ihre verwickel- ten Atomenanzahlen fast gar keinen Anhalt, die Zusammen- setzung des Salzes mit Sicherheit festzustellen, so dass ich nothwendigerweise, um Aufklärung zu bekommen, einige weitere Versuche anstellen musste. Es handelte sich zu- nächst darum, um festzustellen, ob die in dem Gemisch ent- haltene Säure wirklich auch die Methylmercaptandisulfonsäure sei, dieselbe an nur ein Metall zu binden und so ein reines Salz zu erhalten, aus dessen Analyse ich mit mehr Sicherheit auf die Beschaffenheit der durch das Fällen des mercaptantri- sulfonsauren Kalis mit salpetersaurem Silber entstandenen Säure schliessen konnte. — Ein Kalium freies Silbersalz darzustellen, konnte desshalb nicht zum Ziele führen, weil das aus der freien Trisulfon- säure mit Silbernitrat gefällte Salz sich nach einigen Stunden » unter Bildung von Schwefelsilber und anderen Produkten zer- setzte, ein Trennen des Niederschlages aber von der Flüssig- keit unmittelbar nach der Fällung kein Resultat gegeben hätte, da ja die Umwandlung des trisulfonsauren Silbers in 362 das disulfonsaure einige Zeit erfordert. — Es gelang mir je- doch, das Kaliumsalz der in dem Silbersalz enthaltenen Säure rein darzustellen, und dieses erwies sich als das methylmer- captandisulfonsaure Kali. — Das Kalium haltige Silbersalz wurde Behufs Darstellung des reinen Kalisalzes mit Wasser angerieben, durch Hindurch- leiten von Schwefelwasserstoff zersetzt, der überschüssige H2S durch Kohlensäure entfernt und filtrirt. Die bereits kali- 'haltige Säure wurde mit kohleusaurem Kali gesätligt. Ein kleiner Ueberschuss des letzteren verhinderte die Krystallisa- tion des darzustellenden Kalisalzes vollständig; die im Vacuum eingeengte Lösung hinterliess nur einen Syrup, der zu einer unkrystallisirten Masse erstarrte. Auch durch Alkohol konnte das Salz nicht rein erhalten werden, da es in demselben fast ebenso schwer löslich ist, wie kohlensaures Kali. Ich wan- delte daher den Ueberschuss an Letztere durch vorsiehtigen Zusatz von verdünnter Salzsäure, bis die alkalische Reaktion gerade verschwunden war, in Chlorkalium um und concentrirte die Lösung nochmals unter der Luftpumpe. Das neue Salz krystallisirte zuerst in feinen mikroskopischen Nädelchen heraus, während das Chlorkalium in der Mutterlauge blieb, von welchem es schon durch einmalige Krystallisation scharf und vollständig getrennt werden konnte. Die Löslichkeit und Krystallform des so gewonnenen Salzes stimmten mit der des aus dem trisulfonsauren Blei dargestellten disulfonsauren Kalis überein. Nach einmaliger Umkrystallisation wurde es analy- sirtt. Die Analyse bewies die Identität desselben mit dem mercaptandisulfonsauren Kali vollständig. 0,3431 gr. des im Vacuum über Schwefelsäure getrockne- ten Salzes lieferten mit chromsaurem Blei im Luft- und Sauer- stoffstrom verbrannt 0,0495 gr. CO2; 0,0295 H20O und 0,2045 K2S04. ber. für C(SO3K)2HASA + Y, H20. C 3,93 — 4,09 H 0,985 — 1,02 K 26,71 — 26,62 Ich komme nun zu dem Kalium haltigen Silbersalz zu- 363 rück, von welchem ich ausgegangen war, und von dem nun- mehr angenommen werden kann, dass es ein Salz der Mer- captandisulfonsäure ist. Für Salz von einer und derselben Darstelling wurden folgende Zahlen erlangt: 1) 0,5805 gr. unter der Luftpumpe über Schwefelsäure getrocknetes Salz gaben mit chromsaurem Blei verbrannt 0,0492 CO%; 0,0364 H2O und die in Salpetersäure gelöste Asche gab mit Salzsäure gefällt 0,3740 Ag C!. 2) 0,5807 gr. lieferten bei der Verbrennung 0,0504 CO2 und 0,0342 H2O. 3) 0,3827 gr. Salz gaben in Salpetersäure gelöst und mit Salzsäure gefällt 0,2455 AgCl; das Filtrat mit verdünnter Schwefelsäure eingedampft hinterliess einen Rückstand von 0,0582 K2S0%. 4) 0,2971 gr. gaben im zugeschmolzenen Rohre mit Salpe- tersäure und saurem chromsaurem Kali oxydirt 0,3946 Ba SO&. ‚Der Krystallwassergehalt konnte direkt nicht bestimmt werden. — Salz von einer zweiten Darstellung lieferte bei der Ana- lyse folgende Zahlen: 1) 0,3428 gr. gaben bei der Verbrennung mit chromsau- rem Blei 0,0279 CO? und 0,0207 H2O. 2) 0,4660 gr. gaben in Salpetersäure gelöst, mit Salpe- tersäure gefällt 0,2797 AgCl; das Filtrat mit Schwefelsäure eingedampft und geglüht 0,0862 K2S0%. — Versucht man auf Grund der Zahlen der ersten Analyse eine Zusammensetzung für das Salz zu berechnen, so erge- ben sich, wie schon früher erwähnt, auf 1 Atom C 3, 2 Metall, während die Disulfonsäure zur Bildung eines norma- len Salzes nur 2 Atome Metall verlangt. Um diese Abnor- mität zu erklären, kann keine andere Annahme gemacht werden, als dass 1) der an Schwefel gebundene Wasserstoff auch noch durch Silber ersetzt ist, was mit Rücksicht darauf, dass ja in dem disulfonsauren Blei ebenfalls dieser Wasser- stoff durch Blei ersetzt war und bei der stärkeren Verwandt- schaft des Silbers zum Schwefel wie die des Kaliums wohl denkbar ist und 2) dass die restirenden 0,2 Atome als 0,2 Mol. AgHO auf 1 Mol. des Sulfosalzes enthalten sind. Nach 364 dieser letzteren Annahme müsste das Silber - Kalium Salz al- kalisch reagiren; ein mit dem krystallinisch gewordenen, wohl ausgewaschenen, noch feuchten Salze angestellter Ver- such bestätigte auch diese Voraussetzung. Schliesslich füh- ren die gefundenen Zahlen für Wasserstoff und Sauerstofi auf einen Wassergehalt von 1,2 Molecülen. Es würde demnach das Salz von der ersten Darstellung folgende Zusammensetzung haben: B& ae]: CH + 0,2 AgHO + 1,2 H20. SAg Das Verhältniss von Silber zu Kalium ergiebt sich ebenfalls aus den Analysen. — Die Procentzahlen eines Gemisches von dieser Zusammensetzung stimmen mit den gefundenen folgen- dermassen überein: 1. 2% 3 4. berechnet: 07772#31722,85 — — 2,35 Sm — — 18,23 18,66 Ag 48,47 — 3821 — 48,51 K — = 6,81 — 6,75 H 0,9 0,63 _- — 0,70 Dass die Verhältnisse jenach der Darstellung des Präpa- rates wechselnde sind, ergiebt sich aus der Analyse des von einer andern Darstellung herrührenden Salzes. Diesem würde die Zusammensetzung: DIESE & H SAg zu ertheilen sein, wobei wieder x aus den für Silber und Kalium aus der Analyse sich ergebenden Verhältnisszahlen zu berechnen ist: + 0,4 Ag HO + 2,2 H20. 1. 2 berechnet: Bl — DaF Re Ag — 45,17 45,18 Ki, 1.8.98 8,24 H 0,67 a 1,05 Was die Theorie der Bildung dieses Salzes aus dem methylmercaptantrisulfonsauren Kali mit salpetersaurem Silber 365 anlangt, so ist hier derselbe Prozess, der beim Bleisalz im Kochen vor sich gegangen, schon in der Kälte geschehen; es ist dadurch, dass ein Theil des Kalium durch Silber er- setzt worden ist, die Gruppe SO3H dem Austausch gegen Wasserstoff leichter zugänglich gemacht worden, während gleichzeitig, ebenso wie dort, der Wasserstoff des SH durch Silber ersetzt worden ist. Das angelagerte Silberoxyd kann nur durch Freiwerden von Salpetersäure aus dem salpeter- sauren Silber hergenommen worden sein. Ich überzeugte mich schliesslich durch den Versuch, dass in der Mutterlauge von dem Silbersalzniederschlage sowohl viel freie Säure, als auch Schwefelsäure, welche bei der Abspaltung von SO3H entstehen muss, vorhanden war. — Reactionen der Methylmercaptandisulfonsäure. Die aus dem Silbersalz durch Zersetzen mit Schwefelwas- serstoff freigemachte Disulfonsäure, die noch etwas Kalisalz enthielt, verhält sich in einigen ihrer Reaktionen der Mercap- tantrisulfonsäure sehr ähnlich. Auch sie giebt mit wenig Eisen- chlorid eine intensiv blaue Färbung, die jedoch weit unbestän- diger, als die mit der Trisulfonsäure erzeugte ist; sie verschwindet schon nach wenigen Minuten fast vollständig. — Mit Barythy- drat, basisch essigsaurem Blei und salpetersaurem Silber giebt auch sie weisse, flockige Niederschläge, von denen der Blei- niederschlag ähnlich dem aus der Trisulfonsäure gefällten beim Erwärmen sich schnell schwärzt. Wird er längere Zeit ge- kocht und heiss filtrirt, so scheiden sich im Filtrat beim Er- kalten schöne glänzende Blättchen aus, wahrscheinlich ein Ka- lium haltiges Bleisalz. — Scharf unterschieden ist diese Säure von der Trisulfonsäure dadurch, dass sie mit Chlorbaryum und essigsaurem Blei flockige Niederschläge giebt, während weder die freie Trisulfonsäure noch deren Kalisalz mit diesen Rea- gentien Niederschläge geben. Auch das keine freie Säure enthaltende mercaptandisul- fonsaure Kali giebt, verschieden von dem mercaptantrisulfon- sauren Kali, mit Eisenchloridlösung die blaue Reaction, doch weit schwächer, wie die Säure und fast momentan in grün und bald darauf in gelb übergehend. -- Das Kalisalz giebt fer- ner mit salpetersaurem Silber anfänglich einen hellen Nieder- 366 schlag, der sehr bald gelb, dann orange wird und sich mit der Zeit immer dunkler färbt. Diese Färbung rührt von bei- gemischtem Schwefelsilber her. Es begünstigt hier offenbar eine weniger saure Flüssigkeit die theilweise Zersetzung des Silbersalzes, was in stark saurer Flüssigkeit beständiger ist; in der That konnte ich auch in dem Ammoniakauszuge des orange gefällten Silbersalzes mit Salpetersäure ein weisses Salz ausfäl- len. — Im Uebrigen giebt das Kalisalz dieselben Reactionen, wie die kalihaltige freie Säure. — Weitere Untersuchungen konnte ich über die Methylmer- captandisulfonsäure wegen mangelnden Materials und der zur Veröffentlichung dieser Arbeit drängenden Zeit vorläufig noch nicht anstellen; ich glaube aber auch nicht, dass sie ein reich- haltiges Feld für dieselben darbieten würde, denn viele ihrer Salze scheinen ebenso leicht zersetzbar wie die der Mercap- tantrisulfonsäure zu sein und daher wenig Aussicht für ihre Reindarstellung zu haben. Methylalkoholtrisulfonsäure. Wird zu einer Lösung des Salzes C(SO3H)?SH tropfen- weise Brom zugegeben, so entfärbt sich Letzteres, und nach- dem die Lösung mit Brom gesättigt, scheidet sich ein bei Weitem schwerer lösliches Salz aus. Von vornherein konnte man für diese Einwirkung des Broms auf die Mercaptantrisulfonsäure zwei Erklärungsweisen vermuthen. Man konnte entweder annehmen, dass der an Schwefel gebundene Wasserstoff unter Bildung von Bromwas- serstoff ausgeschieden und 2 dadurch einwerthig gewordene Reste der Säure aneinandergetreten seien, wie dies z. B. bei der Einwirkung von Jod auf xanthogensaures Kali der Fall ist: 0.C2H5 cs O.C2H5 S 28 +92) = DH + | s SH Cs 0.C2H3. oder man konnte dem Brom eine oxydirende Wirkung zuschreiben und dann erwarten, dass die Mercaptantrisul- 367 fonsäure analog den Mercaptanen 3 Atome Sauerstoff auf- genommen habe und dadurch in die Formentetrasulfonsäure C(SO3H)* übergegangen sei. Doch keine von beiden Annah- men bestätigte sich. Vielmehr wirkt auffallender Weise das Brom auf die Mercaptantrisulfonsäure in der Art oxydirend ein, dass Hydroxyl für den Rest SH eintritt und dieser in Schwe- felsäure übergeht. : Nach dem Vorversuche liess ich Brom auf eine grössere Quantität des Kalisalzes C(SO3K)3SH einwirken und stellte den Versuch annähernd quantitativ an, um ausser der Analyse des entstandenen Salzes noch einen weiteren Anhalt für den bei der Bromirung stattfindenden Vorgang zu haben. Ich löste 47,6 gr. Salz in nicht zu warmen Wasser auf, brachte die Lösung in einen Kolben, in dessen doppelt durch- bohrtem Korke ein Tropfscheidetrichter und ein Abzugsrohr eingelassen waren, und liess aus Ersterem das Brom tropfenweise in die Lösung einströmen. Die Tropfen verschwanden Anfangs langsam und erst nach kräftigem und anhaltendem Schütteln, doch je mehr Brom aufgenommen wurde, desto leichter wurde durch die gebildete Bromwasserstoffsäure das neu hinzukom- mende gelöst. Da sich die Flüssigkeit hierbei stark erhitzte, musste von Zeit zu Zeit der Kolben durch kaltes Wasser ge- kühlt werden. Es wurde mit dem Bromzusatz so lange fort- gefahren, bis die Färbung auch nach längerer Zeit nicht mehr verschwand. Es waren zu der Operation 58 gr. Brom ver- braucht worden. Beim Erkalten der Lösung hatte sich eine reichliche Menge eines schwer löslichen Salzes in schönen Nadeln aus- geschieden, welches durch zweimaliges Umkrystallisiren voll- kommen rein erhalten wurde. Die eingedampften Mutterlau- gen lieferten nur noch wenig von dem Salze. Das Salz wurde abgepresst, an der Luft und über Schwe- felsäure getrocknet, wobei es seine stark glänzenden Flächen behielt und der Analyse unterworfen. 1) 0,4519 gr. gaben mit chromsaurem Blei im Luft- und Sauerstofistrom verbrannt 0,0536 CO2; 0,0390 H2O und 0,2942 K2S04#. 2) 0,4653 gr. gaben auf dieselbe Weise verbrannt 0,0543 CO? und 0,0364 H2O. 368 3) 0,3766 gr. gaben nach Carius im zugeschmolzenen Rohre mit Salpetersäure und saurem chromsauren Kali oxydirt und mit Chlorbaryum gefällt 0,6626 BaSO4. CS3K3H 30" il 2. 3. ber. C 320 318 — 2,97 Ss — — 24,13 23,16 R72918 — — 28,91 11070:.99.. 20,820 9 0,74 Hiernach kann die rationelle Formel des Salzes keine andere sein als diese: SO?K SO3K C SOSK + H20 , OH was die Krystallwasserbestimmung sowohl, wie die sogleich zu besprechenden näheren Umstände bei der Bildung noch zweifelloser klar legten. Was Erstere anlangt, so verloren 0,1895 gr. über Schwefelsäure getrocknetes Salz 0,0352 gr. an Gewicht. Dieser Gewichtsverlust entspricht einem Krystallwasser- gehalte des Salzes von 4,45%,» eine genau mit obiger Formel übereinstimmende Zahl, welche ebenfalls 4,45°% Krystallwasser verlangt. — Es ist also bei der Bildung dieses Salzes die Gruppe SH des methylmercaptantrisulfonsauren Kalis durch Brom in Hydroxyl verwandelt worden; diese unerwartete oxydirende Wirkung des Broms kann durch folgende Gleichung erklärt werden: \ R.SH + 8Br + 5H20 = 8SBrH + SH20* + R.ON. Es würden also um 1 Mol. des ersten Kalisalzesin 1 Mol.deszweiten umzuwandeln, 8 Atome Brom er!orderlich sein, und in der That habe ich bei meinem Versuche annähernd so viel, nämlich auf1 Molecül Kalisalz 71% Atome Brom, verbraucht. Dass schon etwas weni- ger Brom genügt hatte, um das eine Salz in das andere um- zuwandeln, kann daraus erklärt werden, dass die entstehende Schwefelsäure offenbar auf einen Theil des unzersetzten Kali- salzes gewirkt, schwefelsaures Kali gebildet und Säure frei- 369 gemacht, welche Letztere sich unter Entwicklung von CO2, H2S und Abscheidung von Schwefel vollständig zersetzt hat. Sämmtliche drei Erscheinungen sind auch bei der Reaction auf- getreten. Die Menge des schwefelsauren Kalis jedoch, welches ne- ben dem entstandenen Salze auftrat, war bedeutender, als bei der kleinen Menge des durch Schwefelsäure zersetzten mer- captantrisulfonsauren Salzes erwartet werden konnte; ausser- dem krystallisirten aus den letzten Mutterlaugen nicht unbe- trächtliche Mengen Bromkalium heraus, und schliesslich ent- sprach auch die Menge des erhaltenen neuen Salzes auch nur annähernd nicht der angewendeten Menge des ersten Salzes. Es musste desshalb durch die freie Schwefel- und Bromwas- serstoffsäure eine theilweise Zersetzung des entstandenen Salzes stattgefunden haben und die freie Säure C(SO®H)3OH in Frei- heit gesetzt worden seit. Um diesen Verlust zu vermeiden, neutralisirte ich die Lösung bei einer späteren Darstellung nach beendeter Bromeinwirkung mit Kohlensaurem Kali und erzielte so eine bei Weitem grössere, der Menge des ange- wendeten Salzes beinahe entsprechende Ausbeute. Diese Neu- tralisation der Lösung nach der Brombehandlung darf daher bei der Darstellung des Salzes C(SO3K)®.OH nicht unterlassen wer- den, will man die richtige Ausbeute erzielen. Wie die Methylmercaptantrisulfonsäure als Methylmercap- tan angesehen werden kann, in welchem die drei Wasserstoffe des Methyls durch SO3H ersetzt sind, so muss die Säure die- ses Kalisalzes als Metlıylalkohol betrachtet werden, in welchem die drei Methylwasserstoffe durch denselben Rest substituirt sind und dem entsprechend Methylalkoholtrisulfonsäure ge: nannt werden. Das methylalkoholtrisulfonsaure Kali Krystallisirt beim Er- kalten der Lösung, wie schon oben erwähnt in farblosen, har- ten, stark glänzenden Nadeln heraus. Grössere und vollkom- mener ausgebildete Krystalle wurden beim Verdunsten der Lösung erhalten, wobei sie in Form monoklinischer Prismen von starkem Lichtbrechungsvermögen auftraten. Bei der Löslichkeitsbestimmung der Krystalle wurden 10,2 gr. m heissem Wasser gelöst; beim Erkalten waren 2,2 gr. 370 wieder ausgeschieden, und das Gewicht der Lösung betrug 6,55 gr., ihre Temperatur 21°. Also waren 8 Theile Salz in 6,47 Theilen Wasser von 21° gelöst geblieben, was einem Löslichkeitsverhältnisse des Salzes in Wasser von dieser Temperatur von 1:81 nahezu entspricht. Also ist es noch bedeutend schwerer lös- lich als das mercaptantrisulfonsaure Kali (1:24,3 bei 21°). Reactionen. Die charakteristischste der Reactionen dieses Salzes ist das Verhalten der Lösung desselben gegen Chlorbaryum, wel- ches Reagens besonders beim Erwärmen sofort glänzende, ziemlich grosse Krystallblättchen eines unlöslichen Barytsalzes niederfallen lässt. Auch basisch essigsaures Blei giebt mit der Kalisalzlösung einen weissen, amorphen Niederschlag, der sich in der Wärme nicht schwärzt; er löst sich schon in der Kälte in Essigsäure leicht auf. Neutrales essigsaures Blei er- zeugt erst nach einiger Zeit eine unbedeutende Trübung. Sal- petersaures Silber giebt keinen Niederschlag. Auch hier wollte ich den Versuch nicht ungeschehen las- sen, den Wasserstoff in dem direkt an Kohlenstoff gebundenen Hydroxyle durch Kalium zu ersetzen, obgleich ich mir von vornherein sagen musste, dass die Aussicht auf Erfolg eine ‚sehr geringe war, da ja in diesem Hydroxyl der Structur der Verbindung gemäss weit eher ein alkoholischer, als ein sau- rer Charakter zu vermuthen war. Einige Gramme des Salzes wurden zum Zwecke dieses Versuches in Wasser gelöst und die noch heisse Lösung mit einer concentrirten Lösung der berechneten Menge kohlensauren Kalis versetzt. Es war keine entweichende Kohlensäure wahr- zunehmen. Das beim Erkalten herauskrystallisirte Salz wurde abgepresst getrocknet und analysirt. 0,6422 gr. des lufttrockenen Salzes gaben geglüht, mit ein Paar Tropfen Salpetersäure und wenig Schwefelsäure be. handelt, einen Rückstand von 0,4303 gr. K2S02, welches einem Gehalte von 30,03% K entspricht. Das dreibasische Kalisalz enthält: 28,91% K. 371 Das Salz ist also, wie erwartet; durch die Behandlung mit kohlensaurem Kali uuverändert geblieben. - Auch Kalihydrat bewirkt weder in der Kälte noch in der Hitze eine Veränderung des Salzes. „So®R)*. OH Behufs Darstellung der freien Methylalkoholtrisulfonsäure wurde die Lösung des Kalisalzes mit basisch essigsaurem Blei gefällt, der Niederschlag sorgfältig ausgewaschen, in Wasser suspendirt, durch anhaltendes Durchleiten von Schwefelwasser- stoff zersetzt, der überschüssige Schwefelwasserstoff durch Kohlensäure entfernt und filtrirt. Die so dargestellte Säure hinterliess im Vacuum über Schwefelsäure eingedampft einen Syrup, der dann zu einer Krystallmasse erstarrte. Die Krystalle zogen jedoch an der Luft äusserst schnell wieder Wasser an und zerflossen, so dass sie zu einer Analyse nicht verwendet werden konnten. Auch in Alkohol waren sie löslich. Die Säure giebt dieselben Reactionen wie ihr Kalisalz ; zum Unterschied von den beiden Mercaptansulfonsäuren sei noch angeführt, dass sie mit Eisenchloridlösung keine Farben- änderung giebt. Auch sind ihre Salze bei Weitem beständi- ger, wie die der angeführten Säuren. Freie Säure: Ammoniaksalz. Die Methylalkoholtrisulfonsäure wurde mit Ammoniak bis zur alkalischen Reaction versetzt und die Lösung auf dem Wasserbade eingedampft. Das Ammoniaksalz krysiallisirte in dünnen tafelartigen Krystallen, die sich äusserst leicht in kal- tem, wie warmem Wasser lösten. Die Krystalle wurden ab- gepresst und an der Luft getrocknet. Sie konnten bis auf 220° erhitzt werden, ohne ihr Ge- wicht wesentlich zu verändern, enthielten also kein Krystall- wasser. 0,4231 gr. im Vacuum getrocknetes Salz lieferten bei der Ammoniakbestimmung 0,3905 gr. Pt. Gefunden: 16,77% NH# Für eo u) ö Ü Hass oH berechnet: 16,71% N 372 Bei diesem Ammoniaksalze wäre nur der Umstand von Interesse, dass es verschieden von dem Kalisalz wasserfrei krystallisirt. Barytsalz. Wie schon bei Gelegenheit der Reactionen des Kalisalzes kurz erwähnt, ist das Barytsalz der Säure neben dem Kali- salze ihr charakteristischstes Salz. Versetzt man eine heisse mässig concentrirte Lösung des Kalisalzes mit Chlorbaryumlö- sung, so fällt das Barytsalz in grossen, fast perlmutterartig glänzenden Blättchen nieder; ist die Kalisalzlösung stark con- centrirt, so sind die Blättchen bedeutend kleiner, doch ihre Form noch deutlich mit der Loupe zu erkennen. Dieses Salz löst sich, wenn frisch gefällt und noch feucht, in sehr vielem Wasser auf, und zwar scheint die Temperatur die Löslichkeit nicht wesentlich zu verändern, Aus dieser Lösung krystalli- sirt es beim allmählichen Verdunsten in glänzenden Nädelchen heraus. Dieselben Nädelchen erhält man auch aus dem aus der stark concentrirten Lösung gefällten, kleinkrystallinischen Niederschlage, wenn man ihn lange Zeit in wenig Wasser suspendirt stehen lässt. — Getrocknet liefert das grossblättrige krystallinische Salz fettglänzende, compacte Schuppen. Wenn einmal getrocknet ist es in Wasser fast gar nicht, in Salz- und Salpetersäure ebenfalls schwer und nur in der Hitze löslich. — Natürlich darf zur Fällung dieses Barytsalzes nur vollständig reines Kali- salz genommen werden, da die geringste Spur schwefelsaures Kali das gefällte Salz mit schwefelsaurem Baryt verunreini- gen würde. : Es enthält 4 Molecüle Krystallwasser, die es bei 115° verliert. 0,2886 gr. des lufttrocknen Salzes verloren bei 1150 ge trocknet 0,0388 gr. H2O und gaben im Porzellanschiffehen im Sauerstoff geglüht 0,1865 gr. BaS0. für c(8037-)? + H20 ber, gef. OH Ba 37,97 37,60 H2O 13,44 13,16 3713 Das geringe Plus am Baryum erklärte sich daraus, dass das Salz beim Niederfallen Chlorbaryum mit sich gerissen und dieses auch durch das Auswaschen mit Wasser nicht verloren hatte. Es konnte in der salpetersauren Lösung Chlor nachge- wiesen werden. — Es kann diese Thatsache, dass ein in Was- ser fast unlösliches Salz das verhältnissmässig leicht lösliche Chlorbaryum so fest an sich hält, nicht Wunder nehmen, wenn man in Betracht zieht, welche Schwierigkeiten man bei ge- nauen Schwefelsäurebestimmungen hat, den schwefelsauren Ba- ryt von dem ebenfalls mit niedergerissenen salpetersauren Baryt und selbst auch dem Chlorbaryum zu befreien, ‚welches sich bnkanntlich nur durch mehrfaches Ausziehen mit heisser verdünnter Salzsäure nach vorherigem Glühen mit kohlensau- rem Amoniak entfernen lässt. Wendet man zur Fällung des Barytsalzes eine kalte Lö- sung des Kalisalzes an, so erhält man auch ein Kkrystallini- sches Salz, welches aber stark Kalium haltig ist und einen an- dern Wassergehalt hat. 1) 1,0314 gr. lufttrockenes auf diese Weise dargestelltes Salz gaben bis 115° erhitzt 0,1017 H2O ab und lieferten in Salzsäure gelöst und mit Schwefelsäure gefällt 0,5834 BaSO%. 2) 0,6138 gr. lufttrockenes Salz gaben in HCl gelöst, mit SH204 gefällt 0,3445 gr. BaSO”; das Filtrat hinterliess einge- dampft und geglüht 0,0607 K2S0% Ik, 2% Ba 33,25 33,03 K - 4,23 H2O 9,86 - Das Salz kann vielleicht als eine isomorphe Mischung von dem Kalisalz mit dem Barytsalz angesehen werden. — Berech- net man für das Krystallwasser und das gesammte Metall aus ihren Procentzahlen die Quotienten, so ergeben sich aus dem analysirten Salze für 3 Atome Metall 3 Molecüle Krystallwas- ser; seine Zusammensetzung würde daher durch folgende For- mel ausgedrückt werden Können: c (80%. 520)? + 320, 2 OH Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVIl, 1571. 26 374 Kupfersalz. Ein gut characterisirtes Kupfersalz der Methylalkoholtri- sulfonsäure darzustellen gelang nicht. Die Säure löste zwar in der Hitze feuchtes Kupferoxyd mit grüner Farbe auf, aber die Lösung gab beim Verdunsten oder Eindampfen nur einen Syrup, der nicht zur Krystallisation gebracht werden konnte, und aus welchem auch Alkohol nur eine amorphe, weissliche Masse abschied. Quecksilbersalz. Frisch gefälltes, noch feuchtes Quecksilberoxyd löste sich Anfangs in der Säure auf, bei Zusatz von mehr Quecksilber- oxyd jedoch schied sich ein krystallinisches, nadelförmiges, weisses Salz aus, welchem noch etwas des gelben Oxydes mechanisch beigemengt war. Es wurde nun unter Umrühren tropfenweise wieder so viel Säure zugesetzt, bis das über- schüssig zugesetzte Oxyd zum grössten Theil verschwunden war. Von einem kleinen Reste Quecksilberoxyd, der sich nicht wieder löste, wurde das ausgefällte Salz leicht durch Abschlemmen befreit. Es salı schliesslich, unter dem Mikros- kop betrachtet, fast ganz homogen aus. Es wurde filtrirt, ausgewaschen, abgepresst und lufttrocken analysirt. 1) 0,8765 gr. verloren zwischen 98 und 100° 0,1178 gr. H2O. 2) 0,6502 gr. gaben in Salpetersäure gelöst und mit Schwe- felwasserstoff gefällt 0,4391 HgS. Nach dieser Analyse ist das Salz ein basisches und würde folgende Zusammensetzung haben: N H on + 3HgO + 15H20 gel. ber. Hg 58,20 58,36 H2O 13,44 13,13 Silbersalz. Die freie Säure wurde mit alkalifreiem Silberoxyd ge- kocht, filtrirt und die Lösung über dem Wasserbade einge- dampft. Das zurückbleibende Salz war äusserst leicht in war- men Wasser löslich und krystallisirte aus demselben beim 375 Erkalten in büschelförmig gruppirten Nadeln heraus. Dieselben wurden von der Mutterlauge getrennt und an der Luft getrock- net. Zunächst wurde mit ihnen eine Wasserbestimmung aus- geführt. 0,2337 gr. lufttrocknes Salz verloren bis 1300 erhitzt, 0,009 gr. H2O. Ferner gaben von dem bei 1300 getrockneten Salze: 0,3973 gr. mit chromsaurem Blei verbrannt 0,0281 CO? und 0,0067 H2O. Die theils aus schwefelsaurem, theils aus metallischem Silber bestehende Asche gab in Salpetersäure gelöst und mit Salzsäure gefällt 0.2873 AgCl c (SOFAg)° OH ger |7 ber. 0777,1,93 2,02 Ag 54,41 54,63 H 0,18 0,17 Die Krystallwasserbestimmung ergab 1 Molecül Krystall- wasser; es wurden gefunden 3,410/, 3 3 für > + H2O ber.: 2,949, Bleihaltiges Kalisalz. Die Lösung des methylalkoholtrisulfonsauren Kalis giebt mit neutralem essigsauren Blei versetzt keinen in Betracht zu ziehenden Niederschlag, sondern nur eine schwache Trübung. Die von dieser Trübung durch Filtration befreite Lösung setzte unter der Luftpumpe über Schwefelsäure kleine würfelförmige Kystalle ab, die sich, von der Mutterlauge befreit und getrock- net, in heissem Wasser auflösten. Diesen Krystallen kommt, wie die Analyse zeigen wird, eine sehr sonderbare Zusammen- setzung zu. 1) 0,552 gr. des lufttrockenen und kurze Zeit über Schwe- felsäure getrockneten Salzes verloren bei 1000 0,020 gr. H2O und gaben im Wasser gelöst und mit Schwefelsäure gefällt 0,063 PbSO%. 2) 0,5186 gr. wurden in Wasser gelöst, mit Salpetersäure angesäuert, mit Schwefelwasserstoff gefällt und das gefällte 26 * 376 Schwefelblei im Wasserstofistrom geglüht; es wog 0,0450 gr. Das Filtrat gab eingedampft, mit SH20* und C(NH%)203 behan- delt 0,3050 gr. K2S0%. Aus diesen Zahlen ergiebt sich diese Zusammensetzung: 3K\3 2 + u + 3H20 für das Salz. 1. 2. ber. De 7,87 K .— 26,35 26,172 H20O 3,62 — 4,11 Das Salz verwittert schon an der Luft; daher erklärt sich auch der etwas zu niedrig gefundene Wassergehalt. Es kann angesehen werden als methylalkoholtrisulfonsau- res Kali, in welchem der dritte Theil des Hydroxylwasserstof- fes durch Blei ersetzt ist. Es ist dies das einzige Beispiel unter den Salzen der Methylalkoholtrisulfonsäure, bei welchem der Wasserstoff des direkt an Kohlenstoff gebundenen Hydro- xyles, wenn auch nur theilweise, durch Metall ersetzt ist. Doppelsalz des methylalkoholtrisulfonsauren Bleies mit essigsaurem Blei. Wird das Kalisalz mit basisch essigsaurem Blei gefällt, so entsteht ein flockiger, amorpher, weisser Niederschlag, der auch in der Wärme erzeugt werden kann, wobei er voll- ständig unverändert erscheint. Dieser Niederschlag wurde durch Decantation ausgewaschen und filtrirt. Er löste sich schon in der Kälte in verdünnter Essigsäure leicht auf. Aus dieser Lösungw ird mit Alkohol ein anfangs klebrig amorphes, in Berührung mit demselben aber nach einiger Zeit krystalli- nisch werdendes Salz gefällt, das von der Lösung durch Fil- tration getrennt und abgepresst wurde. Dieses Salz wurde in warmer verdünnter Essigsäure gelöst; beim Erkalten einer stark concentrirten Lösung waren ziemlich grosse Krystalle eines Bleisalzes abgeschieden, welche aus gut ausgebildeten klinorhombischen Säulen bestanden, die jedoch nicht vollstän- dig durchsichtig, sondern stellenweise milchweiss und ziem- lich leicht durch Berührung zerreiblich sind und zerfallen. — Durch Liegen an der Luft, schneller über Schwefelsäure, ver- wittern die Krystalle vollständig. — 377 Bei der Darstellung dieses Salzes muss namentlich be- achtet werden, dass man den durch Alkohol gefällten Nieder- schlag mit der verdünnten Essigsäure nicht kocht, sondern uur auf vielleicht 40 bis 600 erwärmt, da beim Kochen sich das Salz in einer weiter unten zu besprechenden Weise zer- setzt. Bemerkenswerth ist ferner die sehr steile Löslichkeits- curve dieses krystallisirten Bleisalzes. Die warme Lösung desselben hatte nämlich im bedeckten Becherglase nach meh- reren Stunden, wo sie schon vollständig die Temperatur der Umgebung angenommen hatte, noch keine Spur von Krystal- lisation gezeigt, während am folgenden Morgen grosse Kıy- stalle in beträchtlicher Menge am Boden des Gefässes lagen, die also durch die während der Nacht nur um wenige Grade erfolgte Abkühlung entstanden waren. — Während die durch Erkalten der Lösung erhaltenen Krystalle wohl ausgeprägte Säulenform haben, werden durch Verdunsten tafelförmige Krys- talle erzielt. — Die Krystalle wurden zerrieben, das Pulver scharf abge- presst und unmittelbar analysirt. Bei der Wasserbestimmung verlor das Salz bei 100° un- gefähr 2, des gesammten Krystallwassergehaltes; zur Aus- treibung des Restes musste die Temperatur schliesslich bis auf 2100 gesteigert werden, welche Temperatur das Salz auch ohne Zersetzung ertrug. 1) 0,8626 gr. verloren so bei 2100 bis zu constantem Gewichte erhitzt 0,0768 gr. H2O; in Essigsäure gelöst und mit Schwefelsäure gefällt gaben sie 0,6476 gr. PbSO%. 2) 0,3849 gr. gaben mit chromsaurem Blei verbrannt 0,0647 CO? und 0,0527 H2O. Nach diesen gefundenen Zahlen ergiebt sich das Salz als ein Doppelsalz von einem Molecül methylalkoholtrisulfon- sauren Kalis mit einem Molecül essigsauren Bleies und 4 Molecülen Wasser: Pb \3 c 8035) 4 c213® 02 + aH2o. OH z 318 gef. berechnet: C 4,58 4,42 Pb 51,28 50,86 - EM 01,51 1,47 Krystallwasser ist gefunden in obiger Bestimmung 8,90 ber. 8,84 Da die Lösung dieses Doppelsalzes beim Kochen einen Niederschlag absetzte, so lag der Gedanke nahe, dass es ge- lingen möchte, ihm hierdurch das essigsaure Blei zu ent- ziehen. Es wurden einige Gramme des fein zerriebenen Sal- zes in der Porzellanschale anhaltend mit Wasser gekocht, das sich bald zu Boden setzende schwere Pulver von der Flüssigkeit getrennt, frisches Wasser aufgegossen, von Neuem längere Zeit gekocht und diese Operation 3 bis 4 mal wie- derholt. Das schliesslich zurückbleibende feine Pulver wurde auf ein Filter gebracht, einige Male mit heissem Wasser gewa- schen, zwischen Filtrirpapier scharf abgepresst und analysirt. — Das Salz nahm bei 200° getrocknet nicht wesentlich an Gewicht ab. 0,3485 gr. des bei 2000 getrockneten Pulvers gaben mit Salpetersäure im- Tiegel oxydirt, mit Schwefelsäure abge- dampft und geglüht 0,3476 gr. PbS0%; eine so nahezu mit dem Gewicht der angewendeten Substanz übereinstimmende Zahl, dass dieselbe selbst vollständig aus schwefelsaurem Blei bestanden haben muss. Es tritt also beim Kochen des methylalkoholtrisulfonsauren Bleies mit Wasser eine voll- ständige Zersetzung ein, so dass dasselbe auf diese Weise aus seinem oben beschriebenen Doppelsalze nicht zu erhal- ten war. Einwirkung von neutralem schwefligsauren Kali auf Sulfocarbonylchlorid. In seinem Aufsatze: „Ueber das Sulfocarbonylchlorid und das Perchlormethylmercaptan“ zeigte Rathke *), dass das bei der Einwirkung von Chlor auf Schwefelkohlenstoff neben CSCI* entstehende Sulfocarbonylchlorid CSCI? zwar nicht rein abzu- scheiden sei, aber vollständig schon unter 809, reichlich mit CS? vermischt, übergehe. | *) Ber. Ch. Ges. 3 p. 858. 379 Um die Einwirkung des schwefligsauren Kalis auf diesen Körper zu studiren, liess ich selbiges auf ein stark CSCI? haltiges, zwischen 51 und 80° übergehendes Destillat einwir- ken. Dasselbe war natürlich frei von CSCI®, welches erst bei 1440 siedet. — Das Sulfocarbonylchlorid enthaltende Oel nahm beim Schütteln mit der concentrirten Salzlösung merklich an Volumen ab, verlor seine wahrscheinlich dem CSCl2 zukom- mende rothe Färbung, die Mischung erhitzte sich und nach vollendeter Zersetzung des schwefligsauren Kalis hatte sich ein festes Salz aus der Lösung abgeschieden, und von dem Oel war nur noch reiner, farbloser Schwefelkohlenstoff zurück- geblieben, der nicht mehr den heftigen characteristischen Geruch des Sulfocarbonylchlorids besass. Das direkt abge- schiedene, wie das aus der Mutterlauge durch Abdampfen erhaltene Salz wurde durch Umkrystallisation gereinigt und schliesslich wurden Krystalle erhalten, die dieselben Formen und Eigenschaften, wie das aus dem CSCI* dargestellte me- ihylmercaptantrisulfonsaure Kali, zeigten. Sie wurden in zer- Tiebenem Zustande an der Luft und über Schwefelsäure ge- trocknet und analysirt. 1) 0,4299 gr. Salz gaben im Porzellanschifichen im Sauer- stoffistrom geglüht 0,2558 gr. K2S0%. 2) 0,3418 gr. lieferten bei der Verbrennung im Luft- und ‘Sauerstoffistrom mit chromsaurem Blei 0,0345 CO?; 0,0409 H2O und 0,2027 K2SO%, 3) 0,3313 gr. auf dieselbe Weise verbrannt gaben 0,0340 CO2 und 0,0378 H2O. 4) 0,2973 gr. gaben mit 2 gr. concentrirter Salpetersäure nach Carius im zugeschmolzenen Rohre oxydirt und mit BaCl2 gefällt 0,6337 gr. BaSO%. C (SO3K)? + 2H20 sH 1lz 2: 3. 4. berechnet: Be n25 2,ıı. — 2,74 SS — — 0 a 29,22 K 26,68 26,58 — _ 26,71° H — 131 126 — 1,14 Aus diesen Analysen ergiebt sich also die völlige Identität des aus dem Sulfocarbonylchlorid erhaltenen Kali- 380 salzes mit dem aus dem Perchlormethylmercaptan erhaltenen Salze. Da das auf die gewöhnliche Weise dargestellte neutrale schwefligsaure Kali ja immer noch saures schwefligsaures Kali enthält, so hatte ich mir Anfangs den bei der Entste- hung des Salzes aus CSCI?2 stattfindenden Process so vorge- stellt, als entstände zuerst ein Salz von der Formel CS(SO®K)? und dieses gäbe dann durch Addition von 1 Mol. SKHO® das Salz C(SO3K)3SH, welche 2 Phasen durch folgende Gleichun- gen auszudrücken wären: CSCI? + 2SK?03 = KCl + CS(SO3K)? CS(SO3K)? + SKHO3 = C(SO®K)3SH. Um nun zu constatiren, dass die Gegenwart von saurem Salz wirklich eine Bedingung der Entstehung des ımethylmer- captantrisulfonsauren Kalis aus dem Sulfocarbonylchlorid sei, stellte ich mir ein schwefligsaures Kali dar, welches voll- ständig frei von saurem schwefligsauren Kali war, ja sogar noch etwas überschüssiges kohlensaures Alkali enthielt. Ich sättigte zu dem Zwecke 400 C. C. einer kohlensauren Kali Lösung von bekanntem Gehalte mitschweiliger Säure, bis die Lö- sung die grünlich gelbe Farbe angenommen hatte, gab nun so lange Lösung von kohlensaurem Kali zu, bis die grünlich gelbe Farbe und der Geruch nach schwefliger Säure gerade verschwunden waren, und, da ich hierzu 98 C. C. Lösung gebraucht hatte, vermischte ich das so dargestellte saure schwefligsaure Kali mit 498 C. C. der Potaschelösung. — Die so erhaltene ganz schwach alkalische Lösung von neutralem schwefligsauren Kali liess ich nun auf das Sulfocar- bonylchlorid einwirken, erhielt aber dasselbe Salz wie bei dem ersten Versuche. Es entsteht also das Salz auch, wenn kein saures schwefligsaures Kali vorhanden ist, indem es die Elemente desselben aus dem neutralen Salz unter Zurücklas- sung von freiem Kali aufnimmt, wie dies durch die folgende Gleichung dargestellt wird: SOSK)? CSCl?2 + 3SK203+ H20 = en + 2KCI+KHO. 381 Einwirkung von neutralem schwefligsaurem Kali auf Schwefelkohlenstoff. Giebt man Schwefelkohlenstoff in eine concentrirte Lö- sung von neutralem schwefligsauren Kali, so ist momentan keine Einwirkung zu bemerken; kocht man jedoch das Ge- misch, am Besten bei Zusatz von etwas Alkohol, auf dem Wasserbade mehrere Tage lang vor dem umgekehrten Kühler, so färbt sich die Flüssigkeit tief roth und etwas Salz scheidet sich ab. Diese so gewonnene, verhältnissmässig geringe Menge Salz erwies sich nach dem Umkrystallisiren wieder als methyl- mercaptantrisulfonsaures Kali. 0,7918 gr. des an der Luft und über Schwefelsäure ge- trockneten Salzes gaben mit Salpetersäure oxydirt 0,4720 gr. K2S0%. 3K\3 gef. ber. für ee K) + 2H20 SH K 26,72 26,11 Die Entstehung desselben aus Schwefelkohlenstoff lässt sich, wie auffallend diese Ansicht auch scheinen mag, nicht anders erklären, als dass 1 Atom Schwefel durch 2 mal SO3K ersetzt worden ist und sich mit dem ‚Kalium des zersetzten schwefligsauren Kalis zu Schwefelkalium verbunden und dass sich ferner saures schwefligsaures Kali angelagert habe, welches, wie bei der Entstehung meines Kalisalzes aus dem CSCI2, unter Bildung von Kalihydrat aus neutralem schwefligsauren Kali entstanden sein muss. Folgende Gleichung würde diese Erklärung des Vorganges darlegen: 3K)3 CS? + 3SK20° + H?0 = en, K) + K2S + KHO. Die Entstehung von. Schwefelkalium wird auch bestätigt durch die tiefrothe Farbe der Lösung nach der Digestion, da ja Schwefelkohlenstoff in Schwefelkaliumlösung mit derselben Farbe sich löst. Es würde diese Bildungsweise des methylmercaptantri- sulfonsauren Kalis das erste bis jetzt bekannte Beispiel sein, dass durch schwefligsaures Kali die Gruppe SO®K auch in organische Verbindungen eingeführt werden kann, die keine Halogene enthalten. 382 Nachdem ich die Einwirkung von neutralem schweilig- sauren Kali auf den Zweifachchlorschwefelkohlenstoff oder das Sulfocarbonylchlorid und auf den Schwefelkohlenstoff besprochen habe, will ich zum Schluss noch anführen, dass Strecker*) auch auf den Vierfachchlorkohlenstoff CCl®, in der Hoffnung, das formentetrasulfonsaure Kali C(SO3K)* zu erhalten, neu- trales schwefligsaures Kali hat einwirken lassen. Derselbe wurde jedoch nur langsam bei 150—180° angegriffen; unter den zZersetzungsprodukten waren :chwefelsaures Kali und Sulfonsäuren in geringer Menge. Der grösste Theil zersetzte sich zu Kohlensäure und Chlorwasserstoff nach der Gleichung: CCl? + 2H20 = 4HCI + CO2. Mittheilungen. Beobachtungen der meteorologischen Station zu Halle a/S. Jahresbericht 1870. Der vorliegende meteorologische Jahresbericht schliesst sich nach Inhalt und Form direct an den vorjährigen an: es sind ihm wie jenem die auf der Königl. meteorologischen Station zu Halle von Herrn Mechanicus G. Kleemann angestellten Beobachtungen zu Grunde gelegt; für die allgemeine Charakterisirung der Wit- terungsverhältnisse aber sind wiederum die Berichte des Herrn Professor Arndt zu Berlin benutzt, der uns seine Erlaubniss dazu bereitwilligst ertheilt hat, wofür wir ihm hiermit unsern Dank ‘ aussprechen. — Das meteorologische Jahr 1870 beginnt zwar schon am 1. Dec. 1869, da wir aber über die Witterung des Decembers 1869 schon in vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift (Bd. 36, S. 36) be- richtet haben, so gehen wir gleich zum Januar 1870 über. — "Die Witterung hatte, wie a. a. O. berichtet, in den letzten Ta- gen des Jahres 1869 einen entschieden winterlichen Charakter angenommen, sie erlitt jedoch mit dem Beginn des Jahres 1870 sofort einen bedeutenden Umschlag. In der Nacht vom 31. Dec. bis zum 1. Jan. zeigte das Thermometer noch eine Temperatur von 0 Grad, aber schon am! folgenden Tage stieg es auf 30,6; der eingetretene Aequatorialstrom herrschte bis zur Mitte des (Monats ununterbrochen S, SW und W), so dass das 'T’'hermometer ınit Ausnahme der Morgenstunden an den beiden ersten Monats- *) An. Ch. Pharm, 148 p. 9. 383 tagen fortwährend über dem Gefrierpunkte stand, es stieg aber auch nicht hoch und erreichte nur einmal (am 8.) die Hohe von 90,2; das Mittel betrug. an diesem "Tage 60%,2. Von da an sank die Temperatur wieder bis zum 13. und 14. Der Himmel war die ganze Zeit über fast fortwährend mehr oder.weniger bewölkt (nur Ahends war er einigemale völlig heiter), die relative Feuch- tigkeit durchweg bedeutend; geregnet hat es aber nur 2 mal, nämlich in der Nacht vom 6. zum 7. und in der vom 12. zum 13., in der letzten Nacht war der Regen aber mit Schnee ge- mischt. Das Barometer war in den ersten 4 Tagen continuirlich gestiegen (von 331°,59 bis 335,75) von 5. an aber ging es mit kleinen Sckwankungen wieder herunter bis zum 15.,am 16. begann es stärker zu steigen und es trat auch schon der NW ein, der bei fortdauernd steigendem Luftdruck bald dem NO und O Platz machte, die Temperatur ging dabei natürlich schnell herunter (z. B. am 20. Morgens — 40,6; Mittel — 39,7), der Himmel blieb aber dabei stets trübe und vom 17.—24. ganz be- deckt (mit Ausnahme des 19.); es fiel dabei auch wiederholt Re- gen und Schnee (am 16., 17. u. 19). Am 19. sank das Baro- meter wieder, erhielt sich aber dann mit einigen Schwankungen bis zum Monatsschluss (mit einer Ausnahme) fortwährend zwischen 336 und 339‘; der Wind war vom 20. an durchweg südlich, und zwar meist SW, zu den Ausnahmen gehört namentlich der 31., an dem der SO einen vollig heitern Himmel, aber auch das Minimum der Temperatur im Januar gebracht hatte. (s. d. Tab.) Während December und Januar eigentlich den Charakter von Herbstmonaten gehabt hatten, begann der Februar als wirkli- cher Wintermonat; schon am letzten Januar war die Temperatur tiefer gesunken als vorher, und am 1. Febr. sank sie noch mehr; sie stieg zwar in den folgenden Tagen bei dem immer noch nicht ganz verdrängten SW noch einmal ein wenig, am 4. aber brach der Ost durch, das Barometer stieg und die Temperatur sank bedeutend, vom 6. bis zum 12. war es morgens regelmässig 12 bis 14° unter 0 und auch des Abends war es meistens kälter als 100; die Abkühlung wurde noch dadurch befördert, dass der Himmel vom 5.—9. ganz wolkenfrei blieb. Am 12. scheint in den obern Luftschichten der Aequatorialstrom zur Geltung ge- kommen zu sein, denn obgleich immer noch O und NO wehte fiel doch das Barometer, die Temperatur stieg, der Himmel bewölkte sich und in der Nacht fiel etwas Schnee. Ein vollständiger Witterungsumschlag erfolgte aber noch nicht, denn bei fortdau- erndem Polarstrom und bedeckten Himmel blieb die "Temperatur immer noch unter 0°; die Schwankungen des Barometers waren unbedeutend. Erst am 19. fiel wieder etwas Schnee (!/« hoch), am 20. schlug der Wind nach W. um, zugleich fiel das Barome- ter schnell, und die Temperatur stieg am 21. Mittags zum ersten- male wieder über den Gefrierpunkt (10,2). Nachdem dann am 384 22. der NW noch einmal eine kleine Abkühlung hervorgebracht hatte, stieg die Temperatur wieder bis zum Monatsschluss, auch das Barometer ging mit geringen Schwankungen in die Hohe und der Himmel klärte sich immer mehr auf, so dass der 28. wieder vollig heiter war. Wie an den letzten Tage des Februar, so war auch an den 3 ersten des März das Wetter freundlich und angenehm, am 1. war der Himmel wieder ganz wolkenfrei und das Thermometer stieg auf 100,3, am 2. auf 11,0, am 3. sogar auf 12,4. Am 4. aber wurde es plötzlich kalt und es gab bis zum Monatsschluss nur wenige Tage (9., 17., 18., 22., 25., 30., 31.) wo die Tem- peratur nicht unter den Gefrierpunkt, oder doch bis auf densel- ben gefallen wäre, sie stieg nur 1 mal über 50; blieb meistens unter 40, fiel aber auch nır ein paarmal unter —30%, Dem ent- sprechend waren auch die Schwankungen des Barometers nicht gross. Der Wind war in den 3 ersten Tagen SO gewesen, am 4. war der Polarstrom eingetreten, der zwar im Lauf des Monats herrschend blieb, aber doch mehrfach von W unterbrochen wurde, so dass der NW die Hauptwindrichtung des Monats war. Dieser Wind brachte natürlich viele Niederschläge: in der Nacht vom 5. zum 6. Regen; vom 9. bis zum 12. Schnee (dazwischen auch etwas Regen) am 17. und 18. Regen mit Nebel, in den Nächten vom 20. zum 21. und vom 22. zum 23. Regen mit Schnee, am 25. und endlich am 29. Schnee; daher war auch der Himmel meist bewölkt, so ist er z. B. von 25. bis zum 31. fast fortwäh- rend ganz bedeckt gewesen. In den letzten Tagen war es nun zwar nicht mehr so kalt wie vorher, am 28. und 29. fiel die Temperatur nur noch gerade auf den Gefrierpunkt und am 30. und 31. nicht einmal so tief, aber die Entwickelung der Vege- tation in Feld und Wald, hatte doch noch nicht beginnen können und der immer noch gefrorne Boden hatte noch nicht gestattet, mit der Bestellung der Aecker vorzugehen. Mit dem Monat April begann das Wetter etwas freundlicher zu werden, das Barometer stand über 28° und stieg auch noch weiter, der Wind war vorherrschend polar, die Temperatur zu Mittag gegen 7° im Tagesmittel c. 4%, der Himmel ziemlich heiter. Vom 4. an wurde es noch wärmer, am 5. trat der Aequatorial- strom ein und der Himmel war am 5., 6., und 9. vollig heiter; die mittlere 'Tagestemperatur war dabei auf mehr als 99, die Mittagswärme aber fast auf 15° gestiegen. Unterdess war das Barometer seit dem Morgen des 6. bedeutend gefallen und hatte am 9 ein Minimum (331,98) erreicht. An den folgenden Tagen schwankte es auf und ab, die Temperatur sank etwas, der Wind der am 8. und 9. aus OÖ und OSO gekommen war, wurde wieder westlich und es trat in Folge dessen ein wahres Aprilwetter ein, indem es bis zum 15. täglich regnete, entweder unınterbrochen oder auch mit längeren und kürzeren Pausen, die zum Theil 385 durch vollig heitern Himmel ausgefüllt wurden. Am 16. hörte der Regen auf, der Himmel blieb zwar noch ganz bedeckt, er klärte sich aber bei steigendem Barometer im Laufe des 17. ganz auf und blieb auch vom 19. zum 23. vollständig wolkenfrei. Das Barometer hatte am 18. Morg. ein Maximum von 338,18 erreicht und hielt sich auch in der ganzen angegebenen Zeit ziemlich hoch, während der Wind von W durch N nach O ge- gangen war und in dieser Richtung ebenfalls vom 18. bis zum 23. anhielt. Die Temperatur war dabei bedeutend gestiegen: das Tagesmittel betrug am 17. nur 50,7 am 23. dagegen 119,8. Am letztgenannten Tage war das Barometer etwa 1’ gefallen und hatte dadurch den Abends eintretenden westlichen Wind- strom angekündigt, der theils als NW, theils als reiner W bis zum Monatsschluss herrschend blieb, den klaren Himmel trübte, in der Nacht vom 24. zum 25. auch ein wenig Regen brachte und den Luftdruck sowohl, wie die Luftwärme sehr verminderte, so dass an den letzten Monatstagen die mittlere Tagestemperatur nur noch 5—70 betrug. Die Vegetation hatte auch in diesem Monate keine grossen Fortschritte gemacht, die kalten Tage in der ersten Hälfte des Monats hatten ihre Entwickelung sehr zu- rückgehalten und der heilsame Einfluss der folgenden 6—7 wärmern Tage wurde durch die Kälte am Schluss des Monats wieder paralysirt. Im Mai war das Wetter Anfangs eben so schlecht wie am Ende des April; die Temperatur blieb im Mittel 5—80 und stieg nicht über 110, nur die ersten beiden Tage waren etwas wärmer. Der Berliner Bericht schiebt die Schuld auf die mehr- fach sich wiederholenden Regen, in Halle hat aber bis zum 10. Mai kein Regen stattgefunden, doch war der Himmel meistens trübe und wolkig. Das Barometer war vom 1.—8. langsam ge- stiegen, am 9. wurde der SW. der bis dahin fortwährend ge- weht hatte vom Polarstrom abgelöst, der hielt sich. aber nur bis zum 11., und erzeugte bei seinem Kampfe mit dem Aequatorial- strom mehrere Gewitter: in Halle in der Nacht vom 10.—11. und am 11. Nachm. Dabei stieg die Temperatur vom 9. an ziemlich continuirlich, so dass die kalten Tage des Mai statt vom 11.—13. diesmal etwa eine Woche früher (vom 3. bis zum 5. oder 6.) fielen. Seit dem 9. war das Barometer gefallen, und erfuhr später mehrfache Schwankungen, während der Wind vom Abend des 11. au vorherrschend SW blieb. Das Thermometer stieg wie schon erwähnt fast fortwährend, nur am 15. trat ein kleiner Rückschritt ein, in Folge eines am 14. eingetretenen Gewitter, am 16. stieg die Temperatur in diesem Jahre zum erstenmale über 200, am 17. trat wieder etwas Regen und eine ziemlich bedeutende Abkühlung ein (am 16. Mittags: 22,3, am 17. nur 14,4; Tagesmittel: 16,6 und 12,4). Die beiden folgen- den Tage hatten einen völlig heitern Himmel, die Temperatur 386 nahm wieder zu, ınd erreichte am 22. Mittags die Hohe von 240%. Am Abend dieses "Tages aber trat, nachdem das Barometer schon seit dem 19. gefallen war, ein sehr stark abkühlendes Ge- witter ein. Seitdem blieb es kühl, die beiden Windrichtungen wechselten mehrfach mit einander ab, der Polarstrom hatte dabei die Oberhand und erst die drei letzten Tage des Monats brach- ten wieder eine wärmere Temperatur, der 29. und 30. hatten einen ganz von Wolken freien Himmel, aber am letzten, wo es Mittags wieder etwas über 200 warm wurde, war der Himmel trübe und Nachmittags kühlte ein Gewitter mit heftigem Regen die Luft wieder sehr ab. — Die Vegetation hatte ihre Fort- schritte hauptsächlich der warmen Witterung im zweiten Drittel des Monats zu danken. Die am 31. Mai eingetretene Abkühlung währte in den ersten Tagen des Juni noch fort, zumal da in der Nacht vom j. zum 2., am 5., am 6. und in der Nacht vom 9. zum 10. wiederum zum Theil nicht unbedeutende Regenmengen nieder- fielen; am 7.—9. war es zwar etwas wärmer (Mittags 17—18°), dann fiel aber die Temperatur wieder bis zum 13. Der Wind war am 1. SW, ging aber schon am 2. in NW über, und es blieb dann bei steigendem Luftdruck (his 338,63) der Polar- strom herrschend, bis der seit dem 6. durch fallendes Barometer signalisirte Aequatorialstrom am 9. eintrat. Er brachte zwar nur wenig Regen, aber auch, wenigstens im Anfang, nicht viel Wärme; erst am 13. hob sich die Temperatur. Von da an blieb es warm bis zum 23., (nur am 21. und 22. war es etwas küh- ler: Mittags 170,3, Mittel 130,5), der Barometerstand blieb ziem- lich constant und der Wind fast fortwährend aequatorial, bis am 21. der Polarstrom die Oberhand gewann. Schnell aber trat am 24. bei fallendem Barometer wieder der Aequatorialstrom ein, der dann am 24., 27., 28., 29., 30. sehr lang andauernde Re- gengüsse brachte. An den ersten 6 Tagen des Juli war die Witterung von der letzten Woche im Juni nicht viel verschieden, es regnete fast täglich (nur am 1. und 4. N In die Temperatur stieg in in ersten 4 Tagen kaum über " (mittlere Tageswärme 10 — 12°). Am zweiten Nachmittags Er ein Gewitter mit Graupeln statt. Am 5. wurde es etwas wärmer, am 6. war es sogar Mittags 23°,2, dann fiel die Temperatur sel wieder, stieg aber vom 7. bis zum 12. fortwährend (9.—12. über 20%). Am 7. war nämlich der Aequatorialstrom durch den kalten Polarstrom abgelöst worden, derselbe war jedoch am 10. wieder durch den erstern zurückgedrängt, wobei sich ein Gewitter mit Regen ent- lud. Am 12. Abends trat auf 2 Tage NW. Wind ein, der am 23. eine ziemliche Menge Regen niederschlug und die Tempera- tur bedeutend abkühlte (Morgens: 14°%,8 Mittags 12°,7 Abends 12,0). Doch stieg die Temperatur schon am, 14. wieder, und 387 blieb den ganzen Monat hindurch mit wenig Ausnahmen sehr angenehm; sie erreichte nur am 17. und 18., am 22.—24. und am 29. die Höhe von 20° nicht; Regen fiel in der Nacht vom 17. zum 18., am 21. und endlich am 31. wo ein heftiges Ge- witter stattfand. Vollig heiter war der Himmel am 25. und 26. Windströmung und Barometerstand wechselte mehrfach , letzterer aber nur wenig. Die Reihe der heiteren Tage am Ende des Juli, die nur durch das Gewitter am letzten unterbrochen war, setzte sich im Anfange des August fort, aber schon am 4. bewölkte sich der Himmel und in der darauffolgenden Nacht gab es etwas Regen; dadurch wurde aber die Temperatur die vorher sehr hoch gewe- sen war (Mittag stets mehr als 20°, am 3. Mittags 25,6, im Mittel 20°%2) ein wenig abgekühlt, sie stieg aber schon an den beiden folgenden Tagen wieder über 20°. Am 7. Nachmittags dagegen wurde sie durch ein Gewitter stärker abgekühlt, und blieb nun den ganzen Monat hindurch unter dem normalen Stande; der Wind, der bis dahin meist ein aequatorialer gewesen war, wurde nun N und NW, im letzten Drittel des Monats W und in den letzten Tagen zeitweise auch SW, ohne aber einen erhöhenden Einfluss auf die Temperatur zu gewinnen. Dabei begann am 9. eine den ganzen Monat hindurch währende Regenzeit, wie sie im August wohl nur selten einzutreten pflegt; es regnete nämlich fast täglich, ausgenommen waren nur der 11., 14., 15., der 17, —20., 22., 26. und 27. Gewitter waren damit nicht verbunden; nur am 12. fand eine schwache elektrische Entladung statt — dagegen regnete es mehrmals den ganzen Tag über mit kleineren und grösseren Unterbrechungen (9., 16., 24., 25., 29., 30. und 31). In Folge dieser Regengüsse trat die schon oben erwähnte Abkühlung ein, die namentlich im letzten Drittel des Monats sehr bedeutend war; vom 19. an blieb nämlich die mittlere Tagestem- peratur fortdauernd zwischen 10 und 12°, (während sie normal 13—14° betragen soll), am 24. blieb das Thermometer ganz unter 10%,5 (Morgens 10%,4 — Mittags; 10%,1 — Abends 10°,0). Das Barometer hatte während des ganzen Monats verschiedene Schwankungen gezeigt, namentlich war es am 28, und 29, sehr schnell gefallen (4,20 in 24 Stunden), noch schneller äber stieg es an den beiden folgenden Tagen (6,54 in 24 St). Im Gegensatze gegen die zweite Hälfte des August, welche durch die Menge der Regentage und eine für den Ausgang des Sommers ungewöhnlichen Kälte sich auszeichnete, war die Witte- rung in der ersten Woche des Septemhers (Anfang des meteoro- logischen Herbstes) heiter und angenehm; gleich der erste Tag des Monats war ein völlig heiterer und die Temperatur stieg fast von Tag zu Tag, so dass sie am 6. Mittags noch einmal über 20° stieg; am 7. machte der Polarstrom einen schwachen Ver- 388 such den herrschenden Aequatorialstrom zu verdrängen und er- zeugte dabei ein Gewitter, welches sich in der Nacht zum 8. mit heftigen Regen entlud. Seit dem sank die Temperatur wie- der unter ihre normale Hohe. Es behielt zwar zunächst der Aequatorialstrom seine Herrschaft, die fortwährende Wolkendecke aber hinderte die Erwärmung der Luft durch die Sonnenstrahlen. Am 12. begann der Polarstrom aufs neue seinen Kampf und da derselbe von mehrfachen Regengüssen (am 13., 14., 15. und nachher noch in der Nacht vom 18. zum 19.) begleitet wurde, so sank die Temperatur immer mehr. Das Barometer schwankte dabei natürlich den Luftstromungen eutsprechend, vom 21. an aber stieg es bedeutend und es gewann dann auch am 23. der Polarstrom die Oberhand; zugleich wurde der Himmel völlig heiter und blieb es ınit ganz unbedeutenden Unterbrechungen bis zum 28. Abends — auch der 30. war wieder fast ganz heiter. Die Temperatur war aber namentlich Morgens immer ziemlich niedrig (4—7°) und es konnte daher die Luft ihren Feuchtig- keitsgehalt nicht immer bewältigen, so dass es einigemal (25., 26., 29.) Morgens etwas feucht resp. neblig war. Von elek- trischen Erscheinungen sind ausser dem Gewitter am 14. noch drei Nordlichter zu erwähnen nämlich am 3., 24. und 26. Abends, . von denen sich namentlich das am 24. durch Grossartigkeit und lange Dauer auszeichnete. Die Reihe von heitern Tagen gegen Ende des September, welche am Monatsschluss nur kurz unterbrochen war, fand ihren Abschluss durch die drei ersten Tage des Octobers, welche ganz wolkenleer waren; die Temperatur war in Folge des herrschen- den NO und O etwas niedrig, das Barometer dagegen stand. ziemlich hoch, es fiel aber gleich vom Mittag des ersten an und verkündigte dadurch das baldige Eintreffen des leichtern Aequa- torialstroms; der hat denn schon am 4. eine Trübung des Him- mels verursacht, während er selbst erst am 5. herabkam und am 8., 9. und 10. feuchte Niederschläge brachte. Bis zum 10. war das Barometer continuirlich gefallen — seitdem gerieth es in ein bis zum Monatsschluss andauerndes Schwanken, der Aequatorial- strom blieb aber herrschend und brachte sehr viel Regen, in Halle am 13., 20., 22. (Schlossen), 26., 30. und 31. Ander- wärts hat es noch mehr geregnet. So erhielt denn der schon im Jahre 1866 verbreitete Aberglaube, dass das Schiessen mit Kanonen Regen hervorbringen könnte auch im jetzigen Kriege wieder neue Nahrung. Die Temperatur, die sonst im October ziemlich schnell abzunehmen pflegt (10°,36 bis 5°,25) blieb dies- mal fast den gauzen Monat hindurch fast ganz constant auf einem Tagesmittel von T—8°, nur am 16. war es; bedeutend] kälter (Mittel: 4°%,1) und dann vom 26. an bis zum Schluss des Mo- nats, in welchen Tagen das Thermometer nur noch zwischen 4 und 8° schwankte. Unter den Gefrierpunkt sank das T'hermo- 389 meter hier nicht, auch zeigten die telegraphischen Witterungs- berichte für ganz Preussen stets positive Temperaturen an. Elek- trische Erscheinungen wurden in Halle nicht beobachtet; Nord- lichter dagegen wiederum drei, nämlich am 20., 24. und 25. — die beiden letzten dauerten von 6 bis 10 resp. 11 Uhr Abends. Anderwärts z. B. in Erfurt fand am 26. Abends ein mit Schnee- fall verbundenes Gewitter statt; der dabei entstandene Sturm ist auch in Halle aufgetreten und hat dort die oben erwähnte Abkühlung bewirkt. Nach den fortwährenden unbedeutenden Schwankungen des Luftdrucks im October stieg das Barometer mit dem Beginn des November ungemein schnell, und es trat auch am Abend des ersten der Polarstrom an die Stelle des aequatorialen; er klärte aber den Himmel nicht auf, sondern kühlte nur die Luft ab, so dass am 4. etwas von der vorhandenen Feuchtigkeit als Regen niedergeschlagen wurde. Erst am Abend des 5. wurde der Himmel völlig heiter, so dass die Wärmeausstrahlung in der Nacht ungehindert vor sich gehen konnte; dadurch wurde die Temperatur so stark abgekühlt, dass die Temperatur am andern Morgen nur noch —1°,6 betrug. Da nun die Luft schon am Abend mit Feuchtigkeit gesättigt war, so war es am 6. den ganzen Tag hindurch neblig, und da auch in der nächsten Nacht die Temperatur unter 0° sank (schon Abends —1°,0, so war es auch noch am 7. Morgens neblig. Unterdess war aber am 6. das Barometer, welches bis dahin ziemlich hoch gestanden hatte, wieder gefallen; am 7. Morgens trat der Aequatorialstrom ein und löste durch seine allerdings nicht bedeutende Wärme die Nebelbläschen wieder auf. Von da an blieb der südliche und westliche Wind herrschend fast bis zum Ende des Monats; das Barometer sank dabei und stieg abwechselnd ; auch die Be- wölkung und die Temperatur erlitt häufige Wechsel, bis zum 18. stieg sie Mittags nicht über 7°,0 und im Mittel kaum über 4°; vom 19. an wurde es wärmer, so dass es bis zum 27. Mittags nie kälter als 7° war und die mittlere Tageswärme nie unter 4°, und nur zweimal unter 5° sank; am 23. war es am wärm- sten (Mittags 10°,8, Mittel 9°%,4). Regen fiel am 11., in der Nacht darauf und am 12. Schnee, am 14. war es völlig heiter und in der Nacht vom 21. zum 22. regnete es wieder. Nach- her wurde der Himmel noch einigemale mehr oder weniger auf- geklärt, so war es z. B. am 26. Abends vollig heiter, was aus demselben Grunde wie am 6. den Morgen des 27. neblig machte. In denselben Tagen begann das Barometer entschieden zu steigen und kündigte dadurch den Polarstrom an, doch brach derselbe erst am 30. herein, er brachte gegen Abend etwas Schnee und drückte die Temperatur ein wenig unter den Gefrierpunkt herab (Abends 10 U.: —0°,2). Nordlfchter waren im November 2 beo- hachtet nämlich am 8. und am 19. Zeitschr. f. d. ges. Nalurwiss. Bd. XXXVII, 1871, 27 ‚390 Mit dem November schliessen die Meteorologen den Herbst und in der That hatte der Winter in den letzten Stunden dieses Monats seinen Einzug gehalten. Seine erste Periode währte bis zum 12. Dec. Abends, in dieser Zeit stieg das Barometer nie über den Gefrierpunkt; am kältesten waren der 3. und 4., wo die Temperatur nicht über — 3° stieg; es war nämlich: am,3. Mrg. — 30,7; Mtg. — 49,7; Ab. — 19,6; Mittel — 50,3 We 2 „0 RS, 650%; 2) — 85,2 Ausserdem sank das 'Therinometer nur selten unter — 30, näm- lich nur am 2. Abends, am 5. Morgens und endlich beim Schluss dieser Kälteperiode am 12. Andrerseits stieg es auch nur einige- ‘ male über — 1%, nämlich am 9. den ganzen Tag über (Mittags gerade 00,0) und am 10. Mittags und Abends. Am 12. Mittags be- gann der Aequatorialstrom bei fallendem Barometer, nach einigen vergeblichen Versuchen den Polarstrom zu durchbrechen, (Mor- gens war es noch — 100,4 gewesen, zu Mittag nur noch — 30,6 und am Abend war es 00,8 über den Gefrierpunkt); er hielt sich bis zum 19. und erwärmte die Luft ziemlich schnell: am 15. Mittags stand das Thermometer auf 70,7 und am 16. Morgens sogar auf 80,5, dann aber sank es wegen fehlenden Sonnenscheins bis zu Mittag auf 50,7, an den folgenden Tagen wurde es durch die eintretenden Re- genschauer noch kühler. Am 19. Abends trat wieder Ostwind ein, der nun mit N und NO abwechselnd bis zum Schluss des Mo- nats anhielt. Die "Temperatur sank dabei sehr schnell und tief; schon am 19. betrug sie —1°,4, und blieb von da an fortwäh- rend unter dem Gefrierpunkt, wie in folgender Tabelle speciell angegeben ist. Temperatur vom 20.—31. December 1870. Grade nach Reaumur. 20. 21. 22. 23. 24. 25. Mrg.6. —44 — 9,6 — 74 —338 -172 -—-154 Mtg. 2. —5,4 — 7,0 — 74 -130 —13,4 — 11,6 Abd. 0. — 6,2 — 7,4 —18 —-13 —164 —10,0 Mittel —5,3 — 8,0 — 89 —1,0 —-17 —133 26. 27. 28. 29. 30. 31. Mrg.6. —8,0 — 8,6 — 7,0 — 6,6 —11,2 — 84 Mig.2. —6,9 — 78 — 4,9 — 70 — 81 0 — 84 Abd. 10. — 7,7 — 7,2 —48 — 9,6 —102 —11,9 Mittel — 75 — 7,9 —56 —77 — 98 — 96 Im Jahre 1871 dauerte diese niedrige Temperatur noch ziem- lich lange fort, so dass der Winter 1870—1871 als einer unse- rer strengsten Winter anzusehen ist. In der obigen Tabelle sind das Maximum und Minimum des Zeitraums durch fette Ziffern hervorgehoben; dabei ist zu bemer- ken, dass die 3 Tage der grösste Kälte (der 23., 24. und 25.) durch völlig heitern Himinel ausgezeichnet waren. Uebrigens war 391 der Himmel meist bedeckt, wenigstens bewölkt, in Folge dessen stieg auch am 22.*) und 31. die Temperatur von Morgens bis Mittags nicht und am 29. wurde es sogar kälter, was wol noch darin seine besondere Ursache hatte, dass im Laufe des Vormit- tags ein starker Nebel herrschte, der sich als reifartiger Schnee niederschlug. Ausserdem fanden im December folgende Nieder- schläge statt: am 1. Abends, am 3. den ganzen Tag am 8. Abends bis zum 9. Mittags Schnee; dann in der wärmeren Zeit am 17. Abends bis zum 18. Mittags Regen, und endlich am 27. und 28. Schnee. Die folgenden Tabellen enthalten die Mittelzahlen für die einzelnen Monate und Vierteljahre, sowie für das meteorologische Jahr (1. Dec. 1869 bis dahin 1870) und auch für das Kalender- jahr. Es sind meistens die Vergleiche mit den Mitteln aus den 10 Jahren 1851 — 1860 gemacht worden und die Abweichungen davon angegeben; ein + bedeutet, dass die betreffende Zahl in diesem Jahre grösser ist als das Mittel, ein — dagegen, dass sie kleiner ist. Mittlerer Luftdruck. (auf 09 reducirt) Pariser Linien. Morg. 6U. Mtg.2U. Abd. 10U. Mittel. Abweichung, Dec. 1869 332,86 333,03 333,25 333,05 — 1,117 Januar 335,16 335,07 335,33 335,19 + 1,01 Februar 334,71 334,58 334,68 334,66 + 0,76 März 333,91 333,91 334,09 333,97 + 0,27 April 336,25 335,91 336,06 336,07 + 2,43 Mai 339,01 334,77 335,02 334,93 + 1,40 Juni 335,01 334,64 334,85 334,83 + 0,96 Juli 334,39 334,26 334,29 334,31 + 0,44 August 332,31 332,23 332,57 332,37 — 1,54 September 335,82 335,69 335,83 335,76 + 1,37 October 332,43 332,19 332,05 332,22 — 1,87 November 332,95 333,08 333,27 333,10 — 1,22 December 333,37 333,35 333,47 333,40 — 0,76 Winter 334,23 334,22 334,41 334,29 — 0,13 Frühjahr 335,05 334,85 335,04 334,98 + 1,40 Sommer 333,89 333,70 333,89 333,83 —.0,16 Herbst 333,72 333,62 333,70 333,68 — 0,49 Met, Jahr 334,22 334,10 334,26 334,19 + 0,22 Kal.-Jahr 334,27 334,13 334,28 334,22 + 0,25 *) Die 9- bis 10zöllige Sonnenfinsterniss an diesem Tage konnte we- gen der bis Nachmittags andauernden vollständigen Bedeckung des Him- mels nicht beobachtet werden; aus demselbeu Grunde konnte sie auch wol keinen abkiihlenden Einfluss auf die Temperatur ausüben. 2UE 392 Die folgende Tabelle enthält die in den einzelnen Zeitab- schnitten beobachteten Maxima und Miniima des Barometerstandes nebst deren Differenzen. Daneben ist auch jedesmal die zugleich beobachtete Windrichtung angegeben. Extreme des Luftdrucks. (auf 09 reducirt) Pariser Linien. Maxima. Minima. Differenzen. Dec. 1869 am 6. Mg. 341,79 NO. am 17. Mg. 322,95 SW. 18,84 Januar „ 18. Ab. 340,60 NO. „ 7. Mt. 329,17 SW. 11,43 Februar „6. Ab, 340,04 0. „ 21. Ab, 324,42 W. 15,62 März „ 20. Mg. 339,99 SO. ,„ 11. Mt. 325,87 W. 14,12 April » 5. Mg. 340,39 NNW,. „ 30. Ab. 331,62 SW. 8,77 Mai „ 18. Mg. 338,84 SW. „ 2.Mt. 330,53 SW. 8,31 Juni „6. Mt. 338,63 NO. „ 9. Ab. 330,73 W. 7,90 Juli „ 19. Ab. 336,97 W. „ 12. Mg. 329,58 W. 7,39 August „ 31. Ab. 336,01 W. » 29. Mt. 327,32 SW. 8,69 September „ 30. Ab. 341,66 080. „ 7. Ab. 328,16 SO. 13,50 October „ 1. Mi. 342,30 NO. „ 10. Mg. 323,15 SSW. 19,15 November „ 3. Mg. 339,23 N. „ 12. Mg. 325,33 SO. 13,90 December „ 1. Ab. 339,45 NW. „ 19. Mt. 329,10 SO. 10,35 Winter „6. Dec. 341,79 NO. ,„ 17.Dec. 322,95 SW. 18,84 Frühling „ 5. Apr. 340,39 NNW. „ 11.Mrz. 325,87 W. 14,52 Sommer „ 6. Juni 338,63 NO. ,„ 29. Aug. 327,32 SW. 11,31 Herbst » i. Oct. 342,30 NO. ,„ 10.0ct. 323,15 SSW. 19,15 Met. Jahr „ | 1.001. 342,30 0. 17.Dec. 322,95 SW. 19,35 Kal. Jahr ,„ „ 10.0et. 323,15 SSW 19,15 Zum Vergleich mit den Differenzen der Maxima und Minima folgen hier noch die grössten Schwankungen, die das Barometer in den einzelnen Monaten innerhalb 24 Stunden ausgeführt hat, die + Zeichen bedeuten ein Steigen, die — ein Fallen des Ba- rometers. Die grössten Schwankungen in jedem Vierteljahr sind durch fette Schrift hervorgehoben. Grösste Schwankungen des Luftdrucks binnen 24 Stunden. (in par. Linien.) Dee. 1869 am 17.—18. Mrg. 6 U + 10,07 Januar » 6.—7. Mig. 2U — 4,55 Februar » 20.—21. Mtg. 2 U. — 8,05 März „ 13.—14. Mig. 2 U + 5,33 April „26.-:27. Mtg. 2 U — 4,39 Mai „ 17.—18. Mrg. 6 U + 4,10 393 Juni am 11.—12, Abd. 10 U. + 4,42 Juli „ 11.—12. Mıg. 6, — 3,51 August » 30.—31. Mrg. 6 U, + 6,54 September „ 14.—15. Abd. 10 U. + 5,78 October ,„ 13.—14, Abd. 10 U. + 84 November „3/0. —!/ı. Abd. 10 U. + 7,90 December „ :16.—17. Mrg. 6 U. + 4,55 Die Temperaturverhältnisse des Jahres 1870 sind schon oben in dem allgemeinen Berichte besprochen, die folgenden Tabellen enthalten die speciellen Zahlenangaben; die Mittel für die be- kannten fünftägigen Perioden haben wir verglichen mit den ent- sprechenden 14jährigen Mitteln der Jahre 1851 — 1864. Man sieht aus dieser Tabelle (siehe die folgende Seite), dass die negativen Abweichungen vorwiegen, namentlich im Februar und im December, die grössten positiven Abweichungen (im Januar, Mai und November) sind bei weitem geringer. Dasselbe Resultat ergeben die monatlichen Mittel, sowie die vierteljährlichen und die Jahresmittel, welche in der nächsten Tabelle zusammenge- stellt sind. Die Abweichungen, welche in derselben hinzugefügt sind, beziehen sich auf die zwanzigjährigen Mittel der Jahre 1848 —- 1867 welche durch Reduction aus dem 17jährigen Mittel 1851 — 1867 gefunden sind. Mittlere Luftwärme. (Grade nach Reaumur.) Verglichen mit den Mitteln aus den Jahren 1848 — 1868. Mrg. 6 U. Mitg. 2U. Abd. 10 U. Mittel Abweichung Dec. 69 — 1,09 0,90 — 0,87 — 0,36 — 0,35 Jan. 2010 1,66 0,06 0,53 + 1,27 Febr. — 5,48 — 1,44 — 4,40 — 3,77 — 4,47 März — 0,23 3,28 0,58 1,21 = 121 April 4,67 10,77 5,91 7,11 + 0,66 Mai 9,14 15,07 9,93 11,37 + 1,01 Juni 11,89 16,37 12,27 13,52 — 0,41 Juli 13,56 19,07 14,43 15,68 + 111 August 12,03 16,56 12,50 13,70 — 0,48 Septemb. 7,71 13,72 9,38 10,28 — 1,03 October 5,30 9,24 5,93 6,84 — 0,84 Novemb. 2,65 5,84 3,18 3,90 + 1,35 Decemb. — 4,37 3,22 — 4,11 3% — 3,89 Winter — 2,12 0,43 — 1,65 — 1,12 — 1,10 Frühling 4,53 9,69 5,47 6,56 + 0,15 Sommer 12,50 17,35 13,08 14,31 + 0,08 Herbst 5,22 9,60 6,16 7,00 — 0,18 Mei) 5.07 9,31 5,80 6,73 — 0,22 Kal. J. 4,79 8,96 5,53 6,43% 055 394 Fünftägige Wärmemittel. Mittel Mittel Abweichung Mittel Mittel Abweich. 1870 1851-1864 1870 1870 1851-1864 1870 Januar Juli 1—5 2,22 —0,36 2,58 5—9 15,96 13,98 +1,98 6—10 446 —0,79 +5,25 10-15 17,00 14,76 2,24 1-15 208 —14 +3,49 15-19 1616 15,19 +0,97 16—20 —0,54 —081 +027 20-4 1514 1527 —03 21—25 — 2,58 0,99 — 3,57 25—29 16,98 14,92 +2,06 26-30 - 1,72 0,48 —2,20 30-3 17,98 14,94 +3,04 Febr. Aug. 3l—4 -—-1,66 0,21 — 1,37 4—8 17,62 15,02 -+ 2,60 5-9 —9,72 0,73 —10,45 9—13 14,86 14,90 — 0,04 10—14 —822 —045 —7,77 14—18 1306 14,55 — 1,49 15—19 —3,38 - 019 —3,19 19—23 11,08 13,99 —.2,91 20—24 —1,24 —0,10 -—1,14 24-28 10,56 13,66 — 3,10 25—l1. 3,36 1,093 +2,33 29—2 11,28 13,00 —1,72 März Septb. 2—6 2,84 1,27 +1,57 3—7 13,82 12,82 +1,00 7—11 0,28 2,07 —1,79 8—12 11,36 11,39 —.0,03 12—16 —.0,16 2,41 —257 13—17 9,20 11,21 — 2,01 17—21 1,12 2,716. — 1,64 18—22 9,04 10,95 —1,91 23—26 0,94 3,54 — 2,60 23—27 8,74 10,31 —.1,57 27—31 1,56 4,32 — 2,76 28—2 8,12 19,36 — 2,24 April Octbr. 1—5 4,16 8,67 — 1,51 3—7 7,00 9,60 —2,60 6—10 8,04 5,82 +2,22 8—13 7,60 8,53 ° — 0,93 11—15 5,94 5,52 +0,42 13—17 6,66 8,57 —1,91 16--20 7,26 5,73 +1,53 18—22 7,00 7,32 — 0,82 21—25 10,24 6,61 +3,63 23—27 6,54 6,85 — 0,31 26—30 7,02 6,831 +0,21 28—1 5,24 5,25 °—0,01 Mai Novbr. 1—5 7,24 7,32 — 0,08 2—6 2,86 4,24 —1,38 6—10 8,08 8,36 — 0,28 7—11 2,74 3,09 —.0,35 15 15:14 10,27 0 +2,87 mE 308. 182 An 16-20 15,74 11,25 +4,49 17-21 458 059 +3,99 21225 13,32 11,60. 2.061,72 22220 6,76: Lore 26—30 10,26 11,66 00.140, 27-41 206 098 +113 Juni Dechbr. ü 31—4 11,52 15,12 —1,60 2—6 — 4,22 0,33 — 4,55 5—9 12,66 14,238 — 1,62 7-11 — 1,38 1,57 — 3,95 10—14 13,32 14,23 —0,91 12—16 2,9 0,70 +2,74 15—19 18,80 13,39 +5,41 17-21 — 1,38 — 0,50 —.0,88 20—24 14,86 13,70 +1,16 22—26 —11,68 0,23 —11,45 25—29 10,40 14,14 —3,74 27-31 — 8,12 — 0,08 — 8,09 30—4 11,50 13,58 — 2,03 395 Ausser den monatlichen Mitteln sind auch noch die Extreme der Temperatur und ihre Differenzen von besonderem Interesse, dieselben sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt; dane- ben ist jedesmal die beobachtete Windrichtung angegeben. Extreme der Luftwärme. Grade nach Reaumur. Maxima. Minima Differenzen. Dec. 1869 am 19. Mtg. 10,0 SW. am 8. Mrg. — 9,0 SO. 19,0 Januar „ 8. Mtg. 9,2 SSO. „ 31. Mrg. —5,6 SO. 14,8 Februar „ 28. Mtg. 8,4 SO, »„ 9 Mrg. — 14,8 0. 23,2 März „ 3. Mig. 12,4 S. „ 14. Mrg. —3,4 W. 15,8 April „ 23. Mtg. 18,2 SO. »„ 1. Mrg. 0,8 (W.) 17,4 Mai „ 22. Mtg. 24,0 SW. „3 Ab. 3,3 WNW, 20,7 Juni „ 16. Mtg. 26,4 SO. »„ 6. Mrg. 7,2 N. 19,2 Juli „ 12. Mtg. 24,9 SW. „ 2.4. Mrg. 92 SW;W.15,7 August „ 3. Mtg. 25,6 SO. „» 30. Mreg. 7,8 SW. 17,8 September „ 6. Mig. 22,3 S50. „, 24. Mrg. | a A e 30. Mıg, (NW) October „ 3. Mtg. 13,8 0. ME LON Miro“ 0,7 N. 13,1 November ,„ 23. Mtg. 10,8 SW. »„ 6.Mrg. —16N. 12,4 December ,„ 16. Mrg. 8,5 S. „ 24. Mrg. —1732 0. 25,7 Winter „ 10. Dec. 10,0 SW. »„ 9 Febr. —14,8 0. 24,8 Frühling ,„ 22. Mai 24,0 SW. „ 14 März — 34 W. 27,4 Sommer » 16. Juni 26,4 SO. ” 6. Juni 7,2 N, 19,2 Herbst „.62:Sept. 22,3. SS0., 6. Nov. — 1,6 N; 23,9 Met. Jahr , 16. Juni 26,4 SO. 9. Febr. —14,8 0. 41,2 Kal.-Jahr , 16. Juni 26,4 S0. „ 24 Dee. —172 0. 43,6 Die folgende Tabelle enthält die grössten Schwankungen, die sich innerhalb eines jeden Monats im Laufe von 24 Stunden voll- zogen haben; die + Zeichen bedeuten ein Steigen, die — Zei- chen ein Fallen der Temperatur. Daneben stehen jedesmal die grössten Schwankungen der Temperatur im Laufe der 8 Stunden von Morgens 6 Uhr bis Mittags 2 Uhr. Grösste Schwankungen der Luftwärme. Grade nach Reaumur. Von Mrg. 6 U. Binnen 24 Stunden. bis Mtg. 2 U. Dec. 1869 am 7.—8. Mrg. 60. — 7,6 am 9. + 71 Januar » 80 Bl. 55 0 2 „31. -+ 58 Februar all. — 2a ir a »„ 7. + 9,0 März „» 83.—4. Mtig 2U.— 92 ,„ 3.+11,0 April „23.—24. 2» 9» — 67 „ 23. 10,2 Mai oa oral, 10,8) „ 31.104 396 Von Mre. 6 U. Binnen 24 Stunden. bis Mig. 2 U. Juni „ 23.—24, Mtg.2U. — 85 am15.-+ 9,0 Juli „12.—1l3. » » —122 „11.+ 81 August », 4.0. 0» Dee „3. 95 September „ 2.—3. Mrg.6U. + 5,3 „ 6&+134 October »19.—20. » » + 66 » 3-4 101 November „ 5.—6. „ ».— 6,2 „ 19. + 6,2 December „12.—13. „ „ -+1230 „12. +71. Der Regel nach steigt die Luftwärme von Morgens 6 Uhr bis Mittags 2 Uhr; mitunter kommt es aber vor, dass es Mittags entweder ebenso warın oder gar noch kälter ist als am Morgen. In vorigem Jahresbericht (S. 43 und 44) sind als Gründe dafür angegeben: erstens ein plötzliches Hereinbrechen des Polarstroms in die durch den aequatorialen Wind aufgelockerte Luft, zwei- tens eine starke Bewölkung des Himmels, welche die Sonnen- strahlen von der Erdoberfläche abhält und welche — drittens — noch unterstützt werden kann durch feuchte Niederschläge und die dadurch hervorgerufene Verdunstungskälte. Von diesen Grün- den kam der erste in diesem Jahre nie zur Wirksamkeit, der dritte etwa in der Hälfte aller Fälle. Die Erscheinung wurde nämlich beobachtet im Januar und im Juni je 2 mal, im Februar, Mai, Juli, August und October je ein mal und im December (1870) 6 mal; im ganzen also 15 mal — aufs meteorologische Jahr kom- men nur 11 Fälle. Dabei hat es in den Monaten Juni, Juli August und October jedesmal geregnet, im December einmal ge- schneit und einmal gereift (bei fallendem Nebel); der Himmel war aber in allen Fällen bewölkt, meist sogar ganz bedeckt. Die stärksten Erniedrigungen wurden beobachtet am 3. Febr. (— 3°,0) und am 16. December (--2°,8), beidemale ohne dass ein Nie- derschlag stattfand. Dagegen war die Erniedrigung in 5 Fällen gleich Null, d. h. die Temperatur von Morgens und Mittags gleich hoch (1 mal im Januar, 1 mal imJuni und 3 mal im December); rechnet man diese Fälle ab, so bleiben im Kalenderjahre 1870 nur noch 16 Fälle mit einer Temperaturerniedrigung im Laufe des Vormittags, im meteorologischen nur noch 9 Fälle — im vo- rigen Jahre war die Zahl etwas grösser. Unter den Gefrierpunkt sank die Temperatur im Frühjahr 1870 zum letzten Male am 27. März Morgens (—0°,2); das Ta- El mel war am 14. März zum letzten male unter 0° gesunken (—1°,0; am 23. gerade 0°); der letzte Tag, an dem die Tem- peratur ganz unter 0° geblieben war, war der 22. Februar ge- wesen. Im Herbst 1877 fiel die Temperatur zum ersten male unter 0° am 6. November (Mrg. — 1°,6; Ab. — 1%,0); das Ta- gesmittel aber sank erst am 1. December unter den Gefrierpunkt (— 1°,7); dieser Tag war auch der erste an dem die Tempera- 397 tur überhaupt so tief blieb. — Ueber den 20° stieg die Tempe- ratur zum ersten male am 16. Mai, zum letzten male am 6. Sep- tenber, das Tagesmittel erreichte diese Höhe nur an 4 Tagen, nämlich am 16. Juni (21°,0), am 17. Juni (20%,7), am 12. Juli (20°,0) und am 3. August (20,2). Die übrigen Tage an denen die Temperatur unter 0° fiel und auf 20° oder darüber stieg sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Zahl der Tage, deren Temperatur | überhaupt im Mittel ganz und gar überhaupt im Mittel unter 0° sank. auf 20° stieg. Dec. 69 21 18 12 0 0 Jan. 16 13 1l 0 0 Febr. 23 22 18 0 0 März 18 5 0 0 0 April 0 (0) 0 0 0 Mai 0 0 0 6 0 Juni 0 0 0 7 2 Juli 0 (0) 0 15 1 Aug. 0 0 0 6 1 Sept. 0 0 (0) 1 0 Oct. 0 0 0 0 0 Nov. 3 1 0 0) 0 Dee. 25 24 23 0 0 Wint. 60 93 41 0 0) Frlg. 18 5 ) 6 0 Smr. 0 0 0 28 4 Hrbst. 3 1 0 1 0 M.-J. 8 9 41 K.-J. 8 65 52 | ” | s Die Feuchtigkeit der Luft wird absolut nach dem von ihr ausgeübten Drucke, dem sogenannten Dunstdruck gemes- sen, relativ aber nach Procenten derjenigen Feuchtigkeitsmenge, welche die Temperatur gerade aufzunehmen im Stande ist. Die folgenden Tabellen enthalten die Mittel, Maxima und Minima für dieses Jahr, sowie die Abweichungen der diesjährigen Mittel, vom Mittel der Jahre 1851 — 1860. Mittlerer Dunstdruck. Pariser Linien. Mrg.6U. Mtg.2U. Abd. 10U. Mittel. Abweichung. Dec. 69 1,75 1,85 1,68 1,76 — 0,13 Januar 1,73 1,87 1,75 1,78 — 0,05 Februar 1,08 1,36 1,13 1,19 — 0,47 März 1,74 1,97 1,79 1,84 — 0,04 April 2,43 2,40 2,56 2,47 +0,61 Mai 3,49 3,20 3,38 3,36 0,00 398 Mrg. 6U. Mig. 2U. Abd.10U. Miütel.e. Abweichung. Juni 4,40 4,14 4,19 4,25 — 0,19 Juli 5,40 5,10 5,31 5,27 + 0,40 August 5,16 5,25 5,07 5,16 + 0,29 September 3,01 3,70 3,78 3,66 — 0,33 October 2,88 3,05 2,88 2,94 — 0,36 November 2,27 2,60 2,31 2,39 4 0,31 December 1,35 1,39 1,33 1,36 — 0,53 Winter 1,54 1,70 1,53 1,99 — 0,21 Frühling 2,50 2,53 2,58 2,55 — 0,03 Sommer 4,99 4,84 4,87 4,90 + 0,17 Herbst 2,89 3,12 2,99 3,00 — 0,12 Met. Jahr 3,00 3,05 3,00 3,02 — 0,03 Kal.-Jahr 2,97 3,02 2,97 2,98 — 0,07 Relative Feuchtigkeit. Procente. Mrg.6U. Mtg.2U. Abd. U. Mittel. Abweichung. Dec. 1869 89,68 83,71 88,00 87,19 + 1,8 Januar 85,10 78,84 84,84 82,97 — 1,0 Februar 75,75 71,25 75,68 74,21 — 7,2 März 88,03 73,48 83,90 81,84 + 5,3 April 79,67 49,43 75,93 68,20 — 8,7 Mai 76,06 45,23 69,74 63,65 — 6,7 Juni 78,47 54,77 73,93 69,07 —0,5 Juli 84,45 53,23 77,74 71,71 +15 August 90,03 65,45 85,35 80,35 + 7,7 September 88,23 58,40 82,93 76,53 — 0,1 October 89,26 68,97 84,65 81,03 — 1,1 November 88,10 76,67 85,90 83,97 — 2,9 December 81,58 82,26 81,06 81,71 — 8,7 Winter 83,71 78,16 83,08 81,70 — 1,8 Frühling 81,27 56,12 76,40 71,26 — 1,7 Sommer 84,38 57,85 79,07 73,76 +21 Herbst 88,54 68,02 84,50 80,38 — 1,2 Met. Jahr 84,48 64,96 80,74 76,74 —0,7 Kal.-Jahr 83,79 64,83 80,15 76,27 — 11 Extreme des Dunstdrucks. Pariser Linien. Maxima Minima Dec. 1869 3,85 am 19. Mtg. SW. 0,71 am 31. Mrg. SO. Januar 3,06 am 8. Mtg. SSO. 0,95 am 31. Mrg. SO. Februar 2,73 am 27. Mtg. SSO. 0,19 am 9. Mreg. 0. März 3,16 am 3. Mtg. 8. 0,90 am 20. Abd. O. April 3,92 am 10. Mtg. W. 1,48 am 30. Mtg. WNW. Mai 5,67 am 22. Mrg. NO. 1,79 am 3. Mtg. SW. 399 Maxima Minima Juni 6,64 am 18. Mrg. (NO) 2,28 am 16. Abd. SO. Juli 7,77 am 10. Mrg, S. 3,05 am 2. Mtg. SW. August 7,71 am 4. Mrg. S. 3,12 am 27. Mig. W. September 9,56 am 7. Mrg. W. 2,30 am 23. Mrg. NO. October 4,22 am 9. Mtg. S. ' 1,92 am 16. Mrg. N, November 3,53 am 23, Mtg. SW, 1,64 am 6. Mrg. N. December 3,88 am 16, Mrg. WSW, 0,08 am 24. Mrg. N, Met, Jahr 7,77 am 10. Juli 0,19 am 9. Febr. 1870, Kal.- Jahr desgl. 0,08 „ 24, Dec. „ Extreme der relativen Feuchtigkeit. Procente. Maxima Minima Dec. 1869. 100%, (9mal. Mrg. u. Mig.) 65°, am 17. Mtg. Januar : 100 am 26. Abd. 63 am 9. Mtg. Februar 96 „ 27. Mrg. Say, 8. Mig. März 100 (7 mal) *) 3l ,„ 16. Mte. April 97 am 10. Abd. 25 „ 22. Mtg. Mai 96 „ 14. Abd. 26,1. 200g: Juni 100 ,„ 27. Mrg. 21, 16. Mig. Juli 99. ,,. 31. Mrs, 82 252 12° Nter August 100 „ 10., 11. Mrg, 327, 3. Mtg. September 100 ,„ 24., 26. Mrg. 35 » 6. Mtg. October 100 ,„ (4mal Mg. u. Ab.) 47 „2.25. Mtg. November 100 (7 mal) 58 „ 24.,30.Mtg. 14, Mig. December 96 | = a nn 240 3 2A Nlıg, ) Met. Jahr 100°], 33 mal | 21 le Tani Kal,-Jahr 100%, 24 „ Die mittlern Windrichtungen werden, wie diess auf allen preussischen Stationen üblich ist, nach der alten Lambertschen For- mel berechnet; sie sind in der folgenden Tabelle zusammenge- stellt und jedesmal die ungefähre Himmelsgegend hinzugefügt, welche dem angegebenen Winkel entspricht. Mitlere Windrichtungen. Dec. 169 S— 742° —-0 = S—-SSO Januar S — 280° 17 — W — SW—SSW Februar Ss — 49 17 — 0 = SO März N — 68° 34° — W = NNW April N — 730 27° — W = W—-WNW Mai S — 67° 50° — W = WSW *) Am 17. März war die Luft den ganzen Tag über mit Wasserdäm- pfen gesättigt (100°/,.) 400 Juni N — 85° 9—-W=W—-WNW Juli N — 67737’ —- W = WNW August IN — 66° 07 — W = WNW September N — 846 — W=W October S — 530 27° — W = SW-—-WSW November S— 200 07 —W = SSW December N — 580 13° — 0 = NO —0ONO Winter S — 100 48° — 0 = S-SS0O Frühling N—- 89V 45° —- W=-W Sommer N — 719 39° — W = W— WNW Herbst S — 56° 317° — W = SW—WSW Met. Jahr S — 720 517 — W = W—-WSW Kal.-Jahr S — 78 1 — W = W—WSW Genauere Angaben über die herrschenden Winde enthält die folgende Tabelle, welche nicht nur angibt, wie sich die Winde in den einzelnen Zeitabschnitten auf die 16 Richtungen der Wind- rose vertheilen, sondern durch ihre Form zugleich die Luvsei- ten des Horizontes erkennen lässt. Unter der Luvseite versteht man nämlich nach Prestel diejenige Hälfte der Windrose, aus der innerhalb eines gegebenen Zeitraumes der Wind vorherrschend geweht hat. Um diess übersichtlich darzustellen, sind die Windrichtungen, welche die diametral gegenüberliegenden an Zahl übertreffen, fett gedruckt; wenn zwei solche Windrichtungen ge- rade gleich oft vertreten sind, so ist das durch kleinere Ziffern bemerklich gemacht. Häufigkeit der Winde. N NO 0) so S SW W NW De.69 5153 76200 7.106 3 en Jan. 0.7042.1.,.18,9:68:1613, 5 1014273 4 2 32 Febr. 3054 244 83 21 10 2 42 1923: 0 März 431,9 1, %5,000,.8°01 93,1 052.9 272323723 Apcıl 2 120, 1.143 3005.13 2033 35516 4 Mai Sn 27 .317870500,253.3 1015 12315 104190 Juni 42 6 lan 18,0 30291 20618 2 Juli 80 5 2 Baron 4 6 15 21... 13742072 Auer. 1.4. 0.0.38 1063 3060.27 67237 Sept. 17.:27.3.00206. 4.02 1 #51 15 72172 Octob.e 1 :0 297 77 Kot 1 4 19 2 721 57522 Nov. 52.0: 21.2000 1093 K90r 03 7.1.1137 Taerar Dee 6130 PP ı 43 54,0...7.,2 52125 Wnt s 12118 71 18 19. 6853 82 2a Frl. 8223183 188 218258 51 57 6 Sur 1995 .15..3. 87 2135 12 ı 32 2 6016 61 5 Hrb. 12, 6:1..14. 723075 2756 5015 23 6 M.J. 42 8 5415 77 23 102 26 7422 155 24 194 46 154 20 R-J. 43 8 6212 82 18 9629 72 2114623 188 47 161 24 401 Diese Tabelle unterscheidet sich von denen in früheren Jah- ren dadurch, dass die Beobachtungen mit Windstille ausgelassen sind, während früher an ihrer Stelle der bei der vorigen Beob- achtung notirte Wind wiederholt angegeben wurde; daher kommt es, dass diesmal die Summe aller Zahlen z. B. im December nicht 93 beträgt, sondern nur 92 u. s. w. Es ist nämlich Wind- stille notirt worden im December 1869 1 mal im Juni 1870 3 mal Januar 1870 EN: Juli Ian Februar 0,25 August ss März 35 September 8 „, April 0,05 October 6; Mai Ars November 11 „, iin December 1870 5 mal im Winter 1869%/,, 2 mal im Sommer 1870 19 mal Frühjahr 1870 13 „ Herbst 25 „ Im meteorologischen Jahre 59 mal, im Kalender Jahre 63 mal. Für die grössern Zeitabschnitte sind die Prestel’schen Luvseiten im folgenden noch besonders angegeben : Luvseiten des Horizontes. Winter O bis WSW (183—85) oder ONO . SW (183 —85) Frühling SSO ... NW (193—70) Sommer(ungenau)SW . . . NNO (198—59) Herbst (ungenau) SO... WNW (180—68) Meteorol. Jahr SSO ... NW (695—341) Kalender-Jahr SSO ... NW (687—345). Feuchte Niederschläge hat es hier in diesem Jahre etwas zu viel gegeben, namentlich im Kalenderjahre — wegen der unge- heuer grossen Menge von Schnee im December 1870; im meteo- rologischen Jahre war die Feuchtigkeitsmenge nur wenig über dem Mittel, denn wenn es auch im Sommer zu viel geregnet hat, so wird dieser Ueberschuss doch zum grössten Theil durch das trockne Frühjahr wieder aufgehoben. Ausser den Quantitäten der Nieder- schläge und der Höhe derselben sind in einer zweiten Tabelle auch noch die Tage angegeben an denen es geregnet und ge- schneit hat. Die Abweichungen sind wie bei den meisten andern Tabellen bezogen auf die 10jährigen Mittel. Unter der Rubrik Schnee sind auch die Graupeln und Schlossen aufgeführt, welche am 2. Juli und 22, Oct. herabfielen; die dadurch beeinflussten Zahlen sind durch Sternchen bezeichnet. 402 Niederschläge. Auf einen Quadratfuss fiel Höhe d.yganz. Abweichung Reyen Schnee gemischt Summe Niederschl. vom Mittel. Kubikzolle. Linien, Kubikzolle, Dec.69 17,8 328,3 — 346,1 28,84 + 191,3 Jan. 19,6 56,1 18,7 94,4 7,87 — 16,1 Febr. — 7,9 _ 7,5 0,62 — 155,7 März 68,0 79,8 38,3 186,1 15,51 + 67,1 April 115,7 _ —_ 115,7 9,64 — 55,4 Mai 210,4 - .— 210,4 17,53 Zu0t Juni 312,2 —_ — 312,2 26,02 — 77,0 Juli 362,9 7,1%) — 370,0 30,83 + 14,0 Aug. 469,2 — == 469,2 39,10 + 171,5 Sept. 138,2 u 138,2 11,52 — 50,5 Oct. 264,5 0,3%) — 264,8 22,07 + 113,4 Nov. 78,1 35,0 — 83,1 6,92 — 51,8 Dec. 14,9 394,8 _ 409,7 34,14 + 254,9 Wnt. 37,4 391,9 18,7 448,0 37,33 + 19,5 Frl. 394,1 79,8 38,3 512,2 42,68 — 122,7 Smr. 1144,3 (7,1%) — 1151,4 95,95 + 108,5 Hrb. 450,8 (35,3%) — 486,1 40,51 + 11,1 M. J. 2026,6 (514,1*) 57,0 2597,7 216,47 + 16,4 K.-J. 2023,7 (580,6*), 57,0 2661,3 221,77 + 80,0 Tage mit Niederschlägen. Diessjährige Beobachtungen. Abweichungen vom Mittel. Regen. Schnee. Summe. Regen. Schnee. Summe. Dec. 1869 1 9 10 —5 +5 0 Januar 2 4 6 —6 +1 —5 Februar 0 2 2 —4 .-—5 — 9 März 3 6 9 —; +1 —1 April Ü 0 7 —4 —ı —5 Mai 4 0 4 — 10 0 — 10 Juni 9 0 9 —4 N) —4 Juli 8 0 8 —4 0 —4 August 15 0 15 —3 0 +3 September 6 0 6 —3 0 — October 9 0 9 0 0 0 November 3 2 5 —4 —2 —6 December 2 6 8 —4 +2 —2 Winter 3 15 18 — 15 +1 — 14 Frühling 14 6 20 — 16 0 — 16 Sommer 32 0 32 —5 0 —5 Herbst 18 2 20 —7 —2 —_9 Met. Jahr 67 23 90 —43 -—1 —_4 Kal.-Jahr 68 20 38 — 42 —4 — 46 403 Der letzte Schnee im Frühjahr 1870 fiel am 29. März, der erste Schnee im Herbst aber am 12. November. Ausser den oben -zusammengestellten Tagen mit Regen oder Schnee sind noch die Tage mit Nebel zu erwähnen, deren gab es Dec. 1869 6 Tage September 1870 2 Tage Bebr: 1370. 1 „ October 15 März Aslis, November N, Juli 3,5 December Be also im meteorologischen Jahre 21 Tage im Kalender Jahre 18 ” Thau ist nur im September zweimal notirt, Reif einmal im Februar und einmal im October, ausserdem noch einmal Rauch- reif am 29. December 1870, wo der fallende Nebel sich in Kry- stallen ansetzte. In der folgenden Tabelle sind die Wiudrichtungen angege- ben, bei denen es geregnet und geschneit hat, dabei sind der Einfachheit wegen die 16 Richtungen der Windrose auf die 8 Hauptrichtungen reducirt. Vertheilung der Niederschläge in der Windrose. Zahl der Tage an denen es bei den einzelnen Windrichtungen geregnet resp. geschneit hat. N NO 0 So S SW W NW Dec. 69 1 0 0 0 0 2 4 2 Januar 0 0 1 0 1 2 2 1 Februar 0 2 0 0 0 0 0 0 März 0 1 1 1 1 0 4 3 April 0 0 0 N) 0 0 4 7 Mai 1 (0) 0 0 0 0 1 2 Juni 1 ) 0 0 3 3 1 Juli 0 1 0 0 0 2 3 3 August 1 0 0 0 0 2 8 4 September 0 0 0 0 0 2 1 3 October 0 0 0 1 0 7 2 0 November 0 0 0 2 0 2 2 1 December 2 2 0 0 0 2 0 2 Winter 1 2 1 0 1 4 6 3 Frühling 1 1 1 1 1 0 9 -12 Sommer 2 2 0 0 0 7 14 8 Herbst 0 0 0 3 0 9 5 4 Met. Jahr 4 5 2 4 27720734727 Kal.-Jahr 5 7 2 4 2720023077271 Das Aussehen des Himmels wird von den meteorologischen Stationen nach der Stärke der Bewölkung und zwar in Zehnteln angegeben, derartig dass 0 einen ganz wolkenfreien oder völlig heitern Himmel bedeutet, 10 dagegen einen ganz mit Wolken 404 bedeckten; man pflegt aber auch diese 11 kleinen Abtheilungen zu 6 grössern Gruppen zu vereinigen, wie diess in der folgenden Tabelle unten angedeutet ist. Bewölkung des Himmels. (in Zehnteln). Zahl der Tage, an denen der Himmel: bedeckt trübe wolkig 10 ) 8 7 6 Dec. 1869 9 Da sr Januar 11 5.3 5 1 Februar 8 a | März 14 2 0 ı April 2 Sı2 203 Mai 1 20009 4 4 Juni 1 4 7 2 Juli 3 236 3 1 August 4 20) el September 2 es) ı 4 October 4 4 17 Ph November 7 6 3 4.2 December 15 453 ar Winter 28 95 15 3 Frühling 17 78 6 8 Sommer 8 10 18 s 10 Herbst 13 11 13 13 12 Met. Jahr 66 37 44 42 33 ee 9 Te u rn oder 66 (oJ 1 75 Kal.-Jahr 72 39 46 388 33 u Fr un un oder 02 85 71 Normal-Jahr 70 85 78 a re N oO Be WITT EDI DD DW » 49 zieml. heiter or Pe re Do row re >» 32 14 u 46 62 heiter völl.htr, | | | 3.2 1 0 2 21000 Fe SO E G 6.0 102 1, Sg N 32 2.0200 2 027 FO SNor RS ee 2a an 0 0. 0083 9.2.00 Sg 9 2 0 91 5), 0, 2000085 ba, 09 ae Ne U en 57 37 24 12m 138 un 53 38 als 20. In den einzelnen Zeitabschnitten ergeben sich für die Be- deckung des Himmels folgende Mittelwerthe: Mittlere Himmelsansichtit. Mrg.6 U. Mtg.2U. Abd. 10 U. Mittel Dec. 1869 6 Januar 8 Februar 6 März 7 April 4 Mai 7 be Br Sur Zr te or) PWAHTHLD 6 wolkig 8 trübe 6 wolkig 7 „ 4 ziemlich heiter a wolkig 405 Mrg.6U. Mitg.2.U. Abd. 10 U. Mittel. Juni 5 6 6 6 wolkig Juli 6 5 5 5 ziemlich heiter August 7 7 6 7 wolkig September 5 6) 4,5 5 ziemlich heiter October 7 6 6 6 wolkig November 8 7 6 7 „ December 9 7 6) 8 trübe Winter 7 7 6 7 wolkig Frühling 6 6 5 6 E Sommer 6 6 6 6 » Herbst 7 6 6 6 m Met. Jahr 6,5 6 9,9 6 in Kal. Jahr 7 6 6 6 Elektrische Erscheinungen sind im vorigen Jahre nur wenig beobachtet worden, es gab näm- lich im Mai 3 Gewitter (11., 22., 31.) (10., 16. entfernter Donner) Juli 3 en (2., 10., 31.) August 1 % (7.) Septemb. 2 er (7/8., 14.) in Summa 9 Gewitter; während es im Durchschnitt deren 22 gibt. Dazu kommen aber noch sechs Nordlichter nämlich am 5. April; am 20., 24., 25. October, ferner am 8. und 19. No- vember. Den Wasserstand der Saale geben wir wie im vorigen Jahre nach dem Pegel bei Croöllwitz, wo die sämmtlichen Arme der Saale vereinigt sind. Wasserstand der Saale an der Schiffbrücke bei Crollwitz. Mittel Maxima Minima Januar 4° 10,5 5° 11° (am 11.) 4° 2°’ (am 28.) Februar 3,943 4° 3% (am 4.) 3° 3° (am 8.) März 297,7 5° 6” (am 21. u. 25.) 4° 0 (am 1.) April 202 6° 1% (am 17.—18.) 4° 4% (am 26.) Mai 37. 104,8 4 5% (am 1.—2.) 3° 4 (am 31.) Juni 30 504 3° 10% (am 6.) 3/ 3% (am 23.—26.) Juli 37 440 3° 6% (am1.,2.,16,,27.) 3° 1 (am 12,) August | 5° 8% (am 13.) 3° 3” (am 1.—3.) September 4° 29 4° 10° (am 2.) 3° 10“ (am 29.—30.) October 4 37 6° 2” (am 30.) 3° 7° (am 10.) November 5° 0,9 6° 6% (am 4.) 4 54 (am 21.—24.) December 94.0,59 6° 8° (am 22.) 3° 11° (am 7.) Jahr 4 al 6° 8° (22. Dec.) 3° 1 (am 12. Juli.) Zeitschr. f. d. ges, Naturwiss, Bd, XXXVII, 1871. 28 406 Zu bemerken ist hierzu noch, dass die Eisdecke, welche sich am Schluss des vorigen Jahres gebildet hatte, am 8. Januar 1870 aufbrach, am 21. zeigte sich schon wieder Treibeis, den 22. bildete sich aufs neue eine feste Decke, welche bis zum 10. März anhielt. Hiernach ist die Angabe im vorigen Bericht zu verbessern. Am Schluss des Jahres 1870 bildete sich zuerst eine Eisdecke vom 4.— 15. December und dann wieder eine am 22. December, welche bis weit ins neue Jahr hinein anhielt. Halle im Juli 1871. G. Schubring und M. Kleemann. Literatur Allgemeines. H.)J. Klein, Handbuch der allgemeinen Himmelsbeschreibung vom Standpunkte der kosmischen Weltan- schauung. 1. Theil: das Sonnensystem. Braunschweig, bei Vieweg 1869. — Seit dem Erscheinen von Humboldts Kosmos sind im Gebiete der Himmelsbeschreibung eine grosse Anzahl von neuen Entdeckungen gemacht worden, so dass die dort im 3. Bande gegebene Darstellung unseres Sonnensystems nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft nicht nur bedeutende Lücken zeigt, sondern auch manche Ansichten un- haltbar geworden sind. Da nun eine Ergänzung und theilweise Umarbei- tung des „Kosmos“ selbstverständlich nicht thunlich ist, so hat der Verf. eine Naturbeschreibung unseres Sonnensystems ausgearbeitet, welche im Ganzen von den Principien Humboldts ausgeht, im Einzelnen aber alle neuern Entdeckungen berücksichtigt. Die Anordnung ist getroffen nach den einzelnen Körpern: Sonne, Planeten mit ihren Monden, Kometen, Meteoriten; vor den Planeten ist ein Kapitel über das Zodiakallicht ein- geschoben. Von der Darstellung Humboldts unterscheidet sich die vor- liegende der Form nach also dadurch, dass eine allgemeine Betrachtung der Planetenwelt (Kosmos III. 420—487) nicht vorhanden ist, sondern dass die betreffenden Angaben bei den einzelnen Planeten gegeben sind, nur bei den Asteroiden ist eine zusammenfassende Darstellung gewählt, was ja auch in der Natur der Sache begründet ist; in Bezug auf den Inhalt unterscheidet es sich vom „Kosmos“ namentlich bei der Sonne, den Kometen und den Sternschnuppen, über die ja die letzten Jahre viele neue Thatsachen und neue Theorien gebracht haben. — Bei der Mitthei- lung der Resultate, welche die Astronomen gefunden haben, wird hier natürlich die Methode der Beobachtung höchstens beiläufig erwähnt, die mechanischen Gesetze denen die Gestirne folgen konnten auch nicht erör- tert werden, da das Buch dadurch zu einem astronomischen Werke ge- worden wäre. So wie es ist erfordert es keine besondern mathematischen 407 Kenntnisse, nur die Bekanntschaft mit den gewölinliehen astronomischen Terminis wird vorausgesetzt. Der Verf. hat das gesammte Material sehr sorgfältig gesammelt und namentlich die numerischen Conslauten mit grosser Genauigkeit angegeben. Besonders werthvoll sind die stets ein- geschalteten Notizen über die Geschichte der Entdeckungen, die leider bisher in den naturwissenschaftlichen Diseiplinen zu sehr vernachlässigt wurde; es finden sich daher fast überall, wo man auf die Quelleu zurück- geht, Abweichungen von den gewöhnlichen Ansichten — so auch hier und man muss dem Verf. dankbar sein, dass er manche Dinge ins rechte Licht gestellt hat, z. B. die vollständige Entdeckungsgeschichte des Nep- tun. Neben diesen mühevoll gesammelten Material bietet das Werk aber auch eigene Untersuchungen oder vielmehr deren Resultate, so z. B. die Tabelle über die Grösse der Planetoiden (S. 153), welche auf optische Verhältnisse begründet ist. So entspricht das Buch allen Anforderungen und ist allgemein sowol als Ergänzung zum „Kosmos“, als auch als selbständiges Werk bestens zu empfehlen ; namentlich sehen wir auch mit Spannung dem 2. Theile, betr. den Fixsternhimmel entgegen. — Da es in der Natur der Sache liegt, dass bei einem Werke wie das vorlie- gende von Zeit zu Zeit Berichtigungen und Vervollständigungen nöthig werden, so wollen wir zum Schluss noch darauf aufmerksam machen dass Zantedeschi kürzlich (Pogg. Ann. 139, S.: 192) nachgewiesen hat, dass Geminiano Montanari schon im Jahre 1685 die Wärmewirkung der Mondstrahlen entdeckt hat. Sbg. N. Gräger, Sonnenschjein und Regen und ihre Einflüsse auf die ganze Schöpfung. Eine populäre Witterungskunde für Nichtmeteoro- logen; mit Karte und Holzschnitten. 242 S. Oct. Weimar 1870. — Das vorliegende Buch ist mit einem Vorwort von Prof. Dove versehen, in dem es heisst: „Der Verfasser hat ein so klares Bild des atmosphärischen Le- bens entworfen, dass dieses nur der Anschauung, nicht meiner Empfehlung bedarf.“ Einem solchen Urtheile gegenüber erscheint jede weitere Empfeh- lung fast überflüssig, wir wollen aber nicht versäumen, die Leser dieser Zeitschrift auf ein Buch aufmerksam zu machen, welches in einer für jeden Liebhaber der Naturwissenschaften verständlichen Form geschrieben ist und doch dabei niemals die Anforderungen der Wissenschaft vernach- nachlässigt, was sonst leider in sogenannten populären Werken oft der Fall ist. Obgleich nun die Witterungskunde diejenige naturwissenschaftliche Diseiplin ist, die alleMenschen in gleichen Grade angeht, so sind doch die enormen Fortschritte, die hier in den letzten Jahrzehnten gemacht sind, noch lange nicht so allgemein bekannt wie sie es verdienen, und der Verf, hat daher den Versuch gemacht, die Kenntniss von diesen Fortschritten in weitern Kreisen zu verbreiten. Sein Buch zerfällt in 6 Kapitel, in deren erstem die allgemeine physikalische und chemische Beschaffenheit der At- ımosphäre besprochen wird; dann folgen 4 Abschnitte über die Wärme- verhältnisse, die Winde, den Kreislauf des Wassers und den Luftdruck 3 das letzte Kapitel handelt von den hauptsächlichen meteorologischen In- strumenten, wie dieselben im preussischen Beobachtungsgebiete eingeführt sind, In diesem Rahmen ist das ganze Gebiet der Meieorologie zwanglos 28* 408 untergebracht und da die Schreibweise des Verf. ziemlich lebendig und von aller Pedanterie frei ist, so wird der Leser stets gefesselt und sein Interesse an der Sache wach gehalten. Von besondern Interesse dürften die Witterungsregeln sein, die der Verf. in 2 Abthl. gibt, einmal im An- schluss an bekannte Volkssprüche und dann im Anschluss an das Dove- sche Drehungsgesetz; dass sich hierbei, wie überhaupt im ganzen Buche, häufige Citate finden aus den Werken Doves und Anderer (z. B. Hum- boldts) wird jeder Leser nur billigen, denn gerade die Dovesche Aus- drucksweise ist so charakteristisch und zutreffend, dass jede Umschrei- bung derselben eine Verschlechterung wäre. — Die Ausstattung des Bu- ches ist gut und Druckfehler sind uns nur wenig aufgefallen; wir erwäh- nen behufs Correcetur in einer sicher bald nöthig werdenden 2. Auflage folgendes: S. 20 am Ende der letzten Zeile muss in der Formel für die mittlere Tagestemperatur der Multiplicator 2 nicht vor 9 Uhr sondern vor 2 Uhr stehen; — $. 23 steht in der Figur Maximum statt Minimum; — S. 40 2. 12 von oben steht konvex statt concav; in der Tabelle auf S. 45 sind die Zahlen für Paris wol nieht riehtig. S. 218 ist der Name des grossen Zauberers Nostradamus verdruckt. Doch das sind alles Kleinig- keiten, die den Werth des Buches nicht beeinträchtigen; dasselbe sei also hiermit nochmals bestens empfohlen. Sbg. A. Mühry, Untersuchungen über die Theorie und das allgemeine geographische System der Winde; ein Beitrag zur Begründung einer rationellen Lehre von den Luftströmen für den Ge- brauch der Klimatalogie und der Nautik. Mit Holzschnitten und einer Karte, 253 8. gr. Oct. Göttingen, Vandenhöch und Ruprecht 1869. — Wer sich einigermassen mit der neuern meteorologischen Literatur bekannt gemacht hat, dem werden die Arbeiten des Verf. in verschiedenen periodischen Zeitschriften nicht entgangen sein, ein Theil derselben ist hier zu einem Ganzen vereinigt, jedoch nicht ohne vervollständigende Zusätze. Die Grundlage der Theorie des Verf. ist, dass die Winde sämmtlich durch Aspiration entstehen, das Motiv für die Aspiration ist die durch die Hitze ausgedehnte warme Luft am Aequator, der dadurch zunächst entstehende Wind ist also der Polarstrom, der Aequatorialstrom ist nur Compensati- onsstrom, er fliesst im Gebiet des eigentlichen Passats über dem Polar- strom, weiter nach den Polen zu folgt der subtropische Gürtel, wo im Sommer beide Ströme auch übereinander (jedoch ohne die tropischen Regen) im Winter aber nebeneinander fliessen. Sodann folgt das Gebiet wo beide Ströme nebeneinander fliessen, und zeitweise, aber unperiodisch wechseln. Diese 3 Gebiete befinden sich auf beiden Hemisphären, sie werden getrennt durch die Region der Calmen, das ist der Gürtel wo die Aspiration erfolgt und die Luft zur Compensation aufsteigt (Ascen- sions- oder Aspirationsgürtel). Diese Theorie wird nun in den folgenden Abschnitte mit etwas ermüdenden Wiederholungen (weil die Auf- sätze ursprünglich an verschiedenen Orten publieirt sind) speciell dureh- geführt. Die Ansichten des Verf. einer speciellen Kritik zu unterwerfen dürfte nicht angebracht sein; für die Leser denen dieselben nicht bekannt sind wollen wir nur bemerken, dass sie vielfach, namentlich in Bezug auf das 409 Drehungsgesetz der Winde und den Schweizer Fön von denen Dove’s- abweichen. Sbg. A. Mühry, über die Lehre von den Meeresströmungen, mit einer Karte. 98 S. gr. Oct. Göttingen 1869. — Das vorliegende Buch stimmt mit den vorigen darin überein, dass es ebenfalls aus einzeln äl- tern Abhandlungen zusammengesetzt ist; wie jenes die Luftströmun- gen, so behandelt dieses die Lehre von den Strömungen im Wasser, d.h. im Meere. Der Verf. unterscheidet 2 Hauptströmungen, eine welche durch die Rotation der Erde in der Richtung der Breitenkreise entsteht und merkwürdiger Weise als longitudinale Circulation bezeichnet wird; die andere in der Richtung der Längenkreise welche durch Temperaturdiffe- renz entsteht und latitudinale Circulation genannt wird! Jeder Strom hat seinen Compensationsstrom, weil sich das Wasser nicht an einem Punkte aufhäufen kann. Zu diesen beiden Hauptursachen der Bewegung kom- men aber noch manche andere, welche allerlei Abweichungen bedingen, zuerst allgemeine , ähnlich denen welche Dove für das Drehungsgesetz anführt, und dann specielle, welche durch die Figuration der Continente bedingt werden. Beiläufig wird ein Experiment zum Beweis für die Iden- tität des thermischen Dichte-Maximums im Meerwasser und im süssen Wasser beschrieben: bekanntlich hat die Experimental-Physik der Cabi- nette im Gegensatz zu den Beobachtungen im Meer bisher behauptet, dass im Salzwasser das Dichte-Maximum bei einer tiefern Temperatur stattfände. Mührys Experiment besteht darin, dass ein weiter Glascylinder mit Salzwasser (3,5 °%, haltend) gefüllt, und ganz auf 4°C abgekühlt, dann wird die obere Schicht durch Eisstücke weiter abgekühlt: trotzdem blieb das Wasser am Grunde auf der Temperatur von 4°C. Zu gleichem Zwecke empfiehlt der Verf. die Wiederholung der 5 Versuche von Hope (Edinb, Transact. r. Soc, vol. V, 1805, p. 379, vgl. auch James D. For- bes. A review of the progress of mathem. and physic. Science, Edinb. 1858 p. 143) mit Salzwasser statt mit süssen. Shg. E. Reichert, Elementar-Naturlehre von J, H. Hellmuth, 17. durchaus neu bearbeitete Auflage. Braunschweig bei Vieweg 1869— 1870. 544 S. gr. Oct. — und P. Münch, Lehrbuch der Physik, Freiburg i. B. bei Herder 1871. 341 S. kl. Oct. — Das erste der beiden genannten physikalischen Lehrbücher ist zwar schon 1786 zum erstenmale erschienen, liegt aber hier in so veränderter Form vor, dass es als ein neues Werk zu be- trachten ist, der Anfang ist von E. Pfaff in Ettingen umgearbeitet, an dessen Stelle später der Professor Reichert von der höhern Bürgerschule in Freiburg getreten ist; das zweite ist vom Schuldireetor Münch zu Münster verfasst. Beide Bücher unterscheiden sich in Zweck und Form bedeutend: Reicherts Buch ist für Seminarien und für Lehrer an Bürger- schulen u. s. w. bestimmt, das von Münch dagegen für Real- und Gewerbe- schulen ev. für Gymnasien; Reichert gibt einen zusammenhängenden Vortrag in lebendiger Sprache mit ausführlicher Beschreibung der Expe- rimente z. T. in der ersten Person — Münch kurze Paragraphen mit klein gedruckten Bemerkungen und Zusätzen, z. T. in abgerissenen Sätzen, 410 so dass er trotz des geringen Umfangs seines Buches mehr Material bie- tet als Reichert. Münch gibt auch viele kurze elementare mathematische . Beweise; bei Reichert fehlen diese zwar nicht ganz, aber sie sind doch selten, meist ist nur das Resultat durch die betr. Formel angegeben, da- bei ist aber doch vonden trigonometrischen Functionen Gebrauch gemacht, die unsern preussischen Seminaristen wol meistens unbekannt sein dürf- ten. Die Abbildungen sind bei Münch z. T. nur schematisch, aber sehr gut und deutlich und fast alle sind Originale, die bei Reichert sind, wie man das bei der Viewegschen Verlagshandlung gewohnt ist, feiner aus- geführt und fast alle dem Lehrbuche der Physik von J. Müller entnom- men, es ist sogar eine kleine Spectraltafel in Farbendruck beigefügt. Hiernach muss man anerkennen dass beide Bücher ihren Zwecken ent- sprechen, namentlich glauben wir das Reichertsche Buch auch noch solehen Schülern höherer Lehranstalten zum Privatstudium empfehlen zu können, die sich einige Uebung im experimentiren verschaffen wollen; als eigentliches Lehrbuch eignet sich aber das Buch von Münch mehr. — Nun noch einige Bemerkungen über den sachlichen Inhalt beider Bücher: M. gibt nur Physik, R. dagegen entsprechend seinen etwas weiter gefass- ten Titel auch einige chemische Paragraphen, in denen einige Grundleh- ren der Chemie durch einfache Experimente verdeutlicht werden, chemi- sche Formeln kommen zwar nicht vor, es ist aber die alte dualistische Theorie zu Grunde gelegt, (die modernen Ansichten können bis jetzt wegen mangelnder Terminologie nicht so bequem dargestellt werden). In der Physik selbst bietet wie gesagt M. in knapper Form mehr als der ausführlicher beschreibende R.: so hat M. die Holtzsche Influenz-Maschine (älteste Form) aufgenommen, während R. nur die gewöhnliche Scheiben- und Cylinder-Maschine erwähnt; desgl. hat M. neben der Atwoodschen Fallmaschine auch noch die von Babo (die mit der von Lippich überein- stimmt, siehe diese Zeitschrift B. 28. S. 458). In der Optik enthält das Buch von R. über Polarisation gar nichts (ist auch für die Zwecke des Buches nicht nöthig), während M, wenigstens die Grundphänomene an- gibt und z. B. das Nicolsche Prisma ganz richtig erläutert, was bekannt- lieh nicht allen Lehrbüchern der Fall ist. In dem elementaren Theil der Optik geben beide für die Vergrösserung bei der Lupe und ‘dem Mikros- kop (M. schreibt Microscop, was wol nicht zu empfehlen ist) die gewöhn- liche Bestimmung an, welche sich auf die deutliche Sehweite bezieht; wir haben uns gegen diese Bestimmung schon früher ausgesprochen (diese Ztschrft 34, S. 161) und müssen trotz des Widerspruchs den wir damals fanden noch auf unserer Ansicht beharren, auch Prof. Schweigger hat in den Göttinger gelehrten Nachrichten (1870, 3. 155) ganz dieselbe Ansicht entwickelt. Beim Stereoskop hätte wol bemerkt werden können, dass die Vereinigung beider Netzhautbildchen auch ohne künstliche Mittel (Prismen, Linsen oder Spiegel) bewirkt werden kann; überhaupt scheint es uns als ob die neuern Resultate der physiologischen Optik nicht genü- gend berücksichtigt wären — sollte man etwa meinen, dass dieselben einer elementaren Darstellung nicht zugänglich wären, so verweisen wir auf die Aufsätze von Helmholtz, welehe 1868 in den preussischen Jahrbüchern 411 und kürzlich, wenn wir nicht irren, auch in einer besondern Ausgabe er- schienen sind. Von den hierher gehörigen Figuren genügen auch einige den Anforderungen einer strengen Kritik nicht vollständig: nämlich bei Reichert die zur Irradiation gehörige Figur (Nr. 333), in der der schwarze Strich wenigstens in dem mir vorliegenden Exemplare zu dick gerathen ist, so dass er sogar breiter erscheint als der weisse, ferner bei Münch die beiden Pyramidenpaare (Fig. 193 und 199), welche eine viel zu grosse Verschiedenheit haben, um noch stereoskopisch vereinigt werden zu können, — Die Akustik ist ‚von Reichert ausführlicher behandelt, er beschreibt da auch einen neuen Apparat, nämlich eine Modification der Königschen manometrischen Flammen, bei welcher die Gaskapsel so eingerichtet ist, dass auch einzelne mechanisch angebrachte Stösse ein einmaliges lang- und kurzwerden der Flamme bewirken, auch der rotirende Spiegel hat eine originelle Einrichtung, die recht gut zu sein scheint; mit der An- merkung, dass es auch genüge einen Spiegel in der Hand zu bewegen, können wir uns vollkommen einverstanden erklären, namentlich scheint uns dies Verfahren vortheilhaft, wenn man ein grösseres Auditorium hat und den Versuch nicht wie Tyndall objectiv machen kann: es ist dann am bequemsien jedem Zuhörer einen kleinen Spiegel in die Hand zu ge- ben und bewegen zu lassen, auch ein schnelles Bewegen der Brille, ja ein geringes Wackeln mit dem Kopfe genügt schon. Dass die Arbeiten von Helmholtz berücksichtigt sind, versteht sich von selbst, dass dabe aber die Theorie der Combinationstöne nicht aufgenommen worden ist, erregt einiges Befremden, auch Münch gibt noch die alte Youngsche Theorie. Es ist wirklich auffällig, dass die Helmholtzsche, prineipiell so einfache Theorie, immer noch keinen Eingang in die Lehrbücher gefunden hat, fast überall werden die Combinationstöne noch auf die Schwebungen zurückgeführtj;und doch ist meines Wissens die Helmholtzsche Ansicht nie- mals widerlegt, es wäre also wol endlich Zeit dieselbe in die Lehrbücher aufzunehmen. Die Tonleiter ist dem Umfange der beiden Bücher ent- sprechend nur kurz behandelt; R. entwickelt die chromatische Tonleiter indem er für die erhöhten und erniedrigten Töne (eis und des u. s. w.) den sogenanten kleinen halben Ton 25:24 (Intervall zwischen der kleinen und grossen Terz) zu Grunde legt, ohne jedoch dies näher zu begründen; man sieht daher gar nicht ein, warum man nicht den grossen halben Ton 16:15 wählt, oder warum man nicht fis als Quinte von h bestimmt und daher gleich 45:32 setzt, wodurch dann wieder durch einen Quin- tenschritt ein cis = 135:128 (das kleine Limma) folgt; Münch ist hier nicht so ausführlich, seine Andeutungen führen aber zu denselben Resul- tate. Meiner Ansicht nach sollte man in solchen kleinen Büchern nur die diatonische Tonleiter geben, die gleichschwebende Temperatur, welche ja der praktischen Anwendung wegen nicht fehlen darf, lässt sich trotz- dem entwickeln: — will man weiter gehen, so reicht eine einfache Be- stimmung der eingeschobenen Töne nicht aus, man muss vielmehr die verschiedene Bedeutung derselben (als Terzen und Quinten anderer Töne) berücksichtigen, wie Referent im Anschluss an Drobisch, Helmholtz u, A, im 32. Bande dieser Zeitschrift ausführlich gezeigt hat. — Die jetzt so 412 wichtig gewordenen Resonatoren werden von Münch nur erwähnt (wahr- scheinlich setzt er voraus, dass dieselben in allen Unterrichtsanstalten wo Physik gelehrt wird, wirklich vorhanden sind), Reichert dagegen beschreibt ausführlich die cylindrischen Resonatoren die der Referent construirt (diese Zeitschrift 31, S. 130) und die der Verfasser vom Orgelbauer Benemann aus Halle bezogen hat; wenn es nun auch dem Referenten sehr angenehm ist, dass er seine Arbeiten als „sehr gut‘ bezeichnet sieht, so muss er doch bemerken, dass die Zahlenangaben für die Dimensionen der Pappröhren nicht genau mit seinen Originalzahlen übereinstimmen, namentlich ist die Weite des Resonators für g nicht 7,8em, sondern nur 7,0 — die übrigen Abweichungen sind geringer und dürften auf die Höhe der Töne kaum einen Einfluss haben. — Schliesslich ist noch zu erwäh- nen, dass Reichert am Schluss seines Werkes eine Uebersicht über das metrische Mass und Gewicht gibt, in derselben ist aber mehreres zu eorrigiren, erstens geht die Grundeintheilung beim Gewicht nicht von 1000 zu 1000, sondern von 10 zu 10 (dass man die Zwischenstufen zwi- schen Kilogramm, Gramm und Milligramm weglassen kann und auch zweckmässiger Weise weglassen muss, versteht sich von selbst) — zwei- tens ist ein Loth Zollgewicht nicht gleich 15,62 Gramm sondern gleich 500/,, — 162), Gramm — der Irrthum ist entstanden, weil in Baden das Pfund in 32 Loth getheilt wurde. Auch die Reductionszahlen für die Län- gen- und Flächenmasse sind nicht alle richtig, namentlich die für den preussischen Fuss und Morgen. — Trotz aller dieser Bemerkungen können wir doch beide Bücher als praktisch und zweckentsprechend empfehlen, zumal da auch ihre Ausstattung vortrefllich ist. Sbg. H. Buff, Lehrbuch der physikalischen Mechanik, 1.Theil Braunschweig bei Vieweg 1871, 366 S. gr. Oct. — Der Verf. sagt in der Vorrede, dass er auf die aus der Physik der Erfahrung abgeleiteten Grundbegriffe der Mechanik einen grössern Werth gelegt habe, als diess gewöhnlich geschieht: wenn man nun die Mechanik als einen Theil der Physik betrachtet, und das ist sie doch ohne Zweifel, so kann diese Be- handlungsweise nur gebilligt werden, die Mathematik soll doch eigentlich nur das Werkzeug sein, mit dem das physikalische Material bearbeitet wird er und je weniger dies Werkzeug gebraucht und in je einfacher, Ge- stalt es zur Anwendung kommt, um so mehr wird der eigentliche Charak- ter der Mechanik als einer physikalischen Wissenschaft zur Erscheinung kommen. Die meisten bekannten Lehrbücher der Mechanik sind eigent- lich nur eine Anwendung der Mathematik auf die Mechanik und es wird in ihnen viel mehr Werth auf die verschiedenen analytischen Methoden gelegt als auf die physikalischen Resultate; wir wollen die Nothwendig- keit dieser Bücher für die Mathematiker gar nicht leugnen, aber für Tech- niker, Ingenieure u. s. w. ist eine physikalische Behandlung des Gegen- standes sicher viel angemessener, und auch der Mathematiker wird sich auf einer solchen festen physikalischen Grundlage sicherer fühlen als ohne dieselbe. Natürlich schliesst der Verf. die Anwendung der Diffe- rential- und Integralrechnung nicht aus, sie ist ihm aber nur Mittel zum Zweck, bei der Integration der Differentialgleichungen z. B. ist immer nur 413 das Resultat angegeben; übrigens ist die Darstellung so eingerichtet, dass der mit der Analysis nicht vertraute Leser wenigstens das Resultat der Rechnung findet, es wird ihm nur zugemuthet es auf Treu und Glau- ben hinzunehmen. — Das Buch zerfällt in folgende 13 Abschnitte: 1) Ruhe und Bewegung; 2) Bewegung in Raum und Zeit; 3) Zusammen- setzung und Zerlegung der Bewegung; 4) bewegende Kräfte und Körper- masse; 5) mechanische Arbeit; 6) Gleichgewicht; 7) Schwerpunkt; 8) Reibung ; 9) Nutzeffect einfacher Maschinen; 10) Fortpflanzungsmittel für die Bewegung; 11) Trägheitsmoment; 12) Schwungkraft; 13) Pendel- bewegung. Man sieht hieraus dass einige Abschnitte speciell für die Be- dürfnisse der Praxis bestimmt sind; noch deutlicher tritt diess bei der Behandlung des Stoffs hervor, wir machen z. B. aufmerksam auf die Beispiele für das „Arbeitsgesetz“ (v2p:29= Ps), wo über dem Dampfwa- gen, die Armstrongkanone, das Springen und das Werfen gesprochen und die Wirksamkeit des Schwungbrettes und der Schleuder erläutert werden, Wir erwähnen ferner die Besprechung der Flugbahn vom Geschoss des Zündnadelgewehrs, die Archimedische Erklärung des Hebelgesetzes, die Theorie der menschlichen Bewegungen und der menschlichen Arbeit über- haupt (vgl. $. 55, 56, 65, 83, 124 u. a.) als kleine Abschnitte, die man sonst in den Lehrbüchern der Mechanik nicht findet und die doch unge- mein interessant sind. Man sieht aus obiger Inhaltsangabe dass die ver- altete Eintheilung in Statik und Dynamik nicht aufrecht erhalten ist, man erkennt aber auch, dass dies für die Uebersichtlichkeit und Verständlich- keit gar kein Schade ist, dass vielmehr das wissenschaftlich richtigere auch methodisch besser ist. — Was der zweite Theil des Werkes enthal- ten wird, ist noch nicht angegeben, wir gedenken dies seiner Zeit unsern Lesern mitzutheilen. Druck, Papier und Holzschnitte sind so wie man es bei allen Büchern des Viewegschen Verlags gewohnt ist. Sby. J. Tyndall, dieWärme als eineArt derBewegung, deutsch herausgegeben durch H. Helmholtz und G. Wiedemann. 2. Auflage, 1. Abthl. Braunschweig, Vieweg 1871. — Das bekannte Buch Tyndalls hatte längere Zeit im Buchhandel gefehlt und es ist daher zunächst nur ein Theil der- selben ausgegeben, der hauptsächlich die thermometrische Wärme behan- delt; wenn der Rest, der von der strahlenden Wärme handelt erschienen sein wird, so werden wir eine kurze Inhaltsübersicht ev. wie B. 33, S. 96 vom „Schall“ eine kürzere oder längere Probe geben. Sbg. Meteorologie. 0. Fröhlich, zurTheorie der Erdtempe- ratur. — Die von Poisson und Tralles angebahnte Theorie der Erdtem- peratur hat Fröhlich so weit gefördert, dass er folgende Elemente bestim- men kann: die äussere Leitungsfähigkeit der Erde; das Verhältniss der innern Leitungsfähigkeit zu dem Producte aus specifischer Wärme und Dichtigkeit der Erde; die Sonnenwärme die in der Zeiteinheit in die Flä- cheneinheit der Erde eindringt; den Absorptionsco£fficient der Atmosphäre auf Sonnenwärme; die Temperatur einer Hülle, deren Strahlung derjeni- gen des Weltraums und derjenigen der Atmosphöre gleich kommt; die von der Eigenwärme der Erde herrührende Temperaturerhöhung und end- lich auch noch (nach Tralles) die Höhe der Atmosphäre. — Nöthig wä- 414 ren zu dieser Berechnung allerlei z, Th. ziemlich umständliche meteorolo- gische Beobachtungen ; der Verf., in Hohenheim wohnhaft, fordert zur Anstellung dieser Beobachtungen auf und erbietet sich zur Berechnung. — (Pogg. Ann. 142, 647 — 652.) Sbg. J. G. Fischer, merkwürdiger Blitzschlag. — Am 17. Jwi 1870 schlug der Blitz in das Landhaus des Verf. ein kurz vor Beginn des Regens, es wurde zuerst der Schornstein zerstört, dann ging der Funke am Regenrohr in die Erde, durchbohrte dasselbe 3mal, bei einem Loche waren die Metallfetizen nach aussen geklappt, bei den beiden andern nach innen; die thönerne Abflussröhre war auch zerstört, indem wol der Blitz in das 12° tiefe Grundwasser hinabging. Eine Zündung oder Schmelzung fand nieht statt, doch erschien der Blitz den Gartenarbeitern als gewal- tiger Feuerklumpen. Ausserdem war von dem Schornstein aus eine Ofen- thüre aufgedrückt und das Zimmer mit Russ erfüllt; alle in demselben befindlichen eisernen Gegenstände waren magnetisch geworden, nur eine Maschinen-Nähnadel nicht, weil dieselbe parallel zur Richtung des Blitzes gestanden hatte; alle andern Sachen zeigten durch die Lage der Pole dass der Blitz ein Funke negativer Elektrieilät gewesen sein muss. Die Perso- nen im Zimmer haben nur einen starken Schreck erlitten, ebenso auch die Thiere im Hofe — so hat z. B. eine Henne in Folge dessen ihre seit schon 18 Tagen bebrüteteu Eier verlassen. — Zur Bestimmung der Elek- trieitätsart schlägt F. noch vor, in den Blitzableitern eine Spirale einzu- schalten und ein Stück weiches Eisen hineinzuschieben, man würde da- durch ein einfaches Kennzeichen der jederzeit herrschenden Lutftelektricität gewinnen. — (Ebda 654 — 656.) Sbg. Galle, über die gelatinösen sogenannten Sternschnup- pensubstanzen. — Nur selten sah man diese Substanzen aus der Luft berabfallen, trifft sie aber oft auf der Erde liegend. Die neuerdings in Schlesien untersuchten glaubte Cohn anfangs für vegetabilisch halten zu können, überzeugte sich jedoch, dass sie sämmtlich thierischen Ursprungs seien und von Eileitern von Fröschen herrühren, die im Wasser abnorm aufquellen. Nach der Laichzeit quellen die Eileiter wenig oder gar nicht auf und kommen die Gallertmassen nicht im Sommer, am häufigsten im Herbst oder Winter vor. Schon im 17. Jahrhundert und seitdem wieder- holt sind diese Gallertmassen von Fröschen hergeleitet worden und nur vereinzelte Beobachter haben sie andern Thieren oder Pflanzen zugeschrie- ben. Wie aber kommen diese Froschreste nicht bloss an Teichrändern und sumpfigen Wiesen, sondern auch an troeknen Orten und oft mitten im Winter vor? Es kann dabei nur an die Raub- und Wasservögel ge- dacht werden, welche Frösche wegtragen, zerreissen und auch wohl wie- der ausspeien. Das Ausspeien könnte während des Fluges geschehen, ja es wäre möglich, dass dieser Froschleich in dünnen Häutchen zusammen- trocknet, vom Winde fortgeführt und in der Luftfeuchtigkeit wieder auf- quillt, Dass die eingetrocknete Gallerte von Neuem aufquillt, haben che- mische Versuche direct erwiesen. Indess wird keine dieser Hypothesen durch uumittelbare Beobachtungen unterstützt und sind dieselben wirklich nöthig, um das Herabfallen gelatinöser und phosphoreseirender Substanzen 415 zu bestätigen. Verf. kennt 27 Nachrichten von verschiedenen Orten und Zeiten, welche das wirkliche Herabfallen angeben, man hat in der Luft und am Boden das Leuceliten der Gallerte gesehen und keineswegs lassen sich alle bezüglichen Angaben für Täuschungen und Unwahrheiten ausge- ben. Von keiner einzigen herabgefallenen Masse aber ist nachgewiesen, dass sie von Fröschen herrührte, vielmehr weichen viele derselben von der gefundenen gewöhnlichen Sternschnuppengallerte ab. Dafür eine Er- klärung zu finden ist sehr schwierig. Ausser den angeführten Hypothesen von den Vögeln im Fluge und der Fortführung durch Wind nahm man noch an, dass Schleimblasen mit leichteren Gasen gefüllt sich wie Aero- staten heben „ dann zerplatzen und als Schleimklumpen niederfallen. End- lich wurden sie auch als kosmische Massen betrachtet, selbstverständlich nicht als Gallertmassen im Weltenraume fliegend, sondern erst in der Atmosphäre als Staubpartikelchen in Gallerte verwandelt. Jede dieser Hy- pothesen hat ihre grosse Bedenken, namentlich in Betreff der Phosphores- cenz. Weitere und besonders chemische Untersuchungen sind zur Aufklä- rung nothwendig. — (Schlesischer Jahresbericht XLVI. 29 — 32.) Physik. K.H. Schellbach, Akustische Anziehung und Abstossung. (Vgl. unsern Band 36, 152.) — „Die Schallschwingun- gen eines elastischen Mittels ziehen specifisch schwerere Körper nach den Mittelpunkte der Erschütterung hin und stossen speeifisch leichtere ab“: Ein kleiner Ballon (20cm Durchmesser) voll atmosphärischer Luft wurde von einer schwingenden Stiinmgabel angezogen, ein anderer voll Wasser- stoffgas wurde abgestossen. Ein Papierstreifen, der neben einem kleinen elektrischen Schlagwerk herabhing, wurde beim Tönen der Glocke bis zur Berührung mit derselben herangezogen. — (Pogyg. Ann. 140, 495 — 496.) E,Villari, Akustische Studien über die Flamme. — Nach der Methode des Stroboskops hat Töpler (vgl. unsern Bd. 28, 47) die Schwingungen in der Flamme einer chemischen Harmonika untersucht. V. wendet dieselbe Methode an auf eine Flamme von Leuchtgas, welche, durch eine Stimmgabel oder andere starke Schallwellen zum Mitschwingen gebracht wurde; die Flamme zerlegt sich dann in kreisförmige Wellen, deren Abstand der Schwingungszahl des erregenden Tones umgekehrt pro- portional sind — sie sind daher sicher anzusehen als Wellen im ausströ- menden Gasstrome. Der Aufsatz enthält ferner einige ähnliche Versuche mit einem Schmetterlingsbrenner und mit einem Gasgebläse. Auch mit dem rotiren- den Spiegel kann man die Erscheinung beobachten. — (Ebda 588—598.) Töpler und Bolzmann, über eine neue optische Methode die Schwingungen tönender Luftsäulen zu analysiren. — Das Prineip des Stroboskops resp. die Beleuchtung mit intermittirendem Lichte hat Töpler schon früher zur Untersuchuchung von schwingenden Körpern (Saiten u. s. w.) benutzt. Boltzmann hat nun vorgeschlagen, die Strahlen der intermittirenden Lichtquelle zur Hälfte durch ruhende, zur Hälfte durch schwingende Luft hindurchgehen zu lassen und dann diesel- ben zur Interferenz zu bringen, es lritt dann eine Bewegung der Interfe- renzstreifen ein, welche nach dem stroboskopischen Prineipe verlangsamt erscheint und daher durch Messung verfolgt werden kann; neben der Art 416 und Intensität der Bewegung lässt sich auf diese Weise die Schwingungs- dauer mit der grössten Schärfe bestimmen. Der zu diesem Zweck von Töpler construirte Apparat enthält eine gedeckte Pfeife, durch welche und über welcher das intermittirende Licht seinen Weg nahm, beide Lichtstrah- lenbündel wurden dann durch ein Interferenzprisma zum interferiren gebracht und die Streifen durch eine Lupe mit Fadenkreuz beobachtet. Der Durchgang durch das Fadenkreuz wurde durch einen galvanischen Registrirapparat auf einen Papierstreifen notirt, auf welchem auch durch ein Pendel Se- cundenpunkte markirt wurden. Bei schwachem Anblasen zeigte sich dass die die Schwingungsform nicht sehr von der pendelartigen (y=a. sin ©) abwich und zwar wurden die Wellen des Grundtones durch die des 3. Theiltones um ein Minimum spitzer gemacht. Bei stärkern Anblasen wur- den die Partialtöne stärker, so dass die Amplitude des 3. Theiltones nur noch 3 bis 4 mal kleiner war, als die des Grundtones, der Phasenunter- schied war aber der umgekehrte, so dass hier die Berge und Thäler der Sinuswelle verbreitert wurden. Die Druckunterschiede in der Pfeife sind hier noch nicht 1/,, Atmosphäre, während Kundt bei seiner Pfeife 1/,s Atmosph. gefunden hatte. (Ref. hat bei Wiederholung der Kundtschen Versuche auch kleinere Werthe erhalten als Kundt angibt; siehe diese Zeitschrift 32, 103). Bei dem schwächern Anblasen der Pfeife (Wind- stärke — 40mm, Amplitude in der Pfeife am Labinm — 2,48 mm) fanden Töpler und Boltzmann, dass man den Ton im Freien bis auf 115 M. Ent- fernung hörte; hier ergab sich für den Weg eines Lufttheilchen der Werth 0,00004mm — 1/,, der Wellenlänge des grünen Lichts. Unser Gehör ist also für musikalische Töne äusserst empfindlich; die Arbeitskraft einer solchen Bewegung beträgt ungefähr Kilogramm - Meter pro Quadrat- 1014 millimeter, so dass auf unser Trommelfell nicht mehr als Kgr.-Mtr. 1 3.1012 kommen. Thomsens Wallrathkerze (Pogg. Ann. 125, 389) sendet pro Se- 1 E unde — Ker-M, aus, also auf 1 Qmm in 115 M. Entfernung —_ as 2 5 574.100 L Kgr-M. Die Pfeife ist also eine viel schwächere 6.101? Quelle von Arbeitskraft und man sieht, dass unser Ohr in Bezug auf Em- pfindlichkeit mit dem Auge rivalisiren kann. — (Ebda 141, 321 —352.) L. Matthiessen, über die Transversalschwingungen tö- nender tropfbarer und el astischerFlüssigkeiten. — Der Verf. betrachtet die Schwingungen von Flüssigkeitsschichten auf Chladni- schen Klangscheiben und die von Luftplatten nach Kundt und Vierth (siehe unsere Zeitschrift 34, 106; 35, 405; 36, 156) unter einem gemein- schaftlichen Gesichtspunkte; er hält sie für Transversalschwingungen, welche die longitudinalen begleiten und ihnen isochron sind, er zeigt dass die geradlinigen Wellensysteme durch Interferenz von 2 einander ent- gegengerichteten Wellensystemen entstehen, die Kräuselungen resp. die Häufchen aber durch Interferenz von zwei sich rechtwinklig durch- schneidenden Wellensystemen; jede Rippe und jedes Häufchen (Masche oder noch nicht 417 auf der Flüssigkeit) entsteht also nicht im Verlaufe von 2 ganzen Schwin- gungen, sondern erscheint bei jeder einzelnen wieder. — (Ebda 141, 375 — 393.) Sby. A. Heller, über eine Intensitätsmessung des Schalles. — In der Kirchhoffschen Formel für die Schallgeschwindigkeit in Röhren kommt eine Constante y vor, welche von der Wärmeleitung und der Rei- bung abhängt. Heller hat ihren Werth nach Kirchhoifs Vorschlage so be- stimmt: Der Ton einer Stimmgabel wird durch eine Röhre von veränder- licher Länge mehr oder minder verstärkt (ungerade Vielfache von Viertel- wellenlängen geben Maxima), daneben steht noch ein Resonator, der mit einer thierischen Blase versehen ist; dieselbe geräth mit in Schwingung und da sie wieder einen kleinen Glasfaden trägt, so wird auch dieser in Vibrationen versetzt. Die verschiedenen Amplituden dieses Fadens und die Längen des ersten Rohres lieferten nach einer von Kirchhoff entwickel- ten Theorie den Werth „=4,35. — (Ebda 141, 566 — 574.) Sby. _ R. Böttger, leichte Anfertigung einer Flüssigkeit zur Erregung der Plateauschen Gleichgewichtsfiguren ohne Schwere. — Fein geschabte Palmölseife wird mit kaltem destillirtem Wasser übergossen, stark umgeschüttelt, die möglichst gesättigte Lösung durch poröses graues Fliesspapier filtrirt und mit einem Drittel ihres Vo- lums chemisch reinem concentrirtem Glycerin versetzt. Blasen aus dieser Flüssigkeit sollen sich bei 1 Fuss Durchmesser auf einem Eisendrahtringe 5 — 10 Minuten lang halten, solche von 2— 3 Zoll Durchm. Stundenlang, Vgl. hierzu den Sitzungsbericht vom 19. Juli d. J. — (Ebda 140. 660.) J. Plateau, Experimentelle und theoretische Untersu- ehung überdieGleichgewichtsfigureneinerflüssigen Masse ohne Schwere; achte Reihe (vgl. unseren Band 30, 212). — Verf. theilt die Flüssigkeiten in 3 Kategorien, die er folgendermassen charakte- risirt: 1) Wenig oder kein Schaum beim Umschütteln, keine Blasenbil- dung, kurze Dauer der Lamellen, Abwesenheit von Farben auf den Kuppen der Blasen oder langsame Färbung (höchstens Roth und Grün der letzten Ordnungen) z. B. Wasser, Glycerin, Schwefelsäure, Ammoniak u. s. w. Klasse 2 unterscheidet sich von der ersten durch rasche ausgeprägte Fär- bung: fette Oele, Terpentinöl, Alkohol, Benzin, Schwefeläther, Schwefel- kohlenstoff u. s, w. Die 3. Klasse liefert beim Umschütteln einen volumi- nösen und lange andauernden Schaum, leichte Blasenbildungen an Pfeifen, lange Haltbarkeit der Blasen, allmähliche Färbung: Lösungen von Seifen, Saponin, Albumin und von essigsaurem Eisenoxyd. Verf. gibt nun für die Existenz der Oberflächenspannung einen neuen Beweis, indem er die Schwingungen einer Magnetnadel beobachtete, die entweder auf der Ober- fläche der Flüssigkeiten schwamm oder im Innern derselben sich befand, bei Flüssigkeiten der ersten und dritten Klasse ergab sich auf der Ober- fläche eine stärkere Verlangsamung der Bewegung als im Innern, bei de- nen der zweiten Klasse war dies nicht der Fall. Plateau stellt daher fol- genden Satz auf: „Die oberflächliche Schicht der Flüssigkeit besitzt eine eigene Zähigkeit, unabhängig von der Zähigkeit des Innern der Masse; bei gewissen Flüssigkeiten ist diese oberflächlige Zähigkeit stärker, oft 418. viel stärker als die innere (Wasser, vor allen Saponinlösung) ; bei andern Flüssigkeiten ist sie dagegen schwächer und oft auch viel schwächer als die innere Zähigkeit (Terpentinöl, Alkohol u. s. w.)“ Klasse Il und 3 unterscheiden sich dadurch, dass das Verhältniss zwischen der oberfläch- - liehen Zähigkeit uud der Spannung der Lamellen bei Klasse 1 viel kleiner ist als bei Klasse 3; Sodalösung (zu 1 gehörig) und Harz-Kali- Seifenlö- sung (zu 3 gehörig) bilden den Uebergang von einer Klasse zur andern. — (Pogg. Ann. 141, 44—58. Auszug aus den Mem. de Bruselles XXXVII.) Shg. G. v.d. Mensbrugghe, über die oberflächliche Zähigkeit der Lamellen aus Saponinlösung. — Zum weitern Beweis für das Vorhandensein einer Oberflächenspannung in den Lamellen gibt M. folgendes höchst interessante Experiment an: Man stellt einen Dreifuss mit einem Ring von Eisendraht auf den Deckel eines geladenen Blektro- phors und setzt auf diesen eine Blase von Saponinlösung (1 Th. Saponin *) in 40 Wasser; Seifenlösung wird wohl auch anwendbar sein), nimmt die negative Elektricität vom Deckel weg und hebt ihn dann vom Elektrophor auf, dabei verbreitet sich die +E auf der Blase und diese verlängert sich im vertikalen Sinne immer mehr. Bei langsamer Annäherung eines Fingers an den Scheitel der Blase erfolgt durch elektrische Anziehung ein Zerreissen der Blase, es wird aber nur ein Theil derseiben weggenommen, dieser zerreisst in mehrere Stücke, welche bei genügender Trockenheit der Luft 30—40em hoch in die Luft fliegen und sich wie Papierstück- chen schaukeln; bei grösserem Feuchtigkeitsgehalt der Luft ziehen sie sich in Tröpfehen zusammen. Von dem übrigbleibenden Theile der Blase verwandelt sich die untere Partie in eine ebene Lamelle, welche die Ebene des Ringes ausfüllt; der andere Theil bietet das seltsame Schauspiel einer flüssigen Lamelle, die sich einerseits auf den soliden Ring stützt und an- drerseits einen freistehenden unregelmässig ausgeschnittenen Rand zeigt; sie bildet ein unregelmässiges Stück einer Art von Catenoide, das ist die Rotationsfläche einer Kettenlinie (vgl. unsern Bd 33. S. 307— 308.) Die Auszahnungen senken sich allmählich bis auf den Eisendraht herunter, die Spitzen haben das Ansehen von dünnen Glas- und Glimmerblätichen und folgen den Bewegungen des Fingers indem sie auf der Peripherie des Drahtringes herum wandern, Sobald die Elektrieität von dem Deckel weg- genommen wird, sinken die Lamellen zu Tröpfchen zusammen; man hat es also wirklich mit flüssigen Lamellen zu thun, nicht mit festen. — Statt auf dem Elektrophor kann man den Versuch auf dem Conductor einer Elektrisirmaschine anstellen. — (Pogg. Ann. 141, 287 — 294.) Sbg. G. v. d. Mensbrugghe, über einen durch Hrn. Lüdtge an- gegebenen molekular-statischen Satz. — In dem Aufsatz von Lüdtge über die Oberflächenspannung flüssiger Lamellen (unser Band 36, 150) wird der Satz entwickelt, dass die Lamellen eine stärkere Spannung sewinnen, wenn sie dünner werden; dies steht mit Plateaus Resultaten in Widerspruch. Mensbrugghe meint, dass Lüdtge seine Versuche nicht mil *) D, i, der lösliche Bestandtheil der Quillajarinde oder der Seifenwurzel, 419 der gehörigen Vorsicht angestellt habe und dass der „Satz nur auf unbe- stimmten und ungenauem Versuche beruht“; er stellt daher unter Berück- siehtigung verschiedener Nebenumstände einige entsprechende Versuche an, die das Gegentheil des Lüdtgeschen Satzes beweisen. — (Ebda 608 — 615.) Sbg. Chemie. Poleck, Veränderung der stickstoffhaltigen Bestandtheile des Mehls bei längerer Aufbewahrung. — Ob dieselbe in Fässern oder Säcken geeigneter sei, war bei Gelegenheit des letzten Krieges wichtig. Es ergab sich, dass der Kleber jener Mehlsorten mit dem sogenannten Fassgeruch zur Hälfte und mehr in eine lösliche Modification übergegangen war, also das Mehl gelitten hatte. Verf. unter- suchte die anatomische Struktur der Körner, deren chemische Natur, die Lagerung der Kleberzellen in der Peripherie des Samenkornes und den wechselnden Gehalt des Mehls an Kleber. Unter Kleber versteht man die in Wasser unlöslichen stickstoffhaltigen Bestandtheile, die sich durch ihre Unlöslichkeit in Wasser von dem darin löslichen stickstoffhaltigen Pflan- zenbestandtheilen, dem Pflanzeneiweiss und Pflanzencasein scharf abgrän- zen. Im Weizenkorn bildet der Kleber eine plastische Masse, aus der das Stärkemehl mit grösster Leichtigkeit ausgewaschen werden kann, während vom Gersten- und Roggenmehl im Wasser der Kleber in kleinen Flöckchen zugleich mit der Stärke abfliesst und eine plastische Masse nicht zu erzielen ist. Der Kleber bedingt durch die Eigenschaft im Wasser auf- zuquellen ohne sich zu lösen, die Teiehbildung des Mehles, wird aber durch einen grössern Wassergehalt des Mehles, durch den beginnenden Keimprocess u. a. Ursachen in eine im Wasser lösliche Modification über- geführt, aus der er durch Kochsalz , Alaun, Kupfervitriol, Kalkhydrat ge- fällt wird. Daher haben diese Mittel die Teigbildung des Mehles normal zu erhalten vielfache Anwendung gefunden, Alaun und Kupfervitriol als gesundheitsschädlich sind aber durchaus zu vermeiden, während Liebigs Vorschlag klares gesättigtes Kalkwasser zum Einieichen zu verwenden am meisten Empfehlung verdient. Bei Untersuchung der fünf Schwarzmehl- sorten, aus welchen das preussische Commissbrot bereitet wird, bestimmte Verf. direet den Wassergehalt, die Menge der mineralischen Bestandtheile, der Stickstoffgehalt und die Menge des im Wasser unlöslichen Klebers. Während das normale schöne Mehl Nr. 2. 11,06 Kleber- und 1,44 lösliche Eiweissstofle hatte, war bei Nr. 1 dies Verhältniss wie 8,37 zu 2,14, bei Nr. 3. wie 7,40 zu 6,90, bei Nr. 4. wie 7,23 zu 4,44 und bei Nr. 5. wie 6,54 zu 6,46 Procent. Die Mehlsorten 3. und 5. mit höchstem Gehalt an löslichen Eiweissstoffen reagirten zugleich sauer, die drei andern neutral. Das beste Mehl Nr. 2 war in Säcken, die andern Nummern gleich lange Zeit in Fässern verpackt gewesen. In Säcken befindet sich das Mehl viel weniger dicht und ist die Ausgleichung der Temperatur und Luft leichter, in Fässern ist es eine feste Hülle eingepresst und erschwert diese den Ver- kehr der äussern Luft. Die eingeschlossene stockende Luft leitet Verän- derungen ein je grössere je mehr Kleher darin, je feuchter es beim Ver- packen war. Ist einmal ein Angriffspunkt für den Sauerstoff geboten, so schreitet von diesem aus die Veränderung allseitg fort. Das Sauerwerden 420 einer Mehlmasse ist stets in der Mitte stärker als nach aussen hin ent- wickelt, weil hier die Luft hinzutreten kann. Die veränderte Schicht wird hart, fühlt sich rauh an und bildet oft eine Pyramide mit nach oben ge- richteter Spitze. In Säckchen treten die Stockungen weniger leicht ein, weil ein steter Luftwechsel Statt hat und eine Wechselwirkung zwischen dem Wassergehalt des Mehles und der Luft besteht, deren Endresultat freilich auch eine Mehraufnahme von Wasser ist. Die Verderbniss des Mehles tritt ein, wenn die Feuchtigkeitszunahme eine gewisse Gränze über- schreitet und die Erreichung resp. Fernhaltung dieser Gränze ist lediglich Aufgabe der Praxis. In Fässern beginnen die Veränderungen alsogleich nach der Verpackung, in Säcken viel später. Könnte der 13—14 Proc. betragende normale Wassergehalt des Mehles von der Verpackung gänz- lich entfernt werden; so .wäre damit die Möglichkeit jeder Veränderung des Mehles beseitigt. — (Schlesischer Jahresbericht XLVII, 32— 34.) W. Stein, die Constitution des Ultramarins. — Zunächst ermittelt Verf., in welchem Verbindungszustande sich |der Schwefel im Ultramarin befindet. Meist glaubt man ihn mit Natrium verbunden als Mono-, Di-, oder Pentasulfuret, nur wenige nehmen unterschweflige Säure neben Schwefelnatrium , noch weniger Bindung desselben an Aluminium an. Im blauen Ultramarin ist schweflige, nicht aber unterschweflige Säure vorhanden, beide jedoch unwesentlich für die Constitution, und feruer nur Schwefelaluminium ohne ein Sulfuret des Natriums. Für beide Behaup- tungen bringt Verf. die Beweise bei. Das Schwefelaluminium ist nach Berzelius schwarz, nach Graham farblos. Nach der erstern Methode er- hielt es Verf, nur einmal wie Berzelius angegeben, durch Zusammenschmel- zen von Thonerde, kohlensaurem Natron und Natron erhielt er das schwarze Pulver, nach der andern Methode ganz farblos oder gelblich. mit schwarzem Ueberzuge. Demnach existirt das Schwefelaluminium nur in zwei Modifi- kationen, die erste bei niedriger Temperatur erhaltene kann durch Er- hitzen in die zweite übergeführt werden. Ist nun der Ultramarin eine chemische Verbindung? Diese Ansicht wird durch eine eingehende Prü- fung nicht unterstützt. Schon nach Gmelin kann darin die Menge der Kieselerde bedeutend variiren und selbst ganz entbehrlich sein, auch ge- ben die Analysen überaus verschiedene Zahlen an für natürlichen und künstlichen und selbst für den künstlichen aus ein und derselben Fabrik. Ist es gewiss, dass Schwefelnatrium wasserfreieu Thon nur aufzuschlies- sen vermag in dem Masse, als es die Thonerde desselben umsetzen kann, so erreicht dieser Vorgang doch seine Gränze, sobald die Verwandtschaft der Kieselerde zur Thonerde mit der zersetzenden Wirkung des Schwefel- natriums ins Gleichgewicht gekommen ist. Wahrscheinlich schwankt diese Gränze wenig unter dem Einflusse verschiedener Zersetzungstemperaturen und sicher sind die quantitativen Resultate verschieden je nach der Dauer des Processes, der Zusammensetzung des Thones und je nachdem das Hydratwasser an der Zersetzung Theil nimmt. Daraus folgt, dass der Ul- tramarin zwar kein Gemenge gewöhnlicher Art, sondern nach stöchiometri- schen Verhältnissen gemischt ist. Die chemische Constitution aufzuklären, weist Verf. auf die Verseifung der Fette durch Schwefelnatrium hin, Die 421 blaue Farbe des Ultramarins ist unabhängig von der chemischen Zusam- mensetzunng, nur bedingt durch «das optische Verhalten der Mischungsbe- standtheile. Die chemische Zusammensetzung ist nur für die Dauerhaftig- keit der Farbe wichtig. Jene optische blaue Farbe erhält man leicht durch Mischung von Weiss mit Schwarz, Milch und Lampenruss, trübweissli- chem Glase vor schwarzem Papier etc. Im Ultramarin ist eine weisse Grundmasse mit schwarzem Schwefelaluminium gemischt, erste erhält man für sich, wenn man Thon und kohlensaures Natron ohne Schwefel in den Verhältnissen des Ultramarinsalzes mischt und erhitzt. Der grüne Ultra- marin enthält weniger Natron als der blaue und dieser weniger als der "weisse, der blaue weniger Schwefel als der grüne also der Uebergang des weissen in den grünen beruht auf einer Abgabe von Natron, der des grü- nen in blauen auf einer Abgabe von Natron und Schwefel. Das Schwefel- natrium ist dunkelfleischroth und dem Blau complementär, kann dieses also auch auslöschen. Der grüne Ultramarin entsteht aus dem weissen dadurch, dass das Natriumsulfuret in Bisulfuret übergeht, . wodurch die Verbindung aufgehoben und durch Mischung von blau und gelb eine grüne Farbe erzeugt wird. — (Polytechnisches Centralblatt 1871. 445 — 452.) Geologie. A. Escher v.d.Linth und A.Bürkli, die Was- serverhältnisse der Stadt Zürich. — Diese als 73. Neujahrsblatt von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1871. Mit Karte und 4 Tff. 49) herausgegebene Abhandlung beschäftigt sich zwar nur mit der Stadt Zürich und deren nächster Umgebung, jedoch mit einer für die menschliche Oekonomie und für alle Grossstädte höchst wichtigen Frage in so gründlicher und allgemein interessanter Weise, dass wir unsere Le- ser auf den Inhalt besonders aufmerksam machen müssen, Zunächst die Geologie des Bodens. Das Innere des Zürichberg-Pfannenstiel-Zuges und des Uetlibergrückens mit Ausnahme der Uetlikuppe besteht aus wechseln- den Sehichten von Sandstein und Mergel, deren gleiche Charaktere und fast wagrechte Lage beweisen, dass die Bänke ursprünglich zusammen- hingen und ihre Oberfläche eine Ebene bildete, welche sich über das ganze zwischen den Alpen und dem Jura befindliche Land und weit über die Schweiz hinaus nach WSW und ONO erstreckte. Diese miocäne Mol- lasse wurde zur Pliocänzeit oder zu Anfang der Quartärperiode in Folge mächtiger in den Alpen und im Jura anhaltender Bewegungen aufgerichtet und theilweise zusammengequetscht, in der mittlen Gegend der jetzigen hügeligen Schweiz aber blieb sie in ungestörter fast horizontaler Lage. Dabei entstanden von den Alpen her Spalten von SO gegen NW in die Mollasse hinein und bezeichneten verbunden mit der allgemeinen Boden- senkung gegen die Aare und den Rhein hin den von den Alpen abflies- senden Gewässern die Hauptrichtung für ihre ausgrabende Thätigkeit. So entstand auch das Thal des Zürichsees und der Limmat. Erschrickt auch die Phantasie vor dem Processe, welcher das grosse Material zwischen Albis und Pfannenstielzug bis unter die Sohle des Sees wegführte: so ist doch anderseits die unberechenbare lange Dauer desselben zu berücksich- tisen, für welehe das Sprichwort: der Tropfen höhlt den Stein aus, gilt, Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd, XXXVII, 1871. 29 422 Nur eine Schwierigkeit liegt vor. Die gröss'e Tiefe des Sees 142 Meter liegt zwischen Herliberg und Thalweil, in einer Gegend, welche die alpi- nen Spalten kaum erreicht haben und der Tropfen höhlt den Stein nur bis auf die Tiefe aus, von welcher das Wasser noch abfliesst. Freilich wis- sen wir nicht, in welcher Tiefe unter der Sohle des Sees gegen Baden hinab Mollasse ansteht. Theils das zu Tage Gehen von ganz normaler wagrechter Mollasse im Burghölzli, im Nebelbach und in der Karthus im Riesbach, im Hornbach und von Drahtzug an aufwärts, in der Klus, auf dem Plateau des Polytechnikums und im Abhang gegen den Hirschen- und Seilergraben, am Limmatufer selbst, theils die allmählige Tiefenabnahme des Sees von jener tiefsten Stelle bis zum Ausflusse des Limmat sprechen nicht dafür, dass thalab der ursprüngliche Boden des Sees durch Schlamm um mehr als 142 Meter erhöht worden sei: der mittle Wasserspiegel des Sees liegt 408,6 Meter, der tiefste Punkt 266 Meter über dem Meere. Ferner bestehen beim Seminar Wettingen in 365 Meter Meereshöhe Ufer und Bett der Limmat aus Mollasse, die ununterbrochen in der Grundlage des Sultberges fort- setzt, wonach unmöglich jemals ein Stromschlund existirt hat, der bei Zürich um mehr als 140 Meter unter die jetzige Limmat hinabreichte, bei Wet- tingen unter das Felsenbett der Limmat um 99 Meter. Freilich könnte der Zürichsee einst bis Wettingen sich erstreckt haben und dieses damals 99 Meter tiefer gelegen haben und seitdem gestiegen sein oder der Boden des Zürichsees könnte um diesen Betrag gesunken sein. In diesen Fällen wäre der See durch die Alluviouen um die Strecke von Wettingen bis Zü- rich verkürzt und sein Niveau um 142 Meter gestaut. Doch fehlt es an Beweisen für solehe Bodenschwankungen und die Ursachen der Seethal- bildung neben der Wassererosion lassen sich nicht nachweisen, ganz un- wahrscheinlich ist die Erosion durch Gletscherwirkung. Wohl aber weist das über 100 Meter mächtige Grien des Sielfeldes darauf hin, dass das ursprüngliche Mollassenbett sich noch tiefer befunden haben muss und frägt sich nun, wie es möglich war, dass die dem Mollassenkamm aufgesetzte Uetlikuppe aus einem Conglomerat bestehen könne, das bestimmt jünger ist als die Entstehung des Zürichsees und Reussthales. Dieses Conglome- rat weicht nämlich wesentlich von der eigentlichen Mollassenagelfluh der Balderenbergruine und des alten Uetliberghauses ab, stimmt vielmehr über- ein mit den Conglomeraten von Altwädenschweil, der Au, des Aathales, die sämmtlich jünger sind als die Bildung dieser Thäler. Die kantigen Geschiebe dieser Conglomerate können auch nicht aus weiter Ferne her- beigeschwemmt sein und die vielen Schichtunregelmässigkeiten sprechen dafür, dass diese Lagen durch regellose Bäche angehäuft wurden. Auch die wechselnden Lagen von Letien und Kies am Uetlibergweg in 740 Me- ter Meereshöhe gehören nicht zur Molasse sondern stossen an diese an. Waren aber solche Bäche auf der Höhe des Albis und Uetli möglich? Die Findlinge sind von der Thalsohle bis auf die Höhe des Uetli, des Zürich- berges und des Lägern zerstreut und bilden selbst beträchtliche Hügel, sie wurden schon von Gruner 1773 als aus den Alpen stammend erkannt, kamen aus dem Walensee, den Glarner, Bündener und Reussthalbergen trans- “irt durch Gletscher, wie es zuerst der Gemsjäger Perrandin im Bag- 423 netthale 1815 aussprach und dann Venetz, Charpentier u. A. speciell nach- wiesen. Verf. legt die Gletscherwirkungen dar und findet dieselben für die Findlinge des Zürigebietes unzweifelhaft. Die Bäche, welche das Ma- terial auf der Höhe des Uetli anhäuften, entquollen dem riesigen Linth- und Reussgletscher, dessen drei Endmoränen im Limmatthale auf eine lang- same unterbrochene Abschmelzung hinweisen. Die älteste dieser Moränen ist unter der Würenloser Bicktrotte durch die Limmat unterbrochen, er- streckt sich von da über Killwangen nach Spreitenbach, andrerseits über Oetweil nach Georoldschweil, die zweite ebenfalls von der Limmat zwischen Glanzenberg und Schönemoerth unterbrochene Endmoräne zieht gegen Un- ter-Engstringen hin und setzt mit zahlreichen Findlingen noch thalauf- wärts fort, links der Limmat gegen Schlieren. Der dritte und mächtigste Moränenzug bildet den Hügel der Stadt Zürich, den Hügel von Wyl, den Wiedikerrebhügel und den steinernen Tisch - Müggenbülrücken. Zahlreiche Bodenaufschlüsse in und um Zürich haben die Moränennatur dieser Hügel völlig ausser Zweifel gesetzt und führt Verf. die Aufschlüsse im einzelnen an. Hier liegt also ein grosser Wall vor, dessen Moränencharakter auch durch die vielen bekritzten Steine sich bestättigt, der rechts der Limmat die Sernfgesteine nebst Begleitern, liuks die schwarzblauen spröden Kalk- steine und Nagelfluhblöcke führt. Links vom Zürichsee ist der Mollasse- boden zwischen der See und der Sihl bis an die Kantonsgränze bedeckt mit einem ungeheuren Findlingsmaterial, das bald als einfacher stufiger Wall sich darstellt bald in mehren durch torfige Thälchen getrennten Wäl- len angehäuft ist. Diese Wälle folgen sich SO —NW, entsprechen voll- kommen den Seitenmoränen der heutigen Gletscher, lagerten sich in Unter- brechungen mit abnehmender Höhe ab. Stellenweise haben sie 20 selbst bis 50 Meter Mächtigkeit. Da dieses Findlingsmaterial auch den Kamm des Uetli und des Züriberges bedeckt, muss es auch zwischen beiden gelagert gewesen sein. Bei Schmelzung der Gletscher entstanden natürlich gewal- tige Wassermassen, welche an den Gehängen Findlingsmaterial, Sandstein und Mergel ablösten und an flachen Stellen wieder absetzten und Vertie- fungen ausfüllen. Bäche gruben sich in den Schutt ein, selbst bis in die Mollasseunterlage. So entstanden die ganz oder fast ganz schichtungslo- sen Lager, der sogenannte Zürichboden oder Estrich. Solche Ablagerun- gen sind der regelmässigen Cireulation der eindringenden atmosphärischen Wasser sehr ungünstig und machen das Auffinden der Quellen schwierig, aber sie bilden auch kein abgeschlossenes Ganze, sondern gehen oft in re- gelmässige Niederschläge über, an denen Wasser mehr betheiligt war. Wie lange das Gletschereis von Zürich verschwunden und die heutige Configu- ration der Oberfläche dauerte, lässt sieh nicht ermitteln wahrscheinlich aber erfolgte der Hauptabfluss des Sees damals nicht durch das Limmat- beit sondern durch die Moränenlücke zwischen der Katz und St. Anna, wie aus der Bodenbeschaffenheit der Limmat und ihrer Ufer hervor geht. Die jetzige Richtung des Abflusses ist durch die mächtigen Ablagerungen der Sihl herbeigeführt, deren Schutt sich durch die Moränenlücken be- wegte und die mächtige Kieslage im Schanzengraben erzeugte. Einmal angelegt wurde das Limmatbett durch die Fortdauer der Sihlgeschiebe 295 424 gegen das rechte aus Mollassefels bestehende Ufer gedrängt und sammt dem See in das Niveau aufgestaut, welches sie vor Anlegung der Ufer- bauten an der Shil und vor den im Limmatbette vorgenommenen Ausräu- mungs- und Regulirungsarbeiten inne halte, das noch im Anfange dieses Jahrhunderts um 1 Meter höher war als jetzt. Dieses höhere Niveau des Sees rief die schliesandigen lettigen und moorigen Absätze hervor, welche weithin die Oberfläche bedecken zumal links vom See und dessen Ausflusse, rechts liegt ebenfalls eine Lettbank, in deren Schutz sich das Torflager ausbildete, welches bei Aufgrabung der Fundamente nachgewiesen wurde. Gegen den Hornbach hin mischen sich dem Schlamme Sand- und Kiesla- gen bei. Zu diesen jüngsten Bildungen gehört auch der 50° mächtige Lehm bei Wiedikon, in welchen noch aufrechte Baumstrünke wurzeln. Der Lehm ist lagenweise in Farbe und Qualität verschieden, führt auch in einer mittlen Schicht Landschnecken und Pflanzenreste. Doch sind ein- zelne Schichten darin unzweifelhaft blosse Schlammströme und kommen Anzeichen vor, welche auf die Römerzeit hinweisen. Die Aenderungen in spätester Zeit sind auffällige. Von der Uetlikuppe stürzen Felsen herab, so im Frühjahr 1783, 1819 und 1850, bisweilen gewaltige, neue Abstürze bereiten sich dnrch Auswaschung der untern lockern Schichten vor, so dass voraussichtlich die ganze Uetlikuppe dereinst verschwinden wird. Zur Bemessung dieses Materiales giebt der Schutt des Wolfbaches im Turn- platz einen Anhalt. Im Bassin daselbst waren von 1865 bis Mai 1868 also in 21/, Jahren 961 Cubikmeter Schutt angehäuft, im Jahr 1869 nur 63 Meter in Folge der Regulirung. Das Quellgebiet des Wolfbaches mag auf nahe an 2'/, Millionen Quadratmeter geschätzt werden und würde die jährliche Wegführung einer 1/50 Meter dieken Schicht derselben entspre- chen, natürlich ist die Ablagerung in den Bachbetten und an steilen Stel- len viel beträchtlicher als im Uebrigen. Der Fall des Hornbaches in der Nähe des Drahtzuges ist in 34 Jahren um 20° zurückgewichen. Ausser dieser mechanischen Ablösung wirken die Quellen im Innern chemisch auf- lösend, stellenweise auch sehr erheblich. — 2. Allgemeine Bemer- kungen über Quellen und Grundwasser. Dieselben rühren von atmosphärischen Niederschlägen her und können nicht grösser sein als diese, Die Niederschläge betragen in Zürich jährlich 1 Meter, für den Winter 0,178, den Frühling 0,230, den Sommer 0,353, den Herbst 0,242, auf dem Uetli jährlich nur 0,885. Indess sind diese Mittelwerthe der Nie- derschläge bei Aufsuchung der Wassermenge für eine Gegend von sehr geringem Werth, da sie nach Zeit und andern Verhältnissen zu auffallend schwanken, oft eine Reihe von Jahren unter dem Mittelwerthe bleiben. Das als Regen und Schnee fallende Wasser vertheilt sich in verschiedenen Rich- tungen, Ein Theil verdunstet sofort und wird von der Vegetation aufge- nommen, ein anderer Theil läuft oberflächlich ab, und in den Bächen und Flüssen, ein dritter Theil dringt in den Boden ein und setzt in demselben auf eine gewisse Strecke fort und gelangt in Quellen an die Oberfläche oder bleibt als Grundwasser unterirdisch. Diese drei Theile lassen sich durchaus nieht genau quantitativ bestimmen. Bei der Verdunstung handelt es sich nicht um die Verdunstung auf einer Wasserfläche, die unausge- 425 setzt statt hat und durch die Feuchtigkeit der Luft gemessen wird, sie ist vielmehr von der Vertheilung der Niederschläge abhängig, das abflies- sende und einsickernde entzieht sich ihr, nur der in der obersten Boden- schicht bleibende Theil wird von ihr ergriffen und dessen Messung ist un- möglich. Das Quantum des einsickernden Wassers ist von der Gestaltung und Beschaffenheit der Bodenoberfläche beeinflusst, ist dieselbe stark ge- neigt, wasserdicht und bepflanzt: so fliesst viel ab, ist sie dagegen eben, locker, gut bepflanzt: so fliesst wenig oder gar nichts ab und in diesem Falle giebt der Unterschied zwischen der gemessenen Menge des versicker- ten Wassers und der Regenmenge die Menge des verdunsteten Wassers an. Solche direete Messungen der Versickerung wurden zuerst von Dalton und dann von Dickinson in Herefordshire angestellt mittelst eines Infiltra- tionsmesser bestehend in einem in den Boden eingegrabenen 1 Meter tie- fen Blechgefäss oben offen unten geschlossen und am tiefsten Punkte mit einer Abzugsröhre nach einer Stelle, wo das abfliessende Wasser gemes- sen werden kann. Dies Gefäss wird mit der ausgegrabenen Erde gefüllt und auch dessen Oberfläche mit der ursprünglichen Decke wieder herge- stellt. Alles oben auffallende Wasser wird durch die Abzugsröhre gemes- sen. Die Angabe der versickerten Menge geschieht ebenso wie die der Niederschlagsmenge, nämlich nach der Höhe, welche das Wasser über- die ganze Oberfläche gleichmässig vertheilt, einnehmen würde und lassen sich die betreffenden Zahlen direct mit der Niederschlagshöhe vergleichen. Nach diesen Beobachtungen ist die Versickerung in den verschiedenen Jahres- zeiten eine sehr verschiedene und hängt namentlich von der Vertheilung der Niederschläge ab, da von schwachen Regenfällen fast nichts versickert. Für England ergab sich, dass im Sommer nur 10 Proc. der Niederschläge versickern, im Winter aber 45—75 Proc. also durchschnittlich 25 — 45 Proc., in trocknen Jahren nur 7 Proc., wo also 93 Proc. verdunsteten. Da nur das versickernde Wasser die Quellen speist: so ist nur dessen Menge für die ökonomisch zu gewinnende Wassermenge massgebend und diese zu bestimmen. Die zahlreichen Beobachtungen der Regenmengen erhalten erst durch eine Ergänzung in dieser Richtung ihren vollen praktischen Werth. In Zürich wurden seit 1866 im Adlisberg in 660 Meter Meeres- höhe von zwei Versickerungsmessern Beobachtungen angestellt und diese mit den Niederschlagsmengen im Regenwasser der Sternwarte in Bezie- hung gebracht. Der eine Versickerungsmesser steht in Wiesen-, der an- dere in Waldboden. Auch hier zeigte sich nun der Einfluss der Verdun- stung nach den Jahreszeiten auffallend verschieden, bei anhaltender Trockenheit gelangte fast nichts zur Versickerung so in den Sommermo- naten von 1868 und 1870, wo die Quellen auch stark abnahmen, woge- gen der Winter der Versickerung sehr günstig ist, die Verdunstung im Walde ist grösser als in der Wiese. Verf. theilt die Beobachtungstabellen mit. — Bildung der Quellen. Das versickerte Wasser dringt je nach der Natur des Bodens langsam oder schnell mehr minder tief ein, gleich- mässig durch den ganzen Boden oder an lockern Stellen, Kiesadern, Spal- ten besonders reich. Das Versinken endet an einer undurchdringlichen _ Schicht, auf deren Oberfläche es sich abwärts bewegt und das Grundwas- 426 ser bildet. Wo wasserdichte Schichten zu Tage treten, quillt das Wasser hervor in starken Quellen, wenn das Wasser in Adern oder Spalten sich concentrirt, in schwachen wenn es gleichmässig auf der Schicht vertheilt ist. Die wasserführende Schicht kann wieder von einer undurchdringlichen Lage bedeckt sein und haben beide einschliessende Schichten Wellenbie- gungen: so steht das Wasser unter Druck, der bei einer Durchbohrung der obern Schicht das Wasser emportreibt. Da die Wasserlieferung der Quellen von der Verdunstung abhängt, ist dieselbe sehr veränderlich. Die Schwankungen halten mit denen der Versickerungsmenge gleichen Schritt, wenn eine Quelle durch eine einzelne Ader gespeist wird auf kurzem Wege, ist der durchlaufende Weg länger, ändert sich schon das Verhältniss, ebenso wenn die Quelle von einem unterirdischen Reservoir gespeist wird. Der Wechsel im Zuschuss hat ein Steigen und Fallen des Wasserspiegels zur Folge und je grösser ein unterirdisches Reservoir ist, um so geringer sind die Schwankungen im Ausfluss. Der Lauf des die Quellen speisen- den Wassers richtet sich theils nach der oberflächlichen Gestaltung theils auch nach der Schiehtung und übrigen Bodenbeschaffenheit. Sind diese Verhältnisse genau bekannt: so lässt sich die Gegenwart von Wasser an bestimmten Stellen ermitteln und das ungefähre Quantum angeben. Je einfacher die geologischen Verhältnisse sind, desto mehr "tritt der Einfluss der äussern Bodengestaltung in den Vordergrund und desto leichter gelangt man zu einem sichern Resultate. In diesen Erwägungen liegt die Wissen- schaft der Brunnengräber und die Wünschelruthe wird nur zu Hilfe ge- nommen, um den Nimbus des Geheimnissvollen zu bewahren. Neben dem Ertrag der (Quellen kommt auch deren Reinheit in Betracht. Gewisser Bo- den verwandelt schmutziges stinkendes Wasser in klares geruchloses, Andrerseits aber löst das Wasser gewisse Bodenbestandtheile chemisch auf und wird dadurch kalkhaltig oder hart, auch eine mechanische Reinigung oder Verunreinigung kömmt vor zumal im Mergel-, Lehm- und Schlie- sandboden. Die Geschwindigkeit des Wassers im Boden ist je nach Be- schaffenheit der wasserführenden Schicht sehr verschieden, meist nur eine geringe wie sich durch die Beobachtungen bei künstlichem Filtriren durch Kiesschichien sicher ersehen lässt. — Das Grundwasser ist das un- terirdisch fortfliessende, nicht in unmittelbarer Nähe der Einsickerung her- vortretende Wasser. Dasselbe hat einen ferner gelegenen Abfluss, andern- falls müsste es durch den steten Zugang sich stauen. Sein Spiegel ist der Grundwasserstand. Oberhalb desselben ist der Boden durch das auf der Oberfläche versickerte Wasse feucht, jedoch mit noch viel Luft, un- terhalb desselben ohne Luft in den Poren. Die Bewegung ist je nach der Bodenneigung und der Wassermenge eine verschiedene. Der Stand des Grundwassers lässt sich am einfachsten durch den Stand der Sodbrunnen bestimmen. Dieser entspricht ziemlich jener Höhe, wo die Poren des Bo- dens ganz mit Wasser gefüllt sind, allerdings um so viel tiefer liegen als die Capillarität das Wasser in den feinen Poren des Bodens hebt, Die Schwankungen des Wassers im Brunnen entsprechen ganz denen des Grund- wasserspiegels sofern der Zufluss hinlän;lich stark ist, um die Einwirkung des zufälligen Wasserschöpfens zu überwiegen. War das Vorhandensein a2” eines Grundwasserspiegels früher fast nur durch die Erstellung von Sod- brunnen wichtig: so wurde in neuerer Zeit nach der Pettenkoferschen Grund- wassertheorie in der relativen Höhe der Bodenoberfläche zum Grundwasser- spiegel und namentlich in den Schwankungen der letzten die Existenzbe- dingung für das epidemische Auftreten verschiedener Krankheiten gesucht. In Städten fliessen dem Boden mit dem Sickerwasser viele Unreinigkeiten zu und versinken bis zum Grundwasser und darin liegt der Zusammenhang mit den Krankheiten, der je nach dem höhern oder tiefern Stande des Grundwassers, den Fäulnissprocess in den Schichten ändert, Der stärkste Process liegt in der Schicht, welehe bald wassererfüllt bald nur feucht ist, und in der Zeit wo das fallende Grundwasser neue Theile der Zersetzung aussetzt, die im Wasser selbst sich nicht auflösen. Längs der Flüsse könnte man den Stand des Grundwassers so hoch annehmen wie den Flussspiegel, was jedoch nicht der Fall ist. Klares Wasser dringt ununterbrochen in den lockern Kiesboden, nicht aber trübes Wasser, dieses wird filtrirt, die sich. absetzenden Unreinigkeiten verstopfen die Poren, wodurch sich mit der Zeit eine wasserdichte Schicht bildet, welche bei stärkerer Strömung jedoch wieder weggeschwemmt wird. Bei künstlichen Filtern muss daher die mit Schlamm erfüllte Oberfläche von Zeit zu Zeit abgehoben und aus- gewaschen werden. Bei natürlichen Filtern in Kiesboden tritt daher ge- wöhnlich eine fortgesetzie Wasserabnahme ein. Ganz das Gleiche gilt für die Flussbetten. — Nach diesen allgemeinen Betrachtungen wendet Verf, sich nun zu dem besondern Wasserverhältnisse in Zürich, be- trachtet zunächst die einzelnen Quellen (140) auf dem rechten Limmatufer auf ihre Wassermenge und deren Schwankungen, dann die des linken Lim- matufers, beleuchtet die Anwendung der Grundwassertheorie auf Zürich und im besondern hinsichtlieh der Cholerajahre, Ferd. Hochstetter, Geologie des östlichen Theiles der europäischen Türkei. — Verf. bereiste das Gebiet zwischen Con- stantinopel und Belgrad mit der Commission der Eisenbahnbaugesellschaft und trug seine Beobachtungen in eine hier zugleich veröffentlichte Karte ein. Das östliche Thracien oder dieGegend zwischen Constantinopel und Adrianopel scharf umgränzt sondert sich geologisch in 5 Gebiete, 1. Die byzantinische oder thracische Halbinsel ist flachwellig bis zum Belgrader Walde ansteigend, in W. durch einen Höhenzug abgeschlossen. In ©. herrschen devonische Thonschiefer, Kieselschiefer, Sandstein und dunkler Knollenkalk, die nach Asien hinübersetzen. Das goldne Horn bildet die Gränze zwischen dem Devon in N und dem Miocän in S, Pera liegt noch auf devonischem Boden, Stambul auf terliärem. Die Lagerung der devonischen Schichten wechselt vielfach. Die erzführenden und Dio- ritgänge in ihnen hat schon Tchihatcheff beschrieben, ihre Petrefakten 402 Species sammelte Hammerschmidt, die Mehrzahl derselben ist unter- devonisch. Die ganze WHälfte der thracischen Halbinsel besteht aus ter- tiären Kalksteinen, im N. eocäne Nummulitenkalke und Korallenkalke mit thonigkalkigen Schichten, am Küstensaume des Marmorameeres treten mio- cäne Lager auf der sarmatischen Stufe zugehörig, darüber Süsswasserkalke und Süsswassermergel, an deren Stelle im Erkennebecken congerienreiche 428 Schichten, als jüngstes Glied Thonmergel-, Sand- und Geröllablagerungen mit Lignit, eng mit Diluvialgebilden verbunden. Die doleritischen, ande- sitischen und trachytischen Eruptivgesteine am NEingange des Bosphorus hat Tchihatcheff beschrieben, sie gehören verschiedenen Perioden an, Con- stantinopel benutzt als Bausteine sarmatische, eocäne Kalksteine, verschie- dene devonische Kalksteine, Porphyrit, Sandsteine, Marmor von der Insel Marmora und vom Golf Cyzikus. 2. Das Becken des Erkenne oder untern Marizabecken ‘hat an den Gehängen lössarligen Lehm, auf den Plateaus sandige Thone, Sand und Gerölle als jüngstes Tertiär. Den äussern Rand des Beckens bilden Nummulitenkalke, stellenweise auch Congerienschich- ten, eocäne und miocäne Trachyte mit Conglomeraten und Tuffen, auch einige Basaltkuppen. Von Stambul über Makrikioi bis zur Lagune von Kutschuk Tschekmedsche herrschen miocäne Kalksteine und Mergel als Süsswasserstufe, nach Jarim Burgas hin folgen eocäne Sand- und Kalk- sleine bis 250 Meter Meereshöhe. Jenseits des Thales erhebt sieh ein Ur- thonschieferrücken, an dem steil aufgerichtete eocäne Kalke und Conglo- merate anlehnen. Weiterhin ändert der Charakter noch mehrfach bis bei Sarai auch Gneiss und Granit die höhere Kette bildet. Von Enos nach Adrianopel beherrschen ausgedehnte Sümpfe das Terrain. Enos selbst liegt auf jungtertiären Austernbänken, NO erhebt sich ächter Trachyt, am rech- ten Maritzaufer Granit, Gneiss, Glimmerschiefer, Urkalk, denen eocäne und miocäne Schichten aufgelagert sind. Das östliche Maritzaufer bilden weite Diluvialflächen,, weiterhin miocäne Kalkbänke. — 3. Der Tekir Dagh oder die heiligen Berge gegen den Busen von Saros hin haben einen Kern von altkrystallinischen Gesteinen, auf der Halbinsel Gallipoli und jenseits der Dardanellen lagern tertiäre Süswasserbildungen. — 4. Das Strandschage- birge und das Tundscha Massiv ist altkrystallinisch, Gneiss, Granit, Sye- nit, nördlich von Adrianopel wieder eocäner Kalkstein. 5. Das subbalka- nische Eruptionsgebiet zwischen Burgas und Jamboli wurde von der Kreide- bis zur Miocänzeit vielfach von Basalten durchbrochen, von Andesit und Dolerit, die Hügelkette besteht aus rothen Neocomkalken. — Der Balkan und das Balkangebiet mit ganz Bulgarien zeigt längs des schwarzen Meeres Kreideformation von Porphyren durchbrochen, westlich von Sliwno Granit und Gneiss, weiterhin Glimmer- und Urthonschiefer, am NRande des Beckens von Sofia triasische Sandsteine und Kalk. Bei Nikopoli er- scheint die sarmatische Stufe, darunter die mediterrane. Der Gliederung der Kreide im Balkan widmet Verf. eine nähere Betrachtung und wendet sich dann zur untern Trias am SAbhange des Balkaus bei Sofia, bespricht die fraglichen paläozoischen Gebilde und dann die krystallinische Zone. — Das Rumelische Mittelgebirge mit dem obern Maritza und obern Tundscha Becken wird betrachtet 1. Karadscha Dagh aus Kalk-, Sandstein- und Quarzitbänken bestehend, 2. Sredna Gora, dessen Grundstock krystallinisch ist, dessen Schichten triasisch und eretacisch sind, 3. das Ichtinauer Mit- telgebirge sehr verworren. — Der Despoto Dagh oder die Rhodope ist das dritte Hauptgebirge der östlichen Türkei, granitisch im Grundstock, Marmor, Urgebirgsbreccie, eocän in mehren Gegenden und viele Braun- 429 kohlen, Trachyte und miocäne Ablagerungen. — (Geolog. Reichsanst. XX. 365 — 461.) Oryktognosie. Rammelsberg, Zusammensetzung der natürlichen Tantal- und Niobverbindungen, zunächst des Tantalits, Columbits und Pyrochlors,. — Die Tantal- und Niob- haltigen finden sich nur an wenigen Orten und nirgends in grosser Menge, in Skandinavien, Finland, Miask, Bodenmais, Limoges, Massachusels, Con- necticut, Neuhampshire und in Grönland. Ihre Geschichte beginnt mit den Entdeckungen Hattchetts und Eckebergs 1801, deren erster im Colum- bit das Columbium, der letzte das Tantaloxyd erkannte. Wollaston wies die Identität beider Stoffe nach und führte den Namen Tantalsäure ein. Dann beschäftigte sich Berzelius mit den Tantalverbindungen. Als neue Mineralien kamen später hinzu, der Pyrochlor, Fergusonit, Aeschynit, Euxenit, Wöhlerit, Samarskit, Uranotantal u. a. Die grössten Verdienste um deren Kenntniss erwarb sich Heinr. Rose. Schon 1835 hatte Breit- haupt die lsomorphie von Tantalit und Wolfram, von Fergusonit und Scheelit nachgewiesen und dies veranlasste H. Rose zu neuen Untersu- ehungen, welche auch die Entdeckung des Niob brachten. Im J. 1844 erklärte er, die Säure des finnländischen und schwedischen Tantalits be- stehe wesentlich nur aus einer Substanz, für welche Berzelius’ Name bei- zubehalten, der Tantalit aus Baiern und NAmerika aber enthalte 2 Säuren, Tantalsäure und Niobsäure, welche aus dem Studium der flüchtigen Chlo- vide resultirten. Aus der Säure des baierischen Tantalits bilden sich zwei Chloride: ein gelbes schmelzbares flüchtiges und ein weisses unschmelz- bares und minder flüchtiges. Wurde letztes durch Wasser zersetzt, die abgeschiedene Säure von Neuem mit Kohle und Chlor behandelt: so ent- standen wieder beide Chloride, aber nach mehrfacher Wiederholung nur das weisse, das mit Wasser Niobsäure gab. Bald fand H. Rose, dass jene zugleich vorkommende Tantalsäure eine andere als diese sei und nennt sie Pelopsäure, Bei gelindem Erhitzen von reiner Niobsäure mit viel Kohle im Chlor bildet sich an Stelle des weissen Niobcehlorids das gelbe Pelop- chlorid, die Säure aus diesem giebt aber wieder beide Chloride, Beide enthalten also dasselbe Metall, das gelbe ist reicher an Chlor, die ihm entsprechende Pelopsäure mithin eine höhere Oxydationsstufe des Niobs, daher nennt Rose die Pelopsäure nun Niobsäure und die bisherige Niob- säure Unterniobsäure Nb?0?, die Niobsäure NbO? und die Tantalsäure TaO?. Aber es gelang nicht beide Niobsäuren in einander zu verwandeln. Das mineralogische Resultat war: der finnische und schwedische Tantalit und der Yttrotantalit enthalten Tantalsäure, der Columbit, Sama:skit u. a. aber Unterniobsäure. Marignac hat festgestellt, das die Doppelfluorüre des Si- lieiums, Zirkoniums, Titans und Zinns und ein- oder zweiwerthige Ele- mente bei analoger Zusammensetzung wasserfrei oder bei gleichem Was- sergehalt isomorph sind, woraus die Analogie der Säuren jener Körper als RO? und insbesondere die Formel SiO? für die Kieselsäure folgt. Schon nach Berzelius lassen sich molybdän - und wolframsaure Salze durch keinen Ueberschuss von, Fluorwasserstoffsäure in Doppelfluorür verwandeln, son- dern nur die Hälfte des Sauerstoffs durch Fluor ersetzen, Die entstehen- 430 den Körper haite man als Verbindungen entsprechend zusammengesetzte Oxysalze und Doppelfluorüre betrachtet. Marignae bewies, dass die Flu- oxywolframide isomorph sind den im übrigen analog zusammengesetzten Sauerstofffreien Doppelfluorüren des Si, Zr, Ti und Sn, Bei Behandlung der Unterniobsäure mit Fluorwasserstoffsäure und Fluorkalium bilden sich wie beim Wolfram Nioboxyfluorüre, welche durch überschüssige Fluorwas- serstoffsäure in reine Doppelfluorüre verwandelt und diese aber durch Was- ser wieder in jene und in freie Säure zersetzt werden. Nach diesen Un- tersuchungen enthält das Niobfluorid 5 At. Fluor. Die Säure der soge- nannten Columbite gab mit Fluorwasserstoffsäure und Fluorkalium behan- delt zuerstadas sehr schwer lösliche Kaliumtantalfluorid und dann das leicht lösliche Kalium-Nioboxyfluorid, das isomorph mit dem entsprechen- den Wolframsalz ist, während das Tantalsalz mit dem analogen sauerstofl- freien Kalium -Niobfluorid isomorph ist. Nach Deville und Troost enthält das Unterniobchlorid Sauerstoff und ist ein Oxychlorid. Mit den Resul- taten dieser Untersuchungen unternahm Verf. eine neue Prüfung der be- züglichen Mineralien, von welchen er zunächst einige speciell beleuchtet. I. Tantalit undColumbit nach den finnischen und schwedischen Vor- kommnissen. Nach Darlegung der Methoden theilt er die Analysen selbst mit unter Tantalit von Härkäsaari, unter d von Rosendal, ce und d von Skagböle, e und f Brodbo bei Fahlun @ b c d e f Tantalsäure 76,34 70,53 69,97 63,58 49,64 42,15 Niobsäure 7,54 13,14 12,26 19,24 29,27 40,21 Zinnsäure 0,70 0,82 2,94 1,70 2,49 0,18 Eisenoxydul 13,90 14,30 | 14.83 9,19 13,77 16,00 Manganoxydul 1,42 1,20 ‘ 9,90 99,99 100 99,91 98,80 99,61 Das Atomverhältniss des Eisens (und Mangans) und des Tantals (und Niobs) ist im Ganzen —1:2, das Sauerstoffverhältniss 1:5. Alle Tanta- lite ergeben sich als isomorphe Mischungen von Tantalsaurem und Niob- sauren Eisenoxydul (Manganoxydul), aus der Berechnung folgt nämlich a 6FeTa208 + FeNb20%, db und c 3FeTa?20° + FeNb?20°, d 2 FeTa?0® + FeNb20%, eFeTa?208 + FeNb20°, f 4FeTa?0° + FeNb?0°, welche Zah- len aber nur für das untersuchte Mineral gelten. Der Zinngehalt ist bis- weilen sehr gross, 8 - 17 Proc. Zinnsäure und zwar ist dieselbe als zinn- saures Eisen vorhanden. Je zinnreicher ein Tantalit, um so mehr ent- fernt sich das Atomverhältniss Fe:Ta von dem einfachen 1:2. — Von den Niobreichern Tantaliten oder Columbit haben Blomstrand und Ma- rignae mehre untersucht und Hermann wies darin die Tantalsäure nach. Verf. giebt die ermittelten Tantalsäuremengen und die VG. und danach die Mischungsverhältnisse der Columbite an: N 1. 35,4. 6,06 TaNb2 2. 30,58 6,26 a .27,1:0.5,92 Bodenmais 3 4. 22,8 9,79 TaNb4 5. 13,4 9,74 TaNb® Haddam 6. 31,5 6,13 7. 30,4 6,05 TaNb? 8. 28,55 6,15 Akworth 9. 15,8 9,65 TaNb? Limoges 10. 13,8 5,70 TaNb® Grönland 11. 3,3 5,36 TaNb®® 2.0 5,395 FeNb20® Die accessorischen Molecüle RSnO3, RTiO3, RZrO3und RWO? sind stets nur sehr geringfügig. Es ist begreiflich, dass das sehr verschiedene Verhält- niss des Tantalats und Niobats in ihren isomorphen Mischungen gewisse Unterschiede auch in der Ausbildung der Krystalle erzeugt. Die niob- reichsten Columbite sind zugleich die am besten krystallisirten. Ihrem zweigliedrigen System liegt das Achsenverhältniss a:b:c = 0,8181:1: 0,8214 zu Grunde. Unter den finnländischen Tantaliten kommen selten Krystalle mit glatten glänzenden Flächen vor, doch stimmen einige ihrer Formen mit denen des Columbits überein. — Tantalit und Columbit sind isomorph mit Wolfram, in jenen findet sich Wolframsäure, in diesem Tan- talsäure, also ist FeTa?0® und FeNb?0® isomorph mit FeWO®. — Ta- piolit aus dem Granit von Sukkula in Finnland ist rein schwarz, stark glänzend, krystallisirt in 4gliedrigen Formen, hat 7,446 spec. Gew. und besteht aus 73,91 Tantalsäure, 11,22 Niobsäure, 0,48 Zinnsäure, 14,47 Eisenoxydul und 0,81 Manganoxydul, hat also die Zusammensetzung eines Tntalits Di, FeNb?0® und Seitenkantenwinkeln von 123° 6° und 84% 56° fast genau wie beim Rutil. Somit wäre Tapiolit isomorph mit Rutil, Zirkon, Zinnstein, Ruthe- niumbioxyd, wahrscheinlich auch mit Zirkonsäure und Thorsäure, alse mit einer Reihe von Bioxyden vierwerthiger Elemente, insofern interessant, als der Tapiolith zunächst die Dimorphie der Moleküle FeTa?0®, FeSnO?, FeWOf, FeNb20®, FeTi03 beweisen würde und dann auch die Isomorphie dieser Salze mit einem,, zweiwerthigen Radikale X und der angeführ- ten Bioxyde RX0? und RO,. Allein eine ähnliche Betrachtung lässt sich auch für jene Salze in ihrer zweigliedrichen Form anstellen. Tantalit ist isomorph mit Tantalsäure, Wolfram mit Wolframsäure, es ist nämlich für 1 Die Krystalle sind quadratische Oktaeder mit End- a:b:c. Tantalit 0,818 : 1: 0,6214 Tantalsäure 0,8287 : 1 : 0,8239 Wolfram 0,830 : 1 : 0,8678 Wolframsäure 0,8357 : 1 : 0,8675 Von der Titansäure und Zinnsäure sind gleichfalls zweigliedrige Formen bekannt und es scheint fast als gehöre jene als Brookit hierher, dessen Achsenverhältniss 0,8418 : 1 : 0,9444 ist. Noch andere Salze mögen zu 332 dieser isomorphen Gruppe gehören, — TI. Pyrochlor bietetin seiner Ana- Iyse sehr grosse Schwierigkeiten, daher denn auch die Angaben sich wi- dersprechen. Er findet sich im Zirkonsyenit bei Frederiksvärn, bei Laurvig in kleinen regulären Oktaedern. Wöhler deutete ihn als Titanat von Cal- cium, Cer, Uran, Eisen, Mangan mit 4,2 Wasser und Fluorgehalt. Der im Ilmengebirge bei Miask gefundene wurde anfangs für Spinell gehalten und enthält Thorerde. Im norwegischen fand Wöhler neben Titansäure überwiegende Tantalsäure. Der von Miask ist schwerer, enthält kein Uran und nur 1,1 Wasser, 3,23 Fluor und 67,37 Metallsäuren. Der Pyrochlor von Lövögn bei Brevig hat 3,502 spec. Gew., ändert seine Farbe beim Glühen nicht und verliert 7 Wasser, enthält Uran und die Säuren dessen von Miask. In letztem fand Hermann keine Thorerde, deren Gegenwart Wöhler wiederholt behauptet, wohl aber Zirkonsäure 5,57, die er jedoch später wie auch die Thorerde zurücknahm und dafür das dreifache Cer und Lanthan angab. Die 60,8 Metallsäure nennt Hermann nun Niobsäure und zerlegt sie später iu 46,15 niobige Säure und 14,68 Niobsäure, die letzte Analyse von 1869 widerspricht den ersten beiden abermals, indem sie 9 Thorerde angibt und die 61,8 Metallsäure in 48,15 ilmenige, 13,65 niobige Säure zerlegt, die Titansäure nur als Verunreinigung betrachtet wird. Auch bei Chesterfield in Massachusetts kommt Pyrochlor vor, den Shepard als Mikrolith beschrieb. Bei der Seltenheit des Materiales wer- den die Widersprüche in den seitherigen Analysen sobald sich nicht auf- klären. Verf. stellt diese Analysen vergleichend zusammen und gelangt nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebniss: die verschiedenen Abände- rungen sind isomorphe Mischungen von Fiuornatrium, von niobsaurem und titansaurem Salz zweiwerthige Metalle. In dem Pyrochlor von Miask und Brevig befindet sich das niobsaure Salz überdies in isomorpher Mischung mit dem entsprechenden thorsauren Salz, die allgemeine Formel ist xNaFl yRNb?O® zR(Ti,Th)O? wobeix:y:z für Miask =4:5 :4, für Brevig 4:5 : 2, für Fre- deriksvärım = 2:3 :3 und 1 :2:2. Für R wurde gefunden, Miask Fei:.Ce Ca —=i1'22; 9, Brevig U :.Ce : Ca. =], 12:7 undeRre- densvärn U: Ce:Ca=1:2:6 und Ce: Ca=1:4 — (Berliner Monatsberichte April 157 — 205.) Palaeontologie. Bleisch, neues Diatomeenlager in Schlesien. — Das erste Diatomeenlager in Oberschlesien wurde 1858 bei Gronowitz, ein zweites bald darauf bei Tillowitz, ein drittes unbedeu- tendes bei Proskau entdeckt. Sehr reich ist das soeben bei Pentsch un- weit Strehlen durch Bohrversuche auf Braunkohlen aufgeschlossene Lager. Zehn Fuss unier dem schwärzlichen, sehr humusreichen Bodenliegt eine leicht zerreibliche graue Erde, die 25° Mächtigkeit hat. Sie besteht aus Kiesel- panzern in kohlensauren Kalk eingebettet mit beigemischter Thonerde. Es wurden bestimmt Cyclotella 3, Pinnularia 4, Navicula 3, Amphora 1], Stauroneis 2, Gomphonema 3, Synedra 2, Cocconema 2, Fragilaria 1, Pleurosigma 1, Epithemia 4, Cymbella 2, Symatopleura 2, Surirella 1, 435 Cocconeis 1 und eine neue Art von Campilodiseus, Pleurostaurum 1 und mehre andere Arten. Alle kommen noch gegenwärtig lebend in Schlesien vor. In derselben Erde finden sich viele Blätter, Samen und Insekten, die diluvial sind, Pollenkörner von Pinus und Laubbäumen, Infusorien und Krystallen, viele feste cylindrische Röhren aus Kalk, Thonerde und Eisen bestehend, entstanden aus Niederschlägen und Wurzeln. — (Schlesischer Jahresbericht XLVII. 76 — 79.) A. de Zigno, fossile Pflanzen im Marmor im Venetiani- schen. — Ein calamitenähnlicher Stamm mit Cordaitesähnlichen Blätter- büschel und längsgestreiften Noegerathiaähnlichen Blättern kam in dem grauen, weissgeaderten Marmor im Vicentinischen und Veronesischen vor. Die weissen Adern rühren von den in Kalkspath umgewandelten Stämmeu und Blättern her und sind die Bänke überall ganz mit Pflanzen erfüllt, die stellenweise so hänfig sind, dass sie Kohlenflötze bilden, die z. B. im Val d’Assa bei Tanzerloch in den Sette communi abgebaut werden. Das Alter der Schichten gehört vor die Flora von Rotzo. Die Pflanzen selbst sind selır schwierig zu deuten, wurden aber schon von Spada 1739 abge- bildet und gehören zu ihnen wahrscheinlich auch die von Schlotheim abgebildeten aus einem jurassischen Kalksteine von Altdorf. — (Verhand- lungen Geol. Reichsanst. 1871. Februar 54.) 0. Feistmantel, Pflanzen aus dem Nyraner Gasschiefer und dessen Lagerung. — Diese für die Gasanstalt in Prag wichtige Kohle, Brettel- oder Plattelkohle der Nyraner Gegend im Pilsener Kreise wurde seither nur kurz und flüchlig beachtet. Sie tritt bei Steinoujezd noch nicht auf, denn hier folgen unter 31% Ackererde, Sandsteine nnd Kohlenschiefer zwei Steinkohlenflötze von 7° Mächtigkeit und darunter Si- lurium, in der Firste des Kohlenflötzes im grauen Schiefer kommen Ly- copodiaceen, Sigillarien und Calamiten vor. Aehnlich verhalten sich die Schiehten südlich davon im Lazarusschacht , anders schou im Humbold- schacht noch südlicher, wo unter dem Sandstein Conglonicrat und grüner Kohlenschiefer, 5° Kohlenflötz und unter diesem der Gasschiefer, dann die Brettlkohle folgt. Die Kohle ist hier Glanzkohle in Kannelkohle über- gehend. Der Gasschiefer ist nicht in seiner ganzen Mächtigkeit gleich rein, führt eine Schicht harten Schleifsteinschiefers und ist mit bräunlichem Schiefer verunreinigt, führt auch viel Eisenkies, ist schwarz bis dunkel- braun, spröde oder zäh, klingt beim Anschlagen und ist so bitumenreich, dass er am Kerzenlicht anbrennt. Ganz ähnlich tritt dieser Gasschiefer bei Nyran auf, Er führt ausser Thieren auch viele Pflanzenreste, die ent- schiedene Steinkohlenformen sind. Verf. bestimmte 44 Arten, von welchen 36 der Kohlenformation angehören und S permische sind. Sie finden sich am häufigsten in den unreinern Abänderungen des Schiefers, sind oft von Eisenkies durchdrungen. Spärlich sind die Equiseten und Asterophylliten, von Equisetites nur der permische E. contractus, von Calamites nur C. Suckowi, von letztern Sphenophyllum Schlotheimi, Asterophyllites equi- setiformis und foliosus. Ungleich häufiger treten die Farren auf: Sple- nopteris 9 Arten der Kohlenformation und einer permischen, am häufig- sten Sphenopteris Gravenhorsti; Hymenophyllites fureatus und stipulalus 434 beide selten, Cyatheites in 4 Arten, ‘darunter C. arborescens am häufig- sten, Alethopteris in 4 Arten ziemlich häufig, Neuropteris acutifolia und imbrieata, Dietyopteris Brongniarli, Oyclopteris oblongifolia und orbieularis, Odontopteris Schlotlieimi und obtusiloba. Von Lycopodiaceen ist am häu- figsten Lepidophyllum majus, Stigmaria ficoides ohne Sigillaria. Eine Palmenfrucht Carpolithes umbonatus und einige unbestimmbare Früchte und Fruchsstände und endlich Walchia piniformis. Das interessante die- ser Flora ist die Vereinigung von 36 Kohlenarten mit 8 permischen neben fast nur permischen Thieren, welche Fritzsch untersucht hat. — (Prager Sitzungsberichte 1870. 56 — 75.) A. Fritzsch, Thierreste aus derBrettelkohle von Nyran beiPilsen. — In denselben Schichten, welche die eben erwähnten Pflan- zen (ühren, kommen folgende permische Thiere vor. 1. Ein Labyrintho- dont leider mit verkümmerten Vorderbeinen, ein Exemplar von 80 Mm. Länge mit 33 Rumpfwirbeln, fast gleichen Rippen und dreizehigen Vor- derfüssen. 2. Schädelfragmente eines Capitosaurus. 3. Acanthodes von von 3° Länge mit sehr grossen Flossenstacheln. 4. Xenacanthus Decheni in zahlreichen Zähnen. 5. Ein kleiner Palaeoniscus, 6. Eine Cyeloidschuppe. 7. Estheria, 8. Gampsonychus, 9. Julus von 5 Cm. Länge und 4 Mm. Breite mit einer der nordamerikanischen lebenden Art völlig gleichen Scha- lenskulptur. 10. Eine wahrscheinlich neue Julinengattung mit Längsleisten an den Segmenten leider ohne Kopf und Füsse. — (Ebda 33 — 35.) Alb. Brandt, über fossile Medusen (Petersburg 1871. Mit 2 Te.) — Nachdem Verf. die sehr dürftigen Nachrichten von fossilen Me- dusen, deren wichtigste wir früher in unserer Zeitschrift berichtet haben, kurz erwähnt, beschreibt er zunächst Rhizostomites admirandus und litho- graphieus aus dem lithographischen Schiefer von Eichstädt im Dresdener Museum. Die drei Platten, welche Häckel zur Aufstellung der beiden Ar- ten Veranlassung gaben, werden hier von Neuem sehr speeiell beschrie- ben und als drei verschiedene Alterstufen nur einer Art betrachtet: Schirm bis 0,4 M,. im Durchmesser, mit 128 Randlappen ohne Randtentakeln, Stiel rudimentär, als Mundscheibe, von 4 Armen umgeben; 4 Genitalhöh- len; cölenterische Centralhöhle einfach mit sphärisch quadratischer Decke; Mundöffnung spät obliterirend, achtschenkligkreuzförmig. — Leptobrachites irigonobrachius Haeck wird gleichfalls nach den Originalstücken von Neuem beschrieben und abgebildet. Die Art gehört aber nicht zu den Rhizosto- ıiden, sondern hat ein weites, von einer Anzahl rinnenförmiger Arme umstelltes Maul. Der Habitus erinnert vielmehr an eine gedrungene Pela- gia, freilich fehlen ihr die Randtentakeln gänzlich. Ihre auffallendsten Eigenthümlichkeiten liegen in der Fünfzahl der Mundarme und Genitallö- cher und der Zehnzahl der Randlappen, während doch alle bekannten Quallen die Grundzahl 4 oder 6 haben. Immerhin könnte hier freilich noch eine individuelle Anomalie angenommen werden. Da nun die Beziehung der Gattung zur lebenden Leptobrachia vom Verf. beseitigt ist, da zu- gleich die Artbezeichnung nach den keineswegs dreikantigen Armen un- passend erscheint: so führt Verf. für den Höckelschen Namen den neuen 435 Pelagiopsis Leuckarti ein. Das einzige Exemplar von Solenhofen liegt in der Münchener Sammlung. — Edm. v. Mojsisovies, Aulacoceras ein Belemnitide. — Diese von v. Hauer für Orthoceratiten, von Gümbel Atractites genannt, anf- gestellte Gattung gehört zu den Belemniten. Als generisch eigenthümlich bezeichnete v. Hauer die ventrale Lage des Sipho und die gegen dieselbe gerichtete Oberflächenzeichnung ähnlich der des belemnitischen Phragmo_ konus. Gümbels Atractites begreift Belemnitenscheiden des alpinen Lias ohne belemnitische Faserstruktur vielmehr mit krystallinischem Kalk oder Hornstein erfüllt. Huxley beschrieb den identischen Orthocera elongata von dela Beche als Xiphoteuthis und Ditimar führte eine unbekannte mit jenen aber identische Spitze als Aulacoceras retieulatum auf. Grade an die- ser Hauerschen Art nun fand Verf., dass Atractites und Aulacoceras nur * die Theile desselben Fossils sind, erster die Scheide, letztes der Alveolit, durch welche Entdeckung nun die Gattung neu zu charakterisiren ist. Ein langer spitzkegeliger vielkammeriger Phragmokon mit äusserst zarter Ko- nothek reicht ungemein weit in das rostrum hinanf, das nahe bis zur Spitze des Phragmakon sich vollkommen parallel an dasselbe anschmiegt und die Gestalt desselben wiedergiebt. Erst in der Gegend der Phragma- konspitze beginnt der Umriss des Rostrum selbstständig zu werden, in- dem sich hier allmählig ein spitzerer Wachsthumswinkel durch Anschwel- len der Schale einstellt. Am Rostrum unterscheidet man also den Phra- gmokontheil und den selbstständigen, die Gränze beider äudert nach den Arten ab. Auf erstem liegen die der Bogenregion und den Asymptoten am Belemnitenalveolit analogen Skulpturen. Die Schale besteht aus con- centrischen Schichten, deren jede die Öberflächenzeichnung hat. Das Spitzenstück der Scheide zeigt bisweilen eine andere Öberflächenzeichnung und scheint auf den ersten Blick eine sehr dünnwandige hohle Scheide innen mit einen krystallinischen Kalk erfüllt zu bilden, Auf Durchschnit- ten erkennt man jedoch Wachsthumslinien ähnliclı denen der Belemniten, nur minder dichtes und scheint das Gefüge von Aulacoceras locker und schwammig gewesen zu sein. Aus den Asymptotenstreifen des obern Aulacoceratheiles entwickeln sich bei ausgeprägter Sculptur förmliche Fur- chen bis gegen die Spitze hin, bei den glattschaligen Arten jedoch nicht. Der Phragmokon von Aulacoceras unterscheidet sich von Belemnitenalveo- lit durch meist spitzeren Wachsthumswinkel und weitere Kammern, daher sie denn auch von Savi, Meneghini und Quenstedt schon für Beleimniten gehalten wurden. Sicher unterscheidet jedoch die Siphonal- dute, welche bei Aulacoceras nach oben oder vorn, bei Belemniten nach unten oder hinten gerichtet ist. Nach dieser Deutung von Aulacoceras verschwinden also die Orthoceraliten wieder aus dem Lias und Hallstätter Jura. Aulacoceras ist demnach ein Belemnitide, der durch langen viel- kammerigen, durch die Richtung der Alveolardüte nach oben charakteri- sirten, meist spitzwinkligen Phragmokon und ein den letzten weit umfas- sendes dünnschaliges Rostrum charakterisirt wird, das so lange es dem Phragmokon parallel ist, die Asymptotenstreifen und die Bogenregion des letzten äusserlich zeigt und gegen die Spitze zu einer selbständigen Keule 436 entwickelt eiue äusserst lockere und schwammige innere Texiur besitzt. Nah verwaudt erscheint Zittels Diplophorus aus dem Tithon, unterschie- den durch andere Skulptur der Dorsalseite der Konothek. Die Arten von Aulacoceras sind nach Verf. folgende: 1. Au, reticulatum Hauer (Ortho- ceras reliculatum Hauer) in der karnischen Stufe. — 2. Aul. Suessi n. sp- am Röthelstein bei Aussee. — 3. Aul. Haueri n. sp. ebendaher. — 4. Aul. suleatum Hauer ebendaher. — 5. Aul. ausseanum n. sp. (Orthoceras al- veolare Hauer) ebenda. — 6. Aul. obeliseus n. sp. im Muschelkalk der Schreieralp im Gosauthale. — 7. Au. secundum n. sp. ebenda. — 8. Au. alveolare Q (Örthoceras alveolare Q) in der norischen Stufe bei Goisern, Aussee, Hallstadt. — 9. Au. conicum n. sp. von Sommeraukogl. — 10. Aul. convergens (Orthoceras convergens Hauer, O. alveolaris Q) von Aussee. — 11. Au, ellipticum n. sp. ebenda. — 1?. Au. liasicum (Orthoceras Hauer, Orth. !iasicum und Atractites alpinus Gümb) in der Arietenzone des Lias. — 13. Au. depressum (Orth. depressum Hauer) ebenda — 14. Au. Wittei n. sp. im mittlen Lias bei St. Wolfgang. — Ferner gehören hier- her noch Aul. orthoceropsis Savi im untern Lias der Apenninen, Aul. elon- gatum Huxley des englischen Lias. Verf. beschreibt die Arten im einzel- nen und giebt melre neue Abbildungen. — (Jahrb. Geol. Reichsanst. XXI. 41 —59. 5 Tff.) A. Koruhuber, neuer Saurier aus Lesina. — Die beiden Exemplare fanden sich in dem hellen plattigen Kalkstein zu Planivat bei Verboska auf Lesina. Das eine besteht aus den Halswirbeln, dem rech- ten Vorderbein, den Rückenwirbeln mit den Rippen, dem Kreuzbein mit den Becken und den Hintergliedmassen und 24 Schwanzwirbeln. Alle Ver- hältnisse weisen aufSchuppenechsen und im besondern auf Monitoren, auf Waglers Hydrosaurus. Das andere Exemplar mit dem Schädel und Rumpf ohne Gliedmassen bestättigt diese Verwandtschaft, Die nächste Aehnlich- keit hat der Schädel mit einem Varanus aus Sydney, der fast dieselben Zähnehat. Verf. ordnet daher den Saurier von Lesina der Gattung Hydrosaurus unter, Derselbe hat jedoch auffallend kürzere Gliedmassen, zahlreicher und stärker entwickelte Wirbel, 30 Rückenwirbel. Die Art soll Hydrosaurus le- sinensis heissen. — (Verhandl.Geol. Reichsanst. Januar 1871. 16—20.) J. F. Brandt, über die Haardecke des Mammut. — Verf. liess einige Puukte in seiner Abhandlung über das Haarkleid des Mammut (vrgl. 1866 Bd. 28 S. 330) fraglich, namentlich ob die Mähne längs des Rückens und bis zu den Knieen herab dunkelschwarz oder rothbraun ge- wesen. Letzte Färbung erklärte er durch lange Lichteinwirkung auf die freigelegte Mammutleiche, zumal auch Schmidt von der letzten Leiche neben schwarzen Haaren rothbraune einsandte, aber bei der Ankunft in Petersburg alle rothbraun waren. In der Stuttgarter Sammlung finden sich Haare vom Mammut und zwar von dem Exemplare der Lenamündung ein Hautstück aschzrau im Innern, schwarzgrau aussen mit kurzen gelben Wollhaaren und dieken braunen Borstenhaaren, ferner acht Haarlocken von röthlichgelber bis brauner Farbe, braune bis tiefschwarze Schwanz- haare mit einem Büschel brauner Wollhaare und lange steife Mälınenhanre. Die ersterwähnten Haare von der Lenamündnng rühren von der 1806 ent- 437 deckten Leiche her, sie sind z. Th. stärker verblichen wie die in der Peters- burger Sammlung, die Mähnenhaare weisen auf eine schwarze Mähne. Die Scehwanzhaare aber können nicht von Adams eingeliefert sein, sondern müs- sen von Boltunow herrühren, der die Lenaleiche drei Jahre vor Adams sah und zeichnete. Dass Stuttgart auch Schwanzhaare von der Insel Ljächow besitzt, ist Verf. neu, da andere Nachrichten von einer dort gefundenen Leiche fehlen. Die Möglichkeit des Vorkommens in diesem hohen Norden stellt Br. nicht in Abrede und bedauert nur mit Recht, dass diese Inseln noch nicht näher geologisch und paläontologisch untersucht worden sind. — (Bullet. acad. Petersby. 1871. XV. 347 — 351.) Botanik. Buchenau, Prof, Franz, kleinere Beiträge zur Naturgeschichte der Juncaceen. — Verf. bespricht näher und bildet meistentheils auch ab: 1. Windende Stengel von Juncus Leersü Marsson, von denen der eine vollständig plattgedrückt und dabei um seine Achse nach rechts gedreht war, mässig unterhalb, stärker oberhalb des Blühtenstandes; bis zum Blühtenstande hatte er 2 normal blühende Nach- barn wie eine Bohne dicht umwunden, während das Laubblatt gedreht und frei in die Luft ragte. Der Stengel war ein verbänderter, welcher durch den Nachbar einen Reiz erhalten und durch die Faseiation in einen ähnlichen Zustand der Spannungsverschiedenheit gekommen, wie ihn die Stengel der windenden Pflanzen normal besitzen. Ein zweiter Stengel besass 2 normal wenngleich verschieden stark ausgebildete Blühtenstände und war dabei stark links um seine Achse gedreht), was sich dadurch erklärt, dass ein abnormer Spross aus der Achsel des grundständigen Niederblattes entwickelt und dem Hauptsprosse eine Strecke hinaufgewach- sen ist. Der Stengel zeigte nämlich im Querschnitt die Form einer unre- gelmässigen 8. Hier hatte die Entwicklung des abnormen Sprosses eine Störung des Spannungsgleichgewichts und damit die Drehung hervorge- bracht. — 2. Luzula campestris, pentamera. Die unterste Blühte in einer Aehre besass 1; Perigonblätter in 2 regelmässig alternirenden Kreisen, 5 äussere und 4 innere Staubgefässe, indem hier ein seitliches fehlte, wo- durch an dieser Stelle die äussern etwas verschoben erschienen, 4 Frucht- blätter, 2 vordere, 2$hintere. — 3. Dimerie bei Juncus. Die Verminderung der Organkreise von der normalen Zahl 3 auf 2 ist viel häufiger als die eben erwähnte Vermehrung; sie wurde bisher vom Verf, an Juneus bufo- nius und triformis Engelm. beobachtet. Die auf kümmerlichen Sandboden erwachsenen Zwergpflanzen von J. bifonius aus den verschiedensten Ge- genden haben häufig, jedoch nicht immer dünnere Blühten, diese. finden sich jedoch häufig dann, wenn überhaupt nur eine Blühte an der Pflanze entwickelt ist, bei mehrblühtigen sind es besonders die endständigen. Aeus- sere und innere Perigonblätter, äussere und innere Staubgefässe und Carpell- blätter folgen meist in regelmässiger Alternation in den dünnern Blühten, sie sind aber nur Amännig oder durch Schwinden der innern Staubgefässe verkümmert. Die dünneren Blühten sind im Grundrisse stets oval, über ihre Stellung zu den ihr vorhergehenden Hochblättern werden nähere Un- wersuchungen angestellt, die ohne Abbildungen aber hier nicht ausein- ander gesetzt werden können. — 4.Die Geschlossenheit der Blattscheiden, Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 30 438 ein durchgreifender Unterschied zwischen Luzula und Juncus, sie kommt bei ersterer Gattung überall da vor, wo die Blattscheiden den Stengel umfassen, während bei Juncus die Ränder der Blattscheiden nie verwach- sen sind. Um diese Behauptung näher zu begründen, werden ausführli- cher besprochen Luzula pilosa, campestris, nemorosa, purpurea, Juncus effusus, Jaquini, trifidus, die Junei poiophylli des Verfassers, J. squarro- sus u. a. — 5. Gefüllte Blühten von Juncus squarrosus, Der äussere Um- riss des Blühtenstandes ist kaum verändert, an der Stelle der Blühten finden sich aber kleine, dichte Rosetten von Hochblättern, welche an die Kelchblätter erinnern, von ihnen jedoch unterschieden; ihre Grösse ist ver- mindert, ihre Spitze stumpfer, die Ränder sind sehr breit weisshäutig, so dass nur ein braunes Mittelfeld übrig bleibt, an den stärksten unter- scheidet man hierin eine grüne Mittelrippe; die Rosetten sind somit über- wiegend weiss, hübsch braun gescheckt. Uebergänge von Staubgefässen oder Fruchtblättern in Perigonblätter waren nicht vorhanden, die Umbil- dung vollständig. Der Bau des Blühtenstandes wird nun umständlicher beschrieben. — 6. An einigen Exemplaren von Juncus bufonius mit ver- laubenden Blühten fanden sich alle möglichen Uebergänge von fast norma- len Eichen bis zu kleinen, aber vollständigen Blättern, welche die An- nahme der Blattnatur des letzten Organes für alle Fälle sehr schwer ma- chen, wie Cramer will. Bei Pflanzen mit einzelnen, scheinbar endständi- gen Eichen (Compositen), noch mehr bei denen mit freier terminaler Placenta- (Primulaceae) bietet jene Annahme keine Schwierigkeiten, eher schon in solchen Fällen, in denen die Samenknospe am natürlichsten als Achselprodukt des Fruchtblattes aufzufassen ist (Alisma, Triglochin), die meisten aber da, wo die Placenten den Rand der Fruchblätter einnehmen. Trotz der grossen morphologischen Schwierigkeiten hält Verf. doch jene Ansicht aufrecht und wies au den ihm vorliegenden Umbildungsstufen nach, dass das Eichen von Juncus bifonius ein metamorphosirtes Blatt ist, dessen Spitze zum Knospenkern wird, bei dem die Integumente als mehr weniger ringförmige Hautfalten aus der Lamina hervorsprossen und dessen Basilartheil zum Stiel des Eichens wird. — 7. Erscheinungen der Viviparie bei den Juncaceen wurden fünferlei beobachtet, die jedoch meist mit Un- recht als Viviparie bezeichnet werden können: a. Keimung der Samen in der Kapsel bei Juneus bifonius, b. Bildung von Blattsprösschen an der Stelle der Einzelblühte in Felge einer Pilzinfection bei Luzula pilosa, fla- vescens, Forsteri, c. Bildung grosser, rother , quastenähnlicher Blattsprosse an der Stelle der Blühten- und Laubsprosse in Folge von Insektenstichen bei Juneus lamprocarpus, supinus, acuminatus, Ellioti, d, Durchwachsung der Köpfchen bei J. spurius, polycarpus, lamprocarpus, prismatocarpus, monticola, sylvaticus, graminifolius, hier verbunden mit Verlaubung der Deck- und Perigonblätter. e. Verlaubung der Blühten, zuweilen verbun- den mit Umwandlung der Eichen in Blätter und wirklicher Durchwachsung der Blühte bei J. bufonius, Verlaubung der Blühten und endlicher Ersatz derselben durch Laubsprosse bei J. supinus, repens. — 8. Verf. fühlt sich veranlasst, seine frühern Angaben über den Blühtenstand der Junca- seen in Bezug auf einige interessante, ihm damals weniger zugängliche 439 Arten, namentlich den J. pelocarpus E. M. ergänzend und berichtigend zu besprechen. Genannte Art hat niemals mehr als 2 Blühten im Köpf- chen, oft aber auch nur eine. Das Köpfehen hat 2 Bracteen; sind 2 Blüh- ten vorhanden, so stehen dieselben nackt in den Achseln der beiden Deck- blätter und jede Blühte wendet ihrem Mutterblalte einen unpaaren Perigon- theil zu; die Einzelblühte des einblühtigen Köpfchens steht in der Achsel des vorletzten Deckblattes und wendet diesem ein unpaares Perigonblatt zu, die Achsel des andern Deckblaties ist dann leer, aber die einzige Blühte richtet sich auf und wird scheinbar terminal. Dies Verhältniss wird umständlicher auseinander gesetzt und durch 5 Gründe dargethan, aus welchen Verf. den Laubtrieb für terminal erklärt, während Engelmann ihn für seitlich und in der Achsel einer Braciee stehend hält. Ebenso wird die Seitenständigkeit der Blühten einzelblühtiger Arten, wie sie Engelmann will, nicht angenommen, nicht zugegeben und ein Beweis für ihre Endstän- digkeit versucht. — (Abh. der naturwiss. Vereine zu Bremen II. 365 — 404. Taf. ILI.) Derselbe,interessanteBildungsabweichungen. — ], Weit- gehende Spaltung der Blätter eines Rliododendron ponticum var. Von Na- tur ist das Blatt ohne alle Einschnitte, Zähne etc, am Rande und von stark lederartiger Consistenz, die fiederartig von der Mittelrippe ausgehen- den Nerven treten wenig aus der Blattfläche und verbinden sich in der Randreihe bogig mit einander und die Zwischenreihen enthalten ein ziemlich dichtes Adernetz. Die Spaltungen dieser einfachen Blätter kommen an einem starken Busche nicht selten und in verschiedenen Formen vor, welche vom Verfasser getreu abgebildet worden sind. In der einen Reihe ist die Spaltung so regelmässig, dass man entweder 2 gleichgebildete Spitzen oder 2 in der vordern Hälfte gleiche Blätter oder endlich 2 gleiche ganze Blätter, von denen das eine sich zum Theil auf das andere legt, unterscheiden kann, in allen Fällen aber die Mittelrippe in 2 Theile getheilt, weiter aber bis ganz au der Wurzel je nachdem die Theilung der Blattfläche eine unvollkommene oder vollständigere ist. In einer andern Reihe bleibt die eine Seite in der Ausbildung gegen die an- dern zurück und stellt einen bald höher, bald tiefer inserirten Seitenlap- pen dar ohne oder mit Gabelung der Mittelrippe; auch flächere und tiefere Dreitheilung kommt vor und in einem Falle sind 2 Blätter aus dem einen auf breitem Stiele entstanden, von denen das eine bis fast zur Mitte drei- theilig, das andere an der Spitze zweitheilig ist. Nirgends konnte die na- heliegende Annahme von der Verwachsung zweier Nachbarblätier bei nä- herer Untersuchung des Strauches angenommen werden. Die Erscheinung des „Dedoublements“ d. h. die Ersetzung eines Organs durch 2 und mehr, welche bei Galium und Asperula normal ist, kommt hier also als Abnor- mität vor. — 2. Verwachsung zweier Nachbarblätter an Richardia, Ein ‚Blattstiel war ungewöhnlich breit, die Mittelrippe etwa von ?/, der Blatt- spreite an gegabelt und trug 2 fast gleichlange Blattspitzen, welche an ihrem untern Theile eine starke Hauifalte mit einander bildeten. Die Stel- lung dieses zu den normalen Blättern wird näher beschrieben und die Ver- wachsung hieraus nachgewiesen, — 3. Zwei getrennte Kreise von Strah- 30 * 440 lenblühten bei Bellis perennis: ein einfacher Kranz von Strahlenblühten wuchs unten aus den Scheibenblühten eines sonst normalen und an Grösse nicht abweichenden Gänseblümehens hervor. — 4. Abnormitäten im Blüh- tenbau von Papilionaceen. Bei Clianthus sinensis waren in einer Blühte Kelch, Fahne, Flügel und Pistill normal, aber das Schiffchen bestand aus 2 vor einander liegenden, sonst regelmässig gestalteten Schiffehen; eine zweite Blühte zeigte normal Kelch und Fahne, aber 3 Flügel, einen gros- sen rechts, 2 kleine vollkommen getrennte links und 2 Schiffehen, die aus 5 Blättern bestanden; die beiden innern haben die Form des normalen Schiffchens, sind aber von der Spitze an bis zur Hälfte der Höhe getrennt, die andern bilden ein äusseres Schiffehen von halber Länge, 2 von ihnen stehen in der rechten, eins in der linken Hälfte der Blühte; von deu 11 Staubgefässen sind 2 frei. Aehnliche Abnormitäten kommen auch bei Ro- binia pseudacaeia vor. — 5. Ueberzähliger Organkreis bei Syringa. In einem normalen Blühtenstande hatte eine Blühte statt der beiden Staub- gefässe 2 Blumenblätter von breit eiförmiger Gestalt, die dem Schlunde mit schmaler Basis aufsassen, vor den beiden andern Einschnitten der Corolla, welche gewöhnlich steril sind, standen am obern Schlundrande 2 normale Staubgefässe. — 6. Vermehrung der Blühtenkreise bei Sedum maximum. Exemplare, welche Bastard von S. maximum und purpureum sein mochten, zeigten doppelte Abnormitäten: eine doppelte Vergrünung des Blühtenstandes, indem derselbe durch die Entwickelung einer Menge dicht gedrängter, grosser Bracteen bei Verkrüppelung der Blühten in einen dichten Schopf von Blättern umgestaltet war. Ausserdem erschienen die Blühten gefüllt, indem sich vor dem normalen Kreise der Karpelle noch ein zweiter, bisweilen ein dritter hinzugesellte, jedes folgende in das kahnartige vorhergehende eingeschachtelt. — 7. Missgebildete Schote von Brassica Engl. Fasciation ist bei ihr im höchsten Grade ausgebildet. Die Ueberreste der Blühtentheile waren breiter als gewöhnlich und mochten in grösserer Anzahl als normal vorhanden gewesen sein. Die Schote selbst ist stark verbreitert, vielklappig, auf der Oberfläche unregelmässig aus- und eingebogen. Zwei längere Klappen standen an den Schmalseiten an jeder Fläche ihrer 6, jene schliessen Fruchtfächer mit zahlreichen Samen vollständig ab, die 6 übrigen Fächer haben dagegen sehr unvollkommene mehrfach durchlöcherte Scheidewände. Die Seitenklappen scheinen die normalen, die andern durch Spaltung entstanden zu sein, — 8. Peloria von Platanthera montana. Die Stengel waren kräftig entwickelt und reichblühtig, die letzten Blühten besonders gross in Folge ihrer grossen sehneeweissen Perigonblätter; kein Blatt hatte die grünlichweisse Farbe der normalen Unterlippe. Der Sporn fehlte überall spurlos. Die 3 obern Perigonblätter sind breit dreieckig, kürzer und breiter als die schmalen dreieckig lanzettlichen Blätter, jene mehr helmartig zusammenfliessend, diese gespreizt. Die Pelorienbildung war also nicht ganz vollständig. Das Gynostomium war in einzelnen Blühten normal, in andern zeigte es Hin- neigung zum Dreilappigen, indem beiderseits unter dem normalen Organe je ein grüner, bogig verlaufender, hohler Lappen (Narben?) angelegt war, meist mit 2 Klebscheiben. Fruchtknoten normal aber ungewöhnlich stark 441 gedreht. — 9. Kelch und Blumenkrone bei Anemone ranunculoides. Die betreffenden Blühten besassen 10 blättrige Blühtenhüllen in 2 fünfzähligen, alternirenden Kreisen, der innere schmal eiförmig von normaler Bildung, der äussere kreis-eiförmig, sehr stumpf und derber in der Textur, rück- wärts mit Striegelhaaren dicht bedeckt, aber lebhaft dottergelb gefärbt. — 10. Monstrositäten bei Birnen und Feigen. Zwei auf einander sitzende Birnen, von denen die untere aus einem regelmässig öblättrigen Kelche gebildet ist und dessen 5 vertrockneten Blätter an der Furche zeigt, welche die obern von der untern Furche trennt; sie besitzt kein Kernhaus, Die obere Birne hat 16 Kelchblätter in unregelmässiger Spirale auf ihrer Oberfläche zerstreut, oben endet sie in einfachen Dod mit 5 Griffelresten ; sie hat ein schmales Kernhaus mit einigen spatelförmigen verkrüppelten Samen. Eine andere ähnliche Birne besitzt oben und unten 5 Kelchblät- ter, die mit einander alterniren; innerhalb der obern Kelchblätter sass noch eine vollständige kurz gestielte Blühte gleichsam als drittes Stock- werk. Aus dem obern Rande einer noch unreifen Feige sprosst eine zweite, die offenbar aus den Achseln der dort stehenden trocknen und unregelmässig eingerissenen Braeteen entsprungen; sie endet oben normal mit einem Kranze kleiner Deckblätter; inwendig ist die Feige noch mit Blühten besetzt. — (Ebda p. 469 —480. Taf. V. VI.) Derselbe, Nachträge zu den kritischen Zusammenstel- lungen der bis jetzt beschriebenen Butomeen, Alismaceen undJuncagineen — eignetsich nicht zum referiren, weshalb wir auf die Arbeit selbst verweisen. — (Edda p. 481 — 503.) Focke, Nachträge zur Brombeerflora der Umgegend von Bremen. — Es beziehen sich diese Nachträge auf folgende 24 Arten oder var, Rubus suberecetus Anders, fruticosus, geniculatus Kaltb, vulgaris Wh u. N., villicaulis Köhler, macrophyllus Wh u, N., Rothii n. sp., sylvati- cus Wh. u. N., cehlorothyrsos n. sp., egregius n. sp., Sprengelii Wh., Archenii Lange, vestitus Wh u. N., Radula Wh. n.N., infestus Wh u. N. und Menkei, diese beiden Arten in den frühern Beiträgen werden hier als andere bezeichnet, Bellardi, prasinus, diversifolius, nemorosus, Wahl- bergii der Beiträge ist gleichfalls verkannt worden, lamprococcus, caesius, — (Ebda p. 457 — 468.) Derselbe, über Cardamine silvatica Lk. — Verf. bestätigt und zwar nach seinen Erfahrungen den von mehreren Botanikern erwähnten, von andern unberücksichtigt gelassenen Umstand, dass die genannte Pflanze theils einjährig, theils perennirend auftritt und stellt Folgendes fest: Die abgeblühten Pflanzen von C. silvatica gehen durch die Winterkälte sehr oft zu Grunde, aber es halten sich die unteren Stengelglieder auch häu- fig während des Winters, treiben Wurzeln und aus ihren Knoten Blühten- tiiebe, welche sich im April entfalten; diese Exemplare sind meist viel- stengelig, haben auch oft noch die alten Fruchttrauben neben sich, kom- men aber nieht aus einer Blattrosette, während junge Exemplare, die zum ersten Male blühen, dies erst im Mai zu thun pflegen, und kein schiefes, wurzelndes Rlıizom haben, — (Ebda p. 503 u. 504.) Ty. H. Mann, über die neuen Gattungen Alsinidendron, 442 Platydesma und Brighamia nebst einer Uebersicht der Ha- waischen Flora, — Alsinidendron (Caryophyllaceae): Calyx quadri- partitus, sepalis deeussatim imbrieatis ovalibus subearnosis albidis etiam sub anthesi conniventibus, raro eum quinto minimo interno. Petala et Staminodia nulla.. Stamina decem, margini disci tenuissimae basi calyeis accreti inserta: filamenta filiformia: antherae linearioblongae, utrinque emarginatae. Övarium uniloculare; ovulis plurimis columellae centraliaf- fixis: styli quatuor ad septem, breyiter filiformes, apice intus stigmatosi. Capsula quatuor ad septem valvis, polysperma. Semina estrophiolata. Frutex Hawaiensis, orgyalis, fere glaber, ramis foliosis; foliis oppositis amplis ovatis ovalibusque cuspidatoacuminatis basi in petiolum subito angustatis eximie trinervatis subeveniis; cymis plurifloribus peduneulatis ex axillis superioribus, floribus subglobosis in pedicellis filiformibus pen- dulis. Die einzige Art A. trinerve, Hawai. — Platydesma (Rutacae): Flo- res hermaphroditi. Calyx quadrisepalus, persistens, valde imbricatus, se- palis rotundis, exterioribus majoribus interiora aestivatione ineludentibus, Petala quatuor, aestivatione late convolutoimbriecata, ampla, obovata, | apice recurva, Discus planus, leviter quatuorlobus. Stamina octo, disco inserta, infra medium monadelpha; filamentis nudis ovatis crassis; an- therae sagittatae, faciei interiori infra apicem filamenti adnatae. Ovarium quadripartitum; stylus centralis, stigmate quadrilobo; ovula in loculis quinque amphitropa. Cocei erecti, omnino discreti, subsuceulenti, abortu saepissima dispermi, endocarpio tenui cartilagineo. Arbuscula hawaiensis, fere glabra, graveolens. Folia opposita, ampla simplieia lanceolata, ob- tusa vel acuminata, petiolata. Cymae axillares pauciflorae, pedicellis bi- bracteolatis. Flores magni albi. Einzige Art H. campanulata, Hawai. — Brighamia (Lobeliaceae): Calyx tubo oblongo eximie decem costato, den- tibus parvulis. Corolla hypocraterimorpha; tubo praelongo fere recto antice sinubus duobus profundius fisso; lobis ovato oblongis aequaliter pa- tentibus consimilibus, nisi duobus antieis longiter unguiculatis. Columna staminea corollae, tubo infra medium adnata; synanthera subinelusa apice recurvo barbata. Ovarium biloculare, Stigma bilobum, nudum. Capsula primum carnosa, loculis demum rimis duabus longitudinaliter dehiscenti- bus. Semina oblonga; testa tenuiter crustacea laeviuscula ; embryo rectus albumine oleoso brevior. Arbuscula hawaiensis, carnosa, glabra; caule orgyali simplicissima folia obovata subinteg.rrima creberrime quasi capi- tatim conferta gerente; pedunculis axillaribus folio brevioribus apice ra- cemoso paucifloris; floribus pedicello recto haud resupinatis albis. Einzige Art Br. insignis. — Die Hawaische Flora zählt 554 Phanerogamen ein- schliesslich 69 eingeführter, 479 Dicotylen und 75 Monocotylen. Sie ge- hören 253 Gattungen, von welchen 39 mit 151 Arten ihr eigenthümlich sind. Verf. zählt die Arten namentlich auf, ebenso die der Flora eigen- thümlichen besonders, wie auch die der Küste, des Nieder- und des Hoch- landes, der Region von 3500— 6000 und der über 6000° Meereshöhe, jene sind 7, diese 13 Arten. — (Memoirs Boston Soc. nat. hist. I. 529—541 Tb. 21 —23.) Zoologie. Schmidt, Adolf, über denRüben-Nematoden 443 (Heterodera Schachti A, S.). — Verf, legt seine vorläufigen mikroskopi- schen Untersuchungen über den vom verstorbenen Prof. Schacht entdeck- ten Rübenfeind nieder und führt ihn unter obigem Namen in die Wissen- schaft ein. Die längst noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen ergänzen nicht nur die von Schacht veröffentlichten in wesentlichen Punkten, sondern verbessern auch einzelne Irrthümer derselben. Nur das trächtige Weib- chen ist dem unbewaffneten Auge sichtbar und erscheint am Barte der Rübe als weisses Körnchen, mit welchen bisweilen der ganze Bart, wie mit Grieskörnchen bestäubt ist, und die nicht entfernteste Aehnlichkeit mit einem Fadenwurme haben, wohl aber gilt dies von den noch ge- schlechtlich indifferenten Larven und den Männchen. Das trächtige W. ist einer Citrone in Gestalt nicht unähnlich, das spitzere Kopfende sitzt an den 1/, -1/, mill. dicken Wurzelfasern so zwar, dass seine Bauchseite mit der Längenachse der Fasser parallel liegt. Die nicht allzufeste Verbindung mit der Nährpflanze wird durch strukiurlose Häute, am Kopfende ausser- dem durch eine polymorphe, zäh-gelatinösse Masse hergestellt und als „Kopffutteral“ bezeichnet. Durch Ausspeien eines Theiles der aufgesoge- nen und erhärteten Nahrung wird die Entstehung dieses Gebildes erklärt, dessen Farbe je nach der der Rübe gewöhnlich gelblich, bei weissen, dun- kel weinfarbig bis röthlichbraun bei rothen Rüben ist. Dieses Kopffutteral wurde nur an den trächtigen, nicht an den blos geschlechtsreifen, noch unbefruchteten Weibchen beobachtet und wird daher als ein Schutzmittel angesehen, um in der Zeit, in welcher es der reichsten Nahrung bedarf, diese auch ungestört erlangen zu können. Weiter legt sich um das Hin- terende ein weiter unförmlicher Sack von farb- und strukturloser, oft durch anklebende Humustheilchen getrübter Haut, die einmal den Begattungsakt schützen soll, denn es fand sich öfter das noch lebende oder schon ab- gestorbene Männchen darin, anderntheils die Brut bis zum Ausschlüpfen der Larven birgt. Dass diese Masse keine schleimige mit den Embryonen vom Weibchen abgehende ist, wie Schacht meint, geht daraus hervor, dass sie vor den Embryonen vorhanden und dass sie mit einer Haut um- schlossen, also ein wirklicher Sack ist, welcher wahrscheinlich vor dem Kopffuterale entsteht, wie aber, das lässt sich bisher nur vermuthen. Wahr- scheinlich ist es eine schleimige vom Weibchen ausgeschiedene Masse, welche das Männchen bei der Begattung zu einem Sacke ausdehnt. Aus- ser diesen beiden Beigaben ist die Cutis des trächtigen Weibchens noch von einer sich nach den beiden Leibesenden hin verdünnenden, sonst gleich- mässig dicken Kruste uıngeben, , welche sich ablösen lässt. Sie wird wahr- scheinlich im letzten Entwickelungsstadium ausgeschwitzt, um die den Leib ausfüllende Brut bei eintretender Dürre vor dem Austrocknen zu schützen. Sie zieht sich unter dem Kopffutterale und unter dem Sacke am Hinter- theile hin und lässt nur die äussersten Extremitäten frei und dürfte der Cyste entsprechen, in welcher das Männchen betroffen wird. Diese besteht aus einem platten, dünnhäutigen Schlauche von regelmässig eylindrischer bis spindelförmiger Gestalt, dessen Hinterende abgerundet ist, dessen Vor- derende aber häufig in eine dem Kopfe des Weibchens auffallend ähnliche Spitze ausläuft; bisweilen hat ihr Umriss genau die Gestalt eines noch 444 nieht trächtigen Weibchens, besonders auch dadurch, dass ein Strich durch das vordere Ende geht, welcher genau an den Saugstachel des Weibehens erinnert, und dass er jedenfalls mit dem Saugstachel in näch- ster Beziehung steht. Das M. liegt in seiner Cyste der Länge nach hin und her gewunden, sich auch bewegend, genau so wie der reife Embryo in der Eihülle. Diese Cysten sind den Wurzelfasern loser oder fester an- geheftet, ja bisweilen unter die Epidermis jenen untergeschoben, oft von ihrer Farbe, so dass sie als leichte Anschwellungen der Epidermis er- scheinen und daher bis jetzt übersehen worden waren. Wahrscheinlich saugt das eingekapselte M. an den Wurzelfasern; ein anderer Nematode als Schmarotzer im Regenwurm, welchen Verf, genauer untersucht hat, häutet sich in seiner Kapsel und nimmt, so lange er in derselben lebt, keine Nahrung zu sich. Der Häutungsprocess unserer Nematode konnte nicht beobachtet werden, da die Untersuchungen erst Mitte Oktober be- gannen, aber so viel wurde festgestellt, dass die erste Häutung beim Ausschlüpfen aus der Eihaut erfolgt. Die Embryonen, meist zu mehren Hunderten auf verschiedenen Entwicklungsstufen im trächtigen W. enthal- ten, befinden sich in einer eylindrischen oder schwach gekrümmten, an den Enden abgerundeten Eihülle, deren Dicke sich zur Länge wie 25 zu 61 verhält. Zuerst ist diese Eihülle mit körnigem Inhalte erfüllt, allmä- lig schnürt sich dieser ein-, zwei- mehrmal der Quere nach ein, die Ein- schnürungen nehmen eine schräge und Längsrichtung an, bis die Wurm- gestalt immer deutlicher hervortritt. Bald lassen sich Kopf- und Schwanz- ende unterscheiden; im Kopfende markirt sich ein kleiner Längsstrich, er wird kräftiger, besetzt sich an den nach innen gerichteten Enden mit’ 3 Knötehen und der Saugstachel ist fertig. Grenzt sich nun noch um die vordere Spitze des Saugstachels durch schwache Einschnürung ein halbes Ellipsoid ab, so gleicht der Kopf des Embryo dem des erwachsenen Männ- chens. Der ausschlüpfende Embryo ist 4—5mal länger als die Eihülle und fadenförmig spitz zulaufend, vor der Spitze mit einer Afteröffnung versehen. Schacht hielt diese für die weibliche Geschlechtsöffnung; wäre dies richtig, so müssten alle Embryonen Weibchen sein, denn die Oefl- nung ist bei allen sichtbar. Das abgerundete Schwanzende des reifen Männchens ist ohne Bursa oder Papillen; dicht vor ihm treten die paari- gen Geschlechtswerkzeuge (Spieula) aus einer wulstigen Oeffaung heraus, sie sind gekrümmt, andere nach aussen mit Hohlbohrähnlichen Spitzen, nach innen mit länglichen Köpfen, eine gemeinsame Hülse, wie Schacht will, konnte nicht entdeckt werden, wohl aber sie bewegende Muskelbän- der. Der Saugstachel ist sehr entwickelt und mit grösster Wahrschein- lichkeit hohl, weil er mit dem Oesophagus durch eine feine Röhre in Ver- bindung steht, welche in einem günstigen Falle als eingeschoben zwischen feinen 3 Knötchen erkannt wurde. Um mehr als 1/, seiner Länge tritt der Sauchstachel nie aus dem Kopfe hervor. Der Oesophagus ist faden- förmig und ohne jegliche Anschwellung. Der ihm anhängende „bulbus“ nimmt die Speise auf, zerkleinert und verdaut sie aber nicht, wie der Magen. Bei den bereits erwälinten parasitischen Nematoden des Regen- wurmes wurde der bulbus als „Pumpapparat“ mit Bestimmtheit erkannt, 445 bei den Rüben-Nematoden hat er aber keine Klappen wie dort und wirkt als „Saugapparat“. Beim trächtigen W. ist der Oesophagus etwas kürzer, dessen bulbus dagegen viel, viel grösser bei gleicher Einrichtung, seine dicke, mehr lederartige Haut ist nicht, wie der äusserst zarte des Männ- chens mit geraden parallelen Querlinien, sondern mit unzusammenhängen- den Querrunzeln bedeckt. Die Geschlechtsöffnung des Weibchens besteht in einem in der Verlängerung der Bauchlinien liegenden Schlitze, der Eierschlauch ist aus Schildern zusammengesetzt, deren jedes in seiner Mitte eine von einem zarten Ringe umgebene Papille trägt. In Bezug auf die Begegnung dieses Rübenfeindes fehlen uns noch mehre Erfahrungen. Man weiss noch nicht, wie viele Generationen im Laufe des Jahres vorkommen, wie lange er sich in dem von ihm bewohn- ten Acker halten kann, wie gross seine Lebenszähigkeit ist, wie er sich namentlich gegen Wärme und Kälte verhält, ob er auch an andern Pflan- zen leben kann, in welcher Weise er auf die Nährpflanze störend einwirkt u. dgl. m. Darum Aufmerksamkeit auf das Thier! Das befallene Fleck des Ackers erscheint im Allgemeinen verkommen, einzelne Blätter um das Herz der einzelnen Pflanze etwas dunkler grün, aber weniger glänzend und frisch, im Vergleich zu der gesunden Pflanze, viele Blätter erschei- nen gelb und grau gesprenkelt, die untern allmälig schwärzlich und wenn diese Erscheinungen aufgetreten sind geht die Rübe zu Grunde; ihr Ab- sterben beginnt von der Spitze. Erfahrungsmässig leiden die Steckrüben mehr als die zur Zuckerfabrikation erbauten, wahrscheinlich weil sie, als etwas später ausgesäet, zur Zeit der grössten Thätigkeit seitens der Ne- matoden noch zu schwach sind. Verf. nimmt an, dass sie aus wärmeren Erdstrichen zu uns verpflanzt seien, und dass Kälte ihnen weniger zu- träglich als bedeutendere Wärme, behält sich nach sorgfältigen Beobach- tungen hierüber aber noch weitere Mittheilungen vor, Er empfiehlt für Steekrüben vor dem Einlegen in die Mieten den Bart zu beseitigen (mit einem straffen Besen unter der Pumpe) was ohne Schaden für die Rübe geschehen kann, da sich erst nach dem Ausstecken derjenigen ven Neuem erzeugt, der sie zu ernähren hat, befürwortet die von Prof. Kühn gege- bene Vorsichtsmassregel, die Abfälle infieirter Rüben mit ungelöschtem Kalk im Verhältniss von 4 zul zu durchschichten, widerspricht aber nach den bei Ascherleben gewonnenen Erfahrungen der Ansicht, dass ein bin- diger Boden dem Gedeihen der Nematoden nicht förderlich sei, vielmehr könne zur Rübenkultur keine Bodenart vorgeschlagen werden, die eine Garantie gegen grössere Nematodenschäden böte. Die dürftigen Notizen, welche in Bezug auf von Landwirthen gemachten Erfahrungen gesammelt werden konnten, waren folgende: a. die rothe Flaschenrübe, deren Brut besonders zart, scheint von der Nematode bevorzugt zu werden. b. In einem „rübenmüden‘“ Acker wurden vorzügliche Mohrrüben und guter Kohl- rübensamen gebaut, wobei dahin gestellt bleibt, ob die Rübenmüdigkeit und die Nematoden in irgend welchem Zusammenhange gestanden haben. e. will ein Landwirth vor Jahren an den Wurzeln des Roggens genau solche weisse Körnchen wie die kräftigen Nematodenweibehen au den Rü- ben darstellen gefunden haben, d. sollen auf einem Acker diejenigen Rü- 446 ben am meisten von der Nematode gelitten haben, welche vou einer Gruppe Solanum nigrum rings umgeben gewesen wären. Verf. hat daher zu fol- genden Versuchen aufgefordert und die Zusage zu ihrer Ausführung er- halten; 1. eine Menge grosser Blumentöpfe mit nematodenhaltiger Erde zu füllen, um darin alle möglichen Kulturpflanzen zu ziehen, auf welche bei einem rationellen Fruchtwechsel zu reflectiren sein könnte, 2. in glei- cher Weise Ackerstellen zu bepflanzen, welche reich an Nematoden sind und dann etwa von Woche zu Woche zu untersuchen, ob und in welchen Verhältnissen sich diese Parasiten an den Wurzeln der Versuchspflanzen finden, daneben aber auch das Unkraut nicht unberücksichtigt zu lassen. Schliesslich wird aufgefordert, auch an andern Orten, wo die Nematoden auftreten, diese und ähnliche Versuche anzustellen und die Erfahrungen dem Verf. bald thunlichst mitzutheilen. — (Zeitschrift des Vereines für die Rübenzuckerindustrie im Zollverein 1871 p.1—19. Taf.1.) Tg. Mayr, Dr. Gust., die mitteleuropäischen Eichengallen in Wort und Bild. 2. Hälfte Wien 1871. — Im Anschluss an unsere frühere Mittheilung (Bd. XXXVI p. 359) in welcher wir folgende Verbes- serungen nachtragen: Biorhiza st. Biorchiza, gelatinosa st. glatinosa, col- laris st. colbaris, Spathogaster Giraudi st. Spathegaster Giraudi) haben wir jetzt dieselben anerkennenden Worte auch der uns vorliegenden zwei- ten Hälfte zu zollen. Dieselbe enthält IV. die Blattgallen von Biorhiza renum, synaspis, Dryophanta seutellaris Ol (= Cynips folii Htg.), D. fo- lii L, longiventris, divisa, agama, disticha, cornifex, Andrieus urnaefor- mis Fonse., curvator (= A. perfoliatus und dimidiatus Schk = G. axil- laris Hart.), testaceipes, multiplicatus Gir., cydoniae Gir, nitidus Gir, eri- spator Tschek, Neuroterus numismatis Ol (—Reaumuri Hart), lentieularis Ol (= Malpighii Hart), fumipennis Hart (— Spathogaster varius Schenk), laeviusculus Schenk (= pezizaeformis Schlechtd), lanuginosus Gir, ostrens, saliens Koll (= saltans Gir), minutulus Gir, Spathogaster baccarum L (= interruptor Hart), tricolor, albipes Schenk, verrucosa Schlechtd, vesi- catrix Schlechtd, nervosa Gir.? Cynips marginalis Schlechtd, Cecidomyia cerris Koll., eircinans Gir, V. Die Staubblühtengallen von Andricus aesti- valis Gir, grossulariae Gir, ramuli L (= Teras amentorum Hart), amenti Gir, oceultusTschek, quadrilineatus Hart und peduneuli Schenk die nebst eini- gen andern von Schenk aufgestellten Arten ausführlicher besprochen werden, verrucosus Schenk, Neuroterus Schlechtendali (= A. burgundus Schlechtd), ?Cynips seminationis Gir (= inflorescenliae Schlechtd.) VI. Fruchtzellen von Cynips caput medusae, calicis Burgsdorf, Spathogaster glandiformis Gir, Andrieus glandium Gir. Ausserdem werden noch einige Nachträge zu der ersten Hälfte geliefert, so zu den Rindengallen, Cynips ramicola Schlechtd, zu den Knospengallen: Aphilothrix albipunctata Schlechtd, Andricus sin- gularis n. sp., Spathogaster Taschenbergi Schlechtd, welche unter no, 96 die Zahl der Gallen abschliesst. Taf. V—-VII enthalten in gleich gu- ten Abbildungen wie die frühern, die aufgeführten Arten. Tg. Kölliker, neue Alceyonaria Pseudogorgia Godeffroyi. — Diese Form lebt im Golf von St. Vincent in Australien und gleicht einer unverästelten Gorgonia und besteht der graugelbe Stock aus einem festsit- 447 zenden Stiele und dem Polypenträger, an dem die Polypen in beiden Rei- hen iu einfacher oder doppelter Reihe stehen. Längs halbirt zeigt der Po- Iypenträger das Auffallende, dass er an der Stelle der Achse der meisten Gorgoniden einen 1 Mm, weiten Längskanal hat, der die unmittelbare Fort- setzung der Leibeshöhle eines grössern Polypen darstellt und von der Ver- längerung der Septa des Polypen durchzogen ist, zwei derselben tragen sogar Mesenterialfäden. Von der Leibeshöhle dieses centralen Polypen gehen viele weite Ernährungskanäle in das Sarkosoma ab, das wie bei Gorgoniden durch zahlreiche Kalknadeln gestützt wird, dagegen verbindet sich dieselbe nicht direct mit den zahlreichen seitenständigen Individuen. Diese stecken ohne hervorragende Becher oder Kelche fast ganz im Sar” kosoma zu beiden Seiten der centralen Leibeshöhle und wird bei zurück” gezogenen Polypen die Stelle eines jeden nur durch eine kleine Warze an- gedeutet. Im Bau entsprechen diese seitlichen Polypen ganz den Gorgo- niden und besitzen namentlich ganz kurze am tiefen Ende blind geschlossene Leibeshöhlen, von welchen übrigens viele Ernährungsgefässe in das Sar- kosoma abtreten, wo sie mit denen des centralen Polypen ein zusammen- hängendes Netz erzeugen. Geschlechtsorgane hat der centrale und laterale Polyp. Der Stiel enthält im obern Theile die Fortsetzung der Leibes- höhle des centralen Polypen, in der sich jedoch nur 4 Septa erhalten, 2 dorsale und 2 ventrale, ein Paar mit den langen Mesenterialfäden, im weitern Verlauf verschmelzen diese 4 Septa, so dass der Kanal in drei verschmilzt, in zwei laterale und einen centralen, zwischen denen ein mitt- ler Strang sich findet, welcher dem Centralstrange der Pennatulidenstöcke entspricht, jedoch statt der Kalkachse nur Kalknadeln in sich entwickelt, die mit denen des Sarkosoma übereinstimmen. Somit stimmt dieser Polyp durch die seitlichen Individuen ganz mit den Gorgoniden überein, der cen- trale schliesst sich durch seine lange Leibeshöhle an die Alcyoniden an, weicht aber darin ab, dass im untern Ende des Kanals vier Septa ver- schmelzen und Verhältnisse wie bei Pennatuliden entstehen. Es ist die erste ‚vermiltelnde Form zwischen den drei Ordnungen der Alcyonarien, welche zugleich den ersten Fingerzeig über die Entwicklung der Pennatulidenstöcke abgiebt. Wäre Pseudogorgia frei und festsitzend würde man sie kaum vonPennatuliden trennen, — (Würzburger Verhandlungen II. Febr. 26.) F. Stoliezka, Beiträge zur malayischen Ornithologie. — Während des Sommers 1869 verweilte Verf. in Penang und hatte Gelegen- heit 95 der dort vorkommenden Vögelarten zu untersuchen, über welche er seine Beobachtungen hier mittheilt. Dieselben bieten einen beachtens- werthen Betrag zur Kenntuiss der malayischen Ornis. Neue Arteu sind nicht darunter und müssen wir wegen der einzelnen auf das Original ver- weisen. — (Journ. asiat. Soc. Bengal. 1870. 277—334.) G.Krefft, neueraustralischerWal,MesoplonGüntheri. — Diese Mittheilung bringt nur die Abbildung eines merkwürdig gestalteten Zah- nes aus dem Schädel eines 18’ langen Skelets. Nach dem unermüdlichen Onoma- topo&ten J. E. Gray ist die Form dieses Zahnes so eigenthümlich, dass das Thier einen neuen Gattungsnamen Callidon [Calliodon?] erhalten muss. — (Ann. mag. nat. hist. 1871. VII. 368.) 1871. Correspondenzblatt v. des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen a Sitzung am 10. Mai. Anwesend 14 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Verzeichniss der Abhandl. der k. preuss. Akademie der Wissenschaf- ten von 1710— 1870. Berlin 1371. 8°. 2. Te quarterly Journal of the geolog. Soc. of Londou XXVII no. 105. Lon- don 1871 8°. 3. Focke, Untersuchungen über die Vegetation des norddeutschen Tief- landes 8°. 4. Zwanzigster Jahresbericht der naturhist. Gesellsch. zu Hannover von Mich. 1869— 1870. Hannover 1871. 4°. Das Januarheft der Zeitschrift liegt zur Vertheilung vor. Herr Oberlehrer Geist spricht über Nummuliten des Borneokalksteins — s. Bd.36 S. 511 — einige instructive Handstücke vorlegend; ferner über den Buntsandstein vom Ostrande der Thüringer Mulde nach einer Arbeit von Linke s. S. 216. Herr Prof. Giebel legt eine fossile Lima vor, welche Hr. Stud. Hahn von einem ihm befreundeten Missionär im Gross- Namaqualande (S. Afrika) zugesendet erhalten. Dieselbe gehört zum Typus unserer liasinischen Lima gigantea, hat denselben allgemeinen Habitus bei viel geringerer Grösse und unterscheidet sich bestimmt durch die sehr kleinen Ohren, den viel engern Byssusspalt und die undeutlichen, spärlichen Radialstreifen, welche über die ganze Oberfläche zerstreut sind, Redner hält dieselbe für eine neue Art und schlägt vor, sie Lima namaquensis zu nennen, Das Gestein ist ein fester Sandstein mit eckigen und völlig abgerundeten (Quarz- körnern und mit vereinzelten, bis einen Zoll grossen, völlig abgerundeten Geröllen. Andere organische Einschlüsse sind in dem Handstücke nicht zu finden und bleibt das geognostische Alter unbestimmt. Ferner legt derselbe eine ihm von Herrn Ramann in Arnstadt zur Bestimmung eingesendete Suite von Korallen und Conchylien vor, welche angeblich aus dem Asphaltlager in Pennsylvanien stammen sollen. Der ansitzende und eingedrungene Asphalt gestattet wohl die Annahme eines 449 natürlichen Vorkommens, allein da die Arten selbst sehr gemeine noch lebende und frisch sind: so sind sie gewiss nicht den pennsylvanischen Asphaltlagern, sondern dem heute noch fliessenden Asphalte der Insej Trinidad entnommen. Die Conchylien sind Arca Noae, A. antiquata, Car- dium edule, Chama gryphoides, Siliquaria anguinea und eine Fisurella, die Korallen eine Oculina, Prionastraea albida und Fabia lobata. Sitzung am 17. Mai. Anwesend 16 Mitglieder, Eingegangene Schriften: 1. Bulletin d. I. Soe. imper. des natnralistes de Moscou. no 2. Moseou 1870. 8°. 2. The quarterly Journal of the geolog. Soc. XVI no. 104. London 1870. 8°. 3. Zeitschrift der deut. geolog. Gesellsch. XXII,. 4und XXI1l. 1. Berlin 1870. 1871. 8%, Hr, Fabrikbesitzer A.Riebeck theilt den ersten Bericht des von ihm zu einer dreijährigen Forschungsreise in Süd-Afrika ausgerüstelen Hrn. Dr. Th. Hahn, Capstadt, 2. April 1871 mit. Hr. Dr. Hahn verliess un- sern hiesigen Kreis in der letzten December -Sitzung vorigen Jahres und begab sich bald darauf nach London, wo er während des Januars noch die Vorbereitungen zu dem schwierigen Unternehmen vollendete. Vom 4. Februar ab erwartete er im Hafen von Dartmouth den Dampfer Gambia, der aber erst am 11. eintraf und nicht wegen unruhiger See, sondern lei- der wegen Unzuverlässigkeit des Steuermanus, die denn auch die Ueber- fahrt nach dem Cap zu einer sehr gefahrvollen machte. Bis Madeira war die Fahrt gut. Aber schon bei der Einfahrt in den Hafen von Funchal am 17. Februar Abends 8 Uhr stiess die Gambia mit dem Mail Steamer Marsden ernstlich zusammen und nachdem sie ihre Anker niedergelassen, erscholl der Ruf: Feuer. Doch nach einer halben Stunde war auch diese Gefahr beseitigt. Der Reisende ging am andern Morgen ans Land und giebt uns eine Schilderung von Funchal, deren Bevölkerung und Umge- bung. Hier traf er die ersten Glücklighen von den südafrikanischen Dia- mantenfeldern, welche auf dem Marsden ihre kostbaren Schätze nach Lon- don führen wollten, so fuhr der frühere Kajüttenjunge dieses Dampfers jetzt im Besitz von 25 Diamanten als Passagier erster Klasse zurück. Noch am 19. Abends steuerte die Gambia wieder nach Süden zu, einige Tage auf ruhiger See. Am 26. Febr. Mittagsbreite + 99 51’ 24°, Temperatur des Wassers 57° Fahr., Barometer 30,15, hunderte von Delphinen und zahlreiche Vögel, Haifische ete., am 1. März Mittagsbreite + 1941’, Hitze unerträglich, viele Passagiere krank; am 2. März Nachts 3 Uhr durch den Aequator, prachtvoller Sternhimmel und lebhaftes Meeresleuchten. Die Dampfmaschine wird schadhaft und mit Segeln ändert die Gambia ihren Curs von SSW in W, in der Stunde kaum 2 Meilen zurücklegend. Bei einem heftigen Gewitter am folgenden Tage werden die Hühner, Gänse und Schafe von der Seekrankheit ergriffen. Erst am 19. März war der Wende- kreis erreicht und am. selbigen Abend brach ein heftiger Sturm aus SO 450 hervor, der bis zum 21. anhielt. Der Reisende ermittelte die gefahrvolle Nähe der Küste, vermochte aber den Capitän und die Öfficiere nicht da. von zu überzeugen, bis das Schiff krachend auffuhr und Tod und Verder- ben in aller Gedanken rief. Nach einer halben Stunde schrecklichster To- desangst wurden alle Pumpen in Bewegung gesetzt und es gelang mit dreistündiger angestrengtester Arbeit das durch das Leck eingedrungene Wasser zu beseitigen. Der dichte Nebel hielt den Capitän noch in Ver- wirrung befangen und erst mit der Aufhellung am audern Morgen sah sich derselbe überrascht in der Greef Bay. Nun erst konnte ihn unser Reisende mit Hilfe seiner Karten und Berechnungen überzeugen, wie er gestern ganz richtige Befürchtungen geäussert habe. Wieder südlich steuernd erhielten sie am 23. Morgens die St. Helena Bay in Sicht und um 9 Uhr tauchte der Tafelberg auf, in dessen Bai Abends 8 Uhr die Gambia ihre Anker warf. Hoch erfreut verliess unser Reisende den Unglücks-Dampfer und quartirte sich in der Capstadt ein. Herr Prof. Giebel theilt einen Brief des Hrn. Hofrath v. Heuglin mit und legt einige von denselben auf Spitzbergen gesammelte Federlinge von Larus tridactylus, L. Mandti und Procellaria glacialis vor. Die von den Möven gesammelte Art erklärt der Redner für Docophorus gonotho- rax, welche die Sammlung der hiesigen Universität von zwei andern Mö- venarten besitzt, die der Procellaria entnommene dagegen für eine in hie- siger Sammlung noch nicht vertretene, erst noch näher zu untersuchende Lipeurus-Art. Weiter legt derselbe einige von Herrn Dr. Rey eingeschickte Vor- kommnisse aus dem Diluvium bei Rattmannsdorf vor, und zwar eine Be- lemnitella mucronata, verkieseltes Holz und Calamopora gothlandica, Herr Geh. Rath Credner zeigt ein vom Berggeschworenen Herrn Neitsch eingeschicktes Stück verkieselten Holzes aus der Braunkohle von Muldenstein vor, welches die Jahresringe sehr schön erkennen lässt und verbreitet sich über das Vorkommen von dergleichen Hölzern. Die älte- sten finden sich, wenn auch selten, in der Steinkohlenformation und sind hier meist mit körnigem Sandstein ausgefüllt. Häufiger werden die silifi- eirten Hölzer im Rothliegenden, z. B. bei der Rothenburg, bei Chemnitz und Oederau, sind jedoch an den beiden letztgenannten Fundorten von amorpher Kieselsäure durchdrungen. Sodann kommen sie in der Letten- kohlengruppe, beispielsweise bei Erfurt und Langensalze vor, in der Jura- und Kreidegruppe gleichfalls, zwar versteinert, aber nicht silifieirt. In der Tertiär- und besonders in der Braunkohlenformation kommen bituminöse und vollkommen silificirte Hölzer vor, ja sogar in noch neuern Bildungen wie in den Wüstendistrikten bei Suez. Somit gehört der Versteinerungs- prozess verschiedenen Perioden an und scheint auch die Holzart Einfluss auf die Silification ausgeübt zu haben. Laubhölzer treten erst in der Kreide-. formation und zwar nur vereinzelt auf, dagegen werden sie mit der Ter- tiärformation sehr allgemein, 451 Sitzung am 24. Mai. Anwesend 13 Mitglieder. Eingegangene Schriften : 1. Arbeiten des Naturforscher-Vereines zu Riga. Neue Folge. 3. Heft. Riga 1870. 8°. 2. Publications de l’institut royal Grand-ducal de Luxemburg XI. Lu- xemburg 1870. 8°, 3. Sveriges geologiska undersökning no. 35 — 41. Stockholm 1870 8% mit mit 6 geognost. Karten. Herr Prof. Giebel legt zwei schöne Bälge nebst den dazugehörigen Schädelu der in unsern Sammlungen annoch sehr seltenen Halbaffen Pro- pithecus diadema (Verreauxi) und Pr. Coquerelli von Madagaskar vor, welche unser Museum von Frank in Amsterdam erhalten hat. Beide ha- ben ein schwarzes Gesicht mit spärlichen feinen Haaren, die längs des Nasenrückens zur Stirn hinauf dicht, kurz und weiss sind. Bei Pr. dia- dema ist der Kopf bräunlich schwarz behaart, nur die Hinterseite der Ohren weiss. Die dunkle Farbe setzt im Nacken scharf an der weissen der ganzen Oberseite ab, während sie an den Seiten des Halses weiter hinabzieht, längs der Brust mehr braun, am Bauche und der Innenseite der Arme rost- und gelbbraun wird, Die Hintergliedmassen sind nur an der Innenseite der Schenkel noch schwach gelbbraun angeflogen, sonst weiss wie der Rücken, die Aussenseite der Vordergliedmassen und der Schwanz, dessen Wurzel schwach grau angeflogen erscheint. Die Ober- seite der Hände ist dicht weiss behaart, ihre nackte Innenseite schwarz. Davon unterscheidet sich nun Pr. Coquerelli durch seinen völlig weissen Kopf mit längerer und weicherer Behaarung. Die weisse Oberseite ist auf dem Hinterrücken und Kreuz mit leichtem braungrau gemischt, dagegen die Brust, die Vorder- und Innenseite der Arme und der Oberschenkel schön kastanienbraunroth, das nach dem Bauche hinabziehend heller wird und dann in weiss übergeht. Die Behaarung am übrigen Theil der Glied- massen ist reiner weiss als bei Pr. diadema, auch länger, entschieden weicher und feiner, auf der Oberseite der Hände spärlicher. Die weissen Haare des Schwanzes haben breite rauchschwarze Ringe, daher der ganze Schwanz weissgrau erscheint. Die Innenseite der ganzen Aıme und der Oberschenkel ist sehr spärlich behaart, auch der Bauch, so dass die schwarze Haut frei sichtbar ist, während Pr. diadema an der Innenseite der Schenkel dicht, an der der Arme noch ziemlich dicht behaart er- scheint. Da nun beide Exemplare in den Körperformen völlig übereinstim- men, die dunkle Zeichnung der Gliedmassen des Pr. Coquerelli bei Pr. diadema als leichter Anflug vorhanden ist: so ist der Redner geneigt er- steres weibliches Exemplar für das Weibchen des letzten männlichen zu halten. Eine besondere Stütze erhält die Vereinigung durch völlige Ueber- einstimmung der Schädel und Zahnformen beider Exemplare, welche nur äusserst geringfügige individuelle Differenzen erst bei aufmerksamer Ver- gleichung erkennen lassen. Nach denselben mag das Männchen um ein oder zwei Jahre älter gewesen sein als das Weibchen. Redner beabsich- 452 tigt, die Exemplare insbesondere Schädel und Gebiss mit denen anderer Sammlungen zu vergleichen und seiner Zeit die Resultate mitzutheilen, bis dahin müssen beide Arten nach vorliegenden Exemplaren als identi- sche betrachtet werden. Derselbe legt noch den kleinsten aller Papageien, die nur Kolibri- grosse Nasiterna pygmaea von Neu Guinea vor, macht auf dessen generische Eigenthümlichkeiten aufmerksam und theilt die sehr dürftigen Nachrichten über dessen Lebensweise mit. Der Jäger der französischen Corvette Astrolabe schoss das erste Pärchen bei Doreh an der NOKüste Neu Guineas ganz zufällig, olıne es im Laube gesehen zu haben. Bei der sehr geringen Grösse und grünen Färbung ist das Thierchen schwer zu beobachten und lange war es nur in der Pariser und Leidener Sammlung vertreten, bis neuerdings wieder Wallace, Rosenberg und Bernstein Exem- plare von verschiedenen Südseeinseln einschickten, deren eines eben in unser Museum gelangte. Auch wurde auf den Salomonsinseln eine zweite Art dieses seltenen Typus entdeckt und von Sclater beschrieben. Weiter zeigt Herr Prof. Taschenberg eine für die hiesige Fauna neue Knopfhornwespe, die zierliche Abia fasciata vor, deren Larve an Lo- niceren lebt und fügt einige allgemeine Bemerkungen über diese Familie der Blattwespen hinzu. Anzeige. Die diesjährige zweitägige Generalversammlung unseres Naturwissenschaftlichen Vereines wird in Bernburg amT. u. 8. October im Zimmermannschen Lokale gehalten werden und laden wir die Mitglieder des Vereines sowie alle Freunde und Gönner der Naturwissenschaften zur Theilnahme an derselben freundlichst ein. Halle im Juni 1871. Der Vorstand. Gebauer - Schwetschho’sche Buchdruckerei in Halla Die Ornis von Halle Dr. Eugene Rey. Die nachstehende Aufzählung der in der Umgebung der Stadt Halle vorkommenden Vogelarten umfasst zunächst die von mir beobachteten regelmässig vorkommenden Brut- und Zugvögel, so wie diejenigen selteneren oder nur zufälligen Erscheinungen, dieich entweder selbst hier antraf oder welche Herr Präparator Frosch und Herr W. Schlüter hier frisch im Fleische aus hiesiger Gegend erhielten. Der Vollständigkeit wegen glaubte ich jedoch auch die- jenigen Arten mit anführen zu müssen, deren Vorkommen bei Halle von Just, Nitzsch und Naumann angegeben worden ist. Bei den Brutvögeln habe ich die von mir aufgefundenen Nester in der Weise angeführt, dass ich hinter dem Datum des Fundes die jedesmalige Eierzahl angegeben habe, um so ein möglichst treues Bild von der Brutzeit und einen Anhalt für die vorkommende Eierzahl im Gelege des Vogels zu ge- ben. Es bedeutet also z.B.: ®/4. oder 1/;4.4.5. am 25. April wurden 4 oder am 1. Mai wurden zweimal 4 und einmal 5 Eier in je einem Neste gefunden. Die Zugzeit habe ich bei jedem Vogel, Koweil ich die- selbe notirte, angegeben, und ferner auch aussergewöhnliche Beobachtungen namentlich über die Nistweise mitgetheilt. Das von mir durchforschte Gebiet erstreckt sich im Nor- den bis zum Petersberge, in Nordwesten bis nach Wettin, im Westen bis zu den Mansfelder Seen, im Südwesten bis Mü- cheln und Querfurt, im Süden bis Merseburg, im Südwesten bis Schkeudiz, im Osten etwa bis Delitzsch und reicht im Nordosten bis in die Gegend von Bitterfeld. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss, Bd. XXXVIlI, 1871. 31 454 Grosse Sümpfe und zusammenhängende Wälder fehlen die- sem Gebiete vollständig, und somit gehen ihm auch die für die Sumpf- und Waldgegenden charakteristischen Vögel, als Brutvögel wenigstens, fast gänzlich ab. Im Allgemeinen ist die Gegend nur dünn mit Vögeln bevölkert. 1. Fultur fulvus Briss. Das von Nitzsch hier längere Zeit lebend erhaltene und in unserer Zeitschrift Bd. X. 364 erwähnte Exemplar war im Jahre 1830 von einer hier durchziehenden Menagerie erworben und sind sichere Beobachtungen über das Vorkommen dieses Geiers in hie- siger Gegend nicht bekannt, 2. Aquila fulva M. u. W. Steinadler zeigen sich fast in jedem Winter in unserer Ge- gend und es sind auch öfter solche hier erlegt worden. 3. Aquila naevia Briss. Wurde hier im September und October schon mehrmals, be- sonders in der Dölauer Haide bemerkt. Im Dessauischen , also gar nicht weit von uns, ist der Schreiadler schon brütend gefun- den worden. Der Horst enthielt am 4. Mai 1861 ein Ei, welches mir übersandt wurde. 4. Haliactos albicilla Boie. Vom October bis zum März habe ich den Seeadler, nament- ich in strengen Wintern öfter beobachtet. Im letztvergangenen Winter trieb sich ein altes Männchen längere Zeit in der Gegend von Rattmannsdorf ganz in der Nähe meines Wohnhauses umher und holte Tag für Tag Rebhühner von meinen Futterplätzen ohne sich im Geringsten um mein leider erfolgloses Schiessen zu kümmern. 5. Pandion haliaetos Cuv. Ich sah diesen Adler nur im September und October der Jahre 1866 und 1867 bei Klein Korbetha. Dagegen beobach- tete Herr Hennig hier, in einem der fünfziger Jahre ein Pärchen dieser Vogel während des ganzen Sommers auf der Rabeninsel. 6. Circaetos brachydactylus K. u. Bl. Im Jahre 1867 schoss Herr Rittergutsbesitzer Hammer ein altes Weibchen dieses Adlers gegen die Mitte des Octobers im Burgholze. S. Ornith. Journal 1858. 1. Buteo vulgaris Bechst. Diesen für unsere Gegend gemeinen Standvogel traf ich im Herbst ofter in Feldhölzern gesellschaftlich übernachtend. So z. B. einmal im Bündorfer Holz bei Merseburg gegen 20 Stück auf einem Baume. Seine Eier fand ich am: #43. a3. ?la2. 12,3. 2.2.3.2 ae aa. na. 172. a ae 455 20.4.3. 21/13. ua. 213. 43. 7ı4.3.3.3.2.2.1. 3.3. 73. 2.2.1. 2113. 152. 953. 53. 93. 22: 8. Buteo lagopus WVieill. Im Spätherbst und besonders im Winter zeigt er sich hier oft, verlässt uns aber schon im zeitigen Frühjahr. 9. Pernis apivorus Cuv. Ich sah diesen Vogel hier nie vor Anfang Mai. Auch er gehört zu denjenigen Arten, welche erst seit kurzer Zeit unserer Gegend als Brutvogel angehören. Zuerst fand ich seinen Horst im Jahre 1866 und von da ab alljährlich. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass in dem genannten Jahre nicht mehr als höch- stens zwei Pärchen bei uns nisteten, während ich gegenwärtig mindestens fünf oder sechs rechne. Da der Wespenbussard als sehr feig verschrieen ist, will ich zu seiner Ehre anführen, dass es mir zwei mal beim Ausnehmen seines Horstes vorgekommen ist, dass dieser Vogel seine Eier höchst energisch zu vertheidigen suchte und mir dabei fast ins Gesicht flog. Ich fand die vollen Gelege: 52. "52. °/s2. 962.2. "7/62. i 10. Milvus regalis Briss. Erscheint zu Anfang des März und verlässt uns im October. Hier als Brutvogel nicht häufig, auf den Herbstzügen aber fast gemein. Seine Eier fand ich am: ?%/, 3.4. 41. 1953. 1952. 9/51 11. Milvus ater Daud, Kommt Ende Februar oder Anfang März an und zieht im September wieder fort. Er scheint grössere Waldcomplexe den kleinen Hölzern zum Brüten vorzuziehen, wenigstens ist er in der Dessauer Haide ein viel häufigerer Brutvogel als in unserer un- mittelbaren Umgebung. Die Gelege meiner Sammlung tragen folgende Daten: N 22% 14/, 3% 13% 123.3 4. MAR alneBay E33 120 ss. 5. 12. Falco candicans Gm L. Ein altes ausgefärbtes Exemplar fand ich im November 1863 in der Nähe von Rattmannsdorf auf dem Felde sitzend an. Der Vogel, welcher meine Aufmerksamkeit schon von Weitem erregte, liess mich bis auf etwa 50 Schritte herankommen ohne Anstal- ten zum Fortfliegen zu machen. Trotzdem wagte ich doch nicht näher heranzugehen, sondern es zog vor mich vorsichtig nach dem Dorfe zurückzuziehen um einen Schützen zu holen, der leider, trotz meiner Mahnung, schon auf 100 Schritt auf den Falken fenerte, ohne anderen Erfolg, als dass der Jagdfalk sich erhob und im pfeilschnellen Fluge bald meinen Augen entschwand. 13. Falco peregrinus Briss. Im Februar und März trifft man ihn hier viel häufiger als zur Brutzeit. Ich fand seinen Horst hier nur zweimal. Das erste y 456 mal %/,;, war der Vogel noch beim Bau beschäftigt und das zweitemal fand ich einen Horst, welehen die 4 Jungen, die auf den benachbarten Zweigen sassen, eben verlassen hatten am ?U; In der Dessauer Haide brütet er ungleich häufiger wie schon die aufgeführten Gelege, welche ich von dort erhielt beweisen: 27.3, 143. 2743. 94. 4.4. 43. 143.3. 22.3.3. 744. 243. 26/,3. 743.3. 3. 14. Falco subbuteo L. Erscheint im April und zieht im October wieder weg. Brütet in der hiesigen Umgegend nur in der Dölauer Haide, wo ich seine Eier alljährlich fand. Die Daten derselben sind folgende: Hle2.4- lede led. "ied. “led. od. ea. led. 15. Falco aesalon Gm. Im Herbst und Winter wird dieser nordische Vogel hier nicht selten geschossen. 16. Falco cenchris. Nach Nitzsch im April 1821 in hiesiger Gegend einmal ge- schossen. 17. Falco tinnunculus L. Von Mitte März bis Mitte October häufig. Er liebt es be- sonders alte Elsternester für seine Brut zu occupiren. Ich sah ihn jedoch auch schon aus besetzten Elsternestern den rechtmässigen Besitzer, einmal nach sehr heftigem Kampfe, vertreiben. Ein Gelege fand ich in der niedrigen Hohle einer Rüster ohne allc Unterlage auf dem mulmigen Holze liegend. Ferner fand Herr Schlüter in Halle diesen Vogel einmal neben seinen eigenen Eiern ein solches von Aegolius otus bebrütend. Die Eier meiner Sammlung haben folgende Daten: 1,5. 4.4.2.2. 45. 7/5. 756.2.45.6.6. 154. 253.5. 1%55.) 2/59. ],.1.0.4:520 20, Dad: 221,6. 2/62. 18. Astur palumbarius Bechst. Ziemlich seltener Standvogel für unsere nächste Umgebung, in der ich nur zwei regelmässig hrütende Pärchen kenne, eins in der Dolauer Haide, das andere im Giertz. Im Dessauischen ist er bedeutend häufiger. Die meisten Gelege meiner Samm- lung stammen von dort und tragen folgende Daten: 43. 1943. 3. #42. 's), 3.4.3.4. 14,5. 16,3. 17,5.4. 181,3. 191, 3.3. 44.3. 24/42.4.1. °/53.4. 7/54. 12153. "9/52. %%,3. ?1/53.4. Die Eier eines Geleges darunter sind deutlich rotlı gefleckt. 19. Astur nisus K. Bl. Vom September bis Anfangs April häufig, in den übrigen Monaten höchst selten. Er brütet in unserer Gegend niemals, obgleich er nicht weit von hier z. B, bei Naumburg so wie im 457 Dessau’schen als Brutvogel häufig ist. Meine Gelege aus Dessau sind bezeichnet: °/53. /,2.5. 14/54.4. 2/55. 2/54. 27/5. 7/54. 19. Circus rufus Briss. Vom März bis Ende September überall in einzelnen Pärchen an geeigneten Localitäten. Die Eier fand ich hier am: °s1. "sl. Am ®s traf ich einmal ein Pärchen noch bauend. 20. Circus cyaneus Bechst. Trifft zwischen dem 20. März und 10. April hier ein und verlässt uns gegen Mitte September wieder. Da der Vogel die bekannte, dem Eiersammler höchst fatale Eigenschaft hat, seinen Horst nicht ab und zufliegend zu verrathen, so findet man seine Eier selten, wogegen die Jungen häufiger beim Mähen entdeckt werden. Die Eier meiner Sammlung sind datirt: 1%,. 7/54. 21,5. 22,5. °054. ed. 965. led. 21. Circus cineraceus Cuv. Ich bin nicht ganz sicher, ob ich den Vogel hier gesehen habe, glaube -es jedoch. Herr Schlüter in Halle erhielt den Vogel aus Roitsch bei Bitterfeld. °]65. einmal, früher und zwar am 19. September 1851 wurde ein junges Männchen vom Prof. Germar geschossen. 22. Strixv flammea L. | Gewöhnlicher Standvogel. Ich fand die Eier am: **s4. '%)s4. Doch scheint er manchmal eine zweite Brut zu machen, wenigstens wurde mir im Jahre 1866 am 21. October eine Schleiereule im hellen Dunenkleide überbracht. : 23. Ulula aluco K. u. Bl. Ziemlich häufiger Standvogel, der in den kleinen Feldhölzern und selbst in grössern Gärten brütet. Eier erhielt ich am; 7/34. 15/4. 27,3. 2/33. 1943. Am ”/s und ?/s sah ich ausgeflogene Junge. 24. Surnia noctua K. u. Bl. Häufiger Standvogel. 14.5. 10/54. 25. Bubo mazximus Sibb. Nitzsch erhielt Exemplare aus Gröbzig und vom Pastor Nimrod aus Quenstedt. 26. Aegolius otus K. u. Bi. Häufiger Strichvogel, den ich im Februar und März in der Dölauer Heide alljährlich in kleinen Gesellschaften von 4—7 Stück auf hohen Kiefern, besonders an Wegrändern antraf. Gegen Ende März oder Anfang April lösen sich diese kleinen Gesellschaften auf, um sich in irgend einem alten Krähenneste häuslich einzu- richten. Die Eier welche hier gefunden wurden, haben die Daten: 26. nA ar ad. 5. 27. Aegolius brachyotus K. u. Bl. Iın Herbst und nach Nitzsch den ganzen Winter hindurch 458 sehr häufig. In anderen Jahreszeiten hier noch nicht beobachtet. Soll im Jahre 1857 ziemlich häufig bei Razoch (Anhalt) gebrütet haben (Baldamus). Ein Gelege, welches ich von dort/besitze, trägt das Datum: °/;4. In hiesiger Gegend ist mir kein Fall bekannt geworden, der das Brüten der Sumpfohreule auch nur wahrscheinlich machte. 28. Nyctale Tengmalmi Brhm. Kam nach Nitzsch einmal und zwar am 29. März 1818 in hiesiger Gegend vor. 29. Jynx torgquilla L. Kommt zwischen dem 12. und 19. April hier an und ver- schwindet gewöhnlich Mitte September wieder. Als Brutvogel ist er hier ziemlich häufig. Die Eier fand ich: 2/58. 27/58. 1/58. 21,9.6. 12. >68. 168. let. 71. 30. Gecinus viridis Boie. Ziemlich häufig. Herr Hennig in Halle nahm einmal einem Weibchen nacheinander 29 Eier fort, fand dasselbe jedoch beim letzten todt im Neste, Meine Gelege haben folgende Daten: 1212. 21.2026. le l.s int. uls.lolsG. 2150: Tas], GA ee 31. Gecinus canus Boie. Bedeutend seltener als der Vorige. Seinen Ruf habe ich hier oft genug gehört, aber nur einmal das Gelege gefunden: ?/65. 32. Dryocopus martius Boie. Soll schon einige Male in unserer nächsten Umgebung be- merkt worden sein. Als Brutvogel kommt er schon von Bitter- feld ab nach Dessau zu vor. Aus der Dessauer Haide habe ich Eier erhalten, die folgende Daten tragen: 1,1. 2/53. 3/54. 33. Picus major L. ‚Sehr häufiger Stand- und Strichvogel. Er benutztseine Nisthöhle mehrmals, nicht selten fand ich ihn sogar in solchen Löchern brütend, deren Eingang mit dem Beil erweitert worden war. Die Eier, welche ich hier beobachtete, datiren vom: 54,5. "ad. al. "/s3. *56. 3/55.,.2156. 35a. 2. sd. 150. 12/58..0: 5902/58. 0.0 0) 5iarR0m a8 22/5110. 9.220159. 0% 49 je 55008 34. Picus medius L. Ziemlich seltener Stand- und Strichvogel. Brütet in der Dölauer Haide und dann und wann in Kopfweiden. Eier beobach- tete ich am: ?*/44. #67. 35. Picus minor L. Ebenfalls Stand- und Strichvogel, aber nicht so selten als P. medius, Seine Nisthöhle legt er gewöhnlich ziemlich hoch an, doch fand ich dieselbe einmal kaum 5° über dem Boden in einer Weide am: °/%5. Andere Gelege fand ich am: "s9. 21/5 bebrütet, 459 E 36. Cuculus canorus L. Seine Ankunft fällt in die Zeit vom 22. bis 26. April, und Ende August oder Anfang September zieht er wieder fort. Nur einmal (1857) beobachtete ich noch am 15. October einen Kukuk in der Dölauer Haide. Seine Eier fand ich hier am häufigsten in den Nestern der Motacilla alba, diesen folgten die von Calamo- herpe arundinacea und dann die von Lanius collurio. In der Dessauer Gegend scheint er vor allen übrigen Rutieilla, phoenicu- rus, nächst diesem Motacilla alba, Sylvia nisoria und in vierter Linie Lanius collurio zu bevorzugen. Die Eier meiner Sammlung bei denen der Tag des Fundes notirt worden, sind bezeichnet: 17/;1. el al. U 2 12a. Tas l.l. sl. YE228 ee les el. 1, Fol 1a Yale) loln let. ix Yelode all le as ee a a a Ben. 1.207 ALL. 141.11. Vol. lei 1 Val. el. Dieselben vertheilen sich nach den Vögeln, in deren Nestern sie gefunden worden, auf folgende Arten: 1.. Lanius collurio 8 9. Calamoherpe arundinacea 5. 2. Ruticilla phoenicurus 11. 10. 55 palustris 1. 3. nr tithys 1. 11. 5: turdoides 2. 4. Erythacus rubecula 2. 12. Calamodyte phragmitis 2. 5. Sylvia nisoria 7. 13. Motacilla alba 16. 8: » hortensis 5. 14. Alauda cristata 1. „ cinerea 2, 15. Emberiza citrinella 1. 5{ Phyllopneuste sibilatrix 1. 16. Fringilla cannabina 2. 37. Coracias garrula L. Im Frühjahr und Herbst wurde der Vogel hier oft beobach- tet, zur Brutzeit jedoch noch nicht. In der Dübener und Dessauer Haide brütet er dagegen durchaus nicht selten. Die aus diesen Gegenden stammenden Gelege tragen die Daten: *”/s3. °/65. 5) 4, 6 5. 38. Alcedo ispida L. Strichvogel. Hier verhältnissmässig häufig, da die vielfach steilen, lehmigen Ufer der Saale ihm genug geeignete Localitäten zum Aufenthalt und zum Nisten bieten. Einmal fand ich sein Nest wenigstens 100 Schritte von der Saale entfernt in einem Ausstich auf einer Wiese, wo Ziegelerde gegraben worden war. Seine Paarung habe ich öfter in Feldhölzern nahe der Saale auf Obstbäumen beobachtet. Hier jagt er sich mit dem Weibchen ganz ähnlich wie die Spechte, und auch mit ziemlicher Gewandt- heit, lange umher, ehe die Paarung erfolgt. Beim Bau beobach- tete ich ihn zuerst am 3. April und eben ausgeflogene Junge sah ich am 9. Juli. Die Eier meiner Sammlung erhielt ich am: 23.2140. (bebrütet) 5. sl... 2/65, 21/6. °73. 39. Upupa epops L. Die Ankunft beobachtete ich zuerst am 4. und zuletzt am 22. April. Der Wegzug fällt in die Mitte des August. Seine 460 Eier fand ich am: "54. 158. 19,2. 2/51. *];2. 1/67. (stark bebrütet). 40. Caprimulgus europaeus L. Wann die Nachtschwalbe hier ankommt, habe ich noch nicht genügend beobachten können. Im Mai habe ich sie oft und zu- letzt am 5. Juni einmal in hiesiger Gegend getroffen. Ich glaube mit Sicherheit annehmen zu können, dass dieser Vogel in unserer nächsten Umgegend nicht brütet, da ich trotz aller darauf ver- wendeten Mühe seine Eier hier nicht habe finden können und auch andere, mir befreundete Sammler nicht glücklicher gewesen sind, als ich. Bei dem oben erwähnten, am 5. Juni beobachteten Vogel, einem Weibchen, welches ich schoss, war der Eierstock noch sehr wenig entwickelt. In der Dessauer Haide sowie in den Hölzern bei Naumburg brütet die Nachtsehwalbe dagegen nicht selten und die Gelege, welche ich von dort erhielt, sind bezeich- net: 22/52. 952. 352. 62. 1962. "a2. */62. 472. Ir 2. "Ur? 41. Cypselus apus IN. Die Thurmschwalbe zeichnet unsere Gegend vor vielen an- deren Deutschlands merkwürdiger Weise durch besonders frühe Ankunft aus. Ich beobachtete ihr Eintreffen hier in acht Jahren am: Ma Pla Va la Va. la le, während sie anderwärts erst Anfangs oder Mitte Mai anzukommen pflegt. Unser grosser Meister Naumann erwähnt diese Eigenthümlichkeit des Mauerseg- lers in Bezug auf die Stadt Halle schon, und ich freue mich, dies bestätigen zu können. Jedenfalls wäre es sehr interessant, wenn an möglichst vielen anderen Orten genaue Beobachtungen über die Ankunft dieses Vogels bekannt würden. Den Wegzug beob- achtete ich vom 1. bis 12. August. Er brütet an und in den Thürmen von Halle und mehreren Dörfern in der Nähe ziemlich häufig, dann und wann auch in den Dachgesimsen gewöhnlicher Häuser und manchmal sogar in hohlen Bäumen, wie ich dies ein- mal in der Dölauer Haide beobachtet habe. Eier fand ich am: 21,5. ®/63. Herr Hennig in Halle fand einmal noch am 22. August Nestjunge. 42. Hirundo urbica L. Die Ankunft fällt vom 8. bis zum 20. April. Ist durchaus nicht häufig in der Umgegend von Halle und in der Stadt selbst giebt es nur sehr wenig Häuser, an denen sie nistet. Die Daten der Eier meiner Sammlung sind folgende: #/;5. 29/54. 461. 65. a I nn 5 Se 43. Hlirundo rustica L. Kommt gewöhnlich einige Tage früher hier an als die Stadtschwalbe.e Die von mir notirten Ankunftstermine liegen zwischen dem 4. und 12. April. Sie scheint auch öfter länger bei uns zu verweilen als ihre städtische Verwandte, wenigstens sah ich einmal noch am 20. October eine Gesellschaft von 20— 30 461 Stück sich an der Elster umhertreiben. Ihre Brutzeit fällt dagegen etwas später als bei der Vorigen. Ich beobachtete folgende Ge- lege: Ser 65. 2.5. 14. 5. Zr: 3% 121,4. 5.5. 4, sah 25,5. 26.4.5. 7165. 11,4. 25. Auch diese Schwalbe ist hier nicht so häufig als an andern Orten. 44. Hirundo riparia L. Erscheint hier gewöhnlich zwischen dem 12. und 16. April, und ist an allen ihr zur Anlage ihrer Nester geeignet scheinen- den Localitäten ein sehr gemeiner Brutvogel für die hiesige Ge- gend. Ihre Nisthöhlen findet man hier am häufigsten in dem Deckgebirge der Braunkohlen- und Sandgruben oft weit vom Wasser entfernt. Die Eier fand ich am: °,1. 6.6.5.5. 4.5. 2. ame. 25 5..21,5.5.5.6 629.5. 2166. 5.5.4... 221,6. 22]. 5. 18,5. 45. Butalis grisola Boie. Kommt gewöhnlich zwischen dem 5. und 9. Mai hier an, nur im Jahre 1869 sah ich diesen Fliegenschnäpper schon am 27. April. Der Wegzug fällt in der Regel in die ersten Tage’ des, September. Seine Eier fand ich am: '°;4. 20,5. 1,5. 215. 5. 3. 2. 155. 4. 1165. 65. 4. 3. "led. 165.5. 5. "65. 5. "2165. 46. Muscicapa atricapilla L. Erscheint ziemlich regelmässig zwischen dem 24. und 26. April. Nistet erst seit kurzer Zeit hier. Die ersten Eier erhielt ich im Jahre 1861 aus hiesiger Gegend als grosse Seltenheit, von da ab ist er jedoch allmählig immer öfter hier als Brutvogel beob- achtet worden und gegenwärtig brütet er ziemlich häufig in meh- reren Feldhölzern sowie in vielen Nistkästchen in und bei Halle. So häufig als in der Dessauer Haide ist er jedoch noch nicht. Die Eier meiner Samınlung haben nachfolgende Daten: ”/53. 25 io. 20151625. ,.2315:6., 21T. .2955...1271570. 6.022150... 216.8; 155. 1216. 47. Muscicapa albicollis Temm. Diesen mehr dem Osten Europas angehörigen Vogel beobachtete ich zuerst im Jahre 1865 in Lauchstädt, wo ich ein Männchen in Gesellschaft von 'Trauerfliegenfängern antraf. Im Jahre 1870 erschien ein Pärchen dieser Vogel hier bei Halle und nistete in einem Brutkasten an der Ziegelwiese. Auch in diesem Jahre brütete ein Pärchen, wahrscheinlich dasselbe, im Mai in einem Nistkästchen auf der Promenade unserer Stadt. Die Einbürgerung dieses Fliegenschnäppers : als Brutvogel in unserer Gegend ist jedenfalls eine sehr auffallende Erscheinung, da derselbe bisher nur im südöstlichen Theile Deutschlands nistend gefunden wurde. Hoffentlich bleibt uns der interessante Fremdling auch in Zu- kunft treu, 48. Lanius ercubitor L. Stand- und Strichvogel. Selten, aber doch alljährlich hier 462 beobachtet. Im Frühjahr und im Winter sieht man ihn noch am öftersten entweder in kleinen Keldhölzern oder auf einzelnen Bäumen an Feldwegen. Nistend fand ich ihn nur bei Schkeuditz. Die Daten der Eier meiner Sammlung von dert und aus der Dessauer Haide sind folgende: ?55. 5. 29],4. 49. Lanius minor L. Sein Eintreffen beobachtete ich zwischen dem 24. April und dem 7. Mai, der frühste Wegzug fiel auf den 18. August, der späteste auf den 10. September. Die Eier fand ich am: "7134. a nl, Ar el 6: 50. Zanius rufus L. Erscheint hier zwischen dem 24. April und dem |. Mai, Anfang September sah ich ihn noch oft. Er ist nächst L. exeu- bitor der seltenste von unseren Würgern. Meine Sammlung ent- hält Gelege mit folgenden Daten: '955. 7)s2. *5. ”Is4. "*1s5. 51. Lanius collurio L. Kommt gewöhnlich später an als die beiden Vorigen. Ich notirte seine Ankunft vom 26. April bis 7. Mai. Er verlässt uns oft schon in der ersten Hälfte des August. Er ist ungleich häufi- ger als seine drei Gattungsgenossen zusammengenommen. Einmal beobachtete ich bei diesem Würger, dass er in ein Nest der Sylvia cinerea, aus welchem ich etwa 10 Tage vorher die Eier genommen hatte, ohne dass er dasselbeirgend wie verändert hätte, die seinigen legte. Dass er auf sein oder auch eines andern Vogels altes Nest ein neues setzt, habe ich schon einige Male zu beobachten Gelegenheit gehabt. Die Eier meiner Sammlung, von denen etwa 30° der rothen Form angehören, haben die Daten: 12,5.11,5.4. 215.5. 2156. 29155. 2155.5.5. 155.6 5- 7759.60. 429. sd. "168. 6d:u 268.0. 165.8.8. .l65.b.5, eo. ea na 2165. 9.0.) 268.5. . 10166.5.5.5. 2165. 2165. .2]e5.1. 2a aes.2. 22.1. ZEN 101,4. 122. 0 8 52. Bombycilla garrula. ist im Winter keine zu seltene Erscheinung, und zeigt sich hier am häufigsten im November und Februar. Im Winter 1867/68 beobachtete ich 3 Seidenschwänze in meinem Garten, wo sie ihre Lieblingssitze hatten, vom 25. October bis zum 9. April. Herr Präparator Frosch sah ein Weibehen noch im Mai. 53. Begulus ignicapillus. Ich sah ihn nur im Winter, jedoch viel seltener als den folgenden in der Dolauer Haide. 54. Begulus flavicapillus. Im Winter gemein, im Sommer äusserst selten. Ein altes Nest, welches wahrscheinlich dieser Art angehörte, fand ich im Bündorfer Holze. Ein Gelege aus der Dessauer Haide wurde ge- funden am °|55. 463 55. Panurus biarmicus. Nach Naumann “und Nitzsch soll sie öfter am Mansfelder See vorkommen und sogar dort brüten! Heut zu Tage ist dies freilich nicht mehr der Fall, und auch ältere vogelkundige Hal- loren, die ich über diese und die folgende Meise befragte, konn- ten mir keinerlei bestätigende Antwort geben. 56. AJegithalus pendulinus. Naumann sagt von dieser Meise, sie zeige sich alle Jahre am Salzigen See und brüte auch dann und wann dort. Nitzsch be- stätigt diese Angabe und hat sie auch aus der Gegend von Magde- burg erhalten. Trotz Naumann und Nitzsch, der sie auch lebend im Käfig unterhielt, muss man wenigstens in Bezug auf das an- gebliche Brüten dieser beiden Meisen in hiesiger Gegend, eine Täuschung für möglich halten. 57. Orites caudatus Moehr. Strich- und Standvogel, der wie es scheint, auch manchmal zieht, wenigstens beobachtete ich den Wegzug der Schwanzmeisen in dem sehr strengen Winter 1870,71 wo sie vollständig aus unserer Gegend, die sonst nicht arm an dieser Art ist, ver- schwanden. Uehrigens habe ich bis heute keine Schwanzmeise an ihren sonstigen Lieblingsorten antreffen können. Ihr frühes Brüten, ehe das Laub ihrem Neste einige Deckung gewährt — ich fand einmal schon am 24. April 14 vollständig flügge Junge in einem Neste — ist die Ursache, dass ihre Eier häufig eine Beute der Elstern und Heher werden. Ich habe in jedem Jahre etwa 2 Drittheile der aufgefundenen Nester kurze Zeit nachher von diesen Räubern zerstört gefunden. Die Gelege, welche ich fand, haben folgende Daten: Zr. INNE hi. 30/413. 1510. Das niedrigste Nest stand kaum 1 '%‘, das höchste etwa 30 — 40’ über dem Boden, die gewöhnliche Höhe liegt jedoch zwischen 5 und 12‘, 58. Parus cyaneus Pall. Mein verstorbener Freund Dr. W. Bauer will diese schone Meise einmal am 5. November 1859 in der hiesigen Dölauer Haide bemerkt haben. 59. Parus coeruleus L. Häufiger Stand- und Strichvogel. Die hier aufgefundenen Eier tragen folgende Daten: 47. 1410. *512. 59. 11157. (bebrütet). 60. Parus major L. Strich- und Zugvogel. Diese Meise, welche uns im Herbst in ungeheuren Schaaren besucht, ist die häufigste der hier vor- kommenden Gattungsgenossen. In nicht unbedeutender Menge bleibt sie im Winter bei uns. Zwei von den hier aufgefundenen Nestern möchte ich, ihres eigenthümlichen Standortes wegen, erwähnen: 464 Das erste stand in der Röhre eines gangbaren Brunnens in einem Garten. Hier war es auf einigen abstehenden Splittern der Brunnenröhre, welche die einzigen Stützpunkte dafür boten, künstlich befestigt und seine Form so gewählt, dass die Pumpen- stange davon zum Theil umschlossen war und bei der Bewegung fast das Nest berührte. Es stand 5“ oberhalb der Tülle. Das zweite Nest stand völlig offen und frei in der Gabelung einer Kiefer etwa 3's‘ über dem Boden. Herr Hennig fand einmal gleichzeitig halbflügge Junge und das volle, schwachbebrütete Ge- lege in einem Neste und sah die nachgelegten Eier von den jungen Vögeln später ausgehrütet. Eier fand ich am: 1945. Sal 2, HT. T. 2595. 5.8.10. °,6. 2, Suse san ur 6. 3% ZU > (bebrütet). 61. Parus ater L. Stand- und Strichvogel, der seltener zum Zugvogel zu werden scheint als die Kohlmeise. Das Nest fand ich nur einmal in be- deutender Höhe, und zwar in einem etwa 30° über dem Boden befindlichen Astloche einer Eiche, aus welchem die Tannenmeise ein Pärchen von P. coeruleus, welches sich hier schon häuslich eingerichtet, mit Gewalt verjagt hatte. Die Eier meiner Samm- lung tragen folgende Daten: '”,1. 1245. "146. 45. *142.5.8.5. Ro 0 6er. 256. 005 21.6702 62. Parus palustris L. Stand- und Strichvogel. Liebt zu ihrem Aufenthaltsorte vorzugsweise die Obstbaumpflanzungen oder solche Feldhölzer, die auch Obstbäume oder Kopfweiden enthalten. Dem Neste, welches ich immer in Obstbäumen und Weiden fand, dient eine grosse Menge grünes Moos zur Unterlage. Meine Gelege datiren: ®,8. °948. °158. Bei diesen Gelegen hatten die Weibchen aus- gelegt, es scheint also die Zahl 8 für das volle Gelege constant zu sein. 63. Parus cristatus L. Selbst zur Strichzeit sieht man diese Meise hier nicht oft und zur Brutzeit gehort sie unter die Seltenheiten. Ich konnte nur einmal ein Pärchen dieser Meisen in der Dolauer Haide beim Bauen beobachten, doch scheint auch dieses Pärchen seine Absicht, hier zu nisten, aufgegeben zu haben, denn eines Tages war es verschwunden. In der Dessauer Haide ist sie dagegen ein häu- figer Brutvogel und ich will deshalb, da ich über ihre Brutver- hältnisse aus hiesiger Gegend nichts berichten kann, die Gelege meiner Sammlung, die von da stammen, aufführen: 1,2. 145. 1256. 5. 1.0], Bee als ER 22156. 64. Sitta caesia M.u. W. Stand- und Strichvogel. Sowohl im Kiefernwalde, wenn er nur einige Laubholzbäume enthält, als auch in den Obstpflanzun- 465 gen ist er überall ziemlich häufig. Seine Eie, fand ich am: nt 12141. 12,3. nt 23,9, 244 8. 251,8.8, 045. 2159. 2,9. SNSRgE a 65. Techodroma muraria Ill. Naumann sagt, die Mauerklette habe sich einmal bis in die Stadt Halle verflogen. 66. Certhia familiaris L. Häufiger Strichvogel für unsere Gegend. Seine Nester findet man hier am häufigsten in Weiden und zwar besonders in der Länge nach aufgespaltenen Stämmen. Einige Pärchen schreiten in manchen Jahren ungemein früh zum Fortpflanzungsgeschäft; so sah ich 1866 schon am 27. Februar bei Schneegestöber ein Baumläufer-Paar eifrig mit dem Nestbau beschäftigt. Die Eier fand-ieh hier am: ?2],5. 2144. 19,7. 1816. 115.5. 4 5. 5..6. 6. 7.3. at 6.2120. 1156.2155.5.6. 95 7. 2152.60. 156..7.9. 15.2.6. 154. 151,6. 1,1. 211,6. 22156. 116.6. 2165. "167 (bebrütet) "265. 67. Troglodytes parvulus Koch. Stand- und Strichvogel. In manchen Jahren wie z. B. 1867 hier höchst selten, während er sich sonst, obgleich er ja nirgends gerade zu häufig ist, immer leicht bemerklich macht. Die Ge- lege meiner Sammlung tragen folgende Daten: !?]45. ?%,6. °s4. 25280 151. 1.4. 2104.6. 68. Cinclus aquaticus Bechst. Wird von Nitzsch ohne nähere Angabe als bei Halle vorge- kommen bezeichnet. In neuerer Zeit wurde dieser Vogel einmal auf dem sogenannten Rathswerder bei Halle auf einem Floss sitzend, von Herrn Präparator Frosch hier .im Herbst 1841 ge- schossen. 69. Turdus merula L. Häufiger Strich- und Zugvogel. Einzelne Pärchen brüten dann und wann auffallend früh. So fand ich im Jahre 1868 bereits aın 26. April ausgeflogene Junge, während man sonst um diese Zeit die ersten Eier zu finden pflegt. Die Daten meiner Gelege sind: 444. 1,5. 141. 745.4. 7155. 155.5. 11,5. 1754 156005 1.5. 1A. 12165. 22155. °74. 70. Turdus torquatus L. Ich habe diese Drossel hier nur im Jahre 1867 beobachtet, wo ich einige auf dem Eise eines Grabens bei Röpzig antraf und später am 2. Februar in der Nähe desselben Ortes grosse Schaa- ren auf den Wiesen bemerkte. In dem erwähnten Jahre traf ich diese Vogel ebenfalls in Menge bei Cöthen. 711. Turdus viscivorus L. Ziemlich häufiger , Strichvogel. Obgleich ich einmal am 11. Juni 1867 die Alten mit ihren Jungen in der Dölauer Haide 466 traf, glaube ich doch nicht, dass sie in unserer unmittelbaren Nähe brütet. Jn der Dessauer Haide ist dies nicht selten der Fall und tragen die Eier, welche ich von dort erhielt, folgende Daten: 2144. 1154. °1s5. 155. 9155. 152. 052. 165. 465. 12,4. 12. Turdus pilaris L. Früher war die Wachholderdrossel ausschliesslich Zugvogel für die hiesige Gegend, während seit etwa 10 oder 12 Jahren eine immer beträchtlicher werdende Anzahl hier auch den Som- mer verbringt. Die erste zuverlässige Nachricht, welche ich über das Brüten der T. pilaris in unserer Gegend erhielt, datirt vom Jahre 1859. Von da ab bis zum Jahre 1864, wo ich in einem kleinen Feldhölzchen bei Rattmannsdorf, welches ich schon seit Jahren fleissig durchstreift hatte, etwa 6 bis 8 Pärchen nistender Wachholderdrosseln entdeckte, scheint sie nicht bei uns gebrütet zu haben. Im nächsten Jahre fand ich die Zahl der hier woh- nenden Pärchen schon auf wenigstens 30 angewachsen, und im Jahre 1866 war fast jeder Baum besetzt. Gleichzeitig wurde eine andere Kolonie auf der Rabeninsel gegründet, die sich ebenfalls bedeutender Frequenz erfreute. 1867 und 1868 siedelten sich grosse Schaaren dieser Drossel in Giertz und bei Ammendorf an, und gegegenwärtig findet man sie fast ausnahmslos in allen Feld- hölzern nistend, so dass sie unter unsere gemeinen Brutvögel ge- rechnet werden muss. Die Nester stehen fast immer in bedeu- tender Höhe, nur im ersten Jahre, wo ich sie hier auffand, waren dieselben meist nur 12—16° hoch angebracht. Auf Rüstern oder Eichen haut sie am liebsten, manchmal in einer Gabelung der Hauptzweige,. gewöhnlich jedoch auf einem womöglich horizontal vom Stamme abstehenden starken Zweige, ziemlich weit vom Stamme entfernt. DieEier, welche ich hier fand, tragen folgende Daten: Ik 155924: 252.5. 5, Si.A. 173. Turdus iliacus L. Berührt unsere Gegend regelmässig auf dem Frühjahrs- und Herbstzuge. 74. Turdus musicus L. Erscheint gewöhnlich schon Anfang März hier in grosser Anzall. Die Daten der von mir beobachteten Gelege sind: "4. 2144. 22,5.4, 245.3. 2.056.005, Aula], 5.02], 23 12155. 22155. 4155.5.5: ‚153.5. 15 164. 4265.,6. 21a020-8- 083. 221.5.5.4. 21,5. °»6. Ein Nest wurde in der Krone einer hohen Kiefer gefunden. 75. Petrocincla saratilis Vig. Wurde von Naumann einst im Mansfeldischen beobachtet. 76. Buticilla phoenicurus By. Erscheint zwischen dem 6. und 16. April und verlässt uns gewöhnlich erst gegen Mitte, manchmal erst zu Ende September. 467 Gelege wurden von mir an folgenden Tagen gefunden: 241. as das 2135. 21595. 19155-211710. W513. 2156. 29156. 201557 ZiRBaB le 52 215,6.020. 7 1504, 158.0 la. 250: 7, 16.6 eo 16T. 166.0. 7. 2 taten. 16.8.0 anleize 201.5.6.4. 2466. 173. °,4. Etwa S— 10°), der aufgefundenen Eier zeigen am stumpfen Ende feine rothe oder rothbraune Punkte, einige sogar grössere Flecke. Fast immer erstreckt sich diese Zeichnung, wo sie stattfindet, über das ganze Gelege. 17. BRuticilla tithys Brehm. Kommt gewöhnlich in der letzten Hälfte des März hier an. Ich notirte die Tage vom 12. bis 23. genannten Monats. Zuletzt habe ich ihn am 2. October gesehen. Die von mir notirten Ge- lege fand ich an folgenden Tagen: °145.5.5. 145. ”lı5. 46. 1192 2 ee 2. led. ler 265% 1.5.2.6. 15. 15. Unter diesen Eiern sind 12 Stück, die von ein und demselben Weibchen herrühren, deutlich blau. Drei andere Exemplare haben am stumpfen Ende viele rothbraune Pünktchen, und haben viel Aehnlichkeit mit denen der Tichodroma muraria, nur sind sie kleiner. 78. Erythacus rubecula Cuv. Kommt in der ersten Hälfte, manchmal schon in den ersten Tagen des März an und verschwindet gegen Ende October. Die Eier meiner Sammlung haben folgende Daten: 19];6. #157. 9]; 6. 21.5. 1755 6Y° 7Je 79. LZusciola suecica K. u. Bl. Erscheint oft schon Anfang März und streicht einige Wochen umher. So beobachtete ich in diesem Jahre ein Pärchen in meinem Garten vom 12. März bis zum 16. April. Im vergangenen Jahre fing ich noch am 23. September ein Blaukehlchen in meinem Garten. Sie brüten an den mit Weidenbüschen bewachsenen Ufern unserer Saale häufiger als man nach den wenigen Eiern, die hier gefunden wurden, glauben sollte, wenigstens sah ich die auffal- lend gezeichneten Jungen hier nicht selten. Von Eiern habe ich aus hiesiger Gegend nur erhalten aber niemals selbst gefunden: 2152. 15. 80. Lusciola luscinia K. u. Bi. Tritft gewöhnlich in den Nächten vom 15./16., 16./17. oder 17./18. April hier ein. Die letzte Nachtigall bemerkte ich am 20. September. Das Nest, mag es direct auf dem Erdboden oder in einem Busche stehen, fand ich nie ohne Unterlage von Eichen- blättern. Es ist bekannt genug, dass die Nachtigall ihr Nest oft sehr schlecht verbirgt, aber eins fand ich, wo dies in sehr hohem Grade der Fall war. Dieses stand nämlich in einem abgebroche- nen Zweige, den man mitten auf einen Fussweg (auf der Raben- insel) gestecki hatte, um anzudeuten, dass das Betreten desselben 468 nicht gestattet sei, und war in dem kahlen Zweige nicht nur sehr leicht sichtbar, sondern fiel geradezu auf. Die Eier fand ich hier: 101.5. 18]. 8 4. ur I 21], 52 SR len zus 5% 262. 2.5. >. 13. "2162. "sd. 81. Lusciola philomela K. u. Bl. Soll nach Naumann öfter an den Ufern der Saale und Mulde vorgekommen sein. 82. Saricola oenanthe Bechst. Seine Ankunft beobachtete ich zwischen dem 22. März und 6. April. Gelege beobachtete ich hier am: 14. 19,6. 2,6. 29° 58. 157. 16.5.5. 2219.60. 2les. 269: 0398 ms 16. ?165. 125.5. Etwa 10% der aufgefundenen Eier sind am stumpfen Ende mit heller oder dunkeler rostrothen Pünktchen oder Fleckchen gezeichnet. Einmal fand ich das Gelege dieses Vogels unter dem Dache eines im Felde stehenden Schuppens in einem Neste von Motacilla alba, welche der Steinschmätzer daraus vertrieben hatte. 83. Pratincola rubetra Koch. Zwischen dem 14. April und 1. Mai kommt er hier an und streicht oft längere Zeit auf den Feldern umher. Seine Eier fand ich am: 101,6.6. ?0,6. °%155. ”ls5. (bebrütet) 10.4. 1765. 1866. ”]5. Die Eier sind häufiger einfarbig als gewölkt oder gefleckt. 84. Pratincola rubicola Koch. Naumann salı diesen Vogel im Mansfeldischen. Wenn er gegenwärtig hier noch vorkommt, gehört er jedenfalls unter die grössten Seltenheiten. 85. Jccentor modularis Cuv. Erscheint selten schon Ende März, häufiger Anfang April und streicht in kleinen Gesellschaften in den Feldhölzern umher. Ein- mal hörte ich den Gesang dieses Vogels am 23. Februar bei Ropzig. Von seinem Brüten in hiesiger Gegend kann ich aus eigener Erfahrung weiter nichts auführen, als dass ich einst im Winter auf der Rabeninsel ein altes Nest fand, welches höchst wahrscheinlich dieser Art angehörte. Herr Hennig theilt mir indess mit, dass er die Eier dieses Vogels je einmal auf der Ra- beninsel, bei Liebenau und in der Dölawer Haide gefunden habe. Ich besitze keins aus unserer Gegend. 86. Accentor alpinus Bechst. Naumann erzählt, sein Vater habe einen kleinen Trupp der Alpenbraunelle von 10 oder 12 Stück im August im Mansfeldi- schen gesehen. 87. Sylvia nisoria Bechst. Kommt zwischen dem 19. und 30. April bei uns an. Sie 469 brütet in mehreren Feldhölzern, doch fand ich nur im Lindbusche bei Nietleben mehrere Pärchen in einem kleinen Reviere brütend. Die Daten der von mir beobachteten Eier sind folgende: 3/4. ar 502 015360. 102. Sla 2. 21 aM 88. Sylvia hortensis Lath. Ihre Ankunft fällt in die Zeit vom 23. April bis zun 5. Mai. Die Eier beobachtete ich am: °/;2. "/;4. 2/5. 295.4. ed dr 2/65.4. 4. A Dal Dee KS-Bn aea IOBCRBLERTEn 46 DH Kann OB 22/65. 75. "56. In Siertz fand ich zwei leere Nester dieser Grasmücke dicht bei einander, auf denen die Weibchen nichts desto weniger eifrig brütend sassen, das eine derselben stand voll- ständig verkehrt, so dass der Vogel auf dem sonst unten befind- lichen Theile des Nestes sass. 89. Sylvia atricapilla Lath. Gewöhnlich erscheint die Mönchsgrasmücke zwischen dem 17. und 28. April. Eier fand ich an folgenden Tagen: *;5. 55. (bebrütet) ”/;5.4. (bebrütet)5. °'/;4. °*/s5. */s5. (bebrütet) 7/65. O5. 15. ld. 135. 65. 65. ud. Das Vorkommen der Eier mit Fock Grundfarbe zu denen der gewöhnlich gefärb- ten steht in dem Verhältniss wie 1:22. 90. Sylvia cinerea Lath. Auch diese Grasmücke erscheint in der zweiten Hälfte des April bei uns. Eier beobachtete ich am: 5.1. 14,4. 155. 175. 1855. 955-5. 27159. 01,4. 2%,,6. °°/55. (bebrütet) °/;6. 69. ed. 6. sd. v3. 12/6. 13/68. 7/66. 7/66. 6. Zu, 200,5... 29/4. 91. Sylvia curruca Lath. Trifft gewöhnlich zwischen dem 4. und 15. April hier ein. Das frühste Erscheinen fiel auf den 27. März, das späteste auf den 21. April. Eier beobachtete ich am: "55. 953.5. 1955. 141/,4.3. (bebrütet) 152.5. 1%,3. °,3.5. */;6. */s5. "9/53. 77,5. 22/,4.5. /;4. 97,6. */s4, (bebrütet) %65. °/6 5.5. 65. 9/66. ”/65. 6. Ein Nest, welches ich in Manneshöhe auf einer jungen Kiefer in der Dölauer Haide fand, war fast ausschliesslich von Hrica vul- garis erbaut. 92. Phyllopneuste sibilatrix Brhm. Zwischen dem 16. und 24. April beobachtete ich die Ankunft. ist besonders in unserer Dölauer Haide ein recht häufiger Brut- vogel. Die Gelege, welche ich hier fand, hapen folgende Daten: 220): 520. 22/81 2.023),1., 25/5:5..6:7275,6.8. 277, 585. 75,1. 9.1506. 10/67. (bebrütet) '/,5. 93. Phyllopneuste rufa Meyer. Erscheint bedeutend früher als P. sibilatrix, zwischen dem 22. März und 3. April. Von Eiern fand ich hier in verschiede- Zeitschr. 1. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 32 & 470 nen Feldhölzern: ?%/,2.2.7. 8/6. 1/66. 17/5. 18/5. 22/5. Die Eier kommen selten mit grossen, dunkelrothen Flecken vor. Das Nest fand Herr Hennig einmal auf dem Kopfe einer alten Weide. 94. Phyllopneuste trochilus Meyer. Kommt in der zweiten Hälfte des April hier an. Ist in der Dölauer Haide nicht häufig, ziemlich zahlreich dagegen in mehren Feldholzern unserer Gegend. Die Daten der von mir gefundenen Gelege sind: '%/;6. °/,6.7. °°/52. 7/;5.5.5. °0/,6. 21166. 95. Hypolais vulgaris. Selten vor Anfang Mai, gewöhnlich im ersten Drittheil dieses Monats hier eintreffend. Ist in einigen unserer Feldhölzer, na- mentlich im Bündorfer Holze bei Merseburg ein ziemlich häufiger Brutvogel. Seine Eier fand ich am: ?%,4. ?9/,5. */sA. 65. /0923.2. %163.8.2:11. 7/63. 2168.9.9.° 169.9. 9.9, Uno 18/65. "ed. "169. ”le4. "179. 96. Calamodyta phragmitis Bp. In den letzten Tagen des April habe ich ihn hier ofter auf dem Zuge bemerkt. Im Jahre 1868 fand ich am 9. Juni auf einem Teiche bei Rattımannsdorf der jetzt abgelassen und urbar gemacht ist, diesen Vogel in beträchtlicher Anzahl nistend. Die aufgefundenen Nester, die meist dicht auf dem seichten Wasser in oder zwischen den Kufen der Typha latifolia standen, enthielten stark bebrütete Eier oder schon Junge. Zwei Gelege, die ich : aus dem Dessauischen erhielt, haben die Daten: ??];5. 2%4. 97. Calamodyta aquatica Bp. Nur einmal und zwar am 27. April 1867 habe ich diesen kleinen Rohrsänger hier angetroffen. Iur Dessauischen fand ich ihn brütend auf dem Kühnauer See. Ein Gelege von dort wurde gefunden am: 25. 98. Calamoherpe arundinacea Boöie. Zwischen dem 20. und 26. April beobachtete ich die Ankunft dieses in den Weidenhegern der Saale und Elster ziemlich häu- figen Rohrsängers. Seine Eier fand ich hier am: °115. °/61. 0169-4. 2lel.c.c. 14.4.3. 21.4. 2,54. 28. (bebrütet) 16 3.3. 16.4.4.2. 181,3. (bebrütet) 41. ‘1. Ein Nest fand ich circa 12° hoch stehend. ” 99. Calamoherpe palustris Boie. Kommt in der letzten Hälfte des April hier an und nistet ebenso so häufig wie der Vorige in allen Weidenhegern, dieselben mögen dicht am Wasser oder ziemlich weit davon entfernt sein, wenn sie nur möglichst viel Brennesseln enthalten. Die Eier fand ich hier"’am.7 92% ,4.c.c. st. 3. 13.5, led. lcA.3. “ala 25 (be- brüter). 13/.4. '4/45.5 (bebrütet). "63.1. 15 (bebrütet). 1% 5.4 (bebrütet) ?%/, 4. 471 100. Calamoherpe turdoides Boie. Kommt gewöhnlich erst in den letzten Tagen des April hier an, und ist der häufigste unserer Rohrsänger. Seine Eier fand ich am: 28. 1. SVERWIlE Ural IABL 165.5. Una. 1205. 143.4. 19/65. 19/64. 7/62. 2%65. °°/54. 772. In dem vom Winde umgebrochenen Schilfe fand ich einst ein Nest dieses Vogels, welches vollig auf die Seite gelegt war und in welchem der Vogel trotzdem auf zwei Eiern hbrütete, die hart am Nestrande lagen. 101. Salicaria locustella Selby. Ende April bis zum Anfang des Juni habe ich den Vogel hier öfter gehört, namentlich scheint er solche Localitäten zu lieben, wo Sumpf, Wiese und Weidenpflanzungen bei einander sind, doch fand ich ihn auch in den Getreide- und Rapsfeldern. ebenso in grasreichen Feldhölzern. So viel mir bekannt geworden, ist sein Nest hier noch nicht gefunden worden, obgleich er höchst wahrscheinlich auch in unserer Gegend brütet. Im Dessauischen scheint er öfter zu nisten, wenigstens erhielt ich von dort in vergangenem Jahre zwei Gelege mit den Daten: °%,5. *63. 102. Motacilla alba L. Kommt der grossen Mehrzahl nach hier im Anfange des März an, wo man sie gewöhnlich in grossen Gesellschaften auf mit Schilf bestandenen Teichen sieht. Ein kleiner Theil bleibt den ganzen Winter über bei uns, wie ich dies zu wiederholten Malen zu beobachten Gelegenheit hatte, Am T. September 1866 fand ich in einer Laube im „Waldkater“ (Dölauer Haide) ein Nest mit jungen Bachstelzen, die am 9. September ausflogen. Die Eier fand ich am: °%,5.5. %56.6. 214.4. %/,6. 1),2.7.7. 121,5. 27/56.6.6.6.4. °°/;6. ?9;6.6. 45.5. 63.1. 66. 65. "Id. 265. 1068: 11/66. 12165. 2, 5. 20/.4.4. 22/54. 625. 103. Motacilla sulphurea Bechst. Bleibt vielfach im Winter hier, diejenigen, welche uns im September oder Oktober verlassen, erscheinen Anfang März wieder. Sie ist zwar nicht häufig hier, doch findet man sie an ihren Lieblingsplätzen, den Wassermühlen und Schleusen fast überall nistend. Beim Bau ihres Nestes beobachtete ich sie schon im Marz. Eier erhielt ich am: 19, % 205: 4 6. 18). 5 24,6. 28/,4. 25.5. 1125. °126. 104. Budytes flavus Cuv. Trifft gewöhnlich in der zweiten Hälfte des April hier ein. und verlässt uns im September wieder. Sie ist häufig bei uns und in einzelnen Gegenden, wie hier bei Rattmannsdorf, sogar recht gemein. Ihre Nester fand ich hier am häufigsten unter Erdschollen, sonst auch im Grase an Gräben. Die Eier fand ich hier: 1/66. 1,6. ?%,6.6 (bebrütet). ”7/;6.5. 19/66.6. ‘4/6 (be- brüter). 1/65, */65. 6. 5. 32 * 4712 105. Anthus pratensis Bechst. Oefter im März und einmal schon am 19. Februar traf ich diesen Pieper in grossen Schaaren auf Feldern und feuchten Wiesen bei Rattmannsdorf umherstreichend. Brütend wurde er hier bis jetzt nur zweimal von Herr Hennig gefunden und zwar am: *%/44. 2]64. 106. Anthus arboreus Bechst. Erscheint gewohnlich Mitte April hier, und ist in der Dolauer Haide wie in den meisten Feldhölzern gemein. Die Gelege meiner Sammlung tragen die Signaturen: 54. 7,5. "154. 14,5. *15 6. 221,6.5.8/:5. 95.046 A. 3 aa 2/24.5.5. 107. Anthus campestris Bechst. Kommt in der letzten Hälfte des April hier an. Brütet vorzugsweise in einem sterilen Terrain zwischen der Dölauer Haide und dem Dorfe Granau, Hier in der Nähe meines Wohnhauses, brütete auch einmal ein Pärchen in einem Terrain, wo die Haubenlerche gern ihr Nest anlegt. Die Eier meiner Sammlung sind bezeichnet: ?/;5. °/55. 7,4. °/s4. 7/65.5. 17/64. ”/r4. 108. Alauda arvensis L. Kommt in der Regel im ersten Drittheil des Februar hier an. Tritt ungünstige Witterung ein, besonders Schneegestöber, so ver- schwindet sie plötzlich und erscheint erst wieder, wenn das Wetter besser geworden ist. Die hier gefundenen Eier notirte ich unter folgenden Daten: 9471. *143. 43. ”/s2. "56. 5A. 54. 107,2. 020116. TA 5 05.5. 150 ad. eds °7/65. *062. 72. "a4. "aD. 109. Alauda coristata L. Häufiger Standvogel. Die Eier, welche ich hier fand, haben die Daten: En a 13/,4. 16), 4. hn 5% un Ö): na ua, 4. ZUR 3) RR a a RE ER 5 768 1.5. 1%/,4. Die Eier aus der hiesigen Gegend sind im Allge- meinen grösser, namentlich dieker als die, welche ich aus dem Dessauischen erhielt. 110. AJlauda arborea L. Diese Lerche, welche in der ersten Hälfte des März hier einzutreffen pflegt, ist als Brutvogel ziemlich selten in unserer Gegend. Von Bitterfeld ab nach dem Dessanischen zu wird sie iinmer häufiger. Die hier gefundenen Gelege tragen folgende Daten: *,5. 19,4, /,2. 27/45. 111. Alauda alpestris L. Nur einmal, am 19. Februar 1866 traf ich diese schone Lerche auf einem Feldwege sitzend und fehlte sie leider. 112. Emberiza miliaria L. Sehr häufiger Standvogel für unsere nächste Umgebung. Bei 473 Naumburg ist er selten. Die Eier fand ich am: ?%5. 29,5. als. lad. ed. "led. 166. 165.5. 765.6. 2A. 5.6.3.5. ?%965. °25. 24. "5. 17725. 975. 25. #81. 113. Emberiza citrinella L. Sehr häufiger Stand- und Strichvogel. An vielen anderen Orten hat man die Goldammer schon im März hrütend gefunden, während sie in unserer Gegend nicht leicht vor Ende April nistet. Die Eier, welche ich hier fand, haben folgende Daten: 45. ao sa. sd. 1055. no. 6. 150. 150. 1/8 (bebrütet). ®/sA. 24. 64.2. 15/2. 1/62. 7/4. 74. 4. v4. ?2/y2. !/s4 (bebrütet). Am 15. Juni 1867 fand ich in einem Gold- ammerneste zwei etwa 8 Tage alte Junge und zwei sehr schwach bebrütete faule Eier. 114. Emberiza hortulana L. Ist früher schon ofter hier beobachtet worden, aber immer als eine Seltenheit. Im Jahre 1865 und ebenso 1867 habe ich den Gesang dieser Ammer hier oft von den Chaussee-Pappeln bei Ammendorf gehört und erhielt im Jahre 1869 die Eier am: *]4. In diesem Jahre hörte ich den Vogel bei Ammendorf am 8. Juni singen. 115. Emberiza cia L. Wird von Nitzsch und Naumann als bei Halle gefangen und von ersterem auch im Bauer gehalten angeführt. 116. Emberiza schoeniclu 4. Trifft sehr frühzeitig, schon am 2. März, hier ein oder über- wintert auch manchmal. Ist hier durchaus nicht selten, fehlt da- gegen bei Naumburg noch fast gänzlich. Meine Gelege aus hie- siger Gegend fand ich am: 755.5. %3. 1,5 (bebrütet). %/s5 (bebrütet). °/s5 (bebrütet). °/4 (bebrütet). 117. Plectrophanes nivalis Meyer. Wird schon von Nitzsch als, zumal im Winter von 1819 und 1830 sehr zahlreich bei Halle vorgekommen erwähnt. Ich traf bei Rattmannsdorf am 20. November 1863 eine kleine Ge- sellschaft Schneeammern auf dem Felde bei Schneegestöber. 118. Fringila coelebs L. Im Frühjahr, oft schon im Februar, sammeln sich regelmässig ungeheure Schaaren von Finken in einen südwestlich vorsprin- genden Kiefernbestande der Dolauer Haide, die sich einige Wochen nach ihrer Ankunft allmählig auflösen. Ziemlich viele bleiben im Winter ganz bei uns und unter diesen sieht man selten Weibchen. Von Eiern beobachtete ich hier: ?°44. ”ı5. 155. %15. 55.5. a 949.130. Aus o12o. 1, A Be 12155.9.2.5. iso sr. 545, 2585.,3.5.: 2 Kelad. Jod led: 63% al, StB), 02. Ed, 1. Sn) I Alla), 12/45. ara 119. Fringilla montifringilla L. Auf dem Durchzuge habe ich diesen Vogel öfter vom Oktober bis Mitte Januar in grosser Anzahl bemerkt. Im Frühjahr sieht man ihn nicht so oft, manchmal sah ich ihn in Gesellschaft von Fr. chloris. 120, Fringilla chloris IN. Im März trifft man sie oft in grösseren Schaaren, und schon wieder aım 6. Juli traf ich eine kleine Gesellschaft von 15 bis 20 Stück auf dem Felde an. Eier beobachtete ich am: 243. 445.5. >/55. "/s1.6. Us. 1759. 253.2 (bebrütet).s 12926. al, N ER) (bebrütet). ee) (bebrütet). 2.4. 1263. 1/85. 1966. 7/66. 6. 4. 17/25. ?/a4 (bebrütet). 121. Fringilla cannabina L. im Winter sieht man ihn oft in sehr grossen Schaaren umher- streifen. Zur Brutzeit ist er hier bald selten, bald sehr häufig. So fand ich einmal vor 10 bis 12 Jahren in einem jungen Kie- fernbestande die alten Nester in ungemein grosser Anzahl. In ähnlicher Weise, wenn auch bedeutend weniger zahlreich, fand ich ihn im Jahre 1867 in und bei Ammendorf brütend, wo bei- spielsweise in einem kleinen Garten im Dorfe vier Pärchen niste- ten. In andern Jahren fand ich seine Nester selten, manchmal auch gar nicht in unserer nächsten Umgebung. Die Daten der aufgefundenen Eier sind: *°%ı5. */s5. 455. %5. 7155.5.4.1. 955 155.4.2355. 2.6. 4/68..46.9.8. od. 263. 122. Fringilla montium L. Den Berghänfling traf ich öfter vom Oktober bis Januar meist in Gesellschaft von Fr. cannabina auf meinen Futterplätzen in Rattmannsdorf. ‚123. Fringilla carduelis L. Nicht gerade häufiger Standvogel, den man selbst in stren- gen Wintern in grösseren oder kleineren Gesellschaften antrifft. Seine Eier fand ich am 22]. 5. 29155. 2]; > 21.6 (bebrütet) 23, 5; 5,5. 1116. 124. Fringilla spinus L. Vom Oktober bis zum März in meist sehr zahlreichen Ge- sellschaften durch die Feldhölzer streichend. Im Sommer sieht man ihn hier seltener. Herr Hennig in Halle war so glücklich das Nest dieses Vogel am 7. Mai mit 4 Eiern in hiesiger Ge- gend zu finden. 125. Fringilla linaria L. In manchen Jahren traf ich grosse Schaaren meist im Sep- tember oder October in den Birkenbeständen oder mit Birken beflanzten Wegen der Dölauer Haide. Am 16. Januar 1866 sah ich ein einzelnes Weibchen in der Dölauer Haide. 415 126. Passer domesticus Koch. Die Eier dieses treusten unserer Standvögel fand ich am: 245. ea] 30212] 2152. 3.1.% 16.2966. 20], 2165. 0165. 5.7175. 12,2. 245.7. 126. 63. Gewöhnlich weichen 2 hier im Gelege in Bezug auf die Färbung von den übrigen ab. 127. Passer montanus Koch. Seine Eier fand ich an folgenden Tagen: °/;4, #55. °)5. 5. 2,5. 256.6. .19,6.6..2955.1.,1956.6.5.4. 2,6: 237,5. 2,5. 65. %66. 66. 2465. 966. Bei den Gelegen ist das zuletzt gelegte Ei fast ausnahmslos bedeutend heller als die übrigen, die in Färbung und Zeichnung unter sich gewöhnlich genau übereinstimmen. 128. Passer petronius Koch. Soll nach Naumann im Saalthale vorgekommen sein. 129. Coccothraustes vulgaris. Theils Strich-, theils Zugvogel. Gewöhnlich erscheinen die wegziehenden schon Mitte März wieder hier und sieht man sie dann meist recht zahlreich in der Dölauer Haide. Als Brutvo- gel gehört der Kernbeisser für unsere Gegend zu den Selten- heiten; ja seit mehreren Jahren fehlt er hier vollständig; denn während er früher alljährlich einzeln auf der Nachtigalleninsel und im Giertz nistete, ist sein Nest seit vielen Jahren hier gar nicht gefunden worden. Ich besitze seine Eier nicht aus hiesiger Gegend und führe deshalb einige Gelege aus dem Dessauischen auf, wo er ziemlich häufig brütet. Dieselben tragen folgende Daten: »0/,4.4. Sr >. 12/.5. Dr 968: ESS 130. Pyrrhula vulgaris Briss. Der Dompfaffe ist für unsere Gegend ein Zugvogel, der im Frühjahr und Herbst oft in sehr grossen Gesellschaften unsere Feldhölzer und die Dolauer Haide durchstreift, gelegentlich auch den Winter hier zukringt, uns aber zur Brutzeit mit äusserst we- nigen Ausnahmen verlässt. Ich kenne nur einen Fall wo dieser Vogel hier gebrütet hat und im Jahre 1860 oder 1861 in einen Tupa auf der Nachtigalleninsel, wo Herr Hennig in Halle das Nest mit 4 Eiern auffand. 131. Corythus enucleator Bst. Nitzsch untersuchte zwei in den Dohnen bei Schlieben am 14. Novbr. 1861 gefangene Exemplare. 132. Loxia curvirostra L. Im Juli und August nicht selten in der Doelauer Haide in grösseren Gesellschaften. 133. Lo.ria pythiopsittacus. Bechst. Nur in einigen Jahren konnte ich den Kiefernkreuzschnabel 476 in unserer Dolauer Haide antreffen, so namentlich 1866 wo ich in der zweiten Hälfte des Oktober recht zahlreiche Gesellschaf- ten dort beobachtete. Gebrütet hat dieser Vogel auch schon in unserer Gegend und zwar nicht wie man erwarten sollte in der Dölauer Haide sondern sonderbarer Weise in einem Garten nahe bei Halle (Funck’s Garten), wo ein Pärchen auf einer Fichte mehrere Jahre hintereinander seine Jungen aufbrachte Nach Versicherung des Herrn Hennig in Halle hat derselbe im Jahre 1867 in der Dölauer Haide am 17. Juli 4 junge Kreuzschnäbel, von ihren Eltern füttern sehen. 134. Sturnus vulgaris L. Kommt in den ersten Tagen des März, manchmal schon Ende Februar bei uns an und verschwindet gegen Mitte Oktober wieder. Er brütet in der Dölauer Haide und in einigen Feld- holzern doch nicht so häufig wie an anderen Orten z. B. bei Dessau. Die Eier ae a haben sende | Daten: *43. al DR 50. 1184 045.98, en Merula rosea Briss. Naumann erzählt, dass ein zweijähriges Männchen dieses schönen Vogel um Johannis 182% bei Halle gefangen worden sei. 136. Oriolus galbula L. Seine Ankunft beobachtete ich hier frühstens am 19. April und spätestens am 6. Mai. Der Wegzug beginnt gewöhnlich schon in der ersten Hälfte des August. Er ist hier häufiger Brutvogel. Seine Eier fand ich an folgenden Tagen: 17/3 “ed. a2. ed. od. oa. led. oA! 137. Corvus monedula L. Stand- und Strichvogel, der im Winter wie im Sommer die Gesellschaft der Saatkrähen sehr liebt. In den Saatkrähen- Colonien findet man fast immer auch Dohlennester. In den Thürmen der Stadt Halle nistet er ziemlich häufig. Die Eier fand ich. hier. am: 145. .°%946. 5.9.5.5. 4.2 3 1.1.1 9 138. Corvus corax. L. Ein seltener Standvogel für unsere Gegend, wo seit langen Jahren zwei Pärchen nisten, eins in der Dölauer Haide, das an- dere am Petersberge. Diese beiden Pärchen haben ihre Horste immer wieder benutzt, obgleich ihnen wenigstens seit 12 Jahren von hiesigen Sammlern die Eier fast ohne Ausnahme jährlich meistens zwei einmal sogar dreimal weggenommen wurden. Herr Hennig nahm einem dieser Pärchen einmal 16 Eier hintereinan- der fort. Das Pärchen welches in der Dölauer Haide nistete ist seit einigen Jahren verschwunden und sein neuer Nistort ist noch nicht wieder aufgefunden worden. Manchmal brüten sie 477 ausserordentlich früh, so fand Herr Hennig schon am 21. März in einem Horste nackte Junge. Zu den Eiern, welche aus hie- 'siger Gegend sich in meinem Besitze befinden, füge ich noch einige Daten ihrer Auffindung, die Herr Schlüter so freundlich war mir mitzutheilen. Danach fand man die ersten Gelege am 4,6. %5. Mı3. 4. 95. °%s6. und die nachgelegten am: 23,6. 316.5. 946. 446. 7/46. 139. Corvus frugilegus L. In hiesiger Gegend sind zwei ziemlich ansehnliche Bruteo- lonien im Bündorferho'ze und auf der Rabeninsel, eine dritte war in der Bröse hei Schkeuditz, die aber schon seit wenigstens 10 Jahren völlig ausgerottet worden ist. In der Nähe ihrer Kolonien ist die Saatkrähe eine wahre Strafe für die betreffen- den Grundbesitzer. Vorzugsweise schadet sie dem Hafer und Mais. Hunderte von Gewöllen, die ich im Bündorferholze unter- suchte, bestanden ausschliesslich aus Haferspelzen. Den Maisbau hat diese Krähe dort vollständig unmöglich gemacht, indem sie oft 50 % und darüber von der Aussaat vernichtete. Die Eier fand ich im Bündorferholze zwischen dem 10. und 16. April in allen Stadien der Brütung. Die Anzahl der Eier des vollen Geleges war 6 mal 6; 18 mal 5; 12 mal A und 2 mal nur 3. 140. Corvus corone L. Grösstentheils Zugvogel der bei uns häufig brütet aber im Winter nur wenig angetroffen wird. Während er umgekehrt im Dessauischen viel seltener brütet aber im Winter gemein ist. Die Eier dieser Krähe fand ich hier am: '%1. 43. 945.5. *1/44. N N ae 141. Corvus cornix L. Brütet nur selten bei uns, sehr häufig im Dessauischen, wo sie im Winter bedeutend weniger zahlreich ist als bei uns. Die Grenze für das häufigere Vorkommen dieser Krähe sowie der vorigen scheint etwa in der Gegend von Bitterfeld zwischen hier und dem Dessanischen zu liegen. Die Eier habe ich hier noch nicht gefunden, in der Dölauer Haide, wo ich am 6. Juli 1867 vier junge Krähen beobachtete, die von einer Ü. corone und einer C. cornix gefüttert wurden und von denen drei die Fär- bung von (. cornix, die vierte dagegen die der C. corone hatten, hat sie jedoch Herr Hennig einige Male gefunden. Die Eier welche ich aus der Umgegend von Dessau erhielt tragen folgende Daten lan. ul d.n ad. hd. Selen WAND. 5.4152: 24/45. 2/44. 24/,5. Ferner erhielt ich ein Gelege eines gemisch- ten Paares C. cornix und corone am 1/45. eben daher. 142. Pica caudata Ray. Häufiger Standvogel für unsere Gegend. Obgleich die El- stern oft schon in den ersten Tagen des März zu bauen anfan- 418 gen findet man ihre Eier selten vor Mitte April. Ihr Nest stel- len sie gern auf Chausseepappeln oder einzelstehende Bäume. In den Feldhölzern fand ich es oft auf niedrigen Obstbaumen ein- mal sogar noch nicht ganz 1° über dem Boden in einem Schle- henbusche. Meine Gelege haben folgende Daten: 1747. "48. 1/55, 21/46. a 7.1. 156.7. 955. 956.4. 12/86. 13/56. 19/56. 19/57.7. sale 150° Yard je. 143. Nucifraga caryocatactes Temm. Besucht uns im Herbst manchmal bis zum November nicht zu selten in kleinen Gesellschaften. 144. Garrulus glandarius Vieill. Häufiger Streifvogel. Eins seiner Nester fand ich auf den unteren Zweigen einer Eiche so niedrig, dass ich auf dem Boden stehend bequem hinein sehen konnte. Die Eier fand ich hier am: Zahl 2041.60; ls 356.5. 7/6. a: 9/;6. 12). 6. 47. 05. 2153. 20/516.5: 725, 30.6. 200. 26,00 Year 145. Columba palumbus L. Vom März bis zum October überall häufig. Die Eier fand ich am: as a8 52. 12,9, N, 222 2/0292. 146. Columba livia L. Im verwilderten Zustande in den Thürmen der Stadt Halle nicht selten. Ihre Eier fand ich hier: ?%42.2. 152. 252. 147. Columba oenas L. Kommt schon Ende Februar bei uns an. Die Eier fand ichkamu 3142. 022. 2102. 1.2.0], 2 22 a mE 1/62. AR: a ER 22: 148. Columba turtur L. Kommt von unseren Tauben am spätesten hier an nämlich meist erst in der zweiten Hälfte des April. In unseren Feldhol- zern der nächsten Umgebung von Halle trifft man sie nur selten und einzeln nistend an, bei Schkenditz fand ich ihr Nest häufig. Die Gelege meiner Sammlung haben folgende Daten: '/;2. 1732. 2. 162. 152.2. 962. Ve2 02.0762. 149. Tetrao urogallus L.- Nitzsch erhielt diesen Vogel vom Pastor Nimrod aus Quen- stedt und aus Gotha. 150. Tetrao tetrix L. Auch diesen Vogel erhielt Nitzsch wiederholt aus der Ge- gend am Petersberge. 151. Phasianus colchicus L. Brütet in verwilderten Zustande dann und wann in einigen unserer Feldhölzer, so wurde sein Nest im Giertz und im Burg- holze gefunden. Die Daten dieser Eier sind: *%/s4. % 5. 479 152. Perdix cinerea Lath. Dieser Standvogel ist für die hiesige Gegend besonders haufig. Die Eier fand ich hier: #516. "73.19. 1516. *°/51.7. 24,11. 71520. 514. 92. 4620. 14613. 9613. 9,11. 1712. 153. Coturnix communis Bonn. Ihr frühestes Eintreffen beobachtete ich am 19. April, ge- wöhnlich erscheint sie aber nicht vor den letzten Tagen dieses Monats. Früher bei uns häufig, ist sie von Jahr zu Jahr seltener geworden, so dass man sie gegenwärtig manches Jahr gar nicht hört. Was ich an Eiern aus hiesiger Gegend erhielt wurde ge- fiunden:, 14/5 11.127,83, 19510. 197. 20,11! 27/210. 154. Crexr pratensis Bechst. Ich habe diesen Vogel nie vor der Mitte des Mai hier ge- hort. Er ist auf allen Wiesen und in grasreichen Feldhölzern zu treffen. Gelege fand ich oder wurden mir überbracht am: Tele 2 10951.2168,...179. 1. ri. 155. Rallus aquaticus L. Auf seinem Zuge im Frühjahr habe ich diesen Vogel hier öfter gehört, ob er jedoch hier brütet kann ich aus eigener Er- fahrung nicht sagen. Herr Gittermann in Halle beobachtete ein Pärchen dieser Vogel nistend in der Nähe der dortigen Gasan- stalt. Eine Verwechselung mit dem Vorigen ist nicht wohl an- zunehmen, da genannter Herr den einen von ihm ganz in der Nähe gesehenen Vogel als „blaubrüstig‘ beschreibt. 155. Gallinula porzana Lath. Nach Just früher alljährlich am Salzigen See brütend. Ich fand das Nest dieses Vogel vor 6 oder 8 Jahren nur einmal in hiesiger Gegend, an der sogenannten Gerwische dicht bei der Brücke der Halle-Merseburger Chausse. Herr Hennig in Halle hat dasselbe an dieser Stelle ebenfalls einmal gefunden. Jeden- falls gehört der Vogel unter unsere. seltensten Brutvögel. 157. Gallinula chloropus Lath. Anfangs April sieht man diesen Vogel auf fast allen Teichen. Brütend wurde er auf den kleinen Teichen an der Halle-Niet- leber Chausse von Herrn Hennig gefunden. Ich fand sein Nest alljährlich auf dem Teiche am Schloss Bündorf. Die Eier fand ich am: °%510. 61. '/sT. 16T. 265.4. 29/68. 1/10. 158. Gallinula pusilla Bechst. Naumann beobachtete dieses Sumpfhuhn öfter auf dem Sal- zigen See. In meiner Zeit ist dasselbe nur einmal auf dem so- genannten Kotgraben gefangen worden. 159. Fulica atra L. Die früheste Ankunft beobachtete ich am 10. März und der späteste Termin war der 4. April. Bei der Ankunft sieht man 480 das Blässhuhn auch auf den kleinsten Teichen, während es zur Brutzeit grössere stehende Gewässer bevorzugt und an diesen sehr häufig nistet. Aufgefallen ist mir, dass dieser Vogel, der an an- dern Orten z. B. Berlin resp. Charlottenburg eine grosse Scheu vor dem Menschen verräth und sich dem Blick desselben immer schnell durch Tauchen oder Verbergen im Schilf zu entziehen sucht, in unserer Gegend beinahe zutraulich genannt werden kann. Die Eier welche ichhier fand, haben nachstehende Daten: ?]; 1. 1,8. 258. 2,3. #,8.7. ®ls(bebrütet) 6. %614.bebrütet). Manche Nester fand ich durch herabgebogene Schilfhlätter förmlich über- dacht. 160. Oktis tarda L. Im Winter nicht selten. Am häufigsten bei Reitsch und in der Gegend von Lochau, Merseburg, Lauchstaedt, Schafstaedt, wo beispielsweise im Winter 1870|71 über 30 Stück geschossen wurden. Brütend kommt die Trappe hier besonders am Peters- berge und bei Roitsch vor; die hier welche ich von dort her er- hielt sind datirt: *11;2. 52. 262. 161. Okis tetrax L. Im vergangenen Herbst wurde ein Weibchen zwischen Artern und Querfurt geschossen. Bei Sondershausen und bei Halberstadt ist die Zwergtrappe ebenfalls schon erlegt worden. Glareola pratincola. Soll nach Naumann am Salzigen See vorgekommen sein. 162. Oedicnemus crepitans Temm. Ist auf seiner Frühjahrs- und Herbstwanderung hier immer anzutreffen, Brutvogel scheint er dagegen für die hiesige nächste Umgebung, obgleich dieselbe Localitäten genug aufzuweisen hat die man zu seiner Fortpflanzung für passend halten möchte, nicht oder nur sehr selten zu sein, während er von Bitterfeld ab nach dem dessauischen hin häufig nistet. Die Eier meiner Sammlung, die ich aus der "genannten Gegend erhielt, tragen folgende Daten 252023081 2.216,2.. 162.,2.2.2,82122. 2.5072: 163. Vanellus cristatus M. u. W. Die Ankunftstermine, welche ich hier notirte, liegen zwischen dem 1. und 31. März. Im Frühjahr 1865 sah ich die Kibitze bei Ende März eingetretenem hohen Schnee auf der Halle Mer- sebnurger Chausse den Pferdemist durchsuchen. Früher war er in hiesiger Gegend ein sehr häufiger Brutvogel, der jedoch wie man- cher andere durch die Ausbreitung der Bodenkultur immer sel- tener wird. Seine Eier fand ich am: "4. 4a. '1,4.4.4. 1243. 21.4.4. #],4.4. 164. Charadrius auratus Suck. In früheren Jahren einmal bei Oppin im Herbst vielfach vor- 481 gekommen. Gegenwärtig nur ein Exemplar bei Neukirchen ge- schossen (Frosch). 165. Charadrius squatarola Naum. Nach Naumann am Salzigen See vorgekommen, nach Nitzsch von Halloren hier bei Halle am 15. Septbr. 1823 gefangen. 166. Charadrius morinellus L. Wurde von den Halloren hier öfter beim Lerchenstreichen gefangen (Frosch). 167. Charadrius hiaticula L. Nach Just regelmässig am Salzigen See von Anfang Mai bis Anfang Juni uud von Mitte Angust bis Anfang October ver- weilend. 168. Charadrius minor M. u. W. Anfang April sah ich ihn ofter in kleiner Gesellschaft au seichten Uferstellen der Saale. Brütend fand ich ihn aber nur an den grob-kieseligen Ufern des Salzigen-Sees hier aber ziem- lich häufig. Volle Gelege fand ich am °|;4. 114.4. |;,4. 29,4. 81.4.4. 964.4. 101,4. bebrütet 281,4. 169. Charadrius cantianus Lath. Naumann sah ibn einmal am Salzigen See, Just fast alle Jahre im Herbst und einmal am 27. Mai hier. 170. Strepsilas interpres IN. Wird ven Naumann und Just ebenfalls als am Salzigen See vorgekommen bezeichnet. Letzterer sah ihn hier am 10. Sep- tember 1831. Ich glaube ihn einmal im Jahre 1866 aın 31. Mai dort gesehen zu haben, bin meiner Sache jedoch nicht sicher. Nitzsch gedenkt seines hiesigen Vorkommens nicht. 171. Haematopus osiralegus L. Pastor Rimrod ir Quenstedt erhielt am 29. September 1819 ein in dortiger Gegend geschossenes Exemplar, das er an Nitzsch zur Untersuchung einschickte. “ 172. Recurvirostra avocetia L. Herr Frosch in Halle erhielt diesen Vogel zum Ausstopfen aus dem Mansfeldischen; früher Nitzsch von Erdeborn am Salzi- gen See. 173. Alimantopus rufipes Bechst. Im Frühjahr 1822 und 1829 bei Roblingen, Erdeborn und Eitzdorf am salzigen See zahlreich erlegt. 174. Phalaropus cinereus M, u. W. Von Naumann im September 1801 und von Just in demsel- ben Monate 1830 am Salzigen See erlegt. 175. Totanus glottis Bechst. Auf dem Herbstzuge nicht selten auf der Saale und den 482 Dieskauer Teichen. Im Frühjahre traf ich eine kleine Gesell- schaft am 26. April 1867 im Burgholze an. 176. Totanus stagnatilis Temm. Nach Naumann am Salzigen See und in Anhalt. 177. Totanus fuscus Leisl. Im Herbst ofter an der Saale und mehreren Teichen be- obachtet. “ 1718. Totanus calidris Bechst. Trifft schon Mitte März ziemlich zahlreich ein, scheint aber hier als Brutvogel äusserst selten zu sein. Die einzigen Eier, welche mir vom Salzigen See zugingen, wurden in der Gegend bei Erdeborn gefunden am *®1; 2. 179. Totanus glareola Temm. Wird von Nitzsch als Ende August 1829 und Anfang Juli 1832 hier erlegt aufgeführt. 180. Totanus ochropus Temm. Im Herbst und im Frühjahr (April und Anfang Juni) alljähr- lich an den Saalufern ferner an den Mansfelder Seen. 181. Actitis hypoleucus Boie. Im Herbst und Frühjahr an der Saale besonders bei der Ra- beninsel nicht selten. Am Salzigen See sah ich ihn noch am 31. Mai. Hier wurde er nicht brütend gefunden, von der Mulde gingen mir jedoch zwei Eier zu, die am 20. Mai gefunden wor- den waren. Limosa melanura Leisl. Nur von Naumann einmal am Salzigen See und auch an der Vereinigung der Saale mit der Elbe beobachtet. 182. Limosa rufa Briss.. Nach Nitzsch am 16. September 1819 bei Erdehorn in eini- gen Exemplaren geschossen. 183. Machetes pugnaxr Cuv. Wurde am Salzigen See im Hochzeitskleide erlegt, ebenso bei Alsleben im Mai. 184. Tringa canutus L. Von Naumann in kleinen Gesellschaften am Salzigen See beobachtet. 185. Tringa subarquata Tem. Iı August und September hier beiHalle wiederholt von Hal- loren gefangen und Nitzsch zur Untersuchung übergeben. 186. Tringa alpina L. Nach Nitzsch wiederholt bei Erdehorn erlegt. 483 Tringa Schinzi Brehm. Von Just am Salzigen See erlegt, von Naumann im Anhal- tischen beobachtet. 188. Tringa minuta Leisl. Nitzsch untersuchte einige Exemplare aus hiesiger Gegend, giebt aber den Ort, wo sie erlegt nicht an, Naumann erwähnt ihn als alljährlich an beiden Mansfeldischen Seen bald einzeln _ bald in grösserer Menge vorkommend. 189. Tringa Temmincki Leisl. Nach Nitzsch bei Erdeborn und bei Aken wiederholt ge- schossen. 190. Calidris arenaria Temm. Nach Naumann am Salzigen See aber nicht alljährlich. 191. Limicola pygmaea Koch. Nitzsch erhielt viele Exemplare von Erdeborn am 22. Mai 1822 zur Untersuchung. 192. Scolopaxr gallinula L. Ich traf diese Schnepfe fast nur auf dem Herbstzuge und ziemlich selten hier an. Scolopa.r gallinago L. Auch die Bekassine zeigt sich in unserer Gegend ınehr im Herbst als auf dem Frühjahrszuge. Sie ist viel häufiger als die vorige. Einzelne habe ich noch im Juni meckern gehört, woraus man schliessen dürfte, dass sie bei uns brüte, obgleich ihre Eier bisher noch nicht hier gefunden wurden. 194. Scolopaxr rusticola L. Namentlich auf dem Frühjahrszuge oft ziemlich häufig. In einem der kleinen Hölzer bei Ammendorf dicht an der Chaussee traf ich einmal 9 Waldschnepfen an. Die Ankunft beobachtete ich vom 7. bis zum 27. März; später als am 6. April habe ich sie hier nicht angetroffen. 195. Numenius arcuata Lath. Alljährlich auf dem Herbstzuge nicht selten. 196. usmenius phaeopus Lath. Nach Naumann am salzigen See in manchen Jahren verein- zelt, Nitzsch erhielt ihn von dort nicht. 197. Grus cinerea Bechst. Auf dem Herbstzuge sah ich ihn fast in jedem Jahre hier. Im Frühjahre wurde einmal eine grosse Gesellschaft zwischen der Dölauer Haide und der Irren-Anstalt auf einem Roggenfelde an- getroffen. 484 198. Ardea cinerea Lath. Wird alljährlich hier geschossen meist jedoch junge Vogel. Ankoınmen sah ich ihn in den ersten Tagen des März. 199. Ardea garzetta L. Nach Naumann ein einziges Mal von Fischern am Salzigen See gesehen. 200. Ardea nycticorax L. Wird dann und wanu am Salzigen See geschossen. Ich traf daselbst einen Nachtreiher am 31. Mai. 201. Botaurus stellaris Steph. Noch vor nicht langer Zeit an den Mansfelder Seen nicht selten, wo sie früher auch gebrütet haben soll. Seit einigen Jah- ren kommt sie an den genannten Seen, wie es scheint gar nicht mehr vor. Auf dem Gotthardtsteiche bei Merseburg brütete ein Pärchen noch vor wenigen Jahren. Ob dies jeizt noch der Fall ist, kann ich nicht angeben. 202. Ardeola minuta Boie. Brütete in früheren Jahren ziemlich häufig am Salzigen See, gegenwärtig findet man ihre Nester dort selten noch und in man- chen Jahren gar nicht. Ein Pärchen brütete 1868 auf einer klei- nen mit Schilfrohr bewachsenen Saal-Insel ganz in der Nähe der hiesigen Gasanstall. Am Salzigen See fand ich die Eier am 1,1.2. °63. °6(6). Die Anzahl der Eier des vollen Geleges be- trägt gewöhnlich 6— 8. Herr Hennig in Halle fand einmal 9, zweimal 8, zweimal 7 und ofter 6 als 5. 203. Ciconia alba Briss. Die Ankunft beobachtete ich zwischen dem 9. März und 13. April. Als Brutvogel ist er bei uns ziemlich selten. Von Eiern erhielt ich nur am: "1. 204. Ciconia nigra Gesn. Auf dem Zugesah ich ihn je einmal im März und im Herbst, dagegen beobachtete Herr Hennig einen solchen Vogel während des ganzen Sommers eines der fünfziger Jahre im Giertz. Brü- tend ist er hier noch nicht vorgekommen, während er im Des- sauischen nicht selten niste. Die Eier, welche ich von dort be- sitze, haben folgende Daten: "44. *44. 45. 1153. 91,4. 171,2. 20153. 205. Ibis falcinellus Temm. Naumann sagt, er sei in früheren Jahren öfters am Salzigen See erschienen, einmal sogar in kleinen Gesellschaften. 206. Halieus carbo Hl. Nach Naumann ist er bei Giebichenstein vorgekommen, nach * 485 Nitzsch häufig vom Juli bis Oktober hier bei Halle und in der weitern Umgegend erlegt. Im Jahre 1852 legte Herr Dr. Reil einen von ihm hier geschossenen Kormoran im Naturwissenschaft- lichen Vereine vor, und vor zwei oder drei Jahren wurde ein soleher Vogel im- Herbst bei Beesen erlegt. 207. Lestris parasitica Ill. Dann und wann im Winter hier beobachtet. So erhielt Herr Frosch beispielsweise einen jungen Vogel, der ganz in der Nähe von Halle, und zwei alte, die bei Loeberitz geschossen worden waren. 208. Larus fuscus L. Nach Naumann am Salzigen See öfter vereinzelt, im Okto- ber 1831 elf Stück beobachtet. 209. Larus argentatus Brünn. Nach Naumann an beiden Mansfeldischeu Seen und auch in Anhalt. 210. Larus canus L. Nach Naumann und Nitzsch alljährlich im Herbst an den Mansfeldischen Seen, letzter erhielt am 1. Oktober 1820 ein bei Cröllwitz geschossenes Exemplar. 211. ZLarus tridactylus L. Zeigt sich besonders in strengen Wintern und wurde mehr- mals auf der Saale erlegt. 212. Larus minutus Pall. Herr Frosch erhielt die Zwergmöve einmal im Hochzeits- kleide am Salzigen See. Am 1. Septbr. 1830 in mehreren Exem- plaren an der Saale bei Kröllwitz sonst noch vereinzelt von Nitzsch beobachtet. 213. Larus ridibundus L. Im Frühjahre, besonders gegen Ende April traf ich die Lach- möve fast jedes Jahr an der Saale, manchmal in grossen Schaa- ven, die sich gewöhnlich nur wenige Tage hier aufhalten. Nicht selten sah ich solche Gesellschaften nach Art der Krähen hinter dem Pfluge hergehen. 214. Sterna nigra Briss. ich sah diese Schwalbe alle Jahre im April und Maiund manchmal noch im Juni auf dem kleinen Teiche bei Wanzleben, wo sie nach Naumann auch brüten soll, in vier bis sechs Pärchen. An der Saale bei Wörmlitz traf ich sie nur einmal an. Ihre Eier habe ich an den genannten Orten ihres Vorkommens nicht auf- finden können, auch von keinem andern Sammler ist mir ein solcher Fall bekannt geworden. 215. Sierna minuta. Obgleich diese Seeschwalbe schon an der Mulde nicht selten Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 23 A86 brütet, ist sie in nnserer nächsten Nähe meines Wissens noch niemals beobachtet worden. 216. Szerna hirundo L. Hier sieht man sie nur in der Zugzeit hauptsächlich im April und meistens erst in der zweiten Hälfte dieses Monats. Ihre näch- sten Brufstellen sind an der Mulde und Elbe. Gelege von dort tragen die Daten 12,2. DR 205 2 Rh DD Zu O 217. Sierna caspia Pall. Naumann sagt, er habe vor vielen Jahren einmal ein Paar dieser Vögel am Salzigen See angeiroffen. 218. Cygnus olor Fieill. Nach Naumann früher oft auf dem Salzigen See zur Zug- zeit vorkommend. Just sagt, er sei vor 1823 an dem genannten See nicht nur mehrfach angetroffen, sondern auch brütend ge- funden worden. Auf der Gerwische wurden in neuerer Zeit ein- mal 3 Stück geschossen. 219. Cygnus musicus Bechst. Naumann sah diesen Schwan öfter auf dem Salzigen See einmal 32 Stück beisammen; nach Nitzsch wurden am 11. Januar 1830 bei Wettin an der Saale 4 Stück geschossen. 220. Anser cinereus M. u. W. Auf dem Zuge im Frühjahr und im Herbst sieht man sie hier zwar in jedem Jahre haufig, doch ist ihr Nest in hiesiger Gegend noch nicht gefunden worden. Ich habe nur aus dem Dessauischen Fier erhalten und zwar am: ?|3. 221. Anser segetum Naum. Im Spätherbst, wenn die ziehenden Graugänse bereits unsere Gegend verlassen haben, erscheinen gewöhnlich kleinere Gesell- schaften der Saatgans, die sich den ganzen Winter über hier her- umtreiben und nur bei starkem Schneefall, oft schon einen Tag vorher nordwestlich wandern, um sobald der Schnee weggeschmol- zen wieder, hierher zurückzukehren. Je nach den Witterungsver- hältnissen tritt dieses Fortziehen und Wiederkommen mehr oder weniger oft ein. 222. Anser albifrons Bechst. Nach Naumann in unserem Gebiete nur ganz vereinzelt und nicht alljährlich. 223. Anser minutus Naum. Nur zwei nach Nitzsch bei Zerbst erlegte Exemplare werden für das Vorkommen dieser Art angeführt. 224, Anser torquatus Friseh. Naumann sah sie einmal am Salzigen See und Just sagt von ihr, dass sie zuweilen im März, April und October am Salzigen See erlegt worden sei. As“ 225. Anas rutila Pall. Von Naumann wurde diese Ente auf dem oft erwähnten Sal- zigen See ebenfalls angetroffen. 226. Anas tadorna. Naumann giebt an, dass sie bei Halle und in den Mansfel- der Seen beobachtet worden sei. Just sah sie am Salzigen See im Mai und im October. 227. Anas clypeata L. Ich fand sie hier und auf einem kleinen Teiche dicht am Salzigen See (Wanzleben) hbrütend und erhielt dort die Eier aın 181,2. 2169. 228. dnas querquedula L. In früheren Jahren, als der sogenannte Amtsteich hier bei Rattmannsdorf noch existirte, sah ich sie oft in Gesellschaft von A. crecca doch niemals so häufig wie diese. Die Knäckente wird hier von Jahr zu Jahr seltener. Brütend wurde sie hier noch nicht gefunden. 229. Anas sirepera L. Just sagt von dieser Ente: Nicht selten im Frühjahr und Herbst am 11. Juli 1829 erlegte ich ein Weibchen mit legerei- tem Ei am Salzigen See. 230. Jaas crecca L. Brütet am Salzigen See. Die Nester findet man auf sumpfi- gen Wiesen oder im Getreide (Wanzleben). Die Eier erhielt ich hier am °11;10. 231. Anas boschas L. Ziemlich häufiger Brutvogel und selbst in strengen Wintern immer hier anzutreffen. Im Herbst ist sie gemein. Die Nester fand ich öfter anf Kopfweiden in Feldhölzern, die im Frühjahre überschwemmt werden. Die Eier fand ich am "147. 1444. 2,8. 181.6 / 232. Anas acuta L. Am Salzigen See habe ich sie öfter bemerkt, aber noch nie- mals nistend gefunden. Nach Naumann soll sie dort brüten. 233. Anas Penelope L. Nach Just am Salzigen See ziemlich häufig bald in kleinen bald in grössern Gesellschaften. Im Herbst oft in grossen Flügen bis zum November verweilend. Im Frühjahr auf dem Zuge be- obachtet. 234. Anas mersa Pall. Soll nach Naumann ebenfalls am Salzigen See, nach Just im Herbst, nicht selten vorgekommen sein. 235. Anas rufina Pail. Naeh Just aul dem Salzigen See oft in grosser Menge. 1830 33 * 488 gegen A400 Stück. Naumann führt sie als an beiden Seen brü- tend auf. Gegenwärtig findet man sie nur auf dem kleinen Teiche bei Wanzleben in wenigen Paaren brütend. Eier erhielt ich dort am 267. "1167. 13. 182. S. Ornith. Journal 1870. p. 278 Bal- damus. 236. Anas ferina L. Brütet an dem vorerwähnten Teiche ebenfalls aber häufiger als A. rufina. Die Eier erhielt ich dort am: °°%57. 1158. °]69. 68. 1969. 1,5 (bebrütet). 237. Anas nyroca Güld. Auch diese Ente sah ich öfter auf dem Salzigen See im Frühjahr bis in den Mai hinein. Sie brütet aber nicht hier. 238. Anas marila L. Von Just und Naumann wurde sie im Herbst auf dem Salzi- gen See beobachtet. Baldamus sah sie hier im Mai. 239. Anas fuligula L. Just sah sie auf dem Salzigen See im Frühjahr und Herbst in grosser Anzahl. Naumann beobachtete sie ebenfalls dort und vermuthet sogar, dass sie dort brüte. Ein von Just im Anfang des April geschossenes altes Männchen hatte noch sehr kleine Hoden. Im Winter und Frühjahr wurde sie öfter bei Lettin geschossen. Am See sah ich sie niemals. 240. Anas clangula L. Nach Just im Frühjahr und Herbst nicht selten auf dem Sal- zigen See und nach Naumann an beiden Seen vorgekommen. Sie wurde ebenfalls in hiesiger Gegend schon von Nitzsch und auch in der neuesten Zeit im Frühjahr und im Winter erlegt, aber seltner als die vorige. 241. Anas glacialis L. Just und Naumann erwähnen auch diese Ente als an den Mansfelder Seen vorkommend. 242. Somateria mollissima Leach. Einmal wurde im Jahre 1865 oder 1866 bei Passendorf ein Weibchen erlegt, welches Herr Frosch zum Präpariren erhielt. 243. Anas fusca L. Von Just öfter am Salzigen See bemerkt. Nach Naumann einzeln fast alle Jahre, manchmal in kleinen Gesellschaften zu 6 bis 8 Stück auf den Mansfelder Seen vorkommend. 244. Anas nigra L. Naumann sah sie fast in jedem Jahre am Salzigen See wie die vorige. Sie wurde im vergangenen Winter bei Halle ge- schossen. 245. Mergus albellus L. Vor einigen Jahren erhielt Herr Frosch im ‚Frühjahr ein al- 489 tes Männchen zum Ausstopfen, welches bei Halle geschossen war. Andere Exemplare wurden dem Zoologischen Museum ein- geliefert. 246. Mergus merganser L. Wird im Winter und Frühjahr hier ziemlich oft an der Saale, Elster und Gerwische geschossen. Ich sah ihn gewöhnlich paar- weise. 247. Mergus serrator L. Gewöhnlich gemeinschaftlich mit Mergus merganser an den- selben Oertlichkeiten. 248. Colymbus septentrionalis L. Junge Vögel werden in jedem Winter auf den Mansfelder Seen geschossen. Im vergangenen Winter wurde auch bei Eis- dorf ein junges Exemplar erlegt. 249. Colymbus arcticus L. Das einzige in Anhalt erlegte Exemplar bildete Naumann in der ersten Auflage seines Werkes Ill Taf. 71 Fig. 909 ab; Nitzsch erhielt wiederholt Exemplare von den Mansfeldischen Seen vom December bis April 1822 — 1837. 250. Podiceps cristatus Lath. Vorzugsweise auf den Mansfelder Seen ein sehr häufiger Brutvogel. Die Eier fand ich dort am: 53. °°];1. °151.3.5. 2]64. 664. 251. Podiceps suberistatus Bechst. Auf den Mansfelder Seen nicht häufig. Seine Eier fand ich am: ’*152. ed. 252. Podiceps auritus Fabr. Nach Just erscheint er im Frühjahr paarweise, im Herbst einzeln oder in kleinen Gesellschaften auf dem Salzigen See. Nur einmal wurden meines Wissens’ hier bei Sennewitz 3 Exeın- plare geschossen. 253. Podiceps minor Lath. Nistet auf einigen Teichen besonders bei Dieskau nicht sel- ten. Seine Eier erhielt ich am: !44.2. 1,5.4.4,1. 28.6. jene 12160, 490 Ueber die Federmilbengattung Analges Nitzsch. Tal. 5. C. Giebel. Wie es auf den Vögeln Läuse giebt, welche nicht Blut saugen, sondern die Hornsubstanz der Federn und der Ober- haut fressen: so leben gleichzeitig mit denselben im Gefieder sehr vieler Vögel Milben, die gleichfalls nur die Substanz der - Federn fressen, sich deshalb stets auf der Fahne, zwischen deren Aesten, und in der Rinne des Schaftes aufhalten und daher nicht leicht unmittelbar auf der Haut angetroffen wer- den. Den sichersten Beleg für diese Nahrungsweise liefert der Magen-Inhalt, der stets nur aus Federsubstanz niemals aus Blut besteht. Diese Thatsache erkannte Nitzsch schon im Anfange dieses Jahrhunderts und da diese Milben ihren Wir- then keine Schmerzen und Qualen wie die saugenden berei- ten: so vereinigte er sie unter dem Gattuugsnamen Analges (schmerzlos). Als generische Eigenthümlichkeiten bezeichnete er die in Gestalt eines länglichen starren Knöpfchens ganz am Vorderrande sitzenden. Mundtheile, die weit aus einander ge- rückten, nach vorn und nach hinten gerichteten ebenfalls ganz randlichen Fusspaare, von welchen die beiden vordern gewöhn- lich einen Fortsatz oder Haken am dritten Gliede besitzen. Jeder Fuss endet mit einem breiten, wenig veränderlichen, auch im Tode noch ausgebreiteten Haftblatte.e Die Männchen tragen die Weibchen bei der Begattung in einer Aushöhlung der Unterseite des Hinterleibes und viele halten sie dabei mit dem dritten Fusspaare fest, welches zu diesem Behufe mehr oder minder verlängert, etwas bis ungehenuerlich verdickt er- scheint und sonst noch eigenthümliche Bildungsverhältnisse zeigt. Irrthümlich ist dieses absonderliche Fusspaar für eine specifische Eigeuthümlichkeit gehalten worden, während doch die sehr häufig in Begattung anzutreffenden Pärchen leicht von der blos sexuellen Bedeutung überzeugen konnten. Uebri- gens zeichnen sich die Männchen gewöhnlich noch durch eine besondere, von der des Weibehens sehr abweichende Form 91 des Hinterleibes aus, indem derselbe meist eine auf verschie- dene Art gespaltene oder ausgeschnittene und mit Borsten oder Flossenartigen Anhängen besetzte Lamellen bildet, wäh- rend das weibliche Hinterende einfach, rundlich, abgestumpft oder abgeschnitten erscheint. Der Rumpf und die Füsse tra- gen einzelne lange Borsten, die jedoch an letzten nie so lang und nie so bestimmt nach hinten gerichtet sind wie bei den Sarcopten. Obwohl Nitzsch diese Beobachtungen schon im Jahre 1818 in Ersch u. Grubers allgem. Eneycl. I. S. 251 veröffent- lichte, blieben dieselben sowohl den Monographen der Milben wie Duges und Koch als auch in den Compilationen wie den Gervais’chen Apteres 1844. III und der Gerstäcker- schen im Lehrbuch der Zoologie (Leipzig 1863) völlig unbe- achtet. Bei der Häufigkeit des Vorkommens konnten die Ar- ten nicht unbekannt bleiben und Koch vereinigte dieselben unter Dermaleichus, welche Gattung er bei den Lausmilben belässt jedoch mit der Bemerkung, dass sie weniger blutsau- gend sei als vielmehr die Hautausdünstungen der Thiere auf- lecke, weil er an beissende und fressende Milben nicht zu denken wagte. Die Koch’sche Abbildung von D. passerinus in der Uebersicht des Arachnidensystemes TI. 13. fig. T0 ist sehr roh und gestattet eine eingehende Vergleichung mit den nächst verwandten Formen nicht. Unter Duges’ Derma- nyssus finde ich keine auf Analges bezügliche Art. So erscheint es geboten auf Nitzsch’s Untersuchungen der Federmilben von Neuem hinzuweisen und durch bildliche Darstellung einiger Arten die Aufmerksamkeit auf diese ab- sonderlichen Schmarotzer zu lenken. °1. Analges bifidus Nitzsch, Ersch u. Grub. Encyel. I. 25. — Taf. V. Fig. 3 4% 42. Diese Federmilbe schmarotzt im Gefieder der Haustaube und bisweilen in ganz erstaunlicher Menge, kKriecht lebhaft am Gitterwerk der Fahnen umher und ruht in der Nähe des Fahnenschaftes. Auf 20 bis 30 Weibchen kommt nur je ein Männchen und wo sie zahlreich beisammen sind, kann. man Dutzende von Pärchen in Copulation beobachten. Das Männ- chen ergreift mit seinem stark verlängerten und verdickten Fusspaar das schnellkriechende Weibchen von hinten, zieht 492 dessen Hinterleib unter den seinigen und hält es gauz mit den langen Füssen umfasst. Die Begattung selbst ist eine sehr innige und lang dauernde, denn ohne dass nun noch die lan- sen Füsse fest anliegen schleppt das Männchen das unter ihm haftende Weibchen mit sich fort. Die Farbe beider Geschlechter ist ganz weiss, nur Kopf und Füsse sind gelblich, auch scheint der gefüllte Magen nicht durch. Der auffallende Geschlechtsunterschied tritt erst mit der letzten Häutung hervor, bis zu derselben sind Männ- chen und Weibchen äusserlich nicht zu unterscheiden. Der Rüssel mit den vier Vorderfüssen bietet keinen sexuellen Unterschied; beide haben am dritten Gliede der vier Vorder- füsse einen starken, etwas gekrümmten Dorn. Bei dem Weib- chen sind die vier Hinterfüsse kaum halb so dick wie die vordern und der über sie hinausragende Hinterleib behält fast gleiche Breite und ist am Ende bald gerade abgestumpft bald abgerundet, mit vier langen Borsten besetzt (die anderu am Körper vorkommenden Borsten in unserer Abbildung nicht dar- gestellt sind dieselben wie bei dem Männchen). Der seg- mentähnliche Anhang am Leibesende tritt nur bei trächtigen Weibchen hervor. Das dritte Fusspaar des Männchens ver- längert und verdickt sich beträchtlich und endet statt mit einer gestielten Saugscheibe mit einer schlanken Klaue, an deren Innenrande noch zwei etwas kürzere, durchsichtig klare, sehr spitzige schlanke Stacheln stehen, die in unserer Abbil- dung nicht ausgeführt sind. Uebrigens hat bei beiden Ge- schlechtern das dritte Fusspaar ein Glied weniger als die übrigen. Die tief zweilappige Form des männlichen Hinter- leibsendes mit drei sehr langen Borsten an jedem Lappen ist sehr charakteristisch. ; Nitzsch fand diese Art auch- auf einem Birkhahn, Telrao tetrix im Gefieder des Kopfes, beide Geschlechter in fast glei- cher Anzahl. Der einzige Unterschied von der Taubenmilbe war der etwas abgerundete Hinterleib des Weibchens. Wie sich Kochs Dermaleichus teirsonum dazu verkalten mag ist bei dem gänzlichen Mangel aller Angaben nicht zu ermitteln. Koch führt in seiner Uebersicht des Arachnidensystems S. 125 einen Dermaleichus columbinus als neue Art der Rin- 4953 geltaube auf ohne jegliche nähere Angabe, so dass eine Ver- gleiehung mit der unserigen ebenfalls nicht möglich ist. 2. Analges serratilobatus. Auf dem grossen Buntspecht, Picus major fand Nitzsch im März 1851 eine der Taubenmilbe sehr ähnliche Federmilbe, die sich jedoch durch den erheblich gestrecktern Hinterleib mit längern durchsichtigen und am Rande sägezähnigen End- lappen unterscheidet. Jeder der drei Randzähne dieser Lap- pens ist mit je einer langen Borste besetzt. Uebrigens ver- hält sich das dritte Fusspaar ganz wie bei voriger Art. 3. Analgesgracilis Nitzsch, Ersch Grub. Eneyel. I. 252. Eine zweite, in Gesellschaft der vorigen Art auf demsel- ben Spechte beobachtete Art unterscheidet sich durch ihre viel gestrecktere Form und zwar ist das Weibchen auffallend lang, in der Körpermitte deutlich eingeschnürt und sein schma- ler Hinterleib noch weit über das letzte Fusspaar hinaus ver- länger. Dem Männchen fehlt die mittle Einschnürung, es ist kürzer und sein drittes Fusspaar ist nicht verdickt, nur ansehnlich verlängert und beide Füsse zangenförmig gegen einander gekrümmt, das vierte Fusspaar dagegen sebr ver- kürzt, nur von halber Länge des schmalen Hinterleibes, dessen stumpfes Ende kurz dreilappig ist. Nitzsch vermuthet noch eine dritte Art auf diesem Spechte, die sehr dickleibig mit ganz breitem abgerundeten Hinterleibe ist. 4. Analges fuscus Nitzsch, Ersch Grub. Eneycl. I. 252. Auf dem Fischadler Pandion haliaötos und zwar zwischen den Aesten der Schwingen und deren obern und untern Deck- federn wiederholt in beträchtlicher Anzahl beobachtet. Schon die braune Färbung des Kopfes, der Beine und des Hinter- leibes sowie die intensiv braun durchscheinenden Chitinleis- ten unterscheiden diese Art von der vorigen. Ihr Kopftheil ist gestreckt bei dem Männchen rauten-, beim Weibchen birn- förmig, der Dorn an den vier Vorderfüssen kurz und dick, hinter dem zweiten Fusspaar eine feine aber scharfe Ring- furche und an dieser jederseits zwei lange Randborsten, die bei dem Weibchen viel länger als bei dem Männchen sind. Hinter dieser Furche scheinen beim Männchen auf dem Rücken zwei dureh eine quere verbundene Winkelleisten durch, bei 494 dem Weibchen dagegen beginnt hier ein breites braunes Feld, das auf der Mitte des Hinterleibes zweilappig endet. Der männliche Hinterleib hat die Länge des Vorderleibes, verschmälert sich kaum gegen das Ende hin und ist hier jederseits mit zwei scharfen Randzähnen, am tiefzweilappigen Ende selbst mit drei nach innen abnehmenden Zähnchen ver- sehen; an jedem Endlappen drei sehr lange Borsten. Das stark verdickte dritte Fusspaar überragt das Hinterleibsende nicht, trägt aber abweichend von den vorigen Arten auf der Spitze der langen Klaue die Saugscheibe der andern Füsse. Das vierte Fusspaar misst nur ein Drittheil der Länge des dritten und hat gleich lange Glieder. Der weibliche Hinter- leib verschmälert sich im Enddrittheil stark und endet gerade abgestutzt mit zwei langen Borsten jederseits der schwachen Kerbe in der Mitte des Endrandes.. Die beiden hintern Fuss- paare des übrigens an Grösse dem Männchen weit nachste- henden Weibchens sind erheblich dünner als die vordern. Die weissen schlanken Larven haben nur ein Hinterfusspaar, davor jederseits eine Randborste und nur zwei Endborsten. — Zahlreiche Pärchen in Copulation beobachtet. 5. Analges crassipes. Beide hintern Fusspaare des Männchens sind gleich auf- fallend verdickt und verlängert, im übrigen steht diese Art in Grösse und Färbung der vorigen sehr nah. Sie wurde zahlreich auf Phaöton phoenicurus im Gefieder des Unter- rückens und zwischen den Aesten der innern Fahnen der Handschwingen gefunden. Ihre Eier sassen reihenweise an den langen Federn der Lendenfluren. 6. Analges setifer. Diese auf dem gemeinen Fasanen, Phasianus colchieus, lebende Art lässt sich erst nach sorgfältiger Verzleichung von der Taubenmilbe .unterscheiden und zwar durch eine enorm lange und starke Borste am vorletzten Gliede des verdickten dritten Fusses und durch je fünf sehr verschieden lange Bors- ten an den beiden Lappen des mehr verschmälerten Hinter- leibes. Auch ist noch das vierte Fusspaar etwas kürzer. 7, Analges chelopus Nitzsch, Ersch Grub. Eneyel. I. 252. la N, Fig.)5. Acarus chelopus Hermann, Mem. apterologique. 195 Diese merkwürdige Art wurde schon von Herrmann auf dem Blaukehlchen, Sylvia suecica, entdeckt und ungenü- gend abgebildet. Nitzsch fand sie im Mai 1812 und er- kannte schon damals, obwohl ihm nur ein Männchen unter sehr vielen Weibchen vorlag, die Zusammengehörigkeit beider Geschlechter und die sexuelle Bedeutung des fast monströs umgestalteten drilten Fusspaares. Dieses Fusspaar ist ganz dunkelbraun und bildet eine gewaltig verdickte Zange mit langem dünnen Fortsatz an der Schiene und langer starker Borste an der Klaue. Das vierte Fusspaar ist dünner und länger als bei irgend einer andern Art. Der Kopf ist hell- braun und der ganze übrige Körper schwachbräunlich weiss. Die enormen Borsten am Leibe und die sehr ungleichen am Ende des Hinterleibes sind nicht minder charakteristisch. Die viel kleinern und schmäleren Weibchen haben einen stumpf abgerundeten Hinterleib und die beiden hintern Fusspaare et- was dünner als die beiden vordern. 8. Analges pachycenemis. Auf der weissen Bachstelze, Motacilla alba, leben zwei Arten von Federmilben, welche beide extreme Typen der Gattung vertreten. Die eine schliesst sich der vorigen des Blaukehlchens sehr eng an, unterscheidet sich aber sehr be- stimmt durclı ihren kürzern und breitern Rüssel, den kurzen, gedrungenen Leib, den kürzeren breit abgerundeten Hinter- leib mit nur vier sehr langen Endborsten, das denselben weit überragende vierte Fusspaar und durch die Formverhältnisse des verd'ckten dritten männlichen Fusspaares. Die enorm verdickte Schiene erweitert sich nämlich an der Aussenseite eckig und hat ihren Daumenfortsatz mehr am obern Ende, ausserdem ist sie durch ein enges Ringglied von dem®$Tarsus geschieden. Die beiden jederseits auf dem Rücken der vori- gen Art stehenden Borsten fehlen hier, während die Borsten an den Füssen dieselben sind. Die schmalen gestreckten Weibchen haben einen eben so langen Hinter- wie Vorder- leib, die beiden hintern Fusspaare erheblich schwächer als die vordern, und jederseits des schwachgekerbten Hinterleibs- endes zwei ungleich lange Borsten, 9. Analges integer. Wieder vom Typus der vorigen Art, aber Schenkel und 496 Schienen des ungeheuer dicken dritten Fusspaares nach aussen nur wenig erweitert, der Daumenfortsatz viel kleiner und der männliche Hinterleib mit einer einfachen, ungetheilten Pa- pille endend. Auf Lanius excubitor, von dem Koch in der Uebersicht des Arachnidensystems S. 125 einen Dermaleichus Laniorum ohne weitere Angabe aufführt. 10. Analges spiniger. Tag. V. Fig. 6. 7. Der kurze zahnartige Stachel an jedem Gliede der vier vordern Füsse und der starke Stachel jederseits vor dem drit- ten Fusspaar des Männchens zeichnen diese Federmilbe unter allen sehr charakteristisch aus. Uebrigens sind die vier Vor- derfüsse viel dicker als bei andern Arten und auffällig ver- dickt erscheint bei beiden Geschlechtern der Schenkel des zweiten Paares mit Borsten an seiner vortretenden stumpfen Ecke. Die Borsten des Körpers sind dieselben wie bei A. chelopus vom Blaukehlchen. Am dritten Fusspaare des Männ- chens fällt die geringe Dicke des spindelförmigen Schenkels im Verhältniss zu der gewaltigen, stark gekrümmten und innen vor der Mitte mit starkem Daumenfortsatz versehenen Schiene auf. Am Tarsus dagegen, in unserer Abbildung von der Klaue nicht abgesetzt, ist kurz und dünn mit sehr kurzen Borsten dichter als gewöhnlich besetzt. Das vierte sehr dünne Fuss- paar überragt das Hinterleibsende, das sich plötzlich verschmä- lert und mit zwei borstentragenden Papillen endet. Am viel schlankern Weibchen hat der Hinterleib, dessen Ende breit abgerundet ist, grössere Länge als der Vorderleib, der eine feine Ringfurche zeigt, und die beiden hintern Fusspaare sind viel dünner als die vordern. Kopf und Füsse sind in beiden Geschlechtern wie bei A. chelopus dunkelbraun. Lebt aufdem Gartenlaubsänger, Sylvia hypolais. 11. Analges bidentatus. Die im Gefieder unserer Braunelle, Accentor modularis, lebende Federmilbe charakterisirt der Kurze gedrungene Kör- per mit sehr kleinem kurzen Rüssel, die drei sehr langen, in gleichen Abständen einander folgenden Randborsten zwischen den Vorder- und Hinterfüssen, am auffälligsten aber die enorme Verdickung der Schenkel des dritten Fusspaares, welche über- dies einen starken zweispitzigen Daumenfortsatz in der Mitte des Innenrandes besitzen, während die nur sehr wenig 497 dünnern Schienen keinen Fortsatz haben. Der männliche Hinterleib ist sehr kurz, breit gerundet und das vierte Fuss- paar ragt mit seiner halben Länge darüber hinaus. Koch erwähnt a. a. 0. einen Dermaleichus accentorinus als neu von der Braunelle nur namentlich. 22. Analses.... Nitzsch gedenkt noch einer der vorigen ähnlichen Art auf dem Kleiber, Sitta europaea, doch ohne nähere Angaben und leider sind auch die Exemplare in der Sammlung nicht vorhanden. 13. Analges bilobatus. Die auf Gallinula chloropus lebende Federmilbe gehört dem Typus der letzten Arten an und unterscheidet sich durch den tief gespaltenen, zweilappigen männlichen Hinterleib. 14. Analges passerinus Nitzsch, Ersch Grub. Encyecl. l. 252. Acarus passerinus Degeer, Memoires VII. 1b.6. Fig. 12. Die auf Singvögeln lebenden Federmilben fielen schon den ältern Beobachtern auf und sie deuteten dieselben ohne nähere Untersuchung auf Degeers Acarus passerinus, welche Art Koch als Typus seiner Gattung Dermaleichus abbildet. Nitzsch beschränkt die Art auf Sperlinge und Finken, auf _ denen jedoch noch andere Arten schmarotzen und zwar solche ohne verdicktes drittes Fusspaar der Männchen. Eine der- selben hat er 15. Analges pinnatus Nitzsch, Ersch Grub. Eneycl. 292 genannt als Typus des dritten Formenkreises, welche die Ar- ten ohne sexuellen Unterschied im dritten Fusspaare begreift. Sie lebt im Gefieder des Stieglitz, Fringilla carduelis. Bei dem Männchen hat der breite gerade abgestutzte Hinterleib die halbe Länge des Vorderleibes, an jeder Ecke eine lange Borste und am geraden Endrande zwei abgerundete Blätter von seiner eigenen Länge, welche lebhaft an die Blättchen am Hintertheil der Mückenpuppen erinnern. Bei dem Weib- chen misst der Hinterleib die Länge des Vorderleibs und _ verschmälert sich etwas gegen das eingekerbte Ende hin, dessen Ecken mit je zwei kurzen Borsten besetzt sind. Es wurden viele Pärchen in Copulation beobachtet. 498 16. Analges acanthurus. Auf demselben Stieglitz, welcher die vorige Art lieferte, kamen noch einige Männchen einer zweiten Art vor, die gestreckter im Habitus ihren Hinterleib dachförmig zuspitzen und jederseits der kegelförmig vorstehende Spitze ein ovales Blatt mit sehr verdickter steifer Endborste tragen. An der Ecke vor jedem Blatt steht eine kurze dünne Borste, 17. Analges socialis. Gemeinschaftlich mit dem dickbeinigen Analges pachy- cnemis lebt auf der weissen Bachstelze eine Art ohne ver- dicktes drittes Fusspaar. Hinter demselben verschmälert sich der Hinterleib fast kegelförmig, endet aber schlank zweispitzig und mit zwei langen Borsten an jeder Spitze. Die Weibchen, treilich nicht in Copulation beobachtet und daher vielleicht mit dem Weibchen von A. pachycnemis verwechselt, haben einen viel längeren, breit abgerundeten Hinterleib mit zwei Paaren sehr langer Endborsten. Die beiden hintern Fusspaare sind hier wie bei der vorigen Art schwächer und kürzer als die vordern. Auch auf dem Kolkraben lebt eine eigene Art dieses Typus in Gemeinschaft mit einer dem Gamasus ähnlichen Milbe. Einer wahrscheinlich eigenthümlichen Gattung gehört die gleichfalls nur zwischen den Aesten der innern Fahnen der Handschwingen von Anas rufina lebende Milbe mit rund- lichem flachgedrückten Körper, deren vier hintere Füsse ganz an der Unterseite eingelenkt sind, so dass sie bei Betrachtung des Thieres von oben gar nicht zu bemerken sind. Ebenso müssen die in der Nasenhöhle und den Choanen mehrer Vögel schmarotzenden Milben einer anderen Gattung zugewiesen werden. Die in der Hausgans beobachtete hat an der Basis der Saugscheiben der vier Hinterfüsse noch je zwei . kleine gestielte Saugscheibehen uud eine ganz eigenthümliche Magenbildung. Die in der Nasenhöhle des Caprimulgus euro- paeus ist so gross wie die menschliche Kopflaus, hat eine riefige Körperoberfläche und einen sehr beweglichen Schen- kel, Eine dritte Art bewohnt die Nasenhöhle des kukuks. 499 Literatur. Physik. F.Zöllner, über dasSpectrum desNordlichtes. — Nach einer Beobachtung am 25. October 1870 enthält das Spectrum des Nordlichtes ausser der bekannten hellen grünen Linie aueh noch eine licht- schwache rothe, dieselbe ist allerdings nur an derjenigen Stelle des Him- mels sichtbar, die dem blossen Auge stark geröthet erschienen. Mit be- kannten irdischen Stoffen hat das Nordlicht keine Linie gemein, doch hält es Zöllner für möglich und wahrscheinlich, „dass das Spectrum des Nord- liehtes nur deshalb nicht mit einem uns bekannten Speetrum der atmo- sphärischen Gase übereinstimmt, weil es ein Spectrum anderer aber künstlich bis jetzt noch nicht darstellbarer Ordnung unserer Atmosphäre ist; er meint die Lichtentwicklungen könnten sehr wohl elektrischer Na- tur sein, aber sie gehörten einer so niedrigen Temperatur an, dass es unmöglich sei bei gleicher Temperatur die Spectra glühender Gase in Geisslerschen Röhren zu beobachten. In der That müssen ja die geringen Quantitäten Gas in einer solchen Röhre ein viel grösseres Emissionsvermö- gen haben und darum auf eine höhere Temperatur gebracht sein, als die grossen Quantitäten Gas, welche beim Nordlieht ins Spiel kommen. — (Pogy. Ann. 141, 574 — 580.) Sbg. A,Kundt, über das Absorptionsspectrum der flüssigen Untersalpetersäure. — Die bekannten Absorptionsstreifen der gas- förmigen Untersalpetersäure waren bisher bei der flüssigen Säure noch nicht beobachtet; K. beschreibt ein Verfahren durch welches man sie auch hier sichtbar machen kann; sie erscheinen aber verbreitert und verwaschen, ähnlich wie es bei den hellen Linien geschieht, die durch glühendes Gas bei erhöhtem Drucke ausgesandt werden; der .Uebergang in den flüssigen Zustand hat also hier dieselbe Wirkung wie die Erhöhung des Druckes, Im Gase sind die Linien bei demselben Druck noch scharf sichtbar. — (Ebda 157 — 159.) Sbg. Hagenbach, Untersuchung über die optischen Eigen- schaften des Blattgrüns. — Blätter von Hollunder oder Spinat (kleinblättriger) wurden mit kaltem Aether oder warmen Alkohol ausge- zogen und die Chlorophyllösung auf Fluorescenz und Absorption geprüft. Die erstere wurde dadurch hervorgerufen, dass ein Spectrum direct auf die Oberfläche der Flüssigkeit geworfen wurde (Spalt und brechende Pris- menkante waren horizontal), das Spectrum wurde zum Vergl, theilweise auf Porzellan Milchglas oder Papier aufgefangen. Das entstehende Fluo- rescenzlieht ist prachtvoll roth und hat 7 Maxima d. h. 7 breite helle Streifen, welche das Spectrum durchziehen und alle gleichmässig roth aussehen, zwischen denselben ist das roth weniger hell, Einzelne Modi- ficationen bei verschiedener Beschaffenheit der Lösung wollen wir überge- hen und nur bemerken, dass eine Spur von grüner Fluorescenz auf einer andern Substanz, vielleicht einem Zersetzungsproduct zu beruhen scheint. Die Untersuchung des rothen Fluorescenzlichtes durch das Prisma zeigte, 500 dass das Fluorescenzlicht überall, mag es durch rothes, blaues oder an- deres Licht erregt sein, dieselbe fast monochromatische Beschaffenheit hat, das Spectrum füllt den Raum zwischen den Frauenhoferschen Linien B und C aus, und zwar bei jeder Art von Erregung. Die Absorption zeigt bei genügender Vorsicht (passender Concentration u. s. w.) dieselben 7 Strei- fen wie die Fluoreseenz und es treten auch bei verschiedener Beschaffen- heit äbnliche Veränderungen ein wie dort. Das feste Chlorophyll zeigt andere Absorption als das flüssige: Man bringe ein mit niedergeschlage- nem Chlorophyll bestrichenes durchscheinendes Papier vor den Spectralap- parat, benetze dasselbe mit Aether und beobachte die Veränderungen des Spectrums während der Lösung und während der Verdampfung. Fluores- cenz findet beim festen Chlorophyll nicht statt, beim flüssigen aber „strahlt das absorbirte Licht in anderer Form als Fluorescenzlicht wieder aus.“ — (Ebda 245 — 275.) Sbg. R. Most und A. Kurz, über das Minimum der prismati- schen Ablenkung. — Most gibt einen Nachtrag zu seinem frühern Aufsatze (siehe unsern Bericht), welcher den dortigen Beweis über- sichtlicher und strenger machen soll (Poyg. Ann. 141, 601 — 603). Schon vorher hatte A. Kurz ebenfalls einen Nachtrag dazu geliefert. — (Ebda 140, 658 — 659.) Sbg. Christiansen, über die Brechungsverhältnisse einer weingeistigen Lösung des Fuchsins. — Rothes Anilin, sog. Fuchsin zu 18,8 Procent in Alkohol gelöst gab folgende Brechungsverhält- nisse für die einzelnen Spectrallinien B : 1,450 E : 1,312 C : 1,502 F : 1,285 D : 1,561 G : 1,312 Demnach erblickt man durch ein spitzes Prisma, welches mit dieser Lö- sung gefüllt ist, die Farben in folgender Ordnung: Violett, Roth, Gelb. — (Ebda 479 — 480.) Sby. Ketteler, analytisch-synthetischer Mischfarben-Appa- rat. — Dieser Apparat hat den Zweck monochrometrisches oder auch ge- mischtes Licht irgend welcher Art zu beliebiger Verwendung zu liefern. Er besteht aus 2 symmetrischen Hälften, in der ersten wird weisses Licht zerlegt und beliebige Theile derselben abgeblendet, in der zweiten werden die übrigen Farben wieder vereinigt oder die einzige übriggebliebene Farbe an den Ort ihrer Bestimmung geführt. Das Licht nimmt im Apparat fol- genden Weg: von der Lichtquelle resp, Spalte Z geht es durch eine Linse A, ein Prisma P, eine zweite Linse B einen Schirm $ (auf diesem ent- steht das Spectrum); dann folgt ein Linsensystem C’'C’, und darauf in um- gekehrter Reihenfolge wie zuerst der Schirm S’ Linse B‘, Prisma P’ und Linse A’. Aus dieser tritt das Licht parallel mit der ursprünglichen Rich- tung heraus und entwirft ein gefärbtes Bild L’/ von L, und dies kann dann zu verschiedenen Zwecken wieder als Lichtquelle benutzt werden, namentlich zu Interferenzerscheinungen und zu Versuchen aus der Wärme- lehre. — (Ebda 604 — 607.) Sbg. Glan, über die Absorption des Lichtes, — Die Versuche 501 sind angestellt mit Wasser, mit verschiedenen Lösungen von Jod und mit gefärbten Gläsern und hatten als gemeinschaftliches Resultat, dass sich die Menge des absorbirten Lichtes mit der Temperatur ändert und zwar bei Strahlen von verschiedener Brechbarkeit in verschiedener Weise. Bei den Gläsern tritt durch die Erhitzung öfter eine bleibende Veränderung in der Färbung ein. An die Beschreibung der interessanten Versuche schlies- sen sich einige theoretische Betrachtungen. — (Ebda 58—83) hg. Ch. Thomlirson, über ein in seiner Mutterlauge unsicht- bares Salz. — Nach Brewster kann man den Brechungsquotienten von uuregelmässig geformten Glasstücken und Mineralien dadurch bestimmen, dass man sie in eine Flüssigkeit bringt, in der es vollständig durchsichtig erscheint, der Brechungsquotient der Flüssigkeit ist dann zugleich der des vorliegenden Körpers; als Flüssigkeit empfiehlt sich eine verhältnissmäs- sige Mischung von Cassiaöl (5,077) und Olivenöl (3,113). Dies Verfah- ren eignet sich vortreffllich zur Prüfung von ungeschliffenen Edelsteinen. Merkwürdig ist es, dass schwefelsaures Zinkoxydnatron in seiner gesättig- ten Lösung ebenfalls unsichtbar ist, indem beide denselben Brechungs- quotienten haben. Es ist dies bei der Herstellung von Krystallen dieses Doppelsalzes zu beachten, dasselbe hat nur 4 Aeq. Wasser, in der Mut- terlauge nimmt es allmählich einen andern Wässerungszustand an und wird siehtbar. — (Ebda 626—628.) s Sbg. H. Emsmann, eine pseudoskopische und optometrische Figur. — Man zeichne ein Quadrat, verlängere alle 4Seiten je um die eigene Länge und ergänze die Figur zu 4 congruenten Quadraten; setze an jede der untern 6 Seiten dieser 3 Quadrate ein längliches Paralleloegramm mit Winkeln von 45° resp. 135° an; nach oben zu zeichne man nur 4 solche Parallelogramme, indem man die beiden äussersten Quadratseiten hier frei lässt. Die Parallelogramme erscheinen dann als Seitenflächen von Säulen, die Quadrate als Endflächen derselben und zwar entweder herausspringend (als Endflächen der untern Säulen) oder zurücktretend.. Gewöhnlich er- scheinen die untern Säulen nicht als Fortsetzung der untern; bei schräger Blickrichtung kann man aber auch den Eindruck gewinnen, als ob sie Forisetzungen von einander wären und in der Mitte nur einen Knick hät- ten. Horizontale und vertikale Lage der Zeichnung, Drehung derselben in ihrer eigenen Ebene, Blickrichtung u. s. w. sind von Einfluss auf den Ein- druck. — Theilt man die Parallelogramme durch Striche, die mit den Quadratseiten parallel laufen noch in kleinere Parallelogramme, so bietet sich auch noch Gelegenheit zu optometrischen Versuchen, indem die Li- nien theils deutlicher theils trüber und undeutlicher erscheinen. — (Ebda 476 — 479.) Sbg. W. v. Bezold, einige analoge Sätze der Photometrie und Anziehungslehre. — Da die Lichtstärke ebenso wie die Anziehung mit der Entfernung im quadratischen Verhältnisse abnimmt, so sind die mathematischen Verhältnisse ganz dieselben und man kann daher die Sätze vom Potential u. s. w. auf die Photometrie übertragen; den Niveauflächen entsprechen „Flächen grösster Helligkeit“ und auch zur Elektrieitätslehre ergeben sich einfache Beziehungen. — (Ebda 91 — 94.) Sbg. heitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 34 « 502 J. L. Sirks, über die Compensation eines optischen Gangunterschieds. — Wenn von 2 Lichtstrahlen die miteinander in- terferiren sollen, einen Gangunterschied erhalten haben, so lässt sich der- selbe bekanntlich wieder compensiren und die Interferenz geschieht dann so als ob weder die eine noch die andere Verzögerung stattgefunden hätte. Nach den Untersuchungen des Verf. kann man aber auch den Gangunter- schied W’ einer dünnen Krystallplatie achromatisiren durch den Gang- unterschied VW einer Gyps- oder Bergkrystall- Platte. Damit dieses achro- matisiren scheinbar einem wirklichen compensiren ‚gleich werde, muss das Verhältniss 97°: W eine Constante K sein, welche von der Natur des Kıy- stalls und der Richtung der Strahlen abhängt; ausserdem muss die Diffe- renz V’—V für den mittlern Theil des Speetrums genau eine ganze po- sitive oder negative Anzahl von ganzen oder halben Wellenlängen betra- gen; bei ganzen Wellenlängen entsteht im Polarisationsapparate Schwarz, bei halben Weiss. Die Constante K gibt das Verhältniss der Dispersio- nen zweier compensirenden Platten. Von den vielen beschriebenen Expe- rimenten kann hier nichts wiederholt werden, es sei nur noch erwähnt, dass der Verf. eine Methode angibt zur Bestimmung der Dicke dünner Schichten und Blätichen (Leptometer). Zum Schluss wird als negatives Resultat der Untersuchung der Satz hingestellt: Es ist nie erlaubt aus einem Compensationsexperimente auf die Grösse eines Gangunterschiedes zu schliessen. — (Ebda 140, 621 — 635; 141, 393 — 406.) Sbg. Des Cloiseaux, über die optischen Eigenschaften des Benzils und einiger Körper aus derKampferfamilie im kry- stallisirten und gelösten Zustande. — Benzilkrystalle drehen die Polarisationsebene theils nach rechts theils nach links, ohne dass sie Ver- schiedenheiten in der Krystallform gezeigt hätten; eine Lösung von rechts- drehenden Krystallen lieferte beim abermaligen Krystallisiren sowol solche die rechts drehbar als auch solche die links drehten; die Lösung drehte die Polarisationsebene gar nicht. Aehnlich verhält sich Chlor-, brom- und überjodsaures Natron, doch sind hier die rechts und linksdrehenden Kry- stalle unterschieden, ähnlich wie der Quarz. Umgekehrt verhält es sich mit den folgenden Kampferarten , diese drehen die Polarisationsebene nur wenn sie in Lösung sind, nicht aber wenn sie krystallisirt sind: 1) der Kam- pher des Patschuli (Krystall negative einachsige Doppelbrechung; Lösung sehr stark links drehend). — 2) Kampher des Mentha oder Menthol (neg, — links). — 3) Kampher von Borneo (rechts). 4) Terecampher (links), — 5) Terpentinmonochlorhydrat (links). Von Substanzen, die sowol in Lösung als in Krystallen die Polarisationsebene drehen, ‚ist bis jetzt nur das schwefelsaure Strychnin bekannt. — (Edda 141, 300— 304.) Sbg. H. Vogel, Studien über die Eigenschaften der Bilder photograhiser Linsen. — Diese interessante Arbeit, deren Titel auch allgemeiner gefasst werden konnte, nämlich als Eigenschaften von per- speetivischen Bildern überhaupt, haben wir schon früher der Hauptsache nach referirt. Wir kommen auf dieselbe nur noch einmal zurück, einer- seits weil sie jetzt den Physikern dadureh zugänglicher gemacht ist, dass sie wenigstens z#m Theil in Poggendorfis Annalen abgedruckt ist, andrer- 903 seits weil wir berichtigen zu bemerken haben, dass gerade diese merk- würdigen Eigenthümlichkeiten der Centralprojection von Helmholtz in der physiologischen Optik nicht behandelt sind, was wir irrthümlicher Weise angegeben hatten, Es sollte auch dadurch der Werth der Arbeit durch- aus nicht heruntergeselzt werden, denn wenn auch der Grundgedanke derselben vielleicht schon anderwärts angegeben ist, so ist doch seine Anwendung auf die Photographieen jedenfalls neu und interessant. — (Ebda 140, 451 — 460.) Sbg. Chemie. A. W. Hofmann, die dem Aethylamin und Di- äthylamin entsprechenden Abkömmlinge desPhosphorwas- serstoffs. — Frühere Versuche stellen fest, dass sich die Alkoholgrup- pen dem Wasserstoff im Phosphorwasserstoff direet substituiren lassen, dass aber auch die dem Ammoniak beiwohnende Neigung hochsubstituirte Derivate zu bilden, bei dem Phosphorwasserstoff besonders stark ausge- sprochen ist, und war nunmehr zu ermitteln, unter welchen Bedingungen 1 Mol. Phosphorwasserstoff und I Mol. Alkohol in Wechselwirkung treten. Zu diesem Behufe lasse man Jodphosphonium in Gegenwart eines Metall- oxydes auf Alkoholjodid einwirken am zweckmässigsten ist 1 Mol, Zink- oxyd, 2 Mol. Jodphosphonium und ? Mol. Alkoholjodid. Für die Aethyl- reihe digerire man ein Gemenge von 1 Zinkweiss,4 Jodphosphonium und 4 Jodäthyl während 6-8 Stunden im Luftbade bei 150°. Die Digestions- röhren erfüllen sich mit einer homogenen strahlig krystallisirten Masse und öffnen sich beim Aufschmelzen unter gelinder Detonation. Ohne Sorge benutze man eine Röhre von 50 CCent. mit 40 — 50 Gramm Mischung, bringe zuerst das Jodphosphonium, dann das Zinkoxyd und schliesslich das Jodäthyl ein. Das Hauptprodukt der Wechselwirkung ist jodwasser- stofisaures Aethylphosphin, das mit dem gebildeten Jodzink eine Doppel- verbindung bildet: 2C5H,J + 2(H;P,HJ) + ZnO — 2[(C,H,)H,P,HJ] + Znd,; + H50. Allein neben dieser Reaction vollzieht sich gleichzeitig eine zweite, in welcher 2 Mol. Jodäthyl, 1 Mol. Jodphosphonium und 1 Mol. Zinkoxyd in Wechselwirkung treten und Diäthylphosphin erzeugen, das sich direct mit dem Zinkjodid vereinigt: 2C,H,J + H,P,HJ + ZnO = ((C,H,)HP,ZnJ,; + H,0. Es bleibt also stets etwas Jodphosphonium unverwerthet, das sich entweder als solches oder als Phosphorwasserstoff und Jodwasserstoif wiederfindet. Neben den Reactionen, welchen das Aethyl- phosphin und das Diäthylphosphin ihre Entstehung verdanken, laufen besonders bei hoher Temperatur noch andere her, in denen permanente oder schwer coereible Gase vielleicht Aethan oder selbst Grubengas gebil- det werden. Der in den Digestionsröhren herrschende Druck rührt von solchen Reductionsproducten her, deren Bildung selbst unter den günstig- sten Bedingungen nicht zu vermeiden ist. Dann ist das Reductionsprodukt stark rothgelb gefärbt. In der beschriebenen Reaction erzeugen sich aus- schliesslich das primäre und seeundäre Phosphin und da was hier in der Aethylreihe beobachtet wurde, sich auch bei den Methylkörpern bethätigt, so ist in der Einwirkung des Jodphosphoniums auf die Alkoholjodide in glücklichsier Weise das Complement zu der Reaction zwischen Jodphos- phonium und den Alkoholen, in der sich nur die tertiären und quartären 34* 504 Körper bilden. Aber auch die Scheidung der primären von der secundä- ren Base erfolgt überraschend leicht, gewissermassen von selbst. Die Salze der primären Phosphine werden nämlich gerade wie das Phospho- niumjodid vom Wasser unter Entwicklung der Phosphine und Lösung der Säure vollständig zerlegt, während die Salze der secundären Phosphine bei Gegenwart freier Säure selbst einem grossen Ueberschusse siedenden Wassers widerstehen, sich aber mit Leichtigkeit unter dem Einflusse der Alkalien spalten. Die Ausführung der Operation gestaltet sich sehr. leicht. Zunächst lässt man das in einem wassersoffgefüllten Apparate vereinigte Reactionsprodukt mehrer Röhren einen langsamen Strom ausgekochten und wieder erkalteten Wassers fliessen, alsbald wird das Monoäthylphosphin in Freiheit gesetzt, um in einer eisumhüllten Spirale condensirt zu wer- den. Die über Kaliumhydrat getrocknete Flüssigkeit ist nur das che- misch reine Phosphin. Da aber zugleich viel flüssiges Aethylphosphin von dem Wasserstoff fortgerissen wird, streicht der Gasstrom vor seinem Aus- tritt durch eine Säule concentrirter Jodwasserstoffsäure, wie man sie bei der Jodphosphoniumdarstellung reichlich als Nebenprodukt erhält. Diese Flüssigkeit erfüllt sich mit blendend weissen Krystallen von reinem Aethyl- phosphoniumjodid. Sobald kein Monoäthylphosphin sich mehr entwickelt, lässt man starke Natronlauge in den Apparat eintreten. Lange vor dem Kochen verflüchtigt sich das Diäthylphosphin, das mittelst eines Eiswas- ser enthaltenden Kühlapparates verdichtet werden kann. Die über Kalium- hydrat getrocknete Flüssigkeit stelli das secundäre Phosphin chemisch C,H, rein dar. Monoäthylenphosphin: C,H,P = H /P. Leichtbewegliche, in H Wasser unlösliche, farblos durchsichtige Flüssigkeit mit starker Lichtbre- chung, leichter in Wasser bei 25° siedend, ohne alle Wirkung auf Pflan- zenfarben, mit bewältigendem Geruch und intensiv bittern Geschmack. Die Dämpfe des Aethylphosphins bleichen den Kork wie Chlor und neh- men dem Kautschuk die Elastieität. In Berührung mit Chlor, Brom und rauchender Salpetersäure entzündet sich das Aethylphosphin mit Schwefel und Schwefelkohlenstoff vereinigt es sich und bildet Flüssigkeiten. Mit coneentrirter Chlor-, Brom- und Jodwasserstoffsäure verbindet sich die Base zu Salzen. Die Lösung des salzsauren Salzes liefert mit Platinchlo- rid prächtig carminrothe Nadeln von Platinsalz, das an krystallisirte Chrom- säure erinnert. Noch schöner ist das Jodhydrat dieses Salzes. Es bildet weisse vierseitige Tafeln, die sich im Wasserstoflstrome schon bei 70° su- blimiren lassen. Dieses Salz besteht aus C,H,PJ = (C,H,)H,P,HJ und ist im Wasser unter völliger Zersetzung löslich, die Krystalle halten sich in trockner Luft unverändert, zersetzen sich schon unter feuchtem Hauch mit Freiwerden der furchtbar riechenden Base. Es löst sich in Alkohol unter theilweiser Zersetzung, ist in Aether unlöslich, löslich ohne Zer- setzung in concentrirter Jodwasserstofisäure. Diäthylphosphin C,H, = C,H, Gi P, farblos durchsichtige, vollkommen neutrale, auf Wasser schwim- H 505 mende, im Wasser unlösliche Flüssigkeit, stark lichtbrechend , bei 85° sie- dend, mit penetrantem Geruch. Die Base zieht den Sauerstoff mit ungleich grösserer Begierde an als das Aethylphosphin und entzündet sich beim Oeffnen des Gefässes. Das Diäthylphosphin verbindet sich mit dem Schwe- fel und Schwefelkohlenstoff zu Flüssigkeiten. Das secundäre Phosphin löst sich leicht in allen Säuren. Die Salze sind mit Ausnahme des Jod- hydrates schwer zu krystallisiren. Die Lösung des salzsauren Salzes gibt mit Platinchlorid schön orangegelbe Prismen eines veränderlichen Doppel- salzes, Die Diäthylphosphinsalze widerstehen der Einwirkung des Was- sers. — Mit der Entdeckung des Aethyl- und Diäthylphosphins ist der Parallelismus der Ammoniak- und Phosphorwasserstoffderivate vollendet wie der Ueberblick über beide Reihen zeigt: Ammoniumjodid Phosphoniumjodid H,NJ H,PJ primäre Substitution (C;H,)H,3NJ (C;H,)H;PJ secundäre Substitution (Co; ),H5NJ (C2H,)sH,PJ tertiäre Substitution (C,H,);3HNJ (C5H,),HPJ quartäre Substitution (05H, ),NJ (C,H,),PJ Nach der neuen Vorschrift lassen sich die beiden neuen Phosphine vollen- det rein, sicher und reichlich erhalten, so sehr mühevoll auch die Fest- stellung der Methode war. Nunmehr wird auch die Frage nach den Amiden und Nitrilen entsprechen den Phosphiden und Phosphilen zumal auch nach Formophosphilen und phosphorhaltigen Senfölen eine rasche Beantwortung finden. Auch der Gedanke, die in der Aethylreihe gewonnenen Erfahrun- gen für den Erwerb phosphorhaltiger aromatischer Verbindungen zumal der Phenolphosphine einzusehen liegt nahe. — (Berliner Monatsbericht Mai 256—262.) E. Ludwig und Th. Hein, Synthese des Hydroxylamins. — Durch Einwirkung von Zinn- und Salzsäure auf Salpetersäure - Aethyl- äther erhält man neben andern Produkten die chlorwasserstoffsaure Ver- bindung einer Base NH,0,HCl, welche Hydroxylamin heisst und diese Sub- stanz haben die Verfi. durch Addition von Wasserstoff zu Stickoxyd dar- gestellt. NO 4 H, = NH,0. Das orangegelbe Stickoxyd wurde aus einer sauren Lösung von Eisenvitriol und Salpetersäure bereitet, durch Waschen mit Wasser und Kalilauge sorgfältig gereinigt und als Quelle für den nas- eirenden Wasserstoff eignet sich am besten Zinn und verdünnte Salzsäure. Man erhitzt das Metall mit der Säure zum Kochen oder bewirkt die Lö- sung des Metalles in der verdünnten Säure bei gewöhnlicher Temperatur dadurch, dass man wenig Platinchlorid zusetzt. Statt Zinn lässt sich auch granulirtes Blei anwenden. Der benutzte Apparat war also construirt; in einem Glasgasometer wurde das reine Stickoxyd angesammelt und dann durch Druck einer Wassersäule in regelmässigem Strome durch 4—6 mit einander verbundene Kolben geleitet, welche die kochende Mischung von 506 granulirtem Zinn und verdünnter Salzsäure enthielten, oder bei gewöhn- licher Temperatur waren Zinn und Salzsäure mit der Platinchloridlösung in 4 etwa 40 Cm. hohen Cylindern vertheilt, die durch seitliche basale Tubulaturen vereinigt waren; zweckmässig verbindet man mit dem letzten Cylinder noch 2—3 grosse Kolben mit Eisenvitriollösung um das entwei- chende Stickoxyd zu absorbiren. Bei Beginn der Reaction tritt starke Er- wärmung ein und nach zweistündigem Durchleiten des Stickoxydes ist der Process beendet; die vom ungelösten Zinn abgegossene Flüssigkeit wird mit Wasser verdünnt, das Zinn durch Einleiten von Schwefelwasserstoff vollständig entfernt und die vom Schwefelzinn abfiltrirte Flüssigkeit im Wasserbade zur Trockne verdampft. Die trockne Salzmasse, zur Hälfte aus Chlorammonium mit etwas Eisenchlorid bestehend wird mit kaltem absoluten Alkohol gewaschen, dann mit letztem ausgekocht, wobei das Chlorammo- nium ungelöst bleibt, das salzsaure Hydroxylamin in Lösung geht; der in der Lösung enthaltene Salmiak wird durch eine alkoholische Platinchloridlö- sung als Platinsalmiak gefällt und abfiltrirt, im Filtrate hat man reines salzsaures Hydroxylamin mit dem überschüssig zugesetziem Platinchlorid, durch Zusatz von wasserfreiem Aether scheidet sich das salzsaure Hydro- xylamin in kleinen Krystallen ab, die mit Aether gewaschen und aus abso- lutem Alkohol umkrystallisirt werden. Die Analyse ergab wirkliches Hydro- xylamin und auch die Krystallform stimmte vollkommen, so dass die Syn- these in jeder Beziehung vollständig. — (Wien. Sitzgsber. LX. 808—811.) H. Hlasiwetz und J. Haberman, zur Kenntniss einiger Zuckerarten (Glucose, Rohrzucker, Levulosc, Sorbin, Phlorogluein). — Die verdünnten Lösungen dieser Zuckersorten wurden in Retorten mit ku- gelig ausgebauchtem Halse so lange mit Chlor behandelt als noch eine Absorption wahrzunehmen war, bei grössern Mengen 5 Tage lang. Die überschüssiges Chlor enthaltende Flüssigkeit wurde durch hindurehge- saugte Luft von dem Chlorgehalt befreit, dann in einer Schale erwärmt und ein Schlamm von Silberoxyd so lange eingetragen, bis die Flüssigkeit neutral war. Dann wurde schnell filtrirt, mit siedendem Wasser lange nachgewaschen, die Filtrate sofort mit Schwefelwasserstoff behandelt, das Schwefelsilber abfiltrirt und die ganz wasserklare Flüssigkeit auf dem Wasserbade concenirirt. I. Traubenzucker. Bildung der Gluconsäure C;H,50,. Das nächste Produkt der Chlorung des Traubenzuckers gelingt nicht rein darzustellen. Bei Zersetzung mit Silberoxyd zeigt sielı käsiges Chlorsilber am Boden und die Flüssigkeit wird klar. Nährt sie sich der Sättigung, so bleibt sie milchig; ist die Sättigung eingetreten, se sinkt der graukäsige Schlamm zusammen und wird braun, die Flüssigkeit rea- girt nicht mehr auf Lakmuspapier, und wird schnell filtrirt. Die concen- trirte Lösung der so erhaltenen freien Säure wurde mit den kohlensauren Salzen des Caleium, Baryum, Cadınium und Zink gesättigt. Das Kalk- salz bildet mikroskopische Nadeln, ist in warmem Wasser leicht löslich, schimmelt in feuchtem Zustande und enthält Krystallwasser. Die Analyse führt zu der Formel C,H,,CaO,. Das Bleisalz ist ein kreideweisser volu- minöser Niederschlag, den basischessigsaures Bleioxyd in einer Lösung des Kalksalzes hervorbringt. Seine Formel ist C.H,Pb,0,. Aus ihm 507 wurde mit Schwefelwasserstoff die freie Säure abgeschieden, welche Verf. Gluconsäure nennen. Ihre farblose Lösung wurde unter der Luftpumpe eingedampft, die Gluconsäure ist ein farbloser Syrup, schmeckt stark und angenehm sauer, ist in starkem Weingeist unlöslich und redueirt eine Fehlingsche Kupferlösung wie Traubenzucker. Das Barytsalz wird durch Sättigen der freien Säure mit kohlensaurem Baryt erhalten, bildet prisma- tische Krystalle mit schiefer Abstumpfungsfläche und hat nach der Ana- Iyse die Formel C,H,,BaO, + 1'/H,0. Das Cadmiumsalz wird aus freier Säure mittelst kohlensaurem Cadmiumoxyd erhalten, Krystallisirt nicht und besteht aus C,;H,,CdO,. Das Gluconsaure Aethyläther-Chlorealeium ent- steht, wenn man das Kochsalz mit absolutem Alkohol zu einem Schlamme zerreibt und in denselben trocknes salzsaures Gas leitet. Nach kurzer Zeit löst sich das Salz, die Flüssigkeit trübt sich und scheidet kleine farb- lose Krystalle der neuen Verbindung aus. Deren Analyse führt zu der For- mel 2[C;H 1 (C>H,)O,] +Calı,. Aus eben dieser Verbindung erhält man den Gluconsäureäthyläther, wenn man die concentrirte wässerige Lösung der- selben mit etwas Alkohol und einer concentrirten Lösung von schwefel- ‘saurem Natron versetzt, das Ganze unter der Luftpumpe verdunstet, den Rückstand in wenig Alkohol aufnimmt und mit Aether behandelt. Beim Verdunsten der Lösung hinterbleibt der Gluconsäureäthyläther in seiden- glänzenden wavellitartig gruppirten Nadeln. Die Salze der Gluconsäure mit den Alkalien und Ammonium adlan nicht krystallisirt erhalten. Bei Darstellung der Gluconsäure findet sich stets noch ein Theil Zucker unzersetzt, der in der Mutterlauge des rohen Kochsalzes bleibt. Man kann die Laugen mit Weingeist ausfällen, das gefällte Kalksalz in das Bleisalz, dieses in die freie Säure verwandeln und aus derselben mit- telst kohlensaurem Baryt das Barytsalz darstellen, das besser und sehöner krystallisirt als das Kochsalz. — 2. Rohrzucker verhält sich genau wie Traubenzucker und liefert eine der Gluconsäure iden- tische Säure. Ihr Kalksalz besteht aus C;H,,Ca0,. — 3. Sorbin. Eine Sorbinlösung von der Concentration 1:7 absorbirt rascher das Chlor als eine Traubenzuckerlösung. Nach Absättigung der gechlorten Flüssig- keit mit Silberoxyd trübt sich das Filtrat sehr stark. Die durch Zerle- gung mit Schwefelwasserstoff erhaltene Lösung der freien Säure schien von grösserer Acidität und als sie mit kohlensaurem Kalk abgesättigt wurde, entstand ein drusig verwachsenes Kalksalz sehr schwer löslich, nach der Analyse glucolsaurer Kalk C,H,Ca0,. — 4. Levulose zersetzt sich bei der Einwirkung des Chlors ganz wie der Sorbin. Das aus dem Silbersalz dargestellte Kalksalz der gebildeten Säure erwies sich identisch mit vori- gem, war glycolsaurer Kalk. — Ueber das Verhalten des Glycerins gegen- über der Einwirkung eines Halogens bei Gegenwart von Wasser fand Barth, dass dasselbe ebenso wie aus Lactose Lactonsäure entsteht, zu Glycerin- säure oxydirt wird nämlich nach (C;H,0, + Br, + H,0 = C,H,0, + 4HBr. Wirkt auf Glycerin in verdünnter wässeriger Lösung Chlor bei ge- wöhnlicher Temperatur: so entsteht unter Bildung von viel Salzsäure zu- nächst ein chlorhaltiges Produkt, das sich durch Aether aus der vom 'überschüssigen Chlor befreiten Flüssigkeit ausziehen lässt. Nach Vertrei= 508 bung des Aethers bleibt dieses Produkt als gefärbtes Oel zurück, das sich beim Destilliren unter Salzsäureentwicklung zersetzt. Die mit Aether be- ‚handelte gechlorte Glycerinlösung färbt sich beim Eindampfen und enthält neben viel Salzsäure die Glycerinsäure. Silberoxyd gibt Chlorsilber und die Lösung des Silbersalzes, aus welcher die freie Säure und schliesslich das Kalksalz dargestellt wurde, das leicht als, das der Glycerinsäure zu bestättigen war. Das mit Aether ausziehbare Produkt scheint Bichlorgly- cerin und die Glycerinsäure durch Umsetzung dieses Zwischengliedes ent- standen zu sein. Dieser Versuch veranlasste auch das Phlorogluein C,0,(OH), derselben Behandlung zu unterwerfen. Eine verdünnte Lösung von Phlorogluein verschluckt lange Zeit Chlor, nach einigen Stunden ent- stehen dünne Krystallhäute aus feinen losen Nädelchen, die bei weiterm Einleiten wieder verschwinden. Zuletzt entfärbt sich die Lösung und sie hat dann einen Thränenreinzenden Geruch. Beim Eindampfen entweicht die Säure und zuletzt wird alles flüchtig, nur wenig brauner Syrup bleibt zurück. Dieses nächste chlorhaltige Produkt löst sieh in Aether, mit dem man die gechlorte Phloroglucinlösung schüttelt. Bei der Absättigung mit Silberoxyd entsteht anfangs viel Chlorsilber, später fängt die Flüssigkeit an zu schäumen, dann wird sie bei einem Silberoxydzusatz neutral und schwarzbraun. Die fast siedende Flüssigkeit wird rasch filtrirt und das sich bald trübende Filtrat mit Schwefelwasserstoff behandelt. Die vom Schwefelwasserstoff ablaufende Flüssigkeit liess sich unter Entwicklung saurer Dämpfe total verflüchtigen. Die hinterbleibende brennendsaure dünn- ölige Flüssigkeit wurde durch Destillation gereinigt, bis auf wenig braunen Rückstand geht wasserhelle Flüssigkeit über: bei einer Rectification wurde die Vorlage gewechselt, als der Siedepunkt 1850 erreicht hatte. Die ab- gegangenen Partien enthielten noch viel Wasser, die jenseits 1850 übergehende Partie war farblosölig, stechend sauer, auf der Haut Brennen verursachend, kalt, fast geruchlos in Wasser löslich. Die wässrige Lösung löste Metalloxyde und kohlensaure Salze leicht. Die Säure ergab sich als Dichloressigsäure, die sich aber schon direct mit Aether ausziehen lässt. Die ölige Süure in Aetzammoniak gelöst gab beim freiwilligen Verdunsten Ammonsalz in strahligen sehr löslichen Krystallen. Das Kalksalz: aus der bis zum dünnen Syrup abgedampften Lösung krystallisirten anfangs kleine Büschel feiner Nadeln, später erstarrte die ganze Flüssigkeit, abgepresst, gerieben und getrocknet wurde Ca 13,16 — 13,51 gefunden. Das Baryt- salz bildet kleine wavelitähnlich gruppirte Krystalle mit 34,77 Ba. Das Cadmiumsalz trocknet Gummiartig ein, das Kupfersalz bildet sehr schöne rhombische lichtblaue Krystalle. Das Bleisalz wird mit Bleiglätte darge- stellt und zeigt sich als Brei feiner Nadeln. Das Silbersalz Krystallisirt in Blättern und zersetzt sich schon im Wasserbade unter Hinterlassung von Chlorsilber. — Aus all diesen Untersuchungen resultirt, dass dieselbe Reaction und Behandlungsweise beim Traubenzucker ganz verschieden ver- läuft als bei den Verwandten, dem Fruchtzucker und dem Sorbin. Der Traubenzucker wird oxydirt, sein Kohlenstoffgehalt bleibt unversehrt; es wird nur noch Sauerstoff angelagert und entsteht eine neue Säure, Der Fruchtzucker und Sorbin dagegen werden total zersetzt, die Kohlenstoff- 509 keiten gesprengt und es entstehen drei symmetrische Trümmer, die durch Oxydation in Glycolsäure verwandelt erscheinen. Ganz analog zerfäll! das Phloroglucin, seine Bruchstücke nehmen die Formen der Bichloressigsäure an. Der Process in seiner einfachsten Form ist C;H,00; +0 = C;H,005 C;H,20% +0 = (,H,50; Lactose Lactonsäure Glucose Gluconsäure C;H,205, +30 =3(C;H,0,) CH; +3H,0 =3(C;H,0,) Levulose u. Sorbin Glycolsäure Phlorogluein Essigsäure Bei der Chlorung des Traubenzuckers scheint eine Substitution des Chlors für Wasserstoff in Seinem Molekül nicht annehmbar. Das Chlor kann nur addirt werden und die Säure entsteht vermittelst eines chlorhaltigen Zwi- schenproductes. Ein Beispiel ähnlicher Art unter den Säuren liefert die Fumarsäure: C,H40, + 2Br = C,H,0,Br, daraus (,H,0, Fumarsäure Bibrombernsteinsäure Aepfelsäure C;H,00; + 2Br = C;H,00;Br, daraus C,H,00; Lactose Bromlactose Lactonsäure CH,05, +20 = CH0,Cl, daraus CrH0, Glucose Chlorglucose Gluconsäure Diese Zuckerarten wären demnach in ihrer Weise ungesättigte Verbindun- gen und für den Traubenzucker weiss man durch Linnemann, dass er di- rekt H, aufnehmen und in Mannit übergehen kann. Die Gluconsäure ist offenbar gleich dem Mannit C,H, ‚06H, und enthält den Sauerstoff an der- selben Stelle wie der Maunit den Wasserstoff. Dadurch unterscheidet sie sich von der isomeren Mannitsäure. Berücksichtigt man zunächst die am meisten charakteristische Spaltung des Glucosemoleküls in Alkohol und Kohlensäure bei der Gährung: so könnte man sich seine Struktur also HO.H,C CH,0H En : vorstellen; HO,HC CH HO Bei der Gährung sättigen sich die zwei 1 HOC = COH untersten zwei CAtome mit dem Sauerstoff und der Rest giebt gerade 2 Mol Alkohol, HOH,C _CH,.OH | | () CH,OH H(0)HC CH.()H = 2C Fa, (0) H(0)C C(O)H Fe ER) Glucose Die Gegenwart der Aldehydgruppe COH würde zum andern die Reduktions- wirkungen der Glycose, kurz ihr in mehren Stücken aldehydartiges Ver- halten erklären. Die Formel entspräche ferner der Thatsache, dass bei Behandlung der Glucose mit Essigsäureanhydrid sich nur 4 Mol. Acetyl an die Stelle des Wasserstoffs der Hydroxylgruppe einführen lassen. Endlich gestattet sie eine Einsicht in den Vorgang bei der Bildung der Glucon- säure. Diese Darlegung und die weitern Betrachtungen mögen im Origi- nal nachgesehen werden, — (Wiener Sitzgsberichte LXII, 125—146.) 510 Geologie, Boricky, Mikrostrucetur und chemische Zu- sammensetzung derBasaltedesBöhmischenMittelgebirges, Zirkels vortreffliche Arbeit über Basalte veranlasste B. die Böhmischen in gleicher Richtung zu untersuchen. Der Basalt des Salzberges am linken Moldauufer führt sichtbare Apatitnadeln und mikroskopischen Apatit und Titaneisen. Das graue Pulver dieses Basaltes braust nicht in Säuren. Unter 400 Vergröss. zeigt das Präparat Feldspathbasalt, der aus langen dünnen Feldspath- und länglichen Angitkrystallen besteht, sehr viel Mag- netit, Titaneisen und Apatit, auch grosse, an Mikrolithen arme Glaspar- tien enthält. An vielen Stellen überwiegt der Apatit, nur seine kleinsten Krystalle sind farblos, grosse durch Einschnitte dunkel gefärbt, viele stellen- .weis durchscheinend. Oft erscheint ein schwarzer Hexagonkern (Titan- eisen) von einem farblosen Hexagonringe umgeben oder in erstem grauer Apatit eingeschlossen, auch kommen schwarze Hexagonringe um lichtern Kern vor. Auch die Längsschnitte grosser Apatitkrystalle sind meist graulichweiss, stets mit feinen dichtgedrängten Streifen, die aus schwarzen Punkten und Nädelchen bestehen und zuweilen dunkelgraue Bänder dar- stelleu. Körner von farblosem Apatit, kurze, schwarze Säulchen, Nadeln und Magnetit und Titaneisen pflegen als Einschlüsse der Hauptachse pa- rallel gelagert zu sein. Mikroskopische grünliche und gelbliche Olivin- krystalle sind sparsam vorhanden. An magnetitreichen Stellen vereinzelt gelblichkraune Hexagon- und lamellirte Partien wahrscheinlich von Biotit. Die Analyse dieses Basaltes ergab 1,859 PO,, 38,447 SiO,, 1,022 TiO,, 19,203 Al, O,, 18, 616 Fe,0,, 10,478 CaO, 0,304 Mg0. Der Phosphorgehalt entspricht 5,72 Apatit. — Der Basalt des Hasenberges zwischen Kresen und Sedler besteht aus fussdicken Säulen und ist am Fusse des Berges von Reibungsconglomeraten umgeben. Das unbewaffnete Auge erkennt nur kleine Olivinkörner. Bei 400 Vergröss. erscheint das Gemenge sehr klein- körnig von bräunlichen und graulichen Augit und Feldspathkryställchen mit reichlichem Magnetit und Olivinkörnern, zwischen denen eine mikro- lithenreiche Glassubstanz als Grundmasse vorkömmt. Sehr sparsam er- scheinen porphyrisch grosse Augitkrystalle mit Einschlüssen von Augit in Apatit, mit Körnern von Magnetit in zahlreichen Glasporen, andere Augite an einem Ende in kleine aufgelöst. Grosse porphyrische Feldspath- krystalle mit Zwillingsstreifung sind selten. Viele, meist sechseckige Mag- netitquerschnitte oft von einer farblosen scharfkantigen Apatitzone umge- ben, enthalten Einschlüsse von grossen grauen und sehr kleinen farblosen Apatiten. Der reichliche Olivin bildet meist regelmässige Querschnitte, kleine Krystalle desselben sind weiss, wolkig, trübgerandet, selten in grau- lichgrüne, meist parallele Bänder und Fasern umgewandelt, grosse Olivin- sehnilte sind durch trübe Streifen gefeldert. Die farblose Glassubstanz ist meist mit sparsam kurzen und zahlreiehen langen Mikrolithen versehen. Nach langem Aetzen mit reiner Salzsäure wurde die Glassubstanz und der Olivin stark angegriffen, dle meisten Mikrolithe verschwanden und es traten viele Trichite als Härchen und Nädelchen deutlich hervor, die dun- keln Ränder der Olivinkrystalle hellten sich auf. Die Analyse des Gesteins ergab 0,553PO,, 41,794 SiO,, 26,218 Al,O,, 11,751 Fe, O,, 8,873 CaO, 911 3,405 MgO. Der Phosphorsäuregehalt entspricht 1,148 Apatit. — Der Ba- salt des Psanberges bei Laun besteht aus verticalen Säulen, die zu Kugeln verwittern. Er braust schwach in Säuren. Bei 400 Vergröss. erkennt man ein Gemenge kleiner und grosser Augitkrystalle mit Feldspathleisten, da- zwischen dunkle, flache Punkte und Nadeln und Mikrolithenreiche Glas- masse, viel Magnetit, spärlichen Olivin und Apatit. Die Augitkrystalle enthalten viel Einschlüsse von kurzen Augitmikrolitheu und Magnetitkör- nern, erste meist nahe am Rande, parallel den Kanten gelagert. Häufige Durehkreuzungszwillinge. Die Feldspathleisten sind fein gerieft, treppen- förmig gelagert, enthalten Magnetit und lange Mikrolithe. Die Magnetit- und Apatitquerschnitte wie beim Basalt des Salzberges. Der Olivin tritt spärlich in mikroskopischen Krystallen auf und ist in eine grünlichgelbe feinfasrige Substanz umgewandelt, die Fasern senkrecht auf den Kanten stehend, sternförmig oder strahlig. An vielen Stellen zeigt sich eine Infiltrationssubstanz, die in Limonit umgewandelt ist. Die Analyse ergab 0,782 C0,, 0,563 PO, 41,690 SiO,, 23,188 Al, O,, 13,423 Fe, O,, 8,615 CaO, 4,51 MgO. — Der Basali des nahe Laun gelegenen Ranaund Oblik lässt in einer äussest feinkörnigen, schwärzlichen Substanz viele gelbliche und grünliche Olivinkrystalle erkennen und spärliche Magnetit- und Titankry- stalle.. Bei 400 Vergröss, besteht das gleichartige-Gemenge aas kleinen Augiten und Feldspäthen mit grossen Krystallen,derselben Art. Die Grund- masse bildet eine an sehr langen Mikrolithen reiche Glassubstanz. Mag- netit reichiich , mikroskopischer Olivin und Apatit spärlich. Die meisten grossen Augile zeigen eine buntfarbige Schalenstructur, in der Mitte hell oder mit wechselnden hellen und dunkeln Zonen, oder aber im Innern bräunlich und grau. Unzersetzter Olivin enthält viel Glaspartikeln mit Bläschen und Nadeln. — Der Basalt des Berges Kosov ist eine schwarz- graue, sehr feinkörnige Substanz, mit viel mikroskopischen, gelben, grünen, bräunlichen Olivinkrystallen, unter 400 Vergröss. kommt ein Gemenge von grossen Augit- und Olivinkrystallen mit spärlichen dünnen Feldspathkry- stallen und vielen Magnetitkörnern zum Vorschein, zwischen die eine an Nadeln reiche Grundmasse eingezwängt ist. Die Augitschnitte zeigen sehr schöne Schalenstructur, die Schalen am Rande sehr dünn und dicht ge- drängt und hier die meisten Magnetitkörner und Mikrolithen führend, im Innern dieser Schalen mit vorwiegenden Glaspartikelchen und Bläschen. Die langen triklinen Feldspäthe, die sparsame Mikrolithe und schmutzig- grünliche Streifen der Grundmasse enthalten, sind innen farblos, an den Kanten grünlich und trübe, parallel oder strahlig um grosse Augit- und Olivinkrystalle geordnet. Grosse Olivinschnitte sind meist hell mit grünem Rande, reich an Glaspartien. Farblose Apatithexagone sehr spärlich. Langes Aetzen mit reiner Salzsäure macht die Augitkrystalle blass, ihre Schalenstruktur deutlicher, an deren Rändern zeigen sich gerade und ge- krümmte trichitähnliche Gebilde. An den Feldspäthen kann man die po- lysynthetische Aggregation vieler Individuen, die durch sehr dünne Streifen grünlichgrauer Grundsubstanz geschieden, deutlicher wahrnehmnn, ebenso die vielen meist strahlig geordneten Mikrolithe der Grundsubstanz. — Der Basalt von Skalka enthält viele erbsengrosse Zeolithsecretionen, im Innern 512 mit Krystallnadeln. Unter dem Mikroscop sieht man lockere Aggregate von Ausgit, triklinen Feldspäthen, wenigen Magnetitkörnern in einer flek- kigen Substanz, an lichten Stellen viele concentrische dunkle und lichte Ringe, kreisrunde und polygonale, die bei gekreuzten Nicols polarisiren, ferner viele lange dünne Apatitkrystalle und spärlichen umgewandelten Olivin, sowie reichlichen Zeolith. — (Prager Sitzungsberichte.1870. II. 20—29.) | Ed. v. Mojsisovics, muthmassliche Verbreitung der kohlenführenden Häringer Schichten im untern Innthale. — Die Wichtigkeit der Kohlenlager für Tirol veranlasste mehrfache Ver- suche, die resultatlas blieben, doch sind nach Verf, noch nicht alle Hoff- nungen für das Unterinnthal vereitelt. Bei Häring selbst findet man in Spalten und Furchen des triadischen Randgebirges, verschieden mächtige isolirte Ablagerungen, in welchen meist die ganze Folge der Binnenbil- dungen von Häringen anzutreffen. Das im Abbau begriffene Kohlenflötz bildet das tiefste Glied des das Mittelgebirge von Häring constituirenden Eoeän. _. Mächtige Schotterlager verdecken seitlich und oben das Gestein und nur in tiefen Einrissen werden die eocänen Schichten sichtbar. Der als eocän betrachtete Angerberg am linken Innufer zwischen Breitenbach und Mariastein besteht hauptsächlich aus triadischem Dolomit und ist nur im N. und S. von einem schmalen Streifen eocäner Schichten eingefasst, Die auf der Innthalseite auftretenden Eocänschichten entsprechen den obern z. Th. rein marinen Schichten des Häringer Eocän und stossen von Dach- steindolomit des Angerberges ab. Daher mussten hier die Versuche resul- tatlos bleiben. Auch im N. des Kaisergebirges in der Niederung zwischen Ebs und Kössen herrschen andere Verhältnisse als bei Häring. Diesen ähnliche dagegen trifft man im Mittelgebirge am linken Innufer zwischen Breitenbach und Kranznach. Am Rande des alten Gebirges finden sich isolirte Vorkommen und Spaltenfüllungen des Häringer Stinksteines mit Kohlenflötzchen und das Mittelgebirge selbst scheint nur aus Eocän zu bestehen, daher hier Hoffnung auf Kohlen begründet ist und Schürfver- suche angestellt werden müssen. Beachtung verdient auch das Becken von Wörgl und die Thalweite von Sparchet im N. von Kuffstein, wo gleich- falls der Häringer Stinkstein vorkömmt. — (Verhdlgn. Geol. Reichsanst. 1871. Nro. 1. Ss. 3—4.) G. Curioni, Geologie des Val Trompia. — Auf gründliche Untersuchungen gestützt, giebt Verf. für dieses den Geologen bekannte Alpine-Gebiet folgende geognostische Gliederung von unten nach oben: 1. Casannaschiefer als Vertreter der Steinkohlenformation. 2. Quarz und Porphyr. 3. Permische Gebilde bestehend aus a) Porphyrconglomeraten und Sandstein und b) bunt gefärbten sandigen Schiefer mit Pflanzenresten und Fährteneindrücken. 4. Grüne Sandsteine. 5. Quarzbreceie. 6. Trias- sandstein oder Verrucano als Vertreter des Buntsandsteins, 7. Serrino als Repräsentant des Muschelkalkes. 8. Rauchwacke. 9. Gypsführender Thon. 10, St. Cassianer Formation als dunkler Dolomit mit spärlichen Petrefakten, die theils dem obern Muschelkalk, theils dem ächten St. Cas- sian entsprechen. 11. Erzführender Kalk und Dolomit mit wenigen Pe- 513 trefacten als Aequivalent des Hallstädter Kalkes gedeutet. 12. Schichten der Gevvillia bipartita. 13. Esino-Dolomit und Schichten der Avicula exi- lis. Die ebenfalls untersuchten Porphyrgesteine werden in 2 Gruppen ge- sondert, in 1. saure, quarzführende, die an einzelnen Stellen die Kohlen- formation durchsetzen, ohne sich in denselben auszubreiten, an anderen Stellen Decken darüber bilden und 2, basische Augit-Porphyre, die zum ersten Male in den St. Cassianer Dolomiten erscheinen und deren Aus- brüche bis an die untere Gränze des Esino Dolomites fortsetzen. — ‚Bolet. Comit. geol. Italia 1870. No. 9. 10.) Oryktognosie Safarik, der erste böhmische Dia- mant. — Die Entdeckung desselben haben wir früher gelegentlich berichtet und theilen nun die wissenschaftliche Untersuchung dieses höchst interessanten Vorkommens mit. Acht Meilen NW von Prag bei Libochowitz liegen die bekannten Granatgruben, welche drei grosse flache Mulden bilden, von Lehm bedeckt und mit 6—12 Fuss Gerölle erfüllt sind. Diese Gerölle bestehen vorwiegend aus Basalt, unterge- ordnet sind Gneiss, Sandsteine, Plänerkalk, Sand und Grus. Letzter führt zwischen den Quarzkörnern Pyrop, Zirkon, Spinell, Korund, Chrysolith, Cyanit, Turmalin und in Schwefelkies verwandelte Kreidepetrefakten. Der Sand wird gegraben, gewaschen und der Pyrop ausgelesen und als böhmischer Granat in den Handel gebracht, die andern Steine werden höchstens für Mineraliensammlungen beachtet. Frau Gräfin Schönborn lässt übrigens auch die andern Edelsteine sammeln und schleifen. Im Herbst 1869 fand nun der Steinschleifer Preissler in Skalka einen Stein, der beim Schleifen den Smirgel angriff und selbst von Diamant nicht angegriffen wurde, darum wurde er Verf. zur näh- ern Untersuchung mitgetheilt. Die Prüfung der Härte wies nur auf Diamant, das spec. Gew. 3,48. Farbe licht weingelb, Form annähernd kubisch mit unebenen aber glänzenden Flächen 4 und 2', Mm. Durch- messer, auf der einen Seite mit einem einspringenden Winkel von mehr als 90°, also Zwillingskrystall, auf der andern Fläche mit tiefen Ein- drücken von andern Krystallen. Unter dem Mikroskop erscheinen die- meisten Flächen schuppig wie von Krystallkanten. Durch Reiben wird der Stein stark positiv elektrisch, zeigt keine Phosphorescenz bei 150° - Hitze, spielt im polarisirten Licht schwach undeutlich. Die Härte be- treffend sind bekanntlich nicht alle Diamanten einander gleich, die Divestene der Holländer widerstehen jedem Schliffe und die ostindischen Diamanten werden wegen ihrer grössern Härte lieber zu Glaserdiaman- ten verwendet als die brasilischen, beide der brasilische und der ostin- dische vermochten den böhmischen nicht zu ritzen. Einige abgesprengte Splitter verbrannten im Sauerstoffgebläse mit glänzendem Licht völlig ‘ohne Rest. Der Stein ist also ächter Diamant und vom Besitzer dem böhmischen Nationalmuseum geschenkt. In Frankreich und England sind Bedenken über die Art des Vorkommens erhoben, die jedoch nur auf ungenügende Angaben sich stützen, auch eine zufällige Beimen- gung ist durchaus nicht annchmbar. G. Rose findet das Vorkommen nicht absonderlich, die böhmischen Granaten kommen im Serpentin 514 vor, welchersehr wohlaus einem Hornblendschiefer entstanden sein kann, der mit dem Itakolumit in Brasilien vorkömmt. — (Prager Sitzungs- berichte 1870. 19—24.) Derselbe, über böhmische Kaoline. — Johnston und Blake haben in Sillim. Journ. 1867 XLIII. 351 bekannt gemacht, dass die meisten von ihnen untersuchten Kaoline sowie Breithaupts Nakrit und Genths Pholerit unter dem Mikroskope aus weissen, perlglänzenden Schuppen bestehen, die in heisser Salzsäure unlöslich sind, spec. Gew. 2,6 und Zusammensetzung Al0,Si0,2H0 —= Al,Si,H,0, haben. Hal- loysit hat 4HO statt 2HO und nimmt bei 2120 die Zusammensetzung des Kaolins an. Dagegen hat der Pholerit Al, 0,3Si0,4H0. Hierher gehört der Pholerit von Fins, Naxos, Schemnitz, Chemnitz, der Tuesit aus Schottland, das Steinmark von Schlackenwald. Möglicher Weise ist dieser Pholerit nichts als Kaolin mit freier Kieselsäure gemengt. Die krystallinische Basis der Kaoline nennt Johnston Kaolinit. Die böhmischen Kaoline sind nach Verf. sämmtlich krystallinisch, am schön- sten der pulverige weisse von Swarow, derselbe besteht ausschliesslich aus schneeweissen perlglänzenden, symmetrisch hexagonalen Blättchen von 0,007—0,040 Mm. Länge and äusserster Dünne, ohne Spur von ‚Ein- wirkung auf das polarisirte Licht. Gelber pulveriger Kaolin von Nueitz besteht aus grossen dicken vollkommen durchsichtigen Krystallschuppen, die zwischen gekreuzten Nikols kräftig Farben spielen. Alle übrigen Kaoline auch gemeine Töpferthone bestehen entweder aus deutlichen Krystallen oder doch aus Krystallkörnern und Krystallstücken, die einen apolar wie Swarow, die andern polarisirend wie Nueitz. — (Ebda. 24—25.) Krejei, Zusammenhang der gyroidischen Krystall- form mitdercirkularen Polarisation. - Quarz, Zinnober, Rohr- zucker, Weinsäure, chlor- und bromsaures Natron, essigsaures Uran- oxydnatron, überjodsaures Natron, und andere krystalisirte Substanzen zeigen das schöne Phänomen der eirkularen Polarisation. Der Zusam- menhang dieses Phänomens mit der Krystallform ergiebt sich aus der Vergleichung der: Achsenverhältnisse der Krystalle mit den physikali- schen Bedingungen der Polarisation. Der Wegeines Lichtstrahles in einem cireular polarisirenden Krystall lässt sich als eine Spirale darstellen, die je nachdem der Krystall rechts oder links drehend ist, nach rechts oder links sich wendet. Um also die Erscheinung der cirkularen Po- larisation hervorzubringen muss der Krystall die gradlinige Richtung des ihn durchdringenden Lichtstrahles in eine spiralige verwandeln, was im Sinne der Polarisationstheorie dadurch veranlasst wird, dass zwei Elastieitätsachsen des Krystalls auf einander senkrecht stehen und das Verhältniss der Elastieität nach beiden Achsen sich wie 1: '/);m verhält, wobei m eine ungerade Zahl bedeutet, denn bei diesem Verhältniss der Componenten entsteht eine kreisförmige Bewegung. Ferner müssen die EBlastieitätsachsen zur Richtung des Lichtstrahles das angeführte Verhältniss nach rechts oder nach links besitzen, um entweder eine rechte oder eine linke Drehung der Lichtspirale zu ver- 515 anlassen. Da die krystallographischen Achsen dem Verhältniss der Rlastieität proportional sind: so lassen sich die Bedingungen der eir- kularen Polarisation für einen Krystall schematisch durch eine aus Elementartetraiden zusammengesetzte Gestalt darstellen, deren 2 Di- mensionen zu einander senkrecht und in dem Verhältniss von 1:!/,m nach rechts oder links sich befinden. Dieses rechtslinke Verhältniss ist nur bei der gyroidischen Entwicklung eines Krystalles möglich, deshalb kann die cirkulare Palarisation nur in gyroidisch ausgebilde- ten Krystallen vorkommen. Der Rohrzucker krystallisirt monoklinisch mit hemimorpher Ausbildung und hat polare Pyroelektricität. Die Krystalle enthalten gewöhnlich zwei Flächenpaare des Grundhexaides in Combination mit dodekaidischen und tetraidischen Flächen mit rechts entwickeltem Hemimorphismus. Die wichtigsten Winkel sind nach Wolf a IR Bin 1931161 re rn SEN Bro BR —1330191. Construiren wir aus den Pinakoiden das monoklinische Grundhexaid mit dem Neigungswinkel ß—-103016!: so ergiebt sich die hemimorphe Ausbildung als die nothwendige Folge der tetraidisch gyroidischen Hemiedrie, indem das monokline Tetraeder in zwei ver- schiedene Flächenpaare zerfällt, von denen an den Zuckerkrystallen nur das rechtsgelegene auftritt. Berechnet man aus den gegebenen Win- keln das Verhältniss der der Tetraidfläche entsprechenden Abschnitten an den Kanten a, b, c, so findet man a:5:c=0,86:1,25:1—3,44:5:4 Es ist also für die der Pinakoidfläche OP parallelen Achsen das Ver- hältniss 1:°, und zugleich ihre Rechtwinkligkeit sowie die rechts gewendete Lage des Tetraides gegeben und somit die Grundbedingung für die ceirkulare Polarisation vorhanden. — Bei den Quarzkrystallen zeigt bekanntlich die rechte oder linke Lage der Fläche s, ©, wu. s.w. ob der Krystall rechts oder links drehend ist. Nehmen wir das Grund- rhomboeder P mit Polkantenwinkeln 940915! als ein Hexaid mit gleich- werthigen Kantenlängen a an: so überträgt sich die Naumannsche Bezeichnung P=R, 7— _R, r—„P, s—2P2, x=4P?, und u=6P®/, im Sinne des tesseralen Systemes geschrieben in die Zeichen P=al, al/yaj, z—aga1a,, r—a,a,al ,, s=aya2a, , x—asapaı, u=agazal=aya,al ,. den oberen Winkel am Pole des Grundrhomboeders berechnet man aus den Kantenwinkeln a—94035/27/12. Da die äussere Krystallform nichts anders ist als die innere Molekülconstitution: so können wir uns den Quarzkrystall zusammengesetzt denken aus tetraidischen Molekülen, deren drei in einem Eck zusammenstossende Kantenlängen den Indices der Flächen s,x,u entsprechen. Jedes dieser Moleküle hat demnach entweder in rechter oder linker Lage zwei Dimensionen (und zwei der- selben proportionale Elastieitätsachsen) in dem Verhältnisse 1:4, welche parallel sind den Kanten des Grundrhomboeders und sich deshalb un- ter dem Winkel von 9403/527/12 schneiden. Da die eirkulare Polarisa- tion aber die Rechtwinkligkeit der zwei verschiedenen Achsen fordert: so kann die Polarisation des Quarzes nicht eine cirkulare sondern sie muss eine elliptische sein, was von neuern Physikern bestätigt wird, — (Ebda. 1870. II. 43—47.) 516 Palaeontologie. Duncan, Monograph of the british fossil Corals, second series. London 1870. 4% pl. 10—15. — Die umfassende Arbeit von Milne Edwards und Haime über die fossilen Korallen Englands in den Schriften des Palaeontographical Society er- hält durch Duncan in denselben Schriften ein Supplement und werden in dem vorliegenden Theile desselben behandelt die Korallen des oberu Grünsandes von Haldon, die des Gault, des untern Grünsandes und schliesslich ein Verzeichniss der Arten gegeben. An neuen Arten führt Verf. auf: aus dem obern und untern Weissen Kalk: Caryophyllia Lonsdalei und Pennanti, Onchotrochus serpentinus, Trochosmilia cornu- copiae, Wiltshirei, Woodwardi, granulata, eylindrica, Parasmilia moni- lis und granulata, aus dem obern Grünsande: ÖOnchotrochus Carteri, Smilotrochus elongatus und angulatus, Favia minutissima, Placosmilia magnifica, Isastraea haldonensis, aus dem rothen Kalk von Hunstanton: Podoseris mammiliformis und elongata, aus dem Gault: Trochocyathus Wiltshirei, Leptocyathus graeilis, Smilotrochus elongatus, granulatus, insignis, eylindricus und Micrabacia Fittoni, aus dem untern Grünsand: Trochosmilia Meyeri, Isastraea Morrisi und Turbinoseris Fromenteli. Alle Arten sind wie überhaupt in den Palaeontographicis vorzüglich abgebildet. — (Palaeontogr. Society 1869. XXIII.) Th. Wright, Monograph on the british fossil Echino- dermata from the ceretaceous formations I. 3. London 1870. 4%, — Diese dritte Liefrung der wichtigen Monographie bringt die Fortsetzung der Familie der Diademadae mit der Beschreibung folgen- der Arten: Pedinopsis Wiesti, Echinoeyphus diffieillis Cott (Diadema rotulare MCoy, D. MCoyi Forbes), Ech. mespilia Woodw., Glyphocyphus vadiatus (Echinus radiatus Höningh.), Echinothuria floris Woodw., Cypho- soma granulosum Gldf., Cyph. Koenigi Mant, C. corollare Klein. — (Palaeontogr. Soc. 1870. XXIII.) J. Phillips, Monograph of british Belemnitidae. Pt. V, London 1870. 4%. — Diese neue Fortsetzung verbreitet sich zunächst über die Belemniten des Oxfordthones und zwar über B, hastatus Bl., von dem eine neue Varietät bulbosus beschrieben wird, über B. sulea- tus Mill und dessen Verwandte, über den Formenkreis von B. Puzo- sanus d’Orb, B. Oweni (B. tornatilis Phill, B. attenuatus Mant, B. Puzosanus d’Orb) und dessen Varietäten, B.strigosus n. sp. in einem Exemplar von Oxford, B. spicularis n. sp. zahlreich an der Küste von Cromarty, B, obeliscus n. sp. ebda, B. abbreviatus Mill (B. excentricus Blainv), ferner über B. explanatus n. sp. aus dem Kimmeridgethon. Verf. beachtet wie mehre andre Monographen der Palaeontographical Society die deutsche Literatur leider nicht, nur ausnahmsweise wird in der vorliegenden Abhandlung Quenstedts Cephalopodenwerk einige- male eitirt. — (Palaeontogr. Society 1870. XXIII.) J. Powrie and B. Lankester, Monograph of tthe fishes ofthe old red sandstone of Britain. Pt. I, 2. London 1870. 49. — Die Abhandlung fährt fort mit der Beschreibung folgender Arten: Pteraspis Mitchelli Powrie, widmet dann der Gruppe der Östeostraci 517 eine beachtenswerthe allgemeine Betrachtung und führt aus derselben auf die Gattung Cephalaspis Ag, welche in drei Subgerera gesondert wird nämlich Eucephalaspis: scutum postice cornibus lateralibus instructum, in medio aliquanto productum; Hemieyelaspis: scutum sine cornibus lateralibus, postice subtruncatum; Zenaspis: scutum Eucephalaspidis scuto simile, seutellum dorsale post scutum cephali- cum positum. Als Arten werden speciell beschrieben: Eucephalaspis Lyelli Ag, Eu. Agassizi n. sp., Eu. Powriei n. sp., Eu. Pagei n. sp. Eu. asper n. sp., Hemicyclaspis Murehisoni (Cephalaspis Murchisoni und ornatus Egert), Zenaspis Sedwigi (Cephalaspis Sedwigi Egert und C. asterolepis Hart), Cephalaspis Lightbodi n. sp., Auchenaspis Salter, Egert, Au. Egertoni n. sp. Eukeraspis pustuliferas (Sklerodus pustuli- feres Ag, Plectrodus mirabilis Ag), Didymaspis Grindrodi Zank. — (Palaeontogr. society 1870. XXIII.) R.ÖOwen,Monograph of the fossil Reptiles ofthe liasic Formation. Il. Pterosauria. London 1870. 4%. — Owens meisterhafte Arbeiten über die vorweltlichen Amphibien Englands bringen mit jeder Lie- ferung anziehende Novitäten. In der vorliegenden wird der Flugsäurier Dimorphodon macronyx, der bisher nur sehr ungenügend bekannt war, eingehend geschildert. Buckland beschrieb von demselben im J. 1835 einige Gliedmassenknochen aus dem Lias von W. Dorsetshire und 1858 erhielt Verf. einen schönen Schädel mit unvollständigem Skelet aus dem untern Lias von Lyme Regis und gründete darauf die Gattung Dimorphodon, welche sich eng an den langschwänzigen Rhamphorhyn- chus anschliesst, aber durch die zahlreichen sehr kleinen Kegelzähne in der hintern Hälfte des Unterkiefers und wenige solcher hinten im Oberkiefer von allen bis jetzt bekannten Plerodaktylen sogleich unter- scheidet. Verf, beschreibt die einzelnen Theile des Skelets und giebt dann eine eingehende vergleichende Betrachtung des Organismus der Pterodaktylen, deren aufmerksames Studium wir ganz besonders den Darwinisten empfehlen. — (Palaeontogr. Society 1870. XXIII.) R.Owen,Monograph of thebritish fossilCetacea from the red crag, Pt. I. Ziphius. London 1870. 4%. — Nach einer allge- meinen Betrachtung der Gattung Ziphius werden die einzelnen Arten nach ihren Ueberresten speciell beschrieben, nämlich Ziphius planus, Z. gibbus, Z. angustus, Z. medilineatus, Z. tenuirostris und Z. com- pressus. . Daran reihen sich Betrachtungen über nächstverwandte For- men wie Dolichodon Gray, dessen Selbstsändigkeit widerlegt wird, Petrorhynchus Gray, der zu Ziphius gibbus gezogen wird, Epiodon Rafing, Delphinorhyuchus Blainv, Mesodiodon Dub, Choneziphius Dub, Placoziphius Bened, Ziphiopsis Dubus, Rhinostodes Dubus, Aporodus Dubus, Ziphiorhynehus Burm. — (Palaeontogr. Society 1870. XXIII.) Botanik. de Bary, über den Befruchtungsvorgang bei den Characen. — Nach Erörterung der Gründe für und wider die Annahme, dass bei den Characeen die Sporenknospen der Befruchtung seitens der An- theridien bedürfen, um die Art fortpflanzen zu können, geht Verf. zur Mit- theilung seiner Beobachtungen über, durch die er eine Lücke in der Ent- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 35 518 wickelungsgeschichte der Characeen auszufüllen unternahm. Von der An- nahme ausgehend, dass eine Befruchtung der Sporenknospe durch die in den Antheridien erzeugten Samenfäden wirklich stattfindet, kam es zu- nächst darauf an, das Entwiekelungsstadium der Samenknospe festzustellen, in welehem die Befruchtung erfolgt. Zu diesem Zwecke wurden Pflanzen von Chara foetida aus Sporen in einem Glase im Zimmer erzogen und dieselben täglich mit der Brücke’schen Lupe beobachtet. Bei 3 Pflanzen begannen Ende!März am 4., 5., 6. Wirtel der ersten beblälterten Achse Ge- schlechtsorgane dem blossen Auge sichtbar zu werden, meist an 2 Kan- ten eines jeden Blattes eine Sporenknospe nebst Antheridien in der für die Species bekannten Anordnung. Das weitere Wachsthum schritt normal, wenn auch langsam fort. Am 19. oder 20. April war das erste Antheri- dium offen, die andern öffneten sich in den folgenden Tagen, an jedem Blatte meist das höchsstehende zuerst. Die bis zu diesem Zeitpuukte also unbefruchten Sporenknospen hatten sich gleichmässig mit den Antheridien entwickelt, eine Länge von °,, mill. und die normale Struktur fast ausge- wachsener Sporenknospen erreicht. Wenn also die Befruchtung statt hat, so geschieht dies auf der so weit vorgeschrittenen Entwickelungsstufe; ob jenes nun der Fall und in welcher Form die Befruchtung geschieht, wurde theils an denselben Wirteln, theils an anderen Culturexemplaren von Chara foetida und contraria erforscht. Die Resultate waren folgende: Bekannt- lich besteht die Sporenknospe bei Chara aus einer axilen 3 gliedrigen Zellen- reihe und 5 zweigliedrigen Zellenreihen, welche um jene eine Hülle bilden. Die unterste Zelle der axilen Reihe ist die scheibenförmige Knotenzelle und sitzt der Stielzelle auf, die zweite, „Wendungszelle“, bleibt gleichfalls klein und durchsichtig, die 3. („Centralzelle“ oder „Eizelle“,) beginnt schon früh gewaltig zu wachsen, nimmt allmälig das grösste Volumen der Knospe ein und wird zur Spore, wenn sie reif ist. Grosse Fetttropfen und Stär- kekörner treten in steter Fortentwiekelung schon zeitig in der Eizelle auf und machen sie in der zweiten Hälfte ihres Lebens bis zur Reife undurch- sichtig; nur der Scheitel stellt eine durchscheinende, fein granulirte End- papille auf dem dunklen Kerne dar. Die Hülle besteht in ihrem ersten Anfange aus 5, von der Peripherie der Knotenzelle entspringenden, einan- der gleichen Zellen, welche sich verlängern und durch eine Scheidewand in je 2 Zellen theilen. Die fünf obern Zellen sind zuerst der unteren nahezu gleich hoch und die trennenden Scheidewände liegen etwa in hal- ber Höhe der von ihnen umschlossenen Eizelle; mit dieser strecken sich die 5 unteren Zellen zu langen Schläuchen, während die obere ein „Krön- chen‘, d. h. die deckende Rosette auf dem Scheitel der Sporenknospe bilden. Auf der halben Grösse ihrer Entwiekelung hat die Sporenknospe den angedeuteten Bau und behält ihn mit unwesentlicher Veränderung von Form und fortschreitender Ausbildung von Inhalt und Wänden ihrer Zellen bis zur vollen Grösse. Jetzt tritt aber eine wesentliche Verände- rung ein: Die Enden der 5 Hüllschläuche streeken sich weiter in die Länge, bilden ein „Halsstück‘‘ und alle 5 zusammen einen „Hals“ der Sporenknospe, die beide ausführlicher beschrieben werden, Der leiseste seitliche Druck lässt, nachdem der Hals gebildet ist, die Fettkörper und 519 die Aeuglein aus dem Scheitel der Eizelle heraustreilen. So wie nun die Antheridien sich geöffnet haben und die Sporenfäden schwärmen, findet man sie massenhaft vor den Spalten des Halses und zum Theil darin steckend und bis zum Scheitelraum der Eizelle vordringend. Nach diesen Thatsachen und der Analogie bei Befruchtung der Farren, Vaucherien und anderer Algen darf mit Sicherheit angenommen werden, dass die Samen- fäden von Chara nicht nur bis zur Eizelle vordringen, sondern dass einer von ihnen durch die gallerartig gelockerte Membran in den Scheitel leiz- terer eindringt, um in ihrem Protoplasma zu zerfliessen, Nach Entritt der Samenfäden umgiebt sich die Eizelle mit einer derberen, farblosen Cellu- losemembran, und in den an sie grenzenden Wänden der Hülle, beginnt die von der reifen Charenfrucht bekannte Verdickung und Bräunung. Die in ihren Hauptmomenten beigebrachten Beobachtungen haben also die bis- her allgemein gültige Annahme einer geschlechtlichen Fortpflanzung der Charen erwiesen und den Befruchtungsakt als übereinstimmend mit dem der Farren, Moose, Vaucherien, Oedogonien u. a. erkennen lassen, eine andere, mehrfach behauptete Ansicht aber widerlegt, dass wahrscheinlich nieht die Eizelle, sondern eine, mehrere Zellengenerationen vorhergehende Mutterzelle dieser die Befruchtung empfange. Hinsichtlich der Einreihung im System müssen die Charen hiernach eine besondere Gruppe bilden und zwar kein Uebergangsglied zwischen den Moosen und irgend einer Algen- gruppe, sondern gleichwerthig neben jenen einerseits, andererseits etwa neben den Florideen, den Fucaceen eingestellt werden. (Monatsber.d.k. pr. Akademie der Wissensch. 187), p. 227-—-239, nebst 1 Taf.) Pringsheim, Die männlichen Pflanzen unddieSchwärm- sporen der Gattung Bryopsis. — Verf. giebt zunächst eine ge- drängte Uebersicht der bisher über die Schwärmsporen genannter Pflanzen von Agardh, Derbes und Solier und von Thuret angestellten Untersuchun- gen und hebt von seinen eignen Untersuehungeu über die Schwärmsporen von Bryopsis eupressoides und arbuscula nur das hervor, was zur Ergän- zung oder Ausgleichung der älteren Ausgaben dienen kann. Die kleinen, reich fructiecirenden Formen der genannten Pflanzen wurden von Anfang Januar bis Ende März am mittelländischen Meere beobachtet. Die Bildung der Schwärmsporen erfolgt in den sogenannten Fiedern und Fiederchen also in den primären und secundären Seitenorganen von Bryopsis, während sie an den eigentlichen Stämmen nie beobachtet wurde. Durch Verdickung der Membran der Fieder an ihrer Basis und gallerartige Aufquellung der- selben, durch Bildung eines eignen Propfes und häufig durch Entstehung einer besondern Membran an der einen oder an beiden Seiten des Ver- schlusses wird die Communication zwischen Fieder und Stamm oder zwi- schen Fiederchen und Fieder geschlossen, bevor die Bildung der Schwärm- sporen erfolgt, Der Abschluss zwischen Fiederchen und Fieder unterbleibt meist dann, wenn die Bildung der Schwärmsporen in beiden gleichzeitig beginnt, bevor das Fiederchen noch völlig ausgewachsen ist. Zunächst lösen sich die Chlorophylikörner auf und verwandeln sich in ein feinkör- niges Protoplasma, welches ein ununterbrechenes oder netzartig durch- brochenes Wandbelege bildet. Dieses Belege zerfällt wie bei Bydrodietyon. 35 * >20 in nebeneinander liegende polyedrische Täfelehen, welche sich schliesslich zu den Schwärmsporen gestalten. Gleichzeitig mit diesen Vorgängen im Innern oder unmittelbar nach ihrer Vollendung hebt sich stellenweise die äussere Schicht der Membran der Fieder und zwar in der Nähe der Spitze beginnend und nach unten fortschreiiend, bleibt aber meist auf dem Vor- dertheil der Fieder beschränkt. Hierdurch entsteht ein die Spitze der Fieder umhüllender, weit abstehender Sack, der später meist zerfliesst. Erst nach Abhebung der äussersten Membranschicht bildet sich die Aus- trittsöffnung für die Schwärmsporen an der Spitze der Fieder oder etwas unterhalb derselben, indem die Membran gleich einem Wärzchen gallerartig aufquillt. Die Schwärmsporen besitzen ein stark entwickeltes, hyalines Vorderende, welches etwa die Hälfte der ganzen Schwärmspore einnimmt und nahe unterhalb seiner Spitze 2 Cilien trägt; sodann besitzen sie ein verhältnissmässig grosses, meist seitlich, oft auch am Hinterende liegendes, rothes Körperchen, welches in sehr auffallender Weise geschwulstartig aus dem Körper der Schwärmspore hervorragt. Länge der Schwärmspore Yo Yso, grösste Br. 1/g; mill. u. Lg. der Cilien 1/—t/;g mill. Neben den oben beschriebenen normalen Schwärmsporen traten die verschieden- sten abweichenden Gestalten hervor, wie sie bereits von Derbes und Solier beschrieben und abgebildet sind, und die in der ungleichzeitigen Ausbil- dung der Schwärmsporen ein und derselben Mutterzelle ihre Erklärung finden. Die Ausbildung und Umbildung derselben aus dem Protoplasma der Zellenwandung beginnt nämlich mit der Entstehung des hyalinen Vorderendes und schreitet allmälig nach hinten vor, der jener Spitze dia- metral entgegengesetzte Punkt an der Basis der Spore bezeichnet die letzte Zusammenhangsstelle mit der sie erzeugenden Protoplasmamasse. Verf. betrachtet daher Gebilde, wie scheinbare Doppelsporen oder Aggregate von mehr als 2 Sporen, nicht als Verbindungen vorher isolirter Schwärmsporen, — diese sind immer an den hyalinen Vorderenden verbunden — sondern als bei der gestörten Bildung an ihren Hinterenden vereinigt geblieben. Nach Entleerung der Schwärmsporen bleiben die Fiedern noch längere Zeit an den Stämmen, lösen sich jedoch später oberhalb des Verschlusses in einem (uerrisse ab, den von Nägeli beschriebenen „Blattnarben“. — Zwischen den Bryopsis-Pflänzchen, welche in der angegebenen Weise Schwärmsporen entwickeln, bemerkt man zahlreiche andere, diesich schon dem unbewaflneten Auge durch ihre tief orangengelbe bis orangenrothe Farbe gegen die hellgrünen, noch nicht fructifieirenden als verschieden herausstellen. Diese Farbenverschiedenheit wird bedingt durch die Umbil- dung des Zelleninhaltes der Fiedern und zwar von „Mierogonidien‘“ im Gegensatze zu den bisher besprochenen „Macrogonidien“. Die Bildungen beider stimmen im Allgemeinen genau mit einander überein, die Unterschiede bestehen in der Farbenverschiedenheit des Protoplasma nach Auflösung der Chlorophylikörner, ferner bildet sich hier nicht jedes Täfelehen der Wandablagerungen in eine Schwärmspore um, sondern zerfällt in eine grössere Anzahl solcher, die Täfelehen fungiren hier somit als Mutterzellen, endlich scheint 3. bei der Bildung der Mierogonidien der eigentliche Stamm in seltneren Fällen betheiligt zu sein. Beim Anstritie aus den Fiedern 521 besitzen die Mierogonidien eine fast stabförmige Gestalt und sind homogen hyalin bis auf eine geringe Menge feinkörnigen und orangengelben Proto- plasmas an ihrer äussersten Basis, an ihrer Spitze tragen sie 2 bewegliche Cilien Lg. !/o— "iss, grösste Br, !/,g, und Lg. der Cilie Y,,—!/,, mill. Ohne weitere Entwickelung gehen diese Schwärmsporen unter eigenthüm- lichen Zersetzungserscheinungen zu Grunde. Sie werden sicher für be- fruchtende Elemente, die Spermatozoiden von Bryopsis anzusprechen sein, welche an bestimmte Pflanzenindividuen gebunden sind. Sie gleichen sehr in Form und Bau denselben Organen bei Sphaeroplea, mit welchen sie ausserdem den hohen Grad von Contractilität gemein haben. Neben diesen männlichen Pflanzen auch die weiblichen Pflanzen aufzufinden, ist dem Verf. nicht gelungen. Weitere Beobachtungen von Macro- und Micro- gonidien, sowohl isolirt als mit einander vermengt, haben keine bestimmten Paarungserscheinungen ergeben. Isolirte Macrogonidien gehen häufig zu Grunde, bilden aber auch ruhende Kugeln, die später zu jungen Pflanzen auswachsen, auch wenn sie von den Microgonidien isolirt waren. Die Zersetzungserscheinungen werden näher angegeben und als Endresultat wird die Vermuthung ausgesprochen, dass die Verwandtschaft der Sipho- neen mit der Vaucheria nur eine mehr äusserliche und entferntere ist und dass die meisten Gattungen derselben, mit Ausnahme von Derbesia viel- leicht alle, sich in ihrem Entwickelungsgange vielmehr den Cladophoreen, dem Wassernetze oder der Sphaeroplea anschliessen dürften. — (Ebd. 240 -— 255, nebst 1 Taf.) Tg. Zoologie, W.Dönitz, Beobachtungen überRadiolarien. — Joh, Müller liess die grossen, ausserhalb der häutigen Kapsel gelege- nen Alveolen aus kleinen Bläschen entstehen, aber deren Ursprung gab er nicht an. Schneider schälte die häulige Centralkapsel einer Thalassi- colla nucleata aus dem umgebenden Weichkörper heraus vnd sah nach 12 Stunden neue Pseudopodien ausstrahlen und neue Alveolen, die er nur eine besondere Form der Sarkode nennt als ganz im Widerspruch mit Müller. Auch über das Vorkommen der Alveolen herrscht noch Unklarheit, sie fehlen und kommen vor wie es scheint bei derselben Art. — Die jüngsten polyzoen Radiolarien traf D. im März bei Palermo. Es waren hyaline Bläschen von 4, Mm. Durchmesser mit gelben Körpern an der Oberfläche. Diese ergaben sich als platte Zellen der Membran des was- serhellen Bläschens aufliegend und enthielten Nucleus und Nucleolus, gel- bes Pigment und Fettkörnchen. Am folgenden im April in Neapel ent- deckten Stadium erschienen die zellartigen Körper grösser, von ihrer Peripherie gingen deutlich durchsichtige Fortsätze aus, die langsam ihre Gestalt änderten und mit benachbarten sich verbanden. Der schwach grün- liche byaline Inhalt führte Moosgrüne Körnehen und blaugrüne Kügelchen. Die Fortsätze sind die Anfänge der Pseudopodien, aber es frägt sich, ob sie von dem Inhalt des zellartigen Körpers ausgesondert werden oder ob sie ausserhalb desselben entstehen, das vermochte D. nicht zu ermitteln. Bei weiterer Entwicklung breiten sich die Scheinfüsse über das Bläschen aus und verflechten sich mit denen der benachbarten grünen Körper. Im optischen Querschnitt betrachtet sieht man die zellartigen Körper nun ver- 522 dickt und frei in den Binnenraum des ganzen Bläschens hervorragen, gar nicht oder nur noch wenig über die Oberfläche hervorragend, gegen den Hohlraum von einer feinen Membran begränzt. Diese und die Pseudopo- dien umschliessen das Umwandlungsproduet des frühern zellartigen Kör- pers, auf welchen jetzt der Ausdruck Nest passt. Der Inhalt /des Nestes ist duch zahlreiche kleine Krystalle so undurchsichtig geworden, dass der Kern nicht mehr zu erkennen, er scheint gross geworden sein und das Nest darzustellen. Die Pigmentkörner finden sich in dem frühen Stadium als verschiedene grüne Körper, in dem spätern als die gelben Körper, wie sie vielfach für Zellen angeschen werden. Die Lage des gelben Pig- mentes in der contractilen Substanz ausserhalb der Membran des Nestes, welche in ihren Eigenschaften der Centralkapsel der einfachen Radiolarien entspricht, stimmt zu der Annahme, dass aus dem Kern däs Nest selbst hervorgeht und wahrscheinlich verwandelt sich der Nucleolus in den cen- tralen Oeltropfen. Ungefärbte Kügelchen zwischen der innern Gränzmem- bran und dem Nest scheinen zufällig zu sein. Häckels Ansicht, dass die gelben Körper wirkliche Zellen sind ist sehr zweifelhaft. Sie haben eine leicht nachweisbare Membran, aber ihr oft vorhandenes helles Bläschen ist nicht als Kern zu deuten wie denn auch die beobachtete Theilung kein Zellenkriterium ist, da solche anch bei Chlorophylikörnern vorkömmt. Die meist beobachteten Formen dieser Stadien gehörten Collozoum inerme an, ausserdem untersuchte D. Formen, deren Nester mit unregelmässig zu- sammengesetzten Kieselstacheln besetzt waren und die sich Sphaerzoum unterordnen lassen als neue Art Sph. Sanderi. Im nächsten Entwicklungs- stadium erst treten die Alveolen auf. Iın Mai sah D. bei Collozoum inerme in der die Centralkapsel umgebenden contractilen Substanz kleine kugelige Räume, von denen einzelne gegen den Binnenraum hin gelegene sich ver- grösserten und über die Oberfläche hervortraten. Dieser vorragende Theil schnürte sich allmählig ab und blieb durch einen Stiel mit dem Neste noch in Verbindung. In der Wand der Blase und dem Stiele entsteht eine leb- hafte Bewegung, punktförmige Stellen wandern auf und ab, verschwinden und bilden sich neu, wie überhaupt in der Sarkode. Trotz ihrer Fein- heit müssen die Stiele hohl sein, da sich die zugehörigen Blasen fort- dauernd vergrössern als Zuführung der Substanz statt hat. An Exempla- ven von Collozoum mit extracapsulären Alveolen fand sich der Raum zwi- schen Centralkapsel und centralen Oeltropfen stets schon von kleinen Bläs- chen erfüllt, häufig dicht gedrängt und dadurch polyedrisch. Zwar sah Verf. an den Wänden dieser intracapsulären Bläschen keine Bewegungs- erscheinungen, aber sie verl:alten sich im Uebrigen ganz wie die Sarkode. Zwischen ihnen liegen häufig kleine Kıystalle, die von Schwefelsäure nicht angegriffen werden, auch andere feste Körper kommen vor, die durch Schwefelsäure aufquellen und für die Anfänge der Krystalle gehalten werden müssen. Da jene feinen Stiele hohl sind, wird man für die Pseu- dopodien ebenfalls einen Hohlkanal annehmen können [?]. Für die Gro- mien hat Reichert die Existenz einer contraetilen Rindenschicht und eines passiv bewegliehen Inhaltes nachgewiesen, erste sendet die Pseudopodien aus ohne Betheiligung des flüssigen Inhaltes und sind dieselben daher so- 523 lide. Bei Noctiluca kann man den Inhalt des Kernes bis in die dieken Stränge verfolgen und scheint hier das ganze Netzwerk aus hohlen Fäden zu bestehen. Die Amöben senden Fortsätze mit Inhaltsmasse und solide blos von Rindensubstanz aus, Die Spongien haben nur solide Fortsätze. Man hat also bei den Protozoen bestimmt hohle und solide Fortsätze zu unterscheiden, letzte ändern die Körperform nicht, erste aber beeinflussen die Gesammtform. Die Entwicklung betreffend scheint nach dem Obigen die Centralkapsel aus dem Kern des ursprünglich zellenartigen Körpers hervorzugehen und der Nucleolus sich in die Binnenblase umzuwandeln. Der dem Zellinhalt entsprechende Theil wird zur contractilen Substanz und das Pigment und Fett desselben ist in den Einschlüssen der Sarkode wieder zu suchen. Da auch die Centralkapsel Alveolen und contractile Substanz umschliesst: so liegt die Annahme nah, dass auch der Inhalt des kernartigen Körpers in contractile Substanz sich verwandelt. Vielleicht stellt der Inhalt der Centralkapsel den Mutterboden der Sarkode dar. Bei einer Thalassicolle sah D. die Oberfläche der Kapselmembran mit grossen und kleinen kegelförmigen Erhöhungen besetzt, von denen die grossen eine deutliche Durchbohrung erkennen liessen. Damit ist die Möglichkeit der Communication des Inhaltes der Kapsel mit der ausserhalb gelegenen contraetilen Substanz bewiesen, welche durch Experimente thatsächlich festgestellt ist. Alle Alveolen der Radiolarien die extra- und intracapsu- lären sind nur Flüssigkeitsansammlungen in der Masse der contractilen Substanz. — (Müllers Archiv 1871. S. 71—31. Tf. 2.) H. A. Pagenstecher, über Echinococcus bei Macropus major. — Die Säugethiere, bei welchen bis jetzt Echinokokken im Blasenwurmzustand gefunden worden sind, sind folgende: Mensch — Macacus cynomolgus, Macacus silenus, Inuus ecaudatus — mehrere Katzenarten — Rind, Schaf (Ovis aries und ammon), Mähnenschaf (Ammotragus tragelaphus), Ziege, Gemse, Antilope, Giraffe, Reh, Ka- mel, Dromedar. — Schwein, — Pferd, Zebra, Esel, — Eichhorn, — Känguruh, unter den Vögeln nur beim Truthahn. Dieses weite Vorkommen fällt von dem Augenblicke an schwer in die Wagschale, dass die spezifische Identi- tät der Parasiten angenommen werden muss und die ältere Unterschei- dung mehrer Arten, namentlich die in E. hominis s, altricipariens und und E. veterinorum s. scolieipariens Küchm., unhaltbar und ebenso der multilocularis nur als eine vielleicht von Besonderheit der Lokali- tät aufgedrängte Gestaltungseigenthümlichkeit erscheint. Von beson- derem Interesse ist, dass der Parasit auch in Beutelthieren sich zu entwickeln vermag, einer in den meisten Provinzen erloschenen Säu- gergruppe, allerdings nicht ohne Parallele, da für das Distoma hepa- tieum der Wiederkäuer wie das Vorkommen beim Menschen so auch das bei Macropus giganteus berichtet wird. Bisher ist Echinococcus nur einmal bei Beutlern beobachtet worden und zwar von Davaine, Rayer hatte bei einem Kängurulı eine Cyste mit vielen Tochterbla- sen also den E. altricipariens Küchm. gefunden. P. erhielt am 5. Juli 1871 ein Tags zuvor im Kölner zoologischen Garten gestorbenes, ziem- lich ausgewachsenes und mit einem ausgetragenen Uterinfötus trächti- 524 ges Weibchen vom Riesenkänguruh, Macropus major Shaw, das in einem sehr bedeutenden Grade an Echinococeus erkrankt war. Alle als Echinoeoceus erweislichen Geschwülste sassen im Brustraum, theils in der Substanz der Lunge, an der äussern und an der medianen Oberfläche derselben flach prominirend, theils aber in der Pleuralhöhle, in welcher sie besonders an der Spitze der linken Lunge eine mit fa- denförmigen, netzartig verstrickten Adhäsionen befestigte Traube bil- deten und zerstreut auch am Herzbeutel und der Zwerchfellfläche ge- funden wurden. Unter der pleura pulmonalis lag stellenweise eine schwache Schicht trüben Exsudats; nirgends war ein Durchbruch in die Pleuralhöhle oder auch gegen die Bronchien hin entstanden. Die grösste Echinococcusblase, einem Hühnerei gleich, sass in der Wurzel des untern Lappens der rechten Lunge und hatte dessen Verkümme- rung veranlasst. In einer glattwandigen Caverne gelegen barg sie eine sehr grosse Menge von dicht auf einander gepressten Tochterblasen mit zahlreichen Köpfen. Die linke Lunge enthielt fünf Blasen, bis zur Grösse| einer Wallnus, mehr oberflächlich, beziehungsweise in der Spitze gelegen und vielleicht dadurch von geringerm Einfluss auf die Lunge selbst, ebenfalls in jeder Beziehung gereift. Die Zahl der über der Spitze dieser Lunge zusammengedrängten Blasen betrug mehr als dreissig, wobei die Grösse von der eines Hirsekorns und eiuer Erbse bis zu Haselnuss und Wallnuss sich erhob. Indem in ihnen der Pro- zess der Blasenneubildung sehr stark war, zeigten sie vielfach einen gänzlich acephaleu Zustand. Eine am Zwergfell befestigte Blase von sanduhrförmiger Gestalt war in ihren Wänden besonders hart verkalkt. Die Köpfchen waren in ihr ausgezeichnet vertreten. Zoologisch wichtig erschien nun in diesem Falle die Untersuchung über die spezifische Identität des Echinococcus des Känguruh mit dem des Menschen, der Wiederkäuer und der Schweine. Für dieselbe bot sich der Weg des genauen Vergleichs des Baus und der des Fitterungsversuchs. Die Köpfchen sassen zu einem bis vieren und fünfen in ihren Bläschen und massen im eingezogenen Zustande bei stumpfovaler, selbst Herz- förmiger Gestalt etwa 0,16 mm. Länge auf 0,14 mm. grösste Breite. Haken wurden 36—43 und gezählt, massen die weitest vorgeschrittenen 9,021 mm. an Gesammtlänge. Der Durchmesser der Saugnäpfe betrug 0,06 mm., der der geschichteten Kalkkörper bis zu 0,012 und es waren der letzteren in der Regel etwa vierzig auf ein Köpfchen gebildet. Die Gefässe waren deutlich. Nachdem Leuckart bewiesen hat, dass gegenüber dem Tänienstande die scolices eine geringere Hakengrösse aus Unfertigkeit besitzen, erscheinen alle oben gemachten Angaben und gegebenen Messungen in Uebereinstimmung mit dem gemeinen Echinococcus und Stücke aus dem Rinde und Haken aus einer alten Lebereyste des Menschen widersprechen auch nicht der spezifischen Identität. In Cysten, welche auch nur sehr kurze Zeit geschlossen, in etwas Wasser gelegen hatten, hatten sich die Stielchen der meisten Köpfchen gelöst. Eine grosse Anzahl Blasen wurde alsbald nach der Sicherstellung des Charakters am 6. Juli Nachmittags an zwei junge 925 Hunde von kleiner Race verfüttert, und zwar noch bevor es sich er- geben hatte, dass eine Menge Cysten acephal waren, was seiner Zeit in Betreff der etwaigen -Fütterungsergebnisse Besorgnisse zu erregen im Stande war. Diese Fütterung fand also mindestens 48 Stunden nach dem Tode des Wohnthieres statt. Die Witterung war verhält- nissmässig kühl gewesen, so dass die Fäulnisserscheinungen noch kei- nen hohen Grad erreicht hatten. In Erwartung der Erfolge beschäf- tigt P. sich noch mit der histologischen Untersuchung und der Frage der Bildung der Tochterblasen. In dieser Beziehung glaubt er zu- nächst über die zwei blasenbildenden Gewebe, die Cutikularhaut und die Parenchymschicht Folgendes sagen zu können: Eine Bildung von Köpfehen oder auch schon der Zellhaufen, aus welchen die köpfenbil- denden Bläschen hervorgehen werden, ist abhängig von der Ausbil- dung der Parenchymschicht mit Sternzellen, Körnchenzellen und dem namentlich ausgezeichneten Netze von Fasern. Wo bei gewissen Im- bibitionen sich die Parenchymschicht von der Cuticularhaut ablöst, haften stellenweise diese Fasern noch an und hindern, selbst ange- spannt, die gänzliche Lösung des Zusammenhangs. Wo dagegen die Blasen acephal geblieben waren und auch die Köpfenbildung nicht eingeleitet war, hat er diese Parenchymschicht wenigstens in ihrer Vollendung und namentlich die Fasern nicht gefunden. Auf der an- dern Seite erscheinen ihm die einzelnen Zwiebelhäuten ähnlichen La- gen der Cuticularhaut nicht blosse Sekretschichten, sondern so geord- net, dass für jede glashelle Sekretschicht immer auch ein Theil der Membran, welche bei ihrer Bildung funktionirt hat, in Form einer fein- körnigen Schicht mit abgehoben wird. Es würde also auf der ur- sprünglichen Embryonalhaut eine Zeit lang mehr aussen die Abhebung von Cutikularschichten, später innen die Bildung der Parenchyınschicht stattfinden, So erklärt sich dann leicht die Bildung von Tochterblasen zwischen den Lagen der Cutikularschicht, wie P. solche auch in mi- nimalen Grössen mit eignen koncentrischen Cutikularlagen gesehen hat und welche sich dann allmälig zum Bilde des höckrigen Aufsitzens und der Isolirung entwickeln (Echin. granulosus). Die mehrfach gebotenen blumenkohlartigen Exkrescenzen gehören lediglich der Cutikularschicht an. Sie schlossen keinen Hohlraum ein. Die äussere oder innere Ab- schnürung von Tochterblasen mag wohl von der Zahl und Widerstands- fähigkeit vorher gebildeter Cutikularlagen abhängen. Wo dicht zusam- mengepresste Tochterblasen in einer Mutterblase lagen (E, altricipariens) hafteten jene so fest zusammen, dass mehrfach die dringende Vermu- thung entstand, es bestehe hier nicht blos ein Verkleben, sondern es handle sich bei diesen, zusammengezogen erscheinenden Blasen um einen wechselseitigen Zusammenhang aus exogenem Ursprung. Die Meinung, es möchten für die Frage, ob Blasen oder Köpfchen gebildet werden, die Ernäherungsverhältnisse der Lokalität bedeutsam sein, würde nach dem vorliegenden Fall annehmbar erscheinen. Die durch sehr zarte Fäden der Pleura anhängenden Kapseln, uotliwendig sehr dürftig ernährt, erwiesen sich acephal, die in die Lunge eingebetteten und besonders dann, wenn 526 sie durch Diosmose von Blut röthlich gefärbt waren, äusserst reich an Köpfchen. Die rahmartige Schicht zwischen Bindegewebscyste und Echi- nococcussack dürfte der Anfang zum Untergang, zur Verfettung der Blase sein. Die Verkalkungen werden zunächst in vereinzelten Scherben ange- legt. — Der erste der zum Fütterungsversuche verwandten kleinen Hunde wurde am 4. August also am 30. Tage getödtet. Er enthielt Ascaris marginata und eine grosse Menge von Taenia cucumerina aber keine Spur von Taenia echinococeus. Das zweite Hündchen, das sehr begierig die Blasen gefressen und gerade auch die Flüssigkeit einer Cyste erhal- ten hatte, in welcher Köpfchen nachgewiesen waren, wurde am 10. Aug., dem 36. Tage, getödtet. Es enthielt ausser den beiden oben genannten Parasiten auch die Taenia echinococeus, allerdings nur sparsam, etwa sechs oder acht Stück, welche sich bei einer Länge von ein bis zwei Millimetern ganz bestimmt von den sehr jungen Exemplaren der Taenia eucumerina durch den rundlichen Kopf und die starke Einschnürung zwischen den drei bis vier Abschvitten des Körpers mit blossem Auge unterscheiden liessen. Die bestimmtere Diagnose gaben dann die nur in zwei Reihen geordneten, charakteristischen, nunmehr vollendeten Ha- ken. Die Proglottiden sind, wenn nicht gedrückt, unregelmässig geringelt aber die Sonderung der einen von der andern geht viel tiefer als die Ringlung. Die Gefässe waren bemerklich und traten am Hinterrande zu- sammen, die bei T. cucumerina äusserst deutlichen Querverbindungen, auf jedes Glied einmal, welche den Gefässen ein ausgezeichnetes, Strick- leiter ähnliches Ansehen gaben, traten bei T. echiuococeus nicht hervor. Keine dieser Tänien war so weit entwickelt, dass sich auch nur das Be- gattungsglied gebildet gehabt hätte, von Eiern war also keine Rede. Die Erfahrungen von Küchenmeister und;jLeuckart gegenüber den Angaben von v. Siebold und v. Beneden dürfen also als bestätigt an- gesehen werden. Die volle Reife von T. echinococceus wird wohl ziem- lich sicher nieht vor sieben Wochen zu erwarten sein. Die zur Vollen- dung des Versuches bereitstehenden Schweinchen mussten unter diesen Umständen zurückgestellt werden. Trotzdem muss das Experiment als beweisend für die spezifische Identität des Echinococeus des Riesenkän- guruhs mit dem gemeinen angesehen und kann daraus eine Warnung bei Fütterung der Kängurulis entnommen werden. Nach seiner Verbreitung und der Vereinsamung der Art werden wir Echinococcus als eine alte Tänienform ansehen dürfen. — (Heidelberger Verhandlgen. V. 5.) H. A. Pagenstecher, über den Embryo von Macropus major. — Das am 4. August 1871 gestorbene Exemplar von Maeropus major Shaw, dem oben besprochene Echinokokken gehörten war trächtig. Zunächst mag über die Geschlechtsorgane erwähnt werden, dass Owen ganz Recht hat, indem er sagt, dass bei Macropus major überhaupt eine Communikation des mittlen Scheidenblindsacks mit dem von ihm als Vorhof bezeichneten Abschnitt nicht besteht, wogegen Halmaturns ruficol- lis/(Bennetti)_die vollständig offene Verbindung zeigt. Der Scheidenvor- hof enthielt eine grosse Menge von Smegma aus abgestossenen Epitlie- lien, wie solches auch in den sehr engen Kanälen der seitlichen paarigen 927 Scheiden angehäuft war, der mittlere Blindsack enthielt bei schlaffen Wänden eine sehr geringe Menge einer trüben Flüssigkeit. Die linke Tube barg einen Embryo, ohne dass am Eierstock ein gelber Körper zu erkennen war. Die sehr gefässreiche deeidua löste sich leicht von den Tubenwänden mit Ausnahme einzelner stärkerer Gefässadhäsionen ab. Das chorion war ohne allen Zusammenhang mit der decidua, so dass es ganz leicht aus der Umhüllung herausglitt. Der Embryo hatte vollkom- men die Grösse und Reife des Exemplars, von welchem Owen sagt, dass es 33 Tage nach der Begaltung geboren worden sei und welches er ab- gebildet hat. Er war in das amnion eingefüllt. Die Länge von Schnauze bis Schwanzspitze betrug an 4 Cm. Der Amnios-Stiel enthielt fünf Spi- ralwindungen des Darms, Mit seiner Innenfläche traten in Verbindung die Häute und Gefässe einer aus dem Stiel hervortretenden, selbst fast ein Centimeter lang gestielten und über 1,5 Cm. im Durchmesser-halten- den Blase und einer ebenfalls aus dem Stiel hervortretenden häutigen Ausbreitung, welche in der Peripherie mit dem chorion eine untrennbare Verschmelzung einging. Erstere Blase ist ohne Zweifel die allantois, Ein feines Gefässsystem war auf ihr im frischen Zustand durch die Färbung des Blutes dem blos- sen Auge deutlich. Der Inhalt, sonst wasserhell, enthielt einige trübe Flocken. Die Gestalt war kugelig und es hing die Blase ausser am fei- nen langen Stiele mit nichts zusammen. Der Stiel trat auf der rechten Seite in den rundliehen Mund des Amnios-Stieles oder Nabelstiangs ein und blieb noch eine Zeit lang ganz frei. Erst in der Tiefe verband er sich mit der Wand, so dass er auf derselben eine Falte bildete, welche auf der der hinteren Bauchgegend (Blase und penis) zugewandten Seite des Amnios-Stieles lag. Die andere häutige Ausbreitung, vasculosa Owen’s, erschien von ihrem Herantreten an den Amniosstiel auf der linken Seite an mit diesem unlöslich verbunden. Sie enthielten drei grosse Gefässe vermuthlich zwei Arterien und eine Vene, welche im Stiele an der Vorderwand lagen und sich nun von der Wand leicht sondern liessen. Das eine dieser Gefässe, voraussichtlich die Vene, setzte sich schon mit _ den äussersten Darmschlingen in Verbindung, die andern, die Arterien, gingen in die Tiefe, Es wird hiernach angenommen werden müssen, dass diese Gefässe Dottergefässe sind, welche allein die Beziehungen zur deci- dua unterhalten und zu deren Stützung Dottersackhaut, das äussere Blatt des amnios und das chorion zusammentreten. Der betreffende Zustand darf im Vergleich mit der Beobachtung Owens als der des ausgetrage- nen Embryo betrachtet werden. Die allantois war also um diese Zeit sehr schön ausgebildet, stielförmig abgeschnürt, mit wenn auch zarten Gefäs- sen umsponnen, keine Spur einer Berührung mit der Peripherie des Eis gegeben. In Gefässknäueln der Dottergefässe waren stellenweise weiss- liche Ablagerungen. Zn dieser Zeit, wo die umbilikalen für die ompha- lischen Gefässe eintreten sollten aber Mangels weiterer Entwicklung und Gewinnung von Verbindungen nicht eintreten, erfolgt die Frühgeburt. Im Beutel war die linke Zitze viel läuger als die rechte, ob von früherem Säugen oder in Vorbereitung lässt sich nieht sagen, Im Vergleiche mit 928 andern Embryonen bleibt der vom Riesenkänguruh hinter einem ungebo- renen Kaninchen, sowie einem neugeborenen Fretichen sehr erheblich zu- rück, die Grösse stimmt ziemlich genau überein mit der einer ungeborenen Hausmaus. Auffällig ist in diesem Vergleiche die geringe Entwicklung der hintern Extremitäten. Während an den Vorderfüssen die fünf Zehen bis zu den Nagelspitzen sehr deutlich geformt sind, gleichen die Hinterfüsse einer schwach dreilappig ausgerandeten kurzgestielten Flosse. Der innere Lappen ist wieder der späteren Zehenzahl entsprechend kaum merklich zweitheilig. Die.dermalige Unvollkommenheit eines später viel bedeuten- Gliederpaares gegenüber der Vollkommenheit eines nachher viel schwäche- ren dürfte wohl dem allgemeinen Gesetze entsprechen, nach welchem früh- zeitige gestaltliche Feststellung das Wachsthum beschränkt. Aus der Anatomie des erwachsenen Thieres möchte noch von Interesse sein die Existenz eines gestreckten aber feinen Ductus Botalli, welcher beweisen dürfte, dass bereits vor der Geburt die Bildung der Herzscheidewände eine ähnliche Vollendung erfahren hat, wie bei placentaren Säugern. Die Zer- gliederung des Embryo selbst unterblieb wegen der Seltenheit des Stückes. Diese Beobachtung des ungeborenen in der Tuba befindlichen Embryos im Vergleich mit der Owens alsbald nach der Geburt möchte durch die Ueber- einstimmung der Grösse und Entwicklung sicher stellen, dass ein erhebli- ches Verweilen desEmbryo in den weiter folgenden Geschlechtswegen und Wachsthum und Fortbildung daselbst nicht statt haben. — (Heidelberger Verhandlungen V, 5.) W.Peters, die Gattungen und Arten der Hufeisennasen, Rhinolophi. — Ueber eine nicht geringe Anzahl von Arten und auch Gattungen dieser Fledermausfamilie herrscht grosse Unsicherheit und mit Freuden begrüssen wir diese auf eine gründliche Untersuchung eines sehr bedeutenden Materiales gestützte, kritische Uebersicht derselben, welche ein blosser Auszug oder Prodromus einer grössern mit sorgfältigen Abbil- dungen begleiteten Arbeit des Verf. ist. Wir geben den Inhalt so voll- ständig wieder als es unser kärgliche Raum gestattet. RHINOLOPHI, Flederthiere mit häutigem Nasenbesatz, unvollkomme- nen oder bis auf den Mittelhandknochen fehlenden Zeigefinger, nur 2 knö- chernen Phalangen des Mittelfingers und ohne Ohrklappe , Zahlenverhält- niss der Zähne veränderlich. Schädel mit wulstiger Aufreibung der Na- senbeine und eigenthümlichem Zwischenkiefer, dessen allein entwickelter horizontaler Theil eine nach hinten in den Oberkiefer greifende bewegliche Platte ist. Wadenbein vollständig verknöchert. Darmkanal einfach, ohne Divertikel, Luftröhre unter dem Kehlkopf blasig aufgetrieben und aus ge- schlossenen Knorpelringen gebildet; in der Schamgegend zwei zitzenför- mige Hantfortsätze. In allen Welttheilen ausser Amerika. Der Nasenbe- satz besteht aus drei Blättern, dem untern oder Hufeisen, dem obern oder der Lanzette und dem mittlen oder Sattel. Geoffroy trennte zuerst Rhino- lophus von Vespertilio 1813 mit 6 Arten, dann löste sie Bonaparte 1831 in Rhinolophus und Phyllorhina auf und neuerdings 1866 gab Gray eine Uebersicht der Gruppe mit 12 Gattungen. Von diesen betrachtet Verf. nur die beiden eben genannten und noch Coelops als begründet, 529 1. Rhinolophus Geoffr (Aquias, Phyllotis, Rhinolophus Gray). Ge- 1.1.2+3 2.1.34+3 zwei-, die übrigen dreigliedrig, Schwanz und Schenkel-Flughaut lang, Sporen wohl entwickell. A. Der 1. obere Prämolar zugespitzt steht in ler Zahnreihe, der 2. untere nach aussen gedrängl aber immer leicht sichtbar. a. Der Satiel ragt mit seinem hintern freien Rande in eine von der Lanzelte gebildete Höhle hinein (Subg. Coelophylius). 1. Rh. coelo. phyllus Pet. Ostindien — b. Der hintere Rand des Sattels ist mit der Lan- zette vereinigt. aa. Von jeder Seite des Sattels entspringt ein abgerun- deter Lappen, Unterlippe mit einer durch eine tiefe Längsfurche getrenn- ten Wulst (Aquia Gray). 2. Rh. luctus Tem (Rh. morio Gray, Rh. per- niger Hodgs, Aquias Eydouxi Fitz) Sundainseln, Malacea, Ceylon, Indien, Philippinen. 3. Rh. trifoliatus Tem Sundainseln und Indien. — bb. Die vor- dere Fläche des grossen Sattels ist an der Basis zwischen den Nasen- löchern zu einer Scheibe erweitert und erscheint im Ganzen birn- förmig (Phyllotis Gray): 4. Rh. philippinensis Wath Philippinen. — ce. Vorderfläche des Sattels mässig gross, oben stumpf oder abge- rundet, mit oder ohne kleine seitliche Lappen über den Nasenlöchern. «, Vorn zwischen beiden Hälften des Hufeisens eine wulstig gerandete pentagonale Längsgrube: 5. Rh. euryotis Tem Amboina, Aru. — ß. Zwi- schen beiden Hälften des Hufeisens eine vertiefte Längslinie.e + Der hin- tere Kamm des Sattels am obern Rande bogenförmig, vorn mit dem Rande der vordern Fläche des Sattels zusammentreffend: 6. Rh. rufus Pet Luzon, 7. Rh, areuatus n. sp. Luzon. — ++ Der hintere Kamm des Sattels am obern Rande bogenförmig, vorn von dem obern Rande der vordern Sat- telfläche überragt also kaum von dem der vorigen Gruppe verschieden, 3. Rh. affinis Horsf. Java, Sumatra. 9. Rh. minor Horsf (Rlı. borneensis Pet) Java, Sumatra, Borneo, Timor, 10. Rh. megalophyllus Gray NONeu- holland und Key Inseln. 11. Rh. truncatus n. sp. Batjan. — +++ Der hintere Kamm des Sattels bildet einen abgerundeten Wulst: 12. Rh. Rouxi Tem (Rh. macrotis, subbadius und lepidus Blyth, Rh. rubidus, cinerascens und rammanika Kel) Bengalen,, Pondichery, Ceylon, China. 13, Rh. Lan- deri Mart. WAfrika. — T}}Y+ Der hintere Kamm des Sattels bildet eine scharfe Spitze. * Mit stumpfwinkliger flacher Einbucht des äussern Ohr- randes. 14. Rh. euryale Blas. SEuropa, Syrien, NAfrika. — ** Mit spilz- ‚ winkliger tiefer Einbucht des äussern Ohrrandes: 15. Rh. acuminatus n. sp. Java. 16. Rh. pusillus Tem. Java. 17. Rh. cornutus Tem Japan, — dd. Die vordere Fläche des Sattels ist nach oben hin verschmälert, zu- gespitzt. * Mit stumpfwinkliger flacher Einbucht des äusern Öhrrandes: 18. Rh. Blasii Pet (Rh. elivosus Blas) SEuropa, NAfrika. — ** Mit spitz- winkliger tiefer Einbucht des äusseren Ohrrandes: 19. Rh. hipposideros Bechst (Rh, hippocrepis Herm , Vespertilio minutus Mont, Rh. bihastatus Geoffr, Rh. minimus Heugl) Europa, Asien, Afrika. — B. Der 1. obre Prämolar aus der Zahnreihe nach aussen gedrängt, der 2. untere stets ru- dimentär, kaum sichtbar. 20. Rh. ferum equinum Scehreb (Rh. unihasta- tus Geoffr) Europa, NAfrika, Vorderasien. 21. Rh. eapensis Lichtst (Rh, biss , obres Nasenblatt lanzeitförmig zugespitzt, nur die 1. Zehe 530 Geoffroyi Smith, Rh. auritus Sund) SAfrika. 22. Rh. aleyone Tem. W- Afrika. 23. Rh. fumigatus Rüpp. NAfrika. 24. Rh. clivosus Rüpp. (Rh, acrotis Heugl) Arabien, NAfrika. 25. Rh. lobatus Peters Mossambique. 26. Rh. Deckeni Pet. Zanzibar. 27. Rh. aethiops Pet. WAfrika. 28. Rh. nippon Tem Japan. 29. Rh. tragatus Hodgs. (Rh. mitratus Blyth, Rh. Pearsoni Horsf) Nepal, Bengalen. 2. Phyllorhina Bp (Hipposideros, Asellia, Rhinonycteris, Macronyc- teris, Gloionycteris, Rhinophylla, Speorifera, Chrysonycteris Gray) Gebiss 1.1.24+3 2.1.2438 freien Rande endend, sämmtliche Zehen zweigliedrig, Schwanz lang, Spo- ren wohl entwickelt. Bei den meisten Arten hinter dem Nasenblatte be- findliche, bei den Männchen besonders entwickelte Hauttasche, die eine übelriechende fettige Substanz absondert, neben derselben oft sehr ent- wickelte Talgdrüsen, warzenförmige mit punktförmiger Oeffnung. Der 2. untere Prämolar feh!t, der letzte untere Backzahn stets weniger entwickelt als bei Rhinolophus. Sehr geringe oder fast fehlende Auftreibung der Nasenbeine, geringer oder mangelnder Eindruck zwischen den Schläfen- gruben, sehr grosse Breite der Basis cranii. A. Der dem Sattel entspre- chende Theil bildet ein stumpfes ringsum angewachsenes mit der Spitze nach oben gerichtetes Dreieck, enthält jederseits eine Zelle und ist seil- lich von secundären Zellen umgeben; mit einer länglichen Stirngrube (Rhinonyeteris Gray): 1. Ph. aurantia (Rhinolophus aurantius Gray) hat keine 4 obern Schneidezähne wie Gray irrthümlich [leider sehr oft] an- giebt, NAustralien. — b. Der der Lanzette entsprechende Theil enthält 4 Zellen und bildet am obern Rande jederseits einen convexen Bogen, zwi- schen denen ein mittler griffelförmiger Fortsatz entspringt; mit einer läng- lichen Stirntasche (Doryrhina): 2. Ph. eyclops Tem Guinea. — B. Der dem Sattel entsprechende Theil bildet eine breite diademförmige mit 2 Spitzen nach unten gerichtete Wulst. AA. Ohren von einander getrennt. a. Das der Lanzette entsprechende obre Nasenblatt am Rande dreispitzig; keine Stirntasche. aa. Der Rand und die Spitzen sind wulstig verdickt, die letzten Schwanzglieder frei (Asellia Gray). «. Der erste obre Lick- zahn hinfällig: 3. Ph. tridens Geoffr. N und OAfrika. — ß. Der erste obre Lückzahn spitz und in der Zahnreihe stehend: 4. Ph. trieuspidata Tem Amboina, Batjan. — bb. Der Rand und die Spitzen sind nicht wulstig verdickt, nur die Endspitze des Schwanzes ragt über die Schenkelflughaut hervor. Der 1. obre Lückzahn ist spitz und steht in der Zahreihe: 5. Ph. triida Pet Burma. — b. Das obre Nasenblatt mit querem wulstigen oder umgeschlagenen Rande und die von demselben gebildete vordere Vertie- fung durch 3 nach dem platten diademförmigen Sattel herabsteigenden Längsleisten in vier Gruben getheilt. aa. ohne Stirntasche (Phyllorhina Gray): 6. Ph. diadema Geoffr (Rh. nobilis Horsf, Rh. griseus Meyen, Hip- posideros lankadiva Kel) Ostindien, Sundainseln, Java, Borneo, Molucken, Philippinen, Aru. 7. Ph. galerita Cant Pinang. 8. Ph. pygmaea Wath Philippinen. — 5b. Mit Stirntasche. «. Das obre Nasenblatt ist merklich schmäler als das Hufeisen und von einer kahlen Hautwulst umgeben, die obres Nasenblatt niemals lanzettlich, meist mit einem queren 531 sich bis an den Rand der queren Stirngrube ausdehnt und hier faltig vor- springt (Gloionyeteris Gray): 9. Ph. armigera (Hipposideros armiger Hodgs, H. diadema Cant, Phyllorhina Swinhoei Pet) Nepal, Malacca, Ceylon, Amoy. — ß. Das obere Nasenblatt ist so breit oder breiter als das Hufeisen und nieht von einer Hautwulst umgeben, *Die Stirntasche ist der Länge nach geöffnet (Macronycteris Gray): 10. Ph. Commersoni Geofir (Rh. gigas Wagn, Ph. vittata Pet) Afrika. — **Die Oeffnung der Stirntasche bildet eine Querspalte. Neben dem Hufeisen deutliche blattförmige Nebenfalten (Rhinophylla und Speorifera Gray): 11. Ph. larvata (Rh. larvatus, vulga- ris, deformis, insignis Horsf) Sundainseln, Malacca. 12. Ph. speoris (Rh. erumeniferus Per, Rh. marsupialis Geoffr, Rh. dukhunensis Syk, Hipposi- derus apiculatus und penicillatus Gray, H. Tempeltoni, aureus und Blythi Kel, Ph. taitiensis Filz) SAsien. 13. Ph. labuanensis Tom Borneo. 14.Ph, cervina Gould (Hipposiderus albanensis Gray) Cap York. 15. Ph. longi- cauda Pet Java. — +7 Keine Nebenfalten zur Seite des Hufeisens (Chry- sonycteris Gray): 16. Ph. fulva Gray CHipposiderus murinus Gray, Rh. fulgens Elliot, Hipposiderus atratus Kel, H. cineraceus Blyth, H. arven- sis Gray, Phyllorhina aurita Tem) Vorderindien bis China und bis zu den Aruinseln. 17. Ph. bicolor Tem (Ph. antricola Pet) Java, Borneo, Lu- ‚zon: 18. Ph. amboinensis n, sp. (Rh. bicolor Tem) Amboina. — c. Das obere Nasenblatt mit querem wulstigen oder umgeschlagenen Rande, aber die vordere Concavität derselben einfach, nicht durch Längsleisten in Gru- ben abgetheilt oder es findet sich nur ganz nach aussen jederseits eine kleine Grube. aa. Ohne Stirntasche und mit Seitenfalten neben dem Huf- eisen (Sideroderma: 19. Ph. fuliginosa Tem WAfrika. — 5b. Mit querer Stiratasche, *Neben dem Hufeisen blattförmige Nebenfalten (Ptychorhina): 20. Ph. caffra Sund (Ph. graeilis Pet, Ph. bicornis Heugl) Afrika. — ** Keine Nebenfalten zur Seite des Hufeisens. + Oberes Nasenblatt mit verdünntem Rande (Cyelorhina). 21. Ph. obscura Pet Luzon. 22. Ph. de- riae n. sp. Borneo. — +} Obres Nasenblatt mit verdicktem Rande (Thy- reorhina): 23. Ph. coronata n. sp. NOMindanao. — BB. Ohren mit ein- ander verwachsen (Subg. Syndesmotis): 24. Ph. megalotis Heugl. Bogos. »... 1.1.2+3 3. Coelops Blyth Gebiss 21.243 Nasenblatt in zwei seitliche, am Rande tief eingebuchtete Lappen getheilt, hinter der Mitte desselben vor den Nasenlöchern ein kleines queres Blatt, das obre Nasenblatt mit vorspringendem Rande und in der Mitte des Ran- des mit einem herzförmigen Vorsprunge; die beiden Phalangen des Dau- mens, Schwanz und Sporen sehr kurz, Metacarpus des Zeigefingers sehr lang, die 1. Phalanx des 3. Fingers überragend; sämmtliche Zehen zwei- gliedrig; Schenkelflughaut winklig ausgeschnitten; C. Frithi Blyth (Ce Bernsteini Pet) Unterbengalen, Java. — (Berliner Monatsberichte Juni 301 — 332.) das dem Hufeisen entsprechende 1871. Correspondenzblatt VI. des Naturwissenschaftlichen Vereines kun die Provinz Sachsen und Thüringen in Halle. I [or = ub 1l. Sitzung am 7. Juni. Anwesend 18 Mitglieder. Eingegangene Schriften : Jahresbericht der naturforschenden Gesellsch. Graubündens. Neue Folge XV. Chur 1870. 8. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg 24. Jahrg. Neubrandenburg 1871. 8°. Verhandl. und Mittheilungen des siebenbürg. Vereins für Naturwis- sensch.h XX. Hermannstadt 1869. 8°. Stadelmann, Dr. Zeitschr. des landwirtlischfil. Centralvereins der Prov. Sachsen XXVIIl no 6. Halle 187]. 8°, Monatsbericht der k. pr. Akademie der Wissensch. zu Berlin. . April 1871. Berlin 1871. 8°. Abhandlungen, herausgegeben vom naturwiss. Vereine zu Bremen II. 3 Bremen 1871 8°. Bolletino del R. comitato geologico d’Italia. no 3. 4 Anno 1871 8°. Reale Istituto Lombardo di seienze e lettere Rendiconte Ser. II. Vol. fasce. 17—20. Vol. II. fasc. 1—15. Milano 1869. 1870. Reale Istituto Lombardo Rapporti sui progressi delle seienze I. Mi- lano 1870. lex. 8°, Memovrie del reale Istituto Lombardo. Vol. XI, 2. Vol. XII, 1—3 Mi- lano 1870. 4°. Der Vorsitzende, Herr Prof. Giebel meldet den Tod eines unserer Mitarbeiter Prof. Dr. Deike in St. Gallen. Herr Dr. Th. Hahn meldet Stellenbosch, 17. April 71 Capcolonieseine ersten Beschäftigungen und Erfahrungen seit der Ankunft in der Capstadt. Die ersten Exkursionen hatten die Prüfung der astronomischen und meteorologi- schen Instrumente und der Jagdapparate zumZweck. Alle bewährten sich vor- trefilich und so ist denn bereits eine erfreuliche Ausbeute an Säugethieren und Vögeln gewonnen. Die Ersteigung des Stellenboscher Berges ergab des- sen Höhe auf 3792’ also um 362° höher als der Tafelberg, auf dem Gipfel 17° C. bei 21° C. gleichzeitig am Fusse, Abweichung der Magnetnadel 333 320420. Des Reisende beabsichtigt eine Karte dieses Gebietes aufzu- nehmen und hier und an der Küste noch bis zum Eintritt der Regenzeit seine Beobachtungen und Sammlungen fortzusetzen. Herr Dr. Holzmüller in Magdeburg theilt brieflich mit: Bekanntlich pflegen Leute, die eine Conchyliensaımmlung sehen, einige grössere Exemplare zu ergreifen und sie an’s Ohr zu halten. Sie erzäh- len dann von einem Geräusche, welches sie mit dem Brausen des Meeres vergleichen und suchen sich dasselbe auf irgend eine geheimnissvolle Weise, sei es aus dem Blutumlaufe in der Hand, oder aus sonst etwas zu erklären. Die wissenschaftliche Erklärung der Thatsache, von der ich nicht weiss, ob sie bekannt ist, ergab sich mir nach kurzer Ueberlegung als folgende: Hält man eine Cypraea oder Tritonia, oder sonst ein Exem- plar an das Ohr, so ist im stillen Zimmer durchaus kein Ton wahrnehm- bar, sobald jedoch im Zimmer oder auf der Strasse ein Geräusch entsteht, z. B. das eines vorüber rollenden Wagens, so hört man einen, meist et- was heiseren, aber in Bezug auf seine Höhe leicht zu fixirenden Ton. Dieser Ton ist constant für dasselbe Exemplar, für verschiedene Grös- sen aber verschieden, und zwar so, dass er im Allgemeinen um so hö- her wird, je kleiner das Exemplar ist. Die Schneckenschale fungirt offenbar als Resonator und der Ton rührt davon her, dass die in ihr be- findliche Luftsäule durch irgendwie erregte Schallwellen, die jedoch zu der Länge der Luftsäule in einem bestimmten Verhältnisse stehen müssen, in regelmässige Schwingungen gesetzt wird. Es entsteht also ein „Anspre- chen“ ähnlicher Art, als wenn eine Glasröhre von bestimmter Länge den Ton einer Stimmgabel anschwellen lässt. (Ueber Resonatoren findet man in den Handbüchern das Nothwendigste. Mit Hilfe derselben kann man aus jedem harmonischen oder unharmonischen Geräusch einzelne Töne herausziehen und bisweilen ausserordentlich Wer lluken. (Auf ihnen beruht auch die Lehre von den Obertönen). Es ist leicht, aus der Muschelsammlung eine Anzahl von Exemplaren so auszusuchen, dass man eine volle Tonleiter und noch mehr aus dem Geräusche eines rollenden Wagens heraushören kann, Ein anderer Resonator, den man noch einfacher haben kann, ist un- sere eigene Mundhöhle. Oeffnet man den Mund und haucht man hef- tig, so hört man, je nach der Stellung der Mundhöhle einen bestimmten heiseren Ton. Man mache nun folgenden Versuch: Auf einem Harmo- nium oder Klaviere lasse man längere Zeit den Dreiklang ertönen; dann gebe man der Mundhöhle eine solche Stellung, als ob man einen der Töne des Accordes hauchen wollte. Sofort wird man den betreffenden Ton stark anschwellen hören, er dominirt ausserordentlich über alle anderen, Beim Uebergange nach einem zweiten Tone des Accordes fällt dies noch stärker auf und mit einiger Uebung gelangt man dazu, aus jedem harmonischen oder auch unharmonischen Geräusche bestimmte Töne stark herauszuhören und anschwellen zu lassen. Leicht kann man auch so ganze Tonleitern aus dem lauten Geräusche rollender Wagen heraushören. Für den Lehrer der Physik sind die beiden Versuche insofern interes- sant, als sie den Schülern wenigstens einen Begriff von der Wirksamkeit Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXVII, 1871. 36 534 der Resonatoren geben, wenn die kostspieligen Apparate, wie ja wenig- stens an den Gymnasien, nicht vorhanden sind. Herr Prof. Credner aus Leipzig theilt mit, dass v. Mojsisovies Be- lemniten in der Trias aufgefunden habe und belegt bei dieser Gelegenheit durch verschiedene Beispiele, dass die sogenannten leitenden Gattungen nicht, wie man für viele angenommen hat, als sichere Begrenzung einer bestimmten Formation angesehen werden dürfen. Weiter schildert Derselbe die geognostischen Verhältnisse der gold- führenden Gegenden in Californien, namentlich auch der alten Flussbetten westlich von der Sierra Nevada, welche von goldhaltigen, diesem Gebirgs- zuge entstammenden Gerölle erfüllt und später durch Lavamassen bedeckt worden sind. Unter einer solchen Lavaschicht soll im Gerölle, wie be- kannt, ein Menschenschädel aufgefunden worden sein. Der Vortragende zweifelt diesen Fund jedoch bedeutend an, einmal weil der Schädel ge- nau mit denen der noch lebenden Indianer aus der dortigen Gegend über- einstimmt und weil man die Schlauheit der dortigen Arbeiter kennen müsse, die sehr gern bereit seien, sich einem Forscher dienstfertig zu er- weisen, wenn sie für sich einen Vortheil daraus ziehen können. Sitzung am 14. Juni. Anwesend 20 Mitglieder. Eingegangene Schriften : 1. Noll, Dr., der zoologische Garten XII. 5. Frankfurt a/M. 1871. 8°. 2. Verhandlungen des naturhist. medizinischen Vereins in Heidelberg V. Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr Ober-Steuer-Controleur Thiele hier durch die Herren: Taschenberg, Rey, Giebel. Herr Dr. Köhler berichtet Levison’s neueste Versuche mit entblute- ten Fröschen, Herr Oberbergrath Dunker bespricht die Einwände, welche Naumann mit Recht erhebt, um Mohr’s neue Erdbildungstheorie zu widerlegen, Herr Geh. Rath Credner hieran anküpfend weist zunächst für die verschiedenen Gegenden der Erde nach, dass die nordischen Geschiebe ebensowenig bis nach dem Aequator nach Süden, wie die Trümmer von Süden her bis zum Aequator nachN. fortgeschoben worden seien, wie es die Theorie von Mohr verlange, und beschreibt sodann eingehender das Vorkommen nordischer Geschiebe in Thüringen, welche bis zu einer Meereshöhe von 800—1000 Fuss hinaufreichen und in dem Höhenzuge, wel- cher sich von Erfurt nach Langensalze hinzieht, ihre südliche Begrenzung finden. Die in der angegebenen Meereshöhe sich hier vorfindenden Abla- gerungen namentlich bei Erfurt und Gotha stimmen mit den an der Oder beobachteten überein unh beweisen nicht nur eine Verbreitung von NO. nach SW,., sondern stellen auch die interessante Thatsache fest, dass sie sich früher ablagerten, als sich die jetzigen Wasserläufe in den genann- ten Gegenden Thüringens bildeten. 939 Sitzung am 21. Juni. Anwesend 18 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Sitzungsberichte der kk. Akademie der Wissensch. zu Wien 1. Abtheil. LX, 3—5. LXI, 1—5. LXII. 1. 2. 2. Abth. LX, 3—5. LXI, 1—5. RU 2 3.7 Wien 1870. gr..8%. 2. Garcke, Dr., Linnaea XXXVII. 1. Berlin 1871. 8°, 3. Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien ]. no. 9. Das Märzheft der Vereinszeitschrift liegt zur Vertheilung vor. Als neues Mitglied wird proklamirt: Herr Ober-Steuer-Controleur Thiele hier. Zur Aufnahme angemeldet werden: Herr Chemiker Franz Bangert in Morl durch die Herren Potzelt, Giebel, Taschenberg. Herr Weihe, stud. phys. hier, Herr Paetzold, stud. phys. hier durch die Herren Schufft, Giebel, Taschenbereg. Der Vorsitzende, Herr Prof. Giebel, eröffnet die Sitzung: Am heutigen längsten Tage des verhängnissvollen Jahres 1848, in wel- chem fast alle wissensch. Vereine ihre Thätigkeit eingestellt hatten, consti- tuirte eine Kleine Zahleifriger junger Forscher unseren naturwissenschaftlichen Verein. So unter den ungünstigsten äussern Verhäitnissen ins Leben ge- treten, bewahrte der junge Verein seine Energie in den wieder und immer wieder hervorbrechenden, der naturwissenschaftlichen Thätigkeit feindse- ligen politischen Stürmen bis auf die eben jetzt vollendete grossartigste Kri- sis. Und nicht blos unter den erschütternden politischen Ereignissen wirkte ohne Unterbrechung unser Verein fort, er unterlag auch den lokalen Schwierigkeiten nicht, wie solche in der wiederholt in unserer Stadt ver- heerend auftre®aden Cholera dem Vereinsleben sich erhoben, wie sie in der neuerwachenden Thätigkeit zweier in gleicher Richtung arbeitender hiesiger Vereine, der Naturforschenden Gesellschaft und des polytechni- schen Vereines sich fühlbar machten. Beide Vereine, viel älter als der unsrige, hatten schon vor dem Jahre 1848 ihre Thätigkeit eingestellt und dadurch das Bedürfniss zur Gründung des unsrigen herbeigeführt. Eine Verschmelzung dieser Gesellschaften, die mehrseitig als wünschenswerth er- strebt wurde, verwirklichte sich nicht, und nach den nunmehrigen Erfah- rungen müssen wir uns gestehen, dass 3 gleiche Vereine, neben einander wirkend, mehr leisten, als wenn dieselben, in einen verschmolzen, das gleiche Ziel verfolgen. Die jüngste und schwerste Krisis, mit welcher hoffentlich für unser Vaterland die politischen Aufregungen und Umwäl- zungen auf lange Zeit hinaus ihren Abschluss gefunden haben, entzog un- serem Vereine viele rüstige Mitglieder, sie alle sind heute aus dem wil- den Kampfe mit der bis zum Wahnsinn verblendeten entsittlichten Nach- barnation siegreich und glücklich in unsern Kreis wieder zurückgekehrt und indem wir Sie freudig willkommen heissen, können wir das 24. Jahr unserer gemeinschaftlichen wissenschaftlichen Thätigkeit ungeschwächt und mit der zuversichtlichen Hoffnung auf die Zukunft beginnen. 536 Herr Prof, Taschenberg legt eine gut ausgeführte Probetafel und Aufforderung zur Subscription auf ein „Lehrbuch der Schmetterlinge Deutsch- lands und der angrenzenden Länder“ von Ramann und Grebe vor. Das- selbe soll in zwanglosen Heften mit 40—60 Abbildungen nebst Text & 20 Sgr. herausgegeben werden und sämmtliche Schmetterlinge bringen. Wünschen wir dem Unternehmen alles Glück! Herr Dr. Köhler berichtet die auf Verfälschung der Biere besonders in Frankreich bezüglichen Untersuchungen von Enders. Schliesslich legt Herr Giebel mehre sehr saubere Abbildungen von verschiedenen Milben aus Nitzschs Nachlasse vor. Zunächst die je- nr merkwürdigen Milben Hypoderas, welche in ungeheuren Mengen un- ter der Haut bei Vögeln leben und von welchen er die im hiesigen Mu- seum aufbewahrten 15 Arten schon speeciell beschrieben hat (Zeitschr. 1861. xXVIll. 483 — 444). Ferner mehre Abbildungen jener merkwürdigen, auf der Haut und den Federn der Vögel schmarotzenden Analges, dereu Männchen ein ungeheuerlich verdicktes drittes Fusspaar besitzen. Nitzsch hat dieselben an mehreren Finkenarten, der Braunelle, Würgern, Wasser- huhn u. a. Vögeln gesammelt, ebenso verschiedene Dermanyssus von Vö- geln und Säugethieren, Sarcoptes nidulans an der Lerche und dem Grün- finken. Einige dieser Milben ernähren sich, wie die Krätzmilbe Blut sau- gend, andere dagegen fressen die Haare und Federn, denn nur deren Mehl findet man in ihrem Magen, niemals Blut, so dass man auch unter den Milben wie unter den Läusen saugende und beissende unterscheiden muss Letztere werden ihren Wirthen nicht gefährlich, wie sehr häufig die sau- genden, ; Sitzung am 28. Juni. Anwesend 19 Mitglieder. Als neue Mitglieder werden proklamit: die Herren Weyhe und Petzold hier, N Herr Franz Bangert, Chemiker in Morl. Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr Dette, stud. phys. hier durch die Herren Brasack, Giebel, Taschenberg. Herr Prof. Taschenberg referirt Landois’ Beiträge zur Entwicke- lungsgeschichte der Schmetterlingsflügel in der Raupe und Puppe S. 332. Herr Prof. Giebel liest einen Aufsatz von Dr. Richter aus der Gäa vor „die Geistesepidemie im französischen Volke“, worin das Vorhanden- sein des Grössenwahns in einem grossen Theil der Nation aus medizini- schen Gründen nachgewiesen wird. Von den Anwesenden werden vielfache in Frankreich selbst gesam- melte Beobachtungen und Erfahrungen mitgetheilt, welche Richters Nach- weis unterstützen. Gebauer- Schwetschke’sche Buchdruckerei in Halle. Zeitschr f..ges Naturıiss I$U Bd.37. Napa > = DIS > SIISSILÖ SS ISIZS 2) llapäzselepel] 1 "aaa FI Ss SS Z SEE = RN PX% [HIER = ES S = S = = RS RS = = Ziel Uhiille Obr. Serderortz G 6 N Ii E50 I HR 5" N m Zul N ul I N. Zone: 4 3 % ; Von der Eul-Mühle bis zum Käferhügel. 777 7777, III ÄF, 7111, WI, K4777,7, BIER IL Thonschtefer. Kieselschrefer. Kalk u.Kalkschicfer. Schigferkalk:. RUN AU, DR Ouarzit u.Ouarzschiefer. IAnotenschicfer u. lornubianit, Ottrelitschiefer. Ouadersandstein: Lith.Anstv. A Kürth Leipzig RE ESSEN n \ Zeifschzf ges Naturmss SU. Iid. 37, Lih.AÄnstr A. Kur, Leipzig. DR nr, ER u) Zeitschr fges Naturmwiss 1871 Bd.37 | Taf. IH. —_ — BEE Lrth. Aust. A Taf. Ib Na Lıth. Anstv. 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