m img tee be he te en 3 und AR HARVARD UNIVERSITY LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY . AR Zeitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften. | Originalabhandlungen und monatliches Repertorium der Literatur der Astronomie, Meteorologie, Physik, Chemie, Geologie, Oryktognosie, Palacontologie, Botanik und Zoologie. Redigirt von Dr, 6. & Giebel, Prof, a, d, Univers, in Halle. Neue Folge. 1872, Band V. (Der ganzen Reihe XXXIX. Band.) ) Mit 5 Tafeln. Berlim Verlag von Wiegandt & Hempel. 1872. | A Comp, I Tocken, 0, se Fe N LIBRARY \ 2: Le Inhalt. Originalaufsätze. C. Giebel, Versteinerungen im Diluvium bei Nachterstett. . . . 117 Ferd. Karsch, Beitrag zur Naturgeschichte der Mordwespengattung Pompilus, Taf. 3. tere eier .. Rudow, die Molluskenfauna des Be NEL 1054202 Pe Schmidt, über Einwirkung von flüssigem Phosgen sur) einige Amulen : 58°0 ae ee P. Schönemann, der Messkeil, Tat. m It zur genden Aus- messung der Dicke eines Körpers. . .... 0. ...114 Andr. Schreiber, die Bryozoen des mitteloligocänen Grünsahdes beraNidedebure Lats lv Von ee a A Ende @. Schubring, Immerwährende Kalendee . . . clio is 402 Max Siewert, Untersuchungen einiger Hohpatleleumvorkenmen und Brennmaterialien in der Argentinischen Republik . . . . . 224 E. Taschenberg, biologische Notizen über einige, zum Theil neue Hymenopteren aus Port Natal. EN OR 0 1 Fr. Thomas, Hoya Elnngsseschichte zweier nee an Prunss 7 6% ERTSERN Tel 2 LO — — Nachträgliche Notiz zu vatkdn . . . 472 W. Zopf, die Verwitterungsvorgänge in der ran Natur . 281 Mittheilungen. Beobachtungen über das Erdbeben am 6. März in und um Halle 228, Th. Bruhin, eigenthümliche Nebensonnen Taf. II, 140. — Giebel, ornithol. Thesaurus im Literarischen Centralblatte 130; über die Gattung Peltops Wagl. 481. — 0. €. F. Luedicke, die für den Ertrag der Garten- und Landwirthschaft massgebenden meteorologischen Erscheinungen der Jahre 1870 und 71 in ihrer Abweichung von den 19- und 18-jährigen Mitteln 138. — A. Schreiber , Entwicklungsstufen einiger Gastropodenformen im Mittel-Oligocän Magdeburgs 59. — G@. Schubring, die experimentelle Be- stimmung der Vergrösserung bei optischen Instrumenten 62. — R. Weise, eine objective Methode der experimentellen Bestimmung der Vergrösserung bei zusammengesetzien Mikroskopen 140, IV Literatur. Allgemeines. Dellinghausen, Grundzüge einer Vibrationstheorie der Natur (Reval 1872) 244. — E. Erlenmeyer, die Aufgabe des chıe- mischen Unterrichtes gegenüber den Anforderungen der Wissenschaft und Teehnik (München 1871) 375. — Garthe, die Absidenscheibe (Küln'1871) 375. — Giebels Vogelschutzbuch (Berlin 1872) 143, — Ed. Hagenbach, die Zielpunkte der physikalischen Wissenschaft (Leipzig 1871) 243. — Hansemann, die Atome und ihre Bewegungen (Leipzig 1871) 245. — A. W. Hofmann, Einleitung in die moderne Chemie (Braunschweig 1871) 372. — J. H. v. Mädler, Geschichte der Himmelskunde nach ihrem ge- sammten Umfange (Braunschweig 1872) 375. — F. B. Osterbind, Bei- träge zur Stöchiometrie physikalischer Eigenschaften der Körper (Olden- burg 1871) 374. — Stiebing, Naturwissenschaft gegen Philosophie (New- York 1871) 243. — Gottl. Sylvester, Naturstudien, gebildeten und sinni- gen Lesern gewidmet (Gütersloh 1871) 143. — W. J. Werber, die Ent- stehung der menschlichen Sprache und ihre Fortbildung (Heidelberg 1871) 373. — Ad. Wernicke, Lehrbuch der Mechanik in elementarer Darstel- lung 2. Aufl. (Braunschweig 1871) 374. Astronomie und Meteorologie. Argelander, über die kli- matischen Verhältnisse. von Sanjago de Chile und Valparaiso 69. — A. Bandelier,. meteorologische Beobachtungen in Highland 67. — E, Weiss, Discussion. der während: der totalen Sonnenfinsterniss von 1868 angestell- ten Beobachtungen und der daraus folgenden Ergebnisse 67. Physik. A. Anderssohn, experimenteller Nachweis für den Luft- gehalt im Wasser 74. — Baumhauer, über Aetzfiguren und Asterismus an Krystallen 74..— Beetz, Einwirkung der Elektrieität auf Flüssigkeits strahlen 484.. — Fr. Boll, Beiträge zur physiologischen Optik 486. — E. Christiansen, über das Brechungsverhältniss des Fuchsins 71. — L. Ditscheiner, über eine einfache Vorrichtung zur Herstellung complemen- tärer Farbenpaare mit Brückes Schistoskop 73. — H. W. Dove, über die Farben dieker, doppelbrechender Platten 74. — F\, Kohlrausch, über ein einfaches Mittel, die Ablenkung oder Zerstreuung eines Lichtstrahles zu vergrössern 71. — A. Kundt, über anomale Dispersion (III) 69, (V) 246, über normale Dispersion 379. — S Lamansky, das Wärmespeetrum des Sonnen- und Kalklichtes 143. — J. B. Listing, über das Reflexions- prisma 379. — BE. Lommel, über Fluorescenz 146. — O.E. Meyer, Ver- such einer Erklärung der anomalen Farbenzerstreuung 379. — Alb. Mous- son, zur Theorie der Capillarerscheinungen 75. — J. J. Müller, über die Tonempfindungen 247; eine neue Ableitung des Hauptsatzes der Psycho- physik 247. — A. v. Obermeyer, über die Anwendung eires Eectromo- tors zur stroboskopischen Bestimmung der Tonhöhe 73. — J. J. Oppel, über zwei ausgezeichnete Fälle des Reflexionstones zweiter Gattung 375; der Kukuksruf in akustischer Beziehung 376; über den Ton des Ohren- klingens 377; über chromatische Täuschungen; den relativen Werth der Farbenbezeichnungen und des Zustandekommens der Farbenwahrnehmun- gen überhaupt 377..— J. .E. Poggendorff, Versuch einer. Theorie der Elektrodoppelmaschine 378. — R. Reichert, einfacher Thermoregulstor 378. — RBRossbach, vhytmische Thätigkeit und Contraetilität der einfach- sten Organe 490. — A. R. v. Schrötter, über eine merkwürdige Verän- derung der Oberfläche einer Glasplatte durch plötzliche nnd heftige Er- schütterung 73. — J. L. Soret, über die anomale Dispersion einiger Sub- stanzen 71. — J. Stefan, über den Einfluss der Wärme auf die Brechung des Lichtes in festen Körpern 72. Chemie. J. Battershall, das Aldehyd der Naphthalingruppe 252. — J. Bode, Beiträge zur Theorie und Praxis der Schwefelsäurefabrikation (Berlin 1872) 491. — Claus, über die Structurformeln 79. — Alph. Cossa, Bildung des Asparagins in den Wicken 493, — 0. Dammer. kur- v zes chemisches Handwörterbuch (Berlin 1872) 491. — Detmar, die na- türliehen Humuskörper des Bodens und deren landwirthschaftliche Bedeu- tung 248. — Z. Heys, Notiz über das Benzolhexachlorid 253. — A. W. Hofmann, über Derivate der Aethylbasen 494. — Kekule und Zänckl, über das sogenannte Chloraceton und die polymeren Modificationen des Aldehyds 381. — Kolbe, über die Constitution der Diglycolsäure und ver- wandter Verbindungen 78; über die Strukturformeln und die Lehre von der Bindung der Atome 79; über Schlösings Methode der Trennung von Kali und Natron 380. — Ad. Lüben und A. Rossi, Umwandlung von Ameisensäure in Methylalkohol 80. — Ludwig, Beiträge zur Gasanalyse 381. — R. Maly, einfache Darstellung von salpetersaurem Kreatinin aus Horn 81. — R. Pott, Oxydationsversuche mit übermangansaurem Kali auf Conglutin aus Lupinen 383. — J. Remsen, Einwirkung von schmel- zendem Kalihydrat auf Sulfoxybenzo&säure 250; über isomere Sulfosalicyl- säure 251; Oxydation der Toluo'sulfosäuren 253. — BRosenstiel, über Bildung des Anilinroth 153. — Th. Schlösing, Trennung von Kali und Natron 380. — Schreiner, Melolouthin, neuer Bestandtheil thierischer Organismen 152. — F. Stolba, chemische Notizen: Das Rösten der in- diumhaltigen Zinkblende ; Gewichtszunahme der Platintiegel bei andauern- der Glühhitze 155; zur Untersuchung des Graphits; Verhalten des Kiesel- fluorkaliums vor dem Löthrohre; Anwendung des Kieselfluornatriums in der Titriranalyse 156; Reduction der tellurischen Säure durch Trauben- zucker; saure Natur der im Fluss- und Quellwasser befindlichen organi- schen Stoffe 157; Nachweis des Cäsium als Cäsiumchlorid 158. — H. Toppeiner, Zersetzung des Eiweisses unter Einwirkung des übermangan- sauren Kali’s 492, — Vogel, Einfluss absoluten Alkohols auf einige che- mische Reactionen 496. Geologie. Js. Bachmann, zerquetzschte, mit Eindrücken verse- hene Geschiebe 81. — Oskar Friedrich, geognostische Beschreibunggder Südlausitz und der angrenzenden Theile Böhmens und Schlesiens (Zittau 1871. 49) 95. — A. v. Groddeck, Abriss der Geognosie des Harzes (Clausthal 1871) 399, — A. Knop, Bildungsweisse von Granit und Gneiss 503. — v. Lassaulxz, basaltische Tuffe und Breeeien aus der Auvergne 82. — L. Mayn, ein Ganggebilde beiHamburg 84 — Edm. v. Mejsiso- vies, Altersbestimmung der krystallinischen Formationen der Alpen 158. — M. Neumayer, über Juraprovinzen 158. — @. v. Rath, der Vesuv vom 1. und 17. April 1871 254. — Rosenbusch, petrographische Studien im Kaiserstuhl 390. — Scholz, zur Geognosie von Pommern 163. — @. Stache, die Steinkohlenformation der Centralalpen 5%2, — 4A. v. Strom- beck, Asphaltvorkommen im Braunschweigischen 86. — Ed. Suess, über den Bau der italienischen Halbinsel 383. — Fr. Toula, Uebersicht der Geologie NOGrönlands 500. — W. Trenkner, die jurassischen Bildungen bei Osnabrück 161. — Tscheinem, der Gormergletscher von Zermatt 86. — Zittel, die Räuberhöhle am Schelmengraben in der Baierischen Ober- pfalz 498. Oryktognosie. A. Brezina, Kıystallographische Untersuchungen 513. — Damour, Idokras von Arendal 400; Analyse eines Granats aus Mexico 400. — A. Exner, Analyse des Meteoriten von Gopalpur 512, — A. Frenzel, über den Hypochlorid 399. — Groth und Hinize, kıystalli- sirter Blödit von Stassfurt 259. — Ad. Kenngott, über Skoleeit und Romain 88; über den Stirlingit und Röpperit 400. — E. Klein, krystal- lographische Untersuchungen 513. — Fr. v. Kobell, Monzonit, neues Mi- neral 88; Marcelin und Constitution der Kieselerde 165; Verhalten von Schwefelwismuth zu Jodkalium vor dem Löthrohre ; Bismuthit von S. Jose in Brasilien 166; Verhalten der Lithionhaltigen Mineralien vor dem Spek- troskop und Nachweis des Thalliums im Sphalerit 166; Montbrasit iden- tisch Amblygonit 510. — E. Rammelsberg, der Meteorstein von Mezö Madaras 260. — G. vom Rath, über Mineralien auf Elba 89; neues Vor- kommen, von Monazil am Laacher See 89; der Meteorit von Ibbenbühren VI 261; Wollastonitauswürfling von Monte Somma 511. — Reuss, neue Mi- neralvorkommnisse in Böhmen 167. — F. Sandberger, Paramorphose von Kalkspath nach Aragonit 508; Zersetzungsprodukte des Quecksilber- fahlerzes von Moschellandsberg in der Pfalz 509. — A. Schrauf, über Rittingerit 512. — Tschermak, Simonyit und Boraeit von Stassfurt 511. — Websky, regelmässige Verwachsung von Krystallen verschiedener Art 87; Axinit 513. — Fr. Wiser, Mineralogisches aus der Schweiz 400. — P. v. Zepharovich, Atakamitkrystalle aus S. Australien 88. Palscontelogie. H. Burmeister, zur Osteologie der Samerika- nischen Panzerthiere 518. — A. Ditimar, neues Brachiopodengeschlecht aus dem Bergkalk (Petersburg 1871) 410. — Ed, v.Eichwald, geognostisch- palaeontolog.Bemerkungen über die Halbinsel Mangischlak und die aleuti- sehen Inseln (Petersburg 1871) 410. — E. v. Ettinghausen, die fossile Flora von Sagor in Krain 90, — E. J. Forsyts Major, fossile Affen in ltalien 262. — K. v. Fritsch, einige fossile Krustaceen im Septarienthon des Mainzer Beckens 169. — J. Fuchs, Fischfauna der Congerienschichten 169; Anhäufung kleiner Organismen und über die Fauna von St. Cassian 170. — Hancock und Athey, Fische aus dem Kohlengebirge von Newshanı 517. — Osw. Heer, über Dryandra Schranki 90; fossile Flora der Bären- insel 401; fossile Flora von Alaska 403; miocäne Flora und Fauna Spitz- bergens, 405. — H. Hicks und T. R. Jones, neue cambrische Petrefak- ten 517. — ©. d. Marck, devonische Korallen im Labradorporphyr 90. — ©. E. Marsh, Hesperornis und andere Vögel der Kreideformation 263; fossile Vögel der Kreide- und Tertiärformalion der Vereinten Staaten 263; tertiäre Säugelhiere und Vögel vom Felsengebirge 264. — R. Richter, untersilurische Petrefakten aus Thüringen 408. — v. Simonovitsch, Or- ganisalion und systemalische Stellung von Thalamapora 91. — &. Stache, Verbreitung der Characeen in den Cosinaschichten Wiens und Dalmatiens 516. — E. Struckmann, Fische und Saurier im obern Muschelkalk am Elm im Braunschweigischen 92. — E. Tietze, einige schiefe Formen der Gattung Terebratula 171; Geologiseh-palaeontologische Mittheilungen aus dem STheile des Banater Gebirgsstockes 515. — .T. E. Winkler, Me- moire sur le Belonostomus pygmaeus et deux especes de Caturus (Har- lem 1871. 1 Tb.) 169. — H. Woodward, neuer Arachnide im Eisenstein von Dudley 265. — A. H. Worthen, Newbery und Lesguereux, Geology and Palaeontology of Illinois (Chicago 1870) 168. — K. G@. Zimmermann, eine Hirschart aus dem Alluvium von Hamburg 264. Botanik. Fr. Buchenau, Nervatur der Bracteen bei den Linden 265; Fr. B. und W. Focke, die Salicornien der deutschen Nordseeküste 266. — Ed. Fries, Icones selectae Hymenomycetum nondum delineatorum (Holmiae 1867—72) 267. — Th. M. Fries, die Gefässpflanzen Spitzber- gens und der Bäreninsel 410. — E. O. Harz, neue Hyphomyceten Ber- lins und Wiens nebst Beiträgen zu deren Systematik 94. — BE. Junger, hypokotyle Knospenbildung 93; über trikotyle Embryonen 3. — J. A. Knapp, die bisher bekannten Pflanzen Galiziens unn der Bukowina (Wien 1872) 416. — Kraus, Aufbau wickeliger Verzweigungen, besonders der Inflorescenz 171. — Aug. v. Krempelhuber , Geschichte und Literatur der Lichenologie von den ältesten Zeiten bis 1870 (München 1867—72. 3 Bde.) 417, — W. A. Leighton, über das Genus Ramalina 175. — Limpricht, Standorte der Pilularia globulifera 92. — Milde, über Todea und Leptopteris 93. — N. F. E. Müller, botanische Untersuchungen über die Sauerstoffausscheidungen der grünen Pflanzen im Liehte 422. — Otto Müller, über den feinern Bau der Zellwand bei den Baeilarien 517. — E. Nöldeke, Flora der ostfriesischen Inseln mit Einschluss von Wan- gerog 411. — J. M. Normann, Novitiae Lichenaeae arctieae 418. — F. Reinke, über das Spitzenwachsthum der Gymnospermenwurzeln 172; gonidienartige Bildung. in einer dikotylischen Pflanze 173. — J. Sachs, über Längenwachsthum der Wurzeln 418, — Osc. Schneider, die Flora vo der Wüste Ramleh 416. — Ed. Tangl, zur Kenntniss der Perforationen an Pflanzengefässen 94. — 0. W. Thome, Lehrbuch der Botanik für Gymnasien (Braunschweig 1872) 175. — A. Tomascheck, eisenthümliche Umbildung des Pollens 520. Zoolegie. Anderson, Blyths Sauriergattungen Eurilepis und Plocederma 530. — Baudi, Coleopterum messis in Insula Cypro 269. — Chr. Ludw. Brehm’s Vogellhaus und seine Bewohner (Weimar 1872) 184. — Catalogus oothecae Boedekerianae (Iserlohn 1871) 184. — Baron v. d. Decken’s Reisen in Afrika IV. Die Vögel OAfrikas von Finsch und Hartlaub (Leipzig 1870) 429. — Desbrochers des Loges, Magdalinus- Monographie 562. — Dietze, Raupe von Eupithecia laquearia Hs. 176; Eupithecia silenata und trisignaria 178. — Drechsel, monströser Atte- labus cureulionoides 179. — A. Duges, Siredon Dumerili, neuer Axolotl 426. — E. Ehlers, über Spongienorganisation und eine ueue Spongien - form 98. — Eichhoff, neue exotische Tomiseiden 270. — HM. Frey, mikro- lepidopterologische Notizen 176; ein Beitrag zur Kenntniss der Mikrolepi- dopteren 177. — EB. H. Giglioli, Verbreitung der Wirbelthiere des Oceans nach Beobachtungen einer Erdumsegelung von 1865—68. 185. — Grabow, anatomisch- physiologische Studien über Phthirius inguinalis 523. — Alfr. Grandidier, neue Amphibien vor Madagaskar 426. — Alb. Günther, Ceratodus und dessen Stelle im System 104... — ». Herold, über koprophage Lamellieornen 272. — Rob. Hartmann, über Halodactylus diaphanus 423. — HA. v. Heinemann, über Arten der Gattung Nepticula 268. — E.u. O0. Hofmann, Naturgeschichte der Cidaria, incultaria HS. 176. — 0. Hofmann, Naturgeschichte der Galechia spurcella Hd. 176. — E. H. Hoffmann, zur Anatomie der Echiniden und Spatangen (Har- lem 1871) 419. — Joseph, über die Zeit der Geschlechtsdifferenzirung. in den Eiern einiger Lipariden 100; Dimorphismus der Dytiseus-Weibchen 101; zur Morphologie und Biologie des blinden Grottenstaphylins Glypto- merus cavicola Müll. 101; giebt es augenlose Arthropoden in Schlesien ? 102. — J. H. Kaltenbach, die Pilanzenfeinde aus der Klasse der Insek- ten I, (Stuttgart 1872) DE Kaup, die Eier der Phasmiden 267; neue Phasmiden 268; Monographie der Passaliden 272. — H.,v. Kiesen- wetter, über die Malacodermen Corsicas etc. 270; Uebersicht der euro- päischen Helades 270; Uebersicht der Arten der Gattung Meiophysia 425. — Kärsch, über deutsche Hyperiden 271. — @. Kraatz, die europäischen Troseus-Arten 270; Uebersicht der deutschen Triplax-Arten 271; einige für Deutschland neue Wasserkäfer 271; Zahl und Benennung der deui- schen Dorcadion-Arten 272. — Krause, einige Monstrosiläten an Schmet- terlingen und Käfern 178. — Leizner, zur Kenntniss der Trogosita mau- ritanica 103. — Fr. Leydig, die in Deutschland lebenden Arten der Sau- rier (Tübingen 1872) 182. — H. Löw, Diptera Americae septentrionalis indigena, centuria decima 426, — Georg Lohde, Insektenepidemien, wel- che durch ‚Pilze hervorgerufen, werden 529. — Alph. Milne-Edwards, Geogale aurita, neuer Insektenfresser von Madagaskar 429, über, einige Säugethiere in O.Tibet 430. — W. Peters, über die von Spix in Brasi- lien gesammelten Batrachier der Münchner Sammlung 426. — R.,A. Philippi, einige neue gailssische Insekten 180. -— 0. v. Prittwitz, Lepi- dopterologisches 178. ‚Edin. Reitier, zur Revision der europäischen Meligethes Arten 273, neue Käfer von Oran 425. — E. Rey, Synonymik der europäischen Brutvögel und Gäste (Halle 1872) 274. — v. Botten- berg, zur Coleopterenfauna Sibiriens 272. — Rudow, die Tenthrediniden des Unterharzes nebst einigen neuen Arten anderer Gegenden 181. — L. W. Schaufuss, Nunquam otiosus (Dresden 1870—71) 99. — Ad. Schenk, mehre seltene, zum Theil neue Hymenopteren 180. — Schwarz, analytische Tabelle zur Bestimmung einiger Cryptocephalen 104. — Seriba und @. Kraatz, für Deutschland neue Homalota-Arten 217. — ©. Siedamgrotzky, über die Struktur und das Wachsthum der Hornschei- den der Wiederkäuer 185. — Stoliczka, über indische und burnesische vi Schlaugen 530. — Tischbein, hymenopterologische Beiträge 180. — B. Wagner , Diplosis equestris n, sp. Sattelmücke 182. — Hendr. Wegen- bergh, Beiträge zur Anatomie und Histologie der hemicephalen Dipteren- larven 526. — E. Wehncke, drei neue deutsche Hydroporen 271; fünf neue europäische Dityseiden 273. — NR. v. Willimoes-Suhn, zur Ent- wiekelungsgeschichte des kleinen Leberegels 99. — P. E. Zeller, lepi dopterologische Beobachtungen im Jahre 1870. 177. — E. Zeller, Un- tersuchungen über die Entwickelung des Diplozoon paradoxum 52. Ditzungsberichte. Anton’s Nekrolog 436. — Anzeige 440. — W.v. Braun’s Nekrolog 190. — Credner sen., silurische Kalkgeschiebe mit Graptolithen bei Halle 109; Mineralien der Ausstellung in Cordoba 112; über Verschieden- heit gleichalteriger Gesteine 192; Erzfälle des NW.Öberharzes 278, — R. Credner, Erzlagerstätten des NW. Oberharzes 277. — Herm. Cred- ner, Kupfererzlagerstätten am obern Missisippi 278. — Geist, Burkhardt’s Beobachtungen über die Abendlichter an den Küsten SAmerikas und über Plateau’s Versuche über Dampfbläschen 435. — Giebel, über Barrandes Prüfung der Darwin’schen Theorie mit den palaeontologischen Thatsachen 109; über Krafit’s lebenden Ceratodus in Neuholland 111; Giebel und Bölte, Rhinoceros tichorhinus bei Hundisburg 277; Göebel, Eiim Ei 431; über Catharina Hohmann und über Baust’s Ursachen der Geschlechtsbe- stimmung 435; über die 3 neuesten Arbeiten Heer’s: fossile Flora der Bäreninseln, Tertiärflora von Alaska, fossile Flora Spitzbergens 532. — Hahn ]1., Briefliches aus SAfrika 433. — Hahn 1l., Schwerspath mit Zwillingsbildung 531. — Jani, Bischof’s Methode, das Trinkwasser zu untersuchen 100. — Klautsch legt seine Gypsmodelle zur Erläuterung der rothen Blutkörperformen vor; Wachspräparate der Hermaphroditia vera lateralis 531. — Köhler, über Farre’s Analyse der Muttermilch 108; Terpentinöl gegen Phosphor 111; über Gegengift des Phosphors gegen Bamberg 189; Nikotingehalt im Tabaksrauche 277; Kritik der Untersuchun- gen über Fleischextrakt 279; über Coulier’s Versuche der Tödtlichkeit der Pyrogallussäure und über Agnolches Apparat zur Bestimmung des Phosphors 434; Vergiftung durch eine Versilberungs-Tinktur, bestehend aus einer Lösung von Cyansilber in Cyankalium 532. — Paul, Züchtung des Attacus Yama-Mai 107. — Rey, Produktionsfähigkeit einiger Vögel 110; über Färbung und Zeichnung der Vogeleier 188; legt Sceythrops novae Hollandiae vor 192. — sSiewert, Briefliches aus Cordoba 275. — Taschenberg, monströser Fuchsschädel 110; legt Acarus farinae vor 188; relative Nützlichkeit einiger einheimischen Thiere 276. — Teuchert, Bun- sen’s calorimetrischer Apparat'187; Schwefelsäure anhydrat 188. — Trenk- mann, Borazitkrystalle im Carnallit zu Stassfurt 107. — Weineck, über Kolbe’s Abweisung der Anmassungen französischer Chemiker 110; über Klinkerfuss’s Apparat zum gleichzeitigen Anstecken vieler Gasflammen 434. — Weise, Fall heftiger Trichinose 108; über Hansteins Bewegung des Zellkerns 108; über Veränderlichkeit des Nullpunktes der Thermometer 188; legt einen spektroskopischen Apparat und ein Präparir-Mikroskop vor 189; legt ein Maximum-Thermometer vor 192; über Condurango- rinde 432. Biologische Notizen über einige zum Theil neue Hymenopteren aus Port N ORTE 5 mitgetheilt von (mar 11 1942 j Prof. Dr. Taschenberg. __LIsRant Herr W. Gueinzius, der Sohn eines früheren Geistlichen in dem uns benachbarten Dorfe Trotha, hat während eines lang- jährigen Aufenthaltes in Port Natal (Ostküste S Afrikas) sein lebhaftes Interesse an naturhistorischen Studien nicht nur durch alljährliche Sendungen von Naturalien, namentlich auch Insekten aus jenen Gegenden bethätigt, sondern auch durch Aufzeich- nungen interessanter Züge aus dem Leben einzelner Kerfe. Eine kleine Sendung von Hymenopteren und deren Nestern, welche mir kürzlich nebst Aufzeichnungen über das Leben der ersteren durch Herrn W. Schlüter zuging, soll den Gegen- - stand der nachfolgenden Mittheilungen bilden. 1.Synagris(Vespa)calidaF.Lep. =S. carbonaria Deg., eine schwarze, an der Hinterleibsspitze und unbestimmt an Gesicht und Vorderschienen rostgelb gefärbte Wespe nit schwar- zen Flügeln, welche im Körperbau unsern kleinen Mauerwespen (Odynerus u.a.) nahe steht, scheint über einen grossen Theil von Afrika verbreitet zu sein, denn sie kommt ausserdem in der Sierra Leona vor. Diese Art scheint, wie Herr Gueinzius berichtet, die Nähe der menschlichen Wohnungen besonders zu lieben. Beiläufig wird von einer andern sonst sehr ähnlichen Art erwähnt, welche aber da weiss gezeichnet sei, wo die in Rede stehende rost- gelb trägt, dass sie ganz ähnliche Nester baue, aber nie in den Häusern, sondern an offenen Stellen der Wälder oder den Rändern derselben in hohle Bäume oder unterwärts an liegende . Stämme. Die $ynagris calida baut ihr Nest gern an die Westseite der Baumstämme, welche vor Herrichtung der Stroh- dächer benutzt werden, ja eine erleichterte ihm die Beobachtung Zeitschr. f. d.ges. Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872, 1 2 ungemein dadurch, dass sie sich die Mille der Thürpfoste seiner Wohnung zum Bauplatze auserkoren hatte. Weil sich die Thür nach innen öffnete und er für die Wespe zu grosse Störung fürchtete, so wollte er sie anfänglich durch Verscheuchen von ihrem Vorhaben abbrimgen. Sie liess sich aber nicht be- irren, sondern begann den Bau und beslimmte schliesslich durch ihre Hartnäckigkeit den rechtmässigen Bewohner des Hauses zum Nachgeben, zumal ihm hierdurch die bequemste Gelegen- heit zur Beobachtung geboten wurde. Er suchte ihr Vertrauen dadurch wieder zu gewinnen, dass er die Thür erst leise nach innen zog, wenn die Wespe zum Bauen herbei kam, und hielt sie bald ganz offen, so dass die Wespe durch die Thür in das Haus kommen und ihre Arbeit fortselzen konnte. Dies that sie auch bald ganz furchtlos, selbst wenn er dabei stand und zwar so dicht, dass er das beschäftigte Thier fast mit seiner Nase berührte, ja dass er sie ınit dem Munde anhauchen durfte, ohne sie zu stören, vielmehr glaubt er bemerkt zu haben, dass ihr das angenehm gewesen sei. Sie trug als Baumaterial kleine Ballen feuchter, zäher Erde herbei, die sie schon feucht vorfand und mit ihrem Speichel weiter durchknetete, oder von trocknen Stellen, wie z. B. von einer Lehmwand entnahm und vorher aufgeweicht hatte. Zuerst führte-sie nun von diesem Mörtel einen hohlen Kegel von etwa 1'/, Zoll Höhe auf, dessen Spitze sich nach unten etwas überbog, so dass ihr das Hineinkriechen bequemer wurde; seine Mündung war rund und innerhalb schön geglättet. In diesem Kegel hielt sie sich des Nachts auf, bis sie ihn mit Raupen gefüllt und verschlossen hatte. Die Raupen, welche sie herbeibrachte, waren bleich, theils weisslich und grünlich, als ob sie unter Gespinnst gelebt hätten (Torzrices), theils dunkelbraun, mit der charakteristischen, hufeisenförmigen Zeichnung anf dem Aftergliede, welche ebenfalls versteckt- lebende Raupen oft tragen. Nachdem der erste Thurm geschlossen war, wurde er von Neuem mit Erde überkleidet, so dass er seine frühere Gestalt gänzlich verlor und die eines Hügels annahm. Jetzt befeuchtele die Wespe die Basis zur rechten Seite dieses Hügels, nahm in einem Halbkreise Erde davon hinweg und verbrauchte sie zu einem neuen Kegel, den sie nach seiner Füllung und seinem 3 Verschlusse wiederum mit Erde überklebte und mit dem ersteren vereinigte. Die beiden nächsten Kegel wurden "auf ähnliche Weise über die beiden ersten gesetzt, indeın sie aufwärts bauete und somit zwei Reihen Kegel bildete, welche‘ alle unter sich vereinigt wurden, bis ein lauger, senkrecht stehender Hügel entstand, der sechs, von aussen unbemerkbare Zellen einschloss. Ein derartiges Nest, dessen Entstehen eben umständlich geschildert wurde, liegt mir vor. Es scheint einem Baum- stamme angesessen zu haben, oder mindestens einem runden tücke Holz, denn seine glatte Grundfläche ist gehöhlt und an den Enden der Längsachse übereck aufgebogen, die Rückenseite hat eine narbige, gewölbte Oberfläche und ähnelt einem Stück gewisser Roggensteine, Die Farbe ist erdgrau; die Zellen zum Theil geschlossen, zum Theil geöffnet, siehen in zwei Reihen ; aus zweien von ihnen habe ich noch wohlerhallene Wespen herausgeholt, Das Nest unserer heimischen Mauerbiene (Chali- codoma muraria) welches aber nie an Holz, sondern nur an Stein gebaut wird und einem Klumpen Schmutz nicht unähn- lich erscheint, der daran geworfen worden ist, kommt dem der Synagris sehr nahe. Einst hatte, fährt Herr G. in seinem Berichte fort, unsere Wespe eine ihrer Zellen des Nachmittags geschlossen und so- mit keine Herberge für die Nacht, sie blieb deshalb frei auf ihrem Neste sitzen. Da ich nun am Abend die Thür offen hielt, um Nachtinsekten in das Zimmer zu locken, wurde die Wespe vom Lichte geblendet und flog im Zimmer umher, bis sie sich zuletzt hinter einem Vorhange, versteckte, wo ich sie auch am Morgen fand. Ich trug sie auf einer untergeschobenen Feder auf ihr Nest, was sie sich ruhig gefallen liess. Kaum auf demselben angekommen, zeigte sie sich sehr aufgeregt; denn mit ausgebreiteten Flügeln lief sie summend auf demselben umher, betastete Alles und drückte offenbar hierdurch ihre grosse Freude aus, das Nest wohlbehalten wiedergefunden zu haben. Dass die langen Kinnbacken (nicht Kinnladen, wie sich Herr G. ausdrückt) diesem Insektnnicht zum Nestbau allein, sondern auch zur Erlangung der für seine Brut bestimmten Raupen dienen müsste, hatte ich zwar schon vermuthet, faud es aber auch durch directe Beobachtung bestätigt. Ich stand nämlich 1* 4 eines Morgens im Garten bewundernd vor einer Zinnia elegans, als eine dieser Wespen sich auf eine Blüthe niederliess und wie suchend auf ihr umberwanderte. Bald wurde sie eifriger, senkte ihre Zangen, hier und das ondirend, ein, bis sie an einer Stelle stecken blieben. Sie halte etwas gefasst. Mit lautem Gesumm zog sie aus dem Blumenboden cine dort verborgen gewesene Raupe hervor, die in Farbe und Zeichnung der oben erwähnten glich. Mit einer wahren Wuth nahm sie nun die Raupe unter sich, bog den Hinterleib unter sie und brachte ihr mehre Stiche bei. Unter lautem Gesumme und lebhafter Bewegung der Flügel trug und zog sie ihre Beute noch einige Zeit auf der Blume umher bis sie endlich ruhiger wurde und sich anschickte, sie nach ihrem Neste zu schaffen. Ueber der mit den Kinnbacken gefassten Raupe reitend, schleppte sie dieselbe von Blatt zu Blatt, die Zwischenräume mit Hilfe der Flügel überspringend. Da jene aber noch nicht todt war (der bekannte Umstand, dass die von Hymenopteren als Futter für die Brut eingetragenen Insekten nur betäubt und wochenlang nach dem Einmauern noch Lebenszeichen von sich geben, ist auch Herrn Gueinzius nicht entgangen) und dann und wann mit ihren Nachschiebein hängen blieb, musste die Wespe oft anhalten und ihren Hinterleib als Hebel unter die Raupe bringen, um sie wieder flott zu machen. Was that das kluge Thier, um sich den Transport zu erleichtern? Es legte die Raupe auf den Rücken und fasste sie an der Kehle, so dass nun die Füsse nach oben gerichtet waren. Jetzt, da die Raupe glatt war, ging es ohne Unterbrechung, wie eine Schlittenfahrt weiter. Ueber die Entwicklungszeit und die Dauer des Larvenlebens giebt leider Herr G. nichts an, gedenkt aber noch einiger Pa- rasiten, die in den Nestern dieser Wespe leben. Er eızog öfter eine grosse, goldgrüne Chrysis aus denselben und meint, dass ihre Gegenwart sich an wagrechten Quereinschnitten in die äussere Erdrinde des Nestes erkennen liesse, welche wahr- scheinlich mit den Zähnen an der Hinterleibsspitze der Gold- wespe gemacht würden, um dadurch ihre Eier in das Innere zu bringen. Hier liegt wohl ein Irrthum zu Grunde? Die Goldwespen haben einen fernrohrartig aus- und einschiebbaren, fleischigen Legapparat, können damit also, auch wenn sie mit den Zähnen an der Hinterleibsspitze, die vielen Arten gänzlich y fehlen, vorarbeiteten, feste Erdschichten nicht durchdringen. Vielmehr passen sie, bevor die verproviantirte Zelle geschlossen ist, einen günstigen Augenblick, die Abwesenheit der Wespen- mutter ab, um ihr Kuckuksei unterzubringen. Ein zweiter Schmarotzer liegt mir in beiden Geschlechtern vor, es ist eine schwarze Schlupfwespe, auf welche Graven- horst’s Gatlungscharaktere von Airactodes sehr wohl passen, obschon der genannte Auctor keine Arten so riesiger Grösse darunter aufführt. Da ich das interessante Thier nirgends be- schrieben und benannt fiude, so soll dies hier geschehen. W.Kopf in der vordern Ansicht fast herzförwig, indem er, allmälig sich verschmälernd, beinahe um die Länge der stark vorquellenden, ovalen Augen unter dieselben herabgeht, Kopf- schild daher selır lang, aus der Fläche heraustretend und schon dadurch deutlich geschieden, vorn gerade abgestutzt, hinter dein Vorderrande schwach concav, auf seiner Oberfläche fein längsrunzelig, wie das Gesicht über ihm. Kinnbacken lang, in eine, elwas nach oben gerichtete lauge, scharfe Spitze aus- laufend, die an der Unterseite ihrer Wurzel (also etwa in der Mitle der ganzen Kinnbackenlänge) eine zahnartige Stufe hat, indem sıch hier die von der Wurzel aus breitere Kinnbacke durch einen Absatz plötzlich zur langen Spitze verdünnt. In der Oberansicht ist der Kopf sehr quer, hinter den Augen schnell abfallend, zwischen ihren obern Grenzen etwas einge- drückt. Fühler vollkommen fadenförmig, ihre Glieder schwer zu unterscheiden, das Endglied etwas zugeschärft, wie so häufig bei den Bienen. Halskragen schwach zapfenförmig vor- tretend, querleistig. Mittelrücken buckelig erhoben, ausgeprägt dreilappig, etwas runzeiig grob punktirt, der Mittellappen mit einem stumpfen Längskiele. Schildchen mässig erhoben, hinten gerundet, allmälig abfallend, nach vorn durch eine tiefe Grube vom vordern Rückentheile getrennt, seitlich aber durcli je eine kräf- tige Leiste damit verbunden; mit einigen groben Punktein- drücken, aber glänzender als die Umgebung. Hinterrücken in gleichmässiger Wölbung nach hinten und den Seiten abfallend, tunzelig punktirt und matt, vorn mit bogenförmiger Querleiste und schlitzförmigen Luftlöchern, sonst ohne Auszeichnung und mit sehr schwacher Andeutung derLängsfurche, welche Graven- horst für diese Gattung in Anspruch nimmt. Die Thoraxseiten 6 sind im Allgemeinen grob lederartig gerunzelt, die des Hals- kragens etwas glätter und glänzender. Der Hinterleib ist lang gestielt, erreicht ganz allmälig im Hinterrande des dritten Gliedes seine grösste Breite und ver- engt sich dann wieder schnell, ist aber nirgends comprimirt. Der Stiel ist linienförmig, auf seiner Oberfläche an der Wurzel platt gedrückt, nach der Spitze hin allmälig gewölbt, gleich hinter seiner Mitte treten die Luftlöcher in Form zarter Knötchen hervor. Der gänze Stiel ist polirt und bildet ein reichliches Drilttheil der ganzen Hinterleibslänge. Das zweite, nächst längste Glied, ist aschenförmig, doch anfangs von der Dicke des Stiels wird es in sanfter Bogenbegrenzung allmälig breiter. In dem vorliegenden Exemplare ist es fast unter einen rechten Winkel gegen den Stiel geneigt, weshalb auch das Längen- mass des ganzen Thieres kein genaue Angabe ermitteln lässt. Das dritte Glied ist fast quadratisch, jedoch nach vorn allmälig verschmälert. Die Oberfläche des deprimirten Hinterleibes ist vom zweiten Gliede an matt und sehr fein nadelrissig. Bohrer aus einer Bauchspalte kommend, schwach nach oben gebogen fast so lang wie der Körper. Die Hinterbeine sind sehr lang und kräftig, die Flügel dunkel bronzeglänzend, an einigen Oneradern punktförmig glas- hell, die vordern haben eine fünfeckige (beinahe langrecht- eckige) Spiegelzelle, in dem Hinterflügel ist die hintere Quer- ader über der Mitte gebrochen. Das ganze Thier ist schwarz, an Kopf und Halskragen in Roth ziehend, ein breiter Ring an den Hinterschienen und ihren Tarsen gelb, ein kurzer Sattel im letzten Drittel der Fühler weiss. Körperl. 25 mill. (der Stiel reichlich 6), Bohrerscheide ausserdem 11 mill. Flügelspannung 43 mill. M. weicht nur in der Forın des Hinterleibes und wenig in der Färbung vom eben ausführlich beschriebenen W. ab, wes- halb wir uns auf diese Unterschiede allein beschränken können. Das zweite’Hinterleibssegment ist fast so schlank wie der Stiel und verdickt.sich nur wenig nach hinten, das dritte, vierte und fünfte nehmen allmälig nach hinten an Umfang zu, sind aber stark camprimirt, von da nehmen die Glieder in Umfang und Länge bedeutend ab, so. dass eine stumpfe Spitze entsteht und der ganze Hinterleib dem unserer gemeinen Sandwespe 7 (Ammophila) ähnlich ist, wenn wir uns den geschwollenen Endtheil etwas kürzer und stark comprimirt denken. Was die Färbung anlangt, so ist das Gesicht gelbweiss, die Fühler bei dem eingeschickten Stück kaum merklich, bei einem andern unsres Museums deutlicher weiss geringelt, auch hat dieses Stück die Vorderschienen weissgelb, während das eingeschickte M. nur die Vordertarsen schmutzig gelb hat, wie das andere Exemplar. Länge 18 mill. davon kommen 10, 5 auf den Hinterleib. Fassen wir das Gesagte unter einem Namen in eine Diagnose zusammen, so würden wir bekommen: | 2. Atractodes Gueinziim.f. Niger, parum nitidus, capite prothoraceque rufescentibus tibiis tarsisque posticis Jlavo-antennis albo-annulatis, alis puniceo-aeneis, maris Faeie pedibusque anticis plus minusve albidis. Herr Gueinzius berichtet über das W. dieser Schlupfwespe, dass es stets jene und andere Erdnester aufsuche, und, so un- glaublich es auch sei, mit seinem Bohrer senkrecht aufsetzend, den Körper in eine stossende oder pumpende Bewegung bringe und nicht eher ruhe, bis jener, so sehr er sich hin und her biegen möchte, zuletzt doch einen Eingang findet. Das Thier hält zeitweilig an mit Stossen, wendet sich bald nach dieser, bald nach jener Seite im Kreise, bis der elastische Bohrer aus einer Pore in die andere sich schmiegend, durch die Erdrinde hindurch bis zum Zelleninnern vorgedrungen ist, dabei fühlt es sofort die Beschaffenheit im Innern. Herr G. beobachtete, dass es seinen Bohrer schnell wieder hervorzog, als es in einen leeren, noch ungeschlossenen Kegel gerathen war, während es in einem mit Raupen gefüllten Raume länger verweilt, um seine Eier abzusetzen. Ob nur ein oder mehre Thiere aus einer Zelle erzogen worden sind, ist‘ nicht näher angegeben, ich vermuthe, dass‘ einige, jedoch nicht viele mög- lich sind. 3. Megachile combusta Sm. m. f. Diese grosse (23 mill.) mit Einschluss der Flügel schwarze, schwarzbehaarte, vom zweiten Hinterleibsgliede ab braunrothe und braunroth be- haarte Biene gehört bekanntlich den Bauchsammlern an. Da Smith nur das W. erwähnt, so sei in Bezug auf das der Hauptsache nach gleichgefärbte, etwas schlankere und wenig kleinere M. bemerkt, dass seine schwarzen Flügel etwas durch- 8 - sichtiger, das Gesicht gelblichweiss zottenhaarig sind und die schmutzigrothen Vordertarsen im Grundgliede sich etwa zur Fläche eines Viertelkreises erweitern ; die dichten Wimperborsten an der Aussenkante dieser Füsse sind gleichfalls gelblichweiss. An jeder Vorderhüfte steht geradeaus nach vorn ein kräftiger, zapfenförmiger, langer Zahn, am letzten Hinterleibssegmente 4 spitze Zähne, zwei längere an der Spitze, einen fast quadra- tischen Ausschnitt zwischen sich bildend, je ein kurzer breiterer an der Wurzel. An einem Baume seines Daches bemerkte Herr G. etwa 15 Fuss über der Erde ein senkrecht herabhängendes Nest der Synagris calida, welches in den runden Fluglöchern die Kenn- zeichen seines Verlassenseins trug. Da inspicirte eines Ta- ges während des Sommers (1870), durch das oberhalb offene Dach einfliegend, eine Biene dieses Nest und ergrifi Besitz davon, indem sie die Oeffnungen reinigte, von Neuem aus- klebte und zuletzt wieder verschloss. Die Höhe des Nestes verhinderte nähere Beobachtungen, welche nur darin hätten bestehen können, dass die Biene Blumenstaub und Honig für je ein in jede Zelle zu legendes Ei eintrug; dies sei beiläu- fig vom Ref. bemerkt. — Nachdem alle Oeffnungen geschlos- sen, wird weiter berichtet, fing sie von oben herab an, den ganzen Bau mit einer dünnen Lage von Baumharz zu über- ziehen, welches sie in gelben, halbdurchsichtigen, dem An- schein nach halbweichen Klümpchen herbeitrug. Ueber das Harz wird keine weitere Auskunft ertheilt, sondern nur die Vermuthung ausgesprochen, dass es der Milchsaft der Ahus longifolia gewesen sein könne, welcher zu einem ähnlichen aromatischen Harze erhärlet und möglichenfalls durch das Ein- schneiden der Biene in die junge Rinde zum Ausflusse ge- bracht worden war. Nur so viel steht fest, dass der Harz- überzug langsam vorschritt, wochenlang klebrig blieb und zu- nächst so dünn war, dass die ursprüngliche Farbe des Nestes nicht durch ihn verändert wurde. Ein paar Wochen lang hatte sich die Biene nicht mehr sehen lassen, bis sie plötzlich bei Wiederholung der letzten Arbeit, in ganz gleicher Weise von oben nach unten fortschrei- tend, beobachtet wurde. Jetzt bekam das Nest ein viel dunk- leres, glänzenderes Aussehen, Obgleich man nach Vollendung 9 des zweiten Ueberzuges hätte meinen sollen, nun sei Alles in Ordnung, so erschien doch an schönen Tagen ab und zu die Biene bis in den Spätherbst (Ende Mai) mit ihren Harzklümp- chen, um hier oder da noch einige Verbesserungen anzubrin- gen, namentlich und zuletzt am untern Ende des Nestes die zwischen ihm und dem Holze befindlichen Fugen zu verkle- ben. Die vereinzelten Thätigkeiten in der letzten Zeit mach- ten auf den Beobachter den Eindruck, als ob das Thier nur zu seinem Vergnügen arbeite. Im Februar 1871 brachen die jungen Bienen aus dem Neste hervor, bis Mitte derselben die W. bis zum Ende die M.; so berichtet Herr G. und es scheint das auch richtig, be- merken muss ich aber, dass er auf den Zetteln, welche die Nadeln trugen, beide Geschlechter mit einander verwechselt hat und hiernach das vorn breitfüssige N. für das W. hält. — Das mir vorliegende Nest hat ganz die Gestalt des oben be- schriebenen, aber ausser der narbigen Oberfläche den Harz- überzug, für dessen langandauernde Klebrigkeit der Umstand spricht, dass nicht nur einige Mottchenleichen daran kleben, sondern auch die Kothklümpchen der dasselbe zuletzt bewoh- nenden Bienenlarven seine Oberfläche wesentlich rauh machen. Dieselben mögen beimAusschlüpfen der Bienen durch die Pup- penhülsen oder bei der Aufbewahrung des eingesammelten Nestes herausgefallen sein. Die Schlupflöcher sind natürlich bei dem Umfange der Biene etwas grösser, als die für die Nachkommen der ursprünglichen Erbauerin. Von einer Aus- fütterung der Zellen mit Blätterstückchen keine Spur, Bekannt- lich bauen unsere heimischen Arten ihre Zellen in der Erde oder in faulen Baumstämmen aus bestimmt zugeschnittenen Blattstückchen, weshalb man der Gattung den Namen „Blatt- schneider“ beigelegt hat. Uebrigens steift sich unsere Megachile nicht auf die Ne- ster der $ynagris; denn Herr G. hat beobachtet, dass sie auch kleinere, aus Erde gebaute Zellen, welche an geschützten Stellen, wie Zimmern, unter Dächern etc. aufgehängt waren, zu ihren Zwecken benutzt, dieselben aber nicht mit Harz über- zieht, vielleicht wie er meint, weil die sie bildenden Erd- wände hinlänglich dicht waren, um den Bohrer eines parasi- tischen Insekts nicht hindurchzulassen; denn er scheint den — 10 Harzüberzug als Schutzmittel hiergegen anzusehen, vielleicht auch, fügt Ref. hinzu, weil hier der Schutz gegen die ungün- stigen Witterungsverhältnisse nicht nöthig war. Ferner baut sie in Erdwände, wo sie eine kleine Oeffnung findet, diese zu ihren Zwecken erweitert und mit demselben Material, wel- ches sie vorher mit ihrem Speichel aufgeweicht hat, ver- schliesst, hier aber auch den Harzüberzug weglässt. Einst fand Herr G. ein dem beschriebenen ähnliches Nest, das jedoch flacher, mehr kuchenförmig an der Unterseite eines Baumastes auf einem Waldplatze angeheftet war. Es zeigte eine gleichförmige Oberfläche und keine Spuren von früheren, später wieder zugeklebten Löchern und führte somit zu der Ansicht, dass es wohl von der Biene selbst erbaut sein müsse, was zu den Ausnahmefällen gehören möge. Nachdem das zuerst erwähnte Nest bereits mit Harz über- zogen war, fand sich eine Schwebfliege (Bombylius), de- ren Thorax gelbbraun, deren Hinterleib mit einer weissen Querbinde versehen war, auf dem Neste ein, hielt sich aber nicht lange auf, wahscheinlich des Harzes wegen. Nun ergeht sich der Beobachter in wunderlichen Vermuthungen, wie eine solche Fliege wohl ihr Kuckuksei in ein derartiges Nest bringen könne. So viel uns bekannt, ist es hier wie bei den Gold- wespen: das Ei wird in einem günstigen Augenblicke in die noch ungeschlossene Zelle gelegt. 4. Megachile arundinacea m. f. Nigra, thorace nigro-pilosa, capite antice et infra pectoreque cano-villo- sis, abdomine densius tarsisque obscurius fulvo-pilosis; alis Juscescentibus. Long. 12 mill. W. ziemlich abgerieben, daher die greise Behaarung am fast nackten Gesicht, an der Kehle und Brust nur angedeutet. Das Gesicht schwach gewölbt, grob runzelig punktirt mit schwa- chen Leistenandeutungen, welche sich mitten auf der Fläche rechtwinkelig kreuzen. Oberlippe länger als breit, vorn sehr stumpfeckig vorgezogen an den Seiten Seicht bogig ausge- schnitten. Kinnbacken im ganzen Verlaufe gleich breit, längs- riefig, in 2 fast gleiche Zähne auslaufend, welche durch eine tiefe Furche getrennt sind und deren äusserster auf der gan- zen Rückenlänge gleichfalls gefurcht ist. Hinter den Zähnen verläuft der Vorderr and gezähnelt nach innen. Der runzelig 11 punktirte Thorax ist auf dem Rücken und an den Seiten kurz nicht eben dicht schwarzhaarig, der Hinterleib dagegen mit Ausnahme seiner vordern Grube mit dicht anliegenden gelb- rothen Haaren dicht besetzt, welche an den Hinterrändern der Rückenschilder bindenartig dichter stehen und darum etwas lichter erscheinen, weil die Grundfarbe nicht durchschimmert. Die mehr rothbraune Behaarung an den Tarsen und wohl auch an der Innenseite der Schienen sparsamer. Es kommt diese Färbung bei vielen Arten vor. M. Im Gesicht dichter und zottiger, an der Unterseite des Körpers entschiedener greishaarig als das W., seine Vordertar- sen nicht verbreitert, die Hinterleibsspitze ganzrandig, aber vor dem Rande des letzten Gliedes mit querer, fast dreiecki- ger und warzenähnlicher Erhebung. Ueber die Lebensweise dieser Biene berichtet Herr G. Folgendes: Sielegtihre Zellen in den Rohrstengeln (Phragmites) an, welche man in jenen Gegenden als Unterlage für Strohdächer benutzt. In die dicken Enden dieser Stengel trägt sie Erd- klümpchen um dieselben damit auszukleiden, sodann Honig- teig als Nahrung für die Larve und verschliesst die Zelle zuletzt mit Erde. Nach der Länge des Rohrabschnitts bis zum nächsten Knoten baut sie ein bis drei Zellen in der Längs- richtung des Rohres an einander, überzieht aber den Erdver- schluss der äussersten Zelle mit einer ähnlichen Harzschicht, wie die vorige Art, dabei sehr genau der mehr weniger schrägen Schnittfläche des Rohrrandes folgend. 5. Pelopoeus chalybeus Sm. — Zu dieser Sphegide, welche noch einige sehr nahe stehende Arten aufzuweisen hat, passt am besten die allerdings kurze Beschreibung Smith’s (im Cataloge des britischen Museums), der ich noch folgende Einzelnheiten hinzufüge: die tief blaue Grundfarbe ist nur an den vier ersten Fühlergliedern und an den Hintertarsen durch ein mehr oder weniger dunkles Braunroth ersetzt, die übrigen Füh- lerglieder und die andern Tarsen sind schwarz, die Kinnbacken schwarzbraun, die Behaarung an Kopf und Thorax eine zot- tige, weisse. Silbertoment am Kopfe wie er bei den beiden nächst verwandten Arten (P. violaceus und eyaneus) vorkommt, kann ich hier nicht entdecken. Was mich über die Iden- 12 tität dieser mit der Smith’schen Art etwas irre macht, ist die Angabe über die Skulptur des Hinterrückens, welche ich ent- schieden fein und querrunzelig nennen muss. Diese Art baut ebenfalls wie die vorige, trägt aber, wie erwürtet werden musste, Keinen Honigbrei, sondern kleine Spinnen für die Brut ein und verkittet die Decke der äussern Zelle sehr zierlich mit einem weissen Cäment, dem bisweilen schwarze Körnchen beigemischt sind. Die Natur dieses Kittes blieb dem Beobachter lange Zeit räthselhaft, da Thon oder Kalk im Walde nicht vorhanden war und diese Materialien von den Hauswänden hätten genommen werden müssen; bis er einst eine solche Wespe den trocknen Vogelkoth von einem Blatte abschaben, mit ihrem Speichel bearbeiten und mit einem Klümpchen davon wegfliegen sah. 6. Pelopoeus spirifex F. — Diese schwarze am langen Stiele in dessen ganzer Ausdehnung und an den Beinen reich- lich schwefelgelb gefärbte Wespe scheint sehr verbreitet zu sein; denn sie kommt auch im südlichen Europa und im nörd- lichen Afrika vor. Diese Art, von welcher mehre Nester vorliegen, baut aus Erde einzelne oder mehre zusammenhängende Zellen, oder be- nutzt auch Maueröffnungen, welche sie mit Erde verklebt, so- bald die kleinen Spinnen als Larvenfutter eingetragen worden sind. Bei der Arbeit lässt sie fortwährend einen schwirren- den Ton vernehmen, gerade so wie wir ihn bei unseren Sand- wespen auch hören können. Angeblich überzieht sie die Zel- len mit einer Lage von Mörtel, da wo sie der Witterung mehr ausgesetzt sind, während sie an geschützten Stellen, wie in Zimmern, jenen Ueberzug weglässt. Das vorliegende über- zogene Nest ist später von Megachile bewohnt worden und erinnert in Form und Schwere genau an die Synagris-Nester, ist aber weniger narbig auf der Oberfläche und nicht mit Harz überzogen. Möglich, dass hier ein Irrthum vorliegt; denn die andern Nester sind merklich mehr erdiger Natur und entschie- den specifisch viel leichter. Eine sehr ähnliche andere Art baut ihre Zellen aus fri- schem Kuhdünger und befestigt sie einzeln oder zu zweien an Juncus-Halme auf den Viehweiden in der Nähe der Natal- Bay. 13 7. Pompilus natalensis m, f. Niger, thorace holo- sericeo nigropiloso, abdomine coerulescente, antennis fulvis, ore saturate, femorum apiee, tibüs, tarsis anoque dilute Ferrugineis, alis aurantiacis basi apiceque fuscis; ungui- culis basi unidentatis, tarsis anticis Q longe-pectinatis. Long. 25, exp. alar. 46 mill. 9; long. A 15,5 mill. Obgleich Smith (Catalogue of Hymenopterous insects of the Britisch Museum III, London 1855) 11 Pompilus-Arten von Port natal beschreibt, so befindet sich doch die vorliegende nicht darunter. In den Farben und deren Vertheilung steht sie am nächsten seinem P. decipiens.. Abgesehen davon aber, dass dieser sich durch bedeutendere Grösse auszeichnet, ist er auch ein Priocnemis. Smith hat bekanntlich diese Gattung nicht von Pompilus geschieden, wie es meinerseits auf Grund der gesägten (Priocn.) und nicht gesägten (Pomp.), Hinter- schienen beim W.,derlängern (Procn.) und gleichlangen (Pomp.) Submedialzelle im Vergleich zur Medialzelle geschehen ist (s. diese Zeitschr. XXXIV, p. 31,48). Abgesehen von diesen bei- den generischen Unterschieden und der bedeutenderen Grösse hat decipiens dunklere Fühler und prachtvollen Metallglanz an der breiteren dunklen Flügelwurzel, dagegen eine nur sehr wenig getrübte Spitze an denselben. Viel näher steht die Art der von mir als P. bicolor beschriebenen (XXXIV. p. 56): was Grösse, nachher näher zu beschreibende Bildung des Rückens und Färbung anlangt, und doch kann ich beide nicht für iden- tisch erklären, weil bei P. bicolor a. die Flügel fast ganz gelb gefärbt sind, b. die Submedialzelle durch eine viel schrä- gere Querader geschlossen wird, c. die Färbung der Beine ent- schieden gelb ist und nicht ausgebleicht sein kann, aus der gelbbraunen Farbe, welche P. natalensis an denselben Thei- len trägt, d. das Gesicht sowie die Hinterleibsspitze viel lich- ter roth sind. Pompilus natalensis nun ist durch folgende Merkmale charakterisirt: das braunschimmernde Kopfschild ist stark ge- wölbt und vorn sehr flachbogig ausgeschnitten, darunter sieht die lichtere (gelbbraune) Oberlippe polsterartig hervor und ist vorn mit starken gelben Borsten besetzt. Die schwarzbraunen Kinnbacken laufen in einen spitzen Zahn aus, der nach innen durch Längsfurchen noch 2 kurze Ansätze zu haben scheint. 14 Die Taster”sind gelbraun. Die fein lederartig gerunzelte Stirn hat einen Längseindruck. Thorax, Hüften (und Wurzel der Schenkel) tragen einen sammetarligen Ueberzug seitwärts und unten mässige schwarze Behaarung. Der Hinterrand des Vor- derrückens ist tiefbogig ausgeschnitten, der Mittelrücken hinter den schwarzen Flügelschuppen bis zum Schildchen scharfkan- tig, daneben jederseits nach innen schwach längsfurchig. Das Schildchen ist lang und schmal, fast viereckig auf seiner Ober- fläche, fällt nach den Seiten ziemlich steil ab, kaum aber nach dem Hinterschildchen, von welchem es durch eine tiefe Querfurche getrennt ist. Dieses fällt nach hinten senkrecht ab, und so entsteht zwischen ihm und dem sich wieder stark erhebenden Hinterrücken ein ziemlich tiefer (von der Seite ge- sehen) viereckiger Einschnitt. Der Hinterrücken hat einen kurzen, stark gewölbten vordern und einen längern, ziemlich steil abfallenden abschüssigen Theil, erweitert sich hier seit- lich etwas stumpfwinkelig und an dem Luftloche ohrartig (2) eine mittle Längsfurche ist deutlich. Der Hinterleib ist mit blauschimmerndem Dufte überzogen. Die Vordertarsen des W, sind am Aussenrande stark gekämmt, die Fühler des M. kurz und dick, ihre Glieder schwer zu unterscheiden ; bei ihm ist die untere Afterklappe stumpf kielförmig, der Hinterrand des vorhergehenden Gliedes tief viereckig ausgeschnitten, der der beiden zunächst vorhergehenden bogig ausgeschnitten und alle diese Glieder rostbraun. Die Fühler sind schmutzig gelb, an der Wurzel etwas dunkler, die Schenkel und Schienen noch einen Schein dunk- ler und die Schenkelspitzen abermals dunkler, rostbraun, eben- so die Afterspitze. Die Flügel sind lebhaft orangegelb (etwas bleicher beim M.) an der Wurzel braun mit bläulichem Schil- ler, diese Färbung erreicht das Ende der Medial- und Subme- dialzelle nicht vollständig, die Spitze ist gleichfalls braun und zieht sich die Trübung mehr oder weniger am Hinterrande lang. Die dritte Unterrandzelle ist an der Randzelle etwa nur halb so breit wie an der gegenüberliegenden Seite. Im Hinterflü- gel entspringt die Cubitalader am Ende der Analzelle. Ueber das Weibchen der eben beschriebenen Grabwespe — das M. war ihm nur in einem Exemplare durch die Zucht bekannt geworden — berichtet Herr G. etwa Folgendes: 15 Es fliegt zutraulich und unschuldig in alten Häusern aus und ein, kriecht gern an den Fensterscheiben auf und ab, seine Hauptbeschäftigung besteht aber darin, zwischen dem Balkenwerk und in den mit Spinnenweben überzogenen Win- keln nach Beute umherzusuchen, wobei es immer wieder ge- nöthigt wird, die beschmutzten Fühler vom Staube etc. mit den Vorderbeinen zu reinigen. . An sandigen oder staubigen trocknen Stellen im Hause oder vor der Thür unter der Ve- randa vergräbt die sorgsame Mutter die gefangenen Spinnen und legt ein Ei an dieselben; auch ein mit Sägespänen gefüll- ter Kasten ist ihr zu demselben Zwecke willkommen. Unter allen Spinnen stellt sie mit Vorliebe einer grossen, gelbbrau- nen Art mit dunkel gebänderten Beinen nach, welche in alten Strohdächern lebt und bei Witterungsveränderung zuweilen des Abends langsaın an der Wand herabsteigt. Einst beobach- tete der Berichterstatter, wie ein sehr grosses weibliches Exem- plar dieser Spinne eiligen Laufes durch die offene Thür in seine Wohnung eindrang und sich hinter einem auf dem Haus- flur stehenden Kistehen versteckte. Aus der Eile des sonst so la:'gsamen Thieres schloss er, dass es wohl auf dem Dache verfoigt worden sein müsse, sich von demselben herabgestürzt haben und hier nun Schutz suchen möchte, und — er hatte sich nicht getäuscht. Denn bald darauf erschien der Pompi- Zus in der Thür, wendete sich bald rechts bald links, berührte suchend mit den Tastern den Boden, ganz in der Weise eines Spürhundes, welcher die Fährte des Wildes sucht. Als er an jener Kastenecke angelangt war, hinter welcher sich die Spinne ver- steckt hatte, fühlte diese die nahe Gefahr nnd stürzte von der andern Seite unter demselben hervor und steuerte nach der Thür zurück. Im Augenblicke aber war sie eingeholt und es entspann sich ein Kampf auf Leben und Tod. Es war ein „Frösteln erregender“ Anblick, wie die Spinne sich auf den Rücken warf und in verzweifeller Anstrengung mit ihren lan- gen Beinen den Feind von sich abzuwehren suchte, wohl wis- send, dass ein Stich von ihm tödtlich für sie sein würde. Plötzlich sprang sie wieder auf, suchte vorwärts zu kommen, sah sich aber sofort wieder genöthigt, die vorige Stellung aber- mals einzunehmen. Ihre Anstrengungen waren zu erschöpfend, um den furchtlosen und unablässigen Angriffen der Wespe auf 16 die Länge der Zeit widerstehen zu können. Plötzlich blieb sie mit angezogenen Beinen wie todt sitzen, in demselben Augenblick warf sich auch die Siegerin auf sie, fasste sie mit ihren Kinnbacken am Kopfbruststücke und versetzte ihr von unten her wiederholte Stiche in den Hinterleib; dabei zitterte der eine Taster der Spinne ein wenig, im Uebrigen war keine Spur von Bewegung an ihr zu bemerken. Die Auf- regung der Siegerin war nun ausserordentlich gross: mit lau- tem Gesumme die Leiche umkreisend, hielt sie ihren Sieges- tanz, betastete sie bald hier, bald dort, zerrte sie an den Füs- sen oder an den Tastern, um sich vom Tode derselben zu überzeugen. Als sie endlich ruhiger geworden war und eine vollständige Reinigung ihres Körpers nach jenem grossen Kampfe unternommen hatte, schickte sie sich an, ihre Beute in Sicherheit zu bringen. Die Spinne vorn fassend und rück- wärts gehend, schleppte sie dieselbe zur Thür hinaus, um sie zu vergraben. 8. Agenia domestica f. Nigra, nigro-pilosa; an- tennis dilute, earum basi, ore pedibusque anticis saturate Fulvis; alis coerulescentibus; unguiculis medio unidentatis. Long. 19, exp. alar. 32,5 mill. Ich stelle diese Art zu Agenia, da die Bildung des Kopf- schildes, der Verlauf des Flügelgeäders im Vorderflügel — im Hinterflügel beginnt die Cubitalader unmittelbar im Ende der Analzelle — genau dieselben sind, wie bei unserer 4. punc- tum; der Hinterleibsstiel ist sehr kurz. Die schwarze Behaarung an Kopf, Thorax und Hinterleibs- spitze ist sehr mässig, auffallend kahl sind dagegen die Beine, indem man an Schienen und Tarsen nur sehr kurze, anliegende Dörnchen bei günstiger Beleuchtung entdeckt. Die Stirn tritt unmittelbar über den Fühlern lamellenartig etwas heraus und hat einen linienförmigen Längseindruck, desgleichen der hinten winkelig ausgeschnittene Halskragen. Der Mittelrücken ist ge- körnelt, neben den Flügelschüppchen scharf gerandet, vor dem Schildchen tief querlinig eingeschnitten, wie vor dem Hinter- schildchen, mit welchem gemeinschaftlich das Schildeheu nach hinten allmälig abfällt. Hinterrücken fein querrunzelig mit Längsfurche, ohne wagrechten vordern Theil, so dass der ganze Rücken von seiner höchsten Stelle etwas vor den Flü- de gelwurzeln gleichmässig bis zum Hinterleibe abfällt. Obere Afterklappe an der Wurzel mit verwischter Andeutung eines Längskieles, grob punktirt, an der Spitze gerundet. Mund, Ge- sicht, Fühlerschaft und äusserste Wurzel der Geissel, so wie die Vorderbeine sind dunkel gelbbraun, an letzteren die Schie- nen am lichtesten noch heller der übrige Theil der Fühler. Die Mittelbeine haben einen bräunlichen Schimmer, wenig- stens unterwärts, ebenso der Halskragen. Die nussbraunen Flügel haben einen lebhaft blauen Glanz. Im Gegensatze zu der Mordlust und Wildheit der vorigen Art, welche bei dieser dieselbe sein wird, wenn sie sich in gleicher Lage befindet, entwirft uns Herr Gueinzius ein Bild des Friedens, indem er schreibt: Von allen mir bekannten ist dieses Hymenopteron das zutraulichste und eine gewisse An- hänglichkeit an den Menschen bethätigende. An verschiede- denen” Orten, wo ich Jahre lang in der Nähe von Waldungen wohnte, hatte ich jeden Sommer immer einige Exemplare in meinem Zimmer. Stand ich in der Thür, und die Sonne fiel auf meine Beinkleider, so erschien die Wespe, um sich da- selbst mit gespreizten Beinen zu sonnen, spazierte gemächlich an den Fensterscheiben auf und nieder oder schnurrte neben mir so lange an den Fenstern herum, bis ich sie hinausliess. Hatte ich ein Buch in der Hand und die Sonne fiel darauf, so setzte sich gleich eine Wespe breitbeinig darauf. Anhauchen schien ihr nur zu gefallen und wegblasen liess sie sich auch nicht, kam wenigstens sogleich wieder und kletterte am Arme empor, setzte sich in den Bart, auf den Mund; Blasen mit demselben erschreckte sie nicht, und an Stechen dachte sie nie. So wurde mir diese Wespe durch ihre allzugrosse Zu- dringlichkeit öfter lästig. Hatten die Thiere draussen im Freien sich des letzten Sonnenstrahls erfreut, so krochen sie durch ein verstecktes Loch im Fensterrahmen in das Zimmer und suchten hier ihre Verstecke auf. Diese Art baut Zellen von Erde unter Kisten oder in Kasten, auch in beutelförmige Vo- gelnester; die Zellen sind weniger nett und regelmässig, auch nicht überkleidet. Als Nahrung für die Brut werden nur graue Wolfsspinnen eingetragen. Es liegt ein Nest vor, welches in einem Erdklumpen einige Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. AXXIX, 1872. p2 Ä 18 Zellen unregelmässig erscheinen lässt, in der Weise, wie bei uns Erdbienen (Colletes hirta u. a) bauen. 9. Belonogaster sp. ? Ich unterlasse es, diese schlanke Faltenwespe weiter zu benennen, weil schon viele Arten dieser Gattung beschrieben sind, mir aber weder die Beschreibungen noch die Thiere selbst ausser einem nicht sicher bestimmten Exemplare (.B. Ma- decassus Sm. Saus) zu Gebote stehen. Kopf, Mittelleib und Segm. 3 und A des Hinterleibes sind schwarz, Gesicht, Mund, Fühler, Beine, die Flügelschüppchen ringsum, die Flügeladern theilweise und der übrige Hinter- leib roth, der ganze Körper mit kurzen anliegenden Härchen von lichter Farbe besetzt. Die Flügel sind gelb, ihre Spitze und der Hinterrand schmal stark getrübt. Die zweite Unter- randzelle an der Randzelle sehr verengt, beide rücklaufende Adern aufnehmend. Die Fühler sind gegen den Schaft nicht knieförmig ge- bogen, dieser etwas keulenförmig die 10gliedrige Geisel ge- gen die Spitze hin verdickt, dann aber wieder dünner und stumpf endend, das erste Glied knopfförmig, das zweite etwa so lang wie der Schaft, die folgenden nicht länger als breit. Das Kopfschild ist in einen spitzen schwarzen Zahn vorgezo- gen, die Kinnbacken an der breiten Spitze vierzähnig. Der Hinterleibsstiel ist linienförmig, etwa so lang, wie die übri- gen Hinterleibsglieder zusammengenommen, das zweite becher- förmig. Körperlänge 25, Flügelspannung 45 mill. Diese Art ist sehr gemein und sehr gefürchtet wegen ihres äusserst schmerzhaften Stiches, welchen sie meist der aller- dings empfindlichen Stelle in der Augennähe beibringen soll. Auch sie zeigt besondere Vorliebe für menschliche Wohnun- gen, wo sie in den Fenstern, unter Abdächern derselben, in Schuppen oder unbewohnten Zimmern ihr Nest aufhängt. Des- halb erscheint sie im Spätherbste (Mai), wenn es trocken und kühl wird, einzeln in den Wohnungen, um hier zu überwin- tern. Nachdem sie sich ein Plätzchen ausersehen hat, fertigt sie einen hornigen Stiel, welcher von seiner Anheftungsstelle, beispielsweise der Wand absteht und sich etwas nach unten neigt. Dieser Stiel wird am Ende mit einer kleinen Rosette von Zellen versehen, weiss, papierartig und zerhrechlich von 19 Natur. Auf diesem Nestchen bringt sie den Winter zu, sucht aber zeitweilig an schönen Tagen das Freie auf. Im Frühjahr wird diese kleine Zellenscheibe allmälig vergrössert und zu- weilen auf der einen Seite breit bandartig verlängert, von aussen convex, von innen concav, erst abwärts gebogen, dann umgeschlagen, und eine Schleife bildend, zu ihrem Ursprunge zurückgeführt, um daselbst durch einen zweiten Stiel mit dem ersten verbunden zu werden. Es liegen mir 3 Nester einfacheren Baues vor, das eine von einem gegabelten Stiele getragen, von einem zweiten ist derselbe an einen federkielstarken Grashalm befestigt, am drit- ten und grössten ist er nur in seinem letzten Endchen noch vorhanden. Alle drei Nester stimmen darin überein, dass ihre schräg nach oben gerichtete Basis ausgehöhlt, ja zum Theil tief. napfartig erscheint, und dass die äussersten Zellen, na- mentlich die am höchsten steigenden ungemein klein und kurz, eben nur die zierliche Grundlage, gewissermassen Umrandung der vollkommenen, zur Brutaufnahme bestimmten Zellen sind. Eine einzelne dieser Zellen ähnelt einer langgestreckten, un- ten etwas stumpfen Papiertüte und der Deckel der geschlos- senen bildet eine fast die Halbkugel erreichende Kugelhaube. Diese Zeilen stehen in nicht ganz regelmässigen Reihen ne- ben einander und nehmen bei ihrer Gestalt am oberen Ende natürlich einen grösseren Raum ein, als am unteren Ende, welches, wie bereits erwähnt, höher als dieses steht, indem sie nahezu eine wagerechte, sanft nach unten gerichtete Lage einnehmen. Das Nest wird von dem Thiere sorgfältig bewacht, bei Annäherung eines fremden Gegenstandes richten sich alle Wes- pen auf, mit dem Kopfe nach jener Seite hin und summen unter starker Flügelbewegung. Dann ist aber auch der Augen- blick gekommen, sich zu entfernen, Anfassen des Nestes würde für die Wespen ein Zeichen zum Angriff auf den Verwegenen sein. Herr G. wurde nur einmal von einer jungen Wespe zwischen beide Augen gestochen, der Schmerz beraubte ihn aber für diesen Augenblick fast der Sinne. » Einst erlaubte er einer dieser Wespen ihr Nest innerhalb der Thürpfoste seiner Wohnung aufzuhängen, so dass dasselbe beim Durchgehen nur einige Zoll von seinem Scheitel entfernt war 2 * 20 Trotz des öfteren Zuschlagens der Thür und der dadurch er- folgenden Erschütterung des Nestes wurde er während mehrer Monate nur das eine bereits erwähnte Mal gestochen; kein Kaffer wollte sich der Thür auch nur nähern, geschweige denn durch dieselbe gehen. Als die Stammmutter bereits mehrere Zellen geschlossen hatte, von denen jedoch noch keine ausgeschlüpft war, brachte Herr G. eine junge Wespe derselben Art herbei, welche von einem eingetragenen Nesie stammte, um zu sehen, wie jene sich wohl verhalten würde. Der Anblick war für ihn ein wahrhaft ergreifender. Kaum hatte die bis jetzt kinderlose Mutter den jungen Ankömmling bemerkt, als sie die grösste Freude an den Tag legte. Wie umarınend nahm sie ihn zwischen ihre Vorderbeine und beleckte ihn von allen Seiten mit dem gröss- ten Eifer, wie eine Ziege ihr Lamm, um ihn von dem über- all anhaftenden krümeligen Staube zu reinigen. Wieder und wieder wurde ihr ein Stiefkind auf einer Feder herbeigebracht, aber alle wurden von ihr mit gleicher Freude und Liebe an- genommen, alle in der eben bezeichneten Weise gereinigt. Obgleich noch sehr schwach und unsicher in ihren Bewegun- gen, so übernahmen jene jungen Wespen sogleich Dienste und suchten durch Einbeissen und Schütteln der von Larven be- wohnten Zellen, jene zum Hervorkommen einzuladen, um ihnen einen Tropfen heller Flüssigkeit, der aus ihrem Munde kam, von ihnen also mit auf die Welt gebracht worden war, als Futter anzubieten; Konnten sie keine Larve finden, so stri- chen sie mit einem Vorderfusse den Tropfen ab und warfen ihn über den Rand des Nestes. Dieser Tropfen erschien stets bei allen jungen Wespen bald nach ihrem Ausschlüpfen. Es wird mit einigen Worten noch einer andern, sehr ähn- lichen Art gedacht, die sich aber an jeder Seite des Hinter- leibes durch einen gelben Fleck auszeichnet. Sie baut ähn- liche Nester, jedoch von gelblicher oder bräunlicher Farbe, kommt niemals in die Häuser und ist überdies seltener. 21 Ueber Einwirkung, von füssigem Phosgen auf einige Amide Ernst Schmidt. — Die Lücke, welche lange Zeit zwischen der Cyansäure und der Cyanursäure bestanden hat, suchte Poensgen) durch das Auffinden einer zweibasischen Cyansäure, Dieyansäure, wie er sie bezeichnete, oder Cyanamidkohlensäure, mit wel- cher sie Kolbe?) identificirt, je nach der einen oder andern Auffassungsweise von der Formel a 02 oder a auszufüllen. In neuester Zeit sind jedoch von Hallwachs3) ge- rechte Zweifel gehegt worden, sowohl an der Existenz der Poensgen’schen Dieyansäure, als auch an der des Körpers, wor- aus sie von Poensgen dargestellt wurde, nämlich des Cyan- harnstoffs. a Ich habe versucht die Dicyansäure auf eine andere Weise darzustellen, ohne dass es mir jedoch gelungen ist, diesen Körper vollständig zu isoliren. — Ich bediente mich zu die- sem Zwecke des flüssigen Phosgens, indem ich dasselbe auf Harnstoff in zugeschmolzenen Röhren einwirken liess, in der Meinung, dass die Einwirkung in der Weise stattfinden würde, dass je ein Atom Wasserstoff des an Carbonyl gelagerien NH? austreten und sie durch Carbonyl würden ersetzt werden, nach der Gleichung NH? INH CO) + COCH = CO) Die Umsetzung geschah jedoch in einer andern Weise, als ich erwartet hatte, indem sich hierbei in erster Linie Car- bonyldiharnstoff und bei weiterer Einwirkung allerdings Dicyan- säure nach folgenden Gleichungen bildet: N,C,0,0,H CO + 2CHH, 1) Annal. der Chem. 128. P. 345. 2) Journ. f. pr. Chem. B. 1n. f, P. 298. °) Annal. d. Chem. 153. P. 294, 22 1) 2(CHN?20) + CoCI?2 — C2H6N20? + 2CHH 2) C3HEN?OE + COCI2 = 2(C2H?N202) + 2CIH Ehe ich jedoch näher auf die Bildungsweise und die Eigen- schaften dieser Körper eingehe, will ich erst der Resultate Erwähnung thun, welche ich bei der Untersuchung der Poens- genschen Präparate, des Cyanharnstoffs und der vermeintlichen Diceyansäure erzielt habe. Geleitet durch den Gedanken, dass bei Einwirkung flüs- sigen Phosgens auf Harnstoff sich direct Dieyansäure ergeben würde, und noch mehr angeregt durch die Zweifel Hallwachs’s, welcher die Dicyansäure wie Poensgen mit der Trieyansäure und den Cyanharnstoff mit unreinem Ammelid identisch erklärt, fühlte ich mich veranlasst, die Versuche Poensgen’s zu wie- derholen, um vergleichende Betrachtungen zwischen’ den Poes- genschen Producten und dem von mir vermutheten Körper an- zustellen. Ich liess daher nach Angabe Poensgens!) Jodeyan längere Zeit bei einer Temperatur von 150° auf Harnstoff einwirken. Der hierbei resultirende Körper stimmte in seinen physikali- schen Eigenschaften genau mit dem Poensgenschen überein, je- doch zeigte die Analyse etwas abweichende Resultate. 1) 0,179 der bei 1009 getrockneten Substanz ergaben bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,1785 Kohlensäure und 0,0640 Wasser, 2) 0,1466 Substanz ergab 0,146 Kohlensäure und 0,0556 Wasser, 3) 0,1055 Substanz ergab bei der Stickstoffbestimmung 0,367 Platin = 0,05205 Stickstof, 4) 0,160 Subsianz gab 0,560 Platin = 0,079433 Stickstofi, gefunden Analysen berechnet 1. 11. Poensgen nach C2H3oN3 C 27,147 271,16 28,2 28,23 Eu, 3,298 071.21 3,71 3,98 N 49,43 49,64 48,4 49,41 0 19,45 18,99 18,83 100,00 100,00 100,00 1) Annal., d. Chem. 128. P. 345. 23 Diese Resultate, für welche, obschon sie beide überein- stimmen, sich keine genaue Formel aufstellen lässt, scheinen mir darauf hinzudeuten, dass der analysirte, von Poensgen für einen Cyanharnstoff gehaltene Körper noch mit anderen Zer- setzungsproducten des Harnstoffs verunreinigt war. Die Zer- setzungsproducte dieses Körpers, welche entschieden andere sind, als Poensgen angiebt, zeigen leicht, dass derselbe kein Cyanwasserstoff, sondern nur unreines Ammelid ist. Der vermeintliche Cyanharnstofi, in Wasser suspendirt und mit sal- petriger Säure behandelt, liefert Cyanursäure und Ammoniak, dieselbe Zersetzung bewirkt ein mehrstündiges Kochen mit verdünnter Salz-, Salpeter- oder Schwefelsäure, es kann so- mit die Umsetzung nicht wie Poensgen annimmt, analog den Amiden in wässriger Lösung durclı Ausscheiden von Stickstoff und Wasserstoff und Eintreten von Sauerstoff in die Verbin- dung geschehen, sondern nach der einfachen Gleichung 3(C2H30N3) + 3H20 = 2(C3H303N?) + 3NH3 Bei mehrstündigem Kochen mit verdünuter Kalilauge zerfällt der fragliche Körper in Kohlensäure, Ammoniak und Cyanur- säure und nicht nach Angabe Poengen’s zunächst in Dieyan- säure und diese wieder in Kohlensäure und Ammoniak. nach Poensgen co co I. N2(CON + H20 = N3{CO + NH3 H2 H2 co il. N2!CO + 3H20 = 2C02 + 3NH3 HB? in Wirklichkeit jedoch: 3(C2H3ON?) + 6H20 = C3H30?N3 + 30602 + 6NH3 Sowohl das Zerfallen des fraglichen Körpers durch Kochen mit Säuren in Cyanursäure und Ammoniak, als auch die Zer- setzung durch Kalihydrat in Kohlensäure, Ammoniak und Cya- nursäure, beides Reactionen, welche für das Ammelid cha- racteristisch sind, stellen die Identität des Poensgenschen Cy- anharnstoff mit jenem ausser Frage. : Die nach Kinwirkung der salpetiigen Säure auf den ver- ıneintlichen Cyanharnstoff entstandenen Krystalle, nach Ansicht Poensgen’s aus Dieyansäure bestehend, stimmten in allen ihren 24 Eigenschaften mit der Cyanursäure überein, zeigten auch, wie bereits von Hallwachs !) erwähnt, die characteristische Reaction nit ammoniakalischer Kupferlösung. Alle diese Reactionen und Eigenschaften konnten jedoch auch der Dieyansäure mehr oder weniger eigenthümlich sein und würden dieselben daher au und für sich kein Beweis für die Identität der fraglichen Säure mit Cyanursäure sein. Ich stellte daher durch Fällen mit essig- saurem Silber ein Silbersalz dar, welches, wie nachstehende Analyse ergiebt, vollständig mit dem zweibasischen Silbersalz der Cyanursäure übereinstimmt, mithin also beweist, dass die Poensgen’sche Dieyansäure Nichts weiter, als Cyanursäure ist. 0,352 der bei 100° getrockneten Substanz gaben 0,294 Chlor- silber = 0,22126 Silber. 0,261 Substanz mit Kupferoxyd verbrannt lieferten 0,1015 Kohlensäure und 0,0073 Wasser. gefunden berechnet nach C3HAg?O3N3 C 10,61 10,50 H 0,31 0,29 Ag 62,86 62,97 N PIE 12,24 (0) — 14, 100,00 Ich füge diese Resultate meiner Untersuchungen den Be- obachtungen von Hallwachs hinzu, indein ich glaube, dadurch alle obwaltenden Zweifel über die Identität des Poeusgen’schen Cyanharnstoffs ınit Ammolid und der Dieyansäure mit Cyanur- säure zu beseitigen. Einwirkung von Phosgen auf Harnstoffe. Das flüssige Phosgen stellte ich in einer Quantität von circa 3 Pfd. nach der von Wilm und Wischiw?) angegebenen Methode, durch directe Vereinigung von Kohlenoxyd und Chlor in Sonnenlichte und starkes Abkühlen des gebildeten Gases in eineın Uförmigen Rohre dar. Es ist dies ein Verfahren, welches sich entschieden am besten zur Darstellung grösserer Mengen reinen Phosgen’s eignet, denn so interessant theoretisch 1) Annal. d. Chem. 153 p. 29. 2) Annal. der Chem. 147. p. 150, 25 auch die von Eimerling und Lengyel*!) angegebene Methode, ist sie doch zur practischen Darstellung nicht geeignet. Wenn es mir auch nicht gelungen ist’, die Angaben von Kempf?) zu erreichen, welcher in einem Tage 500,0 flüssiges Phosgen er- hielt, so habe ich doch an heissen Sommertagen iunerhalb 7—8 Stunden durchschnittlich 300,0 und eine beträchtliche Menge Phosgenäther dargestellt. Der angewendete Harnstoff war auf synthetischem Wege dargestellt und durch mehrfache Uimkrystallisation aus Alkohol in möglichster Reinheit erhalten worden.‘ Je 10—15,0 des feingeriebenen, bei 100° getrockneten Harnstofis wurden mit einem reichlichen Ueberschusse tlüssigen Phosgens eingeschmolzen und zwei Tage lang im Luftbade bis auf 100° erhitzt. Bereits nach Verlauf des ersten Tages zeigte der Harn- stof ein vollständig verändertes Aussehen, welches vermuthen liess, dass das Phosgen eingewirkt hatte, um jedoch eine nur partielle Einwirknng zu verhüten, wurde das Erhitzen des Rohres noch einen Tag lang fortgesetzt. Beim Oeffnen des stark abgekühlten Rohres entströmten demselben unter bedeuten- dem Drucke ein reichlicher Gasstrom, bestehend aus Chlor- wasserstofl, gemengt mit Phosgendämpfen, welche durch das heftig entweichende Gas mit fortgerissen wurden. Nach Ab- destillation des überschüssigen Phosgens blieb eine lockere, poröse, in kalteın Wasser anscheinend unlösliche, weisse Masse zurück. Zur Trennung von den leicht löslichen Bestandtheilen wurde dieselbe fein zerrieben, mehrere Male mit kaltem Wasser angerührt, der Rückstand durch Filtriren gesondert und durch Auswaschen von anhaftender Salzsäure befreit. Die vereinigten Filtrate hinterliessen beiın Verdunsten im Wasserbade nur einen sehr geringen Rückstand, welcher sich bei näherer Untersuchung als identisch mit dem, auf dem Filter zurückgebliebenen er- wiess, Aınmoniaksalze waren dagegen in kauın nennenswerther Menge vorhanden. Das eigentliche Product der Einwirkung von Phosgen auf Harnstoff wurde jin viel kochendem Wasser gelöst, das beim Erkalten in grosser Menge sich ausscheidende 1) Annal, 7 Supl. p. 101. 2) Journ. f. pract, Chemie, 26 krystallinische Pulver gesammelt und damit diese Operation noch dreimal wiederholt. Der so erhaltene Körper ist voll ständig rein und wurde zur Analyse verwendet, welche folgende Resultate ergab. 1. Eine abgewogene Menge der lufttrockenen Substanz erlitt bei 100-1100 keinen erheblichen Gewichtsverlust. 2. 0,395 Substanz gab bei dem Verbrennen mit Kupferoxyd 0,148 Wasser und 0,358 Kohlensäure. 3. 0,3725 Substanz ergab 0,1395 Wasser uud 0,338 Kohlen- säure, 4. 0,316 Substanz lieferte bei der Stickstoffbestimmung 0,8601 Platin — 0,1220 Stickstoff, 5. 0,255 Substanz ergab 0,6910 Platin = 0,09832 Stickstoff. Aus den vorstehenden Versuchsdaten berechnet sich folgen- der Procentgehalt, dem ich zum Vergleich die nach der For- mel berechneten theoretischen Mengen beifüge: gefunden berechnet nach l. I. C3H6N403 C 24,72 24,17 24,67 H 4,16 4,16 4,11 N 38,60 38,55 38,39 0 32,52 32,52 32,83 100,00 100,00 100,00 Wie bereits oben bemerkt, verinuthete ich als Produet der Einwirkung von Phosgen auf Harnstoff Dieyansäure, jedoch bei Berücksichtigung obiger Analysen, welche die empirische For- mel C3H6N403 ergaben, und des Umstandes, dass sich als ferneres Zersetzungsproduct nur Chlorwasserstoff bildet: so kann die Umsetzung nach folgender Gleichung vor sich gegangen sein. 2 2 2 (0 Sn) rent Ne NHe NH co ae co a —NH2 Daher der bereits gebrauchte Name Carbonyldiharnstofl, auf dessen Interpretation ich noch zurück kommen werde. Der Carbonyldiharnstoff bildet ein weisses, voluminöses, krystallinisches Pulver, welches unter dem Mikroskop als kleine, undeutlich zackenartig ausgebildete, excentrisch gruppirte Nadeln erscheint. In kaltem Wasser löst er sich nur wenig, leichter 27 in siedendem. In kaltem Alkohol ist der Carbonyldiharnstoff fast unlöslich, beim Kochen lösen sich geringe Mengen, wo- gegen Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff durchaus keine auflösende Wirkung darauf ausüben. Auf dem Platinbleche erhitzt, verflüchtigt sich der Körper vollständig unter Ent- wickelung von Ammoniak und Dämpfen von Cyansäure. Bei langsamem Erhitzen in einem Reagenzglase zerfällt es in Am- moniak und Cyanursäure, welche sich natürlich bei stärkerem Erhitzen in weitere Zersetzungsproducte spaltet. Concentrirte Schwefelsäure löst den Carbonyldiharnstoff ohne Zersetzung, ein Verdünnen mit Wasser, oder eine Neu- tralisation der Säuren scheiden ihn unverändert wieder ab; erwärmt man die Lösung, so findet unter Wasseraufnahme eine reichliche Kohlensäure - Entwicklung statt und schwelfel- saures Ammoniak bleibt im Rückstande. C3HEN03 + 3 H20 — 3 CO? + 4 NH? “uch in rauchender Chlorwasserstoffsäure und concentrirter Salpetersäure löst sich der Körper und wird durch ersteren auch bei anhaltendem Kochen nicht zerlegt, wogegen es durch letztere vollständig in Ammoniak, Kohlensäure und Stickstoff zerfällt. Dieselbe Einwirkung wie Salpetersäure zeigt auch salpetrige Säure, wenn man dieselbe in eine heisse Lösung des Carbonyldiharnstoffs einleitet, indem sofort eine lebhafte Kohlensäure- und Stickstoffentwickelung eintritt und Ammoniak- salze im Rückstande bleiben. C3HEN?O3 + N203 = 3 CO? + 2 NH3 + N? Aetzende und kohlensaure Alkalien lösen den Körper unzersetzt auf und verwandeln ihn erst beim Kochen in Am- moniak und Cyanursäure. Es ist mir nicht gelungen, eine Verbindung des Carbonyldi- harnstoffs mit Säuren darzustellen, selbst durch ein anhalten- des Einleiten von Salzsäuregas in eine heiss gesättigte wässrige Lösung konnte keine neue Verbindung erzielt werden, sondern wurde nur ein langsames Zerfallen des Körpers in Ammoniak und Cyanursäure erwirkt. Ebenso indiflerent; wie gegen 'Säuren verhält sich der Carbonyldiharnstoff auch gegen Basen und Salze, mit welchen er, abweichend von dem gewöhnlichen Harnstoff, weder Ver- bindungen noch Doppelsalze giebt, nur mit salpetersaurer Queck- 28 silberoxydlösung erhiett ich einen reichlichen Niederschlag, welcher sich als eine constante Verbindung herausstellte. Nach vorstehenden Reactionen tritt der Carbonyldiharnstoff in seinem Verhalten gegen Agentien als ein ziemlich indifferenter Körper auf, unterscheidet sich daher wesentlich von dem Car- bomid, einestheils durch die Löslichkeitsverhältnisse, anderen- theils durch die mangelnde Fähigkeit, Verbindungen einzugehen. Trotz dieser wesentlichen Verschiedenheiten hat der Körper die Harnstoflnatur nicht verloren, sondern reiht sich immerhin an das Carbamıd an durch analoge Zersetzungsproducte und durch die characteristische Fällbarkeit durch salpetersaures Quecksilberoxyd. Carbonyldiharnstof — Quecksilberoxyd. Versetzt man eine heisse Lösung des Carbonyldiharnstoffs mit verdünnter salpetersaurer Quecksilberoxydlösung, so eutsteht sofort ein reichlicher Krystallinischer Niederschlag, welcher sich schnell zu Boden setzt und so durch mehrmalige Decantation mit heissem Wasser und Auswaschen auf dem Filter, voll- ständig rein erhalten werden kann. Salpetersäure Konnte qualitativ, selbst durch Brucinlösung nicht nachgewiesen werden, es besteht daher der fragliche Körper nur aus einer Verbindung von Carbonyldiharnstoff mit Quecksilberoxyd. Die Analyse ergab folgende Resultate. 1. 0,792 der bei 100° getrockneten Substanz ergaben 0,5085 Quecksilbersulfid = 0,4734 HgO, 2. 0,5405 Substanz gab 0,347 Quecksilbersulfid = 0,32306 Quecksilberoxyd gefunden berechnet I. 1. C3H6N?O3 + HgO HgO 59,79%), 59,77%, 59,679%/o Es entsprechen diese Zahlen einer Verbindung aus einem Molekül Carbonyldiharnstoff mit einem Molekül Quecksilberoxyd, oder der Formel C3H6N?03 + HgO. Das Carbonyldiharnstoff-Quecksilberoxyd bildet ein volumi- nöses, Krystallinisches, weisses Pulver, welches sowohl in kaltem, wie auch in heissem Wasser vollständig unlöslich ist. Ver- 29 dünnte Säuren lösen dasselbe beim Erwärmen, entziehen ihm jedoch das Quecksilberoxyd, so dass Carbonyldiharnstoff sich beim Erkalten der Lösung abscheidet, durch anhaltendes Kochen mit Wasser wird die Verbindung nicht zerlegt, wogegen durch Erhitzen mit concentrirten Säuren oder Alkalien die Zersetzungs- producte des Carbonyldiharnstoffs erzeugt werden. — Was die Constitution des Carbonyldiharnstoffs anbetrifft, so dürfte bei Berücksichtigung der Bildungsweise darüber kein Zweifel obwalten, dass derselbe als eine Aneinanderlagerung zweier Moleküle Carbamid zu betrachten sei, aus denen je ein Atom Wasserstoff ausgetreten, welche durch Carbonyl ersetzt sind. Es ist somit das Carbonyl, welches die Bindung der beiden Moleküle Harnstoff bewirkt, daher der gewählte Name Carbonyldiharnstoff oder Carbonyldicarbamid. Die Structurformel dieses Körpers würde daher die bereits oben angewendete sein Einwirkung von Phosgen auf Carbonyldiharnstoff. Die Einwirkung des flüssigen Phosgens auf Harnstoff ist mit der Bildung des Carbonyldiharnstoffs nicht abgeschlossen, sondern es findet eine neue Umwandlung des letzteren Körpers statt, wenn man Phosgen bei höherer Temperatur darauf wirken lässt. Erhitzt man nämlich Carbonyldiharnstoff mit überschüssigem -Phosgen 12 Stunden lang auf 150—160°, so entweicht beim Oeffnen des Rohres von Neuem ein starker Strom von Chlor- 30 wasserstoff und die, nach Entfernung des unzersetzten Phosgens zurückbleibende Masse löst sich bei weitem leichter, als es vorher der Fall war, beides ein Beweis, dass eine neue Ein- wirkung stattgefunden haben musste. Aus der heissen wässrigen Lösung schieden sich beim Erkalten beträchtliche Mengen kleiner, glänzender Krystalle aus, welche mit ammoniakalischer Kupfer- lösung die für die Cyanursäure characteristische Reaction gaben, jedoch schieden sich auch neben den kleinen, amethysiro- then Krystallen von cyanursaurem - Kupferoxyd - Ammoniak, noch einzelne kleine tiefblaue, von ganz abweichender Krystall- form ab, welches namentlich bei der zweiten und dritlen Krystal- lisation in reichlicherem Masse geschah. Diese Reaction, welche sich wesentlich von der Cyanursäure unterscheidet, liess mit Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass die, namentlich aus der Mutterlauge entstandenen Krystalle, ein Gemenge von Cyanur- säure und Dicyansäure sei, welche nach der Theorie und Analogie mit der Bildung von Cyanursäure aus Carbonyldibiuret, wie ich später erörteru werde, auch aus dem Carbonyldiharn- stoff entstehen muss, nach folgender Gleichung: C3H6N?0O3 + COCI® —= 2 CIH + 2 (C?H2N?O2.) Ammoniaksalze hatten sich bei dieser Umsetzung in kaum nennenswerther Menge gebildet. Die Vermuthung, dass der fragliche, allerdings stark mit Cyanursäure verunreinigte Körper Dieyansäure sei, wurde noch durch die Analyse eines Silber- salzes bestätigt, welches ich aus jenen, durch mehrfache Um- Krystallisation möglichst von der schwerer löslichen Cyanur- säure befreiten Krystallen durch Fällung mit essigsaurem Silber- oxyd darstellte. Dieselbe ergab folgende Resultate: 1. 0,141 des bei 100° getrockneten Salzes gab bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,058 Kohlensäure und 0,00515 Wasser 2. 0,1895 Substanz ergab 0,1495 Chlorsilber oder 0,111386 Silber gefunden berechnet berechnet C2H Ag N20? C3H Ag2N303 C 11,22 12,43 10,50 H 0,41 0,51 0,29 Ag 58,77 59,95 62,97 Nach vorstehenden Versuchsdaten steht das untersuchte 31 Salz in der Mitte zwischen dem sauren dicyansauren Silber- oxyd und dem zwei drittel trieyansauren, es bestätigt sich so- mit die Vermuthung, dass die erhaltenen Krystalle ein Gemenge aus Dicyansäure und Trieyansäure sind. Es ist mir nicht ge- lungen, die beiden Säuren vollständig von einander durch Umkrystallisiren zu trennen, indem mir nur kleine Mengen davon zur Verfügung standen, obschon ich ziemlich grosse Quantitäten von Carbonyldiharnstoff mit Phosgen behandelt habe. Bei weiterer Verfolgung dieses Gegenstandes hoffe ich jedoch, vielleicht durch verschiedene Löslichkeit eines der Salze beider Säuren oder eine verschiedene Fällbarkeit, nach der ich bis jetzt allerdings vergeblich gesucht habe, die Dicyansäure zu isoliren. Immerhin scheinen mir doch diese, wenn auch nicht glatten Resultate den Beweis, einestheils für die Existenz der Dicyansäure, anderntheils aber auch dafür zu liefern, dass bei Einwirkung von Phosgen auf Carbonydilharnstoff, derselbe sich in Dicyansäure verwandelt, eine Bildungsweise, welche nebst der noch behandelt werdenden Umwandlung des Carbonyldi- biurets durch Phosgen in Cyanursäure, einen sichern Anhalt für die Constitution dieser beiden Säuren liefert. Die Bildung nur geringer Mengen von Dicyansäure neben grossen Quantitäten von Cyanursäure scheint mir in dem Um- stande eine Erklärung zu finden, dass die Einwirkung des Phosgens auf Carbonyldiharnstoff erst bei 150— 1600 vor sich geht, vermuthlich eine Temperatur , bei welcher der grösste Theil der gebildeten Dicyansäure sich in Cyanursäure um- wandelt. Einwirkung von Phosgen auf Biuret. Was zunächst die Darstellungsweise des Biurets anbetrifft, so bereitete ich dasselbe theils nach der von Wiedemann !) eınpfohlenen Methode durch längeres Erhitzen des Harnstoffs auf 160—1700, Lösen der geschmolzenen Masse, Behandeln mit basisch essigsaurem Blei, zur Entfernung der Cyamidsäure, und Krystallisiren, theils nach Angaben von Baeyer?) durch 1) Annal d. Chemie B. 68. p. 324. ?) Annal. d. Chem. B. 131. p. 251. 32 mehrstündiges Erwärmen von Harnstoff mit Phenylaleohöl auf 150— 1600, mehrmaliges Ausziehen der zu einem Krystallbrei erstarrten Masse mit Aether und Reinigen des restirenden Products auf ähnliche Weise, Nach beiden Methoden wurde ein vollständig reines Präparat erhalten, nur empfiehlt sich die letztere, von Baeyer angegebene Bereilungsweise mehr bei Darstellung grösserer Quantitäten, durch eine reichlichere Aus- beute, ein Umstand, welcher wohl in der schnelleren, gleich- mässigen Umwandlung des in Phenylalcohol gelösten Harnstoffes und in der dadurch verminderten Bildung von Cyanursäure, Ammelid etc. Erklärung findet. Das mehrmals aus Alkohol umkrystallisirte, feingepulverisirte und bei 100° getrocknete Biuret wurde in Quantitäten von circa 10,0 mit einem reichlichen Ueberschusse von flüssigem Phosgen eingeschmolzen und 12 Stunden lang im Luftbade auf 600 erhitzt. Das Biuret zeigte hierdurch ein ganz verändertes Aussehen, welches auf eine Einwirkung des Phosgens schliessen liess, eine Vermuthung, welche durch das, beim Oeffnen des, in einer Kältemischung stehenden Rohres, in reichlicher Menge und unter bedeutendem Drucke entströmende Chlorwasserstofi- gas, gemengt mit Phosgendämpfen, bestätigt wurde. Die nach Entfernung des überschüssigen Phosgens zurückbleibende weisse, poröse Masse wurde fein gepulvert und mit kaltem Wasser angerührt, welches jedoch nur wenig auflösend darauf einzu- wirken schien. In Folge dessen hinterliess auch das Filtrat beim Eindampfen nur eine geringe Menge eines amorphen weissen Körpers, welcher die Eigenschaften des ungelöst Ge- bliebenen besass, Ammoniaksalze dagegen nicht enthielt. Nachdem der neugebildete Körper durch Auswaschen mit kaltem Wasser von anhaftender Salzsäure befreit worden war,‘ lösste ich denselben in viel siedenden Wassers, liess ihn durch Erkalten sich wieder abscheiden und wiederholte mit dem Aus- geschiedenem dieselbe Operation noch dreimal, Das so schliess- lich resultirende Product kann als ein reiner Körper angesehen und zur Analyse verwendet werden: Dieselbe ergab folgende Resultate: 1. Eine abgewogene Menge des lufttrockenen Körpers ver- lor bei 1000 unbedeutend am Gewicht 33 2. 0,343 der bei 1000 getrockneter Substanz lieferte bei der Verbrennung mit Kupferoxyd: 0,324 Kohlensäure und 0,116 Wasser 3. 0,1825 Substanz lieferte 0,170 Kohlensäure und 0,060 Wasser 4. 0,2035 Substanz ergab bei der Stickstoffbestimmung 0,522 Platin = 0,074042 Stickstoff 5. 0,1325 Substanz ergab 0,337 Platin oder 0,0478 Stickstoff in Procenten ausgedrückt. gefunden berechnet für l. Il. C5H8N603 C 25,74 25,95 25,86 H 3,75 3,65 3,45 N 36,37 36,08 36,20 O 34,14 34,32 34,49 100,00 100,00 100,00 Nach vorstehenden Zahlen würde sich für den untersuchten Körper die empirische Formel C5H8N603 ergeben. Wie bereits erwähnt, sind die Producte der Einwirkung von Phosgen auf Biuret nur Chlorwasserstoff und jener analy- sirte Körper, es kann also auch hier, wenn man obige Analysen berücksichtigt, nur eine dem Harnstoff anologe Umsetzung statt- gefunden haben, nämlich nach folgender Gleichung: 2 (C2H>N302) + COCI = 2 CIH + C5HSN605 Was die Constitution dieses Körpers anbetrifft, so dürfte es nicht schwierig sein dieselbe bei Berücksichtigung der Bildungs- weise aus dem Biuret abzuleiten. Betrachtet man das Biuret als ein secundäres Amid, in welchem zwei Atome typischen Wasserstoffs durch zwei Car- baminsäureradicale vertreten sind, wonach die Formel wäre j NH3 CO „NH? co N{CO.NH?2 oder NH H co NH? so kann der fragliche neue Körper nur nach folgender Gleichung entstanden sein: Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXX1X, 1872. 3 NH? co NH2 NH co | co 2 NH \) +COC®=NHl co +. 2 CH co \ NH {| NH2 / co NH co NH2 Es ist derselbe daher als eine Aneinanderlegung zweier Moleküle Biuret zu betrachten, aus denen je ein Atom Wasser- stoff ausgetreten und an deren Stelle Carbonyl eingetreten ist, es ist daher auch hier, wie bei dem Carbonyldiharnstoff, das Carbonyl, welches die Bindung der beiden Molecüle Biuret bewirkt, dessbalb möchte ich diesen Körper als ein Carbonyldi- biuret bezeichnen von der Constitution: N =7H2 a wen an Non MeV 0 N—H ar, ur 0-0 Nm Das Carbonyldibiuret bildet ein.lockeres, weisses, krystallini- sches Pulver, welches in heissem Wasser gelöst, beim Erkal- ten sich in warzenartiger Form ausscheidet, bei starker Vergrösserung ein zackig, strahliges Gefüge zeigend. In kal- tem Wasser löst sich der Körper nur schwer und in geringer Menge, jedoch beträchtlicher als der Carbonyldiharnstoff, das- 395 selbe gilt von der Löslichkeit in heissem Wasser. In Alkohol, Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff ist das Carbonyldi- biuret fast vollständig unlöslich, wogegen es sich leicht und ohne Zersetzung in der Kälte in Alkalien und starken Mine- ralsäuren löst. Auf dem Platinbleche erhitzt, schmiizt es und verflüchtigt sich vollständig, unter Entwickelung von Ammoniak, Kohlen- säure und Dämpfen von Cyansäure. Erhitzt man das Carbonyldibiuret vorsichtig in einem Kölbehen, so schmilzt es, entwickelt Ammoniak und Kohlen- säure und als Rückstand bleibt ein Gemisch aus Harnstoff, Cyanursäure, Ammelid, welches natürlich bei stärkerem Er- hitzen in die weiteren Zersetzungsproducte der Cyanverbin- dungen zerfällt. Concentrirte Schwefelsäure löst das Carbonyldibiuret, ohne jedoch damit eine Verbindung einzugehen, denn schon bei dem Verdünnen mit Wasser scheidet sich ein Theil unverän- dert ab, was noch in vermehrtem Masse stattfindet, wenn man die Säure mit einem Alkali neutralisirt, erwärmt man jedoch die Lösung , so tritt eine Zersetzung ein, indem der Körper vollständig in Kohlensäure und Ammoniak zerfällt. Leitet man in eine erwärmte Lösung, in welcher noch Carbonyldibiuret suspendirt ist einen starken Strom von sal- petriger Säure, so klärt sich die Flüssigkeit sehr bald, unter Entwicklung von Kohlensäure, lässt man dann nach kurzer Einwirkung die Flüssigkeit erkalten, so scheiden sich kleine Mengen von Krystallen ab, was durch Concentriren der Lösung noch vermehrt wird. Die fraglichen Krystalle ergaben sich der Hauptmasse nach als salpetersaurer Harnstoff, gemengt mit etwas Cyanursäure und salpetersaurem Ammoniak. Bei weiterer Einwirkung der salpetrigen Säure zerfällt der Körper vollstän- dig in Ammoniak, Kohlensäure, Stickstoff und Wasser. Es scheint daher das Corbonyldibiuret zunächst in Harnstoff, Koh- lensäure und Ammoniak und bei weiterer Zersetzung erst in Stickstoff, Kohlensäure und Wasser nach folgenden Gleichun- gen zu zerfallen: 1) C5HSN6O? + 3H20 — 2(CH?N?O) + 2NH3 + 3C0? 2) 2(CH?N20) + 2N20% — 2C0? + 8N + 4H20. Rauchende und coucentrirte Salpetersäure bewirken, da- 3 * 36 mit gekocht, dieselbe Zersetzung, Salzsäure zerlegt das Car- bonyldibiuret bei anhaltendem Kochen in Kohlensäure, Ammo- niak und Cyanursäure, eine Zersetzung, welche noch schneller durch Einleiten von Chlorwasserstofigas in eine heisse Lösung herbeigeführt wird. Kalte verdünnte Kalilauge löst das Car- bonyldibiuret leicht auf, ohne es zu zerlegen, erwärmt man aber die Lösung, so entwickelt sich Ammoniak und in Lösung bleibt Kolilensaures und cyanursaures Kali. Kocht man das Carbonyldibiuret mit Barytwasser bis zum Aufhören der Ammoniakentwickelung, so entsteht ein reichli- cher Niederschlag von cyanursaurem und kohlensaurem Baryt, wogegen sich aus der Lösung nach Abscheidung des Baryts durch Kohlensäure und Verdunsten, Krystalle von Harnstoff ab- scheiden. C>HSN605 + H20O —= C3H30303 + CH+N?O + NH3 + CO? In seinem Verhalten gegen Agentien tritt das Carbonuyldibiu- rei ebenso indifferent auf, als der Carbonyldiharnstofi, nur mit Quecksilberoxyd giebt er analog jenem eine constante Ver- bindung. Carbonyldibiuret - Quecksilberosxyd. Diese Verbindung entsteht durch Vermischen heisser ver- dünnter Lösungen von Carbonyldibiuret und salpetersaurem Quecksilberoxyd, als ein weisser, voluminöser Niederschlag, welcher sich leicht durch mehrmaliges Decantiren und Aus- waschen von überschüssigem salpetersauren Quecksilberoxyd befreien lässt. Auch hier geht, wie bei dem Carbonyldiharn- s'’off nur das Quecksilberoxyd eine Verbindung ein und nicht die Salpetersäure. Die Analysen zweier getrennt dargestellter Präparate er- gaben folgende Resultate: 1) 0,1975 der bei 1000 getrockneten Substanz gab 0,156 Quecksilbersulfid. 2) 0,2755 Substanz gab 0,217 Quecksilbersulfid. In Procenten ausgedrückt: gefunden berechnet I. ll. C5HSN6NS + 3HgO HgO 73,53%), 73,449], 73,630), Es entsprechen diese Procentzahlen einer Verbindung aus 37 einem Molekül Carbonyldibiuret und drei Molekülen Quecksil- beroxyd, mithin der Formel: C>HSN60° + 3HgO. Das Carbonyldibiuret-Quecksilberoxyd bildet ein weisses voluminöses Pulver, welches in kaltem, sowie in heissem Wasser vollständig unlöslich ist, Mineralsäuren lösen es leicht auf, entziehen ihm jedoch vollständig das Quecksilberoxyd. Die Zersetzungsproducte sind analog dem Carbonyldibiuret. Einwirkung von Phosgen auf Carbonyldibiuret. Lässt man auf fein gepulvertes Carbonyldibiuret zwei Tage lang flüssiges Phosgen bei 140—1500 einwirken, so entströmt beim Oeffnen des stark abgekühlten Rohres unter beträchtli- chem Drucke eine reichliche Menge Chlorwasserstoffgas, ge mengt mit Phosgendämpfeu, ein Beweis, dass ine neue Um- wandlung durch das Phosgen stattgefunden hatte. Die nach Abdestillation des unzersetzt gebliebenen Phosgens zurückblei- bende Masse wurde von Neuem fein zerrieben, mit wenig kaltem Wasser angerührt, das Ungelöste abfiltrirt, durch Anus- wasche von anhaftender Salzsäure befreit und in heissem Wasser gelöst. Bei dem Erkalten der Lösung schied sich eine reichliche Menge schön ausgebildeter, glänzender, wasserhel- ler, rhombischer Krystalle aus, welche in ihren chemischen (Reaction mit ammoniakalischer Kupferlösung) und physika- lischen Eigenschaften der Cyanursäure gleichen, was auch durch die Analyse eines durch Fällung mit essigsaurem Silber- oxyd dargestellten Silbersalzes bestätigt wurde. Das Resultat derselben war folgendes: 1) 0,4055 des bei 1000 getrockneten Salzes ergaben 0,3380 Chlorsilber, 2) 0,431 Substanz lieferten bei der Verbrennung 0,165 Koh- lensäure und 0,0121 Wasser, in Procenten ausgedrückt: gefunden berechnet nach C3HAg203N3 ec 30,94 10,50 H 031 0,29 Ag 62,70 62,97 Vorstehend gefundene Procentzahlen entsprechen einem 38 zweibasischen Silbersalz der Cyanursäure, aus welcher somit die fraglichen Krystalle bestanden. Das Filtrat, resp. die durch Anrühren des ursprünglichen Productes der Einwirkung von Phosgen auf Carbonyldibiuret mit kaltem Wasser erhaltene Lösung hinterliess beim Verdun- sten nur einen sehr geringen Rückstand, welcher aus Spuren von Chlorammonium und Cyanursäure bestand. Die Producte der Einwirkung des Phosgens auf Carbonyl- dibiuret sind somit nur Chlorwasserstof und Cyanursäure, es kann mithin die Umsetzung nur nach folgender Gleichung statt- gefunden haben: C5H8N60° + COCI2 = 2(C3H3N303) + 2CIH Diese Zerlegung des Carbonyldibiurets durch Phosgen in zwei Moleküle Cyanursäure, sowie die analoge des Carbonyl- diharnstoffs in Dieyansäure dürften einen sichern Anhalt für die Constitution dieser beiden Säuren liefern. Das Carbonyl- dibiuret ist, wie oben erörtert, entstanden durch Aneinander- lagerung zweier Moleküle Biuret, zusammengehalten durch Carbonyl, welches zwei Atome Wasserstoff und zwar je eins eines NH? ersetzt hat, mithin besitzt es die Constitution Ne —eHe NM Hz 0-0 0-0 nn oh 0=0 = 0 m oa U—70% Treten jetzt abermals zwei Atome Wasserstoff aus, um durch Carbonyl ersetzt zu werden, so liegt es wohl nahe, dass es je ein Atom der beiden noch vorhandenen Ammoniakreste NH? ist, es würde somit zunächst gewissermassen eine He- xacyansäure entstehen, welche sich jedoch unmittelbar in zwei Moleküle Cyanursäure spaltet. Nachstehende Gleichungen werden den Vorgang versinnlichen: 39 co N NH2 NH2 NH NH co co co co 1) NH NH + Coc® — NH NH + 2ClH co co co co NESNEL NH NH N NM co co Carbonyldibiuret Hypothetische Hexacyansäure co co NH \n NEN NH | NH | co co co co ı auleO NH NH = NH \ NH = 2|co NH co co co co co NH NH NH \nt | NH | \co co Cyanursäure In einer ganz analogen Weise wirkt auch, wie bereits früher auseinandergesetzt, Phosgen auf Carbonyldiharnstofl ein, indem sich hier Chlorwasserstoff und Diceyansäure bildet, welche allerdings zum grössten Theil in Cyanursäure, ver- muthlich durch die hohe Temperatur, bei welcher überhaupt die Einwirkung stattfindet, umgewandelt wird. Dies geschieht jedoch erst wieder in zweiter Linie als eine Zersetzung, resp. Umsetzung der zunächst entstandenen Dieyansäure, deren Bil- dung daher nach folgenden Gleichungen statlfinden muss: co NH2 NH2 NH NH 2) co CO + coC® = CO CO’ + 2CHH NH NH NH NH NZ N 77 - CO co Carbonyldicarbamid hypothetische Tetracyansäure co co ZEN NH NH NH\ NH NH COrCO co BO (co co) NNH NG CO _ Dieyansäure. 40 Bekanntlich hat man bereits auch seit längerer Zeit aus dem Umstande, dass bei verschiedenen Reactionen, sowohl die freie Cyansäure, als auch die cyansauren Salze durch Was- seraufnahme in Kohlensäure und Ammoniak zerfallen, geschlos- sen, dass in der Cyansäure der Kohlenstoff an Sauerstoff ge- bunden, mithin als Carbonyl enthalten sein müsse, so dass die Constitutionsformel derselben als C=0 I N—H aufzufassen wäre, eine Annahme, welche man allgemein bei den Aethern der Cyansäure macht, begründet durch das Zer- fallen derselben mit Alkalien in Kohlensäure und die Amin- base des betreffenden Alkoholradicals, welches nur in jener Constitution eine bündige Erklärurg findet. Die von mir auf- gestellten Constitutionsformeln der Dieyansäure und Cyanur- säure schliessen sich dieser Formel der Cyansäure als ein naturgemässer weiterer Ausbau an. An und für sich liess sich schon vermuthen, dass die der Cyansäure polymere Dieyan- säure und Trieyansäure auch engzusammenhängende, aus ein- ander abzuleitende polymere Formeln und Constitutionen haben müssten; dieser Vermuthung ist durch die Bildung der Dicyan- säure aus Carbonyldiharnstoff und die der Triceyansäure aus Carbonyldibiuret durch Einwirkung von Phosgen und die dar- aus sich naturgemäss ergebenden Formeln bestätigt worden. Es sind daher die Formeln der Cyansäure, Dicyansäure und Tricyansäure folgendermassen zu schreiben N—H | N—H C=0 Il C=0 C=0 C=0 N—H N—H | N—H Ve | Cyanursäure Dicyansäure N—-H Tricyansäure. Betrachtet man die Cyansäure als ein Imid der Kohlen- säure, so würde hiernach die Dicyansäure als ein zweifaches und die Tricyansäure als ein verdreifachtes Imid der Kohlen- säure anzusehen sein und würden nach dieser Auffassungs- 41 weise, welche auch bereits eine theilweise Verbreitung ge- funden hat, die Formeln dieser drei Säuren zu schreiben sein: co co co co co co N | Ba, )H N Cyansäure H H Dicyansäure ‘H Trieyansäure Einwirkung von Phosgen auf Osxamid. Bei der Einwirkung von flüssigem Phosgen auf Oxamid vermuthete ich einen ähnlichen Vorgang wie bei dem Carba- mid und Biuret, nämlich dass sich zunächst ein Carbonyldi- oxamid oder Dioxalylharnstoff und in zweiter Linie durch nochmaligen Austritt von 2 Atomen Wasserstoff und Eintritt von Carbonyl sich Parabansäure bilden würde nach folgenden Gleichungen: NH2 N coca on rin co 8 one. nn ar caoa NH? Carbonyldioxamid m NH 2) n Ico + coc® = 2cıH + 2202| Ic0) c2021 NH NH NH2 Parabansäure Jedoch der Vorgang war ein ganz anderer, als ich er- wartet hatte, indem nicht jene Aneinanderlagerung der Mo- leküle, sondern eine Spaltung des Oxamids eintrat. Kleinere Mengen von Oxamid wurden mit Phosgen einge- schmolzen und zunächst bei 1000 12 Stunden lang im Luftbade erhitzt, da sich jedoch hierbei keinerlei Veränderung noch Einwirkung zeigte, so steigerte ich die Temperatur allmählig auf 1200, 140°, 1600 und da auch hierbei keine Zersetzung eingetreten war, auf 170— 175°. Erst bei dieser Temperatur zeigte sich eine wesentliche Veränderung der Masse. indem der feste Theil des Rohrinhaltes eine bräunliche Farbe ange- r 42 nommen hatte. Es ist mir nur mit zwei Röhren gelungen, sie einige Zeit bei einer Temperatur von 170 — 1750 zu er- halten, wogegen der grösste Theil derselben, trotzdem sie nur mit verhältnissmässig geringen Mengen von Oxamid und Phos- gen gefüllt waren, bereits nach 15—20 Minuten der Erhitzung unter starker Detonation in ein feines Glaspulver zersprangen, ein Umstand, welcher in der bereits erwähnten Zersetzung des Oxamids seinen Grund hat. Bei dem Oeffnen des stark abge- kühlten Rohres entströmte unter äusserst starkem Drucke ein Gas, welches neben Chlorwasserstoff zum grössten Theile aus Kohlenoxyd bestand. Die zurückbleibende poröse, bräunliche Masse wurde mit wenig kaltem Wasser angerieben, auf einem Filter angesammelt und zur Entfernung der anhaftenden Salzsäure mit kaltem Was- ser ausgesüsst- Das Filtrat enthielt geringe Mengen von Am- moniaksalzen, die ungelöst gebliebene Masse löste sich beim Kochen fast vollständig bis auf wenige braune Flocken mit röthlicher Farbe, jedenfalls von anderweitigen Zersetzungspro- ducten herrührend, und schied sich, nachdem die Lösung mit etwas Thierkohle entfärbt worden war, bei dem Erkalten als ein weisses Krystallinisches Pulver ab. Dasselbe wurde ab- filtrirt, nochmals gelöst, durch Erkalten wieder abgeschieden, getrocknet und zur Analyse verwendet. Dieselbe ergab folgende Kesultate: 1) Eine abgewogene Menge der lufttrockenen Substanz ver- lor bei 1000 kaum merklich an Gewicht. 2) 0,107 des bei 1000 getrockneten Pulvers gab bei der Ver- brennung mit Kupferoxyd 0,098 Kohlensäure und 0,040 Wasser. 3) 0,140 Substanz lieferte bei der Stickstoffbestimmung 0,379 Platin -= 0,053758 Stickstoff, in Procenten ausgedrückt: gefunden berechnetnach C3H6N203 C 24,69 24,67 H 4,15 4,11 N 38,39 38,39 OT 32,67 100,00 100,00 Es stimmen diese Resultate mit der Analyse des bereits 43 oben behandelten Carbonyldiharnstoft genau überein, es ist so- mit dieser Körper neben Kohlenoxyd und Chlorwasserstoff das Product der Einwirkung von Phosgen auf Oxamid, und kann mithin die Umsetzung nur nach folgender Gleichung verlaufen sein: 2(C2H?N202) + COCI2 — 2C0O + 2CIH + C3HEN?O3, Da reines Oxamid erst bei einer bei weitem höheren Tempe- ratur als 170-1750 durch Hitze zersetzt wird, so kann es nur die Anwesenheit des Phosgens gewesen sein, welche diese Spaitung in Kohlenoxyd und Harnstoff bei jener verhältniss- mässig niedrigen Temperatur veranlasst hat. Eine ähnliche Spaltung dieser Art wurde auch bereits von Williamson bei dem Erhitzen von trocknem Oxamid mit Quecksilberoxyd be- obachtet, indem sich hierbei Harnstoff, Quecksilber und Koh- lensäure bildete, letztere jedenfalls erst wieder aus dem zu- nächst ausgeschiedenen Kohlenoxyd, auf Kosten des leicht re- dueirbaren Quecksilberoxyds. Einwirkung von Phosgen auf Benzamid. Das angewendete Benzamid wurde durch Erhitzen von Benzoesäureäther mit concentrirter wässeriger Ammoniaklösung auf 100— 110° in zugeschmolzenen Röhren dargestellt, eine Methode, welche ziemlich schnell und in reichlicher Menge ein reines Präparat liefert. Ich glaubte durch Erhitzen des Benzoesäureäthers mit gesättigter alkoholischer Ammoniak- flüssigkeit schneller zum Ziele zu gelangen, jedoch hatte sich hierbei selbst nach zweitägigem Erhitzen kein Benzamid ge- bildet, ebensowenig wirkte ein Gemisch gleicher Theile wäss- rigen und alkoholischen Ammoniaks ein. 10,0 feingepulvertes Benzamid wurden mit einem Ueber- schuss von flüssigem Phosgen einige Stunden auf 160 — 1700 erhitzt. Das Volum der Flüssigkeitsschicht hatte bedeutend zuge- nommen, wogegen von dem Benzamid oder vielmehr dessen Um- setzungsproducten nur verhältnissmässig wenig übrig geblieben war. Beim Oeffnen desRohres entströmte demselben ein reich- licher Gasstrom, bestehend aus einem Gemisch von Chlorwas- serstoff, Kohlensäure und Dämpfen von Benzoylchlorür. Als Rückstand blieb nach Entfernung des noch unzersetzten Phos- gens eine breiige Masse, aus welcher sich beim Vermischen 44 mit Wasser und gelindem Erwärmen, ölartige Tropfen von Benzonitril, Benzoesäure (als Zersetzungsproduct des ursprüng- lich vorhandenen Benzoylchlorids) und ein weisser pulverför- miger Körper ausschieden, wogegen in Lösung, ausser gerin- gen Mengen Benzoesäure, sich beträchtliche Mengen von Chlor- ammonium befanden. Die durch Wasser ausgeschiedenen festen Körper trennte ich von dem Benzonitril, wusch sie zunächst mit Wasser aus, entfernte dann die Benzoesäure mit kaltem Alkohol und löste die dann noch restirende Masse in heissem Alkohol, woraus sich beim’Erkalten äusserst feine Nädelchen ausschieden. Bei dieser Operation blieb noch eine kleine Menge eines weissen, Kıystallinisch aussehenden Körpers znrück, welcher sich weder in Wasser, noch in heissem Alkohol merklich löste und in seinem sonstigen Verhalten die Eigenschaften des von Cloez!) dargestellten und später noch von Engler?) bei Ein- wirkung von Brom auf Benzonitril beobachteten Kyaphenins zeigte. Die Bildung dieses Körpers scheint jedoch uur unter ganz bestimmten Verhältnissen, welche mir noch nicht näher bekannt sind, vor sich zu gehen, denn ich habe dieselbe nur in zwei der erhitzten Röhren bemerkt, wogegen in den übrigen sieben mit Benzamid und Phosgen gefüllten Röhren, welche ich ganz auf dieselbe Weise erhitzt und behandelt habe, sich kein Kya- phenin gebildet hatte. In Folge dessen stand mir nur eine sehr geringe Menge dieses Körpers zur Verfügung, welche, nach Feststellung der Eigenschaften etc. nur zu einer Stickstoffbe- stimmung ausreichte, die allerdings ganz genau mit den, dem Kyaphenin entsprechenden Mengen übereinstimmt, so dass ich keinen Zweifel über die Identität dieser beiden Körper hege. 0,1185 der bei 1000 getrockneten Substanz ergab 0,114 Platin = 0,0161702 Stickstofi, gefunden berechnet nach C7HSN N 13,64%, 13,609), Die Analyse des aus alkoholischer Lösung nadelförmig aus- 1) Annal. d- Chem, B. 115. p. 28. 2) Annal, d. Chem. B. 133 p. 147. 45 geschiedenen Körpers ergab nach mehrmaligem Umkrystallisiren folgende Resultate. 1. Eine abgewogene Menge der lufttrocknen Substanz verlor bei 1000 nicht an Gewicht. 2. 0,1035 Substanz lieferten bei der Verbrennung mit Kupfer- oxyd 0,255 Kohlensäure und 0,048 Wasser, 3. 0,259 Substanz gab bei der Stickstoffbestimmung 0,191 Platin = 0,027092 Stickstoff. 4. 0,129 Substanz gab 0,0955 Platin = 0,013647 Stickstoff in Procenten ausgedrückt: gefunden berechnet nach IR I C15H12N203 C 67,19 —_ 67,16 H 4,63 — 4,48 N 10,66 10,57 10,45 0517,52 — \ 17,91 100,00 100,00 Vorstehende Procentinengen würden der empirischen For- mel C45H42N203 entsprechen, welche sich jedoch leicht bei Be- rücksichtigung der Bildungsweise in eine rationelle verwandeln lässt. Sieht man zunächst ab von den anderweitigen Zersetzungs- producten des Benzamids bei der Behandluug mit Phosgen, dem Benzoylchlorür, Benzonitril, Kohlensäure und Ammoniak, welche, wie ich später erörtern werde, gleichzeitig, vielleicht auch zum Theil erst durch weitere Spaltung des untersuchten Körpers entstehen, so kann die Bildung desselben neben Chlor- wasserstoff nur nach folgender Gleichung stattgefunden haben: C6H5 (CONH 2 (C6H5 (CONA2)) + COC? = 2 CH + —> 0° C6H5 (CONH Es würde daher dieser Körper als eine Aneinanderlegung zweier Moleküle Benzamid anzusehen sein, in denen je ein Atom Wasserstoff des Ammoniakrestes ausgetreten und diese durch Carbonyl ersetzt sind, und ist es somit auch hier das Carbonyl, welches die Bindung jener beiden Moleküle Benzamid bewirkt, daher kann man diesen Körper als ein Carbonyldi- benzamid bezeichnen, von der Formel: 46 C6H° (CO .N—H — © C6H5 (CO.N—H oder man kann denselben auch als einen Harnstoff betrachten, in dem je ein Atom Wasserstoff des an Carbonyl gebundenen NH? durch Benzoyl ersetzt ist, mithin N I co C7H50 N C?’H50 In ich vermuthete früher!) dass das, ausser dem Carbonyldi- benzamid, bei Einwirkung von Phosgen auf Benzamid gebildeie Benzonitril, Benzoylchlorür etc. nur wieder Zerseizungsproducte jenes zunächst gebildeten Körpers seien, jedoch dies ist nicht der Fall, denn schon bei gewöhnlicher Temperatur wird ein Theil des Benzamids in jene Producte umgewandelt, ohne dass dabei Carbonyldibenzamid entsteht. Die Bildung dieses Körpers zeht überhaupt erst bei höherer Temperatur vor sich, bei 125 —130° hatte dieselbe noch nicht begonnen, sondern bedurfte es dazu einer Temperatur von 150—160°%. In diesem Umstande, welcher natürlich die Entstehung der übrigen Zersetzungsproducte nur noch in höherem Masse veranlasst, ist auch der Grund zu suchen, weshalb die Ausbeute an Carbonyldibenzamid nur eine sehr geringeist, neben grossen Mengen Benzoylchlorür und Benzonitril. Es laufen somit bei der Behandlung von Benzamid mit Phosgen zwei Zersetzungen nebeneinander her, nämlich die eines, und zwar des grösseren Theiles in Benzonitril, Benzoyl- chlorür, Kohlensäure und Chlorammonium und die des anderen Theiles in Carhonyldibenzamid und Chlopwasserstoff nach foigen- den Gleichungen: 1. 2 (CSHS (CONH?2) + COC? — 2 CIH + 2. 2(C6H5 (CONH2) + CO CI2 = C7H30 Cl Das Carbonyldibenzamid oder der Dibenzoylharnstoff bildet feine seidenglänzende, verfilzte Nadeln, welche in Wasser nur sehr wenig löslich sind, sich leichter aber in Alkohol, nament- lich in siedendem in grösserer Menge lösen. CSH5 (GONH C6H5 (CONH + C’HSN + CO2 + NH*CI ‚co 1) Zeitschr. f. Chem. B. VI. u. f. p. 400. 47 Erhitzt, schmilzt dasselbe und sublimirt ohne Zersetzung; angezündet, verbrennt es mit leuchtender, stark russender Flamme. Concentrirte Mineralsäuren lösen das Carbonyldibenzamid in der Kälte ohne Zersetzung, dieselbe tritt erst beim Kochen ein und zwar zerfällt es dabei in Ammoniak und Benzoesäure. Verdünnte kalte Kalilauge wirkt gar nicht auf das Carbonyldi- benzamid, erst bei anhaltendem Kochen wird es in Kohlensäure und Benzamid zerlegt, eine den Harnstoffen, in welchen zwei Atome Wasserstoff dnrch Alkoholradikale ersetzt sind, anologe Umsetzung, indem jene entsprechend in Kohlensäure und die Aminbase der betreffenden Alkoholradikale zerfallen. In seinem Verhalten gegen Agentien tritt das Carbonyldi- benzamid als ein vollständig indifferenter Körper auf, welcher weder mit Säuren, noch mit Basen Verbindungen eingeht. Einwirkung von Phosgen auf Acetamid. Schrnilzt man Acetamid mit einem Ueberschuss von Phosgen ein, so zeigt sich schon nach sehr kurzer Zeit, ohne dass man das Rohr erwärmt, eine Veränderung desselben, indem die ursprüngliche Durchsichtigkeit des Krystallpulvers verschwindet und an deren Stelle eine milchweisse Farbe tritt. Oefinet man das Rohr nach einigen Tagen, so entströmt demselben unter beträchtlichem Drucke Kohlensäure, jedoch kein Chlorwasser- stolfgas. Allerdings hatte eine Einwirkung des Phosgens statt- gefunden, jedoch, wie sich bald herausstellte, nur in indirecter Weise und nur auf einen kleinen Theil des Acetamids, verur- sacht durch das, demselben anhaftende hygroscopische Wasser. Trotzdem das Acetamid mehrere Tage über Schwefelsäure getrocknet war, liess es sich doch nicht vermeiden, dass das- selbe wieder etwas Feuchtigkeit anzog, welche zersetzend auf das Phosgen einwirkte und dadurch die Bildung geringer Mengen von salzsaurem Acetamid und Diacetamid vernrsacht hatte. — Ba bald Erwärmt man Acetawmid mit flüssigem Phosgen eine Stunde lang auf 50°, so findet eine wesentliche Veränderung desselben statt, die Menge der festen Substanz vermindert sich bedeutend und nimmt gleichzeitig eine röthliche Färbung an. Bei dem 48 Oeffnen des Rohres entwich, unter starkem Drucke ein Gas- strom von Kohlensäure und Chlorwasserstoff und zurück blieb nach Entfernung des unzersetzten Phosgens ein dickflüssiges mehr breiartiges Gemenge, aus welchem bei Zusatz von Wasser sich ein röthlicher, pulverförmiger Körper und gleichzeitig ölige Tropfen, bestehend aus Acetonitril und Acetylchlorür, abschieden. Den festen Körper trennte ich von den flüssigen Produc- ten, befreite ihn durch Auswaschen mit kaltem Wasser von anhaftender Salzsäure und Essigsäure, wobei sich allerdings ein Theil desselben allmählig auflösste, und löste den Rest in heissem Alkohol, woraus sich beim Erkalten nadelförmige Kry- stalle ausschieden, welche durch nochmaliges Umkrystallisiren sich vollständig rein erhalten liessen. — Im Filtrate befand sich, ausser freier Essigsäure, durch Zersetzung des Acetyl- chlorürs entstanden, eine nicht unbedeutende Menge von Chlor- ammonium. \ Die Analyse der aus alkoholischer Lösung erhaltenen Krystallnadeln ergab folgende Resultate: 1. Eine abgewogene Menge der lufttrockenen feinzerriebenen Substanz verlor bei 100° nicht an Gewicht. 2. 0,232 Substanz gab bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,353 Kohlensäure und 0,118 Wasser. 3. 0,136 Substanz gab bei der Stickstofibestimmung 0,188 Platin = 0,02666 Stickstofl. 4. 0,150 Substanz gab 0,206 Platin = 0,2926 Stickstoff, in Procenten ausgedrückt gefunden berechnet nach 1. II. C5H8N2O3 C 4149 — 41,66 H 5,65 — 5,95 N 19,60 19,51 19,44 0 3326 — 33,35 100,00 100,00 Vorstehende Procentzahlen entsprechen der empirischen Formel C°H3N203, Was die Constitution des Körpers anbetriffi, so dürfte dieselbe sich leicht bei Berücksichtigung der Bildungsweise aus obiger Formel ableiten lassen. Sieht man zunächst ab von dem gleichzeitig, theilweise wohl auch erst als weitere‘ 49 Zersetzungsproducte des fraglichen Körpers entstehenden Acetyl- chlorür, Acetonitril etc., so ist die Hauptumsetzung unter Bildung dieses Körpers und Chlorwasserstofis geschehen, es ergiebt sich daher dessen Constitution von selbst aus folgender Gleichung: C2H30.N—H 2 (C2H30NH2) + COC® = 2 CIHH + F=HE0 C2H30.N. H Es ist somit auch dieser Körper auf eine, dem Carbo- nyldibenzamid analoge Weise entstanden und kann er mithin auch dem entsprechend als Carbonyldiacetamid bezeichnet werden von der Formel: C:H30 NH oder auch analog dem Dibenzoylharnstoff als Diacetylharnstoff: co ; NH C2H30 INH C2H30 Wenn auch ein Theil des neben dem Carbonyldiacetamid entstehenden Acetylchlorürs, Acetonitril, Kohlensäure und Chlor- ammonium erst wieder Zersetzungsproducte jenes Körpers sind, so entstehen dieselben doch auch anderntheils gleichzeitig, denn bereits bei mehrtägiger kalter Einwirkung von Phosgen auf Acetamid bilden sich geringe Mengen dieser Producte, ohne dass dabei schon Carbonyldiacetamid entsteht. Die gleich- zeitigen Umsetzungen verlaufen somit nach folgenden Gleich- ungen: 1. 2 (C2H30ONH?) + COCI®= C?H30CI + C2H3N + CO? + NH?CI a C>H30NH 2. 2 (C2HSONH2) + COC® = 2 CH + CeHsONH co Das Carbonyldiacetamid bildet luftbeständige, durchaus nicht hygroskopische, nadelförmige Krystalle, welche, vergrössert, als rhombische Säulen erscheinen. Wasser und Alkohol lösen es in der Kälte nur langsam auf, schneller und grössere Menge beim Erwärmen. Erhitzt, sublimirt das Carbonyldiacetamid ohne Zersetzung, nach vorhergehendem Schmelzen. Angezündet, verbrennt es mit leuchtender, russender Flamme. Alkalien und concentrirte Säuren zerlegen es beim Er- hitzen in einer dem Carbonyldibenzamid entsprechenden Weise- Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872. 4 C?H30 NH (6) \ 0 50 Auch in seinem Verhalten gegen Agentien verhält sich das Carbonyldiacetamid, analog jenem, als vollkommen indiffe- renter Körper. Als Resultate der vorstehenden Untersuchungen über die Einwirkung des flüssigen Phosgens auf einige Amide, ergiebt sich, dass dieselbe in einer anscheinend typischen Weise statt- findet, indem das Phosgen eine Aneinanderlagerung zweier Moleküle des betreffenden Amids durch Ausscheidung je eines Atomes Wasserstoff der vorhandenen Ammoniakreste und deren Ersatz durch Carbonyl bewirkt. Wenn sich auch diese Umsetzungsweise nicht hat auf das Oxamid übertragen lassen, ein Umstand, der in dem vor- herigen Zerfallen dieses Körpers eine Erklärung findet, so sind doch das Carbonyldicarbamid, das Carbonyldibenzamid, das Carbonyldıacetamid und das Carbonyldibiuret so prägnante Beispiele dieser Umbildungsweise der Amide, dass ich nicht bezweifle, dass dieselbe noch bei einer bei weitem grösseren Anzahl von Amiden sich würde nachweisen lassen, und dass man im Stande sein würde, weitere Körper dieser Art darzu- stellen. Mittheilungen. Die vorweltlichen Säugethiere Nordamerikas. Die fossilen Säugethierreste Nordamerikas blieben bis auf jene durch ihre riesige Grösse und häufiges Vorkommen auffallenden von Mastodon, Megatherium, Zeuglodon und wenigen andern lange Zeit unbeachtet und hauptsächlich erst Jos. Leidy’s unermüd- lichen Forschungen verdanken wir seit einigen Jahren mehre ein- gehende Arbeiten, durch welche eine überraschende Fülle ma- nichfaltiger und auch eigenthümlicher Typen der Säugethiere be- kannt geworden ist. Wenn auch die Literaturberichte unserer heitschrift über die wichtigeren dieser Forschungen Bericht erstattet haben: so veranlasst uns doch die letzte grosse Monographie Leidys: the extinet Mammalian Fauna of Dakota and Nebrasca, welche den stattlichen VII. Band des Journal of the Academy of natu- ral Sciences of Philadelphia füllt, eine allgemeine Uebersicht 51 über die fossilen Saugethiere dieses Welttheiles mit vergleichen- den Bemerkungen der entsprechenden europäischen Fauna zu geben. Die seither auf ihre Säugethierreste untersuchten Ablagerun- gen Nordamerikas sind miocänen, pliocänen und diluvialen Alters. Erste die mitteltertiären constituiren in über 1000’ Mächtigkeit Hayden’s White River groupe in Dakota und Nebrasca als helle unreine Thone mit einzelnen Sand- und Kalksteinlagern im Ge- biete des White River. Die pliocänen Ablagerungen von Hayden als Loup River Beds zusammengefasst bestehen aus lockerem Sande mit Lagern von Kalksteinen bis 460 Fuss Mächtigkeit und erstrecken sich vom Platte River nordwärts bis zum Niobrara- flusse und südwärts ist ihre Gränze noch nicht ermittelt. Die diluvialen Gebilde längs des Missouri zeigen eine unverkennbare Aehnlichkeit mit dem allbekannten Loss des Rheinthales und füh- ren neben untergegangenen Säugethierarten auch Ueberreste von noch lebenden Säugethieren und Conchylien. Zu diesen Säuge- thierreichsten Lokalitäten kommen noch verschiedene andere, welche nur vereinzelte Arten bisher geliefert haben. Ueber das Vorkommen fossiler Menschenknochen in Gesell- schaft mit untergegangenen Säugethieren wie Mastodon, Megalo- nyx, Mylodon liegen verschiedene Angaben vor, allein dieselben entbehren noch der sichern Grundlage um auf sie schon das Auf- treten des Menschen in Nordamerika in die gleiche sehr frühe Zeit, für welche die jüngsten Forschungen dasselbe in Europa ermittelt haben, mit mehr als blosser Wahrscheinlichkeit anneh- men zu konnen. Ueberreste von Affen, welche in Europa bereits in sehr ver- schiedenen Ablagerungen tertiären Alters, in England, Frankreich und Griechenland nachgewiesen worden sind, wurden in Nord- amerika noch nirgends beobachtet, wie auch Knochen von Fle- dermäusen von keinem nordamerikanischen Paläontologen erwähnt werden. ; Von Insektenfressenden Raubhthieren führt Leidy aus dem Mio- cän der Mauyaises Terreszwei eigenthümliche Gattungen Leptictis und Ictops auf. Ich finde den Schädel-und Zahnbau beider in jeder Hinsicht dem der insectivoren Beutelthiere ganz besonders Didelphys dorsigera, D. bistriata, D. velutina so ähnlich, dassich beide dieser Familie zu- weise und weit von Erinaceus entferne, welche Leidy zur nähern Vergleichung zieht. Von beiden sind die Unterkiefer nicht be- kannt und würden dieselben keinen Zweifel über die Familien- wahl lassen. Auch die dritte Gattung Omomys, welche Leidy auf einen fragmentären Unterkiefer aus dem Tertiär von Fort Brid- ger, Wyoming errichtete, ist schwierig zu deuten: der 3. und A. vordere Backzahn ähnelt am meisten dem 2. und 3. des Opos- sum, während die Formen der ächten Backzähne ebensosehr an Erinaceus, Gymnura und deren Verwandte erinnern. So bleibt Ar 52 das tertiäre Auftreten ächter Inseetivorer Raubthiere in Nordame- rika, wo sie gegenwärtig durch Scalops und wenige Sorieinen re- präsentirt sind, annoch sehr fraglich. Noch viel unsicherer ist die Deutung jenes Eckzahnes aus den postpliocänen Schichten von Galena in Illinois, auf welche Leconte die insectivore Gattung Anomodon gründete. Ein mehr befriedigendes Interesse gewähren die Ueberreste der carnivoren Raubthiere, welche miocän, pliocan und diluvial nachgewiesen worden sind. Der Katzentypus zunächst erscheint im Miocän von Dakota mit der höchst eigenthümlichen Gattung Machaerodus (Drepanodon) in zwei Arten, M. primaeyus und M, occidentalis, beide eigenthümlich und von den Arten anderer Welttheile scharf unterschieden. In gleichaltrigen Ablagerungen kommen bekanntlich diese durch ihre riesigen Eckzähne abson- derlich ausgezeichneten Katzen in Mitteleuropa und Italien, jung tertiär in Griechenland und Indien und diluvial in Südamerika vor, während sie in der gegenwärtigen Schöpfung gänzlich feh- len. Die erste Art, M. primaevus gehört zu den Arten, deren obre Eckzähue vorn und hinten scharf sägezähnig gekantet sind, während M. occidentalis nur in einem fragmentären Unterkiefer mit dem 2. Backzahne bekannt ist, der zwar zur Aufstellung einer eigenen Art berechtigt, aber das verwandtschaftliche Verhältniss noch nicht befriedigend aufklärt. Eng an diesen Felinentypus an schliesst sich im Schädelbau die eigenthümliche Gattung Dinictis, deren Schädel in den Mauvaises Terres entdeckt wurde; sie hat auch den sehr grossen obern Eckzahn, entfernt sich aber von dem strengen Felinentypus durch den Besitz dreier untrer Lück- zähne und eines Kornzahnes am Ende jeder Zahnreihe. Da so- woll dieser Zahn wie der erste sehr kleine untere Lückzahn keine wesentliche Bedeutung für die Lebensweise und das Natu- rell des Thieres haben konnte: so ist dieser Gattung nur die Be- deutung eines Subgenus ähnlich wie Lynx unter Felis einzuräu- räumen, die Gattung Machairodus also mit drei miocänen Arten in Nordamerika aufzuführen. Die pliocänen Katzen vom Niobrara River in Nebrasca führt Leidy als Pseudaelurus intrepidus und Aelurodon ferox auf. Erste stützt Sich auf einen Unterkiefer, dessen erster einwurzliger Backzalın, auf welchen Gervais die Gattung gründete, gleichfalls nur als Alveole vorhanden ist, die übrigen Zähne stimmen jedoch so sehr mit Cynailurus, dem Guepard überein, dass die generische Vereinigung keine Bedenken hat. Wir haben hier einen zweiten sehr charakteristischen Typus, der sich miocän in Mitteleuropa, in Nordamerika aber pliocan findet, Machairodus lebte während beider Epochen in Europa. Die Gattung Aelurodon beruht auf einem einzigen obern Fleischzahne mit entschiedenem Katzenty- pus, eigenthümlich nur in dem abweichenden Grössenverhältniss einiger Zacken, worauf jedoch die generische Selbständigkeit noch 53 fraglich bleibt. Der Zahn beweist uns nur, dass während der pliocänen Periode eine Katze von nahezu Tigergrösse in Nord- amerika existirte. In den jüngsten Bildungen Nordamerikas kommen ächte Katzen vor. Ein Unterkieferast von Löwengroösse aus den Ma- stodon führenden Schichten im Mississippigebiete wird als Felis atrox und ein Fleischzahn aus Texas von derselben Grösse als Felis (Trucifelis) fatalis beschrieben. Letzter hat einen getheil- ten vordern Zacken, wie ich solches abnorm am Schädel eines heutigen Tigers beobachtet und darum die Aufstellung einer eige- nen Gattung, so lange andere Ueberreste fehlen, für sehr ge- wagt halte. Das Grössenverhältniss der einzelnen Zacken recht- fertigt nur die specifiche Trennung. Löwen und Tiger fehlen gegenwärtig in Nordamerika, diese spärlichen aber doch sehr charakteristischen Ueberreste beweisen die Existenz dieser Typen zur Zeit der Mastodonten, in Europa waren sie zur Zeit des Mammut durch den Hoöhlentiger vertreten. Ein ganz ähnliches Verhalten wie der Felinentypus zeigen uns die Caninen, die im nordamerikanischen Miocän durch Am- phieyon, im Pliocän und Diluvium durch ächte Canisarten ver- treten sind. Von Amphicyon werden 2 Arten beschrieben aus den Mauvaises Terres, A. vetus auf Schädel und Gebiss, A. gra- cilis nur auf eine vordere Schädelhälfte. Beide stehen den euro- päischen Arten dieser ausschliesslich miocänen Gattung sehr nah. Als Pliocan werden einige Kieferfragmente aus den Sanden des Niobrara River an drei verschiedene Wölfe, Canis saevus, C. te- ınerarius und C. Haydeni und an einen Fuchs C. vafer vertheilt. Erste sind dem lebenden Canis occidentalis und C. latrans, letz- ter dem Canis velox so auffallend ähnlich, dass die specifische Selbständigkeit gerechte Bedenken erregt, jedenfalls aber vo!l- ständigere Ueberreste zur Feststellung der Verwandtschaft erwar- tet werden müssen. Auch in den pliocänen Ablagerungen Euro- pas kommen Zähne und Knochen vor, die man bei nicht sehr scharfer Unterscheidungsmethode mit den lebenden Arten identi- fieiren konnte. — Wie bei uns Wolf und Fuchs im Diluvium bereits gefunden werden; so führt Wymann den nordamerikani- schen © latrans und occeidentalis vom obern Mississippi an, ein oberer Eckzahn aus Mlinois wird auf C. virginianus und ein mit Megalonyxresten am Ohio bei Evansville gefundener Oberkiefer ist von Leidy anfangs als C. primaevus später als C. indianensis bezeichnet worden. Die durch Machaerodus und Amphicyon bekundete enge Ver- wandtschaft der miocänen Carnivoren Europas und Nordamerikas wird durch einen dritten derselben eigenthümlichen Typus noch erweitert, namlich durch Hyaenodon. Diese von Laizer zuerst aufgestellte Gattung mit ihren überraschenden Beziehungen zu Canis urd Hyaena neben unzweideutigen Annäherungen an die 54 Beutelthiere hat ihre Hauptlagerstätte in Frankreich , wurde aber auch in Deutschland und England nachgewiesen. Die gleichaltri- gen Ablagerungen der Mauvaises Terres lieferten die Ueberreste dreier Arten, Hyaenodon horridus grösser noch ‘und kräftiger als die grösste europäische Art, nach einem Schädel, H. ceruentus nach einem Unterkieferaste nur wenig grosser als H. brachyrhyn- chus, dessen Schädel im Süsswassermergel zu Rabastein entdeckt wurde, und H. cruciatus nach verschiedenen Schädel- und Kie- ferfragmenten von nur Fuchsgrösse also kleiner noch als H. lep- torhynchus aus der Auvergne. Von den übrigen nordamerikanischen Carnivoren ist nur noch der Mustelinentypus Galera macrodon, der sich auf ein wahr- scheinlich postpliocänes Unterkieferfragment der Charles County stützt, zu erwähnen, doch bietet dasselbe keine Veranlassung zu eingehenden Vergleichungen. Die Bären traten in Amerika nicht früher;auf wie in Europa, nämlich sehr spärlich am Ende der tertiären Epoche und man- nichfaltiger in der diluvialen Zeit. Ihre Ueberreste sind aber in jenem Continente bei Weitem nicht so häufig wie bei uns der Hohlenbär. Der lebende Ursus americanus ist in jüngsten Gebil- den mit Megalonyx gefunden worden und andere Kieferreste von Natchay und aus Virginia sollen eine eigenthümliche Species U. amplidens bekunden. Eine postpliocane Backzahnkrone von Charl- ston in SCarolina von Leidy als Arctodus pristinus bestimmt, hat für die Vergleichung mit der europäischen Fauna kein Interesse, dagegen verdient der einzige pliocäne Backzalın vom White River Beachtung, auf welchen Leidy seinen Leptaretus primus 'begrün- det, wegen der überraschenden Aehnlichkeit mit dem lebenden Nasenbär, da dieser Typus überhaupt noch nicht sicher fossil be- kannt war. Auch die zweite Gattung der gegenwärtigen kleinen amerikanischen Bärentypen, der Waschbär, ist pliocän in Illinois als Procyon priscus, und in SCarolina in Ueberresten der gemei- nen lebenden Art Pr. lotor aufgefunden worden. Die Gattung der Wickelbären ist also allein noch nicht in Fossilresten be- kannt. Während Beutelthiere und zwar vom Typus der heutigen amerikanischen Didelphen in den Tertiärschichten Frankreichs un- zweifelhaft nachgewiesen worden sind, fehlen derartige Fossilreste aus Nordamerika noch. Höchst wahrscheinlich werden wie oben bereits bemerkt einige miocäne Insektenfresser sich als Marsupia- lien herausstellen und freilich auch nur fraglich führt Holmes di- luviale Reste der lebenden Didelphys virginiana aus SCarolina an. Nagethiere kommen häufiger und manichfaltiger fossil in den verschiedensten Ablagerungen Nordamerikas vor. In den mio- canen Ablagerungen zunächst sind die Leporinen wie in Europa durch Titanomys so in Dakota durch Palaeolagus Haydeni ver- treten, dessen Zahnformen trotz grosser Aehnlichkeit doch gene- 39 risch eigenthümlich sind. In denselben Schichten erscheint die Sceiurinenfamilie mit Ischyromys typus, dessen Schädelbau und Zahn- formen so eigenthümlich sind, dass sie in keine engere Verwandt- schaft mit noch lebenden Gattungen sich einreihen lassen, woge- gen der dritte miocäne Neger, Palaeocastor nebrascensis von hal- ber Grösse des lebenden Biber nach dem fragmentären Schädel vom White River die entschiedenen Charactere des Bibers jedoch ohne generische Identität zeigt. Nur durch geringe Grösse von der lebenden Art verschieden ist dagegen der fragmentäre plio- cäne Schädel vom Niobrara River, den Leidy als Castor tortus beschrieben hat. Die Nager in den diluvialen und jüngern Abla- gerungen verhalten sich wesentlich wie in den gleichaltrigen Bil- dungen Europas, d. h. sie weichen von den gegenwärtigen Arten gar nicht oder nur geringfügig ab. So werden aufgeführt Lepus sylvaticus aus Illinois und SCarolina, Sciurus panolius aus den Me- galonyxschichten Virginiens zugleich mit Tamias laevidens, ferner Arctomys monax von Galena in Illinois, Castor canadensis von mehren Orten, Castoroides ohioensis, Geomys bursarius, Arvicola riparia, Fiber zibethicus, Neotoma magister, Eumys elegans, Am- blyrhiza inundata, Loxomylus longidens, Hystrix venustus und Hy- drochoerus Aesopi, welch letzte Art sich auf einige vereinzelte Zähne vom Ashley River in SCarolina stützt, aber in ihrem ver- wandtschaftlichen Beziehungen zu dem gegenwärtigen Typus Süd- amerikas noch der weitern Aufklärung bedarf, wie denn auch Leidy dieselben anfangs als generisch eigenthümlich mit dem Na- men Oromys belegt hat. Die Edentaten lebten während der Diluvialzeit und wie es scheint z. Th. wenigstens bis in die gegenwärtige Epoche hinein in Nordamerika mit den längst bekannten riesigen Gestalten, welche der heutigen Thierwelt gänzlich fehlen und die damals schon auf den amerikanischen Continent beschränkt waren, nämlich mit Megatherium mirabile, Megalonyx Jetfersoni, dissimi- milis, validus und der vierten neuerdings als Megalocnus gene- risch abgesonderten Art M. rodens nach einem Unterkiefer von Cuba, ferner mit Mylodon Harlani und dem nur auf einen einzi- gen Backzahn von Natchy begründeten Ereptodon priscus. In Südamerika waren gleichzeitig diese riesigen Edentaten manich- faltiger vertreten, während ihre Existenz in der tertiören Zeit dort noch nirgends nachgewiesen worden ist, in Europa aber mit der andern diluvial auf Südamerika beschränkten Familie durch wenn auch sehr seltene Ueberreste angemeldet ist. Die Ungulaten oder Hufthiere heben den Unterschied zwi- schen ihren Vertretern der alten und neuen Welt in frühern Schöpfungsepochen ganz auf: die gegenwärtig ausschliesslich alt- weltlichen Typen wie Elephas, Rhinoceros, Equus lebten in der Tertiär- und z. Th. in der diluvialen Zeit in Nordamerika und mit ihnen andere Forınen, welche gleichzeitig in Europa, aber 56 nicht mehr in der heutigen Schöpfung existiren. Das Pferd als Vertreter der Einhufer erschien in der alten Welt zuerst in der jüngsten Tertiärepoche und ging durch die Diluvialzeit in die ge- genwärtige Schöpfung über. Die wenigen Backzähne aus den pliocänen Schichten am Nehrasca- und Niobraraflusse, auf welche Leidy sein Equus excelsus begründete, weichen von den gleich- altrigen Zähnen in Europa entschieden specifisch ab. Während der Diluvialzeit sollen nicht weniger als sechs verschiedene Pferde- species in Nordamerika gelebt haben nämlich ausser dem gemei- nen europäischen E. fossilis, dessen Ueberreste in der Eschscholtz- bai vorgekommen sind, noch E. major, fraternus, pacificus, par- vulus, conversidens und tau, deren einige schon bei eingehender Kritik als ungenügend begründet sich ergeben und wenn erst in vollständigeren Ueberresten bekannt auch eingezogen werden müssen. Noch unsicherer erscheint aber die grosse Artenzahl der zunächst sich anschliessenden Gattung Hipparion oder Hippothe- rium, welche gleichfalls nur nach den Zähnen charakterisirt werden. Eine Art H. venustum stützt sich auf zwei postpliocäne Zähne aus Südcarolina, während aller Orten die Gattung seither nur tertiär bekannt war, vier andere Arten sind pliocän vom White River und Niobrara River, allein bei der Charakteristik dieser Arten ist geringfügigen Eigenthümlichkeiten in dem Faltenverlauf der Schmelzleisten auf den Kauflächen eine zu grosse Bedeutung beigelegt worden und es scheint sehr fraglich, ob all diese Zähne auf Hippotherium bezogen werden können, da unsere jungtertiä- ren europäischen Pferdezähne gleiche und selbst stärkere Falte- lung zeigen und das gemeine lebende erhebliche individuelle Eigenthümlichkeiten bietet. Entschieden gehören ferner zum Ge- nus Equus die drei pliocänen Arten der Gattung Protohippus in Nebraska und Dakota. Die ebenfalls pliocäne Gattung Merychip- us, für welche Leidy zwei Arten aufführt, dürfte bei Aufindung vollständiger Ueberreste sich eher als eigenthümlich herausstellen. Ohne weiter in eine kritische Beleuchtnng einzugehen ersehen wir doch aus diesen Arten, dass die Einhufer seit der pliocänen Epoche in Nordamerika mindestens eben so manichfaltig vertreten waren wie in Europa und erst nach Ablauf der diluvialen Epoche dort dieser Typus völlig zu Grunde ging, bis er durch den Menschen wieder eingeführt wurde. — Die miocänen Einhufer sondert Leidy in eine eigene Familie, für die er nicht weniger als fünf Gattungen mit je einer Art aufstellte. Sie sind keine Einhufer im heutigen Sinne, sondern hatten dreizehige Füsse, nur traten sie blos mit der grossen Mittelzehe auf und die beiden seitlichen Hufe berührten kaum den Boden oder waren Afterklauen, wie eine solche auch das Hippotherium besass. Dazu kommt das ab- weichende Gebiss, indem die Backzähne entschieden zu den rhi- nocerotischen Formen hinneigen, Eck- und Schneidezähne dagegen in völligem Widerspruch zum Rhinocerotentypus stehen. Diese 57 Familie ist ausschliesslich tertiär und wurde zuerst im südlichen Europa bis Süddeutschland als Anchitherium aufgeführt. Ihr wies Leidy auch die amerikanischen Ueberreste zu, hat aber später nur die entschieden miocäne Form A.Bairdi bei derselben belas- sen und die pliocänen aus Nebrasca als Hippohippus affınis und Parahippus cognatus sowie eine dritte Art als Anchippus texanus generisch abgesondert. Die vergleichende Charakteristik der nord- amerikanischen Säugethierfauna mit der gleichaltrigen europäi- schen braucht diese Gattungsnamen nicht zu berücksichtigen und begnügt sich mit der Thatsache, dass Anchitherien gleichzeitig in einigen Arten in beiden Continenten lebten. Sie waren die Nach- folger der eocänen Paläotherien, welche in Europa auf die erste Tertiärepoche beschränkt waren, aus Nordamerika aber noch nicht bekannt sind. Durch sie erscheinen die heutigen Einhufer mit den eigentlichen Pachydermen eng verbunden. Aechte Pachydermen wie sie in der alten Welt durch die Schweine, Elephanten und Rhinoceroten repräsentirt sind, fehlen der gegenwärtigen nordamerikanischen Fauna und wieder fällt auch dieser Unterschied in frühern Epochen fort. In der mio- cänen Zeit lebten wie in Europa so in Nordamerika mehre Rhi- noceroten, gehörnte und ungehörnte, dem europäischen Acerathe- rium entspricht ein nordamerikanisches A. occidentale, ebenso ana- log verhalten sich die ächten Nashörner. Das letzte eigentliche Nashorz Rh. cerassus erschien in Amerika in der pliocänen Zeit, während in Europa noch zur Diluvialzeit das Rh. tichorhinus sehr häufig war. Neben jenen alten Rhinoceroten lebte gleichzeitig das tapirische Lophiodon in Nordamerika, welcher Typus in Europa wie die Paläotherien in der eocänen Zeit seine Manich- faltigkeit entwickelte, doch bis in die miocäne Epoche ebenfalls fortdauerte. Ueberreste von ächten Tapiren, die in der gegen- wärtigen Schöpfung nur in Südamerika und Indien heimisch, zur Tertiärzeit auch in Europa, finden sich weit verbreitet in den diluvialen Ablagerungen Nordamerikas und werden als Tapirus americanus und 'T. Haysi als specifisch eigenthümlich aufgefühınt. Die Proboscideen waren ganz wie in der alten Welt durch Elephas und Mastodon vertreten. Die Ueberreste vom Mammut finden sich in den diluvialen Ablagerungen des ganzen nordame- rikanischen Kontinentes ebenso verbreitet wie in Europa und Asien und war also dieses Thier über die ganze nördliche Erd- hälfte gleichmässig verbreitet. . Die amerikanischen Mammutzähne haben allerdings mehr als die europäischen Veranlassung zur Aut- stellung besonderer Species gegeben, doch konnten dieselben nicht aufrecht erhalten werden und redueirt auch Leidy alle auf Ele- phas americanus und E. primigenius, ersten als den häufigsten, letzten als den altweltlichen Mammut gleich in seinem Vorkom- men auf die Eschscholtz Bai beschrankend. Sollte erste Art wirk- lich gerechtfertigt sein: so steht sie jedenfalls dem Mammut noch 58 näher als dieses dem lebenden asiatischen Elephanten und ent- fernt sich weit von allen andern lebenden und vorweltlichen Ar- ten. Mastodon kommt bekanntlich in Europa nur miocan und pliocän vor und erste Ablagerungen haben in Nordamerika des- sen Ueberreste noch nicht geliefert, denn das einzige Zahnfrag- ment, das auf M. longirostris gedeutet neuerdings von Leidy als eigene Art M. obscurus bezeichnet ist ebenso unsicher nach seiner Lagerstätte als miocän in Maryland wie in seiner systematischen Bestimmung. Das pliocäne Vorkommen ist durch Mastodon miri- ficus in Kieferästen mit Zähnen vom Niobrara und Platte River unzweifelhaft nachgewiesen und diese Art auch mit keiner euro- päischen zu verwechseln. Das diluviale Riesenmastodon hat seine Ueberreste über den ganzen nordamerikanischen Kontinent zer- streut, war also ein Gesellschafter des Mammut nur in Nordame- rika, nicht auf der ganzen östlichen Halbkugel. Vielleicht dehnte sich die gleichzeitige südamerikanische Art, M. andium, bis Nord- amerika aus, wenigstens ist Leidy geneigt einen diluvialen Zahn von Honduras demselben zuzuweisen. Die Familie der artiodactylen Pachydermen entfaltet wieder in der miocänen Epoche ihren grössten Formenreichthum, der dem gleichaltrigen europäischen analog und selbst identisch ist. Dem eocänen Hyopotamus bovinus von der Insel Wight entspricht der miocäne H. americanus vom White River und wie auf diese Spe- cies allein sich die damalige Existenz der Anthracotherien in Ame- rika stützt, so erscheint auch der bei uns sehr manichfaltige Typus der Anoplotherien dort nur durch das einzige miocäne Titanotherium Prouti vertreten. Beide Familientypen überdauerten die miocäne Epoche nirgends, während eigentliche Schweine auch in Amerika von der miocänen Zeit bis in die diluviale aushielten. Den drei Arten von FElotherium des europäischen Miocan werden vier gleichaltrige amerikanische Arten gegenübergestellt, zu deren engster Verwandtschaft aber von untergeordneter und annoch un- sicherer Bedeutung Leidy weiter drei Gattungen Perchoerus, Lep- tochoerus und Nanohyus hinzugefügt hat. Die pliocänen und di- luvialen Schweine Nordamerikas fallen mit dem heutigen südame- rikanischen Typus, dem Dicotyles zusammen, der niemals auf der östlichen Halbkugel vertreten war. Eine Art dieses diluvia- len Nabelschweines wird als darwinistisches Uebergangsglied zwi- schen Dicotyles und dem altweltlichen Sus charakterisirt und deshalb unter dem eigenen Gattungsnamen Platygonus von den amerikanischen Paläontologen aufgeführt: Zahn und Schädelbau ist entschieden dikotylisch, während die Gliedmassenknochen als suinisch bezeichnet werden. Formenreicher als die Gruppe der Vielhufer erscheinen die Wiederkäuer neben den heutigen kosmopolitischen Typen von Bos und Cervus auch mit entschiedenen altweltlichen Formen. Im Miocän tritt uns zunächst die wegen ihrer überraschenden Bezie- 59 hüngen zu den Pachydermen höchst interessante Wiiederkäuergat- tung Oreödon in 6 Arten nach Leidys Bestimmung. Oben 3, unten 4 Schneidezähne und der obere kantige Eckzahn widersprechen un- sern Wiederkäuern auffällig, während die Backzähne mit den- selben übereinstimmen. Sehr eng verwandt mit demselben be- zeichnet Leidy noch die gleichaltrigen Merycochoerus und Lep- tauchenia, Gattungen welche der östlichen Halbkugel fehlen. Auch der dem Miocän von Dakota in drei Arten eigenthümliche Agrio- choerus stellt sich noch in so nahe Verwandtschaft mit Oreodon, dass beide in eine Familie untergebracht werden können. Die andern miocänen Wiederkäuer, Poebrotherium Wilsoni, Protome- ryX Halli und Leptomeryx Evyansi können wenigstens als Vertreter einer altweltlichen Familie nämlich der Moschiden betrachtet wer- den, wenn sie auch generisch nicht mit europäischen Vorkomm- nissen identifieirt werden können. Der sehr charakteristische Ty- pus Oreodon geht mit Merychus in drei Arten in die pliocäne Epoche über und hier gesellen sich ihm Kamele dem heutigen Nordamerika fehlend hinzu. Leidy hat dieselben ohne genügenden Grund generisch sehr zersplittert in Procamelus, Homocamelus, Megalomeryx und Merycodus. Neben ihnen tritt der erste ächte Hirsch Cervus Warreni und ein altweltlicher Typus Cosoryx fur- catus als Antilopenform charakterisirt auf. In der diluvialen Epoche endlich nehmen die nordamerikanischen Wiederkäuer entschieden den Charakter ihres heutigen Continentes an, nur eine Tylopoden- form Camelops kansanus nach einem Oberkieferfragment aus Kan- sas ist noch fremdartig darunter, sonst sind es ächte nordameri- kanische Hirsch- und Ochsenarten, letzte als drei Bison und drei Ovibos unterschieden. Die Ueberreste von Seehunden, der Gattung Phoca kommen weit verbreitet in Nordamerika fossil vor, auch solche von dem lebenden Wallross. Auf eine Vergleichung der Flossensäugethiere wollen wir nicht eingehen, ausser dem auch im südlichen Europa längst erkannten Zeuglodon würden dieselben zu einer kritischen Prüfung der überaus zahlreichen Gattungen nöthigen, welche eine lange Abhandlung füllen würde und für eine kurze Mittheilung sich nicht eignet. Giebel. Entwicklungsstufen einiger Gastropodenformen im Mittel- Oligocän Magdeburgs. In dem Folgenden darf ich unter Hinweisung au‘ die vor- trefflichen Beschreibungen der Conchylien des Norddeutschen Tertiär - Gebirges von Beyrich von einer eingehenden Beschrei- bung der Formen absehen, über deren Entwicklungsstufen einige Notizen hier folgen, welche vielleicht als Ergänzung des hereits Bekannten dienen können, 60 Die Gattung Fusus ist in dem Tertiär-Grünsande vorzugs- weise durch 2 Species vertreten, durch Fusws elongatus und Fusus multisulcatus Nyst. Die Grösse der zahlreich aufgefundenen Exemplare von F. elongatus beträgt 4 Mm. — 53 Mm.; der Wachsthumswinkel die- ser schlanken Formen 30°. — Das aus 3 Windungen bestehende konische Embryonalende übersteigt nur wenig ' Mm. Die Klein- sten der aufgefundenen Exemplare von 4 Mm. Länge zählen 6 Windungen. Bei Exemplaren mit 7 Windungen, von 5! Mm. Länge stellen sich in der Schlusswindung einzelne zarte Zwischen- streifen ein, während die 6 Windungen haltenden Exemplare nur 15 Primärstreifen in der Schlusswindung und 5 in der letzten Mittelwindung erkennen lassen. Bei den 8 Windungen enthalten- den Formen von 8 Mm. Länge tritt bereits ein feiner Zwischen- streifen zwischen den Primärstreifen in der Schlusswindung deut- lich hervor. Bei 9 Windungen zählenden Exemplaren von 11 Mm. Länge schieben sich zwischen den einzelnen Primärstreifen in der Schlusswindnng zwei Zwischenstreifen ein. Bei den 10 Windungen haltenden Exemplaren von 13— 17 Mm. Länge ist nur selten noch das Embryonalende zu beobachten. Die 11 Win- dungen zählenden Formen messen 17 — 19 Mm. — Bemerkens- werth ist, dass alle Exemplare bis zu 11 Windungen eine stets glatte Spindel haben; sobald sie dieses Alter überschreiten, bil- den sich bei den hier gefundenen Exemplaren 2 Leisten auf der Mitte der Spindel aus, selten erscheint nur eine, noch seltener finden sich 3; ausserdem bildet sich am obern Mundwinkel eben- falls eine Leiste aus. Die Grösse der 12 Windungen zählenden Exemplare beträgt 23 — 27 Mm., deren mit 13 Windungen 30 Mm. Fusus multisulcatus. — Die gefundenen Exemplare haben eine Länge von 4 Mm. bis 39 Mm. und einen Wachsthumswinkel von 60° die ersteren liessen mit dem Y/, Mm. hohen und aus 2 Windungen bestehenden Embryonalende 4 Windungen, die letzteren, 8 Windungen zählen, wenn auch das abgeriebene Embryonalende hinzugerechnet wird. Bei 5 Windungen zählen die Exemplare 6 Mm., bei 6 Windungen 9—-12 Mm., bei 7 Windungen 13—18 Mm. Die Mündung mit dem Kanal ist doppelt so lang wie das Gewinde; die Querfurchen im unteren Theile der Schale haben fast gleiche Breite mit den Streifen. Von der Gattung Murex sind im Grünsande 2 Arten in einer grossen Anzahl von Exemplaren aufgefunden: M. tristichos Beyr. und Murex pereger Beyr. Murex tristichos. — Die in den Festungsgräben gefunde- nen Exemplare erreichen in Grösse nicht die zu Neustadt-Magde- burg gefundenen und bleiben noch weiter hinter denen des Unter- Oligocän von Lattorf zurück. Der Wachsthumswinkel ist 500, wenn die Neigung einer hervorstehenden Kante zu der gegenüber- stehenden Fläche, 30%, wenn der Neigungswinkel zweier gegen- 61 überstehender Flächen gemessen wird. Die grössten Exemplare sind 25 Mm. lang und zählen 5 gewölbte Mittelwindungen; nur bei wenigen dieser ausgewachsenen Exemplare ist eine Windung des Embryonalendes noch zu beobachten. Das kleinste der auf- gefundenen Exemplare von 4 Mm. Länge lässt das aus 3 glatten Windungen von 1 Mm. bestehende Embryonalende deutlich er- kennen; die eine vorhandene Mittelwindung hat 6 Wülste ohne Querstreifen; die Schlusswindung zeigt ebenfalls noch 6 scharf- winklige Wülste und über denselben bereits 2 starke Querstrei- fen, welche beim weiteren Wachsthum des Thieres fortfallen, so- dass auch die 2. Mittelwindung ohne Querstreifen bleibt. Die Exemplare mit 2 Mittelwindungen sind 5—6 Mm. lang und las- sen auf der Schlusswindung bereits 4 Querstreifen erkennen, von denen 2 zwischen den Wülsten befindlich sind. Diese Querstrei- fung der Schlusswindung tritt jedoch auch bei Exemplaren von 3 Mittelwindungen auf diesem noch nicht hervor; in der Schluss- windung dieser letzteren, deren Länge 8—11 Mm. beträgt, zeigten sich bereits 6 Querstreifen und die Wülste erschienen hier zuerst dreizeilig geordnet. Diese dreizeilige Ordnung zeigt sich daher bei Exemplaren, welche 4 Mittelwindungen besitzen, bereits auf der letzten derselben. Diesen Formen, deren Länge 12—20 Mm. und deren grösste Breite T—10 Mm. beträgt, fehlt meist schon das Embryonalende und die Wülste der obersten Mittelwindung sind abgerieben. Die oberste Mittelwindung fehlt oft schon den älteren Exemplaren mit 5 Mittelwindungen, deren Länge 20—25 Mm. beträgt. Diese Altersstufe ist dadurch gekennzeichnet, dass bei ihr die Wülste der 2 unteren Mittelwindungen dreizeilig ge- ordnet sind. Murex pereger Beyr ist ebenfalls in vielen Exemplaren im Grünsande gefunden; das grösste derselben, dessen Wachs- thumswinkel 409 beträgt ist 38 Mm. lang, 21 Mm. breit; ge- wöhnlich beträgt die Länge nur 20 Mm. Tritonium foveolatum Sandbg. — Dem ausgewachsenen Exemplare von 18 — 22 Mm. Länge fehlte das Embryonalende und die oberste Mittelwindung ; wenn man diese ergänzte, würde man 7 Windungen zählen. Das Embryonalende von 1 Mm. Länge besteht aus 2 glatten Windungen. Die Exemplare mit 4 Win- dungen sind 5 Mm. lang, mit 5 Wioudungen 8 Mm., mit 6 Win- dungen 15 Mm., mit 7 Windungen 25; eines erreichte die Länge von 28 Mm. Die Anzahl der Zähne auf der Aussenlippe beträgt bei den meisten Exemplaren 4, von denen die beiden oberen 2 Zähnen der Spindelseite, die beiden unteren meist nur einem tief- gestellten der Innenseite entsprechen. Der Wachsthumswinkel beträgt 40°. Von der Gattung Cancellaria weist der Grünsand 2 Arten auf: Cancellaria evulsa Sol und Cancellaria granulata Nyst. Cancellaria evulsa Sol. — Das grösste Exemplar von 9 62 Windungen und dem Wachsthumswinkel von 679 hat eine Länge von 25,5 Mm. und eine Breite von 19 Mm.; übertrifft daher in Grösse die bisher von Barton und Lattorf bekannten. Die klein- sten Exemplare, welche ausser dem Embryonalende nur eine Schlusswindung aufweisen, messen in der Länge 7 Mm. Das Embryonalende, welches aus 2 glatten und einer schwach quer- gestreiften Windung besteht, ist 1,5 Mm. lang. Die Schlusswin- dung lässt 13 Querstreifen erkennen, von denen 5 die obere Hälfte bis zum Mundwinkel einnehmen. Zwischen je 2 Primär- linien schiebt sich bereits in dieser Schlusswindung eine zarte Zwischenlinie ein. Wenn eine neue Windung hinzutritt, so nimmt die Länge auf 8 Min. zu, und auch jetzt noch lässt sich in der Schlusswindung zwischen je 2 Primärstreifen nur eine Zwischen- linie erkennen. Bei 6 Windungen, 11 Mm. Länge, lassen die Exemplare das Embryonalende bereits nicht mehr deutlich er- kennen, auch ist die Streifung auf der obersten Mittelwindung bereits vollständig verwischt; in der Schlusswindung treten bereits zwischen je 2 Primärlinien 3 Zwischenlinien hervor. Bei 7 Win- dungen erreicht die Länge 14 Mm., bei 8 Windungen 16 — 18 Mm.; bereits auf dieser Stufe variiren die einzelnen Exemplare zwischen 10 und 13 Mm. Exemplare mit 9 Windungen messen 22—25 Mm. Cancellaria granulata Nyst. — Da der Wachsthumswin- kel nur 300 beträgt, so haben die Schalen im Vergleich mit de- nen von Ü. evulsa ein schlankes Ansehen. Die Länge der gröss- ten Exemplare mit 7 Windungen beträgt 16 Mm., die der klein- sten 4 Mm. Die letzteren zeigen deutlich das Embryonalende, dessen 2 glatte Windungen 4/4 Mm., die dritte fadenformig ge- streifte Windung 1 Mm. betragen; der Schlusswindung, an wel- cher bereits die Längssculptur hervortritt, verbleiben 3 Mm, Bei 5 Windungen wächst die Länge auf 5,5 Mm., bei 6 Windungen auf 9 Mm., bei 7 Windungen auf 13 Mm. Nur wenige Exem- plare von dieser Länge sind aufgefunden, während Exemplare von 9 Mm. Länge und die kleinsten mit 4 Windungen versehenen Exemplare sehr häufig angetroffen wurden. Magdeburg, d. 28. November 1872. Dr. A. Schreiber. Die experimentelle Bestimmung der Vergrösserung bei optischen Instrumenten. Wenn man die Vergrösserung eines Fernrohrs experimentell bestimmen will, so bedient man sich bekanntlich folgender Me- thode: Man richtet das Rohr auf einen in passender Entfernung aufgestellten Massstab und sieht mit einem Auge durch das Rohr mit dem andern direct nach demselben hin, so dass ein Theil (ein Fuss, ein Decimeter oder Centimeter u.s.w.) des durch das Rohr gesehenen Bildes irgend eine Anzahl von Theilen des di- 63 rect gesehenen Massstabes deckt; die Anzahl dieser "Theile gibr dann an, wie oft das Instrument vergrössert. Statt des Massstabes benutzt man häufig auch die Ziegelsteine eines Daches oder dergl!. Diese Methode ist allgemein bekannt und ihre Richtigkeit ist auch sehr einleuchtend. Beim Mikroskope kann man das gleiche Prineip anwenden, man muss aber zur Besichtigung durch das Instrument einen mi- krometrisch getheilten Massstab benntzen, während zur direeten Ansicht mittelst des andern Auges ein gewöhnlicher Massstab an- zuwenden ist. Man verwendet gewöhnlch kleine Glasmikrometer, wo ein Millimeter beispielsweise in 10 oder mehr gleiche Theile getheilt ist. Da uun die Methode genau nach demselben Principe durchgeführt werden soll, wie vorher beim Fernrohr, so muss man einen gewöhnlichen Millimetermassstab gerade neben das Mi- krometer auf den Objecttisch legen und zusehen, wie viel Milli- meter durch einen Mikrometertheil gedeckt werden. Wenn man dabei die Mikrometertheile gerade Zehntel-Millimeter sind und ein solcher Theil beispielsweise 12 Millimeter deckt, so ist die Vergrösserung natürlich eine 120fache. Gewöhnlich verfahren die Optiker aber anders; sie legen den Millimeter-Massstab nicht auf den Objecttisch, sondern brin- gen ihn in die sogenannte deutliche Sehweite, also in 8 bis 10 Zoll Entfernung. Nehmen wir beispielsweise an, das Rohr des Mikroskopes sei nur 6 Zoll lang, so wird der Massstab 2 bis 4 Zoll hinter den Objecttisch gehracht; dort erblicken wir die Theile natürlich unter kleinerem Gesichtswinkel und zwar erscheinen in 8 Zoll Entfernung 16mm gross, wie vorher in 6 Zoll Entfernung die 12mm, — in 10 Zoll Entfernung aber haben erst 20mm dieselbe scheinbare Grösse (6:12 —=8:16=10:20). Je nachdem man also eine deutliche Sehweite von 8 oder 10 Zoll zu Grunde legt, kann man die Vergrösserung die ich vorher auf 120 bestimmt hatte auf 160 bis 200 angeben. Diejenigen Optiker, welche ihren Instrumenten nun recht grosse Vergrösserungszahlen nachrühmen wollen, legen daher meist eine möglichst grosse Sehweite zu Grunde. Diese Methode ist also ziemlich unbestimmt, weil man die „deutliche Sehweite‘“ innerhalb gewisser Grenzen verändern kann ; aber auch abgesehen von dieser Unbestimmtheit erscheint sie mir nicht richtig, denn sie bringt neben der Wirkung des Instrumen- tes auch eine Wirkung der Perspective mit zum Ausdruck. Wollte man nun beim Fernrohr in gleicher Weise verfahren, so müsste man in 8 bis 10 Zoll Entfernung vom Auge noch einen zweiten Massstab aufstellen und müsste diesen mit dem optischen Bilde des weit entfernten Massstabes vergleichen, man wird leicht begreifen, dass man hier keine Vergrösserung sondern eine Verkleinerung erhalten würde, indem ein Theil des optischen Bildes bei wei- 64 tem nicht so gross erscheinen wird, als ein Theil dieses nähern Massstabes. Fernrohr und Mikroskop sind aber im Grunde ein und das- selhe optische Instrument; es ist also klar, dass für beide dieselbe Methode angewendet werden muss. Es liegen nun aber zwei Me- thoden vor: eine ist beim Fernrohr gebräuchlich, die andere beim Mikroskop; die beim Fernrohr gebräuchliche kann wie wir ge- sehen haben, ebensogut aufs Mikroskop angewendet werden, die andere beim Mikroskope angewendete aber gibt beim Fernrohr unsinnige Resultate. Es dürfte schon aus diesem Grunde kein Zweifel darüber sein, dass die Fernrohr-Methode die richtige ist. Dazu kommt aber noch dass die Mikroskop - Methode nicht ohne Einwürfe ist: erstens ist sie unbestimmt, weil die „deutliche Sehweite“ kein bestimmter Begriff ist, und zweitens drückt sie nicht die Wirkung des Instruments allein aus, sondern gleichzei- tig auch die Wirkung der perspectivischen Verkleinerung und Vergrösserung. Ich habe diese Ansichten schon im Jahre 1869 in einer Sit- zung des naturwissenschaftlichen Vereins für Sachsen und Thü- ringen ausgesprochen (vgl. B. 34, S. 161 dieser Zeitschrift), fand aber mehr Widerspruch als Zustimmung. Es wurde mir z. B. folgendes entgegnet: Die meisten Mikroskope sind so eingerichtet, das man das Ocular heransziehen und das Rohr auf diese Weise verlängern kann; es würde „also bei dieser Veränderung der Massstab nicht gleich weit vom Auge entfernt bleiben. Ich glaube aber, dass darauf auch gar nichts ankommt, denn wenn man das Ocular auszieht, so wird eben das Instrument ein anderes, und es wird für diess neue Iustrument auch eine neue Bestimmung der Vergrösserung nothwendig. Ebenso wie bei den zusammengesetzten Mikroskopen verhält es sich auch bei den einfachen und bei den Lupen; auch hier be- stimmt man die Vergrösserung gewöhnlich in der Weise, dass man den Massstab in die „deutliche Sehweite“ bringt; die Vergrösse- rung wird dadurch natürlich viel grösser, weil zur Wirkung der Linse noch die Wirkung der Perspective kommt. Ich meine, dass man auch hier den Massstab nicht weiter vom Auge entfer- nen darf, als das betrachtete Object; ınan kann hier wieder wie beim Fernrohr den Massstab als Object benutzen. Dagegen ward mir nun eingeworfen, dass man auf einem so dicht vor das Auge gehaltenen Massstabe nichts mehr erkennen könne; ich gebe zu, dass dies nicht leicht ist: ich bin ziemlich kurzsichtig, bin auch im Doppeltsehen genügend geübt, trotzdem macht mir eine solche Bestimmung Mühe; man kann sich aber ja leicht dadurch helfen, dass man den Massstab in eine grössere Entfernung hält, z. B. in die achtfache: dann hat man die Zahl der Vergrösserung nur durch acht zu dividiren. Hier werden die nach meinem Vor- schlage bestimmten Zahlen sehr viel kleiner als die von den Op- 65 tikern angegebenen; es hat diess seinen Grund darin, dass das Object bei Anwendung der Lupe viel näher am Auge ist als bei Anwendung des zusammengesetzten Mikroskopes, es erscheint also schon von selbst viel grösser. Derjenige Theil der Vergrös- serung, der durch die Annäherung (oder wie ich es oben aus- sprach durch die Wirkung der Perspective) entsteht, kann aber doch unmöglich auf Rechnung der optischen Instrumente gesetzt werden. — Seitdem ich in der oben angegebenen Sitzung des naturwis- senschaftlichen Vereins mit dieser Ansicht hervorgetreten war, habe ich Gelegenheit gehabt mit mehrern Physikern ersten Ran- ges über diese Angelegenheit zu sprechen, einige stimmten mir bei, andere nicht. Ich bin daher bis jetzt bei meiner Ansicht ge- blieben und bin jetzt darin noch bestärkt durch eine Abhandlung von Prof. C. Schweigger, welche durch Prof. Clebsch in der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen vorgetragen ist (s. Göttinger gelehrte Nachrichten 1870, S. 143—158). Die- selbe handelt über die Grösse des ophthalmologischen Bildes, und es kommt darin auch die vorliegende Frage zur Besprechung. Schweigger stellt die Sache so dar: die Vergrösserung eines op- tischen Instrumentes sei danach zu bestimmen, wie viel mal das Netzhautbild im Auge durch das Instrument grösser wird; dabei darf das Object natürlich seine Entfernung vom Auge nicht än- dern, denn sonst entsteht in der Grosse des Netzhautbildes von selbst eine Veränderung. Statt des Netzhautbildes kann man na- türlich auch den Sehwinkel anwenden, eventuell dessen trigono- metrische Tangente. In Bezug auf die „deutliche Sehweite“ sagt er (3.153): „Nun ist es doch wirklich vom heutigen Standpunkte der Ophthalmologie aus nicht zu verlangen, einem so veralteten Begriffe, wie die deutliche Sehweite ist, noch länger Rechnung zu tragen; mit demselben Rechte wie nach 8 Zoll, konnte man dieselbe auf S0 oder 800 Zoll verlegen, oder auch gleich unend- lich setzen.“ In folgendem führt der Verf., wie ich es auch ge- than, das Beispiel des Fernrohrs an und begegnet dabei einem Einwurf, den ich früher einmal gehört hatte. Man hatte mir gesagt, man müsse die Vergrösserung nach der deutlichen Seh- weite bestimmen, weil man gewohnt sei, die Gegenstände in die- _ ser Entfernung zu sehen. In Bezug hierauf sagt Prof. Schweig- ger: „Es wird doch nun wol Niemand behaupten wollen, dass der Mond mit einem 2—- 3mal vergrössernden Theaterperspectiv betrachtet 2 --3mal grösser erscheine, als sich dieser Himmelskor- per ausnehmen würde, wenn wir ihn in der deutlichen Sehweite von 8 Zoll betrachten könnten. Nıun ob wir ein entferntes Ob- jeet durch ein Holländisches Fernrohr, oder ein nahes durch die Brückesche Lupe betrachten, alles dies geschieht genau nach denselben optischen Gesetzen, und wir können doch unmöglich ein und denselben Vorgang mit zweierlei Massen messen. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872, 5 66 Weiter unten (S. 155 — 156) heisst es dann in Bezug auf die Vergrösserung bei den Lupen wie folgt: „Wollen wir uns nicht damit begnügen, die Grösse des Seh- winkels zu berechnen, sondern fragen nach der sogenannten Ver- grösserung, so konnen wir doch nur nach Analogie der bei Mes- sung der Fernrohrvergrösserung auseinandergesetzten Methode ver- fahren. Nennen wir den Sehwinkel, unter welchem wir das Ob- jeet mit blossem Auge sehen d, und den Sehwinkel, unter welchem es in derselben Entfernung mit Hilfe vergrossernder Instrumente erscheint D, so wird offenbar die Vergrösserung ausgedrückt durch das Verhältniss d:D. Bei der Lupenvergrösserung hängt nun das Verhältniss d:D wesentlich davon ab, in welcher Entfernung sich das mit der Lupe betrachtete Object von unserm Auge befindet. Liegt das Objeet in der Brennweite, so können wir gar nicht nach der Grösse des Bildes fragen, denn das Bild liegt eben in unendlicher Entfernung, ist also auch unendlich gross. Der Seh- winkel aber, unter welchem in diesem Falle das Object erscheint ist lediglich abhängig von der Brennweite der Lupe. Bezeichnen wir die Grösse des Gegenstandes mit @, seine Entfernung von der Lupe mit c, so wird der Sehwinkel *) Des gleichviel wie gross die Entfernung der Lupe von unserm Auge ist. Der Sehwinkel des in derselben Entfernung mit blossem Auge betrachteten Objects würde sein: d = nn wenn a wieder die Grösse des betrachteten Objectes und X seine Entfernung vom optischen Mittelpunkte des Auges bedeutet. Der Quotient ae R wird natürlich um so kleiner jemehr sich die Lupe (nebst dem immer in der Brennweite bleibenden Objecte) dem Auge annä- hert und er wird gleich 1 wenn % und c zusammenfallen, da vom Mittelpunkte des Convexglases aus gesehen Object und Bild stets unter demselben Sehwinkel erscheinen. Es würde also in die- sem Falle lediglich die starke Annäherung des Objectes, welches die Lupe erlaubt, die Vergrösserung des Sehwinkels bewirken und das mittels der Lupe entworfene Netzhauthild würde nur so gross sein, als es auch ohne die Lupe sein würde, wenn wir un- ser Auge auf so kurze Entfernungen accomodiren konnten. Da aber X und c niemals zusammenfallen können, so wird das mit- tels der Lupe entworfene Netzhautbild immer noch etwas grösser ausfallen, als es für die gleiche Entfernung des Objectes durch die Accomodation erreicht werden konnte.“ *) Eigentlich seine Tangente. 67 Wie man sieht stimmt Herr Prof. Schweigger vollständig mit den oben von mir vorgetragenen Ansichten überein. Ich habe dieselben hier veröffentlicht, um wo möglich noch weitere Aeusse- rungen von Physikern und Mikroskopikern hervorzurufen,;, wenn sich dann im Laufe der Diskussion die eine oder die andere Me- thode als richtig erweist, und wenn dadurch eine Üebereinstim- mung in der Bestimmung der Vergrösserung bei optischen Instru- menten erreicht wird, so ist der Zweck dieser Mittheilung erfüllt. Erfurt, im Januar 1872. G. Schubring. Literatur. Astronomie u. Meteorologie. E. Weiss, Discussion der während der totalen Sonnenfinsterniss von 1868 ange- stellten Beobachtungen und der daraus folgenden Ergeb- nisse. — Da wir seiner Zeit über die Beobachtungen bei der Sonnenfin- sterniss von 1868 schon einen ausführlichen Bericht gegeben haben (s.B, 32, S. 129; B. 35. 116—120): so wollen wir jetzt unsere Leser auf diese neue gründliche und umfassende Arbeit von Prof. Weiss nur einfach hin- weisen und bemerken, dass der Verf. nicht nur seine eigenen Beobachtun- gen sondern auch die der andern Expeditionen, der französischen, engli- schen, norddeutschen u. s. w. wiedergibt und diseutirt. Die Abhandlung ist auch durch die Buchhandlung von K. Gerold in Wien besonders für 1 Thlr. zu beziehen. — (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissen- schaften 1870. Bd. 62. S. 873 -1016.) A. Bandelier, meteorologische Beobachtungen in High- land. — Verf. giebt zunächst den auffallenden Wechsel der Maxima und Minima an, ebenso die oft bedeutenden täglichen Schwankungen, dann die Gewitter, deren 12—17 in einzelnen Monaten vorkommen, auch die Regenfälle sind sehr häufig, ergaben 1868 nicht weniger als 41 Zoll und 1869 an 139 Regentagen nicht weniger als 45 Zoll. Die heftigsten Regen bringen gewöhnlich W und NWWinde, aber dieselben sind nur von kurzer Dauer, SO und NO bringen langsamen Regen. Schneefälle sind im All- gemeinen sehr selten und anhaltend, 6 Zoll ist fast unerhört, 4—5 Zoll schon sehr stark und bleibt der Schnee selten mehr als 3 oder 4 Tage liegen, dagegen fällt er bisweilen schon frühzeitig, 1855 schon am 5, Ok- tober, in 25 Jahren 5 mal im Oktober, 12mal im November der erste Schneefall, der letzie 4malim März, 3mal im Februar und 8mal im April. Gewöhnlich bringt der August etwas Kühlung, nicht selten schon Reif. Im J. 1859 und 1860 und später fiel diese kühle Periode zusammen mit einem gruppenweisenAuftreten der Nordlichter, die schr häu- fig sind. Verf. zählte in 10 Jahren 62 Nordlichter, im einzelnen Jahre 8—11, wobei noch mehrere unbeachtet geblieben sein mögen. Sie begin- nen meist zwischen 8 und 9 Uhr Abends, am häufigsten März, April, es 68 August und September, also in die Aequinoetien. Verf. versucht die mittle Intensität dieses Phänomen zu bestimmen. Er kehrt zu diesem Behufe Olmsted’s 4 Klassen in die entgegengesetzte Ordnung um, nimmt 1. für die niedrigste und 4. für die höchste Intensität und erhält dadurch al- lerdings eine höchst unvollkommene Scala, für Januar, December, Novem- ber = 1, für Mai, Juni, Juli = 1,5, für März, April, Februar = 1,5 und für August, September, October 1,2. Die wirkliche Dauer der Erschei- nung vom ersten malten Lichtschimmer bis zum gänzlichen Verschwin- den der hellen Wolke ist nicht genau zu bestimmen, dennoch versuchte Verf, eine annähernde Bestimmung, Bei 40 Polarlichtern ist die durchschnitt- liche Dauer 2 Stunden 26 Min. und schwankt dieselbe zwischen 20 Minuten und 181/, Stunde. Verf. unterscheidet horizontale Bewegungen des Phäno- mens und vertikale. Die horizontalen zeigen entweder ein Fortschreiten in NSRichtung oder eine Rotation, eine verticale auf jene. Schon der erste anzeigende Liclitschimmer besitzt beiderlei Fortschreiten, Diesen er- sten schwachen Lichtschimmer sah Verf. 18mal in NO, 5mal in O und NO. Schwache Polarlichter beginnen mit einem sehr leichten hellen Flor, starke kündigen sich durch ein concentrirtes weisses Sprühen an, das wie ein Lichtwölkchen am Horizonte erscheint und gleich einen flachen Bogen beschreibt, dem entlang die Intensität von O nach W nach W hin wächst, um am westlichsten Endpunkte des Bogens zu verschwinden, Die Bewegung geht stets von O nach W, nie umgekehrt. Der flache Lichtbogen wächst und wird zu einem diffusen Lichtkreise, in dem der Punkt grösster Inten- sität von O nach W rotirt. Es erstreckt sich der Lichtkreis als ein weiss- licher Nebel, vor dessen Glanz Sterne 6. und 7. Grösse erblassen, bıs auf die südliche Hälfte des Himmels, in den meisten Fällen jedoch nur bis zum Polarstern. Jede sichtbare Bewegung ist dann in demselben ver- schwunden, die Ortsveränderungen auf die andern Theile der Nordlichter beschränkt. Der Lichtkreis verg!üht allmählich und schrumpft zu einem weisslichen Streifen zusammen, der in NO verschwindet. Bei den gros- sen Polarlichtern vom 28. August und 4. Septbr. 1859 erschienen in dem Lichtkreise breite gelbliche Liebtbogen, die langsam nach SW vorrückten und gleichzeitig von O nach W rotirten. Am stärksten Nordlicht (6. Sepbr. 1860) bildeten sich binnen 40 Minuten 3 blauweisse Lichtbogen, jeder kaum 1 Grad breit, in beständiger rascher Bewegung. Sie schienen ohne allen Zusammenhang mit den Strahlungen, ihre mittle Dauer war 8 Minuten, dabei veränderten sie oft ihre Endpunkte, brachen auf und schlossen sich wieder blitzschnell. Das dunkle rauchige Segment sah Verf. sehr schön am 6. Septbr. 1860 und 9. März 1861, es erschien 1!/, Stunden nach Be- ginn des Polarlichtes und stieg einer compacten Rauchmasse ähnlich von NO empor, die Helle des Nordlichts im Aufsteigen bedeckend, eine Wol- kenmasse säumte den nördlichen Horizont, das Segment erschien oberhalb der Wolken und erreichte in 30 Min. 20° Höhe, in ilhm bildeten sich schmale helle Sectoren, aus welehen Strahlungen emporstiegen. Diese Oeffuungen mehrten sich rasch und es entstieg ihnen ein wahres Meer purpurner Strahlen, die ganze nördliche Himmelshälfte bedeckend. Das Segment ver- schwand obwohl das Polarlicht die ganze Nacht anhielt. Verf. beschreibt 69 noch andere beobachtete Segmente, in allen Fällen bezeichnete das Auf- lösen der rauchigen Masse das Maximum der Strahlenentwicklung. Stets bewegte sich das Segment horizontal von NO nach SW oder von NNO nach SSW. Zweimal säumte das Segment ein schmaler Lichtbogen, des- sen einzelne Theile mit grosser Schnelligkeit nach W flossen, wie wenn ein elektrischer Lichtstrom um das Segment rotire. Die horizontalen Licht- wellen wurden in 10 Jahren 2mal beobachtet, im August 1862 zwei Stun- den lang. Sie treffen nur mit dem Ende des Polarlichtes zusammen. — Die Strahlungen scheinen die einzigen Theile des Phänomens, welche eine senkrechte Erhebung besitzen; in allen Fällen bewegten sie sich jedoch auch horizontal von O nach W kreisend. Beim Hervorbrechen sind sie milechweiss und am intensivsten an ihrem Fusse,. Hat der Strahl den Me- ridian erreicht, ist die grösste Intensität in seiner Mitte und er färbt sich roth. Westlich von N verschwindet der Fuss, die Spitze wird durchsich- tig blauroth, verschwimmt zu einem blutrotlien Flecken. Pulsationen von unten nach oben finden fast in jedem Strahle statt. Die lateralen Bewe- gungen der Strahlen erfolgen sehr ungleich schnell, ebenso ihre Dauer. Die mittle Dauer des Strahles fand Verf. 31/), Min., ihre durchschnittliche Höhe 430, die durchschnittliche Anzahl der Strahlen im Polarlicht 187. An Farben beobachtete Verf. nur weiss und purpurroth, in einem Polar- lichte auf dem Lorenzstrome schossen nur gelbe Strahlen allerdings bei hellem Mondlicht. Die Krone sah er nur einmal eine Minute in blenden- der Pracht. — (Züricher Vierteljahrsschrift XV, 33—395.) Argelander, über die klimatischen Verhältnisse von Sanjago de Chile und Valparaiso. — Nach verschiedenen dort an- gestellten mehrjährigen Beobachtungen ist das Klima von Sanjago im Gan- zen ein sehr gleichmässiges, die Extreme der Temperatur in 9 Jahren liegen zwischen — 3020 und 32090. Merkwürdig ist nur, dass die mittle Jahrestemperatur von 1849—52 sich auf 15%2 C., die von 1860-68 aber nur zu 13%) C. herausstellte. Ein Theil dieser Differenz mag auf der ver- schiedenen Meereshöhe der Beobachtungsorte beruhen , schwerlich aber die ganze von 202 C. Die in Sanjago fallende jährliche Regenmenge ist sehr gering, in den wenigen Beobachtungsjahren eine sehr verschiedene, im All- gemeinen nicht über 10— 12 Zoll jährlich; offenbar ziehen die nahen An- des den Regen an. Es regnet nur im Winter, in andern Jahreszeiten nur sporadisch und sehr wenig. Noch seltener sind Gewitter, häufig dagegen Erdbeben, durchschnittlich 18 im Jahr. In Valparaiso sind die Schwan- kungen der Temperatur noch geringer, wie das Seeklima es erwarten lässt, die mittle Jahrestemperatur steht um 202 C. tiefer als in dem in 1600° Meereshöhe liegenden Sanjago. Die Ursache hiervon liegt in dem Strome, der vom Südpole herkommend längs der Küsten von Chile hinströmt und aus demselben Grunde erniedrigt wie der längs der Küsten von Norwegen hinfliessende Golfstrom die Temperatur dieses Landes erhöht. — (Rhein. Ferhandl. XXVII, Sitzggsbericht 38.) Physik. A. Kundt, über anomale Dispersion III, — Die früheren Arbeiten des Verf. über anomale Dispersion (siehe im August- und Decemberheft des vorigen Jahrganges unserer Zeitschrift) bewiesen 70 folgendes: „Bei einer Reihe von Körpern, die die mittlen Strahlen des Spectrums stark reflectivren und gleichzeitig für diese Strahlen ein starkes Absorptionsvermögen haben, nimmt die Brechung, wenn man sich von Seite der grössern Wellenlängen (in Luft) dem Absorptionsstreifen nähert, aus- serordentlich schnell zu; nähert man sich von der Seite den kürzern Wel- lenlängen (in Luft) dem Absorptionsstreifen, so nimmt die Brechung aus- serordentlich schnell ab, und zwar so, dass Strahlen grösserer Wellen- länge (in Luft) stärker abgelenkt sind, als Strahlen kleinerer. — 2, Bei denjenigen Medien, die mehrere scharfe und starke Absorptionsbande zei- gen, findet an den Grenzen jedes Absorptionsstreifen eine Brechungsano- malie statt und zwar die eben erläuterte, d. h. geht man vom rothen Ende des Spectrums aus, so nimmt der Brechungsexponent mit der Annö- herung an einen Absorptionsstreifen stark zu und ist hinter demselben merklich kleiner. — 3. Eine Anzahl von Körpern, die das Speetrum vom blauen Ende her absorbiren, zeigen eine auffällige Zunahme des Brechungs- exponenten vom Roth zum Gelb.“ — In der vorliegenden dritten Mitthei- lung zeigt der Verf. dass es auch feste Körper mit auomaler Dispersion gibt (die frühern Untersuchungen bezogen sich auf Lösungen); er findet, dass das intensiv gefärbte Kobaltglas, also ein fester Körper ohne Dop- pelbrechung, ohne Dichroismus und ohne merkliche Oberflächenfarbe eben- falls anomale Dispersion zeigt, und zwar eine solehe die in der unter 2 erläuterten Weise in ınnigster Beziehung zu den Absorptionserscheinungen steht. Vielleicht, so bemerkt der Verf., wird sich aber bei genauerer Un- tersuchung auch ergeben, dass das Kobaltglas ebenfalls eine Oberflächen- farbe hat. — Von den andern Körpern, die der Verf. untersucht hat, sei noch erwähnt das Berlinerblau in Oxalsäure gelöst: diese Lösung zeigt keine anomale Dispersion, obgleich das Berlinerblau selbst eine sehr deut- liche Oberflächenfarbe hat. Es liegt dies daran, dass die Absorptions- streifen hier an beiden Enden des Spectrums liegen ; die äussersten grü- nen Strahlen haben also einen kleinen Brechungsexponenten, der schnell zunimmt, dann eine Zeit lang langsam wächst, um gegen das violette Ende hin schnell anzusteigen. Diese aus Nr. ?2 (siehe oben) folgende theo- retische Betrachtung wird durch einen Versuch mit gekreuzten Prismen vollkommen bestätigt. Der Verf. spricht daher folgenden Satz aus: „Nimmt bei einem festen oder flüssigen Medium für eine Strahlenpartie der Ab- sorptionscoefficient mit zunehmender Schwingungszahl stark zu, so wächst mit zunehmender Schwingungszahl auch der Brechungsexponen!t sehr stark 5 für eine Strahlenpartie für die mit abnehmender Schwinguugszahl der Ab- sorptionscoefficient stark zunimmt, nimmt mit abnehmender Schwingungszahl der Brechungsexponent stark ab und zwar bei starker Absorption so, dass ein Theil der ers.eren Strahlenpartie (von kleinerer Schwingungszalıl) stets stärker abgelenkt ist als ein Theil der Strahlen der zweiten Partie (von grösserer Schwingungszahl). Diese Anomalie kann soweit gehen, dass von zwei sichtbaren Strahlenpartien die durch sehr stark absorbirende Strahlen von einander getrennt sind, diejenige von grösserer Schwingungs- zahl überhaupt weniger gebrochen wird als die ganze Partie kleiner Schwingungszahl. — Der zweite Theil vorliegender Abhandlung handelt 71 von der Methode der gekreuzten Prismen: dieselbe besteht darin, dass man zuerst mittelst eines Beugungsgitters oder eines normal dispergiren- den Prismas ein gewöhnliches lineares Spectrum herstellt, betrachtet man dies Speetrum durch ein parallel dazu gehaltenes Prisma, welches wie- der normal dispergirt, so erhält man ein schräg gerichtetes lineares Spec- trum, welches geradlinig oder gebogen sein kann. Ist aber das letzte Prisma ein anomal dispergirendes, so besteht das Spectrum aus zwei getrennten Zweigen, an denen man das oben angegebene Gesetz deutlich erkennen kann. — (Poyg. Ann. 144, 123—137.) Sbg. J. L. Soret, über die anomale Dispersion einiger Sub- stanzen. — Die umgekehrten Spectra die zuerst von Christiansen und Kundt beschrieben sind, können nur durch ziemlich eoncentrirte Lösungen hervorgerufen werden, was verschiedene Uebelstände zur Folge hat. Um eine weniger concentrirte Lösung anwenden zu können, stellt Soret das Hohlprisma mit der gelösten Substanz in einen Trog mit parallelen Glas- wäuden, der mit dem Lösungsmittel gefüllt ist, dadurch wird die allge- meine Ablenkung fast ganz aufgehoben, es bleibt aber die anomale Dis- persion bestehen. Man kann daher weniger concentrirte und durchsichti- gere Lösungen und in Folge dessen einen grösseren Brechungswinkel an- wenden. Fuchsinlösung wurde soweit verdünnt, dass das Spectrum bei der gewöhnlichen Methode kein umgekehrtes mehr war, sondern nur noch aus einem einzigen rothen Streifen bestand; setzte nmıan ein mit dieser Lösung gefülltes Prisma in einen Alkoholtrog, so zeigte sich, dass die- selbe für violelte Strahlen fast denselben Brechungsindex haben wie der Alkohol, für die rothen Strahlen aber ist er grösser. Anilinviolett und übermangansaures Kali, welche sonst in äusserst concentrirter Lösung an- gewendet werden müssen, wurden in wässriger Lösung untersucht und demgemäss in einen Trog mit Wasser gestellt, sie zeigten gleichfalls für Roth stärkere Ablenkungen als für Blau. Man erkennt, dass der Zusatz von Substanzen mit anomaler Dispersion das Dispersionsvermögen des Lösungsmittels verringert, ohne den mittlen Refractionsindex viel zu ver- ändern. Verstärkt man fortgehend die Concentration der Lösung, so wird das Dispersionsvermögen erst Null (d. h. das Spectrum besteht nur aus einer oder zwei Farben) und dann wird es negativ. — (Ebda 145, 325— 327.) Sbg. -F. Kohlrauseh, über ein einfaches Mittel, die Ablen- kung oder Zerstreuung einesLichtstrahles zu vergrössern. — Die schmalen Spectra, welche Kundt und Christiansen durch Prismen mit kleinem brechenden Winkel zur Demonstration der „anomalen Disper- sion beschrieben haben, kann man sehr leicht verbreitern, wenn man das Liehtbündel etwa 1 Meter hinter dem Prisma auf einen cylindrischen Con- vexspiegel fallen lässt. Schon ein versilbertes Reagenzgläschen zeigt die Erscheinung deutlich, ein genau polirter Spiegel ist natürlich noch besser und kann eventuell auch zur numerischen Bestimmung der Brechungsex- ponenten gasförmiger Körper benutzt werden. — (Ebda Ba. 143, S. 147. 149.) Sbg. C. Christiansen, über das Brechungsverhältniss des 12 Fuchsins. — Eigenthümliche Erscheinungen, die bei der Reflexion an einer mit Anilinroth befeuchteten Glasplatte eintraten, nöthigten den Verf. zu der Annahme, dass die Brechungsverhältnisse dieser Lösung auf eine bisher beispiellose Weise von der Wellenlänge abhängig seien; die Farben müssten nämlich in folgender Ordnung auf einander folgen: Blau, Violett, Roth, Orange, Gelb. Um diese Anomalie experimentell zu bestätigen, wandte der Verf. ein Hohlprisma mit verstellbarem Winkel an. Von den Resultaten des Verf. theilen wir beispielsweise zwei Reihen mit: Lösung mit 18,80%, | Lösung mit 2,5%, Linie Fuchsin Fuchsin n | Denn ul, „o | D—IDy B | 1,450 0,138 1,384 0,011 C 1,502 0,190 in _ D 1,561 | 0,249 1,419 0,046 F G 1,312 0,000 1,373 0,000 1,285 | — 0,027 1,367 | — 0,006 H 1,312 0,000 1,373 0,000 Selbstverständlich bedeutet n, den Brechungsexponenten für die Linie H — In einem Nachtrage macht der Verf. (mit Beziehung auf Kundt’s Un- tersuchungen) noch darauf aufmerksam, dass viele Körper, bei denen bis jetzt noch keine Körperfarben (Oberflächenfarben) entdeckt sind, dieselben doch zeigen, wenn man sie folgendermassen untersucht: man pulverisirt sie und streut das Pulver auf matt schwarzes Papier, giesst darüber Ter- pentinöl und legt über das Ganze ein auf der untern Seite mit Terpentinöl befeuchtetes Prisma. Es tritt dann bei vielen Körpern (der Verf. nennt keinen) eine schöne Metallfarbe hervor, die von der gewöhnlichen Farbe des Körpers durchaus verschieden ist. — Auch Platten von festen Fuch- sin zeigen, wenn man sie in Oel bringt, verschiedene Farbenveränderun- gen, — Endlich beschreibt der Verf. noch eine neue Methode zur Bestim- mung der Breehungsindices farbiger Körper und erläutert dieselbe durch eine Zeichnung. — (Ebda 143, 250—259.) Sbyg. J.Stefan, überdenEinfluss derWärme auf dieBrechung des Lichtes in festen Körpern. — Aeltere Untersuchungen haben gelehrt, dass in festen und flüssigen Körpern die Brechungsquotienten bei zunehmender Temperatur abnehmen; ausgenommen sind nur Kalkspath (für den ordentlichen Strahl sowie für den ausserordentlichen) und Glas, Das abweichende Verhalten des Kalkspathes scheint bei seinem sonstigen Verhalten (ungleiche Ausdehnung in verschiedenen Richtungen u. s. w.) nicht besonders wunderbar, wol aber fällt es auf, dass auch das Glas eine Ausnahme bildet. Verf. vermuthet, dass vielleicht das Glas anzusehen sei als ein Gemenge von unregelmässig gelagerten nicht regulären Kry- stallen, die sich wie Kalkspath verhielten, hält es aber für zweckmässig, erst zu untersuchen, wie die Veränderungen des Brechungsquotienten ab- hängen von der Wellenlänge der Lichtstrahlen und zwar nicht blos beim Glase, sondern auch noch bei andern Körpern (Steinsalz, Sylvin, Kalium- alaun, Flussspath u. a.) Die Beschreibung der Beobachtungsmethode und 713 die erhaltenen Zahlen findet man in der Originalabhandlung; hier sei nur noch bemerkt, dass Steinsalz und Sylvin in dieser Beziehung gegen Tem- peraturveränderungen am empfindlichsten sind, und zwar so empfindlich, dass die Verschiebung des Spectrums zu thermometrischen Bestimmungen verwendet werden kann. Beim Glas sind die Veränderungen viel geringer und unterscheiden sich von den bei Steinsalz und Sylvin in doppelter Weise: erstens nehmen sie (wie schon bekannt war) bei steigender Tem- peratur zu, zweitens aber sind die Veränderungen im blauen Theile des Speetrums grösser als im rothen, während sie bei jenen Salzen im blauen Theile kleiner sind als im rothen. — (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch. 1871, Bd. 63, S. 223—245.) Sbg. A. v. Obermayer, über die Anwendung einesElectromo- tors zur stroboskopischenBestimmung der Tonhöhe. — Bei Anwendung der von Töpler vorgeschlagenen Methode die Schwingungen einer Saite, einer Stimmgabel etc. mit Hilfe des Stroboskopes zu zählen (siehe B. 28, S.46 unserer Zeitschrift) liegt die Hauptschwierigkeit darin, die Umdrehungsgeschwindigkeit constant zu erhalten. Töpler hat dazu ein Uhrwerk verwendet, er macht aber auch auf den Gebrauch der Elek- trieität aufmerksam. Obermayer hat einen solchen Apparat mit Erfolg ausgeführt: er ist ebenso eingerichtet wie die Maschinen, die man zur Rotation von Geisslerschen Röhren anwendet. Der Apparat würde auch als Sirene anzuwenden sein. — (Ehda S. 249—254.) Shg. A. R. v. Schrötter, über eine merkwürdige Veränderung der Oberfläche einer Glasplatte durch plötzliche und hef- tige Erschütterung. — Bei der Belagerung Wiens im J. 1848 fiel eine Bombe in ein Schulhaus, sie platzte und in Folge dessen zerspran- gen alle Scheiben bis auf eine, welche ganz blieb aber durch die heftige Erschütterung eine rauhe schuppige Oberfläche erhielt, gleichsam als ob sie mit Gummi überzogen und dieser dann getrocknet wäre, wobei sich derselbe nun in Schuppen von der Unterlage theilweise abgelöst hatte, von denen jedoch der grössere Theil auf der Platte sitzen geblieben war. Man kann die Schuppen mit einem Messer von der rauhen untern Schicht ablösen. — Bei der Belagerung von Strassburg im J. 1870 ist ein ganz gleicher Fall vorgekommen, — (Ebda S. 457—461.) Sbg. L. Ditscheiner, über eine einfache Vorrichtung zur Her- ‘stellung complementärer Farbenpaare mit Brückes Schi- stoskop. — Brücke beschreibt in seiner Physiologie der Farben einen Apparat zur Herstellung complementärer Farbenpaare, welchen er Schi- stoskop nenut und der darauf beruht, dass aus dem weissen Lichte mit- telst doppeltbrechender Krystalle ein Theil herausgenommen wird, derselbe zeigt natürlich die zum Reste complementäre Farbe. Die Handhabung des Apparates ist zwar ziemlich einfach, wird aber dann zeitraubend, wenn es darauf ankommt ein ganz bestimmtes Paar von complementären Farben herzustellen; das ist namentlich darum sehr unbequem weil man oft die gewünschten Nüancen gar nicht erhalten kann. Nach Brücke’s Einrich- tung müssen nämlich verschiedene Quarzplatten nacheinander in den Ap- parat eingeschoben werden. Ditscheiner modificirt nun den Apparat da- 714 hip, dass man durch Drehung von Quarz- oder Doppelspath-Platten (auch in Glimmerplatten) die sämmtliehen Farbenpaare, welche der Apparat zu liefern im Stande ist sehr schnell hintereinander erhalten kann. Die Be- schreibung der Apparate ist von den nöthigen theoretischen Eutwickelun- gen begleitet. — (Ebda S. 554— 564.) Sby. A,Anderssohn, ExperimentellerNachweis für denLuft- gehaltim Wasser. — Dass im Wasser stets Luft enthalten (aufge- löst) ist, kann bekanntlich durch Wärme oder durch die Luftpumpe nach- gewiesen werden; der Verf. zeigt, dass man die Luft im Wasser noch auf einem andern Wege zur Erscheinung bringen kann, nämlich in den obern Theilen eines Wasserleitungsrohres, welches in mehr als 10 Meter Tiefe hinunterführt. Die Einrichtung des Apparates und die damit anzustelleu- den Versuche sind beschrieben in Poggendorffs Annalen B. 143, S. 142 — 144. Sbg. H, W. Dove, über die Farben dicker doppelt brechender Platten. — Die von Newton entdeckten Farben dicker Platten können nach Dove auf die einfachste Art dargestellt werden und mit Hilfe zweier unbelegten Spiegelplattien, die in einer cylindrischen Röhre gegen einan- der drehbar eingeseizt sind. Die Platten können unter jedem beliebigen spitzen Winkel gegen einander gestellt sein und man erblickt beim Durch- sehen nach dem Himmel achtzehn Interferenzstreifen, bei Beleuchtung mit homogenem gelben Lichte sogar 70. Wendet man nun 2 doppeltbrechende Quarzplatten als Spiegel an, so entstehen statt der 4 Bilder deren 8 und man kann dann die Interferenzstreifen unter verschiedenen Winkeln gegen einander geneigt erhalten; die Streifen treten dann am besten bei Anwen- duug einer spaltenförmigen Oeffnung auf, aber auch wenn das Licht dureh eine breite Oefinung eintritt, kann man sie erkennen. — (Poyg. Ann. 143, 335— 336.) Sbg. Baumhauer, über Aetzfiguren und AsterismusanKry- stallen. — Am Kalkspath mit verdünnter Salz- oder Salpetersäure ge- ätzt untersuchte Verf. die Flächen des Hauptrhomboeders und der Basis. Erstes zeigt nach dem Aetzen kleine dreiseitige Vertiefungen, die zuwei- len dieht neben und über einander gelagert eine eigenthümliche rhomboe- drische Struktur der Fläche erzeugen. An einem in seiner Art einzigen Krystalle liess sich nach dem Aetzen ein deutlicher Unterschied der ver- schiedenen Richtungen erkennen, indem zwei parallele Flächen einzelne dreiseilige Vertiefungen, die übrigen vier hingegen stets die erwähnte rhom- boedrische Struktur zeigten. Auch die Basis des Kalkspathes erscheint nach dem Aetzen mit dreiseitigen Vertiefungen übersäet, die häufig nach drei Richtungen eigenthümlich ausgebildet sind. Doch lässt sich dies ebensowenig wie die Lage ihrer Flächen auf die Spaltungsrichtungen des Hauptrhomboeders zurückführen. Das gelbe Blutlaugensalz zeigt nach dem Aetzen mit Wasser auf der Basis vierseitige Vertiefungen ebenso das Sei- gnettesalz. Auf den meisten Säulenflächen zeigt letztes ausserdem nach dem Aetzen Streifen parallel den Seitenkanten. Die Erscheinungen des Asterismus am Kalkspath, Blutlaugensalz und Seignettesalz sind haupt- sächlich: ein auf einer Seite mit verdünnter Säure geätztes Kalkspath- 19 rhomboeder zeigt im durchfallenden Lichte einen dreistrahligen Stern, dessen Strahlen senkrecht zu den Seiten der dreieckigen Vertiefungen liegen. Im reflektirten Lichte hat das Bild die umgekehrte Lage. Sind zwei parallele Flächen geätzt: so erscheint beim Durchsehen gegen eine Kerzenflamme ein sechsstrahliger Kern. Mässig starke Salpetersäure ruft bei durchfallendem Lichte ein achtstrahliges Bild hervor. Die beiden un- tersuchten Salze zeigen auf der mit Wasser geätzten Basis im reflektirten und durchfallenden Lichte einen Stern, der bei dem Blutlaugensalz aus 4—12, bei dem Seigneltesalz aus 4 Strahlen besteht. Auf den Säulen- flächen des Seignettesalzes erscheint ein Lichtstreifen senkrecht zu den Vertiefungen, — (Rhein. Verhälgen XXVIl. Sitzgsber. 9 — 10.) Alb. Mousson, zur Theorie der Capillarerscheinungen. — Diese Erscheinungen stellten sich als Abweichungen von den gewöhn- lichen hydrostatischen Gesetzen dar, als Abweichungen die sich in der Nähe der festen Wände oder auch ohne diese entwickeln und wesentlich in Veränderungen der Gestalt und der Druckverhältnisse bestehen. Wenn Schwere und äussere Kräfte in erster Linie die Gestalt einer grossen Flüs- sigkeitsmasse bestimmen und daher eine erste Annäherung an die Wahr- heit begründen: so erscheinen die Capillarerscheinungen als eine zweite Annäherung, in welcher die zwischen den flüssigen Theilchen unter sich und mit den festen Wänden thätigen Molekularkräfte zum Ausdrucke ge- langen. Zur vollständigen Erklärung dieser Erscheinungen gehört eine ge- naue Kenntniss der Molckularkräfte, die uns noch fehlt, weil sie in jeder messbaren Entfernung nahzu erlöschen und weil man nie eine einfache Wirkung sondern stets die Resultante zahlloser einzelner Wirkungen vor Augen hat. Das Ergebniss aller Beobachtungen über die Molekularkräfte liegt in folgenden Hauptsätzen. 1. Wahrscheinlich wirken zwischen den Theilchen der Körper zwei Kräfte: eine den Theilchen inwohneude und ihnen bleibend zugehörende Anziehung und eine von ihrem Wärme- oder Bewegungszustande abhängige, also den Theilchen nicht zugehörende, ver- änderliche Abstossung. 2. Beide Kräfte nehmen rasch mit der Entfernung der Theilchen ab, können in unmerklicher Entfernung sehr stark sein, ver- schwinden aber in jeder messbaren Nähe ganz. 3. Die Abstossung nimmt rascher ab als die Anziehung, daher bei Gompression eines Körpers jene vorwaltet, bei Ausdehnung desselben diese; daraus erklären sich die Ela- sticitätserscheinungen. 4. Durch Erwärmung eines Körpers verstärkt man die Abstossung; das Gleichgewicht findet bei immer kleineren Werthen der Kräfte statt, endlich besteht ein solches nicht mehr, weil die Abstos- sung ganz vorwaltet oder der Verband der Theichen ganz aufhört. Man giebt sich so von den Aggregatformen des festen, flüssigen und Luftför- migen Rechenschaft. 5. Bei geringer Wirkung der Abstossung offenbart sich nach verschiedenen Richtungen eine verschiedene Molekularkraft, mag diese Verschiedenheit nun von der besondern Gestalt oder der Grup- pirung oder der Bewegungsweise der Theilchen herrühren. Darin findet sich die Erklärung der Kıystallbildung durch Anordnung der Theilchen in die stabilsten Lagen. Von hohem Interesse ist nun zu wissen, bis auf welche Entfernung die resultirenden Muolekularkräfte merkbare Wirkungen 16 ausüben. Daraus dass die hebende Wirkung einer engen Glasröhre auf Wasser auch bei grösster Verdünnung der Wände die gleiche bleibt, wollte man auf eine wirklich messbare Entfernung schliessen. Dagegen aber beweist Plateau, dass eine dünne Blase, welche unverändert fort- dauert (aus Seifenwasser und Glycerin), eine Hüllendicke besitzt, die den doppelten Bereich der Molekularkräfte der Flüssigkeitstheilchen gleich ist. Diese dicke, optisch aus den Newtonschen Farben und dem Brechungs- verhältniss der Flüssigkeit bestimmt, ergab für jene Flüssigkeit die Wir- kungsgränze A : Glycerinseifenlösung — 0,00005645 Mm. Quincke, davon ausgeheud, dass das Steigen oder Sinken einer netzenden oder nicht netzenden Flüssigkeit an einer Wand, d. h. der Randwinkel sich verändert, wenn die von der Wand ausgehende Molekularkraft sich ändert, hat auf die Wand einen keilförmigen Ueberzug angebracht und untersucht, von welcher Dicke an die Wirkung nur von dem Ueberzuge abhängt. Unter- halb dieser Dicke übt auch die Waud noch einen Einfluss und jene Dicke bezeichnet daher die Gränze der Wandwirkung. So fand er Glas durch Silber auf Wasser A —= 0,0000 Mm., Glas durch Schwefelsilber auf Queck- silber —= 0,0000842 Mm., Glas durch Jodsilber auf Quecksilber = 0,0000990 Mm., Glas durch Collodium auf Quecksilber A91pan 7 IL—L98T — JJ0 0] 'ıq yeamyas 6F— gHSI Waem aoyıpegoag) oy>Ipany aD 'O UOA J9UND219g uU9dUnyyargoag usraunjodsne TL— 98T pun 6E —9HFST weayep uop ur eyJon) nz Wen upoyıy uosıgelgj pun -;j uop uoA uaaungsromgy ueryı ur T,, pun QL8T Sıyep 10p uAFUNUIONISIZ UANISLIOATOUT UOISPUSgHFSSEU JFeosgyIIMpurTpun -UaIen Iop Ferıy uop ınJ eig 139 [on odtıyely pun -g anu yne yoıs uoyorzag NOyIuyonag uaAejdı aap uadungprongy SId Igrte + 1926 + RE + | 956 + Bea +lez’zH+ 680 + |6eL + 86°0 + |90%0 — 08°0 — |080 — 900 — 900 — 60°0 — 60.0 — sro —!eso +| une —|6e17 — ||9e6 +99 — || eo — |8‘o + || IHe — | 20% — 7soM UT yorppıou 89T :TL8T saM UT yaıppaou C,6Z :0LST dem uam uodtıyelgj pun - LT uap noA Zunyprapury uaayyıur usJ9U9919q (AaqutsAon NE SIq AOqWOI 'T WOA) ayef oyasıdojo1osjsu sep any d9p uadunyprongy ad 16 — a1 — 69°07 — | 16°L7 — || 00 — | et; + | |6E‘T | 802 —|667 — | scoz + In se — vo + lo +| ET 210 — a8 —|so + lese —|rıı — er + lo —||2eT — 200 — La — TI + reise +16 LT + co —|90 — || 07T — | 90 — 9 — 68T —- era — \ 288er — |6 —- 17 + | za — Icon —) j eb + POL SH + IT 0 — 12a — 10 — gı lese — (ar — lee + He ||e6T — LET + ee + lonfor ie + ri + lo — |srie — 080 — ayep ‘Puajey ‚ ayeg SplosJo I5q19H AYUTUIOS Suryndg KEIL NN AEINUERLTA] J9qWIOAON] A9I0RO 140 Eigenthümliche Nebensonnen. Taf. II. Gestern (am 28. Januar 1872) als am Sonntage Septuages. Vormittags zwischen 10 und 12 Uhr beobachtete man hier eine herrliche Naturerscheinung — das von mir bisher noch nie ge- sehene Phänomen von Nebensonnen während eines schneidenden SWWindes. Schon Donnerstag d. 25. ging die Sonne mit soge- nannten Wassergallen unter. Am Morgen d. 28. bemerkte man dieselben wiederum bei Sonnenaufgang. Gegen 10 Uhr bildeten die Wassergallen einen weisslichen Ring — „Hof“ um die Sonne und ein ebensolcher horizontaler Ring durchkreuzte den (verti- kalen) Sonnenhof an 2 entgegengesetzten Punkten. In diesem horizontalen Ringe lagen die vier Neben- und 6 Gegensonnen und zwar zwei intensive in den Durchkreuzungspunkten (Neben- sonnen), zwei schwächere, strahlende, diesen gegenüber nordnord- westlich (Gegensonnen). Die Hauptsonne hatte einen mattern Schein als gewöhnlich. Im Zenith stand das Segment eines drit- ten centralen Ringes mit Regenbogenfarben, die purpurne con- vexe Seite der Sonne zugewendet, mit der offenen (concaven) Seite, welche himmelblau gefärbt erschien, gegen die nordnord- westlichen Nebensonnen gerichtet. Die möglichst naturgetreue Ab- bildung auf Taf. 2, in welcher das Regenbogensegment schraf- fiert und etwas breiter als in Wirklichkeit dargestellt is), wird das ganze Phänomen verauschaulichen. Neu Köln bei Milwankee, 29. Jan. 1872. Wisconsin U. St. - Th. A. Bruhin. Eine objective Methode der experimentellen Bestimmung der Vergrösserung bei zusammengesetzten Mikroskopen. Das Januarheft dieser Zeitschrift enthält einen Artikel von Herrn G. Schubring, der in dankenswerther Weise verschie- dene Uebelstände der’ Vergrösserungsbestimmungen optischer In- strumente nicht nur aufdeckt, sondern auch durch Empfehlung einer bestimmten Methode zu beseitigen sucht. Wie es am Schluss des betreffenden Aufsatzes heisst, hat Herr Schubring seine An- sichten veröffentlicht, um wo möglich noch weitere Aeusserungen von Physikern und Mikroskopikern hervorzurufen. In eine all- gemeine Discussion über die Schubringsche Methode einzutreten, fühle ich mich nicht veranlasst, wohl aber möclite ich im Fol- genden eine neue, bisher nicht gekannte Methode veröffentlichen, die, wie ich hoffe, sich als eine absolut sichere und dabei leicht auszuführende erweisen wird. Meine Methode betrifft jedoch nur die Prüfung der Mikros- kope. Ich sehe aber darin keinen prineipiellen Mangel, weil ich keinen Grund aufzufinden vermag, weshalb man für die Vergrös- serungsbestimmungen zweier wesentlich verschiedener optischer In- strumente, wie Fernrohr und Mikroskop es doch sind, durchaus 141 nur eine einzige Methode anwenden soll. Ehe ich nun meine Methode kurz auseinandersetze, ınöchte ich noch an Folgendes er- innern: Die Vergrösserung eines zusamınengesetzten Mikroskopes (V) resultirt bekanntlich aus der Vergrösserung des Systemes (,$) und der des Oculars (0). Es ist nun aber, wie wohl jeder Op- tiker und praktische Mikroskopiker weiss, durchaus nicht gleich- giltig, ob eine bestimmte Vergrösserung (F) durch ein schwaches System mit starkem Ocular oder umgekehrt zu Stande kommt. Deswegen genügt es nicht / allein festzustellen, sondern man muss auch $ und O für sich allein prüfen. Das aber ist mittelst des Schubringschen Verfahrens unmöglich. Bestimmung der Systemvergrösserung (S). Als Object benutze ich ebenfalls einen sogenannten Objectiv- mikrometer (Y,"” = 100 Thl.). Besteht der Tubus des Mikros- kopes aus zwei in einander zu schiebenden Theilen, so schraube ich die obere Hälfte (Oculartubus) ab, dann setzel) ich eine ein- fache Camera (z. B. aus Pappe gefertigt) auf die untere Tubus- hälfte (Systemtubus), lege ich eine möglichst fein geschliffene oder geätzte matte Glasscheibe auf die oben offene Camera und stelle nun, nachdem ich den Pappkasten und meinen Kopf ebenso wie die Photographen es thun, verhüllt habe, scharf ein. Man kann nun direct auf die matte Glasscheibe ein fein getheiltes makroskopisches Meterstäbchen gelegt haben und direct ablesen, wie gross z. B. "/],""” erscheint, oder man misst mit dem Zirkel das Bild der angenommenen Masseinheit des Objectivmikrometers, wie es auf der Glastafel vorhanden uud wendet nachher einen makroskopischen Massstab an. Es ist dann nur noch dieselbe kleine Rechnung auszuführen, die Schuhring bei seiner Methode angiebt. Hat man z. B. das Object ein Zehntelmillimeter gehabt und misst das Glastafelbild desselben beispielsweise 12 Millime- ter, so ist $= 120. Bestimmung der Ocularvergrösserung (O) sowie der Gesammiver- grösserung 7 aus $ und O resultirend. Zur Bestimmung von / und O ist, nachdem die Vergrösse- rung 5 bekannt geworden nur noch eine Messung nothwendig und zwar wird mit Hilfe der eben angegebenen Methode / bestimmt. Object, Apparat und Ausführung der Messung bleiben mit der einzigen Ausnahme, dass ich das Okulartubusende wieder an- schraube und das Ocular in dieses stecke genau also dieselben wie ich sie bei der Bestimmung von ‚$ beschrieben. 1) Die Stative von Hartnack ebenfalls die von Benecke in Berlin, des- sen Instrumente ich übrigens nicht genug loben kann, haben diese Ein- richtung. Bei andern Stativen wird man übrigens sich leicht durch einen besonderen kurzen Tubus helfen können. 142 Nehmen wir nun z. B. wieder ein Zehntel Millimeter als Ob- jeet an und misst das Glastafelbild desselben jetzt 24 Millimeter so ist / = 240, $ wie vorher = 120, O natürlich = 2. Schlussbemerkungen. Die Richtigkeit der angegebenen Methode scheint, mir we- nigstens sehr einleuchtend zu sein, und da sie auch leicht und bequem auszuführen ist, so möchte ich wohl den Wunsch aus- sprechen, dass sie allgemein eingeführt würde. Wesentlich für die Beurtheilung der verschiedenen Vergrös- serungen S. ©. Y. ist natürlich der Abstand der matten Glas- tafel vom Object. Herr Schubring hat dem von den Optikern angewandten Verfahren den Vorwurf der Dehnbarkeit gemacht, er sagt pag. 63: „Je nachdem man also eine deutliche Sehweite von 8 oder 10 Zoll zu Grunde lest, kann man die Vergrösse- rung verringern oder verstärken. Diejenigen Optiker, welche nun recht grosse Vergrösserungsziffern ihren Instrumenten nachrühmen wollen, legen daher meist eine möglichst grosse Sehweite zu Grund.“ Dieser Vorwnrf ist im Prineip sicherlich begründet, könnte aber auch meine Methode treffen, da man ja natürlich die Entfernung der Glastafel vom Object beliebig verändern und da- durch auch verschieden grosse Zitfern für $. O. und V. erhal- ten kann. Eas einfachste Mittel, um einem solchen Missbrauch zu steuern, wäre nun, allgemein bei einer bestimmten Entfernung der Glastafel vom Object zu messen und als solche z. B. 250 =” anzunehmen. Allein eine volle Uebereinstimmung wird nach die- ser Richtung hin schwerlich jemals erzielt werden, ist es doch bisher nicht einmal möglich gewesen ein internationales Gewinde für die Mikroskopsysteme zu erreichen. Es wird daher vollkommen genügen, wenn die Optiker je- desmal die Entfernung der Glasplatte vom Object ebenfälls in Zahlen angeben. Dann ist eine Controlle äusserst leicht. Auch scheinbare Differenzen, welche dann jedenfalls auf Verschieden- heiten der Massentfernungen zurückzuführen sind, bedürfen zur Ausgleichung nur einer kleinen Jedem klaren Ratio. Zum Schluss möchte ich mir noch die Bemerkung erlauben, dass bei vorurteilsfreier Beurtheilung meiner Methode, ihr wohl Niemand Objeectivität absprechen wird. Diese anzubahnen, scheint mir auch der Hauptzweck des Schubringschen Aufsatzes und so ‚fühle ich mich ihm zu Dank verpflichtet, dass er das von uns beiden jetzt behandelte Thema auf die Tagesordnung gebracht hat. Weichen wir auch in unsern Methoden von einander ab, so streben wir doch „einem“ Endziel gemeinsam zu. R. Weise, Dr. med. et On. 143 Literatur. Allgemeines. Gottl. Sylvester, Naturstudien, gebildeten und sinnigen Lesern gewidmet. Mit 19 Holzschnilten. Gütersloh 1871 bei C. Bertelsmann. — Wir stimmen dem Verf. vollkommen bei, dass die Kinder mit einem blössen Fachwerk, wie die Klassifikation in der Natur- geschichte, niclıts anfangen können, auch darin, dass ein bloss unterhal- tendes Buch üb:r die Natur ein lebendiges Naturgemälde sein muss. Ein solches will er im vorliegenden Werke liefern. Alles gut und schön, aber wir finden ganze Seiten in dem Buche mit Namen von Pflanzen und Thie- ren überfüllt, was soll nun ein Leser mit denselben anfangen, wenn ihm nicht durch den methodischen Unterricht, der ja allerdings auch frisch und lebendig eingerichtet werden kann, die Kenntniss dieser Arten beige- bracht worden ist. Verf. theilt seine Studien in zwei Gruppen. Die erste bringt 20 Naturbilder und Betrachtungen, als: der belebte Planet, das Leben in der Baumkrone, im Wassertümpel, die Vögel im Winter u. s. w. bis Pflege der Obstbäume, Wohlgerüche und Vogelschlag; die zweite han- delt von Gott in der Natur als von der darwinschen Lehre, der Teleologie, Plan und Zweckmässigkeit in der Natur, Pflanze, Thier und Mensch und von den Unvollkommenheiten des Erdenlebens und Unsterblichkeit. Giebel’s Vogelschutzbuch. Die nützlichen Vögel unserer Aecker, Wiesen, Gärten und Wälder. Nothwendigkeit ihrer Pflege und Schonung und ihre hohe Bedeutung für die Vertilgung schädlicher Thiere. 3. un- veränderte Auflage. Mit 88 Abbildgen. Berlin 1872. Wiegandt und Hempel, 8%, — Bei dem Herannahen der Frühlingswanderungen und der Brütezeit der Vögel, die zum Schutze und der Pflege der nützlichen Vögel wich- tigste machen wir auf diese neue Auflage des Vogelschutzbuclies aufmerk- sam, welche die Verlagshandlung sich entschlossen hat in Partien für Schulen und Vereine zu bedeutend ermässigtem Preise zu liefern, Es sind darin die nützlichsten Vögel beschrieben und abgebildet, die Massregeln zu ihrem Schutze und der Grad ihrer Nützlichkeit augegeben worden. In ländlichen, landwirthschaftlichen und gärtnerischen Kreisen wird leider noch immer nieht dem Vogelschutze die verdiente praktische Theilnahme zugewendet und doch ist diese Theilnahme so leicht zu bethätigen und der materielle Erfolg davon ein erstaunlich grosser. Physik. S. Lamansky, das Wärmespeetrum des Son- nen- und Kalkliehtes. — Behufs Zerlegung eines möglichst grossen Liehtkegels mittelst eines Prismas wurden vom Heliostatenspiegel reflec- tirte Sonnenstrahlen mittelst einer Linse von 3° Apertur und 25’ Brenn- weile gesammelt, im Brennpunkt der Linse ein Spalt vom Durchmesser des Sonnenbildehens angebracht, das ausgetretene Liehtbündel mittelst eines Flintglasprisma von 2° Apertur und 60° brechendem Winkel zerlegt, dann die zerlegten Strahlen mittelst einer achromatischen Linse gesam- melt und diese Linse auf ihre doppelte Brennweite sowohl von Spalt wie 144 von der linearen Thermokette entfernt. Letzte bestand aus 12 Paar Wis- muth - Antimonelementen und wurde mit einem Thermomultiplieator nach Magnus verbunden. Das so erhaltene reine Speetrum wurde in folgender Weise untersucht. Zuerst wurde der 1/, Mm. breite Spalt der Thermo- kette auf die Linie D eingestellt, dann die Kette sammt Blechkasten, in den sie behufs Compensation der Temperatur mit warmem Wasser einge- schlossen war, längs einer Millimeterscala verschoben, um so die Verthei- lung der Wärme im ganzen Spectrum schrittweise zu verfolgen. Vor je- der Beobachtung wurde zuerst das Sonnenbildehen mittelst des Heliosta- tenspiegels auf den Spalt eingestellt, dann die Schiene zwischen Spalt und Prisma entfernt und nun die Ablenkung des Magneten mit Fernrohr und Scala abgelesen. — 1. Vertheilung der Wärme im Sonnen. speetrum. Auf die bezeichnete Weise wurde die thermische Wirkung des Sonnenspectrams mit Flintglas-, Schwefelkohlenstoffprismen und Stein- salzapparaten untersucht Vormittags im Sommer und Herbst bei wolken- losem Himmel. Stets werden bei dem Fortrücken von Linie D ins ultra- rothe Spectrum die Ablenkungen resp. Wärmewirkungen allmählig stärker bis zu einem Maximum, nehmen dann wieder ab und zu, was viermal sich wiederholt, also eine discontinuirliche Vertheilung der Wärme, die ultrarothen Strahlen werden an drei Stellen durch Lücken oder Streifen unterbrochen, Auf diese mangelnde Continuität hat schon Herschel 1840 hingewiesen, indem er ein Spectrum auf mit Alkohol befeuchtetes, beruss- tes Papier entwarf und durch die Zeit des Austrocknens die Wärmewir- kung des Sonnenspectrums bestimmte, dabei dann sah, dass die feuchte Oberfläche des Papiers in eine Reihe von vier getrennten Flecken trock- nete. Später haben auch Fizeau und Foucault bezügliche Beobachtungen gemacht. Die Streifen des völlig reinen Sonnenspeetrums lassen sich mit den drei genannten Prismen deutlich beobachten, in allen haben sie eine entsprechende Lage und unterscheiden sich nur dadurch, dass sie in Pris- men von grösserer Dispersionskraft breiter sind als in solchen von gerin- gerer (Steinsalz). Die drei Lücken oder Streifen sind von ungleicher Breite, die erste viel schärfer von der zweiten getrennt wie die zweite von der dritten. Den besten Aufschluss gewähren die Versuche mit Stein- salzapparaten. Sieergeben, dass mit der Elevation der Sonne die Lücken etwas schmäler werden, dass sie am Tage mit grösserer relativer Luft- feuchtigkeit etwas tiefer sind. Aber die Beobachtungen gestatten noch nicht, diese Lücken ohne Weiteres für atmosphärische Linien zu erklären, Fest steht zunächst, dass die ultrarothen Strahlen von der Atmosphäre stark absorbirt werden und darin liegt der Grund, dass das Maximum der Wärmewirkung im Sonnenspectrum seine Lage mit der Elevation der Sonne verändert. Von den beobachteten vier verschiedenen Maximis der Wärmewirkung behielt in den meisten Versuchen nur das erste seine Lage, während die andern 3 mit der Elevation der Sonne gegen roth zu verschoben, demzufolge die erste Lücke in den Versuchen gegen Mittag schmäler als in den Morgenversuchen erschien. Es ist wahrscheinlich, dass die Verrückung dieser Maxima von einer Veränderung der Brechbar- keit des Steinsalzprisma bedingt wurde, die durch eine starke Erwärmung 145 des Prisma gegen Mittag stalt gefunden haben kann. In allen Versuchen mit obengenannten Prismen sieht man sehr deutlich, dass die Wärmewir- kung des Sonnenspeelrums, nachdem sie ihr letztes Maximum hinter der letzten Lücke erreicht hat, plötzlich abnimmt. Um die Wirkung der dif- fusen Wärme bei der Untersuehung der einzelnen Theile des Spectrums auszuschliessen benutzle Verf, die Methode mit 2 Prismen, bei welcher die ultravioletten Strahlen dem Auge unmittelbar gemacht werden, leider jedoch ohne die Versuche zum Abschiuss zu bringen. Im Flintglasspec- trum befindet sich die Lage des Maximuns der Wärmewirkung auch aus- serhalb des Roth. In allen Versuchen im Juni und Juli sah Verf. sie vor, im Oktober hinter der ersten Lücke, In den verschiedenen Lagen des Maximum der Wärmewirkung im Sonnenspeetrum zu verschiedenen Ta- ges- und Jahreszeiten mag der Grund liegen, dass die bezüglichen Anga- gaben der verschiedenen Forscher so verschieden ausfielen. Bei der Ver- folgung der Wärmewirkung im Sonnenspeetrum von .der Linie D aus in den leuchtenden Theil hinein sieht man die Ablenkungen allmählig ab- uehmen, Verf. erkannte noch deutliche Wärmewirkung hinter der Linie G., die nicht von der diffusen dunkeln Wärme herrührte. — 2. Ver- theilung der Wärme im Speetrum des Kalklichtes. Zwischen dem glühenden Kalkeylinder und dem Spalt wurde eine Linse von kurzer Brennweite eingestellt auf ihre doppelte Brennweite vom Kalkeylinder und vom Spalt entfernt, und die Vertheilung der Wärme im Speetrum mit Flintglasprismen und Steinsalzapparaten untersucht. Bei den Versuchen mit Flintglas war ein breiter Spalt nöthig, da die Wärmewirkungen sich sehr schwach äusserten. Im leuchtenden Theile konnte nur im Roth und Orange eine schwache Wärmewirkung erkannt werden. Vom Roth aus ins ultrarothe Ende hinein nahmen die Ablenkungen zu bis zu einem Ma- ximum, dann allmählig ab ohne jene Unterbrechung der Continuität im Sonnenspeetrum. Die Vergleichung der Vertheilung im Kalkliehtspeetrum mit der im Sonnenspectrum ergiebt, dass die Lage des Maximums der Wärmewirkung in erstern bedeutend weiter von dem Ende des sichtbaren Roth entfernt ist, als im Sonnenspeetrum oder: bei den schwächeren Wärmegqnuellen erreicht die Intensität der Wärmewirkung ihr Maximum für Strahlen von grössern Wellenlängen als bei den stärkern Wärmequellen, Auch die plötzliche Abnahme der Wärmewirkung fehlt im Flintglasspeetirum des Kalkspathes. Bei Versuchen mit Steinsalzapparaten, wo der Spalt minder: breit war, lässt sich immer hinter dem Maximum eine Stelle nach- weisen, wo eine sehr zähe Abnahme walırzunelimen ist. Wurde dasselbe Lieht, dass im Flintglasprisma nur im Roth und Orange schwache Wärme- wirkungen zeigte , im Steinsalzprisma zerlegt: so zeigte sich die Wärme- wirkung selbst noch im Blau. Ausserdem ergaben die Absorptionsver- suche mit einer Flintglasplalte und :mit Wasser auch eine sehr deut- liche scheinbare Absorption der leuchtenden Wärme, Nach diesem Re- sultate wurden noch die Versuche mit zwei Steinsalzprismen für alle Farben des Sounenspeetrums angestellt und betrug die Wärmeabsorption für Rotlı 12 Proce., Orange 10, Gelvp 7, Grün 6 und für Blau 5 und von dieser Menge der absorbirten Wärme, ist noch nöthig die Menge der senkrecht reflektir- Zeitschr. f,d. ges. Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872, 10 146 ten Wärme abzuziehen, welche für eine Flintglasplatte gleich 5 Proc. der ganzen einfallenden Wärme ist, — Verf, stellte noch Versuche über die Absorption der ultrarothien Strahlen von durchsichtigen Körpern wie Was- ser, Glas, Glimmer , Quarz und Kalkspaih an. Es wurde die Wärmewir- kung von dem Ende des sichtbaren Roth aus in den ultrarothen Theil hin- ein bis zur Stelle, wo sie völlig aufhörte, vor und nach dem Einschalten der genannten Körper verglichen, für alle stellte sich heraus: dass die ultrarothen Strahlen bei ihrem Durchgange durch durchsichlige Körper einen desto grössern Verlust erleiden, je geringer ihre Brechbarkeit ist. — (Berliner Monatsberichge 1871. Dechr. 632—641.) E. Lommmel, über Fluorescenz. — I. Wenn schon die Lehre vom Licht die vollendetste in der Physik ist, gilt dies doch nicht von der Fluorescenz: das sanfte blaue Licht der besonnten Chininsalze ebenso wie der blutrothe Schimmer der Blattgrünlösung sind noch theilweise oder gänzlich Geheimniss. Verf. legt seine theoretischen Anschauungen über die Fluorescenz vor. Die alkoholische Lösung von Magdalaroth fluores- eirt prachtvoll orangegelb. Verf, entwarf zuerst nach Pierre’s Methode ein reines Sonnenspeetrum auf der freien Oberfläche der Flüssigkeit. Spalt und brechende Kante des Flintglasprismas waren vertical, der aus letztem austretende Farbenfächer wurde durch ein total reflectirendes Prisma nach unten geworfen. Die Fluorescenz beginnt zwischen C und D und erstreckt sich ohne Unterbrechung bis über das violette Ende des Spectrums hin- aus, ist am stärksten im Grüngelb hinter D, nimmt dann ab und erreicht im Grün zwischen E und b ein zweites minder starkes Maximum, wird von da immer schwächer, scheint im Violet zum dritten Mal aber nur schwach anzuschwellen und verschwindet allmählig in Ultraviolett. Nun wurde dies fluorescirende Spectrum durch eine Cylinderlinse zu einem schmalen Streifen zusammengezogen und dann durch ein Prisma & vision directe, dessen brechende Kante mit dem Spectralstreifen parallel lief, be- trachtet. Das abgeleitete Spectrum des Fluorescenzlichtes enthielt Roth, Orange, Gelb und Grüngelb, das Gelb am intensivsten. Das Fluorescenz- licht des Magdalarothes ist so intensiv, dass man es im Tageslicht spek- troskopisch untersuel:en kann. Verf. benutzte dazu das Merz’sche Uni- versalspektroskop und ein gewöhnliches Steinheilsches, dessen Spalt auf die in einem Glasgefäss befindliche Flüssigkeit gerichtet war. Die Scala des Steinheilschen Spectroskopes war so gestellt, dass die Frauenhofer- schen Linien folgende Stelle einnahmen: B 28, C 34, D 50, E 71, F 90, G 137, H 162. Auf diese Zahlen wurden die Messungen mit dem Spitzen- mikrometer des Merzschen Spektroskopes redueirt. Das Fluorescenzlicht beginnt hiernach schwach bei 35, wächst an Intensität bis vor D, nimmt dann schnell ab und verschwindet bei 53. Da das Natriumlicht (D) zu den Strahlen gehört, welche die Fluorescenz des Magdalarothes erregen: so konnten die letzten Versuche auch mit Natriumlicht angestellt werden, Das Fluorescenzspectrum zeigte dieselben Gränzen (35 — 53) die oben an- gegeben. Das homogen gelbe Natriumlicht hat also nicht blos rothe und orangegelbe Strahlen von kleinerer, sondern auch gelbe von gleicher und grünlichgelbe vou grösserer Brechbarkeit erregt. Da das Speetrum des 147 Fluoreseenzliehtes jenseits D bald aufhört und daselbst schon sehr licht- schwach ist und das erregende Natriumlicht selbst keine grosse Intensität besitzt, so konnte nur mit grosser Aufmerksamkeit, aber doch mit aller Bestimmtheit eonstatirt werden, dass auch jenseits der durch das Ver- gleichsprisma gelieferten Natriumlinie nach der brechbaren Seite hin noch Fluorescenzlicht vorhanden war. Der brechbare Theil des Roth gehört hier ebenfalls noch zu den fluorescenzerregenden Strahlen, Die Oeffnung, durch welche der Heliostat ein Bündel horizontaler Sonnenstrahlen in das Zimmer sandte, wurde durch Kupferoxydulglas verschlossen. Die Lö- sung des Magdalarothes fluoreseirte in diesem rothen Lieht mit seiner ge- wöhnlichen orangegelben Farbe. Nun wurde das Spectroskop vor dem die Flüssigkeit enthaltenden Glasgefäss aufgestellt, dass durch den offenen Theil des Spaltes das Fluorescenzlicht durch das Vergleichsprisma das an der Glaswand reflectirte erregende Licht eindrang; das an der Glas- wand zerstreute Licht, konnte dem Zwecke des Versuchs nicht schaden. Das Spectrum des Fluorescenzlichtes konnte so mit dem im Gesichtsfeld unmittelbar darüber befindlichen Spectrum des erregenden Lichtes direct verglichen werden. Das Ergebniss war entscheidend. Das Spectrum des erregenden durch das Kupferglas gegangenen Lichtes umfasste das Roth und Orange bis 48 der Scala, war heller als das Fluoreseenzspectrum und zeigte die Frauenhoferschen Linien sehr scharf. Das durch Rubinglas ge- gangene rolhe Licht hat also nicht blos rothe sondern auch die brechba- ren gelben und grüngelben Strahlen hervorgerufen, Das Stockes’sche Ge- setz, wonach die Brechbarkeit der erregenden Strahlen stets die obere Gränze bilden soll für die Brechbarkeit der erregten, ist also nur eine Regel für die meisten Fälle, nicht Naturgesetz, mit dem Wesen der Fluo- rescenzerscheinungen nicht im inneren Zusammenhange steht. Bekanntlich werden sämmtliche erregende Strahlen von dem fluoreseirenden Körper ab- sorbirt, die die Fluorescenz stets begleitende Absorption muss daher be- rücksichtigt werden. Verf. bestimmte die Absorption des Magdalarothes bei mehren wirklichen Concentrationsgraden. Eine concentrirte tief dun- kelrothe Lösung liess nur das äussere Roth bis 35 durch, dort begann die Absorption, von 36 an völlige Dunkelheit. Eine schwach schönrothe Lösung liess das Roth durch bis 46, von da bis 48 schwache Absorption, dann völlige Dunkelheit bis 98, wo Violet schwach aufdämmerte bis 122, Eine gapz schwach rosenrothe aber stark orange fluorescirende Lösung zeigte zwischen 53 und 60 einen schwarzen Absorptionsstreifen, der ge- gen das rothe Ende hin scharf begränzt sich in das verdunkelte Grün allmählig abstufte, zwischen E und b ein dunklerer Streifen; das ge- schwärzte Blau und Violet war bis 160 sichtbar. Aus Allem ergiebt sich: das fluoreseirende Spectrum beginnt an derselben Stelle wie das in con- eentrirter Lösung absorbirte. Einem jeden Maximum der Absorption ent- spricht an derselben Stelle ein Maximum der Fluorescenz. Die Thatsa- chen sind hier: jeder absorptionsfähige Lichtstrahl erregt die Flüssigkeit gleichsam zum Selbstleuchten und zwar ruft jeder homogene Lichtstrahl die nämliche zusammengesetzte Fluorescenzfarbe hervor. Zur Aufklärung sind zuerst die mechanischen Vorgänge bei der Absorption näher zu be- L0* 148 trachten, Nach dem Euler’schen Prineip absorbirt ein Körper alle Licht- strahlen, mit deren Schwingungszahlen seine kleinsten Theilchen selbst zu schwingen vermögen. Wir denken uns, dass jedes Körpermolekül ver- möge seines Aufbaues aus Atomen und vermöge der besondern durch die Molekularkräfte zwischen diesen bestehenden Verkettung auf eine gewisse Zahl einfacher pendelartiger Schwindungen gleichsam abgestimmt ist. Wird nun das Molekül von einer Welle getroffen, deren Periode mit einer jener dem Molekül eigenthümlichen Schwingungen übereinstimmt: so setzt sie dureh ihre in gleichem Takt wiederholten Stösse das Molekül in Bewegung. Die Welle giebt dabei theilweise oder gänzlich ihre lebendige Kraft an die Moleküle des Körpers ab, geht deshalb nur geschwächt oder gar nicht durch den Körper, d. h. wird absorbirt. Andere Schwingungen, welche mit den in Körpermoleküle präformirten nicht stimmen, werden ungehin- dert oder geschwächt duxrchgelassen. Dieser Vorgang ist analog der Re- sonanz der Schalllehre. Nun wird später gezeigt werden, dass eine Wel- lenbewegung auch dann von einem Körpermolekül absorbirt wird, wenn dies zwar nicht mit gleicher, aber mit genau halb so grosser oder dop- pelt so grosser Schwingungszahl zu vibriren fähig ist oder wenn dasselbe akustisch ausgedrückt eine Oktave tiefer oder höher gestimmt ist. Meist nimmt man an, dass die Kraft, welche das aus seiner Gleichgewichtslage entfernte Körpertheilchen wieder dahin zurückzuführen strebt, dieser Ent- fernung einfach proportional sei, auf die Voraussetzung gestützt, dass diese Entfernung verglichen mit dem gegenseitigen Abstand der schwin- genden Theilchen verschwindend klein sei; wenn diese Voraussetzung auch für die Theilehen des freien Aethers zulreffen mag: so dürfte sie doch kaum auf die Schwingungen der Atome innerhalb der Moleküle aus- zudehnen sein. Immerhin führt jene Annahme zu einer ersten Annäherung an das wirkliche Verhalten und als solche ist dis Euler - Kirchhoffsche Prineip zu betrachten. Näher der Wahrheit liegt die Annahme, dass die zwischen den Atoınen innerhalb eines Moleküles thätigen elastischen Kräfte "ausser der ersten Potenz auch noch von dem Quadrat der KElongation ab- hängen: so ergiebt sich neben dem Euler’schen Prineip der Satz: ein Kör- per absorbirt auch die Strahlen, deren Schwingungszahlen doppelt so gross sind wie die seiner eigenen Moleküle. Nennt man den Euler-Kirch- hoffischen Satz das Princip der direeten Absorption oder der Absorption durch Einklang: so wäre der vorstehende das Princip der indireeten Ab- sorption oder der Absorption durch die nächst tiefere oder höhere Ok- tave. Begreiflich wird die indirecte Absorption von der directen au Energie übertroffen. Meist wird ein Körpermolekil nieht nur einer, sondern vieler unter sich unharmoniseher Sehwingungen fähig sein, von denen die einen leichter, die andern schwieriger ansprechen, und demgemäss auch die gleich oder eine Oktave höher oder Liefer gestimmten Wellen mehr weni- ger vollständig absorbiren. Wie das Molekül auch in sehwiugende Be- wegung verselzt werden mag, stets werden alle Vibralionen zusammen erklingen, welche dem Moleküle vermöge der Art der Verkeltung seiner Atome, eigen sind. Wenn ein Molekül. dureh Absorption in schwingende Bewegung versetzt wird: so erklingt es nicht blos in der Schwingungs- 149 periode der absorbirten Welle, sondern sämmtliche ihm eigenthümliche Schwingungsperioden klingen mit. Mit diesen Sätzen kann man den me- chanischen Hergang bei der Fluorescenz des Magdalarothes begreifen. Das Molekül derselben schwingt z. B. mit den Schwingungszahlen des Roth, Orange und Gelb von 35 bis 53 der Spectroskopskala, dagegen nur in den nächst tiefern Oktaven der gelbgrünen, blauen und violetten Stralı- len. Die Absorption erfolgt also im grössten Theile des Spectrums durch die nächst tiefere Oktave, nur zwischen 45 und 53 auch durch Einklang. Durch jede absorbirte einfache Wellenbewegung wird das Molekül in die nämliche ihm eigenthünliche zusammengeselzte schwingende Bewegung versetzt oder darin bestärkt und zwar am lebhaftesten durch jene Wellen, welche am vollkommensten absorbirt werden. Da von den sichtbaren Strah- len des Roth, Orange und Gelb von 35 bis 53 zu den Eigentönen des Mo- leküls gehören: so wird es lebhaft bewegt in einer aus diesen Tönen ge- mischten Farbe selbstleuchten d. h. fluoreseiren, während die mitklingenden tiefen Oktaven Grün, Blau und Violet als zum unsichtbaren ultrarothen Theil des Speetrums gehörig, unwarnehmbar bleiben. Die Maxima der Fluorescenz müssen auf die nämlichen Tleile des Spectrums fallen, in welchen Maxima der Absorption auftreten. So giebt also die Theorie über die Thatsachen Rechenschaft. Aber weiter, warum fluoreseirt das ähn- liche gewöhnliche Anilinroth nicht? Weil es leuchtende Strahlen nur durch die nächst tiefere Oktave, dagegen keine durch Einklang absorbirt, also nicht die Fähigkeit besitzt leuchtende Stranlen auszusenden. Jeder Kör- per, der sichtbare Strahlen durch Einklang absorbirt, wird in der aus diesen Strahlen zusammengesetzten Mischfarbe fluoreseiren. Zeigt sich im Bereich des sichtbaren Speetrums zwar Absorption, aber keine Fluores- cenz, so muss diese Absorption auf Rechnung der nächsttiefern oder hö- hern Oktave gesetzt werden. Analog der Fluorescenz des Magdalarotlıes ist die des Chlorophylis. Nach Hagenbach beginnt dessen fluoresci- rendes Spectrum etwas vor B im Roth und gedeiht mit der gleichen ro- then Färbung bis über das violette Ende hinaus. Hagenbach zählt sieben hellere Streifen I-VII auf, der erste liegt zwischen Bund, der 2. zwi- sehen C und D näher D, der 3. nahe hinter D, der vierte unmittelbar vor E, der 5. hinter b nach F hin, der 6. hinter F. Jedem hellen Fluores- eenzstreifen entsprichl im Absorptionsspectrum ein dunkler Streif, von welchen der erste der intensivste. Das Spectrum des rothen Fluorescenz- lichtes aus jeder beliebigen Gegend des fluoreseirenden Specetrums, be- ginnt an der Stelle, wo die Fluoreseenz auftritt, vor B, erstreckt sich bis hiuter C und ist am hellsten zwischen B und C. Die absorptionsfä- higen Strahlen erregen im Chlorophyll nur rothe Strahlen von 27 bis 36, Danach müsste z. B. irgend ein Strahl zwischen B und C nicht blos Roth von geringer Brechbarkeit sondern auelı Roth von der Brechbarkeit C her- vorrufen können. Zum Nachweis benutzte Verf. eine Lithiamflamme als Erreger, aber das Fluoresciren der Chlorophylllösung konnte nicht durch das Speectroskop gesehen werden und das Stokes’sche Gesetz gilt hier so wenig wie für das Maedalarotlı. Das Chlorophyllmolekül schwingt mit den Schwingungszahlen der Strahlen von 27 bis 36, aber nur mit den 150 nächsttieferen Oktaven der brechbaren Strahlen, absorbirt daher die er- sten durch Einklang, die letzteren vermöge der tiefern Oktave. Jeder ab- sorbirte Strahl, indem er die lebendige Kraft des gesammten Schwingungs- complexes steigert, bewirkt demnach das Fluoreseiren in jenen rothen Tönen, welche unter allen Eigenlönen des Chlorophylimoleküls allein in den Bereich des sichtbaren Spectrums fallen. Magdalaroth und Chloro- phyll bilden die I. Klasse fluoreseirender Substanzen. — Die II. Klasse ist durch viel zahlreichere Beispiele vertreten, die Verf. in seinem „Versuch einer Theorie der Fluorescenz‘“ allein vor Augen hatte. Seine theoretische Erörterung knüpft er an die Fluorescenz des Aesculins. Dessen farblose Lösung leuchtet im Sonnenlicht schön hellblau, bei Kerzenlicht fast gar nieht. Das auf der Oberfläche der Flüssigkeit entworfene Spectrum be. ginnt erst im Violet hinter G Fluorescenzlicht zu zeigen, das hinter H die grösste Lichtstärke erreicht, dann mit abnehmender Intensität noch weit über das gewöhnliche Ende des Spectrums hinaus in dessen ultra- violeten Theil sich erstreckt. Hier sind es also blos dunkelblaue, violele und ultraviolete Strahlen, die erregend wirken. Im ganzen fluoresciren- den Spectrum herrscht derselbe bläuliche Farbenton, der aus allen Farben von Roth bis Violett gemischt ist; jeder einfache Lichtstrahl, sei er vio- let oder ultraviolet, erregt die nämliche aus unzähligen einfachen Licht- arten zusammengesetzte Fluorescenzfarbe. Das direct durch das Speetro- skop gesehene Spectrum des Fluorescenzlichtes erstreckt sich von 35 bis 150. Mill. zwischen G und H. Selbstverständlich werden alle erregenden Strahlen von der Aeseulinlösung absorbirt, die Absorption beginnt an der- selben Stelle des Spectrums (142), wo der erste Schimmer der Fluorescenz anfängt. Zur Erklärung dieser Thatsachen wird angenommen, dass das Aesculinmolekül in den Perioden jener dunkelblauen violeten und ultra- violeten Strahlen zu schwingen fähig sei, dagegen nicht in den Perioden der andern sichtbaren Strahlen noch auch in deren nächst tiefern Oktaven, Jene brechbaren Strahlen werden also direct absorbirt, die übrigen leuch- tenden weder direet noch indirect. So müsste jedes Aesculinmolekül fluo- resciren in jenen Farben, die es direct absorbirt hat. Doch wird man kaum erwarten, das äusserste Violet in Fluorescenzlicht wahrzunehmen, da es selbst im einfallenden Lichte wegen der geringen Empfindlichkeit unserer Netzhaut für so rasche Schwingungen nur schwach sichtbar ist. Das von dem schwingenden Molekül unmittelbar ausstrahlende brechbarste violete Lieht kann gleichsam wegen seiner geringen physiologischen In- tensität nur wenig zu der wahrgenommenen Fluorescenz beitragen. Diese erklärt sich vollständig mit der Annahme, dass das Molekül auch noch Schwingungen von langsamer Periode machen kann, die etwa um eine Oktave tiefer als dıe direct absorbirten Strahlen dem unsichtbaren ultra- rothen Theile des Speeirums angehören. Diese ultrarothen Schwingungen können mit jenen dunkelblauen, violeten und ultravioleten Schwingungen zusammenwirkend Combinationstöne liefern, die vermöge ihrer Schwin- gungszahlen in den weniger brechbaren sichtbaren Theil des Speetrums fallen. Obgleich diese Combinationstöne ohne Zweifel an mechanischer Intensität zurückstehen werden hinter den primären Schwingungen, ist 151 doch ihre physiologische Intensität gross genug um jenen Mangel hinrei- chend auszugleichen. Zur Einsieht in die Entstehung der Combinations- töne erklärt Verf. unter Molekül sei eine Atomgruppe zu verstehen, welche durch die Natur, Anzahl und Lage ihrer Atome völlig bestimmt ist. Solche Gruppe ist von einer Aetherhülle als integrirender Bestandtheil des Mo- leküls umgeben. Die Atome sind fähig um ihre Gleichgewichtslage zu schwingen und die Perioden dieser Schwingungen sind bedingt durch die besondere Art der molekularen Architektonik, durch die chemische Consti- tution d. h. das Molekül ist vermöge seines Baues auf eine gewisse An- zahl einfacher Schwingungen gestimmt und diese sind innere, intermole- kulare. Zwischen jedem Molekül und dessen Nachbarn sind wieder Mo- lekularkräfte thätig, welche die Moleküle zu einem Körper zusammenhalten. Wie durch die chemische Molekularkraft oder Affinität das Molekül aus Atomen, so wird durch die physikalische oder Cohäsion der Körper aus Moleküln aufgebaut. Beide Kräfte wirken unabhängig von einander. Die physikalische Molekularkraft befähigt die ganzen Moleküle mit ihren Aether- hüllen zu Schwingungen um ihre Gleichgewichtslage, unabhängig von de- nen der chemischen Zusammensetzung. Durch die Erwärmung eines Kör- pers wird zunächst die lebendige Kraft seiner intermolekularen Schwingun- gen erhöht, zugleich die Thätigkeit der Cohäsionskräfte so geändert, dass das Molekül fähig wird neben den schon vorhandenen auch kürzere Schwin- gungsperioden zu liefern. Ist der Körper bis zum Weissglühen erhitzt, strahlt er alle Lichtarten vom Roth bis zum Violet aus vermöge seiner intermolekularen Schwingungen. Sein Licht bildet ein eontinuirliches Speetrum. Wenn auch die intramolekularen Schwingungen, die sich im Spektroskop durch helle Linien und Bänder offenbaren, gleichzeitig vor- handen wären, sie können auf dem hellen Grunde des continuirlichen Far- benbandes nicht zur Wahrnehmung gelangen. Erst wenn die Cohäsion völlig aufgehoben, der Körper gasförmig geworden, können die intramo- molekularen Schwingungen für sich zur Erscheinung kommen als helle Spectrallinien. Es wird also das continuirliche Speetrum eines glühenden festen oder flüssigen Körpers durch die intramoleculären, das Linienspec- trum eines glühenden Gases durch die intramolekularen Schwingungen er- zeugt. Beiderlei Schwingungen werden wellenförmig fortgepflanzt durch den Aether, wobei die die Schwingungen eines Aetheratomes unterhaltende elastische Kraft der jeweiligen Entfernung desselben aus seiner Gleichge- wichtslage proportional ist. Diese für den freien Aether zulässige An- nahme ist für den engen Raum der Atome im Molekül nicht mehr zuläs- sig, für diese muss man aunehmen, dass die elastische Kraft nicht nur von der ersten, sondern auch noch von der zweiten Potenz der Elonga- tion abhängt. Eben diesen Unterschied muss man slatuiren für die ela- stischen Kräfte, welche einerseits die intermolekularen, anderseits für die intramolekularen Schwingungen der Körpertheilchen unterhalten. Der Ab- stand der Körpermoleküle von einander dürfte gross genug sein, um die elastische Kraft, welche das Molekül zur Gleichgewichtslage hinzieht, der Elongation proportional zu selzen. Für die eng verketlelen Atome inner- halb eines Moleküls wird jedoch solche Voraussetzung nicht mehr gestattet sein, auch hier drängt es zu der Annahme: dass die elastische Kraft, welche die intramolekularen Schwingungen der Körperatome unterhält, auch noch von der zweiten Potenz der Elongation abhängt. Auf diese An- nahme stützte sieh oben das Princip der indireeten Absorption. Auch die Fluorescenz II. Klasse ist zu betrachten als ein Vorgang, der sich inner- halb des Körpermoleküls und der mit ihm verbundenen Aetlherhülle voll- ziebt. Wenn nämlich zwei von den Körperatomen evrest pendelartige Schwingungen ein Atom der Aetherhülle ergreifen, so wird die schwin- gende Bewegung welche dasselbe annimmt, nicht blos aus jenen primären zusammengesetzt sein, sondern es werden noch zwei pendelartige Schwin- gungen hinzukommen, deren Schwingungszahlen resp. gleich der Differenz und der Summe der Schwingungszahlen der primären Bewegungen sind, Diese beiden Schwingungen, der Differenzton und der Summationston sind beide in der Bewegung der Aetherhülle objeetiv vorhanden und pflanzen sich durch den freien Aether ebenso wie die primären Schwingungen der Körperatome unverändert forl. Das Molekül sanımt seiner Aetherhülle leuchtet also nicht blos in den seinen Atomen eigenthümlichen Lichtarten sondern auch noch mit allen möglichen aus diesen combinirten Differenz- und Summationstönen. Hält man nun fest, dass nach einem oben ausge- sproehenen Satze jeder absorbirte einfache Strahl in dem Molekül alle Schwingungen wachruft oder verstärkt, die demselben eigen sind, und nimmt man an, dass ausser Jen disret absorbirten dunkelblauen, vieleten und ultravioleten Schwingungen: auch noch eine Gruppe ultrarother Schwin- gungen zu den Eigentönen des Aesculinmoleküls gehöre: so erklärt sich dessen Fluoreseenz vollständig. Endlich giebt es noch Fluorescenzerschei- nungen, welche Pierre als zusammengesetzte bezeiehnet. Bei ihnen zeist das fluoreseirende Spectrum an verschiedenen Stellen verschiedene Färbung und auch das abgeleitete Fluorescenzspectrum erweist sich an verschiede- nen Stellen verschieden zusammengesetzt, so bei der Lakmus- und Quas- siatinetur. Solche Erscheinungen kann man willkürlich hervorrufen, indem man mehre einfach fluoreseircnde Flüssigkeiten mit einander mischt, Die Resultate zusammengefasst ergiebt sieh: I. Flnorescenz durch Resonanz. Eine Gruppe weniger brechbarer Lichtstrahlen wird direet, die brechbaren indirect absorbirt. Die Substanz fluoreseirt in der Mischfarbe der direct absorbirten Strahlen, Il, Fluorescenz durcli Differenziöne. Die brechba- ren Strahlen werden direct theilweise und indirect absorbirt, und erregen nebst ihren eigenen noch eine Gruppe ultrarother Schwingungen. Die Sub- stanz fluoreseirt in der Mischfarbe aus den Differenztönen, welche jene brechbaren schwach leuchtenden oder dunkeln mit diesen wenig brechba- ren oder dunkeln Strahlen erzeugen, Ill, Zusammengesetzte Fluorescenz, wenn je zwei oder mehre der ersten beiden Klassen gemischt sind ohne chemisch auf einander einzuwirken. — Im letzten Abschnitte giebt Verf. eine mathematische Begründung seiner Theorie, wegen der wir jedoch auf das Original verweisen müssen. — (Erlanger phys. medicin. Silzungs- bericht 111. 39—61.) Chemie. Schreiner, Meloionthin, neuer Bestandtheil thierischer Organismen. Verf. untersuchte Maikäfer auf Guanin, 153 fand dasselbe aber nicht, dagegen reichliehe Mengen von harnsauren Sal- zen, oxalsauren Kalk, Leuein und Sarkin und zweifelhafte Spuren von Xanthin, Es wurde der wässrige Auszug der zerquetschten Thiere durch Aufkochen von Albuminaten befreit, colirt, filtrirt und das eingeengte Filtrat mit Bleiessig gefällt. Aus dem Filtrat vom Bleiniederschlage wurde das abschüssige Blei durch Einleiten von Schwefelwasserstoff entfernt, hierauf von Schwefelblei abfiltrirt, auf ein kleines Volumen eingeengt, wobei sich harnsaure Salze abschieden. Nach Entfernung dieser schied die Flüssigkeit bis zur Syrupconsistenz concentrirte Krystalle ab, die un- ter dem Mikroskop neben Leuein schöne Nadeln zeigten. Aus der Mutter- lauge dieser Krystallisation schied sich nach mehren Tagen eine zweite ähnliche ab. Beide Krystallisationen wurden mit 70 Proc. Weingeist so lange gekocht, a!s derselbe etwas aufnahm. Die heiss filtrirten weingei- stigen Auszüge schieden beim Erkalten Leucin ab und blieb ein weisser flockiger Körper ungelöst zurück, der unter dem Mikroskop als feine Na- deln sieh darstellle. Durch Umkrystallisiren aus Wasser unter Zusatz von Ammoniak rein dargestellt bildet er schneeweisse, seidenglänzende rhombische Tafeln, völlig geruch- und geschmacklos , bei 100° nichts an Gewicht verlierend,, in kaltem Wasser schwer, in warmem leicht löslich. Die Lösung veagirt vollkommen neutral; die Tafeln in Weingeist sehr we- nig löslich, in absolutem Alkohol und Aether unlöslich, leicht löslich in Kali, Natron, Ammoniak, kohlensaurem Natron, Salzsäure, Salpeter- und Schwefelsäure; weniger leicht in Essigsäure. Kocht man die Lösung der Krystalle in Kalilauge mit einer Auflösung von Bleioxyd in Aetzkali, so scheidet sich wie beim Cystin viel Schwefelblei aus. Beim Erhitzen auf Platinblech deerepitiren die Krystalle, zerrieben verbrennen sie auf Platin- blech ohne zu schmelzen mit Geruch nach verbrannten Haaren. Die Ana- Iyse ergab 33,21 C,, 6,84 H,,, 14,90 N,, 17,15 S. Verf. vergleicht noch die Formel dieses Körpers mit der des Cystin und Taurin, Er hatte ans 30 Pfund Maikäfer nur 1,5 Grm gewonnen. — (Erlanger phys. medic. Berichte III. 74—-76.) Rosenstiehl, über Bildung des Anilinroth.— Zur Bildung des Fuchsins eignen sich bekanntlich das Anilin und die beiden Toluidine, welche zu je zweien vereinigt rothe, physikalisch identische, chemisch aber nur isomere Farbstoffe bilden. Weder das Anilin noch das Toluidin für sich kann in Rosanilin umgewandelt werden, wohl aber das Pseudo- toluidin. Letztes giebt beim Erhitzen mit Arsensäure Anilin, diese Reak- tion erfolgt unter Umständen wo ein Gemisch von Anilin und Pseudoto- luidin sich in Roth umwandelt, daher tritt ein Zeitpunkt ein, wo das ge- bildete Anilin und das noch nicht umgewandelte Pseudotoluidin in den zur Erzeugung der rothen Substanz geeigneten Verhältnissen zugegen sind. Verf, erhielt das Pseudorosanilin etwa 12 Procent. Die Versuche mit 5 Pro- ben des reinen Alkaloids stellen die Bildung eines mit dem Rosanilin iso- meren Körpers ausser Zweifel und ausser Arsensäure vermag auch die atmosphärische Luft die Umwandlung herbeizuführen. Bekanntlich färben sich die Anilin- und Toluidinsalze au der Luft rosenroth, aber nur wenn kleine Mengen von Pseudotoluidin zugegen sind. Ganz reine Toluidinsalze 154 färben sich blos gelb, ebenso die Anilinsalze grünlichgrau. Sättigt man reines Pseudotoluidin vorsichtig mit einer Säure: so wird die Flüssigkeit intensiv fuchsinroth ebenso Anilin und Toluidin bei Gegenwart von elwas Pseudotoluidin, Sehr schön ist die Färbung, wenn man zum Sättigen des Alkohols verdünnte Essigsäure anwendet. Zur Beseitigung der Schwierig- keit die rothe Substanz zu isoliren, tränke man Baumwollenzeug mit der schwachen Lösung eines Pseudotoluinsalzes und hänge es an die Luft, nach einigen Stunden ist das Zeug rosenroth und wird noch intensiver. Dann spüle man es in reinem Wasser zur Beseitigung der löslichen se- cundären Producte und des nicht umgewandelten Salzes, der Farbstoff bleibt auf der Faser und besitzt alle Eigenschaften eines Rosanilinsalzes, ist rosenroth, wird durch Aetznatron entfärbt, tritt danach in schwach angesäuertem Wasser wieder hervor, wird durch Salzsäure gelb, das mit viel Wasser wieder rosenroth wird. Somit ist dieser Farbstoff Pseudorosani- lin. Der das Baumwollzeug imprägnirende Stoff muss ein Pseudotoluidin- salz sein. Tritt man nämlich in eine heisse Kammer in der Anilinschwarz entwiekelt wird: so verräth der starke Geruch die Gegenwart freier aus den Geweben sich entwickelnder Alkaloide, unter welchen sich unvermeid- lich Pseudotoluidin befindet. Diese Dämpfe imprägniren die Gewebe, kön- nen sich in denselben aber nur dann fixiren, wenn der Stoff die zur Bil- dung eines Salzes erforderliche Säure enthält. Das bestättigen viele Ver- suche. Verf. wählte "einen Stoff, - der beim Aufhängen in der heissen Kammer sich nicht färbte, imprägnirte dessen eine Hälfte mit einer !/;ooo Salzsäure enthaltenden Lösung und liess auf das ganze Stück nach dem Trocknen Schwarz entwickeln, aber die mit Säure getränkte Hälfte wurde intensiv roth, die nicht getränkte weiss. Die Säure zieht die Pseudoto- luidindämpfe an und fixirt sie und durch Einwirkung der Luft entwickelt sich das Pseudorosanilin. Die Erscheinung ist also durch freie Säure in dem Gewebe bedingt. Ein Säuregehalt kömmt nun durch den Bleichpro- cess in gebleichten Stoffen stets vor, auch ziehen die Zeuge in Kattun- druekereien Säure namentlich Essigsäure oft an und damit ist das Mittel, die Säure zu neutralisiren, geboten. — Beim Aufdrücken von angesäuer- tem Wasser auf Baumwollstoffe beobachtete Verf , dass unter ganz glei- chen Verhältnissen Färbungen auftraten, die in Nüance und Intensität von einander abweichen: die Cretonnes (starkes Baumwollenzeug) gab das reinste und intensivste Rosa, die Satins blasses Rosa, die Calicos ein mit gelb oder braun gemischtes Rosa. Es kömmt also die Substanz des Stoffes ins Spiel. Ist/nun ein fremder Stoff trotz der Bleiche an der Baumwolle haften geblieben oder rührt die Erscheinung von der Pflanzenfaser her? letztes suchte Verf. durch Experimente wahrscheinlich zu machen, Die Resultate seiner Untersuchungen fasst er in folgende Sätze zusamınen: 1. Pseudotoluidin für sich mit Arsensäure bei 170° C. erhitzt, wandelt sich theilweise in Pseudorosanilin um. 2. Dieselbe Umwandlung findet bei gewöhnlicher Temperatur statt, wenn Pseudotoluidin für sich oder dessen Salze der Einwirkung der Luft ausgesetzt werden. 3. Dieses Verhalten bildet die empfindlichste Farbenreaction des Pseudotoluidins, sie wird durch die Gegenwart von Toluidin so wenig wie durch die von Anilin ge- 155 hindert. 4. Die Bildung von Pseudorosanilin auf den Zeugen kommt bei der Fabrikation von Anilinschwarz häufig vor als unangenehmer Uebel- stand. 5. Durch trockne Destillation des Indigos mit einem Alkali erhält man ein Gemenge von Anilin und Pseudotoluidin. — (Dinglers polyt. Journal CCIII. 52— 60.) F.Stolba, ChemischeNotizen. (PragerAbhandlgen VI]. 4) enthalten folgende Mittheilungen: Das Rösten der indiumhaltigen Zinkblende. — Bei Aufarbeitung von 1 Centner indiumhaltigen Zinkes von Freiberg erhielt Verf. nicht ganz 4 Grm. Indium und stellte deshalb Versuche an, wie sich indiumreiche Zinkblende am zweckmässigsten auf Indium verarbeiten liesse. Das vorherige Rösten der Blende ist am zwek- dienlichsten, aber leider zu kostspielig und zeitraubend, deshalb schlägt St. folgende Methode vor: die Zinkblende wird in ein mittelfeines Pulver zerstossen und mit 10 Proc. gebrannten Gypses vermengt, dann rasch mit Wasser zu einem dicken Brei angerührt und dieser auf einer Papierunter- lage zu Scheiben von 1, —°;, Dieke und 4— 5° Durchmesser geformt mittelst eines Spatels. Diese Scheiben werden in 1— 11/,’ Abstand mit 2/44 weiten Löchern durchbohrt, au einem warmen Orte getrocknet und darauf der anhaltenden Rothgluht ausgesetzt. Die in ein Stubenfeuer von Steinkohlen eingesetzten Kuchen waren nach 4—6 Stunden vollständig geröste. Die unmittelbar auf der Kohle gelegenen Kuchen waren aus- sen und innen mit schönen feinen Zinkoxydnadeln bedeckt, welche in der Oxydation des durch die umliegende Kohle hergesiellten Zinkes ihre Er- klärung finden. Die zerriebenen Röstkuchen werden nun mit Salz- oder Schwefelsäure behandelt und die indiumhaltige Lösung bei Siedehitze im Kupferkessel mit Zink gefällt. Der erhaltene Indiumhaltige Metallschwamm wird nach Böttgers Verfahren weiter verarbeitet. Eine ähnliche Methode der Röstung möchte auch bei Aufarbeitung des Kupfer-, Schwefelkieses, des Kupfernickels, der Uranpechblende etc. gute Dienste leisten. Anschliessend bemerkt Verf. noch über das Verhalten des Indium- oxydhydrates gegen Salmiaklösung, dass erster mit letzter stundenlang gekocht werden kann ohne sich zu lösen, welches Verhalten an jenes der Metalloxyde an der Formel R,0, erinnert und für das Jodiumoxyd sehr “ beachtenswerth ist. Gewichtsabnahme der Platintiegel bei andauernder Glühhitze. — Gewöhnlich erklärt man diese längst bekannte Er- scheinung durch die Anwesenheit solcher Metalle im Platin, die flüchtige Produkte liefern wie Osmium, theils aber auch durch die Bildung von Kohlenstoffplatin, das von den Flammengasen mechanisch fortgerissen wird. Verf.’s Versuche ergaben Folgendes. Setzt man einen Platintiegel mit matter Oberfläche der ungefärbten Flamme der Bunsenschen Lampe aus und giebt die grösste Hitze, so erzeugt sich an manchen Stellen ein Kohlenabsatz, der theils verbrennt theils mechanisch von der Flamme fort- gerissen wird. Je rauher die Oberfläche des Platintiegels ist, desto leich- ter und mehr Kohle setzt sich an. Sollte nun hiebei eine Verbindung des Platins mit der Kohle stattfinden, die hernach von den Flammenga- sen mechanisch fortgerissen wird: so müsste bei.andauernder Wirkung 156 der Verlust au Masse ein sehr merklicher sein. In der That fand Verf. vach 12 Stunden den Verlust des Platintiegels 0,016 Gram stark und die äussere Oberfläche erschien wie geätzt, so schön krystallinisch wie Moirie metallique. Durch die Gegenwart von Osmium allein lässt sich dieser Verlust nicht erklären, zumal derselbe bei fort und fort wiederholten Ver- suchen derselbe bleibt. Vielmehr kömmt derselbe auf Rechnung mecha- nisch fortgerissenen Kohlenstoffplatins. Das Putzen der Tiegel mit Mee- ressand zur Bildung einer glatten Oberfläche erschwert die Bildung von Kohlenstofiplatin. Derselbe, zur Untersuchung des Graphils. — Für tech- nische Zwecke den käuflichen Graphit auf seinen Kohlenstofigehalt und den Gehalt an Aschenbestandtheilen zu prüfen, genügt vollkommen die Verbrennung des vorher entwässerten Graphits. Fein zertheilter entwäs- serter und abgewogener Graphit wird im Platintiegel, der mit einem durch- bohrten übergreifenden Platindeckel geschlossen wird, der stärksten Lam- penhitze ausgesetzt. Verf. setzt den mit einem 5 Mm. grossen Loche versehenen Deckel so auf den geneigten Tiegel auf, dass dessen Oefinung zu !/; unbedeckt bleibt. Dadurch entsteht ein lebhafter Luftzug im Tiegel und der Kohlenstoff des Graphits verbrennt vollständig. Es ist noch nö- thig die Oberfläche des Graphits zeitweilig zu erneuern dureh Mischen mit einem Platindraht. In 3—4 Stunden ist !/, Grm. Graphit verbrannt. Bei dieser Methode bleiben die Mineralstoffe in einer ihrer Untersuchung gün- stigen Form zurück. Die Verbrennung dureh Zuleitung von Sauerstoff zu beschleunigen erschwert die weitern Versuche, da dadurch Mineral- stoffe mit dem Gasstrome fortgerissen werden, oder zu Kügelchen schmel- zen, die im Innern Graphit einschliessen. Doch liefert jene Methode den aus der Differenz berechneten Kohlenstoffgehalt etwas höher als er wirk- lich ist, wegen des Wassergehaltes der eingeschlossenen Silikate und des Fluorgehaltes etwa eingemengten Glimmers. Derselbe, Verhalten. des Kieselfluorkaliums vor dem Löthrohre. — Ein befeuchtetes Stückchen Fluorkalinm mittelst eines Platindrahtes gefasst zeigt vor dem Löthrohr folgendes. Die Masse schmilzt sehr leicht zu einer klaren Perle, die in der Kälte emailartig wird. Bei stärkerer Einwirkung der Flamme entwickelt die Perle Nebel won Fluor- kieselzas, nimmt an Volum ab and bildet eine vollkommen farblose Perle, welche aus Fluorkalium und kieselsaurem Kali besteht, die zerfliesslich ist und durch die meisten färbenden Metalloxyde gefärbt wird. Diese Fär- bungen stimmen bei manchen Metalloxyden mit jenen beim Borax oder Phosphorsalz überein, sind ebeuso häufig bei den Metalloxyden, die ver- schiedene Oxydalionsstufen bilden können, in der Oxydations- und Re- ductionsflamme verschieden. Bei gewissen Oxyden jedoch z. B. der Ti- tausäure, Wolframsäure erhält man keine Färbung und könnte in solchen Fällen das Kieselfluorkalium als Löthrohrreagens dienen. Derselbe, Auwendung des Kieselfluornatriums in der Titriranalyse. — Dasselbe kann den bisher verwendeten Stoffen z. B. der Oxalsäure, dem kKohlensauren Natron ete. an die Seile geseizt werden und bietet folgende Vortheile: ist leicht und vollkommen rein darzustel- 157 len, ist wasserfrei und nicht im geringsten hygroskopisch, im Wasser hinreichend löslich, gegen Alkalien wie eine sehr starke Säure sich ver- haltend, Da das Kieselfluorkalinm von Alkalien nach der Gleichung zer- setzt wird NaFl,SiFl, + 2Na0O —= 3NaFl + SiO,: so ergiebt sich durch Rechnung, dass je 47 Gr. Kieselfluornatrium von 10 Cl Normallauge ge- rade zersetzt werden, womit der Eintritt der alkalischen Reaetion ver- knüpft ist. Da man jedoch 47 Gr. des Salzes zu einem Liter Flüssigkeit wegen der Sehwerlöslichkeit nicht bringen kann, so bereitet man 1/,, nor- male Lösung, indem man 4,7 Gr. Kieselfluornatrium in der Literflasche mit heissem Wasser übergiesst, nach der Lösung kaltes Wasser zusetzt, bis zur Normaltemperatur erkalten lässt und alsdann zur Marke ergänzt. Zum Literstellen wendet man 1— 300 C. dieser Lösung an und arbeitet in einer Porcellanschale. — Das reine Kieselfluornatrium wird also dar- gestellt. Eine gesättigte Lösung von Kochsalz oder von Sal gemmae mit so viel Kieselsäure versetzt, dass ein starker Niederschlag entsteht, die- ser ist Kieselflüornatrium und enthält das im Kochsalz vorhandene Kali als Kieselfluorkalium. Man filtrirt vom Niederschlage ab, setzt etwas von diesem Filtrate der zur Fällung verwendeten Kieselflusssäure zu. Der ent- stehende Niederschlag von Kieselfluornatrium reisst die Kieselsäure mit, welche die Kieselflusssäure gelöst enthält. Man filtrirt auch letzte und sehlägt mittelst derselben die verbreitete Kochsalzlösung nieder. Das aus- geschiedene Kieselfluornatrium wird mit etwa seinem I0fachen Volum de- stillirten Wassers durch Decantation bis zum Verschwinden der Chlor- reaction ausgesüsst und hierauf scharf getrocknet. Reduction der tellurigen Säure durch Traubenzucker. — Wird eine Lösung der tellurigen Säure in überschüssiger Kali- oder Natronlauge mit Traubenzucker erhitzt: so scheidet sich am Boden ein schwarzes Pulver ab, das in einem Filter gesammelt und auszesüsst sich als Tellur ergiebt. Wendet man verdünnte Lösungen an, eine hinreichende Menge von Traubenzucker und erhitzt es lange, so ist die Reduetion so vollständig, dass die filtrirte Flüssigkeit mit den entsprechenden Reagen- bien geprüft sich als vollkommen tellurfrei herausstellt. Durch dieses Ver- halten ist ein neues Reductionsmittel für die alkoholische Lösung der tel- lurischen Säure gegeben und man kann es anwenden, um tellurige Säure enthaltende Rückstände durch Auskochen mit Natronlauge und nachherige Behandlung mit Traubenzucker auf Tellur zu verarbeiten. Saure Natur der im Fluss- und Quellwasser befindli- chen organischen Stoffe. — Durch die vollständige Analyse, vieler Wasser wat die Menge sämmtlicher darin befindlieher Basen und Säuren bekannt und konnte hieraus leicht die Menge der an Säuren oder Radieal gebundenen Basen berechnet werden, derRest der Basen konnte im Wasser nur als Garbonate vorhanden sein. Da diese bei Gegenwart empfindlicher Pigmente durch titrirte Säuren ihrer Wirkung nach gemessen werden konnten, so suchte St. die Analysen dureh Bestimmung der zur Sättigung der Warbonate erforderlichen Menge titrirter Säure zu controlliren. Alle an ovganischen Stoffen reiche Wasser gaben das Resultat, dass immer merklich weniger Säure verbraucht wurde, als die Reehnung auf Grund 158 der Analysen erwarten liess, Erst sp&' kam St. auf die Vermuthung, dass die im Wasser gelösten organischen Sioffe ganz oder z. Th. saurer Natur seien und dass sie demnach eine gewisse Menge Basis beanspruchen, die Versuche die organischen Stoffe zu isoliren bestättigten dies. Es er- giebt sich für genaue Analysen die Nothwendigkeit, die von den or- ganischen Säuren in Wasser gebundenen Mengen Kalk oder Base über- haupt zu bestimmen und die Verbindung als solche in der Analyse auf- zunehmen. Nachweis des Cäsiums als Cäsiumzinnchlorid. — Das reine Cäsiumzinnchlorid eignet sich nicht zur Darstellung von Cäsiumver- bindungen vorzüglich, sondern bietet auch ein sicheres Mittel Cäsium ne- ben Rubidium und Calcium nachzuweisen. Der Lepidolith von Rozna lie- ferte Verf. in 6 Pfund gegen 20 Gr. Cäsiumzinnchlorid. Er wendet den Lepidolith zur Bereitung von Kieselflusssäure durch Einwirkung von Schwe- felsäure auf ein Gemisch desselben mit Flussspath an und arbeitet den Rückstand unter Zusatz von kohlensaurem Kali auf ein Gemisch von Ru- bidiumeäsiumalaun auf, welche Alaune sich durch wiederholte Krystalli- sation von dem beigemengten Kaliumalaun leicht trennen lassen, DieBe- stimmung der Dichte der Mutterlauge bietet ein gutes Mittel dar den Fortgang des Reinigungsprocesses zu verfolgen. Versuche aus dem Alaun- gemenge das Cäsium in obiger Form abzuscheiden, gab sehr gute Resultate. Es wurde das Alaungemenge in Pulverform mit concen- trirter Salzsäure angewendet, erhitzi und der erhaltenen Lösung Zinn- chloridlösung hinzugefügt. Dabei schied sich ein massiger krystallini- scher Niederschlag von Cäsiumzinnchlorid aus, der nach dem Aussüssen mit concentrirter Salzsäure in salzsäurehaltigem Wasser in der Kochhitze gelöst und nochmals mit concentrirter Salzsäure gefällt wurde, um ihn vollkommen rein zu erhalten. Zu Sharple’s Angaben fügt St hinzu, dass die Fällung unter dem Mikroskop aus lauter Oktaedern und Combinationen des Oktaeders ınit dem Würfel besteht und dass die Dichte 3,3308 beträgt. Bei der Darstellung müssen jedoch die Materialien frei von Ammoniak sein, damit sich kein Ammoniumzinnchlorid beimengen kann. Das reine Cäsiumchlorid entwickelt erhitzt rauchendes Zinnchlorid und schmilzt schliesslich unter Schäumen zu einem gelblichen Email. Die bequeinste Methode seiner Zersetzung ist, dass man es mit einer hinreichenden Menge Salmiakpulver mengt, in einem bedeckten Porcellantiegel erhitzt, wobei das Cäsiumchlorid zurückbleibt. Bei zu hoher Temperatur verflüchtigt sich jedoch viel Cäsinmehlorid. Man kann die Zersetzung auch durch Eindampfen mit concentrirter Schwefelsäure bewirken, auch durch Erwär- men mit Kieselflussäure. Geologie. Edm. v. Mojsisovies, Altersbestimmung der krystallinischen Formationen derAlpen. — Entgegen der herr- schenden Ansicht vom jugendlichen Alter des Centralgneisses und der Schieferhülle macht Verf. geltend, dass beide älter als die sogenannten altkrystallinischen Glimmerschiefer der Alpen sind und diesen unterteufen. Gastaldis Studien der westlichen Alpen bestättigen diese Ansicht und Hunts Arbeit über die Geognosie der Appalachen veranlasst Verf. beson- 159 ders darauf hinzuweisen. Hunt weist nach, «dass zwischen dem Huroni- schen System und den cambrischen Schichten sich eine seither verkannte mächtige Krystallinische Formation befindel, die er System von Terre neuve nennt und nunmehr folgende Gliederung annimmt. Das älteste oder laurentische System besteht aus festem granitischen Gneiss, meist sehr grosskörnig, grau oder röthlich, mit häufiger Hornblende, sparsamen Glimmer, ohne Staurolith, Grauat, Andalusit und Cyanit in Glimmer- schiefer, auch Thonschiefer fehlen. Das zweite oder Huronische System wird charakterisirt durch feinkörnige Eurite, häufig in Gneiss übergehend, geschichtete Diorite, Epidot und Chlorit führende schiefrige Gesteine in Verbindung mit Steatit, Serpentin, Dolomit und mit Eisen gemengten Ma- gnesiten. Die hier vorkommenden Gneisse gehen häufig in schiefrige glimmerige Quarzite über, und die sehr häufigen Thonschiefer besitzen ein sehr mildes talkiges Aussehen. Das dritte oder System von Terre Neuve ist ausgezeichnet durch das Vorwalten von ächtem Glimmerschiefer wech- selnd mit Schichten glimmerreichen Gneisses. Dunkle Hornblendeschiefer, Lager krystallinischen Kalkes, Granatführende Schichten schalten sich ein, Dann erst folgen die cambrischen Schichteu, Diese durch das ganze ap- palachische Gebirgssystem verbreiteten drei krystallinischen Formationen erkennt Verf. in den Alpen wieder. Der Centralgneiss erinnert durch seine Stellung an die granitischen Gneisse des laurentischen Systemes, die Schieferhülle der Alpeu zeichnet sich durch chloritische Schiefer, Steatite, Serpentine, Kalk- und Dolomiteinlagerungen aus wie das Huronische Sy- stem, die über der alpinen Schieferhülle folgenden sogenannt altkrystalli- nischen Glimmerschiefer entsprechen ganz dem System von Terre Neuve, Bereits Gastaldi, der übrigens die Schieferhülle mit den Glimmerschiefern unler Pietri verdi vereinigt, hat auf die grossen Analogien zwischen den alpinen krystallinischen Bildungen und dem laurentischen und huronischen System NAmerikas aufmerksam gemacht. — (Werhandl. Geol. Reichs- anst. 1872 Nr. 3. S. 46—47.) M. Neumayr, über Juraprovinzen.— Die Jiragebilde Europas sondern sich in drei räumlich getrennte Provinzen: die mittelmeerische, nıit- teleuropäische und russische. Zur ersten gehören der Jura in Spanien, den Cevennen, und Alpen, in Italien, den Karpathen und der Balkanhalbin- sel, zur zweiten die Ablagerungen im ganzen übrigen Frankreich, in Deutschland, England, den baltischen Ländern, bei Brünn und Krakau, vielleicht auch der Dobrudscha. Als Unterschiede treten hervor die pe- trographische Zusammensetzung, die lückenhafte Ausbildung des mitlel- meerischen Jura und das massenhafte Auftreten von Phylloceras und Ly- toceras in den Cephalopodenschichten. Die Lückenhaftigkeit des mittel- meerischen Jura ist auffallend und nicht leicht zu erklären. Obwohl in beiden Provinzen ganz gleiche Gesteinsschichten auftreten unter völlig ver- schiedenen, bergen diese gleichen doch eine verschiedene Fauna und ge- rade diese erscheint besonders charakteristisch. Bei vollständig überein- stimmender Faciesentwicklung von Cephalopoden führenden Schichten ent- halten die des mediterranen Gebietes stets eine Menge und Fülle von Phylloceras und Lytoceras, während dieselben in Mitteleuropa fehlen oder 160 nur spärlich auftreten. Die Gründe dieser Erscheinung mögen verschie- den sein. Man könnte die medilerranen Ablagerungen als Gebilde grös- serer Meerestiefe betrachten, allein die betreffenden Gattungen finden sich vielfach in denselben Schichten mit massenhaften pflanzenfressenden Mya- riern, Korallen überhaupt mit Bewolnern seichten Wassers, Vielleicht lag ein Festland zwischen beiden Jurameeren, dann ist doch noch aufallend, dass bei sonst grosser Uebereinstimmung der Fauna gerade nur Plyllo- ceras und Lytoceras eigenthümlich sind, zumal sie doch mi! einigen Exem- plaren auch in Mitteleuropa vorkommen, die Einwanderung doıthin war also nieht gehindert, aber die Verhältnisse waren ihrer Entwicklung nicht günstig. Heutzutage sind die Verhältnisse beider Seilen einer Landenge wie von Suez und Panama oder wie zwischen zwei durch Land getrennte Jurabecken z. B, dem Kimmeridgien Süddeutschlands und Nordfrankreielis viel auffallender verschieden und nur vereinzelte Arten gemeinsam. Da- gegen ist die Uebereinstimmung zwischen äquivalenten Ablagerungen na- heliegender Gegenden der mitteleuropäischen und der mediterranen Pro- vinz sehr bedeutend. So lieferten die mediterranen Schichten mit Aspido- ceras acanthicum 80 Arten, darunter U) Lytoceratiten und Phylloceraliten, von den andern 71 finden sich 39 in den mitleleuropäischen Tenuilobaten- schiehten wieder und von den 32 nicht gemeinsamen Arten sind 24 auch in der mediterranen Provinz nur als grosse Seltenheit an einer Localität gefunden, von den 9 Phylloceras und Lytoceras, die i/; der Menge aus- machen, kommen nur 2 spärlich in Mitteleuropa vor.. Ganz besonders sprechen gegen eine Trennung durch Festland die Verhältnisse des mälı- rischen Jura, dort finden sich bei Czettechowitz mediterrane, bei Olomuezan mitteleuropäische aus der Zone des Aspidoceras perarmalum und Amal- theus cordatus, die sämmtlichen Cephalopoden von Czettechowitz mit Aus- nahme von Phylloceras und Lyloceras kommen auch bei Olomuezan vor und es ist hier also an eine Festlandsscheidung beider Meere nicht zu denken. Die Gränze zwischen der mittelmeerischen und mitteleuropäischen Juraprovinz läuft westöstlich. Nördlich von der mitteleuropäischen liegt die russische ınit Moskau als typischer Localität, zu der noch das Pet- schoraland und sogar Spitzbergen gehört, wie denn auch die grönländi- schen Jurapetrefakten ganz den russischen Charakter haben. Dieser un- terscheidet sich von dem mitteleuropäischen durch das Felılen der Gattung Oppelia und Aspidoceras und der Korallenrilie, Wir haben also 3 vou S nach N sich folgende Provinzen, in der südlichen Phylloceras und Ly- toceras, in der mittlen Oppelia, Aspidoceras und Korallenriffe, die in der nördlichen fehlen, solehe Differenzen der Fauna sind unabhängig von den localen Einflüssen und können nur in klimatischen Verhältnissen und der Temperatur des Meerwassers ihren Grund haben. Das ist gegen die allgemeine Ansicht von der klimatischen Gleichheit in ältern Formationen [die sich für die Kreideepoche auch nicht aufrecht erhalten lässt], doch ist für die Jurazeit schon ein wärmeres Klima als heute anzunehmen, da die Korallenriffe um 25 Grade höher hinaufreichen. An den Gränzen zweier Provinzen in unsern Meeren geht der Wechsel der Faunen sehr langsam und durch allmählige Mischung vor sich, während die mittelmeerischen 161 und mitteleuropäischen Juragebilde oft sehr nahe aneinandertreten, ohne dass ein Faunenübergang bemerkt wird. Solcher Wechsel findet sich heute nur an den Gränzen von Warmwasserströmungen und ein ähnlicher Aequatorialstrom möchte im jurassischen Mittelmeer seinen Einfluss geübt haben. — (Ebda 54 — 57.) W.Trenkner, die jurassischenBildungen beiOsnabrück, — Verf. giebt unter Berücksichtigung der übrigen einschläglichen Litera- tur ausführlichere Beobachtungen zu Römers Abhandlung über die juras- sische Weserkette in der Geolog. Zeitschrift 1857. Der jetzige Jura um Osnabrück besteht nur aus Resten und Fetzen früherer umfangreicher Ab- lagerungen und dies nöthigt Verf. die einzelnen Localitäten nach einander zu beleuchten. 1. Die Juraschichten von Hörne und Hellern. Eine Stunde westlich von Osnabrück an der Strasse nach Lengerich und Lotte liegen Thongruben für Ziegeleien. Die erste derselben in der Gemeinde Hellern führt Ammonites margaritatus, fimbriatus, Davoei, capricornus ete., gleich hinter dieser Grube über der Mitte des Hügels steht Posidonomyenschiefer an und auf der Höhe des Hügels wurden beim Brunnengraben durchsun- ken Diluvialsaud, gelblich graue Mergel mit Sphärosideriten und Ammo- nites bifurcatus, blaugraue Schieferthone mit sehr fetten Letten und Nu- cula Hammeri, Trigonia striata, Ammonites aalensis ete., schwarze bitu- minöse Kalkmergelschiefer mit harten Kalkgeoden und Posidonia Bronni. Die Vergleichung der noch übrigen Thongruben führte zur Feststellung der Zone des Am. davoei, der Posidonia Bronni, des Inoceramus poly- ploccus, der untern und obern Parkinsonizone. — 2. Die Juraschichten des Habichtswaldes zwischen Lotte und Leeden bilden ein Ellipsoid mit SO—NW Streichen von Bächen umflossen. Auf seiner etwas nach NO geneigten Fläche erheben sich Berg- und Hügelgruppen, deren höchste nur etwas über 300° messen. Ihre Schichten gehören dem demLias insel- artig aufgelagerten Dogger an, die Triasschichten bilden Sättel und Mul- den, in welchen der Lias liegt. Letzter liefert bei Minderup Ammonites marginatus und heterophyllus im schwarzen Schieferthone. In Velpe bei der Ziegelei ist es ein schwarzblauer fetter Thon mit Amm. spinatus. Südlich davon folgen auf dem Lias graubraune Thone mit Astarte Par- kinsoni und Avicula inaequivalvis, dann östlich in zwei Hügeln weisslich- grauer dünngeschichteter Quarzfels mit Ammonites cordatus, also Oxford- sandstein, daran kirschrothe Schieferletten bedeckt von hellgrauen Mergel- kalken wahrscheinlich Kimmeridgien. Auf der Landstrasse nach Teklen- burg am Hafenberg kehrt dieselbe Schichtenfolge wieder: Parkinsonithone mit ihren Leitmuscheln und darüber der Sandstein mit Amm, cordatus und ächtes Kimmeridgien mit Exogyra virgula und Peeten comatus. Dieselbe Schichtenfolge kehrt wieder vom Bahnhofe Velpe nach Westerkappeln, zu- erst am Bahnhofe Muschelkalk mit 35° NOEinfallen, dann am Fusse des Berges im Hohlwege Keuperseliichten, darüber Liasthon mit Pholadomya decorata und Pecten aegnivalvis, höher die eisenhaltigen Thone des Dog- gers mit Amm. Parkinsoni und Avicula inaequivalvis, hinter dem Chaussee- hause in einem Brunnen 10 Meter mächtige Parkinsonischichten, endlich auf der Höhe oxfordischer Sandstein. In Osten sind die Doggerschichten Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872, 1il 162 am Looser Berge gut entwickelt. Hier stehen am SOFusse Liasthon, darüber versteinerungsreiche Parkinsonithone, weiterhin unter diesen Po- sidonienschiefer, über ihnen gelbgraue schwarz geflammte Mergelsand- steine und Trigonia costata und Amm. Parkinsoni, die Kimmeridgeschich- ten fehlen. Diese Verhältnisse stimmen mit denen von Hellern überein und scheint einst damit zusammengehangen zu haben. — 3. Juraschichten von Vehrte, Osterkappeln und Rulle schon von F. Römer und H. Credner bearbeitet, seitdem aber durch die Hamburg-Venloher Eisenbahn günsti- ger aufgeschlossen, indem diese die Weserkette zwischen Vehrte und Oster- kappeln auf i2 Meter Tiefe durchschnitt. Etwa 10 Minuten vom Bahnhof Vehrte NO treten gelbbraune Thone auf oben mit sandigschiefrigem Mer- gel mit Amm. margaritatus, darüber blaugraue sehr fette Thone, die auf der Wasserscheide in Schiefer übergehen und hier am reichsten an Petre- facten sind. Ammonites Henleyi, Davoei, margaritatus, capricornu, fim- briatus, Belemnites celavatus und paxillosus, Peeten aequivalvis, Pholado- mya ambigua und decorata etc., alle der Zone des Aımm. davoei angehörig, aber nicht mit denen des Amm. centaurus wie Brauns will. Unmittelbar im Hangenden liegen Polyploceusschiefer, unter welchen durch einen Schurf Posidonienschiefer getroffen wurde. Diese kommen auch an der SSeite der Weserkette vor. Nördlich vom Bahnhof Vehrte im sogenannten Teu- felsbackofen stehen unten dunkle Liasthone, an der östlichen Thalwand massenhaft Kalkgeoden mit Amm. margaritatus, weiter hinauf Posidono- myenschiefer an der rechten Thalwand gelbbrauner Thon mit Amm. radians und hireinus, welche also Jurensisschichten sind. ‘Im Hangenden folgen braune und gelbe oolithische Eisensandsteine ohne Versteinerungen und darum fraglich. Die Posidonienschiefer des Teufelsbackofen stehen gewiss mit denen des Krebsburger Thales in Verbindung und dann schneidet ihr Streichen das des Gebirgsrückens unter 20°. Schurfversuche zeigen, dass vom Teufelsbackofen bis auf den Kamm des Gebirges die Thone der Ju- rensisschichten auf 70 Meter Erstreckung auf dem Posidonienschiefer, dann Polyploceusschiefer und über diesen folgen die Sandmergel der oberu Parkinsonizone, endlich Kimmeridgien. Im Vehrter Einschnitte werden die Liasthone unmittelbar von den Polyploceusschiefern überlagert. Ausser Inoceramus polyploccus liefern sie Amm. opalinus, Belemnites giganteus, Pecten pumilus, Pholadomya transversa etc. Die Coronatenschichten feh- len wieder wie in der ganzen westlichen Weserkette, alle hier gefundenen Arten der Coronatenschichten wie A. coronatus selbst sind blos verschwemmte, im Diluvium gesammelte. Am SFusse des Kapellenberges bei Osterkappelu werden die graubraunen sandigen Mergel der Parkinsonizone im Hangen- den des Polyploceusschiefer getroffen mit Amm. Parkinsoni, Bel, canalieu- latus, Trigonia costata ete., 60— 80° mächtig, auf der Höhe des Kapel- lenberges von Kimmeridgien überlagert, wie sie Credner schon beschrie- ben hat. Im Bacheinschnitt des NAbhanges tritt auch schwarzblauer harter Kalk mit verschiedenen Mergeln und graugelben Sandsteinen wechselnd: Gressiya Saussurei, Ostraea multiformis, Trigonia suprajurensis, Phola- domya multicostata, Terebratula subsella. Die Virgulaschichten fehlen und erscheinen erst östlich bei der Leeker Mühle und am ganzen NAbhange 163 der Weserkette. Ueberhaupt fehlen also im Jura von Vehrte und Oster- kappeln der untere Lias, die Coronatenthone und alle Schichten des mitt- len Jura von der Oslraea Knorri bis zu den Coronatenthonen und noch das Oxfordien. — (Osnabrücker Jahresbericht I. 17—57. 2 Tff.) Scholz, zur Geognosie von Pommern. — Den frühern Mit- theilungen über das nördliche Rügen lässt Verf. neue aus andern Theilen zunächst aus Mönchsgut folgen. Der SOTheil der Insel ist durch sein mächtiges Diluvium und seine eigenthümliche Gestalt interessant. Das Ei- land hängt nur durch eine schmale Landzunge mit dem nördlichen Vor- lande zusammen und ist überaus vielgliedrig: 6 langgestreckte Theile sind durch niedriges, oft überfluthetes Land verbunden und haben gleichen geognostischen Bau. Im N. die Baaber Haide mit dem Mönchsgraben den Abschluss bildend, im S. quer durch das Land ein Höhenzug die grösste Breite bildend, der beiderseits steil in die See abstürzt, die andern 4 südlichen Erhebungen liegen fast schachbrettartig hinter diesem Höhenzuge als. die Hügel von Lobbe, Gross- und Kleinzieker und Thiessow. Die grösste Breite Mönchsguts von O— W beträgt 2'/, Meile, der landschaft- liche Charakter ist sehr einförmig, sterile Sandhügel, torf- und dünen- reiche Niederungen mit wenig Gehölz, dieHöhe von Thiessow stürzt 44,28 steil in die See ab. An der NOSeite erhebt sich auf blaugrauem untern Diluvialmergel ein Block ‘von weissgelbem geröll- und geschiebereichem Lehmmergel, auf den blauen, seinerseits von feinkörnigen stark aufge- richteten, schiefrigen Mergelsande bedeckt, an welchen südlich eine Ge- röll-, nördlich eine sandige Thonschicht angelagert erscheint. Die SOSeite zeigt auf dem Mergelsaude eine fast horizontale Geröllschicht und darü- ber gelblichen Spathsand , auf der SSeite über hellem Lehmmergel humo- sen Sand, der die allgemeine Decke bildet und den geringern Acker- werth bedingt. Um die Wirkung der Winde auf diesen Sand zu entkräften wurden parallele Steindämme errichtet, zwischen denen Seesand sich sam- melt, welcher durch Strandgräser befestigt wurde. Die Halbinsel von Klein Zieker steht durch eine niedrige torfige Landzunge mit Thiessow in Verbindung, deren Durchbrechung durch eine Sturmfluth zu befürchten ist. Diese kleine Halbinsel erhebt sich 42,74 Mm. hoch und fällt allseitig steil ab, endigt in N. mit einer sandigen Landzunge. Die Basis bildet wieder bleigrauer fein erfüllter sehr harter Thonmergel. Der auflagernde gelbe Mergel führt einzelue grosse Geschiebe und ist oben mit Spath- sand bedeckt. Nach N. und S, verschwindet die Schieferung und die Härte. Die oberste Sanddecke ist durch Einlagerung eines braunen Sands im Profil wellig, bei Austrocknung verliert der helle feinkör- nige Sand seine Consistenz und wird ausgeweht, die groben braunen Massen bleiben stehen. Nach oben geht der Sand in die humöse 1 M. starke Vegetationsschicht über. An einigen Punkten ist die Sanddecke von mergeligen Massen durchbrochen. Die Unterlage ist Lehmmergel, An den den Angriffen der See ausgesetzten Ufern lagert ein Kranz grosser Geschiebe, welcher Ansätze für neues Land bildet. Die Halbinsel Gross- zicker ist mit Klein Zicker und dem übrigen Mönchsgut durch torfige Wie- senniederung verbunden. Ihre Höhenzüge sind nach SO hakig eingebo- en 164 gen und erreichen 74,12 Mm. beim Dorfe Gager ist der Abhang von gelb- lichen feldspathführenden Sande bedeckt, unter welchem undurchlässige Schichten stehen. Nach W. wird der Boden bindiger und der gelbe harte Lehmmergel tritt hervor. Am Langdal ist dieser von kalkhaltigem Spath- sand überlagert und wird von diesem und einer oberflächlichen rostgelben Sandschicht dureh eine Lage grobkörnigen Sandes getrennt. Auch vor Stappendal tritt untrer Spathsard fast horizontal und mit Geröllschichten auf, nach oben in braunen zerbröckelnden Lehmmergel übergehend, auf welchen Sand und Humusschicht folgen. Das Höwt von Grosszieker ist durch eine Blockanhäufung gegen die Angriffe der See gesichert. Sein Massiv bilden die beiden untern Mergelarten mit eingelagertem Spathsand. Darüber schiefriger Mergelsand, dann glimmerreicher feiner Spathsand und humoser Sand. Unmittelbar vor dem Dorfe liegen am steilen Gebirge Aufschlüsse, welche die verschiedenen diluvialen Sandarten zeigen von gewöhnlichem Bryozoensande bis zum feinkörnigen Glimmersande und pla- stischen Schiefermergel. In einer Sandgrube unterscheidet man a. brau- nen Sand locker und in Schollen brechend, b. schiefrigen Mergelsand trocken und mehlig, c. gewöhnlichen Spathsand stark kalkhaltig mit ge- röllführendem Lehmmergel, d. Grand als Ein- und Ueberlagerung. Die Dorfbrunnen stehen meist im untern Lehmmergel. SO von Zieker schlies- sen sich an die Niederungswiesen schwachbewachsene Sandlager an, die oft überfluthet werden. — Die durch die See dreieckig ausgemeisselte Höhe von Lobbe, der Lobber Hakeu erstreckt sich OW mauerartig durch das Land, ist im W flach, durch die Torfeinsenkung des Dorfes selbst vom höhern OTheile getrennt. Jener Theil besteht aus sandigem Lehm- mergel, der von humosem Sande bedeckt ist. Die OErhebung zeigt am Abfall untern gelben Lehmmergel, der nach N unter den Dünen verschwin- det, nach S fester wird, überall Geschiebe und Gerölle führt, auch Ein- lagerungen von feinem Glimmersand, an der Ostkanle des Höwts ohne Sanddecke den Ackerboden bildend, nach S. aber mit braunstreifigem Sande bedeckt, auf welchem eine graue humose Schicht aufliegt. An der SWEcke des Lobber Hakens liegt im graublauen Diluvialmergel ein Braun- kohlenschmitz mit Nucula Deshayesana also Septarienthon. Nördlich hier- von liegt über dem blaugrauen Mergel eine dünne Schicht grauen plasti- schen Thones. Verf. beschreibt nun noch den nördlichsten Gebirgszug Mönchsgut, das Reddevitzer Höwt und giebt dann allgemeine Betrachtun- gen. Ausser dem erwähnten Septarienthon fehlen tertiäre Bildungen wie auch die Kreideformation, Mönchsgut ist blos diluvial und alluvial. Die untern Diluvialmergel gliedern sich in zwei Gruppen, von welchen die un- terste nur wenig zu Tage tritt, reich an haselnussgrossen nordischen Ge- schieben ist, auch grössere Geschiebe führt, stets grau ist. Darauf la- gert ein hellgelber Lehmmergel. Als drittes Glied folgt der untere Dilu- vialsand in 3 Formen als gewöhnlicher Diluvialspathsand, als sehr feiner glimmerreicher beweglicher Sand, als fast plastischer sehr feinkörniger geschichteter Sand. Dann folgt das obere Diluvium gewöhnlich als Deck- sand, durch Geröllschicht von Lehmmergel getrennt, — (Mittheilungen naturwiss. Verein Neuvorpommern u. Rügen Ill. 52 — 76.) 165 Oryktognosie. v. Kobell, Marcelin und Constitution der Kieselerde. — Marcelin nannte Beudant ein Manganerz von St. Marcel in Piemont, das durch ein Silicat vom Bıaunit verschieden ist. Damour fand 66,68 Manganoxyd, 10,04 Eisenoxyd, 8,79 Manganoxydul, 1,30 Eisenoxydul, 1,14 Kalkerde, 0,26 Magnesia und 10,24 Kieselerde. Beim Lösen in concentrirter Salzsäure scheidet sich gelatinöse Kieselerde aus. Das enthaltene Silicat wurde für die Annahme von SiO, als ROSiO, gewonnen und als eine isomorphe Vertretung von MnOMnO, so dass SiO, und MuO, isomorph wären. Das sind sie nun nach der von Quarz und Polianit bekannten Krystallisation ebensowenig wie die Annahme von SiO, an der Krystallisation von TiO, und SnO, eine Stütze findet. Man hat diese Verhältnisse für die Frage ob SiO, oder SiO, nicht weiter beachtet, nachdem das künstliche Chlorsilicium auf SiO, schliessen liess, die neuere Ansicht von Geuther und Scheerer sprechen wieder für SiO,. Man kann allerdings aus gleicher Krystallisation in den monaxen Systemen ebenso wenig auf analoge Mischungsverhältnisse wie bei verschiedener Krystalli- sation auf nicht analoge schliessen, man findet aber für die dimorphen oder polymorphen Mischungen diese zuweilen in den verschiedenen Kry- stallisationen z. B. im Aragonit und Calcit, Valentinit und Senarmontit, es ist aber bei der ungeheuren Menge von Quarzkrystallen niemals vorge- kommen, dass sie eine Isomorphie mit dem Kassiterit oder Rutil, Anatas und Arkansit gezeigt hätten oder dass am Zinnoxyd und Titansäure he- xagonale Quarzformen beobachtet wären. Nimmt man die Krystallisation des Tridymit als eigenthümlich, so tritt damit auch keine isomorphe Aehn- lichkeit mit der genannten Species hervor, der Tridymit bleibt im System des Quarzes und die von v. Rath angegebene Hexangonpyramide von 12994‘ Rdkw könnte man sogar der Formenreihe des Quarzes einverleiben. Andrerseits hat sich auch ein Vertreter der Kieselerde durch Thonerde in mehren Fällen nicht unwahrscheinlich erwiesen und da solches für SiO, nicht allgemein angeht, so hat Kenngott auf die Thonerde die für das Mauganoxyd aufgestellte Hypothese der Zusammensetzung angenommen und AIO, in AlO und AIO, getheilt, wo dann letztes ein Vicar für SiO,, erstes für RO sein kann. Diese Ansicht hat die Differenzen der Formeln mancher Species wie bei Chlorit, Rhipidolith allerdings ausgeglichen, der Fall liegt aber beim Manganoxyd anders. Hier kennt man das als ent- halten angenommene Oxydul MnÖ in vielen Verbindungen und das sup- ponirte Hyperoxyd MnO, ebenfalls für sich, dagegen kennt man von Alu- minium weder das bezeichnete Oxydul noch das verlangte Hyperoxyd für sich oder getrennt vorkommend, es scheint daher die Thonerde vorläufig nur als AIO, in Betracht zu kommen. Die Mischung des Marcelins be- treffend fand Verf. mikroskopische Krystalle, welche die Isomorphie von MnO, MnO, und dem daneben gefundenen Silikat ebenfalls zweifelhaft machen und eine mit solcher Isomorphie nicht in Verbindung stehende Einmengung andeuten. Er beobachtete in kleinen Drusenräumen rubinroth durcheinende Krystallnadeln, die unter dem Mikroskop prismatische Kry- stalle von rhombischem Aussehen sind, theilweise längsgestreifte Flächen haben, Bei reflektirtem Lichte erscheinen diese Krystalle metallähnlich 166 schwarz, bei durchfallendem Licht rubinroth. Ihr Pulver ist roth und giebt mit Borax Manganreaction. Es ist wahrscheinlich dass diese Kıry- stalle dem durch die Analyse erkannten Silikate angehören. — (Münche- ner Sitzungsberichte 1871. II. 164— 167.) Derselbe, Verhalten von Schwefelwismuth zu Jodka- lium vor dem Löthrohr. Bismuthit von S.Jose in Brasilien, — Beim Zusammenschmelzen von Schwefelwismuth mit Jodkalium auf Kohle entsteht ein rother Beschlag und kann diese Reaction zur Characte- ristik des Wismuths und seiner Verbindungen überhaupt dienen. Der Be- schlag ist Jodwismuth, wie man solches durch Zusammenschmelzen von Jod und Wismuth in einer Probirröhre erhält. Das schwarze sich bil- dende Sublimat ist in dünnen Schichten roth durchscheinend und auf Kohle erhitzt giebt es den erwähnten rothen Beschlag. Reines Wismuth giebt mit Jodkalium den rothen Beschlag nicht; wenn man es mit Schwe- fel zusammenreibt, dann auf Kohle erhitzt und so viel pulverisirtes Jod- kalium aufschüttelt, dass es schmelzend die Probemasse bedeckt: so erhält man den Beschlag sehr schön, brennendroth und sehr flüchtig. Gewöhn- lich umsäumt der rothe Beschlag den weissen oder gelblichen, der zu- nächst um die Probe sich bildet. Saynit giebt mit Jodkalium den rothen Beschlag wie Bismuthit, die Verbindungen Belonit, Wittichit, Klaprothit, Kobellit geben obwohl sie Schwefelwismuth enthalten mit Jodkalium den Beschlag unmittelbar nicht oder nur schwach und muss ihnen zuvor Schwe- fel zugeschmolzen werden. Von Tellurwismuth, Tetradymit und Joseit erhält man, wenn es schwefelhaltig, den Beschlag schwach, aber deutlich nach vorherigem Zusammenschmelzen mit Schwefel. Schwefelzink giebt mit Jodkalium einen weissen leichtflüchtigen Beschlag, ebenso Schwefel- antimon; Schwefelcadmium giebt einen schwachen etwas bräuulichen Be- schlag, Schwefelblei giebt einen grünlichgelben. Bei diesen Untersuchun- gen fand Verf. ein grünes Mineral, das mit Joseit zu San Jao di Madu- reira in Brasilien vorkömmt in kleinen Stücken und pseudomorphen Krystallen. Frischer Bruch erinnert an grünen Pyromorphit. Die Kıy- stalle haben geschichtete Structur, sind sehr weich, 5,66 spec. Gew. Das Pulver ist grasgrün und behält mit Kalilauge gekocht die Farbe, wird mit Schwefelammonium sogleich schwarz. Verknistert vor dem Löthrohr im Kolben, giebt viel Wasser und wird bräunlich, schmilzt auf Kohle sehr leicht und redueirt sich mit Aufblähen. Auf Kohle mit Schwefel zusam- mengeschmolzen und mit Jodkalium giebt es einen gelblichen nach aussen schön rothen Beschlag. Es ist Bismuthit. — (Ebda 167—169.) -Derselbe, Verhalten der lithionhaltigen Mineralien vor dem Spectroskop und Nachweis des Thalliums im Sphale- rit. — Verf. erkannte den Lithiongehalt im Asbolan von Saalfeld, Fren- zel in einem Psilomelan von Schneeberg und im Lithiophorit, in welchem Winkler 10,54—15,42 Thonerde, Verf. 23 Thonerde fand. Nach Frenzel stammt das Lithiou dieser Manganerze aus dem Feldspath des Granits in welchem sie vorkommen, wie derselbe auch in den Kupfer- und Kobalt- manganerzen aus Schiefer kein Lilhion fand. Der Asbolan sollte deshalb nicht von Saalfeld sondern aus dem Erzgebirge stammen. Indess fand 167 Verf, das Lithion nicht in allen Proben, wie auch nicht immer im Psilo- melan. Beide von Schneeberg zeigen die Lithionreaction schon in einer blauen Löthrohrflamme, die sie schön carminroth färben, im Spectroskop wird die rothe Linie erst erkannt, wenn die Probe als feines Pulver mit Salzsäure befeuchtet in den Brenner gebracht wird. Bei Untersuchung anderer Lithionhaltiger Mineralien erhielt Verf, bisweilen ein unerwartetes Verhalten vor dem Spektroskop. Wenn von einem solchen Mineral die Flamme des Bunsenschen Brenners unmittelbar schön roth gefärbt wird, dann müsste auch im Spectroskop dieLithionlinie deutlich erscheinen. Das hängt jedoch von der Art des gebrauchten Instrumentes ab: das eine zeigt die Linie, das andere nicht. Verf. erhielt bei Asbolan und Psilomelan die Linie erst, wenn die Probe mit Salzsäure befeuchtet wurde und die Lithionite verhielten sich verschieden, Unmittelbar zeigten die Linie der Cookeit von Hebron und die Lithionite von Rozena, Elba, Ural, Paris im Maine, obwohl bei allen die Flamme des Brenners fast nur gelblich ist, dagegen zeigten die Lithionite von Zinnwald und Altenberg unmittelbar die Linie nicht, obwohl sie die Brennflamme schön roth färbten. Alle Lithionite zeigen aber die Linie, wenn man einige Blätter schmilzt, das Glas zerreibt und auf einem durchlöcherten Platinblech mit Salzsäure be- feuchtet in den Brenner bringt. Die verschiedene Grösse des Lithionge- haltes ist nicht die Ursache des verschiedenen Verhaltens, auch nicht der Wassergehalt. Das Amblyonit von Hebron färbt die Brennerflamme sehr schön roth, zeigt aber unmittelbar die Linie nicht oder nur sehr schwach, deutlich erst nach der Befeuchtung mit Salzsäure. Ebenso verhält sich der Triphyllin, Petalit, Triphan, Rubellit, doch ist bei den Silikaten die Erscheinung schnell vorübergehend, dauernder wenn die Proben zersetzt werden. Dazu wird das feine Pulver mit Flaorammonium zusammenge- rieben auf einer flachen Platinschale erhitzt und dann weiter mit Schwe- felsäure bis zur Trockne und der Rückstand auf dem Bleche mit Salzsäure befeuchtet in den Brenner gebracht. Nach all diesem kann ein Lithion- gehalt durch das Speetroskop in einem Mineral unentdeckt: bleiben, wenn die Untersuchung nicht mit der zersetzten und mit Salzsäure befeuchteten Probe geschieht. Nur das Spectrum der durch Chlorlithium gefärbten Flamme zeigt die charakteristische Linie stets. Verf. stellte noch spec- troskopische Untersuchungen auf Thallinm an, das bisher nur in Pyriten und kupferhaltigen Kiesen und im Selenkupfer von Skrikerum in Schwe- den (Crookesit) bis 18 Proc. gefunden ist. Er untersuchte Sphalerit (Zink- blende) von Schemuitz, Lauterberg, Freiburg, Raibl ete. ohne eine Spur von Thallium zu finden, wohl aber bei dem von Geroldseck im Breisgau und von Herbesthal in Westphalen sehr deutlich, — (Ebda I. 73—77.) Reuss, neue Mineralvorkommnisse in Böhmen. — Bei Waltsch wurde Comptonit in kleinen fast farblosen Krystallen in Drusen gefunden in homogenem Basalt völlig analog denen von Seeberg bei Kaa- den. Ferner Aragonit in kleinen vereinzelten und gesäuften Krystallen, meist schneeweiss mit Perlmutterglanz, sechsseitige Prismen in Zwillings- form, meist unmittelbar auf dem Basalt ausitzend, auch auf wasserklarem Hyalith aufgewachsen. — (Verhdigen Geol. Reichsanst. 1871. 262—263,) 168 Palaeontologie. A. H. Worihen, Newberry and Les- quereux, Geology and Palaeontology of Illinois. Chicago 1870. 8°. — Dieser IV. Theil des Geological Survey of Illinois enthält in ähnlicher Weise wie die frühern in 23 Abschnitten die geologischen Un- tersuchungen nach den Countys geordnet, die sich auf die ältesten For- mationen bis zum Kohlengebirge und auf die diluvialen und alluvialen Ablagerungen beziehen, die Formationen dazwischen fehlen in dem unter- suchten Gebiete. Dann folgt die Palaeontologie mit 31 sehr sauber und schön ausgeführten Tafeln. Die Fische der ältern Formationen sind von Worthen und Newberry bearbeitet und bringen der neuern Arten sehr viele, welche freilich bei einer eingehenden kritischen Vergleichung mit den entsprechenden europäischen Vorkommnissen nicht alle sich aufrecht werden erhalten lassen. Wir theilen die Namen der beschriebenen und abgebildeten Arten mit: Platysomus cireularis, Palaeoniscus graeilis, Am- blypterus macropterus Ag, Rhizodus reticulatus, Edestus Heinrichsi, Cla- dodus ischypus, Cl. elegans, Cl. deflexus, Petalodus curtus, Antliodus sarcululus, Polyrhizodus truneatus, P. Littoni, Orodus corrugatus, Helo- dus rugosus, H. compressus, Lophodus variabilis nov, gen. spec. scheint mit einer bei Wettin vorkommenden Form identisch zu sein, Peltodus un- guiformis noy. gen. spec, Cymatodus oblongus nov. gen. spec., Cochliodus costatus, Poecilodus convolutus, Deltodus faseiatus nov. gen. spec., D. -Littoni, D. angustus, D. alatus, Sandalodus erassus noy, gen. spec., Pe- trodus pustulosus, Asteroptychius triangularis, Listracanthus hystrix, Cte- nacanthus Mayi, Physonemus gigas. Am Schluss identifieiren Verff. ihre im II. Bde aufgestellte Gattung Rlinodus mit Panders Ptyetodus. Die von Lesquereux bearbeiteten Pflanzen sind zahlreicher: Chondrites Colletti, Neuropteris hirsuta, fsscieulata, Collinsi, eapitata, fimbriata, vermicularis, verbenaefolia, rarinervis Bunb, inflata, coriacea, Dictyopteris rubella, Odontopteris subeuneata Bunb, Bradleyi, Schlotheimi Brgn, Alethopteris Mazonana, erenulata Brgn, hymenophylloides,, inflata, Halli, erosa Gein, cristata Gein, muricata Göpp , Pluckeneti Gein, spinulosa, faleata, solida, lanceolata, emarginata Goepp, Pecopteris Strongi, squamosa, Sillimani Brgn, Bucklandi Brgn, Candolleana Brgn, hemiteloides Brgn, villosa Brgn, arguta Brgn, elegans Germ, abbreviata Brgn, flavicans Presl, Staphylop- teris Wortheni, asteroides, sagitlatus, Sphenopteris scaberrima, gracilis Brgn, mixta Schimp, Hymenophyllites ausser 7 Brongniartschen Arten noch splendens, inflatus, adnascens Lindl, lactuca Gutb, arborescens, Clarki, thallyformis, Strongi, mollis, Pachypteris graeillima, Cordaites an- gustifolia, Sphenophyllum ecornutum, filieulmis, Annularia longifolia Brgn, inflata, Asterophyllites rigidus Brgn, Equisetites occeidentalis, Lyeypodites annulariaefolius, Meeki, Schultzia bracteata, J,epidodendron rigens, Mor- risanum, modulatum, forulatum, Tijoni, mammillatum, erueiatum, Greeni, Ulodendron majus Lindl, elliptieum Stb, elongatum, punetatum Stb, Lepi- dophloios auriculatum, protuberans, Lepidostrobus ovatifolius, oblongifo- lius, laneifolius, truncatus, eonnivens, Lepidophyllum rostratum, striatum, foliaceum, Sigillaria eorrugata,, massiliensis, monostigma, alternans Lindl. Cistii Brgn, Syringodendron Porteri, Sigillarioides radicans, stellaris, Ha- 169 lonia tubereulata Brgn, Stigmaria elliptica, Stigmariodes truncatus, tube- berosus, villosus, linearis, affinis, selago, Caulopteris obtecta, acanthophora, intermedia, Trigonocarpon Noeggerathi Ldl, olivaeformis Ldl, Rlıabdocar- pos clavatus Stb, mamillatus, Carpolithes corticosus, persicaria, vesieu- laris, bullatus, Palaeoxyris Brendeli, appendiculata, corrugata. Nachträg- lich werden noch beschrieben ohne Abbildungen : Neuropteris microphylla, angustifolia und erenulata Brgn, Callipteris Sullivanti, Alethopteris longi- folia Brgn, Asterocarpis grandis und Stigmarioides rugosus. Am Schluss giebt Verf. eine Verbreitungstabelle sämmtlicher Arten in den Kohlenge- bieten von Illinois und andern Gegenden. Es sind insgesammt 256 Arten und endlich noch Mittheilungen über die Petrification der untersuchten Pflanzenreste sowie vergleichende Betrachtungen mit andern Kohlenfloren. K. v. Fritsch, einige fossile Crustaceen im Septarien- thon des Mainzer Beckens. — Coeloma taunicum nennt Verf. die von v. Mayer in den Palaeontogr. X. 174 tb. 19 aufgestellten Grapsus tau- nieus und Portunites breckenheimensis aus dem Septarienthon von Brecken- heim am Taunus. Zahlreiche Exemplare geben befriedigende Aufschlüsse über die Formverhältnisse und nöthigen beide Arten zu identifieiren. Die Exemplare werden eingehend beschrieben und weisen auf die Edwardsche Gattung Coeloma mit C. vigil aus dem Eocän von Priabona, ist relativ breiter als diese Art, hat markirte Regionen auf dem Panzer und zahl- reichere Höcker. Die Gattung gehört zu den Catometopen und steht den lebenden Telphusen zunächst, Ein Fragment von Offenbach könnte der- selben Art angehören, ebenso mehre von Flörsheim, die jedoch noch be- achtenswerthe Eigenthümlichkeiten bieten. — Callianassa Michelottii MEdw von Flörsheim im mergligen Thon mit Nucula Deshayesana, N. Chastelii und Aporrhais speciosa. Die Bestimmung stützt sich auf die Vergleichung der Originalexemplare von der Superga bei Turin. Die Exemplare von Flörsheim charakterisiren die Art vollständiger und werden ausführlich be- schrieben. — Callianassa Ledae n. sp. im Septarienthon von Offenbach, steht C. Heberti näher als voriger, ist aber doch sehr fragmentär. — (Geolog. Zeitschr. 1871. 679-701. Tf. 16. 17.) T. €. Winkler, Memoire sur le Belonostomus pygmaeus et deux espe&ces de Caturus. (Harlem 1871. 1 Tb.). — Das an in- teressanten Vorkommnissen reiche Museum Teyler in Harlem lieferte wie zu des Verf.s frühern geschätzten Abhandlungen auch zu der vorliegenden das Material. Der anfangs für Jugendzustand gehaltene Belonostomus des Lithographischen Schiefers von Eichstädt hat 0,10 Länge und wird spe- ciell mit den bekannten Arten verglichen, um die Artrechte zu begründen. Caturus ferox aus dem baierischen Jura hat in der R 17. der A 13, den Bauchfl. 10, den Brusifl. 22 und der Schwanzfl, 40 Strahlen; Caturus elongatus Ag hier ebenfalls beschrieben in der R 20, der A 18, der Bauchfl. 12, der Brusifl. 24, der Schwanzfl. 11. 12, 17. 3. Endlich beschreibt Verf. noch unter Hinweis auf seine Abbildungen die Schuppen von Aspidorhyn- chus ornatissimus Ag und Leptolepis grandis Winkl. T. Fuchs, Fischfauna der Congerienschichten. — Die Ziegelgruben von Inzersdorf lieferten einen grossen Percoiden, wahrschein- 170 lich Beryx, der Ziegelthon von Matzleinsdorf einen grossen Scomberoiden, der am Laarberge einen Clupeiden, Heckel beschrieb einen Gadus von In- zersdorf, demnach sind alle in der Umgebung Wiens in den Congerien- schiehten aufgefundenen Fische ächte Meeresfische und darf diese Ablage- rung ferner nicht mehr als Süsswasserbildung bezeichnet werden, ist viel- mehr eine Brakwasserbildung. — (Verhandl. d. Geol. Reichsanst. 1871. Nr. 13 S. 227.) Derselbe, Anhäufung kleiner Organismen und über die Fauna von St. Cassian. — Bekannt sind locale massenhafte Anhäu- fungen kleiner Organismen in den verschiedensten Formationen unter ähn- lichen Verhältnissen, vorwiegend von Pflanzenfressern. So die Fauna der Congerienschichten von Radmanest mit der grossen Menge kleiner Car- dien, Dreissenen, Valvaten, Melanopsis, Melania, die Fauna der Mergel von Steinabrunn und Niederleis mit zahllosen Rissoen, Rissoiden, Trochi- den, Columellen, Marginellen, Turbonillen, Cerithien, Defraneien, Luci- nen, Carditen ete., die ganz analogen Ablagerungen von Gemberto im Vi- centinischen und des mittlen Grobkalkes im Pariser Becken und die St. Cassianer Lagerstätte. In letzter fehlen grosse Thiere fast gänzlich und selbst von rasenbildenden Korallen und Schwämmen kommen nur kleine Stöcke vor, während sich zahllose Brut findet und den Scharfsinn der Geologen beschäftigtee Man nahm eine Verkümmerung durch ungünstige äussere Verhältnisse, sei es ein geringer oder zu grosser Salzgehalt des Wassers zur Erklärung an. Allein solche Einflüsse redueiren stets in er- ster Linie die Artenzahl, erzeugen Einförmigkeit, während hier gerade ein erstaunlicher Formenreichthum vorliegt. Verf. glaubt im Hafen von Messina die wahre Ursache dieser Erscheinung beobachtet zu haben. Im östlichen seichten Theil desselben ist das Meer von verschiedenen Algen erfüllt, die massenhaft wuchernd ein förmliches Diekicht erzeugen. Dieses wimmelt von kleinen Organismen, die hier Nahrung und Schutz finden. Sie bieten eine vollständige Analogie mil den Vorkommnissen von Steina- brunn, hier wie dort sind es Rissoen, Rissoinen, Trochiden, Phasianel- len, Turbonillen, Cerithien, Defraneien, Cardien, Carditen, Lueinen, Ve- nus in unglaublicher Menge und meist auch in gleichen Arten an beiden Localitäten, Als auf dem angränzenden Lido einige hundert Schritt vom Ufer grosse Erdaushebungen gemacht wurden, traf man in 3 Meter Tiefe unter dem Sande und Gerölle eine Schicht grauen Mergels vollständig er füllt von denselben kleinen Conchylien. Da diese schon gebleicht waren: so glichen sie vollkommen denen von Steinabrunn und Niederleis und könnten mit denselben verwechselt werden. Auf die Fauna von St. Cas- sian angewendet wird auch für diese ein dichter Algenwald anzunehmen sein, in welcher die Brut und kleinen Thiere wucherten, grosse aber nicht eindringen konnten. Jene blos kleinen Korallen und Schwämme waren ohne Zweifel ebenfalls an die Algen fixirt, mit denen sie im Wasser flot- tirten bis ihre Grösse und Schwere den Algenstamm an den Boden nie- derzog. So haben wir also bei St. Cassian und in ähnlichen Ablagerun- gen keine verkümmerte Fauna sondern die Thierwelt einer seichten von dichten Algenmassen erfüllten Meeresbucht. — (Ebda Nr. 12. S.204—206.) 111 E. Tietze, einige schiefe Formen der Gattung Terebra- tula. — Während bei gewissen Brachiopoden Asymetrie sehr häufig ist, kömmt dieselbe bei Terebratula im engen d’Orbignyschen Umfange doch nur selten vor. Man kennt solche verkümmerte, missgebildete Formen von T, digona, auch einige verzerrte biplicate Terebratula, wohin T. pro- blematica Davids aus dem Pendjab gehört. Laube’s T. Sturi von St. Cas- sian scheint ausschliesslich asymmetrisch vorzukommen. Doch bleibt bei diesen Formen die Hauptwachsthumsachse senkrecht gegen den Stirnrand gerichtet. Verf. hat nun auch Terebrateln, bei welchen diese Achse schief gegen den Stirnrand gerichtet ist und die man bei ihrer sonstigen Aehn- lichkeit als Formen einer Gruppe der schiefen Terebrateln betrachten kann. Jedenfalls sind sie von den gesetzlos unregelmässigen Formen wie T. Sturi zu trennen. Die grosse durchbohrte Klappe als untere betrachtet geht vom Schnabel aus gerechnet die Wachsthumsachse bei den meisten schiefen Terebrateln nach rechts schief gegen den Stirnrand, nur bei einer Form aus dem untern Lias im Banat hat das entgegengesetzte Verhalten statt. Bezeiehnend für alle untersuchten Formen ist eine vom Schnabel ausgehende abgeplattete mehr minder ebene Fläche je an dem seitlichen Rand der grossen Klappe, welche auf derjenigen Seite des Fossils sich findet, nach dem die Hauptwachsthumsmasse gerichtet ist. Also bei rechts schiefen Terebrateln liegt diese Abplattung rechts, bei links schiefen links. Sinus und Wulst fehlen oder sind nur angedeutet. Eine sehr interessante Form aus dem Lias von Carlstadt in Croatien zeigt eine der Symmetrie widersprechende in Längsfelder getheilte Radialzeichnung. Auch im Dog- ger der Karpathen kommen ähnliche Formen vor. — (Ebda Nr. 17. S. 357— 358.) Botanik. Kraus, Aufbau wickeliger Verzweigungen besonders der Inflorescenzen, — Verf. untersuchte von Asperifo- lien die Gattungen Myosotis, Anchusa, Omphalodes, Cerinthe, Heliotro- pium, Borrago, von den Solaneen mehre Solanum und Hyoscyamus, von Crassulaceen Escheveria gibbiflora und unterscheidet 3 Entwicklungstypen: 1. Die nackten Wickeln von Heliotrpium und Myosotis wenigstens an kräf- tig wachsenden Knospen sind Monopodien. Ein dickspatelförmiger Vege- tationskegel entwickelt auf seiner Oberseite alternirend 2 Reihen von Blüh- tenachsen. Die stets nach oben geschehende Blühtenbildung bringt es mit sich, dass die Vegetationsspitze sich stets nur nach unten entwickeln kann und die bekannte spiralige Rollung der Hauptachse resultirt. 2, Mo- nopodial angelegte Sympodien sind die Wickeln der Echeveria-Inflorescenz und die vegetativen Achsen von Solanum nigrum und Physalis. Bei erster zeigt die verwachsene Wickel eine Scheinachse, an der die Blühten den Blättern gegenüberstehen, die Blätter unter 90° nach einer, die Blühten nach der andern Seite. Während der Gipfel der relativen Hauptachse sich in eine Blühte verwandelt, entsteht in der Achsel des nächst untern Blattes eine Seitenachse, diese bildet unter 90° ein neues Blatt und wan- delt sich in eine neue Blülhte um, während in der Blattachsel eine die Entwicklung fortsetzende Seitenachse herabreicht. 3. Diehotomisch ange- legte Sympodien bei der Inflorescenz von Solanum nigrum , Omphalodes 172 und allen untersuchten beblätterten Wickeln. a. Die schwachen Triebe der unter 1. genannten Pflanzen entwickeln sich vielleicht dichotomisch, ebenso ist es möglich, dass bei hierher gehörigen unbeblälterten Wickeln eine monopodiale Entwicklung an starken Knospen vorkäme. An der Seite der zur Blühte werdenden Hauptachse tritt eine nackte Seitenachse her- vor, die sich fortwährend dichotomisch theilt und abwechselnd die rechte und linke Hälfte zur Blühte umbildet. b. Unzweideutige Dichotomie findet bei den beblätterten Wickeln statt. Ein an der zur Blühte gewordenen Hauptachse entstandenes Blatt trägt in seiner Achsel einen anfangs halb- kugeligen Vegetationskegel, dieser verbreitet sich parallel der Blattfläche und theilt sich durch eine der Blattfläche senkrecht stehende Ebene in 2 anfangs gleiche Kegel. Der eine wird zur Blühte, der andere bildet unter 90% zum vorigen Blatt ein neues und in dessen Achsel die Diechotomie wie vorher. Die Dichotomialebenen stehen also senkrecht auf einander und auf der Blattfläche, daraus erklärt sich, dass die Blätter stets zwi- schen sympodialer Achse und Blühte stehen. Alle diese Entwicklungs- weisen lassen sich besonders anschaulich machen durch die Construction genetischer Diagramme. Die Stellung der Wickeln am Stock ist manich- fach: 1. Eine einzige an Haupt- und Seitenachsen gipfelständige Wickel hat Cerinthe. 2. Einfache Wickeln, am monopodialen Stengel zu nack- ten Trauben, aber in der Ordnung der Laubblätter gestellt, Echium. 3. Gewöhnlich erscheinen die Wickeln zu einfachen oder Doppeldichasien zusammengestellt. Diese entstehen immer monopodial, auch da wo sie Dichotomien nachahmend, die intermediäre, die Hauptachse schliessende Blühte seitlich an einer der Wickeln hinaufschieben. Die Wickelarme des Dichasiums entsteht bei Heliotropum nackt, bei den beblätterten Wickeln stellt die etwas grössere Braetee der untersten Blühte scheinbar ein ge- meinschaftliches Tragblatt der Wickel dar. Die Dichasien selbst stehen gewöhnlich in der Achsel von Laubblättern oder die untern in Laubblättern, die obern nackt. Von den longitudinalen Verschiebungen beobachtete Verf. folgende. Bei Bildung gewöhnlicher Achselsprosse wird das Inter- nodium der Mutterachse nur über der Seitenachse, nicht zwischen dieser und dem Tragblatt weiter gebildet. Bei einigen Pflanzen wird aber auch an letzter Stelle ein Internodialstück erzeugt und der anfänglich axilläre Seitentrieb dadurch weit über sein Tragblait gehoben, extraaxillär. Auf diese Weise werden die ganzen Dichasien am Stengel verschoben und die Wickelblühten von ihren Blättern gehoben. Seltenist, dass an einem Achsel- spross zwischen Tragblatt und Achselspross einer- und der Mutterachse andrerseits ein Internodialstück entwickelt wird, ebenso selten, dass bei zwei exponirten Blättern mit Achselsprosse ein Internodialstück so einge- schoben wird, dass es das über den Blättern liegende Stück der Haupt- achse und ein;Blatt nebst seinem Achselspross andrerseits trennt, — (Erlanger physic. medicin. Sitzgsberichte III. 19—22.) J. Reinke, über das Spitzenwachsthum der Gymnosper- menwurzeln, — In der Wurzelspitze aller Gefässpflanzen befinden sich zwei_einander gegensätzliche Zellensysteme, ein axiler Strang und ein denselben umgebender Mantel; bei den Angiospermen tritt noch eine von 173 vornherein gesonderte Oberflächenschicht hinzu, und diese ist Dermatogen, der peripherische Gewebtheil Periblem,, der axile Zellenkörper Plerom ge- nannt worden. Die beiden letzten Ausdrücke lassen sich auf die entspre- chenden Formationen der Gymnospermen und Gefässkryptogamen anwen- den. Der Unterschied in der Gliederung des Gewebes der Wurzelspitze bei den drei Klassen ist folgender. 1. Das Wurzelende der Gefässkrypto- gamen besteht aus einem Pleromeylinder und einer nmhüllenden Periblem- masse; beide entstehen wie die Wurzelhaube aus den kappenförmigen so aus den schrägen Segmenten einer Scheitelzelle, jenes aus den centralen, dieses aus den peripherischen Theilzellen der Segmente, die äusserste Schicht des Periblems bildet die Epidermis der ältern Theile, 2. Bei den Gymnospermen lassen sich ähnlich Plerom und Periblem unterscheiden, auch hier wird die äusserste Schicht des letztern zur Epidermis. Wäh- rend jedoch in voriger Klasse Alles aus einer Scheitelzelle hervorgeht, fehlt diese hier, die einzelnen Zellreihen führen bis zum Scheitel hinauf innerhalb ihrer Genossenschaft eine gewisse selbständige Existenz. Die Wurzelhaube entsteht durch scheitelwärts geförderte Spaltung der Peri- blemschichten, 3. Bei den Angiospermen, die gleichfalls der Scheitelzelle entbehren, tritt zu dem Plerom und Periblem das Dermatogen hinzu, letztes liefert die Epidermis und bildet durch tangentiale Theilung über dem Scheitel die Haube, Bei den Gymnospermen finden wir eine grosse Uebereinstim- mung nicht nur innerhalb der einzelnen Familien, sondern denselben Typus mit geringen Variationen der ganzen Klasse aufgeprägt. Sowohl die ver- schiedenen Gattungen der Coniferen als auch Ephedra und die Cycadeen zeigen den oben angedeuteten Bau. Der Pleromkörper erzeugt als secun- däres Gebilde ein Grundgewebe mit eingelagerten Fibrovasalelementen, während das Periblem die parenchymatische Rinde bildet, deren äusserste Schicht als Epidermis fungirt; während bei den Angiospermen die Zahl der Periblemschichten dem Scheitel zu sich vermindert: so wächst sie hier und stellt die oft mächtig entwickelte Wurzelhaube dar. Die Ver- zweigung der Wurzeln ist racemös, die Seitenwurzeln entstehen aber stets aus mehreren Zellschichten, bei den Coniferen aus dem parenchymatischen Grundgewebe des Plerom’s vor den Gefässbündeln; bei den Cycadeen be- theiligen sich noch einige Schichten der Rinde an der Bildung der Seiten- wurzeln,, die sonst normal monopodial wie bei den Coniferen stehen. Einige Seitenwurzeln der Cycadeen jedoch fangen bald an sich an der Spitze di- ehotomisch zu verzweigen und zwar dichotomiren sie dann wiederholt. Bei jeder neuen Dichotomie wird die Wurzelhaube verringert und oft auf Nichts redueirt, so dass über dem Scheitel nieht mehr Periblemschichten liegen als an den Seiten: ein Anklang an die Wurzelträger von Selaginella. Auch das Gewebe des Stammscheitels lässt sich unter dem angedeuteten Gesichtspunkte aufiassen ; bei Ephedra und den Coniferen besteht dasselbe aus Plerom und Periblem. Diese Resultate stehen in Einklang mit Pfitzers schönen Untersuchungen über die Embryobildung der Coniferen, — (Göt- tinger Nachrichten 1871. 530 — 533.) Derselbe, gonidienartige Bildungen in einer dikotyli- schen Pflanze. — Der dicke rübenartige Stamm von Gunnera scabra 174 ist dicht mit bleibenden zu Spreuschuppen vertrockneten zerschlitzten niederblattartigen Gebilden bedeckt, die in grösserer Zahl zwischen je zwei einander folgenden Laubblättern stehen, die als Stipulae zu bezeich- nen sind. Sie entstehen zwischen ihren betreffenden Blättern später als diese und zwar tritt die vor der Mittelrippe stehende Stipula zuerst auf, die andern folgen nach rechts und links. In dem Stiel eines Laubblatts liegen eine Anzahl zerstreuter, geschlossener Gefässbündel aus, dagegen liegen die Bündel der Stipula in einer Ebene. Der Bau des Stammes er- innert an den Monokotylentypus, besteht aus parenchymatischem Grund- gewebe mit unregelmässig eingestreuten geschlossenen Bündeln, die häu- fig durch horizontale Stränge netzartig anastomosiren, die Laubknopse ist durchweg mit einem undurchsichtigen klebrigen Schleime erfüllt, der von grossen, flachtonnenförmigen ausgerandeten Drüsen geliefert wird, die am Grunde der Blätterrückseite stehen. Der Schleim wird durch Aufquellen der Zellhäute dieser Drüsen geliefert, worin sich der vorher stark mit harzigen und Eiweisstoffen angefüllte Zellinhalt mischt. Die Auflösung der Zellen schreitet bis in das Parenchym des Stammes hinein fort an be- stimmten Stellen, wodurch neben einander liegende Schleimkanäle entste- hen. Diese Drüsen sind noch weiter stammabwärts als bräunliche Flecke sichtbar, später schliesst sich die von ihnen gebildete Wunde durch Wu- cherung des umgebendeu Parenchyms und vernarbt. Auf Quer- und Längsschnitten des ältern Stammes nun findet man 1 bis 2Mm. unter der Oberfläche in regelmässigen Abständen blaugrün gefärbte Flecke mit zier- lich dendritenartigem Umriss. Das Mikroskop ergiebt die Ursache dieser grünen Flecke. Die Parenchymzellen sind nämlich an jenen Stellen dicht mit kleinen blaugrünen Zellen erfüllt, die deutlich ihre Membran und plas- matischen Inhalt erkennen lassen. Alkohol zieht aus ihnen einen grünen Farbstoff aus und lässt den blauen zurück, der sich langsam in kaltem Wasser löst. Es liegt also eine Mischung von Chlorophyll und Phykocyan vor, eine phykochromatische Alge im Innern einer lebenden Gefässpflanze, analog den Gonidien der Lichenen. Wie aber kömmt diese Alge in den Körper der lebenden Pflanze, da die einzelnen Nester in keinem Zusam- menhange stehen und von der Oberfläche durch eine dicke Gewebsschicht getrennt sind. Stammaufwärts in der Region der Laubknospe nehmen diese Gonidiengruppen an Grösse ab und rücken der Oberfläche näher und eorrespondiren mit den erwähnten Schleimdrüsen. In dem Schleim lebt ausser allerlei Pilzmycelien eine zur Familie der Scytonemaceae gehörige Fadenalge, also Seytonema Gunnerae. Sie wuchert besonders zwischen den äussern in Auflösung begriffenen Zellen der Drüsen und dringt in Menge in die Schleimkanäle ein und durch diese in das unterliegende Stammparenchym. Hier wachsen die Fäden in die Parenchymzellen hin- ein, was ihnen durch deren grosse Tüpfel erleichtert wird, und füllen sie aus. Die Fäden legen sich dicht aneinander, verschlingen sich knäuel- förmig, so dass feine Durchschnitte später nur massig aneinander gela- gerte Algenzellen, keine Fäden mehr erkenneu lassen. Nachdem eine Gruppe neben einander liegender Parenchymzellen von der Alge ausgefüllt ist, hört die weitere Ausbreitung auf. Zugleich schliesst sich der Zugang 175 zu dieser Ablagerungsstätte durch neu gebildeles Parenchym, welches das frühere Drüsengewebe ersetzt; die Alge ist dann vollständig ge- fangen. Die im Durchschnitt dendritenartige Verästelung ist theils durch die Fibrovasalstränge bedingt, theils dadurch, dass einzelne Parenchym- zellen weniger leicht zugänglich sind als andere, Es scheint übrigens dieses Scytonema typisch mit Gunnera verbunden zu sein, -da es ausser im Göttinger Garten auch in Bonn beobachtet wurde. — (Ebda 624—628.) W. A. Leighton, über das Genus Ramalina. — Verf. giebt eine Revision von Nylanders Monographie der Ramalinen im Bulletin der Linneischen Gesellschaft der Normandie 2. ser. tom. IV. — Von den 65 Arten kommen 33 in Afrika, 27 in Nord- und 27 in Süd- Amerika, 19 in Asien, 18 in Europa, 11 in Australien und 5 in Polynesien, 5 in der ark- tischen, 33 in der nördlichen gemässigten, 32 in der tropischen und 14 in der südlichen gemässigten Zone vor. Nachdem Verf. nun die systema- tische Uebersicht aller Arten mitgetheilt beleuchtet er die britischen Arten besonders, nämlich folgende: R. thrausta Ach in Europa. — R. calicaris Hoffm überall nur in Australien und Polynesien nicht. — R, farinacea L eigentlicher Kosmopolit. — R. fraxinea L ebenfalls überall verbreitet. — R. fastigiata Pers in Europa, Asien, Afrika und NAmerika. — R. poly- morpha Ach Europa und Afrika. — R,pollinaria Ach Europa und Afrika. — R. scapulorum Dieks ebda. — R. cuspidata Ach in Europa, Asien, Afrika und NAmerika. Jede dieser Arten ist diagnosirt, ihre Literatur und Synonymie und die speciellen Standorte in Grossbritannien angege- ben, — (Ann. mag. nat. hist. 1872. IX. 122— 132.) 0. W. Thome, Lehrbuch der Botanik für Gymnasien, Real- schulen, Forst- und landwirthschaftliche Lehranstalten, pharmaceutische Institute ete. sowie zum Selbstunterrichte. Mit 890 Holzschnitien. 2. ver- mehrte Aufl. Braunschweig 1872 bei Fr. Vieweg u. Sohn. — Die Noth- wendigkeit einer zweiten Auflage schon nach zwei Jahren spricht am be- sten für die zweckmässige Einrichtung dieses Lehrbuches, das aus dem Bedürfniss für den eigenen Unterricht an der Cölner Realschule hervor- ging. Verf. legt den Schwerpunkt seines Unterrichts in die Erkennung des Lebens der Gewächse und in die Auffassung des Pflanzenreiches als eines organischen Ganzen und diesen Standpunkt sollte jeder Lehrer der Naturgeschichte an gelehrten Schulen zu dem eigenen machen, nur von solchem aus kann er befriedigenden Erfolg erzielen. Das Lehrbuch stellt nach der allgemeinen Einleitung die Zelle als Individuum, dann als Glied einer Gruppe dar, dem Aufbau der Pflanzen aus Zellen, die Pflanze in ihrer Gliederung, dann das Leben der Pflanze in 7 Capiteln, darauf die specielle Morphologie und Systematik bis auf die Charakteristik der Fa- milien mit Anführung einzelner wichtiger Gattungen und Arten, endlich die vorweltlichen Pflanzen und die Pflanzengeographie. Wird mit diesem Buche dem Schüler noch eine einheimische Flora oder Garcke’s nord- deutsche Flora in die Hand gegeben, welche ihn in die heimathliche Flora praktisch einführt: so kann die Aufgabe des bolanischen Unterrichts au höhern Lehranstalten vollständig gelöst werden. Die Ausstattung des Buches ist die anerkennenswerthe des Vieweg’schen Verlages. 176 Zoologie. E. u. O0. Hofmann, Naturgeschichte der Ci- daria incultaria HS. — Die !/, Zoll lange hellgrüne, mit dunklem Rückenstreifen und einem rolhen Längsstrichelchen in den Seiten jedes Gliedes versehene am Kopfe hellbraune, auf dem Nackenschilde braun punktirte und einzeln fein schwärzlich behaarte Raupe minirt in den Blät- tern von Primula aurieula; sie verpuppt sich in einem Gespinnste nahe der Erde und liefert Ende April, Anfangs Mai den Schmetterling. — G. Heliosela staneella Fk. das fusslose, weissgelbe Räupchen mit ziemlich grossem hellbraunen Kopfe , schwarzbraunen Kiefern, je einem seitlichen schwarzen Seitenfleckechen zwischen Kopf und erstem Ringe, etwas wulstig an den Seiten vortretenden Segmenten und einem kegelförmigen Analfort- satze statt der Nachschieber, lebt in dem etwas verdickten Blattstiele der Quereus pedunculata, sobald es an der Basis des Blattes angekommen, minirt es dicht neben der Mittelrippe 2—3 Linien weit nach auswärts, einen länglich ovalen Gang bildend, beisst dann diese Miene ringsum ab, dass sie ausfällt, und überwintert darin an der Erde oder verpuppt sich vorher darin (dieses entweder — oder ist nicht ermittelt worden); die zweite Aprilhälfte liefert den Falter. — (Stett. E. Z. XXXII. 43—47.) 0. Hofmann, Naturgeschichte der Gelechia spurcella Hd. — Nach ausführlicher Beschreibung des öfter verwechselten Schmet- terlinges wird die Raupe beschrieben, welche ähnlich den Hyponomeaten in röhrenförmigen Gespinnsten an Schlehenzweigen, welche stark mit Flechten besetzt sind. Sie ist nach hinten etwas zugespitzt, matt nankin- gelb bräunlich längsstreifig und einzeln behaart; Kopf gross, dunkelgelb, hinten braun, Nackenschild braunroth mit 2 lichtgelb umsäumten schwar- zen Punkten, Afterklappe dunkelbraun mit mattgelber Einfassung, Vorder- füsse schwarzbraun. Lg. 12mm, Verpuppung in einem Erdcoccon über- winternd. Flugzeit April bis Juni. — (Ebda 219—221.) H. Frey, Microlepidopterische Notizen: Alucita desmodac- tyla Z. als Raupe in den Blühten von Stachis silvatica und alpina; in den Blühten der ersten lebt ferner eine lichtere var. von Platyptilis cosmodac- tylus H, wie acanthodactylus H — Alucita dodecatactyla H. in den Zwei- gen der Lonicera xylostema Mitte Juni. — Nepticula Freyella Heyd, im September in den Blättern von Convolvulus arvensis und spium. — Litho- colletis connexella L minirt in schmalblättrigen Wänden. — L. cerassico- lella HS und Mahalebella Mühl., letzte nur dunkle var. von erster aus Mi- nen von Prunus Mahaleb, — L. alpina Frey minirt in Alnus viridis. — Gracilaria fidella Renti auf Hopfen. — Atemelia torquatella L minirt in Birkenblättern. — (Ebda 124—130.) j Dietze, Raupe von Epithecia laquearia HS (= perfidata Mn, merinata Gm). — Sie ist mit dem Kopfe allmälig verjüngt, am Bauche abgeplattet, fein quergefurcht, weisslich behaart, grün, gelb oder gelblich weiss, violettbraun oder rotbraun oder schmutzig carminroth ge- zeichnet und wird hiernach in 3 var. ausführlich beschrieben. Länge 10 Mm. Mitte Oktober und November an Euphrasia offieinalis, besonders den Fruchtständen,. Die bernsteingelbe Puppe mit hellbraunem Hinterleibe und 177 grünlichen Flügelscheiden überwintert in leichtem Gespinnst an der Erde. Flugzeit Mai, Juni. — (Ebda 207.) P. C. Zeller, lepidopterologische Beobachtungen im Jahre 1870. — Verf. beschreibt unter dem Namen Psyche (Oiketicus) gigantea den Sack eines Sackträgers von Pernambuco und bildet ihn, so wie ein vertrocknetes W. auf Taf.2 ab; schliesslich erklärt derselne, dass dies Thier bereits als O. Kirbyi von Gülding beschrieben und abgebildet worden sei und im männlichen Geschlecht etwa die Grösse von Lip. V- nigrum, den Flügelsehnitt aber eines Cossus besitze. Hierauf werden über "heimische Arten verschiedene Notizen gegeben, so Jass Earias vernana in der Stettiner Gegend vorkomme und als Raupe an Silberpappel lebe, dass Carpocapsa pomonella 5‘ auf der Oberseite des Hinterflügels einen schwarzen Haarpinsel von ansehnlicher Länge trage, und werden melıre neue Arten beschrieben: Gelechia vepretella: Antennis obsolete albido-annulatis, fronte dilute grisea, palpis vix maculatis, alis ant. caesio-cinereis, confertissime nigro-squamulatis, puncto plicae ante punctoque disci post medium ni- gris obsoletis, maculis posticis oppositis parvis,, canis flavidisve subob- soletis m. f. an Schlehen. — Swammerdamia spiniella H Capillis ac thorace niveis, alis ant. oblongis postice subdilatatis caesio-cinereis, fusco-punetatis, macula ante dorsi albi medium maculaque oblique super- posita latius distante fuscis, eiliis marginis postici subcupreo - nitidulis m, f. — S. Heroldella Fr. Capillis et thorace niveis, alis ant. elongatis, postice leviter dilatatis, caesio-cinereis, fusco punctatis, fascia antice ab- breviata nigricante ante dorsi albi medium, ciliis brunnescenti-cinereis, nitidulis. var. b. thorace griseiscente. var, c. eiliis subeupreis. Auch die Raupe wird ausführlich beschrieben. — S. oxyacanthella Dp. Ca- pillis exalbidis, thorace obseure einereo; alis ant. elongatis, postice levi- ter dilatatis, caesio-cinereis, fusco punctulatis, fascia obliqua nigricante ante dorsi dilutioris medium, ciliis cupreo-nitidulis m. f. var, b, macula eostae alba subapicali nulla. Raupenbeschreibung ausführlich. — S. py- rella Vill. Capillis niveis, thorace obscure cinereo;, alis ant. oblongis, postice dilatatis, obscure caesio-cinereis, fascia obliqua nigricanie ante dorsi dilutioris medium, margine postico cum ciliis cupreo-nitidis; alis post. einereis, 9’ dimidio basali albidiore m. f, — Coleophora Atta- licella: Antennis albis, articulo basali leviter incrassato; alis ant, luteis, postice obscuratis, vitta lata costali, linea latiore plicali, linea disei po- stici in medio puncto nigro interrupta dorsoque angaste niveis nitidis f. Sarepta. — C. pratella: Antenis albis, articulo basali crassiusculo sine penicillo; palporum faseiculo dimidium artieuli terminalis aequanle alis ant. angustulis acuminatis, albidis, impunctatis, venis 1 obscure griseis. dilatatis, Qlutescentibus tenuioribus; alis post, anguste acuminatis, plum- beo-cinereis m. f. Stettin. — (Ebda 49 — 81.) H. Frey in Zürich, ein Beitrag zur Kenntniss der Micro- lepidopteren. — Verf. giebt vorläufige, zur Erkennung neuer Arten hinreichende Notizen, behält sich aber genauere, von Diagnosen begleitete Sehilderungen für dieselben vor. Crambus Zermattensis steht in nur enl- Zeitschr. f,d, ges. Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872, 12 118 fernter Verwandtschaft zu C. luctiferellus. — Dichrorampa Harpeana Stgr in litt. — Adela Panicensis ein naher Verwandter von A.cuprella SV. — Depressaria alpigena zu denjenigen gehörig, welche sich durch ein scharf abgegrenztes Wurzelfeld der Vorderflügel auszeichnen. — Gelechia myri- cariella Reutti in litt. aus der Verwandtschaft von G. fugacella — @. dif- fluella Maun in litt., der G. psilella nahe stehend. — G. cacuminum, der murinella HS ähnlich. — G ferrea ein ebenfalls sehr einfach gezeichnetes Weibchen, welches in der ganzen Haltung an die bedeutend grössere in- fernalis HS erinnert. — Oecophora auromaculata, der fulvigatella L. nahe, aber beträchtlich grösser und schmalflügliger. — Argyrestia submontana, früher für sorbiella Fr. gehalten. — Swammerdamia alternaus Stgr Q wird beschrieben, welches von dem „', das Staudinger (Beschreibung neuer Lepid. des europ. Faunengebiets, Berl. ent. Zeit. 14) allein nur veröffent- licht. — Elachista Heinemanni, der ochreella Sta. = subalbidella Schläg nahe verwandt, jedoch grösser und das M. schmalflügliger. — Elachista Juliensis, zu den kleinsten Arten gehörig und mit keiner andern zu ver- wechseln. — E, sublimis, zur schwierigen nigrella-Gruppe gehörig und der Gregsoni Sta. sehr nahe, aber grösser und schlanker. — E. pome- rana aus Poa fluitans von Schleich in Stetlin erzogen und der E. Airae Frey sehr nahestehend. — Buceulatrix valesiaca aus der Verwandtschaft der B, Ratisbonensis Sta. — B. alpina wird in Grösse und Flügelschnitt mit nigricomella L verglichen. — Nepticula Schleichiella aus der nächsten Verwandtschaft von angulifasciella Sta. und aprimoniella H. — N. palu- strella Hein. in litt. in Grösse, Färbung und Zeichnung der poterii Sta. nahe Art. — N. geminella in Poterium sanguisorba minirend. — N. pyti Glitz in litt., der minusculella HS verwandt, aber grösser und breiter ge flügelt. — (Ebda 101 — 124.) Dietze, Eupithecia silenata und trisignaria. — Verf. ver- gleicht die verschiedenen Raupen beider sehr ähnlichen Arten genau mit einander. — (Ebda 139.) 0. v. Prittwitz, Lepidopterologisches. — Die vom Verf. ge- gebenen Notizen 68— 74 beziehen sich auf Lichnoptera gulo und moesta, Glaucopis Lethe F. Synonymie, Besprechung der Indo-australischen Lepi- dopterenfauna von Gabriel Koch, Felder’s Novara-Reise, Boisduval, Fauna Californiens etc. und können im Auszuge nicht wiedergegeben werden, — (Ebda 237 — 253.) Krause, einige Moustrositäten an Schmetterlingen und Käfern. — Epinephele Sanira fl! wurde am 7. Juli 1866 bei Altenburg, an einen öfter starker Nässe ausgeseizten Grasplatze gefangen. Vorder- flügel oberseits mit einem fast dreieckigen Fleck von hellrothgelber Farbe, welcher von Rippe 2 ausgeht und auf dem rechten Flügel bis zum Augen- fleck reicht, auf dem linken diesen umschliesst; gegen die Basis hin spit- zen sich dieFlecke zu und sind reichlich mit hellgrauer, seidenglänzender Pubescenz bekleidet. Jeder Hinterflügel ist in grosser Ausdehnung kno- chenweiss gefärbt, gegen den Aussenrand am hellsten, fast reinweiss; un- terwärts zeigt nur der Vorderrand schwache Spuren der Binde; auf allen Flügeln geht die normale dAnnkle Farbe allmälig in die abnorme lichte 179 über. — Acronyeta auricoma j! ausserordentlich klein mit schmalen Vor- derflügeln, sehr ausgedehnt hell aschgrau in der Grundfarbe, auf welcher die scharf dunklen Zeichnungen auffallend hervortreten ; keine Wellenlinie, Ring- mit Nierenmakel derartig verbunden, dass sie sich nach letzterer zu oval ausdehnt und beide da, wo sie zusammentreffen ohne Begrenzung ineinander fliessen. Gezogenes Exemplar. — Eugonia erosaria: die beiden linken Flügel und der rechte Hinterflügel des gezogenen Exemplars sind normal gefärbt, auf dem rechten Vorderflügel dagegen sind am Vorder- rande die beiden Querstreifen etwa doppelt so breit wie gewöhnlich und an den zugekehrten Seiten ziemlich verwaschen. Beide Streifen vereini- gen sich an der Subdorsalrippe zu einem Streifen, der in etwa doppelter Breite wie gewöhnlich den Innenrand da erreicht, wo der rechte Streif bei regelmässiger Zeichnung aufsitzt. Der dreieckige Raum zwischen beiden Streifen ist dunkler als der Grund. — Rhagium mordax: das rechte Mit- telbein hat 2 mit der Sohlenseite einander zugekehrte Tarsen und der in- nere kein Klauenglied, statt dessen zwei ansehnlich verdickte Grundglie- der, gleich dem Ende der Schienen. — Lina lapponica: auf den normalen Grunde trägt die rechte Flügeldecke 5 kleine blaurothe Flecke, der erste ist ein etwas gebogenes Längsstrichelehen neben dem Schildehen und reicht in doppelter Länge über dasselbe hinaus, der zweite gleichfalls ein Strichelehen am Aussenrande, auf 1; der Länge und einwärts zalınartig erweitert, der dritte und vierte sind eckig und liegen in einer Querlinie hinter der Mitte, in gleicher Entfernung von Naht und Hinterraud und breit von einander getrennt, der fünfte liegt im Mittelfelde zwischen den beiden vorhergehenden und der Spitze. Soweit diese Flecken den Aus- senrand nicht berühren ist derselbe blau, Die linke Flügeldecke ist durch- aus schwarzblau, nur der Aussenrand von der Schulter bis nahe vor die Spilze schmal braunroth, — Chrysomela fucata: Das Halsschild ist in der Mitte hasenschartenartig gespalten, wodurch 2 dreieckige Lappen entste- hen, welche mit ihrer stumpfen Spitze gegen die Mitte des Thorax ge- richtet sind, aber nicht ganz zusammentreffen. Durch diese Missbildung liegt ein Stück des Hinterkopfes, der Brust und des Schildehens frei. Quer durch die Mitte des Halsschildes geht eine muldenartige Vertiefung, welclıe den Seitenrand nicht erreicht und in der Mitte durch die auseinander klaf- fenden Lappen des Thorax unterbrochen wird. — (Ebda 135—137.) Drechsel, Dr., monströser Attelabus eureulionoides. — Der Prothorax ist nur rudimentär entwickelt und auf dem Rücken nicht geschlossen. Der Rand steigt an der Seite empor und biegt sıch nach der Mitte des Rückens über, ohne den von der andern Seite ihm entge- genkommenden zu erreichen; die Verbindung beider bildet eine unterlie- gende Meınbran, durch diese Bildung ist der Prothorax verkürzt, der Hin- terkopf durch die Spalte von oben sichtbar. Die beiden einander gegen- überstehenden Theile des Prothorax sind in der Mitie vollkommen abge- rundet und in der ganzen Ausdehnung fein gerandet, ganz so wie Vor- der- und Hinterrand normaler Stücke. Theils parallel mit diesem Rande, theils nicht parallel laufen viele feine Runzeln, Linien und Fältchen und in der Mitte beider Theile zeigt sich eine wulstige glatte Erhabenheit, die 12% 180 vorn nach unten geneigt und fein zerstreut punktirt ist. Die beiden Theile machen übrigens den Eindruck eines Stückes Band, welches man, hat über eine Kugel legen wollen, das aber zu kurz war und dessen Enden man durch Ziehen einander möglichst genähert hat. — (Ebda 205. 206.) R.A.Philippi, Dr., einige neue chilesische Insekten. — Brachyxiphus n. gen. Hymenopterorum, Xiphydriae affıne wird ausführlich beschrieben und mit 2 n. sp. eingeführt: B. grandis: niger, abdominis segmentis 3—8 aurantiacis; antennis 26-artieulatis; alis nigricantibus, eellulis radialibus 2. Lg. 23mm, expans. alar. 41mm, Valdivia. — B. fla- vipes: niger, pedibus flavis; antennis 18-artieulatis in medio albis; alis nigricantibus; cellula radiali indivisa. Lg. 12, exp. alar. 19,5mm. — Pro- glochia n. gen. der Pteromalinen mit der Art P. maculipennis näher be- schrieben — Brachygaster? valdivianus: niger, pilosulus, dense punctatus, metathorace areolato, abdomine laevissimo. Ig. 3,75 mm. — Arrhynchus, eine neue, Panops am nächsten stehende Gattung der Zweiflügler wird näher beschrieben und A. vittatus also diagnosirt: chalybeus, nitidus; ab- dominis segmentis 2, 3, 4 lateribus luteis; pilis prothoraeis canis; alis infuseatis. Lg. 10, 5, exp. alar. 23,5mm,. — Thersites, ein neues, Henops nahestehendes Gen. der Zweiflügler. Th. jacobaeus: e ferugineo fuscus; maculis 2 in margine antico prothoracis, 2 in margine postico mesotho- racis margineque postico segmentorum abdominis helvolis Qlg., 5,5 exp. alar. 11,5 mm, — Necrophorus chilensis: ater; elytris luteis, fascia basali, margine postico, sutura et macula communi sinuosa atris. long. fere 13, lat. 7,5mm, — Polymerius ein neues Gen. der Rhipiceriden mit P. mar- moratus ausführlicher beschrieben. Wir müssen betreffs weiterer Ausführ- lichkeit auf die Arbeit selbst hinweisen. — (Ebda 2835 — 295. Taf. 3.) Tischbein, hymenopterologische Beiträge. — Verf. führt 36 Ichneumonen, den Gattungen Chasmodes, Ichneumon, Ambiyteles, Dis- eaelotus (unipunctatus), Aethecerus (nitidus), Herpestomus, Heterischnus (pulex), Phaeogenes angehörig auf, welche er, aber nur im weiblichen Geschlecht seit einem Zeitraum von 30 Jahren im Winterlager angetroffen hat, die Daten hinzufügend, wenn sie im Fluge gefangen zu werden pfle- gen. — (Ebda 155—160.) Ad. Schenk, mehrere seltene zum Theil neue Hymenop- teren. — Chrysis Saussurei Chevr. 6—7mm Prothorace postice et sulco mediano, mesothorace area intermedia etjuxta alas, scutello, postseutello et metathorace saturate cyaneis, prothorace an'ice, mesothorace areis la- teralibus, metathorace angulis dentiformibus, pleuris et pectore viridi-aura- tis; abdomine segmento primo igneo-aurato, secundo tertiogue aurato-cu- preis nitidissimis, segmento 3. margine apicali eoeruleo (Q) vel viridi aurato (1); corpore graeillimo, abdomine sublineari, confertim punctulato, margine apicali edentato, utrinque leviter arcuato emarginato, centro levi- ter arcuato convexo; serie anteapicali foveolis mediocribus oblongis (2) vel rotundatis (41) approximatis ; cavitate faciali superne marginala; cel- lula radiali clausa. Der Ch. elegans Lep. am nächsten. — Ch. minutula n, sp. 5mm Corpore gracillimo, abdomine sublineari, thorace cum capite breviore; prothorace postice et snleo mediano, postscutello et metathorace 181 cyaneis, prothorace antice, mesothorace, scutello, pleuris, pectore viridi- bus; abdomine dense punctato, segmento 1 viridi-aurato, 2. et 3. igneo- auratis, segmento 3. margine apicali viridi, utrinque et in centro lenissime arcualo-emarginato , serie anteapicali foveolis mediocribus oblongis, re- motis; cellula radiali aperta;5 am nächsten der Ch. elegans Lep. — An- drena distinguenda n. sp. Q 10mm Mesothorace pube rara albida consito, sparsim subtiliter punctulato et subtilissime ruguloso; abdomine oblongo- ovali, nitidissimo, subtiliter rugoso, subimpunetato, fasciis 3 late inter- ruptis albis; capite (celypeo superne tantum) longitudinaliter strigosa; scopa argenteo-nilida, fimbria sordide fulva; tarsis nigris, venis et stig- mate rufis; der A. proxima sehr ähnlich. — (Ebda 253 — 57.) Rudow, Dr., die Tenthrediniden des Unterharzes nebst einigen neuen Arten anderer Gegenden. — Von Hylotoma wer- den 14 Arten, darunter 3 n.sp. erwähnt: H.clavipennis: 5 long. 10, Q 11mm Aeneo-coerulea, antennis nigris, brevibus, tibiis tarsisque flavis, his apice nigris; alis flavescentibus, ad basin minus infuscatis, carpo flavo, macula fusca, thorace aeneo splendidissimo. Larva 18—20mm pe- dibus 20 instructa, viridis dorso obscuro, linea una dorsali, duabus la- teralibus albidis, capite flavo fronte nigra, pedibus anticis flavis, posticis viridibus. In Salice fragili invenitur, Follieulus duplex, albus, supra terram foliis eontortis construitur. — H. saliceti: atra, aenea, abdomi- nis dorso brunneo, apice aeneo, segmento primo pellucente, tibiis tarsis- que luteis; alis flavescenlibus, carpo cum macula cellulae radialis apice, cellulaque appendicea infuscatis. Lg. 11 g, 14mm 9. Larya viridis, uni- color, grossa, paueis verrucis piliferis, pedibus 20 instructa. lg. 22—24mm, In Salice fragili habitat.— H. similis: aeneo-nigra, abdomine, excepto segmento 1., tibiisque flavis, tibiis et tarsis pedum posticorum apice ni- gris; alis flavesceutibus, macula parva sub carpo fusca. Q valvulis ge- nitalibus nigris. lg. 6mm, Larva viridis, dorso obscuro, lineis 2 dorsali- bus albidis, capite flavo, parvo, pedibus antieis flavescentibus, postieis viridibus, abdominis apice flavo, pedibus 20 instructa. Ig. 18—19mm, Sa- lice fragili.paseitur. — Ferner enthält das Verzeichniss Lyda mit 9 sp. Tenthredo mit 37, darunter 8 neue: T. melas: nigra opaca, pedibus rufis, tibiarum posticarum apice et tarsis nigris; alis flavescentibus ad- versus apicem nigricantibus, radio carpoque nigris. lg. 8mm, gleicht der T. atra. — T. fasciata: flava, ore, collari, scutello, postseutello, 4. ab- dominis segmento dimidiaque carpi parte sulfureis, tarsis postieis nigri- cantibus; alis hyalinis, nervis nigro-brunneis; abdominis dorso nigro. Ig. 7mm, — T. chloros: flavo-virens, fronte, thorace , femorum, tibiarum, tarsorum antennarumque parte superiore nigris; oculis coeruleis, carpa viridi. Ig. 7mm. Larva flavo-virens, lineis 2 dorsalibus albidis, lateribus albostriatis, segmentis punctatis; capite viridi, temporibus branneis pedi- bus anterioribus longiuseulis. Ig. 16 — 17mm. In Salice fragili invenitur. Follieulus flavo-virens, foliis contortis construitur. — T.explanata: vi- ridis, maxillis, oceipite, antennis, excepto arliculo 1., thorace, abdominis dorso, earpo, nervis pedumque exteriore parte nigris. Abdomine latissimo. Lg. 18mm, Larva viridis nigro-punctato, verrueis piliferis nigris instructa, 182 erassa5; pedibus nigris. Lg. 22mm, In Salice fragili invenitur. — T. see- sana: viridis, antennarum pedumque parte superiore nigrolineatis, ocei- pite, thorace abdomineque nigris, carpo viridi, nervis denigralis. Lg. 1Umm, Larva flavo-viridis, verrueis piliferis brunneis instructa; pedibus nigris. Lg. 12—13 mm. In Alno glutinosa habitat. — T.leucostoma: rufa, ore albo, antennis parte superiore, thorace, abdominis segmentis primo tolo et secundi anteriore parte, coxarum femorumque parte superiore car- poque nigris; nervis tarsisque brunneis. lg. 7wm, Thüringen. — T. Benthini: rufa, capite, thorace, abdominis segmentis 1. 2. totis, tertii superiore parte carpique extrema parte nigris, collari, seutello, postscutello, punetis 2 primi abdominis segmenti articulisque ultimis tarsorum postico- rum albis. Lg. 9mm. Dalmatia. — T. gynandromorpha; 5 brunnea, capite, ore, thorace toto abdomineque segmentis 1., 2,, 8. 9. ‚nigris;.fe- moribus pedum anteriorum et posticorum, tibiis tarsisque posticorum ni- gris; antennis albo-annulatis; carpi dimidia parte alba, Q rufa, thorace, pedibus postieis, anteriorum femoribus et coxis nigris, albo-annulatis; seutello albo. Lg. 6—10 mm, — Perineura rubi undP. eylindrica n.sp.: eylindrica, fusca, ore, facie, scutello, postscutello collarique sulfureis; an- tennis supra, abdomine, lateribus exceptis, pedibusque poslieis nigris. Lg. 12 13mm, — Poeeilostoma 2, Strangylogaster eingulatus, Taxonus 3, Macrophya 9 sp. mit einer neuen: M. melanosoma: nigra, appendiculo collarique albis; tibiis posticis albo-annulalis, metathorace et coxis nigro- punctatis, tibiis mediis albo- annulatis, femoribus tibiisqne antieis albo- striatis, Lg. 10mm, — Pachyprotasis 3 Arten mit einer neuen: P. tenuis: nigra, splendida, ore, facie, pedibus ex parte et tota corporis infima parte cum antennis griseis, Lg. 9—19mm, — Blennocampa mit 9, Monophadnus 4, Hoplocampa erataegi, Eriocampa mit 2, Selandria mit 5, darunter 2 neuen Arten: $. virescens: viridis, occipite, thorace, parte superiore antennarunı omniumque pedum nigris; carpo viridi, neryis nigris; oculis brunneis. Lg. 7—Smm, Q seutello viridi. — S.albomarginata; grisea, antennis, thorace, abdomine, tarsis alarumque nervis nigris; eollari, scu- te!]o, carpo abdomineque margine laterali griseo - viridibus; pedibus griseis, parte externa nigro-linealis. Lg. Smm Dresden. — Athalia mit 4 Arten. Diese Gattung soll einer weiteren Bearbeitung unterworfen werden, — (Ebda 381—39.) B. WagnerDr., Diplosis equestris n.sp., Sattelmücke. — Verf. beschreibt mit der an ihm gewohnten Genauigkeit dieses Thier in seinen verschiedenen Ständen, bildet es auch ab und vermehrt mit ihm die Zahl der Weizenfeinde. — (Ebda 414—422. Fr. Leydig, die in Deutschland lebenden Arten der Saurier untersucht und beschrieben. Mit 12 Tf. Tübingen 1872. Fol. “— Die’deutschen Echsen sind längst und allgemein bekannt, aber des Verf.s Untersuchungen beweisen, dass sie noch nicht gründlich und er- schöpfend erkannt waren, und so verhält es sich mit allen einheimischen Thieren,, sie alle bieten der gründlichen Forschung noch immer reichliches Material und das mögen besonders June beherzigen, die fort und fort vereinzelte Bälge und Schalen nach den werthlosesten Merkmalen als neue 183 Arten mit Diagnosen in die Wissenschaft einzuführen sich beeifern. Im allgemeinen Theile dieser schönen Monographie schildert Verf. zunächst die äussere Haut, dann das Muskelsystem, ausführlicher das Skelet, das Mervensystem, eingehend die Sinnesorgane, den Verdauungsapparat, die Cireulations-, Athmungs-, Harn- und Fortpflanzungsorgane; im zweiten Abschnitt das Nervenleben, die Bewegung, Nahrung, Atlımung, Stimme und Fortpflanzung; im dritten Abschnitt endlich die einzetnen Arten, näm- lich Lacerta viridis, agilis, vivipara, muralis und Anguis fragilis. Der Detailangaben über den Bau der einzelnen Organe sind so viele, das ein kurzes Referat nicht gegeben werden kaun und wir beschränken uns dar- auf des Verf.’s Diagnosen mitzutheilen, um denen, welche die einheimi- schen Arten bestimmen wollen, zugleich ein Muster zu geben, wie scharfe Diagnosen zu fassen sind. Familie Lacertina: Körper walzig gestreckt, Kopf wohl abgesetzt vom Halse, Schwanz sehr lang und dünn auslaufend; vier fünfzehige Füsse; Zehen an den Hinterfüssen sehr ungleich lang. Haut mit Ausnahme der Schenkelporen drüsenlos; Oberhaut zu Schuppen und Schildern verhornt. Lederhaut ohne Kalktafeln. Zähne in einer Rinne der Ober- und Unterkinnlade und deren innerer Seite angewachsen ; mit oder ohne Gaumenzähne; Form des Zahnes kegelförmig, gerade, am freien Ende etwas gebogen, ohne eigentliche Wurzel, zweispitzig, eine zweite Reihe kleinerer oder Ersatzzähne am Grunde der Hauptzähne. Oberer Rand der Augenhöhle mit Knospenplatten; freie Augenlieder; Ohr äusserlich siehtbar. Zunge lang, platt, vorn tief gespalten, sehr ausstreckbar, am Grunde ohne Scheide. Gattung Lacerta: Kopf und Bauch mit Schildern ; Rücken schuppig, Schuppen um den Rumpfin Ringen gestellt, am Schwanze rein quirlförmig; ein Halskragen von grösseren Schuppen. Krallen seitlich zusammengedrückt, sichelförmig, unten mit Rinne, 1. L, viridis Gess. bis 15 lang, Kopf kräftig, dick, etwas gestreckter und minder stumpf- schnauzig als bei den folgenden Arten. Schwanz am längsten unter den einheimischen, von zweifacher Körperlänge. Zähne am Gaumen. Von den 4 Zügelschildern die 2 vordern gerade über einander. Oceipitalschild dreieckig und-sehr klein. Schläfengegend mit unregelmässigen Schildern und Schuppen. Rücken- und Seitenschuppen wenig verschieden; je 2 Reihen einem Bauchschild entsprechend ; die Bauchschilder in 8 Längs- reihen; Krallen der Vorderfüsse 4mal länger als breit, Krallen der Hinter- füsse dreimal länger als breit. Grundfarbe der Oberseite grau oder braun ohne oder mit Flecken und Streifen, hintere Schwanzhälfte grau oder braun, Bauch gelblich und fleckenlos, 16—20 Schenkelporen. Im südli- chen Europa und westlichen Asien, nordwärts in Deutschland. — 2. L. agilis Lin (L. stirpium Mart): bis 8° lang. Kopf besonders gedrungen, stumpfschnäuzig, Schwanz von 1!/,facher Körperlänge. Zähne am Gaumen; von den 4 Zügelschildern die 3 vordern im Dreieck stehend, Oececipital- schild klein trapezförmig, Schläfengegend mit unregelmässigen Schildern, bisweilen ein grosses in der Mitte. Zwei Schuppenringe an ein Bauch- schild stossend, Bauchschilder in 8 Längsreihen, Krallen und Vorderfüsse dreimal länger als an der Wurzel breit, Krallen der Hinterfüsse 2mal so lang wie breit. Oberseite graubraun oder grün, Scheitel, Rückenstreif 184 und Schwanz stets braun, Flecken meist in Längszügen, Bauchseite gelb- lich oder grünlich mit schwarzen Flecken oder Punkten. Schenkelporen 11—14. Frankreich, Belgien, Schweiz, Deutschland, Dänemark, Oesterreich bis 200° Meereshöhe. — 3. L. vivipara Jacq (L. croea Wolf, L. pyrrho- gaster Mer, L. nigra Wolf, L. montana Mik): bis 6° lang, Körperformen zarter und feiner als bei L. agilis, Schwanz vur wenig länger als Kopf und Rumpf, in der Wurzelhälfte von ziemlich gleicher Dicke. Meist ohne Gaumenzähne. Zügelschilder 3 einfach hinter einander. Oceipitalschild klein trapezförmig. Schuppen wie bei L. agilis. Schenkelporen 9—12. Oberseite holz- oder nussbraun in Rücken- und Seitenzonen abgestuft mit einfach dunkeln oder mit Augenfiecken oder kurzen Längsstreifen. Süd- europa, ganz Deutschland, Russland bis zum Amur und Sibirien, bis 9000° Meereshöhe. — 4. L. muralis Laur. bis 7° lang, schlank und zierlich, Kopf deprimirt spitzschnauzig, Schwanz länger als Kopf und Rumpf. Meist ohne Gaumenzähne, Drei Zügelschilder in einer Reihe. In der Mitte der Schläfe ein grosses Schild. Schuppen klein rundlich, je 3—4 Reihen auf ein Bauchschild, Bauchschilder in 6 Reihen. Schenkelporen bis 20. Oberseite braun oder grau, mit dunklem Seitenstreif und wolkiger oder fleckiger Zeichnung, am Bauchrande eine Längsreihe blaner Flecken. Bauch hell mit oder ohne Elecken. Mittelmeerisch, Schweiz, am Rhein bis Holland, Oesterreich bis Mähren. — Aus der Familie der Seinke ist nur Anguis fragilis als einzige Art einheimisch, mit 7—9 Zähnen im Zwischen -, 14 jederseits im Ober- und 14—16 im Unterkiefer, in NAfrika, Süd- und Mitteleuropa, England und Skandinavien, Russland und im an- gränzenden Asien, in den Alpen bis 3000° Meereshöhe. Catalogus Oothecae Baedekerianae typus continens omnes iconum operis Baedekeri: die Eier der europäischen Vögel. Catalogus Avium a Baedekero collectarum tam europaearum quam exoticaram. (a- talogus librorum praesertim Ornithologiam spectantium et Bibliotheca Bae- dekeriana. Recognavit Dr. Baldamus. Iserlohn 1871. Fol. — Die Samm- lung, welche zu Bädekers Prachtwerke das Material lieferte, zählt nach vorliegendem Verzeichniss 519 Arten meist in mehreren und’ selbst in vie- len Exempsaren. Die Aufzählung ist eine streng systemalische mit An- gabe der Subgenera und der Zahl der Exemplare. Die Irrgäste in Europa sind durch einen Stern bezeichnet, An Vollständigkeit lässt also die Sammlung nichts zu wünschen übrig und wenn ein öffentliches Institut oder reicher Privatmann diese werthvolle Sammlung erwerben will, kann er sich an den Besitzer wenden. Die Zahl der aussereuropäischen Arten, deren Eier nur in einem oder wenigen Exemplaren vorhanden sind, stellt sich auf 466 und sind darunter gar manche Seltenheiten. Die ganze Bä- dekersche Eiersammlung führt demnach über 1000 Arten auf. Die Samm- lung der Vögel selbst enthält 13 Psittaci, 11 Aceipitres, 139 Passeres, 191 Oscinns, 9 Columbae, 10 Gallinae, 19 Grallae, 21 Nalalores, über- haupt 413 Arten meist nur in einem Exemplar. Die Bibliothek endlich ist als blos orni holegische unbedeutend. Chr. Ludw. Brehm’s Vogelhaus und seineBewohner oder Pflege und Züchtung der in Käfigen und Volieren zu haltenden einheimi- 185 schen und tropischen Schmuck - und Singvögel, Dritte Aufl. von Ph. L- Martin. Mit 2 Tff. Weimar 1872. 8°. — In dem Masse als die Liebha- berei an Stubenvögeln zunimmt, mehrt sich auch die dieselbe behandelnde Literatur und für diese ist es erfreulich, dass die Verff. meist eigene mehr minder langjährige und ausgedehnte Erfahrungen ihren Arbeiten zu Grunde legen und das Jahrzehnte hindurch gemissbrauchte Bechsteinsche Buch so gut wie ganz ausser Cours gesetzt ist. Das vorliegende Buch bietet sich als neue Auflage der brehmschen Kanarienvögel deren Inhalt aber nur mit sehr vereinzelten Sätzen aufgenommen ist, im wesentlichen liegt eine völ- lig neue Arbeit vor, die sich zum grossen Theil auf eigene sorgfältige Beobachtungen und Erfahrungen stützt, dabei die anderer zuverlässiger Beobachter gewissenhaft berücksichtigt, oft auch die fraglichern unzuver- lässigen Angaben widerlegt und Ansichten beleuchtet. Der Vogelliebhaber wird daher in Martins Buche gar manchen wichtigen Rath und manchen beherzigenswerthen Wink finden. Die Abschnitte behandeln die gefange- nen Vögel überhaupt, die Volieren und Käfige, die Nahrung, die Krank- heiten der Vögel ausführlicher als sonst, die Pflege, Eingewöhnung und Wartung, Fortpflanzung und Züchtung, endlich eine Aufzählung der Ver- eine für Vögelzüchtung, Vögelhandlungen und der praktischen wissen- schaftlichen Zoologie (freilich nur überaus dürftigen vom Verf, benutzten Ornithologie). Die äussere Ausstattung des Buches verdient Anerkennung. E. H. Giglioti, Verbreitung der Wirbelthierfauna des Oceanes nach Beobachtungen einer Erdumseglung von 1865—68. — Die Corvette Magenta sammelte auf ihrer 4jährigen Erdumsegelung auch sorg- fältige zoologische Beobachtungen, von welchen Verf. in vorliegender Ab- handlung einige allgemein interessante mittheilt. Er verbreitet sich über das Vorkommen der Fische, Amphibien, Vögel und Säugethiere im ein- zelnen, welchen das Schiff begegnete und giebt am Schluss eine über- sichtliche Tabelle der Arten nach dem Tage der Beobachtung und den Längen- und Breitengraden in den einzelnen Gebieten des Oceanes. Eine Karte veranschaulicht die ganze Reise und die Beobachtungspunkte beson- derer Arten. — (Bolletino Soc. Geogr. Italiana 1870. Novbr. p. 1—96.) 0. Siedamgrotzky, Ueber die Structur und das Wachs- thum der Hornscheiden der Wiederkäuer (Dissertatio). — Der Hornzapfen, der kegelförmige Fortsatz des Stirnbeins, wird vom Periost und der Matrix umkleidet, welche der innern Hornscheide ansitzen und zahlreiche Papillen tragen. Die Matrix ist nur bei jungen Thieren voll- ständig vom Periost trennbar und besteht aus feinen Bindgewebsfibrillen, elastischen Fasern und Blutgefässen. Die schon erwähnten Papillen sind langgezogne, oben abgerundete Kegel, die aus Bindgewebe bestehn. Ebenso unterscheidet man an dem Horn zwei Schichten: das rete Malpighi und das eigentliche Horn. Das rete Malpighi sitzt der Matrix so auf, dass es einen vollständigen Abdruck derselben bildet. Es ist aus Epidermis- zellen zusammengesetzt,. welche einen Zellkern und häufig ein bräunliches Pigment tragen. Das Horn besteht ebenfalls aus verhornten Epidermis- zellen. Man unterscheidet das seitliche Horn, welches von den Seiten- theilen des Hornzapfens stammt und den soliden Hornkegel, welcher aus 186 der Spitze des Matrixkegels entstanden ist. Der letztere führt im Centrum rundliche Markeylinder, welehe von den Papillen des Matrixkegels ausge- hen. Sie sind von einem fest in einandergeschobenem Zellgewebe, den Hornröhren oder Hornsäulen umgeben. Bei festen Hörnern grenzen diese dicht aneinander; bei lockern haben sie eine lockere Zellmasse zwischen sich (Zwischenhorn). Das seitliche Horn hat engere Markeylinder als der solide Hornkegel. Sie haben im Querschnitt eine halbmondförmige, linien- artige Form. — Bei den Ringen oder Wülsten, welche sich am Grunde der Hornscheiden befinden, folgen die ässern Markeylinder den Wellenli- nien des Horns, während die Biegungen nach Innen immer geringer wer- den. — Beim Embryo zeigt sich an den Puncten, wo die Hörner später entsprossen, ein gewisser Gefässreiehthum. Nach der Geburt bilden sich hier Knochenmassen, das Corium hebt sich und verliert seine Haare. Das rete Malpighi bildet und erweitert sich und das stratum carneum tritt aus dem Corium hervor. Der Hornzapfen, welcher anfangs im Wachsthum zurückblieb, wächst schnell nach, so dass er bald den ganzen Hornkegel der Hornscheide bis auf die Hornlederhaut (Periost und Matrix) ausfüllt.. — Am Grunde des Horns zeigen sich Schwankungen in der Hornprodue- tion. In den Zeiten, wo weniger Hornmasse gebildet wird, nimmt die Gesammtmasse ab, während bei Mehrbildung sich neue Epidermiszel- len zwischen die Markeylinder schieben und das Dickenwachsthum des Horns bedingen. Dies bezeichnet man mit dem Namen „Ringbildung.“ — Der Hornzapfen hat keinen Einfluss auf die Waehsthumsrichtung des Horns. Die Biegung ist vielmehr abhängig von der meist ungleichen Stärke der Hornbildung auf den verschiedenen Seiten und Stellen des Horns. Dies sucht der Verfasser durch verschiedene Messungen an verschiedenen Stellen der Hörner zu beweisen. Whe. 1872. Correspondenzblatt II. des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen Halle. Sitzung am T. Februar. Anwesend 17 Mitglieder, Eingegangene Schriften : 1. Zeitschr. der deutsch. geolog. Gesellsch. XXIll. 3 Berlin 1871 8°. 2. A. Delius, Zeitschr. des landwirthsch. Centralvereines der 2 Sach- sen etc. XXIX. 2 Halle 1872. 8°. Als neues Mitglied wird proclamirt: Herr Otto Rademann, Apotheker in Northeim. Zur Aufnahme angemeldet wird: Herr Carl Fritz Franz Gustav Pohlitz, stud. math. et rer. nat, durch die Herren Weyhe, Schufft und Giebel. Herr Dr. Teuchert bespricht einen neuen calorimetrischen Apparat von Bunsen, mittelst dessen es möglich ist, auf sehr genaue Weise die speeifische Wärme auch von solchen Körpern zu messen, von denen es nicht möglich ist, grössere Quantitäten in chemischer Reinheit darzustel- len. Derselbe beruht darauf, dass man die Volumverminderung, welche Eis von 0° durch ein gewogenes Quantum des zu untersuchenden Körpers, das vorher auf 100° erhitzt war, durch dessen Abkühlung auf 0° erleidet, misst, und besteht aus einem weiten Glascylinder, an dessen oberem Ende ein zur Aufnahme der zu untersuchenden Substanz dienender engerer Cy- linder eingeschmolzen ist. An seinem untern Theile verengt sich der Cy- linder zu einem dünnen U-förmig gebogenem Rohre. Dieses letztere ist mit Quecksilber gefüllt, wird an seinem offenen Ende durch einen Kautschuk- pfropfen verschlossen, durch welchen eine enge mit einer Scala versehene Glasröhre in das Quecksilber reicht. Der weitere die Probirröhre umge- bende Theil des Cylinders ist mit Wasser vollständig gefüllt. Beides, Was- ser wie Quecksilber müssen vorher vollständig luftfrei gemacht sein. Das im Cylinder befindliche Wasser wird zum Gefrieren gebracht, dadurch dass man durch das Proberöhrehen längere Zeit Alkohol leitet, der auf — 20° erkaltet ist. Nachdem sich um letztere eine ca. 6mm dicke Schicht Eis gebildet hat, wird der Apparat zum Gebrauch mehrere Tage in Schnee 188 gegraben, bis die Temperatur in demselben überall gleich 0° ist und das Quecksilber in den Scalenrohr nicht weiter steigt. Der auf 100° er- hitzte Körper wird dann in das Proberohr gebracht und nun beobachtet, um wie viel Theilstriche das Quecksilber sinkt durch die Zusammenziehung des Eises, welche dasselbe durch das Schmelzen erleidet. Weiter erwähnt derselbe einer Arbeit von Schultz-Sellak über das Schwefelsäure - Anhydrid, nach welcher constatirt wird, dass dasselbe in 2 Modificationen mit verschiedenen Eigenschaften existirt, welche beide jedoch in einander übergehen können. Die eine Modification zeigt Redner in schön ausgebildeten -Krystallen (Nadeln von Zolllänge) vor. Herr Dr. Weise bespricht Hansteins vorläufige Mittbeilungen über die Bewegung des Zellkerns im Protoplasma, weist in dieser Mitlheilung geschichtliche Fehler nach und bezweifelt, dass durch dieselbe der un- klare Begriff „‚Protoplasma“ irgend welche weitere Aufklärung erhalten habe. Derselbe berichtet sodann die von ihm angestellten Versuche über die Veränderlichkeit des Nullpunktes der Thermometer, die man bisher dem Quecksilber Schuld gegeben habe, bei einem Weingeistthermometer allerdings nicht vorkommen, in erster Linie beim Quecksilberthermometer, aber von der Form des Reservoirs abhängig sei; die Veränderlichkeit ist am unbedeutendsten bei der Kugelform, nimmt zu bei der Cylinderform und erreicht ilır Maximum bei einem platten Quecksilbergefäss. Unter die- sen Umständen findet der Vortragende es sehr überflüssig, wenn mau sich bei physiologischen oder sonstigen medizinischen Untersuchungen um Dif- ferenzen von hundertstel Graden streite. Herr Dr. Rey spricht über die bisher nicht erklärte Färbung und Zeichnung der Vogeleier. Nach Wicke soll sich alle Farbe derselben auf gallengrün und gallenbraun zurückführen lassen, auch meint man, dass die Zeichnungen nach der Grundfarbe entständen. Der Vortragende legt 2 Gelege vom grauen Fliegenschnäpper vor, das eine in normaler Ausfärbung, das andere in der eigenthümlichen Anordnung der Farben, dass an jedem Pole die eine derselben auftritt. Unter einem dritten vor- gezeigten Gelege, von dem Baumpieper herrührend, befanden sich bei einem normalen 4 in eben dieser Weise abnorm gefärbte Eier. Ein aus dem Eierleiter eines geschossenen Kiebitzes entnommenes Ei zeigte die Zeichnungsanlage, aber noch nichts von der normalen Grundfarbe. Herr Prof. Taschenberg legt schliesslich eine Partie von Milben, Acarus farinae vor, in welche sich mit der Zeit ein Haufen Gerstenschrot verwandelt hatte, das der Besitzer Jahr und Tag unberührt lies, um es zu conserviren ! Sitzung am 14. Februar. Anwesend 14 Mitglieder. Eingegangene Schriften : 1. Proceedings oftheroyal Soc. of London no. 119—129 London 1871 8°. Stettiner entom. Zeitung XXII, Stettin 1871 8°. Bericht über die Senkenbergische naturf. Gesellsch. 1870—71 Frankf. a/M. 1871 gr. 8°. SD 189 4. Erster Jahresbericht des naturwiss. Vereines zu Osnabrück vom Jalıre 1870—71. Osnabrück 1872 8°. 5. Baldamus Dr. Catal. Oothecae Baedekerianae. Iserlohn 1871 4°. 6. Pritzel, Thesaurus literaturae botanicae Ed. II. Fasc. 1. Lipsiae 1872 4°. 7. Müller N. J. S. Dr., Botanische Untersuchungen. Heidelberg 1872 8°, 8. Johannes Kepler, 2. Aufl. Wien, Pest, Lpz. 1871. 8°. Als neues Mitglied wird proklamirt: Herr Gustav Pohlitz, stud. math. et rer. nat. hier. Der Vorsitzende Herr Prof. Giebel meldet den Tod zweier unserer ältesten (seit 1853) Vereinsmitglieder, des Geh. Rath v. Braun in Gotha, der die Vereinsinteressen treu gefördert hat, sowie des Herrn Yxem in Quedlinburg, der sich als eifriger Sammler auf dem Gebiete der Paläonto- logie und Geologie Verdienste auch um den Verein erworben hat. Herr Dr. Weise legt vor einen spektroskopischen Apparat zur ge- nauern Untersuchung des diabetischen Harns, mittelst dessen sich der Zuckergehalt bis auf ?/,, % bestimmen lässt und beschreibt dessen Ein- richtung, sowie ein höchst zweckmässig construirtes, 250fache Vergrös- serung zulassendes Präparir-Mikroskop von Zeiss in Jena. Herr Prof. Giebel bespricht ausführlicher die Tubularia cornea, eine eigenthümliche Polypenform nach der Monographie von Schulze, sodann nach Blumenberg’s Arbeit den Bau des Amphistoma conicum Bd. 38 p. 496. Schliesslich legt Herr Schönemann ein von ihın erfundenes Mikro- meter vor, die Einrichtung desselben erläuternd (s. S. 114). Sitzung am 21. Februar. Anwesend 18 Mitglieder. Eingegangene Schriften : Stett. Entomol. Zeitung Jahrg. 1869. 1870. 13. Jahresbericht. d. Gesellsch. von Freunden der Naturwiss. in Gera 1870 8°, Sitzungsberichte der phys. medic. Societät in Erlangen Hft. 3. Erlan- gen 1871 8°, Bulletin de la Soc. d’historie naturelle de Colmar Il. Colmar 1870 8°. Archives Neerlandaises des Sciences exactes et naturelles a Harlem VI. 4. 5 La Haye 1871 lex. 8°, Das Januarheft der Vereinszeitschrift liegt zur Vertheilung vor. Hr.Dr. Köhler referirte über den Aufsatz des Hrn. Prof. v. Bamberger über die Gegengifte des Phosphors, durch welche Verf. die Resultate der Untersuchungen des Ref. und Anderer in Frage zu stellen sucht, v. B. stellte Verdampfungsversuche mit Phosphor unter Wasser, Kupfervitriol- lösung und Terpentinöl an, indem er die Zeit, binnen welcher an den Deckel des Verdampfungsgefässes gestrichene Silbernitratlösung sich schwärzt, zu bestimmen suchte. Wurde Phosphor unter Terpentinöl auf 30°C. erwärmt, so trat die Schwärzung durch von B. für Phosphorsilber gehaltenes Zer- setzungsprodukti des Silbernitrats zuerst ein, und schliesst v. B. daraus, dass der Phosphor unter Terpentinöl unbehindert verdampft, gen. Oel kein Gegengift des Phosphors sein könne und wenn sich eine unschäd- ww ar 190 liche Verbindung beider Substanzen bilde, dieses so langsam geschehe, dass der grösste Theil des Phosphors verdunsten und als solcher giftig auf den Organismus wirken könne. Ref. hat sich durch Controlversuche überzeugt, dass sich hierbei gar kein Phosphorsilber, sondern reduzirtes (metallisches) Silber an den gen. Deckel abscheidet, indem die bei Contakt von Phosphor und Terpentinöl resultirende terpentinphosphorige Säure bei gewöhnlicher Temperatur, noch mehr also bei 30— 40° sublimirt, sich zum Theil in Phosphorsäure oxydirend, aus dem Silbernitrat (ebenfalls schwarzes) Silber abscheidet. Mit dem Leuchten des Phosphor hört auch dessen Verdampfung auf. Wenn v, Bamberger die terpentin - phosphorige Säure nur sehr langsam darstellen konnte, so lag dies an der von ihm befolgten älteren und unvollkommneren Methode; seine gegen Redner vor- gebrachten Gründe sind also hinfällig. Herr Prof. Taschenberg giebt sodann folgenden Nekrolog nach der Gotha’schen Zeitung: Gotha d. 6. Febr. Heute vollendete hier seine irdische Laufbahn ein Ehrenmann im wahren Sinne des Worts. Mittags zwischen 11 und 12 Uhr starb der vormals Herzogl. Anhalt - Bernburgische wirkliche Geheimrath und Staatsminister a. D. Wilhelm von Braun. Am 1. October 1790 zu Thal bei Ruhla geboren, Sohn des damaligen von Uetterodtischen Försters Braun, entwickelte er schon in seiner frühen Ju- gend eine seltene Wissbegierde. Seine geistige Begabung trat ebenso im Knabenspiel, wie in der Schule deutlich hervor. Das Gymnasium illustre hier durchlief er, obschon die in dem engbegrenzten Unterricht der Dorf- schule erworbenen Vorkenntnisse manche Lücke enthielten, welche zu- nächst auszufüllen war, mit ungewöhnlicher Schnelligkeit. Mit guten Schul- kenntnissen ausgestattet bezog er die Universität Jena und dann Götlingen, um sich dem Studium der Cameral-Wissenschaften zu widmen. Der Drang des Wissens trieb ihn zu rastloser Arbeit und in dem erfrischenden Stu- dentenleben fand er seine Erholung. Er. knüpfte Bekanntschaften mit be- deutenden jungen Männern an, welche die Universitätszeit weit überdauer- ten, und noch in seinen alten Tagen erfreute er sich des freundschaftlichen Verkehrs mit manchem zu angesehener Stellung emporgelangten Universi- tätsgenossen. Wissenschaftlich gebildet und mit praktischem Sinn ausge- staltet kehrte er in seine Heimath zurück. Hier überzeugte man sich da- mals an massgebender Stelle bald, dass in dem jungen Manne Begabung und Kenntnisse mit einander vereinigt waren und es ward ihm die Aus- sicht auf eine ungewöhnliche Carriere eröffnet. Vorerst sollte ihm jedoch nochmals Gelegenheit zu seiner weiteren Ausbildung gegeben werden, Durch die Munificenz des Herzogs August, der in ihm einen strebsamen jungen Mann erkannte, wurde ihm eine grössere Reise durch Oesterreich, die Schweiz und Italien ermöglich'. Gut vorbereitet trat er die Reise an und mit einem reichen Schatz an Erfahrungen und Kenntnissen, besonders in der Geognosie, kehrte er nach Hause zurück, Er trat nun förmlich in den Dienst ein und bald wurde er zum Assessor in der damaligen Kammer ernanut. Dem bisherigen freien Leben folgte nun mancher Kampf. Er suchte die erworbenen Kenntnisse zu verwerthen und huldigte dem Fort- sehritt der Zeit, stiess aber oft auf Gegner, wenn er hier und da dem 191 alten Zopf ernstlich zu Leibe ging. Am 24. Mai 1818 verheirathete er sich mit Emilie Manso, der jetzt um ihn tief trauernden Wittwe. Im Dienste des Staates stieg er von Stufe zu Stufe empor und gewann immer mehr Einfluss. Nach dem Aussterben des gotha-altenburgischen Fürsten- hauses wurde er als eine mit allen Verhältnissen bekannte Auskunftsper- son zu den Conferenzen berufen, welche der Ländertheilung vorausgingen. Herzog Ernst I. von Coburg - Getha wusste ihn sehr zu schätzen und zeich- nete ihn vielfach aus. Besonders hatte sich das eben so geschickte als patriotische Verhalten bei den Verhandlungen über die Zoliverträge in der zweiten Hälfte der 20er Jahre der besonderen Anerkennung des Herzogs zu erfreuen. Inzwischen war Braun’s Tüchtigkeit auch in weiteren Krei- sen bekannt geworden, Im Jahre 1829 liess ihm der Herzog Alexius von Bernburg das Präsidium der Kammer in Bernburg unter glänzenden Be- dingungen anbieten. Er lehnte ab, weil er es vorzog, seinem Landes- herrn, den er hoch schätzte, seine Dienste ferner zu widmen. Als aber seine Ueberzeugung immer mehr mit den fiscalischen Grundsätzen des damaligen Ministeriums in Conflict kaın und wiederholt ein sehr ehren- voller Ruf nach Bernburg an ihn erging, entschloss er sich, so schwer es ihm wurde, seine Heimath zu verlassen. Im Herbst 1830 schied er aus dem hiesigen Dienst und übernahm in Berburg das Präsidium der dor- tigen Kammer. Als Berg- und Hüttenmann gut geschult, reich an Er- fahrungen im Forstfach und in der Landwirthschaft und als Cameralist überhaup! fand er ein grosses Feld für seine Thätigkeit, Segensreich war sein Wirken. Grösser und einflussreicher aber wurde seine Wirksamkeit, als der Herzog Alexius starb und der von ihm verordnete Conferenzrath, welchem er angehörte und dem unter dem Herzog Alexander die Regie- rung des Landes hauptsächlieh zufiel, in’s Leben trat. Seine eifrigen Be- mühungen, dem Lande, dessen Fürstenhaus dem Aussterben immer näher rückte, gute und nützliche Einrichtungen von Dauer zu schaffen, fanden allgemeine Anerkennung und wurden mit Erfolg gekrönt. Die vortrefi- liche, von ihm hıochverehrte Herzogin unterstützte das Bestreben. Das Jahr 1848 sollte Vieles ändern. Er trat als Staatsminister in das neugebildete Ministerium, zog sich aber, nachdem die Wirren jenes Jah- res auch dort-mehr und mehr überhand nahmen, zurück. In seiner alteu Heimatlı fand er eine freundliche Aufnahme und die erwünschte Ruhe, um seinen von allzugrosser Arbeit angestrengten Körper die nötliige Pflege angedeihen zu lassen. Zahlreiche Anerkennungen seiner Wirksamkeit in Bernhurg wurden ihm von dort zu Theil; die Stadt Bernburg liess ihm durch eine Deputation das Diplom als Ehrenbürger überreichen. Den wie- derholten Anforderungen, dem ihm liebgewordenen Lande Bernburg seine Dienste ferner noch zu widmen, widerstand er, so schwer es ihm wurde, Er lehnte sie ab im wohlverstandenen Interesse seiner geschwächten Ge- suudheit. Diese Ruhe war aber kein vollständiges Ausruhen. Frisch uoch war sein Geist und unaufhaltsam der Drang des Wissens. Er lebte nuu ganz der Wissenschaft und erhielt sich fortwährend auf der Höhe der Zeit. Viele hochverdiente Forscher, mit denen er im wissenschaftlichen Verkehr stand, sind ihm vorausgegangen. Er setzte seine Studien ununler- 192 brochen fort, seine letzte grosse Abhandlung über Roggensteinbildungen veröffentlichte er in unserer Zeitschrift 1864. Bd. 24. S. 97-195. Blei- bende Verdienste erwarb er sich um die Geognosie und Palaeontologie Anhalts, welche durch den nach ihm benannten Trematosaurus Brauni ehrende Anerkennung gefunden haben. Seine besonders an Labyrintho- donten des Bernburger Bunten Sandsteines reiche Sammlung wurde von dem Zoologischen Museum in Halle erworben. Es wurde ihm das seltene Glück zu Theil, am 24. Mai 1868 seine goldene Hochzeit zu feiern. Die geliebte Gattin und die treue Schwägerin Natalie Manso, welche von dem ersten Tage der Ehe an dem Haus und der Familie angehört hatte und in Leid und Freud’ die treueste Begleite- rin war, standen ihm zur Seite. Natalie Manso feierte an diesem Tage das 50jährige Jubiläum schwesterlicher Liebe und Treue. Am 1. Februar trat der Tod an den geistig noch so frischen Mann heran. Die liebevollste Pflege von Gattin und Schwägerin suchten ihn ab- zuwenden, aber er zögerte nur. Unerbittlich verlangte er am 6. Februar Mittags 12 Uhr sein Opfer. Sanfı entschlummerte der 82jährige Greis. Sanft ruhe seine Asche! Derselbe theilt ferner ein Schreiben des Herrn Pastor Bruhin aus Neu-Köln bei Milwaukee über Nebensonnen mit (s. S. 140.) Herr Dr. Rey legt sodann ein männliches Exemplar des Scythrops Novae Hollandiae vor und weist, trotz aller Aehnlichkeit des Vogels mit einem Tukan, doch auf seine nächste und engste Verwandtschaft zu den Kukuken hin. Weiter verbreitet sich Herr Geh. Ratlı Credner über die Verschie- denartigkeit solcher Gesteine, deren organische Einschlüsse ein gleiches Alter voraussetzen lassen und erläutert beispielsweise verschiedene petro- graphische Beschaffenheiten, so wie der Gesteine des braunen Jura im Badenschen, Württembergischen und in dem nordwestlichen Deutschland. Schliesslich bespricht Herr Dr. Weise eine objective Methode, zur Be- stimmung der Vergrösserung bei zusammengeseizten Mikroskopen (s. 5. 140.) Sitzung am 28. Februar. Anwesend 12 Mitglieder. Eingegangene Schriften: Memoires de la Soc. des sciences de Bordeaux VI11. Bordean 1872 Lex. 8°, Herr Prof. Giebel bespricht E, v. Mojsisovies neueste Arbeit über die Altersbestimmung der krystallinischen Formationen der Alpen (s.$S. 160.) Herr Dr. Weise legt sodann ein Maximumthermometer vor, welches durch eine seitliche Ausbiegung den Uebelstand der üblichen Instrumente vermeidet, dass das obere Quecksilberstück auf die Säule herabfallen kann, Gebauer - Schwetschke’sche Buchdruckerei in Halle. Entwicklungsgeschichte zweier Phytoptus - Gallen an Prunus von Oberlehrer Dr. Friedrich Thomas zu Ohrdruf. Eine ausreichende Erklärung der Gallenbildungen der Pflan- zen setzt Kenntniss ihrer Entwicklungsgeschichte voraus. Diese Kenntniss ist zur Zeit noch sehr unvollständig, weil es schwie- rig ist, die Anfänge der Gallenbildung zu entdecken, Sobald sich die Gallen dem nach ihnen ausspähenden Beobachter be- ınerklich machen, sind sie in der Regel schon weit über die ersten Anfänge hinaus. Ausserdem wurden die zeitherigen Untersuchungen vorzüglich im zoologischen Interesse geführt, welches ich in dem Nachfolgenden zurücktreten lasse, um es an anderer Stelle gesondert zu würdigen. Die Milbengallen gehören zu denjenigen durch Thiere er- zeugten Pflanzenauswüchsen, welche wegen ihres stationären Vorkommens der Untersuchung die oben bezeichnete Schwie- tigkeit am wenigsten in den Weg stellen. Wenn Czech trotz- dem berechtigt war zu sagen: „Die Entstehung der Milben- gallen ist noch wenig aufgeklärt“ (Neue Eintheilung der Pflanzengallen im Programm der Realschule zu Düsseldorf. 1858. p. 28), so liegt das an der Vernachlässigung, welche diese Gruppe von Gallen überhaupt erfahren hat und zwar in Folge der mikroskopischen Kleinheit der Gallmilben. Aus neuerer Zeit kann ich auch nur eine Abhandlung verzeichnen, welche von der Bildung der Milbengallen handelt. Es ist die Mitthei- lung Pagenstecher’s „über Phytoptus Tiliarum,“ Verhandl. des naturhistor.-medicin, Vereins zu Heidelberg Band III. 1864 p- 153—155. Pagenstecher sah am 9. Mai die später horn- föormigen Gallen der Zinden-Blälter in der Gestalt kleiner rundlicher Buckelchen von höchstens wm Höhe. ‚Auf der Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872, 13 194 Unterseite entsprach der buckelförmigen Erhebung ein Grüb- chen oder eine schon etwas verengte, den Eingang zu einem kleinen Hohlraum bildende Oeffnung.“ In dem Grübchen fand er je eine Gallmilbe, in einem Falle statt derselben 2 Eier. Die botanischen Interessen lagen natürlich diesem Beobachter ferner, dessen exacte zoologische Untersuchungen über Phytop- tus ich schon früher erwähnt (in meiner Abhandlung „über Phytoptus“ etc. cf. diese Zeitschrift Band 33 p. 325 u. a.). Nur nebenbei ist die ganz richtige Behauptung hingestellt, dass die Gallenbildung mit einer einfachen Zellenwucherung an- fange; und die Beobachtung, dass schon zu der erwähnten frühen Zeit, in welcher P. untersuchte, die Produktion von Haaren in der Galle beginnt. Dass die Entwicklungsgeschichte der Milhengallen zur Wei- terführung der Theorie der Gallbildung beizutragen vermag, hoffe ich dargethan zu haben in einer Abhandlung „Zur Entstehung der Milbengallen und verwandter Pflanzenauswüchse,“ Botanische Zeitung 1872. Es würde dort die Uebersicht erschwert haben, wenn ich in die Details der Untersuchungen hätte eingehen wollen. Um diese aber der Prüfung durch andere Beobachter zu unterstellen, gebe ich hier die Entwicklungsgeschichte zweier Blattgallen, die zu den vollkommensten gehören, welche von Phytoptus erzeugt werden, und die zugleich ein sehr aus- gebreitetes Vorkommen haben. Milbengallen der Blätter von Prunus Padus. Verbreitung*). — Die beutelartigen oder keulenför- migen, seltner kugligen Gallen der Traubenkirsche, Prunus Padus (ci. diese Zeitschr. Bd.33 p. 332. Nr. 4), welche Kirch- ner in Böhmen, Hardy bei Berwick, Alb, Müller bei London beobachtete, haben vermuthlich dieselbe Verbrei- tung wie ihre Multerpflanze. Ich besitze sie aus Upsala und von den St: ckholmer Skären (an beiden Orten von Dr. P. Magnus gesammelt), beobachtete sie selbst im Park zu Putbus auf Rügen und erhielt sie aus der Gegend von Neu- *) Bei allen Orten, an denen ich nicht selbst gesammelt, setze ich den Namen des Beobachters hinzu. Diesen Herren für ihre freundlichen Sendungen besten Dank! 195 stadt - Eberswalde und von Dörrebach bei Stromberg i. d. Rhein- prov. (Kberts), sowie von Tegel (A. Braun, G.Hierony- mus). Häufig finden sie sich in Thüringen z. B. bei Reinhards- brunn (H. Nagel), Aue bei Geoigenthal, Ohrdruf, Stutzhaus, Ilmenau, Berka a/llm; Ebeleben (Amthor); ferner bei Zwickau (D.v.Schlech tendal), bei Freiburg im Breisgau (A.Braun). In Bremi’s Herbar sind sie Geratoneon attenuatum genannt. Exemplare von Schaffhausen haben dort den bemerkenswerthen Zusatz: ‚‚die grössten Gallen waren ganz angefüllt mit Tetra- podilen,‘“ woraus hervorgeht, dass Bremi die Gallmilben ge- sehen; denn nur auf diese Thiere ist der von Bremi jeden- falls selbst gebildete Name zu deuten*). In demselben Herbar findet sich unter Nr. 49 Prunus Padus mit den in Rede ste- henden Gallen und dem Erineum padinum Duv. vom Geissberg bei Zürich; aber fälschlich bezeichnet als Rhamnus Fran- gula mit Phyllerium Rhamni Pers. Ich führe dies an, weil ich somit einer Verwechslung zum zweiten Male begegne, die ich im ersten Fall (in Pagenstecher’s erstem Aufsatz cf. meine oben citirte Abhandl. in dieser Zeitschr. Bd. 33. p. 325) nicht controliren konnte **). Entwicklungsgeschichte. Die Milbengallen der Blätier entstehen im ersten Frühjahr zu der Zeit, in der sich die Knospen Öffnen. Das normale Blatt der Traubenkirsche erfährt alsdann bei- seiner Entwicklung einige Veränderungen, die schon für das unbewaffnete Auge bemerkbar sind: Es wird dunkler grün und hört auf, durchscheinend zu sein; es verliert die einfach (buchartig) zusammengefaltete Knospenlage und breitet seine beiden Hälften flach aus, während gleichzeitig der Blattstiel aus der vertikalen Stellung in eine geneigte über- *) In Bach’s. „Wunder der Insektenwelt“ 1870 p. 270 finde ich einen ähnlichen Bremi’schen Namen: Tetrapoda celausilia für die zur Gattung Phytoptus Duj. gehörige Milbe, welche den Blattrand von Sa- lie alba umschlägt. Wahrscheinlich erhielt Bach diese Bezeichnung auf einer Etiqueite von Bremi im Austausch von eingelegten Pflanzengallen. Publizirt hat Bremi meines Wissens gar nichts über die Gallmilben oder ihre Produkte, **) Die Unterscheidung beider Arten geschieht leicht und sicher nach den Blättern, die bei Prunus Padus bekauntlich fast doppelt-gesägt, bei Rhamnus Frangula ganzrandig sind, 13 * 196 geht; und es verliert endlich die glänzende Beschaffenheit sei- ner Oberseite und wird matt. Die Entwicklung der Milbengallen age in der Regel, wenn das Blatt noch glänzend ist, und ehe es sich entfaltet. Die Milben greifen mit sehr seltenen Ausnahmen die Blatt- Unterseite an, die ja auch am gefalteten Blatt die Aussenfläche bildet. Die entstehende Ausstülpung ist alsdann gegen die anstossende andere Blatthälfte gerichtet. Ich habe solche ge- faltete Blätter beobachtet, bei denen eine bereits beutelarlige Milbengalle einen deutlichen grubenartigen Eindruck auf der ihr gegenüberstehenden Blattfläche gemacht hatte. — Die dritte der angeführten Veränderungen (welche zeitlich zuerst eintritt und deshalb auch oben in erster Stelle genannt war), die zunehmende Undurchsichtigkeit des sich entwickelnden Blat- tes hat ihren Grund nur zum geringeren Theil in der vermehr- ten Chlorophyl! -Bildung. Sie wird hauptsächlich durch die Auflockerung des Parenchyms der unteren Blatthälfte verur- sacht. Betrachtet man ein junges, noch durchscheinendes Blättchen bei durchfallendem Licht und bei einer 2 — 400 fa- chen Vergrösserung von der Unterseite, so sieht man bei ge- eigneter Einstellung ein Netz von schwarzen vier- oder mehr- eckigen Maschen, welches sich auch über die schwächeren Nervenäste hinwegzieht. Bei einer Beobachtung am 17. April 1871 zeigte sich das Netz nur an solchen .Stellen der Blatt- spreite unterbrochen, die in der Mitte der von den feinsten Nervenverzweigungen gebildeten Felder lagen. Seine einzel- nen Maschen waren grösser als die Oberhautzellen. Durch Veränderung der Einstellung wurde leicht ermittelt, dass sich dieses Netz nahe unter der Epidermis befindet. Es wird von der Luft gebildet, welche sich zwischen den Zellen des lockern Parenchyms befindet. An der Grenze dieser lufterfüllten In- tercellularräume wird das Licht unregelmässig gebrochen oder reflectirt, und die betreffenden Stellen erscheinen deshalb im durchfallenden Lichte schwarz. Mit dem Wachsthum des Blattes nehmen jene Zwischenzellräume an Zahl und Ausdehnung zu und bedingen bekanntlich die weissliche Färbung, welche die Blattunterseite im auffallenden Lichte zeigt. Bereits 7 bis 10 Tage nach dem oben angedeuteten Stadium ist von jenem Nelz oder von einzelnen dunklen Linien nichts mehr wahrzunehmen. 197 Die Lufträume liegen in allen Richtungen, und die Meuge des noch durchgelassenen Lichtes hat sich erheblich vermindert. Der Process der Gallenbildung wird angeregt, wenn eine Milbe an irgend einer Stelle der jungen Blattspreite eine Ober- hautzelle ansticht und von dem flüssigen Inhalt derselben sau- gend in sich aufnimmt. Die betreffende Stelle wird nach eini- ger Zeit stärker durchscheinend. Solche kleine helle Flecken des Blattes sind die ersten Anfänge der Galle. Unter dem Mi- kroskop sieht man, dass an ihnen das vorerwähnte Maschen- netz verschwunden ist. Die angestochenen und die ihr be- nachbarten Zellen turgeseiren und füllen die Zwischenzellräume aus, bis sie überall an einander anliegen. Zugleich verfärbt sich das Chlorophyll in’s Gelbliche. 1m auffallenden Licht nimmt man ferner wahr, dass die Oberhautzellen sich einzeln warzenartig erheben und das Licht stärker brechen. Demnächst vertieft sich die Stelle, an welcher die Milbe saugt, und ich habe diese Veränderung in dem angeführten Artikel der botan. beitg. als Reactions-Erscheinung aufgefasst. Bald darnach zeigen die Oberhautzellen auch eine geringe Streckung und gereihte Anordnung nach dein tiefsten Punkte hin. An einem den 17. April 1871 wutersuchten Blatt von 38 mm Spreitenlänge hatte eine solche hellere Stelle einen Durch- messer von 0,26”"m. Das Grübchen in ihrer Mitte war noch ganz flach und besser nur eine geringe Einsenkung zu nen- nen. Diejenige Oberhautzelle der Blattunterseite, welche am meisten von allen ausgewachsen war, ragte über die Fläche um 0,03=m hervor, und diese haararligen Auswüchse waren 0,009 bis 0,013 mm dick. An einem andern, wenig grösseren Blatt war die Galle schon weiter entwickelt. Das Grübchen hatte einen elliptischen Grundriss von 0,14 und 0,22 mm Durchm. Fünf Milben sassen im Umkreis desselben meist regungslos und scheinbar unthätig, mit dem Kopfende in der Tiefe saugend, mit dem Hinterleibsende aussen sich festhaltend. Es ist wohl möglich, dass die Thbiere hierbei mit dem Vorderende des Körpers einen Druck auf das Blatt ausüben, der gleichfalls dazu beiträgt, das letztere auszustülpen; und dass dieser Fac- tor auch bei den gallenerzeugenden Aphiden u. a. zur Bildung der Cavität mitwirkt. Nach Entfernung der Milben war deut- lich zu sehen, dass die Auswüchse der Oberhautzellen am 198 Rande des Grübchens aın grössten waren, nach innen zu im mer kleiner wurden und in der Tiefe, also da. wo die Milben soeben noch gesogen halten, ganz fehlten. Das Blatt bestand an dieser Stelle wie in den gesunden Partien aus sechs Zell- schichten incl. der beiderseitigen Oberhäute; aber die vierte derselben (d. i. von der Oberseite aus die zweite Paren- chym - Zellschicht) war in der Theilung begriffen. Es mochte der Beginn jener Wucherung sein, welche die hormartige Galle entstehen lässt. Die Dicke des inlacten Blattes betrug in der Umgebung dieses Gallenanfangs 0,089"m; die der inficirten Blattstelle vom tiefsten Punkte der Grube aus gemessen 0,10 m. Neun Tage später, am 26. April, hatten au einem Blatte von 33mm Spreitenlänge die Hervorragungen der Gallen über die Blattoberseite bereits eine Länge von circa 0,5 bis 0,75". Die Milben sassen einzeln oder zu zwei bis fünf in einer Grube. Entfernte man sie aus einem solchen grösseren Gallenanfang und betrachtete den Innenraum der Höhluug bei ca. 120 facher Ver- grösserung und in durchfallendem Lichte, so erinnerten die Seitenwände durch den Glanz ihrer Warzenbildungen an den Anblick einer Krystalldruse. Am Rande der Vertiefung war die Haarbildung beträchtlich fortgeschritten. Einzelne Haare waren bereits 0,096 "" lang, hatten aber an Dicke nicht zu- genommen. Der Galleneingang war durch sie merklich ver- engt, bei einigen Gallen fast verschlossen. Die durchschei- nende Zone, welche die Galle umgibt, reichte noch etwas weiter als die abnorme Haarproduktion. Auch die Epidermis- zellen der Blattoberseite erfahren durch die Gallenbildung Veränderungen. Ihre sicher zu vermuthende Vermehrung durch Theilung habe ich nicht verfolgt, wohl aber ihre Volu- men-Vergrösserung beobachtet. Der mittlere Durchmesser die- ser Zellen wurde an dem gesunden Theil eines Blattes von 25 mm Spreitenlänge auf 0,007 bis 0,017 "m, an einer Galle des- selben Blattes "auf 0,013 bis 0,026 mm geschätzt. Auch wach- sen diese Zellen nicht selten haarförınig aus und machen die Aussenwand der Galle feinfilzig. Aber ich habe dieselben Gallen an andern Exemplaren der Traubenkirsche auch ganz nackt gesehen und lasse es dahin gestellt, ob diese Verschie- denheit nur aus der ungleichen Intensität des thierischen Ein- griffs zu erklären oder nicht vielmehr mit der normalen Haar- 199 produktion auf der Blattoberseite in Beziehung zu bringen ist. Denn auch zu dieser sind ja verschiedene Individuen einer Pflanzenspecies nicht immer gleich geneigt. Sicher besteht in jener Aussenbehaarung kein wesentliches Merkmal der Galle, auf welches specifische Unterscheidungen irgend welcher Art zu gründen wären. Ich erwähne schliesslich noch einer Beobachtung, welche beweist, dass für die Zeit der Gallenerzeugung ein Spielraum von mindestens 9 Tagen besteht. Am 26. April fand ich auf einem jungen Blatt mit noch glänzender Oberhaut den Anfang einer Milbengalle, von nur einer Milbe besetzt, an welchem die abnorme Haarbildung noch nicht einmal begonnen hatte. Taschenförmige Milbengallen von Prunus domestica. An den Blättern von Prunus domestica sowohl wie von Prunus spinosa kommen zwei Arten von Milbengallen vor, Die eine ist kuglig bis beutel- oder keulenförmig, mit unter- seits gelegenem Eingang (cf. diese Zeitschr. Bd. 33 p. 330 Nr. 2), also der oben behandelten Galle von Pr. Padus ähn- lich gebaut, die andern hingegen taschenförmig, mit wulsti- gem Rand und meist oberseits gelegenem Eingang. Diese letztere, von Bremi Cephaloneon hypocrateriforıne und Ceph. eonfluens (cf. diese Zeitschr. I. c. Nr. 3), von Vallot anfangs Verrucaria marginalis, später Erineum Pruni benannte Galle wähle ich als zweites Beispiel für die Entwicklungs-Geschichte. Sie ist die häufigere Galle, welche Phytoptus an den genann- ten und anderen Prunws-Arten hervorbringt, und ich habe sie von der Ostsee bis in die Graubündner Alpen beobachtet. Verbreitung. — Wenn ich davon absehe, ob sich die Galle auf Prunus domest. oder Pr. spin. fand, so wurde ihr Vorkommen constatirt für Wis by auf Gottland (P. Magnus), Jäschkenthal bei Danzig (Brischke, mitgetheilt durch P Magnus), Rugard aufRügen, Usedom (A. Braun), westphä- lische Pforte, Boppard (Bach), Castellaun und Dörrebach (Eberts), Arolsen; in Thürinsen: Waltershausen, Ohrdruf, Plaue, Martinroda, Tannroda, Weimar; in Böhmen (Amerling, Kirchner); Freiburg i/Brsgau (A. Braun); in der Schweiz bei Zürich (Bremi), am Rigi, im Schamser Thal an der Splü- genstrasse. 200 Entwicklungsgeschichte. — An den Blättern einer noch völlig geschlossenen Knospe findet man auch hier nie- mals eine Andeutung von Gallenbildung. Die Milben wandern ein, sobald die Knospe aufbricht. Oft sind erst ein oder zwei Blätter aufgerollt, und an ihnen sowohl wie an den jüngeren, noch gerollten Blättern sieht man bereits die Gallenanfänge. Sie bestehen wie bei Pr. Padus und aus gleichem Grunde in durchscheinenden, heller gefärbten Stellen. Die Milben grei- fen bei dieser Gallbildung die Blätter gewöhnlich von der Oberseite, minder häufig von unten an. Am 11. Mai 1871 untersuchte ich einen solchen Gallenanfang von Prunus do- mestica an einem Blatt von 20 =" Länge. Es war noch keine, deutliche Grube gebildet, aber eine kleine Hervorragung auf der gegenüberliegenden Blattseite bemerkbar. Die Oberseite des Blattes hatte (ausser an der Blattbasis) bereits ihren Glanz durch die eingetretene Cuticular-Streifung verloren, welche sich aber nicht auf die in der Gallenbildung begriffenen und darum strotzenden Zellen erstreckte. Diese zeichneten sich vielmehr im reflectirten Licht durch ihren Glanz aus. Die krankhaftejHaarbildung bestand erst in warzenförmigen Zellen- verlängerungen von 0,01 bis 0,02” Länge; während die nor- malen Haare des Blattes, die sich bekanntlich sehr früh aus- bilden, 20 bis 30 mal so lang waren, nämlich 0,3 bis 0,4 "m, Am 15. Mai 1870 mass ich an einem Baum, der seine Knospen eben erst zu entfalten begann, das Grübchen des Blattes, in welchem eine Gallmilbe saugend sass.. Es war 0,10 mm tief und der Ringwall, welcher es kraterartig umschloss, hatte 0,26== Durchmesser. In diesem frühen Entwicklungs- stadium besteht zwischen dem Ceratoneon von Prunus Padus und dem Cephal. hypocrat. kein wesentlicher Unterschied. Die Zellwucherung in den Grubenrändern des letzteren tritt aber zeitiger und intensiver ein als bei der Bildung hornförmiger Gallen; und auch die Haarbildung geschieht reichlicher, be- sonders an den Rändern. Zugleich scheinen die Milben, welche ich in den allermeisten Fällen nur einzeln, selten zu zweien in einem Gallenanfang sitzen sah, sich seitlich fortzubewegen, und die Vertiefung wird in Folge dessen zu einer oft unre- gelmässig gewundenen Spalte ausgedehnt. An guten Präpara- ten sieht man deutlich, dass die Epidermis des Blattes nicht 201 zerstört wird, sondern dass sie Innen- und Aussenwandung der Galle continuirlich überzieht. Es geht daraus hervor, dass auch diese Galle (wie alle ähnlichen Blattgallen, die durch Milben erzeugt werden) nur in der Ausstülpung eines hy- pertrophisch veränderten Theils der Blattspreite besteht. Ebenso klar sieht man, dass die zu dieser Zeit noch dünn- wandigen Gallen-Haare nur durch Auswachsen der Ober- hautzellen entstanden sind, ohne jede 'T'heilnahme der Paren- chymzellen. Im Innern der Galle, im Grunde der Vertiefung, findet zur angegebenen Zeit noch keine Haarbildung statt, von der ich erst 14 Tage später die ersten Andeutungen wahrneh- men konnte. Die früher gebildeten Haare verdicken allmälig ihre Wandungen stark. Jene im Innern der Galle bleiben für immer dünnwandig, sei es nun, dass die mangelnde Verdun- stung in dem beinahe ganz geschlossenen Gallenraum , oder die Entstehung in einer Zeit, in welcher die Bildungsfähigkeit des Blattes schon in der Abnahme begriffen, oder endlich die saugende Wirkung der Milben die Ursache ist. Den von Bremi aufgestellten Unterschied zwischen Ce- phal. hypoec, und Ceph. confluens habe ich schon früher (diese Zeitschr. 1. c. p. 331) wegen der Gleichartigkeit des Baues beider Gallen als unwesentlich bezeichnet. Es könnte viel- leicht sein, dass das Alter, in welchein die Blätter zur Zeit der Invasion stehen, auf die Stellung der entstehenden Gallen Einfluss hat. Hiernach würde sich Cephal. confluens vermuth- lich dann bilden, wenn ein Blättchen in sehr jungem Zustande von vielen Milben angegriffen würde. Die Gallenanlagen, die auf einer kleinen Blatifläche dichter gestellt sein würden, könn- ten dann leichter zusammenfliessen und würden zugleich bei dem Auswachsen des Blattes zu seiner vollen Grösse hinaus- rücken und so ihre Randstellung erhalten. Die am Schluss der vorhergehenden Mittheilung über die Entwicklung der Gallen von Prunus Padus angeführte Beob- achtung über den Spielraum, welcher für die Zeit der Gallen- erzeugung besteht, könnte zu der Annahme Veranlassung ge- ben, dass die Zeit der Entstehung abhängig sei von einem ganz bestimmten Alter des einzelnen Blattes. Dass eine solche Meinung irr?g ist, zeigt folgende Beobachtung. Am 11. Mai 1871 untersuchte ich von einem Baume, dessen Laubentwick- 202 lung verhältnissmässig weit vorgeschritten war, mehrere Knos- pen resp. Triebe. An einem derselben hatte das älteste Blatt keine Galle; Blatt Nr. 2 hatte deren drei; alle folgenden Blät- ter waren gerollt; Nr. 3. 4. 5. waren dicht mit Gallenanfän- gen bedeckt. Auf dem vierten Blatt allein, dessen Lamina 15‘, mm lang war, zählte ich 46 Gallen. Eine andere in der Entfaltung begriffene Knospe desselben Zweigs besass an ihrem kleinsten Blatt von nur 5'% =m Spreitenlänge (es war das sie- bente Blatt der Knospe) eine relativ sogar sehr grosse Galle von I’, =m Länge und entsprechender Dicke, welche zwei Gall- milben enthielt. Blätter von ungleicher Stufe der Ausbildung können also gleich weit entwickelte Gallen besitzen. Ausser- deın deuten die Beobachtungen darauf hin, dass die Zahl der Milben, welche sich in einer Galle niederlassen, von Einfluss auf die Geschwindigkeit der Entwicklung der Galle sei. — An einem andern nicht fern vom ersten stehenden Baume waren die Knospen und auch die Gallen noch weit zurück. Daraus geht hervor, dass die Zeit der Erzeugung der Milben -Blatt- gallen in erster Linie von der Entfaltung der Knospen, und nicht direct von der Lufttemperatur oder dergl. abhängt. Pr Die Molluskenfauna des Harzes Dr. F. Rudow in Seesen. Schon als Student hatte ich Gelegenheit zu verschiede- ven Malen den Harz zu durchwandern und mein Augenmerk auf die daselbst vorkommenden Land- und Süsswasserconchy- lien zu richten, welche ich gleichzeitig in Thüringen, dem Vogtlande und Sachsen sammelte. Seit geraumer Zeit im Harze ansässig, habe ich während der Jahre jeden Sommer das Le- ben der Mollusken beobachtet, und dieselben gesammelt, so dass ich annehmen kann, eine genügende Kenntniss der hier- orts lebenden Thiere zu haben, und die gewonnenen Resul- tate zu veröffentlichen, zumal da, wie mir bekannt ist, noch kein Sammler, wenigstens der neuern Zeit, sich mit den Thie- ven hiesiger Gegend beschäftigt hat. Verschiedene in Aqua- 205 rien angestellte Züchtungsversuche lieferten mir manche Re- sultate, welche einem bei der Beobachtung im Freien immer entgehen und Vergleiche mit Thieren aus allen Theilen Deutsch- lands lassen die Eigenthümlichkeiten der Harzfauna deutlich kennzeichnen. Der Bezirk meiner Beobachtungen erstreckt sich hauptsächlich vom Kyffhäuser an mit Ausschluss des so- genannten Oberharzes, der überhaupt arm an Thieren ist, bis zum Unterharz mit Einschluss des Leinethales. Die Sumpf- conchylien finden sich hier vorzüglich in den sogenannten Erd- fällen, welche in der ganzen Gegend sich massenhaft vorfin- den und wegen ihrer genau trichterförmigen Gestalt sich aus- zeichnen. Diese grossentheils mit Wasser angefüllt, mit Binsen und Schilf bewachsen beherbergen genug Thiere, welche den im Frühling und Herbst wandernden Enten willkommene Nah- rung darbieten. Auch viele grössere Teiche scheinen ihre Entstehung den Erdfällen zu verdanken, und haben mit Aus- nahme der grösseren Binabran dieselbe Fauna wie die Klei- neren Löcher. Die eigentlichen Flussmuscheln finden sich nur in den Flüssen und grösseren Bächen, wie Leine, Nette, Oker, Innerste, und demnach nicht im eigentlichen Gebirge, sondern mehr in der Ebene. Die Landeonchylien finden sich fast nur auf Kalkboden, während der Zechsteinuntergrund verschwindend kleine Aus- beute liefert, auch sind die Rothtannenwälder wegen des ınman- gelnden Unterholzes und Rasens sehr arm daran, während die Laubwälder gute Ausbeute unter der Moosdecke, den Steinen und in morschen Baumstümpfen liefern. Im allgemeinen habe ich gefunden, dass die Thiere im Harze in der Grösse hinter denen anderer Gegenden Deutschlands zurückbleiben, selbst Exemplare aus Schleswig nicht ausgenommen, woran wohl der kältere Boden und der länger andauernde Winter Ursache hat. Neues bietet der Harz nicht dar, wie ja überhaupt die Pflanzen und Thierwelt hier sehr zurücktreten, um den Mine- ralien den Vorrang zu lassen, auch ‚an Artenreichthum lässt die Gegend manches zu wünschen übrig, auch von seltenen Species habe ich nichts entdecken Können. 1. Pulmonata inoperculata. 1. Arion empiricorum Fer. a. Arion ater \. Findet sich meist nur in der Ebene in feuchten schattigen Wäldern 204 und den daran grenzenden Gärten. Die Thiere sind vielleicht fingerlang, also kleiner als Thüringer Exemplare, da sie nur wenig vorkommen, sind sie nicht schädlich. Man fängt diese Varietät und lässt sie so lange in einem verschlossenen Glase, bis sie ihren Schleim an dazwischen gestreuten Zucker abge- geben hat, der dann als Hausmittel gegen Keuchhusten an- gewandt wird. Häufiger ist überall die Varietät. b. dJ.rufus L. jedoch auch nicht grösser als ein Finger. Sie findet sich in Wäldern, hauptsächlich auf Wegen und Schneusen, sowie in Gärten und Chausseegräben vom April an bis zum November, wenn die Tage warm sind. In diesem Jahre kamen die ersten bereits am 8/, zum Vorschein. Die Thiere wechseln sehr in der Farbe, vom dunkelsten Braun bis fast Schwefelgelb, unter anderem sah ich schön gezeich- nete Exeınplare mit rothem Körper und gelben Seitenlinien, sowie‘ hellgelben Rändern des Bauchfusses. Die Eier finden sich massenhaft unter Moos und Steinen und scheinen manch- mal zu überwintern, wenigstens kamen aus Eiern, die ich An- fangs April fand, Thiere zum Vorschein, welche mit den jun- gen von A. emp. grosse Aehnlichkeit hatten, zur Entwicklung hahe ich sie aber nie bringen können. Die Thiere sind sehr gefrässig, im Sommer fand ich sie oft an todten Eidechsen und Blindschleichen, sowie an zertretenen Exemplaren ihres Gleichen fressend. Die verschieden gefärbten Exemplare be- gatten sich unter einander, doch habe ich vergeblich mich bemüht, sie in Begattung mit schwarzen zu finden. Hält die Hitze im Sommer allzulange an, dann verkriechen sie sich in hohle Bäume oder unter das Laub. 2. 4. hortensis L. überall mit Limax agrestis zusammen. 3. 4. albus Fer. In Wäldern an feuchten Stellen ziem- iich selten, entzieht sich den Beobachtungen leicht, weil sie meist unterm Laube sich aufhält, die Farbe ändert von hell- grau bis gelblich, so dass sie fast hellen Exemplaren von A. rufus gleicht. 4. Limax maximus L. (antiquorum cinereus Müll.) In der Farbe und Grösse nach den Orten sehr wechselnd, grau und schwarz gefleckt, oder auch einfarbig grau. Nicht selten vorzüglich an Salatpflanzen. 205 5. 4. agrestis L. Die gefährlichste von allen Nackt- schnecken, findet sich überall in manchen Jahren sogar sehr häufig, besonders auf Raps- und Getreidefeldern, wo sie vie- len Schaden anrichtet. In diesem Jahre erschien sie schon Mitte Februar in einzelnen Exemplaren, während sie im vori- gen Jahre erst im November verschwand. Als bestes Vertil- gungsmittel wendet man hier Viehsalz an, vorausgesetzt, dass die befallenen Strecken nicht zu gross sind. Junge und alte Exemplare habe ich oft lebend während des ganzen Winters im Keller vorgefunden, im Freien in mässiger Tiefe unter dem Laube der Hecken, 6. L. variegatus Drap. In wenigen Exemplaren verein- zelt durch das Gebiet. Die Begattungszeit fällt in hiesiger Gegend Anfangs Juli, als spätesten Termin habe ich notirt 24/,, der Leib wächst siemlich lange und befinden sich die Thiere dabei in einem gegen äussere Einflüsse gleichgültigem Zustande, so dass zur Trennung einige Gewalt angewandt werden muss. ll. MHelicina. 1. Fitrina pellucida Müll. In Buchenwäldern unter Moos und feuchtem Laube. Die Thiere sind viel kleiner als im süd- lichen Deutschland, das Gehäuse fasst das Thier nie ganz in sich. Merkwürdig ist es, dass nur sehr wenig lebende Schnecken gefunden werden, meist die leeren, undurchsichtig geworde- nen Gehäuse versteckt. Die Farbe des lebenden T'hieres ist auch veränderlich, von dunkelgrau bis hellgrau stets mit iri- sirender Sohle. Die verhältnissmässig grossen Eier, die nur in geringer Anzahl gelegt zu werden scheinen, finden sich an Moosstengeln, die Jungen kriechen in feuchten Behältern leicht aus, wachsen aber langsam heran, ihre Erziehung hält sehr schwer, auch fand ich das Gehäuse der gefangenen 'Thiere meist von häutiger Beschaffenheit, viel dünner als bei denen, die sich im Freien entwickelt hatten. Die anderen Arten sind hier nicht zu finden. 8. Succinea putris L. (amphibia C. Pf.) Nur am Fusse des Harzes in wenig Exeınplaren an Wiesenrändern gefunden, auch im Leinethale an Wasserpflanzen in nassen Gräben, Die Eier fand ich an der Unterseite der Blätter von Epilobium und Lythrum sowie Mentha aquatica und Veronica beccabunga 206 ohne Schleiimmasse zu 18 bis 20 vereinigt, in Lagen über- einander. Die Farbe ist hell, durchsichtig, die Beschaffenheit weich. Der Durchmesser oft über 1 \m. Die Züchtung ist leicht vorzunehmen. 9. Z. Pfeiffer: Rossm. Ebenfalls an Wassergräben, aber auch im Walde an feuchten Stellen, hauptsächlich an Brenn- nesseln. Das Gehäuse sowohl wie das Thier ändern nach den Localitäten ab, oft ist das Gehäuse dünn, so dass man die Streifen des Thieres durchschimmern sieht, oft ist es undurch- sichtig inwendig mit einer weissen Schicht bedeckt. Das Thier selbst färbt sich gelblich, grünlich , bräunlich , oft sogar schwärz- lich mit hellem Fussende, der Rücken mit dunkeln Streifen, die Fühler stets dunkler gefärbt. Die Eier finden sich au Blättern oder mulmigem Holze in einem schleimigen Brei ein- geschlossen, die Jungen krochen in einem Glase stets gut aus, wenn für gehörige Feuchtigkeit gesorgt wurde. Das Gehäuse ist Anfangs nadelspitz, bräunlich, stark glänzend, die 'Thiere wachsen sehr schnell heran, wobei sie mit dem Futter keines- wegs wählerisch waren. Die erwachsenen Thiere frassen sich durch das Papier hindurch, womit ich die Glasgefässe zuge- bunden hatte, bei mangelnder Feuchtigkeit zogen sie sich ins Gehäuse zurück, wobei aber niemals der fleischige Fuss ganz Platz darin fand. Längere Zeit ohne Feuchtigkeit zu leben vermögen sie nicht. 10. $. oblonga Drap. Nur sehr selten in lebenden Exem- plaren im Vorharze und dem Leinethale an Bächen auf Was- serpflanzen gefunden, dann ist das Gehäuse stets sehr zer- brechlich, während leere Gehäuse von dichter Structur und kalkweisser Farbe sehr häufig im ganzen ‘:ebiete gefunden: werden, hauptsächlich in der Dammerde an Bachrändern, die mit Erlengebüsch bewachsen sind. 11. Helix pomatia L. Ueberall, wenn auch auch nicht gleich häufig, am Südabhange des Harzes sehr massenhaft. Die Farbe des Thieres ändert nicht, wohl aber die des Ge- häuses, jedoch ohne besondern Bodeneinfluss von weiss bis hornbraun. Im Frühling finden sich stets viele erfroren und erfrorene und von Ameisen zerfressene Thiere. Die Gehäuse bleiben in der Grösse hinter denen der südlicheren Gegenden : zurück. Eier finden sich zahlreich überall, die Thiere krie- 207 chen in den geeigneten Behältern leicht aus und wachsen rasch heran. Begattung beobachtete ich Anfang bis Ende Juli. 12. H. arbustorum L. Hauptsächlich an feuchten Orten, in Laubwaldungen und Erlengebüsch. Die Thiere ändern in der Farbe ab, schwarz mit dunkelgrauer Sohle, ganz schwarz, auch hellgrau mit schwarzen Flecken, welche durch das Ge- häuse sichtbar sind und manchmal mit schwach angedeuteten dunkleren Rückenstreifen. Gehäuse violett mit weissen Bin- den, oder hellhornbraun mit schwarzer Binde. Ein Exemplar habe ich gefunden mit gelbem Thiere und gelbrothem Ge- häuse ohne Binde. Verwittert bekommt das Gehäuse eine weisse Farbe mit violetten Flecken. Einige Thiere bilden schon im ersten Herbste ein weisse Lippe, über die sie im nächsten Jahre weiterbauen. Die Gestalt des Gehäuses ändert höher oder flacher kegelförmig ab, Eier finden sich an halbver- moderten Holzstücken in kleinen, nicht zusammenhängend, äusserlich nicht von verwandten Arten zu unterscheiden. Die Züchtung wollte nie gut gelingen, die Eier vertrockneten ent- weder, oder die ausgekrochenen Jungen lebten nur kurze Zeit, Diese Schnecken habe ich sehr oft in dem Magen von Was- ser- und andern Vögeln gefunden, auch werden die jungen Exemplare gern von Reptilien gefressen. 13. H. hortensis Müll. In vielen Varietäten an Hecken, sowohl in Gärten als auch in Laubwäldern vorkommend. Der Mundsaum ändert ab von weiss bis braunroth, wie überhaupt viele Uebergänge zur folgenden vorkommen. An einzelnen Orten kommen nur einfarbig gelbe Gehäuse vor, in der Nähe der Wälder aber noch mehr gestreifte. Junge Gehäuse sind sehr zart. Die Eier kommen fast überall in der Nähe der Hecken vor. 14. HA. nemoralis L. An denselben Stellen wie die vo- rige und in Gemeinschaft derselben massenhaft vorkommend. Die Thiere sind in der Farbe beständig, nur ändern die Rücken - streifen öfters je nacfi der Farbe des Gehäuses ab, überhaupt wiederholt das Thier in matter Zeichnung die Farbe des Ge- häuses. Das Gehäuse gewöhnlich glatt, manchmal auch gerunzelt, die Lippe färbt sich schwarz, bleicht aber bis Nleischroth. Die Grundfarbe des Gehäuses ist gelb mit oder ohne Streifen, 208 grünlich gelb, rothbraun mit Binden, hellroth ohne Binden, die Varietäten zählen fast über hundert. Die rothen Thiere sind meistens grössere mit stärkeren Schalen und habe ich sie meist auf feuchtem Boden gefunden, während die kleineren gelben auf dürrem Boden verkommen. Eier zu 15 — 20 iso- lirt bei einander an Baumwurzeln, unter Steinen und in be- deckten Erdlöchern, weiss lederartig, rund, undurchsichtig, glänzend, entwickeln sich leicht in mit Moos bedeckten Glä- sern, in denen Kalksteine sich befinden. Die Jungen dieser und der vorigen sind nicht von einander zu unterscheiden, erst nach einigen Wochen treten allmälig die Unterschiede hervor. 15. H. fruticum Müll. An kalkhaltigen Stellen im Laub- walde, der die Sonnenstrahlen abhält, durch das Gebiet zer- streut, aber nirgends in grosser Anzahl. Die Farbe des Thie- res wechselt mit der des Thieres von weissgelb bis bräunlich- grau mit dunkler Binde, welche durch das Gehäuse bemerkbar ist, manchmal ist das Thier auch auf hellem Grunde hellge- sprenkelt. Die Gehäuse sind hier meist ausgewachsen leer, kalkig weiss gefärbt, manchmal frisch röthlich, eins habe ich gefunden von hell hornbrauner Farbe mit dunkler Binde, au einem sandigen Abhange unweit Harzburg. Nach der Winter- ruhe sind die meisten Thiere unter dem häutigen Deckel er- froren, obgleich manchmal mehre Deckel zum Schutze ange- fertigt werden. Eier einzeln unter Laub, ziemlich gross, aber sehr selten zu entwickeln. 16. A. sirigella Drap. Die Exemplare in geringerer Grösse als Thüringer, auch nur auf Kalkbergen in Laubwaldungen an- zutreffen. Die Thiere ändern nicht ab, nur die Gehäuse fin- den sich dicker oder dünner und lassen dann die Flecken des Thieres durchscheinen. Unvollkommene Gehäuse sind häufiger als fertige. 17. H. ericetorum Müll. Bindet sich an keinen bestimm- ten Standort, doch ist sie merkwürdig durch das Gebiet zer- streut. In Thüringen traf ich sie zuerst in der Umgegend Innas an, von wo sie sich weiter in das Oberland verbreitet, aber in der weiten Verbindungsstrecke zwischen Thüringer- wald und Harz, dem sogenannten Riede und dem Vorharz fehlt sie. Dagegen findet sie sich im eigentlichen Harze überall auf recht dürren Bergen, mit oder ohne Kalk, abwechselnd 209 nach gewissen Strichen bis ins Göttingsche hinein. Die Thiere ändern nicht weiter ab, nur dass die Streifen heller oder dunk- ler werden-, dagegen färbt sich das Gehäuse von rein weiss bis hornbraun, mit oder ohne Binden, auch ändert sich die Grösse gewaltig. Die Begattung beginnt früh im Jahre, denn schon im Juni finden sich recht ansehnlich herangewachsene Thiere. Das Wachsthum geht sehr schnell vor sich. Die Eier finden sich meistentheils in lockerer Erde, wie am Rande älterer Maulwurfshaufen unter Grasbüscheln, einzeln, bis 20 beisammen von Hirsekorngrösse, rund, rein weiss, die Er- ziehung gelingt aber sehr selten, so massenhaft die T'hiere sich auch im Freien entwickeln. Gehäuse von Jena und Um- gegend sind ein ganz Theil grösser als die Harzer. Bemer- kenswerth ist die grosse Lebenszähigkeit dieser Thiere, die sich im Sommer bei sechswöchentlichem Nahrungsmangel, der aus Versehen eingetreten war, noch munter im Gefässe herumbewegten. 18. HM. incarnata Müll. Nicht häufig, meist vereinzelt nur einmal in kleineren Colonien unter Epheu auf dem Heber- zuge bei Seesen gefunden. Die Thiere sind beständig in der Farbe, die Gehäuse dagegen kleiner als Thüringer, auch hel- ler von Farbe und meist schon im frischen Zustande schup- penlos, andere mit sehr dünner, hornartiger Schale ohne Schuppen. Die fleischroth gefärbte Lippe ändert auch in weiss ab, sowie eine weisse Binde deutlich ist, oder ganz in Braun übergeht. 19. A. rotundata Müll. Unter Moos in Buchenbeständen hauptsächlich in feuchten Lichtungen sehr zerstreut. durch das Gebiet, aber in nicht zu grosser Höhe. Im hiesigen Bahn- hofspark fand ich die Thiere lebend an Grotten von Tropf- stein, der aus der Gegend von Königslutter dahin gebracht ist, und hier auch in kleinen mit lockrer Erde angefüllten Vertiefungen die Eier als zusaınmenhängende Klümpchen, die sich aber bei vorschreitender Entwicklung trennten. Die Züch- tung gelang, die halbe Grösse wurde in einem Jahre erreicht, indem die Thierchen vom Juni bis November an feinen Far- renkrautblättchen frassen, der Winter tödtete sie aber. Ab- änderungen kommen vor, indem sich der letzte Umgang vom vorletzten abhebt. Zeitschr. f,d. ges. Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872. 14 210 20. H.pulchella Müll. Bis jetzt nur wenig lebende Exem- plare in der Umgegend Seesens am Rande austrocknender Gräben im Grase. Die Thierchen bewegen sich verhältniss- mässig schnell. Leere Gehäuse habe ich überall her, meist von Aeckern, welche überschwemmt waren im Verein mit Suce. oblonga in allen Stadien der Verwitterung. Ganz frische Thiere haben ein hornfarbiges, durchsichtiges Gehäuse, wel- ches leicht trübe wird, 21. H. hispida \. Ueberall in Laubwäldern mit und ohne Haare. 22. A. bidens Chemn. (bidentata €. Pf.) Im eigentlichen Harze nicht gefunden, wohl aber am Ausgange desselben, Sol- ling und Westfalen in Buchenwäldern an Kalkfelsen, jedoch sehr selten, häufiger in N.Deutschland, Lauenburg, Holstein unter Laub verborgen. Das Gehäuse ändert ab von einfarbig hornbraun, bis, gelblich mit braunen Streifen, weisser oder brauner Lippe. Die Thiere sind constant. 23. H. cellaria Müll. Sehr zerstreut durch das Gebiet, im Oberharz nie gefunden, in besonders grossen Exemplaren in den grossen Laubwäldern bei Mägdesprung und Umgegend unter Farrenkraut in lockerer Dammerde. Kleinere aber leere Exemplare im angeschwemmten Sande der Waldbäche weni- ger selten. Alte Thiere färben sich manchmal ganz schwarz und machen das Gehäuse an der Bauchseite undurchsichtig. 24. H.nitidula Drap. In Laubwäldern an recht dumpfen Stellen unter feuchtem Moose und vermodertem Laube in be- sonders schönen Exemplaren an feuchten Felsen des Selketha- les, sonst vereinzelt überall, wenn auch kleiner. Ebenso in Treibhäusern an verschiedenen Pflanzen den ganzen Winter hindurch lebend. Verwitterte Gehäuse fand ich besonders viel im Schlamme der Helme, der auf den Feldern liegen geblie- ben war. Die Thiere pflanzen sich in der Stube ohne beson- dere Pflege fort, an Blumentöpfen mit Baumerde noch besser in einem Glase mit mulmigem Holze, das beständig feucht gehalten werden muss. Die Eier sitzen in kleinen schleimi- gen Häufchen am Rande des Holzes u. s. w. dem Lichte ab- gewendet und kriechen in einigen Wochen aus, die Zeit des Eierlegens ist in der Stube unbestimmt, ich habe das ganze Jahr hindurch dasselbe bemerkt, im Freien dagegen die ersten 211 Jungen Tbiere im Juni aufgefunden. Ihr Bewegungen sind hurtig, sie sondern einen reichlichen, farblosen Schleim ab, nähren sich am besten von jungem Farrenkraut oder Linaria cymbalaria. Grössenunterschiede kommen überall ver ohne besonderen Einfluss des Bodens, 25. 7. fulva Drp. In nur wenig Exemplaren unter feuch- tem Moos an Baumrinden am Wohlenstein bei Seesen gefun- den, Gehäuse hellgrau bis gelb mit braunen Tüpfeln. 26. A. pygmaea Drp. Ebenso selten an schattigen feuch- ten Orten. Bis jetzt an der vorerwähnten Localität angetrof- fen, das Thier entgeht den Beobachtungen zu leicht, wegen der Kleinheit. 27. H. crystallina Müll. Ebenda, etwas häufiger, und bei Harzburg einmal an einer Eiche unter Moos, sehr zart im Gehäuse. 28. Hl. personata Dip. Nur in zwei Exemplaren ohne Thiere bis jetzt gefunden unter Baumerde an einem trocknen Hügel bei Harzgerode. 29. HA. pura Ald. In einem Exemplare von zweifelhaf- tem Fundorte, ist Kleiner und dichter im Gefüge als Baiersche Thiere. 30. A. ihymorum v. Alt. Die kleinere Art mit einer braunen Binde und dunkelgrauem Thiere zerstreut durch das Gebiet auf dürren Bergen mit Haidekraut und Thymus serpyl- lum bewachsen, besonders im mittleren Theile des Harzes. Die Thiere sind sehr träge in ihren Bewegungen und verber- gen sich meistentheils am Boden. 3l. ZH. ruderale Stud. Kleine Exemplare von weisser Farbe, undurchsichtigem Gehäuse und hellgrauen Thieren an alten Stöcken und unter Laub zerstreut durch das Gebiet, am meisten am Wohlenstein bei Seesen. 32. A. glabra Stud. Im Verein mit H. hortensis an einer Grotte von Tropfstein im Bahnhofspark in Seesen, sonst nir- gends gefunden. 33. @. odvoluta Müll. An Kalkfelsen und in kalkigem Waldboden in weicher Erde, sowohl braun behaart, als auch gelblich unbehaart frisch gefunden, es scheint, als ob ganz alte Thiere die Haare leicht abwerfen. Im Sommer fand ich die Thiere oft mit dem Winterdeckel versehen, nach einem 14 * 212 warmen Regen dagegen wurden sie wieder thätig. Sie gehen am frühesten von allen Schnecken in die Erde, und kommen spät wieder hervor. Die Eier hängen lose durch ein Häut- chen zusammen, manchmal auch sind sie einzeln in kleinen Erdlöchern unter Baumwurzeln zu finden. Die Thiere kriechen im Juli in der Stube aus und wachsen schnell heran, Der Mund ist vor der Vollendung immer mit einem schleimigen Rand versehen, der schnell an der Luft erhärtet. 34. H. alliaria Müll. In Gemeinschaft mit H. cellaria fand ich am Waldesrande unter einem Pteris aquilina eine CGolonie dieser Schnecke, bei Questenberg, die ich lebend nach Hause brachte, da sie mir unbekannt waren. Das Thier blauschwarz mit geibgrauer Sohle ist sehr beweglich, sondert beim Kriechen viel Scheim ab und verbreitet einen durchdrin- genden Zwiebelgeruch, wenn es zerdrückt wird. Das Gehäuse ist sehr dünn, so dass man die inneren Theile des Thieres sehr genau sehen kann, während süddeutsche Thiere bedeu- tend festere und grössere Schalen haben. Die Züchtung ge- lingt sehr gut, die Thiere leben das ganze Jahr hindurch in der warmen Stube an Farrenkraut aller Art mit zarten Fiedern und verbergen ihre Eier in Form von kleinen Schleimklümp- chen zu 20—25 vereinigt am Grunde der Pflanzen. Die aus- gekrochenen Thiere fressen bereits am 2. Tage und erreichen im ersten Jahre 3/, der Grösse der Alten. Ihre Gefrässigkeit ist sehr gross, auch im Winter, in welcher Zeit die Fortpflan- zung der Thiere auch vor sich geht. Im Freien habe ich das Thier nicht wieder auffinden können, wohl aber noch einmal in einem Warmhause, an den erwähnten Pflanzen. 25, H. nitida Müll. (!ucida Drp.) Nur an einer Stelle an einer Tropfsteingrotte in einem Privatgarten bei Ballenstädt in wenigen Exemplaren. 36. ZH. lapicida L. Nur an dürren Kalkfelsen, aber über- all in den bekannten hellen und dunklen Varietäten. Gehäuse kleiner als Thüringer und andere Süddeutsche. H. obvia Müll. aus Baiern gleicht ganz den dunkeln Ar- ten von ericetorum, Hl. carthusiana Montf. den kleinen Varietä- täten von H. strigella, unter denen solche mit elliptischem und kreisförmigen Munde vorkommen, so dass ich besagte Arten nur als Varietäten ansehe, die durch Oertlichkeiten modificirt. 213 37. Bulimus radiatus Brug. Alle drei Varietäten, haupt- sächlich aber die weissen mit blauen Strahlen, kommen im Harze auf Kalkbergen in Buchenwäldern vor, am Wohlenstein oft in grosser Anzahl an Buchen oder unter Laub. Die Thiere halten sich nur in einmal gewählten Bezirken auf, in denen sich unter Moos an Baumwurzeln, die verhältnitsmässig gros sen rein weissen Eier einzeln vorfinden, die Legezeit konnte ich nicht ergründen, die Eier scheinen aber nicht in Partien, sondern einzeln abgesetzt zu werden. Eine Züchtung im Glase wollte mir nicht gelingen, die ausgekrochenen Thierchen star- ben immer sehr schnell wieder. Ausnahinsweise sind hiesige Exemplare sehr gross. 38. B. obscurus Drp. Ebenda, aber weniger häufig frisch, halb verwittert auch au Grabenrändern. 39. B. montanus Dip. Mit den beiden andern zusamınen in 2 Varietäten eine grössere weisse und eine kleinere horn- braune mit duukeln Strichen. 40. B. acicula Brug. (Achatina acicula Müll). Nur als 2 leere Gehäuse in einem Maulwurfshaufen auf einer Wiese bei Seesen. 41, Achatina lubrica Müll. In Fichtenwälderu überall einzeln unter Moos, auch an trockenen Rainen und Gräben- rändern nirgends selten. 42. A.Goodalii Fer (Carychium Menkeanum). Zwei Exem- plare angeblich aus der Umgegend des Brockens, leider aber im Zustande der beginnenden Verwitterung. 43. Pupa muscorum L. Frische hellhornbraune Gehäuse auf Aengern mit leichtem Boden, aber sehr vereinzelt am Harzrande, bei Mansfeld, Seesen, Leinethal und am Wohlen- stein, in einzelnen Exemplaren auch von Osterode. 44. P. minutissima Htm. Iu einigen Exemplaren bis jetzt nur in der \ansfelder Gegend gefunden, an einer Eiche unter Moos, ein einzelnes Exemplar bei Questenberg an einer Buche. 45. P. edentula Drap. Mit P. muscorum zusammen aber fast immer leer, die Thiere sind sehr langsam und halten sich unter Moos und Rasen auf, Gefunden habe ich sie zerstreut durch das Gebiet, ausser dem Oberharze aufFeldern und Aengern an Waldrändern. 46. P. antivertigo Drap. sehr selten zu finden, nur ein- 214 mal unterMoos an Buchenwurzeln Wohlenstein bei Seesen, wahr- scheinlich aber häufiger und nur zu sehr versteckt. Es war eine Familie, welche ich entdeckte, einige leere alte Gehäuse und eben erst ausgekrochene junge Thiere, die an dem abge- lösten Rindenstücke in der Stube sich entwickelten. Die Thiere waren sehr lichtscheu, anfangs gelblich, später dunkelgrau mit schwärzlichem Kopfe. Trockenheit konnten sie nicht vertra- gen. Die Entwickelung vollendete sich in einem Sommer, im Winter aber erlagen sie. Die Gehäuse blieben hell und sehr dünn, während zwei andere an einem Grabenrande gefundene leere viel dichter sind. 471. P. frumentnm C. Pf. Ueberall in Wäldern in der Erde, sogar in lichtbestandenen Nadelhölzern im ganzen Ge- biete. Thiere von freigelegenen Stellen sind im Gehäuse dicker und undurchsichtig, als solche aus dem Walde und feuchteren Plätzen, letztere auch kleiner. Die Farbe des Thie- res ändert ab von dunkelgelb bis grau unter ganz gleichen Uinständen. Im Magen von Waldtauben fand ich diese Schnecke manchmal. 48. P. fragilis Drap. An Kalkfelsen im Mansfeldschen unter Moos, besonders an etwas feuchten Stellen, aber sehr selten. l 49. Clausilia laminata Montag. Ueberall in Laubwäldern, hauptsächlich in Baumerde am Grunde von Bäumen oder in hohlen Buchen und Eichen. Die Thiere sind sehr träge, das Nachschleppen des Gehäuses scheint ihnen zu viel Mühe zu machen. Oft habe ich schon an warmen Februartagen die Thiere in Baumhöhlen aus dem Winterschlafe erwacht gefun- den. Gehäuse im eigentlichen Harze färben sich manchmal fast schwarz mit weissen Punkten, sind aber kleiner als Thü- ringer, oder Bewohner der Ebenen. Leere Gehäuse finden sich noch häufiger an Waldrändern. 50. Cl. nigricans Putt. (rugosa C. Pf. obtusa C. Pf.) Ver- einzelt, aber wo sie vorkommt gleich in grösserer Anzahl, so am Wohlenstein, bei Questenberg, Victorshöhe, Lautenthal u. s. w., ebenfalls versteckt unter Moos an Bäumen und Fel- sen. Im Seesner Bahnhofspark an den Tropfsteingrotten in kleinen Erdlöchern, manchmal häufig, besonders nach Regen- wetter, Bewegung sehr träge, die Nahrung scheint keine be- 215 stimmte zu sein, wenigstens dauerten sie in der Gefangen- schaft an allen zarten Pflanzen aus. Die Thiere sind in der Farbe beständig, die Gehäuse wechseln aber sehr ab, ohne Rücksicht auf die Localität, sie färben sich dunkelbraun, dun- kelhornbraun, dunkelgrau mit hellen Streifen, braun mit hel- len Streifen. In der Grösse dagegen variiren sie nicht sehr. 51. Cl. biplicata C. Pf, An Buchenwurzeln auf Kalkbo- den zerstreut durch das Gebiet. 52. Cl. perversa Gärtn. (similis Rossm.) Selten, einmal bei Goslar, einmal am Wohlenstein unter Buchenwurzeln mit Cl. nigricans zusammen. In der Grösse sehr wechselnd, von Ss — 15 Mm. lang, 53. CZ. ventricosa Dıp. Einige leere Gehäuse aus der Umgegend von Osterode erhalten, ein einziges lebendes Thier ‚aus dem Buchenwalde des Wohlensteins an einer Kalkmauer der Ruine. 54. Cl. obtusa C. Pf. Einmal lebend in 2 vollständigen und 2 unerwachsenen Stücken bei Mansfeld unter Eichenwur- zeln gefunden. 55. Cl. Tineolata Held. Ein Exemplar unter Cl. laminata am Wohlenstein lebend gefunden, welches in jeder Beziehung mit Thieren aus Südbaiern übereinstimmt. 56. Cl. parvula Stud. (minima C. Pf.) Ein Exemplar er- hielt ich von Northeim, welches mit Thieren aus der Umge- bung Ulms genau übereinstimmt. 57. Auricula minima Müll. (Carychium minimum). Leere Gehäuse an den Ufern der Helme im Sande gefunden, ein ein- zelnes in der Nähe Seesens auf eineın Maulwurfshaufen, eben- falls leer. Ill. Limnaeacea. 58. Physa fontinalis L. Im klaren Gewässer der Erd- fälle im Ried und Umgegend von Seesen an Potomageton sehr einzeln. 59. Ph. hypnorum L. Ebenda, etwas häufiger auch in langsam fliessenden Gräben an Myosotis und Veronica. Die wurmförmigen Eierklumpen beider Arten fand ich im Juli, die Eier im Schleime zu 10 bis 20 bei einander. Nach 8 Tagen krochen die Thierchen in der Stube aus, bewegten sich sehr sehneil, je mehr aber das Wachsthum zunahm, desto langsa- 216 mer wurden sie, bis sie sich nur an den Pflanzen fressend fortbewegten, nur gezwungen schwammen. Ihre Nahrung be- stand in allen zarten Wasserpflanzen. Ausser Wasser ver- trockneten sie sehr bald, im feuchten Moose lebten sie aber ruhig fort. Einzelne lebende Exemplare fand ich im Frühling auı Ufer der Gewässer im feuchten Schlamm. Ein merkwür- diges Mittelglied fand ich unter Ph. hypnorum, von der Grösse dieser aber abgestumpfter Spitze und im Baue fast der Ph. fontinalis gleichkommend, nur dass das Gewinde hier viel weniger vortretend ist. 60. Amphipeplea glutinosa Müll. Sehr selten, nur ein- mal im Ried in einem klaren Teiche gefangen, wo sich das Thier an Holzstücken festgesetzt hatle. Exemplare aus dem Teiche des botanischen Gartens in Leipzig sind viel grösser. Im Aquarium konnte ich die Thiere trotz aller Sorgfalt nicht erhalten, am dritten Tage waren sie bereits todt und schwam- men abgesondert vom Gehäuse als schwammige formlose Masse herum. 61. Limnaeus stagnalis L. Nicht sehr selten in den Erdfällen .und Teichen, welche mit Wasserpflanzen be- wachsen sind. Wenn auch die Thiere im Bau, und der Farbe constant sind, so wechseln doch die Gehäuse sehr selbst auf nicht zu grossem Terrain. Thiere von 6 Cm. Länge und dick- schaligem Gehäuse habe ich hier nie gefunden, während doch die aus der Leipziger und Thüringer Gegend so riesig gross sind. Es scheint überhaupt der Norden Deutschlands kleinere Thiere zu erzeugen, da ich um Hamburg, in Holstein und Pommern überall Uebereinstimmung mit dem Harze gefunden habe. Ausgewachsene Exemplare sind nicht über 4 Cm. lang, dünnschalig, oft schon bei Lebzeit angefressen und meisten- theils gelb oder dunkelbraun. Der Mund schmal im Verhält- niss zu südlichen Thieren. Die Eier lassen sich im Aquarium sehr gut entwickeln, die Thierchen haben schon die Farbe der alten mit den schwarzen Punkten, halten sich gut, wach- sen aber sehr langsam heran, so dass sie am Ende des er- sten Sommers nur Y, der Grösse der Alten erlangt hatten. Die Thiere sind sehr gefrässig in verschiedenen Sommern hatle ich Gelegenheit dies zu bemerken, denn in Zeit von wenigen Wochen war auf einem Teiche eine Fläche von !, 217 Morgen mit Nymphaea advena bewachsen, vollkommen kahl- gefressen, zuletzt sogar die Stengel abgenagt. Krähen ver- zehren sie gern, Enten ebenso, wozu vorzüglich die leichte Trennung von dem Gehäuse mit beiträgt. Beim Fange lässt sie einen stark zischenden Ton hören, wenn sie sich ins Haus zurückzieht; an das Land gebracht und nicht der directen Son- nenhitze ausgesetzt, vermag sie über eine Woche lebend sich zu erhalten, im feuchten Schlamme und in Algenbündeln fand ich sie noch nach 3 Wochen lebend vor. Einige Gehäuse aus hiesiger Gegend sind mit langer Spitze versehen, so dass die 2 letzten Umgänge dieser nur an Grösse gleichkommen, an- statt sie, wie gewöhnlich, an Länge um wenigstens das Dop- pelte zu übertreffen. 62. L. fragilis L. Ebendaselbst aber seltener. Nur ein- nal im Ried massenhaft angetroffen in einem moorigen Sumpfe. Die Thiere bewegen sich schnell an Planzenstengeln kriechend oder schwimmend. Das Gehäuse stets sehr dick, im Bau und in der Farbe beständig. Die Eier entwickeln sich in der Ge- fangenschaft nach meinen Beobachtungen weniger gut als die vorigen. 63. L. glaber Müll. (elongatus.) Nur in wenigen leeren Gehäusen in den besagten Erdfällen auch in der Umgegend Seesens gefunden. Ein Exemplar wendeltreppenförmig. 64. L. pereger Müll. Ebenso selten und ebenda leer, auch in wenigen Exemplaren am Ufer der Helıne. 65. Z. trunculatus Müll. Meist leer am Ufer der Helme und am Rande von Erdfällen. In wenig lebenden Exemplaren in der Umgegend Seesens und dem Leinethale an Bach- und und Teichrändern an zarten Wasserpflanzen, in der Grösse sehr verschieden, ebenso in der Farbe, glashell bis undurchsichtig hornbraun. Eier in sehr kleinen Gallertklümpchen von ellip- tischer Form an der Unterseite von schwimmenden Veronica- blättern gefunden, durchsichtig, zu 12 —15 bei einander, an- fangs Juli gefunden, sie entwickeln sich im Aquarium und die Jungen wuchsen im Laufe des Sommers schon zu ?/, der Grösse der Alten heran. Zuerst nährten sie sich von feinen Algen, dann von Lemna und derberen Wasserpflanzen. 66. Z. auricularis L. Beide Abarten aber selten in den Erdfällen, wo sie träge an den Wasserpflanzen meist dicht 218 unterm Wasserspiegel sich aufhalten. Die Thiere constant, aber die Gehäuse fast alle verschieden. Solche aus Hamburgs und Leipzigs Umgegend um ?2/, grösser als hiesige, letztere auch weniger bauchig aber an der Spindel mehr gedreht und dickschalig, oft mit einer festen Kruste überzogen, manchmal ganz ockergelb. Die Eier entwickeln sich gut im Aquarium und die Jungen wachsen bis zu 4/, der Grösse der Alten in einem Sommer. Viele Gehäuse fand ich durchbohrt und im innern einen Wurm, an dem die Thiere schliesslich zu Grunde gingen. 67. Z. ovatus Drp. Ebenfalls in den Erdfällen und in grösseren schlammigen Teichen im ganzen Gebiete. Die Thiere habe ich stets von schwarzer Farbe gefunden, sehr dick, dass das Gehäuse zur völligen Aufnahme zureichte, Exemplare aus Thüringen waren gelblichgrau. Das Gehäuse der hiesigen Thiere dünn, hornbraun bis schwarzgrau, sehr oft ohne Schmelzüber- zug im innern und am Mundsaume, während dieser bei Süd- deutschen immer vorhanden ist, Die elliptisch wurmförmigen Eierklumpen ähneln den vorigen, nur sind sie kleiner, brachte ich nie zur Entwicklung, ebenso zeigten sich die Thiere sehr zärtlich, denn sie hielten sich neben andern nur wenige Tage lebend. Der Zusammenhang mit dem Gehäuse ist wie bei allen Limnaeen sehr gering. 68. L.vulyarisC.Pf. Ueberall in stehenden Gewässern mas- senhaft. Sowohl die Thiere als auch die Gehäuse sind sehr veränderlich, Ich habe Thiere gefunden: gelblich einfarbig, gelblichgrau mit weissen Punkten, ebenso mit schwarzen Punk- ten, grau mit dunklen Querstreifen auf dem Rücken, oder ein- farbig grauschwarz, Im Leben sind diese Zeichnungen durch das Gehäuse sichtbar, nach dem Tode wird dasselbe aber undurch- ‚ sichtig. Exemplare des Harzes sind stets kleiner als Thürin- ger, in der Schale derber, doch noch nicht so dick wie solche von Holstein, Die Gehäuse variiren sehr, so dass Uebergänge vorkommen zu ovatus und aurieularis, die oft nicht von die- ser zu unterscheiden sind, sowohl in der Grösse, als auch der Gestalt. Eine kleine beständige Varietät von hier mit ty- pischer Form behält auch nach dem Tode des Thieres die schwarzen Flecken des Gehäuses bei. Die überall vorkom- menden Eier entwickeln sich in der Gefangenschaft sehr gut, 219 bei stets vortrefflichem Hunger erreichten sie im ersten Jahre !/, der Grösse der Alten, das Thier jung stets gelb, das Ge- häuse ebenfalls einfarbig, hellgelb durchsichtig, erst im 2. Jahre beginnt die Färbung anders zu werden. Aeltere Thiere starben im Aquarium bald, trotzdem sie im Freien eine grosse Lebenszähigkeit besitzen, um Weihnacht im Schlamme fest eingefrorene Thiere lebten beim Aufthauen munter fort, hiel- ten sich aber nicht. L. fuscus C. Pf, ist nur ein junges von fragilis, Varietä- ten von jener nach den Abbildungen bei C. Pfeiffer gleichen vollständig dieser. L. glaber erhielt ich vor kurzem unter Valvaten und Planorbis in frischen Exemplaren aus Northeim, wo sie an dem dortigen grossen Teiche vorkommen. 69. Planorbis corneus L. Nur in wenigen Erdfällen im Ried. Die Thiere bleiben hinter solchen von Thüringen in der Grösse zurück, wenigstens um !/,, auch färben sie sich heller als jene, so dass fast weisse, frische Gehäuse vorkom- men. Das Thier Kann sich weit ins Gehäuse zurückziehen und ist deshalb gegen äussere Einflüsse äusserst widerstands- fähig. Es vermag viel Luft einzunehmen und sich mit Hilfe dieser auf der Oberfläche zu erhalten, wobei der breite Fuss weit vorgeschoben wird und das Gehäuse scheinbar nur lose am Thiere hängt, Bei eingetretener Fäulniss löst sich das Thier in einen dunkelrothen Schleim auf, der äusserst fest überall haftet und nur erst durch vieles Waschen zu entfer- nen ist. Die Eier entwickeln sich gut im Aquarium, aber die Thiere sterben bald, wenn sie kaum !/,. Grösse der Alten erreicht haben. Die Gehäuse ändern von hellbraun bis dun- kelgrün, sind oft angefressen und die Thiere inwendig von Würmern bewohnt. 10. Pi. complanatus L. (marginatus.) Nicht sehr häufig, in einigen Tümpeln im Walde bei Stolberg und in einigen schlammigen Erdfällen bei Seesen, Die hiesigen Thiere sind kleiner, die Gehäuse dunkler als Süddeutsche und auch we- nig glänzend. Die Eier finden sich als unregelmässige, oben gewölbte Scheiben an Wasserpflanzen, zu 12— 20 bei einan- der und lassen sich gut entwickeln, die Thiere erhielten sich den ganzen Sommer hindurch lebend. Exemplare locker in Algen eingehüllt lagen im heissen Sommer wochenlang 220 trocken am Ufer und dennoch lebten sie wieder auf, als sie ins Wasser gebracht wurden. 71. Pl. carinatus Müll. Mit der vorigen zusammen, aber häufiger. Zwischen beiden finden sich viele Uebergänge in der Gestalt, indem der Kiel mehr oder weniger hervortritt, manchmal sogar verschwindet. 12. Pl.spirorbis L. Häufig überall in stehenden und lang- sam fliessenden Gewässern ohne Varietäten. Die leeren Ge- häuse werden oft von Phryganiden zu Puppenhüllen benutzt. Die Eier fand ich an Schilfstengeln und Holzstückchen in wurm- förmigen schleimigen Massen von nur 3 Mm. Länge ansitzend im Juli, sie entwickelten sich im Aquarium schnell und die Thierchen wuchsen bei Algen- und Lemnafütterung bis zu 1, der Grösse der Alten in einem Sommer heran. 13. Pl. vortex L, Mit dem vorigen zusammen, 74. Pi. nitidus Müll. In einem Teiche des Leinethals am Grunde an faulenden Blättern langsam kriechend in wenig Exemplaren gefunden. Thiere schwarzbraun, oder auch hell- roth, Gehäuse hellhornbraun bis weiss mit rothem, oder weis- sem Mundsaume. 75: Pl. fontanus Mont, (complanatus.) In einem Bache, der sich in die Innerste ergiesst, in wenig Exemplaren gefun- den, solche aus dem südlichen Baiern sind um vieles grösser. 16. Pl. albus Müll. An Wasserpflanzen und im Schlamme einiger Erdfälle des Riedes und im Leinethale an einem Tüm- pel, meist aber leere Gehäuse im angeschweımmten Sande. 17. Pl. contortus L. Ebenda, etwas häufiger. Lebende Exemplare fand ich nur mit dunklem, braunen Gehäuse, be- deutend kleiner als Leipziger Exemplare. Die Eier im schei- benförmigen Laiche in nur sehr wenig Exemplaren einge- schlossen brauchten über 3 Wochen zur Entwicklung, die Thierchen hielten sich im gauzen Sommer hindurch, die Ge- häuse hatten aber alle eine helle Farbe. IV. Monopleurobranchiata. . 18. Ancylus flwviatilis L. Leere Gehäuse im Sande der Helme. 79. A. lacustris L. Lebend in einem Bache des Leine- thales an Potamogeton und Ranuneulus fluviatilis, um die Hälfte 221 kleiner als Thiere aus Thüringen und Holstein. Leer auch im Sande der Helme. Y. Ctenobranchiata paludinea. 80. Valvata piscinalis Müll, (obtusa C.Pf,) Nicht häu- fig an Wasserpflanzen in Teichen, bei Seesen, im Ried, bei Northeim, Die Gehäuse sind meistentheils grün irisirend, die Thiere weisslich oder grünlich, sehr beweglich. Die kleinen Eierhäufchen brauchten über 4 Wochen zur Entwicklung, die jungen Thiere erreichten in einem Sommer fast die Grösse der Alten, Die Lebenszähigkeit ist bedeutend, in Algenschlamm eingeschlossen lebten sie mehre Wochen im Trocknen, trotz- dem das faulende Zeug eine hohe Temperatur angenommen hatte, 81. F. depressa C. Pf. Ebenda aber seltener. 82. V. cristata Müll. Ein einziges Exemplar von Nort- heim erhalten. 83. V. minuta Drap. In wenig frischen Exemplaren aus einem Teiche bei Osterode. 84. Paludina vivipara L. Nur im Vorharze in den Erd- fällen, wenn auch seltner, Die Thiere wechseln in der Farbe von hellbraun opalisirend, bis stahlblau. Die Gehäuse färben sich von grün bis hornbraun, oft sind die Streifen völlig ver- schwindend, manchmal ist auch die Farbe durch eine dicke Schmutzkruste verdeckt, welche sich vollständig in die Ober- fläche eingefressen hat. Die Thiere sind in ihren Bewegun- gen träge, den Helixarten ähnlich, halten sich im Aquarium sehr gut und ausser dem Wasser Wochen lang lebend. Die Jungen wurden vom Juli ab nach und nach in der Gefangen- schaft geboren, zuletzt notirte ist den 20/,. Die Thierchen fressen ohne weiteres zarte Pflanzen, sind anfangs einfarbig, späterhin aber gestreift, ausser dem Wasser aber sehr wenig lebenszäh. Von einer Schnecke zog ich 18, von einigen an- dern 16— 20. Das Wachsthum geht langsam vor sich. 85. P. fasciata Müll. (achatina Rossm.) Ebenda, aber häufiger. Thiere ändern nicht ab, Gehäuse aber von einfar- biggelb, bis dunkelgrün, mit und ohne Streifen. Einige grös- sere Exemplare kommen der vorigen fast gleich. Die Ge- häuse sind oft angefressen und beherbergen im Innern Schma- rvotzerwürmer und sogar kleine Wassermilben, Aus der 222 Wesergegend besitze ich einige Gehäuse, welche so vollstän- dig mit Schlamm inerustirt sind, dass weder Form noch Farbe zu erkennen ist. 86. P. impura Fer. Einige leere Gehäuse angeblich aus der Gegend von Northeim, vermuthlich aber dort nicht gefun- den, da angestellte Nachforschungen zu keinem weitern Re- sultate führten. 87. Bythinia tentaculata L. In allen Wasserlöchern im Schlamme. Die Thiere sind kleiner als Thüringer, oder bei Hamburg gefundene und fast alle von einer dicken Schlamm- kruste überzogen. Das Gehäuse hat stets eine gelbe Grund- farbe, während solche aus anderen Gegenden grünlich durch- scheinend gefärbt sind. Die Farbe der Thiere wird als schwärzlich angegeben, ich habe sie hier meist hellgrau mit dunkeln Punkten gefunden, Die Eier entwickeln sich sehr gut, sie gebrauchten gewöhnlich 21— 23 Tage zur Entwicke- lung, werden ohne Laich reihenweise neben einander gelegt und sind verhältnissmässig gross. Den Fuss verschiedener Thiere fand ich verschieden, zweilappig oder ganzrandig. Ver- wittert kamen in einem Jahre die Gehäuse vielfach im Sande der Helme vor. 88. B. similis Drap. Ebenda aber seltner. Gehäus durch- sichtig glashell, die Thiere oft hellgelb gefärbt oder mit dunk- len Flecken, 89, B. acuta Drp. Nur einmal, aber in grosser Menge in einem kleinen Bache im Hannöverschen gefunden, eigentlich nicht mehr zum Harzgebiete gehörend. VI. Neritacea. i 90. Neritina fluviatilis L. Nur in der Helme lebend ge- funden, leer öfter im angeschwemmten Lande der Ebenen. In der Grösse und Färbung sehr beständig, die Bewegungen der Thiere sind langsam auf Wasserpflanzen, Holzstückchen her- umkriechend. Thiere aus der Saale haben rothe Zeichnungen, hiesige violette, Oefter fand ich auf alten Thieren junge fest- sitzend, die von jenen fortgetragen wurden. VI. Acephala. 91. Anodonta cygnea L. In kleinen Exemplaren in gros- sen Teichen fast überall, die grössten erreichen aber kaum die halbe Länge der Riesenthiere von Leipzig und Dieskau 223 bei Halle oder der Hamburger Umgegend, die Varietäten ana- tina u, s. w. kommen nicht vor, 92. A. piscinalis Nilss. Einige leere Schalen aus der Wesergegend, 93. U. pictorum L. Ueberall in den Flüssen, aber stets in kleinen Exemplaren, 94. U. tumidus Retz. Nur aus der Wesergegend, also nicht im eigentlichen Gebiet. 95. U. riparia GC. Pf. Ebendaher. 96. Tichogonia Chemnitzii Fer. (polymorpha, Wolgae.) Erst in den letzten Jahren einige Male im Sande der Leine aber nur in leeren Schalen gefunden, während sie früher nie- mals angetroffen wurde Wie die Einschleppung erfolgt ist, weiss ich nicht, wahrscheinlich aber durch die Weserkähne. Die Schalen sind stets kleiner als solche aus der Elbe und dick mit ockerartiger Kruste umgeben. 97. Cyclas rivicola Lam. In 3 leeren Exemplaren halb verwittert im ausgebaggerten Flusssande an der Strasse ge- funden, 98. C. cornea L. Am Ufer einiger grosser Teiche um Seesen, Osterode und Northeim. Bei älteren Thieren ist der Schlossrand stets abgerieben, die Schalen wechseln ab mit hübschen Zeichnungen, und Streifen. Auffallend ist der Grös- senunterschied zwischen hiesigen und Holzsteiner Thieren. Im Harz gefundene erreichen kaum die Hälfte der Grösse jener, sind verhältnissmässig dick aufgeblasen, ja manchmal fast ku- gelig, ihre Farbe mehr gelblich, jene schön grün, einige matt weiss. Leere Schalen finden sich vielfach am Rande der Teiche. Im Magen von Wasservögeln aller Art fand ich diese Muscheln oft zu allen Jahreszeiten. \ 99. C. calyculata Drp. In langsam fliessenden Bächen der Ebene lebend, meist aber massenhaft leere Schalen am Ufer im trocknen Schlamme von allen Grössen und Farben. 100. Pisidium amnicum Müll (obliquum.) In grosser Menge aber meist leer im Schlamme .der Helme und theils auch der der Innerste, 101. P. fontinale Drp. (obtusata.) Am Ufer langsam flies- sender Bäche in der Ebene meist nur leer gefunden, von Nort- heim auch lebend erhalten. 224 Untersuchungen einiger Rohpetroleumvorkommen und Brennmaterialien in der Argentinischen Republik Prof. Max Siewert zu Cordoba. Für die am 15. October 1871. zu Cordoba eröffnete In- dustrieaustellung waren aus 3 Provinzen Zuguy, Salta und Men- doza Proben von Rohpetroleum beigebracht, welche Verfasser in seiner Eigenschaft als Preisrichter anf den technischen Werth zu prüfen hatte. Die näheren Daten über den Fundort und dessen begleitende Verhältnisse waren von den Ausstellern verschwiegen und selbst durch das Sekretariat der Austellung nicht zu ermitteln. Die Untersuchung der aus Mendoza stammenden Sorte wurde erschwert durch den enormen Wassergehalt, welcher der zähen Flüssigkeit bis zu 35%, beigemischt war und an- fänglich nur theilweis vor der Destillation abgezogen werden konnte. Die der übrigen Muster verlief ohne grosse Schwie- rigkeit. Bei der ersten Destillation lieferten die Proben in 100 Th. aus Zuguy Salta Mendoza wasserhltg. Inpinnaen Rohoel 84,0 83,1 39,0 70,0 Cokesu.Asche 13,3 13,1 39,0 24,5 Wasser 1,5 3,2% 15,3 0,3 Gas-Verlust 1,2 0,6 6,7 5,2 Das entweichende Gas zeigte bedeutende Leuchtkraft. Schon bei der ersten Destillation waren die Retorten mit Thermo- meter versehen um einen ungefähren Anhalt über den Sie- depunkt des Hauptproduktes zu gewinnen. Die Siedetempera- turen zeigten sich bei den Proben von Zuguy Salta Mendoza Eintritt des Siedens 1580C. 1800C. 1800C, Steigerung 1 202:215 () __2950 Steigerung II 2700C, RER ETETABBRE: Steigerung III über 3600C. Mit dem Wasser destillirten kleine Mengen farblosen Oeles, 225 Die gewonnenen Rohoele wurden mit concentrirter Schwe- felsäure und Natronlauge gereinigt, entwässert und einer neuen Destillation in tubulöser Retorte unterworfen um den specifisch leichten flüchtigeren, von den specifisch schweren, welche höheren Siedepunkt besitzen, zu erreichen. Das Resultat war: bei Petroleum von Zuguy bei 140 — 1580 C. 13,9 farbloses Product von 0,7802 sp, G. DDOL CH 72200 ebenso 0,8732 MR 252076. 733.8 gelblich 0,8881 B: über 3600 C. 30,1 m 0,9251 % Bei 600 C. war eine ganz kleine Menge sehr flüchtigen Oeles überdestillirt bei Petroleum aus Salta bei 186 — 2020C. 19,50, farbloses Product von 0,7756 sp. G. 222225200..20.79, zelbliches 0,8469 „ 2880 22,80 „ ER) ” 0,8675 „ über 3600C. 37,0%, » 0708959 5, Diese Probe enthielt keine Oele, welche unter 100°C. sieden. Bei Petroleum aus Mendoza. bei 155 —1860C. 13,1%, farbloses Product von 0,7706 sp. G. 2a na2oe. 13,60, u, 0a 252 — 2720C. 46,00%], hellgelbes ,, 0,8uAd 5: über 360°C. 27,3%, gelbes 5 » 0,8959 „ Aus dieser Provinz war auch schon eine‘Probe von raffinir- tem Petroleum eingesandt, das aber durch Einfluss des Son- nenlichtes sehr nachgedunkelt war. Dasselbe hatte im spec. Gew. 0,7954 und konnte durch Destillation in 4 Portionen ge- trennt werden. Das Sieden begann schon bei 500C., so dass bis 700 eine kleine Menge sehr flüchtigen Oeles übergegangen war, worauf der Siedepunkt sehr schnell stieg. Es wurden aufgefangen: bei 150 — 1700C. 50,50%, farbloses Prod. 0,7623. 210 —225°C. 14,70], 5 „0,8098. 252 —- 2850C. 22,3%, gelbliches „ 0,8218. über 3600C. 12,50), gelbes = 2055201. Ob dieses raffinirte Petroleum aus dem obenbeschriebenen Roh- petroleum bereitet worden oder aus einer andern Quelle her- rührte, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. | Bei dem hohen spec. Gewicht der Hauptprodukte schei- Zeitschr. f. d. ges, Naturwiss. Bd, AXRAIX, 1372. 15 226 nen die vorliegenden Petroleumsorten Beleuchtungsöle zu lie- fern, welche dem Braunkohlensolaröl ähnlicher sind als der pennsylvanischen Exportwaare. Das Rohpetroleum von Mendoza ist vor den andern noch dadurch ausgezeichnet, dass es bei der Destillation Anilin liefert. Die auf der Nationalausstellung vorhandenen Steinkohlen- proben machen keinen besonders günstigen Eindruck. Aus der Provinz Rioja waren Muster von 3 verschiedenen Ausstellern eingesandt; aus der Provinz San Juan 1 Probe, aus Mendoza 5 verschiedene Muster, die aber wahrscheinlich von 2 diffe- renten Fundorten herstammten; von Challado und der Pasanilla de Villavicenceo. Aus letzterer Provinz war auch eine Probe vorzüglichen Stichtorfes ausgestellt, da sich aber der Fundort im Gebiet kriegerischer Indianer befindet, so ist wenig Aus- sicht zur Hebung dieses nationalen Schatzes vorhanden. Die Proben von San Juan hatten das gewöhnliche Anse- hen der Steinkohle, die von Rioja Slichen mehr einem bitu- minösen Schiefer, die von Mendoza wurden an der Sonne weich und tropften von dem Tische herunter, wie ein ver- harztes zu Asphalt umgebildetes Petroleum. Es enthielten die Proben Rioja San Juan Mendoza a b © Wasser 6,7. 8,6 6,9 1,6 0,3 Asche 29,9 ag 16,5 29,1 1,9 Brennstoff 63,4 19,3 716,6 69,3 97,8 Ausgeführt wurden diese Bestimmungen, indem die Pro- ben nach dem Trocknen auf 1200 C. in einer Sauerstoffatmo- sphäre verbrannt wurden. Das Vorkommen von Mendoza wird wohl kaum in der vorliegenden Gestalt als Brennmalerial benutzt werden können; es würde vor der Verbrennung schmelzend durch die Roste laufen, Dagegen liefert es bei der trocknen Destillation einen vortrefflichen Cok blasig und rein ausbrennend, Die Kohle von San Juan stammt aus einer umfangreichen Ader, liefert grosse Stücke, backt etwas und brennt mit lan- ger, leuchtender Flamme. Praktische Versuche zur Feststellung des Heitzeffects durch die wasserverdampfende Kraft konnten 22T nicht ausgeführt werden, weil die beigebrachten Kohlenquan- ten zu klein waren. Elementaranalysen zur genauen Untersuchung des Kohlen- stofes und Wasserstoffes der Kohlen konnten nicht ausgeführt werden, weil Cordoba kein Leuchtgas hat und die Holzkohle aus Algarobbenholz für diesen Zweck nicht passt. Zur Beurtheilung des relativen Werthes wurde durch Ver- such festgestellt, welche Gasquanten die zu untersuchenden Muster bei trockner Destillation ausgaben. Nachstehende Auf- stellung giebt die Resultate in Cubikfussen bezogen auf 1 engl. Tons Kohlen Rioja San Juan a b c Cubikfuss Gas 1666 2385 2295 Chf. 2166 Chf, bei Procenten Coks 74,24 72,5 69,0 sl 5 Wasser 8,75 11,6 10,8 5,3 u Theer 1,25 4,0 3,0 8,5 Mendoza Cubikfuss Gas 3141 Cubf. bei Procenten Coks 49,1 „ Theer u, Wasser 39,0 Das Gas aus Kohle von Rioja Probe a und b brannte nur mit blauer Flamme, auch das aus c gewonnene zeigte nur _ kleine Leuchtkraft. Das Gas aus Sanjuaner Kohle leuchtete besser, am stärk- sten das aus der Probe von Mendoza gewonnene, Beide Gas- arten konnten mit gleichem Volum Luft gemischt werden, ohne zu explodiren oder erheblich an Leuchtkraft einzubüssen, Pho- tometrische Messungen konnten nicht vorgenommen werden. Der bei diesen Versuchen gewonnene Theer war sehr verschieden. Der von der Riojakohle erinnerte durch den Geruch an den der bituminösen Schiefer, der von Mendoza an Braunkohlentheer, wogegen der aus der Probe von San Juan ganz dem Steinkohlentheer glich, Der Ammoniakgehalt war bei den Mnstern von San Juan und Mendoza grösser als bei dem von Rioja. Die Asche der 5 Proben enthielt: 15* 228 Rioja San Juan Mendoza En m a b C grauweiss grau grau grauweiss grau Kieselsäure 60,7 61,3 64,4 — 496 — 70,0 Thonerde 271 24,9 91 — 1,4 — 2,4 Eisenoxyd TroS 8 7082 TERN Kalkerde 06 10 10 — 162 — T0 Magnesia 0,219 03;1Pam 0, 9 Ir 0 DR 95,7.798, 100939 77T nase Mittheilungen. Beobachtungen über das Erdbeben am 6. März in und um Halle. Erderschütterungen sind in unserer Gegend so seltene und ungewohrliche Ereignisse, dass sie bei ihrer glücklicher Weise sehr geringen Intensität von den meisten Menschen kaum empfun- den, von vielen aber nicht sogleich erkannt werden und doch ist es von Interesse zur Beurtheilung und Aufklärung der ganzen Erscheinung möglichst viele Einzelbeobachtungen vergleichen zu können. Wie über die am 7. Juni 1857 stattgefundene Erschüt- terung (Bd. IX. S. 438 — 443) stellen wir auch über die am 6. März dıe einzelnen Beobachtungen wie dieselben uns zugegangen sind, zusammen, da noch nicht aus dem ganzen Erschütterungs- kreise geuügende Beobachtungen bekannt sind, um eine allgemeine Darstellung des Phanomens zu geben. Referent befand sich gegen 4 Uhr genannten Tages in sei- ner Wohnung iu der grossen Steinstrasse zwei Treppen hoch mit Umkleidung beschäftigt, als er ein ziemlich lautes Geräusch in den Räumen der untern Etage wie wenn Möbel durch einander geworfen werden, bemerkte. Die Bewohner dieser Räume hat- ten das gleiche Gerausch über sich wahrgenommen und wie Re- ferent die Absicht gehabt nach der Ursache desselben anzu- fragen. — Mit meinen Zuhörern in dem Auditor Nr. 11 unseres Uni- versitatsgebaudes damit beschäftigt, Schmetterlinge näher zu un- ersuchen, fühlten wir ungefahr 7 Minuten vor 4 Uhr eine schau- kelnde, mir schwaches Schwindelgefühl verursachende Bewegung, in weichen sich zwei kurz aufeinander folgende Stösse unterschei- den liessen; gleichzeitig knackte es in der südöstlichen Ecke des Saales und ein Stückchen Kalk fiel zur Erde. Von der Seite her, 229 nach welcher die weiten, bei jedem Geräusche stark widerhal- lenden Räume des Gebäudes liegen — es ist die nahezu nörd- liche nach der Himmelsrichtung — vernahm ich während der Schwankungen ein dröhnendes Geräusch, dem am ersten ver- gleichbar, welches ein schwer beladener Wagen beim Fahren auf der Strasse verursacht, während doch in der Umgebung des Uni- versitätsgebäudes keine Wagen fahren. Bald nach dem Phäno- men liess sich von derselben Seite her ein heulender Windstoss vernehmen. Taschenberg. Im hiesigen chemischen Laboratorium beschäftigt, bemerkte ich zunächst ein ziemlich starkes Getöose, ähnlich dem beim Herumrücken von Möbeln; indem ich nach demselben hinhorchte, fühlte ich eine eigenthümliche schwankende Bewegung, deren Entstehungsursache mir sofort klar war, als ich meine auf dem Stehpult stehende Lampe sowie ein auf einem Schrank stehendes Licht sich stark hin und her bewegen sah: eine in meiner Stube angebrachte Klingel fing stark an zu läuten. Ein im-Laboratorium arbeitender Student hat beobachtet, dass das Klirren der Flaschen in dem nördlichen Theil des grossen . Arbeitssaales besann und sich nach dem südlichen hin fortbe- wegte. (9) — J. Weineck. Photograph Benkert sass in seiner Wohnung, grosse Ul- richsstrasse 3 Treppen hoch, auf einem Stuhle mit den Schultern in der Richtung von Ost nach West. In derselben Richtung schwankte er auf dem Stuhle zweimal hin und her. Die Dauer schätzt er auf 1 Secunde. Ein Geräusch wie von einem vorbei- “ fahrenden schweren Wagen hat er nicht gehört. Man kann dies in der grossen Ulrichsstrasse leicht überhören, weil daselbst sehr viel gefahren wird. Seine Frau war eine Treppe hoher im Dach- raume beschäftigt. Sie stand mit den Schultern in der Richtung Süd Nord und schwankte in derselben Richtung einmal stark hin und her. Sie will auch ein Geräusch wie von einem schweren vorbeifahrenden Wagen gehört haben. — Dunker. Am 6. h. m. befand ich mich auf der kaiserl. Telegraphen- Anstalt zu Halle in einem Zimmer, dessen Längenausdehnung von Süd nach Nord gerichtet ist. Ich sass dort an einem Tische mit dem Gesicht nach Westen gekehrt, als das Erdbeben bemerkt wurde. Ich konnte genau zwei Stösse unterscheiden, von denen der erstere ganz kurz und schwächer, der zweite, nach einer etwa 1 bis 1,5 Secunde dauernden Pause, der stärkere war. Die Dauer der ganzen Erscheinung mochte 5 bis 7 Secunden sein. Die Erscheinung trat wenige Minuten vor 4 Uhr (berliner Zeit die 7 bis 8 Minuten nach Hallenser Localzeit) auf. Das Gefühl war einem plötzlichen Schwindel ähnlich, nur war sofort zu be- merken, dass die sonst festen Gegenstände nicht im Kreise zu drehen begannen, wie das beim Schwindel mir passirt, sondern dass ihr Fusspunkt festzustehen schien und sie sich nun pendelend 230 einander zu bewegten und wieder ab. Ein Einfluss auf die elek- trischen Ströme ist hier nicht beobachtet worden, vielmehr wurde in einer kürzeren und in einer längeren Leitung ohne Störung gearbeitet. Im Widerspruch hiermit macht ein Correspondent aus Wit- tenberg darauf aufmerksam (in der Magd. Zeitung), dass die telegr. Corresp. dort gestört worden sei. Durch die Lage des Zimmers und meine Stellung darin begün- stigt konnte ich die Richtung der fortschreitenden Bewegung im Allgemeinen als die von Süd nach Nord erkennen. (Die Zeitungs- berichte nannten sie von SO nach NW.) — Circa 1 Sec. vor und 2-3 Sec. nach der ganzen Erscheinung war ein dumpfes Rollen zu hören nicht unähnlich demjenigen, wenn ein schwerer mit leeren Tonnen beladener Wagen an echen Boden fährt. Karrass. Diesen uns direct mitgetheilten Beobachtungen lassen wir nun die Berichte der Hallischen Zeitung (im Schwetschke’schen Verlage) folgen, wie dieselben in mehren Nummern nach einan- der erschienen. - Halle, den 1. März. Die gestrige Erderschütterung, worüber wir bereits im Hauptblatt berichteten, begann mit einem rollen- den Geräusch und zitternder Bewegung, die sich sämmtliehen er- habenen Bauwerken ziemlich heftig mittheilte, während anf ebener Erde weniger davon bemerkt wurde. Wie ein Schiff schwankte manches Haus hin und her, vieles Gebälke krachte‘, Uhren blie- ben stehen, Kalk fiel von den Wänden, Statuen, Bilder etc. stürzten zum Theil herab, die Klingeln ertöonten und Klingelklöp- pel, Hängelampen, Kronleuchter etc. waren noch lange in schwin- gender Bewegung. Im Saale der Volksschule — in dem sich gerade der Hausmann Becker befand — stürzten einige 4— 6 Zoll lange, 2 Zoll starke Friesstücke herab. In vielen Häusern wurde ein Hauseinsturz vermuthet. Die Bewohner stürzten auf die Strasse und selbst die Thiere verliessen ängstlich ihren Aufenthalt. Kösen, den 6. März. Heute Nachmittag 4 Uhr wurde die hiesige Bevölkerung durch die, hier gar nicht heimathsberechtigte Erscheinung eines gewaltigen Erdstosses in versteinerndes Erstau- nen gesetzt. Einem secundenlangen Rollen, entfernten Donner ähnlich, folgten mehrere heftige Rucke, so dass jedem das be- klemmende Gefühl sich bemächtigte, sein Haus mache eine per- pendikelartige Bewegung. Alle beweglichen Gegenstände, selbst ganz massive Arnheims erzitterten wie Narzissenblätter im Mor-. genwinde und Tassen, Teller, Flaschen u. s. w. hüpften wie un- ter der Wirkung einer Zauberformel von ihrem Standorte. Fen- ster, die in dem Momente, wo der Erdkrampf am heftigsten auftrat, geschlossen werden sollten, waren nicht in den Rahmen zu bringen, . sondern standen vom unteren Schenkel weit ab. Wohl ein Zeichen, dass die Gebäude momentan vollständig aus der loth- 231 rechten Richtung gerathen waren. Freistehende Oefen machten eine Bewegung, die wie eine erzwungene Verbeugung sich an- sah. Wir malen mit dieser Beschreibung keineswegs aus. Leute, die eben aus den Wäldern zurückkamen, berichteten in kalten Schweissschauern, dass plötzlich dort Alles gezittert habe, als wenn „Einer mit Wucht die Wagenrunge unterm Berge angesetzt habe.“ Einen auffallenden Eindruck äusserte die Erscheinung auf die Thiere. Einzelne Pferde bäumten sich, wie Schulpferde im Circus, hoch auf, während Hunde und Katzen sich winselnd an die Menschen anschmiesten. Viele schlichte Leute, deren Ge- spräche wir zu belauschen Gelegenheit fanden, sehen in diesen Zuckungen der Mutter Erde bereits die Ouverture zu dem im Monat August angekündigten Weltuntergange. Lobejün, den 6. März. Heute Nachmittag 3 Uhr 45 Min. wurde hier ein ziemlich heftiger Erdstoss verspürt mit einem Ge- räusch, das dem Rollen eines schwerbeladenen Wagen glich. Die Erschütterung bewegte sich von Osten nach Westen, dauerte circa 3 Secunden und brachte in verschiedenen Wohnungen leichtbe- wegliche Gegenstände zur Erschütterung. Der Himmel war heiter. Gerbstädt, den 6. Januar. Heute Nachmittag 3 Uhr 54 Min. wurden die Bewohner Gerbstädts durch einen fünf Secnnden andauernden Erdstoss erschreckt, der sich von NO nach SW durch fünf deutlich unterscheidhare Wellenbewegungen bemerk- bar machte. Die Bewegungen waren so heftig, dassin allen Häu- sern Bewegungen der Möbel bemerkt wurden, Spiegel von den Wänden fielen, und ein grosser Theil der Hausinsassen auf die Strasse stürzte, weil man sich die Erscheinung nicht zu erklären wusste. Cölleda, den 6. März. Heute 3%, Uhr heftiges Erdrollen in der Richtung von Nordost nach Südwest, so dass Oefen er- zitterten und die Thüren derselben klapperten. Das Getöse machte sich in den obern Etagen und auf den Treppen so stark bemerklich, wie in den Tanzlocalen. Die Möhel bewegten sich, das Schreibpult wackelte unter den Händen sowie der Stuhl worauf man sass. Der Rathhausthurm wackelte so stark, dass die Uhr anschlug. In dem Dorf Grossmonra nach Osten, Laubingen nach Westen dasselbe. Raguhn (Anhalt), den 6. März. Heute Nachmittag 5 Mi- nuten vor 4 Uhr erfolgte hier ein Erdstoss und zwar so arg, dass die Gebäude anfıngen zu beben, und hängende Lampen, Spiegel, Uhren u. s, w., sogar feststehende Gegenstände, als Schreibpulte und Stühle sich hin und her bewegten. Ober-Roblingen, den 6. März. Heute Nachmittag 3 Uhr 53 Min. — wo sonst Alles ruhig war — verspürten wir eine nahe 1 Min. anhaltende ganz erhebliche Erderschütterung, weit stär- ker, als wenn ein schwerer Bahnzug im Fluge hier durchfährt. Eismannsdorf bei Niemberg, den 6. März. Heute Nach- 232 mittag 5 Minuten vor 4 Uhr, nachdem das Barometer kurz vor- her merklich gefallen, nahm man im hiesigen Orte eine nicht unbedeutende Erderschütterung wahr, die 4 bis 5 Secunden an- hielt und in 2 Stossen auftrat. Es wurde hierbei bemerkt, dass die Wände, auch die der stärksten Häuser, in eine deutlich wahrnehmbare zitternde Bewegung geriethen. Die beiden Erd- stösse wurden vornämlich von den Leuten bemerkt, die auf har- ten Stühlen und in der Nähe der Seitenwände der Gebäude sas- sen. Kleinere Gegenstände, besonders die an den Wänden hängenden, geriethen in zitternde Bewegung; andere, auf Tischen befindliche, fielen sogar um. Viele der hiesigen Einwohner ver- liessen in der Bestürzung ihre Wohnungen, weil sie geglaubt, dieselben würden einstürzen. Auch zeigten die Thiere, z.B. die Tauben, während der Erschütterung grosse Unruhe, indem vor- nämlich letztere in Schaaren aus den Schlägen und von den Dä- chern eilten. Während des Phänomens vernahm man ein schwa- ches, unterirdisches, schwach donnerähnliches Geräusch. Delitzsch, den 6. März. Heute Nachmittag 4 Uhr wur- den wir durch einen. heftigen Erdstoss heimgesucht und zwar in der Richtung von Abend nach Morgen. Derselbe dauerte vier Secunden und war von einem starken Getöse begleitet. In den Zimmern bewegten sich Oefen und grössere Meubles. In Berlin ist das Phänomen der vorliegenden Mittagszei- tungen zufolge, die davon nichts erwähnen, nicht bemerkt worden. Aus Magdeburg meldet die „Magd. Ztg.“, dass dort ge- gen 4 Uhr ein Erdbeben war, welches einige Secunden lang an- gehalten. Leipzig, den 6. März. Es war etwa sechs Minuten vor 4 Uhr Nachmittags, als man ein starkes dumpfes Geräusch wie von einem schwer beladenen Wagen vernahm und unmittelbar darauf ein Schwanken und Zittern von Wänden, Thüren und Fen- stern, eine mehr oder minder grosse Bewegung von Möbeln und sonstigen beweglichen Sachen verspürte. Diese Bewegung dauerte etwa 2—3 Secunden mit der Richtung von Süden nach Norden und hatte zur Folge, dass an vielen Orten Kalk von den Wän- den fiel, Thüren aufsprangen u. s. w. In dem neuen Theater machte sich die Erschütterung in starker Weise fühlbar. In einem Hause am Thomaskirchhof wurde 5 Minuten vor 4 Uhr ein Erd- stoss von einigen Secunden beobachtet. „Es donnerte, als ob ein sehr schwer beladener Wagen vorbeiführe, die Fensterscheiben, Gashängelampen, Schränke im Comptoir zitterten.““ Im Hause Querstrasse 16 machte sich der Erdstoss in heftiger Weise da- durch bemerkbar, dass im zweiten Stock die Fenster und Zim- merwände in Bewegung geriethen und ein laut knirschendes Ge- räusch, wie mit einer Säge, sich hören liess. Leichte Gegenstände auf den Tischen und Schränken geriethen in hüpfende Bewe- gung. In den hinteren Zimmern vernahm man ein Rollen unter 233 dem Fussboden. In den unteren Etagen war die Bewegung min- der heftig. Im Rothen Collegium in der Ritterstrasse vernahm man ein rollendes Getöse unter dem Fussboden, eine Bewegung nach verschiedenen Richtungen gab sich kund, ein Regulator schlug an. In mehreren Häusern des Gerichtsweges wurde die Erschütterung so stark verspürt, dass die Bewohner vor Bestürzung aus den Häusern eilten. (E..B.) Neustadt, den 6. März. Heute Nachmittag zwischen */44 und 4 Uhr wurden in hiesiger Stadt an 5 verschiedenen Stellen Erdstösse in der Richtung von West nach Ost verspürt, von denen einer, der mittlere, 7 Secunden anhielt und in dem Hause des Beohachters die Schellen in Bewegung setzte. Das Firmament war dabei heiter und Luftströmung fast kaum vorhanden. Aus Münchberg in Oberfranken, den 6. März: Soeben, A Uhr 7 Minuten nach der Stadtuhr (Bahnzeit etwa 3 Minuten vor 4 Uhr), wurde hier ein bedeutender Erdstoss verspürt, begleitet von einem donnerähnlichen unterirdischen Getöse. Die nachstehende interessante Correspondenz geht uns noch zu: Naumburg, den 6. März. Heute Nachmittag 3 Uhr 50 Min. wurde hier eine ziemlich heftige, etwa 5 Secunden wäh- rende Erderschütterung in der Richtung von Süd-Ost nach Nord- West verspürt. Nach den übereinstimmenden Aussagen aller derer, die das Phänomen bemerkt haben und nach meiner eigenen Be- obachtung war die Erschütterung eine wellenformige und von einem dumpfen Rollen begleitet, als wenn ein schwer beladener Wagen rasch über das Pflaster hinführe. In den Häusern schwank- ten Gläser, Flaschen, Kaffeetassen u.s.w. auf den Tischen merk- lich hin und her, und die Bilder an den Wänden geriethen gleich- falls in schaukelnde Bewegung. Personen auf Stühlen und Sofa’s wurden emporgehoben und hin- und hergeschüttelt; mehrere bett- lägerige Kranke haben sich festhalten müssen, um nicht aus dem Bett zu fallen. Im Allgemeinen wurde die Bewegung in den hö- heren Stockwerken stärker verspürt als in den untern. Von Per- sonen, die sich gerade auf der Strasse befanden, ist sie weniger wahrgenommen worden, doch wurde sogar ein Postbote auf der Strasse umgeschleudert. Interessant sind die Angaben des Dom- thürmers. Die kranke Frau desselben hat schon einige Minuten, bevor die Uebrigen etwas bemerkten, eine Erschütterung verspürt und ängstlich gefragt, was sich nur bewege. Während des Phä- nomens haben die Domthürme sichtlich geschwankt, eine klei- nere Giocke hat in Folge der Schwingungen angeschlagen und die Gewichte der Thurmuhr haben sich ineinander verschlungen. In der Thurmstube geriethen zum grössten Schrecken der Anwe- senden alle Möbel und Geräthschaften ordentlich in eine hüpfende Bewegung und der Thürmer selbst, welcher gerade mit Zeitungs- lesen beschäftigt war, wurde von seinem Stuhle zu Boden gewor- fen, so dass alle geglaubt haben, es ginge zu Ende. In vielen 234 Häusern meinte man, Dach oder Keller sei eingestürzt, und eilte erschrocken auf die Strasse. Dass verschiedene altersschwache Schornsteine und Oefen in sich selbst zusammengefallen sind, braucht wohl nicht besonders bemerkt zu werden. Die auf den Dächern sitzenden Tauben flogen bei Beginn der Erscheinung scheu in die Höhe, flatterten ängstlich in der Luft herum und liessen sich erst wieder nieder, als alles ruhig war. Die Bahn- hofsbeamten waren bei dem Getöse sämmtlich auf das Perron ge- eilt, da sie glaubten, ein schwerbeladener Güterzug führe unan- gemeldet in den Bahnhof ein. Auf die Telegraphenleitung hat das Phänomen, so viel uns bekannt, keinen Einfluss gehabt. — Das am 6. März Nachmittags 3 Uhr 55 Min. in Halle und Umgegend stattgefundene Erdbeben, über welches wir gestern kurz berichteten, hat zwar nur einige Secunden gedauert, aber ziemlich stark sich bemerkbar gemacht. Wände, Fussböden und Zimmerdecken geriethen in schwankende Bewegung, welche auch den an den Wänden hängenden und auf den Tischen befindlichen "Gegenständen sich mittheilte; das unterirdische Geräusch glich dem eines schnell dahinfahrenden schweren Wagens. Die Bewe- gung ging von Südwest nach Nordost, der Wind war Südost, Thermometer: 1009, Barometer: 345,40. Erdbeben sind übrigens für Halle und Umgegend gerade keine Seltenheiten. Unser Chronist Dreyhaupt berichtet im I. Theil S. 612 fgg. über mehrere derartige Vorkommnisse. Professor Stiebritz, der einen Auszug und eine Fortsetzung des Dreyhaupt’- schen Werkes in den Jahren 1772 und 1773 veröffentlichte, bringt im I. Theil S. 711 fg. darüber nachstehenden Artikel: „So hat denn Halle und die umliegende Gegend verschiedene mahlen Erdbeben erfahren. Dergleichen lehret uns die Ge- schichte von 1012, 1088, 1409 und 1578 den 12. May, Mittags um 11 Uhr. Insonderheit ist Ao. 1598 den 16. Dec. früh ein Viertel auf 7 Uhr zu Halle ein grosses Erdbeben mit Blitzen ver- knüpft gewesen, dass die noch schlafenden darüber erwacht, und die auf dem Felde waren umgefallen sind. Eben dies weiss man von 1642 den 25. Jan. vor Sonnen Aufgang; von Ao. 1645 den 26. Aug. Abends um 6 Uhr; von Ao. 1668 den 13. Jan. Nachts um 12 Uhr; von 1670 den 22. Jan. Nachts um 1 Uhr. Ao. 1690 den 4. Dec. verspürte man zu Halle ein gelindes Erdbeben; hin- gegen ist es in Thüringen und Meissen desto schreckhafter gewe- sen. In Steuermark und Cärnthen sind gar ganze Städte und Dörfer dadurch ruiniret worden. Endlich “hat sich 1711 den 25. Oct. Abends nach 7 Uhr, sonderlich auf dem platten Lande zwischen Leipzig und Halle ein starkes Erdbeben vermerken las- sen, wodurch verschiedene Mauren grosse Risse bekommen. Ich übergehe neuere, die leichter gewesen sind.“ Im 11. Theil S. 772 fg. giebt Striebitz dazu noch folgenden Nachtrag: 235 „Am 18. Februar 1756 früh %/, nach 8 Uhr hat man allhier bey stillem Wetter, welches mit dem etliche Tage angehaltenen Sturm abgewechselt, eine leichte Erderschütterung verspüret. Es bemerkten sie zuerst viele Personen im Waysenhause, und des- sen Seitengebäuden linker Hand, auch im langen Gebäude und Pädagogio Regio zu einerley Zeit; doch vornehmlich nur in den obersten Stockwerken; in den untern aber, als im Buchladen und der Apotheke, hat man nichts empfunden. In den obersten Stock- werken nahm man auch mehr nichts als ein Wanken der Tische, eine Bewegung der an der Wand hangenden Schlüssel und der auf den Tischen stehenden Leuchter wahr. Zu gleicher Zeit hat sich solche Bewegnng auch in einigen Häusern auf dem grossen Berlin, und im Einhorne in der Schmerstrasse ereignet. Die Be- wegung ist von Süden nach Norden, oder von Norden nach Sü- den gegangen. Der T'hürmer meldete, dass er zwar in der Nacht um 3 Uhr bey dem starken Winde eine etwas heftige, aber nicht ungewöhnliche Bewegung der Thürme, um bemeldete Zeit aber bemerkt habe, dass sich zu seiner Verwunderung der Wind plötz- lich von Westen nach Osten gewendet. Die hiesige Erderschüt- terung ist an eben dem 18. Februar früh um halb 9 Uhr in Klo- sterbergen beobachtet worden, wovon an den Gebäuden, sonder- lich in der Hohe, die Wände, und was daran gehangen, als Uhren, Schlüssel ete. hin und her bewegt, auch ein Knacken der Balken in der Decke bemerket, und verschiedenen Perso- nen schwindlich geworden. Zu eben der Zeit ist dergleichen zu Lippstadt vorgefallen.‘“ Am 7. Juni 1857 hat in Halle ein leichter Erdstoss stattge- funden, der namentlich von dem Hausmannsthürmer bemerkt wurde. Das Erdbeben am 6. März ist auch in der Umgegend wahr- genommen worden, wie z. B. ziemlich stark in Döllnitz, Peissen u. a. ©. Aus Salzmünde erhalten wir die Mittheilung, dass Nach- mittags %/,4 Uhr auf der Eintrachtstube und in Salzmünde selbst eine schwache Erderschütterung bemerkt worden ist. Von entfernteren Orten liegen noch folgende Mittheilungen vor: Erfurt, den 6. März. Heute Nachmittag 3%/, Uhr wurde in hiesiger Stadt ein nicht ganz unbedeutender Erdstoss ver- spürt. Die Bewegung war so stark, dass Meubles schwankten, Wasser in Wasserflaschen sich bewegte, und dass vor Schrecken die Bewohner, namentlich der oberen Stockwerke, aus den Stu- ben liefen. Auf der Saline und nach auch schon aus Gotha eingetroffenen Nachrichten dort ebenfalls verspürt. Jena, den 6. März. Heute Nachmittag kurz vor 4 Uhr wurde unsere Stadt durch erdbebenartige Erschütterungen der Häuser in Schrecken versetzt. Das Erdbeben war mit unterirdi- schem Rollen verbunden, kam von Süden her und zog unter wel- ligen Stossbewegungen nach Osten hin ab; seine Dauer mochte 2—3 Secunden sein; die Windrichtung war südöstlich. 236 Weimar, den 6. März. Heute Nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr wurden hier zwei verhältnissmässig starke Erdstösse wahrgenommen. Rudolstadt, den 6. März. Heute Nachmittag 3 Uhr 52 Minuten wurde hier ein starker Erdstoss wahrgenommen. Zeitz, den 6. März. Am Mittwoch, den 6. d. M., Nach- mittags gegen 4 Uhr fand hier ein starker Erdstoss statt. Der- selbe dauerte wohl ca. 1 Secunde und hatte grosse Aehnlichkeit mit deın Rollen eines schwer beladenen Frachtwagens.. Der Bo- den zitterte, die Fenster klirrten und man konnte eine schwan- kende Bewegung einzelner hängender Gegenstände wahrnehmen. Die Aufregung unter den Bewohnern war gross, da im ersten Augenblicke Niemand an ein hier so seltenes Naturereigniss dachte. Chemnitz, den 6. März. Heute wurden hier um 3 Uhr 58 Minuten Nachmittags ein stärkerer und mehrere schwächere Erdstösse in der Richtung von Süden nach Norden verspürt. Die Dauer derselbe betrug eine halbe Secunde, Dresden, den 6. März. Heute Nachmittag 3 Uhr 53 Mi- nuten wurde hier eine ziemlich heftige, einige Secunden an- dauernde Erderschütterung bemerkt, welche auch in Pirna, Schan- dau und Bodenhach beobachtet wurde. Die Chronometer blieben stehen, die Galvanometer blieben unberührt. In Leipzig erfolgte der Erdstoss mit einem donnerähnli- chen Getöse begleitet. Auch in Meissen und auf allen Stationen der Leipzig-Dresdener Eisenbahn, alter wie neuer Linie, sowie auf der Linie Grossenhain-Cottbus ist der Erdstoss ebenfalls ver- spürt worden. Auf dem Leipziger Bahnhofe der Leipzig-Dresde- ner Eisenbahn machte er sich sehr heftig beinerkbar. — In Rei- chenbach i/V., in Crimmitzschau, Werdau, Glaucha, Hohenstein, hat sich der Erdstoss ebenfalls heftig bemerkbar gemacht. Das Erdbeben ist ausserdem sehr stark verspürt in Naum- burg, Merseburg, Weissenfels, Gera, auf dem Eichsfelde in Hei- ligenstadt, Worbis etc., während es in Torgau nur sehr schwach, in Cottbus wenig bemerkt wurde. Die neuesten Nachrichten über dies Naturereigniss erweitern den Bereich desselben ganz erheblich und zwar nach Südost und Nordwest hin. Aus Marienbad berichtet nämlich Herr A, Her- zig über eine heftige, 5 Secunden andauernde Erschütterung um 4 Uhr 2 Minuten Nachmittags. Aus Eger berichtet Professor O. v. Stainhaussen: Heftiges Erdbeben, Wellenbewegung nach Süd, etwa 12 Secunden andauernd, dabei zwei heftige, verti- cale Stösse, von welchen der zweite der heftigere war. Getöse wie von einem sehr schweren, mit Eisen beladenen Wagen. Zeit 3 Uhr 57 Minuten Nachmittags. Ferner wird der „N. Fr. Pr.“ telegraphirt: Prag, den 6. März. Heute Nachmittag uw 4 Uhr und um 6 Uhr 6 Minuten wurde in Prag und gleichzeitig laut Telegramm in Komotau ein Erdstoss verspürt, welcher eine 237 Secunde dauerte. Franzensbad, den 6. März. Heute Nach- mittag AU/, Uhr ziemliches Erdbeben von West nach Ost. Das- selbe dauerte an 3 Secunden, Andererseits fand in Göttingen am 6. März 3 Uhr 45 Minuten Göttinger Zeit ein Erdstoss von 8 Secunden Dauer statt. Auch in Bernburg und Cöthen ist, wie das Bernb. Wochenblatt meldet, der Erdstoss um 3%, Uhr bemerkt worden. In den Bergen bei Lobeda, sowie in Gera, wo sich der Stoss in drei kurzen, schnell aufeinander folgenden Pausen wiederholte, trat derselbe sehr heftig auf. Ebenso, wie bereits bemerkt, im Erzgebirge und Dresden, wo die Leute aus allen Gassen zusammenliefen und sich fragten: „Haben Sie was gehört, es gab einen Knaks vorhin in der Erde, Herrjeses nee, was is denn das gewesen, die Bilder an der Wand haben Sie gewackelt.“ Solche Redensarten gingen hinüber und herüber. Vor einem Hause in der Wallstrasse, an welchem ein Kalksprung bemerkbar, standen Viele versammelt: „,Ja, ja, das kommt vom Erdbeben !“ — So berichten die „Dresdener Nachrichten.“ Vom „Leipziger Tageblatt‘ wird übrigens gerade bei dieser Erderschütterung der Fulb’schen Theorie gedacht, nach welcher der Nähe des Mondes und in 2. Linie dem Neumonde eine Hauptrolle bei der Entstehung des Erdbebens zukommen sollen (Einwirkung der Anziehungskraft des Mondes auf das heissflüssige Erdinnere). Nun tritt zwar erst künftigen Sonnabend der Neu- mond ein, für die Mondnähe aber giebt das astronomische Jahr- buch den 6. März Nachmittags 3 Uhr (2'% bis 31% Uhr an, also fast genau den Zeitpunkt der Erderschütterung ! Auch aus Kassel und Görlitz liegen Nachrichten über das Erdbeben vor: Am letzten Orte war der Stoss ganz beson- ders heftig. Während der Schwurgerichtsverhandlungen wurde ein helles Knistern und Knacken in der Decke des Saales wahr- nehmbar. Alles stürzte nach den Ausgängen, so dass einzelne Personen zu Boden geworfen wurden. Ueber den Erdstoss in Böhmen liegen noch Nachrich- ten vor, dass die Erderschütterung in Joachimsthal um 4 Uhr 5 Minuten auftrat, in Brunnersdorf bei Kaaden um 4 Uhr (zwei Secunden während), in Duditz um 4 Uhr 15 Minuten (vier Se- cunden dauernd), in Teplitz gegen 5 Uhr (zwei bis drei Secun- den dauernd). Der Erdstoss scheint schwach gewesen zu sein. In Betreff des Erdstosses wird uns ferner von Erfurt nach- träglich mitgetheilt, dass derselbe auch in der Gegend des Kyff- häusers verspürt sei. Zugleich erhalten wir zur Ergänzung unse- rer Citate aus Dreyhaupts Chronik einige Auszüge aus der Erfurter Chronik von Falkenstein: „Anno 1346 war ein gewaltiges Erdbeben durch ganz Thü- ringen, davon die Berge einfielen, dass die Leute nicht mehr in den Städten, sondern auf dem Felde bleiben mussten. Dadurch 238 stiegen Dünste auf, dass eine gewaltige Pest folgte. In Erfurt starben allein 12,000 Menschen.“ Ferner: Anno 1690 wurde den 26. November ein starkes Erdbeben in Erfurt verspürt, achtmal bewegte sich die Erde und die Glocken schlugen zu St. Nicolai und St, Wigberti. Aus dem Jahre 1692 erzählt eine Nachricht von einem Erd- beben, welches eine Stunde angedauert hätte; und 1693 soll ein so starkes Erdbeben gewesen sein, dass auf St. Wigberti- Thurım Frau und Kinder umfielen. Zugleich wird von einem hef- tigen Sturme gesprochen, der grossen Schaden in den Wäldern gethan, alte Linden auf dem Walle entwurzelt und einen Heı- schreckenschwarm gebracht habe, so dass diese Thiere '/ Elle hoch gelegen hätten. Wir fügen hieran die folgenden, uns noch zugegangenen Berichte: Torgau, den 7. März. Gestern Nachmittag, zehn Minu- ten vor vier Uhr, wurden diejenigen Bewohner unserer Stadt, welche sich gerade in ihren Wohnungen befanden, durch drei Erdstösse in die grösste Aufregung versetzt. Dieselben folgten sich binnen 1—1'%5 Minute mit solcher Heftigkeit, dass nicht blos für das Gefühl merklich, sondern auch für das Auge s chtbar Wände und Möbel bebten und schwankten (oseillirten), während ein dumpfes Geräusch wie das Fahren von Lastwagen hörbar war. Namentlich in isolirt stehenden und mehrstöckigen Gebäuden sol- len diese Schwankungen schreckenerregend gewesen sein. Draus- sen war das herrlichste Frühlingswetter bei mässigem Luftzuge. Im Freien sich Befindende haben wenig oder nichts gemerkt, je- doch zum Theil das dumpfe Geräusch vernommen. Grüningen (bei Greussen), den 6. März. Heute Nachmit- tag kurz nach 4 Uhr wurde hier bei hellem Himmel und etwas Wind eine ziemlich heftige Erderschütterung verspürt. Dieselbe dauerte etwa 3 Secunden, während die Decken und Wände in den Häusern zitterten, Fenster klirrten und Mobel, selbst schwere Stücke, z. B. eine schwere Nähmaschine, sich hoben und beweg- ten. Der Schreiber dieses, am Fenster lehnend, wurde etwa einen halben Fuss durch den Stoss fortgeschleudert. Iım ganzen Orte liefen die Leute voll Schrecken auf die Strasse, weil sie den Einsturz ihrer Häuser befürchteten, doch hat sich, bgesehen davon, dass der Putz in den Häusern an einigen Stel en abge- fallen ist, ein Schade nirgends bemerkbar gemacht. Rittergut Krosigk, den 6. März. Der ziemlich starke Erd- stoss ist in sehr starkem Grade hier am Fusse des Petersherges zu spüren gewesen. Nachdem sich unmittelbar vorher ein hefti- ger Wind orkanähnlich erhoben, ist nach zwei leichteren ein sehr heftiger Erdstoss in vertikaler Richtung, mehrere Sekunden an- dauernd, erfolgt, dass Thüren und Fenster geklirrt haben. Mo- bel in zitternder Bewegung waren und Balken in Gebäuden ge- 239 knackt haben; selbst das Geflügel im Hofe und in der Luft ist in ängstlicher Bewegung gewesen. Am "Thermo - und Barometer ist keine Veränderf#ng bemerkt worden. Nebra a/U., den 6. März. Heute, 4 Uhr Nachmittags, wurde hier und in der Umgegend ein Erdstoss verspürt, der für die Dauer einer Secunde die Gebäude so erschütterte, dass in dem Zimmer des Einsenders Blumenäsche auf einem Blumen- tische zusammenklirrten und die Blumen lange in zitternder Be- wegung blieben, dass auf dem Boden, wo eine Person sich be- fand, einzelne Stücke Kalk vom Dache sich lösten und herabfielen, und die Balken des Daches erzitterten. Aehnliche Bemerkungen wurden auch von anderen Personen hier und in der Nähe ge- macht. Oberreichstedt, den 6. März. Heute Nachmittag unge- fähr °a4 Uhr wurde hier an mehreren Orten und von verschie- denen Personen ein Erdstoss beobachtet, welcher ' Minute lang anhielt. Die wellenformige Bewegung ging von Osten nach We- sten. Das Wetter war und blieb klar, der Wind wehte aus Osten. Es erregte dieses durch seine Intensität überraschende Er- eisniss augenblicklich alle Gemüther un so mehr, da Deutschland, das Herz Europas, historisch nachweisbar nur selten durch erwäh- nenswerthe Erderschütterungen heimgesucht wurde und die in den letzten Jahren in Südwest- und Westdeutschland wahrgenomme- nen durch den neuerdings bei uns in Frage kommenden Erdstoss an Heftigkeit: vollkommen erreicht zu sein scheinen. Es verdient bemerkt zu werden, dass solehen vereinzelten Erschütterungen erdbebenfreier Gegenden gewöhnlich der Ausbruch irgend eines bekannten Kraters, z. B. des Vesuvs, bald zu folgen pflegt. Vor- läufig ist es uns nur möglich, einzelne Beobachtungen aneinander- zureihen, wobei die Thatsache hervortritt, dass sich beim besten Willen, objeetiv zu sein, dennoch die individuellen Ansichten über Stärke, Zeitdauer, Richtung und Art der Bewegung oft auffällig widersprechen. Es liegt der ruhigen wissenschaftlichen Prüfung ok, Logik und Einheit in das Datenmaterial zu bringen. Vorläufig sei nur bemerkt, dass das Königreich und die Pro- vinz Sachsen, ferner die thüringischen Kleinstaaten hauptsächlich berührt wurden. Nach Norden wurde Berlin und Cottbus nur schwach, nach Osten Pirna, Schandau und Bodenbach, nach Sü- den Nürnberg, Hof, Asch und Schwäbisch-Hall, nach Westen Nordhausen und Heiligenstadt von dem Erdstoss getroffen. In Hof (in Baiern) wurden, wie man uns von dort schreibt, Nach- mittags 4 Uhr 1 Minute, Dresdener Zeit, zwei bedeutende, un- mittelbar auf. einander folgende Erdstösse wahrgenommen. In Dresden sind ebenfalls 2 Erdstosse wahrgenommen worden. Der letztere, von Süd-Ost nach Nord-West gerichtete und gegen 4 Secunden anhaltende, verursachte lebhaftes Schwanken frei be- weglicher Gegenstände. In Gera und Glauchau soll’s so stark 240 gewesen sein, dass Schornsteine eingestürzt sind, auch in Apolda sind Oefen eingestürzt. In Eisenach hingegen ist sehr wenig be- merkt worden. Wie man aus Geithain schreibt, wurde die Erderschütterung zugleich von einer dımpfen und starken Deto- nation in den Gebäuden begleitet. Unwillkürlich, heisst es in dem betreffenden Schreiben weiter, wird man daran erinnert, dass der Rochlitzer Berg, auf dessen letzter westlicher Abdachung die Stadt Geithain liegt, ein ausgebrannter Vnlcan sein soll, wie die Geognosten wohl aus seiner nach der Spitze zu kegelartigen und an mehreren Stellen eingedrückten Form in Verbindung mit seinem durchweg porphyrischen Gestein folgern. Das Chemnitzer Tageblatt hat Nachrichten erhalten aus Frei- berg, Stollberg, Crossen, Geithain, Schneeberg, woselbst Bilder von den Wänden fielen, ferner aus Narsdorf, dort konnte man in der Bahnhofsexpedition kaum auf den Füssen stehen. In Mee- rane flüchteten die Beamten der Bahnstation ins Freie, auch zer- brachen einige Fensterscheiben, in Hohenstein fiel in dem Saale einer Fabrik der Kalk von der Decke, ebenso in Lugau in einem Zimmer des Bahnhofes. In Penig soll eine Esse eingestürzt sein, ebenso in Glauchau ein Schornstein des Rathhauses. Directe Nachrichten gingen ihm auch zu aus Annaberg, Lichtenstein, Zwickau. Der ,‚Nordh. Ztg.“ sind aus Artern, Schlotheim, Franken- hausen, Bleicherode, Kehmstadt ete. Nachrichten zugegangen. An diesen Orten wurde der Stoss ebenfalls deutlich verspürt, in Kehm- stadt in der Richtung von Ost nach West. Von den beiden Thür- mern in Nordhausen hört das Blatt, dass die Schwankung eine bedeutende gewesen, so dass Gemälde, Spiegel etc. an den Wän- den, auf die der Stoss traf, sich von denselben ab, nach vorn stark bewegten. Nach dem Stosse hörte die bisherige Windstille auf und die Luft war stark bewegt. Auch in Berlin ist zur selben Zeit und Stunde das Erdbe- ben und zwar in verschiedenen Stadttheilen bemerkt worden. In einem Hause der Dorotheenstrasse, nahe der Sommerstrasse, spürten die Bewohner eine heftige Erschütterung, so dass sie einen Einsturz des Hauses befürchteten und schleunigst auf die Strasse eilten. Drei Personen, welche in einer Stube des Hauses Zimmerstrasse Nr. 5 sich befanden, sahen die Stühle und den Tisch bewegen und ein Herr, welcher auf dem Stuhle sass, fühlte ein förmliches Schaukeln desselben. Die Bewohner des Hauses Grossbeerenstrasse Nr. 10 wurden in grossen Schrecken versetzt; sie bemerkten alle gleichzeitig eine starke Erschütterung, ein Schwaken der Tische und Stühle und ein eigenthümliches Knacken der Wände, doch waren keine Sprünge oder Risse in den Mauern zu entdecken. Ein grosser schwankte hin und her und das um den Kaffeetisch versammelte Personal des Kaufmanns Richter wurde auf den Stühlen geschaukelt, während die Tassen 241 auf dem Tische klirrten. Eine in demselben Hause wohnende Mu- siklehrerin befand sich während dieser Zeit in der Alexandrinen- strasse und ertheilte Unterricht; auch sie bemerkte eine einige Secunden andauernde Erschüterung und der Stuhl, auf welchem sie sass, wankte. Nach Aussage eines Schutzmannes ist der Erd- stoss in eirca 30 Häusern in der Alexandrinenstrasse gleichzeitig verspürt worden. Ferner liegen Mittheilungen vor aus Stehlau a. E., Brand, Werdau, Crimitzschau, Gössnitz ete. Was die Zeit des Natur- ereignisses betrifft, so wurde dasselbe in Ronneburg erst nach 4 wahrgenommen. Das Thermometer stand an den meisten Orten auf 7'%0 R., dasBarometer zeigte keine Veränderung, es schwankte kaum um 3 Mm, Professor Bruhns, Director der Sternwarte, schreibt: Der Erdstoss wurde um 3 Uhr 55 Min. Nachmittags bemerkt und dauerte nur wenige Secunden. Ein heftiges Geräusch, gleieh- sam wie das Rollen eines schweren Lastwagens, wurde in der Richtung von Südwest nach Nordost wahrgenommen und einzelne Stösse wegen der Schnelligkeit kaum unterschieden. Zufällig standen einige Astronomen an Instrumenten und bemerkten an den Wasserwaagen derselben ein Hin- und Herschwanken von etlichen Bogensecunden, die Wasserwaagen kamen aber bald wieder zur Ruhe und die Erschütterung ging dem rollenden Geräusche vor- auf. Eine Veränderung des Standes der Instrumente, welche gleich in der Neigung untersucht wurden, zeigte sich nicht. Wir schliessen hieran die folgenden uns zugegangenen loca- len Nachrichten: Wittenberg, den 6. März. Aller Wahrscheinlichkeit nach macht mein Brief das Dutzend Erdbebennachrichten voll, aber Sie haben möglicherweise noch keine specielle Benachrichtigung aus der frommen Lutherstadt. Ja, es ist ein Factum, auch hier hat es heute Nachmittag, wie von den verschiedensten Seiten durch verantwortliche Vernehmung auf Spaziergängen und in den Kneipen festgestellt worden ist, erdgebibbert. Der Stoss fand etwa 5 Minuten vor 4 Uhr Nachmittags statt und hatte eine Dauer von 5—6 Secunden, so zwar, dass die Schwingungen je länger sie währten, desto stärker wurden. Nach meiner Ansicht ver- liefen die Schwingungen von Osten nach Westen und waren der- artig heftig, dass die Bilder in meinem Zimmer an den Wänden (kleinere allerdings) , besonders an der Westwand auf und nieder flogen. Bekannte haben die Bemerkung gemacht, dass Tassen und Gläser.auf dem Tische klirrten, Schlüssel an Schlüsselbret- tern perpendiculäre Bewegungen machten und aneinander klirrten. Man versichert hier in gut unterrichteten Kreisen, dass die Er- schütterung von dem heute bei der Berathung des Schulaufsichts- gesetzes plötzlich stattgehabten Einsturze oder vielmehr Zusammen- sturze des Herrenhauses in Berlin herrühre. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872, 16 242 Mühlhausen i. T'h., den 6. März. Heute Nachmittag 3° Uhr wurde hier und in der Umgegend ein ziemlich heftiger Erd - stoss verspürt, der sich in der Richtung von Süd nach Nord wellenförmig fortpflanzte. Die Bestürzung war begreiflicherweise allgemein eine grosse; übrigens ergab eine alsbald von Nordhau- sen hier eingetroffene telegraphische Anfrage, dass man dort zu nämlicher Zeit dieselben Wahrnehmungen no hier gemacht. Obernessa, 'k Stunde nördlich von Teeuchern, den 6. März. Heute Nachmittag, 5 Minuten nach 4 Uhr hatten wir hier ein Erdbeben, wie ich eins dergleichen (ich bin 64 Jahre alt) noch nie erlebt habe. Auf einem Stuhle neben einem Flügel, worauf ein Knabe spielte, sitzend, ward ich etwa '/%; Minute lang so in die Höhe gehoben, dass ich wähnte, die Dielen höben sich ein Paar Zoll hoch und 'senkten sich sehr schnell eben so tief. Nach Beendigung des Erdbebens sass ich wirklich vom Instrumente einige Zoll entfernter, als vorher. Während des ganzen Actes kam es mir vor, als wenn an alle Thüren im Hause mit Häm- mern geschlagen würde, so dass das Wagengerassel ein Nichts dagegen war. Ich lief sofort in die Nebenstube über die Haus- flur zur Herrschaft, einem Gutsbesitzer. Derselbe hatte auf dem Gestein von der Erschütterung bei seiner Beschäftigung nichts gespürt, sondern nur das Gerassel gehört. Seine Frau und Toch- ter hingegen, welche in der Nebenstube waren, wurden ebenso auf ihren Stühlen gerüttelt, wie ich am Flügel. Wir liefen alle sogleich auf die Strasse, wo wir mehrere Frauenspersonen an- trafen, welche uns fragten, ob wir auch so, wie sie, gehoben und gerüttelt worden wären. Von da gingen wir in den Garten, welcher hinter der Scheune liegt, und hörten von den zwei da- selbst arbeitenden Mägden, dass der Putz in kleinen Stücken von der Gutsscheune und der Nachbarscheune gefallen sei, die Bäume sich aber sehr bewegt hätten und die Erde hin und her gerüttelt habe. Am Himmel war kein Wölkchen, und es regte sich bis zum Erdbeben kein Lüftchen. Der "Thermometer Reaumur zeigte netto 10 Gr. im Schatten, und das Barometer war seit früh, zu welcher Zeit es auf gut Wetter stand, auf Veränderlich schon gegen Mittag gefallen. "Nachträglich sei och erwähnt, dass meh- rere Personen, selbst im entferntesten Theile des Dorfes dasselbe erfahren haben und die Thurmuhr, welche still stand, geschlagen habe. Lorenz, Lehrer. Frankleben bei Merseburg, den 6. März. Heute Nach- mittag um °/44 Uhr wurde auf dem Oberhofe ein Erdstoss ver- spürt, der besonders auf der westlichen Hälfte des herrschaftli- chen Hauses sehr deutlich gefühlt wurde. Hebung und Senkung dauerten ungefähr eine Sekunde, und es schien, als ob das Haus in sich ‚zusammenstürzen eh auch wurde ein dumpfes Rollen gehört. Der Stoss kam ungefähr von Norden und ging nach Süden hin und istauch in dem südlich gelegenen Runstädt verspürt worden. 243 Teutschenthal, den 6. März, Heute Nachmittag um 3 Uhr 55 Minuten fand hier eine Erderschütterung statt. Dieselbe erstreckte sich in der Richtung von Osten nach Westen, war nur einen kurzen Moment fühlbar, jedoch so heftig, dass die Gegen- stände im Zimmer, z. B. Spiegel und die auf dem Tische ste- henden Tassen, sich bewegten. Auf angestellte Nachfrage ist auch auf verschiedenen Gruben, Henriette und Louise die Wahr- nehmung gemacht worden. (Abweichung des Baroıneters vier Li- nien, die der Magnetnadel wurde nicht sichtbar.) Stuttgart, den 7. März. In Schwäbisch-Hall wurden gestern um 4 Uhr mehrere Erdstosse beobachtet. hiteratur. Allgemeines, Stiebing, Naturwissenschaft gegenPhi- losophie, Eine Widerlegung der Hartmann’schen Lehre vom Un- bewussten in der Leiblichkeit, nebst einer kurzen Beleuchtung der Darwin’schen Ansicht vom Instinet. New York 1871. — Der Standpunet des Verf. zeigt sich in folgender Stelle der Vorrede: „Ich habe mir die Aufgabe gestellt, zu zeigen, dass Philosophie und Naturwissenschaft zwei polare Gegensätze sind, welche nicht mit einander vereinigt werden kön- nen.“ Und nachher erklärt er eine Philosophie, die einen Sammelpunct für die übrigen Wissenschaften bilde, in dem sie ihre Ergebnisse zur gemein- samen Verarbeitung niederlegten, geradezu für unmöglich, weil die Masse des menschlichen Wissens zu gross sei und zu rasch wachse. Wir können uns mit diesem Standpunecte durchaus nicht einverstanden erklären und ver- zichten daher auf eine specielle Besprechung der Schrift, die übrigens manches interessante enthält und manche Irrthümer Hartmanns ans Licht bringt. Bei dem grossen Interesse, welches Hartmanns Philosophie des Unbewussten erregt hat, wird der Verf. des vorliegenden Schriftchens si- cher manchen Angriff erleiden; wir müssen uns damit begnügen, unsere Leser auf das Erscheinen desselben aufmerksam zu machen. Ed. Hagenba'ch, die Zielpuncte der physikalischen Wissenschaft. (Rectoratsrede in Basel.) Leipzig bei Vogel 1871. „Die Erklärung der Erscheinung der unorganischen Natur‘ wird gewöhn- lich als Aufgabe der physikalischen Wissenschaft angegeben; aber das Wort erklären kann bedeuten entweder das Beantworten der Frage: warum? oder der Frage wozu? Die zweite Frage ist einstweilen (aber nicht prinecipiell) von der Physik ausgeschlossen, so dass vermöge dieser selbst aufgelegten Beschränkung nur die Erklärung der Erschei- nungen uach dem Causalzusammenhang als Aufgabe der Physik zu be- trachten ist. An die Ausführung dieser Gedanken schliesst sich eine Auseinandersetzung über den Begriff der Naturgesetze und der Theorien, 11022 244 welche einerseits als Zusammenfassung bekannter einzelner Gesetze anzu- sehen sind induction andererseits aber auclı zur Dedueirung von Natur- gesetzen dienen sollen, Sehr berechtigt ist dabei der Tadel gegen die. jenigen sogenannten ‚‚neuen Theorien“, welche weiter nichts sind als Um- schreibungen der Thatsachen durch gelehrte Worte. Daran schliesst sich die prineipielle Besprechung der Gesetze und Theorien der Mechanik, von den Kepler’schen Gesetzen und der Newton’schen Tlieorie bis zu der mo- dernen mechanischen Wärmetheorie von Mayer, Joule, Helmholtz u. a. Nach dieser Entwickelung der physikalischen Wissenschaft sind wir zu der Behauptung berechtigt, dass nur mechanische Theorien uns wirkliche Er- klärung der Erscheinungen der unorganischen Natur geben können. Von der Zurückführung aller Naturerscheinungen auf die den Atomen inwoh- nenden Kräfte sind wir aber noch ganz ausserordentlich weit entfernt. Sbg. Dellinghausen, Grundzüge einer Vibrationstheorie der Natur. Reval, Franz Kluge 1872. — Der Verf, geht von der jetzt allge- mein anerkannten Ansicht aus, dass die Wärme eine innere Bewegung des Körpers sei und zwar eine Vibrationsbewegung, und sucht nachzuweisen, dass die wichtigsten Naturerscheinungen Folgen von Vibrationsbewegun- gen seien. Er spricht zuerst von den Gasen (Begründung des Mariotte’- schen Gesetzes), von den Flüssigkeiten und Dämpfen, von den festen Kör- pern, über das chemische Verhalten der Körper, über Elektrieität und Magnetismus, und über Gravitation und Schwere. Es ist nicht zu leug- nen, dass der Verf. von allgemein anerkannten Wahrheiten ausgehend seine Ansichten mit gross:m Geschick vorträgt und es ist höchst inter- essant, wie er qualitative und quantitative Verschiedenheiten der Körper, ihre verschiedene Dichligkeit, ihre Temperatur, ihre speeifische Wärme ihre Zusammensetzung, ihre Aggregatzustände, die Krystallbildungen, die Allotropie, Isomerie, Metamerie, Polymerie u. s. w. auf die rein quanlti. tativen Unterschiede in der Dauer und in der Intensität der Wärme- vibrationen, sowie auf die verschiedene Zusammensetzung, Anordnung und Beschaffenheit der stehenden Wärmewellen oder der „Vibrations- Atome‘ zurückführt ; fast noch interessanter ist es, dass er alle Kräfte welche bisher in der Naturwissenschaft als die Ursache der Erscheinungen galten — die Cohäsions- und Expansionskraft der Körper, die Schwere die Gravitation der Weltkörper, die Affinität, die electrischen und magne- tischen Kräfte u. s. w. durch Wellenbewegungen erklärt. Auf Ein- zelheiten in der Behandlung einzugehn verbietet uns der Raum, aber den Schluss des Werkes, in dem der Verf. vom Hegel’schen Standpunkte aus die Grundzüge einer Naturphilosophie entwirft, müssen wir doch noch her vorheben. Er zeigt da, dass alle Erscheinungen, welche wir mit unsern Sinnen wahrnehmen (Schall, Lieht, Wärme etc.) auf Bewegungen hindeu- ten, und dass wir mittels unserer Sinne nur Vibrationsbewegungen wahr- nehmen. Soweit wird wohl jeder Naturforscher ihm beistimmen; der Verf. geht aber weiter: Weil wir durch unsere Sinne von den Körper u nur erfahren, dass sie die ausgedehnten Ausgangsorte von Vibrationsbe- wegungen sind, so hält er die Welt nur für eine Erscheinung, welcher 245 das Nichts zu Grunde liegt; mit der realistischen Materie verschwinde dann natürlich die schwierige Frage nach ihrem Wesen, die den Philo- sophen von jeher soviel Kopfzerbrechen gekostet hat, ganz von selbst. Dagegen wird es zur Aufgabe der Naturpbilosophie anerkannt, wie die Welterscheinung durch Bewegung aus dem Nichts hervorgehe. Dies ver- sueht er denn auch in den letzten Paragraplıen des Buches durchzuführen und kommt dabei zu dem Schluss: „Nur das Nichts ist nothwendig — durch seine Ursachlosigkeit; die realistische Materie ist unmöglich, weil sie einer Ursache bedarf, die nicht vorhanden ist“. — Wir meinen, dass der vom Verf. gegebene Beweis von der Nichtexistenz der Materie doch noch nicht stichhaltig ist; es ist ja wahr, unsere Sinne geben uns nur Bilder der äussern Objecte, Bilder, die eben nur durch Vibrationsbewe- gungen ausser uns, und in unserm Nervensystem erzeugt werden, und die dem Wesen der Dinge so wenig gleichen, wie etwa der Titel eines Buches dem Buche selbst. Aber daraus, dass wir uns keine genügende Auskunft über das Wesen der Materie geben können, den Schluss zu ziehen, dass die Welt eben nur eine Erscheinung ohne Materie sei — das scheint mir ein ähnlicher Schluss zu sein, wie der von Kant, der zuerst nach- weist, dass Zeit und Raum subjective Kategorien sind und damit die ob- jeetive Existenz derselben widerlegt zu haben’ glaubt, und weiter: der Verl, stellt den Satz auf: „das Wesen der Materie ist bewegte Ausdeh- nung‘. Also Bewegung und Ausdehnung ohne etwas Bewegtes und Aus- gedehntes! Wir glauben, der Hr. Verfasser würde sich mehr Zustimmung unter den Naturforschern erwerben, wenn er sich nur wenig anders aus- gedrückt und etwa gesagt hätle: „Wir wissen vom Wesen der Materie niehts anderes, als dass sie Bewegung und Ausdehnung hat,“ Denn wie sich das Nichts bewegt und dadurch die Welterscheinung hervorruft, das zu begreifen dürfte den Naturforschern ebenso schwer sein, wie dem Hegelsehen Philosophen die Annahme einer nur endlichen Theil- barkeit der Körper und der von Aussen in die Materie hineingepflanzten Kräfte unfassbar erscheint. — Diese Bemerkungen beziehen sich natürlich nur auf den letzten Abschnitt. Der weitaus grösste Theil des Werkes verdient auch bei denjenigen Mathematikern und Physikern, welche sich nicht für Naturphilosophie interessiren Beachtung zu finden. Hansemann, Die Atome und ihre Bewegungen; ein Ver- such zur Verallgemeinerung der Krönig-Clausius’schen Theorie der Gase. Cöln und Leipzig bei E.H. Mayer 1871. — Dies Buch ist mit dem soeben besprochenen in einer Beziehung verwandten Inhalts, in einer andern steht es ihm diametral gegenüber. Beide wollen alle Naturerscheinungen auf Bewegungen kleinster Theilchen zurückführen, aber während der Herr Baron Dellinghausen die Existenz der Materie und realer Atome leugnet, baut Gustav Hansemann eine ganze Theorie auf der „Annahme eines nur aus Raum und Materie bestehenden Weltalls auf und setzt voraus, dass die Materie aus sehr kleinen Kugeln bestehe, die er Atome nennt. Diese Atome sollen zwar nicht unendlich klein sein, aber die unendlich kleinen Theilchen, aus denen es besteht, sollen eine unveränderliche Lage zu einander haben. Es bleibt demnach in dem von Hansemann angenomme- 246 nen Weltall nur eine Art der Veränderung übrig, die der gegenseitigen Lage der Atome. Neben den Körperatomen nimmt der Verf. auch noch Aetheratome an und aus der gegenseitigen Einwirkung (Stoss) der Atome aufeinander werden dann alle möglichen Erscheinungen der anorganischen und organischen Natur erklärt. Gegen den Vorwurf des Materialismus, der hiernach wohl berechtigt erscheinen könnte, scheint der Verf. sich von vornherein schützen zu wollen, indem er sagt, er untersuche die Er- scheinungen, die in.einem Weltall von der bezeichneten Beschaffenheit vor sich gehen können; ob unsere Welt mit seiner hhypothetischen über- einstimmen soll, ob die Menschen mit zu den von ihm besprochenen In- dividuen gehören, das sagt er direct nirgends. Man merkt aber doch mitunter deutlich, dass er die Verhältnisse unserer Welt direct im Auge gehabt hat, z. B. finden sich in $. 123 und 144 offenbare Hindeutungen auf die Entstehung der Arten im Sinne Darwins u. s. w. — Im Ganzen macht das Buch den Eindruck wie ein mechanisches Problem, welches ein Mathematiker behandelt, ohne dabei besondere Rücksicht auf praktische Verhältnisse zu nehmen; es fehlt durchaus nicht an interessanten Par- tieen, aber der Verfasser hätte unseres Erachtens nach das Interesse er- höht, wenn er sein Werk weniger abstract gehalten hätte. Sbg. Physik. A. Kundt, über anomale Dispersion V. (Die frühern Mittheilungen siehe im vorigen Jahrgang Bd. 38, S. 188. 466. 468.) Verf. hat jetzt.für einige Substanzen, die das Phänomen der anomalen Dispersion zeigen, die Brechungsexponenten möglichst genau bestimmt, und zwar sowol mil einem Prisma von 45% als auch mit einem von 25°. Danach ergeben sich nach der Methode mit den gekreuzten Prismen z. B. für Fuchsin (gewöhnliche, käufliche und nicht ganz concentrirte Lösung) für die einzelnen Fraunhoferschen Linien folgende Werthe: Rechnungsexponent Linie des Alkohols der Fuchsinlösung Differenz. A — 1,3818 — @ 1,3836 1,3845 0,0209 B 1,3642 1,3873 —+-0,0231 C 1,3649 1,3918 0,0269 D 1,3667 1,3982 * 0,315 F 1,3712 (1,3613) —_ G 1,3750 1,3668 —0,082 H — 1,3759 — $ Der Exponent für D konnte nicht ganz genau bestimmt worden; der eingeklammerte Exponent gilt für das äusserste nicht absorbirte Blau, welches ungefähr bei F liegt. Bei einer concentrirten Lösung wurde direct durchs Prima ermittelt B = 1,3898; C = 1,3939 H = 1,3783 Ausserdem wurden die Exponenten für Cyanin und für übermangan- saures Kali bestimmt. Mit den Zahlen, die Christiansen (siehe Bd. 38, voriger Jahrgang, Seite 467 dieser Zeitschrift) gefunden hat, stimmen die Kundt’schen allerdings nicht vollständig überein, was u. a. auch an der Verschiedenheit des Materials liegen kann, Mit den von Kundt 247 aufgestellten theoretischen Ansichten sind Christiansens Zahlen nicht im Widerspruch. — (Poyg. Ann. 145, 67 — 80) Sbg. J. J. Müller, über die Tonempfindungen. Schon Ilelmholtz hat am Schluss des 7. Abschnitts seiner „Lehre von den Tonempfindungen“ darauf aufmerksam gemacht, dass einfach Töne, wenn sie sehr stark sind, im Ohre subjective harmonische Obertöne hervorbringen können. Der Verf. der vorliegenden Untersuchung geht auf diese subjectiven Obertöne speeieller ein, sowol in theoretischer als auch in experimenteller Beziehung. Zuerst macht er auf die Analogie mit den Aetherschwingungen aufmerksam, die ja auch im Auge stets alle 3 Grundfarben zugleich anregen; dann zeigt er, wie man die Nervenfasern eines Ohres für die Obertöne eines bestimm- ten Tones ermüden kann und wie dann dieser Ton (etwa eine Stimmgabel) eine noch leerere Klangfarbe haı als sonst. (Der Versuch entspricht dem bekannten Versuch, dass eine Grundfarbe durch Ermüdung der beiden andern Faserarten noch gesättigter erscheint.) Im 2, Abschnitt der Ab- handlung ist davon die Rede, dass innere Empfindlichkeit für Töne von verschiedener Höhe verschieden ist und dass daher die „absolute Tonhöhe“ nicht ohne Einfluss auf die Klangfarbe ist. Die Frage nach dem Character der Tonarten wird aber dadurch nicht erschöpft; wenn nämlich zwei Claviere z. B. so gestimmt, dass das C' des einem dem D des audern gleicht u. s. w., so ist innerlich die Frage offen, warum das C’dur des ersten einen andern Character hat als das Ddur des andern. Helmholtz bespricht diese Angelegenheit im Anfange des 16. Abschnittes seiner „Lehre von den Tonempfindungen‘‘ und es wäre zu wünschen, dass die- selbe einmal einer gründlichen experimentellen Untersuchung durch Phy- siker und Musiker unterworfen würde. — Der dritte Abschnitt der Müller’schen Untersuchung handelt von den durch die subjeetiven Obertöne hervorgerufenen Schwebungen und Combinationstönen. Helmholtz hat die Combinationstöne höherer Ordnung bei harmenisch zusammengesetzten Klängen als einfache Combinationstöne der Obertöne gedeutet; Müller nimmt diese Deutung auch für solche Combinationstöne bei einfachen Tönen in Anspruch und erklärt sie durch die subjectiven Obertöne; er macht dies durch die zur subjeetiven Existenz dieser Combinationstöne wahrscheinlich. Aehnlich verhält es sich mit gewissen Schwebungen, die man bis jetzt als Schwebungen von Combinationstönen aufgefasst hat, die aber naturgemäss als Schwebungen der subjectiven Obertöne zu betrachten sind. — (Verhandl. der Gesellsch. d. Wissenschaft zu Leipzig, math.- phys. Classe. 1871, 115 — 124.) Sbg. J. J.Müller, Ueber eine neueAbleitung desHauptsatzes der Psychophysik. — E. H. Weber hat gezeigt, dass die Unter- schiede gleichartiger Sinnesempfindungen gleich sind, wenn die Reize ein constantes Verhältniss haben, mit andern Worten, dass die Stärke der Empfindung in einer arithmetischen Reihe steigt, wenn die Intensität der Reizes in einer geometrischen Reihe wächst, Fechner hat in seiner „Psychophysik“ diess Gesetz so ausgedrückt, dass die Empfindung dem Logarithmus des Reizes proportional sei. Die Richtigkeit dieser Gesetze ergiebt sich aus den Weber’schen und Fechner’schen Beobachtungen, 248 es ist eben nur ein Ausdruck von Thatsachen. J. J. Müller zeigt in der vorliegenden Abhandlung, dass dies Gesetz auch als ein nothwendiges zu betrachten ist, indem er es aus den Bedingungen ableitet, welche aus der Forderung der möglichst vortheilhaften Folgen für den Organismus ent- springen. Fechner’s psychophysischer Hauptsatz ergiebt sich demnaclı als eine Consequenz aus dem Prineipe der praktischen Wahrheit unserer Walır- nehmungen und Vorstellungen. — (Ebda 1870. 328 — 337.) Sbg. Chemie. Detmer, die natürlichen Humuskörper des Bodens und deren landwirthschaftliche Bedeutung. — Diese im Knopschen Laboratorium ausgeführten Untersuchungen berühren eine Frage, welche vom wissenschaftlichen Standpunkte aus betrachtet, noch zu einer der wenigst aufgeklärten gehört. Denn wenn auch verschiedene Chemiker, wie Saussure, Sprengel, und namentlich ausführlich Mulder schon mit Feststellung der Eigenthümlichkeiten und der chemischen Zusam- menselzung der Humuskörper sich beschäftigt haben, so waren doch die erhaltenen Resultate so schwankend, dass ein späterer Bearbeiter, Her- man, z. B. schon die Mulderschen sämmtlich N-enthaltenden Humusverbin- dungen Quell- und Quellsalzsäure, Humussäure und Humiu, Ulminsäure und Ulmin, in dunkelm oder hellen humosen Boden enthalten, nicht wie- der erhalten konnte und statt dessen, je nach ihrer Ausziehbarkeit durch HO, NaOä oder Alkalien 1) Holzquellsäure, 2) Torfquellsäure, 3) Acker- quellsäure, 4) Paraquellsäure, 5) Torfsäure, 6) Tulaackersäure, 7) si- birische Ackersäure, 8) Paraquellsalzsäure, 9) Auitrohumussäure, 10) Zucker- humussäure, 11) Metahumussäure, und als unlösliche 12) Anitrohumin, 13) Nitrohumin,, 14) Nitrolin annahm, sämmtlich meist N-haltige Körper, und zumeist mit den colossalsten Formeln. — Dass die scheinbar so wich- tige Frage, nach den Wirkungen der Humuskörper, denn Laien halten ja den humöseren Boden für den fruchbareren, so spät erst von der Agri- eulturchemie wieder einmal aufgenommen wird, hat seinen Grund darin, dass man nach Thaer, dem Begründer der Humustheorie, dieselbe verlas- “ sen und die Hauptbedingungen des Wachsthums pflanzlicher Organismen, speciell der Ackerfrüchte, in der Gegenwart verschiedener anorgani- scher Stoffe gefunden hat. Nun sind aber an der Ackerkrume noch ver- schiedene Erscheinungen, theils physikalischer wasserhaltender Kraft, theils chemischer Natur (Absorption von Salzen und Gasen) beobachtet worden, die in zweiter Linie zum Wachsthum und Gedeihen der Pflanzen nothwen- dig sind, und da wir ja auch immer sahn, dass im Haushalte der Natur alles so weise eingerichtet ist, dass nichts überflüssiges existirt, sondern alles an seiner Stelle seinen Theil zum Gedeihen des Ganzen beizutragen hat, deshalb ist das Forschen immer weiter geboten und eine dadurch entstandene Arbeit über Humuskörper ist es eben, deren einfache und schöne Resultate hier berichtet werden, — Der Verfasser erschöpft bej gewöhnlicher Temperatur humose Erde, d. h. solche mit einem grösseren Gehalte an organischer Substanz mit verdünnter Potaschenlösung, und fällt aus dem intensiv roth gefärbten Filtrate die rohe Huminsäure mit Chlor- wasserstoffsäure als fluckigen fast schwarz gefärbten Niederschlag. Nach dem Auswaschen wurde sie wiederholt in Kalilauge gelöst und wieder mit 249 HCl ausgefällt: die ausgewaschene und getrocknete Huminsäure hatte noch 1,076°%, Asche, aus SiO,, CaO, Mg0, Fe,O, bestehend. Durch Lösen der Substanz in NH, und tropfenweisem Zufügen von Ox, PO, und NH,S wur- den die anorganischen Verunreinigungen ausgefällt, und die wiederholt aus- geschiedene und ausgewaschene Säure zeigte sich nun aschenfrei, hatte aber dagegen einen ziemlich. beträchtlichen Gehalt an N(1,504°/,). Zu untersuchen war nun, ob dieser (nach Mulders Ansicht) als NH, darin vorhanden sei, und ‚zur Constitution der Säure gehöre, oder ob er eine verunreinigende Verbindung darstelle. Weder durch Behandlung mit KO und Prüfung mittelst des Nesslerschen Reagenses (Jodkaliumquecksilber HgJ, KJ unter Abscheidung von Jodhydragyrammonium) NHg4J, noch durch Behandlung mit bromirter Lauge im Azotometer war NH, nachzuwei- sen. Deun wenn bei letzterer Behandlungsweise auch 0,3520, N gefunden wurde, so darf daraus noch kein Schluss auf NH, gezogen werden, denn erstens istäder,geringe Gehalt an N kaum zum 4. Theile gedeckt, zwei” tens werden eine grössere Menge N-haltiger organischer Substanzen, die kein NH, enthalten, älınlich zersetzt. Ref. erinnert an die Harnsäure, Leu- cin, Tyrosin. Nach des Verfassers Ansicht ist also die Annahme Mulders zu verwerfen, dass Nals NH, in der Huminsäure oder Ulminsäure vorhan- den sei. — Die nächste Aufgabe war nun, die N-haltige organische Verun- reinigung zu entfernen. Die verschiedensten Wege wurden dazu einge- schlagen. Behandeln mit unterbromigsaurem Natron, mit NO,, Fällen der Lösung mit Metalloxyden, die wie ZnO die Eigenschaft haben, Nhaltige Materien zu fällen, Behandeln mit Alkohol, nichts wollte zum Ziele füh- ren, Endlich fand der Verfasser im Na0,2C0O, einen Körper, der die Hu- winsäure leichter löste, in der PO, und A Säuren, die die unreine Substanz _ etwas mehr lösten als HCl. Durch aufeinander folgende Behandlung er- hielt denn auch der Verfasser ein Präparat mit 0,79%, N. Durch Behan- deln mit viel HO, und Fällen der Lösung mit HCl endlich gelang es, das Minimum des N gehaltes 0,179%, zu erreichen, Die so erhaltene Sub- stanz, bei 120° getrocknet, enthielt 59,62 °/,C, 4,66°/, H. — Mochte nun die Huminsäure derartig aus den verschiedensten Erden, hellbraunem bis schwarzem Torfgenommen sein, immer zeigte sich dieselbe Zusammensetzung, C.0H5,0g7, wobei das Aequivalentgewicht aus der Analyse des AgOsalzes gefunden worden war. Der Muldersche Unterschied von Huminsäure und Ulminsäure wäre sonach nicht existirend. — Die Huminsäure ist nach dem Verf. eine glänzende schwarze Masse von glänzendem Bruch, zerrieben braun, absolut amorph, und stellt frisch gefällt eine sehr voluminöse Masse dar, die bis 91,70/, HO enthalten kann. In HO ist die lufttroekene Säure sehr schwer löslich (1 Theil in 13784 Tb. HO), wasserhaltig dagegen löst sich 1 Theil in 8333 Th. HO von 6°, in 3571 Th. von 18°, in 625 Th. von 100°. Säuren, Salze lösen nur Spuren. Sie vermag CO, auszu- treiben und bildet überhaupt eine Reilıe wohl characterisirter Salze, so mit NH, mit Ca0O. Da die Huminsäure bei langsamer Zersetzung CO, lie- fert, so kommt Verfasser durch Zahlen von Elemeutar-Analysen verschie- dener Torfe von verschiedener Tiefe zu den Sätzen: 1) Torfe werden bei fortschreitender Zersetzung reicher an Asche, unter Verlust von HOundCO,, 250 reicher an N, relativ reicher au C, ärmer an H und O0. — In den tieferen Schichten schreitet die Zersetzung langsamer fort, wegen mangelnden Sauerstoffs. — Endlich ist noch zu bemerken, dass auch Verfasser neben Humussäure und dem nicht chemisch zu characterisirenden sehr schwer löslichen Humin, noch eine Menge anderer Huminstoffe zugiebt, die aber nur in äusserst geringer Menge im Boden sich befinden. Die landwirth- schaftlich wichtigen Eigenschaften der Huminsäure findet der Verfasser nun in Folgendem begründet. Durch die dunkle Farbe derselben wird dem Boden eine grössere Menge Wärme zugeführt, die allerdings ziemlich rasch verschwindet, indem der Humus eine ziemlich hohe specifische Wärme hat und ein anderer Theil durch Bodenwasser latent wird. Ist nun aber Hu- mus z. B. mit Sand gemischt, in gewissen Verhältnissen, so wird die Erwärmungsfähigkeit nicht in dem Maasse deprimirt, wie es der Wärme- eapacität des Humins entspricht, da hier die Färbung, die durch geringe Mengen Humus schon sehr intensiv sein kann, mitspricht. Weiter führt der Verfasser auf die schon erwähnte Fähigkeit der Huminsäure, grössere Mengen HO festzuhalten, auch experimentell, bei wechselnden Gemischen von Land und Torf die wasserhaltende Kraft des Bodens zurück. Dann findet der Verf. in der Huminsäure die Bedingung der bekannten Absorp- tion des NH, durch Boden; als er mit NH, geschwängerte Luft über Torf leitete, zeigte sich fast alles NH, als absorbirt. Auch den Grund der Ab- sorptionserscheinungen von Salzen findet Verf. in der Gegenwart des Hu- mus, da er ja die Fähigkeit habe, HO also auch wässerige Salzlösungen zu fixiren. — Eine Hauptrolle spielt weiter der Humus durch seine Zer- legung in CO,, die wieder aufschliessend auf mineralische Stoffe wirkt. Dagegen kann ein zu grosser Gehalt an Humus auch wieder schädlich wir- ken, einestheils indem er den Boden zu feucht werden lässt, anderntheils indem dann bei mangelndem Luftzutriti die sich oxydirende Huminsäure Reductionserscheinungen hervorrufen kann, die ja auch schädlich auf die Pflanzen wirken_können. Ich erinnere nur an sich bildendes FeS und HS. Endlich wendet sich auch der Verfasser zu der früher so lebhaft ventilir- ten Frage, ob der Humus ein directer Pflanzennährstoff sei, d. h. ob er als solcher von der Pflanze aufgenommen werden könne. Er verneint sie entschieden hauptsächlich aus dem Grunde, weıl den Huminlösungen jedes Diffusionsvermögen abgehe, die Bedingungen des Eintretens in die Wur- zelhärchen also fehlen. Practische Betrachtungen, über Erhöhung des Hu- musgehaltes eines Bodens, wobei Verf. hauptsächlich zweckmässige Frucht- folge hervorhebi, schliessen die interessante und reichhaltige Abhandlung. — (Landwirthsch. Versuchsstation Novbr. 71.) Jani. IraRemsen, Einwirkung von schmelzendem Kalihydrat auf Sulfoxybenzoesäure. — Bei Untersuchung der Anomalien die in der Bildung der Protocatechusäure aus Oxybenzoesäure und der Bildung des Brenzeatechins aus Protocatechusäure sich zeigen, schien es möglich, dass eine der beiden Bildungsweisen der Protocatechusäure bei wiederhol- ter Prüfung sich als unrichtig erweisen könnte. An der Bildung aus Para- oxybenzoesäure war kein Grund zu zweifeln, da diese aus Anissäure dar- gestellt wurde und an die Entstehung zweier isomerer Säuren dabei kaum 251 zu denken ist. Ausserdem besitzt die Paraoxybenzoesäure bessere Eigen- schaften als die Oxybenzocsäure und fremde Beimengungen lassen sich viel leichter in ihr als in der Oxybenzoesäure erkennen. Bei der Reaction mit letzter aber war der Fall anders, Schon die Darstellungsweise der Sänre aus Sulfobenzoesäure liess es möglich erscheinen, dass die bishe- rige Oxybenzoesäure kein chemisches Individuum sei und Verf, fand in der That, dass sie wie die Sulfobenzoesäure ein Gemisch ist, Er stellte voll- kommen reines saures sulfobenzoesaures Baryum dar und benutzte zur Dar- stellung des Kaliumsalzes nur gut ausgebildete Krystalle. Dies wurde mit Kalihydrat geschmolzen und so eine unzweifelhaft reine Oxybenzoesäure gewonnen und mit dieser der Versuch von Barth wiederholt. Abweichend von diesem erhielt Verf. auch Protocatechusäure als Produkt der Einwir- kung von Kalihydrat auf Sulfoxybenzoesäure und damit bleibt die ursprüng- liche Frage ohne Erledigung und zugleich bildet sich eine andere Säure in grösserer Menge als Protocatechusäure. Diese neue Säure ist schwerer löslich in Wasser und lässt sich leicht durch Krystallisation von letzter trennen. Sie bildet grosse scheinbar quadratische Krystalle, deren Kry- stallmasse bei 140° entweicht, Sie schinilzt bei 189% und giebt keine Reaction mit Eisenchlorid: Hinsichtlich der Constitution der Protocalechu- säure ist nämlichnur anzunehmen, entweder dass eine gewisse moleculare Umlagerung stattfindet, oder dass die angenommene 1,3 Stellung der sub- stituirenden Gruppen entweder in der Oxybenzoesäure oder dem Brenzea- -teehin nicht richtig ist. Letztes scheint dem Verf. annehmbar. Weiter handelt es sich hier um das Stattfinden der molecularen Umlagerung in aromatischen Verbindungen überhaupt. Zur Beurtheilung der Constitutions- formeln ist es höchst wichtig zu wissen, bei welchen Reactionen die An- nahme berechtigt ist, dass die relative Stellung der substituirenden Grup- pen erhalten bleibtl. Wenn die bekannte Umselzung von Brenzeatechin in Hydrochinon sich durch weitere Uutersuchungen bestättigen sollte: so würde sich daraus die Werthlosigkeit vieler Formeln ergeben. Die Bil- dung von Hydrochin und Brenzcatechin aus Oxysalieylsäure durch einfa- ches Erhitzen lässt es wunderbarer erscheinen, dass aus andern Körpern durch Erhitzen und Schmelzen mit Kalihydrat nur ein einzelnes und stets dasselbe Produkt erhalten wird. — (Göttinger Nachrichten 1371. 8. 409—412.) Derselbe, über isomere Sulfosalieylsäuren. — Zur Auf- suchung eines neuen Ausgangspunktes für die Darstellung der Dioxyben- zoesäure nalım Verf. das Studium der Sulfosalieylsäure auf und fand, dass das Produkt der Einwirkung von Schwefelsäure auf Salicylsäure ein Ge- misch von zwei isomeren Sulfosäuren ist. Die Sulfosalieylsäure wurde von Mendius durch Einleiten von Schwefelsäureanhydrid in Salieylsäure darge- stellt. Ihre Darstellung ist einfacher durch Auflösnng reiner Salieylsäure in englischer Schwefelsäure. Kurze gelinde Erwärmung bringt die Sänre vollkommen in Auflösung, wobei die Schwefelsäure sich stark färbt. Die Masse wird mit Caleiumearbonat neutralisirt, die Lösung von Gyps abfiltrirt und mit Calciumearbonat gefällt. Die erhaltene Lösung der Kaliumsalze ist stark braun gefärbt. Wird sie mit Thierkohle behandelt und auf die 252 nöthige Concentration gebracht, scheidet sich zuerst ein Salz in langen Säulen aus, das durch Umkrystallisirung vollkommen rein wird. Seine Analyse giebt 10,83H20, 26,59 K wonach die Formel des Salzes sich be- rechnet C7H40°SK? + 2H?20. Das Krystallwasser geht bei 190° weg, über 200° erfolgt die Zersetzung. Die Mutterlauge dieser Säulen liefert beim Eindampfen noch einige Male dieselben Krystalle, aber bei der letzten Krystallisation zeigt sich ein anderes Salz mit den Säulen, nämlich grosse quadratische Krystalle, ungemein leicht löslich in Wasser, Analyse 8,37 H20, 26,60 K, also die Formel C’H?0$SK® + 1!/,H?0, das Krystallwasser entweicht bei 180°, die Zersetzung beginnt bei 190%. Beide Salze behalten bei wiederholter Umkrystallisirung ihre Formen und sind Salze verschie- dener Säuren. Ein Versuch über die Einwirkung von schmelzendem Kali- bydrat auf sie zeigte, dass die Einführung der OHGruppe in diese Säu ren nicht so leicht bewirkt werden kann wiein Verbindungen mit weniger substituirenden Gruppen, Es erfordert langes Erhitzen und eine höhere Temperatur als für die Reaction gewöhnlich angewendet wird. — (Ebda 412—414.) J. Battershall, das Aldehyd der Naphtalingruppe. — Es hat sich ergeben, dass das Naphtalin ähnlich wie Sumpfgas und Benzo die Grundsubstanz für eine dritte grosse Gruppe von organischen Substan zen ist. Man kennt bereits mehre mit demselben homologe Kohlenwasser- stoffe, die Phenole und eine Reihe von Säuren, die in diese Gruppe ge- hören und all diese Verbindungen zeigen in ihrem chemischen Verhalten grosse Aehnlichkeiten mit den analogen Derivaten des Benzols. Es ist von Interesse, ob auch die andern Klassen von Verbindungen, namentlich die Aldehyde und die dem Benzylalkohol entsprechenden eigentlichen Al- kohole in dieser Gruppe darstellbar sind und wie sich diese Verbindungen zu den bekannten Substanzen der beiden andern Gruppen verhalteu. Verf stellte zunächst das Aldehyd der Naphtolsäure C!1!H®0 — C10H? dürch De- stillation eines innigen Gemenges von naphtoesaurem und ameisensaurem Caleium dar. Erst bei hoher Temperatur wird das Gemenge breiartig und es destillirt eine braune in der Vorlage erstarrende Flüssigkeit über Zur Abscheidung des Aldehyds und namentlich zu dessen Trennung von dem reichlich vorhandenen Naphtalin wurde das Produkt entweder direct für sich oder unter Zusatz von etwas Aetker anhaltend mit einer concen- trirten Lösung von saurem schwefligsauren Natrium geschüttelt. Die sich bildende feste Verbindung wurde abfiltrirt, ‘abgepresst und so lange mit Aether gewaschen, bis dieser farblos blieb und Nichts mehr löste. Aus dem zurückbleibenden weissen krystallinischen Salz liess sich das reine Aldehyd leicht durch Destillation mit verdünnter Sodalösung gewinnen. Es ging dabei mit den Wasserdämpfen in farblosen Oeltropfen über. Das reine Aldehyd bildet ein farbloses etwas dickflüssiges Liquidum mit eigenthüm- lichem Geruch. An der Luft und unter Wasser färbt es sich allmählich bräunlich, ist schwerer als Wasser, siedet bei 280°, lässt sich aber nicht destilliven ohne theilweis in ein viel höher siedendes Condensationsprodukt überzugehen. Mit den Wasserdämpfen kann es leicht und ohne Zersetzung destillirt werden. Es gelang nicht, dasselbe durch Anlagerung von Was- 253 serstofl in den Alkohol C!0H?.CH?,.OH zu verwandeln. Bei der Einwirkung von Natriumamalgam auf die Lösung in verdünntem Alkohol hätten sich vur braune unkıystallinische und schwer zu reinigende Produkte gebildet. Die lsonaphtoesäure aus dem fnaphtalinsulfosaurem Kalium liefert bei gleicher Behandlung ein in den physikalischen Eigenschaften sehr ähnli- ches Aldehyd. — (Edda 405—406.) Z. Heys, Notiz über das Benzelhexachlorid. — Diese von Mitscherlich entdeckte Verbindung lässt sieh am leichtesten durch Einwir- kung von Chlor auf siedendes Benzol darstellen. Dabei bilden sich kaum Nebenprodukte, aber ein sehr grosser Theil des Chlors entweicht ohne einzuwirken und selbst nach tagelangem Durchleiten von Chlor durch eine kleine Menge von Benzol bleibt stets ein Theil dieses unangegriffen. Die Reindarstellung des Hexachlorids bietet nicht die geringste Schwierigkeit Man braucht nur das Benzol abzudestilliren, die beim Erkalten sich ab- scheidenden Krystalle abzupressen und einmal aus Alkohol oder besser aus Benzol umzukrystallisiren, Aus letztem liefert es prachtvoll glänzende durchsichtige monokline Krystalle. Es schmilzt bei 157° (naclı Mitscher- lieh bei 1320, nach Laurent bei 135—140°). Letzter hatte keine reine Ver- bindung, diese geht beim Kochen mit alkoholischem Kali in reines Tri- chlorbenzol über, das constant bei 2070 siedet und unter 0° krystallinisch erstarrt. Nach Vohl soll das Benzolhexachlorid durch Kochen mit rau- chender Salpetersäure in eine in Nadeln oder grossen Tafeln krystallisi- rende Verbindung übergehen, was nicht richtig ist, das Hexachlorid wird nicht im geringsten angegriffen selbst nicht durch mehrstündiges Erhitzen mil einem Gemisch von concentrirter Schwefelsäure und rauchender Sal- petersäure. Dieses indifferente Verhalten zeigt, dass die charakteristische Eigenschaft der aromatischen Verbindungen leicht Nitresubstitutionspro- dukte zu bilden, nicht durch die ringförmige Gruppirung der Kohlenstoff- atome sondern durch die doppelte Bindung derselbe bedingt ist. Sobald diese doppelte Bindung aufgeheben ist, vermag das Benzol nicht mehr seinen Wasserstoff gegen Untersalpetersäure auszutauschen. Möglich ist auch, dass die benachbarten Chloratome die Indifferenz der Wasserstofl- atome bewirken. Beim Erhitzen mit einer alkoholischen Lösung von Ka- lium auf 150° zersetzt sich das Benzolhexachlorid ganz glatt. Es scheidet sich viel Chlorkalium ab und die davon abfiltrirte Lösung liefert beim Ver- dunsten schöne farblose, in Wasser unlösliehe, in heissem Alkoho! leicht in kaltem weniger lösliche Krystalle, die bei 2500 weder schmelzen noch sich verändern. — (Ebda 407—408.) IraRemsen, Oxydation derToluolsulfosäuren. — Da die rohe Toluolsulfosäure aus Ortho- und Parasäure besteht: so unterwarf Verf. das Gemisch beider Kaliumsalze der Einwirkung von saurem chrom- sauren Kalium und Schwefelsäure in bestimmten Verhältnissen hoffend, dass die Orthosäure vollständig verbrennen würde. Die Oxydation geht rasch vor sich. Die Flüssigkeit wird sehr heiss, schäumt etwas und Gasent- wieklung findet statt, Nach einer Stunde hört die Gasentwicklung auf, die Oxydation ist beendet, nun wird mit Wasser verdünnt, das Chrom- oxyd und die überschüssige Schwefelsäure mit Schlemmkreide gefällt und 254 abfiltrirt, aus dem Filtrat die überschüssige Chromsäure mit Barylwasser gefällt und die Lösung zur Troekne eingedampft. So erhält man eine weisse Salzmasse bestehend aus Kalihydrat und den Kalisalzen der neuen Sulfosäuren. Um die Säure zu isoliren wird die Masse mit Schwefelsäure angesäuert und mit Alkohol jausgezogen. Die so erhaltene Säure stimmt in jeder Beziehung mit der Parasulfobenzoesäure überein. ‚Das saure Ba- ryumsalz wurde dargestellt und so die Säure von andern leicht löslichen Beimengungen getrennt. Werden die Kaliumsalze mit Kalihydrat geschmol- zen: so erhält man reine Paraoxybenzoe- und daneben Salieylsäure, was darauf deutet, dass die Methylgruppe in beiden Toluolsulfosäuren oxydirt wird und die Orthosäure nicht verbrannt wird. Verf. untersuchte von der Parasulfobenzoesäure folgende Salze: Das saure Natriumsalz durch Neu- tralisiren und Fällen der Lösung des sauren Bariumsalzes mit kohlensau- rem Natrium und Zusatz von Salzsäure zu der Lösung dargestellt, kry- stallisirt in glänzenden sternförmigen Säulen, die leicht löslich in Wasser sind. Das neutrale Bariumsalz ist viel leichter löslich als das saure und krystallisirt in kleinen verästelten Nadeln, die zu Warzen vereinigt sind. Das neutrale Caleiumsalz ist ein amorphes Pulver leicht löslich in kaltem Wasser. Die freie Säure ist in Wasser sehr leicht löslich und krystallisirt aus einer sehr concentrirten Lösung in schönen farblosen Nadeln, schmilzt über 200%. — (Ebda 414—416.) Geologie. G.vomRath, der Vesuv vom 1. und 17. April 1871. — Diese Eruption ist nur eine Phase der mit dem Februar 1865 beginnenden Eruptionsperiode des Vesuv und eriunert Verf. zuvörderst an die wichtigsten Thatsachen dieser jüngsten Epoche. Anfang 1865 nalım ein grosser Krater 1000 Met. Umfang, 65 Met. tief den Gipfel ein und in ihm öffnete sich am 10. Febr. ein Schlund, der Selhlacken und Steine spie. Am 3. April sahı Verf., dass sich über dem Schlunde ein Kegel aufbaute, dessen Lava und Schlacken den Boden des grossen Kraters erhöhten. Das dauerte bis Novbr. 1866 fort, wo dann der Eruptionsschlund zu erlöschen schien. Aber im October 1867 entzündete er sich von Neuem, die Tem- peraltur der Fumarolen nahm zu, reichlicher Rauch stieg empor und in der Nacht vom 12.13. Novbr. bildete sich über dem alten Sehlunde durch Aufrichtung der frühern Lavabänke ein neuer Kegel und wuchs in weni- gen Tagen durch ;die ‚Auswürfe 120 M. hoch. Die Detonationen wurden in Neapel gehört, bis 300 M. hoch wurden die glühenden Massen empor- geschleudert. Die Lava füllte den grossen Krater und floss am Kegel hinab, wobei regelmässig 2 Maxima und 2 Minima täglich wechselten, auch zeig ten die Zeitpunkte dieser Lavafluth und -Ebbe von Tag zu Tag eine ge- wisse Verspätung. Auch eine Zunahme der Thätigkeit zur Zeit des Voll und Neumondes sowie eine Abnahme während des ersten und letzten Viertels glaubt Palmieri erkannt zu haben. Die meisten Lavaströme er- reichten nicht die Basis des Kegels. Grösser war der Strom im Deebr., 1867 und Januar 1868 auf der WSWSeite. Diese Eruption hielt bis zum 10. März an, wo der grosse Kegel auf der OSeite vom Gipfel bis zur Ba- sis spaltete und am untern Ende des Spaltes ein starker Lavastrom her- vortrat. Auch dieser floss intermittirend und sehr langsam. Andere Ströme 255 drangen an andern Stellen der Spalte hervor ohne Detonationen, ohne Schlackenauswürfe. Als diese Seiteneruptionen erloschen entzündete sich der Gipfelkrater wieder, stiess Rauch, Asche und glühende Steine aus, wovon Referent im Septbr. 1868 Zeuge war. Am 8. Oktober und 8, No- vember brachen wieder kleine Lavaströme bis zum Atrio hinab und am 14. November spaltete sich der Kegel auf der NSeite vom Gipfel bis zur Mitte und bildete einen Schlund, zugleich brachen am Fusse des Kegels am Atrio lavaspeiende Schlünde auf, über denen sich Eruptionskegel auf- bauten, zwölf in drei durch Fumarolen bezeichneten Reihen. Die drei Lavaströme vereinigten sich am Fusse der hohen Sommafelsen, stürzten dann in den Fosso della Vetrano und geriethen in den Lavaweg von 1855, wandten sich ab im Fosso Faraone links gegen SW, der gewaltige Feuer- strom verbreitete sich nun in der fruchtbaren le Novelle, begrub herrliche Weinberge und stand still an der Strasse von S. Sebastiano nach S. Gior- gio, am Schlunde 180 M. in der Minute, in der Ebene 1 M. in der Mi- uute vorrückend, bei 10 Meter Dicke. Am 20. November spie der Gipfel- krater viel Asche und der Lavaerguss aus dem Schlunde des Atrio hörte auf. Die Masse dieser Lava schätzt Palmieri auf 7 Millionen CM. Im J. 1868 bildete sich über dem Eruptionskegel von 1867 ein neuer Kegel, Im Winter ruhte die Thätigkeit. Verf. besuchte den Lavastirom Ende März 1869, wo er ein 15 M. hohen Hügelzug mit wild gehäuften Lavablöcken darstellte, salı fortgerissene Häuser, halb verbrannte halb grünende Bäume, fand viele Ausströmungen von Salmiakdämpfen, doch nur an den Stellen, wo die Lava eine Pflanzendecke begraben hatte. Diese Dampfquellen lie- ferten nach Scaechis Untersuchungen Aphthalos (schwefels. Kali) mit 20 Proc. schwefels. Natron, Dolerophan (basischschwefels. Kupfer) in glän- zend braunen, monuoklinen Kıystallen, Hydroeyan (neutrales schwefels, Kupfer) in durchsichtigen rhombischen Krystallen. Die Lava liefernden Sehlünde bildeten Kegel von 40° Höhe, einer derselben ergoss an der Ba- sis Lava und stiess am Gipfel Fumarolen aus, in ihm hatten sich Kıy- stalle von Eisenglanz, Chlornatrium und Schwefel gebildet. Am 29. März 1869 dampfte der Schlund am mittlen Abhang noch slark und darüber traten viele Fumarolen hervor, Wasserdämpfe mit viel schwefliger Säure, der Gipfelkrater dampfte stark, hatte steil abstürzende Wände, bekleidet mit gelben Sublimationen von Eisenchlorid und Schwefel. Während 1870 verhielt sich der Berg ziemlich ruhig. In der Nacht vom 12. 13. Januar begann nahe unter dem Gipfel der neue Ausbruch, heftiger Schlackenauswurf bis zum 24, dann brach ein schmaler Lavastrom hervor zum Atrio hinab und zerstörte den von hier zum Gipfel führenden Weg. Dieser Strom floss bis zum 12. März, dann» Ruhe, am 28. März wieder vermehrter Schlacken- auswurf und Aufsteigen der Lava im Kraterschlunde, am 3. April neuer Ausbruch der Lava, der bis zum 17. April in die Nähe der Crocella ge- langte. Am 30. März war der Gipfel in düsteres Gewölk gehüllt, das sich öffnete und rothes Licht ausstrahlte, wieder schloss und so intermittirte wie ein Leuchtthurm mit wechselnden Lichte. Am 1. April bestieg Verf. den Gipfel und besuchte die Lava von 1858, welche 4 Kilom, lang, 1 Ki- lom. breit die 100 Meter tiefe Schlucht des Fosso grande ausfüllt, Berge 256 von 30 Meter Höhe aufgestaut hat, weil über bereits erstarrte Massen neuer Zufluss sich ergoss. Lange hielten die Fumarolen dieses Stromes an. Die Oberfläche des Stromes von 1858 ist ganz fremdartig abweichend von dem Relief aller andern Gesteine, er bildet wurst- oder gekrösartige, sich wie Wurzeln theilende schwarze Massen und breite Bänder mit ge- falteter welliger Oberfläche, beide Formen hängen zusammen. Die andern Ströme wie die von 1868 erscheinen an der Oberfläche wie aus losen Blöcken angehäuft. Die Ursache dieser verschiedenen Erstarrungsweisen ist noch nicht aufgeklärt. Nach Palmieri fliesst eine Lavaart teigartig mit zusammenhängender Oberfläche und erstarrt ohne zu zerreisen gefaltet und gewunden. Eine zweite Lavaart zerfällt beim Erstarren in Blöcke und schiebt sich wie ein Blockwall beim Fliessen fort. Die tiefschwarze schauerliche Lava von 1858 steht im schneidendsten Contrast mit der reichen Landschaft. Das halbmondförmige Thal des Atrio erscheint jetzt hoch mit Lavafluthen bedeckt und die steilen Felsen des Sominawalles erheben sich unter 70° über die Thalsohle und bestehen aus mächtigen Schichten von Schlackenconglameraten, zwischen welche sich Lavabände einschalten. Berühmt sind die Gänge der Somma. Sie erscheinen zahl- los an einem Absturz, meist vielfach verzweigt, steigen 1/, —5 Meter mächtig senkrecht oder steil empor, krümmen und verzweigen sich und senden wellige Seitenzweige in die Schlackenschichten, schaaren, trennen, kreuzen, verwerfen sich. Einige Gänge wiederholen sich im Krater des Vesuvs. Es sind Spalteu, durch welche die Lava aufstieg. Am Canal d’Arena des Atrio ist das Verhalten des Ganggesteins zum Schlackencon- glomerat deutlich, es steht wie eine Mauer aus den leichter zerstörbaren Schlacken hervor und hat viele Schlacken eingeschmolzen, ganz wie am Rheine die Lavagänge am Rodenberge, Harehmberge u.a. Im Atrio liegen die verschiedenen Lavasiröme so unmittelbar neben- und übereinander, dass sie nicht mehr zu unterscheiden sind. Aufsteigend gelangte der Verf. zu der neuen Bocca, die von Neapel aus gesehen, wie kleine Fels- zacken erschien, hier als grossartigstes Eruptionsgerüst sich darsiellt, endlich erreichte er die Aschenebene, welche den eigentlichen Rand des grossen Kraters vom Vesuvkegel trennt. Hier 65 Meter unter dem höch- "sten Gipfel war er in gleicher Höhe mit dem neuen Krater. Die (33 Meter) hohen Lavafelsen bilden diesen Schlot, der südliche ist thurmförmig, die beiden andern breiter. Ihr Kern ist dichte Lava, ihre Hülle zusammengebackene La- vaflocken die bei heftigen Paroxysmen in grosser Menge aus dem Krater ge- schleudert wurden und wie geschmolzen anklebten und zopfartig sich herab- bogen. Vor des Verfs. Augen flogen neue Fetzen an und bedeckten sich mit gelbem Eisenchlorid. Bei der Eruption 1867 bildeten sich solche Eisenchlorid- massen so reichlich, dass sie als Schwefelblumen betrügerisch in Resina verkauft wurden. Die schroffen Felszacken der Bocca sind kolossale Lava- schollen, die bei der Bildung des Schlots durchbrachen und aufgerichtet wurden , denn auch der Vesuvkegel besteht, wie der Somma, aus fester Lava, An den Eruptionskegel herantretend, sah Verf. die rhylmische Ausschleuderung der glühenden Schlacken in je 6 bis 8 Secunden, erst dumpfe Detonation in der Tiefe, dann helle knatternde Töne und alsogleich 257 eine Garbe rothglühender Schlackenfetzen 70 bis 80 Meter hoch, theils in den Krater, theils auf dessen Rand und äussere Abhänge dumpfschla- gend und klirrend niederfallend. Im Fluge schon beginnen diese Lava- scheiben zu erstarren und krümmen dabei ihre Ränder. Diese Fladen, porös und schaumig, fallen fast tanzend nieder, so dass man ihnen, wenn sie nicht zu dicht und massenhaft fallen, leicht ausweichen kann. Nieder- fallend sind sie noch so weich, dass man Münzen in sie eindrücken kann. Referent erhielt solche Lavamedaillen mit Garibaldi’s Porträt vom Ausbruch Januar 1863 an Ort und Stelle. Die am Krater aufsteigenden Fumarolen bestanden fast nur aus Wasserdampf, stellenweise aus Chlorwasserstoff in schwefeliger Säure, auch Kohlensäure. Der neue Schlund mochte 15 Meter tief und 45 Meter im Durchmesser sein, seine Abstürze waren ganz mit Lavazapfen tropfsteinähnlich behangen, der Kraterrand bestand nur aus Schlackeu, die zusammengebacken waren. Der Boden des Feuerkessels war fast eben, bildete eine flacheonvexe Wölbung, in deren Mitte sich ‚der innere Eruptionskegel erhob und fortwährend erhöhte. Die äussern Gehänge dieses Eruptionskraters senkten sich unter 45 bis 60°, der Gipfel trug den eigentlichen Schlund von unregelmässiger Form 2 bis 3 Meter Durchmesser, da er tiefer lag als Verf. auf dem äussern Kraterrande stand, so sah er die glühende flüssige Lava darin wallen und brodeln, alle 6—8 Sekunden hob sich der feurige Fluss bis zum Rande empor, kopfgrosse Blasen von Wasserdampf stiegen dumpfschallend auf und die zähe Masse gerieth in siedende Bewegung, die Blasen zerplatzten und ihre Schalen- stücke flogen auf. Die Thätigkeit steigerte sich und Verf. verliess den gefährlichen Standpunkt, um sich dem grossen Gipfelkrater zuzuwenden, Dieser war von Chlornatrium wie beschneit, wohl der überzeugendste Be-. weis für die innigste Beziehung zwischen Meer und vulkanischer Thätig- keitl Das Wasser des nahen Meeres entsteigt in Dampfform dem Krater und lässt auf der warmen Asche seinen Salzgehalt zurück. Unsichtbar ist freilich der Weg, auf welchem das Wasser zum Feuerheerde gelangt und wie beide sich begegnen und mengen, Glühende kopfgrosse Steine waren tief in den Sand eingebohrt und um sie herum dampfte die Asche. Der Rand des grossen Kraters war in Dampf gehüllt, in den sich alle 2 Minuten unter dumpfen Donnerschlägen eine schwarze Aschenwolke mengte gemischt mit glühenden Steinen, die nach allen Richtungen hin flogen, mit schwerem Aufschlag niederfielen und sich in den Sand wühlten, beim Erkalten aber sich mit einem weissen Hauche von Chlornatrium bedeckten. Sie bestehen aus dichter Leueitophyrlava. Auf dem Kraterrande ange- langt, vernahm Verf. furchtbare Detonationen, denen stets Aschen- und Steinauswürfe folgten, sie fielen um ihn nieder und er enteilte. Auch der kleine Krater tobte heftig. In den nächsten Tagen verkündete der roth- aufflammende Krater Im nächtlichen Dunkel die gesteigerte Thätigkeit und der erwartete Ausbruch erfolgte denn auch am ö. April. Die nahe Be- ziehung zwischen der schlackenspeienden Thätigkeit des Eruptionsschlun- des und den Steinwürfen des grossen Kraters ist klar. Die Lava konnte des letztern Oeffnung nicht erreichen, weil sie 65 Meter tiefer einen Aus- weg gefunden, nur die Dämpfe drangen durch den Gipfelkrater empor und Zeitschr. f,d. ges. Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872, ll. 258 5 warfen den Kamin fegend, Asche und Steine hinaus. Die langen Pausen zwischen den Steinwürfen im Vergleich zum schnellen Rhythmus der Schlackeneruptionen erklären sich durch den grössern Widerstand, welchen die den Centralkrater verstopfenden Massen dem Durchbruche der Dämpfe entgegensetzten. Am 14. April hatte sich zu dem Feuerschein des Gipfel- krater ein roth leuchtendes Feuerband gesellt, das herabgleitend zu einer breiten Feuermasse im Atrio sich ausbreitete und allabendlich mehr dem Fosse grande sich näherte. Am 16. April hatte dieser Lavastrom den Fels des Monte de canteroni erreicht und slürzte nun. über das steile Terrain schneller als wunderbar schönes Schauspiel herab. Am 17. stieg Verf. zum Observatorium Palmieri’s hinauf und stand an der Stirn des Lavastromes, diese glich einem 12 Meter breiten Damm am Fusse mit metergrossen Lavablöcken, der Strom schob und stiess die alten Lavablöcke vor sich hin und dampfte weiss, an seiner Oberfläche bildete er Blocklava. Zwischen den grossen Blöcken rannen und bewegten sich die Lavatrümmer. Verf. war genöthigt, den Weg über den Märzstrom zu nehmen, und dann an dem neuen Strom angelangt, sah er das feurigflüssige Gestein geräusch- los fortgleiten. Der erste Eindruck dieses vom Gipfel herabkommenden Stromes feurigen Gesteins ist ein überwältigender. Erstarrte Schollen schwimmen auf der flüssigen Lava, die hier in der Sekunde 1/, Meter er- reichte und bläulich weissen Dampf ausstösst. Die Gluth hinderte eine unmittelbare Annäherung. Wie ein eistreibender Strom sich setzt, so auch der Lavastrom, über eine solche von gesetzten Blöcken gebildete Brücke wurde der Strom überschritten. Am jenseitigen Ufer traf er Männer mit Prägung der Lavamedaillen beschäftigt: sie tauchten eine 2 Meter lange Scheere geöffnet in die Lava.und zogen die Hohlform an ihrer Spitze gefüllt wieder heraus, der rings um die Form hängende Lavaschleim wurde mit einem Eisen abgeschnitten und die Medaille in ein Gefäss mit Wasser geworfen. Sie zeigen die Leueitkörner, die jedenfalls schon im Krater sich bilden. Der aus dem Schlot mit grosser Gewalt entweichende Dampf war jetzt nicht weiss, sondern isabellgelb. Jetzt erschienen die drei Thurmfelsen an der Bocca viel mehr als bei dem ersten Besuche mit Lavafetzen beworfen, zwischen ihnen erhob sich ein neuer Eruptionskegel statt des frühern kleinen. Schlacken wurden jetzt nicht ausgeworfen, dagegen strömte der Dampf mit grosser Gewalt hervor. Der Weg zum Gipfelkrater war wieder mit Salz beschneit, Detonationen machten sich bemerklich und am Rande angelangt bot dieser Krater ein prachtvolles Kreisthal von 11/, Kilom. Umfang dar, im Innern mit kleinem regelmässi- gem Krater in energischer Thätigkeit, an vielen Stellen mit Fumaroleen, der innere Krater ein wahrer Steinspringbrunnen, dessen Wallwandung, 15—20 Meter hoch, fast genau kreisrund und 360 Meter im Durchmesser haltend, in seinem Boden waren zwei Schlünde, deren einer Dampf, der andere Steine schleuderte, ein furchtbar grossartiges Schauspiel, der pras- selnde Anfwurf und Niederfall der Steine und der betäubende grausige . Lärm, ein dämonisches Gebrüll begleitet vom Zischen des Dampfes und dem Zusammenstoss tausender von Steinen, die aus 70 bis 30 Meter Höhe herabfielen. Alle fielen auf das südliche Gehänge des Kraters, rollten hinein, aber er nahm sie nicht auf und sehleuderte sie stets wieder empor, der zischende Dampf gestattete die Verstopfung von Aussen nicht. Da rollt in Folge der gewaltigen Steinwürfe eine ganze Fläche des Gehänges in den Schlund und verstopft ihn, plötzlich Todtenstille, die heisse Luft im Krater zittert und verzerrt die wilde Felsenumgebung mit ihren grell gelben und gelbrothen Farben. Die schweflige Säure erschwert das Athmen, dann furchtbarer Donner in der Tiefe, anhaltendes Gebrüll mit heftigen Donnerschlägen gemischt und hinaus flogen mit schreeklicher Gewalt dichter und höher als zuvor Steine und Felsen mit zischendem Wasserdampf. Darauf wieder die vorherigen Steinwürfe. Die schwefelige Säure nöthigte Vrf, nachdem er !/, Stunde dem grausigen Phänomen zugeschaut den ge- fährliehen Krater zu verlassen. Erschütterungen des Bodens wurden während der ganzen Zeit nieht bemerkt. In solcher Thätigkeit hielt der Vesuv noch bis Juni an, Die vorrückende Lava staute sich in der Nähe der Crocella auf und bedroht das Observatorium, für dessen Erhaltung Pal- mieri trotz seiner Vorsichtsmassregeln am 12. Juni noch grosse Sorge hatte. Dabei kein Gebrüll, kein Auswurf von Lavablöcken und Schlacken. Erst am 30. Oktober hörte der am 13. Januar begonnene Ausfluss der Lava auf, der kleine neue Kegel stiess nur noch weissen Dampf aus, der Central- krater liess noch Detonalionen hören, warf auch Schlacken und Asche aus. Am 31. Oktober öffnete sich eine neue Spalte auf der WSeite des Kegels mit zwei Lavaspeienden Schlünden. — (Geolog. Zeitschrift XXIII. 702—733.) Oryktognosie. Groth u. Hintze, krystallisirter Blödit von Stassfurt. — Als Blödit beschrieb John 1821 ein an der Luft ver- witterndes Salz Na,S0,+MgSO, + 4aq von Ischl, welche Zusammensetzung später C.v. Hauer bestätigte. Ganz dieselbe Verbindung beschrieb G. Rose als Astrakanit von den Korduanischen Seen bei Astrakan. Auch das von Hayes untersuchte Salz von Mendoza hat die gleiche Zusammensetzung wie endlich das von Tschermak von Hallstadt aufgeführte monoklinische, Letztes Salz ist luftbeständig und verliert beim Erhitzen im Wasser 3), seines Wassergehaltes und hat die Zusammensetzung des Löweits, also verschieden vom Astrakanit, weshalb es Simonyit genannt worden. Bei Stassfurt fanden sich wasserhelle glänzende Aächenreiche Krystalle auf- "sitzend, theils auf derselben derben Substanz, theils auf Carnallit. Wieder - holte Analysen ergaben dieselbe Formel des Astrakanit und Blödit nach 18,55 Natron, 11,97 Magnesia, 48,14 Schwefelsäure, 21,60 Wasser. Die genau untersuchten Krystalle stimmen mit dem Simonyit überein, sie ver- lieren beim Erhitzen noch etwas mehr Wasser als diese. Verff. stellen daher die von Tschermak angenommene Differenz als unhaltbar hin und identifieiren all jene Salze unter dem ältesten Namen Blödit. Das Krystall- system ist monoklinisch und das Achsenverhältniss a:b:c— 1,34939 : 1:0,67047;5 y=179021,71. Die wasserhellen Krystalle sind 1—2 Cm. dick, kurz prismatisch durch eines oder zweier Prismen m und.n, der Basis und den stets gross ausgebildeten Flächen einer vordern Pyramide p und des zugehörigen Klinodomas d, alle andern Flächen sind klein. Verff. haben diese Flächen sämmtlich sorgfältig bestimmt. Die optische Achsenebene 1085 260 ist die Symmetrieebene. Zur Bestiimmung der Lage der Elastieitätsachsen im Krystall wurde eine Platte parallel der Symmetrieebene geschliffen, durch Messung der Neigung ihrer Flächen gegen die noch vorhandenen Krystallflächen als nur einige Minuten von der erforderten Lage abweichend erkannt und dann der Winkel, welchen einer der beiden senkrecht dazu stehenden optischen Hauptschnitte mit der Basis einschliessen, mittelst des Stauroskops bestimmt. Dieser Winkel ist identisch mit dem, welchen eine der beiden in der Symmetrieebene liegenden Elastieitätsachsen mit der Klinodiagonale bildet. Es wurde die Achse der grössten Elastieität ge- wählt und gefunden, dass dieselbe mit der Klinodiagonale den Winkel «—34034° für Roth, = 36°, 1° für Blau einschliesst und zwar dass sie so gelegen ist, dass sie den spitzen Winkel der krystallographischen Achsen a und e nahe halbirt, dann wurden zwei Platten senkrecht auf die Achse der grössten Rlastieität, welche sich als erste Mittellinie erwies und ebenso zwei solche normal zur zweiten Mittellinie geschliffen und von sämmtlichen die Winkel der optischen Achsen in Oel bestimmt. Derselbe berechnet sich 2 V—=70%5° für Roth und 729,34° für Blau und der mittlere Brechungs- apparat ß=1,500 für Roth, — (Geoloy. Zeitschrift XXIII. 670—677.) C. Rammelsberg, der Meteorstein von MezöMadaras. — Die Untersuchung der Steine von Klein Wenden, Pultusk, Richmond und Jowa hatten 2 Silicate ergeben, Olivin und Broneit und das gleiche fand R. bei 50 verschiedenen Chondriten. Anders im Stein vom 4. Septbr 1852 bei Mezö Madaras, der auch ein Chondrit. Nach Atkinsons Analyse ist der zersetzbare Theil der Silicate eisenfrei, er enthält 51,8 Kieselsäure, 5 Thonerde, 37,6 Magnesia, 1,7 Kalk und 3,7 Natron und Kali, also durchaus nicht Olivin. Auch die Mischung des unzersetzbaren Theiles ent- fernt sich weit von der eines Bisilikates der grossen Mehrzahl der Chon- drite. Dieser Theil enthält 60,7 Säure und führt auf ein Trisilikat. Vrf. untersuchte den Stein von Neuem. Das Pulver wurde mit einer Auflösung von Quecksilberchlorid in einer Wasserstoffatmosphäre behandelt und in dem Auszuge Eisen und Nickel bestimmt, der Rest in Wasserstoflgas stark erhitzt, dann die Behandlung mit Quecksilberehlorid uud die Bestimmung beider Metalle wiederholt, der unzersetzte Theil wurde mit Chlorwasser- stoffsäure erhitzt, im Wasserbade abgedampft und wie Silikate behandelt. Die Analyse ergab 9,79 Nickeleisen, 6,24 Schwefeleisen, 0,80 Chromeisenerz und 83,07 Silikate. Das Nickeleisen enthält 83,25 Eisen und 16,75 Nickel, kömmt dem der Meteoriten von Chantonnay, Dhurmsala, Kakova, Oesel ete. nah. Die Silikaie wurden zerlegt und in 51,5 zersetzbare in 48,5 un- zersetzbare wie bei den meisten Chondriten. Die procentische Zusammen- setzung der zerselzbaren A, der unzersetzbaren B und des Ganzen C ist A B C A B C Kieseisäure 36,61 52,02 44,25 Magnesia 35,49 21,85 28,98 Thonerde 2,19 6,08 4,10 Kalk 0,60 3,74 2,02 Eisenoxydul 22,82 13,27 18,25 Natron 1,02 3,28. 2,02 Manganoxydul 0,42 — 0,22 Spur. Kali — — —_ Nickelayd 0,14 — 07 99,29 100,24 100 261 Die Sauerstoffgehalte sind in A B Si02 19,52 27,74 AIO3 1,02 2,84 FeO(Mn,Ni) 5,19 2,95 Mg0 14,19 8,74 CaO 0,17 I 1,07 N Na20 0,26 0,85 BB od „sonen: 3MESIOR) A ist folglich ein Singulosilikat—Olivin und zwar Fe2sioa | Wie Hain- holz, Borkut, Jowa, Muddon, Utrecht u. a. Thonerde, Kalk und Alkali gehören ihm wohl nicht an. B ist Bisilikat= Broneit und zwar- ein ee Thonerde und Alkalihaltiger AlOS sind. Der Chondrit von Mezö Madaras ist demnach von gleicher Natur wie die in letzter Zeit untersuchten Chondrite. — (Ebda 734—737.) 1 in welchem Ca,Fe:Mg=1:3:9 G. vom Rath, der Meteorit von Ibbenbühreu, gefallen am 17. Juni 1870. — Ein Bauer sah diesen Stein unter Detonation und Lufterscheinung fallen und fand ihn nach zweitägigem Suchen auf, Es war um 2 Uhr Nachmittags und wurde das donnerähnliche Getöse weithin vernommen. Der Stein war 0,7 Meter tief in den Boden eingeschlagen und erschien an einem Ende zertrümmert, nicht durch das Einschlagen, sondern vorher, da sich einige hundert Schritte davon ein 30 Gr. schweres Stück fand. Der ganze Stein wiegt 2,034 Kilogr. und hat 3,4 spec. Gew., seine Form ist unregelmässig sphäroidisch, von der breiten Seite betrachtet eiför- mig, etwas geplattet. An der Oberfläche zeigt er rundliche Eindrücke wie von Fingern, wahrscheinlich durch Abspringen von Stücken entstanden, und ist von einer schwarzen Rinde !/, mm Dick bekleidet, welche schwache feinblasige, netzartig verlaufende Wülste bildet, unter der Lupe von zahl- reichen Sprüngen durchsetzt ist, die selbst in das Innere des Steines ein- dringen. Die sehr charakteristischen Schmelzlinien lassen sich kaum mit blossen Augen erkennen, unter der Lupe erkennt man, wie sie zahlreich den Stein durchsetzen, dichtgeschaart an der Oberfläche, streckenweise gradlinig, häufiger gekrümmt verlaufend, schwellen zu punktförmigen schwarzen Partieen an, die nur geschmolzene Rindenmasse sind. Der Stein muss beim Eintritt in die Erdatmosphäre durch plötzliche Erhitzung der peripherischen Theile von zahllosen feinsten Sprüngen durchsetzt sein und die in die Klüfte eindringende Schmelzmasse verband die ge- lösten Theile wieder. An der vorhandenen Bruchstelle erscheint die Masse auffallend hell, besteht aus einer weissen bis graulichweissen körnigen Grundmasse mit sehr®%ahlreichen licht gelblichgrauen Krystallkörnern von einigen Mm. Grösse bis zur Unsichtbarkeit, aber auch bis 3 Centim,, un- gleiehmässig vertheilt und nicht herauslösbar, weil von blättriger Struktur; ihr Umriss ist rhombisch und sechsseitig. Die Spaltbarkeit ist verworren, Vrf, erkennt eine sehr vollkommene faserig gestreifte, eine zweite normal zu derselben und noch zwei andere. Das spec. Gew. reiner Körner be- 262 trägt 3,428 und 3,425. Beim Glühen verwandelt sich ihre‘ grünlichgelbe Farbe in Braun und das Gewicht steigt um 0,38 Proc. Vor dem Löth- rohre nur an feinen Spitzen unter Aufschäumen zu einem schwarzen Email schmelzbar, eben so schwer schmelzbar ist die Grundmasse. Die Analyse der Körner ergab 54,51 Kieselsäure, 17,53 Eisenoxydul, 0,29 Man- ganoxydul, 26,43 Magnesia, 1,04 Kalk, 1,26 Thonerde. Demnach sind die Körner eisenreicher Enstatit oder Bronzit. Die Grundmasse ist sehr fein- körnig, von fettartigem Glanz, weiss bis lichtgrau, sehr mürbe, ihr Pulver erscheint unter der Loupe als farblose Krystallstücke. Das spec. Gew. 3,405 und 3,404. Die Analyse: 54,47 Kieselsäure, 17,15 Eisenoxydul, 0,28 Man- ganoxydul, 1,39 Kalk, 26,12 Magnesia, 1,06 Thonerde, wonach die Grund- masse also den Körnern gleich ist. Das sonst nie fehlende Chromeisenerz ist hier nicht vorhanden, ebensowenig Magnetkies oder sonst eine Schwe- felkiesverbindung, wohl aber eine Spur von gediegen Eisen. Da der Stein wesentlich nur aus Bronzit besteht, so stimmt er nur mit dem aus Hindostan vom 29. Juni 1843 überein. Aehnlich besteht der Stein Chassigny nur aus Olivin, der von Bishopsville nur aus Eustatit, das sind alle bis jetzt bekannten Meteoriten, die aus nur je einem Silikat bestehen. — (Berliner Monatsberichte. Januar 27—36.) Palaeontelogie. C. J. Forsyth Major, vorweltliche Affen in Italien. — Vrf. giebt zunächst eine Uebersicht über die seit- her bekannt gewordenen Fossilreste von Affen. Aus eoeänen Tertiärschich- ten und zwar dem Londonthon von Kyson führte R. Owen 1839 Zähne eines Macacus eocaenus oder Eopithecus auf, die er 1862 zu Hyracotherium zu verweisen geneigt war und dann mit Pliolophus verglich. Verf. findet sie jedoch dem Macacus ähulicher als den Pachydermen. Im J. 1862 be- schrieb Rütimeyer ein rechtes Oberkieferfragment aus dem eocänen Bohn- erz von Egerkingen im Solothurner Jura, dessen Zahnbildung an die Lem- uriden erinnert, sonst auch an Mycetes. Einen letzten Mahlzahn unter- suchte Verf. und weist ihn dem Cercopithecus lemuroides Rutim zu. Mehr Affenreste lieferten die miocänen Ablagerungen, schon 1836 führte Fal- eoner von den Sewalikhügeln den Astragalus auf, welchen er Semnopithe- cus entellus sehr ähnlich fand, dann Baker und Durand einen Öberkiefer derselben Localität ebenfalls Semnopitheeus sehr nah verwandt, weiter Falconer noch einen Oberkiefer grösser als Semnopithecus entellus, zwei Kieferfragmente ähnlich Macacus rhesus und endlich den Alveolartheil und Eckzahn eines Orang ähnlichen Affen. Im J. 1837 beschrieb Lartet aus dem Miocän von Sansan einen Pliopithecus antiquus. Ein diesem sehr ähnlicher Oberkiefer aus der Süsswassermollasse von Elgg im Kton Zürich wurde von Biedermann Pliopithecus platyodon genannt, von Rütimeyer aber mit dem von Sansan unter Hylobates antiquus vereinigt. Doch ähnelt Pliopithieus antiquus von Sansan entschieden mehr den anthropomorphen Affen als Pl. platyodon, besonders dem Gorilla durch den letzten Mahl- zahn, von welchem Pl. platyodon sich entfernt. Eine zweite Art dieser Gruppe beschrieb Lartet 1856 als Dryopithecus Fontani aus einem Thon von Saint Gaudins im Dept. Haut Garonne nach 2 Unterkieferresten und einem Oberarm, Owen wies auf die nahe Verwandtschaft des Dryopithecus 263 mit Pliopithecus und den lebenden Gibbons hin. Eben dieser Dryopithe- cus wurde auch in den Bohnerzen der schwäbischen Alp gefunden und neuerdings beschrieb Fraas aus dem Steinheimer Miocän einen Colobus grandaevus. Zahlreiche Affenreste liefert die Lagerstätte am Pikermi in Atlica von Wagner als Mesopithecus penthelieus, von welchem Gaudry allein die Reste von 25 Individuen nach Paris lieferte, andere in viele andere Sammlungen gelangten. Endlich lieferte auch der miocäne Sand von Eppelsheim Affenreste. Pliocäne Affen machte Owen zuerst nach einem vorletzten obern Backzahn der Grafschaft Essex als Macacus pliocaenus bekannt, dann Gervais nach einzelnen Zähnen von Montpellier als Semno- pitheeus monspessulanus, der wahrscheinlich mit Christols Pithecus maritimus identisch ist, andere Zähne derselben Lagerstätte nannte Gervais Macacus priscus. Endlich als jüngste Affenreste sind die von Lund in den Brasilianischen Höhlen entdeckten zu nennen. Insgesammt sind seit 1836 nun 19 fossile Affenarten bekannt geworden, 2 eocäne, 9—10 miocäne, 2 plioeäne und die diluvialeı Südamerika’s — Das Mailänder Museum besitzt einen Oberkiefer mit drei Zähnen aus dem obern Arnothale, welcher sehr nahe steht dem nordafrikanischen Macacus ecaudatus. Von derselben Lagerstätte befindet sich ein schöner Kiefer im Museum in Florenz. Im obern Arnotlale werden durch Mastodon angustidens und die Flora mio- eäne Schichten, durch Rhinoceros etruscus, Rlı. leptorhinus, Elephas me- ridionalis etc. pliocäne Schichten nachgewiesen und letztern gleichaltrig sind die Affen. Einen dritten Kiefer im Museum in Florenz, als von Cercopithe- cus stammend, lieferleu die Braunkohlen des Monte Bamboli in den Marem- men Toscana’s und einen vierten im Museum in Pisa an Macacus erinnernd, eine pliocäne Braunkohle bei Mugello im Arnothale. All diese Deberreste werden speciell beschrieben werden. — (Atti Soc. ital. sc. nat. 1872. XIV. Fasc. 15.) 0. C. Marsh, über Hesperornis regalis und andere Vö- gel der Kreideformation. — Von Hesperornis liegen mehre Skelet- theile vor, nach welchen die Gattung in die Familie der Taucher, Colym- bidae gehört. Femur, Tibia und Tarsus ähneln zunächst Colymbus tor- quatus, dieZehenphalangen mehr Podiceps. Auch Becken, Hals- und Schwanz- wirbel bestätligen diese Verwandtschaft. Die Lagerstätte ist die obere Kreide von Smoky Hill River und W Kansas. — Graculayus velox nach Ueberresten aus dem Grünsand von New-Jersey, ein Humerus Graculus carbo zunächst verwandt, jedoch kleiner. — Graculavus pumilus ebenfalls nach einem aber um ?/, kleinern Humerus von derselben Localität. — Graculavus anceps aus der obern Kreide im W Kansas nach einem Metacarpus. — Endlich Palaeotringa vagans nach einer Tibia aus dem Grünsande von New-Jersey. — (Sillim. amer. Iourn. 1572 May. vol. III, 7 pp.) Derselbe, Fossile Vögel der Kreide und Tertiärforma- tion der Vereinten Staaten. — Die Vögelknochen im Grünsand von New-Jersey befinden sich in demselben Zustande wie die dort vorkommen- den Amphibienknochen und sind leicht von den diluvialen Resten in New- Jersey zu unterscheiden, Vrf. bestimmte folgende Arten: Laornis Edward- sianus nach einer Tibia zunächst dem Cygnus americanus ähnlich jedoch 264 mit Beziehungen zu den Möven, daher generisch eigenthümlich. Palaeo- tringa litoralis nach einer Tibia zunächst an Numenius ärquata erinnernd. P. vetus ebenfalls eine Tibia schon von Morton als Scolopax ähnlich auf- geführt. Telmatornis priseus nach einem Humerus, der an Philohela minor erinnert, in der Grösse Rallus elegans gleich. T. affinis ebenfalls nach einem Humerus derselben Localität. — Tertiäre Vögel: Puffinus Conradi nach einem Humerus und Ulna in Maryland, Catarractes antiquus nach einem Oberarm aus NCarolina, Grüs Haydeni nach einer Tibia aus dem Tertiär des obern Missouri, Graculus idahensis, nach einem Metacarpus von Idaho wahrscheinlich pliocän. — (Ibidem 1870 March. vol. XLIX 16 pp.) Derselbe, Tertiäre Säugethiere und Vögel vom Felsen- gebirge. — Dieser vorläufige Bericht characterisirt folgende Arten: Ti- tanotherium anceps Rückenwirbel, Oberarm und Tibia untermioeän in den Mauvaises-Terres, Palaeosyops minor ein unterer Backzahn von Tapirgrösse mit Palaeotheriumtypus mit voriger Art gemeinschaftlich, Lophiodon Bair- dianus zahlreiche Zähne und Skelettheile von West Wyoming, L. affınis kleinere Backenzähne von Wyoming, L. nanus mehre Ueberreste vom Fort Bridges, L. pumilus nach einem noch kleineren Oberkiefer in W Wyo- ming, Anchitherium gracile von White River in Utah die Unterkiefer, Lophiotherium Ballardi rechter Unterkiefer mit zwei Mahlzähnen von W Wyoming, Elotherium lentus Unterkiefer mit letztem Mahlzahn von Henrys Fork in Wyoming, Platygonus Ziegleri Zähne vom Fusse der Uintah Mountains, Pl. striatus pliocäne Zähne in Nebraska, Pl. Condoni ein rechter - Oberkiefer mit 3 hintern Zähnen von Oregon, Dicotyles hesperius rechter Oberkiefer mit letztem Backzahn und den hintern Backzähnen vom Oregon viel kleiner ‚als die lebenden Arten, Hypsodus graeilis Unterkiefer von Wyoming, Limnotherium tyrannus Unterkiefer und andere Reste erster mit 2.1.4-+3 Zähnen, obereocän in W Wyoming, L. elegans zwei Unterkiefer von Uintah Mountains. — Arctomys vetus Unterkiefer und andere Reste von 1/;, Grösse des A. monax pliocän in NNebraska, Geomys bisulcatus von derselben Lagerstätte den G. bursarius ähnlich, Seiunavus ritidus sehr kleiner linker Oberkiefer vom Fort Bridges, Wyoming, Sciuavus undans rechter Unterkiefer mit Nag- und drei Backenzähnen an derselben Lager- stätte, Triacodon fallax Prämolarzalın von den Uintah Mountains mit inseetivorem Beutelthiertypus, Canis montanus ein letzter oberer Baekzahn und mehre Skelettheille von W Wyoming, Vulpavus palustris obere Back- zähne und andere Reste vom Fort Bridges, Amphieyon angustidens rechter Unterkieferast miocän in Nebraska. — Aquila Dananus dem lebenden Aquila eanadensis zunächst verwandt nach einer pliocänen Tibia vom Loup Fork River, Meleagris antiquus miocän am Felsengebirge nach dem Humerus dem M. gallopavo nah verwandt, Bubo leptosteus mehre Skelet- theile von ?2/; Grösse des Bubo virginianus vom Fort Bridges. — (Iböidem 1871. July August 20 pp.) K. G. Zimmermann, eine Hirschart aus dem Alluvium von Hamburg. — Uuterhalb des diluvialen Geestrückens der Neustadt, Hamburg, in dem festen schwarzen Moorboden, dem Alluvium der Alster 265 stiess man in 20° Tiefe auf natürlich wurzelnde Baumstumpfe und dazwischen lagen ausser andern Knochen zwei Unterkiefer und ein Oberkiefer eines Hirsches von Elenngrösse. Beide Unterkiefer gehören verschiedenen Indi- viduen derselben Art. Die Zähne stimmen mit denen des Elenn überein, dessen Zahnreihe jedoch noch um 2° länger ist. Geweihschaufeln des Elenn wurden bei Hamburg schon 1867 und 1870 gefunden. Die nähere Vergleichung der Zähne ergab jedoch Unterschiede. Es stimmen nämlich die drei ersten Unterkieferzähne in der Faltenbildung mit Cervus dama überein, danach gehören die alluvialen Zähne einem riesigen Damhirsch an. Verf. beschreibt die Zähne speciell und vergleicht sie noch mit C, megaceros. An einer zweiten Stelle wurden ausser Bos taurus, B. urus, Equus, Sus, noch 5 Unterkiefer, mehre Oberkiefer und Gliedmassenknochen dieser grossen Hirschart gefunden und scheinen diese als Hammer benutzt worden zu sein, die Röhrenknochen sind zertrümmert, aber Stein- und Broncegeräthe fanden sich nicht dabei. Diese Reste scheinen von Pfahl- bauten herbeigeschlemmt zu sein. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 26—34.) H. Woodward, neuer Arachnide im Eisensteine von Dudley. — Dieses Thier wird als Eophrynus Prestvieci zu den After- skorpionen gehörig beschrieben und der neuen Gattung als zweite Art der Cureulioides Ansticii Buckl aus den Eisensteinminen von Coalbrook- dale hinzugefügt. Jene Eisensteine gehören gleichfalls der Steinkohlenfor- mation an. — (Geolog. Magaz. 1871. VIII. 385. Tab. 11.) Botanik. Fr. Buchenau, Nervatur derBracteenbei den Linden. — Die Laubblätter der Linden stehen zweizeilig und ihre In- sertionsstellen convergiren auf der Unterseite der Zweige, in ihren Achseln sitzen die Laubknospen für das nächste Jahr, aber die Blühtenstände stehen neben diesen Knospen und fallen bei horizontaler Haltung des Zweiges sämmtlich nach oben. Jede Laubknospe beginnt mit zwei von der Mediane des Blattes aus gesehen rechts und links stehenden schuppen- förmigen Niederblättern. Da auch die Mediane der Laubblätter horizontal liegt, so fallen die beiden Niederblätter nach oben und unten, und zwar das erste stets nach der Oberseite, das zweite nach der Unterseite des Zweiges. Steht ein Blühtenstand neben der Laubknospe, so ist dieses erste Vorblatt der Laubknospe in das grosse Deckblatt des Blühtenstandes umgewandelt. Letzter entspringt also seitlich an der noch unentwickelten Laubknospe und zwar aus der Achsel ihres ersten Vorblattes, eilt also seiner eigenen Mutterachse um ein ganzes Jahr voraus. Eine beachtens- werthe Eigenthümlichkeit besteht in der grossen Neigung zur Spaltung der Hauptnerven in dem Deckblatte, welche durch die häufig stattfindende Wiedervereinigung beider Theile zur Bildung eigenthümlicher oesenarliger Figuren führt. Die Mittelrippe des Blattes giebt starke bogige Zweige ab, die sich zu einem dichten Netz eckiger Maschen verzweigen. Wo der Stiel des Blühtenstandes das Deckblatt verlässt, ist die Mittelrippe be- sonders kräftig, aussen flach, innen stark gewölbt. Sie besteht aus einer mehrschichtigen äussern Lage stark verdickter Bastzellen, welche die Ge- fässe umschliesst. Schon hier schieben sich an den Decken der Mittelrippe Bastzellen in die Gefässe ein und trennen Parlieen der letztern ab, welche 266 später als Seitenzweige bogig abstehen. An der Trennungsstelle des Blüh- tenstieles vom Deckblatt tritt der gewölbte innere Theil der Mittelrippe in jenen ein, der flache äussere Theil verbleibt dem Deckblatte. Dieser Theil hat die besondere Neigung sich zu spalten durch Eintreten von Bast. zellen, So lösen sieh nicht allein die Zweige ab, sondern die Mittelrippe spaltet sich auch häufig selbst. Zunächst zerfallen ihre Gefässe durch zwischentretende Bastzellen in-zwei Partieen, dann biegen sich beide aus- einander und zartwandiges Blattparenchym tritt zwischen sie, bleiben nun beide getrennt und höchstens oben durch untergeordnete Adern wieder verbunden, so hat man das Bild einer Gabel. Oft entsteht eine obere Ver- bindung durch starke Aderu und es entsteht eine Oese. Meist aber ver- einigen sich beide Schenkel der Mittelrippe wieder unter einem ähnlichen spitzen Winkel als der erste ist. Weichen beide Schenkel bedeutend aus- einander, so hat das zwischen ihnen befindliche Blattparenchym ein ähn- liches Adernetz wie die übrigen Blattflächen. Nach Vereinigung beider Theile verläuft die Mittelrippe meist einfach bis nahe zur Spitze, doch bisweilen wiederholt sich die Spaltung nach einander zweimal. Nicht immer sind beide durch die Spaltung entstehende Theile gleich stark. Es gelang nicht eine Beziehung der verschiedenen Arten der Linde oder auch nur ein Vorwalten gewisser Formen bei einzelnen Individuen zu constaliren. An den Laubblättern der Linden findet sich nichts ähnliches. — (Bremer Abhandlgn. III. 1. S. 14—16.) c Fr. Buchenau u. W. O, Focke, die Saliecornien der deut- schen Nordseeküste. — Verfl. geben zunächst eine Uebersicht über die bekannten Formen der Salicornia herbacea: 1. S. europaeal.. (S. virgi- nica) in Sachsen und Virginien. 2. S. herbacea L. ebda und an den euro- päischen Küsten. 3. Linne spec. plant. ed. Willd. S. virginiea in Sachsen ist nur S. herbacea. 4. S. herbacea Smith Fl. brit. (S. annua Afz., S. europaea & Huds., £ S. erecta Dill., S. biennis Afz. y S. myosuroides, S. europaea, d Huds.). 5. S. annua Smith. (S. radicans Sm., S. procumbens Sm.). 6. S. herbacea Flor. dan. a. patula. 7. S. herbacea Meyer abed. Unger Sternberg: S. herbacea (S. acetaria Pall.) S. prostrata und Dumor- tier: $. picta, S. proeumbens, S. prostrata, S. appressa. Endlielı S. pa- tula Duv, S. Emeriei Duv. Diese Uebersicht zeigt,also noch grosse Unklar- heit in der Umgränzung der Formen, sie berulien z. Th. auf sehr werth- losen Merkmalen wie der Richtung des Stengels und der Aeste. Die Frage über die Zahl der Staubgefässe ist noch nicht entschieden der Werth der Behaarung des Samen ist zweifelhaft. Für die deutsche Nordseeküste nehmen Vrff. folgende Arten an; 1. S. patula Duv. (S. annua Afz., S. herbacea ö Smith): ‚herbacea caule erecto vel adscendente, ramis longio- ribus patulis diffusis; spieis brevibus obtusis torulosis; Florum interme- diorum figura externa obovata; seminum pilis longis apicem versus in annulum involutis superioribus deflexis inferioribus ereetis. Bei jungen Exemplaren stehen die Zweige aufrecht ab, sehr kräftige behalten lange die aufstrebenden Aeste. Die Art ist weniger saftig, viel dunkler grün als andere, meist roth angelaufen. Trocken ist sie an den kurzen Aehren kenntlich. — 2. S. procumbensS$m. (S. acetaria Pall.): herbacea, caule 267 erecto vel adscendente vel procumbente, ramis adscendentibus vel longio- ribus patnlis; spieis elongatis eylindrieis, apicem versus Saepe altenuatis, Norum intermediorum figura externa rhomboidea; seminum pilis longis apicem versus in annulum involulis, superioribus deflexis, inferioribus erectis. Der folgenden Art in der Tracht und den Aehren sehr ähnlich, der vorigen in der Behaarung des Samen. Die Wurzel lang uud saftig, die Stengel meist aufrecht, die Aehren lang dick, schön hell grün, sehr saftig, erst im Spätherbst gelblich, röthlich oder bräunlich, die Samen viel länger als vorhin. — 3. S. strieta Dumort: herbacea, caule ramis- que erectis strietis fastigiatis, spieis elongatis cylindrieis apicem versus atlenuatis in speciminibus exsiccatis tenuibus; florum intermediorum figura externa rhomboidea; seminum pilis brevibus in statu recenti patentibus uneinatis. Wurzel kurz, diek, dieht mit Fasern besetzt, Stengel an der Basis häufig mit wagrechter Krümmung, dann steif aufrecht, Aeste und Aehren aufrecht, Internodien lang, Aehren kurz, dünn, schlank, schön grün, Samen sehr lang, wenig und kurz behaart und abweichend von S. Emeriei Duv. — (Edda 199—211.) Ed. Fries, Icones seleetae Hymenomycetum nondum de- lineatorum. Sub auspieiis regiae academiae scientiarum Holmiensis. 1—6. Holmiae 1867—72. fol. — Dieses Prachtwerk des hochverdienten Verf,s bringt Abbildungen nach lebenden Exemplaren und genügt es hier die Arten namentlich aufzuzählen, welche eben so sauber abgebildet wie gründlich charakterisirt worden sind, um auf die hohe Bedeutung des Werkes hinzuweisen. Das erste Heft enthält: Hydnum versipelle, molle, torulosum,, fuligineoalbum, mirabile, ferrugineum, scrobieulatum, nigrum, graveolens, multiplex, caput ursi, geogenium, septentrionale, fulgens. — Heft 2: Agariens strangulatus, nitidus, aridus, lentieularis, hispidus, ely- peolarius, parvannulatus, — Heft3: Agarieus sistratus, gliodermus, deli- catus, medullatus, illinitus, constrietus, lagueatus, imperialis, Laschii, pleu- rotoides, denigratus, colossus, sejunctus, portentosus, fucatus, quinquepar- titus, bulbiger, aurantius, flavobrunneus, ustalis, pessundatus, resplen- dens, eolumbetta, imbrieatus. — Heft 4:?Agaricus unguentatus, atroeine- reus, saponaceus, cariilagineus, elytroides, virgatus, sudus, compaetus, loricatus, amicus, panaeotus, patulus, caelatus, laseivus, inamoenus, ceri- Nus, onychinus, ionides, paeonius. — Heft 5: Agaricus borealis, tigrinus, eivilis, persieinus, albus, leucocephalus, melaleucus, exeissus, sordidus, lixivius, paedidus, putidus, clavipes, comitialis, polius, dothiophorus, hir- neolus, nimbatus, curtipes, parilis, opiparus, socialis, verrucosus, venustis- simus, — Heft 6: Agaricus candicans, decastes, amplus, coffeatus, fumo- sus, sinopicus, parilis, splendens, senilis, catinus, tuba, expallens, obbatus, pruinosus, concavus, queletii, vibeeinus, pausiacus, nubilus, angustissimus, mortuosus, ectypus, decorus, pachyphyllus, onychinus, jonides, carneus, earneolus. — Die Subgenera sind diagnosirt, bei jeder Art die Literatur, Synonymie, geographische Verbreitung, Standort und nähere Verwandschaft angegeben worden. Die Tafelnzlaufen bis 60, der Text bis Seite 60. Zoologie. J. J. Kaup, über die Eier der Phasmiden. — Vrf. bildet von folgenden 28 Arten dieEier ab und fügt kurze erläuternde 268 Bemerkungen hinzu : Bacillus Abdul, cunieulus, hyphereon Wstw. Pachy- morpha Novae Guineae Kp., Bacteria Sartoriana, cacica Kp., Lonchodes Duivenbodei Kp., Acanthoderus hystrix, occipitalis Kp., Anophelepis Xi- phias Wstw., Cladoxerus hypharpax G.R. Gray, Phibalosoma Lepeletieri G.R. Gray, Heteropteryx Rosenbergi Kp., Eurycantha Rosenbergi Kp., Haplo- pus Grayi,Kp., Archispasma catadromus, nebulosum Wstw., annulipes Haan., Cyphoerania gigasL,, Platyerania edulis Leht., Ophierania striaticollis Kp., Acrophylla chronus G. R. Gray, Neeroscia pallescens Heyd., Westermanni Wstw., Dinelytron Neptunus Kp., Prisopus spiniceps Brm,, Extatosoma tia- ratum Mac. L., Phyllium sieeifolium L. Die sämtlichen Eier wurden nach Erweichung der trockenen Insekten durch einseitliche Loslösung der Hin- terleibssegmente aus den Leibern genommen, ohne das Thier sonst zu beschädigen. — (Berl. Entom. Zeitschr. XV. 17—24.) J. J. Kaup, neue Phasmiden. — Vrf. besereibt folgende Arten ausführlicher, die wir aber nur namhaft machen können, weil sich ein Auszug nicht geben lässt; Pachymorpha Novae Guineae, Diapheromera Beckeri aus Mexico, nahe verwandt der Sayi, D. strigiceps, bidens, beide von Mexico, Baetria cacica, Sartoriana, arampes, die beiden ersten von Mexico, Lonchodes Duivenbodei, von Menado, Acanthoderus oceipitalis (Celebes), scops (Brasilien), Hystrix (Neu Guinea), Ceroys eapreolus ö (Mexico), Eurycantha Rosenbergi (Neu-Guinea), Heteropteryx Grayi (Mo lukken), Phibalosoma n. g. umfasst die Arten, bei welchen das erste Tarsenglied kurz und nur so lang, wie die beiden folgenden zusammen- ist, und enthält Ph, Lepeletieri als Typus, Ph. hypharpax G.R. Gray (Cey- Ion), Ophierania n. g. sind Platyeranien mit flachem, nicht gewölbtem Hinterkopfe, langem, cylindrischen Thorax, langen, dünnen Füssen, an deren vordersten das erste Glied so lang ist, wie alle übrigen mit dem Klauengliede, Der Körper ist cylindrisch und das Operculum mit seinen Fäden ragt nur unbedeutend über den letzten Körperring vor. 0. striatocollis (Neuholland), Megacrania n. g. mit den beiden Arten Platyerania Alpheus und Phelaus Wstw. wegen der kürzern und kräfligern Füsse mit gleichmässigeren Tarsen als bei Platycrania vorkommen, Cla- doxerus insignis (Australien), Necrosia Vipera (Celebes), N. Rosenbergi (Molukken), N. pallescens Heyd. jun. (Ceylon), Dinelytron Neptunus (Bra- silien). — (Ebda 25—42.) H. v. Heinemann, Nachtrag zu den Bemerkungen über die Arten der Gattung Nepticula. — Diese Nachträge beziehen sich auf die Wiener entom. Monatsschr. VI. 237 und bringen folgende n. sp. Gruppe 1. N. Stettinensis: Capillis atris, penicillis et antennarum conchula.albis; alis anterioribus nitidis, aeneo-plumbeis, apice violaceis, eiliis alisque posterioribus griseis. Lg. 3°; ays den Blättern des wilden Apfelbaums. — N. uniformis: Capillis ferrugineis, penicillis et artennarum eonchula luteo-albidis; alis ant. nitidis, obscure olivaceis, apice brunneis, ciliis apice alisque posterior, griseis, tibiis mediis lutescentibus, Lg. 21/,'. Raupe an Salix caprea. — 2. Gruppe. N.Rhamnella HS: Capillis ferru- gineis, penicillis antennarumque conchula ochraceo-albidis; alis ant. grosse squamatis, nitidulis, olivaceo-griseis, apice perparum violaceis, ciliis 269 griseis. Lg. 1%, — 2‘, Raupe in den Blättern von Rhamnus catharliea. — N. paradoxa Fr. Ranpe erste Julihälfte an Crataegus oxyacantha. —- N. Nylandriella Tugstr. Raupe in den Blättern von Sorbus aucuparia. — 4. Gruppe. N. aeneofasciella, HS. Raupe in den Blättern von Tormentilla ereeta. — N. fragariella Heyd in Erdbeerblättern und den Blättern von Geum urbanum — N. tormentillella HS. : Capillis nigris, antennarum eonchula argentea; alis ant. viridi-orichalceis, ante et post fasciam argenteam valde posticam olivaceo- vel purpureo-brunneis, ciliis apice griseis; pedibus mediis einereis. Lg. 2/ in Tormentilla ereeta dichter Fichtenwaldungen. — 6. Gruppe. N. rubescens Hein., verschieden von alnetella St.: Capillis ferrugineis, antennarum conchula albida; alis ant. basi nitidulis orichalceis, deinde purpureo-brunneis, apice atro-purpureis, fascia post medium ar- gentea, nilidissima, eiliis apice cinereis. Lg. 1%,‘ in Ellernblättern. — N. oceultella: Capillis ferrugineis, antennarum conchula albida; alis ant. obsceure violaceis, aeneo-micantibus, apice brunnescentibus, faseia valde postica lata, dilute aurea, nitida, ciliis apice einereis. Lg. 11/,—2’, Raupe minirt in den Blättern von Tormentilla erecta an schatligen Waldstellen. — 9. Gruppe. N. sorbi St. Capillis pallide ochraceis, conchula parva albida; alis ant. fusco-griseis, apice parum violaceis. fascia post medium lata recta albida, sericeo-micante, eiliis griseis. Lg. 21/,—3°; in Sorbus aueu- paria. — N. argentipedella Z in blatterförmigen, gelbbräunlichen Birken- blattminen. — N. helianthemella HS. Capillis nigro-fuseis, antennarum conchula parva albida ; alis ant. griseo-olivaceis, albido - pulverosis, fascia post medium albida, eiliis pallidis. Lg, 2° in den Blättern von Helianthe- mum vulgare, im September. — 15. Gruppe. N. sericopeza Z. minirt in den Blättern von Acer pseudoplatanus und platanoides. — N. decentella HS. aus Cocons von denselben Ahornarten erzogen. — 16. Gruppe. Zu ihr gehört N, quinquella St. — 17. Gruppe. Die Verschiedenheit von N, api- cella und argyropeza St. wird in Zweifel gezogen. — N.albifasciella n. sp. Capillis ferrugineis, penicillis pallide ochraceis, antennarum conchula alba; alis ant. rotundatis, grosse squamatis, griseo-nigricantibus, fascia pone medium obliqua albida, in dorso dilatata, eiliis post lineam nigram albidis. Lg. 21, —2°/,; minirt in Eichenblättern. ‚— 18. Gruppe. N. Wockeella: Capillis rufis, antennarum conchula pallide Navida; alis ant. rotundatis dense et grosse nigro- squamatis, basin versus paullo dilutioribus, ciliis flavescentibus. in angulo posteriore griseis, linea e squamis obscuris com- posita divisis. Lg. 2—21/,‘”. Der N, eryptella sehr ähnlich; im Herbst in Salix alba. — (Berl. E. Zeitschr. XV. 209—223.) Baudia Selve, Coleopterorum messis in insulaCypro et Asia minore etc. Pars. 4. — Dieser vierte Theil beginnt mit den Ela- teriden, schliesst mit den Melyrinen ab und enthält Diagnose und Be- schreibung einiger neuen Arten und zwar Lacon pygmaeus (an ovalis Germ. var. minor ?), Tetrigus eyprius, dem parallelus und ater Cand nahe, Elater pulcher, in der Gestalt dem balteatus selır nahe, aber durchschnittlich kleiner; ater, nitidus, flavo-pubescens, capite thoraceque confertim pun- etatis, hoc obsolete canalieulato; elytris ultra medium parallelis, coccineis, quadrante postico nigris; antennis pedibusque piceis, tarsis dilutioribus. 270 Lg. 31/2. — Melanotus cuneiformis: niger, nitidus, griseo-pubeseens, thorace latitudine longiore, a medio apicem versus areualim angustato, disco parce, lateribus cerebre fortiterque punctato, basi obsolete canalieu- lato; elytris apicem versus sensim attenuatis, prolunde, apice subtilius punetato- striatis, interstitiis vage punetatis; pedibus obseure rufis. Lg. 8‘. wird mit M. suleicollis vergliehen. — Athous eyprius — Lampyris syriaca — Malacogaster Truquii, rufipes, Malachius fallaciosus, cyprius, Antho- comus erassicornis, Hypebaeus? eyanipennis, H. mylabrinus, Colaies an- jhraeinus. — (Berl. E. Zeitschr, XV. 49 — 71.) H. v. Kiesenwetter, Beiträge zur Kenntniss der Mala- codermen-Fauna von Corsica, Sardinien und Sicilien. — Vrf. diagnosirt eine Reihe neuer Arten, deren ausführliehere Beschreibungen in Kiister’s Käf. Europ. Heft XXIX erscheinen werden; wir begnügen uns daher nur mit dem Hinweis auf diese Literatur. — (Berl. E. Zeitschr. XV. 75—86.) Derselbe, Uebersicht der europäischen Helodes-Arten, — Die 3 Arten, darunter eine neue H. Tournieri, mit Diagnoser werden in einer analytischen Tabelle zusammengestellt. — (Ebda 87 und 88.) Baudi a Selve, Europeae et circummediterraneae Faunae Dasecilli- dum et Malacodermatum speeierum, quae Com. Dejean in Catalogo ed 3. consignavit, ex ejusdem collectione cum auetorum hodierne recepta deno- minatione, collatis. — Auf diese verdienstliche kritische Bearbeitung kann hier eben nur hingewiesen werden, da ein Auszug aus derselben unmög- lich ist. — (Ebd. 89—130.) Eichhoff, neue exotische Tomiseiden-Arten, — Vrf. diag- nosirt 4 neue Cryphalus-Arten aus Australien, Guadeloupe, Madagaskar, NAmerika (2), eine neue Gattung Stephanoderes mit 7 sp. aus Isle de France, NAmerika, Neu-Granada, Mexico, Neu-Orleans und Antillen, eine Art: St. asperulus aus den Schoten der Cassia erzogen. Hylocurus n. g. mit H. elegans aus Trapa, Xyloctonus n. g. mit X. scolytoides von Port Natal, Xylocleptes uncinatus von Bogotäa, Pithyophtorus mit 5 n. sp. von NAmerika, Chili, Bahia, Brasilien. Araptus n. g. mit A. rufopallia- tus aus Neu-Granada. Xyloderus unicolor aus Wisconsin. — Hieran wird die Bemerkung geknüpft, dass Xyloterus bivittatus Kr. und carifrons Manu die beiden Geschlechter einer Art und zwar —= X, lineatus Gil seien, ferner 2 neue deutsche Tomieus- Arten T.amitinus, dem typographus und cembrae ähnlich und T. omissus, dem larieis äusserst nahe stehend, endlich noch 2 neue Crypturgus, mediterraneus auf Pinus halepensis und Cr. dubius aus den Pyrenäen. — (Ebda 131 — 139.) G. Kraatz, die europäisch - deutschen Throscus-Arten, Nach einigen Notizen über die 7 Arten, werden sie, wie folgt, näher be- stimmt: Augen ungetheilt, Stirn zweikielig: brevicollis Bonv. Augen bis zur Hälfte getheilt, grösste Art: dermestoides L. Augen ganz getheilt a. Stirn zweikielig. Kiele den Thorax erreichend, Zwischenräume zwischen den Punktstreifen der Flügeldecken unregelmässig punktirt; gross: carini- frons Bonv. nicht erreichend, Zwischenräume vorn zweireihig punktirt; mittelgross: elateroides Heer, b. Stirn ungekielt, « Flügeldecken schwarz- 271 braun, Zwischenräume kräftig punktirt; schlanke Art: Duvali Bonv. ß Flügeldecken rothbraun, Gestalt untersetzt; kleinste Art: obtusus Curt — pusillus Heer. — (Eödd. 141. 142.) Derselbe, Uebersicht der deutschen Triplax-Arten. — Nach kurzer Besprechung der von Redel, in seiner Monographie deı europ. Erotylenen (de Marseul Abeille V. 1—50) gesichteten 11 Triplax-Arten giebt Verf. die Uebersicht der 9 deutschen wie folgt: Körper länglich. Flügeldecken a. schwarz, Kopf «. roth, Brust und Hinterleib roth: elon- gata, Brust schwarz. Hinterleib roth : russica, schwarz: ruficollis 8. schwarz, melanocephala. b. blau, Kopf und Unterseite roth: aenea. Körper eiför- mig, Kopf a. roth. Schildchen «. röthlich, Käfer nur mittelgross: bico- lor; $. schwarz, Fühlerglied 3 nicht länger als 2: lepida, viel länger als 2: vufipes.- b. schwarz: eollaris. Nach Beendiguug und während des Drucks dieser Uebersicht ist dem Verf. eine n. sp. aus Steiermark zuge. gangen, die bei lepida und rufipes steht: T. pygmaea. Ovalis, nigra, antennis, eapite, thorace pedibusque rufis, elytris subtiliter punctato-stria- tis, interstitiis subtilissime sub(uni)seriatim punctatis, Leg. 11/,1%. — (Ebd. 143—145.) W. Scriba und G@. Kraatz, für Deutschland neue Homa- lota-Arten. — Nach der Revision von D. Scharp der britischen Homa- lota- Arten (Transactions of the Entomol. Soc. of London 1869. Part. 11. und 111.) benannt, werden folgende 14 Arten als für Deutschlend nen diagnosirt und näher beschrieben: H. delicatula, londinensis, subglabra, cavifrons, simillima, subaenea, ignobilis, angusticollis, indubia, atricolor, germana, setigera, picipes, muscorum. — (Ebd. 149—161.) E. Wehncke, Drei neue deutseheHydroporen. — H. corsi- enus: oblongus, niger, nitidulus, dense punctatus, elytris pareius pubescen- tibus, antennarum basi pedibusque rufis. Lg. 11%‘, verglichen mit lon- gulus, aus Corsica. — H. opacus: oblongo-ovalis, niger, \opacus, pareius punectulatus, elytris fuseis, antennis pedibusque ferruginis. Lg. 134%; Lappland. — H. pyrenaeus: Oblonge-ovalis, niger nitidulus, sparsim pun- etatus; elytris parce pubescentibus, antennarum basi pedibusque ferruginis. Lg. 1%‘, bei nivalis; Pyrenäen. — Ilybius Badenii n. sp. Oblongo-ovatus, supra piceo-aeneus, margine brunneo. Lg. 5‘“ Hamburg. — Synonymische Bemerkungen über deutsche Hydroporus-Arten. — (Ebd. 163—165.) Kraatz, einige für Deutschland neue Wasserkäfer. — Ilybius aenescens Thoms = Kiesenwetteri Kraatz in lit. (Berlin, Preussen), Agabus unguieularis Thoms, dem affıinis sehr ähnlieh (Stettin, Danzig); eine bei Berlin gefangene Art, welche zwischen Hydaticus einereus und zonatus mitten inne steht, macht neuere Beobachtungen über beide Arten wünschenswerth, da die Artunterschiede beider noch nicht hinreichend begrenzt erscheinen. — (Ebd. 166—168.) Kirsch, zur Kenutniss der deutschen Hyperiden. — Vıf. giebt eine analytische Uebersicht über die 31 deutschen Hypera-Arten und besprieht dieselben nachher ausführlicher, es sind darunter einige von 272 Capiomont neuerdings aufgestellte HB. segnis und Stierlini, alle andern ältern Datums. — (Ebd. 173—191.) Kraatz, über die Zahl und Benennung der deutschen Doreadion-Arten. — Die kritische Beleuchtung dieser Bockkäfer-Gat- tung führt zu folgenden Resultaten : für Deutschland sind 5 Arten unter folgenden Namen anzunehmen: 1. D, aethiorps Scop.—= morio F, 2. ful- vum Scop — eanalieulatum Fisch. 3. pedestre Poda=rufipes F., @ var. molitor Rehb. 4. fuliginator L. = vittigerum Fab. var. ovatum Sulz. = hypocrita Muls., var. atrum Bach. 5. arenarium Scop. = pedesire F. var. lemnisea!um Küst., var. abruptum Germ., 2 var. einerarium Küst. 2 var. vittigerum Pz. — Das Vorkommen in Deutschland von D. Scopoli Hbst. — lineatum F. wird bezweifelt. — (Ebd. 193—205.) v. Rottenberg, Beiträge zur Coleopteren-Fauna von Si- eilien, drittes Stück. — Das Aufzählen beginnt mit Otiorhynehus und schliesst mit den Seymous-Arten. Unter den Rüsselkäfern finden sich n. sp. 3 Otiorhynehus , 1 Barypeithes, 1 Cneorhinus?, Seiaphilus, Poly- drusus, Thanymecus, Liosomus, Tychius, Nanophyes, Gymnetron, Coeliodes, Ceuthorhynehus, Crypharis, Raymoudia, ferner eine Chrysomela, Luperus, 2 Psylliodes, — Hieran schliesst sich die Diagnose eines neuen Cryploce- phalus princeps. — (Ebd. 225—248.) v. Harold, Beiträge zur Kenntnisseinigercoprophagen Lamellicor nen. (7.Stück.) — Verf. liefert die Fortsetzung seiner seit 1866 unterbrochenen Arbeit und einige Nachträge zu derselben, ehe er zu der Beschreibung seiner noch rückständigen Aphodius-Arten übergeht. Aphodius Howitti Hope ist @ zu A. Tasmaniae, so wie Australasiae Blauch & zu dilaticollis Dup. gehört. Zu der Gruppe no. 14—24 gehört noch A. nigrita F aus SAfrika, welcher diagnosirt und beschrieben wird, steht in nächster Verwandtschaft zu discolor und impurus. A. capicola Harald (no 16) ist ein hellgefärbter rufipes. Neben costalis gehört A. Solskyi n. sp. aus Japan. A. azteca Harald (no 82) kommt auch als coraeinus Kl. und encaustus Deyr. in den Sammlungen vor. Neben granarius (63) ist A. Perezi Harald (Berl. E. Zeitschr. 1870, Beih. p. 113) einzuschalten, bei nitidulus (102) A. lueidus Kl. von der NKüste Afrikas; ferner ist in die Gruppe no 80—96 sordescens Har. von Kjachta einzureihen. A lineel- lus Har (no 93)= strigilatus Roth. Nach diesen Nachträgen wird mit der Bearbeitung von no 104—124 iin der frühern Weise fortgefahren und als n. sp. aufgeführt: 105 A. armiger aus Griechenland, 106 oleosus von Mexico, 108 tetricus (Abyssinien), 117 ealidus (Senegal), 118 digitatus (Aegypten), 120 dolosus (SAfrika), 121 fallax Germ. in litt. (Cap). — (Ebda 250—287.) J. J. Kaup, Monographie der Passaliden. — Verf. gründet vorliegende Arbeit auf seinen in den „Coleopterol-Heften von Harold“ erschienenen Prodromus, der vollständig umgearbeitet und mit neuen Arten versehen worden ist. Nach seinen (uns unverständlichen) Untersuchungen müsste die Familie der Passaliden aus 325 Arten bestehen, von denen 171 beschrieben sind, mithin noch 154 fehlen, von denen Verf. noch einige Dutzend in den Sammlungen und Magazinen der Händler vermuthet, Bis. 273 diese aufgefunden sind, müssen wir uns mit dem vorhandenen Material begnügen, welches zerfällt A. in Arten der östlichen, B. der westlichen Halbkugel. A. enthält 2 Unterfamilien; 1. Unterfamilie Aulacocyelineae mit 16 Arten, auf die 5 Gattungen: Auloeyclus *, Ceracupes, Comacupes, Taeniocerus*, Caulifer vertheilt. Bemerkt sei, dass alle die mit * verse- henen Gattungsnamen die vorgeschriebene 5Zahl an Arten bereits voll- ständig besitzt. 2. Unterfamilie Eriocneminae mit 60 Arten, die sich in 5 Gruppen, jede mit 5 Gattungen vertheilen. Gruppe 1. Solenocyeleae mit Solenoeyelus, Pleurostylus, Erionomus, Pleurarius, Semieyelus. Gruppe 2 mit Ciceronius, Didimus*, Trichostigmus, Leptaulax *, Pentalö- bus. Gruppe 3 Eriocnemiae mit Vellejus, Pelops, Labienus, Piesthenus, Erioenemis*. Gruppe 4 fehlen die ersten beiden Gatlungen noch voll- ständig, nur die 3 letzten Macrobius”, Episphenus, Mastachilus haben bereits bekannte Vertreter. Gruppe 5 mit Laches, Gonatas, Aceralus, Ce- tejus, Basilianus. — B. 3. Unterfamilie. Proculineae mit 13 Arten auffol- gende 5 Gattungen vertheilt: Oileus, Proculejus*, Proculus, Oxyges, Pub- lius. 4, Unterfamilie Neleinae mit 60 Arten (65 fehlen noch), sie ver- iheilen sich auf 5 Gruppen mit je 5 Gattungen, von denen in 3 Gruppen je eine fehlt: 1. Pseudacantheae mit Vindex, Spurius, Rimor, Popilius*, Pseudacanthus. 2. Stephanocephaleae mit Stephanocephalus, Mitrorhinus, Paxillus, fehlt, Spasalus. 3. Neleae mit Vatrinius, Petrejus*, Neleus, Ne- leides, Ninus. 4, Pertinaceae mit den 3 mittelsten Gattungen Rhodocan- thopus *, Pertinax, Ptichopus. 5. Phoroneae mit Rhagonocerus, Epiphanus”, Phoroneus*, Eumelus, Undulifer, 5. Unterfamilie mit 19 Arten, welche sich auf folgende 5 Gattungen vertheilen: Passalus, Soranus*, Veturius*, Sertorius, Verres. 5. Tafeln (no 3—7) geben in guter Ausführung meist Kopf und Prothorax, der zu erläuteınden Arten. — (Berl. Entom. Zeit- schr. XV. Heft. 4. S. 1—128.) Edm. Reitter, erster Nachtrag zur. Revision der euro- päischen Meligethes-Arten. — Verf. hat in den Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn (IX. 1871.) auf 135 Seiten und 6 Tafeln eine Reyision dieser schwierigen Gattung unternommen und bringt hier den ersten Nachtrag nebst Anhang, in welchem bereits wieder 11 neue Arten diagnosirt, beschrieben und theilweise auf Taf. VII in Umrissen abgebildet werden: M. Rhenanus (Gruppe II. 3b hinter subrubicundus), Rheinprovinz, M. Ranunculi (Gruppe IV, 1a hinter Moraviacus) Aachen, M. dives (Gruppe V, hinter fibularis), Mähren, M. Ligurieus (XI, 3a hinter brunnicornis) Nizza, M. luetifer (X, vor diffieilis) Steyermark, M. blandulus (X, 2a hinter Kunzei) Rheinprovinz, Mähren, Tyrol, M. Milleri (zwischen blandulus und morosus) Oesterreich, M. solitarius (XI, hinter Brisouti) Madrid, M. mellitulus (XVI, zwischen gagathinus und egenus) Preuss. Rheinprovinz, M. Sauleyi (VIII, zwischen pieipes und moestus) Perpiguan, M. aestimabilis (XIII, nach tropieus) Oesterreich. — (Berl, Entom. Zeitschr. XVi. 125—134.) E. Wehncke, fünf neue europäische Dytisciden, — Im Anschluss an seine frühere Publication diagnosirt Verf, folgende Arten: „Haliplus andalusicus: subovatus, prothorace vage punctato, elytris striato- Zeitschr. f, d. ges. Naturwiss, Bd. XXXIX, 1872. 18 274 punctatis, fuseo-maeulatis. Lg. 3mm Andalusien, Agabus Heydeni: ovalis convexiusculus, subtilissime reticulatus, niger, nitidus, elytris guttis 2 rufis, posteriore minuta vix conspieua : pedibus rufis, femoribus omnibus tibiisque posticis nigris. Lg. 7— 7,5 um, Sierra Nevada. A. rotundatus: ovatus, convexus, nilidus, supra nigro- piceus, subtustniger, antennis, pe- dibus ferrugmeis, femoribus omnibus tibiisque postieis nigris. Lg. Smm, wird mit uliginosus verglichen und stammt von Sardinien, Ibybius Kiesen- wetteri: oblongo- ovalis, convexiuseulus ater, elytris guttulis 2 pellueidis. Lg. 9mm, sehr nahe dem guttiger, aber kürzer und gewölbter von Gestalt, Harburg. Hydroporus gracilis: elongato - ovalis, postice attenuatus, ferru- gineus, sparsim punctulatus. Lg. 2mm, dem pygmaeus am nächsten, Ma- laga. — (Ebd. 134 und 136.) Tg. E. Rey, Synonymik der Europäischen Brutvögel und Gäste. Systematisches Verzeichniss nebst Angaben über die geographi- sche Verbreitung der Arten unter besonderer Berücksichtigung der Brut- verhältnisse. Halle a/S. 1872. 8°. — Den Liebhabern und Freunden der Ornithologie wird in vorstehendem Werkchen ein Verzeichniss der sämmt- lichen in der europäischen Literatur erwähnten Species geboten. Jeder Art sind Citate der Beschreibungen und Abbildungen von Vogel und Ei beigefügt, und diese letzteren, wo es nölhig war, auch kritisirt. Ferner enthält dasselbe Angaben über die geographische Verbreitung, wobei Ver- fasser das Vorkommen der Vögel als Brutvögel als das ihre wirkliche Heimath Bedingende umfasst. Die Angaben selbst basiren hauptsächlich auf des Verfassers reichhaltiger Sammlung von selbst gesammelten oder direct bezogenen Eiern aus den verschiedensten Localitäten, und wo sich dieselben auf Angaben Anderer stützen, ist ihnen immer der Name des Gewährsmannes beigefügt worden. Die in der Form eines alphabetischen Index gegebene Synonymik ist erschöpfend behandelt und enthält mehr als 8000 binäre Namen; deren Bedeutung aus den beigefügten lanfenden Nummern des systematischen Verzeichnisses sofort erhellt. So gehalten dürfte das Werkchen, welches eine recht fühlbare Lücke in der ornitho- logischen Literatur ausfüllt, allen Freunden europäischer Onithologie eine willkommene Gabe sein. T. 1S72. Correspondenzblatt III. des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen Halle. Sitzung am 6, März. Anwesend 22 Mitglieder. Eingegangene Schriften : 1. Noll, Dr. Der zoologische Garten XIII. Hft.2,. Frankf. a/M. 1872. 80. 2. 3. Memoires de la Soe. des sciences phys. et natur. de Bordeaux. Tom. VI. 1868. Tom. VIII, Bordeaux 1870. 8°, 4. Monatsschrift der k, preuss. Akademie der Wissenschaften. Dez, 1871. Berlin 1871. 8°. 5. Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt XXI. nebst Verhandlungen derselben Gesellschaft. Wien 1871. Lex. 8°. Herr Prof. Giebel fordert die anwesenden Mitglieder auf, zur näch- sten Sitzung ihre und anderer glaubwürdiger Personen bei der heutigen . Erdersehütterung gemachten Beobachtungen aufzuzeichnen, damit dieselben als möglichst vollständiges Bild für die Vorgänge in unserer Stadt in der Zeitschrift niedergelegt werden können. (Siehe S. 228,) Sodann theilt derselbe einen Brief von Hrn. Prof. Siewert aus . Cordoba mit. Nach Darlegung der grossen Schwierigkeiten, mit welchen die beabsichtigte Organisation der Universität nach deutschem Muster und die Vorträge über Chemie ohne ein nur einigermassen eingerichtetes Labo- ratorium zu kämpfen haben, denen gegenüber jedoch das lebhafte Interesse wenigstens einiger Studierender für die Chemie eine gewisse Befriedigung gewährt und die schnellere Herrichtung eines Laboratoriums dringend macht, schildert der Brief die socialen Verhältnisse und die Stadt Cordoba. Erste betreffend hält Professor Siewert es in in Bezug auf das Leben und den geselligen Verkehr für die aus Deutschland dorthin übersiedelnden Do- eenten für gerathen, dass sie ihre Lebensgefährtin aus der Heimat gleich mitbringen, wenn auch die Frau mit Einrichtung und Führung des Haus- standes gleichfalls mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Die katholische Geistlichkeit waltet noch unumschränkt. Die Stadt ist regelmässig gebaut, die Häuser meist mit flachen Dächern, aber so leicht, dass starke Regen durchschlagen. Der Rio primero fliesst etwa 50 Meter tiefer als die Lage der Stadt von W nach O und sein früheres weites Bett ist sehr salzhaltig, da während der heissen Jahreszeit an kahlen 132 276 Stellen Kochsalz herausblüht, weiter naeh Norden sogar auf weite Strecken in so grosser Menge dasselbe gewonnen wird, dass dieselbe den Bedarf für Cordoba deckt. Leider fehlen noch alle Communicationswege in der Gegend und erschweren den Transport und das Reisen sehr. Die Strassen Cordoba’s sind grösstentheils ungepflastert, haben längs der Häuser Trot- toirs theils aus Ziegelsteinen, theils aus Marmor, der in 4 legua Entfer- von der Stadt gewonnen wird. Der lockere Strassensand wird vom Winde in die Häuser und Zimmer getrieben und belästigt dadurch sehr. Die Häuser der untern Volksklasse sind von einfachster Art, nur etwas über Manneshoch, blos mit Thüröffnung aufgeführt, von vier Algarrobe-Eck- pfählen mit aufgelegten Algarrobalken, die Wände von einer Art Zucker- rohr und Lehm, die Decken von Rohr oder von Fassdauben. Von innerer Einrichtung dieser einfachen Hütte ist ausser einer als Lager dienenden Kuhhaut nichts zu sehen. Die bessern Stände innerhalb der Stadt bauen solidere Häuser, aber meist auch ohne Fenster nach Art der alten pom- pejanischen. Prof. Siewert theilt Plan und Einrichtung seines eigenen Wohnhauses und seines Auditoriums mit und schildert schliesslich noch das Leben und die geselligen Verhältnisse der verschiedenen Stände. Die Temperatur schwankt auffallend und verursacht häufige Erkältungen,‘ m Sommer glühende Nordwinde am Tage, kühle Nächte, .dazu Mosquitos und Wanzen, im Winter 3—5° unter Null und keine Oefen etc, Herr Dr. Trenkmann theilt Bruchstücke aus einem zweiten Briefe desselben Herrn mit, welehe sich vorzüglich auf die dort vorkommenden Steinkohlen und deren chemischen Analysen beziehen s. S. 224. Schliesslich führt Herr Prof. Taschenberg den Maulwurf, die Saat- krähe, den Sperling und die Maulwurfsgrille als Beispiele solcher Thiere an, deren Nützlichkeit oder Schädlickeit für unsere Culturen nicht im Allgemeinen, sondern unter Berücksichtigung lokaler Verhältnisse, so wie der Zeit und Menge des Auftretens zu beurtheilen sei. Die Veranlassung zu diesem aphoristischen Bemerkungen hatte eine ihm von auswärts zu- gegangene Mittheilung gegeben, dass der Frosch als Schädiger der Erd- beeren aufgetreten sei, eine Erscheinung, welche Herr Prof. Giebel in Zweifel zog. Sitzung am 13. März. Anwesend 18 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Journal of the royal geological society of Ireland XIII. 1, 1870— 171. Edinburg 1971. 89. 2. Samuel Haughton. On om elementary principes in animal mecha- nies no IV. Separatum aus no 120. (1870) des vorigen Journals. 3. — — On the constituent minerals of the granits of Scotland — desgl. no 119 (1870). A. Brasack, Dr.', Chemische Untersuchungen über die Fluss-, Spring- und Quellwasser der Stadt Aschersleben. Ein Schulprogramm, Aschers- leben 1872, 4°, ii 277 5. Delius, Zeitschr. des landwirthschaftlichen Centralvereins der Prov. Sachsen. XXIX. no 3. Halle 1872. 8°, Das Decemberheft der Zeitschrift liegt zur Vertheilung aus. Hinsichtlich der Ferien wird beschlossen, noch eine Sitzung zu halten und das neue Semester mit dem 17. April zu beginnen. Herr Prof. Giebel theilt den Angriff auf seinen Thesaurus Ornitho- logiae aus dem literarischen Centralblatte und die denselben zurückweisende Erwiderung seinerseits mit, welche im Februarheft nachzulesen ist. Herr Dr, Köhler referirt Eulenberg’s Untersuchungen über den Nik- kolingehalt im Tabaksrauche, nach welchen das Vorhandensein des Niko- tins im Rauche nicht nachgewiesen werden konnte, sondern nur die Gegen- wart flüchtiger, bisher nicht zu isolirender Ammoniak-Basen. Es knüpfte sich an diese Mittheilung eine lebhafte Debatte unter den anwesenden H. Chemikern, welche behaupteten, dass bei den angestellten Verbrennungs- processen der grossen Tabaksmengen eben so wie in den Tabakspfeifen Nikotin im Destillationsproduckte habe verbleiben müssen. Sitzung am 20. März. Anwesend 18 Mitglieder. Eingegangene Schriften: Dritter Bericht des botan. Vereins in Landshut über die Vereinsjahre 69/71. Landshut 1871. 8°. Herr Prof. Giebel theilt ein Schreiben des H. Bölte, Sekretärs des Allervereins mit, worin derselbe Auskunft über vermeintliah terliäre Knochenreste und eine Muschel erbittet, welehe zwischen Hundisburg und Alt-Haldensleben am Rande des Beverthales aufgefunden worden sind. Vor- tragender erklärt dieselben für ein Unterkieferstück mit zwei Zähnen und ein Schenkelfragment von Rhinoceros tichorhinus, die Muschel war eine schlecht erhaltene, darum unbestimmbare Lima, höchst wahrscheinlich der Kreide angehörig. Herr Stud. Rudolf Credner sprach sodann über die Erzlagerstätten des nordwestlichen Oberharzes und gab als Einleitung hierzu eine allge- meine Uebersicht über die Natur der Erzvorkommen überhaupt. Die Erze, auf deren Vorkommen neben dem von Kohle und Steinsalz in nieht geringem Grade der Reichthum eines Landes beruht — eine That- sache, für die der nationale Wohlstand Englands, Amerika’s, der Rhein- provinz spricht — kommen in der Erde in dreierlei Art der Ablagerung vor, Zuerst als regelmässig zwischen den Schichten lagernde Flötze, sodann als unregelmässig in den Schichten vertheilte Stöcke und endlich als Ausfüllung von Gebirgsspalten, als Gänge. Als charakteristisches Beispiel für das flötzartige Vorkommen erläutert Vortragender das Kupfer- schieferflötz von Mansfeld und das Sphärosideriteisensteinflötz in der Ruhr- gegend, für die stockartige Ablagerung das höchst typische, in Gestalt einer grossen Linse auftretende Erzmittel des Rammelsberges bei Goslar. Die Gänge zu deren speciellen Betrachtung Redner sich nun wendet, sind Gebirgsspalten, die mit dreierlei Material ausgefüllt sein können: entweder dnrch gluthflüssig aus dem Erdinnern emporgedrungene Massen, _ 278 = durch Eruptivgesteine, oder durch nicht erzhaltige Mineralien (Asphalt, Flussspath), oder aber durch erzführende Mineralien. Die durch die letze Ausfüllungsart entstandenen Erzgänge vertheilen sich im nordwestlichen Deutschland namentlich auf 4 Gebiete: das von Freiberg im Erzgebirge, von Neudorf-Harzgerode am östlichen Unterharz, das von St. Andreasberg und schliesslich das von Clausthal auf dem nordwestlichen Oberharz. Nach Charakterisirung der Erzvorkommen der einzelnen Gebiete geht Vortragen- der speciell zur Betrachtung der claustlialer Erzgänge über und leitet die- selbe durch eine Beschreibung der geognostischen Verhältnisse des nord- westlichen Oberharzes ein, auf dessen durch die untere unproductive Stein- kohlenformation gebildetem Plateau die Silber-, Blei-, Kupfer- und Zink- erze führenden Gänge auftreten, und zwar in 10 einander ziemlich paral- lelen sogenannten Gangzügen, welche nun durch eine Reihe der grossar- tigsten bergmännischen Unternehmungen der Beobachtung in ausgezeich- neter Weise zugänglich gemacht sind. Vortragender verbreitet sich nun über das räumliche Verhalten der Gänge, über deren Mächtigkeit und Ausdehnung, sowie über die Ausfüllungsmasse. Die clausthaler Gänge erreichen eine Mächtigkeit von 50 Met. und sind bis zu einer Tiefe von nahe 1000 M. aufgeschlossen, während ihre Längserstreckung theilweise bis auf mehrere Meilen verfolgt ist. Ausgefüllt sind diese Gänge ihrem grössten Rauminhalt nach durch sog. Ganggesteine d. h. einem Zer- setzungsproduct des Nebengesteins, dem Gangthonschiefer, und sodann durch Kalkspath, Quarz und Schwerspath, in welchem dann die oben er- wähnten Erze band- und nierenförmig oder imprägnirt auftreten. Für alle diese Vorkommen werden charakteristische Belegstücke zur Ansicht vorgelegt. Ueber die Frage nach der Entstehung der Gänge und besonders über die Bildung der Gangspalten. des Oberharzes spricht sich Vortragender dahin aus, dass sie unzweifelhaft, wie auch aus der Richtung aller Harzer Gänge, nämlich parallel der Längserstreckung des Gebirges, hervorgeht bei der Hebung des Harzgebirges durch Faltungen und Knickungen der Schiehtenmassen entstanden sind. Kohlensäure haltige Wasser drangen dann in die so entstandenen Ritzen und Klüfte ein, zersetzten das Neben- gestein und bildeten eine schlammige, breiige Masse, welche die dadurch erweiterlen Spalten ursprünglich vollständig ausfüllte. Bei dem Eintroeknen dieser Masse entstanden dann wieder neue Hohlräume und Risse innerhalb der Gangspalten und diese wurden nun allmählig durch Absätze von Mi- neralsolutionen, welche von unten empordrangen, ausgefüllt. Herr Geh. Rath Credner bezeichnete als weitere Eigenthümlichkeit der eben geschilderten Erzlagerstätten die sogenannten „Erzfälle“, d. h. ein plötzliches Aufhören der erzführenden Gesteine, um in grösserer Tiefe von Neuem zu beginnen, dergleichen Erscheinungen kämen in österreichi- schen Schachten gleichfalls vor und hiessen dort „‚Adels-Vorschub.“ Herr Prof. Credner schildert sodann noch in kurzen Umrissen die höchst interessanten und in ihrer Grossartigkeit einzig dastehenden Kupfer- erzlagerstätten im huronischen System am obern Missisippi. 2719 Schliesslich referirte Herr Dr. Köhler die sich zum Theil wider- sprechenden Resultate der von Bogoslovsky und Bunge über das Fleischextraet angestellten Versuche. Bogoslovsky kann nicht, wie Kem- merich die Kalisalze im Fleischextrakte für den wesentlichen Bestand- theil erklären; denn die Fleischextract-Asche, welche der Hauptsache nach ans den genannten Salzen besteht, erweist sich auch kleinen Thieren ge- genüber als vollständig indifferent. Dagegen fand er die bekannten Anga- ben Kemmerichs über nach Fleischextrakt entstehende Puls- und Tempera- tnzsteigerung in allen Punkten bestätigt, lerztere muss also von einem organischen Bestandtheile der Fleischbrühe abhängig sein. Positiv hat Verf. bisher nur ermittelt, dass das Kreatin diese Bestandtheile nicht bil- det. Bunge geht in seinem Widerspruche gegen Kemmerich noch viel weiter. Auch er beschäftigt sich in erster Linie mit der physiologi- schen Bedeutung der Kalisalze des Fleischextrakts, und in zweiter Linie mit dessen fraglichen Werth als Nahrungs- oder Genussmittel. Nachdem er die Analysen des von ihm verwandten 21,9 %, Asche hinterlassenden Fleischextraktes mitgetheilt hat, wendet er sich zu den Resultaten folgen- der sechs Versuchsreihen: 1. beabsichtigte er Kemmerich’s Versuch an Kaninchen bezüglich der Temperatur nnd des Pulses an Hunden zu wie- derholen. Nur drei Versuchsthiere erbrachen das Fleischextrakt nicht und behielten 50 gr. des letzteren bei sich. Dieser grossen Menge des beige- brachten Extraktes ungeachtet änderten sich Temperatur und Puls bei diesen 3 Hunden nicht im mindesten, 2. Verf. nahm zur Controlle der Versuche unter 1 in Gemeinschaft mit Freunden 10; 22,4; 34 gr. u. s. w. Fleischextrakt ein und mass Temperatur und Puls zwei Stunden lang alle 5 Minuten. Hierbei ergab sich das Kemmerichs Beobachtungen abermals widersprechende Resultat, dass in Folge des Extrakigenusses jedenfalls keine Puls- und Temperatursteigerung, ja sogar eine minimale Abnahme derselben, abhängig, nach Verf., von der durch die Versuche bei ihm und seinen Collegen erweckten Langeweile zu Stande kam. 3. Kaninchen wurden Fleischextraktmengen von 5,2 gr. in 40 Theilen Wasser beigebracht. Hiernach stieg der Puls von 120 auf 144. Wurde die doppelte Menge gegeben, so erreichte der Puls die doppelte Frequenz, wurde jedoch un- regelmässig; Lähmungen gesellten sich hinzu und nach 11/, Stunde trat der Tod ein. Hiernach ist die frühere Angabe von Poscopaew, dass es eine letale topische Dosis der Kalisalze für kleine Thiere giebt, aufs Neue bestätigt, und würde dieselbe für Kaninchen auf 10 gr. festgestellt sein. 4. Anderseits ist Temperatur und Pulssteigerung bei Kaninchen nach Beibringung kleinerer Salzmengen nicht Folge der Wirkungen der Kalisalze, sondern durch das Festhalten der Thiere, Einführung der Schlundsonde, Injection in den Magen etc. hervorgebracht. Der Beweis hierfür liegt darin, dass dieselbe auch wenn Kalisalze mit Natronsalzen vertauscht werden, ja sogar wenn man nur Wasser einspritzt, in fast ganz gleicher Intensität zu Stande kommt. 5. Exaete Beobachtungen mittelst des Tudwig’schen Kymogra- phions an Kaninchen ergaben nach Fleischextrakteinspritzung bald eine minimale Steigerung, bald eine geringe Abnahme des Blutdrucks bei An- wendung mittlerer Dosen. Nur sehr grosse, topische Dosen hahen kurz 280 vor dem Tode Sinken der Pulsfrequenz und der Temperatur zur Folge. Kemmerichs Beobachtung einer constanten Pulssteigerung erklärt Verf. für eine Folge der beim Experimentiren an, sich selbst gesteigerten Auf- merksamkeit. 6. Aus dem bisher Berichteten ergeben sich folgende Schlüsse: Tödten 3 gr. Fleischextraet, bez. die darin enthaltenen Kalisalze ein Ka- ninchen, so würden beim Menschen 225 gr, Extrakt zur Hervorbringung desselben Effectes nöthig sein. Da nun aber der Magen keine 50 gr. bei sich behält, so sind Befürchtungen an die Kaligehalte des genannten Ex- traktes für die menschliche Gesundheit nicht zu knüpfen. Da ferner Fleischextrakte Puls und Temperatur nach Art des Kaffees, Thees etc. nicht erhöht, so liegt a. kein Grund vor, denselben seines höhern Kalisalz- gehaltes wegen ebenfalls Kali- und Stickstoffhaltigen Gemüsen vorzuziehen und ist derselbe b. auch nicht als Genussmittel im eigentlichen Sinne, sondern einfach als Leckerbissen für Leute, welche dasselbe bezahlen können, zu betrachten. Die Verwitterungs - Vorgänge in der anorganischen Natur von W. Zopf. Erst die naturwissenschaftlichen Forschungen der neuern Zeit, namentlich die chemischen von Anfang dieses Jahrhunderts an, haben in die Jahrtausende hindurch bekannten Vorgänge der Verwitterung wissenschaftliche Einsicht verschafft. Man weiss jetzt, dass die Atmosphärenstoffe und die au der Erdoberfläche wirksa- men Kräfte die Träger der Erscheinungen sind, die den Verwit- terungsprozess in seinem verschiedenen Auftreten ausmachen. Aber es ist noch nicht lange her, dass man die einzelnen Ur- sachen desselben deutlich erkannte und ihnen die richtige Stellung zu einander anwies. Noch Walchner kennt in seiner Mineralogie als Ursachen der Verwitterung nur den atınosphärischen Sauer- stoff und das Wasser, und Bischoff*) rühmt von sich, dass er der Erste im Jahre 18926 gezeigt, dass Kohlensäure und Wasser die Zersetzung des Feldspaths bedingen. Und selbst heute noch, trotz vielfältiger Bearbeitung gerade in den letzten Jahrzehnten Th. im Interesse der Technik und Landwirthschaft, gehört das Kapitel von der Verwitterung zu nichts weniger als zu den ab- geschlossenen der Wissenschaft, was sich auflällig genug offenbart, wenn man in den chemisch-mineralogischen Sammelwerken, Wor- terbüchern etc. nach einer bestimmten Definition des Begriffs Ver- witterung sucht, so vie dem Verfasser bekannt, ein stets vergeb- liches Bemühen. Gehen wir darum einfach davon aus, dass jede Mineralıinasse, die an die Oberfläche des Erdkorpers reicht, daselbst in fortwäh- render Beziehung zu den meteorischen Erscheinungen, in fortwäh- render Berührung mit den wechselnden Teinperaturen und den Atınosphärenstoffen (namentlich Wasser, Sauerstoff und Kohlen- säure), und den verschiedenartigsten Organismenresten steht, dass alle diese Kräite und Stoffe umwandelnd auf dieselbe einwirken, und dass der bei dieser Umwandlung bleibende Rückstand „Ver- witterungsrückstand“, der Prozess selbst „Verwitterungsprozess‘‘ *) Bischoff Geologie II, 424. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XKXIX, 1872, 19 282 genannt zu werden pflegt. Die genauere Definition wird sich erst im weiteren Verlaufe der Darstellungen ergeben, nur das sei gleich hier betont, a dem Geiste der Sprache nach der Be- griff Verwitterung nur da Anwendung finden kann, wo von dem Körper, an dem sich die Umwandlung vollzieht, immer noch ein Rest, wenngleich meist aufgelockert und seiner Masse nach mehr oder weniger vermindert, vorhanden bleibt. Unter den an der Erdoberfläche wirksamen Kräften ist das Wesen der magnetisch-eleetrischen und ihr möglicher Zusammen- hang mit Verwitterungsvorgängen so gut wie unbekannt. Man weiss höchstens, dass sie einen mittelbaren Einfluss durch Erre- gung stärkrer Affinität bei Ozonisirung des atmosphärischen Sauer- stoffs gewinnen mogen. Nicht viel besser steht es mit unsrer Kenntniss der Wirkun- gen, die das Licht bei der Verwitterung hervorzurufen im Stande ist. Zwar ist die chemische Wirksamkeit des Lichtes in vielen Fällen bekannt genug, und Suckow*) zählt auch eine Reihe von Mineralspecies auf, (die Silber-Haloide , Rothspiessglanz, Kobalt- blühte, Colophonit, Hyaeinth ete.) die sich am Lichte theils schwär- zen, theils ausbleichen — Erscheinungen, mit denen der wahre Verwitterungsprozess in den meisten Fällen sich einleitet, und die Suckow mit einer reduzirenden Wirkung des Lichts zu be- gründen sucht. Aber schon Suckow selbst muss hinzufügen, dass bei dieser Erklärungsweise die Beobachtung Faraday’s z. B. nur um so problematischer werde, dass gewisse Tafelglasstücke beim Liegen am Lichte dunkler wurden, und zwar gerade die blässe- ren am stärksten. Es ist vielmehr noch keineswegs so sicher, wie Suckow annimmt, dass die von ihm gegebene Erklärung der Er- scheinung richtig genug ist, um darauf das von ihm ausgesprochene Gesetz zu Arunden: Das Licht scheidet acide Stoffe (O, Cl, Br, J, Fl, und wohl auch Säuren) aus ihren Verbindungen ats. — Der u. sichere, vom Lichte wenigstens mit abhängige Einfluss auf Ver- witterungserscheinungen ist abermals nur ein mittelbarer: unter dem Einfluss des Lichtes geht der gewaltige Lersetzungsprozess der atmosphärischen Kohlensäure durch die Pflanzen in Pflanzen- Substanz und freien Sauerstolf vor sich. — Viel bedeutsamer und unmittelbarer auf die Verwitterung wirkend erscheint unter den physikalischen Kräften die Wärme. Abgesehen davon, dass durch sie die chemischen Actionen eine mächtige Anregung erfahren, ist ihr direeter Kinfluss auf die anorganischen Körper bei dem fortwährenden Temperaturwechsel schon hinreichend, um Vorgänge zu bewirken, die sich selbst, wo sie noch isolirt auftreten, von dem Begriffe Verwitterung nicht ausschliessen lassen. Die dureh die Wärme bewirkte Ausdehnung erfolgt nämlich für Krystalle nach den verschiedenen Axenrich- *) Suckow: Die Verwitterung im Mineralreiche, Jena 1848. S. 232 ff. 283 tungen hin nicht gleichmässig, wenigstens nicht für krystallogra- phisch verschiedene Axen. "Nach den Resultaten Pfatf’s*) sind die Ausdehnungseoeffizienten für die regulär krystallisirenden: Granat (0,0008478), Schwefelkies (0, 0010084), Magneteisen (0,0009540), Bleiglanz (0,0018594), Flussspath (0, 0019504) zwar für alle Axenrichtnngen als ‚gleich anzusehen, dagegen ergaben sich wesentliche Ver chiedenhieien 7. B. bei den Krystallen mit einer ausgezeichneten Axe: Zinnstein c = 0,0004860 a= 0,0004526 Bevyll 0,0001721 0,0000132 Quarz 0,0008073 0,0019147 Kalkspath 0,0026261 0,0003105 Die mechanische Wärmetheorie erklärt diese Verschiedenheit der Ausdehnung genügend. Die Moleküle lagern bei Krystallen nach gewissen Richtungen dichter neben einander als nach anderen. Es ist also denkbar, dass sie in den Richtungen, in welchen sie weniger eng zusammengepackt sind, freiere und breitere Schwin- gungen bei Temperaturzunahme ausführen als nach anderen, und eine ungleichmässige Ausdehnung nach den verschiedenen Rich- tungen erscheint als die ganz naturgemaässe Folge hiervon. Die Verschiedenheit der Ausdehnung ein und desselben Korpers in verschiedenen Richtungen muss aber nothwendig die Spannüngs- verhältnisse seiner Moleküle ändern, wodurch ein Zerreissen her- beigeführt wird, das sich bald auch ätsserlichl in Rissen und Sprün- gen merklich macht. Noch viel bedeutungsvoller wird natürlich derselbe Vorgang, wenn feste Körper aus einem Gemenge verschiedenartiger Theile bestehen, wie die meisten unserer Gesteine Dort kommt zur Verschiedenheit der Ausdehnung desselben Gemengtheils nun noch die den verschiedenen Massen eigenthümliche Grösse der Ausdehnung und Pfafl’s Messungen zeigen gleichzeitig, wie sehr verschieden für die verschiedenen Mineralien die Ausdehnungs- coeffizienten sind, was auch durch die Messungen Fizeau’s**) neue Bestätigung erhält. Es liest also in der That schon in der Mengung der einzelnen Gebirgsmassen der Keim zu ihrer Zertrümierung ; und es übt in dieser Art die Wärme sanz allgemein den ersten Angrif! auf das Gestein, den späteren Verwitterungsfactoren die ersten Haftpunkte ihrer Thätigkeit gebend und dieselben auch im weiteren Verlaufe der Verwitterung noch fördernd und be- gleitend. Die Schnelligkeit dieser Wirkung wird natürlich sehr ver- mehrt, je grosser ‚die Schwankungen in der Temperatur der ein- en Mineral - und Gesteinspecies sind. Möglichst senkrechte Lage der Oberflächen gegen die Richtung der einfallenden Strahlen, *) Jahresber. d. Chem. ete. 1858, p. 6 und Pogg. Aun, 104, 171. — 7%) Jahresber. 1869, 48. 19* 284 rauhe Oberfläche, dunkle Farbe, grössere Dimension der Gemeng- theile werden das Fortschreiten dieser Verwitterungsanfänge be- günstigen, besonders dann, wenn grosse Differenzen in den Ge- mengtheilen die Verschiedenheit ihres Verhaltens gegen die Wärme im grössern Umfange zur Geltung bringen können. - Der sehr schwer verwitternde Diorit z.,B. ist um so mehr der Ver- witterung zugänglich, je grobkörniger er ist, je mehr also die Differenzen in der Farbe seiner Gemengtheile (grauweisser Oli- goklas und schwarze Hornblende) sich geltend machen könne. Bekannt ist ferner, dass der glattflächige Kaliglimmer, schon für alle andern Verwitterungsagentien hinreichend unempfänglich, infolge seiner hellen Farbe und glatten Oberfläche selbst der Zer- trümmerung durch die Wärme entgeht, so dass man seine Blätt- chen trotz ihrer viel geringeren Härte oft sehr zahlreich noch in dem Quarzsande der Niederungen findet, die sie schwerlich er- reicht hätten, wenn der erste verwitternde Angriff durch die Wärme besseren Erfolg gehabt hätte. Die reiche Manichfaltigkeit der Verwitter ungserscheinungen wird aber erst recht eigentlich hervorgerufen durch die an der Erdobertläche vorhandene wägbare Materie, durch das Wasser und die Gase der Atmosphäre. Dieselben, unter dem Namen ‚‚At- mosphärilien‘“ zusammengefasst, hat man denn auch schon seit langer Zeit in mehr oder minder präciser Auffassung als die eigentlichen Träger des Verwitterungsprocesses angesehen. Die atmosphärische Luft enthält nach Graham-Otto *) durch- schnittlich in 100 Theilen N 18,35 10) 20,77 { Darunter ist aber der Wasserdampf HO-Dpf. 0,84 {| den allergrössten Schwankungen 161075 0,04 ) unterworfen. 100,00 Der seiner Menge nach so sehr überwiegende Stickstoff kommt hier für sich allein gar nicht in Betracht. Nur einzelne seiner Verbindungen , namentlich Aınmoniak, gewinnen einigen Einfluss auf die Verwitterung: Nach Perrot *) enteht NH, durch directe Vereinigung bei electrischen K Entladungen, und Scherben Kr) hat beobachtet, dass bei der langsamen Oxydation des Phosphors an feuchter Luft, wobei stets Ozonisirung des Sauerstoftfs stattfindet, die Bildung von salpetrigs. Ammoniak vor sich geht, Ausserdem muss der Luft infolge der Verwesung organischer Stoffe, wobei stets kohlens. Ammoniak gebildet wird, eine nicht unbedeltende Menge davon zugeführt werden, so ANs die Luft in der That . *) Grah.-Otto: Lehrb. d. Ehe I., 321. **) Jahresber. pp. 1861, p. 157. #>*) Jahresber. pp. 1861, p. 157. 285 immer etwas NH, enthält, im Durehschnitt*) in 10,000 Th. 0,005 Th. NH,. Da das Wasser nun hei gewöhnlicher Temperatur %, seines Gewichts von Ammoniakgas aufnimmt, so werden durch atmosphärische Niederschläge nicht ganz unbedeutende Mengen von Ammoniak dem Erdhkoden zugeführt, wo sie einigen Einfluss auf die Verwitterung besonders dann gewinnen müssen, wenn sich das Resultat Wittstein’s bestätigt**), dass nicht nur gallertige, sondern auch trockne und geglühte amorphe Kieselsäure von Am- moniak in erheblicher Menge gelöst, ja selbst Quarzpulver wenig- stens angegriffen wird. Der Sauerstoff der Atmosphäre dagegen ist schon seit lange seiner kräfiigen Affinitäten wegen als wichtiges Verwitterungsagens bekannt. Schon Walchner, der in seiner Mineralogie bei Skizzi- rung der Verwitterungsvorgänge die Kohlensäure noch gar nicht erwähnt, legt ein Hauptgewicht auf die Wirksamkeit des Saner- stoffs. Die Gruppe von Mineralkörpern, bei denen eine Aufnahme von Sauerstoff stattfindet, sind aber 1. diejenigen Oxyde, die noch nicht den für die gewöhnlichen Umstände höchsten Sauerstoffgehalt haben (besonders Eisen- und Manganoxydul). 2. Schwefel- und Arsenik-Metalle, wobei die Oxydation sich entweder nur auf das Metalloid oder auf beide Bestandtheile erstreckt. Mittelbar wirkt Sauerstoff noch auf das Erdreich, wenn die Oxydationsproduecte umwandelnd wirken. Für den Stoffwechsel im Mineralreiche und die Beschaffenheit der Pflanzen-Nahrung erscheinen in dieser Hinsicht namentlich die Schwefelmetalle und ferner die verwesenden organischen Reste wichtig. In seiner Per iehen Modification und unter den gewöhn- lichen Verhältnissen ist aber der Sauerstoff für sich allein wenig befähigt zum Eingehen von Verbindungen. Er muss, mit den durch Schönbein’s treffliche Entdeckungen bekannten Mitteln po- larisirt werden, um lebhafte chemische Verwandtschaften zu äussern, und nach neueren Untersuchungen***) müssen wir uns vielmehr vorstellen, dass auch da, wo die gewöhnliche Modifica- tion oxydirend wird, eine vorherige Polarisation des Sauerstotfs durch die Feiuaren Körper statt findet, die durch Erwärmung, Feuchtigkeit etc. nur befördert wird. Der weit geringere Gehalt der Aıtiösphäre an Kohlensäure, deren Quellen hauptsächlich die Organismen und das Innere der Erde sind, ist nun schon ziemlich bedeutenden Schwankungen unterworfen. So ist z. B.****) der Kohlensäuregehalt an der * Mulder: Chemie der Ackerkrume. Deutsch. Ausg. I, 166. **) Jahresber. ete. 1866, 193. **) s. Grah.-Otto I, 185. =) s, Grah.-Olto II, 340, 286 Oberfläche der Erde, während der Nacht grösser als am Tage, im Sommer grösser als im Winter; mit zunehmender Hohe wird er ebenfalls grösser; dagegen vermindert anhaltender Regen den Kohlensäuregehalt der Luft durch Absorption sehr merklich u. dgl. Je nach diesen Schwankungen sind die auf Einwirkung der Koh- lensäure beruhenden Verwitterungsvorgänge mehr oder weniger intensiv, aber doch für die Beobachtung nur wenig bemerkbar verschieden. — Auch die Wirkung der Kohlensäure erstreckt sich im Wesentlichen nur auf 2 Gruppen von Mineralien: entweder lost sie die in Wasser unloslichen kohlens. alkalischen Erden und Metalloxyde auf, oder sie verdrängt die unter gewöhnlichen Ver- hältnissen schwächere Kieselsäure. Namentlich diese Zersetzung der Silieate ist für sie ganz characteristisch; doch verdient gleich hier bemerkt zu werden, dass die massenhaften Umwandlungen dieser Art an unsrer Erdrinde nur zu einem bescheidnen "Theile von der aus der Atmosphäre direet wirksam gewordnen Kohlen- saure herrühren, in ungleich grossartigerer Weise in der mas- senhaften Kohlensäure-Production der verwesenden Organismen in und aul der Erdrinde selbst ihrn Quelle haben. — Alle chemischen Actionen dieser bis jetzt besprochnen Atmosphä- ren-Stotle sind aber ausuehmend gering, wohl gar verschwindend klein, weun diese Gase als solche auf sich selbst, ohne jede Hülfe andrer Stoffe angewiesen bleiben. Zuvorderst ist wohl zu beachten, was Mulder*) unter der Ueberschrift „physikalische Ursachen der Verwitte- rung“ mitRecht stark betont, dass durch die an der Oberfläche fester Korper stets statt findende Verdichtung der Gase, die in geradem Verhaältniss zur Oberfläche steht, die chemische Wirk- samkeit jener Gase von wesentlich grösserer Intensität sein muss, als wir sie bisher annahmen. Zwar gel Mulder in einseitiger Be- tonung dieses Punktes entschieden zu weit, wenn er sagt; „Das Vorhandensein, sowie die ununterbrochen fortdauernde Einwirkung und die stete Erneuerung dieser geringen Schicht condensirter Gase sind die ersten und wichtigsten Ursachen jenes Naturprozesses, welchen man als Verwitterung bezeichnet.‘ Aber sicherlich ist die Zunahme der Verdichtung von Gasen bei wach- sender Porosität sehr zu beachten, wenn man aus den Versuchen von de Saussure”**) erfährt, dass z. B. 1 Vol. Holzkohle, 9,3 Vol. Sauerstoff, 35 Vol. Rohe en 90 Vol. Ammoniak und 1,5 Vol. Sticksiofl absorbirt. Es werden demnach durch die im Boden überall verbreiteten organischen Reste, die sich in dieser Be- ziehung alle der Kohle mehr oder weniger gleich. verhalten, be- deutende Gasabsorptionen vollzogen; und ähnlich, wenn auch *) Mulder I. e, I, 164, **) ]bid. 287 schwächer, geschieht die Verdichtung der Gase an der Oberfläche jedes andern verwesenden organischen Körpers. Aber auch un- organische Körper verdichten die Gase an ihrer Oberfläche, und natürlicherweise die von lockerem Zusammenhange am meisten. Wie ansehnlich diese Absorption, und wie verschieden für ver- schiedene Gase dieselbe werden kann, zeigen folgende Resultate von de Saussure*. Es absorbiren bei 150 C. und 730"m Druck NH3 | co, | © N 1 Vol. Meerschaum . . . 15 | 5,26 | 1,49 | 1,6 » Klebschiefer . . . 113 | 2,0 0,7 0,7 Meanllölzasbestruuniin KUDE2TSH ET 0,47 | 0,47 hi Bergkorkiinanae N 2,3 | 0,82 | 0,68 | 0,68 Me Nlydrophann# 4.021021064,091.1,0 0,6 0,6 u Gypsent nal 0,4 0,58 | 0,53 a Bergmilchii. ).14...0. 0,87 | 0,67 | 0,8 Ammoniak wird hiernach am stärksten absorbirt, darauf folgt die Kohlensäure. — Und wenn die Absorption mit der Lockerheit des absorbirenden Körpers zunimmt, so wird dadurch erklärlich, dass gerade die aufgelockerten Verwitterungs-Rückstände, nament- lich die Ackererden, ein nicht zu unterschätzendes Beförderungs- mittel der weiteren Verwitterung sind. “ Alle diese bisher besprochnen, die Verwitterung erzeugenden oder befördernden Kräfte und Stoffe aber überragt” in seiner Be- deutung für die Verwitterungsvorgänge bei weitem das Wasser. Die von der Wärme abhängige leichte Wandelbarkeit seiner Ag- gregatzustände macht unter allen Atmosphärenstoffen einzig das Wasser schon für sich allein geschickt, Verwitterungs - Vorgänge hervorzurufen. Seiner Hauptmasse nach bedeckt das Wasser im flüssigen Zustande unsre Erdrinde und durchdringt sie bis in un- gemessene Tiefen, indem es, dem Zuge der Schwere und der Ca- pillarität folgend, selbst die feinsten Poren und Spaltflächen als Canäle benutzt. Sinkt nun im Winter die Temperatur unter 00 herab, so strebt es fest zu werden und dabei in dem Verhältniss wie sein specif. Gewicht gegen das des Wassers geringer gewor- den ist**) sich auszudehnen; und sobald diese Kraft gross genug ist, um den auf dem Wasser lastenden Druck und die Cohäsion des Gesteins zu überwinden, gefriert es und zersprengt dabei die Gesteine in immer kleinere Trümmer, die dann infolge der ver- grosserten Oberfläche den auderweitigen Angriffen um so leichter erliegen. *) Mulder I. c. — Vergl. auch Knop. Agrie.-Chem. Noten, S, 55, No. 16, { **) Nach Dufour (s. Jahresber, 1862, 46) ist das spez. G. des Eises bei 0° auf Wasser von 0° als Einheit bezogen — 0,9178. 288 Aber auch im gasförmigen Zustande ist das Wasser überall auf der Erde verbreitet, weil das flüssige Wasser, ja selbst das Eis, schon bei gewöhnlicher Temperatur verdunstet, (wenn nur für das Wasser Platz da ist). Nur wenn der Raum mit Wasser- dampf bereits gesättigt ist, unterbleibt diese Verdunstung, die Ge- genwart andrer Gase ist höchstens im Stande, sie zu verlangsamen. Darum ist das Wassergas stets in der Atmosphäre vorhanden, durchschnittlich, wie schon angegeben, 0,840%),, aber höchst be- deutenden Schwankungen unterworfen. — In diesem gasformigen Zustande ist das Wassergas durch feste Körper ganz ebenso der Verdichtung durch Flächenattraction unterworfen wie die andern Atmosphärengase. Man pflegt beim Wassergase diese Eigenschaft fester Korper aber mit dem besonderen Namen „Hygroskopieität‘ zu belegen. Jedes Gestein ist nun etwas hygroskopisch, am we- nigsten das glasig-dichte. Als Beleg gilt zunächst die allgemein bekannte Erscheinung der sogen. Bergfeuchtigkeit, des Berg- schweisses; nächstdem aber auch Versuche, wie z.B. der im An- fang April bei 13—15°, 5R. Lufttemperatur von Bischoff*) aus- geführte, bei welchem ein Stück Mandelstein von Idar, in der Siedhitze des Wassers getrocknet, von 100 Gr. Gewicht, aus der Atmosphäre in 2 Tagen 3,66, in 3 Tagen 4,81, in 4 Tagen 5,45, in 6 Tagen 5,92%), Wasser condensirte, womit allerdings die Wasseraufnahme aufhöortee — Namentlich haben wieder alle Pflanzengewebe und nächst ihnen die fein vertheilten Verwitte- rungs-Rückstände im hohen Grade die Fähigkeit, hygroskopisches Wasser aus der Luft zu condensiren. Das steigert sich bekannt- lich bei der Kohle unter günstigen Umständen sogar bis zur Ver- dichtung des atmosphärischen Wasserdampfes zu flüssigem Wasser. Die im Interesse der Landwirthschaft ausgeführten Untersuchungen von Leslie, Davy, später besonders von Schübler, und neuerdings von Knop*) haben ferner auch die Hygroskopieität der Acker- erden ausser Frage. gestellt und überhaupt manches Licht über diese Vorgänge verbreite. Namentlich ist bewiesen, dass jedem Körper auch für das Wassergas ein bestimmtes Condensa- tionsvermögen eigen ist, dessen Grösse abhängt von der Natur seiner Substanz, von seiner Porosität, von seiner Temperatur und der Teinperatur des zu verdichtenden Wasserdampfes. — Doch bleibt auf diesen Gebieten der Arbeit der Zukunft noch viel zu thun übrig. Der in der Atmosphäre befindliche Wasserdampf verdichtet sich aber auch, sobald der seiner Temperatur entsprechende Sät- tigungspunkt erreicht ist, wieder zu flüssigem Wasser, und fällt als solches, seinen Kreislauf vollendend, wieder zu Boden. Diese *) Bisch. Geol. Ill, 624. **) Vergl. Knop: Agric.-Chem. II, p. 14 ff. 289 atmosphärischen Niederschläge gehören mit zu den mächtigsten Beförderern der Verwitterungs-Prozesse. Die blosse mechanische Kraft derselben, die ihnen beim Fall auf den Erdboden so wie beim weiteren Fall aus höheren in tiefer liegende Gegenden mit- getheilt wird, zerstört, besonders da, wo sich damit der mecha- nische Effect der herrschenden Winde*) summiren kann, den Zu- sammenhang der Gesteine, und führt die Trümmer entweder in Auflösung oder als Geröll und suspendirte Theilchen fort, so dass immer neue Gesteinsflächen der Wirksamkeit der Witterungspo- tenzen ausgesetzt werden. Nicht minder gross wie die blos mechanische Wirkung des Wassers als Eis und atmosphärischer Niederschlag ist der Einfluss desselben auf die Verwitterung infolge einer andern wesentlichen Eigenschaft: Das Wasser ist das allgemeinste Losungs- mittel sowohl für feste als gasförmige Körper, und damit haben wir den Kernpunkt berührt, der das Wasser zum eigentlichen Träger und mächtigsten Vermittler, zur Seele des ganzen Ver- witterungsprozesses macht. Um falsche Auffassungen zu vermeiden, sei aher gleich hier erklärt, dass nicht jeder Auflösungsprozess Verwitterung ist. Um diesen Namen zu verdienen, muss er vor allem von den Witte- rungs-Potenzen ausgehen; und alsdann muss ein Rückstand in Form eines wenigstens oberflächlich aufgelockerten Körpers bleiben. Darum kann es sein, dass die Auflösung ein und desselben Körpers in Wasser das eine Mal Verwiiterung heissen muss, das andere Mal nicht. Ist z.B. hinreichend viel Wasser da, um einen Koch- salz- oder Gypskrystall verhältnissmässig schnell und völlig auf- zulösen, so kann von Verwitterung nicht die Rede sein; wohl aber müssen wir denselben Vorgang so nennen, sobald die vor- handene Wassermenge so gering ist, dass sie nur ganz allmählig durch Auflösen und alsbaldiges Wiederverdunsten eine Trübung der Krystallfläche und im weiteren Verlauf einen mehligen Be- schlag auf derselben bildet. Dagegen verdient aber auch gleich hier bemerkt zı werden, dass für die hier in Rede stehenden Vorgänge der Begriff der Löslichkeit und Unlöslichkeit ein ganz anderer ist, als er unter gewöhnlichen Verhältnissen für den Chemiker gilt. Wenn der Chemiker nach dem Behandeln einer Substanz mit Wasser, in sehr beschränkter Menge und engbegrenzter Zeit, dieselbe in dem Wasser weder durch Reagentien noch durch Ahdampfen nachwei- sen kann, so nennt er sie unlöslich. Das ist aber noch lange kein Kriterium für die Unlöslichkeit in dem Sinne, den die Ver- witterung verlangt. Löslichkeit in diesem Sinne ist vorhanden, *) Bekannt ist, dass bei uns, wo die Südwestwinde und Südwest- regen vorherrschen, Thürme, Mauern und Bergabhänge am stärksten an der nach Südwest gelegenen Seite ausgewaschen werden und verwittern, 290 wenn ein Auflosungsprozess auch so langsam fortschreitet, dass seine Wirksamkeit vielleicht erst nach Jahrhunderten sichtbar wird. Und so aufgefasst, kann man die Eigenschaft der Auflös- lichkeit nach den neueren Erfahrungen selbst den in begrenzten Zeiträumen scheinbär vollig unangreifbaren Gesteinen nicht strei- tig machen. Ist ja doch selbst der schwefelsaure Baryt schon nach den Erfahrungen des Laborateriums nicht vollig unlöslich; und die Untersuchungen von Bischoff, Gebr. Rogers, Hauschofer, Delesse, Daubree, andıan Gläsern von Pelouze und Bresser aus- geführt, haben ergeben, dass Feldspäthe, viele andre Silieate und selbst Bergkrystall *) en; im reinen Wasser auflösen. Wir kommen darauf im zweiten Theile noch ausführlich zurück. Es erscheint nach den Resultaten dieser Forscher der Ausspruch Bischoff’s voll- kommen gerechyfertigt**): „,‚Es ist mit aller Evidenz bewiesen, dass auch diejenigen Mineralien, deren Bestandtheile durch die Atmosphärilien nicht zersetzt werden, der auflösenden Kraft des Wassers nicht zu widerstehen vermögen. Nichts im Mineralreiche ist daher unwandelbar.‘ Mar muss eben bei den Verwitterungsvorgängen, wo eine unendliche Wassermasse und unendliche Zeiträume zur Verfügung stehen, sich immer gegenwärtig halten, dass hier die gewöhnlichen chemischen Erfahrungen nicht ausschliesslich massgebend sind. Und das kann den Chemiker, der sich des wichtigsten Berthol- lei’schen Gesetzes, desjenigen der sogenannten chemischen Masse, erinnert, und welches u.a. durch H. Rose ***) Jehrreiche Bern gefunden hat, nicht mehr auffallen. +) Zahlreiche Resultate jener Arbeit bestätigen die Ansichten des genialen Autors des „Versuchs einer chemischen Statik “: „Das Wasser kann als schwache Basis, schwächer als kohlensaurer Baryt, wirken und eine Säure verdrängen; es kann aber ebenso als schwache Säure wirken und eine Säure verdrängen, und das gewöhnlich um so mehr, je mehr Wasser als chemische Masse wirken kann.“ Das Wasser erscheint dabei nicht mehr an die strenge Einhaltung weder des Gesetzes der Verbindungen nach den stärkeren Affı- nitaten noch desjenigen der Verbindungen nach bestimmten con- stanten Verhältnissen gebunden. (Man "denke dabei auch an die so häufige Erscheinung, dass nur einigermassen angewitterte Stücke von Gesteinen stets einen geringen, 'aher variabelen Wassergehalt haben, der trotzdem als chemisch gebunden, als Hydratwasser, anzusehen ist.) — *) N. Delesse, (Jahresber. d. Chem. 1861, 1042.) **) Bischoff Geol. I, 220. *:#%*) 5, dessen Arbeit: Die chemischen Wirkungen des Wassers. Pogg. Ann. 82, 545 u.f. +) Das Gesetz lautet: „Was einem Körper an Verwand tschaftskraft „abgeht, kann ihm durch Vergrösserung der Menge ersetzt werden, ' „und umgekehrt, — 291 Natürlieh ist die Verwitterung auch in dieser Hinsicht, als ein Aufiösungsprozess, von der Temperatur und vom Drucke be- einflusst; und sie erleidet andrerseits manichfaltige Modificationen durch deu Gehalt des Lösungsmittels an andern Substanzen. Denn da das Wasser auf seinem Wege über und durch die Erdober- Nläche sich mit sehr verschiedenartigen Körpern beladen muss, so wird durch deren Vorhandensein in der Lösung die auflösende Kraft des Wassers für andere Mineralien vielfältig verändeit. Trifft z. B. Regenwasser, welches Gyps gelöst hat, mit Dolomit oder Magnesia - haltigem Mergel, die etwa mit dem Gypse schich- tenweise wechsellagern, zusammen, so findet alsbald eine Wech- selzersetzung statt, und die in reinem Wasser unlösliche kohlen- sanre Magnesia geht als schwefels. Magnesia in Lösung und kann dann wohl am Ausgehenden als Ausblühung abgesetzt werden. In älınlicher Weise kann durch Steinsalz und Gyps natürliches Glaubersalz entstehen. — Ganz besonders interessant werden in dieser Hinsicht die alkalischen Lösungen, weil durch sie die Kieselsäure, selbst wenn sie bereits die Modification des Bergkry- stalls angenommen haben sollte, wieder in löslichere Modificatio- nen zurückgeführt wird. Auch hat Bischoff *) experimentell nach- gewiesen, dass die Lösung von kieselsauren Alkalien geringe Mengen Thonerde extrahiren — eine Thatsache, die für die Beurtheilung von Analysen sehr beachtenswerth ist, weil man dabei, um einen Auhaltspunkt zu gewinnen, von der Voraussetzung der Unveränderlichkeit des Thonerde-Silikats auszugehen pflegt. Auch die in der Bodenflüssigkeit befindlichen Ammoniak- Verbindungen verhalten sich denen der fixen Alkalien ähnlich. Feichtinger bewies**), dass Stilbit ınd Hornblende von salpeters. Ammoniak, Chlorit und Granat von Salmiak-, Analeim und Feld- spath von kohlensaurer Ammoniak-Lösung angegritfen werden. Th. Dietrich untersuchte***) 1858 das Verhalten verschiedener Boden zu Wasser, zu kohlensäurehaltigem Wasser, und zu Losun- gen von Ammoniaksalzen, Aetzkalk und kohlens. Kalk, und später 1862 hat er noch die Resultate 3 jähriger Einwirkung von Lösungen verschiedener Ammoniaksalze und Mineralkörper auf Ba- salt und Ackererde mitgetheilt. Im allgemeinen bestätigt auch er, dass schon Wasser allein erhebliche Mengen von verschiede- nen Mineralien aus Erden und Gesteinen auszieht, und“ zwar aus geglühtem Boden mehr als aus natürlichem, namentlich mehr Al- kalien. Kohlensäurehaltiges Wasser und die Lösung von kehlens. Ammoniak zogen mehr als blosses Wasser, besonders mehr Alka- lien und alkalische Erden. — Die löslichen Salze der Kalkerde zersetzen ferner die alkalischen Silicate, indem sich ihre Säure *) Bisch. Geol. Cap. I, Versuch 39. **) S. Knop |. c. II, 179, ***) Nach Knop |. ce. 292 mit der Basis des Silicats verbindet. Auch Gyps- und Chlorcal- cium-Lösungen vermitteln die Auflösbarkeit alkalischer Silikate. Mit diesen Andeutungen müssen wir uns aber an dieser Stelle begnügen; denn die Manichfaltigkeit solcher Wechselzer- setzungen im Mineralreiche zu erschöopfen, wäre unmöglich, und ausserdem gehören diese Vorgänge schon in das umfassendere Capitel von den Metamorphosen der Gesteine, das als solches nicht mehr Gegenstand dieser Arbeit ist. — Die auflösende Kraft des Wassers steht aber im genauen Verhältniss zur Grösse der Berührung. Darum ist, ganz ähnlich wie es schon bei der Verdichtung der Gase der Fall war, auch hier die Structur des verwitternden Körpers von grossem Einfluss. Je mehr Oberfläche, d. h. je mehr Poren, Spalten und Sprünge er bietet, desto besser*). Das Wasser dringt dann infolge der- selben Anziehung der Massentheilchen in unendlich kleinen Ent- fernungen, die wir schon bei der Gasabsorption wirksam sahen, nach allen Richtungen in jene Poren und Spalten ein. Man be- zeichnet diese Erscheinung mit dem Namen Capillarität. Im innigsten Zusammenhange damit steht aber auch die wieder mit einem andern Namen belegte als Absorptionsfähigkeit gegen Lösumgen bekannte Eigenschaft poröser Korper, nament- lich der „Böden“. Dieselben halten durchdringende gelöste Korper fest, und es ist der Punkt schwer zu bestimmen, wo.der anfangs rein physikalische Vorgang zu einem chemischen wird.**) Namentlich 'T'honerde und Eisenoxyd sind in dieser Beziehung wichtig, und der ganze Hergaug ist in vielem Betracht für die Fruchtbarkeit unsrer Aecker von hochster Bedeutung. — Für das Eindringen der Gewässer in die Gesteine ist das Resultat von Museulus***) nicht unwichtig, dass die Capillarität durch Mine- ralsauren und die meisten Salze nicht modifizirt wird. . Das Wasser dringt überall hin, und wie kräftig dieser Zug der Flüs- sigkeiten, beweist die l’hatsache, dass man in verhältnissmässig bedeutenden Tiefen in rein krystallinischen Gesteinen immer noch Feuchtigkeit in den Poren findet. Das geht so weit, dass sich eine Grenze der Durchdringbarkeit durch Wasser bei den Ge- steinen kaum ziehen lässt. Selbst so dichtes krystallinisches Ge- stein wie Basalt zeigt eine starke Porosität, (nach Bischoff) und sogar so unvollkommen spaltbare Mineralien wie Quarz sind von solchen feinen Röhrchen und Poren durchsetzt, was bewiesen wird *) Von welchem Einfluss der Zustand der Vertheilung ist, beweist A. Vogel (Jahresber. 1868, 208) bei Versuchen über die Angreifbar- keit des Glases und der Silicate überhaupt durch Wasser: Dasselbe Glas als grobes, feines und feinstes Pulver löste sich in Wasser im Mengen- verhältniss von 1:4:28, — *#) A. Smith sieht beide sogar für identisch an. Jahresber. 1863. 89. ***) Jahresber. f. 1864, 4. 293 durch das Eindringen von Eisenoxydhydrat und Helminıh in den- selben, und durch das künstliche Färben der Chaleedone. Wie sehr eng die capillaren Zwischenräume sind, wird recht deutlich beim Uebergiessen von angewitterten Gesteinen mit Säuren: der darin enthaltene kohlensanre Kalk wird zersetzt, und die mikrosko- pisch kleinen Perlenschnüre von Kohlensäurebläschen zeigen das enge Netzwerk sehr deutlich. — Die Capillarität erklärt übrigens auch die merkwürdige Er- scheinung, dass häufig Felsenmassen äusserlich noch ziemlich frisch aussehen , innerlich aber schon ganz mürbe geworden sind. Die Verwitterung wird nach der Mitte des Gesteins zu verhältniss- mässig weitaus am stärksten sein können, wenn vermöge der Ca- pillarität die Flüssigkeit im Insern lauge festgehalten wird, wäh- rend die benetzte Oberfläche durch Verdunstung bald wieder ab- trocknet. Es spricht für diese Erklärung, dass die Erscheinung am häufigsten bei glimmer- und schieferartigen Felsmassen ge- {unden wird. Das Eindringen der Gewässer in die krystallisirten Minera- lien selbst folgt stets den Spaltungsflächen, und muss daher in engster gesetzmässiger Beziehung zu dem moleeularen Aufbau des Krystalles stehen. Das bestätigen auch die häufigen, aın betr. Orte später einzeln zu besprechenden Erscheinungen, wo gewisse Krystalllächen früher der Verwitterung unterliegen als andre, was sehr wahrscheinlich durch die Neigung der Spaltungsflächen gegen die Krystallllächen bedingt ist. Aber Sicheres ist über diesen Zusammenhang noch nicht bekaunt*); una kann es wohl auch so lange nicht sein, als die grosse Frage nach der Bildungs- weise der Krystalle ihrer Beantwortung noch harrt. Das Wasser macht aber bei den Verwitterungsvorgangen auch in verschiedenster Weise seinen chemischen Character geltend: Es findet z. B. häufig an sich schwer losliche Korper vor, mit denen es eine chemische Verbindung eingeht, die alsdaun der Auflösung leichter erliegt. Oder die chemische Einwirkung des Wassers beschränkt sich auch wohl auf das Gebundenwerden, auf die Hydratisirung (und Krystallwasserbildung) und das entstandene Hydrat bleibt unlöslich, aber doch in veränderter, gelockerter Form zurück; z. B. wenn Eisenglanz übergeht in Eisenoxydhydrat, Anhydrit in Gyps, von Silikaten namentlich Cordierit in eines seiner zahlreichen Umwandlungsproduete. Auch der dieser Wasseraufnahme entgegengesetzte Verwitte- rungsvorgang, die Abgabe von Wasser seitens wasserhaltiger Salze *) Auch die von Hanshofer (Jahresber. 1866, 7) beobachtete Thatsache, dass die durch Einwirkung von auflösenden Flüssigkeiten auf natürliche oder künstliche Krystallflächen entstehenden Vertiefungen Kry- stallformen der Kırystallreihe des geälzten Körpers entsprechen, (am Üal- eit rhomboidr. und scalenoidr. Formen) bekräftigt auf’s neue jene Abhän- gigkeit, ohne aber genügenden Aufschluss zu geben. 294 verdient noch Erwähnung. Er ist derjenige Verwitterungsvorgang, an den der Chemiker bei dem Worte Verwittern wohl in der Regel zuerst, aber nicht eben mit Wohlbehagen denkt, und der noch bis hente in den chemischen Lehrbüchern ganz ausschliess- lich unter dem Begriffe Verwitterung verstanden wird. Das Wasser ist endlich auch ein Losungsmittel für Gase. Unter gewöhnlichen Temperatur- und Druckverhältnissen absorbirt Wasser von Sauerstoffgas so wenig*), dass durch Schüt- teln beider gar keine Volumverminderung wahrzunehmen ist; wenn ınan aber das Wasser durch Auskochen von der darin enthaltenen Luft befreit hat, so nehmen bei gewöhnlichen Temperatur- und Druckverhältnissen 100 Vol. Wasser, 4,6 Vol. Sauerstoff auf. Ebenso nimmt nach den Lehrbüchern der Chemie 1 Vol. Wasser bei 0% und 760 mn — 1,7967 Vol. CO,, bei 150 C. immer noch —1,002? „ ,„ und 1 Vol. Wasser bei niedriger Temperatur über 600 Vol. NH3 Gas auf. Die Absorption der Gase ist je nach dem Druck verschieden ; daher haben die Hohenunterschiede Einfluss: nach Boussingault enthält z. B. Wasser in 6—8000° Hohe nur '% von dem gewöhn- lich darin enthaltenen Volumen Luft. Auch die niedrige Tempe- ratur begünstigt die Absorption des atmosphärischen Sauerstoffs und der Kohlensäure, und es ist darum das Gletscherwasser und selbst der Schnee in ihrer gesteigerten Absorptionsfähiekeit von Bedeutung. Das Wasser pet durch die Absorption dieser Gase die Eigenschaften derselben: es wird durch Ammoniak zur Basis, durch Kohlensäure zur Säure. Sein Einfluss auf die Verwitterungsvor- gänge wird dadurch fast in’s Unerinessliche gesteigert. Mit Auf- nahme des OÖ wird es in den Stand gesetzt, die Verwitterung der Schwefel- und Arsenikmetalle, die sich so zahlreich in der Natur finden, (namentlich Schwefeleisen) sowie die der nicht minder häufigen oxydischen Erze zu bewirken, indein es dabei gleichzeitig in vielen Fällen das stete Fortschreiten seiner Wirksamkeit durch Entfernen der entstandenen Oxydationsproduete unterstützt. Der Gehalt an Kohlensäure befähigt es ferner auflösend auf die massenhaften natürlichen Carbonate, auf die Phosphate und selbst die Silikate und Fluor-Metalle zu wirken. Am grossartig- sten aber wird sein Einfluss in dieser Hinsicht auf die Silikate, weil durch Kohlensäure-haltiges Wasser selbst die umzerstörbarsten durch Zersetzung und Auflösung der Verwitterung erliegen. Da beide Atmosphärengase gleichzeitig A werden, wenn auch in sehr verschiedenem Verhältniss*), so combiniren *) Nach Grah.-Otto: 1. ce. =) Die Vol, Verhältnisse der CO? zum O sind n, Bisch. 1II, 290: in der Atmosph. . . .„ 1:325 295 N sich in ein und demselben Verwitterungsprozesse die Wirkungen beider: beide Prozesse laufen alsdann neben einander her, doch so, dass in den ersten Stadien der Verwitterung und mehr nach der Oberfläche zu die Oxydation überwiegt, (hauptsächlich wegen der grösseren chemischen Energie) wahrend vom Durchgange des Wassers durch die oberste Bodenschicht an die dort durch die Organismen reichlicher produzirte Kohlensäure das Uebergewicht über den Sauerstotf erhält. Aber auch Jie Kohlensäure wird mit - zunehmender Tiefe ziemlich rasch verbraucht. Wie bedeutend der Unterschied ist zwischen der Zersetzung durch Kohlensäure- reiche, oberflächliche und tiefer gedrungene Kohlensäure -arme Meteorwasser, beweist das von Bischoff’*) berichtete Beispiel: Die Trachyte enthalten ‘wenig, die Basalte viel Kalkerde. Nichts- destoweniger fand B. im zersetzten Basalte die Kalkerde meist fortgeführt und Kisenoxydul in —oxydhydrat verwandelt; hinge- gen Trachyte, in denen die Kalksilieate zwar in kohlens. Kalk verwandelt, aber wegen mangelnder Kohlensäure nicht fortgeführt waren. Jene zersetzten Basalte waren von der Oberfläche der Basaltkegel, die Trachyte dagegen von der Sohle der Stein- brüche. — Da nun das Atmosphärenwasser überall, wohin auch nur die andern Atmosphärilien dringen konnten, ebenfalls Zutritt hat, durch seine Eigenschaften jene festen Korper sogar noch viel inniger zu durchdringen’ befähigt ist, so kann es hei der Absorp- tionskraft des Wesen für diese Gase gar keinem Zweifel unter- liegen, dass bei den Verwitterungserscheinüngen überall, wo diese atmosphärischen Gase wirksam waren, das Wasser zum Vehikel derselben gedient hat. Selbst da, wo etwa bei Oxydationen gleichzeitig Wasserabgabe stattgefunden, ist der Sauerstoif doch erst durch Wasser zugeführt worden. Wir dürfen aber, um die Bedeutung des Wassers im Verwit- terungs-Prozesse ganz zu würdigen, noch einen Schritt weiter ge- hen: das Wasser ist nicht allein ein zum Transporte der Atmosphären- gase stets hereiter und überall vorhandner Träger derselben, son- dern es ist sogar dasjenige Agens, durch welches ınter den ge- wöhnliehen natürlichen Verhältnissen, unter denen die Faetoren der Verwitterung thätig sind, jene Gase einzig und allein zu che- mischer Wirksamkeit gelangen. Das erklärt sich auch, wenn man im Regenwasser . . El, im Meerwasser an der Oberfl. . 1:0,78 bis 1:0,48 im Meerwasser in Tiefen v. 349—2243° 1:0,57 bis 1:0,14 In ‚997° Tiefe sogar A SRELE a 0,056 wobei wahrscheinlich viel O zur Dersetzung kleiner Organismen verbraucht worden war. — *) Bischoff Geol. UI, 292. 296 daran denkt, dass das Auseinanderstreben der Gasmoleküle der innigen Berührung mit festen Körpern widersteht, die doch we- sentliches Erforderniss zur chemischen Action wäre. — In der That weiss ich auch kein Beispiel aufzufinden, wo der gewöhn- liche atmosphärische Sauerstoff bei Verwitterungsvorgängen mit Sicherheit als ohne alle Feuchtigkeit wirksam anzunehmen wäre. Vielmehr schien eine im Sommer 1870 leider so plötzlich gestorie Reihe von Beobachtungen eines nur auf Oxydation bestehenden Verwitterungsprozesses, die ich begonnen ‚hatte, um experimentell die Frage womöglich zu entscheiden, ob zur Oxydation eines Mi- nerals unter gewöhnlichen Umständen das Wasser vollständig ent- behrt werden könnte oder nicht,*) mit hinlänglicher Gewissheit das Resultat zu ergeben, dass der gewöhnliche Sauerstof! in vollig trocken gehaltenem Raume nicht im Stande war, Krystallflächen anzugreifen, die in derselben Zeit bei Gegenwart von Feuchtig- keit schon recht merkliche Angrifisspuren zeigten. Und es ist die höchste Wahrscheinlichkeit, dass auch eine lange Einwirkung des trocknen Sauerstofls nieht zu merklicheın Angriffe im Stande gewesen wäre. Oxydiren sich doch (nach Knop Agrie. Chem. I, 23) selbst die elektropositivsten Metalle wie K und Na in reinem trocknen O bei gewöhnlicher Temperatur nicht. Wie da- gegen die oxydirende Kraft des O besonders lebhaft wird, sobald er sich in wässerigen Losungen befindet, zeigen z.B. die Storun- gen, die zuweilen bei sogen. Oxydations-Analysen vorkommen, z. B. beim Titriren von Zinnoxydul durch Chamäleon. Aber auch in seinen activen Modificationen als Ozon und Antozon ist der O unter gewöhnlichen Verhältnissen ohne Mit- wirkung von Feuchtigkeit aller Währscheinlichkeit nach der Oxy- dation nicht fähig. Eigne experimentelle Prüfungen waren mir nicht moglich. Aher obwohl directe Untersuchungen Andrer über diesen Punkt mir unauffindbar blieben, so lassen die über die activen Modificationen des O gemachten Untersuchungen doch kaum einen Zweifel übrig, dass selbst hier unter gewöhnlichen Verhält- nissen die Mitwirkung des Wassers zur Oxydation unentbehrlich ist. (Ich erinnere z. B. an die 'T'hatsache, dass nach Grah.-Otto S. 169 der Phosphor in völlig trockner Luft kein Ozon zu er- *) Unter einer geräumigen, die Communication mit der äussern Luft nicht gänzlich hindernden Glasglocke wurden auf einer Unterlage von Kartenpapier mehrere der Oxydation fähige Krystalle aufgestellt, und der Raum durch CaCl-stücke, die ihn bis zu !/, erfüllten, gut trocken erhal- ten. Eben solche Kıystalle von ganz gleich frischem äusseren Ansehen wurden, ebenfalls auf Kartenpapier, der gewöhnlichen Zimmeratmosphäre in einem ziemlich staubfreien Raume ausgesetzt, und die nächste Umge- bung immer feucht erhalten durch ein daneben gesetztes Wassergefäss. Nach wocheulangem Stehen war bei keinem der im trocknen Raume ste- henden Krystallen eine Spur einer Veränderung währzunehmen. Dagegen sehien unter den frei aufgestellten Proben wenigstens der Pyrit in dersel- ben Zeit den Beginn einer Umwandlung zu verrathen. — 297 zeugen im Stande ist.) — Dass das Wasser bei diesen Oxyda- tionsprozessen eine Rolle spielt, wird ferner wahrscheinlich ge- macht durch die grosse Neigung des Wassers sich mit Antozon zu Wasserstofflsuperoxyd zu verbinden; und auch das ist ein kräf- tiges, im Minerälreiche bis jetzt vielleicht nur zu wenig beachte- tes Oxydationsmittel. Schönbein zeigte (Jahresber. d. Chemie 1859, 13), dass bei der langsamen Oxydation von Zn, Cd, Pb, Sn, Bi, Cu bei Gegenwart von Wasser nachweisbare Mengen von Wasserstoffsuperoxyd entstehen. Dazu kommt, dass dies Wasser- stoflsuperoxyd auch durch angesäuertes Wasser gebildet oder we- nigstens seine Bildung befördert wird*); und angesäuert ist ja das natürliche Wasser ınehr oder weniger immer. Dein entsprechend hatte auch schon Meissner **) 1863 im Wasser von Gewitterregen Antozon aufgefunden, und Schönbein schliesst, dass im Regenwasser immer kleine Mengen von Wasserstotisuperoxyd enthalten sind, und dass dasselbe immer, wenngleich variirend, in der Luft vor- handen ist. — Auch verdient erwähnt zu werden, dass die Ar- beiten über ozonisirten O bei Oxydationsprozessen durch denselben die Gegenwart von Feuchtigkeit in den meisten Fällen ausdrück- lich bemerken. — Ks darf daher mit der allergrössten Wahr- scheinlichkeit der Satz gelten: Zu Oxydationen bei ge- wöhnlicher Temperatur ist die@egenwartvonFeuch- tigkeit unerlässlich, — Was aber für den Sauerstoff gilt, das gilt für die Kohlen- saure und für das Ammoniak in noch höherem Grade: das letz- tere erlangt seine basischen Eigenschaften .erst dadurch, dass es sich in Berührung mit Wasser, Wasserstoffsauren oder wasserhalti- gen Sauerstoffsäuren in Ammonium verwandelt; und die Kohlen- saure kann sich mit den Oxyden (als Anhydriten der Basen) nicht zu Salzen verbinden, sondern bedarf dazu der Basen selbst, der Hydroxyde, deren Constitution wie die der freien Säure selbst nur ein Derivat vom Typus Wasser ist. — Dass das Wasser für die auflosende Kraft der Säuren wesentlich ist, wird ja übrigens auch durch die bekannte chemische Erfahrung bewiesen, dass, wenn die Säuren noch auflosend wirken sollen, ein bestimmter Grad der Concentration nicht überschritten werden darf. — In dieser jetzt allseitig erörterten, umfassenden Bedeutung des Wassers für die Verwitterungsprozesse findet nun auch die Kingangs dieses Abschnittes gebrauchte Bezeichnung des Wassers als eigentlicher Träger, als die Seele des Verwitterungsprozesses, seine Rechtfertigung; und wir haben mit diesem Resultate den Faden gewonnen, an den sich bei der im zweiten Abschnitt fol- genden eingehenderen Betrachtung einiger der interessantesten Vorkommnisse des Verwitterungsprozesses das reiche Material in *) Schönbein |. ce. #*) Jahresber. d. Chem. f. 1868, 181. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872. 20 298 naturgemässer Weise an einander reihen lässt. Ks sollen dem- nach in diesem zweiten Abschnitte die wichtigsten Richtungen des Verwitterungsprozesses in 4 Capiteln an einzelnen Mineralien er- örtert werden: I. Von dem vom Wasser selbständig bewirkten Verwitterungs- Prozesse. 1l. Verwitterımgs-Prozesse von Wasser und Wärme bedingt. Ill. Verwitterungs-Prozesse unter Mitwirkung des Sauerstoffes. IV, Verwitterungen unter Hinzutritt der Kohlensäure zu den Ver- witterungsursachen. Ehe wir jedoch dazu übergehen, erübrigt noch, die Bedeu- tung der organischen Welt für den Verwitterungsprozess zusam- menfassend zu characterisiren, sowie noch einiges Allgemeine über die Producte der Verwitterung dem anzuschliessen. Man weiss, wie unter dem Einflusse des Lichts die lebenden Pflanzen die wichtigsten Sauerstoff-Erzeuger werden; nieht minder bekannt ist die massenhafte Kohlensäure -Production durch das athmende Thierreich. Aber auch ein directer Angriff wird von der lebenden Pflanze vermoge ihrer Wurzeln auf das Gestein ge- macht. Liebig*) sagt: „Die Aufnahme der Nahrung aus dem Boden wird durch die Wurzelspitze vermittelt, deren flüssiger In- halt von den Erdtheilchen nur durch eine unendlich dünne Mem- bran getrennt ist, und es ist die Berührung beider um so innieer, da die Wurzelfaser bei ihrer Bildung selbst einen Druck auf die Erdtheile ausübt, gross genug, um diese unter Umständen auf die Seite zu schieben; durch die Verdunstung von Wasser von den Blättern aus entsteht im Innern der Pflanze ein leerer Raum, und infolge dessen ein Zug, welcher die Berührung der feuchten Erd- theilchen mit der Zellenwand mächtig unterstüzt. Die Zelle und die Erde werden beide an einander gepresst. Zwischen dem flüssigen Zellinhalie und den in den Erdtheilchen im Zustande der physikalischen Bindung vorhandnen Nahrungsstoffen besteht offenbar eine starke chemische Anziehung, welche unter Mitwir- kung der Kohlensäure und des Wassers den Uebergang der un- verbrennlichen Nahrungsstoffe bewirkt.‘ — Wie Liebig an einer andern Stelle nachgewiesen hat, ist der Saft der Wurzeln immer schwach sauer, und zwar durch Kohlen- säure angesäuert. Es wird hiernach erklärlich, wie die Wurzeln im Stande sind, selbst sehr festes compactes Gestein allmählig anzugreifen und zu zerstören; und wie gross dieser Einfluss der Pflanzen ist, zeigen die Versuche von Wiegmann und Polstorff **): Sie kochten Sand mit Konigswasser aus und spülten denselben nachher mit Wesser ab. Er bestand jetzt aus *) Liebig, Die Naturgesetze des Feldbaues. 1865. p. 90. : **) Nach Mulder: Chem. d. Ackerkr. I, 170 veröffentlicht unter dem Titel: ‚Ueber die unorganischen Bestandtheile der Pflanzen. 1842. — 299 KO : . 3,20 Beio, ul 315 CaO:ı u, Irdisd MN, 0, il. 18/16 MO. . 0,09 in 100 Theilen. Dieser Sand wurde als Boden für Hafer, Gerste und Taback be- nutzt; und die Pflanzen, welche, mit Ammoniakwasser begossen, sich darin entwickelten, enthielten mehr unorganische Bestandtheile, als aus dem Samen herrühren konnten. Mulder meint, das be- wiese, dass die Pflanzen den Sand stärker angriffen, als die Säure; aber es ist dabei die Möglichkeit, dass das Ammoniakwasser auf- schliessend gewirkt habe, ausser Acht gelassen, wenn auch ander- weitig feststeht, dass die Pfianzen allein auch einen so dürftigen Boden, wie jenen durch Säuren ausgezogenen, noeh ausnutzen können. Dass die Zerstörung mit der Grösse der Pflanze und ihrem wachsenden Nahrungsbedürfnisse grösser wird, ist natürlich; aber auch die kleinsten pflanzlichen Organismen wirken merklich zer- störend ein, besonders da, wo der Boden überhaupt keine, oder wenigstens nicht aufgeschlossen genug die für grössere und höher organisirte Pflanzen nöthige Nahrungsmenge enthält, und wo sie berufen sind, in ununterbrochner Reihe den Pflanzen von immer höherer Organisation den Boden zu bereiten. Besonders auf die in Kohlensäure haltigem Wasser leicht lösliche Kalkerde macht sich dieser Einfluss geltend, und darum sehen wir z. B. den Mörtel von Mauern, deren Steine noch vollig frei von Flechten sind, so oft dieht von denselben überzogen. — Auch die durch die Vegetation hervorgerufene Umänderung des Verhaltens des Erdbodens gegen die Witterungspotenzen ver- dient noch Erwähnung. Die Vegetation erhält die von ihr be- deckte Felsfläche fortwährend feucht, und selbst Felsenmassen, die wegen heller und glatter Oberfläche, wegen der Art ihrer Gemengtheile u. s. w. gegen den Temperaturwechsel und die Be- thauung an sich unempfindlich sind, werden durch die Vegetation selbst wenn dieselbe erst nur aus unscheinbaren, mikroskopisch kleinen Flechten besteht, der Verwitterung zugänglich gemacht: sie ändert das Wärmestrahlungsvermögen und hält Feuchtigkeit fest, und das alles ist, verbunden mit der produzirten Kohlensäure, eines energischen Angriffs auf das Gestein fähig. — Noch viel bedeutender aber ist der Einfluss, welchen Pflanzen und Thiere nach ihrem Tode auf die Verwitterung der Gesteine ausüben. Einmal muss die innige Mischung dieser organischen Reste mit den oberen Bodenschichten die Lockerheit der letzte- ren, und damit ihre Angriffsfähigkeit durch die Verwitterungs- agentien wesentlich erhöhen. Alsdann lässt sich erwarten, dass der ununterbrochen fortdauernde Verwesungsprozess dieser so leicht wandelbaren Substanzen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Anregung der anorganischen Umgebung zu che- mischer Zersetzung üben werden. Es sind ja Fälle genug bekannt, 20 * 300 in denen. das blosse gleichzeitige Stattfinden einer chemischen Action zwischen anderen Körpern auch einen andern chemischen Prozess in benachbarten einleitet, der ohne den ersteren nicht ein- getreten wäre. Endlich müssen die Zersetzungsproducte der Thier- und Pflan- zenleichen auf das benachbarte Erdreich und Gestein chemisch umwandelnd einwirken, indem sie ihre chemische Natur gegen dasselbe direct geltend machen. — Bei der Verwesung der orga- nischen Reste bilden sich im allgemeinen immer 2 Gruppen von Producten: die aus den Mineralsalzen des Organismus entstehen- den, die hauptsächlich kohlens. und phosphors. Alkalien und al- kalische Erden sind; und die aus dem C, H; O, N und P der organischen Masse entstehenden, die im Wesentlichen sind: 1. aus C und OÖ der Humus oder die Humussäuren: Sie losen und zersetzen starke Basen im Mineralreiche, und konnen bei Mangel an Luft auch Metalloxyde reduziren. Ihr letztes Oxydationsproduet ist Kohlensäure. aus H und O das Wasser. . aus H und N das Ammoniak, aus dem starke Basen wie Kali, Natron, Kalk, die Bildung von Salpetersäure veranlassen. 4. aus N und OÖ die Salpetersäure. 5. aus S und H der Schwefelwasserstoff, der namentlich kohlens. Alkalien, alkalische Erden und Schwermetalle in Schwefelmetalle umwandelt. 6. aus P und O diePhosphorsäure namentlich aus thierischen Substanzen, oder Gräsern und Hülsenfrüchten. Von den Mineralsalzen abgesehen, liefern also alle organischen Korper der Hauptsache nach als Endproducte ihrer Verwesung Kohlensäure, Wasser und Ammoniak, und das sind sehr wichtige Factoren der Verwitieruug. Insbesondere ist bei weitem die meiste Kohlensäure, welche Verwitterung bewirkt hat, erst in der ober- sten Bodenschicht vom eindringenden Regen absorbirt worden, da die oft grossartigen Auflösungs- und Zersetzungsprozesse durch den aus der Atmosphäre absorbirten Gehalt des Regenwassers, an Kohlensäure sich lange nicht erklären lassen. Auch die Wirk - samkeit des Aınmoniaks bei der Verwitteruug erhält erst Bedeu- tung, und wahrscheinlich eine grössere, als wir bis jetzt ahnen, durch die im Boden produzirten Mengen. Endlich gewinnen die Kohlen- und Kohlenwasserstoffreichen Zersetzungsproducte der Organismen noch Bedeutung für den Ver- witterungsprozess durch ihre reduzirende Kraft. Nach Bischoff’s Versuchen reduziren die faulenden Organismen die Eisenoxyd- Hydrate und Silicate. Bischoff*) führt ferner als einen Beweis solcher Reduction die grosse Häufigkeit der Eisenkiese in den Thonen und Braunkohlen der Braunkohlenformation an; und an *) Bischoff Geol, I, 567. 301 einer andern Stelle mehre Beispiele, wo Magneteisen in Form von Eisenglanz in Sachsen gefunden wurde. Und er sagt in Be- zug auf letzteren Fall ganz lane, dass es wohl denkbar erscheint, Bass, wenn .die Headeaer bis zur Bildung des Magneteisens fort- geschritten ist, sie ihr Ende erreicht; wenn auch noch reduzirende Substanz vorhanden ist, weil mehreres auf eine besondere Neigung der beiden Oxyde des Eisens deutet, sich mit einander zu Mag- neteisen zu verbinden. Ausserdem ist die Reduction von Eisen- oxyd durch kohlige Substanzen eine bekannte Erscheinung. Schon Kindler**) hat in Pogg. Ann: 37, 203 auf die Thatsache auf- merksam gemacht, dass der gelbe, eisenschüssige Sand am Ab- hange von Sandbergen, die mit Nadelholz bestanden sind, in we- nig Monaten durch verwesende abgestorbene Wurzeln eben so weiss wird, wie wenn er mit Salzsäure ausgelaugt worden wäre; eine Erscheinung, die man auch überall in Wäldern und Gärten unter vermoderndem Laube wiederfindet. Das ununterbrochne Fortschreiten dieses Reductions-Prozesses wird nicht wenig unter- stüzt durch die bei der Verwesung zugleich mit entstehenden Säuren, (Kohlensäure, Quellsäure, Quellsalzsäure, Huminsäure etc.) die das gebildete Eisenoxydulsalz in Lösung elnaanı Die lösende Kraft dieser Säuren ist so gross, dass (nach Bischoff 1. ce.) z. B. die Huminsäure sogar mit Eisenoxyd eine Verbindung giebt, welche sich in 2300 Theilen Wasser auflöst. — Die Reduction geht bei diesen Prozessen übrigens in viel grösserem Massstabe vor sich, als die Bildung der Oxydulsalze. Das lässt sich z. B. für ent- stehendes kohlens. Eisenoxydul leicht nachweisen: nehmen wir vorläufig an, die Reduction werde nur durch den © bewirkt, so liefern 2 Moleküle Eisenoxyd bei ihrer Reduction 1 Kohlensäure, welches sich mit 1 Eisenoxydul verbindet, während doch 4 Eisen- oxydul entstanden waren; es bleiben also 3 Eisenoxydul unver- bunden übrig. Nun nimmt aber gewiss auch der H an der Re- duction theil unter Bildung von Wasser, und es kann folglich mehr als das Dreifache des unverbundnen Oxyduls restiren. — In Summa übt also die organische Welt lebend als Sauer- stoff- und Kohlenäure-Produzent, und todt als auflockerndes und chemisch anregendes Mittel, als Kohlensäure- und Ammoniak-Pro- duzent, und endlich als kräftiges Reductionsmittel wesentlichen Einfluss auf die Verwitterungs-Erscheinungen aus. — Schliesslich bedürfen die Produete der Wirksamkeit der besprochnen Verwitterıngs-Agentien noch einer kurzen allgemeinen Characteristik. Aus dem bisherigen geht hervor, dass wir sie am naturgemässesten eintheilen können in Auslaugungsproducte und Verwitterungsrückstände. — Die Auslaugungs- prodnete sind die in Losung ‘mehr oder weniger weit fortge- *) Bischoff Geol. II, 939. **) Bischeff Geol. I, 562. 302 führten Bestandtheile der verwitterten Mineralmasse. Sie haben deshalb ihren wichtigsten Erzeuger im reinen und im kohlensäu- rehaltigen Wasser, und bestehen aus den verschiedensten löslichen Mineralstoffen, namentlich aber alkalischen Carbonaten und Kalk-, Magnesia- und Eisen-Bicarbonaten und Kieselsäure nebst alkali- schen Silicaten; über ihre bedeutende Masse und ihre Art ver- breitet besonders die Untersuchung der natürlichen Wasser Auf- schluss*). Nach dem Gehalte an solchen Auslaugungsproducten geordnet, folgen die natürlichen Gewässer auf einander als Glet- scherwasser, Gebirgswasser, Flusswasser, Meerwasser, Brunnen- wasser. — Indessen gelangt immer nur der kleinere Theil der Auslau- gungsproducte in die Rinnsäle der Quellen und Flüsse: Dank der Absorptionskraft der Ackerböoden werden die zur Pflanzennahrung nöthigen Stoffe grösstentheils zurückgehalten; und auch viele an- dere gelösten Stoffe werden im Gesteine selbst wieder abgesetzt, oftmals schon in unmittelbarster Nähe ihres Entstehungsortes, mit den Verwitterungsrückständen vermischt. Ihre Lösung wird so zur Mutterlauge, aus der in den Hohlräumen die Auskleidungs- schichten von Chalcedon, Quarz, Hornstein, und ferner die manich- faltigsten Krystallbildungen von oft wunderbarer Schönheit her- vorgehen. — Da wir nun bei der schon Jahrtausende langen Wirksamkeit der Verwitterungs- Agentien eigentlich bei keinem Gesteine mit Gewissheit das Ideal seiner Constitution, die ur- sprüngliche Gestaltung desselben, angeben können, s> ist die be- sonders in neuester Zeit in ler Geologie hetonte Ansicht gar nicht unwahrscheinlich, dass die gemengten Gesteine in ihrer heu- tigen Zusammensetzung Producte dieses unermessbaren Auslaugungs- prozesses seien. Diese Ansicht gewinnt um so mehr inneren Grund, als die immer zahlreicher werdenden Beobachtungen über die Metamorphosen im Mineralreiche vielfältige Belege bringen dafür, dass die Auslaugungsproducte der Gesteine bei ihrem Durch- gange durch andre Gesteine immer neue Auflösungen, Absätze, Verdrängungen, Verbindungen, und damit einen ununterbrochnen Stoffwechsel auch im unorganischen Naturreiche bewirken. — In vielen Fällen sind die wieder in fester Form abgesetzten Auslau- gungsproducte der Verwitterung schwerer zugänglich, und sie sind alsdann wohl im Stande, die Verwitterung des Nachbargesteins wesentlich zu modifiziren, auch wohl ganz zu verhindern. So z. B. wenn durch die Verwitterung gelöste Kieselsäure oder Eisen- oxydul sich als sehr schwer lösliche Kieselsäure- oder Eisenoxyd- Umhüllung um andere Gemengtheile ringsum absetzen und sie vor jedem Angriff schützen. — Die Auslaugungsproducte des Ver- *) S. Ludwig: „Die natürlichen Wasser in ihren chemischen Bezie- hungen zu Luft und Gesteinen. Jena 1862. — Auch Knop I, 438 ff. und II, 123 fi, — 303 witterungsprozesses sind darum auch die Ursachen der vielen Pseudomorphosen durch Austausch von Bestandtheilen, durch Umhüllung und durch Verdrängung; und für die leizteren gilt als allgemeines Gesetz, dass das verdrängende Mine- ral schwer löslicher ist als das verdrängte, und selbst da, wo es nicht befolgt erscheint, z. B. wenn Quarz in Formen von Eisen- elanz und Eisenkies auftritt, die doch viel unlöslicher sind, als jener, behält es seine Geltung: in diesem Falle ist das Eisenoxyd sicher erst durch organische Massen in kohlens. Eisenoxydul, der Eisenkies aber durch Oxydation in schwefels. Eisenoxydul umge- wandelt worden, ehe ihre Verdrängung durch Quarz erfolgte. Die Verwitterungs-Rückstände müssen diejenigen Be- standtheile der verwitterten Mineralien sein, die der Verwitterung besser Trotz bieten. In chemischer Beziehung sind sie, wie es Bischoff*) ganz passend bezeichnet, die Producte der letzten Um- wandlungsprozesse im Mineralreiche, und infolge dessen, ähnlich wie in der organischen Welt, verhältnissmässig einfach zusammen- gesetzt. Es sind vor allem Carbonate der Erden und Metalloxyde, unter den Oxyden und Hydraten diejenigen, welche keiner höhe- ren Oxydation mehr fähig sind, (z. B. Kieselsäure, Eisenoxyd, Maugansuperoxyd, Eisenoxydhydrat) und unter den Silicaten die- jenigen, welche der auflösenden Wirkung des Wassers und des kohlensäurehaltigen Wassers widerstehen, also namentlich Thon- erde-Silicate und Magnesia-Silicate. — Diese Verwitterungsrückstände treten äusserlich an einzelnen Mineralien als oberflächlicher Beschlag auf, oft nur als Farbenän- derung, oder auch in Gestalt von zerrissenen und zerspaltenen Kıystallen, oder endlich auch, bei schon mehr oder weniger voll- ständig veränderter Masse in äusserlich noch wohlerhaltenen For- men, die die Mehrzahl der sogen. Umwandlungs-Pseudo- ınorphosen bilden. Häufig verlief dabei die Verwitterung von Innen nach Aussen. Bei den Felsarten erscheinen die Verwitte- rungsrückstände als Felstrümmer: Blöcke, Geröll, Grus, Sand, und in noch feinerer Vertheilung, meistens vom Wasser mecha- nisch zusammengeschlämmt, als die sogen. „Bodenarten“; behielt aber das Gestein seinen Zusammenhang, so restiren poröse, bla- sige, schlackige, drusige Felsmassen; und da die Auslaugungspro- duete alle diese Hohlräume wieder durchdringen, so ist in der That kaum eine Grenze ziehbar, welche die schon von ihrem Ur- sprung an gemengten Felsarten von denjenigen unterscheidet, die es erst infolge der Verwitterung geworden sind. Aeusserlich kennzeichnen sich also die Verwitterungs-Rück- stände durch ihr stets lockeres Gefüge als das des ursprünglichen Minerals und Gesteins war. Ausserdem ist das frische Aussehen verloren gegangen, die Oberfläche ist matt und rauh geworden, *) Bischoff, Geol. 11, 322. 304 und besonders bei den Felsarten zeigt sich meist ein Wasserge- halt, der, weil er immer in Verbindung mit den angeführten Verwitterungs- Symptomen auftritt, ein leicht auffindbares charac- teristisches Kennzeichen begonnener Verwitterung ist. — Ferner ist mit der Verwitterung, da sie meistens eine Stoffabgabe ist, und da bei vorkommender Aufnahme von Sauerstoff oder Wasser eine verhältnissmässig starke Volumvermehrung stattfindet, auch immer eine Verminderung des specif. Gewichts*) und der Härte ver- bunden. Doch hat es bis jetzt noch nicht gelingen wollen, allge- meine Gesetze über den Einfluss der Verwitterung auf diese phy- sicalischen Eigenschaften der Gesteine aufzustellen. Die einzelnen Mineralien, an denen sich die Verwitterung vollzogen, sind immer structurlos, ohne Spaltungsflächen, amorph. Die ursprüngliche Form geht infolge dessen leicht verloren. Waren es Krystalle, die die Verwitterung erfasste, so bleibt die Form noch am ehesten erhalten. Mattigkeit, geringe Härte und Ge- wicht, Structurlosigkeit zeigt der Rückstand aber auch in diesem Falle. Noch frische, krystallinische Bildungen sind daher entwe- der von der Verwitterung noch nie erreichte, ursprüngliche Bil- dungen, wofür aber ein sicheres Criterium sehr schwer aufzufin- den ist, oder es sind wieder abgesetzte Auslaugungsproduete. — Der Verlauf der Verwitterung der Krystalle erscheint aber fer- ner auch noch abhängig von der Art der Krystallisation der- selben. Die von Suckow**) an verschiedenen Stellen seiner Schrift angeführten Beobachtungen würden bei einer systematischen Zu- sammenstellung derselben zunächst das Gesetz wahrscheinlich er- scheinen lassen, dass die Flächen senkrecht gegen die Axenrich- tungen oder wenigstens gegen die Hauptaxe am meisten der Ver- witterung widerstehen. Das würde sich auch mit der ganz be- rechtigten Annahme begründen lassen, dass in Richtung der Axen, wo die Kırystallisationskrafi am stärksten wirkte, die Moleküle kräftiger gebunden werden als in einer andern Richtung. Bei sechs im regulären System krystallisirenden Körpern waren es immer die Oktaederflächen, die am leichtesten der Verwitterung erlagen; ihnen folgten die Dodekaederflächen, am schwersten ver- witterten ganz deutlich die Würfelflächen. Beim 3-+1axigen Eisenglanz waren wiederum die Flächen oR aın beständigsten; beim Asliedrigen Kupferkies die Flächen oP. — Es steht aber damit z. B. die von Bischoff***) angeführte Beobachtung nicht im Einklang, wo an Fahlerztetraedern gerade die Flächen noch *) Ein drastisches Beispiel liefert das bekannte Verwitterungspro- duct des schwarzen Glaskopfs, der Wad. Ganz verwitterte Stücke des- selben färben ab und sind schwimmend leicht. — **) Suckow, Die Verwitterung im Mineralreiche. ***) Bischoff, Geol, III, 72930. 305. spiegelblank und unverändert waren, während alle andern, und namentlich die „O-Flächen, schon zerfressen waren. Bischoff sieht daher die Erscheinung als abhängig von den Spaltungsflä- chen an*), und die angeführten Beobachtungen bestätigen das wenigstens insoweit, als bei den betreffenden Krystallen Spaltbar- keit erkennbar ist. In den von Suckow aufgeführten Fällen des regulären Systems geht die Spaltbarkeit hauptsächlich parallel den Würfelflächen, und bei dem fast gar nicht spaltbaren Fahl- erze kann die Streifung nach den Tetraederkanten auf eine ver- steckte Spaltbarkeit nach dem Oktaeder gedeutet werden. Auch beim Eisenslanz sondert sondert sich die Geradendfläche noch am deutlichsten ab, so dass man versucht wird, sie für deutlich blättrig zu halten, wenngleich es nicht gelingt, den Blätterbruch herzustellen. — Ist die Ausbildung der Oberflächen an den Kry- stalleıı verschieden, so werden dieselben natürlich auch aus die- sem Grunde sich verschieden gegen die Verwitterung verhalten: rauhe und gestreifte oder drusige Oberflächen müssen die Zer- setzung begünstigen. Auch unvollkommene Ausbildung der Kry- stalle, Verstossen sein u. dergl. werden denselben Eifeet haben. War nun schon das mehr oder weniger frühe Eintreten der Verwitterung auf den verschiedenen Flächen eines Kıystalls, ab- gesehen von der Ausbildung der Oberfläche, abhängig von den Spaltungsrichtungen, also vom innern Bau des Krystalls, so ist zu erwarten, dass der weitere Verlauf der Verwitterung erst recht vom molekularen Aufbau des Krystalls, von dem Krystallsystem abhängig is. Und dafür sprechen viele Gründe und Beobach- tungen, wenn auch über die Art und Weise dieser Abhängigkeit noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist. Abgesehen von der schon angeführten Beobachtung Haushofer’s am Caleit geben namentlich die Arbeiten Pape’s wichtige Beiträge, wenigstens in Bezug auf die Verwitterung wasserhaltiger Salze.**) Die Ein- fachheit des Verwitterungsprozesses desselben und die verhältniss- mässige Leichtigkeit, mit der er sich nachahmen lässt, haben es ihm möglich gemacht, die enge Beziehung desselben zur Kıystall- form genauer als jemals bisher zu constatiren. Seine Resultate, auf die wir später ausführlicher zurückkommen müssen, ergeben das Gesetz, dass die Axen der auf den Krystallflächen erschei- nenden Verwitterungsfiguren parallel den Krystallaxen liegen, und dass ihre Längen sich umgekehrt verhalten wie die Längen der *) Bischoff Geol. II, 322 sagt: Es ist eine allgemeine Erscheinung, dass gewisse Krystallflächen vor andern der Verwilterung unterliegen. Die Hauptursache dieser Verschiedenheit dürfte darin zu suchen sein, dass Krystallflächen, welche von Theilungsflächen geschnitten werden, mehr zur Versetzung geneigt sein müssen als andre Krystallflächen, welche mit den Theilungsflächen mehr oder weniger gleich laufen. Dasse!be im Kleinen, wie bei schiefrigen Gesteinen im Grossen, — **) Pogg. Ann. 125 ff. 306 gleichgerichteten Krystallaxen. — Eine weitere Verfolgung der Verwitterungserscheinungen verspricht daher auch die wich- tigsten Aufschlüsse über die Art der Kıystallisation eines Körpers zu geben, sowie namentlich eine jetzt noch so sehr vermisste, auf dem molekularen Aufbau begründete Construction der Krystall- systeme. Kurz zusammengefasst lässt sich also der Gang des Verwit- terungsprozesses so darstellen: Wärme und Wasser beginnen die mechanische Zerstörung der Mineralkörper. Ihnen schliesst sich nun bald die auflösende Kraft und die chemische Verwandtschaft des Wassers an, die alsdann erhöht wird durch die von demsel- ben absorbirten Sauerstoff und Kohlensäuregase, und die nunmehr die Verwitterung bis zu ihren letzten Resultaten durchzuführen strebt, die in Erzeugung möglichst löslicher Verbindungen und solcher Rückstände besteht, die fernerhin durch die Atmosphärilien unan- greifbar sind. Und dabei geben bald nach der ersten Einleitung des Verwitterungsprozesses die Organismen einen immer mächti- ger werdenden Verbündeten der atmosphärischen Verwitterungs- agentien ab. Der Verwitterungsprozess erscheint demnach im Ganzen als diejenige Veränderung der Mineralkörper und Ge- steine, die ihre Ursachen in den Witterungspoten- zen, und zwar hauptsächlich im atmosphärischen Wasser hat, und die auf mechanischem und chemi- schen Wege Festigkeit und Masseallesunorganischen Festen vermindert, indem sie durch Auslaugung der löslichen Bestandtheile einen meistspezifisch leich- teren, immer unangreifbarer werdenden Rückstand hinterlässt. Infolge der Unerschöpflichkeit ihrer Ursachen ist die Verwit- terung der stete Anreger und Erhalter des Stofiwechsels in der gesamınten anorganischen Natur. I. Die auf der Thätigkeit des Meteorwassers allein beruhenden Verwitterungsvorgänge. Diejenigen Verwitterungserscheinungen, bei welchen das Wasser allein wirksam ist, verlaufen natürlicher Weise am einfachsten; und wenn gerade das sie geeignet macht, mit ihrer Beobachtung die specielle Beschreibung der wichtigsten Richtungen des Ver- witterungsprozesses zu beginnen, so ist andrerseits das ihnen schul- dige Interesse zu gering, als dass wir uns allzu lange dabei auf- halten könnten. Wir haben dreierlei Wirkungsweisen des blossen Wassers zu unterscheiden: 307 1. das Wasser wirkt lediglich auflosend; 2 olche Lösungen greifen andre Mineralkörper durch Wech- selzersetzung an. 3. das Wasser tritt in die Molekular-Structur des Körpers mit ein, es wird „gebunden“. Sr. Auflosung durch das Wasser allein kann, wie schon oben aus- einander gesetzt wurde, mit der Zeit an jedem Mineral oder Ge- stein, auch dem unlöslichsten, vor sich gehen. Am meisten in- teressant und der Beobachtung zugänglich ist dieser Prozess aber da, wo er eine Veränderung in nicht unmessbaren Zeiträumen be- wirkt; namentlich am Steinsalz und Gyps. Von frisch nach Würfelform gespaltnen Stücken Steinsalz werden die meisten schon nach einigen Wochen beim Liegen an der Luft matt und trübe; die einen mehr, die andern weniger schnell, was sich leicht aus der Verschiedenheit ihrer chemischen Constitution erklärt; denn die meisten Varietäten enthalten als Absätze aus dem Meere veränderliche Beimengungen namentlich Chlormagnesium und Chlorcaleium*). Je reiner das Steinsalz, desto beständiger. Die Veränderlichkeit wächst mit Zunahme der Verunreinigung, und zwar in dem Verhältnisse, wie das mehr Cl- haltige Chlormagnesium überwiegt über das Chlorcalcium. Wo dieser Prozess recht langsam und regelmässig vor sich ging und durch einen möglichst grossen Zeitraum beobachtet wer- den konnte, zeigte er nach Suckow **) die merkwürdige Erschei- nung, dass an den Würfeln allmählig die Flächen „O0, zum Vor- schein kamen. Suckow beschreibt a.a.©. unter den Wielitzka’er Steinsalzexemplaren des Jenenser Grossherzoglichen Museums einen Krystall der Combination „Oo. O©., an welchem sich in etwa vier Jahren die Flächen „0, deutlich herausgebildet hatten. — Verf. sah in der Sammlung des Herrn Sack in Halle eine Kry- stalldruse von Wielitzka mit zahreichen, schönen Würfeln, an de- nen die Ecken häufig abgerundet erschienen durch je drei auf die Kanten aufgesetzte Flächen des 3><$ flächners, eine Erschei- nung, die nach den Angaben des Besitzers sich vielfältig tindet. — Die Gründe für solche Erscheinungen sind noch nicht voll- kommen aufgeklärt; möglich, dass sich einfach der Würfel in diesen Fällen über einen Vierundzwanzieflächner gelegt hat und diesen nun durch sein Wegthauen erscheinen macht, oder auch das, namentlich in den unteren Ecken, wohin die gelöste Salzmasse langsam abfliesst, der Vierundzwanzigflächner das Produet einer neuen Krystallisation ist. Dass das Steinsalz auch da, wo es in mächtigen Gebirgsla- gern auftritt, dieser Vernichtung unterliegt, beweist am besten die zaSt die von Bischoff zusammengestellten Analysen von Steinsalzen in dessen Geol. II, 19—20, **) Suckow, Verwitterung $. 82. 308 Thatsache, dass Salzstöcke so selten an die Tagesoberfläche tre- ten. Der schon seit lem Alterthum berühmte Salzfelsen von 550° Hohe und einer Stunde Umfang bei Cardona in Spanien gehört zu den reinsten Varietäten; aber auch er unterliegt dieser allmäh- ligen Vernichtung, die nach Cordier die Berge in 100 Jahren um etwa 4° Fuss erniedrigt. Viel schwerer löslich ist der Gyps, der 450 —60 Theile Was- ser zur Auflösung verlangt. Er ist daher von den atmosphärischen Wasserdünsten nicht angreifbar, sondern nur vom flüssigen Was- ser. Bei der ausgezeichneten dreifachen Spaltbarkeit seiner Kry- stalle und der Häufigkeit von Zwillingsverwachsung muss das Eindringen und die Wirksamkeit des Wassers vermöge der Ca- pillarität bedeutend sein. Leider fehlen aber Beobachtungen an Gppskrystallen in verschiedenen Verwitterungsstadien gänzlich, obgleich dieselben manche interessante Aufschlüsse über den mo- lekularen Aufbau derselben versprechen. Besser gekannt ist die Verwitterung des Gypses da, wo er in späthigen, fasrigen oder dichten Massen als Marienglas, Faser- gyps, Alabaster etc. auftritt. — Die blättrige, faserige oder kor- nige Structur befördert auch an Gypsmassen sehr ansehnlich ihre Durchdrinebarkeit durch Wasser. Anfangs mehr auf die Ober- fläche beschränkt, wo sie derselben ‚eine Rauhheit und Schärfe im Anfühlen als Folge der Wiederkrystallisirung des bereits ge- lösten verleiht, die man an dem weichen Gypse kaum erwarten sollte“, dringen vermöge jener Structur auf bald grössere Wasser- massen ins Innere und erweitern die Klüfte und Absonderungs- räume immer mehr. Die Verwitterungsrückstände werden auf diese Weise immer poröser, specifisch leichter, im grossen ent- stehen schliesslich gewaltige Höhlen und bei fortgesetzter Erosion können endlich selbst Bergstürze und Erdbeben die Folge sein. Das Auslaugungsproduct ist beim Kochsalz wie beim Gyps eine einfache Auflösung, chemisch gar nicht verschieden vom Mineral. Namentlich dasjenige des Gypses ist wegen der weit geringern Löslichkeit desselben nun verhältnissmässig häufig im Stande, auf dem langen Wege bis zum Meere hin sich wieder abzusetzen. Schon im Gebirge, vorzüglich aber in den lockeren Boden, finden wir daher recht bedeutende Massen von Gyps, meist freilich in so feiner Vertheilung, dass er sich der Wahruehuung fast ganz entzieht. Da aber, wo die Wasser noch reich an Gyps waren, also namentlich am Ausgehenden von Faser- und Schuppengyps, oder an frei liegenden Blocken von Alabaster, hat man aber auch häufig Gelegenheit, die bekannten verschiedenartigen Krystallisa- tionen des Gypses bei solchem Wiederabsetzen zubeobachten. Die prächtigsten Gypskrystalle sind meist Absätze aus solehen Auslau- gungsproducien, und namentlich die Wände grösserer und kleinerer Hohlen im Gypsgebirge, aber auch die kleinsten Spalten bedecken sich oftmals mit ihnen so, dass sie gleichsam damit „tapezirt“ er- 309 scheinen. Wo lebhaftere Bewegungen des Wassers oder "andre Ursachen die vollständige Krysallisation hinderten, schlägt er sich doch wenigstens wieder späthig als Marienglas, oder als Fasergyps, als Gypsinter nieder, bis endlich der Alabaster wieder den Ueber- gang in die dichten Gypsfelsen aller Art vermittelt. — Gelangte dagegen das Wasser in nur geringer Menge bei wenig oder gar keinem Abfluss mit dem Gypse in Berührung, so geschah wohl auch die Verdunstung viel zu schnell, als dass die in Lösung ge- gangenen Gypsmoleküle hätten Zeit, finden können, sich gesetz- mässig zu gruppiren. Sie sanken zu Boden, und nach dem Ver- dunsten des Wassers bedeckten sie an solchen Stellen als Gyps- erde, Gypsmehl, Gypsgrhr, lose oder wenig zusammengehacken, die Gypsfelsen wie ein Beschlag. $. 2. Treffen nun solche Auflösungen mit andern Mineralien zusaın- men, so wird das wechselvolle Spiel der Verwandtschaften zwi- schen den einzelnen Bestandtheilen Umsetzungen der verschieden- sten Art hervorrufen. Trifft z. B. eine verdünnte Steinsalzlosung auf Gyps, so wird dessen Auflosung unterstüzt durch die Bildung von schwelelsaurem Natron und Chlorcaleium wird sofort vollstän- dig entfernt, wogegen das schwefelsaure Natron wohl hier und da wieder auskrystallisirt. So erwähnt Suckow $. 90 Anm. 1, dass sich bei Mühlingen im Aargau ganz reines Glaubersalz in Gyps eingesprengt findet. In andern Fällen aber bildet das Salz nur einen unreinen Beschlag oder krustenartigen Ueberzug als Ausblühung auf Mergel und Gyps. Unter andern Umsetzungen so einfacher Art ist die von Bitierspath und Dolomitspath mit Gyps von grösserem Interesse. Die Carbonate sind für das reine Wasser fast Fonloslch, und zwar . die Kalkerde in noch höherem Grade als die Magnesia. Hat das Wasser aber Gyps in sich aufgenommen, so verbindet sich die Kalkerde desselben gern mit der Kohlensäure jener Späthe und die Schwefelsäure mit der Magnesia. Dass dies in der Natur vorkommt, beweist die Erfahrung Mitscherlich’s*), dass eine Gyps- lösung durch Zusatz von kohlensaurer Magnesia sich umsetzt. Es wird aber auch bewiesen durch die natürlichen Vorkommnisse des Bittersalzes. Es sind zumeist nur haarige nnd nadelartige Aus- blühungen auf kalktalkerdehaltigem Mergel, oder auf Mergel mit überlagerndem Gypse,. oder endlich auf Gypsen, die solchen Mer- gel zum Bindemittel haben. Das durch Zersetzung dieser Gyps- und Mergelmassen gebildete Bittersalz wird in Lösung durch die capillare Thätigkeit des Gypses und der ihn umgebenden Stein- schichten nach allen Richtungen fortgeführt, aber am Ausgehen- den angelangt durch die Verdunstung des Wassers in äusserst feiner *) Bischoff, Geol. II, 198. 310 Vertheilung abgesetzt, die sich oft über bedeutende Strecken na- mentlich im Sommer wie ein Schneefall erstreckt. Dagegen bleiben audere Massen des entstandenen Bittersalzes in Lösung, und werden, soweit sie nicht durch andere Umsetzungen während ihres weiten Wegs durch die Gesteine noch ausgeschieden werden, den grösseren Wasserbehältern auf der Erde zugeführt. Sie fin- den sich dann in den natürlichen Wassern in der verschiedensten Menge*). Als Verwitterungsrückstand resultirt im vorliegenden Falle stets kohlensaurer Kalk. Die Verwitterungserscheinungen, die auf solcher Wechsel- zersetzung beruhen, sind mit diesem Beispiele hinreichend skizzirt, da ihre wissenschaftliche Erklärung meistens keine Schwierig- keiten mehr bietet. Nichtsdestoweniger war ihre Erwähnung hier geboten, da ihre Bedeutung für den Verwitterungsprozess die aller- grösste ist. Kaum dürfte ein Verwitterungsvorgang zu finden sein, der nicht von ähnlichen Prozessen begleitet wäre, oder solche wenigstens bei weiterer Dauer voraussehen lässt. 8.8. Das Wasser kann endlich auch in die Molekular - Struetur mit eintreten, es kann „gebunden werden. Man pflegt wohl die lockere Bindung des Wassers, als Krystallwasser, zu unterscheiden von der innigeren, eigentlich chemischen, als Hydratwasser. Ist aber solcher Unterschied überhaupt nicht streng durchzuführen, so fällt er erst recht fort bei den hier in Rede stehenden Er- scheinungen, wo die Aufnahme von Wasser, sofern sie an Kry- stallen geschieht, meistens die Zertrümmerung des Krystallgefüges zur Folge hat Von zunächst hierher gehörigen Fällen waren mir Anhydrit und Eiseuglanz zugänglich. Der Anhydrit hat rein und frisch reichlich Kalkspathhärte, und ein spec. Gew. =2,9; dabei feuch- ten Glasglanz und starke Durchscheinendheit, und ist im Wasser unloslich. Krystalle und Spaltungsstücke desselben werden nun an feuchter Luft allmählig trüb und matt, das Volumen nimmt zu, das spezifische Gewicht ab, desgleichen die Härte um wenig- stens 1,5; das Mineral ist nun in 460 Theilen Wasser löslich, und es giebt beim Erhitzen Wasser ab, — kurz es ist in Gyps- ınasse übergegangen, und zwar unter günstigen Umständen, na- mentlich bei recht langsamem, ungestörten Fortschreiten des Pro- zesses, unter Beibehaltung der Krystallforım und der Spuren der ehemaligen Spaltbarkeit. Es entstehen so nicht selten recht schöne Pseudomorphosen durch Umwandlung, lediglich auf der Wirksam- keit des Wassers beruhend **). *) Bittersalzquellen von Seidschütz und Sedlitz in Böhmen, von Eps- ham in Englaud etc. **) 8. Blum: Die Pseudomorphosen $. 24. 311 Der Anhydrit nimmt bei seiner Umwandlung in Gyps unge- fahr ein Viertel seines Gewichts Wasser auf, und müsste demnach bei gleichbleibendem spezifischen Gewichte sein Volumen in die- sem Verhältniss vergrössern. Nun ist aber das spec. Gew. des Gypses nur %; von dem des Anhydrits, die Volumenzunahme muss daher nur um so grösser sein. Um so auffallender bleiben solche wohlgebildete Pseudomorphosen von Gyps nach Anhydrit, während andrerseits in den Fällen, wo die Hydratisation ganze Massen von Anhydrit ergreift, wie in dem seit Charpentier so oft erwähnten Vorkommen bei Bex im Wallis, sich dadurch das Verrücken ganzer Gebirgsmassen sehr wohl begreift, welches in der Umgebung des Gypses besonders häufig ist, ohne zur Annahme der plutonischen Bildung des Anhydrit zu nöthigen. Am Eisenglanz leitet sich dıe Hydratisation stets ein mit dem so häufig auftretendem Buntanlaufen der Krystallflächen, wobei indessen, was mir eigene Beobachtungen vielfältig bestätig- ten, sonderbarer Weise die Flächen oR am längsten beharrlich sind. Diese Wasseraufnahme setzt sich dann wohl ins Innere fort, und kann mit völliger Umwandlung des Eisenoxyds in -Hydrat endigen, indem sie überall da, wo sie mit Beibehaltung der ur- sprünglichen Gestalt sich vollzieht, prächtige Pseudomorphosen von Brauneisenerz nach Eisenglanz bildet. Solche Pseudomorpho- sen hat Blum in Amethystkugeln von Öberstein gefunden, und Bischoff*) berichtet al; weiteren Beleg, dass Sillem sämmtliche Eisenglanzkrystalle einer Stufe von Altenburg in Sachsen mit einer dünnen Rinde von Eisenoxydhydrat überzogen, im Innern aber noch unverändert fand. Suckow**) erwähnt ferner als häufiges Vorkommen dieser Pseudomorphosen das an den ausgezeichneten Eisenglanzkrystallen auf Elba und Quenstedt***) sagt sogar, um zu beweisen, dass diese Umwandlung ganz bedeutend werden kann: „Stellenweis ist das ganze Gebirge bis zur Tiefe in Braun- eisenstein umgesetzt.‘ — “ Es kann das bei der allgemeinen Neigung des Eisens, überall da, worin es enthalten ist, bei der Verwitterung sich mit Wasser zu verbinden, nicht gerade sehr auffallen. Eisenoxydhydrat ge- hört ja gerade deswegen zu den verbreitetsten Eisenerzen. Immer- hin aber bleibt die einfache directe Wasseraufnahme seitens eines Sesquioxydes vom chemischen Standpunkte aus viel schwerer be- greiflich als die, übrigens auch viel häufigere Bildung dieses Hydrats im Anschluss an Oxydationsprozesse. Dazu kommt ferner, dass solche Pseudomorphosen in der That überraschen müssen; denn die Aufnahme des Wassers setzt keine unbedeutende Volum-Verinehrung voraus, namentlich da auch hier *) Blum’s Geol. Hl, 883. **) Die Verwitterung im Mineralreiche S. 74. ***) Mineralogie S. 615. 312 das spec. Gew. des Productes kleiner ist als das des ursprüno- lichen Minerals. © Die Folge der Volumvermehrung aber müsste Zertrümmerung der Krystallform sein. Auch sprechen bei weitem die meisten meiner eigenen Beobachtungen dafür, dass die Bedeckung der Eisenglanzkrystalle mit Eisenoxydhydrat nur in einem Niederschlage des letzteren aus Gewässern ihren Grund habe. Und können nicht manche der beobachteten Pseudomorphosen in einer Verdrängung des Eisen- glanzes durch frisch zugeführtes Eisenoxydhydrat ihren Grund haben? — Auf jeden Fall erscheint es darum rathsam, in der Deutung der vorliegenden Erscheinung die höchste Vorsicht walten zu lassen. Solche Hydratisation kann nun in anderen Fällen modifizirt werden dadurch, dass das in die chemische Verbindung eintre- tende Wasser gleichzeitig einen der Bestandtheile derselben we- nigstens theilweise verdrängt. Am häufigsten wird hierfür die Umwandlung von Kupferlasur in Malachitmasse angeführt. Die Kupferlasur soll sich im ganzen selten unverändert finden, und dann nur an solchen Krystallen, die gegen die Feuchtigkeit abso- lut geschützt waren; wenigstens oberflächlich soll sie zumeist in grüne Malachitmasse umgewandelt sein, was bei Vergleichung der chemischen Zusammensetzung *) sich als ein Umtausch von 1 Koh- lensäure gegen ein Wasser darstelle Die Lasurkrystalle krystal- lisiren dabei, soweit sie in Malachit übergehen, vollständig um, indem die Malachitmasse zwar ebenfalls 2-+1 gliedrig krystalli- sirt, aber im nadelformigen Habitus, und in dem einen Lasurkry- stall bildet sich eine Menge kleiner, strahliger Aggregate von Ma- lachitkryställchen. Wie soll man sich dieses Ersetztwerden von 1 Kohlensäure durch 1 Wasser erklären? Die Verwandischaft zwischen Kupfer- oxyd und Wasser ist nicht unbedeutend, denn selbst bei sehr hohen Temperaturen kann nur schwer alles Wasser verjagt werden; auch zieht Kupferoxyd nach dem Glühen mehr als andre Oxyde Feuch- tigkeit an. Zudem geht aus der Arbeit von H. Rose**), die er zur Bestätigung des Berthollet’schen Gesetzes von der chemischen Masse unternahm, hervor, dass das Wasser namentlich leicht die schwache Kohlensäure durch überwiegende Masse verdrängen kaun, Und da gleichzeitig nach den Resultaten derselben Abhandlung oft das entstandene Hydrat der Base mit dem kohlensauren Salze eine Verbindung näch bestimintem Verhältniss eingeht, die der Einwirkung von mehr Wasser widersteht, so wird ınan auch bei der Umwandlung von Kupferlasur in Malachit ganz denselben *) Kupferlnsur = 6 CuO +4C02--2H0 Malachit = 6 CuO + 3002 +3H0. **) Pogg. Ann. Bd, 82 u. f 313 Vorgang annehmen dürfen. Freilich hat esRose*) bei der spe- ziellen Untersuchung der Verbindungen des Wassers und der Kohlensäure mit Kupferoxyd nicht gelingen wollen, Kupferlasur in Malachit wnzuwandeln“. Nach ihm verwandelt sich Kupfer- lasur durch kochendes Wasser nicht erst in Malachit, sondern gleich in braunschwarzes Kupferoxydhydrat. Selbst als er »gepulverte Kupferlasur bei gewöhnlicher Temperatur unter öfterm Umschüt- teln stehen liess, hatte sich selbst nach drei Monaten ihre Farbe nicht im mindesten verändert. Erst bei Kochhitze trat Farben- änderung ein. Rose selbst aber hat in demselben Theile seiner Arbeit nachgewiesen, dass die blaue Farbe nicht ein characteri- stisches Kennzeichen der Kupferlasur ist, sondern auch bei Nieder- schlägen von der Zusammensetzung des Malachit vorkommt; es wäre also immerhin denkar, dass bei dem letzten Versuche doch schon während des Stehens eine Bildung von Malachit wenigstens begonnen hätte — Zudem können auch diese Versuche Rose’s gegen die der Natur zu Gebote stehenden Hilfsmittel nicht ent- scheider, und wenn die nicht eben selten beobachteten Pseudo- morphosen*) von Malachit nach Kupferlasur richtig aufgefasst sind, was man von Männern wie Blum und G.Rose freilich wohl annehmen muss, so ist mit denselben der unumstössliche Beweis für die beschriebene Art der Umwandlung gegeben. Uebrigens war in den meisten von mir beobachteten Fällen die Grenze zwischen beiden Kupfererzen so scharf gezogen, dass an einen allmähligen Uebergang nur schwer zu glauben ist. Nur in sehr wenigen Fällen zeigte die Form des Malachits den kuge- ligen, aus einem Haufwerk von Krystallen bestehenden häufigeren Vorkommnissen der Kupferlasur ähnlich, auf die Wahrscheinlich- keit einer solchen Pseudomorphose hin. Auch Silikate nehmen in dieser Weise gebundnes Wasser auf, so 2. B. im Anschluss an andere Verwitterungsprozesse die aus Feldspäthen entstehende kieselsaure T’'honerde. Ferner hat Durocher***) experimentell bewiesen, dass verschiedene wasser- freie Mineralien: Hornblende, Augit, Feldspäthe, Glimmer, Mag- neteisen, Eisenglauz, Pyrolusit ete. nach vierjährigem Liegen in feuchter Luft wirklich Wasser chemisch aufnahmen, wenn auch in kleinen Prozentsätzen, meist noch nicht ein Prozent. -—- Auch die Analysen der Mineralien und Gesteine zeigen häufig einen gerin- gen Wassergehalt, obgleich der gewöhnlich nur angegebene Glüh- verlust auch noch viele andre Ursachen haben kann, Da mit Zunahme des gefundnen geringen Wassergehaltes auch ein um so weniger frisches Ansehen und geringere Härte verbunden zu sein pflegt, so kaun kein Zweifel sein, dass wir es in diesen *) Pogg. Ann. Cd. 83, p. 483—84. **) Blum, die Pseudomorphosen p, 215—218. **%*) Bischoff, Geol. I, 220. heitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872. 31 314 Fällen mit einer allmähligen Hydratbildung zu thun haben. — Es gehört hierher namentlich auch die schon von Suckow als sehr interessant hervorgehobne Umwandlungsreihe desCor- dierit. Die aus ihm resultirenden Produete, deren Unterschei- dung übrigens doch etwas subtil erscheint, hat man mit verschie- denen Namen belegt wie Gigantolith, Braseoluil Chlorophyllit, Bohnsdorfhit ete., bis endlich der wieder Knien eharacterisirte Pinit die Reihe schliesst. Die äussere Gestalt bleibt bei dieser Umwandlung iu vielen Fällen erhalten, dagegen mindert sich Glanz, spec. Gew. und Härte bedeutend, letztere beim Cordierit 7—7,5, bei diesen Umwandlungsprodueten 3—4, bei Pinit sogar nur 2—3. Die chemische Zusammensetzung des Cordierit ist nach Quenstedt Me3Al,3 Si, meist aber ınit einem bedeutenden Gehalt von FeO. Die Zusammensetzung der Umwandlungspro- ducte hat Bischoff (Geol. II, 575) in einer Tabelle angegeben. Suckow sieht die ganze Umwardlungsreihe einfach als Produet der Wirksamkeit des Wassers an. Nach jenen von Bischoff an- gegebenen Analysen aber, in Verbindung mit der von demselben bewiesenen Thatsache, Dass die Zersetzung von kieselsanrer Mag- nesia die Mitwirkung freier Kohlensäure voraussetzt, können von jenen Umwandlungsproaueten nur diejenigen als lediglich auf der Thätigkeit des Wassers beruhend, beibehalten werden, in denen noch keine merkliche Wegführung von Magnesia eingetreten ist. Das können daher nur Praseolith, Chlorophyllit, Esmarkit, viel- "leicht noch Weissit und Aspasiolith sein, deren Magnesia-Gehalt zwischen den Grenzen des Magnesia-Gehalts des dort bleibt. Die andern, und namentlich ee Pinite, setzen die Mitwirkung freier Kohlensäure voraus. Bei allen bisher betrachteten Hydratisationen geschah die Wasseraufnahme von dem in fester Form zurückbleibenden Körper. Wir begriffen denselben bisher stets unter dem Namen Verwitte- rungs-Rückstand, und wollen diese Bezeichnung der Kürze halber auch hier beibehalten, obgleich sie für die meisten der angezog- nen Fälle nicht ganz zutreffend ist. Es kann aber endlich die Wasseraulnahme auch bei Auslau- gungsproducten geschehen, und den interessantesten Beleg dafür scheint mir die Bildung der Zeolithe zu geben. Die von Bischoff an verschiedenen Orten angeführten Gründe machen die Ansicht, dass die Zeolithe secundäre, auf nassem Wege gebildete Produete sind, sehr wahrscheinlich. Wenn man bedenkt, dass die Häufigkeit chemisch sebundnen Wassers in den Gesteinen, die ein viel sichereres Kennzeichen zeolithischer Masse ist als die Extrabibarkeit durch Säuren, auf eben s0 häufiges Vorkommen zeolither Masse in denselben schliessen lässt, wenn auch zu fein vertheilt, um mineralogisch erkennbar zu. sein; und wenn man sich ferner erinnert, dass Zeolithe sich als solche in Wasser lösen 315 und wieder auskrystallisiren können”); so erscheint die von Bischoil angedeutete Genesis der Zeolithe ganz einleuchtend, nach welcher atınosphärisches Wasser in die chemische Constitu- tion der Silieate eintritt und zunächst zeolithische Masse in hochst feiner Vertheilung erzeugt, woranl alsdann ein Auslaugen der dadureli loslich gewordnen Masse und Ahsetzen in Drusenräumen beginnt, wo hinreichender Raum zur Bildung grösserer Kıystalle vorhanden. Da nach Bischoff Kalk-Silieate durch Kohlensäure stets zersetzt werden, und da ınit Ausnahme von Analeim und Natrolith alle Zeolithe Kalksilicate enthalten, so muss wenigstens für die grosse Mehrzahl der Zeolithe die Auflösung des ursprüng- liehen Gesteins durch Wasser allein, ohne Kohlensäure, oder höchstens unter Mitwirkung von sehr wenig Kohlensäure, eriolgt sein. So könnte der Zusammensetzung nach anch der Labrador durch blosse Wasseraufnahme in Mesolith oder auch der Oligoklas in Philippsit übergehend angenommen werden. Ueberhlicken wir nun noch einmal im Zusammenhang die durch das Wasser allein bewirkten Verwitterungsprozesse und ihre Producte, so wird ıman sofort inne, dass die Grundzüge für alle ilauptrichtungen der ersteren und für alle Formen der letzteren in der Wirksamkeit des Wassers allein bereits bestimmt vorge- zeichnet sind. Der atınosphärische Sauerstoff und die Kohlensäure vermögen noch viel andere, dem Wasser für sich unmögliche Ver- bindungen und Zersetzungen zu bewirken; dem Wesen der Sache nach fanden aber alle durch Sauerstoff und Kohlensäure bewirk- ten und noch zu erörternden Vorgänge hier bereits ihre Analoga — einer der Hauptgründe, die mich zur Aukvüpfung der ganzen Darstellung an die Wirksamkeit des Wassers bestimmten. ll. Die durch Wasser und Wärme bedingten Prozesse der Verwitterung. Bei dem Nainen Verwitterung denkt der Chemiker immer in erster Linie an seine wasserhaltigen Salze, die nur zu oft ihm zum Verdruss diesem Prozesse erliegen. Die Ursache des ein- fachen Vorganges war bald gefunden, und damit glaubte man sich mit der „Verwitterung‘ abgefunden zu haben; so dass noch heute in den Lehrbüchern der Chemie unter Verwitterungserschei- nungen nur dieser eng begrenzte Kreis von Vorgängen verstanden wird. Wegen des allgemeinen Bekanntseins der heregten Erschei- nungen ist es gestattet, hier kurz zu sein. : *) Das ıst für den Apophyllit von Wöhler experimentell bewiesen, und wird ausserdem wahrscheinlich gemacht durch das häufigere Vor- kommen der Natron — als der Kalihaltigen Zeolithe. (Natron-Silicate sind leichter löslich als Kali-Silieate.) 22 316 Die wasserhaltigen Salze geben beim Liegen an der Luft mehr oder weniger leicht ihre verschiednen Moleküle Wasser ab. Die vorher meist glänzenden und durchsichtigen Krystalle werden dadurch matt, undurchsichtig, bedecken sich mit einem mehligen Beschlage und zerfallen schliesslich. Die Erscheinung tritt nicht ein, wenn die umsebende Luft mit Wasserdampf gesättigt ist. Von zwei Stücken frischer krystallisirter Soda z. B., die beide von gleichen Dimensionen der direeten Sonnenbestrahlung ausge- setzt wurden, das eine davon in der gewöhnlichen Zimmerluft, das andre in einem mit Wasserdampf gesättigten (durch ein farb- loses über Wasser gestülptes Glas erzeugten) Raume, verwitterte das frei liegende sehr bald, das unterm Glase selbst nach zwei Stunden nich, sondern aan ilase vielmehr zuletzt gänzlich. Das beweist sehr einfach die Rolle, welche das Wasser dabei spielt. Die im Salze gebundnen Wasser- Moleküle werden durch die Wärme (dieselbe als eine Art der Bewegung gelasst) in Schwin- gungen versetzt, die schliesslich so stark werden, dass sie als gasformige Moleküle zu entweichen streben. Sie können das aber erst, nachdem ihre Tension stark genug geworden ist, um die Spannung der bereits in der Luft vorhanden Wasserdämpfe zu überwinden. Bei gleichen Temperatur- und gleichen Feuchtigkeitsverhält- nissen der Luft zeigt sich dieser Vorgang nach Besinnen und In- tensität verschieden bei den verschiednen wasserhaltigen Salzen. So verwittert z. B. nach Pape*) der Chromalaun bei 290, Zink- und Eisen-Vitriol hei 330, Chlorbarium bei 580, Kupfervitrio] bei 46°, Gyps bei etwas weniger als 1000. Selbst in demselben Salze ist die Wasserabgabe nicht unabhängig von der in dem Salze überhaupt vorhanduen, und von der in jedem Verwitterungsstadium darin noch zurückgehliebnen Menge des Krystallwassers. Unter den kohlensauren Natronsalzen z. B. hat die Soda das meiste Krystallwasser, und sie verwittert auch am meisten. Auch Pape bestätigt, dass die Salze im allgemeinen un so leichter verwitiern, je mehr Aequivalente Wasser sie enthalten. Nicht überall ent- steht wasserfreies Salz, Glaubersalz z. B. mit 10 ag. zerfällt zu NaSO2+2.aqg. Auch die Soda soll ein Verwitterungsproduet mit 5 ag. liefern; Graham-Otto indessen hält es für wahrscheinlicher, dass der Wassergehalt nach dem Keuchtigkeitszustande der Luft verschieden is. Auch nach Pape muss nach dem Verluste einer gewissen Anzahl von Aequivalenten des Wassers die Temperatur erst wieder um ein Gewisses steigen, ehe weitere Wasserabgabe stattfindet. Bei Zinkvitriol geht bei der Verwitterungsteimperatur (d. i. diejenige, bei der die Verwitterung beginnt) alles Wasser bis auf ein Aequivalent fort. Eisenvitriol verliert bei 4602 Aequi- valente, bei 560 das 3., bei 590 das 4. Das letzte Aeqnivalent *) Pape, Verwitterungsfiguren. Pogg. Ann, Bd. 125 ff. 317 verlieren alle diese Salze erst bei sehr hoher Temperatur. Auch von der Kıystallgestalt erscheint dieser Verwitterungsvorgang in noch nicht aufgeklärter Weise abhängig: verschiedne Krystallflä- chen desselben Krystalls verwittern verschieden schwer, z. B. aın Zinkvitriol die Octaederflächen viel schwerer als die Säulenflächen. Es scheint das nach Pape im Zusammenhang zu stehen mit der für verschiedne Flächen verschiednen Härte. Im einzelnen ergeben sich sonach doch mancherlei Eigen- thümlichkeiten bei diesen Verwitterungsvorgängen; die allen ge- meinsamen Ursachen derselben aber sind die Wärme und das "eigenthümliche Verhalten des Wassers gegen dieselbe. Darum eilt als allgemeines Gesetz, dass ein wasserhaltiges Salz verwittert, sobald die Tension seines Dampfes diejenige des “Wasserdampf in der Luft übertrifft; und die sogenannte Luftbesiändigkeit was- serhaltiger Salze beruht demnach darauf, dass dieselben bei ge- wöhnlicher ‘Temperatur Dampf von geringerer Spannung geben, als die gewöhnliche Wasserdampfspaunung der Luft ist. — Ein besonderes Interesse hat diese Art des Verwitterungs- prozesses noch dadurch für den Verfasser bekommen, dass die Binfachheit desselben und die verhältnissmässige Leichtigkeit, mit der er sich nachahmen lässt, neuerding es Pape (l. ec.) möglich gemacht hat, die zu erwartende Abhängigkeit des Fortschreitens der Verwitterung von der Krystallform genauer zu constatiren. Der Gedanke, dass der Verlauf der Verwitterung in engster Be- ziehung zur Krystallform des verwitieruden Körpers stehe, liegt ja an sich sehr nahe, und ist, besonders da es schon länger be- kaunt war, dass gewisse Krystallflächen vor andern grosse Nei- sung zur Verwitterung zeigen, auch schon früher, z. B. von Suckow *), angedeutet worden. Dennoch bleibt es ein unbesreit- bares Verdienst Pape’s, nit seiner Arbeit mindestens wichtige Beiträge gelieferi zu haben zur Erkenntniss einer von der Kıy- stallform abhängigen Gesetzmässigkeit der Verwitterungserschei- nungen — eine Gesetzmässigkeit, die später wahrscheinlich über- all, wo von einer krystallisirten chemischen Verbindung ein Be- standtheil durch irgend eine gleichmässig und constant wirkende Ursache getrennt oder aufgenommen wird, zu erkennen sein dürfte. Ausserdem unterstützen auch seine Resultate die Ansicht, dass die schiefwinkligen Axen in der Bauweise der krystallisiren Substan- zen auch vom chemischen Standpunkte aus nicht begründet seien — eine Ansicht, die jedenfalls früher oder später auch in der Krystallographie, selbst auf die Gefahr complizirterer Axenaus- drücke hin, durchdringen wird. Pape wendete zur Hervorbringung der Erscheinungen ein gleich im Anfange seines Aufsatzes genauer beschriebnes, einfach construirtes Luftbad an, welches eine sehr genaue und Jeieht zu *) Die Verwitterung p. 244. 318 bewerksielligende Controlle der Temperatur möglich machte; denn es kam darau! an, den Moment des Beginns der Verwitterung, der mit der Bildung eines Verwitterungspunktes auf der Krystall- fläche gegeben ist, genau abzupassen, um sofort die Temperatur etwas zu ernie len und dadurch sowohl die Bildung der Flecken zu verlangsamen, als auch die Bildung neuer, diel Beobachtung störender Verwitterungseentra zu verhindern. Auf diese Weise vergrösserte sich der Punkt sehr regelmässig und bildete Lestimmte Figuren, im ‚allgemeinen Ellipsen, zuweilen Kreise, deren genaue, der Rechnung zu Grunde zu legende Dimensionen und Richtungen unter dem Mikroskop init Hülle eines Rebsold’schen Mıkrometers gemessen wurden. — Geht man nun von der gewiss berechtigten Annahme aus, dass, wenn man sich die Verwitterung als von einem Punkte im Innern des Krystalls aus beginnend vorstellt, die Trennung des Wassers in der Richtung am Krystall am schwer- sten sein muss, nach welcher vorzugsweise der Krystall ausgebil- det ist, in der also die grösste Kraft bei Bildung desselben ge- wirkt hat, so muss man erwarien, dass die Verwitterung am schnell- sten in der kleinen, am langsamsten in der grösseren Axe fort- schreitet, und dass infolge davon die verwitterte Masse von einer symmetrisch gebildeten Oberfläche umschlossen sein muss, deren Mittelpunkt der Verwitterungspunkt, und deren Hauptdurchmesser in die Richtung der Krystallaxen fallen, so dass ihre Längen sich umgekehrt verhalten wie die Längen der gleichgerichteten Kry- stallaxen. Der auf der Krystallläche sichtbare Verwitterungsfleck erscheint dann als der Durchschnitt des im allgemeinen dreiaxigen Verwitierungsellipsoides mit der Krystallfläche. — Die Richtig- keit dieser Ansicht vorausgesetzt, müssen dann auf den Flächen paraliel und geneigt zur Hauptaxe im 4- und 6 gliedrigen Systeme Ellipsen, auf der Fläche senkrecht zur Hanptaxe Kreise, im regu- laren Systeme haben denn auch die Beobachiungen Pape’s diesen Schluss bestätigt, und bewiesen, dass für re eelitwinklige Axen die krystalle&ı aphischen und die Verwitterungsaxen , die er auch chemische Axen nennt, zusammenfallen. Pape hat das am Zink- vitriol, (2+2gliedr.) am regulären Chromalaun und 4 gliedrigen Bialldosen al genauer durchgeführt, nachdem er vorher durch eine zahlreiche Reihe von Beobachtungen festgestellt hatte: F) dass die Verwitterung bei verschiednen Krystallen derselben Substanz genau in der gleichen Weise erfolgt; und 2) dass das Axenver- hältniss der Flecke auf derselben und auf den entsprechenden Krystalllächen genau constant ist, und die entsprechenden Rich- tungen der Fleckenaxen immer einander parallel sind. Gilt aber das Gesetz, dass die Axen der Verwitterungsfiguren parallel den Krystallaxen liegen, so allgemein für alle rechtwink- ligen Axensysteme der Krystallographie, so wird man sich aller- dings auch für berechtigt halten dürfen, für sämmtliche k:ystal- lographische Axzensysteine anzunehmen, der die entstehenden Ver- 319 witterungsfiguren deutliche Fingerzeise geben über die Art der Axen, die (dem molekularen Aufbau des Krystalls entsprechend demselben als die naturgemässesten zu Grunde gelegt werden müssen. Und wo die Ana auf die man hierdurch geführt wird, nicht mit den gewöhnlich angenommenen übereinstimmen, da Ki es offenbar ner um so wahrscheinlicher geworden, dass die von der Kıystallographie angenommenen Axen nicht diejenigen sind, nach welchen in der That die Krystallisationskraft thätig war. Interessant ist es nun, dass in der That das 6- elhladite System nach den Verwitterungserscheinungen auf andre als die gewöhn- liehen Axen hinweist: freilich experimentell nur gestützt auf rhom- boedrische Formen, da Pape passende säulenförmige Krystalle nicht finden konnte. Er benutzte Krystalle von unterschwefelsaurem Bleioxyd, — Kalk, und — Strontian. Das Axenverhältniss beim unterschwefelsauren Bleioxyd ist A:C = 1: 1,4696. Demnach wären die Ellipsen der Verwitterungsflecke auf den Rhomboeder- flächen ziemlich lang gestreckt zu erwarten gewesen; die Beob- achtung gab aber schon nach dem Augenmass genaue Kreise, was auch die Messung bestätigte. Das deutet also auf eine Verwandt- schaft mit dem Feen Systeme, wofür ausserdem die in bei- den Systemen auftretende Cireularpolarisation spricht. Auch las- sen sich ja wirklich die Formen des regulären und sechsgliedrigen Systems aus einander ableiten. Ferner hat Pape gleich anfangs den 2+1gliedrigen Eisenvitriol untersucht, und an ihm ausführlich seine Folgerungen dargelest. Auch hier kommt er zu dem Resultate, dass die Axen der Ver- witterungsfiguren rechtwinklig sind, und dass sie zusaminenfallen mit denjenigen rechtwinkligen krystallographischen Axen, auf die man kommt, wenn man die2-+| gliedrigen Formen auf ein recht- winkliges Axensystem bezieht und sie auffasst als parallelflächige en des 2+2 gliedrigen Systems. Neuerdings”) hat er dann seine Untersuchungen auf Kupfer- vitriol und Gyps ausgedehnt und auch an ihnen seine Ansichten bestätigt gefunden. Die Venen wasserhaltiger Salze in der,in diesem Capitel beschriebenen Weise ist an nicht auf das Laboratorium be- schränkt. Auch die Natur liefert dergleichen, freilich aber ver- hältnissmässig selten, wie die diese Verwitterung bedingenden Ur- sachen meistens schon bei Beginn der Krystallbildung wirksam waren und dieselbe alsdann wohl verhinderten. Am häufigsten finden sich noch in dieser Weise verwittert: Glaubersalz, Natron- alaun, Soda, Bittersalz, Kalialaun, nach Suckow so geordnet, wie sie gemäss ihrer immer geringer werdenden Neigung zur Ver- witterung auf einander folgen. — Auch einige aus der interessan- ten Familie der Zeolithe zeigen diese Art der Verwitterung. Be- *) Pogg. Ann. 133, 964 und 135, 1 320 sonderen Ruf hat in dieser Beziehung der Lomontit, nach Fellen- berg’s Analyse *) mit einem Wassergehalte von 17,27 %,. Ueber- all wo dieser Verwitterungsprozess vorkommt, wird man mit der grössten Wahrscheinlichkeit annehmen dürfen, dass das Wasser in dem Zeolith nicht als Basis vorhanden ist. Auch die von Damour beobachtete Thatsache, dass manche Zeolithe das durch Erhitzen verlorene Wasser aus der Luft fast ganz wieder aufnehmen, scheint gegen die basische Rolle des Wassers zu sprechen, die ihm nament- lich Scheerer in vielen, aber mindestens nicht überall stichhal- tigen Fällen zuzuschreiben sucht. il. Verwitterungsvorgänge unter Mitwirkung des atmosphärischen Sauerstoffs. Zwei Gruppen von Mineralien unterliegen hauptsächlich einer Oxydation: 1. die oxydischen Erze, und 2. die Schwefelmetalle. Das Wasser vermittelt dabei entweder nur die chemische 'Thätig- keit des Sauerstoffs als ein Vehikel desselben, oder aber es geht zugleich mit ihm in die chemische Structur der Verwitterungs- producte ein. A. Unter den oxydischen Erzen liefert der Magneteisenstein für die beiden Wirkungsweisen des Wassers bei der Oxydation ein treffliches Beispiel, indem er sich entweder in Eisenglanz und Rotheisenstein umwandelt, oder unter gleichzeitiger Wasser- aufnahme in Brauneisenstein. $. 1. Umwandlung von Magneteisen in Rotheisenstein. Zahlreiche, dem Verfasser zugänglich gewesene Exemplare von Magneteisenerz, namentlich die bekannten prächtigen Kry- stalle im alpinischen Chloritschiefer, zeigten fast stets die frei liegenden, der Witterung ausgesetzten Aussenflächen mehr oder weniger nmgewandelt, während die vom dicht anschliessenden Gestein verhüllten Krystallflächen noch in unverändertem Metall- glanze erschienen. Die erste Einwirkung der Verwitterungsagen- tien documentirt sich in dem Buntanlaufen der frei liegenden Flächen; doch unterliegen dem, wie schon Suckow bemerkt hat, die Würfelflächen, die übrigens nur selten auftreten, zuletzt, was auffallen muss, da der Krystall, wenn auch nur unvollkommen, *) Jahresberichte der Chemie 1865, p. 892. Das Resultat der gauzen Analyse war: ‚Si0? | A1,O, | CaO | M80| KO |FeO | HO | S 47,41 | 20,65 | 11,98 | 0,76 | 1,62 | 0,31 | 17,27 $ 100. 321 nach dem Oktaeder blättrig ist. Dass übrigens die Veränderung der äusseren Eigenschaften nicht das wesentliche Kennzeichen be- gonnener Uimw andlung ist, beweist die nach Bischoff*) von Winkler ausgeführte Analyse von Magneteisen, dessen Krystalle noch frisch und unverändert schienen. Er Fand 79,66 Oxyd, und nur 19,66 Oxydul, — ein Beweis, dass der a schon in allune begriffen. Allmählig schreitet die in Sauerstoffanfnahme bestehende Ver- witterung weiter fort, der Magnetismus geht immer mehr ver- loren, der Strich ist nicht mehr schwarz wie der des Magnet- eisens, sondern der kirschrothe des Eisenoxyds. Gleichwohl hat sich die Form nicht merklich verändert. So fanden sich nament- lich unter den Stücken aus dem Pfitsch-Thale Tyrols in einem Gemenge von Strahlstein und Chlorit viele Krystalle zerstreut, velle, durch alle äussern Eigenschaften des Magneteisens (zer- streut) characterisirt sind, aber kirschrothen Strich zeigen. Manche sind auch mit einem feinen Ueberzuge von Rotheisenocker ver- sehen. — Schliesslich geht dann die ganze Masse in Eisenoxyd über. Mir selbst war es zwar nina all, diese Pseudomorphose in solcher Vollkommenheit bestätigt zu finden, da die Zerspaltung mir nur an sehr wenig Krystallen gestattet war. Pseudomor- phosen dieser Art beschreibt aber z. B. Blum **): Oktaedrisches Fisenoxyd hat alle Kennzeichen von Magneteisen, aber einen kirsch- rothen Strich. Von einem Exemplare seiner Sammlung aus Serra de Ouro Preto in Brasilien berichtet er, dass es aus Talkschiefer besteht, der eine Menge Oktaeder umschliesst, die einen rothen Striel: zeigen, besonders auf der Verwitterungsfläche der Felsart, wo aus einem Ueberzuge von Lichenen die etwas rauhen, gleich- sam aufgequollnen Krystalle hervorragen und zugleich eine etwas röthliche Farbe wahrnehmen lassen. Auch im Serpentin von Kalinowskoi hei Beresowsk findet sich eine Menge kleiner Magnet- eisenoktaeder, die zum Theil in rothes Eisenoxyd umgewandelt sind und wenig Zusammenhalt haben. ***) Dass übrigens die Witterungseinflüsse ausschliesslich das ınass- gebende für den Eintritt und Verlauf dieser Umwandlung sind, illu- strirt auch treffend das von Suckow ****) beschriebne merkwürdige Vorkommniss: Eines seiner Exemplare des. brasilianischen Chlorit- schiefers „umschliesst einige colossale oktaedrische Juxtapositions- zwillinge des Magneteisenerzes theilweise, bis zur Demarkations- linie, und bis zu dieser Grenze blieb die Substanz der Zwillings- krystalle gegen Umwandlung in Oxyd geschützt, während die obere, frei liegende Hälfte aus Eisenglanzmasse besteht.“ *) Bischoff, Geol. II, 933. =*) Blum, die Pseudomorphosen p. 92. ==) Nach Bischoff, Geol. 11, 931. #r+%) |, c. „Zusätze“ p. 256. 322 Diese Umwandlung der Krystallmasse dringt schrittweise vor- warts, und das Innere des umgewandelten Krystalls wird sich nach der Umwandlung nur noch als ein Aggregat von vielen klei- nen NMolekül- Nahe darstellen, rain gänzlich structur- los, oder aus verworren aneinander gedrängten sehr kleinen Kry- stall-Individwen bestehend. Es würde das alsdann einen verhält- nissmässig geringen Zusammenhalt der umgewandelten Masse vor- aussetzen. — Die Beoliachtung bestätigt das nun ganz entschieden; denn eine endlose Reihe von Beispielen ist hereits bekannt, wo Magneteisen in lockreres kirschrothes Eisenoxyd übergegangen ist. indessen war an den von mir gesehenen Fällen an aufgekratzten Stellen unter der Loupe keineswegs deutlich ein Aggregat von vielen verworren aneinander gedrängten Krystallindividuen von Kisenglanz erkennbar, wie es Suckow p- 256 berichtet. ne rellen ist aber, in bisher noch nicht aufgeklärter Weise, in dem entstehenden Umwandlungsproduete die Krystallisations- kraft sogar im Stande, die demselben eigenthümliche blättrige Structur zu erzeugen, wie es nach Bischoff. von Glocker 5) beob- achtet worden: Pseudomorphosen von Eisenoxyd nach Magneteisen- stein zeigten ganz deutlich die hlättrige Structur des Eisenglanzes. Ks kann an dem Vorkommen dieser eigenthümlichen Erscheinung, wo ein an sich vollkommen Kryställinisches Mineral mit Beibe- haltung seiner blättrigen Struciur in der äusseren Krystallform eines andern Minerals erscheint, um so weniger gezweifelt werden, als auch andre ähnliche Thatsachen, die allerdings selten sind, sich nicht anders auffassen lassen. So namentlich das im Uralit G. Rose’s gegebene Auftreten von Hornblende, deren blättriger Bruch deutlich erkennbar, in Formen von Augit. Welches aber die Bedingungen sind, unter denen solche schwer erklärliche Um- bildungen ver sich gehen, ist unbekannt. Die angeführten 'Thatsachen beseitigen auch den noch von Rammelsberg **) aufrecht erhaltnen Zweifel, ob nicht vielleicht das Eisenoxyd dimorph, unter Umständen regulär krystallisiren könne. Man muss vielmehr hiernach mit Blum***) „‚die Existenz der Pseudomorphosen von Eisenoxyd nach Magneieisen als auf das Lestimmteste bewiesen anschen, während die Dimorphie des Eisen- oxyds erst noch zu heweisen le S Ebenso wie an Kıystallen geht dieser Oxydationsprocess auch in diehtem Magneteisen, selbst in grossen Massen, vor. Quenstedt sagt, ****) dass in der Kupferregion am Lake superior sich mehrere tausend Fuss mächtige Eisenberge im Glimmerschiefer finden, welche aus Mägneteisen bestehen, das in Rotheisenstein umgewan- ) Rage. a 95, 264. >) Iandb. Mineraleliemie p. 159. *) Jahrb. R oa 1865, 257. ) Quenstedt, Mineralogie p. 610. 323 delt ist. Der UÜebergang erfolgt hier gleichtalls ganz allmählig, wie solches an dem aus dem Rothen durch Zwischenstufen ins Schwarze übereehenden Striche zu erkennen ist. Aber nicht immer geschieht die Umwandlung so gleichmässig, wie wir sie bisher beschrieben. Wenn ein Krystall etwas ge- borsten ist, wie das namentlich in Richtung der Blätterdurchgänge häufig ist, oder wenn er verstossen oder sonst wie beschädigt ist, so findet er sich namentlich an solchen Stellen von Rotheisen- ocher erfüllt. Wenn nun auch hier die nur stellenweise Verwit- terung ganz begründet erscheint, so ist das in manchen andern Fällen durchaus nieht der Fall. Nach Bischoff*) beschreibt z. B. Glocker in Pogg. Ann. feinkorniges Magneteisen aus Mähren, welches erösstentheils glänzend und von schwarzem Striche ist; an einzelnen S:ellen aber, ohne aussen die geringste Aen- derung zu zeigen, schmutzig kirschrothen Strich hat. Zufällig kann soleh verschiednes Verhalten kaum sein. Zur Erklärung sind aber bis jetzt höchstens vage Vermuthungen aufgestellt worden. Die Analyse des Magneieisens von Nora lieferte Berzelius 711,86 Fe und 23,14 O0. Legt man die Formel FeO. Fe,O, zu Grunde, so ergiebt sich ein Sauerstoflgehalt von 27,59 %/,. Geht man von dem letzteren als dem zutreifendsten aus, bei dem noch keine Spur von Sauerstoffaufnahme stattgefunden, so muss das Magneteisen, um in Eisenoxyd überzugehen, noch 3,44 0), O auf- nehmen.**) Das absolute Gewicht des Magneteisens und des Eisenoxydes stimmen nun nach Bischoff nahe überein (=5,05), und dann muss allerdings das Volumen des Masneteisens bei seiner Umwandlung in Oxyd in demsellen Verhältniss zunehmen, also um 3,41 0/5; und es würde sich damit die schon erwähnte, einem Aufquellen der Krystalle ähnliche Volumen-Zunahme in Fällen wie der im brasilianischen Talkschiefer (s. Blum) erklären. — indessen kann die Gleichheit des specifischen Gewichts nicht so allgemein gültig anerkannt werden, wie es Bischoff voraussetzt. Die Abweichungen vom mittleren spezifischen Gewicht sind, je nach der Structur, nicht unbedeutend: nach Quenstedt haben die reinsten Magneteisen vom Zillerthale ein spez. Gew. von 5,18; die im Kalkspath sinken aber herab bis auf 4,0. Dagegen ist das Gewicht des krystallisirten Eisenglanzes — 5,23; (Quenstedt be- merkt ausdrücklich: „‚schwerer als Magneteisen.“) obgleich wiederum schon der rothe Glaskopf bis unter 5 hinabsinkt. Legen wir die *) Bischof, 'Geol. II, 931. **) Nämlich: Fe&,0, = 30,00 O und 70,00 Fe, . und FeO. Fe,0, — 27,59 0 „ 72,41 Fe. Berechnen wir, da beim vorliegenden Prozesse der Eisengehalt sich nicht ändert, das Verhältniss der Bestandtheile im Eisenoxyd gleichfalls für 72,41 Theile Eisen, so entsprechen ihm 31,03 Sauerstoff. Es gehört dem- nach für diese Umwandlung auf dieselbe Menge Eisen eine Sauerstoff-Zu- nahme von 31,03—- 27,59, d. i. 3,44, 324 Grenzzahlen zu Grunde, ginge also Magneteisen von 4,9 spez. Gew. über in krystallisirten Eisenglanz von 5,23, so würde für dasselbe absolute Gewicht sich eine Volumenverminderung von 4,4 9, berechnen, die also jene durch Sauerstoffaufnahme bewirkte Zunahme von 3,44 9, mehr als aufwiegen würde. Es ist damit wenigstens die Möglichkeit bewiesen, die die Beobachtung in vielen Fällen anzunehmen fordert, dass trotz der Aufnahme neuer Motive ohne jeden Verlust von Bestandtheilen keine merkliche Volumenzunahme stattfindet und daher auch keine Zertrümmerung der Krystallgestalt eintritt. $. 2. Umwandlung von Magneteisen in Brauneisenstein, Das Magneteisen erleidet aber, was z.B. Suckow noch voll- kommen ignorirt, auch eine Umwandlung in Brauneisenstein, in Oxydhydrat. Allerdings sind solche Fälle in der Beobachtung selten und schwer zu erkennen. Mit Bestimmtheit ist bisher, soviel mir bekannt, auch nur in einem Falle diese Umwandlung beob- achtet worden. Im dritten Bande S. 883 seiner Geologie berichtet Bischoff, dass K. G. Zimmermann (Jahrb. f. Miner. 1860, 326) eine mit Magneteisenoktaedern bedeckte Stufe von Brauneisenstein von Dannemore beschreibt. Alle Krystalle waren inBraun- eisenstein umgewandelt. Aber einzelne andere Angaben deuten wenigstens auf diese Umwandlung hin. So beschreibt Bischoff*), zum Theil nach Glocker, manche Vorkommnisse bei- der Eisenerze auf denselben Lagern, „zuweilen deutlich von ein- ander geschieden, aber fast noch häufiger so innig mit einander verbunden, dass man ihre Grenze nicht angeben kann.“ Dass diese Art der Umwandlung bisher so selten beobachtet ist, ınuss schon wegen der grossen Neigung aller Eisenverbindun- gen, Wasser aufzunehmen, auffallen. Es findet aber seine Er- klärung, wenn man sich die Eigenschaften beider Eisenverbindun- gen und ihre gegenseitige Umwandelbarkeit in einander vergegen- wärtiget. Zunächst steht fest, dass, wie es bisher von den Mineralogen fast immer geschah, die Farbe durchaus keinen sicheren Schluss auf Gegenwart oder Abwesenheit von Wasser im Eisenoxyd ziehen lässt. Wenn man**) zu einer kochend heissen Lösung eines Eisenoxydsalzes eine kochend heisse Kalilosung setzt, so entsteht nicht ein ochergelber, sondern ein rothbrauner, wie Oxyd gefärh- ter, Niederschlag. Nach sorgfältigem Auswaschen unter der Luft. pumpe mittelst Schwefelsäure getrocknet, und dann mehrere Stun- den lang in siedendem Wasser erhitzt, gab er 7,11 und. dureh Glühen noch 10,56 0, Wasser. Auch der aus kochend heisser *) Geol. U, p. 933 — 34. **) Bischoff, Geol, III, 885. 325 Lösung von Eisenchlorid durch kochend heisses Ammoniak erzeugte Niederschlag war rothbraun und dunkler wie jener. Nachdem er so lange in Siedhitze des Wassers getrocknet, als sieh noch Wasser- dämpfe entwickelten, verlor er durch Glühen 15,26 °%, Wasser. Er war also ein Hydrat von sehr dnnkler Farbe. — Wie schwan- kend die Farbe der oxydischen Eisenerze und wie sehr von ihrer Struetur beeinflusst, ist auserdem hinreichend bekannt. Eserscheint darum gar nicht undenkbar, dass manche als Eisenoxyd beschriebne Umwandlungen des Magneieisens Oxydhydrate gewesen sind ; denn nur die chemische Analyse, die aber nicht an allen Vorkomm- nissen gemacht wurde, kann entscheiden, ob Eisenoxyd oder — Oxydhydrat. Andrerseits geht auch das Eisenoxydhydrat im Laufe der Zeit in Oxyd über. Schon die Beobachtung von Davies*), dass sefälltes Eisenoxydhydrat durch lang dauerndes Erwärmen init Wasser den grössten Theil seines Wassers verliert, nur 4—5 % behält und ziegelroih wird, macht die Wahrscheinlichkeit grösser, „dass manches natürliche Eisenoxyd in ähnlicher Weise durch die lange dauernde Einwirkung einer verhältnissmässig niedrigen Tem- peratur auf das unter Wasser befindliche Hydrat entstanden ist.“ — In Apotheken hat sich ergeben, dass Eisenoxydhydrat, unter Wasser aufbewahrt, nach langer Zeit sein Hydratwasser verliert. -— R. Mallet fand **), dass der durch Luft und Wasser auf Eisen erzeugte Rost, welcher Brauneisenstein mit mehr oder weniger Kisenspath ist, sein Wasser verliert und sich in Rotheisenstein verwandelt, wenn er recht alt wird. — Dass endlich diese Um- wandlung auch in der Natur vor sich geht, zeigt Haidinger an der pseudomorphosen Bildung von rothem Glaskopt aus braunem an Handstücken vom Irrgang bei Platten in Böhmen u. a. O.***) Es ist demnach ganz gut die Möglichkeit vorhanden, dass auch diejenigen Psendomorphosen, die wirklich, auch nach den Resultaten der Analyse, aus Oxyd bestehen, früher Oxydhydrate gewesen sind. Diese Ansicht wird mir dadurch noch wahrschein- licher, dass der Wassergehalt der verschiednen natürlichen Eisen- oxydlıydrate ein sehr schwankender ist. Nach Bischoff ****) enthält das von Herrmann als Quellerz bezeichnete Hydrat 25,63% der faserige Brauneisenstein (brauner Glaskopf) 14,71 9 Nadeleisenerz, Lepidokrokit, Göthit und dichter Brauneisenstein 10,31 ° Herrmann’s Turgit gar nur 5,33% Vergleicht man die in Rammelsberg’s Handwörterbuch zusam- mengestellten Analysen von Bratneisensteinen, so stösst man auf Verbindungsverhältnisse, die von den obigen mehr oder weniger *) Jahresber. d. Chem. 1866, p. 240. **) Bischoff, Geol. Ill, 884. *#*) Bischoff 1. c. *+#%*) Bischoff, Geol, III, 885, 326 abweichen. Mag auch hier und da die Bestimmung des Wassers nicht genau sein, so mögen diese Differenzen doch namentlich wohl davon herrühren, dass entweder Gemenge verschiedner Ver- birdungsstufen im Mineralreiche vorkommen, oder dass schon eine theilweise Abscheidung des Hydratwassers statt gefunden hat. Diese Wasserabgabe kann, namentlich unter dem Einflusse der Krystallisationskraft, bis zur vollständigen Abscheidung des Wassers führen. Dass die Kıystallisationskraft im oxydischen Kisenerze das Bestreben hat, Wasser abzuscheiden, wird dadurch bewiesen, dass nur der Glaskopf und die dichten Brauneisensteine einigermassen dem Wassergehalte von drei Aequivalenten entspre- chen. Die krystallisirten Varietäten des Brauneisens (Nadelerz, Göthit, Lepidokrokit ete.) haben weit weniger Wasser, nur etwa 1 Aegqnivalent; ja Haidinger*) hat Nadeleisenerz ganz wasserfrei gefunden. Nimmt man nun zu dem allen hinzu, dass die Aufnahme von (reiem Sauerstoff in der Natur nach der Auseinandersetzung im ersten Theile dieser Arbeit beim Verwitterungsprozess immer unter Mitwirkung von Wasser geschieht, so ist es das Wahrschein- lichste, dass die in der Natur stattfindende Umwandlung von Mag- neteisen durch Sauerstofaufnahme stets zunächst Oxydhydrat er- zeugt. Bei den Massen, in welchen die Krystallisationskraft nicht rege, bleibt es als Oxydhydrat vorhanden, kann aber doch auch im Laufe der Zeit, namentlich wesn es durch darauf lastenden Druck immer dichter wird, sein Wasser verlieren. — In krystal- lisirten, stets durch grössere Dichte ausgezeichneten Exemplaren schritt der Oxydationsprozess viel langsamer und wegen der ge- setzmässigen Structur auch regelmässiger fort. Die zu gleicher Zeit in gleichem Umwandlungs- Zustande befindlichen Moleküle konnten sich infolge dessen viel leichter zu kleinen Krystallindi- viduen ordnen, und bei dieser Wiederkrystallisation des Verwitie- rungsproductes wurde das aufgenommene Wasser wieder ganz oder theilweise ausgeschieden. Auch das Verhalten der schon so vielfältig untersuchten Eisenspäthe darf als Beleg dafür angeführt werden, dass durch Verwitterung aus njedrigeren Oxydationsstufen des Eisens zunächst stets Oxydhydrate gebildet werden. Bei weitem in den meisten Fällen geht Eisenspath und Sphärosiderit durch Verwiiterung über in Brauneisenstein und Brauneisenocher, und wo Eisenspath als Verwitterungsproduct Rotheisenstein hinterlässt. (z. B. zu Bresoir im Elsass, Pressnitz in Böhmen ete.**), war die Umwandlmg in Rotheisenstein gewiss keine. directe. Haidinger will zwar für einige Fälle dieselbe doch für eine directe angesehen wissen; die von Bischoff angezognen Gründe aber, dass der von Haidin- *) Bischoff Geol. Ill, 883. »#) Bischoff II, 157. [9 Yard 327 ger angeführte Rotheisenstein im Innern ohne Zweifel ein Res! von Eisenoxydhydrat war, welches noch nieht in Oxyd ungewan- delt worden war, und dass es trotz seiner rothen Farbe vielleicht noch etwas Wasser enthielt; namentlich aber, dass die Pseudo- morphosen von Steben innen noch mit Brauneisensteinocher he- gleitet sind, während die Umwandlung doch wohl aussen hegon- nen haben würde, wenn derselbe cin Umwardlus.gsproauet aus Rotheisenstein wäre, sprechen gewiss überzeugend dalür, dass der Umwandlung in Rotheisenstein die in Brauneisen vorangegangen. Uehrigens sind trotz der zahlreichen analytischen Untersuchun- gen der Eisenspäthe (Bischoff*) stellt deren 56 zusammen) doch die gefundnen Resultate für Beurtheilung des Verwitterungspro- zesses am Eisenspathe nicht sehr brauchbar, Namentlich ist die genaue direete Bestimmung der Kohlensäure schr schwer: Glühen oxydirt das Eisenoxydul, und vertreibt Wasser aus eiwa schon entstandenem FEisenoxydhydrat, und doch fordert diese Säure zu ihrer gänzlichen Vertreibung selbst durch eine andere Säure be- hufs Bestimmung aus dem Gewichtsverlust noch die Anwendung von Hitze. Es ist darum von den Analytikern der Gehalt an Kohlensäure meist blos nach der gefundnen Menge der Basen be- rechnet worden. Auch würde durch Glühen aus etwa vorhandner organischer Substanz Wasser auf Kosten des Sauwerstoffs im Krze gebildet werden können. Endlich ist auch die mögliche Bildung von Magneteisen eine Schwierigkeit, die, wenn äuch leicht und bis auf die geringsten Spuren mit der Magnetnadel zu entdecken, doch bisher nieht beachtet worden ist. — Ausserdem macht sieh auch hier wieder der Mangel von Analysen desselben’Exem- plars in verschiedänen Verwitterunesstadien fühlbar. Unter den 56 von Bischoif zusammengestellien Analysen vergleich: nur eine, No. 42, einen Bisenspath und das{daraus entstandne schwarze Eisenerz No. 92 \ No. 42. | No. 52 Fe0.C0? 78,64 | Fe, 0, TRETEN EG MnO.cC0O2 17,48 | Mn,O, 16,56 III 131000027, 7 7000... MgO. CO? 396, 10.003744 an 0,44 SiO? und Verlust 0,17 | Wasser und Verlust 5,64 Ra ON TEST 799,98 |s) Dem valaysı DAL Und doch gewinnt man erst durch solche Nebeneinanderstel- lungen einen Einblick in den chemischen Verlaul' des Verwitte- rungsprozesses, wenn dieselben möglichst viel Zwischenstufen um- fassen. Schon aus obiger einzigen Vergleichung lässt sich ein interessanter Schluss ziehen. Da das Verhältniss des Eisen- und *) Bischoff Geol, I, 164 fl. 328 des Manganoxyduls-Gehaltes in beiden Fällen fast ganz genau übereinstimmt, so scheinen die Oxydıule beider Metalle höher oxydirt worden zu sein, ohne dass eines von beiden in merklicher Menge fortgeführt worden wäre. Die nahe verwandten Manganoxyde durchlaufen ähnliche Um- wandlungsstufen; zuletzt gehen sie alle in Braunstein über. Da sie stete Begleiter des Eisens sind, oft in innigster Mischung, so muss bei der Beobachtung der Blsaname auf sie mit Rücksicht genommen werden; sie erklären manche anffallende Erscheinung, wie z. B. dass die Oberfläche des braunen Glaskopfs meist schwär- zer ist als das Innere. (Die Oxydation des Mangangehaltes ist dort nämlich weiter, bis zur Superoxydbildung, vorgeschritten.) Im wesentlichen ist ihre Verwitterung ganz analog der der Eisen- erze, nur geschieht sie langsamer. DB. Unter den Schwefelmetallen zeichnen sich namentlich die Kupfererze durch grosse Beweglichkeit der Atome aus: sie werden ebenso leicht zu Kupfer- und Schwefelmetallen reduzirt, als wieder oxydirt, und das leiztere besonders kann nicht auflal- len, wenn man sich der leichten Umwandlung des Schwefelkupfers im Laboratorium erinnert. Man kann sogar, was unsre Behauptung trefflich illustrirt, als allgemeines Gesetz aussprechen*), dass die oberen Teufen und die Saalbänder der Kupfererzlagerstätten durch oxydirte Erze, die unteren Teufen und der Kern durch ge- schwefelte Erze characterisirt sind, was sich in dieser Allge- meinheit kaum von einem andern en Schwefelmetall aus- sagen lässt. Dennoch habe ich es vorgezogen, mich hier auf das geschwe- felte Eisen zu beschränken, um in Verbindung mit dem Vorher- gehenden ein möglichst abgerundetes Bild der Verwitterung der Eisenerze als einer chemisch zusammengehörigen Familie zu er- halten. Die natürlichen Schwefeleisen sind: 1) Schwefelkies, Eisenkies oder Pyrit = KeS2, Härte 6, Gewicht 5; krystallisirt regular. 2) Binarkies, Spär- oder Kammkies, Wasserkies, oder nach Haidinger Markasit =FeS?. Auch Strahl- kies wird er genannt, obwohl die strahligen Massen häufig entschieden regulär sind (z. B. die Oktaeder von Gross-Al- merode*.. Härte 7, Gewicht 4,7 — 4,88; krystallisirt 3gliedrig, ist zwar auch gelb, aber etwas grauer als 1.) 3) Magnetkies—=6FeS+FeS? (doch gehen die Ansichten darü- ber weit auseinander) ist 6gliedrig, findet sich aber nur sparsam. *) Bischoff, Geol. Ill, 685. a) Quenstedt, Mineralogie p: 668. 329 4) ArsenikkiesoderMispiekel=FeS?+FeAs?. Härte 5—6, Gewicht 6,1; krystallisirt 2 gliedrig, ähnlich dem Binarkies. Chemisch betrachtet ist er Markasit, in welchem die Hälfte S durch eben so viele Atome As vertreten ist; er bildet so den Uebergang zum Arsenikalkies=FeAs?. Man findet daher auch Pseudomorphosen von Pyrit in Formen von Ar- senikkies*), deren Entstehung zu erklären aber sehr schwer ist. Ein einfaches Fortgeführtwerden des FeAs? im Arse- nikkies setzte einen viel geringeren Zusammenhalt der Kry- stalle, viel grössere Porosität voraus, als es die von Blum beschriebne Pseudomorphose zeigte. (Arsenikkies enthält 37°) FeS?2= 0,44 vom Volumen des Arsenikkieses.) Ueberdies beweist die von Queenstedt berichtete Thatsache, dass Beutel, mit feinem Arsenikkiespulver gefüllt ins Wasser ge- legt, in demselben bald die Reactionen auf Arsenik, Eisen und Schwefel zeigen, (als Eisenvitriol, Schwefelsäure und arsenige Säure), dass derselbe vom Wasser vollständig zersetzt wird. Ein einfaches Restiren von Pyrit erscheint also auch deshalb unbe- greiflich. Doch ist durch dieses Verhalten die leichte Verwitter- barkeit angezeigt; es entstehen bei der Verwitterung Eisenvitriol und arsenige Säure, welche sich unter Umständen durch noch höhere Oxydation in einen unlöslichen Sinter von schwefelsaurem und arseniksauren Eisenoxydhydrat umwandeln. Bei weitem am häufigsten aber und in schönen Krystallen finden sich unter allen natürlichen Schwefelungsstufen des Eisens die mit 2 Atomen S: der Eisenkies und der Markasit**). Die Umwandlung beginnt an der Oberfläche der Krystalle oder der dichten Massen und schreitet gleichmässig nach innen fort. Das Mineral bedeckt sich mit einem braunen Ueberzuge, indem der Schwefel verschwindet, und das Eisen Sauerstoff und Wasser absorbirt. Bisweilen findet man solche Schwefelkieskrystalle in der Natur, z. B. die am Gotthardt vorkommenden, nur an ihrer Oberfläche mit einem glänzenden, braunen Ueberzuge bedeckt, welcher noch den Kern des unveränderten Schwefelkieses um- hüllt. Dieser Kern wird allmählig immer kleiner und lässt zu- letzt nur noch reinen Brauneisenstein in der ursprünglichen Ge- stalt des Eisenkieses zurück. Das mittlere spez. Gew. des Eisen- kieses ist 5,04; dasjenige des Brauneisensteins, dessen Wasserge- halt= 14,7 °lo, ist 3,655. Das Volumen nimmt infolge dessen *) Blum, die Pseudomorphesen. **) Um Irrungen zu vermeiden, sollin diesem Aufsatze das 2-gliedrige krystallisirte Doppelschwefeleisen stets Markasit oder Binarkies genannt werden; dagegen soll der ihm von vielen Autoren sonst wohl beigelegte Name „Strahlkies“ nur auf die strahligen Aggregate angewendet werden, die ebensowohl regulärer Pyrit als 2-gliedriger Markasit sein können. Zeitschr. f, d. ges, Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872. 22 330 bei der Umwandlung zu, aber nur um 0,073*). Erreicht der Brauneisenstein aber sein höchstes spezifisches Gewicht = 3,91, so bleibt das Volumen unverändert. Es erklärt sich daraus, dass die Krystallgestalt bei der Umwandlung nicht gerade zersprengt zu werden hraucht; dass aber doch die Moleküle des entstandnen Eisenoxydhydrats sich so innig an einander schmiegen, dass das Brauneisenerz, in welches der Pyrit umgewandelt ist, so nament- lich der von Beresowsk nach Suckow’s Beschreibung S. 51, ge- wöhnlich dicht und von ebenem Bruche erscheint. Nur zuweilen sind diese Pseudomorphosen auch porös oder erdig, in welchem Falle aber ein Substanz-Verlust eingetreten ist, der sich beson- ders auch mit auf das Eisen erstreckt hat. Beim Markasit findet sich diese Umwandlung in Braun eisen ebenfalls, aber ungleich seltner. Blum beschreibt **) namentlich ein Vorkommniss aus Feistritz in Oberkrain, wo die Umwandlung einen gut ausgebildeten Krystall ergriffen, Im Nachtrage zu den „Pseudomorphosen‘“‘ vom Jahre 1847 berichtet er ferner S. 111, dass baumformige Massen von Strahlkies in dem Thone der Braun- kohlenformation von Littmitz in Bohmen vorkommen, welche ober- flächlich theilweise, und an den dünnen, astarügen Theilen gänz- lich, zu Brauneisenstein umgewandelt sind. Nach den vorliegen- den Beobachtungen tritt die Umwandlung von Markasit in Braun- eisen da ein, wo der Krystall rings vom Gestein umschlossen ist, darum namentlich beobachtet am Markasit in den Thonen der Braunkohlenformation, sobald er sich in denselben nur aus seiner freien Vertheilung zu grösseren, knolligen Massen zusammengezo- gen hat. — Da, wo der Markasit frei liegend den Atmosphärilien ausgesetzt ist, tritt diese Art der Umwandlung nicht ein. Die beiden betrachteten Doppelschwefeleisen unterliegen zun aber auch noch einer zweiten, sehr häufig beobachteten Umwand- *) Nach (uenstedi besteht durchschnittlich FeS? aus 45,7 Fe und Fe,0,.3HO aus 14,7 HO. 54,3 S 59,71 Fe BREI. 25,59 O 100,00 Sieht man das Fe des Pyrits bei der Umwandlung als constant an, so be- rechnet sich die Zusammensetzung des Oxydhydrats als bestehend aus 12,9 HO Es gehen also fort 54,3 S; 45,7 Fe und treten ein 32,5 (O-+ HO.) 19,6 0 78,2. Das absolute Gewicht sinkt von 100 auf 78,2 herab. Das Volumen des 100 Eisenkieses von 45,7 Eisengehalt ist daher —= 504 > 19,84; und das Vo- { 9 718,2 lumen des Eisenoxydhydrats von 45,7 Eisengehalt ist — Si 21,39, Das Volumen hat sieh also bei dieser Umwandlung vermehrt um 1,45 auf 19,84 Theile, d. i. um den 0,073. Theil. **) Blum, die Pseudomorphosen $. 197, = = — lung, der zu Kisenvitriol. In der Regel ist damit bei beiden Zerstörung der Form verbunden, doch beschreibt Blum*) aus seiner Sammlung eine recht vollkommene Pseudomorphose von Eisenvitriol nach Eisenkies. Unter den Risenkiesen sind es besonders die auf Gängen und Kieslagern, die Neigung zum Vitrioleseiren zeigen; die im Ge- stein eingewachsenen Krystalle dagegen finden sich meist in Braun- eisen umgewandelt. Hauptsächlich aber ist der Markasit, besonders in den körni- gen und strahligstengligen Aggregaten von der geringsten Härte, dem geringsten Gewichte und geringsten Guamees des Vitrioleszi- rung unterworfen, so sehr, dass er selbst in Sammlungen nur gar zu leicht dieser Zerstörung anheimfällt. Wiederum ist auch hier, wie oben schon erwähnt wurde, seine Lagerung bestimmend er die Art des Verwitterungsprozesses, der er unterliegt. Der Mar- casit findet sich viel seliner im Gebirgsgestein eingeschlossen, und ‚gleichzeitig unterliegt er der Vitrioleseirung viel häufiger als der Pyrit. — Man findet endlich auch drittens die Schwefeleisen in dichten Rotheisenstein umgewandelt. Ullmann beschreibt **) würflige Kıy- stalle von diehtem Rotheisenstein aus den Gruben von Beresowsk ; sie sind umgewandelte Eisenkiese. Desgleichen fand Sillem (a. a. ©.) auf einer Stufe von Schmalkalden Oktaeder von Eisenkies in Eisenoxydhydrat umgewandelt, während andre im Innern aus Eisenoxyd bestehen und nur mit einer dünnen Rinde von Eisen- oxydhydrat bedeckt sind. Eine directe Umwandlung des Eisen- kieses in Rotheisenstein kann hier noch viel weniger angenommen werden als früher beim Magneteisen und Spatheisen. Die Oxy- dation des Eisenkieses unter Wasseraufnahme ist vielmehr der erste Akt der Verwitterung; und erst wenn sich auf diesem Wege Oxydhydrat gebildet hatte, kann aus diesem wieder blosses Oxyd entstehen. Die von Suckow ***) versuchte Erklärung einer direc- ten Umwandlung von Eisenkies in Rotheisen ist durchaus unwahr- scheinlich. Dass die Umwandlung des Eisenkieses zunächst stets in Braun- eisen geschieht, wird ferner durch das viel häufigere Vorkommen von Pseudomorphosen aus Brauneisenstein nach Eisenkies unter- stützt; und endlich weisen darauf auch mit grosser Bestimmtheit die von Landgrebe ****) beschriebenen Pseudomorphosen von Be- .resowsk hin. Die dortigen Pseudomorphosen von Rotheisenstein nach Eisenkies waren mit zelligem, dichten Brauneisenstein, sowie mit etwas braunem Glaskopf verwachsen, und es kamen sogar in > Blum, die Pseudomorphosen S. 206. S. 197. ) Suckow, die Verwitterung S. 52. "##) Landgrebe, Pseudomorphosen S. 210. 22” 332 den meisten derselben die in den Würfeln des dichten Braun- eisens häufig sich findenden, unbestimmt zelligen Vertiefungen vor, Die chemische Erklärung der bei Umwandlung der Schwefel- eisen stattfindenden Vorgänge erscheint zweifelhaft. Die Umwand- lung in Brauneisen zunächst hat man versucht, durch eine gegen- seitige Zersetzung von Wasser und Zweifachschwefeleisen unter Bildung von Schwefelwasserstoff zu erklären *). Dabei würde sich Schwefel abscheiden. G. Rose schliesst sich dieser zuerst ven Berzelius aufgestellten Ansicht zur Erklärung mancher Pseudo- morphosen von Beresowsk an. Indessen erscheint diese Deutung des Vorganges doch sehr unwahrscheinlich, wenigstens für ge- wöhnliche Temperaturen und blosses Wasser: Zweifach-Schwefel- eisen in Wasser gelinder Wärme ausgesetzt, zeigte überdies nicht die Spur von Schwefelwasserstoff-Entwicklung. — Ebensowenig kann bei dieser Umwandlung an ein Entstehen von schwefelsau- reım Gase gedacht werden: Schwefel und Schwefelmetalle oxydi- ren sich nur bei höherer Temperatur zu schwefliger Säure, bei gewöhnlicher Temperatur unter Mitwirken von Feuchtigkeit, nur zu Schwefelsäure. Es bleibt daher, auch für die Umwandlung in Brauneisen- stein nur die Ansicht frei von stichhaltigen Einwänden, dass diese Umwandlung nichts weiter ist als das letzte Resultat des Vitriö- leszirungsprozesses, mit dem eine jede Verwitterung der Doppel- schwefeleisen beginnt. Wir fanden vornehmlich diejenigen Va- rietäten der Doppelschwefeleisen zur Umwandlung in Brauneisen geneigt, welche mitten im Gestein lagerten, Jetzt finden wir den Erklärungsgrund für diese Erscheinung: der atmosphärische Sauer- stoff ergreift durch Vermittlung des Wassers sowohl Eisen als Schwefel in den Schwefeleisen ; das eine zu Säure oxydirte Schwe- felatom wird abgeschieden, meist wohl vom Wasser entführt, das zweite wäre dann bereit zur Vitriolbildung. Dazu kommt es aber selbstverständlich dann nicht, wenn das Doppelschwefeleisen rings von Gestein umschlossen. Letzteres enthält auf jeden Fall immer noch alkalische Basen, die durch die Bodenflüssigkeit in fortwäh- rendem Contacte mit dem Schwefeleisen stehen. _ Die Folge da- von ist, dass einmal die entstehende freie Schwefelsäure ungleich energischer entfernt, und gleichzeitig das schwefelsaure Eisenoxy- dul, so wie es molekülweise entstand, sofort von den Alkalien seiner Schwefelsäure beraubt wird. Das frei werdende Oxydul oxydirt sich dann ebenso molekülweise zu Oxydhydrat. Dass der Schwefel bei Umwandlung des Eisenkieses mittels Feuchtigkeit zu Schwefelsäure wird, ist vielfältig bewiesen. Bischoff z. B. hat verschiedne Eisenkiese mit Wasser ausgelaugt und stets durch Chlorbaryum deutliche Trübungen wahrgenommen, *) Nach Quenstedt gemäss der Formel: 2Fe$®-+-3H0 =F&8,0,+3HS-+S. 333 was die eingetretene Oxydation des Schwefels zu Schwefelsäure beweist. Auch beweist das Vorhandensein von Schwefelsäure- Resten in Brauneisen, deren Entstehung aus Eisenkiesen sicher ist, die über den Umwandlungsvorgang aufgestellte Ansicht. Ana- Iytische Untersuchungen einzelner solcher Brauneisensteine, deren Ursprung aus Eisenkiesen zweifellos war, sind freilich noch selten; namentlich von solchen in ihren verschiedenen Verwitterungsstadien vergleichbaren. Nach Bischoff*) hat Scheerer in Pogg. Ann. Bd. 45, S. 188. Zersetzungsproducte von Eisenkies aus Alaunschiefern bei Modum in Norwegen analysirt: I. war eine hellgelbe Lage in tropfsteinartigen Bildungen, im Wasser unlöslich, doch wurde eine Spur Gyps ausgezogen. Sie war mit einem weisslichen Ueberzuge oder mit kleinen weissen Gypskrystallen bekleidet, ein deutlicher Fingerzeig, dass die ent- standene Schwefelsäure vom Kalk aufgenommen wurde. — Unter ihr befand sich If. eine dunkelbraune, in Wasser gleichfalls unlösliche Sub- stanz, die das Gestein mehr oder weniger durchdringt. 1. 1. Ben oa 800 32.41, 02, 2222,.26,00. 3 [} [} . . ZNa0 2. 2020 Sa nr — BORN. EN ER ls SS; HO ua a LA. 3: 100,38 100,30. Man sieht deutlich die allmählige Abnahme der Schwefelsäure, und ihre sehr geringe Menge in einem fast normal zusammenge- setzten Brauneisen. Die zweite, auf den ersten Blick von der Umwandlung zu Brauneisen gänzlich verschiedene Verwitterung des Pyrites zu Vi- triol ist also die allgemeinere Metamorphose. Mit ihr beginnt der Prozess auch in dem Falle, wo nur Brauneisen als sichtbares Product resultirt; und der zweifache Verlauf des Prozesses er- scheint nur von den Lagerungsverhältnissen der Doppelschwefel- eisen abhängig. Mangelt es an den die Schwefelsäure entfernen- den Mitteln, zu denen vor allem Wasser gehört, so macht der Prozess bei der Vitrioleseirung Halt, dieselbe verbreitet sich über die ganze Masse der Schwefelerze, und zerstört meistens die Form derselben. Unter den Producten der Verwitterung sind die bei diesem Prozesse resultirenden Verwitterungs-Rückstände durch die bishe- rige Darstellung hinreichend characterisirt. Es wäre höchstens noch zu erwähnen, dass man, weil die beiden Prozesse der Vi- trioleszirung und Brauneisenbildung oft theilweise neben einander herlaufen, gar nicht selten die Verwitterungsrückstände beider in *) Bischoff, Geol, III, 895. 334 inniger Mischung mit einander findet. Dieselben werden dann mit begriffen unter dem Namen Vitriolocker. Der Eisenvitriol kann sich übrigens in allen Fällen nur da erhalten, wo nicht Wasser genug vorhanden ist, um ihn in Lösung zu entführen. Zwar oxy- dirt er sich, wenn auch dem Wasser nicht mehr ausgesetzt, an der Luft noch weiter; aber die dann nur als Beschlag entstandene Schicht von basisch schwefelsaurem Eisenoxyd, die oft als gelbes Mehl den Vitriol bedeckt, schützt ihn vor weiterer Oxydation. Als Auslaugungsproducte treten namentlich Sulphate der Al- kalien und alkalischen Erden, auch wohl freie Schwefelsäure auf. Und da diese Stoffe wegen ihrer kräftigen Affinitäten umbildend selbst auf die unlöslichsten Körper des Mineralreichs wirken konnen, so erscheinen gerade die so weit verbreiteten Doppel- schwefeleisen von grösster Bedeutung für den Stoffwechsel in der anorganischen Natur und für die Ernährung der Organismen. Das andere Hauptauslaugungsproduct, welches bei diesem Prozesse ent- steht, ist die Auflösung des Eisenvitriols selbst. Derselbe ist sehr leicht löslich, und er wird darum vom Wasser, selbst bei geringer Menge desselben, reichlich aufgenommen. In dieser gelösten Form oxydirt er sich nun aber sehr leicht weiter, und lässt einen gelben ocherigen Niederschlag von basisch schwefelsauren Eisenoxyden fallen, deren prozentische Zusammensetzung aber eine sehr ver- schiedene ist. Bei einer neuerdings von Muck *): ausgeführten Arbeit über die Veränderungen von neutralen schwefelsauren Eisenoxydul-Lösungen an der Luft ergab sich als Resultat, dass die Producte dieses Oxydationsprozesses je nach der sich stetig ändernden Beschaffenheit der Flüssiekeit verschieden sind, und dass derselbe sich durch keinen einfachen Ausdruck interpretiren lässt. Doch bestätigen auch seine Versuche die 'Thatsache, dass in der ersten Zeit die am meisten basischen Salze niederfallen, und dass der spätere Absatz allmählig immer saurer wird. — Wieder anders und auch unter sich manichfaltig verschieden zu- sammengesetzt sind diejenigen basisch-schwefelsauren Eisenoxyd- salze, die entstehen, wenn solche Vitriollösungen vollständig ver- dunsten. t Alle diese verschiedenen Absätze aus Eisenvitriollosungen sind ebenfalls unter dem Namen „Vitriolocker‘“ sehr bekannt; z. B. in den Gruben von Goslar. Aber auch andere in der Natur sich findende meist basische, schwefelsaure Eisenoxyde ven verschie- *) Jahresber. d. Chem. für 1866, S. 241. Muck löste z. B. 1 Theil schwefelsaures Eisenoxydul in 4 Theilen Wasser. Die Niederschläge im Verlaufe von 46 Wochen, während dieser Zeit viermal aufgenommen, er- gaben: I I. m. IV. F&,0; 2,4 | 2,35 1,7 0,9 So, 1 1 ) i Ho 7 Tan 3,3 y 335 denstem Säure- und Wassergehalt*), wie Botryogen, Coquimbit, der sich bedeckt mit Copaipit und zwischen lagerndem Styptieit und Fibroferrit, desgleichen Apatelit und Misy, müssen ihren Ur- sprung in der angegebenen Weise in Eisenvitriol und dessen Lo- sungen haben, so dass dieselben sämmtlich als secundäre Verwit- terungsproducte der Pyrite und Markasite anzusehen sind, worauf auch ihr geognostisches Vorkommen hinweist. — Da das Schwefeleisen in den manichfaltigsten Combinatio- nen mit andern Schwefelmetallen, namentlich in den Fahlerzen und den daraus entstehenden Kupferkiesen vorkommt, so erleidet seine Verwitterung hier, ebenso wie sie auf die Umwandlung jener andern Schwefelmetalle störend einwirkt, manichfache Modifica- tionen. So wird z. B. der Kupferkies, obgleich er in der Regel wohl ganz normal zu sogenanntem Adlervitriol (Eisen- und Kupfer- vitriol) verwittert, bei seiner Verwitterung auch recht häufig bald vorwiegend in seinem Schwefelkupfergehalte von der Oxydation ergriffen. Die solche Abweichungen bedingenden Ursachen kennt man aber in den meisten Fällen nicht. Im allgemeinen erzeugen also die auf der Wirksamkeit des atmosphärischen Sauerstoffs beruhenden Verwitterungsvorgänge nur wenig Auslaugungsproduete; nur bei den Schwefelmetallen werden sie von Bedeutung. — Die Verwitterungsrückstände aber sind gewöhnlich lockere, specifisch leichtere Körper, unlöslich in Wasser, darum ziemlich dauerhaft; und sie würden der Haupt- sache nach, namentlich als Oxyde, aus dem Kreislaufe der Stoffe im anorganischen Reiche ausgeschieden sein, wenn sie nicht durch vorhandne Reductionsmittel, vor allem aus der organischen Welt, wieder in denselben zurückgeführt würden. IV. Verwitterung unter Hinzutritt der Kohlensäure zu den Verwitterungsursachen. „Die zerstörende Kraft der Kohlensäure beschränkt sich zwar auf nur wenige Elemente des Mineralreichs, sie wird aber gerade dadurch für die Kohlensäure wie für die betreffenden Mineralien besonders characteristisch.‘* — Die Kohlensäure wirkt im allgemeinen in dreifach verschied- ner Weise bei der Verwitterung der Mineralien: Entweder vermehrt sie blos die lösende Kraft des Wassers; das ist der Fall bei kohlensauren und phosphorsauren Salzen, (von letzteren namentlich beim Kalk- und Eisenphosphat) und bei Fluormetallen (Fluorcaleium). Oder sie verbindet sich mit der *) S. die Lehrbücher der Mineralogie. 336 ganzen Masse des Minerals zu einem unlöslichen Carbonate, in der Regel unter gleichzeitiger Aufnahme von Sauerstoff und Wasser. Als Beispiel dafür ist die Umwandlung von gediegen Kupfer oder von Rothkupfererz in Malachit bekannt. Oder endlich die Koh- lensäure verbindet sich nur mit einem Theile des Minerals, sie zersetzt es; und dahin gehören die Silicate. Die beiden ersten Richtungen des Verwitterungsprozesses, so- fern derselbe von der Kohlensäure abhängt, haben in bereits früher beschriebnen Erscheinungen ihre Analoga. Die Umwand- lung des Rothkupfererzes in Malachit geschieht unter gleichzeitiger Oxydation, und auch die Aufnahme der Kohlensäure bringt keine Erscheinungen hervor, die von denen, die als blos von der Oxy- dation abhängig im vorigen Capitel behandelt wurden. — Ebenso ist der von der Kohlensäure bewirkte Auflösungsprozess kohlen- saurer, phosphorsaurer etc. Salze in seinem äusseren Kennzeichen, seinem Verlauf und in Bezug auf die Art der Verwitterungspro- ducte ganz demjenigen analog, den wir im ersten Capitel an Koch- salz und Gyps speziell beschrieben haben. Die Kohlensäure er- höht eben nur, jenen Mineralien gegenüber, die Losungsfähigkeit des Wassers. Der kohlensaure Kalk z. B. ist im reinen Wasser fast ganz unlöslich.*) Nach Warington**) aber löst sich 1 Theil gefällter kohlensaurer Kalk bei 210 und 0,7483 mtr. Druck in 1015 'Theilen mit Kohlensäure gesättigten Wassers. Aus Bischoff’s Versuch No. 60 (s. Bd.I. Geol.) geht hervor, dass das Maximum von zweifachkohlensaurem Kalke dann gelöst wird, wenn das Wasser ganz mit Kohlensäure gesättigt ist; und sonach würden jene Zahlen von Warington allerdings die Grenze der Loslich- keit bezeichnen. Sie geben aber doch einen deutlichen Begriff davon, wie sehr vorhandne Kohlensäure die Löslichkeit des koh- lensauren Kalks im Wasser zu erhöhen vermag. Hoch wichtig aber und ganz characteristisch ist die Wirk- samkeit der Kohlensäure bei der Verwitterung aller Silicate des Mineralreichs. Ihr müssen wir eine eingehende Betrachtung zutheil werden lassen. g. 1. Bevor wir aber an die Silicate selbst gehen, müssen wir die Kieselsäure an sich einer Besprechung unterwerfen. — Die Kieselsäure ist in mehreren Beziehungen noch heute für die Chemiker ein Räthsel. Noch heute ist der Streit über ihre Constitution, wie viel Atome O auf 1 Si kommen, nicht unwider- ruflich entschieden; und,” was damit zusammenhängt, die Frage, *) Zwei von Bischoff ausgeführte Versuche (s. Bischoff Geol. I, 214—15) zeigen die Löslichkeit von kohlensaurem Kalk in Wasser, wel- ches nur sehr wenig Kohlensäure aufgenommen haben konnte, **) Jahresber. der Chemie f. 1866, 163. 397 welches die neutralen, welches die basischen, welches die sauren Salze der Kieselsäure sind, harrt noch ihrer Erledigung. — Ebenso war man bis in die neuere Zeit gewohnt, zur Erklärung ihrer verschiednen Eigenschaften die Kieselsäure in eine lösliche und eine unlösliche Modification zu unterscheiden. Hatte es aber schon seine Bedenken, auf die Eigenschaft der Löslichkeit die Unterscheidung in zwei Modificationen zu bauen, so erschien dieser Weg erst recht unfruchtbar, als man immer mehr Belege für den allmähligen Uebergang aus dem löslichen in den unlöslichen Zustand auffand mit einer zahlreichen Reihe von Zwischenzustän- den, die nicht unter jene allgemeine Formel passen wollten. Bei dieser Art der Eintheilung wäre man folgerichtig zu der An- schauungsweise Mulder’s*) gekommen, der schon 4 oder gar 5 Modificationen der Kieselsäure unterscheidet, zuletzt aber S. 87 sagt: „Es lässt sich noch keine Grenze ziehen, wie weit die Unter- abtheilungen der Kieselsäure sich fortsetzen lassen.“ -— Neuerdings hat man daher diese Eintheilung aufgegeben, und dafür die nach dem spez. Gewichte zu Grunde gelegt. Diese Unterscheidung ist allerdings durchgreifender: 1. krystallisirte Kieselsäure mit einem spez. Gew. von 2,6. 2. amorphe Kieselsäure mit einem spez. Gew. von 2,2—2,3. Die erstere bildet nach den Untersuchungen von H. Rose deutlich krystallisirt den Bergkrystall, Amethyst und Quarz, und krystallinisch dicht den Chrysopras, Feuerstein, Hornstein. Die zweite findet sich in der Natur als Opal; und bildet auch die künstlich dargestellte gallertartige Kieselsäure, die auch nach dem Trocknen ein Pulver von 2,2 spez. Gew. darstellt. Man glaubte nunmehr, alle andern Verschiedenheiten in den Eigenschaften der Kieselsäure hätten ihren letzten Grund in die- sem Unterschiede. Und allerdings erscheint die Krystallisations- kraft sehr wohl im Stande, die durchgreifendsten Unterschiede in den Eigenschaften der Körper zu erzeugen, und nicht wenig Beispiele dafür sind bekannt. Aber trotzdem decken sich keines- wegs alle andern hervorragenden Eigenschaften der Kieselsäure so vollständig, wie man der Einfachheit wegen wohl wünschen möchte, mit diesen zwei Modificationen (ob krystallisirt oder nicht). Namentlich erscheint nicht einmal das Krystallisirtsein in allen Fällen mit hohem spez. Gewichte verbunden. Nach Grah.-Otto **) gelang es Doveri, ein Hydrat der Kieselsäure in farblosen durch- sichtigen Nadeln von grossem Glanze, mit amorphem Hydrat ge- mengt, zu erhalten, indem er eine Losung von Kupferchlorid mit kieselsaurem Kali fällte, den Niederschlag von kieselsaurem Kupfer- oxyd in Salzsäure löste, daraus Kupfer durch Schwefelwasserstoff entfernte, und die so entstehende Lösung der Kieselsäure in Salz- *) s. Mulder: Chemie der Ackerkrume. Deutsche Ausgabe, Bd.1. ’*) Lehrb. d. Chem. (Ausg. 1852) p. 616. 338 säure über Kalk im Vacuo verdampfte. Es findet sich nun zwar dort keine Angabe des spez. Gew. des krystallisirten Hydrats, aber die Verschiedenheit der Aequivalentgewichte von Wasser und Kie- selsäure macht es mindestens höchst wahrscheinlich, dass das kry- stallisirte Hydrat trotz des Krystallisirtseins zur Modification 2) mit dem leichteren Gewicht gehöre. — Ebensowenig fallen ki- neswegs immer hohes spez. Gew. und Unlöslichkeit in Alkalien zusammen: Chrysopras z. B. vom spez. Gew. 2,624 hinterliess nach Rammelsberg*) nur 14,4 0), unlöslichen Rückstand; und ähnlich verhalten sich oft Achate, Chalcedone, Flintensteine. Aus Ram- melsberg’s Versuchen scheint hervorzugehen, dass die Löslichkeit der „Kieselmineralien“ gar nicht davon abhängt, ob Kieselsäure krystallisirt oder amorph, sondern dass diese vom Cohäsionszu- stande abhängig ist: 1) Die höchst zarte Irfusorienerde löst sich in Alkalilauge so leicht wie die feinpulvrige künstlich dargestellte, 2) Die künstlich dargestellte pulverisirte Kieselsäure wird durch sehr heftiges Glühen unlöslich. 3) Die Gebrüder Siemens ver- moehten Quarzpulver unter 4—5 Atmosphären Druck in Natron- lauge zu losen. — Es scheint nach allem, dass die vielen Verschiedenheiten der Kieselsäure von mehreren Ursachen abhängig sind, die zum Theil noch unbekannt sind, zu denen aber neben der Krystallisations- kraft, theilweise mit von ihr bedingt, auch die Menge des chemisch gebundnen Wassers zu rechnen ist. Es sind bisher schon sehr verschiedne Hydrate der Kieselsäure beobachtet worden, und an- dere, bisher noch nicht beobachtete, sind gleichwohl wahrschein- lich. Um als Säure characterisirt zu sein, muss die Kieselsäure wie andre entsprechende Säuren mit den Elementen des Wassers verbunden sein. Mit wie viel Molekülen Wasser die im Wasser gelöste Kieselsäure verbunden ist, ist nicht zu entscheiden; die - auf nassem Wege aus Silicaten abgeschiedne hat 2 Moleküle Wasser, und es scheint, dass eben die auf nassem Wege aus Silicaten ab- geschiedne Kieselsäure, bevor sie scharf getrocknet oder geglüht worden, die wahre Kieselsäure = H?#Si0? ist. Dieselbe ist aber sehr wenig beständig; sie zerfällt sehr leicht, gleichfalls nach den neueren Formeln geschrieben, in H2O und H2SiO3, die sich aber- mals mit grösster Leichtigkeit in H?2O und SiO?2 spaltet. Die wasserfreie Kieselsäure ist darum die in der Regel beobachtete. Das sind aber noch nicht alle zwischen Wasser und Kieselsäure möglichen Verbindungen. Nach Merz**) sind 5—6 Hydrate der Kieselsäure bekannt; ja manche Erscheinungen deuten darauf, dass Wasser und Kieselsäure bei ihrer Verbindung unabhängig seien von dem Gesetze der Verbindung nach bestimmten Mischungsver- hältnissen, Ich erwähne, dass so häufig Gesteine einen geringen, *) Wie Grah.-Otto l. c. p. 948 berichtet. **) Jahresber. d. Chem, f. 1866, 192. 339 aber schwankenden Gehalt an Hydratwasser zeigen; ferner dass die Opale keineswegs Hydrate nach bestimmten Mischungsverhält- nissen sind, und dass es auch Berzelius nicht gelang, auf künst- lichem Wege Hydrate der Kieselsäure nach bestimmten Mischungs- verhältnissen darzustellen. Das Verbundensein mit Wasser ist darum auch kein aus- schliessendes Kennzeichen der amorphen Kieselsäure; und das ist namentlich bestimmt bewiesen, wenn nach dem oben citirten es Doveri möglich war, ein krystallisirtes Kieselsäurehydrat darzustellen. Bischoff sieht daher die Sache so an, dass beide Modificationen der Kieselsäure mit Wasser verbindungsfähig sind und dass sie beide schon in der wässerigen Losung getrennt vor- handen seien. Für die opalartige Kieselsäure hat diese Ansicht nach der bisherigen Meinung nichts Ueberraschendes. Und dass auch die krystallisirende Kieselsäure schon als solche im Wasser gelöst anzunehmen sei, ist nach ihm*) begründet in den von Ri- petti und Northrop gemachten Beobachtungen. Beide sahen Quarz- krystalle aus wässrigen Flüssigkeiten sich bilden, unter Erschei- nungen, die auf das gleichzeitige Vorhandensein von amorpher und krystallisirter Kieselsäure hinweisen. Auch der Versuch Becquerel’s**) beweist nach Bischoff diese Ansicht. Derselbe brachte eine sehr verdünnte Lösung von kieselsaurem Kali mit mehreren Gypsblättchen in ein unvollkommen verschlossenes Ge- fäss. Die eindringende atmosphärische Kohlensäure zersetzte all- mählig das kieselsaure Kali, es entstand kohlensaures Kali, wel- ches sich mit Gyps in schwefelsaures Kalı und kohlensauren Kalk umsetzte, und dieser letztere krystallisirte.e Mit ihm schied sich aber auch Kieselsäure in Körnern oder Blättchen ab, mit 12 0], Wasser, welche Glasritzte, und am Boden bildeten sich sehr dünne Blättchen von derselben Härte. Die letzteren wurden mit einer heissen Lösung von kohlensaurem Kali behandelt, und liessen durchsichtige Lamellen zurück, welche ganz bestimmt sich als Quarz darstellten. Die Richtigkeit der Bischoff’schen Ansicht einmal vorausge- setzt, sind jene beiden Modificationen der Kieselsäure aber nicht allein jede mit Wasser verbindungsfähig, sondern indem sich ihr Wassergehalt ändert, scheinen sie auch in einander überzugehen: Die Hydrate verlieren allmählig immer mehr Wasser und werden zu Opalen, und diese scheinen durch weiteren Wasserverlust in Quarzkieselsäure überzugehen. Wenigstens hat nach Bischoff Breit- haupt Beobachtungen gemacht, welche dafür zu sprechen schei- nen, und Damour fand nach demselben, dass ein Opal mit 10,1 9), Wasser nach Amonatlichem Liegen in trockner Luft 4,05 0], Was- ser verloren hatte. — Auch gelatinöse Kieselsäure in schwach *) Bischoff, Geol. 11., 859. **#) Bischoff, Geol. II., 857. 340 saurer Lösung (Wasserglaslösung wurde verdünnt und durch Salz- oder Kohlensäure neutralisirt) auf 2— 3000 erhitzt, gab Senar- mont, wie das nach Mulder Daubree berichtet, Quarzkrystalle. Auch das Verhalten in der Hitze scheint keineswegs ein streng verschiednes für Kieselsäure von verschiednem spec. Gew. zu sein. Nach Bischoff, Rammelsberg u. A. wird die Kieselsäure von 2,6 spez. Gew. durch Schmelzen übergeführt in solche von 2,2 spez. Gew.*) Dagegen behanptet Mulder, dass starke Glüh- hitze den Uebergang der mehr oder weniger wasserhaltigen amor- phen Modification (bei ihm Nr. 4 u. 3«) u. 3#) in seine Modi- fication 1. bewirke, und nach Rose’s analytischer Chemie (1851, Bd.I. S.591) erhält auch nach Schaffgotsch die leichtere Kiesel- säure durch lange anhaltendes Glühen ein höheres spez. Gewicht. Aus allen bisherigen Beobachtungen scheint also hervorzu- gehen, dass auch zwischen den Kieselsäuren von verschiednem spez. Gewicht kein strenger Gegensatz besteht, so wenig wie zwischen einer löslichen und unlöslichen Modification; und dass man sich hüten muss, auf den Unterschied in einer einzigen Figen- schaft die Scheidung in zwei Arten zu bauen. Man kann eigent- lich nur von einer Kieselsäure schlechthin sprechen, die ja nach dem Wirksamwerden der verschiednen Ursachen, die Einfluss auf ihre physikalische und chemische Constitution üben, in manich- fach verschiedner Weise in die Erscheinung tritt. Wenn wir nun aber doch im folgenden von dieser Unterscheidung in 2 Modi- ficationen sprechen werden, so geschieht das nur, weil diese Be- zeichnung eine kurze und wenigstens in vielen Fällen richtige Characteristik der Hauptgegensätze im Vorkommen der Kiesel- saure gestattet. $. 2. Für den Verwitterungsprozess ist die wichtigste von allen Eigenschaften der Kieselsäure ihre Löslichkeit. In reinem Wasser muss die Kieselsäure als löslich ange- sehen werden, wenn auch nur schwer löslich. Der Grad der Loslichkeit ist für die verschiednen Zustände der Kieselsäure sehr verschieden. Namentlich ist die deutlich krystallisirte so gut wie unlöslich, am leichtesten löslich dagegen die Kieselsäure in statu nascendi, wie sie sich aber aus ihren Verbindungen abschei- det. Setzt man zu einem Ueberschuss von verdünnter Salzsäure eine Losung von kieselsaurem Natron, so entsteht zwar kein Nie- derschlag. Aber gleichwohl ist die Kieselsäure abgeschieden, wovon man sich durch Dialyse bekanntlich leicht überzeugen kann. Die Kieselsäure muss hier wegen der angewendeten Trennungs- methode als in gallertiger Form in der Lösung angenommen wer- den, also jedenfalls vom spez. Gew. 2,2. — Durch Einwirkung *) Auch Mohr behaupte! das. (s. Jahresber. d. Chem. f. 1866, p. 910.) 341 der atmosphärischen oder zugeführter Kohlensäure wird aus dieser Lösung die Kieselsäure gallertförmig abgeschieden, und in dieser Gallertform hat sie nun schon einen Theil ihrer Löslichkeit ver- loren. Die Angaben weichen aber sehr von einander ab und das Resultat scheint von unbedeutenden Umständen wesentlich modifi- eirt. Beim Auflösen solcher Gallerte in Wasser fand *) Struckmann auf 1 'Th. Kiesels. 4760 Wasser Maschke EN EL SR Fuchs en ER ONNE 4 Ludwig**) aber ,, 10,0 Und mit dem letzten stimmt auch nach Versuchen von Bischoff (l. c.) das Verhältniss der grössten Menge Kieselsäure überein, die in kalten Mineralquellen gefunden wurde. Da die Kieselsäure aus Lösungen von Silicaten durch Säuren gefällt wird, so folgt, dass die Kieselsäure in Säuren, nament- lich wenn sie ganz allmählig wirken können ***), mit Ausnahme der Fluorwasserstofisäure, unlölich ist. Im festen Zustande wird daher die Kieselsäure von andern Säuren erst recht nicht ange- griffen; und diese Unangreifbarkeit durch Säuren überträgt sich sogar noch auf diejenigen Silicate, in denen die Kieselsäure in verhältnissmässig grosser Menge vorhanden ist, die sogenannten übersauren Silikate, namentlich die feldspathartigen Minerale. In den basischen Silicaten, den zeolithartigen Mineralien, üben Säuren, und demnach auch im Laufe der Zeit kohlensäurehaltiges Wasser, bekanntlich zwar einen Angriff aus; derselbe besteht aber nur in Verbindung der Säure mit der Basis und Ausscheidung der Kieselsäure. Eine Umwandlung der Kieselsäure dabei durch die stärkere Säure ist nicht anzunehmen, da dieselbe Säure auf reine Kieselsäure keinen Einfluss ausübt. — Freilich berichten andere wieder das Entgegengesetzte. Nach H. Rose löst sich gallertige Kieselsäure in Kohlensäure- oder Salzsäure -haltigem Wasser in viel grösserer Menge als im reinen Wasser; und Liebig behauptet dasselbe wenigstens vom kohlensäurehaltigen Wasser. Auch nach Grah.-Otto (p. 950) ist das Kieselsäurehydrat wenigstens im Mo- mente seiner Bildung selbst im kohlensäurehaltigen Wasser löslich. — Mulder (l. c.) hat solchen Einfluss der Säuren, wie ihn Rose berichtet, nicht bemerken können, und er erscheint auch in der That unwahrscheinlich, denn die stärkeren freien Säuren werden etwa gelöster Kieselsäure jedenfalls Wasser entziehen und sie da- *) Graham-Otto: Lehrb, d. Chem. 1, 949. **)) Bischoff, Geol, II, 830. #3) Wird, was zuerst von Doveri beobachtet wurde, zu einer con- centrirten Wasserglaslösung tropfenweise Salzsäure gesetzt, so schei- det sich die meiste Kieselsäure gallertig und unlöslich ab; fügt man die Salzsäure aber auf einmal hinzu, so bleibt die sämmtliche Kieselsäure oder ein grosser Theil in Lösung. ##>**) Mulder, Chem. d. Ackerkr. I, 102. 342 durch unlöslich machen. Wenn trotzdem bei Abscheidung der Kieselsäure durch eine stärkere Säure ein Theil der ersteren in Lösung bleibt, so beruht das nicht auf dem Säuregehalte . des Wassers, sondern auf dem Wasser selbst, in welchem ja die Kie- selsäure in statu nascendi in geringer Menge löslich ist; und na- mentlich wohl auch darin, dass das entstandne alkalische Salz die Auflösung der Kieselsäure befördert. Die alkalischen Basen nämlich verhalten sich gegen die Kieselsäure gerade umgekehrt wie die Säuren: kaustische und kohlensaure Alkalien, selbst Ammoniak führen die unloöslich ge- wordne Kieselsaure in den löslichen Zustand zurück, und zwar beide Modificationen, die amorphe nur natürlicherweise am leich- sten. Kaustische Alkalien in heisser Losung lösen, wie schon Fuchs bekannt, die zweite Modification leicht auf; aber auch die Modifieation 1 ist ebenfalls schon nach Fuchs darin loslich, wenn- gleich schwer und wenig. Die Löslichkeit der Kieselsäure in Kalilauge wird im allgemeinen ebenso wie die im Wasser immer geringer, je mehr die Kieselsäure Wasser verliert; und wenn auch nach Schaffgotsch*) die Löslichkeit der Opale z. B. nicht auf ihrem Wassergehalte allein beruht, so wird die Verminderung desselben auch hier doch eine Verminderung der Löslichkeit be- wirkt haben. — Auch die kohlensauren Alkalien wirken höchst wahrscheinlich ebenso: Nach Bischoff**) scheint kohlensaures Natron die Lösung der Kieselsäure in Wasser zu befördern. Nach Mulder (1. c. I, 108) hat sich ergeben, dass in 100000 'Theilen der doppeltkohlensauren Kali-Natronlösung 31 Theile Kiesel- säure, in der gleichen Menge reinen Wassers nur 10—15 Theile aufgelöst waren. Viel intensiver ist diese Wirkung der fixen Alkalien und kohlensauren fixen Alkalien auf Kieselsäure in der Schmelzhitze. Durch Schmelzen mit dem vierfachen kohlensauren Alkali geht bekanntlich selbst die Modification 1 schon in unsern Laboratorien in das in Wasser lösliche Alkalisilikat über. Auffallend, aber einander widersprechend, sind die Angaben über das Verhalten der Kieselsäure gegen Ammoniak und koh- lensaures Ammoniak. Diejenigen Kieselsäure, die beim Abschei- den derselben aus Silicaten durch Säuren in Lösung blieb, wird daraus durch Ammoniak und kohlensaures Ammoniak gefällt*"*), „so dass die Kieselsäure sogar die Rolle einer schwachen Base zu spielen scheint.“ Auch Liebig bestreitet die Löslichkeit in kaustischem und kohlensauren Ammoniak, sondern lässt sie viel- mehr durch dieselben sich vermindern. Dagegen lösten, wie *) Bischoff, Geol. II, 838: Die Opale bleiben danach leicht löslich in Kali auch nach dem Austreiben des Wassers durch Hitze. "*) Bischoff, Geol. II, 830. »##) Graham-Otto S. 614. 343 Mulder berichtet, nach den Resultaten Struckmann’s von einer Kieselsäure, von der 100 Theile Wasser 0,02] Theile auflo- sten, sich in 100 Th. einer verdünnten Lösung von kohlensaurem Ammoniak, (A Y/jo Prozent) 0,062 Theile in 100 Theilen Ammo- niakflüssigkeit, welche 19,2 Proz. wasserfreies Ammoniak enthielt, lösten sich 0,071, und in 100 Th. Ammoniakflüssigkeit, welche 1,6 Proz. wasserfreies Ammoniak enthielt, lösten sich 0,099 "Theile. Auch nach Bresser lösten (1. e.) von einer Kieselsäure, die sich in 100 Theilen reinen Wassers zu 0,014 Th. löste, 99 Th. Wssr. u. 1 Th. Ammoniak 0,092 Th. > „u Au ” 0,167 , Mulder*) leitete in eine Losung ven Wasserglas einen Strom von Kohlensäure, bis sich etwas Kieselsaure abzuscheiden anfıng. Die Flüssiekeit, aus welcher sich eine reichliche Menge flockiger Kieselsäure abgesetzt hatte, wurde in 2 gleiche Theile getheilt und zur einen Hälfte wurden einige Tropfen Ammoniak gesetzt. Nach einiger Zeit wir diese Flüssigkeit klar geworden, während die andre Hälfte ihre 'Trübung behalten hatte.“ Naeh Wittstein**) soll sogar nicht nur gallertige, sondern auch trockne und geglühte amorphe Kieselsäure von Ammoniak in erheblicher Menge gelöst, ja selbst Quarzpulver soll wenigstens angegriffen werden. Eine grössere Menge Ammoniak hat aber auch nach Mulder die entgegengesetzte Wirkung auf die Kieselsäure, wohl nur weil es der Lösung Wasser entzieht. So scheint also die Verschieden- heit der Angaben über das Verhalten des Ammoniaks zur Kiesel- saure in der verschiedenen Stärke der angewendeten Ammoniak- lösungen hinreichend begründet, und wir müssen deshalb in der That den Ammoniaklösungen in der Natur einen nicht unwesent- lichen Antheil an der Zurückführung der Kieselsäure in die los- licheren Zustände zuschreiben. Eine, für den Verwitterungsprozess hochwichtige, aber auch nach vielen andern Seiten interessante, genaue Untersuchung der Löslichkeitsverhältnisse der Kieselsäure wäre übrigens eine sehr dankenswerthe Aufgabe. ,‚Welchen Aufschluss über Auflöslichkeit der Kieselsäure wir noch erwarten dürfen, geht aus der ganz neuen (Chem. Centralbl. 1859, S. 673) Erfahrung: Winkler’s her- vor, dass Kieselsäure in einer Mischung von Alkohol und Salzsäure löslich ist.“ ; 8. 3. Die grosse Verschiedenartigkeit der freien Kieselsäure drückt nun auch ihren Verbindungen den Stempel der grössten Manich- faltigkeit auf: Die Silicate der Alkalien sind die einzigen leicht in Wasser löslichen, und zwar steigt ihre Löslichkeit mit *) Mulder 1. c. I. p. 11F. **) Jahresber, d, Chem. f, 1866, 192. 344 der Zunahme des Alkaligehaltes, aber selbst das Trisilikat, welches im Feldspath angenommen wird, ist noch leicht löslich. — Im angesäuerten Wasser sind sie gleichfalls löslich, und das erklärt, wie sie als Pflanzennahrung im Bodenwasser vorkommen können. Aber bald wird in diesem Falle die freie Säure wirksam: das Silikat wird zersetzt unter Abscheidung gelatinöser Kieselsäure. Und zwar wirkt bekanntermassen gegen Wasserglaslösung schon die atmosphärische Kohlensäure so.*) Indessen ist die sich ab- scheidende Gallerte doch nicht, wie man früher glaubte, reine Kieselsäure, vielmehr findet sich darin immer ein kleiner Gehalt von Kali, den schon Forchhammer bemerkte. Bischoff **) leitete einen Strom von Kohlensäure durch eine Lösung von kieselsaurem Kali und -Natron. Der Kieselsäure-Niederschlag war selbst nach 24 Stunden nur unbedeutend. Die Lösung enthielt viel kohlen- saures Kali, (aber. kein Bicarbonat,) es wird aber viel kiesel- saures Kali zersetzt, und doch scheidet sich keine oder nur eine sehr unbedeutende Menge Kieselsäure aus. Daraus schliesst Bischoff, dass sich ein saures kieselsaures Alkali gebildet haben muss, da abgeschiedne freie Kieselsäure in der Menge wie hier nicht die genügende. Menge Wasser vorfinden konnte. Die Zersetzung war also hier keine vollständige, und sie kann das noch viel weniger sein, wenn die Gewässer nur die geringe Menge Kohlensäure enthalten, welche der atmosphärischen Luft oder der Dammerde entnommen ist. — Derselbe Forscher leitete durch eine verdünnte Lösung von kieselsaurem Natron einen Strom Kohlensäure, bis sie sauer reagirte, und dampfte alsdann unter der Luftpumpe mittels Schwefelsäure bei gewöhnlicher Temperatur ab. Nach 14 Tagen war die Flüssigkeit eine steife, stark alkalische Gallerte, die mit Sauren brauste. Dieselbe wurde mit Wasser ausgewaschen, bis sich keine alkalische Reaction mehr zeigte. Im Rückstande fand sich noch Natron vor.***) Es ist also eine übersaure Ver- bindung, wenn man das Gemisch überhaupt noch als Verbindung nach bestimmten Verhältnissen ansehen will. — Versetzte man einen kleinen Theil des Auswaschwassers mit Salmiak, so schie- den sich gallertige, durchsichtige Flocken aus, die die Gegenwart von noch unzersetztem, kieselsauren Natron anzeigten. Das Wasch- wasser wurde deshalb abermals unter der Luftpumpe bis auf einen kleinen Rest abgedampft, wobei sich Kieselsäureflocken abschie- den von 2,42°%. Auf Natron konnte wegen der geringen Menge nicht geprüft werden. Aus der davon abfıltrirten Flüssigkeit wurde die Kohlensäure durch Salzsäure ausgetrieben und bestimmt; sie *) Wie schon Kuhlmann beobachtete. **) Bischoff, Geol. I, 31 ff. *%) und zwar 53,21 SiO?) in Prozenten der Summa aus sämmi- 5 0,63 Na0| lichen im Laufe des ganzen Versuchs erhaltenen Producten. rg 345 entsprach einer Menge von 37,11°%% kohlensauren Natrons. Als Bi- schoff die dadurch erhaltne Kochsalzlösung eindampfte und wieder auflöste, schied sich abermals eine Gallerte aus: Kieselsäure 0,95%. “Mit dieser Kieselsäure waren nach Bischoff, Geol. I, 34 5,68% NaO verbunden, es war also eine überhasische Verbindung. — Es steht demnach fest, dass kieselsaures Natron von der Zu- sammensetzung 66,04 SiO? und 33,96 NaO beim langsamen Ab- dampten einer verdünnten Lösune in 2 Gemische zerfällt: das eine unlöslichere enthält sehr grossen Ueberschuss an SiO?, und beträgt Smal mehr als das andre löslichere, welches sehr grossen Ueberschuss an Natron enthält. Zugleich folgt aus diesem Versuche, dass in mit Kohlensäure gesättigtem Wasser neben 37,11 Th. kohlensaurem Natron noch 6,63 Theile kieselsaures Natron bestehen konnten, und da das in den Gesteinen cireulirende gewöhnliche Meteorwasser lange nicht mit Kohlensäure gesättigt ist, so muss sich in demselben verhält- nissmässig viel kohlensaures Alkali gegenüber dem kieselsauren Alkali finden. — Damit stimmen nach Mulder (s. I, 105) auch die Resultate Struckmann’s überein, insofern auch sie wahrschein- lich machen, dass die letzten Spuren kieselsauren Alkali’s durch Kohlensäure mindestens äusserst schwierig zersetzt werden. — Auch Mulder selbst bekennt sich darum zu dieser Ansicht; und in der That kann man nach den vorliegenden Beobachtungen nicht anders als das Gesetz zugeben: die alkalischen Silikate werden durch die Kohlensäure zwar zersetzt, aber nur bis auf einen be- stimmten Rest, der in der Lösung vorhanden. bleibt, und durch die entstandnen kohlensauren Alkalien in Losung erhalten zu wer- den scheint. Eine vollständige Zersetzung des kieselsauren Alkali durch Kohlensäure gehort darum wohl in das Reich der Unmöglichkeit. Kohlensäure-haltige Wasser werden aus Alkali- silicaten alkalische Carbonate oder Bicarbonate, freie Kieselsäure und Alkalisilicate in Losung erzeugen. Die Zersetzung kieselsaurer Alkalien beim Abdampfen wäss- riger Losung, wie sie der oben beschriebene Versuch Bischoff’s beweist, in übersaure und überbasische Silicate, und nicht in eine einfache Trennung der Säure und der Basis, wird übrigens auch durch die ganz ähnliche Zersetzung des Glases bewiesen, die wir später noch betrachten werden. Auch durch Hitze scheint eine ähnliche Zersetzung der kiesels. Alkalien vor sich zu gehen *), Mulder hat (l. c.) die Resultate Fremy’s, Bresser’s und seine eig- nen Ansichten zusammengestellt, und es scheint allerdings auch hohe "Temperatur keine einfache Trennung der Säure und Basis zu bewirken. - Doch widersprechen sich die Resultate noch gar sehr. *) Mulder I. c. I, 90 £f. Teilschr. f. d. ges, Naturwiss. Bd. KXXIX, 1372, 23 346 Die Abweichung in den Angaben beweist abermals, wie schwie- rig es ist, die Lehre von den bestimmten Mischungsverhältnissen auf die Silicate anzuwenden; nicht einmal bei den Alkalien ist sie streng befolgt, geschweige bei den schwächeren Basen; denn die auf nassen Wege so schwache Kieselsäure folgt dem ziemlich all- gemeinen Gesetze ebenfalls, dass die Zahl der Verbindungsstufen zwischen 2 Substanzen um so mehr zunimmt, je schwächer ihre Verwandtschaft zu einander ist. Schliesslich muss noch erwähnt werden, dass von den beiden fixen Alkalien das kohlensaure Kali in wässriger Lösung das kiesels. Natron in kiesels. Kali umwandelt*), sowie dass nach den neuern Beobachtungen und Versuchen, obgleich einige andre Angaben dem direct widersprechen, unter beiden Alkalisilieaten das kieselsaure Natron löslicher und namentlich dureh Kohlensäure leichter zersetzbar ist als das kieselsaure Kali. — Wir kommen darauf noch öfter zurück. Die kieselsauren alkalischen Erden werden gewöhn- lich schon als in Wasser unloslich angesehen, und in der That: haben alkalische Erden die Fähigkeit, die in Wasser gelöste Kie- selsäure in Gallerte zu verwandeln, also unlöslich zu machen. Gleichwohl sind sie doch in geringer Menge in Wasser löslich, Der künstlich dargestellte kiesels. Kalk ist so löslich in Wasser, dass oxals. Ammoniak eine ziemliche Trübung in demselben her- vorbringt. Kohlensäure trübt die Lösung nur deshalb nicht, weil das Silicat in ein Bicarbonat übergeht, welches loslicher ist als das Silicat, und weil die ausgeschiedne Kieselsäure die zu ihrer Lösung nothige Menge Wasser findet. — Bischoff giebt folgende, wegen des verschiednen Grades der Austrocknung etwas variirende Resultate der Löslichkeit künstlich dargestellter kiesels. alkalischer Erden: 1 Th. kiesels, Kalk (mit 14°, Wssr.) löste sich in 5383 Th. Wssr. in einem 2. Versuche in 68852 „ „ 3: 3 1 Th. BaO, 5802-4 3q. löste hlhm 20, 000- 27, 590 Th. kalt. „, in siedendem Wasser brauchte er nur 1000 33.5 Slalasy 1 Th. 2(SrO.SiO®) +3 aq. löste sich in 996 Th. siedenden „, und in 1262 ,, kalten 3% 1 Th. MgO, SiO2 loste sich in 32376 ,, Wasser in einem 2. Versuche in 36400 „’ 33,49) 3. ”» „ 90600 ,, ” Sie folgen demnach, nach der abnehmenden Löslichkeit ge- ordnet, so: 1) Strontian-, 2) Kalk-, 3) Baryt- und 4) Mag- nesia-Silicat. — Dabei ist kiesels. Kalk minder schwer löslich als kohlens. Kalk. — Mit diesen Löslichkeitsverhältnissen stimmt überein, dass kiesels. Kalk nie, kiesels. Magnesia sehr häufig *) Bischoff’s Versuche 38, im Bd. I, Geol. 347 in Form andrer Mineralien gefunden wird, und dass überhaupt einfache Kalksilicate im Mineralreiche sehr selten *), die zusam- mengesetzten sehr häufig sind, und dass dagegen die einfachen Maenesia-Silicate gleichfalls sehr häufig sind. Ausser in der verschiednen Löslichkeit hat das aber auch seinen Grund in der verschiedenen Zersetzbarkeit der Sauren: Im allgemeinen werden sie sämmtlich durch Säuren zersetzt und die Kieselsäure wird aus ihnen gallertartig abgeschieden; selbst Kohlensäure zer- setzt nach Bischoff künstlich dargestellte kieselsaure Magnesia in wässriger Lösung, dagegen wird Speckstein selbst nicht von star- ken Säuren zersetzt. Die Kieselsäure ist in diesen Verbindungen, und selbst in krystallisirten Species wie Wollastonit**), als amor- phe vorhanden, wenigstens wird sie als solche abgeschieden, und dieser Zustand würde die noch vorhandene schwache Löslichkeit im Wasser erklären. Die bei weitem am häufigsten vorkommen- den Kalk- uud Magnesia-Silicate unterscheiden sich übrigens we- sentlich in ihrem Verhalten gegen die schwache Kohlensäure. Die kiesels. Magnesia ist am schwersten von allen kiesels. alka- lischen Erden durch Kohlensäure zersetzbar, der kieselsaure Kalk dagegen ist unter allen Silicaten, auch die der Alkalien mit begriffen, am leichtesten zersetzbar. Magnesiasilicate werden von Kohlensäure nur zersetzt, wenn sie in Wasser aufgelöst sind; Kalksilicate aber auch im festen Zu- stande***). Wegen der unter den Silicaten der alkalischen Erden grossen Löslichkeit in Wasser, namentlich aber wegen der leich- ten Zersetzbarkeit durch Kohlensäure müssen Kalksilicate der Verwitterung leicht erliegen, und das beweisen auch alle Beob- achtungen. Wird nun der kieselsaure Kalk durch Kohlensäure ebenso zersetzt wie das Alkalisilikat in ein überbasisches und ein. über- saures Silicat? Directe Versuche zur Entscheidung dieser Frage sind mir nicht bekannt geworden. Bei der grossen Energie aber, mit der die Kohlensäure zersetzend auch auf die Kalksilicate ein- wirkt, ist bei hinreichender Kohlensäuremenge die vollständige Zersetzung wahrscheinlich, und so lange das Gegentheil nicht thatsächlich bewiesen, darf man deshalb ruhig die völlige Zersetz- barkeit der kiesels. Kalkerde durch Kohlensäure annehmen. Dass übrigens die alkalischen Erden die quarzige Kieselsäure, wenn sie damit erhitzt werden, ähnlich wie die Alkalien in die löslichere und leichter zersetzbare Form überführen, beweist das *) Als seltenes krystallisirtes Mineral kommt es vor als Tafelspath oder Wollastonit. **) Das Krystallisirtsein kann darum auch in Silicaten nie ein Zeichen von Kieselsäure der Modification 1 sein. Selbst wasserhaltige Alkalisilieate krystallisiren, und bei ihrer Löslichkeit in Wasser ist die Kieselsäure gewiss nieht als Quarzkieselsäure darin. %#) Bischoff 1. c. I, Cap. 1, No, 1, b und c. 23* 348 Aufschliessen der Silicate durch Baryt, sowie auch bei Bereitung künstlicher Cämente das Ueberführen von Quarz in lösliche Kie- sielsaure durch Zusammenerhitzen ınit Kalk unter Zusatz von nur wenig Kali. Kohlensaure Alkalien zersetzen, wie das nach den Gesetzen der chemischen Verwandtschaft zu erwarten war, den kieselsauren Kalk, (nach Bischof’s Versuch No. 5, Bd. I) und zwar den künstlich dargestellten sehr leicht, aber auch den Wollastonit. Um so merkwürdiger ist es, dass sie die kiesels. Magnesia nach Versuch No. 6 (Bisch.) nicht zersetzen; es kann das eben nur in der grossen Unlöslichkeit und der bedeutenden chemischen Verwandtschaft der Magnesia und der Kieselsäure, wie wir schon anderweitig erwähnen mussten, seinen Grund haben. In der kieselsauren Thonerde ist, verglichen mit den bis hierher betrachteten Basen, die Thonerde in Wasser unloslich zu nennen, während die meisten jener andern Basen ein ausge- zeichnetes Auflösungsbestreben haben. Die Thonerde wird daher auch nicht im Stande sein, der Kieselsäure, die schon für sich allein ein ausgesprochnes Bestreben zum festen, erdartigen Zustande aufweist, Neigung zur Löslichkeit beizubringen, wie es jene Basen mehr oder weniger thun. Die 'Thonerde ist ja selbst als Hydrat unter gewöhnlichen Umständen vollkommen in Wasser unlöslich. Die Kieselsäure tritt daher zu ihr in Bezug auf das Löslichmachen der Verbindung gerade in das umgekehrte Verhältniss von dem, in welchem sie zu jenen Basen steht. Jene Silicate mussten mit zunehmendem Gehalt an Basen immer löslicher werden; bei der Thonerde gilt das nicht mehr, ja man konnte fast eher die um- gekehrte Ansicht aufstellen, dass grösserer Kieselsäure-Gehalt die Thonerde löslicher mache. Dafür spricht, dass die kiesels. Thon- erde doch noch immer etwas in Wasser löslich ist. Nach Bisch. löste 1 Th. kiesels. 'Thoneıde (künstlich durch Fällung heisser Alaunlösung mit kiesels. Kali erhalten) sich 334600 Th. Wassers, in einem 2. Versuche in 179050 Th. Wasser. Darum eben kommt sie auch in der Natur in Wasser gelöst vor. Die Thonerde hat ferner zu viel Eigenschaften mit der Kie- selsäure gemein*), als dass von ihr eine energische Verwandt- schaft und ein kräftiger Widerstand gegen Agentien zu erwarten *) Die Thonerde kommt krystallisirt vor, (und zwar auch 6- gliedrig) ist nur im Knallgasgebläse schmelzbar und wird weder von Was- ser noch Säuren angegriffen. Amorph aus gewissen Verbindungen ab- geschieden, ist sie im Wasser noch unlöslich, aber in manchen Säuren löslich, nach vorherigem Glühen ist sie auch in Säuren unlöslich. Die unlösliche wird durch Schmelzen mit ätzenden Alkalien wieder löslich. — Gegen starke Basen verhält sie sich als Säure. Das Hydrat ist gallert- artig, durchscheinend, in Säuren lezcht löslich, in Wasser unter gewöhn- lichen Bedingungen unlöslich, löst sich aber in kaustischem Kali und Natron in Menge. Das durch Dialyse in Lösung erhaltne erstarrt sehr bald zu einer Gallerte und wird unlös\ich. — Es findet sich natürlich als Diaspor, als Gibbsit und Hydrarsgillit. 349 wäre, welche ihr Siliecat zu zersetzen streben. Darum kommen auch die einfachen Thonerdesilicate so selten vor, obgleich sich die zusammengesetzten so unendlich häufig finden; und darum vermag die T'honerde nur geringe Quantitäten Kieselsäure zu sättigen, und bedarf, um grössere Mengen zu binden, der Vermit- lung der starken Basen. Wenn nun trotz dieser geringen Affinität die Thonerde-Sili- cate durch Säuren nur schwer zersetzbar sind, so hat das seinen Grund einmal darin, dass die Verwandtschaft der Thonerde auch zu andern Säuren zumeist gering, ja selbst verschwindend klein ist; und ferner in der grossen Schwerlöslichkeit. Die concentrirte Schwefelsäure z. B. zersetzt die natürlichen wasserhaltigen ein- fachen Thonerde-Silicate, wie Kaolin, Cimolit, Lenzinit, Wor- thit u. a.*) vollkommen; von andern starken Säuren werden diese aber nur imvollkommen zersetzt. Die natürlichen wasserfreien einfachen 'Thonerde- Silicate, Sillimanit, Steinmark, die offenbar auf nassem Wege entstanden sind, und Andalusit, Chyastolit und Cyamit, namentlich die letzteren, sind vor und nach dem Glühen in Säuren unlöslich. — Die schwache Kohlensäure nun gar zer- setzt Thonerde-Silicate selbstverständlich nicht; sie geht noch nicht einmal mit freier ’Thonerde eine Verbindung ein; und da- rum können auch Thonerde-Silicate unzweifelhaft in mit Kohlen- saure gesättigtem Wasser bestehen. Kaustische Alkalien lösen die Thonerde-Silicate auf, aber kohlensaure Alkalien selbst in Siedhitze keine Spur**). Dagegen wird kieselsaure Thonerde auch durch schwefelsauren Kalk, Chlor- caleium, durch schwefels. Magnesia und durch Chlormagnesium zersetzt. — Endlich lehrt Bischoff’s Versuch No. 39, dass auch die kiesels. Alkalien in wässriger Lösung das T'honerdesilicat zer- setzen. Bei diesem Versuche wurde T'honerde extrahirt, in an- dern Fällen scheint das Alkali noch mehr Kieselsäure aufzu- nehmen ***). Wegen ihres häufigen Vorkommens im Mineralreiche verlan- gen auch die einfachen Silicate des Eisens noch eine Be- sprechung. Die Eisenoxydulsilicate schliessen sich in Eigen- schaften und Auftreten sehr eng an die Silicate der alkalischen Erden an, die sie ja auch überall im Mineralreiche in isomorphen Mischungen manichfaltig vertreten. Ob sie in Wasser löslich sind, darüber fand ich keine bestimmte Angabe, es ist aber eine, wenn auch sehr geninge Löslichkeit zu vermuthen, die jedenfalls doch grosser sein wird, als die am Oxydsilicat wirklich beobachtete. Auch ob sie in verdünnten Säuren unzersetzt löslich sind, bleibt noch zu entscheiden. Bekannt ist von ihrem Verhalten *) Bischoff, Geol. II, 346. **) Bischoff’s Versuch No. 39 in Bd. I, s, Geol. #*%*) Bischoff, Geol, II, 347. 350 gegen Säuren nur, dass sie durch dieselben zwar zersetzt werden, aber nur sehr schwierig. Die Kieselsäure hat grosse Verwandt- schaft zu Eisenoxydul, und wenn man wasserfreie Silieate mit Salzsäure behandelt, so hält die sich ausscheidende Kieselsäure das Oxydul hartnäckig zurück. Selbst durch kochende Salzsäure gelingt die Trennung der Kieselsäure vom Eisenoxydul nur schwer; die vollständige Trennung ist nur durch Oxydation mittels Salpe- tersäure möglich. — Wiederım werden übrigens auch hier die wasserhaltigen Eisenoxydulsilicate, z. B. Hisingerit, viel leichter z. B. durch Salzsäure zersetzt als die wasserfreien. Es kann daher nicht überraschen, dass die Eisenoxydulsili- cate von der schwachen Kohlensäure trotz langer Perioden ihrer Einwirkung keineswegs oft zersetzt gefunden werden. Die Zer- setzung künstlich erhaltner Eisenoxydulsilicate durch Kohlensäure ist, weil es so schwer ist, diese Silicate in reinem Zustande dar- zustellen, durch das Experiment nicht wohl nachzuweisen. Dass aber in der Natur unter günstigen Umständen selbst die schwache Kohlensäure das schwache Eisenoxydul zu zersetzen vermag, be- weist die Erfahrung, dass es kaum Quellwasser giebt, welche nicht wenigstens Spuren von kohlens. Eisenoxydul aufgelöst ent- halten, selbst in dem Falle, wo die Gewässer nicht aus kohlens. Eisenoxydul-haltigem Gestein, sondern aus Eisenoxydulsilicat-hal- tigem kommen. Wenn z. B. im Basalt, der nur kiesels. Eisen- oxydul enthält, Eisenoxydulearbonate gefunden werden, so können diese ihren Ursprung nur in der Zersetzung des Eisenoxydulsilicats durch Kohlensaure haben. Ob Eisenoxydulsilicat durch kohlensaure Alkalien zersetzbar oder nieht, ist experimentell noch nicht entschieden; es scheint aber nicht wahrscheinlich. Vielmehr scheinen nach. Bischoff’s Versuch No. 47 (Bd. I) kiesels. Alkalien das zweifach kohlens. Risenoxydul in Gewässern in Eisenoxydulsilicat umzuwandeln. Als anderweitiger Beleg für die grosse Verwandtschaft zwi- schen Eisenoxydul und Kieselsäure sei noch an die von gewissen, noch nicht vollständig bekannten Umständen abhängige höhere Oxydation des Eisenoxyduls im Eisenoxydulsilicat erinnert: ‚In vielen Fällen und unter Umständen, die der höheren Oxydation ganz günstig erscheinen, ist sie nicht erfolgt, wie z. B. aus der fast unverändert grünen Farbe der Grünerde und des Glaukonit hervorgeht. Dagegen finden sich freilich auch, und wohl häufiger als jene, solche Fälle, in denen das Oxydulsilicat der Oxydation erlag. So findet sich der Hisingerit oft mit Eisenocher überzogen, in den meisten zusammengesetzten Silicaten, die in der Regel Kisen wenigstens in geringen Mengen enthalten, z. B. die Feld- späthe, leitet sich der Verwitterungsprozess meistens mit der hö- hern Oxydation desselben zu Oxyd ein, und Bischoff*) berichtet *) Bischoff, Geol, II, 350. 351 sogar von einigen Dachschiefern, in denen Eisenoxydul -Silicat auffallend schnell durch höhere Oxydation in Oxyd überging. Das Eisenoxyd-Silicat entspricht in seinem Verhalten im allgemeinem dem Thonerde-Silieat, und die Affınität zwischen seinen Bestandtheilen erscheint lange nicht so gross als beim Eisenoxydul; sie ist aber doch immer noch recht ansehnlich: das in chemischen Analysen niedergeschlagne Eisenoxyd hat oft noch einen wägbaren Kieselsäuregehal. Nach Bischoff’s Versuchen No. 48— 51 werden die Silicate von Natron, Kalk, selbst von Magnesia und Thonerde durch Eisenoxydhydrat zersetzt. Auch verbindet sich Eisenoxyd, wie manche andere Basen, die ohne Säure vorkommen, noch direet mit der im Wasser gelösten Kie- selsäure, wenigstens in statu nasc., wie es bewiesen wird durch die Entstehung von Esenoxyd-Silicaten namentlich in Quellen, welche Kieselsäure und 2fach kohlens. Eisenoxydul gelöst ent- halten: letztres oxydirt sich, verliert dabei seine Kohlensäure, denn Kohlensäure verbindet sich nicht mit Eisenoxyd, und das entstandne Eisenoxydhydrat verbindet sich im Entstehen mit der gelösten Kieselsäure. Das Eisenoxydsilicat, welches Bischoff aus Eisenchlorid-Lo- sung durch Fällen mit kiesels. Natron künstlich darstellte, erwies sich nach ihm in 105,000 Th kalten und in 31401 Th. kochen- den Wassers löslich, und übertrifft hiernach an Unlöslichkeit noch die kiesel. Magnesia. Wenn es trotzdem in Absätzen aus Quellen noch häufig vorkommt, so darf nicht vergessen werden, dass es iher in den meisten Fällen wohl erst unmittelbar mit dem Ab- setzen gebildet ist in der schon oben angegebenen Weise. Dafür sprechen namentlich die Mengen-Verhältnisse. Die von Bischoff *) angeführten Absätze von Eisenocher aus Quellen weisen mehr oder weniger Kieselsäure nach, aber stets weniger, meist viel we- niger als das Eisenoxydhydrat. Das Eisenoxydul, in den Quelien jedenfalls als Carbonat enthalten, oxydirt sich höher, und dieser Oxydationsprozess gehört zu den raschesten unter allen Oxydatio- nen. In derselben Zeit wird daher viel mehr Eisenoxydhydrat gebildet, als sich mit der nur in sehr verdünnter Lösung vorhan- denen Kieselsäure zu verbinden vermag, und es fällt infolge dessen viel Eisenocher nieder, in welchem sich geringre Mengen Kiesel- säure chemisch an Eisenoxyd gebunden befinden. Das chemische Gebundensein wird dadurch bewiesen, dass eine sehr lange Dige- stion dieser Absätze mit Salzsäure erforderlich ist, um die letzten Eisehoxydtheile zu extrahiren. Durch kochende Salzsäure ist nämlich auch das Kisenoxyd- siliecat sehr schwer zersetzbar; und da nach den bisherigen Er- fahrungen der Wissenschaft die Kohlensäure sich mit dem Kisen- *) Bischof, Geol. I, 38—30. 352 oxyd gar nicht verbindet, so kann eine Zersetzung der Eisenoxyd- Silicate durch Kohlensäure vollends nicht statt finden. Die zusammengesetzten Silicate müssen natürlicher- weise, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, in ihren Eigen- schaften von den einfachen abhängig sein. Namentlich muss das Verhalten der Kieselsäure in denselben in naher Beziehung stehen zu ihrem Verhalten in den entsprechenden einfachen Silicaten. — Die zusammengesetzen Silicate sind theils als blosse Mischungen, theils als chemische Verbindungen anzusehen: im ersten Falle er- scheinen natürlich die Eigenschaften der Bestandtheile in der Mischung weit weniger aufgehoben als im zweiten, und unter diesen ersten Fall gehören die Gläser, künstliche wie na- türliche. In den künstlichen Gläsern finden wir meistens ein Alkali- silicat mit dem Silicate einer alkalischen Erde (Kalkerde) ver- schmolzen. Nach dem Verhalten der dasselbe zusammensetzenden einfachen Silicate lässt sich erwarten, dass das Glas schon ım blossen Wasser löslich ist, und das bestätigt die Erfahrung und war schon Scheele und Lavoisier bekannt. Die Löslichkeit wird selbstverständlich durch Erhitzen oder durch Säurezusatz vermehrt. Bei der ungleichen Löslichkeit der die Gläser zusammensetzenden einfachen Silicate ist zu erwarten, dass die kiesels. Alkalien stär- ker ausgelaugt werden als die andern Silicate, und unter ihnen wieder kiesels. Natron mehr als kiesels. Kali. Da ferner die einfachen Silicate sich beim Behandeln mit Wasser in 2 Theile schieden, in unloslichere übersaure und löslichere basische Silicate, so wird das auch bei den künstlichen Gläsern der Fall sein müssen. Und in der That bestätigen das die Untersuchungen. Nach Mulder*) kochte Peloıze 5,18 Gr. Glaspulver von der Zu- sammensetzung SiO? 77,3 NaO 16,3 CaO 6,4 Spur AlyOz und Fe,0;, in Wasser, Es lösten sich 0,945 Gr., d.h, 18,49%/,. Die Zusammensetzung des gelösten NaO 0,281 SiO? 0,664 ent- sprach der Formel 2NaO, 38i0%. — Der im Wasser unlösliche Rückstand enthielt ausser dem übrigen Natronsilicat noch sämmt- liches Kalisilieat. Aber auch dieses war bereits angegriffen, denu es brauste beim Behandeln mit Salzsäure. Es musste daher Kie- selsäure ausgeschieden worden sein, und die Kalkerde musste dafür etwas Kohlensäure aufgenommen haben. Pelouze behan- delte den gesammten unlöslichen Rückstand mit Salzsaure, und es lösten sich darin 0,103 Gr. CaO. Da nach dem prozentischen Kalkgelalte in den angewendeten 5,18 Gr. Glaspulver 0,33*Gr, CaO enthalten sind, so müssten hiernach 320), des Kalksilicats gelost sein. Das wäre sehr viel. Aber es ist sehr unsicher, ob nicht die Salzsäure einen "Theil des vom blossen Wasser unzer- setzten Silicats mit gelost habe. — Diese Unsicherheit vermeidet ) Mulderzl. ce. \, 94. 353 Bresser, der diese Versuche in Mnlder’s Laboratorium wiederholte. Das Pulver eines Becherglases wurde 3 mal 3 Stunden in einer Platinschale ausgekocht: angewendet wurden 5,9619 Gr. und zu jeder Abkochung ca. '/ Liter Wasser. Seine Resultate waren: In Prozenten des Glases 1.Flüssigk. 2.Flüss, 3.Flüss. I. 11. II. Si08.. . 0,0430 0,017 0,008 | 0,721 0,285 0,134 CaO . . 0,0062 Spur Spur 0,103 NaO . . 0,0398 0,017 0,0148 | 0,667 0,284 0,248 1,491 0,569 0,382 Hier hatten sich also nur 2,4420/, Glas gelöst. Ferner hatte sich auch hier etwas kieselsaurer Kalk gelost; aber in ungleich gerin- gerem Grade als kiesels. Natron. Da übrigens blosses Wasser die alkalischen Erden so schwer löst, so dürfte es nicht unwahr- scheinlich sein, dass die verhältnissmässig grosse Löslichkeit von Kalkerde hier ihren Grund darin hat, dass die zuerst in Lösung gegangnen kiesels. Alkalien die Lösung der kiesels. Kalkerde be- fördern. Wenigstens hat*) Bolley gefunden, dass die schwerlös- lichen Silicate der alkalischen Erden in Lösungen von kiesels. Alkalien ziemlich leicht loslich sind. In den Auszügen I und II sind die Mengen der Kieselsäure und des Natrons fast gleich und sie entsprechen der Fornel 3NaO.2Si0%. In No. II ist dop- pelt so viel Natron als Kieselsäure, und das entspricht der Formel (Na0)®.Si03. Hat nun auch das Aufzwingen von Formeln hier wenig Bedeutung, so zeigt sich doch, dass auch bei den zusam- mengesetzten Silicaten der künstlich bereiteten Gläser ein Auslau- gen von verhältnissmässig basenreichen Silicaten statt findet, und folglich ein kieselsäurereicheres Silicat restirt — ganz die Art der Zersetzung, welche wir auch bei den einfachen Silicaten der Alkalien kennen lernten. Wird die Wirksamkeit des Wassers durch Erhitzen noch sehr gesteigert, wie es namentlich Daubree bei seinen sehr interessan- ten Untersuchungen über den Metamorphismus der Gesteine ge- than hat, so ergeben sich noch überraschendere Resultate. Nach Bischoff**) wurde das Glas der von Daubree zu seinen Versuchen angewendeten Glasröhre schon im Laufe einer Woche zu einer kaolinähnlichen Masse umgewandelt, welche sich unter der Loupe aus sechsseitigen Doppelpyramiden von Quarz, aus unzähligen wasserhellen Krystallnadeln von Wollastonit und einem unbestimm- ten wasserhaltigen Doppelsilicat von Kalk und Natron bestehend erwies. Das im Apparat enthaltene Wasser war vollständig mit ausgelaugtem Alkalisilikat gesättigt. — Dass ferner, wie oben an- gegeben, auch Säuren selbst in grosser Verdünnung zersetzend auf Glas wirken, wird durch die Erfahrung bewiesen, dass gepulver- *) Bischofl, Geol. II, 339, Anmerk. **) Bischoff, Geol, III, 201. 354 tes Glas beim Stehen mit Wasser an der Luft schon nach eini- gen Tagen durch die atmosphärische Kohlensäure zersetzt wird. au Noch leichter geschieht die Zersetzung der künstlichen Gläser bekanntlich durch alkalische Flüssigkeiten, was ıman ja beim Ana- lysiren sehr zu beachten hat. Ganz ähnlich verhalten sich auch die in der Natur vorkom- menden Gläser wie Obsidian und Pechstein, die sich von den künstlichen hauptsächlich durch ihren oft bedeutenden Thonerde- gehalt *) unterscheiden, sie sind durch schnelle Erkaltung aus feu- rigem Flusse entstanden, und wenn sie infolge der dadurch erhalt- nen Glasstructur auch von Wasser und Säuren schwerer angreifbar erscheinen, so sind doch auch sie ähnlich wie die künstlichen Gläser einer leichten und jener ganz analogen Zerstörung aus- gesetzt, sobald nur die Angriffspunkte der lösenden und zer- setzenden Agentien hinreichend z. B. durch Pulverisiren vermehrt werden. In allen übrigen natürlichen zusammengesetzten Silicaten scheint die Verbindung der Kieselsäure mit den Basen weit mehr gemäss dem Gesetze der Verbindung nach bestimmten Verhält- nissen vor sich gegangen zu sein, wenngleich es sich auch hier in sehr vielen Fällen keineswegs deutlich documentirt, wie das bei den schwachen Affinitäten von Kieselsäure und Thonerde zu erwarten ist, welche meist die Hauptbestandtheile bilden. Da diese Silicate also als wirkliche chemische Verbindungen aller ihrer Bestandtheile auftreten, so sind ihre Eigenschaften auch nicht die mittleren von denen ihrer Bestandtheile. Vielmehr er- scheint ihre chemische Constitution oft genug zu einer neben- sachlichen Bedeutung herabgedrückt, sie influirt innerhalb gewisser Grenzen nicht mehr auf den allgemeinen Habitus des Körpers. Der Chemismus erscheint in ihnen schon theilweise überwunden, und die von der chemischen Mischung in geringerem Grade ab- hängige, darum grössere und freiere Individualität der Arten er- fordert in jeder Beziehung, und ebenso auch in Hinsicht ihres Verwitterungsvorganges, ihre spezielle Betrachtung. Unter allge- meine Gesichtspunkte, die alles umfassten und keine Ausnahmen zuliessen, lässt sich daher die Verwitterung der zusammengesetz- ten Silicate nicht gerade leicht bringen. Was darüber aufzustel- len wäre, soll übersichtlich summirt werden, nachdem wir an der genaueren Betrachtung eines einzelnen Falles eine auf Thatsachen gestützte Grundanschauung gewonnen haben. i S. 4. Unter den die Umgegend von Halle characterisirenden Mi- neralien stehen die Feldspäthe im hiesigen Porphyr oben an. Es Obs:dian v. Lipari SiO? Al,0, Fe,0, KO NaO Cl Wssr. *) Quenstedt 74 13) 2,707 318a170,5 70,2 » „Teneriffa6l1,2 19, 42 3,5 10,6 u. Mg0 0,2 359 lag daher am nächsten, eben die Verwitterung des Feld- spathes unter der ganzen Masse der Silicate auszuwählen und ihn zum Objecte eigner praktischer Untersuchungen zu machen. Eben wollte ich Anfang Juli 1870 beginnen, das gesammelte Ma- terial analytischen Untersuchungen zu unterwerfen, als der aus- brechende Krieg diesen Arbeiten ein Ende machte. Ich muss mich daher leider auf die Analysen und Beobachtungen Andrer, wenigstens der Hauptsache nach, und mehr, als von mir beoab- sichtigt war, beschränken. Die Verwitterung des Feldspathes ist wegen dessen Wichtig- keit für die Porzellan- und 'Thonmanufactur und für Bildung der Ackerkrume schon seit langer Zeit Gegenstand der Aufmerksam- keit für Mineralogen und Chemiker gewesen, was schon die reiche Literatur*) über seine Verwitterung beweist. Der Feldspath, unter allen Mineralien das verbreitetste, findet sich als Hauptbe- standtheil in allen massigen, krystallinischen Gebirgsarten, aber auch in Sedimentär-Gesteinen, in der Grauwacke, dem Oldred- Sandstein und auch dem Rothliegenden im fein vertheilten Zu- stande. Seine allgemeine Formel ist RO, A1,0,, 6Si0?. Darin ist R namentlich KO, NaO, CaO, und nur in untergeordneter Menge MgO, MnO, FeO, obwohl namentlich das letztere wohl nie fehlt. Jene drei zuerst genannten monoxydischen Bestandtheile finden sich in fast allen Varietäten gleichzeitig, was die Bischoff im 2. Bande auszugsweise mitgetheilten neuen Analysen ausser allen Zweifel stellen. Er giebt dort S. 398 6 Anal. v. normalem u. unveränderten Orthoklas, in de- nen neben vorwaltendem KO doch auch NaO und CaO enthalten; S. 443 6 Anal. v. ebensolchen Albiten, wo neben vorwaltendem NaO auch CaO und KO. S. 451 7 Anal. v. eben solchen Oligoklasen, in denen neben NaO und CaO auch KO sich findet. *) Pogg. Ann. 5l, 531. Bischoff, Geol. II, 418 ff. Karsten’s mineralog. Beschr. d. Geg. v. Bonnstadt in den neuen Schriften naturf. Freunde. Berlin 1801. 321, Struve, Taschenb. f. ges. Miner. v. Leonhardt. 1807; 1, 171. Gehlen, Schweigger’s Journ. f. Chem. u. Phys. 1811. I, 447. Fuchs, Denkschr. d. k, Acad. d. Wissensch. zu München 1819 u. 1820. VU, 65. Fournet, Memoire sur la decomposition des minerais. 1834. Forehhammer, Berzelius’ Jahresber. 1335, XV, 218, und in Pogg. Ann. XXXV, 331. Malaguti, Compt. rend. 1841. II. p. 737. Crasso, Pogg. Ann. 1840. Bd. 49, 381. Abich „, „ 1840. Bd. 50, 125. Suekow, Die Verwitterung im Mineralreiche, 1848 u, s, w. 356 S. 458 5 Anal. v. eben solchen, theils wasserfreien, theils wasser- haltigen Labradoren, welche neben CaO mehr oder weni- ger Alkalien enthälten; endlich zeigen auch alle von ihm veröffentlichten Analysen der Anorthite, namentlich die 5 ersten S. 470, die stete Anwesenheit beider Alkalien neben CaO als Hauptbestandtheil. Die alte Eintheilung in Kali-, Natron-, Kalk-Feldspäthe kann daher nur noch den Sinn haben, dass die den Namen gebende Basis die vorwaltende ist, und der von Senfft*) ausgesprochne Gedanke, den Oligoklas müsse man als den allgemeinsten unter allen Feldspäthen, als das Muttersilicat ansehen, aus welchem durch Zu- oder Abgang von Stoffen die andern Varietäten entstehen, erscheint immerhin beachtenswerth, wenn auch die Thatsache, die er zur Begründung seiner Ansicht aufzählt **), keineswegs zwingend zu dieser Erklärung führt. Unter der angegebenen Beschränkung aber empfiehlt es sich, obige Eintheilung beizubehalten, namentlich da mit ihr ein andrer wichtiger Factor der Verwitterung der Feldspäthe, der Gehalt an Kieselsäure, recht gut zusammenpasst. Der Orthoklas und Albit haben den grössten Kieselsäuregehalt, 6 Aequivalente SiO? auf 1 Al,03 und 1 Monoxyd. Ihnen folgt der Oligoklas, nach Senfft 9 Kieselsäure auf 2 AlgO, und 2 Monoxyd, dann der Lahrador mit 3 SiO?2 auf 1 Al,O, und 1 Monoxyd. Je mehr Kieselsäure vorhanden, desto schwerer verwittern selbstverständlich die Feld- späthe. — Es erscheint darum die oben angesebne Aufzählung der Feldspäthe für die Verwitterung ausnehmend passend, sie giebt im allgemeinen die Reihenfolge der Feldspäthe, in aufsteigender Reihe geordnet nach dem Grade der Verwitterbarkeit. Freilich muss gleich hier bemerkt werden, dass die Meinun- gen über die grössere oder geringere Verwitterbarkeit der Feld- späthe sehr von einander abweichen, Feldspäthe von gleicher chemischer Zusammensetzuog erliegen der Verwitterung oftmals doch in sehr verschiednem Grade. Zur Erklärung bezieht sich Suckow***) auf die plutonische Genesis des Feldspaths, und meint, der am meisten klare sei bei gleicher chemischer Zusammensetzung viel inniger in seinen Bestandiheilen verschmolzen, und deshalb wen ger verwitterbar, der trübe dagegen sei nur einer geringeren Hitze unterworfen gewesen, deshalb weniger inniger gemischt und nach ihm infolge davon leichter verwitterbar. Die Erfahrungen vor dem Löthrohr, auf die sich Suckow S. 126 bezieht, kann Verfasser allerdings nur bestätigen, aber die Annahme Suckow’s von dem plutonischen Ursprunge des Feldspaths, die er als selbst- *) Senfit, Steinschutt und Erdboden. **) Oligoklas kommt mit allen audern Feldspathen, Anorthit ausge- nommen, gemengi vor. ***) Suckow, Die Verwitterung. p. 124 fl. 357 verständlich voraussetzt, ist nach den neueren Untersuchungen im höchsten Grade unwahrscheinlich geworden, und damit wird seine ganze Begründung hinfällig. Auch bliebe nach Suckow’s Ansicht es immer noch unerklärt, wie in nicht seltnen Fällen *) dicht neben frischen, glänzenden Feldspathkrystallen, ja häufig mit ihnen inbig gemengt, auch weisse, wenigstens ausgebleichte, erdige sich finden können, da hier doch wohl beide Arten demselben Hitze- grade unterworfen gewesen sein müssten. — Ist aber auch Suckow’s Ansicht nicht stichhaltig, so ist doch ebensowenig bis heute eine andere aufgestellt worden, die besser vor der Kritik bestände. Am besten wird man immer tlıun, von der Genesis des Feldspaths bei Erklärung seiner Verwitterung abzusehen, und den Grund für die Verschiedenheit derselben bei gleicher chemischer Constitution in der verschiednen Porosität, also in seinem spez. Gew., ferner in der verschiednen Vergesellschaftung mit andern leicht oder schwer verwitterbaren Mineralien zu suchen. Bei chemisch verschiednen Feldspathen ist die Art und Inten- sitäat der Verwitterung selbstverständlich eine verschiedene. Aber die aufgestellten Ansichten weichen auch hier ganz auffallend von einander ab. Suckow behauptet **), nach seinen Beobachtun- gen seien die Natronhaltigen Feldspäthe, namentlich Nephelin, Albit und „Labrador“, die unverwüstlichsten, und demnach Natron der Kohlensäure weniger verwandelt als Kali und Kalk, welche beiden Basen sogar durch Natron gegen den Angriff der Kohlen- säure geschützt würden. Als Beleg für diese Ausicht könnte man die chemischen Uutersuchungen verschiedner Glassorten von Vogel und Reischauer ***) anführen, nach denen Natron- und Kalk-arme, also Kali-reiche Gläser ungleich schneller eine nicht unbedeutende Quantität Wasser aufnahmen, bald trübe wurden und schliesslich an der Oberfläche abschuppten, was bei einem hinreichenden Ge- halte an Natron und Kalk nicht der Fall war. — Es bleibt aber immerhin zweifelhaft, in wie weit man aus dem Verhalten der Silicate in den Gläsern auf das in den natürlichen Silicaten schliessen kann. Auch liesse sich, die grössere Verwandtschaft des Kali’s zur Kohlensäure zugegeben, sehr wohl denken, dass die in den natürlichen Silicaten überall vorhandne Thonerde, die eine so grosse Verwandtschaft zum Kali hat, im Stande sei, durch innigere Verbindung mit denselben das Kali mehr zurückzuhalten als Natron und Kalk. So angesehen würde die oben angeführte Beobachtung von Vogel den grössten Theil ihrer Bedeutung als Stütze der Suckow’- schen Ansicht verlieren, und um so weniger kann dann die gegen- *) Blum, die Pseudomorphosen S. 74: In den porphyrartigen Syeniten von Frauenstein etc. und in den Porphyren von Altenberg und Grysing. **) Suckow, die Verwitterung p. 124. *%*%*) Dingler's polytechn. Journ. Bd. 152, 181, 358 theilige Ansicht bestritten werden, für die alle neueren Beobach- tungen sprechen *), dass die natürlichen Silicate um so schwerer zersetzbar sind, je mehr Kali überwiegt, und dass sie leichter zersetzt werden, wenn Natron, und noch leichter, wenn Kalk hin- zutritt. Namentlich stimmt mit dieser zuletzt berührten Ansicht das Verhalten gegen Säuren trefflich überein: Orthoklas und Al- bit werden von Säuren nicht zersetzt, wohl aber Labrador, wenn auch nicht ganz vollständig; ferner ebenso die geologische Beob- achtung der Labradorgesteine. Und für die leichtere Wandelbar- keit des Albits gegenüber dem Orthoklas spricht das von Bischoff beschriebene Ausgelaugtwerden des Natron-Feldspaths aus Orthoklas und das Wiederabgesetztwerden als deutlich krystallisirter Albit auf jenem. Senfft fasst, diese Ansicht bestätigend, sie kurz so zusammen: a) die Kieselsäure-reichen Feldspäthe werden viel langsamer zersetzt als die SiO®- armen. b) die Kalkhaltigen leichter und schneller als die Kalklosen. c) unter den Kalklosen die nur Kali-haltigen langsamer als die Kali- und Natronhaltigen. d) die Beimengung von Eisenoxydul befördert die Verwitterung aller Feldspäthe. Wir betrachten spezieller die Verwitterung des Orthoklases. Die der anderen Feldspäthe verläuft ganz analog, nur in unwe- sentlichen Punkten modifizirt durch ihren anderweitigen chemischen Bestand. Die Krystallflächen laufen an, der Krystall verliert nach und nach seine Pellucidität. Das kann, nach den schon vielfältig erwähnten Erfahrungen über die Löslichkeit des Feldspaths selbst im reinen Wasser, schon vom Wasser allein bewirkt werden, noch leichter natürlich vom Kohlensäure-haltigen. Findet sich aber im Krystall das selten fehlende Eisenoxydul, so heginnt gleichzeitig mit der ersten Befeuchtung des Feldspaths die verhältnissmässig rasch verlaufende höhere Oxydation desselben zu Eisenoxydhydrat.*) Daher so häufig die röthliche Farbe der Feldspäthe, die sich all- mählig von der Oberfläche aus auch dem Innern mittheilt. Das gebildete Eisenoxyd wird im folgenden Stadium des Prozesses mehr oder weniger entfernt, was möglich wird namentlich durch Reduction mittels organischer Substanz, die gleichfalls im Wasser vorhanden ist, und der darin enthaltnen Kohlensäure. Der Vor- gang documentirt sich durch allmähliges Wiederausbleichen der rothen Farbe. Diese örtliche Fortbewegung des Eisengehaltes kann dann wohl abermals eine, und dann meist eine viel intensivere, rothe Decke erzeugen, wenn das als kohlensaures Eisenoxydul dem Innern entzogne Eisen an der Oberfläche wieder zu Eisenoxyd- *) Bischoff, Senflt u. A. **) Wahrscheinlich geht auch hier erst eine Lösung durch kohlen- säurehaltige Wässer als Eisenbicarbonat voraus, dem unmittelbar die höhere Oxydation sich anschliesst. 359 hydrat oxydirt wird, wie ich es im Halle’schen Porphyr an Kluft- flächen sehr oft beobachtet habe. Kommt aber aus irgend welcher Ursache der Gehalt des Wassers an Sauerstoff nieht zur Wirkung, dann beginnt die Ver- witterung gleich mit dem im andern Falle erst in zweiter Linie bedeutsamer werdenden Acte der Auslaugung von Bestandtheilen durch Wasser und durch kohlensäurehaltiges Wasser. Die Ober- fläche bedeckt sich immer mehr mit einer Verwitterungsrinde, die allmählig immer erdiger wird, und angehaucht den bekannten Thongeruch verbreitet. Die Härte und Spaltbarkeit gehen all- mählig verloren, das spez. Gewicht wird geringer, auf der erdi- gen Kruste krystallisiren manchmal Quarz und andre Produete heraus, und endlich zerfällt der ganze Krystall in eine thonige Masse, oder, was auch häufig der Fall ist, die Krystallform bleibt vollständig erhalten und wir haben vor uns die ausgezeichnetsten Pseudomorphosen von Thon und Kaolin nach Feldspath. In andern Fällen aber schlägt der Verwitterungsprozess die umgekehrte Richtung, von innen nach aussen, ein, im allgemeinen dieselbe Folge der chemischen Prozesse beobachtend und diesel- ben Producte erzeugend. Schon Struye *) beobachtete diesen eigen- tbümlichen Verwitterungsprozess am Feldspathe des Granits von Karlshad. Beim Zerschlagen der Krystalle zeigt sich der Anfang dieses Prozesses durch einen rothen Punkt in der Mitte angedeu- tet, andre Krystalle zeigen schon einen grossen Theil ihres Innern in eine weiche, erdige Masse umgewandelt, und beim Zerschlagen des Gesteins löst sich oft die Masse in Form eines Feldspathkry- stalls als Ganzes ab. Es soll diese Verwitterung meist nur kleine Feldspathkrystalle treffen, (Struve fand”**) unter vielen von ihm untersuchten nur einige Feldspathkrystalle, die über 6 Linien im Durchmesser hatten) und soll sich ausserdem am häufigsten in der Nähe von Gängen und Klüften zeigen. -— Nach Bischoff ist diese Art der Verwitterung selten; dagegen sagt Zirkel in seiner Geo- logie 1, 536: ‚„Merkwürdig ist es, dass die Verwitterung der Feldspathkrystalle nicht nur bisweilen, sondern vielleicht meistens im Innern beginnt, äusserlich haben dann die Krystalle ihr frisches Ansehen, ihren Glanz bewahrt, und das Innere ist mehr oder we- niger der Zersetzung unterlegen. So beschreibt Senfit zollgrosse, äusserlich ganz frisch erscheinende Orthoklaskrystalle aus dem Felsitporphyr des Schneekopfs im Meyersgrund bei Stützerbach - im Thüringer Walde, welche innerlich z. Th. hohl, z. Th. in eine kalkige Thonmasse umgewandelt sind, und dasselbe ist bei den Orthoklasen aus dem Felsitporphyr von Alvensleben bei Magde- burg und von Niederschona bei Freiberg der Fall, auch im schwarz- *) Leonhardt, Taschenbuch f. d. ges. Miner. 1807. I, 161. **) Blum, die Pseudomorphosen p. 76. 360 wälder Münsterthal beginnt die Zersetzung der Krystalle in der Mitte. — Auch im Halle’schen Porphyr beobachtete der Verfasser der- gleichen nicht selten. Die Feldspathkrystalle erschienen höchstens ausgebleicht, sonst äusserlich noch frisch erhalten. Trotzdem lehrte das Zerschlagen, dass sie innerlich schon eine vollkommene Umwandlung in kaolinartige Suhstanz erfahren hatten, und es schien diese Umwandlung nach der Mitte hin am weitesten vor- geschritten. Worin dieser eigenthümliche Gang der Verwitterung seine Ursache habe, darüber sind die Ansichten abermals sehr getheilt. Werner, dem sich später Struve selbst anschloss, suchte sie in dem von Struve beobachteten Falle in der aus den benachbarten Eisenkiesen entstandnen Schwefelsäure. Warum diese aber nicht ebenfalls von aussen angreifen, oder wenn sie die Krystallmasse durchdringt, warum sie dieselbe nicht gänzlich umwandeln sollte, bleibt ebenso unbegreiflich wie vorher. Suckow*) findet den Grund dieser Verwitterungsart in der oft durch eingeschaltete Glimmerblättchen noch vermehrten Porosität und Durchspaltung der Krystalle und den unregelmässigen Brüchen und Berstungen derselben, welcher Ansicht sich auch Andre anschliessen. Warum aber in diesem Falle durch das eindringende kohlensäurehaltige Wasser nicht das ganze Innere des Krystalls, oder wenigstens viele Punkte gleichzeitig angegriffen werden, sondern nur einer in der Mitte, ist damit noch nicht genügend erklärt. — Sollte nicht, wenigstens für viele dieser Fälle, ein wenn auch nur punktgrosser Kern im Innern des Krystalls anzunehmen sein, der entweder selbst aus poröserer, Wasser mehr absorbirender Masse besteht oder aus chemisch andrer, leichter verwitterbarer Masse? Der chemische Vorgang bei der Verwitterung des Ortkokla- ses setzte also, soweit das sichtbar, ein mit der Oxydation, ihr folgte oder besser sie begleitete die Hydratisation und endlich begann die Zersetzung. Der erste Äct ist wegen allzu geringer Menge des Eisengehaltes von der Analyse vernachlässigt worden, er erscheint in der That nicht verwerthbar für quantitative Be- stimmungen, wenn z. B. 4 von den 6 von Bischoff **) aufgeführ- ten (das Eisen als Oxyd berechnet) einen Eisengehalt gaben, der zwischen 0,31 und 0,8°, schwankte. Wie wäre da das als Oxy- dul vorhandne Eisen zu bestimmen. Auch die Hydratisation ist, weil sie sich auf sehr kleine und schwankende Mengen Wasser bezieht, quantitativ von wenig Bedeutung. Nur wäre es interessant, zu entscheiden, ob in diesem Stadium schon basische Substanz verloren gegangen? Fast scheint es so, ja manche, u. a. Senfft, sehen geradezu das chemisch gebundne Wasser als Vertreter aus- *) Suckow |, c. p. 127. *%*) ‚Bischoff, Geol, II, 398. 361 geschiedner basischer Monoxyde an. Die vorliegenden Analysen lassen aber in dieser Hinsicht noch keine Deutung zu, und so lange das der Fall, halte ich für geraihen, sich der Einwürfe Rammelsberg’s gegen Scheerer’s polymeren Isomorphismus zu erinnern, die wenigstens zum Theil hier ebenso andwendbar sein würden. — Es folgt als dritter Act die Zersetzung. Es kann nicht mehr zweifelhaft sein, dass das Wasser allein, wenn auch erst nach . langer Zeit, schon im Stande ist, Silicate und namentlich auch Orthoklas zu zersetzen. Forchhammer*) hat schon im Jahre 1835 gezeigt, dass Orthoklas auch durch Wasser allem in höherer Tem- peratur eine vollständige Zersetzung erleidet, die ganz und gar der bei Umwandlung von Feldspath in Kaolin gewöhnlich beob- achteten analog ist. Ebenso fanden die Gebrüder Rogers **) 1848, dass Wasser mit Kohlensäure gesättigt, und selbst reines Wasser, unter einigen 30 dort aufgezählten häufigen Silicaten und Gebirgsarten namentlich auch den Feldspath theilweise auf- löst. — Auch die Resultate Haushofer’s bei Analysen des Granits vom Fichtelgebirge ***) bestätigen die Auflösbarkeit der Feldspäthe in reinem Wasser. Der Feldspath dieses Granits gab schon bei gewöhnlichen Temperatur- und Druckverhältnissen Alkali an reines Wasser ab, und zwar extrahirten 25 Th. Wasser dem Gewichte nach aus fein gepulvertem Granit in 8 Tagen 0,03—0,040/, Al- kali, bei fortwährender Bewegung 0,050%],. Auch Daubree’s Untersuchungen ergaben, dass Feldspath durch reines Wasser bei einer Rotation, deren Geschwindigkeit = 2550 mtr. in 1 Stunde, ziemlich leicht angegriffen wurde und an das- selbe Kali, Kieselsäure, selbst Thonerde und Spuren von Schwefel- säure und Salzsäure abgab. Drei Kilogramm Feldspath-Fragmente gaben nach 192-stündiger Rotation (entspricht 460 Kilometer) 2720 Gramm Schlamm und in den 5 Litern Wasser 12,6 Gr. Kali. — Das Wasser wird daher auch in gewöhnlicher Tempe- ratur und ohne mechanische Zerkleinerung und Bewegung dersel- ben Wirkung fähig sein, wenn ihm nur lange Zeiträume zur Ver- fügung stehen. Von den natürlichen Wassern ist nun aber kaum eines frei von Kohlensäure, und es wird infolge dessen sehr bald auf den ersten Angriff des Wassers allein der durch Kohlensäure verstärkte folgen. Wo derselbe einsetzt, ist aber nicht zu ermitteln, und wir müssen daher das dritte Stadium des Verwitterungsprozesses als gleichzeitig von 2 Ursachen abhängig, die Zersetzung des Feldspaths als gleichzeitig von Wasser und Kohlensäure bewirkt ansehen. *) Pogg. Ann. 35, 331. **) Bischoff, Geol, I, 214. *%*) Mitgetheilt im Journ. f. pr. Chem. *#%*%*) Jahresber. f. Chem, f. 1857, 164; 1858, 754 u. 1867, 1011. Zeitschr, f, d. ges, Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872. 24 362 Der dritte Act des Verwitterungsprozesses ist nun für uns bei weiten der wichtigste; er bewirkt namentlich die Um- wandlung des Minerals in chemischer Hinsicht, und ist darum auch recht eigentlich der Gegenstand der zahlreichen Analysen und deren Interpretation gewesen. — Das Allgemeine des dabei stattfindenden chemischen Prozesses giebt die Vergleichung der Analyse des Orthoklases mit dem reinsten, aus ihm entstehenden Verwitterungs-Rückstande, dem Kaolin. Eine dem Durchschnitt nahe entsprechende Zusammensetzung des Kali-Feldspaths giebt die von Bischoff*) unter No. 4 aufgeführte Analyse von Bavenoer Orthoklasen, angestellt von Abich. Rechts daneben steht die von Forchhammer**) aus 7 verschiednen Kaolinen ermittelte Normal- zusammensetzung desselben: Orthoklas . Kaolin SOy. 5. hen 1002 ne a0 AlQ2 3. warn Talk. 08 2000528 KesO, ale 05 an Cadsı las 1.203 ae MeO inte: 0,10 ! EN KO RE Ay an NaO asia a2Dll, ker. elek: een) wir Wasser 13,74 100,00 100,00 Um beide Analysen mit einander vergleichbar zu machen, gehen wir von der Voraussetzung aus, dass die kieselsaure hon- erde bei der Zersetzung constant geblieben, welche Annahme frei- lich nach dem, was wir oben schon bei der Betrachtung der ein- fachen Silicate erfahren, nichts weniger als Einwurfsfrei ist. Un- ter dieser Voraussetzung gestaltet sich die Vergleichung so: Orthoklas Kaolin SIOSHH als 695,08 2 u. 02226 Als Osikenai a oa. br 18,57/90,83 KesO- are Ha nen a GAONEN da OR MORa2 1: 9,0, a KOA Bine 14, Rare NaOH Wr le 2d a rl Glühverl.. . — Wasser 13,74 100,00 DA Von den 100 Prozenten des ursprünglichen Bestandes sind also nur 40,83 übrig geblieben, 59,170), müssen also ausgelaugt wor- den sein, und davon sind 43,460), Kieselsäure. Berechnet man sämmtliche monoxydischen Basen als Kali, so wäre an Alkali aus- *) Bischoff, Geol. 8. 31. **) Pogg. Ann, 35. 363 gelaugt 15,71. Dividirt man diese ausgelaugten Mengen durch die resp. Aequivalentgewichte, so erhält man als Verhältniss der Anzahl der Moleküle der ausgelaugten Kieselsäure und des Al- kali’s 0,958:0,334 oder 2,86:1 oder endlich 8,58:3, ein Ver- hältniss, was dem von Forchhammer angegebnen (3 KO auf 8SiO,,) leidlich nahe kommt. Da nun auch die gefundne Durchschnitt- liche Zusammensetzung des Kaolins der Formel 4Si0?, 3 Al,O,, 6HO überraschend nahe kommt: berechnet gefunden SIOSHE u.a an 6,69 er 0 AN,O IR an 39,5: NR. 139,28 Ho 00512 13,9 Neal 01374 so stellte Forchhammer die Ansicht auf: 3 Th. Feldspath = 3(Al,O,, RO, 4Si03) bilden unter Wasseraufnahme reinen Kaolin* —3Al,0,, 480°, 6HO und geben ab 3KO, 8Si03%, — Gegen das allgemeine Resultat der Untersuchungen Forch- hammer’s, dass bei der Umwandlung des Feldspathes die Alkalien und alkalischen Erden und ein Theil der Kieselsäure ausgeschie- den und Wasser aufgenommen werden, liess sich bis heute nichts einwenden. Seine weiteren Behauptungen aber, dass die 3KO, 8SiO? als eine chemische Verbindung ausgelaugt würden, und dass der Kaolin ebenfalls als eine chemische Verbindung die an- gegebne Zusammensetzung haben müsse, sind vielfältig bestritten. Angenommen, die von Farehhammer angegebne Zahl der Aequivalente 3KO und 8Si0° sei unbestritten richtig, was übri- gens auch noch nicht einmal der Fall ist, so scheint doch ein Kalisilikat von solcher Zusammensetzung, wenn dasselbe auch immer noch löslich sein würde, im vorliegenden Falle schwerlich gebildet zu werden. Schon Wasser allein sahen wir alkalische Silicate in übersaure und überbasische zerlegen, und kohlensaures Wasser bewirkte dasselbe, nur in stärkerem Masse. Und wenn nun im Verwitterungsrückstand viel Kohlensäure *) oder noch ge- ringe Mengen von Alkali**) gefunden werden, was Forchhammer bei seinem Normalkaolın ıignorirt, wenn ferner im Bodenwasser ausser kohlensauren und kieselsauren Alkalien auch freie Kiesel- säure gefunden wird, so ist damit bewiesen, dass der Zesetzungs- prozess doch nicht so einfach verläuft wie Forchhammer angiebt. Aber auch die Art, wie Forchhammer den Verwitterungs- Rückstand auffasst, als chemische Verbindung von der Formel 3Al,0,, 4Si0,, 6HO nämlich, ist nichts weniger als unwiderleg- lich fest begründet. Zuvörderst erscheint häufig die Kieselsäure in auffallend geringerem Grade entfernt, wie z. B., ausser den in Anmerkung 1 dieser Seite schon angeführten Fällen, auch die *) Wie in der Porzellanerde von Passau nach Fuchs oder gar in den Knollensteinen des Halle’schen Porphyrs nach Wolff. **) Bischoff, Geol. II, 419 hatte unter mehr als 25 Analysen von Kaolinen die grössere Hälfte noch Alkalien. 24* 364 Analysen IV und IVa auf Seite 422 im 2. Bande von Bischoft’s Geologie zeigen: iV verw. Feldsp. von Geising bei Altenberg, anal. v. Crasso INA #5 s; „» Porphyr am Leimbühl bei Elgersburg, anal. v. Bischoff. Der O-Quotient von IV ist nur 0,263, zeigt also, verglichen mit dem normalen von 0,333 (beim Kali-Feldsp.) die sehr bedeutende verhältnissmässige Vermehrung der Kieselsäure an, während er in dem von Forchhammer aufgestellten Normal-Kaolin = 0,75 ist, und damit den bedeutenden Abgang von Kieselsäure klar und kurz bezeichnet. — Weil nun aus dem Verwitterungs-Rückstande nach Brongniart und Malaguti Kali Kieselsäure löste, ohne gleich- zeitig auch T'honerde aufzunehmen, und weil dieselben Forscher “manche andere Kaoline mit weniger Kieselsäure fanden, als die Forchhammer’schen hatten, so durften sie mit Recht behaupten, dass der Kaolin freie Kieselsäure enthielt. Sie gehen aber ihrer- seits wieder entschieden zu weit, wenn sie nun als Formel des normalen Kaolins aufstellen AlgO,.SiO;, +2HV). Kaolin mit so wenig Kieselsäure als diese Formel verlangt: ISO, an 2 SL, HAN, OSE 2 ea 03 | 2H0: une 1559 100,0 Ferner erscheinen in dem Verwitterungs- Rückstände, wie gleichfalls schon angegeben, immer noch variabele geringe Men- gen von Alkalien, in manchen noch bis 2,59; so namentlich in der Analyse von Berthier *). Derselbe fand in Kaolin von Yrieuy: ist noch nicht gefunden worden, und seine Annahme daher mindestens willkürlich. ıpinus Aequiv. berechn. SiO, . . 46,8 4,2 42,6 53,3 4 54,1 ALO, N. 31,3 37,3 46,7 3 45,9 KÖ anno HO . 13200 41230 DIEB u) 100 100 Die 2. Columne unter minus enthält die Grössen, die in Abrech- nung zu bringen sind, wenn wir die übrig gebliebne Kieselsaure und Thonerde erhalten wollen, unter der von Berthier gemachten Voraussetzung, dass das noch vorhaudne Kali als kiesels. Kali vorhanden sei. Dann wäre übrigens diese Analyse eine Stütze mehr für Forchhammer’s Ansicht, dass im Kaolin 4 Aequiv. SiO, auf 3Al,O, kommen, wofür die folgenden Columnen sprechen. Doch ist dieses Kali jedenfalls viel richtiger als der Kali-Bestand des noch unzersetzten Feldspaths zu deuten, und dann würden von jenem Kaolin als mit 2,5 Kali verbunden 9,8 Kieselsäure *) Mulder, 1, 130, 365 und 2,7 'Thonerde abzuziehen sein, woraus sich eine Zusammen- setzung des Kaolins berechnen würde von 5Si0? auf 4 Al,O;. Nach den bisherigen Untersuchungen erscheint es mir daher in Bezug auf den entstehenden Verwitterungsrückstand nöthig, anzunehmen, dass es Kaolin von verschiedner chemischer Formel gebe, mit denen in manichfaltiger Weise noch unverwitterter Feld- spath und frei gewordne Kieselsäure gemengt sind. Auch der reinste Kaolin ericheine demnach, ganz in Uebereinstimmung mit seiner Bildungsweise, als ein Gemenge von Verwitterungsrück- ständen, und von Anderen Thonen nur durch die Menge und Art der Gemenstheile unterschieden. Und als Auslaugungsproduct dürften bei diesem Prozesse kohlens. und kiesels. Alkalien und nächst ihnen freie Kieselsäure die Hauptrolle spielen. Einen vollkommeneren Einblick in den bei dieser interessan- ten Umwandlung statt findenden chemischen Prozess wird ınan übrigens erst gewinnen, wenn eine grössere Zahl von Exemplaren desselben Feldspaths in verschiednen Verwitterungs-Stadien ana- lysirt sein werden, namentlich unter Berücksichtigung der bisher vollig vernachlässigten Auslaugungsproducte. Ganz analog geschieht nun die Verwitterung aller andern Feldspäthe, nur in der Regel infolge ihres grössern Natron- und Kalkgehaltes viel schneller und intensiver. Namentlich der kalk- reiche Labrador verwittert schnell und liefert fruchtbare, mehr mergelartige Boden. g. 5. Mit der Verwitterung der Feldspäthe haben wir nun ein Bild von der Verwitterung der Silieate im Allgemeinen gewonnen. Je nach der physikalischen und chemischen Constitution erscheint dasselbe nun bei der Verwitterung andrer Arten von Silicaten manichfach modifizirt, das Wesen der statt findenden Prozesse bleibt aber unverändert. Trotzdem erscheint es noch wichtig, die Verwitterung der Silicate im allgemeinen und übersichtlich zusammenhängend zu betrachten, weil dieselben fast die gesammte feste Erdrinde zusammensetzen und infolge dessen selbst kleinere Differenzen an ihnen durch ihre Massenhaftigkeit auffallen. Die Verwitterung der Silicate beginnt mit der Zersprengung und Zerklüftung der meist krystallisirtren Massen durch Wärme und Wasser. Sobald aber die Gesteine von Wasser benetzt und durchdrungen sind, beginnen die chemischen Umwandlungen, de- nen analog, die wir bei den Feldspäthen speziell beschrieben. Eine Darstellung derselben kann darum hier unterbleiben. Ganz ebenso verhält es sich mit den dabei entstehenden Auslaugungsproducten. Es sind, soweit sie uns bekannt gleichfalls die beim Feldspath bereits erörterten. Wenn man sich aher in Bezug auf. sie des Satzes erinnert, dass die Silicate in statu nas- cendi viel leichter löslich sind als nach ihrer Bildung, so dürften 366 dieselben doch wohl in grösserer Manichfaltigkeit im Bodenwasser vorhanden sein, als wir bis jetzt bei der Unvollkommenheit der bisherigen Beobachtungen ahnen. Dagegen sind die Verwitterungs-Rückstände der Silicate, hauptsächlich wohl weil sie besser gekannt sind, von denen der Feldspäthe einigermassen verschieden, und unter der Gesammt- heit der Mineralien am Wassergehalte, dem meist geringeren spez. Gew., der geringeren Frische und Festigkeit kenntlich. Wenn aber die Verwitterung bis zu ihrem Ende durchgeführt erscheint, so können als letzte VerwitterungsRückstände nur die so gut wie unlöslichen und durch kohlensäurehaltiges Wasser unzersetzbaren Verbindungen der Kieselsäure restiren, und das sind von den wich- tigeren die einfachen Thonerde- und Magnesia-Silieate, für deren Ursprung auf diesem Wege auch ihr Wassergehalt spricht, und demnächst die zahlreichen Pseudomorphosen derselben in Formen zusammengesetzter Silicate*). Bei einer allgemeinen Uebersicht der Verwitterung der Sili- cate erscheint es daher stets am angemessensten, nach diesen beiden wichtigsten Verwitterungs-Rückständen die Silicate zu classifiziren. l. Die Thonerde-Silicate geben bei ihrer Verwitterung im allgemeinen thonige, durch Eisenoxyd meist gelb oder röthlich gefärbte Substanzen. Sie sind namentlich 1. die Feldspäthe. Ihre Umwandlung ist schon: ausführ- lich besprochen. Es restirt bei ihrer Verwitterung im Grossen entweder nur Kaolin, oder dieser gemengt mit amorpher Kiesel- säure, (=Thon, Letten, Lehm) oder, dieser gemengt mit kohlens. Kalk (=Mergel). Der Zersetzung der Feldspäthe ganz ähnlich, aber wegen des grosseu Gehalts an Alkalien noch energischer, ist auch die der Leucite. Die Feldspath- und Leucitreichen Gesteine sind daher die wichtigsten Muttergesteine der Erdkrume. 2. Die Zeolithe erscheinen als Thonalkali- oder Thonkalk Silicathydrate, nur Analeim und Natrolith enthalten keine Kalk- silicate, und Apophyllit und Datolith sind frei von "Thonerde. Die Verwitterung beginnt bei vielen, namentlich den strahlig-fase- rigen (z. B. Skolezit, Natrolith) und den blättrigen, mit einem auf Wasserabgabe beruhenden Ueberziehen mit mehliger Rinde (Lomontit). — Alle aber werden, wenn kohlensäure-haltigem Wasser ausgesetzt, durch dasselbe ihrer alkalischen Bestandtheile beraubt, so dass zuletzt ebenfalls weisse, thonige, fettig oder seifig anzu- fühlende, erdigweiche Masse restirt, deren Zusammensetzung sehr schwankend, im allgemeinen 20—25° Wasser, 45—50°% Kie- selsäure und 30-—-35°% Thonerde. Die Endproducte sind also auch hier thonige oder mergelige Substanzen, die aber wegen ihrer geringen Menge für die Bildung der Ackerkrume nur Werth *) Bischoff, Geol. I, 631—35, 639 f,, 674—7S. 367 ; haben dadurch, dass sie durch ihre eigne leichte Zersetzbarkeit die benachbarten Mineralien chemisch anregen und auflockern, und damit deren Verwitterung einleitend fördern. Die Auslau- gungsproducte sind auch hier kiesels. und kohlens, Alkalien und alkalische Erden und freie Kieselsäure. I. Die Magnesia -Silicate sind hauptsächlich die Hornblende-Mineralien. Die Thonerde tritt in ihnen so zurück, dass sie keinen eigentlichen Thon mehr bilden konnen. Vorherr- schend sind die Silicate der Monoxyde, Magnesia, Kalk, Eisen- und Manganoxydul. — Die Verwitterungs-Rückstände sind deshalb namentlich Lehm und Grünerde, und wo Thonerde ganz zu- rück tritt, restiren Magnesia-Silicate wie Speckstein, Talk, Serpentin. Die Verwitterung der Amphibolite muss nach ihrer Zusammensetzung hauptsächlich von ihrem Kalk- und Eisenoxydul- Gehalte abhängig sein; je mehr Kalk vorhanden, desto schneller geht die Verwitierung vor sich; dieselbe beginnt aber bei dem fast stets vorhandnen Eisengehalte meistens mit Ausscheidung einer Eisenoxydhydrat-Rinde. Wenn aber das Wasser keinen Sauerstoff ınehr enthält, so wird im Falle eines Gehalts an Eisenoxydul zuerst Kalk als Bicarbonat ausgelaugt, und darauf Eisenoxydul- und fast gleichzeitig Manganoxydul- und Masnesia -Silicat in kohlensäure-haltigem Wasser, welches wenig Kohlensäure enthält, aufgelöst und alsdann auf den Absonderungsflächen als Grünerde abgesetzt. War aber im sauerstoff-freien Wasser verhältnissmässig viel Kohlensäure, so erfolgt auch wohl eine Zersetzung, und die Bestandtheile werden als freie Kieselsäure und als Eisen-, Mangan-, Magnesia-Carbonat in Lösung fortgeführt. Die Auslau- gungsproducte der Verwitterung der Amphibolite können daher sein Kalk-, Magnesia-, Dolomit- und Eisenspath , Quarz, und die Rückstände konnen sein eisenschüssige Thone, Walkerde, Grün- erde, Speckstein und seine Verwandten , sowie Erze von Eisen- und Manganoxyden. Es gehören hierher unter den wichtigen Amphiboliten na- mentlich die Hornblende und der Augit. Die Hornbiende ist noch durch grössern oder geringeren Thonerdegehalt ausgezeich- net. Abgesehen von der neben 'Thonerde nur Kalk-haltigen und deshalb leicht verwitterbaren basaltischen Hornblende ge- schieht die Verwitterung der Hornblenden nicht eben leicht. Sie werden selbst von Säuren nur schwer angegriffen, selbst von Schwefelsäure; nur die Eisen-reichen werden von Salzsäure theil- weise zersetzt. Wenn daher auch nicht sehr häufig und manich- faltig, finden sich doch Umwandlungen derselben in Chlorit, Ser- pentin, Speckstein, Talk, Asbest, und — namentlich die dunkel- farbigen, mithin Eisen-reichen,, wenigstens theilweise in braune, thonige Substanz, bei Vollendung der Verwitterung ganz in ocher- braune Erde zerfallend. 368 Leichter zersetzbar ist der Augit*), obwohl chemisch von der Hornblende nicht deutlich zu unterscheiden, nur ganz im allgemeinen gilt als Unterschied, dass er weniger 'Thonerde ent- hält, im übrigen ist auch er bald Thonerde-frei, bald Thonerde- haltig. Alkalien und Fluor fehlen, Kalk herrscht dagegen vor, und das erklärt genügend die leichtere Verwitterbarkeit. Wegen seines Eisengehaltes liefert er in der Regel braunen, kohlensauren Kalk-, oft auch kiesels. Magnesia-haltigen, Kieselsäure-reichen Lehm. Kommt aber nur Kohlensäure-haltiges Wasser zur Wirk- samkeit, so entstehen auch aus dem Augit, wie bei seiner gleichen Zusammensetzung zu erwarten ist, dieselben Rückstände wie aus der Hornblende. Die Pseudomorphosen von Asbest nach Augit, von Serpentin, von Speckstein, von Talk nach Augit**) sind nicht selten; desgleichen bei Thonerde-haltigen Varietäten Pseudomor- phosen von Cimolit und von Grünerde nach Augit.***) Da Diallag und Hypersthen sich chemisch vom Augit nicht viel unterscheiden, so dass durch einfachen Austausch von Kalk gegen Magnesia beide aus Augit entstanden angesehen werden können, so sind auch deren Verwitterungsproducte jenen der Augite gleich. Namentlich der Hypersthen zeichnet sich aus durch die auf höherer Oxydation des Eisenoxyduls beruhenden Verwitterung. An der Luft überzieht er sich bald mit einer Rinde von Eisen- oxydhydrat, unter der man nach behutsamem Abschaben eine grau- schwarze Magneteisenrinde findet. Seine Verwitterungsrückstände bestehen daher auch häufig aus Magneteisen, Kisenglanz und Brauneisenerz. — Kann aber nur kohlensäurehaltiges Wasser zu ihm, so wird Eisenoxydul als Carbonat ausgelaugt und die eben- falls gelöste Kieselsäure wird theilweise als Quarz gleich wieder abgesetzt. Der Rest ist schmierig, und verhält sich fasst wis Serpentin. Im allgemeinen also tritt in den Amphiboliten die Thonerde sehr zurück; Kali und Natron verschwinden mehr und mehr, nur die gemeine Hornblende hat davon noch in namhafter Menge; es herrschen Magnesia, Kalk, Eisenoxydul vor, und die Zersetzungs- Producte sind daher namentlich viel Eisenerze, viel Kalkspath und Dolomit, viel kieselsaure Magnesia als Chlorit, Speckstein, Grünerde, Serpentin. In Bezug auf die Bildung der Acker- krume sind daher auch ihre Trümmer anzusehen als die Haupt- erzeuger von kohlensaurer Kalkerde und -Magı:esia, und von Eisenoxyd. — Es ist aber nöthig, hier daran zu erinnern, dass die Regel der Schweryerwitterbarkeit der Magnesia-haltigen Siliecate nament- *) Bischoff, Geol,. 11, 620 wird Augit durcli Salzsäure in gelinder Digestionswärme in kurzer Zeit angegriffen. **) Bischoff, Geol. 11, 627 ff. 632. 633. 635. ”»*) Bischoff, Geol. Il, 639 ff. 369 lich 2 interessante und häufige Ausnahmen erleidet. Es sind das Cordierit (=Dichroit) =Al,0,;, MgO, 5Si0,? und Olivin = Ms0O, FeO, SiO,; der erste im sogen. Urgebirge, der zweite im vuleanischen Gestein. — Schon früher, wo von der durch blosses Wasser bewirkten Umwandlung der Mineralien die Rede war, hatten wir Gelegenheit, von der interessanten Umwandlungs- veihe des Cordierit zu sprechen. Wir sahen dort, wie aus ihm selbst durch reines Wasser Praseolith, Chlorophyllit, Esmarkit u. a. entstehen. Aus der von Bischoff*) aufgestellten, nach dem Vor- handensein von Magnesia Kali, Natron und Wasser geordneten Umwandlungsreihe ergiebt sich, dass der selbst schon etwas was- serhaltige Cordierit seine Umwandlung mit Aufnahme von mehr Wasser beginnt; daranf folgt die Abscheidung von Magnesia, die allmählig immer grösser wird, und endlich gesellt sich beim Fah- lunit, Weissit, Pyrargillit, Gigantholit und Pinit dazu die zuneh- mende Aufnahme von Alkalien. Da die Kohlensäure das Magne- sia-Silicat nur zersetzt, wenn es aufgelöst ist, so muss die Auflo- sung der Zersetzung vorhergehen. Und erst nachdem mittels der Zersetzung die Fortführung von Magnesia begonnen, nehmen die in den Gewässern vorhandnen alkalischen Silicate an der Um- wandlung theil. Die Zersetzung des Olivin ist dagegen, wegen seines Oxy- dulgehaltes, in erster Linie eine höhere Oxydation desselben. Die lichtgrüne Farbe wird dunkler, im reflectirten Lichte zeigen sich die Regenbogenfarben; endlich geht die Farbe durch Blau in Ochergelb über, ähnlich wie die Farbenveränderung beim ver- witternden Eisenvitriol. Es vermindert sich dadurch der Zusam- hang ausserordentlich, und Bischoff berichtet, dass unter den vie- len von ihm zerschlagnen Olivinkugeln des Dreiser Weiher **) die sehr verwitterten meist schon durch einen einzigen Hammerschlag zu Pulver zerfielen. Ausser der Oxydation besteht aber die Ver- witterung hier auch noch in einer Fortführung der Magnesia in grössrer oder geringrer Menge. Es scheint nach Bischoff bei Ver- witterung des Olivin das Magnesia-Silicat ebenso wie das Eisen- oxyd-Silicat zersetzt" zu werden. Der Grund dieser merkwürdigen leichten Verwitterbarkeit ist noch sehr unbekannt. Man sucht ihn für Cordierit in seiner schaligen, für Olivin in seiner körnigen Absonderung, die das Eindringen der Gewässer begünstigt (namentlich Chlorit und Glimmer) sind äusserst zersetzbar. Bischoff weist auf die Ober- flächen - Structur und die Spaltbarkeit gegen eine ausgezeichnete Oberfläche hin — aber auch damit ist das vorliegende Räthsel keineswegs gelost. *) Bischoff, Geol, II, 575. he **) Bischoff, Geol. II, 696 u. 97. 370 In der Mitte zwischen den Thonerde-Silicaten und den Mag- nesia-Silicaten stehen, insofern sie beide, und doch keines von beiden besonders ausgeprägt enthalten, die Glimmer. Ihre Formel ist (R,O,, SiO®?-+-RO, SiO,) wo Rz30; grösstentheils Al,O;, aber auch Feg0,, und RO —=Mg0O, FeO, KO, NaO, SiO. — Die Kalkerde fehlt oder ist wenigstens ganz unwesentlich. Häufig enthalten sie etwas Fluor und 2—4°, Wasser. Dabei ist ihre Verwitterbarkeit fast =0. Man muss deshalb allerdings geneigt sein, die Glimmer als die letzten Umwandlungs-Producte einer grossen Reihe von Silicaten anzusehen, wie es Bischoff will. — Eine Verwitterung der Glimmer geschieht nur äusserst schwierig ; man findet, was ich selbst beobachtet, die Kaliglimmerschüppchen noch im Sande der Niederungen oft frisch und slänzend, wo selbst der Quarz zum Pulver zerfallen war. Wo doch eine Ver- witterung des Glimmers vorkommt, da geschieht sie dann gewöhn- lich von innen nach aussen, besonders wenn eine mehr oder we- niger aufrechte Stellung ihrer Blätterdurchgänge das Eindringen . der Gewässer erleichtert. In diesem Falle wird zuerst wieder das Eisenoxydul in Oxyd verwandelt, die Kohlensäure lost dann unter Zersetzung den Alkali- und etwaigen Kalkgehalt und zuletzt selbst die kiesels. Magnesia, und es bleibt nichts als ein gelbbrau- ner, mit zahlreichen Glimmerschüppehen untermenster "Thon. Unter den verschiednen Arten ist der Magnesia-Glimmer, der allein von allen durch Säuren (concentr. Schwefelsäure) zersetzt wird, und auch wegen seiner dunkeln Farbe die Wärmestrahlen stärker absorbirt, am ehesten zersetzbar; auch trägt dazu gewiss der gros- sere Eisenoxydulgehalt bei. — Ist aber in den Gewässern kein Sauerstoff mehr vorhanden, wenn sie den Glimmer erreichen, dann geschieht die Zersetzung ungleich langsamer, aber es wird doch endlich Magnesia- und Eisensilicat, und diese können dann ganz gut durch Wiederabsetzen zur Bildung von Chlorit und Speck- stein beitragen. Chlorit und Specksein, die sich also vielfältig bei Verwitterung magnesiahaltiger Silicate bilden, erscheinen demnach als der letzte, nicht weiter wandelbare Rückstand zusammengesetzter Magnesia- Silicate. Sie sind von keiner noch so dünnen Ackerkrume be- deckt und der Aelpler bezeichnet sie daher sehr zutreffend mit dem Namen ‚todtes Gebirge“. Nach den im Vorhergehenden auseinander gesetzten Verwit- terungsweisen der Mineralien muss sich nun die Verwitterung der gemengten Felsarten richten, deren Elemente jene Mineralien sind. Die Verwitterung giebt sich auch an den Felsarten ganz ähnlich wie an einzelnen Mineralien auf der Oberfläche durch eine Veranderung in der Farbe, durch Ausbleichen, namentlich aber durch Auflockerung und endliches allmäahliges Zerfallen des Gesteins kund, es wird erdig. In diesem Stadium sind die blos 371 mechanischen Ursachen des Verwitterungs-Prozesses am meisten massgebend: Wärme und Wasser haben in der schon beschriebenen Art von Struetur- und Lagerungsverhältnissen beeinflusst, dass Ge- stein mechanisch gelockert; die entstandnen Trümmer sind im all- gemeinen mineralogisch und chemisch noch nicht wesentlich verschieden von der ursprünglichen Gesteinsmasse, obschon sich auch hier scharfe Grenzen nicht fest halten lassen. Es unter- scheidet sich dieser Prozess dem äussern Ansehen nach von deın gleichen Verwitterungsstadium der Mineralien nur dadurch, dass er dem Beobachter wegen der enormen Quantitäten schon mächtig in die Augen fällt, wo jener kaum sichtbar wird. Er allein ist schon im Stande die Felsenmassen in immer kleineren Gruss und endlich in Ackerkrume zu verwandeln, und er ging daher ganz ausschliesslich unter dem Namen ,„Verwitterung‘ ehe die Einsicht in die dabei statt fndenden chemischen Vorgänge den Begriff „Verwitterung‘“ zu seinem heutigen Umfange erweitert hatte. Sehr bald aber gesellt sich zu diesem blos mechanischen Verwitterungsprozess der chemische hinzu, so unmerklich, dass der Punkt schwer zu bestimmen ist, wo derselbe einsetzt, ja er über- holt jenen manchmal so schnell, dass die Zerstörung des Gesteins ganz allein in ihm begründet zu sein scheint. So hat z. B. De- lesse bei seinen Untersuchungen über die Verwitterung des Gra- nites daraus Veranlassung genommen, die Granite in Bezug auf ihre Verwitterung in kaolinbildende und nicht kaolinisirende zu unterscheiden*). Verf. ist aber in Bezug auf diesen Fall mit J. Andr&**) der Meinung, dass man „als Endresultat verwitternder Granite in allen Fällen Kaolin hat, dass sich nur der Verlauf des Verwitterungsprozesses verschieden gestaltet je nach der Qualität und Quantität der Bestandtheile der Felsart; dass man also eigent- lich nicht von zwei verschiedenen Verwitterungen des Granits sprechen kann, sondern lediglich von zwei verschiednen Verwitte- rungsarten, die jedoch beide das nämliche Product liefern und sich nur im Verlauf und in der Zeitdauer von einander unterscheiden.“ Die Grundzüge auch des chemischen Theils des Verwitte- rungsprozesses der Gebirgsarten sind in demjenigen der Minera- lien ebenfalls gegeben. Ein genaueres Einyehen auf die gross- artige Bedeutung der Verwitterungsvorgänge im Haushalte der Natur, ihre Bedeutung für die Technik, für Erzeugung der „Bo- den“ des Landwirths, für Ernährung der Pflanzen, und für die allgemeine Configuration der Erdoberfläche würde zu weit über den Plan dieser Arbeit hinausgreifen. Es mag daher genügen, hier nur auf die umfassende Bedeutung der Verwitterungserschei- nungen noch kurz hingewiesen zu haben. *) Naumann, Geol, II, 211 fi. **) Dessen Schriftchen: Studien über die Verwitterung des Granites. 1866. Desgl. J. Roth , Gesteinsanalysen 1869; Die Analysen Lemberg’s, betr. Gesteine der Insel Hochland. 372 Literatur. Allgemeines. E. Erlenmeyer, die Aufgabe des chemi- schen Unterrichts gegenüber den Anforderungen der Wis- senschaft und Technik. Akademische Festrede. München 1871. — Der Verf., Prof. der Chemie am Polytechnikum zu München betont, dass die Ausbildung der Chemiker für die Wissenschaft, für die Technik auf gleiche Weise geschehen müsse; ein Chemiker, der sich als Privadocent habilitiren könnte, sei auch stets fähig, die technisch-chemischen Processe zu verstehen und zu leiten; dass ein Chemiker in einer Fabrik noch andere Kenntnisse (Maschinenbau etc.) haben müsse, berührt den chemischen Unterricht nicht, derselbe müsse vielmehr anf dem Polytechnikum ebenso wissensehaftlich eingerichtet sein, wie auf der Universität. Dagegen ver- langt der Verf. mit vollem Rechte eine rationelle Einrichtung der chemi- schen Laboratorien, damit die Studirenden nicht bloss zu Laboranten aus- gebildete werden, die an der Hand eines Leitfadens Analysen mehr oder weniger mechanisch machen lernen, — er verlangt die Anstellung genügend vieler Assistenten, so dass für je 12 Praktikanten mindestens 1 Hilfslehrer vorhanden ist. — Wenn wir diese Forderung für durchaus berechtigt halten, so haben wir nur den Wunsch auszusprechen, dass es bald dahin kommen möge, dass allen Universitäten neben den chemi- schen Laboratorien eben solche für die Physiker eingerichtet würden, Laboratorien, in denen die Studirenden erstens einen vollständigen Ex- perimentaleursus eigenhändig durchmachen und in denen sie später auch angeleitet werden, planmässig eigene Untersuchungen anzustellen. Natür- lich sind gleiche Laboratorien für Mineralogie, Botanik und Zoologie nöthig, damit die Studirenden sich die unbedingt erforderliche valurwissen- schaftliche Bildung verschaffen, die ganz besonders den jüngern Chemikern abgeht, unter welchen die Einseitigkeit leider schon einen höchst bedenk- liehen Grad erreicht hat. — Den Schluss des Erleumeyerschen Heftes bil- den einige Bemerkungen, die zum grössten Theile eine wissenschaftliche Controverse mit Prof. Kolbe (die Typentheorie betreffend) behandeln, A. W. Hofmann, Einleitung in die moderne Chemie, nach Vorträgen in dem Royal College zu London; fünfte gekürzte und ver- besserte Auflage. Braunschweig bei Vieweg u. Sohn 1871. — Wenn man früher beim Beginn des chemischen Unterrichts mit Recht den grössten Werth auf die Constanz der Gewichtsverhältnisse legte, in denen die Stoffe zusammentreten, so werden in dem vorliegenden Werke die Volumina der sich verbindenden ganzen Körper in den Bereich der Betrachtungen ge- zogen und darnach die modernen Ansichten über Atome und Molekule vorgetragen. Die Experimente sind sehr anschaulich beschrieben und höchst zweckmässig ausgewählte besonders instructiv sind die gleich von Anfang an benutzten elektrolytischen Zersetzuugen, weil man hier ohne Zusatz von andern Chemikalien die Bestandtheile der chemischeu Ver- 315 bindungen sich sondern sieht. Die vom Verf. zu deren Zwecke construir- ten Apparate unterscheiden sich vielfach von den früher gebrauchten und sind allen Lehrern der Chemie im Interesse des Unterrichts zu empfehlen. Das Buch ist, wie schon der Name der Verlagshandlung errathen lässt, vortrefflich ausgestattet, mit Holzschnitten ist wahrhaft Luxus getrieben. Es hat in Folge dieser inneren und äusseren Vorzüge auch schon allge- meinen Beifall gefunden und seit seinem ersten Erscheinen jährlich eine neue Auflage erlebt; die vorliegende 5. Auflage bezeichnet sich als ge- kürzte, wenn der gelehrte Herr Verf. auf diesem Wege fortfahren will, so würden wir ihm den Abschnitt vom metrischen System zur Streichung empfehlen, da dieses System bei uns jetzt in den Volksschulen gelehrt wird, so wird künftighin kein Chemie Studirender mehr nöthig haben, sich darüber unterrichteu zu lassen. Eigenthümlich ist es, dass der Verf, nach Analogie der Worte Chlorid, Nitrid nun auch Oxid schreibt, während er sonst das y in den griechischen Worten (z. B. Hydroxylamin) beibe- halten hat. V. d. A. Werber, die Entstehung der menschlichen Sprache und ihre Fortbildung. Mit einer Einleitung: des Menschen Stellung in Natur und Geschichte. Heidelberg, Carl Winter 1871.30. — Der Verfasser nimmt sogleich in der Einleitung entschieden Stellung gegen den Materialismus und Darwinismus, und gibt seiner Ansicht über die Stellung des Menschen den prägnantesten Aus- druck, dass er ausser Mineralreich, dem Pflanzen- und Thierreich noch als viertes und höchstes das Menschenreich statuirt und diese 4 Reiche der Natur auch als Körperreich (Minerale), T,eibesreich (Pflanzen), Seelen- reich (Thiere), Geisterreich (Mensch) bezeichnet. Er bringt damit in Pa_ rallele 4 Anschauungen über dıe menschliche Natur, welche auf dieselben 4 Momente basirt sind: 1) Materialismus (Körper), 2) Realismus (Leib), 3) Idealismus (Seele), 4) Spiritualismus (Geist). Der Unterschied zwischen Leib und Körper ist so zu verstehen, dass der Leib organisch gegliedert ist, während Körper nur die unorganische Substanz ist; weil die orga- nische Substanz zuerst bei der Pflanze auftritt, wird der Leib als Reprä- sentant der Pflanzenwelt betrachtet. Eine entsprechende Verschiedenheit findet statt zwischen der Seele der Thiere und dem Geiste des Menschen. Dieser 4fachen Auffassung entsprechend werden auch die Ansichten über die Entstehung der Sprache in 4 Abtheilungen getheilt. Nach der materi- alistischen Anschauung ist die Sprache nur als eine natürl. Function der Sprachwerkzeuge zu erklären (Geizer). Den Gegensatz dazu bildet der spiritualistische Standpunkt, der aber nicht so aufgefasst werden darf, als ob der Geist ausserhalb des Menschen stände und ihm die Sprache von aussen beibrächte (z. B. Herder). Der Realismus (Empirismus) lässt die Sprache entstehn durch Eindrücke der äussern Gegenstände auf unsere Sinne, welche sich in unserer Seele abbilden, (Aristoteles) es führt dies zur onomatopo&tischen Theorie (W. v. Humboldt). Der Gegensatz hierzu ist der idealistische Standpunet, der geht vom Denken aus, bildet zuerst Begriffe und kleidet sie in Bild und Schall, in Schrift und Laut (Fichte). Jeder dieser 4 Standpuncte hat seine Berechtigung, die Wahrheit liegt in 374 der Zusammenfassung aller vier; denn auch im Wort ist die Vierheit ausgesprochen, man hat daran zu unterscheiden: „Begrifl, Schall (Laut)» Bild (Zeichen) und Stoff, in welchen Laut und Zeichen als sinnliche Hüllen des geistigen Begriffs erscheinen“. Den Schluss der Arbeit bildet eine ausführliche Besprechung der 3 Spracharten: Geberden-, Laut- und Sehriftsprache, sowie die Erledigung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen neue Sprachen entstehen können. Die Antwort lautet: ‚eine neue Sprache entsteht nur da, wo ein neuer Geist in den Völkern auf- flammt“. Schliesslich sei es dem Ref. gestattet einen kleinen Irrthum des H. Verf. zu berichtigen: J. Schaller, der unter denjenigen lebenden philo- sophischen Geistern aufgeführt wird, welche über den Naturalismus noch eine geistige Potenz behaupten , ist schon seit fast 4 Jahren nicht mehr unter den Lebenden. Sein Verlust ist von dem Verein, der die vorliegende Zeitschrift herausgibt, tief betrauert worden, und da dieser Verein, wesent- lich mit unter Schallers Einfluss eine den Materalismus entgegentretende Richtung eingenommen und auch später fortwährend behauptet, so war uns eine ausführlichere Besprechung der Werberschen Brochüre — obgleich dieselbe eigentlich über die Grenze der Naturwissenschaft hinausgeht — wol gestattet. Sbg. F. B. Osterbind, Beiträge zur Stöchiometrie der phy- sikalischen Eigenschaften der Körper 1. Oldenburg 1871 bei Stalling. — Der Verf. geht aus von den durch Kopp aufgestellten Gesetzen 1) dass bei analogen Verbindungen (d. h. bei Verbindungen, die einer einzigen Reihe von homologen Körpern, z. B. den Alkoholen u. s. w. an. gehören) derselben Differenz in der Zusammensetzung auch dieselbe Differenz der speeifischen Volume (für den Siedepunkt genommen) entspricht; — 2) dass innere Flüssigkeiten, welche demselben Typus angehören, bei ihren Siedepuncten gleiche speeifische Volume (somit auch gleiche speeifische Gewichte) haben. In Anschluss daran ermittelt er die Beziehungen zwi- schen der chemischen Zusammensetzung und der Grösse des Verdichtungs- exponenten , der specifischen Volume‘ und der specifischen Gewichte der flüssigen, nur Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff enthaltenden Körper beim Siedepunete. Unter andern lehrt er, wie man das specifische Ge- wieht dieser Verbindungen beim Siedepuukte aus ihrer chemischen Zu- sammensetzung theoretisch berechnen kann. — Sbg. Ad. Wernicke, Lehrbuch der Mechanik in elementarer Darstellung mit Uebungen und Anwendungen auf Maschienen- und Bau-Constructionen Th. I.: Mechanik fester Körper, 2. Auflage, Braun- schweig 1871 bei Vieweg. — Das Lehrbuch hält den Gang ein, der in den Lehrbüchern der analytischen Mechanik gebräuchlich ist, schliesst aber die Anwendung der Differential- und Integralrechnung aus und gibt daher mitunter Resultate ohne Ableitung (z. B. bei den Trägheitsmomenten). Ausserdem unterscheidet es sieh von ähnlichen Büchern durch eine unge- heure Menge von Aufgaben, die den einzelnen Abschnitten beigefügt sind;; dabei sind theils nur die Resultate theils auch die Lösungen selbst an, gegeben. Den Zahlenangaben ist das Meter und das Kilogramm zu Grunde gelegt, die Einheit der Arbeit nennt der Verf, Kilogramm-Meter und kürzt 375 es durch km ab, wir bemerken dazu, dass die deutschen Ingenieure allge- mein Meter-Kilogramm sagen und dies durch mk abkürzen, es entspricht dies der alten Bezeichnung Fuss-Pfund und die Abkürzung gibt keine Veranlassung zur Verwechselung mit Kilometer (km). Auf den Inhalt des Buches können wir hier natürlich nicht eingehen, die Darstellung ist klar, sie verlangt die Kenntniss der gesammten Elementar Mathematik und der Fundamente der analytischen Geometrie. Die Aufgaben erscheinen recht instruetiv, so dass das Buch für Gewerbeschulen und höhere polytechnische Anstalten sehr zu empfehlen ist. Sbg. Garthe, die Absidenscheibe. Köln und Leipzig 187, E. H. Mayer. — Verf. beschreibt einen kleinen Apparat, durch weleben die Lage der Absidenlinie oder grossen Axe der Erdbahn und deren Veränderlichkeit im Weltenraum erörtert werden kann. Mit Hilfe der beigegebenen Tafel kann ein Buchbinder oder Tischler den Apparat zusammensetzen. Man erkennt leicht, dass die verschiedene Lage der Absidenlinie auf die Dauer der Jahreszeiten von Einfluss ist und der Apparat dient daher auch, namentlich wenn er noch durch eine kleine Erdkugel vervollständigt ist, zur Erklärung der bekannten Theorie der Eiszeiten u. s. w. Sbg. J. H. v. Mädler, Geschichte der Himmelskunde nach ihrem gesammten Umfange. Braunschweig 1872 bei George Wester- mann. — Von diesem Werke liegt uns zur Zeit nur erst eine Lieferung vor, welche eine geschichtliche Uebersicht über die Geschichte der Himmels- kunde von der Wiedererweekung der Wissenschaften in Europa enthält; es werden nacheinander die Chinesen, die Hindus, die Babylonier, die alten Aegypter, die Griechen und die Alexandriner besprochen — eine syncehronistische Darstellung war ja hier nicht möglich. In umfangreichen Anmerkungen finden sich biographische und literarische Nachweise über die bedeutendsten modernen Astronomen, die im Text genannt werden. Die Darstellung ist überall streng wissenschaftlich und doch möglichst allgemein verständlich, wie man es eben vom Verf. der „populären Astro- nomie‘“ gewohnt ist. Jeder Gebiffiete wird mit Vergnügen Belehrung aus aus diesem Werke schöpfen! Sbg, Physik. J.J.Oppel, über zwei ausgezeichnete Fälle des Reflexionstones zweiter Gattung. — Der Verf. hat vor einer Reihe von Jahren entdeckt, dass durch Reflexion eines starken Geräusches an den Stäben eines Gitters Töne von bestimmter Höhe entstehen, er nannte dieselben Reflexions- oder Gittertöne. Später fand er, dass auch durch wiederholte Reflexion einer Lufterschütterung zwischen zwei parallelen Wänden ein Ton entstehe und diesen bezeichnete er als Reflexionsion zweiter Ordnung; Referent würde die Bezeichnung Resonanztöne vorziehen, dieser Raum zwischen den parallelen Wänden bildet einen Resonator. Verf. bemerkt, dass man aus der Höhe dieses Tones die Breite schmaler Gassen u. s. w. sehr genau schätzen kann, dass man der zu- oder abnehmenden Höhe des Tones auch die Con- und Divergenz der Wände genauer als nach dem Augenmasse bestimmen kann. In Anschluss an diese ältern Beobachtungen (Pogg. Ann. B. 101, S. 105—133) beschreibt der Verf. jetzt zwei Fälle, wo er diese „Reflexionstöne‘‘ in ausgezeichneter Weise 316 beobachtet hat. Erstens in einer Badewanne, die eine rechtwinklige Grund- fläche und senkrechte Wände hatte, dieselben waren von quadratischen Thonplatten hergestellt; die Ecken waren unter einem Winkel von 45° ab- geschrägt. In dieser Wanne entstanden zwei Reflexionstöne, einer der Länge, der andere der Breite entsprechend, sie bildeten den Dimensionen angemessen das Intervall einer None, aber sie waren der absoluten Ton- höhe nach fast eine Terz tiefer als die Berechnung angab; aber weite Orgelpfeifen geben ja auch einen tiefern Ton als den ihrer Länge ent- sprechenden. — Ein zweites Beispiel lieferte eine lange von Holz gezim- merte Röhre, dieselbe war 42,8m lang, 143—144 em dick und in Lichten etwa 126—127 em weit; die beiden Enden waren zur Zeit mit Breitern vernagelt. Man hörte bei jedem Schlag gegen den Boden der Röhre 10—16 Echos, je 4 auf die Secunde, ausserdem aber ein starken dauern- den Klang (Accord) von eigenthümlicher Klangfarbe und stetig veränder- licher Tonhöhe; derselbe wurde durch jedes beliebige Geräusch geweckt und lief regelmässig im eingestrichenen e aus, Rief man in dieser Ton- höhe hinein: so blieb das mehrfache Echo aus, bei höhern Tönen trat an Stelle des Echos ein periodisches Anschwellen im Tempo des Echos und nur bei tiefem Rufen trat das Echo selbst auf. — (Jahresbericht des phy- sikal. Vereins zu Frankfurt a|M. 1869—1870, S. 79—91.) Sbg. J. J. Oppel, der Kukuksruf in akustischer Beziehung. — Der Kukuksruf wird meistens als eine kleine Terz aufgefasst: Athanasius Kircher schreibt ihn e’—des? und Haydn ahmt ihn in der „Kindersym- phonie“ durch die Töne g°—e? nach, Beethoven in der Pastoral-Symphonie durch d2-—b1, in einem Kinderliede besteht die Nachahmung in den Tönen e?-—-al; in einem andern Liede ist aber eine grosse Terz ungefähr in der- selben Höhe verwendet. Die Taktverhältnisse sind dabei ganz verschieden, beide Töne gleich oder der eine oder der andere Ton länger, Verf. hat durch zahlreiche Beobachtungen in der Natur ermittelt, dass beide Töne gleich lang sind, und dass jedes Paar von Tönen vom folgenden durch eine Pause getrennt ist, die ungefähr so lag ist wie beide Töne zusammen- genommen; das Ganze wäre also in ®/, Takt zu schreiben mit 2 Vierteln Pause in jedem Takte. Intervall und Tonhöhe schwanken selır; das grösste Intervall ist die verminderte Quinte ges—c?, das kleinste ein sehr kleiner ganzer Ton d?—c? (fast nur des®—c?) ; beide jedoch sehr selten. Häufiger ist die Quarte, am häufigsten die Terz (in 123 Fällen von 157), doch ist dieselbe bald eine grosse bald eine kleine, noch weit häufiger eine in der Mitte liegende unreine „Kukukterz‘“; Verf, hat dieselben nach dem Ge- hör entweder den grossen oder kleinen zugetheilt und 70 grosse gegen 44 kleine und 9 ganz zweideutige gefunden, Der höchste beobachtete Ton war ges? bis g?, der tiefere ging nie unter A! hinab; unter den grossen Terzen kam am häufigsten vor e®—c? (34 unter 70), dann folgte f?—des? und fis®—d?; unter den kleinen Terzen fand sich e®!—cis? am häufigsten (31 unter 44). — Beim Beginn des Rufes ist das Intervall am grössten, meistens sinkt in den folgenden Takten der höhere Ton etwas, der tiefere Ton bleibt auf seiner Stufe, einmal blieb er am Schluss ganz aus. Zweimal hat der Verf. einen dreitheiligen Ruf gehört, einmal wurde 317 eine Reihe des häufigen f%—des? geschlossen dureh die beiden Takte rr—ges’—des? | ges’—ges®—des?, ein andermal wurden ganz isolirt die beiden Takte f?- d?—h!—f?d h! gerufen. Es soll aber auch nach zuverläs- sigen Beobachtungen ein richtiger Duraccord vorkommen. — (Eibenda S. 91 —93.) Sbg. J. J. Oppel, über den Ton des Ohrenklingens. — Verf. hat gelegentlich die Höhe des Tones beim Ohrenklingen notirt und hat ge- funden, dass derselbe durchaus nicht eonstant ist, sondern zwischen ziem- lich weiten Grenzen (d! und 5° schwankt). Von den 257 Nummern kom- men 9 aufs rechte und 15 aufs linke Ohr, einmal konnte nicht entschieden werden, welches Ohr klang, indem der Ton mitten im Kopfe zu erklingen schien, derselbe hielt 7 Minuten an. Mit wenigen Ausnahmen dauerte der Ton nur 10—20 Secunden. Einmal konute Me Tonhöhe nicht festgestelli werden, es war ein überaus hohes kurzes Zischen, wol unterschieden von dem sonst auch eintretenden Knacken im Ohr, welchem der- Verf. die Tonhöhe 51 bis c*? beilegt. — Verf, macht dabei auf eine eigenthümliche Ungleichheit seiner beiden Ohren aufmerksam, dieselbe besteht darin, dass das eine die objecliven Töne um ein merkliches Intervall höher wahrnimmt als das andere; dieselbe Erscheinung soll bei vielen Personen vorkommen und würde am einfachsten dadurelhı constatirt, dass man zwei gleiche oder fast gleiche Stimmgabeln durch Kautschukringe oder Wachs- tropfen soweit verstimmt, dass sie genau den Einklang zeigen, weın man die eine vor das rechte, die andere vor das linke Ohr hält, vertauscht man nun die Gabeln ; so erscheint die Differenz verdoppelt und wird um so leichter erkannt, — (Ebenda. S. 93—9%6.) Shg. J. d. Oppel, über chromatische Täuschungen, den rela- tiven Werth der Farbenbezeichnungen und das Zustaude- kommenunsererfarbenwahrnehmungüberhaupi.— Wenn man mit allen neuern Physiologen die Sinnesempfindungen nur als Zeichen für die äussern Objeete betrachtet, aus denen unser Verstand (oder die Seele) unwillkürlich Analogieschlüsse zieht, so kann man eigentlich nicht von Sinnestäuschungen reden, sonderu muss diese sogenannten Erscheinungen betrachten als Täuschungen des Verstandes; die sogenannten optischen Täuschungen z. B. entstehen dadurch, dass die durch das Auge uns über- mittelten Empfindungen vom Verstande falsch aufgefasst werden, die In- dividualität des Auges wird also meistens ohne grossen Einfluss sein, wie ja auch die meisten optischen Täuschungen von allen Menschen gleich- mässig gesehen werden. Ganz ohne Einfluss aber isı das Auge doch nicht, so wird z. B. ein kurzsichtiges Auge oft nicht alle zur vollständigen Be- urtheilung der Objecte' nöthigen Momente auffassen können, es liefert also dem Verstande unvollständiges Material zur Bildung der Analogieschlüsse und diese werden daher natürlich öfter falsch als bei normalsichtigen. Das kurzsichtige Auge wird daher die einzelnen zur Bildung der Wahr- nehmung gehörigen Factoren und ihren Einfluss leichter würdigen; es ex- perimentirt wie der Physiker und lernt so den Hergang bei der Bildung; des Urtheils leichter kennen. An diese und ähnliche Betrachtungen, welche die Unwillkürlichkeit der Analogieschlüsse (das ‚Unbewusste‘ würde Zeitschr. f,d. ges. Naturwiss, Bd, XXXIX, 1872, 35 318 E. Hartmann sagen) beweisen, schliesst der Verf. eine grosse Zahl von Beispielen, wo ihm in Folge von abnormer Beleuchtung und ähnlicher aussergewöhnlichen Umständen Farbenverwechslungen vorgekommen sind. Wir führen nur einige Fälle an, die besonders interressant sind, denn Schwarz als Weiss und umgekehrt ete. ist schon oft beschrieben. Schwefel- gelbe Placate an einer fernen Wand erscheinen grasgrün und machen den Eindruck wie Fenster, durch die man sonnigen Rasen zu erblicken glaubte; die Placate selbst befanden sich im Schatten. Umgekehrt erschien eine dunkelgrüne von der Sonne beschienene Wand als schwefelgelb. — Der blaulichgraue Reflex des Sonnenlichtes der von einer Strassenlaternenscheibe auf das blaugraue Basaltpflaster geworfen wurde, erschien als gelblich- weisser Sand. — Blassrothgelbe Sägespäne eines Rothbuchenstammes er- schienen im Walde wie Streiflichter der durch das Laubdach dringenden Sonne; aber die Sonne schien überhaupt nicht. Der Erdboden sah grau- lich schwarzbraun aus, die Sägespäne glichen an Farbe dem englischen Auripigment (red orpiment), dem ganz wenig Mennige zugesetzt war oder auch einer Mischung von Mennige mit wenig Cadmiumgelb. — Ferner wurde das unreine Grasgrün gemähter Wiesen, welches durch grosse im Schatten stehende Sträucher hindurch sichtbar war, für weiss gehalten und zwar für Hollunderblühten. Umgekehrt wurden im Frühjahr die blauen Rlühten von Syringa vulg. für Lücken im dunkeln Laub und ihre Farbe für die der weissen beschatleten Wand gehalten. Wir finden also einen und denselben absoluten Farbenton bald weiss, bald schwarz, bald blau, bald roth ete., je nach den Umständen, unter welchen wir ihn erblicken oder zu erblicken glauben. — (Ebenda S. 96—105.) Sbg. E. Reichert, ein einfacher Thermoregulator. — Am obern Ende eines Thermometers ist ein Cylinder angeschmolzen, durch den ein Leuchtgasstrom hindurchgeht; wenn die Temperatur zu hoch wird, sperrt das Quecksilber den Gasstrom mehr oder weniger ab und die erwärmende Flamme wird dadurch kleiner. Man kann das Instrument z. B. in eine Kochflasche stellen, deren Inhalt bis auf eine bestimmte Temperatur er- wärmt werden soll. Am Thermometer ist noch eine seitliche Röhre von verstellbarer Länge angebracht, damit man die Temperatur, bei der das Gas abgesperrt wird, beliebig verändern kann; eine andere Vorrichtung verhindert das vollständige Erlöschen der Flamme. Der Apparat ist für 2 Thlr. vom Glasbläser Kramer in Freiburg zu beziehen. — (Pogg. Ann. 154, S. 467—469.) Sbg. J. C. Poggendorff, Versuch einer Theorie der Elektro- Doppelmaschine. — Die Elektromaschinen (sonst auch Influenz- oder Elektrophormaschinen genannt) bieten dem experimentirenden Physiker immer noch allerlei räthselhafte Erscheinungen, besonders ist es der von Poggendorff schon früher genauer untersuchte ‚‚diametrale Conductor““ (siehe unsere frühern Referate) und die Doppelmaschine die durch ihre schwer zu erklärenden Wirkungen ein besonderes Interesse erregen. Die merkwürdigsie Erscheinung ist die, dass 2 Maschinen, von denen jede mit, einem solehen Conductor versehen und einzeln für sich erregt worden, nach gleichsinniger Verknüpfung sofort widersinnige Ströme zeigen, 379 indem in einer von den beiden Maschinen der Strom umkehrt, während man, offenbar eine Verstärkung erwartet. Verf. liefert jetzt nun für diese Er- scheinung eine Erklärung, die wir leider hier nicht wiedergeben können, es sei nur erwähnt, dass der Verf. daran die Erklärung einiger anderer auffallender Erscheinungen anschliesst, so z. B. dass bei einpoliger Ver- knüpfung beider Maschinen die Umkehrung nicht stattfindet. — Ferner be- spricht der Verf. auch die schon früher in unsern Referaten erwähnte Ten- denz der beiden Scheiben, sich gegenseitig ihre Bewegung zu erschweren, in Folge deren unter gewissen Umständen eine rücklänfige Rotation einer Scheibe eintritt, — (Pogg. Ann. 145, 1—24. Aus den Monatsber. der Berl. Akad. Oct. 1871.) J.B. Listing, über dasReflexionsprisma. — Das Reflexions- prisma, in dem die durchgehenden Lichtstrahlen eine zweimalige Brech- ung und eine innere totale Reflexion erleiden, hat im Laufe der Zeit eine immer ausgedehntere Anwendung erhalten; es erscheint daher ganz an- gemessen, wenn der Verf. die Bedingungen feststellt, welche stattfinden müssen, wenn in den Fernrohren, Mikroskopen u. s. w. die Correctheit der Bilder durch die Dazwischenkunft des Prismas nieht merklich beein- trächtigt werden soll. Ausserdem untersucht er den Zusammenhang zwischen der durch Reflexion bewirkten Ablenkung der Strahlen und den Winkeln des Prismas sowie seinen Dimensionen und seiner linearen Oeff- nung. Auf die Untersuchungen selbst einzugehen verbietet uns nicht nur der Mangel an Raum sondern auch die Unmöglichkeit, dieselben ohne Figur darzustellen. — (Pogg: Ann. 145, S. 67—52 aus den Göttinger Nach- richten vom Sept. 1871.) A. Kundt, über anomale Dispersion, Nachtrag zur 4ten Mit- theilung (siehe Januarh. dieses Bandes). Zur Untersuchung der anomalen Dispersion hat Kundt die früher beschriebene Methode der „‚gekreuzten » Prismen‘ angewandt, er musste dabei wegen der starken Absorption die Strahlen dieht an der Schneide des mit der betreffenden Flüssigkeit ge- füllten Prismas hindurchgehen lassen, er erhielt dabei von den stark ab- sorbirten Strahlen keine scharfen Spectralbilder. Diese räthselhafte Er- scheinung ist so zu erklären: das Hohlprisma verhält sich für die stark absorbirten Strahlen — aber nur für diese — wie ein enger Spalt, die eine seitliche Begränzung dieses Spaltes bildet die scharfe Kante des Hohl- prismas, die andere Begränzung entsteht durch die zunehmende Absorp- tion der Flüssigkeit: hier verläuft also der Spalt allmählich und daher ist auch sein Spectralbild verwaschen, während die wenig absorbirten Strahlen in den schrägen Speetren scharfe Linien geben. Die Erkenntniss dieses lästigen Umstandes liefert leider kein Mittel denselben abzustellen ; die früher mitgetheilten Resultate werden aber nicht dadurch berührt, da die stark verschwommenen Strahlenpartien unberücksichtigt gelassen waren. — (Poyg. Ann. 145, 164—166.) 0. E. Meyer, Versuch einer Erklärung der anomalen Farbenzerstreuung. — Verf. führt die unsern Lesern bekannte von Kundt u. A. mehrfach untersuchte anomale Farbenzerstreuung, welche stets mit dem Auftreten von Oberflächenfarben, elliptischer Polarisation und Un- 25 * 380 durehsichtigkeit gemeinschaftlich vorkommt, zurück auf die letztgenannte Eisenschaft, als diejevige welche die erstern bewirke.. Man wird dann auf die Hypothese geführt, dass die oscillirenden Aethertheilchen in den beir- ffenden M-dien einen Widerstand erleiden. Dann kommt man auf die Frage, ob diese hypothetische Kraft ihren Sitz in den Aethertheilchen oder in der ponderabeln Materie habe; die erste Hypothese führt zur Annahme einer innern Reibung im Lichtäther halbdurehsichtiger Medien, die andere führt zu einer Kraft, analog der sogenannten äussern Reibung der Flüssigkeiten. Beide Annahmen erklären, wie der Verf. beweist, die anomale Dispersion des Lichtes; beide Theorien reichen aber nicht aus zur Eıklärung aller Erscheinungen, denn es würde beidemale sich ergeben, dass die betreifenden Körper im durchfallenden Lichte sämmtlich roth erscheinen müssten, — (Pogg. Ann. 145, S0—86.) Shg. Chemie. Th. Schloesing, über die Trennung von Kali and Natron. — Die Ueberchlorsäure treibt, sofern sie im Ueberschuss und die Temperatur gehörig gesteigert ist, wegen ihrer grössern Ver- wandtschaft und Feuerbeständigkeit sowohl Salpetersäure als Salzsäure aus ihren Salzen aus. Hat man also ein Gemenge von Kali nnd Natron in we'chem diese als ‚salpetersaure Salze oder ais Chlormetalle enthalten; sind, so werden sie, wenn man die concentrirte Lösung nicht überschüs- siger Ueberchlorsäure zur Trockne eindampft, in überchlorsaure Salze um- gesetzt. ‘Durch 36procentigen Alkohol wird dann das überchlorsaure Na ausgezogen und als schwefelsaures Na bestimmt, während das überchlor- saure K, welches in 36procentigen Alkohol unlöslich ist, einfach getrocknet und als überchlorsaures K gewogen wird. Nach den vom Verf. beige- gebeuen Beleganalysen macht es für dre Sicherheit dieser Trennungsme- thode nichts aus, wenn eine der beiden Basen in einer im Verhältniss zur andern sehr kleinen Menge vorhanden ist. Schwefelsäure und andere feuerbeständige Säuren müssen vor der Behandluug mit Ueberchlorsäure nach einer der bekannten Methoden entfernt werden, wogegen die Gegen- wart von Kalk, Baryt und Magnesia gar nicht hinderlich ist. Zur Dar- stellung des überchlorsauren Ammons wird Sodalösung mit Cl gesättigt, das chlorsaure Na durch einfaches Erhitzen, bis die Masse teigig gewor- den ist, in ein Gemenge von CINa und überchlorsaurem Na verwandelt: ‘ beim Aufnehmen mit möglichst wenig Wasser bleibt Cl Na ungelöst. Die so erhaltene Lösung des überchlorsauren Na wird in der Wärme mit einer heiss gesättigten Lösung von NH#Cl versetzt: das beim Erkalten in grossen Krystallen sich absetzende überchlorsaure Ammon muss durch Umkrystallisieren gereinigt werden; es dari, durch schwaches Königswasser zersetzt, beim Eindampfen zur Trockne keinen Rückstand hinterlassen. — (Cumpt. rend. 73,1269. Journ. f. pr. Chem. N. F. Bd.4, 8. 429 ff.) Kolbe, über Schloesing’s Methode der Trennung von Kali und Natron. — Die Leichtigkeit und Einfachbeit der auf Anweu- dung der Ueberchlorsäure basirenden Trennungsmelhode von Kali und Natron musste jeden interessiren, der überhaupt mit derartigeu Bestimm- ungen zu thun hat. Leider haben von Verf. veranlasste Untersuchungen er- geben, dass das überehlorsaure K in Alkohol keineswegs unlöslich ist: 381 100 CC. 36proc, Alkohol lösen bei 170 0,53 Gr. 100 CC. 63proe. n Re 0,265 Gr, Die von Schloesing gegrbenen Beleganalysen hatten sämmilich sehr gute Resultate; es steht also zu vermuthen, dass er bei der Beschreibung seines Verfahrens irgend einen wesentlichen Punkt zu erwähnen unterlassen hat. — (Journ. f. prakt. Chemie V 9:.) Ludwig, Beiträge zur Gasanalyse.— Um Gasabsorptionsmittel die nicht geschmolzen oder in Lösung angewandt werden können, in Form nicht leicht zerbrechlicher Kugelu zu erhalten, empfiehlt Verf. die be- treffenden Stoffe mit gebranntem Gyps innig zu mengen, dann mil Wasser zu Brei anzureiben und in einer mit Oel resp. Paraffin bestrichenen Kugel- form um einen Platindraht zu pressen. Die fertigen Kugeln werden ge- trocknet und mit concentrirter Phosphorsäurelösung getränkt, um zu ver- hindern, dass sie in ihren Poren mechanisch Gase, namentlich CO?, ab- sorbiren. Der zur Anfertigung dieser Kugeln nöthige Gyps muss natür- lich frei von kohlensaurem Ca sein; er wird daher in der Weise bereitet, dass man möglichst reine Stücke von kıystallisirrem Gyps grob pnulvert, mit verdünnter CIH digerirt und nach dem Auswaschen in einer Porcel- lanschale über mässigem Feuer erhitzt, bis alles Krystallwasser eutwichen ist. Zu Absorptionskugeln für H?S schlägt Verf, vor 2 Gewthl, gewöhn- liches phosphorsaures Pb auf 3 Gewthl. Gyps anzuwenden; für SO? ein feingepulvertes Gemisch von Bleihyperoxyd und Braunstein mit gleichen Gewthl. Gyps. Kohlenoxyd wird durch wässerige Chromsäurelösung bei einer Verdünnung von 1 Vol concentrirter Chromsäurelösung mit 2 Vol. Wasser noch schnell genug zu Kohlensäure oxydirt, während Wasserstoff und Grubengas unverändert bleiben. Sind also in dem Gasgemenge keine andern als die genannten brennbaren Gase enthalten, so wird durch Gyps- kugeln, die mit Chromsäurelösung von der angegebenen Concentration ge- tränkt siod, nach etwa 12stündigem Einwirken alles CO zu CO? oxydirt sein, Letzteres ist dann durch Kalihydrat zu absorbiren, Die Resultate sind nach den beigegebenen Beleganalysen sehr genau, — (Aunalen d. Chemie u. Pharm. CLXII. 53.) Kekule& und Zinekl, über das sogenannte Chloracetenu und die polymeren Modificationen des Aldehyds. — Die Ver- fasser haben, aus theoretischen Gründen von der Unhaltbarkeit der bis- herigen Ansichten über die Constitution des Chloracetens überzeugt (man hielt es für eine ungesättigte Verbindung mit zwei freien Alfinitälen an | dasselbe von Neuem untersucht. Zu seiner Darstellung dienten völlig reiner Aldehyd und von Cl befreites, zu einigen Versuchen flüssiges Chlo’kohlenoxyd. Die älteren Angaben über das erzielte Product fanden sich in so weit bestätigt, als dasselbe ohne besonders energische Reaction sich zum grössten Theil erst in den stark gekühlten Vorlagen verdichtete, indem es hier zuweilen zu einer krystallinischen Masse erslarrie; bei der Rectification destillirte der grösste Theil bei45°, das Destillat erstarrte bei 0% oder etwas darunter, In Wasser sinkt es, wie schon Harnitz-Harnitzky angab, zu Boden, nimm! Buttercon- 382 eonsistenz an, löst sich bei gelindem Erwärmen, unter Zersetzung zu Salz- säure und Aldehyd. Die Verf. glauben also jedenfalls den früher als Chloraceten bezeichneten Körper unter Händen gehabt zu haben. Bei näherer Untersuchung ergab sich, dass derselbe nichts anderes als ein Gemenge von Aldehyd und Paraldehyd mit mehr oder weniger Chlorkohlen- oxyd ist: der Aldehyd geht bei Anwesenheit von Chlorkohlenoxyd unter starker Erhitzung theilweise in Paraldehyd über, der Paraldehyd verwan- delt sich beı längerer Einwirkung des Chlorkohlenoxyds ohne Erwärmung zum Theil wieder in gewöhnlichen Aldehyd. Bei langsamer Destillation des sogenannten Chloracetens gelingt es, annährend die ganze Menge als gewöhnlichen Aldehyd überzudestilliren, indem nach dem Entweichen der ersten Portion Aldehyd das durch Temperatur etc. bedingte Gleichgewicht sich wiederherstellt d.h. es wird neuer Aldehyd gebildet, der wieder gas- förmig entweicht u. s. w. Umgekehrt krystallisirt bei starker Abkühlung des Chloracetens Paraldehyd aus, in der davon abgegossenen Flüssigkeit bildet sich bei weiterer Abkühlung von Neuem Paraldehyd u. s. w. Ent fernt man aus jenem ursprünglich erhaltenen Gemisch von Aldehyd, Pa- raldehyd das letztere etwa durch Digestion mit Bleicarbonat, so erhält man ein dem eben stattfindenden Gleichgewichtszustand entsprechendes Gemisch von Paraldehyd und Aldehyd, die nun nach Entfernung des wie ein Ferment wirkenden Chlorkohlenoxyds einfach durch fraetionirte Destil- lation getrennt werden können. Was die polymeren Modificationen des Aldehyds betrifft — man zählte deren seither fünf — so können die Verf. neben dem gewöhnlichen Aldehyd nur zwei aus demselben entstehende Modificationen annehmen: 1) den schmelzbaren‘ und destillirbaren Paral- dehyd und 2) den nicht schmelzbaren und destillirbaren Metaldehyd. Die polymere Umwandlung ist immer an die Gegenwart gewisser, wie es scheint fermentartig wirkender Substanzen geknüpft. Salzsäure, Chlorkohlenoxyd, schweflige Säure, Chlorzink, Schwefelsäure verwandeln den Aldehyd unter starker Erhitzung theilweise in Paraldehyd, der am besten dadurch rein erhalten wird', dass man das Rohproduct längere Zeit unter 0° abkühlt, die von der Flüssigkeit getrennten Krystalle abpresst und schliesslich durch Destillation reinigt. Der flüssig gebliebene Antheil giebt, noch ein- mal auf dieselbe Weise behandelt, eine weitere Menge Paraldehyd. Der Paraldehyd ist eine Flüssigkeit, die bei einem auf 0° redueirten Druck von 759,8 ınm. bei 124° kocht; sein spec, Gew. ist 0,993 bei 15°; er er- starrt unter 10° zu einer eisähnlichen Masse, bisweilen in grossen durch- sichtigen Prismen, die bei 10,50 schmelzen. Die Dampfdichte wurde drei- mal so gross gefunden als die des gewöhnlichen Aldehyds. In kaltem Wasser ist er leichter löslich als in heissem. Durch Destillation mit wenig Schwefelsäure oder Salzsäure, Chlorkohlenoxyd, Chlorzink etc. geht er wieder in gewöhnlichen Aldehyd über. Phosphorsuperchlorid erzeugt mit ihm Aethylidenchlorid; Salzsäuregas giebt Aethylidenoxychlorid. Metal- dehyd entsteht durch Einwirkung von kleinen Mengen Salzsäure, Chlor- kohlenoxyd, schwelliger Säure oder verdünnter Schwefelsäure auf Alde- hyd bei stark erniedrigter Temperatur. Um Metaldehyd darzustellen bringt man zu reinem Aldehyd einige Blasen Salzsäure oder schweflige Säure, 383 indem man die Masse durch Kältemischung abkühlt; die nach 1—2 Stunden vom auskrystallisirten Metaldehyd getrennte Flüssigkeit wird mit etwas Schwefelsäure versetzt und abdestillirt; in dem wieder durch Kälte- mischung gekühlten Destillat bilden sich nach einiger Zeit weitere Krys- talle von Metaldehyd und sofort. Reiner Aldehyd mit einigen Stücken Chlorealcium zusammengestellt setzt auf diesem Metaldehydkrystalle des quadratischen Systems ab. Gewöhnlich erhält man den Metaldehyd in Form feiner weisser Nadeln. In Wasser löst er sich nicht, in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, auch in der Wärme nur wenig; er sublimirt bei 112—115°, sehr allmählich auch schon bei 100°, indem sich dabei stets gewöhnlicher Aldehyd bildet, beim Erhitzen auf 115° im zuge- schmolznen Rohr ist diese Umbildung schon nach kurzer Zeit vollständig erfolgt. Die Dampfdichte konnte daher nicht bestimmt werden, Wird er mit wenig verdünnter Schwefelsäure erwärmt, so destillirt reiner Aldehyd über. Durch Einwirken von Salzsäuregas entsteht aldehydhaltiger Paral- dehyd. Phosphorsuperchlorid giebt mit Metaldehyd Aethylidenchlorid. — (Ann. Chemie u. Pharm. CLXII. 125.) W-—k. R. Pott, Oxydationsversuche mit übermangansaurem Kali auf Conglutin aus Lupinen. — Die Angabe von Bechamp über die angebliche Bildung von Harnstoff bei der Oxydation des Eiweisses durch übermangansaures Kali gab wiederholt Veranlassung zu ähnlichen Versuchen, zuerst von Städeler, dann in letzter Zeit von OÖ. Löw und Tappeiner ausgeführt, die wesentlich den Zweck verfolgten, die Anga- ben von Bechamp zu prüfen. Die Resultate dieser Untersuchungen sind bekannt. Verf. hat sich schon längere Zeit mit den Oxydations- producten des Conglutin, die durch Einwirkung von übermangansaurem Kali auf, dasselbe erhalten wurden, beschäftigt. Der leitende Gedanke seiner Arbeit ist ein anderer wie der früheren, nicht die Erzielung von Harnstoff führte ihn zu den oft wiederholten Oxydationsversuchen mit übermangansaurem Kali zurück, sondern die völlig bei Seite geschobenen, manichfachen Oxydationsproducte, die einer näheren Untersuchung nicht werth gehalten wurden, und dann vor Allem der Verbleib des Stickstofls in den Umwandlungsproducten der Albuminate durch übermangansaures Kali. Neun Oxydationsversuche mit verschiedenen Mengen übermangan- sauren Kalis, von denen der erste ein zweifacher zu nennen, da ein Mal die Oxydation bei gewöhnlicher Temperatur, das andere Mal in der Wärme verlief, ebenso der zweite mit vierfachen Mengen wiederholt wurde, sind in gleicher Weise, nur mit kleinen Abänderungen in den einzelnen Ver- fahren ausgeführt, Bei den ersten sechs. Versuchen liess er von einer abgewogenen Menge Conglulin als Einheit ausgehend, in Nr. 1 die gleiche Menge, in Nr, 2 die zweifache Menge u. s. f., in Nr. 6 die sechsfache Menge übermangansaures Kali einwirken. In Nr. 7 stieg er abwärts in Anwenduug des übermangansauren Kalis; auf 1 Theil Conglutin wirkten in Nr. 7 0,75 Th., in Nr. 8 auf 1 Theil 0,50 Th., in Nr. 9 auf 1 Theil nur 0,25 Th. übermangansaures Kali, also °,, %/4, %/, auf 1 Th. Conglutin. Das Oxydationsverfahren für die einzelnen Versuche ist folgendes: Die fein gepulverte abgewogene Menge Conglutin wird in Kaliwasser gelöst 384 und das übermangansaure Kali in Lösung zugesetzt. Das Gemisch wird unter häufigem Umschütteln bei Wechsel-Temperatur bis zur Beendigung der Reduction des übermangansauren Kalis zu Manganhyperoxyd stehen gelassen. Beim Erwärmen des Gemisches tritt Bittermandelölgeruch auf. Nach eingetretener Reduction wird das Manganhyperoxyd von der dann völlig farblosen Lösung filtrirt, der Niederschlag von Manganhyperoxyd gut mit warmem Wasser ansgewaschen, das Filtrat bis zur Hälfte auf dem W.sserbade eingedampft. Um das Kali zu binden wurde die dem ange- wandten übermangansauren Kali entsprechende Menge Schwefelsäure zu- geseizt. Es entwickelte sich sofort ein Geruch nach Bnttersäure, auch entsteht auf Zusatz der Säure ein Niederschlag einer kaseinähnlichen Substanz (A). Der Niederschlag wurde filtrirt und in gleicher Weise wie Conglutin erst mit Spiritus, zuletzt mit absolutem Alkohol ‚behandelt und über Schwefelsäure getrocknet. Das Filtrat von A wurde destillirt, bis keine saure Reaction mehr im Destillat bemerkbar. Dieses enthielt die durch die Oxydation entstandenen flüchtigen Fettsäuren und wurde mit kohlensaurem Baryt in der Wärme digerirt, mil Barytwasser gesättigt, der überschüssige kohlensaure Baryt abfilırirt. Das Filtrat (fettsaure Barytsalze B) wurde eingedampft und über Schwefelsäure getrocknet, Die in der Retorte rückständige Flüssigkeit wurde mit Spiritus versetzt, um das schweftIsaure Kali auszufällen. Beim Uebergiessen des schwelel- sauren Kali mit Kalihydrat trat ein starker Ammoniakgeruch auf. Das Filtrat von schwefelsaurem Kali wurde nach Entfernung des Spiritus durch Destilation mit kohlensaurem Baryt versetzt. Es entstand ein in Wasser leicht lösliches Salz. Nach Filtration vom überschüssigen Kohlensauren Buryt wurde zum Filtrat desselben zur Ausfällung des Barytsalzes Alkohol gefügt. Das Barytsalz (C) wurde durch öfteres Löser in heissem Wasser und wiederlholtes Fällen durch Alkohol gereinigt, endlich noch mit abso- Iutem Alkohol behandelt und über Schwefelsäure getrocknet. Aus dem Barytsalze konnte die Säure durch Zersetzung desselben mit Schwefelsäure und Eindampfen des Filtrats vom schwefelsauren Baryt in einem Falle fest, sonst als syrupöse Masse gewonnen werden. Das alkoholische Fil- trıt von dem Barytsalze durch Destillation von Alkohol befreit, zur Trockene eingedampft, gab ebenfalls eine syrupähnliche Masse (D). Hin- sichtlich der Reductionsdauer ergab sich: Je grösser also die Menge des übermangansauren Kali’s, je länger die Reductionsdaner. — Ausser Blau- sänre, Ammoniak und Kohlensäure treien folgende Oxydationsproducte in wechselnden Mengen bei allen Versuchen auf. Niederschlag A. ist nor theilweise in Wasser löslich, auch nicht gänzlich in der Wärme; in Kali leicht, in Alkohol von 88 p.C. uur zum Theil löslich; unlöslich in abso- Iutem Alkohol, ebenso in Aether, In eoneentrirter Schwefelsäure nur theil- weise in der Wärme unter Bräunung löslich. In Salzsäure ohne Farben- wechsel aus blau in violett, unter Braunfärbung »ur theilweise löslich, auch in der Wärme. In Salpetersäure ist derselbe nur theilweise löslich auch in der Wärme ohne Gelblärbung, und giebt beim Eıkalteu einen Niederschlag. Die essigsaure Lösung wird durch Ferrocyankalium nicht gefällt. Das Millon’sche Reagens giebt keine Reaction, wohl aber 385 Kupfervitriol und Kali eine violette Lösung grade wie bei Pro'einsub- stanzen, Flüchtige Fettsäuren B, der Hauptmenge nach Buttersäure. Es wurden die Barytsalze dargestellt, die in Wasser leicht löslich sind. Stickstoffhaltige Säure und ihre Barytverbindung C. Die stickstoffhaltige Säure C. durch Zersetzung ihres Barytsalzes mit Schwefelsäure erhalten, war eiumal eine feste körnige pulverige Masse, in Wasser ziemlich schwer löslich, leichter jedoch in der Wärme; schwer löslich, in verdünn- tem Alkohol; unlöslich in Alkohol von 83 p.C., ebenso in Aether. Die in den übrigen Versuchen als syrupöse Masse erhaltene Säure war in Wasser löslich, ebenso ihre Barytsalze, letztere aber unlöslich in’Alkohol. Frisch gefällt sind sie flockig. Syrupöse, stickstoffhaltige Massen D ent- halten meist einen festen Bodensatz, sind in Wasser löslich, leichter nach in der Wär.ne, ebenso leicht löslich in Alkohol und Aether. Beim Trock- nen derselben im Wasserstoffstrome zur Analyse wurde wiederholt ein krystallinisches Sublimat, aus Benzo&@säure bestehend, erhalten. Quantitative Mengen der Oxydationsproducte. Oxyda- Nieder- Fettsaure sticksth.Säure Syrupöse tions-Vers. schlag A. Baryisalze B. Baryts. C. Massen D. 12:21 18,59 p.C, — p.C. — p.C. 43,37 p.C. PASEN 3.42- „ 6,12, 5 8,02 „ 33.12, 3:1 2,9) „ 3,851, (d) 11,17 „ 34,52 5» 4:1 Spur. 11,25 ,„ 12,70 . 448 „ 5:1 > 12,07 „ 13,08 „ 29,52 5» 6:1 en 9216,97. 7, 16,03 ,„ 23,70 „ 0,75 :1 33,09 „ ih 20,20, 0,50 : 1 59,21 „ 0,682. a2 — 13,30 „ 0,25 1 7 ” Anh 4,92 ” Die einzelnen Rubriken für sich betrachtet ergiebt sich für A. eine Abnahme bei Zunahme des übermangansauren Kalis, eine Zunahme des Niederschlags bei Verminderung der Menge des übermangansauren Kalis; bei B. eine Zunahme der flüchtigen Fettsäuren bei Zunahme der Menge übermangansauren Kalis, das gleiche gilt für C. Die syrupösen Massen D. nehmen ab, je grösser die Menge des angewendeten übermangansauren Kalis; für die Versuche 7—9 ergiebi sich bei Verminderung des angewen- ' deten übermangansauren Kalis eine Verminderung der syrupösen Massen, Aus den Mengenverhältnissen unter sich kann man folgende Schlüsse ziehen. Eine Abnahme des Niederschlags A., durch eine sich im Ver- hältniss steigernde Menge übermangansauren Kalis bewiıkt, hat eine Zu- nahıme der stickstoffhaltigen Säuren resp. Abnahme der syrupösen Massen und eine Vermehrung der flüchtigen Fettsäuren zur Folge. Eine Zunahme des Niedeıschlags A. findet bei einer abwärts schreitenden Verminderung von übermangansaurem Kali statt, — Der dem Casein ähnliche Körper nimmt also ab, d. h, wird durch einen Ueberschuss von übermangansau- rem Kali zum Weitern oxydirt, bis er endlich ganz verschwindet. Ob die Kälte oder Wärme eine Rolle bei der Oxydation spielen, wie es aber wohl anzunehmen, kann aus dem vereinzelten Versuch nicht genügend 386 ersehen werden. Die Analyse ergab für die einzelnen Oxydationsproduete folgende Resultate: Niederschlag A. Oxydationsversuche, C. H. N. 0. 1.1 49,40 6,81 16,12 27,67 20,1 49,78 7,23 — — an: 50,00 7,32 — — 3:4 49,68 6,15 16,55 27,62 2:4 50,32 _ 16,07 _ Also ein noch wenig oxydirtes Eiweiss, das freilich in seinen Reak- tionen ein schon anderes Verhalten zeigt. — Stickstoffhaltige Säure C. a. Freie Säure, Oxzydationsversuche. C. H. N. 0. 2:1 ,) körnig, 38,23 6,06 10,68 45,03 gl pulver, 37,63 5,83 11,34 45,20 b. Barytsalze. Oxydationsversuche, c. H. Ba. N. 2 25,78 3,33 33,89 6,95 3:1 24,91 2,34 32,62 6,29 4:1 23,18 2,713 37,02 5,52 5:1 22,94 3,22 39,54 4,11 6:1 1) 21,46 2,44 30,94 e 2) 21,68 2,17 39,84 = Zunahme von übermangansaurem Kali hat eine Abnahme des C und N zur Folge, während der Wasserstoff fast constant bleibt. Syrupöse Massen D. Oxydationsversuche. C. H. N. 0. 41921 38,15 6,04 12,36 43,45 ZIEHT 36,67 6,99 15,01 40,83 3:1 42,51 en 15,04 = ae 40,12 6,11 14,76 39,01 Ha 40,37 —_ 12,23 oz Ba=HA 42,68 6,46 13,02 37,84 Selbst diese syrupösen Massen, die wohl als Gemische anzusprechen sind, zeigen einen noch hohen Stickstofigehalt. Es wurden also durch alle Versuche Oxydationsproducte mit einem hohen Stickstofigehalt gefun- den und können diese Producte keineswegs ausser Acht bleiben, da sie zeigen, dass nur ein Theil als Ammoniak ausgeschieden wird, während der grösste Theil sich in den oben beschriebenen Oxydationsprodueten wiederfindet, Die weiteren Versuche zur Erforschung der stickstoffhaltigen Säuren sind noch nieht abgeschlossen. Um der stiekstoffhaltigen Säure näher zu kommen, wie sie durch Schwefelsäure aus ihrem Barytsalze ge- 387 wonnen war, wurde zur Lösung (freie Säure) neutrales essigsaures Blei- oxyd gefügt, das Bleisalz abfiltrirt und zum Weiteren durch Zersetzung mittelst Schwefelsäure das Salz gereinigt, Nach Filtration des schwefel- sauren Bleioxyds wurde das Bleisalz durch neutrales essigsaures Bleioxyd gefällt und durch Schwefelwasserstoff zersetzt, und noch das Ausfällen und Zersetzen des Salzes öfter wiederholt. Es liess sich im Filtrat des Salzes durch Ammoniak noch ein basischeres Salz ausfällen. Durch ba- sisch essigsaures Bleioxyd wurde eine grössere Ausbeute eines basischen Salzes als durch neutrales essigsaures Bleioxyd erzielt. Das Filtrat von Bleisalz wurde vom Blei durch Schwefelsäure befreit und nach Filtration des schwefelsauren Bleioxyds durch öfteres Eindampfen und Wiederauf- lösen des syrupösen Rückstandes die Essigsäure verjagt. Säure durch Zersetzung des Bleisalzes mittelst Schwefelwasserstoff, Bleisalz a. 1. Die aus dem Bleisalz dargestellte Säure ist eine syrupartige Masse, in Wasser löslich, leichter noch in der Wärme. 2, Die Bleisalze sind in Wasser schwer löslich, leichter in der Wärme; schwer löslich in verdünntem Al- kohol, unlöslich in Alkohol von 88 p.C., ebenso unlöslich in Aether. Frisch gefällt sind sie flockig, werden dann harzig, schmelzen, ähnlich dem äpfelsauren Bleioxyd. Syrupöse Mutterlaugen der Bleisalze ß. ver- halten sich wie die Mutterlaugen der Barytsalze. Nach längerem Stehen schieden sie eine krystallinische, blätterige Masse aus, ob Benzo&säure, ist noch‘ festzustellen. Sie gaben ein krystallinisches Sublimat. l. Säure durch Zersetzung des Bleisalzes miltelst Schwefelwasserstofl. Oxydationsversuch. c. H. N. 0. 19231 1) 45,53 5,84. 13,31 35,32 2) 45,44 5,88 13,06 35,62 2, Bleisalze. Oxydationsversuch. C. H. N. Pb. eV 29,52 3,84 8,35 35,10 3:4 29,66 4,00 8,19 36,44 Aus den obigen Salzen würde sich für die freie Säure folgende Zu- sammensetzung ergeben: Oxydationsversuch. C. H, N. 0. 101 45,48 5,91 12,75 39,86 3:4 45,95 6,19 12,68 35,18 Auch aus den syrupösen Mutterlaugen der Barytsalze liess sich wei- terhin durch essigsaures Bleioxyd ein Bleisalz fällen. Dieses wurde durch Schwefelwasserstoff mehrfach zersetzt und von Neuem gefällt. Die Filtrate der Bleisalze wurden vom Blei durch Schwefelsäure befreit, das schwefel- saure Blei abfiltrirt, das Filtrat durch wiederholtes Eindampfen von der Essigsäure befreit. Eingedampft erstarrte es zu einem Syrup. Es wurden auf diese Weise die syrupösen Mutterlaugen der Barytsalze der ersten 6 Versuche verarbeitet. Analyse des Bleisalzes aus der Mutterlauge der Barytsalze dargestellt. Oxydationsversuch. C. H, N, Pb. usa 30,09 3,95 7,26 39,66 Diese Zahlen stimmen ziemlich mit denen der vorerwähnten Bleisalze. 388 Es wäre somit ein Mittel gefunden, die syrupösen Massen, die immerhin die Hauptmenge der Oxydationsproducte bilden, weiter zu verarbeiten. — (Journ. prakt. Chemie 1872. v. 355— 366.) Geslegie. Ed. Suess, über den Bau der italienischen Halbinsel. — Nachdem durch die Ausscheidung erst der rothen Por- phyre, dann eines sehr grossen Theiles der granitischen Massen aus der Reihe der eigentlichen Centralmassen und durch ihre chronologische Ein- reihung in die Sedimentärbildnngen die Anschauungen über den Bau der Alpen eine so wesentliche Veränderung erfahren hatten, versuchte Verf. diese Erfahruugen auf ein selbständiges Keltengebirge ausserhalb der Alpen anzuwenden, und wählte hiezu Italien. Das gewonnene Bild weicht aber so weit ab von dem erwarteten, dass ®r schon jetzt die Hauptzüge des- selben mittheilt und die ausführliche Darstellung später geben wird. Zu- nächst fällt auf, dass dem ganzen Apennin im strengeren Sinne, der Kette des Gran Sasso, der orographischen Hauptlinie Italiens, jedes Ge. stein fehlt, welches sich den älteren und centralen Gesteinen der Alpen oder auch nur z. B. den älteren Schiefergesteinen vergleichen liesse, welche da und dort in den Südalpen, wie z, B. bei Recoaro sichtbar werden. Der Apennin versäth nicht den Bau eines den Alpen vergleichbaren Ge- birges, sondern nur den einer gefalteten Nebenzune, richtiger vielleicht wegen seines Verliältnisses zum Macigno, eine Wiederholung der Klippen- livie der Karpathen im riesigsten Massstabe. Die paläozoischen Gesteine der Alpen fehlen aber keineswegs. Durch die apuanischen Alpen, die Inseln der Westseite, die Catena metallifera und bis weit südlich von Rom zum Vorgebirge der Circe und der Insel Zannone hinab sind sie in kleineren und grösseren Ketten, Riffen und Fragmenten vorhanden, wie die getrennten Reste eines zertrümmerten Gebirges. Bilden nun diese Reste wirklich die Centralkette des italienischen Ge-_ birges? Das entscheidet der Süden, wo an dem Ende Sieiliens und durch Calabrien hin krystallinische Gesteine in grosser Ausdehnung hervortreten. Im Peloritanischen Gebirge unweit Messina steht Gneiss zu Tage und gegen SW. folgt immer jüngeres Gebirge, schon vor Taormina erkannte Verf. die Auflagerung des Rothliegenden, der Trias, der Kössener, Hier- latz, Adneter Schichten u, s. w. Hier befindet sich also der Schichten- kopf einer W.-Nebenzone, Ein Streifzug durch Calabrien überzeugte von der durchaus alpinen Beschaffenheit der dortigen Gebirge und bot zu- gleich die Möglielikeit einer Gliederung in Centralmassen. Diese sind: 1) Die Masse des Aspromonte sammt der Serra Sın Bruno; gegen Ost vollständig, von der Meerenge von Messina durchbrochen, in Sicilien das Peloritanische Gebirge umfassend, gegen das Tyrrhenische Meer all- seitig abgebrochen mit vorgelagerten Fragmenten grgeu West (an der Sıyla und am vaticanischen Cap). Die Bruchlinie der calabıischen Erd- beben, 2. Die Masse der Sıla, ringsum mit vollständigem Schiefergürtel, 3. Die Masse des M, Cocuzzo, gegen West, d. h. gegen das Tyrrhenische - Meer ebenfalls abgebrochen. Als Verf. im Crati-Thale oberhalb der Stätte der alten Sybaris au- langte, da war ihm klar, dass die grosse weisse schneebedeckte Kalkkette 389 der Basilicata, den Schichtenkopf der östlichen Nebenzone darstellt. Au ihrem Fusse, bei San Donato, gräbt man Zinnober in rothem Quarzit, ganz wie im Rothliegenden der Südalpen. Zwischen Taormina und Sybaris besteht also thatsächlich ein mächtiges Stück einer alpinen Centralkette, der Apennin bildet ihre nordöstliche, Sieilien einen Theil der südwest- lichen Nebenzone und Verf. nimmt keinen Anstand, die älteren Gesteine der Catena metallifera u. s. f, nicht nur als mineralogisch übereinstimmend, sondern als die wahre tektonische Fortsetzung dieser südlichen Axe an- zusehen. Von Palermo bis Messina und von da bis Cap Spartivento und bis Capri ist das Tyrrhenische Meer von Bruchlinien umgrenzt und noch weiter hinauf über das Cap der Circe bis Elba und Spezzia hin ist das Ge- birge abgesunken und zerbrochen. Unter dem Tyrrhenischen Meere liegt die tektonische Axe der italienischen Halbinsel, welche in ihrem gegen- wärtigen Zustande nur die aus dem Meere und den jüngeren Ablagerungen heraufragenden Trümmer des grossen, alten Tyrrhenischen Gebir- ges darstellt, und so wie man bei Wien mit Recht von einer inneralpinen und einer ausseralpinen Niederung spricht und diese Ausdrücke eine mass- gebende Bedeutung für das Studium der jüngeren Tertiärablagerungen er- halten haben, ist in Italien z. B. die toscanische Niederung als eine in- nertyrrhenische, jene von Bologna als eine aussertyrrhenische anzusehen. Betrachtet man von diesem Standpunkte aus die vuleanischen Erscheinungen des heutigen Italien, so zeigt sich sofort, dass bei Weitem der grösste Theil der Eruptionsstellen den Linien der Zertrümmerung zu- fällt, so namentlich die grosse Zone, welche aus Toscana über das Albaner Gebirge bis Rocca Monfina zu den Phlegräischen Feldern und dem Vesuv herabläuft, während gedrängtere Gruppen von Vulcanen mehr in die Mitte der Senkungsfelder gestellt sind (Ponza-Inseln, Liparische Inseln). Nur einzelne Feuerberge stehen ausserhalb dieses Gebietes, insbesondere einer- seits Aetna, andererseits Vultur, beide aus Macigno aufsteigend, aber Verf. unternimmt es nicht, in dieser kurzen Note die Bedeutung dieser isolirten Ausbruchstellen darzulegen, wozu vor Allem die Schilderung der seismi- schen Erscheinungen Calabriens und ihres muthmasslicheu Zusammen- hanges mit der Ausdehnung der Senkungsfelder erforderlich ist. Diese der späteren Mittheilung vorbehaltend weist er darauf hin, dass Pantellaria mit Julia und Linosa eine eigenthümliche Parallele zwischen diesem Meerestheile und dem so von’vielen Eruptionsheerden unterbrochenen Tyrrhenischen Meere zulassen, dass aber Nachrichten über submarine A’ıs- brüche im Jonischen Meere in Verbindung mit den Erschülterungen, welche von diesem Meere ausgehen, auch dort ähnliche Erscheinungen voraus- setzen lassen, Nicht nur die Basalte des Vicentinischen Gebirges, sondern auch die eruptiven Gesteine der Euganeischen Berge haben hiebei vor- läufig ausser Betrachtung zn bleiben, nachdem eine Untersuchung der letzteren gelehrt hat, dass sie ein viel grösseres Alter haben, als man bis- her vermuthete.e. Auch die Euganäischea Trachyte reichen bis in die ältesten Abschnitte der Tertiärformation hinab, und genau wie die Vicen- tinischen Basalte lassen sie eine ziemlich genaue chronologische Gliederuug innerhalb der unteren und höchstens mittlern Theile der Tertiärzeit zu. 390 Von Wichtigkeit ist hiebei die Thatsache, dass in den Bimssteintuffen des Monte Sieve bei Battaglia, also in einer der jüngsten dieser Bildungen die Versteinerangen des Bryozoenmergels des Val di Lonte vorkommen, welche nach ihrer Lagerung und nach Reuss paläontologischen Unter- suchungen beiläufig in das Alter des Septarien-Thones fallen, Der allge- meine Eindruck, welchen die Reisen in den Alpen und in Italien im Laufe der letzten Jahre auf Verf. hervorgebracht haben, ist der einer.ge- ringen Stabilität der grossen Gebirge. Dabei ist die Wieder, holung der Erscheinungen eine sehr auffallende. Schlagend ist z. B. die Uebereinstimmung des Baues zwischen Karpathen und Apennin. Auch in den Karpathen ist fast nur eine der Nebenzonen, nämlich die nördliche, sichtbar; Trümmer der Mittelzone bilden die Tatra u. s. f.; nur Spuren der südlichen Nebenzone treten hervor; in den Senkungsfeldern erscheinen anstatt der Vulcane Latium und Neapels die ungarischen Trachyte. Immer ist es eine Wiederholung im grossen Massstabe desselben Phänomens, welches die inneralpine Niederung von Wien und ihre mit Thermen be- setzten Ränder darbieten. Auch für den Zusammenhang des Apennin mit den Alpen hat nun eine wesentlich verschiedene Anschauung zu gelten. Vor vielen Jahren hat nämlich Studer schon darauf hingewiesen, dass der W. Theil der Süd-Alpen allmählig unter der oberitalienischen Ebene verschwinde, dass ein Theil derselben unter dieser Ebene begraben liege. Die neuen Arbeiten Gastaldi’s und Anderer bestätigen dies vollkommen, und es zeigt somit die Umgebung des Golfes von Genua, wie zwei mäch- tige Gebirgszüge sich vereinigen und dabei die centralen Massen beider Gebirge bis auf geringe Rudimente unter das Meer oder unter die Ebene hinabsinken. Es könnte sogar die Meinung einige Begründung finden, dass die versunkene tyrrhen ische Axe als die wahre tektonische Fortsetzung der im Bogen gekrümmten Axe der Alpen selbst anzusehen sei. Die tithonischen Fragmente und die Kreideformation in den Euganäischen Ber- gen verrathen ohnehin, dass zwischen Vicenza und dem Apennin wenig- stens die höheren Stufen der mesozoischen Sedimente in Verbindung stehen. — (Wiener Sitzungsberichte 1372. März.) Rosenbusch, Petrographische Studien im Kaiserstuhl. — 1. Die Limburg und ihre Gesteine. Unmittelbar am Rhein vom Kaiserstuhl durch eine Ebene getrennt erheben sich die Hügel von Sass- bach, der dicht basaltische Scheibenberg, dann getrennt der porphyrisch basaltische Lützelberg mit seinem schönen Faujasit und Phillipsit. Hier der allberühmte Steinbruch unter der Limburg, sein Liegendes ist ein com- paktes basaltisches Gestein mit grossen Augitkrystallen, darüber mehr minder horizontal Tuffschichten, im Steinbruche selbst in drei Schichten eine oben und eine unten von einer harten gelblichen Substanz mit erdi- gem Bruch und mit Krystallen eines dioritartigen Augits, und einer mitt- len Schicht mit viel versteinertem Holz. Die Mächtigkeit dieses Tuffes ist höchstens 10°. Ueber ihnen folgt ein Aggregat von Blöcken in einer gelblichen bis rothen Tuffsubstanz, die nach Süden hin nur noch ver- witterte Olivinkugeln einschliesst. Die Blöcke wechseln von Nuss- bis mehre Fussgrösse, befinden sich in vorgeschrittener Zersetzung und haben 391 eoncentrisch sehalige Structur. Saussure erklärte 1799 dieses Gestein für ein Agglomerat und nennt die grossen Blöcke porphyrartige Lava, Itaer nennt es einen Eisenthon, der theils in Wacke übergeht theils durch Zer- setzung erdig wird. Eisenlohr betrachtet 1829 das Gestein als Conglo- merat gleichzeitiger Entstehung mit den compakten vulkanischen Gesteinen. Niess wieder als Agglomerat und erkennt zuerst die Tuffschichten richtig. Schwer zu entscheiden ist freilich ob jenes Bindemittel und der Tuft ein mechanisches Zerreibungsprodukt basaltischer Massen unter Wasser ist oder von einem Aschenregen herrührt. Die Blöcke sind ganz eigenthüm- lich basaltisch, verschieden von allen Gesteinen im Kaiserstuhl. Ihr unver- witterter Kern erscheint ganz anders als die Rinde, besteht aus zartman- delsteinartigem tief braunrothen bis schwarzen Gestein mit weiss ausge- füllten Mandelräumen, entwickelt beim Anhauchen einen thonigen Geruch und erscheint bei genauer Untersuchung zusammengesetzt aus einer fein körnigen Grundmasse in feinen Splittern blut- bis hyaeinthroth, von Feldspath- härte und mit Pechsteinglanz, von unebenem Bruch, v. d.L. leicht zu einem schwarzen Glase schmelzend. Mit Mühe erkennt man die eingesprengten Augite, schwarze, mit glasigem Glanz, bis 2 Cm. lang, mit unvollkommener Spaltbarkeit, v. d. L, leicht zu dunkelm magnetischen Glase schmelzend. In rother Grundmasse treten die schwarzen Augite scharf.hervor und lassen sich auch leicht herauslösen. Nirgends findet sich der Augit in Körnern stets in Krystallen, tafelföürmige mit vorwaltendem „P% und den Combi- nationen „Po P- „Po P mit Zwillingen und parallelen Verwachsungen; sehr charakteristisch sind sattelförmige gebogene Krystalle. Neben diesen grossen Augiten kommen im frischen Gestein andere mit muschli- gem Bruch vor, kleinere, in Splittern schön grün durchsichtig, starkglas- glänzend. Häufiger als hier sind dieselben in dem Hyalosideritgestein von Ihringen am S, Abhange des Kaiserstuhles. Die Analysen schwanken sehr: I. von Tobler, II. von Schill, III. von Pfeiffer, 1V. von Keerl: TE I. I. IV. SiO, 44,40 49,20 47,90 45,7 Al,O, 7,83 -— 8,28 12,3 CaO 22,60 9,50 12,85 13,1 FeO 11,81 4,30 19,16 12,8 MnO 10,15 24,97 7,01 11,2 MeO 0,11 5,91 — _ Ko 0,65 — 0,87 1. NaO 2,13 _ 0,67 : HO 1,03 — — _ PO, = 6,42 = 3,8 100,71 100,30 96,74 100,0 In 11 fällt das Fehlen der Thonerde auf, die sonst reichlich ist, eben- so die Menge des Mangans gegen die des Eisens, der enorme Gehalt an PO,, weleher ganz unerklärlich ist. Die Alkalien der andern Analysen kommen auf Rechnung der Einschlüsse von Grundmasse in den Augiten, ebenso ein Theil der Thonerde. Unerklärlich sind wieder die grossen Schwankungen im Verhältniss der isormorphen Basen Kalk, Magnesia, 392 Eisenoxydul. Berechnet man für }, II und IV das atomistische Verhältniss an Säure und Basen ohne Alkalien: so erhält man SiO, 1,4800 1,5967 1,5233 Al,O, 0,1523 0,1611 ° 0,2393 BO 1,6457 1,3116 1,2229 Neben dem Augit bemerkt man die eisenreiche Varietät des Olivin, den Walchner zuerst sicher bestimmte. Er bildet theils tafelartige Krys- talle durch Vorwalten von oP oder Säulen durch oP und Py. Am häu- figsten ist die Combination oP,. Pu Po 2 Po, sehr selten sind die Flä- chen P und „ P. Zahlreich liegen die Kryställchen auf den Verwitle- rungsoberflächen der Gesteinsstücke, gelbgrün bis goldgelb. Aber sehr schwer zu erkennen im frischen Gestein, wo er glasartigen Glanz hat, durchsichtig ist, muschlig im Bruch. Die metallischglänzende Oberfläche der zersetzten Hyalosiderite rührt von einer zarten Haut von Eisenoxyd und Eisenoxydhydrat her. Solche Krystalle schwärzen sich schnell vor dem Löthrohr, schmelzen aber sehr schwer zu einer magnetischen Schlacke. Verf. wählte möglichst reine Stücke zur Analyse I, sie hatten 3,566 spec. 9, während Walchner II 2,875 angiebt. e SiO, 36,725 31,634 MgO 31,987 32,403 FeO 29,961 29,711 Mn,0, = 0,480 A1,O; _ 2,211 KO = 2,178 Es ergiebt für den Hyalosiderit aus beiden Analysen die Formel Aaseı) S0O,. Da er überall sich findet und gleichmässig durch die 2/, FeO ) ganze Gesteinsmasse vertheilt ist, kann er nicht als zufälliger Bestandtheil gelten, wie der Olivin im Basalte. Andre als die besprochenen Bestand- theille kommen in diesem Gestein uicht vor. Die Wiıkung auf die Mag- netnadel weist auf Magnetit, den das Magnet auch im Pulver sammelt. Im Gestein kommen aber Hohlräume und Poren vor, in dem veränderten erfüllt mit Dolomit, im unzerseizten nur mit einer dünnen Haut von zeo- lithischer Substanz oder auf dieser noch mit Warzen von Carbonaten. Die Form dieser Mandelräume ist kugelig bis eiförmig, höchsiens bis 5 Mm. lang, mit glatten, matt glänzenden Wänden. Der Zeolith hat unter der Loupe stets radialfasrige Struktur, der Dolomit bildet körnige Aggregate. Nach Allem liegt hier also ein Gestein vor, das bei mandelsteinartiger Struktur aus einer amorphen Grundmasse mit Augit, Hyalosiderit und Magnetit besteht und sich keiner bekannten Species unterordnen lässt. Sehr nah steht diesem Vorkommen an der Limburg ein Hyalosiderit führendes Gestein von Ihringen und eines von Ringgit in Java und will Verf. es Limburgit nennen. Eine Analyse desselben scheint nur Schill II gemacht zu haben und unternahm Verf. deshalb eine neue I. Beide ergaben fol- gende Zahlen: 393 SiO, 42,783 22,818 1,4261 46,53 24,816 1,5510 TiO 0,281 0,110 0,0068 Spur _ ter Al,O, 8,661 4,044 0,1685 10,43 4,870 0,2029 FeO 17,962 3,992 0,4989 23,36 5,191 0,6489 Ca0O 12,290 3,511 0,4389 8,34 2,383 0,2978 Ms0 10,059 4,024 0,5030 2,24 0,896 0,1125 MnO 0954 0,215 0,0269 _ ERREEN E Ko 0624 0,109 0,0186 11,0 A51 1,164 0,1455 Na0 2,305 0,595 0,0743 H0O 3,955 3,516 0,4395 2,85 2,543 0,3167 99,874 PO, 0,10 0,056 0,0014 SO, Spur ai 98,36 In II fällt der enorme Eisengehalt neben der geringen Magnesia auf und scheint Schill ein selır verändertes Gestein analysirt zu haben. Die Sauerstoffverhältnisse berechnen sich auf nahezu RO : R,O H, : S, 0, = RO-RS 0, 3:1 - 5,5, also der Sauerstoffquotient 5.0, = 0, 719. Theilt man aber das Eisen in gleiche Mengen Oxydul und Oxyd, so wird der Sauerstoffquotient 0,3, steht also mitten zwischen dem das Augit und Hyalo- siderit. In gleichem Verhältniss stehen die Atome der Schwefelsäure zu denen der Basen und muss die strukurlose Grundmasse ein sehr basisches Glas sein etwa von der Zusammensetzung der Hyalomelane, Tachylyte, Palagonite. Die mikroskopische Untersuchung des Limburgit bestätigt die chemischen und makroskopischen. Das Bild der Dünnschliffe bietet ein rothes Masma, in dem zahlreiche Augite, Hyalosiderite, Magnetite und Mandeln liegen, das Glas erscheint vollkommen homogen. Die Augite sind gross, scharf umgrönzt, meist dunkelkaffeebraun selten gelbgrünlich, oder mit beiden Farben zugleich, zeigen wenig Interposilionen, am häu- figsten noch regellos eingewachsene Körner und Oktaeder von Magnetit von Eisenoxyd umgeben, auch Fetzen des Magmas, sehr spärliche Säulehen von Apatit, capillare Spalten durchsetzen die Augitkrystalle in allen Richtungen und auf ihnen haben sieh Karbonate abgesetzt, Poren fehlen, ebenso einge- schlossener Hyalosiderit. Dieser ist fast wasserhell durchsichtig, hat starken Glasglanz, polarisirt sehr lebhaft blau und roth, hat nicht die rauh ge- wellte Oberfläche des geschliffenen Olivin, erscheint stets in scharfen Kry- stallumrissen, von einer Haut von Eisenoxyd überzogen, das sich auf Ca- pillarspalten auch ins Innere zieht; oft sind die Krystalle verzerrt und zerrissen, das Gesteinsmagma mit Einschlüssen von Magnetit zieht sich tief in die Krystalle hinein, auch ist Magnetit aber sellener eingeschlossen als beim Augit und stets von Glasmasse umschlossen und nicht unmittel- „bar. Dies deutet auf eine Nachgiebigkeit des Hyalosiderits gegen äussere Eindrücke, wofür auch die Biegungen seiner Umrisse sprechen. Aehnliche Erscheinungen erkannte Vrf. an den Feldspäthen der Andesite von Java, deren äussere Verbiegungen bis ins Detail die concentrischen Zonen der Interpositionen wiederholen, die Krystalle hatten also bereits ihre Form und warden dann wicder plastisch, wahrscheinlich indem sie in flüssige Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1372. 26 2 394 Lava geriethen. Ein wasserhelles Mineral in den Hyalosideriten vermochte Verf. nicht zu deuten, es löste sieh in HCl nicht auf und ist kein Car- bonat. Klare Einsicht gewährte das Mikroskop in die durch die Dünn- schliffe zerstreuten Mandeln. Sie gränzen sich scharf gegen das Gestein ab, sind von einem dunkeln Saum umgeben, dem eine Zone entfärbten Gesteinsmagmas folgt, liegen stets mitten in glasigen Partien und be- rühren nie unmittelbar einen eingeschlossenen Krystall. Die wasserhellen Stellen im Magma haben mit den Mandeln nur die Form gemein und gränzen sich nicht scharf ab. Bei den Mandeln fehlen eapillare Infiltra- tionskanäle nirgends, an jenen klaren Stellen stets, diese bestehen aus einer strukturlosen glasartigen Substanz, die sich ganz wie das durch Säuren künstlich entfärbte Gesteinsglas verhalten. Die wirklichen Man- deln sind nur sehr selten ganz durch büschelige Zeolithaggregate erfüllt, ebenso selten durch Carbonate, meist bekleiden ihre Wände radiale unge- mein zarte und schön blau polarisirende Zeolithbün del und der Innenraum ist durch blättrige oder körnige Carbonate erfüllt. Bei den Mandeln blos mit Zeolithen ist oft der Kern leer, Häufig erscheinen zwischen den Zeolithbündeln regellos quadratische Durchschnitte einer apolaren Substanz, aus der die Strahlen des Zeoliths hervorzuwachsen scheinen. Diese quadratischen Partien sind auf Faujasit zu deuten und haben wir also in den Mandeln eine Folge von Faujasit, Phillipsit und Dolomit. Letzter bildet nur den Kern der Mandel, erfüllt sie selten ganz, zeigt an der Gränze gegen den Zeelith oft rhomboedrische Durchschnitte mit äusserst zarter Zwillingsstreifung, auch fehlen Prismen mit aufgesetzten Rhomboeder- flächen nicht. Nach dem Centrum der Mandel hin wird das Carbonat eoncentrischschalig uud einmal sah Verf. darin ein Augitstückchen. Zwi- schen den gekrenzten Nicols unterscheidet man sehr deutlich die zeoli- tische Ausfüllung von der dolomitischen, nicht minder bei Behandlung der Schliffe mit Säuren, die letzte lösen, erste nicht angreifen.. Die glasig erstarrte Grundmasse der Schliffe ist ein vollkommenes Glas wie es gleich nur im Augitandesit auf Java vorkommt, das aber chokoladebraun gegen dieses Limburger, welches sehr dünn orangegelb, sonst tief roth bis schwarz erscheint, Diese Färbung rührt von Eisenoxyd her und vertheilt sich meist gleichmässig. Poren und Bläschen fehlen gänzlich. Die überwie- gend augitischen Mikrelithe darin sind nicht sehr zahlreich, stets sehr kiein, grün und lebhaft polarisirend. Feldspäthige Mikrolithe fehlen dureh- aus. Sehr spärliche wasserhelle Prismen erinnern an Apatit. Die augi- tischen Mikrolithe strahlen zackig in Nadeln aus, die parallel oder rei- henförmig schräg stehen und solche Stacheln finden sich auch vereinzelt in der Masse. Interessant an diesem Glase ist, dass sphäroidische Kry- stallrudimente sich nach einer Richtung zusammen lagern und dann pris- matische Mikrolithe bilden. Die Capillargänge durchziehen die Schlifle in allen Richtungen gewunden, erweitern sich bei der Einmündung in die Mandeln deltaähnlich und durchbohren scharf die dunkle Haut des Man- delraumes oder verzweigen sich in die helle Umgränzungszone und durch- brechen dann erst die Haut, Die Mitte dieser Capillaren wird von Car- bonaten erfüllt, ihre Wände von einer dunklen Haut bekleidet, dann folgen 395 die ins Gesteinsglas übergehenden Zonen. Die Wirkungen der Säuren nach Entfernung der Carbonate treten zuerst deutlich an den Hyalosideri- ten und Zeolithen durch Gelatinirung hervor, das Eisenoxyd geht in Lö- sung und zwar von den Capillaren aus, die Augite bleiben unversehrt’ Verf. nimmt hiebei Gelegenheit seine Untersuchung der tachylytischen Sub- stanzen mitzutheilen. Auffallend ist die Aehnlichkeit beim ersten Anblick eines Schliffes des Limburger Gesteines mit einem Schliff des Perlit von Monte Glosso und des blauen Pechsteins von Marostica, aber die Mikro- structur ist doch verschieden. Zirkel fand im Monte Glosso Gestein keine Augite, Vrf. aber zahlreiche und grosse, in Farbe und Struktur den braunen Augiten im Limburger Gestein ähnlich. Die hexagonalen Durchschnitte von Apatit sind allgemein. Auch die scheinbareu Mandelräume des Limbur ger Gesteins finden sich im blauen Pechstein von Marostiea. Die Säure bewirkt auch hier Entfärbung, die schwarzen durchscheeinenden Partieen widerstehen der Säure sehr lange und scheinen einige aus prismatischen Augitmikrolithen zu bestehen. Zirkel verweist das Monte Glossogestein von den Perliten zu den Tachylyten und Verf. unterstützt diese Ansicht. Ueber den Tachylyt var. Hyalomelan von Bobenhausen gehen Zirkel und Fischer weit aus einander, erster beschreibt ihn als glasige Substanz mit Interpositionen, Fischer als kräftig polarisirende Substanz mit dunklen Porenreihen. Vrf, fand drei Schliffe vollkommen mit Zirkels Angaben übereinstimmend, einen vierten aber mit Fischers also Olivin führend. Vrf. fand jedoch in einem den Zirkelschen entsprechenden Schliffe ziemlich viel Olivin, Glasfetzen mit anhängenden Glasbläschen und Pieotite, neben den Olivinen Plagioklasleisten mit Zwillingsstreifung und mit feinen Fäden der ‚Glasmasse, ferner auch Augite ganz wie im Limburger Gestein, mit Bü- scheln von Mikrolithen. Diesem Bobenhäuser gleicht der Tachylyt von Alsfeld, nur ist derselbe ohne jegliche krystallinische Ausscheidung und lösen sich die diehtesten dunkeln Interpositionen in ein schwarzes Balken- ‚netz auf. Den typischen Tachylith von Säsebül bei Dransfeld fand Verf. wie ihn Fischer beschrieben, er führt neben Augit vereinzelt Magnetit, auch ein krystallinisches gelbrothes Mineral und mikrolithische Augite den Limburgern ähnlich, und strahlige Coneretionen von Prismen, alles in Zonen geordnet. Dieser Tachylyt löst sich leicht in Säure, seine Conere- tionen erst sehr spät. Von all diesen Gesteinen aber ist wesentlich ver- schieden der schlackige oder dichte Augit von Ostheim und der Tachylyt von der Sababurg, dessen Substanz absolut unlöslich ist und Mikrostruktur abweicht. Die Schliffe von Ostheim zeigen ein ungemein tiefbraunrothes Glas ohne krystallisirte Ausscheidungen, ohne Mikrolithe, aber spärliche Capillaren und rundliche Gebilde, helle, concentrisch schalige und radial- fasrige, ähnlich denen von der Sababurg. Von letztem ist kaum zu unter- scheiden der Sordawalit, eher noch der Wichtisit. In den Analysen all dieser Substanzen wird das Eisen als Oxydul aufgeführt und doch weist die Färbung der Gläser entschieden auf Eisenoxyd. Die chemische Zu- sammensetzung unterstützt die Trennung in lösliche Tachylyte und unlös- liche Hyalomelane. Neben denselben constituiren eine eigene Gruppe die Palagonite. Diese Substanz bildet eckige Körner in den Tuffen, für sich 26 * 396 Gestei:s bildend nur am Seljadalr auf Island bekannt. Vrf. untersuchte die verschiedenen Vorkommnisse. Der Palagonit von Seljadalr bietet unter dem Mikroskop zahlreiche unregelmässige eckige Durchschnitte, die leder- gelb bis kaffeebraun, absolut indifferent gegen polarisirtes Lieht sind. Um sie winden sich Bänder einer rothgelben bis morgenrothen Substanz eben- falls indifferent gegen polarisirtes. Oft erscheinen umschlossen von der ledergelben Substanz dunkle rundliche Stellen mit morgenrother Umgebung. Die ledergelben Partien enthalten oft zahlreiche Mikrolithe leistenförmige mit der Streifung des triklinen Feldspathes. Sehr spärlich sind Augite, häufig Glasporen. Die rothgelbe Substanz ist ursprünglich nicht verschie- den von der ledergelben, denn oft ragen die prismatischen Mikrolithe aus den ledergelben Fetzen durch die dunkle Zone in die rothgelbe Streifen- substanz hinüber und mitten in den rothgelben Bändern finden sich alle Mikrolithe der ledergelben Stellen. Ein noch weiter verändertes Umwand- lungsproduet des ursprünglich ledergelben Glases zeigen die wasserbellen strukturlosen Stellen ohne Mikrolithe und Luftporen, aber zu büscheligen Zeolithaggregaten sich gestältend. Sehr selten erscheinen auf den Pala- gonitschliffen kleine Brocken eines schwarzen Gesteins, auch vereinzelte Olivine. Carbonate fehlen; die weisse und die hellrothe Bändersubstanz löst sich in Salzsäure sehr schrell, die ledergelbe sehr langsam. Mag- netit fehlt !gäuzlich. Diesem isländischen Palagonit sehr nah steht ein Palagonittuff von Java, mikro-, makroskopisch und chemisch bei allen andern Palagoviten fand Vrf. dieselben scharfen Charaktere wieder. Nur ein Palagouittuff von James Island zeigte sich eigenthümlich, er ist gelbbraun bis rostroth, hat Harzglanz, Härte 4, und schmilzt zu einer schwarzgrünen schwach magnetischen Perle, zeigt unter der Loupe eckige Körner durch eine weisse Substanz verkittet, als Einschlüsse noch basaltische und Oli- vinkörner, in Poren auch zeolithische Ueberzüge. Auf den Schliffen ähneln die Körner der ledergelben Substanz des Seljadalr, haben dieselben in- takten und ausgefüllten Luftsporen, in den Glasfetzen viel Olivin. Die wasserhelle Substanz, welche die rothgelben Glaskörner einschliesst, ist durchweg polarisirend und gänzlich verschieden von dem rothgelben Glase, der Mangel trikliner Streifung entfernt von Plagioklas, dies und die leichle Angreifbarkeit von Säuren weist auf Zeolithe. Interessant erscheinen die Einschlüsse eines pyroxenen Gesteines in dem James Island Palagonil. Dieselben sind eckig, scharf umgränzt, bestehen aus einer grauen bis tief- schwarzen Substanz, in welcher deutlich trikline Feldspäthe und Körner und Krystalle von Olivin liegen, auch vereinzelte Individuen von Nephelin. In dem eigentlichen Palagonit d. h. dem rothgelben Glase, sowie in deu wasserhellen polarisirenden Grundteig fehlt Magnetit gänzlich, Die Schliffe brausen mit Säuren nur in und an den mit Einschlüssen pyroxener Frag- mente, das rothgelbe Glas und der wasserhelle Grundleig lösst sich schnell in verdünnter Salzsäure, die Olivine widerstehen länger und die Plagioklas- Mikrolithe bleiben unversehrt. — Als dritte Gruppe von Palagoniten be- trachtet Verf. die sicilianischen aus dem Val di Noto. Die Schliffe des- selben bestehen aus vollkommen apolaren eckig begränzten federgelben Fetzen, denen von Seljadalr analog, mit den Luftporen und davon aus- 397 gehenden Zersetzuugserscheinungen, hier aber auch mit delessitartiger Aus- füllung, mit sehr zahlreichen augitischen Mikrolithen, wenigen Plagioklas und auch ungemein häufigen Olivinkrystallen, die reich an Einschlüssen des’ ledergelben Glases mit anhängenden Luftbläschen und quadratischen Durehsehnitten von wahrscheinlich Picotit sind; die dunkele graugrüne Substanz ist das Substrat aller übrigen und geht in das ledergelbe Glas über, dürfte nur eine Umänderung des letzten sein. Die wasserhellen Stellen wie im Gestein von Seljadalr fehlen gänzlich und zeolithische Sub- stanzen als Ausfüllung der Poren finden sich nur sehr spärlich, dagegen brausen diese sieilischen Palagonituffe sehr stark mit Säuren. Bekanntlich - entstehen Palagonite da, wo pyroxene Laven über Kalkflötze hinfliessen und Bunsen erhielt Palagonit als er Basaltpulver in überschüssiges geschmol- zenes kaustisches Kali eintrug. Aber hiermit sind die grossartigen Vor- kommnisse von Island noch nicht erklärt. Auch mit den Trassen und Puzzuolanen können die Palagonite nicht erklärt werden wie Bunsen nach- wies, der auch die unmittelbare vulkanische Entstehung wegen der einge- schlossenen Infusorien in Abrede stellt und sich die Palagonite ursprüng- lich alkalireich einem vulkanischen Heerde entflossen und später unter Einfluss des Wassers zersetzt denkt. Sartorius und Zirkel halten die Pala- gonite nicht für eine ursprüngliche Substanz, sondern für das Produkt einer säcularen submarinen Umwandlung in den Tuffen, nur die weniger homogene, aber noch vorwiegende Rändersubstanz sei wirklicher Palagonit und dann enthält das Gestein von James Island gar keinen solchen. Vrf. hebt noch die Momente für die genetischen Verhältnisse aus der mikros- kopischen Untersuchung hervor. Die typischen Palagonite bestehen ganz oder grossentheils aus einem unverkennbar vulkanischen Glase und die in diesem ausgeschiedenen Mineralien sind unbedeutend und gehören Specien an, die sich auch in andern pyroxenen Gesteinen finden, hier aber vor- wiegend als basischer Olivin, virgends aber treten Mineralien auf, die wir als Produkte einer säkularen Metamorphose auf wässerigem Wege erkennen können. Dass die palagonitische Substanz das Resultat einer tief ein- greifenden Veränderung pyroxener Gesteine sei, ist nicht annehmbar, denn nirgends finden sich in Form oder Substanz die Beweise früherer Augite, Plagioklase oder Magnetite im Palagonit, auch ist es höchst unwahrschein- lich, dass auf dem Wege der säkufarenwässrigen Metamorphose ein so ty- pisches Glas entsteht, da im Gegentheil molekulare Umlagerungen in ba- saltischen Gesteinen gerade mit der Umwandlung des Glases zu krypto- krystallinischen Aggregaten verbunden sind. Nach Bunsen ist der Wasser- gehalt kein Einwand gegen die pyrogene Natur der Palagonite, Dass selbst veinpyroxene Gläser wasserhaltig sein können, beweisen die Tachy- Iyte und Hyomelane, ja Zirkel lässt mit Recht den glasigen Grundmassen basaltischer Gesteine am Wassergehalt derselben Theil nehmen. So liegt kein Grund vor, die Palagonite nicht für die unmiltelbaren Erzeugnisse vulkanischer Thätigkeit zu halten und dadurch der Analogie Rechnung zu, tragen, welche zwischen ihnen und andern vulkanischen Gesteinen herrscht. Der Palagonit ist ein vulkanisches, basisches, wasserreiches, glasiges Ge- stein, das aber nirgends in conlinuirlichen Strömen zur Eruption gelangte, 398 nur in Form von Aschenauswürfen ausgeschleudert wurde. Dass auch die diehten Palagonite von Seljadalr und Djampang Kulon auf Aschen- eruption zurückzuführen sind, geht aus der Form der sie bildenden Glas- körner und Fetzen mit veränderten Rändern hervor. Dadurch erklären sich zugleich die Einschlüsse fremdartiger Gesteinsbrocken als Bruchstücke des Zerstörungsmaterials der Kraterwände. Für die sieilischen Palagonite ist die erste Entstehung aus Ascheneruption durch die eingeschlossenen Petre- facten unzweifelhaft. Die Umwandlung zu festem Gestein dürfte sich auch hier nieht durch Zuführung eines Cämentes, sonderu in derselben Weise wie bei den isländischen vollzogen haben. Doch war das Gestein, dessen Zerstiebung die Palagonittuffe lieferte, nicht mehr so rein glasig, sondern es hatten schon reichliche Ausscheidungen von Olivin stattgefunden. Et- was anders verhält sich das Gestein von James Island. Hier ist an eine Entstehung des polarisirenden Grundteiges aus den rothgelben Glaspar- tikeln bei der scharfen Gränze zwischen beiden gewiss nicht zu denken. Die eckige Form der Glastheilchen weist auf die Zersprengung eines schon erstarrten Gesteines. Hinsichtlich des Limburgit kann sich Verf. der An- sicht von Nies, dass ihre Grundmasse palagonitisch sei, nicht anschliessen. Dieselbe hat einen Pechsteinarligen Glanz, der mit ihrer glasigen Natur und Farbe die einzige Analogie mit den Palagoniten bildet, sonst sind Härte, Struktur und chemische Zusammensetzung verschieden. Auch Fischer hält diese Grundmasse bloss für palagonitartig, Schill für zuckerkandis- farbigen Labradorit. Schon veränderte Stücke des Limburgit zeigen unter dem Mikroskop eine mattere Pigmentirung, dennoch sind die Schliffe we- niger durchsichtig, die im Gesteinsglase eingeschlossenen Mikrolithe lassen ihre augitische Natur viel deutlicher als im frischen Gestein erkennen, Höchst eigenthümliche Verhältnisse zeigt das unter den Limburger Tuifen compakt anstehende basaltische Gestein. Es zeigt unter der Loupe in einer körnigen grauschwarzen Grundmasse zahlreiche Augite mit dem für den ganzen Kaiserstuhl typischen Tafelhabitus und nur seltene rostgelbe Olivine, Secundäre Hohlräume sind mit Karbonaten ausgefüllt. Unter den Mikroskop erkennt man einen wasserhellen Teig mit nadelförmigen Mikro- lithen und trachytischen Gebilden in den launenhaftesten Formen. Die wasserhelle $Substauz polarisirt ungemein schön, die andern Theile sind ein- fach brechend. Eingeschlossen sind zweierlei Augite, zahlreiche Olivine und Magnetit. Diese Verhältnisse erinnern au Grünsteine, bei welchen der Feldspath nichtin einzelne scharf begränzte Individuen zerfällt, sondern einen Teig bildet, in dem die Hornblenden, Augite etc. eingebettet sind, nur fehlt die trikline Zwillingssteifung in den Limburger Tuffen. Die qualitative Ana- lyse weist kein Kupfer und Niekel nach. — Saussure erkannte an der Limburg noch die neuen Substanzen Chusit, Limbilit und Sideroclept, die gemeinlich als Zersetzungsprodukte des Olivin betrachtet werden, Der Limbilit bildet Körner im Porphyr und weist auf gewisse Stadien des ver- wilternden Gesteinglases des Limburgit. Der Chusit liegt wachsgelb und grünlich in den Mandelräumen und ist wohl kaum vom Sideroclept zu tren- nen und erfordern beide noch weitere Untersuchungen, bevor über ihren 399 Werth entschieden werden kaun, doch sind sie Umwandlungsprodukte des Olivin gewiss nicht. — (Neues Jahrb. f. Mineral. 35—65, 132—175). Albr. v.Groddeck, Abriss der Geognosie des Harzes. Mit besonderer Berücksichtigung des NW Theiles. Ein Leitfaden zum Studium und zur Benutzung bei Exeursionen. Clausthal 1871. 80. — Die Geologie des Harzes hat seit den letzten 20 Jahren gar manche sehr wesentliche Erweiterung erhalten und im Einzelnen gewichtige Fortschritte gemacht, so dass eine neue übersichtliche Darstellung vollkommen gerechtfertigt er- scheint. Vrf. giebt dieselbe vorliegend in der Form eines Leitfadens, der zugleich als Führer auf den Exkursionen dienen soll. Die Darstellung ist kurz, übersichtlich und klar und weist überall die wichtigste Literatur zu weitern eingehenden Studien nach. Er behandelt erst die Geographie, dann die Geognosie in der Reihenfolge der Formationen, in einem be- sondern Abschnitt die Geognosie des NW. Harzes und schliesst mit Vor- schlägen zu geognostischen Exkursionen in letztem Gebiete. Wir empfehlen das Büchlein Allen angehenden den Harz besuchenden Geognosten und auch denen die mit einigem allgemeinen Interesse für Geologie den Harz besuchen und ihr Wisseusgebiet durch directe Beobachtungen, durch Be- lehrung in der Natur selbst erweitern wollen. Orykiognosie. A. Frenzel, überdenHypochlorit. — Schon die Analyse des Schüler’schen Hypochlorit (Grüneisenerde) machte die Selbständigkeit dieses Minerales sehr zweifelhaft und Fischer erkannte an Dünnschliffen des Schneeberger Vorkommens, dass derselbe in einer grün_ lichen opaken Masse stark polarisirende Partieen von Quarz und borsten- artig gruppirte Nadeln enthält. Der Hypochlorit, von Braunsdorf enthält nicht wie der Schneeberger Wismuthoxyd sondern Antimonoxyd.: Dieser Bräunsdorfer ist kryptokrystallinisch und tritt in derben Massen auf, hat 6 Härte, eben bis flachmuschligen Bruch, 2,81 spec. Gew. Die Zeisig- grüne Farbe geht durch Anlaufen in eine unrein grüne über. Zwei Ana- lysen ergaben 86,0 - 86,40 Kieselsäure, 7,3—8,04 Eisenoxyd 5,0—5,56 An- timonoxyd und Spur von Phosphorsäure. Diese Zusammensetzung wies wiederum auf ein Gemenge nnd in der That zeigten Dünnschliffe in einer grünlichen Grundmasse zahlreiche Nadeln, Im Schneeberger Hypochlorit fand Fr. 88,45 Kieselsäure, 6,00 Eisenoxyd und 4;76 Wismuthoxyd. Beide Vorkommnisse sind also isomorph, in allen äussern Kennzeichen voll- kommen übereinstimmend und die Gemengtheile Krystallinisch. Die Um- wandlung des horusteinartigen Hypochlorit von Bräunsdorf in erdigen wurde weiter untersucht und bedtand dessen Kruste aus 78,0 Kieselsäure 7,3 Antimonoxyd, 11,4 Eisenoxyd, 1,0 Wasser. Während so zwischen dem Hornsteinhypochlorit und der Hypochloriterde keine wesentliche chemische Verschiedenheit besteht , ist dies bei dem Wismuthhypochlorit der Fall, denn reine Stücke desselben bestehen bei 4,47 sp. Gewicht aus 23,08 Kie- selsäure, 33,33. Eisenoxyd und 43,26 Wismuthoxyd. Für eine solche Zu- sammensetzung ergiebt sich die Formel Bi, O0, SiQ, + 2 F&,0, 3 Si0. Beim Zerschlagen des analysirten Stückes fanden sieh in Hohlräumen mi- kroskopische Kryställchen des monoklinen Systemes. Da sich diese Ver- bindung von dem Schüler’scheu Hypochlorit erheblich unterscheidet schlägt 400 Verf. den Namen Bismutoferrit für dieselbe vor. Uebrigens lagert bei Schneeberg zwischen Quarz und Wismuthhypochlorit Schwefelkies, bei Bräunsdorf zwischen Quarz und Antimonhypochlorit aber Markasit, — (Journ. prakt. Chemie. 1871. IV. 355). Damour, Idokras von Arendal. — In rundlichen Körnern in krystallinischem Kalk eingewachsen, gelblichbraun, 3,44 spec. Gewicht, v. d. L. leieht zu grünlichbraunem Glase schmelzend, ergab in der Analyse: 0,3632 Kieselsäure, 0,1670 Thonerde, 0,3486 Kalkerde, 0,0140 Mangan- oxydul, 0,0073 Magnesia uud 0,0258 Wasser. — (Compt. rend. 1871- LXXIII. 1090.) Damour, Analyse eines Granats aus Mexiko. — BeiRancho de San Juan inRhombendodekaedern in körnigen Kalk eingewachsen, hell- roth, 3,57 spec. Gew. v. d. L. leicht zu braunem Glase schmelzend, mit Borax in der Reduktionsflamme eine farblose Perle gebend, gepulvert lang- sam in Säure lüslich, besteht aus: 0,3946 Kieselsäure, 0,2169 Thonerde, 0,0136 Eisenoxyd, 03575 Kalkerde, 0,067 Magnesia, 0,0096 Manganoxydul, 0,0049 flüchtige Stoffe. Hiernach gehört dieser Granat zu den Kalkthon- granaten. — (Ebenda 1091.) Ad. Kenngott, über den Stirlingit und Röpperit. — Die beiden von Röpper analysirten Mineralien von Stirling in New Jersey er klärt Verf. für eigenthümlich und gehört erstes in; die Olivingruppe 2RO SiO,, das andere in die Caleitgruppe RO CO,. Die Berechnung der drei Analysen des Stirlingit führt zu 4,69 5,01 4,99 FeO 2,29 2,38 2,39 MnO 1,35 1,31 1,32 ZuO 1,90 1,45 1,36 MgO 10,23 10,15 10,06 RO 5,13 4,98 5,09 SiO, wornach in dem Silikate RO.SiO, das Eisenoxydul nahezu die Hälfte der Basen bildet, während die drei andern Basen MnO, ZnO, MgO zusammen die andere Hälfte ausmachen und annähernd auf 2 MnO1 ZnO und 1 MgO ergeben. — Die Berechnung der Analyse des Röpperit führt zu 5,04 CaO CO,, 3,78 MnO C0,, 0,07 FeO CO,, ‚68 MgO CO, wonach sich derselbe zu dem Caleit und Rhodochrosit verhält wie der Ankerit zu dem Caleit und Siderit. — (Neues Jahrb. Mineral. 188.) D. Fr. Wiser, Mineralogisches aus der Schweiz. —Albit in deutlichen bis 12 Mm. langen grünlichweissen durchscheinenden stark glänzenden einfachen Krystallen mit kleinen Siderit- und graulichweissen halbdurchsichtigen Bergkrystallen im Medelser Thale. — Chabasit in kleinen gelblichweissen durchscheinenden Rhomboedern, mit kleinen graulichweissen durchsichtigen Bergkrystallen auf granitischem Gestein im Medelser Thal. — Doppelfarbiger Granat auf Pennin bei Zer- matt, schöne honiggelbe, halbdurchsichtige und glänzende Rhom- boeder, darunter eines zur Hälfte gelblichweiss und zur Hälfte braun, das andere gırünlichweiss mit dunklem Kern. In Saasthale wurden früher ähnliche gefunden. — Aragon in kleinen spiessigen mit deutlichen 401 Endflächen versehenen graulichweissen, stark durchscheinenden Krystallen mit derbem Siderit, silberweissen Glimmer, blutrothen Rutilnadeln und honiggelben stark glänzenden Turneritkrystallen vom Berge Giom im Val Nalps in Graubünden. — Rother Flussspath vonder Jungfrau im Berner Oberland, mit Kalkspath, kleinen graulichweissen Bergkrystallen, sehr klei’ nen Apatitkrystallen auf einem starkverwitterten Granitgestein. Die Krystalle sind Oktaeder mit Dodekaeder und Würfel und auch Leueitoederflächen ; die Würfelflächen sind convex; der schneeweisse Kalkspath umhüllt als dünne Rinde einen Theil eines Flussspathoktaeders. —Skolezit aus dem Binnenthale in Oberwallis in kurzen, dünn nadelförmigen, schmutziggrau- lichweissen Krystallen z, Th. mit deutlichen Endflächen mit kleinen gelb" lieh weissen Desminkrystallen, Bergkrystallen, Chloriterde und Spuren von Eisenglanz, au mehren Stellen sind die Desminkrystalle durch die Skole- zitnadeln gespiesst und diese in jenen als Einschluss. Seither war der Skolezit nur vom Vieschergletscher bekannt. — Pyrrhotin krystallisirt mit Kupferkies und silberweissem feinschuppigen Glimmer in schneeweissen derben Quarz. Farbe tombakbraun und. bunt angelaufen. Der deutlichste Krystall ist eine düune sechsseitige Tafel und zeigt die Combination der Basis oP, die schön getäfeltist, mit „P und 1/,P, aus dem Tavetscher Thale, Dieser Magnetkies wirkt sehr stark auf die Magnetnadel. — Magnesit- spat von der Rympfischwäng am Findelengletscher bei Zermatt in kleinen graulichweissen in Chloritschiefer eingewachsenen Rhomboedern. — Defre- noysit als sehr kleiner vielflächiger Krystall, der auf den Säulenflächen eines an beiden Enden ausgebildeten Binnitkrystalles aufsitzt, mit Eisen- kies und derbem Biunit, im Dolomit des Binnenthales. Ein honiggelber ebenfalls buntangelaufener Zinkblendkrystall in demselben Dolomit, und eine Gruppe innig verwachsener Zinkblendkrystalle von ungewöhnlicher Form. — Antimonglanz in kurzen blaugrauen Nadeln mit unvollkommenen Bergkrystallen und silberweissen Glimmer in graulichweissem Quarz aus dem Tavetschthale. Endlich erwähnt Verf. noch besondere Vorkommnisse von Bergkrystall, Zinkblende und Chalcedon. — (Ebd. 188—192.) Palaeontologie. Osw. Heer, fossile Flora der Bären- insel, — Wir haben von diesen wichtigen Untersuchungen früher einen kurzen Bericht gebracht und geben nun den Inhalt der Monographie selbst, nach dem IX. Bde. der kgl. Svensca Vet. Akad. Handlingar nro 5. — Die Bäreninsel liegt unter 79030° und wurde zuerst durch Keilhau geo- gnostisch untersucht, dessen Versteinerungen bekanntlich L. v. Buch be- schrieb. Eingehender waren die Untersuchungen‘ Nordenskiölds und Malm- grens im Sommer 1868, welche 360 Pflanzenreste dort sammelten. Die- selben lagen z. Th. in der Kohle selbst, welche hauptsächlich aus Knor- rien, Calamiten und Lepidodendren besteht, theils aber auch in den Schie- ferihonen zwischen den Kohlenflötzen, in einem grauschwarzen Thonschie- fer unter den Kohlen, in welchen die Wurzeln jener Pflanzen sich verästeln, dann in einem grobkörnigen Sandsteine und in einem eisenschüssigen Thone von sehr feinem Korn. Nach Nordenskiöld folgen von unten nach oben: rothe devonische Schiefer, darüber Russen Insel-Kalk (graugelber Dolomit mit Kieselschieferbänken), Sandstein mit Kohlen und Thonschiefer, 402 darüber der Bergkalk bestehend aus Cyathopylienkalk und Dolomit, Spiri- feren-Kalk mit Gyps, Productenkalk und Kieselschieferbänke. Die Pflanzen- lager liegen unter dem Bergkalk in dem Sandsteine, die unter diesem ‘folgenden Schichten sind bei dem Mangel an Versteinerungen fraglichen Alters. Die zahlreichen Pflanzenreste rühren von relativ wenigen Arten her, unter diesen sind am häufigsten Calamites radiatus und Lepidodendron Veltheimanum, deinnächst die Knorrien, Stigmarien, Cycelostigmen und car- diopteris, alle übrigen Arten sind selten. Meerespflanzen fehlen gänzlich. Von den 18 Arten sind nur 3 der Bäreninsel eigenthümlich, die meisten sind weit verbreitete und zwar 3 gemeinsam mit dem Mittelcarbon, das Lepidodendron Veltheinanum, Halonia tubereulosa und Stigmaria. Mit dem jüngsten Devon Deutschlands stimmt nur Calamites radiatus. Dagegen fallen 15 Arten auf das Untercarbon und zwar 12 in die unterste Stufe, 10 in den Bergkalk und 9 in den Culm, wonach die Bäreninsel als Ursa- stufe den Uebergang der ältesten Kohlenbildung zum Oberdevon darstellt. Es schliesst sich diese Flora zunächst an die der gelben Sandsteine und Kohlenschiefer von SWIrland und an die der Vogesen-Grauwacke an. Die irländischen Pflanzen bei Kiltorkan liegen unmittelbar auf dem Oldred, Bailly zählt 47 Arten Thiere auf, von welchen 36 auch im Bergkalk vor- kommen, nur 15 devonisch sind und von Pflanzen Calamites radiıatus, Lepidodendron Veltheimanum, Knorria acicularis, Cyclostigma minutum, also die gemeinsten der Bäreninsel. Der gelbe Sandstein unter dem Koh- lenschiefer bei Kiltorkan führt 9 Pflanzen, darunter wieder jene Arten nebst Muscheln, Krustern und Fischen. Von den 12 Arten der Vogesen- Grauwacke kommen 9 Arten auf der Bäreninsel vor und 4 in Irland, wie- der Calamites radiatus häufig nebst Lepidodendron, Stigmarien und Knor- rien. Am Schwarzwald bei Todnau, Badenweiler und Mühlheim tritt eine Grauwacke mit denselben Pflanzen auf, im östlichen Frankreich im Nieder- Boulonnais, bei Aachen auf dem Eifler Kalk der Verneuilischiefer gleichen Alters, in Canada bei Neubraunschweig der von Dawson als Oberdevon gedeutete Schiefer und graue Sandstein, die little River Gruppe von 5150‘ Mächtigkeit, deren Flora den Charakter ‘der Bäreninsel hat. Die Parry- Inseln im höchsten Norden gehören derselben Stufe an nach den von M’Clintock gesammelten und von Heer untersuchten Pflanzen, so auf der Melville-Insel die Knorria acieularis. Vrf. stellt nun sämmtliche Pflanzen aus der Ursastufe nach ihren Fundorten zusammen: 76 Arten, wovon 3 mit dem Devon, 7 mit dem Mittelearbon, keine einzige mit dem Oberkar bon oder Rothliegenden übereinstimmt, wohl aber 13 mit dem Bergkalk, 12 mit dem. Culm und unter diesen gerade die leitenden Arten. Die Flora des Bergkalkes ist eine Strandflora. Von Göppert’s 32 Arten die- ser Flora kommen 8 auf der Bäreninsel vor. Die Kohlenbecken von Heinnichen und Ebersdorf in Sachsen, älter als die Zwickauer, haben unter ihren 16 Arten 6 mit der Bäreninsel gemein, das Unterearbon Russlands hat 5 Arten gemein. Die Culmflora des Harzes zeigt 5 Arten der Bären- insel, ebenso viele die jüngere schlesische Grauwacke und die mährische. Allerdings ist in der Culmflora die Zahl der Arten des Mittalecarbon grös- ser als die der Bäreninsel. Vrf. beschreibt nun die einzelnen Arten der 403 Bäreninsel speziell, kritisch ihre Synonymie behandelnd. Es sind folgende: Calamites radiatus Brgn, Cardiopteris frondosa Gp., C. polymorpha Gp., Palaeopteris Roemerana Gp., Sphenopteris Schimperi Gp., Lepidodendron Veltheimanum Sternb.. L. commutatum Schimp., L. carneggianum, L. Wil- keanum, Lepidophyllum Roemeri, Knorria imbrieata Sternb., Kn. acicula- vis Gp., Cyelostigma Kiltorkense Haught, Cyel. minutum Haught, Halouia tubereulosa Brng., Stigmaria ficoides Sternb., Cardiocarpum punetulatum Gp., C. ursinum, Sporangia. Vrf, erhielt auch von Spitzbergen aus einen grobkörnigen Sandstein unter dem Bergkalk Stigmaria ficoides und Lepi- dendron „Veltheimanum. Die beschriebnen Arten sind auf 14 Tff. abge- bildet und auf einer 15 Tfl. die geognostischen Profile gegeben. Derselbe, Fossile Flora von Alaska. — H. Furujhelm lebte 9 Jahre an der NWKüste NAmerikas im Alaska - Territorium und unter- suchte sehr sorgfältig die dortigen Braunkohlen, leider ging der grösste Theil seiner Sammlungen durch Strandung des Dampfers verloren und nur ein kleiner geretteter Theil wurde Heer zur Untersuchung mitgetheilt. Diese kamen von der Insel Kuju in der Nähe von Sitka und von der Cooks= Einfahrt gegenüber Aljaska, Auf Kuju folgt unter 15° Torf ein Conglo- merat, dann ein grobkörniger Sandstein, ein schiefriger Thon mit Pflan- zen, ein Braunkohlenlager, wieder ein Sandstein mit Pflanzenresten. Diese sind meist Nadelhölzer, auch ein Pteris und ein Laubblatt. Die Pflanzen der Cooks Einfahrt liegen ostwärts in einem hellgrauen harten Mergel über einem Porphyr- und Grünsteinconglomerat, bedeckt von Schieferthon, mildem Mergel mit Cyperaceen, bituminösen Schieferthon, 11° mächtigen Braunkohlen, feinkörnigen Sandstein, plastischen Thon, Thon mit Geröll. Die Braunkohle ist eine schwarze Pechkohle. Die häufigste Pflanze ist Trapa borealis. Auch Melanien, Paludinen, Unionen kommen vor, Auch nordwärts in der tiefen Katschemarkbai lagern Tertiärschichten mit Braun- kohlen,, welche Pflanzen in einem weichen Thone führen. Auf der Insel Unga sammelte F. fossile Hölzer und einen Chondrites. Das Vorkommen von Sequoia Langsdorffi, Taxodium dichtichum und Glyptostrobus europaeus setzt das miocäne Alter ausser Zweifel, Vrf. bestimmte 56 Arten, wovon 31 miocän, und giebt die Verbreitungstabellen aller. Die meisten Arten sind aus weiter Verbreitung bekannt. Die Alaskaflora fällt mit der mio- cänen Grönlands und Spitzbergens, mit der ostpreussischen, niederrheini- schen und der schweizerischen Mollasse zusammen, Mit der Flora von british Columbia theilt sie nur 4 Arten, von welcher 2 in Europa fehlen, mit der miocänen des Mackenzie 3, mit der arktischen dagegen 14, wovon nur eine dieser Zone eigenthümlich, alle übrigen auch in Enropa vorkom- men. Mit der untern Mollasse der ‚Schweiz theilt Alaska 17 Arten, mit der baltischen Flora 9, 3 mit Kamischatka, 4 mit der Kirgisensteppe. Es scheint damals Asien mit Amerika durch breites Festland verbunden ge- wesen zu sein, was durch die noch vorhandnen aleutischen Inseln und lie geringe Tiefe des Berings-Meeres ebenfalls wahrscheinlich wird, Mio- cäne Ablagerungen kommen hier überall vor, Die meisten der den leben- den entsprechenden Arten sind amerikanische Typen, so das identische Taxodium distichum, dann Sequoia Langsdorffi als Vertreter der californi- 404 schen Sequoia sempervirens, ein Vertreter des Liquidambar styracifluum, Populus latior für P. monilifera, P,. balsamoides für P. balsamifera, Fagus Antipofi für F. americana u. v. a. analoge Formen. Einige andere kommen in Amerika und in Europa vor, drei nur europäisch , mehre wieder in Asien. Ueberhaupt steht also die miocäne Flora Alaska’s der heutigen nordamerikanischen ızunächst, wie ja auch die miocäne Europa’s. Verf, glaubt, dass in der arktischen Zone der Ausgangspunkt dieser Floren lag. Das Tertiärland Alaska’s bot ein grosses Areal für die Ausbreitung über WAmerika und OAsien: Glyptostrobus u. a. sind asiatische, Taxodien und Sequoien amerikanische Typen nur hinsichtlich ihres jetzigen Vorkommens, eigentlich sind sie arktische, da sie von der arktischen Zone sich strah- lenartig nach Süden verbreitet haben. Die meisten Verwandten der mio- cänen Flora Alaskas sind heutigen amerikanischen verwandt, die aber viel südlicher auftreten. Die aleutischen Inseln und Küsten der Beringssirasse sind waldlos, dagegen die Berge von Sitka und der umliegenden Inseln prächtig bewaldet, besonders mit grossen Nadelbäumen, auch der Osten Alaska’s, die Halbinsel Tschugotick und das Innere des Landes nährt noch ansehnliche Waldbäume, Pinus Menziesi, die Weissbirke und die Pappeln sind hier noch häufig, Populus balsamea geht bis 68057‘, Pop. tremuloi- des sogar bis 69%, daher befremdet das Vorkommen von Weiden und Pap- peln, Birken uud Erlen in der miocänen Flora Alaska’s nicht, auch He- dera, Viburnum und Corylus reichen stellenweise bis in die Breite von Cookes Inlet, wogegen in Amerika gegenwärtig ihre NGränze finden die Buchen bei 550, die Weinreben und Eichen bei 50°, die Ulmen bei 54°, Celastrus und die Nussbäume bei 49°, Taxodium bei 40°, Sequoia semper- virens bei 42°, Liquidambar, Diospyros, die Kastanie und Planera berüh- ren Canada nirgends. Glyptostrobus ‘geht in NChina und Japan bis 36. So haben viele heutige Vertreter des miocänen Alaska ihre Nordgränze viel südlicher und muss damals das Klima des Nordens viel wärmer ge- wesen sein als gegenwärtig. Doch istzu beachten, dass alle subtropischen Formen fehlen und der klimatische Character des miocänen Alaska nicht verschieden ist von den miocänen Ablagerungen des Mackenzie bei 65° NBr. und dem grönländischen bei 70%. Die südlichsten Formen der Alas- kischen Flora finden sich alle auch in Grönland und auf Disco, und die europäischen Typen auf Alaska haben denselben klimatischen Charakter, das sind 4 Pappeln, 2 Weiden, 2 Myricen, 2 Birken, 1 Eiche, 2 Buchen, 1 Ulme. Da Neniltschiek und die englische Bucht um 10° südlicher liegen als Disco und Atanekerdluk auf Grönland, fällt es auf, dass die miocäne Flora dort denselben klimatischen Charakter hat. NGrönland muss bei 70° NPBr. eine miocäne mittlere Temperatur von mindestens 90 C gehabt haben und diese Temperatur reicht auch für die Flora Alaskas aus, doch kann sie auch etwas höher gewesen sein. Ueber das jetzige Klima und die Vegetation der ehemaligen Russischen Colonien in NAmerika hat Furuj- helm Beobachtungen mitgetheilt, die Verf. hier veröffentlicht. Die mio- cäne Flora Alaska’s lieferte folgende vom Verf. beschriebene Arten, wobei wir die der Lokalität eigenthiimlichen mit einem * bezeichnen: Chondrites spec. Pteris sitkensis, * Taxodium distichum ” tinajorum * Glyptrostrobus europae- Sequoia Langsdorffi [us Pinus spec.* Pinites pannoniea Taxites Obriki » mierophyllus * Phragmites alaskana * Poaeites tenuistriatus * Carex servata * Sagittaria pulchella* Liquidambar europaeus Populus latior > glandifera a3 balsamoides &n Zaddachi 405 Populus leucophylla Salix varians „ maeroplylla „» Lavaleri Myriea vindobonensis » banksiaefolia _ Alnus Kefersteini Betula prisca » grandifolia Carpinus grandis Corylus Mae Quarri Fagus Antipofi * » macrophylla „» Feroniae Castanea Ungeri Quereus pseudocastanea „» Furuhjelmi * » pandurata* „» Chamissoni* Ulmus plurinervia Planera Ungeri Andromeda Grayana * Vaceinium Friesi * Diospyra stenosepala » laneifolia Viburnum Nordenskiöl- Hedera auriculata* [di* Vitis erenata * Tilia alaskana * Acer macropterum Celestrus borealis * Jex insignis * Trapa borealis * luglans acuminata „ nigella * » Picroides * Spiraea Andersoni* Dazu kommen von Thieren noch Chrysomelites alaskanus, Unio onariotis, U. athlios, Paludina abavia und Melania Furuhjelmi, die alle neu, abge- bildet und von C. Mayer hier beschrieben sind. — (Kyt. Svenska vet. Akad. Handlingar VIII. 41 pp. 10 Tbb.) Osw. Heer, die miocäne Flora und Fauna Spitzbergens. — Die schwedischen Expeditionen von 1858, 1861 und 1864 lieferten 18 vom Verf. früher beschriebene Arten, die von J. 1868 durch Nordenskiöld und Malmgren brachte 1200 Pflanzenabdrücke vom Cap Staratchin und 500 von der Kingsbai, alle miocän, einzelne andere Localiläten jüngern Alters. Cap Staratchin lieferte auch fossile Insekten. Dieses Cap liegt anf der SSeite des Einganges in der Eisfjord unter 7805° NBr. und 1490 OL. Es besteht aus einem dem Bergkalk zugehörigen festen Sandstein, an den sich Juralager anlehnen und diesen tertiäre Bildungen folgen. Letzte beginnen mit einem Conglomerat, darin fossile Hölzer und marine Mollusken, die schwer 'bestimmbar sind, darüber ein mächtiger grauer Sandstein mit schwarzen Schiefern, dann ein brauner Siderit mit verkohl- ten Pflanzen ähnlich wie auf Grönland, ein grauer glimmerreicher Sand- stein mit vielen Pflanzen, ein schwarzer Schiefer mit Glimmerblättchen sehr bituminös und Hauptlager der Pflanzen, 96 Arten. Dieser Schiefer wurde in einer Seebucht oder einem Torfgraben abgelagert. Von den 152 mio- cänen Pflanzen Spitzbergens, welche Verf. bestimmte, sind 21 unsicherer Stellung, die übrigen vertheilen sich auf 38 Familien. Darunter sind die Kryptogamen sehr spärlich, nur 8 Arten, von Phanerogamen gehören 26 zu den Gyimnospermen, 32 zu den Mono- und 44 zu den Dicotylen. Am artenreichsten sind die Abietinen, 17 Arten, allein 12 Pinus, dazu kommen 2 sehr häufige Cupressineen und noch mehre seltnene. Unter den Mono- kotylen treten die Gräser und Riedgräser stark hervor, selır spärlich Jun- eaceen und Alismaceen, mehr wieder Potamogeton, Aroideen, Typhaceen, 406 Irideen mit je einer Art. Die Dikotylen sind meist Holzpflanzen, nur we- nige Kräuter, letzte ein Polygoneum, eine Salsola, zwei Seerosen. Unter den Bäumen sind am häufigsten Pappeln, wogegen Weiden fast ganz feh- len, auch Birken nicht sehr häufig und nur eine Erle, häufiger wieder die Cupuliferen, die Erieaceen mit der weit verbreiteten Andromeda pro- togaea, die Caprifolien mit Viburnum, ferner eine grossblättrige Linde und eine Wallnuss, Kreuzdorn, Pomaceen und ein Prunus. — Gemeinsam hat Spitzbergen mit Grönland 25 Arten, mit Island 8, Mackenzie 5, Alaska 7, mit der miocänen arktischen Flora überhaupt 30, mit der baltischen 13, mit Schossnitz 5, Bonn 2, Wetterau 8, Bilin 8, Schweiz 11, Frankreich 5, Italien 8 und Griechenland 2. Hiernach hat die miocäne Flora Spitzber- gens die meiste Uebereinstimmung mit der von N Grönland, von den beiden gemeinsamen Arten ist über die Hälfte beiden eigenthümlich. Die wich- tigsten gemeinsamen Arten sind Taxodium distichum, Sequoia brevifolia, Populus Richardsoni, Zaddachi und aretica, Corylus M’Quarri, Qu. platania und groenlandica, Platanus aceroides’, Andromeda protogaea, Viburnum Whymperi, Cornus hyperborea, Hedera M’Clurii, Rhamnus Eridani, Paliu- rus Colombi und Nordenskiölda borealis. Da diese Arten an der NWKüste Grönlands unter 70° gefunden werden, müssen sie auch in dem grossen Zwischenlande vorhanden sein. Merkwürdig fehlen jedoch mehre in Grönland häufige Arten in Spitzbergen ganz, besonders immergrüne mit lederartigen Blättern wie Magnolia, Prunus Scotti, Ilex, Daphnogene und scheinen diese nicht über den 70. hinaufgegangen zu sein. Von der miocänen Isländer Flora weicht die Spitzbergische erheblich ab, beiden sind nur 8 Arten gemeinsam, am häufigsten 2 Birken, eine Erte und eine Platane, Pinus tritt in andern Arten auf. All diese gemeinsamen Arten kommen aber auch in Europa wieder vor. Westwärts von Spitzbergen liegt um 130 Längengrade entfernt die miocäne Flora am Mackenzie mit noch 3 gemeinsamen Arten, die Flora von Alaska hat noch 7 gemeinsame. In,Europa hat die miocäne baltische Flora 13 gemeinsame, die sächsischthüringischen Braunkohlen haben keine einzige gemeinsame, aber die Wetterau wieder 7, Schossnitz in Schlesien 4 Arten, die auch bei Bilin vorkommen. Im Ganzen theilt Spitzbergen mit Europa 24 Arten, wovon 2] dem Untermiocän oder der aquitanischen Stufe entsprechen und dieses Alles müssen wir auch der Grönländischen und Spitzbergischen Flora zuschreiben. Die arktische Flora des Miocän zählt bereits 291 Arten. Diese hochnordische Flora giebt Aufschluss über den Bildungsheerd heutiger Arten. Die Rothtaune Pinus abies, Bergföhre P. montana und die Sumpfeypresse. Erste Art lebte in der arktischen Flora, nicht in der miocänen Flora Europas, wohl aber in der quartären Flora im Kanton Zürich, in welcher Zeit sie gewiss in Spitzbergen schon ausgestorben war. Aehnlich die Bergföhre, die bei Utznach und später noch in den Pfahlbauten vorkommt. Rothtanne und Bergföhre sind jetzt ächt europäische Bäume, die aus Spitzbergen eingewandert sind. Die Sumpfeypresse war zur Miocänzeit von Spitzbergen bis Italien verbreitet, Auch in Asien und WAmerika heimisch und verbreitete sich strahlenför- mig von Spitzbergen aus, gegenwärtig kömmt sie nur noch im $. der Vereinten Staaten vor. Verwandte oder analoge Arten hat Spitzbergen 22 407 in Amerika, nur 5 in Asien, aber 19 im nördlichen Asien und Europa zu- gleich. Tropische Formen fehlen gänzlich, wie auch solche der arktischen Flora. Aus Spitzbergen sind 110 lebende Phanerogamen bekannt, also viel weniger als miocäne Arten und doch sind letzte erst in der neuesten Zeit gesammelt, erstere schon seit 100 Jahren. Die heutige Flora zählt 22 Gramineen, 19 Crueiferen, 12 Cyperaceen, 12 Caryophyllaeen, 11 Saxi- frageen, 8 Ranuneulaceen, 5 Rosaceen, 5 Synantheren, 3 Juncaceen, 3 Po- Iygoneen, 2 Salieinen, 2 Ericaceen und noch einige Familien je 1 Art, Ueberhaupt 18 Familien, während die miocäne Flora 33 Familien zählt, wovon 24 heute in Spitzbergen nicht vertreten sind, Bäume und Sträucher fehlen gegenwärtig in Spitzbergen ganz, es kommen nur 2 Holzpflanzen vor, die sich zu keiner Strauchvegetation zu erheben vermögen, dagegen hatte die miocäne Flora 39 Arten Bäume und 30 Sträucher, 38 Kräuter. Danach war damals das Klima Spitzbergens entschieden wärmer als jetzt, mindestens dem des heutigen N Deutschland gleich. Dasselbe bestätigen die dort gefundenen 64 lebenden Insekten, die 49 Dipteren, 13 Hymenop- teren, 1 Neuropter und 1 Lepidopter sind, also fehlen Käfer, Orthopteren und Rhynchoten, während von den 23 miocänen 20 Käfer sind, welche sich auf 9 Familien vertheilen. Bei der grossen Wichtigkeit, welche diese miocäne Flora des höchsten Nordens für die Vergleichung mit andern Län- dern und für die Geologie überhaupt hat, theilen wir die vom Verf. hier beschriebenen Arten namentlich mit. Es sind folgende: Sphaeria annulifera Pinus impressa Carex hyperborea 5 pinicola » hyperborea „» misalla ” hyperborea Pinites latiporosus „» ultima Münsteria deplanata » Pauciporosus „ antiqua Museites Berggreni „» cavernosus Cyperites strietus Adiantum Dixoni Taxites Olriki ” argutulus Sphenopteris Blomstran- Torellia rigida ” trimerus Equisetum areticum [di ” bifida Taxodium distichum Ephedrus Sotzkanus Libocedrus Sabiniana Phragmites oeningensis Juncus antiquus Aconis brachystachys Sparganium crassum 4 gracilis Poacites avenacesus Najas striata Thuites Ehrenswaerdi e, hordeiformis Potamogeton Norden- Juniperites rigidus „ laeviuseulus [skiöldi Sequoia Nordenskiöldi en effossus Sagittaria diffieilis A brevifolia ” sulcatus er hyperborea Pinus montana » parvulus Iris latifolia » polaris $n Torelli Iridium groenlandicum „» eycloptera » laevis Populus Richardsoni „» Stenoptera ” argutus j Zaddachi „» macrosperma es trilineatus ; arction „ abies „ bilineatus Salix macrophylla » Ungeri ss lepidulus Betula prisca „» Loveni Cyperus arcticus „» macrophylla » Dicksonana » Malmgreni Carex Andersoni „» Berggreni Alnus Kefersteini Corylus MQuarri 408 Fagus deuealionis Viburnrum macrosper- Tilia Malmgreni Quercus groenlandieca Hedera M’Cluri [mum Nordenskiöldia "borealis „ plantania Cornus hyperborea Paliurus Colombi » venosa Nyssa europaea Rhamnus Eridani Platanus aceroides Nyssidium Eckmanni Iuglans albula Polygonum Ottersanum . erassum Sorbus grandifolia Salsola arctica oblongum Crataegus corneggiana Blaeaginus campanulata ” ensiforme Rubus scabriuseulus Cypselites sulcatus ” lanceolatum Prunus staratchini % incurvatus Helleborides marginatus Leguminosites vieioides Andromeda protogaea ss inaequalis Phyllites thulensis Fraxinus miecroptera Nymphaea aretica 19 Carpolithes Viburnrum Whymperi 3 thulensis Hierzu kommen nun folgende mit den Pflanzen gemeinschaftlich gefunde- nen Thiere: Carabites hyperboreus Cureulionites costulatus Fischschuppe ;; nitens 5 Taxodii Terebratula grandis Laceophilus parvulus HN nitidulus Dentalium inerassatum Silpha deplanata ie thoraeicus Pecten spec. Hydrobius Nauckhoffi Elytridium H striatum Corbula Henkeliusi Elater Ehrenwaerdi en deplanatum Corbula spee. „» Holmgreni ee rugulosum Ostraea spec. Pythonidium metallieum „, seabriusculum Perna spec. Donacia paryula Blatta hyperborea Turbo spec. +», Smithana Hymenopterites deperdi- Buceinum spec. Chrysomelites Lindha- [tus Natiea spec. [geni Myrenicum boreale Lunulites n. sp. 4 thulensis Decapode (Kgl. Svensk. vet. Akad. Handlingar 1870. VIII. 80 pp. 16 Tff.) R. Richter, untersilurischePetrefacten aus Thüringen. — Die Gesteine im Liegenden der graptolithen führenden Kiesel- und Alaunschiefer und im Hangenden der Phykodesschichten wurden wegen dieser Lagerung als untersilurisch angesprochen und haben nun endlich auch Petrefacten geliefert, welche dieses Alter bestätigen. Diese unter- silurischen Schichten gliedern sich in drei Etagen. Die unterste bildet der sehr ausgezeichnete Griffelschiefer. Derselbe besteht in Dünnschliffen aus einer Grundmasse von wasserhellen Blättchen (Feldspath oder Glim- mer) in parallele Lamellen geordnet und in diesen liegen feine elliptische Körnchen durchsichtigen Quarzes und ungemein kleine eckige schwarze Körnchen 0,004 Mm gross. Die Schiefer haben einen kleinsplittrigen Bruch, 2,5 Härte, weissen Strich, sind‘ mehr mild als spröde, von 2,166 spec. Gew. Sie liefern schöne Griffel bei Steinach. Neben Markasitknollen und Trümehen kömmt in ihnen auch Rotheisenstein als Beimengung, Kluftaus- füllang und Ueberzug der Schichtflächen vor, aber auch als mächtige La- ger und dann oft von oolithischer Structur. Nach oben stellt sich ein quarzitisches Grundgestein mit Geschieben des ältesten Kieselschiefers. Die den Rotheisensteinen aufgelagerten oder sie vertretenden Quarzite sind 409 oben und unten sehr dünnplattig, in der Mitte in starke Bänke abgeson- dert. Stellenweise bildet ihre Basis ein grobes Conglomerat mit nuss- grossen und grösseren Geschieben von (Quarz und Phykodesschiefer. Die obern Quarzitplatten mit gleichmässigem sehr feinen Korn liefern Wetz- steine. Auf den Quarzite.: liegt die mächtigste Abiheilung, die Haupt- schiefer. Sie zeigen in Dünnschliffen ein verworrenes Haufwerk glasheller Schuppen, grosse eckige Quarzkörner und zahlreiche schwarze Körnchen nebst braungelben, haben keine lamellare Textur und fühlen sich raulı an, ihre Härte 3,5, ihr Strich weissgrau, spec. Gew. 2,621, Farbe schiefer- blau, schwarzblau oder braun. Sie werden von Quarzgängen durchsetzt, von Quarztrümehen durchschwärmt, führen Markasit und eckige Quarzit- stückehen. Auch dieser Hauptschiefer wird von Quarziten bedeckt, stellen- weise so sehr von Eisenoxyd imprägnirt, dass kleine Lager von Rotheisen- stein sich ausbilden. Die oberste Abtheilung sind diekblältrige grobe fast sandige Schiefer mit viel Glimmer, splittrig im Bruch, 4,5 Härte, grauem Strich, 2,916 spec. Gew. — Die Versteinerungen sind nur auf gewisse Schichten beschränkt. In den Griffelschiefern kommen nur Trilobiten, eine Calymene und ein Asaphus vor. An der obern Gränze des uniern (Juar- zites treten dünne glimmerreiche und eisenschüssige Bänke auf, deren Schiehtflächen stellenweise dieht von schwarzblauen Brachiopodenschalen bedeckt sind. Die Hauptschiefer lieferten noch keine Petrefakten. In den sie. begleitenden Rotheisensteinen kommen Diseinen vor. Die obere Ab- theilung führt eine Beyrichia und einen Echinosphaeriles. Verf. beschreibt nun die einzelnen Arten. — Die Calymene hat Aehnlichkeit mit €. pulchra Barr, scheint aber eigenthünnlich zu sein. Asaphus marginatus n. sp. stellt sich dem Fichtelgebirgischen A. Wirthi Barr sehr nah. Beyrichia excavata n. sp. ist fast halbkreisförmig 2 Mm. lang und 1,5 hoch mit breiter hochgewölbter Leiste rings um den freien Rand, mit kaum bemerk- barer Medianwulst, in der obersten Abtheilung der groben glimmerigen Schiefer. Orthisina unbestimmbar in den Wetzsteinquarziten. Lingula läuglich mit spitzem Wirbel und breit gerundetem Vorderrande mit voriger gemeinschaftlich lagernd. Discina rediviva n. sp. oval mit fast mittel- sländigem ovalen Scheitel, deutlichen concentrischen Anwachsstreifen und Schlitz, ebenfalls im Dachquarzit. Obolus dem O. minor Barr von Hof vielleicht identisch. Echinosphaerites ähnelt auffallend dem E. balthicus Eichw., unterschieden nur dadurch, dass die Vereinigungspunkte der Ra- dialleistehen zu rundlichen Wärzchen anschwellen. — Nach diesen, wenn auch nur dürftigen \orkommnissen ist nun das untersilurische Alter der Bildung ausser Zweifel. Der gäuzliche Mangel an Cephalopoden, Pteropo- den, Gastropoden, Bryozoen und Korallen gestattet die Identifieirung mit Barrande’s d’ nicht, vielmehr scheint diese Fauna älter zu s:in und äh- nelt entschieden der von Hof. - Aber in dieser sind die primordialen Co- nocephaliles und Olenus charakteristisch, die in Thüringen noch nicht aufgefunden, daher Verf. lelzte wieder etwas höher stellt. Selbstverständ- lich kann diese Ansicht von der Stellung durch neue Erfunde wesentlich modifiecirt werden und ist nur als eine vorläufige zu betrachten, während Zeitschr. f,d. ges. Naturwiss. - Bd. XXXIX, 1872, 27 410 aber das tief untersilurische Alter nunmehr höher festgestellt ist. — (Geolog. Zeitschr. 1872. S. 72—86, Tf. 4.) A. Dittmar, palaeontologische Notizen, neues Brachiopo- - dengeschlecht aus dem Bergkalk. (Petersb. 1871. 80 1455. 1 Til.) — Vrf. eharacterisirt mit dem leider schon verbrauchten und deshalb wohl balı von einem Onomatopoeten zu beseitigenden Namen Aulacorhynchus die neue Gattung also: Schale regelmässig, dünn, concavconvex oder plan- convex, breiter als lang, geöhrt und mit eoncentrischen Seulpturen ver- sehen, die nahezu unter vechtem Winkel gegen den Schlossrand stossen. Schnabel mehr minder stark gekrümmt, Schnabelspitze im Schlossrand liegend. Keine oder sehr niedrige undeutliche Schlossflächen; kein äusse- res Deltidinm. Keine Dornen auf der Schale, Schloss zahnlos, Muskel- eindrücke klein und undentlich. Rückenklappe mit kurzem Schlossfortsatz. Bauchklappe innen mit einer langen, zweitheiligen, nach innen gewölbten spitz dreieckigen Lamelle versehen, die am Schnabel beginnt nnd nur an ihren Seitenrändern mit der Schale verwachsen ist. Zwischen dieser La- melle und der äussern hier sehr dünnen Schaienschicht ist ein länglicher Hohlraum eingeschlossen, der an der Basis des Dreiecks mit deın Innern der Muschel in Verbindung steht. Kein spirales Armgerüst. Dieim Berg- kalk vorkommenden Arten der Gattung sind Au. Pachti n. sp. aus dem nntern Bergkalk von Steehova, Au. coneentricus (Chonetes ceoncentrieus Sem.) von Hausdorf in Schlesien, Au. ussensis vn. sp. (Leplaena concen- trica Paeht.) im Fusulinenkalk von Ussinski Kurgan. Ed. v. Eichwald, geognostiseh -palaeontologische Be- merkungen über die Halbinsel Mangischlak und die aleu- tischen Inseln. (St. Petersburg 1871. 8° 200 K. 20 Tfl.) — Der;Se- nior der lebenden Palaeontologen bringt in der ersten Abhandlung eine geologische Beschreibung der noch wenig bekannten Ostküste des kaspi- schen Meeres von Mangischlak nach den Beobachtungen und Sammlungen Doroschins im 9.1869. Die hier speciell beschriebenen Petrefakten weisen Juraschichten, Neocom, Gault und Senon nach. Auch die Mittheilungen über die Aleuten stützen sich auf desselben Beobachters Reisen und Sammlungen aus den Jahren 1847 —-1852, deren Veröffentlichung sich durch ungünstige äussere Verhältnisse verzögert hatte. Pander hatte die dortigen Versteinerungen als jurassische und tertiäre bestimmt, aber Vrf. weist sie als neocomische und turonische nach „ allerdings nur auf die Panderschen Abbildungen gestützt, da die Exemplare selbst abhanden ge- kommen sind. Vrf. bietet diese Schrift als Nachfeier seines 50jährigen Doctorjubiläums nnd verdient diese Thätiskeit im vorgerückten Alter vollste Anerkennung. Botanik. Th. M. Fries, die Gefässpflanzen Spitzber- gens und der Bäreninsel. — Dieses einfache Namensverzeichniss weist für Spitzbergen 119% Speeies auf, von denen die meisten (22) auf die Gramineen, 15 auf die Cruciferen, 12 auf, die Cyperaceen mit 10 Garex- Arten, 10 Saxifraga- Arten und Chrysosplenium tetrandrum auf die Saxi- frageen, 0 auf die Alsinaceen und 8 Ranunenlus-Arten anf die Ranuncu- laceen kommen. Die Synantheren und Rosaceen sind mit 5 Arten vertre- 411 ten, die Silenaceen, Ericineen, Polygoueen, Salicineen, Juncaceen, Polypo- diaceen und Equisetaceen mit je 2 oder 3 und die folgenden Arten nur die einzigen Vertreter ihrer Familien: Campanula uniflora, Mertensia ma- ritima, Polemonium pulchellum, Pedieularis hirsuta, Papaver nudicaule, Empetrum nigrum, Betula nana, £ relieta, Lycopodium Selago.. — Die Bäreuinsel weist im Ganzen nur 38 Arten auf, die wir hier namhaft machen wollen mit dem Bemerken, dass die Arten einen * führen, welche nicht gleichzeitig im vorigen Verzeichnisse enthalten sind: Taraxacum officinale, 8 alpinum, Ranuneulus sulfnureus, pygmaens, hyperboreus, Pa- paver nudieaule, Cardamine pratensis, Arabis alpina, Draba alpina, corym- bosa, Martinsiana, leptopelala, Cochlearia fenestrata, & major, ß minor, Silene acaulis, Cerastium alpinum, ß caespitosum, Sagina nivalis, Saxifraga nivalis, 9 tenuis, oppositifolia, Hirculus, cernua, rivularis, caespitosa, Shrysosplenium, tetrandrum. Rhadiola rosea *, Rhododendron lapponicum *, Polygonum viviparum, Oxyria didyma, Salix polaris, herbacea*, Juncus biglumis, Luzula arcuata, 8 confusa, Festuca rubra 8 arenaria, Poa ceni- sea Atti., strieta Lindeb., Glyceria vilfoidea, Catabrosa algida, Aira alpina, Calamogrostis neglecta, Equisetum arvense, ß alpestre, seirpoides — (Bre- mer Abhandlgen II. p. 87—92. €. Nöldeke, Flora der ostfriesischen luseln mit Ein- schluss von Wangerog. — Verf. giebt zunächst eine Uebersicht der bisherigen Forschungen auf diesem Gebiete, welche vom Jahre 1786 be- ginnen, und der übrigen von ihm benutzten Hilfsmittel, geht sodann zu einer allgemeinen Schilderung der Flora über. Dieselbe überrascht durch ihre Manichfaltigkeit und ihren unerwarteten Reichthum und lässt sich nach den Standorten in verschiedene Gruppen theilen. Zwei Pflanzen gehen über die Grenze der wendenden Fluth hinaus und wurzeln auf dem Meeresgrunde: Zostera marina und nana, welche besonders das flache Wasser der Watts lieben. Diesseits der Grenze der wendenden Fluth be- ginnt die eigentliche Vegetation des Strandes, sehr kümmerlich auf dem blossen Sande, erst am Fusse der Dünen wird die Vegetation reicher, Salicornia, Aster Tripolinus, Plantage maritima u, a. Salzpflanzen treten zunächst horstweise auf, verdichten sich ganz allmälig mit der Strander- höhung zu der sogenannten „Aussenweide“. Dies findet überall da statt, wo der Schliek den Saud bedeckt. Einen völlig andern Charakter erhält die Wiese, welche künstlich durch Deiche geschützt oder sonst wie dem Einflusse des Meerwassers entzogen ist. Diese „Binnenwiesen“ unterschei- den sich wenig von den Wiesen des Binnenlandes in ihrer Vegetation. Das Hauptierrain der Inseln wird von den Dünen gebildet, welche dieselben nieht nur umgeben, nur nach der Westseite hin Lücken lassend, sondern auch in mehr weniger parallelen Reihen hinter einander gelagert, die In- seln der Länge nach, seltener quer durchziehen. Sie bestehen aus leicht beweglichem Meeressande, welcher über den ältern Wiesen- und Marsch- grunde zu 30—50 Fuss hohen Hügeln aufgethürmt is. Die Vegetation dieser Hügel ist von derjenigen der zwischen liegenden Thäler sehr ver- schieden. Manche der Dünen, z. B. die weissen von Norderney sind voli- kommen vegetalionslos, andere führen, wenn auch nicht geschlossenen Di 412 Pflanzeuwuchs, besonders einige charakteristische Gräser und Halbgräser. Viel manichfaltiger ist die Flora der Dünenthäler und zwar die eines jeden Thales fast immer eine andere. In den hie und da vorkommenden Was- serbehältern (Gräben, Kolke) gedeihen die wenigen Pflanzen des süssen Wassers. Weitere Erwähnung verdient die durch die Kultur zugeführte Acker- und Ruderalflora. Für alle diese Standorte werden die wesent- lichsten Pflanzen aufgezählt, was auszugsweise hier nicht wohl anging. Sodann vergleicht Verf. die Inselflora mit der des benachbarten Festlan- des, mit der der holländischen Inseln, der nordfriesischen Inseln, der Ost- seeküste und der einzelnen Inseln unter einander. Nach diesen allgemei- nen Betrachtungen werden nun die bis jetzt beobachteten phanerogamischen und kryptogamischen Gefässpflanzen der ostfriesischen Inseln systematisch nicht nur aufgezählt, sondern mit den Standorten und sonstigen Bemerkun- gen ausführlicher besprochen. In einem Anhange schliesst diese gründliche Arbeit, auf welche selbst verwiesen werden muss, mit dem Verzeichnisse der auf den Inseln angepflanzten Bäume und Sträucher, sowie der auge- bauten Feld- und Gartenfrüchte. — (Ebd. p. 93—198.) Müller, Dr. N. J. C., Botanische Untersuchungen über die Sauerstoffausscheidungen der grünen Pflanzen im Lichte. — Verf., von der Ueberzeugung ausgehend, dass farbige Lösun- gen, wie sie Timirjaseff und Pfeffer angewandt haben, nicht ausreichen, um die Beziehungen zwischen Absorption, Fluorescenz und ehemischer Thätigkeit an grünen Pflanzen zu studiren,, construirte sich einen geeig- neten Spektralapparat; die Prismen desselben besitzen eine 9 cm. haltende Oeffnaung: Es wird nun durch den Heliostat ein Luftbündel in das Dunkel- zimmer geworfen und durch 2 Prismen zerstreut; als gasometrische Me- thode wurde die Boussingault’sche angewendet. — Nach den Ergebnissen des. genannten Forschers hat man sich ein fortwährendes Bombardement von Kohlensäuretheilchen und Sauerstofliheilchen aus dem Raume nach dem Blattelement und umgekehrt aus diesen nach dem Raume vorzustellen. Der Zersetzungsprozess ist sehr zusammengesetzt und hängt ab von der partialen Pressung der Gase im Behälter. Bei Beurtheilung des ehemi- schen Prozesses im Pflanzenblatte hat man zu bedenken, dass aus der Nichtveränderung des Kohlensäureluftgemisches nieht geschlossen werden darf auf die Wirkungslosigkeit des Lichts; denn es giebt einen Beleuch- tungszustand, bei welchem von dem Blattelemente gerade so viel Sauer- stoffthei'chen aufgenommen, wie ausgestossen werden. Ein Blattstreif, der sich so verhält, wird immer isolirt werden können, ohne das Gemisch zu verändern. Bei dem näher beschriebenen Experimentiren an einem vorzüglich klaren Septembertage mit 10 Röhren, bei 22°C Temperatur und einer Zeitdauer von einer halben Stunde, ergaben sich folgende Re- sultate, wobei noch zu bemerken, dass das ursprünglich jedem Streifen zugewiesene Volum durch Kali nicht absorbirbaren Gases sich wie 68,82 verhält zu den in der ersten Colonne enthaltenen Volumresten nach der Insolation und nach der Absorption durch Kalilauge. 413 Nicht absorbirtes Volum | Intensität des Lichts, Verhältniss der Zu- nach der Insolation auf| die der Sonne = 100 | waclıse an nicht absor- 0° und 760mm Druck gesetzt: birbarem Gas. reduzirt. 103,0 131,4 34,18 102,8 111,1 37,98 102,1 95,06 33,28 98,22 82,08 29,4 94,32 72,21 25,9 91,64 63,33 22,82 87,92 56,23 18,70 80,26 50,28 11,44 70,31 45,19 1,49 Die letzte Colonne ergiebt, dass der Streifen, welcher am weitesten vom Brennpunkte enlfernt ist, sich dem Zustande nähert, in welchem gleich viel Kohlensäuretheilchen aus- und einfliegen. Construirt man aus den Werthen der zweiten und dritien Colonne die Curven, so hat man zu be- rücksichtigen, dass die Ordinaten gleiche Abstände haben. Mit dem Wach- sen dieser Abstände sinkt die Curve der Intensitäten gegen die Abseissen- axe convex, die der Zuwachse dagegen sinkt concav; die Assimilation wächst somit nicht mit dem Quadrate der Intensität. Bei einem zweiten derartigen Versuche mit noch divergenterem Luftbündel (zwei Sammellin- sen) bei 15°C, °', Stunden Insolationsdauer und Anfangsvolum von nicht absorbirbarem Gas in jedem Rohr 51,81. 62,99 127,96 25 68,34 83,88 2 67,22 75, 0 47 61,03 50,00 16 60,37 39,50 22 56,90 27,74 4 Es wurden die Versuche mit zerlegtem Sonnenlichte angestellt, die sehr kleine Wirkungen, wenn auch nicht verschwindend kleine ergaben und näher erörtert werden. Hinsichtlich der Anzahl der Absorptions- und Fluorescenzstreifen in der Chlorophyllösung werden die Resultate, welche Timirjaseff und Hagenbach fanden, bestätigt gefunden, abweichend also von denen, welche Askenasy bekannt gemacht hat. Sonach kommen dem Chlorophyll in Lösung ausser der Absorption im äussersten Theile des Speetrums 4 deutlich getrennte Streifen zu, welche die folgende Lage ha- ben; I. zwischen B. u. €. nachı Hagenbaclı ; der Streif erstreckt sich nach rechts über B nach Timirjaseff. II. Zwischen C und D, näher bei D, zwischen 22 und 26 nach Timirjaseff, noch näher bei D nach Hagenbach. III. Rechts von D (Hagenb.) auf D (Timirj.) IV, Links von E nach dem rothen Ende hin. Weiter wurden folgende Sätze für die Vorgäage im lebendeu Blatt aufgefunden: 1) alle Strahlen- gattungen im Spectrum sind, vom äussersten Violet bis in das äussere 414 Roth bei B Fluorescenzerreger, 2) das erregte Licht ist von sehr niederer Brechbarkeit wie die Spectralstreifen auf der beigegebenen Taf. I. dar- stellen, 3) das Maximum der Erregung fällt mit dem Maximum der Ab- sorption zusammen. Weil am roihen Ende d-s Spectrums das Sinken und Steigen der Intensität des durchgehenden Lichtes am aufälligsten ist, wurde dieser Gegend die grösste Aufmerksamkeit geschenkt und die Bat- terie von Absorptionsröhren hauptsächlich anf die Gegend im Spectrum, vom rothen Ende bis F, gerichtet. In den folgenden VI am Oleander gemachten Versuchen ist die Einstellung der Absorplionsröhren nach Sca- lentheilen der Bunse’schen Scala angegeben, also die Angaben nur an- nähernd richtig, liessen aber eine grössere Anzahl von graphischen Dar- stellungen zu: Lage der 4 Absorptionsröliren | Volum der nieht | Verhältnisszum ur- | absorb. Gase. sprünglichen Was- de | volum. ” (1. zwischen D und E nellgrün 71,34 — 79 < )2. zwischen E und F grün 91,89 — 17,00 B 3. nach F, bei 100in Scala 58,66 — 20,23 514.vor G 115 b. 120 derScala | 58,98 — 20,00 Hierbei war das Volum des nicht absorbirbaren Gemisches 78,84 die In- solationsdauer von 9 Uhr 30 Min, früh bis 1 Uhr Nachmittags, die Tem- peratur 23,5. = [ 1. bei A im äussersten Roth | 44,54 —1.,87 <) 2. zwischen Bu. C in Roth 61,84 +7,43 & ) 3. bis D in Orange 48,39 R —6,02 = 4, zwisch.Du.Ein gelbgrün 41,55 = 12186 Isolirdauer 3!/, Stunde, Temperatur 23,50, ursprüngliches Volum der nicht absorbirten Gase 54,41. a [ !. bei A äusserstes Roth | 08,45 15,05 ”\ 2. zwischen C u. D | 65,06 | 21,66 <\ 3, war nur bei E | 43,89 0,49 © [ 4. war nur bei F 41,27 2,13 | Isolationsdauer 3 Stod. 35 Min., Temperatur 23°C, ursprüngliches Volum des nicht absorbirbaren Gases in jedem Rohre 43,40. Die über die Werthe in der letzten Colonne dieser 3 Versuche con- struirten Cnrven steigen in ihrem positiven Theile bis D nach € hin, sin- ken aber rasch nach A hin. Bei dem 4. Versuche werden 8 Absorptionsröhren über das Speetrum vom äussersten Roth bis G im Blau vertheilt, von 11—3 Uhr insolirt, bei einer Temperatur von 21—23° C, und einem ursprünglichen Volum der nieht absorbirten Gase von 47,4 1. Roth zwischen A und B 109,2 11,8 2. Roth bei € | 111,5 | 14,1 3. Orange vor D 113,6 | 16,2 4. Gelb zwischen D und E 13,68 —3,8 5, Grün zwischen E und F 87,30 | — 10,04 6. Blau bei F 78,16 19,24 7. Blau bei 110 der Scala 71,39 26,1 8. Blau vor G 69,71 27,7 Das Maximum der über den Werthen der letzten Colonnen construir- ten Curven kann somit unmöglich dahin fallen, wo es Pfeffer angiebt. Im 5. Versuche wurde eine Batterie von 9 Röhren in der angegebnen Weise eingestellt bei 220 B Temperatur, 3 Stunden Insolationsdauer, und einem ursprünglichen Volum der nieht absorbirten Gase von 60,88. 1. Roth bei A 76,89 16,01 2. Roth bei B u. C 85,61 24.78 3. Roth zwischen C u, D 73,98 13,10 4. Orange bei D 74,27 17,39 5. Gelb zwischen D u. E 68,97 7,69 6. Grüngelb zwischen D u. E. 61,32 0,44 7. Grün hinter E | 60,37 0,51 8. Blaugrün zwischen Eu. F. | - 59,60 —1,28 9. Blau bei F. | 56,19 — 3,69 Die Curve giebt ein Maximum bei B u. C. Da naclı dem Versuche 4 ein Maxim. bei D lag, so würden noch 2 Versuche mit 9 Röhren angestellt, die auf den zwischen D und OÖ bele- genen Theil des Spectrums vertheilt wurden und die Gegend 0—60 und 0—54 hauptsächlich ins Auge gefasst. Bei Versuch 6 war das ursprühg- liche Volum in jedem Rohr von durch Kali nicht absorbirbarem Gasge- misch 53,75, die Insolationsdauer 4 Stunden, die Temperatur 21—22°C. 1. Roth bei A 62,99 9,24 DE 71,25 17,5 3 , zwischen B u. C 73,24 20,49 4. ,„, hinter C 67,70 13,95 Dune beisäl) 61,75 8,00 6. Rothorange bei 45 61,32 7,15 7. Orange bei D 62,10 8,35 8. Gelb bei 55 61,93 8,18 9. nn 60 62,41 8,66 Beim 7. Versuche war die Insolationsdauer 4 St,, die Temperatur 21—220(, das ursprüsgliche Volum der nicht absorbirbaren Gase 82,49. 1. Roth am Ende 73,69 — 71,74 2. „ weiter nach © 76,69 —7,14 Be ke 76,72 sl ERBeRı 7 h UT ,, 71,14 —11,29 DBarberfe 98,97 18,54 6. „ orange | 71,99 — 10,44 7 % 72,01 —10,32 8. Orange bei. D 88,12 | + 0,69 9. Gelb 71,22 | — 25 Hier ergiebt sich ein Maximum zwischen B u. U und ein zweites bei D, die Annahme bestätigend, dass denjenigen Strahlen das Max, der Wirkung zuzuschreiben ist, welche am vollständigsten im Chlorophyll absorbirt 416 werden. Es gelang, 1 oder 2 Blattstreifen möglichst genau auf die Ab- sorptionsstreifen im Spectrum fallen zu lassen und zwar bei BC und D. Wie die möglich wurden, ist näher beschrieben. Bei einer Insolations- dauer von 2 St. ergab sich: Zwischen A u. B ; a) ä 45 63 B u.C (erster Absorp- tionsstreifen) 103,0 th) 3) Cu.D 98 | 35 Auf D (zweiter Absorptions- streifen) 100,5 60 Zwischen D und E 98 40 Auf einer Curve Fig. VI in der beigegebenen Tafel werden nun die Wirkungen der verschiedenen Strahlen dargestellt. Tg. J. A. Knapp, die bisher bekannten Pflanzen Galiziens und der Bukowina (Wien 1872. 520 SS. Wilh, Braumüller). — Nach einem geschichtlichen Ueberblicke dieses Florengebietes und einer Auf- zählung der bezüglichen Literatur, in welcher die jüngste Flora von Lem- berg von A. Weiss als die schlechteste Arbeit über dieselbe, weil mit er- dichteten Standorten, bezeichnet wird, giebt Verf. die Aufzählung der ein- zelnen Arten nach dem Ungerschen System, bei jeder die Literatur, Sy- nonymie und Standorte möglichst vollständig anführend. Die in Kochs Flora fehlenden Arten sind zugleich diagnosirt, die Arten zweifelhaften Vorkommens wie auch die blossen Varietäten und Bastarde sind durch den Druck von den andern Arten unterschieden worden. Von den Kryp- togamen finden nur die Equiseten und Farrn Berücksichtigung, Ein langes Inhaltsverzeichniss der systematischen Namen, sowie e’u zweites sämmt- licher Localitäten mit Bezeichnung ihrer Lage und einige Berichtigungen bilden den Schluss. Vrf. hat nur zwei Exeursionen in das weite Gebiet unternommen und stützt sich seine Arbeit wesentlich auf die vorhandne, z. Th. sehr unsichere Literatur und die Benutzung des kaiserlichen Her- bars in Wien. Die Literatur ist allerdings mit grossem Fleisse benutzt worden und bildet somit diese Zusammenstellung eine Grundlage, auf welche sich die weiteren floristischen Arbeiten über Galizien und die Bukowina stützen können und sollten nunmehr die im Lande wohnenden Botaniker durch fleissige und sorgfältige Beobachtungen baldigst die vor- handnen Irrthümer berichtigen und die Licken auszufüllen bemüht sein, damit die Kenntniss ihres Landes der der übrigen Länder des Kaiserstaates ‚leiech gebracht wird. Dse. Schneider, über die Flora ler Wüste Ramlen — Wenn auch neuerdings durch die von Selweinfurth und Ascherson ge- meinschaftlich veröffentlichten Beiträge zur Flora Aethiopiens die ägyp- tische Flora ziemlich vollständig bekannt geworden zu sein scheint, ist doch die Behandlung einer Lucalflora dieses Landes von Interesse. Verf, sammelte selbst in der Rawleher Wüste und wurden seine Bestimmungen von jenen beiden Autoren revidirt. Da er früher schon die Käfer- und Conehylienfauna derselben veröffentlicht hat, so verweist er hier hinsicht- lieh der plıysikalischen Verhältnisse auf jene Arbeiten und giebt nur be- 417 sondere allgemeine Betrachtungen. Die Vegetationsverhältnisse nöthigen sechs verschiedene Gebiete in der Ramleher Wüste streng zu sondern, nämlich den Küstenabhbang längs des Meeres, die höhern Partien des Pla- leaus oder die eigentliche Wüste, auf welcher der salzige Thau des Meeres zahlreiche harte Pflanzenbüsche hervorruft, die welligen, während der Re- genzeit wasserreichen Einsenkungen, in welchen Schafheerden weiden, dann die Flächen zwischen den mit hohen Steinmauern umgebenen Gärten, auf welchen die Kultur die Flora beeinflusst, die Gärten selbst, welche durch Mauern gegen die von Westen her drohende Versandung geschützt sind, endlich die südlich angrenzenden und eingreifenden Kulturflächen. Auf 6 Seiten werden die gesammelten Arten namentlich aufgezählt, näm- lich 1 Pilz, 1 Farrn, 6 Gramineen , 1 Cyperacee, 1 Melanthacee, 4 Lilia- ceen, 2 Aroideen, 2 Chenopodien, 3 Polygoneen, 1 Daphnoidee, 1 Planta- ginee, 1 Plumbaginee, 18 Compositen, 2 Rubiaceen, I Labiate, 4 Asperifo- lien, 1 Convolvulacee, 1 Solanee, 1 Scrophularinee, 2 Orobanchen, 1 Pri- mulacee, 5 Umbelliferen, 2 Ranunculaceen, ! Papaveracee, 7 Cruciferen, 1 Reseda, 2 Frankenia, 2 Mesembryanthemum, 4 Caryophyllaceen, 1 Malva, 5 Euphorbiaceen, 3 Rutaceen, 1 Geranie, 13 Papilionaceen, -Am Schluss werden die Arten nach jenen 6 Gebieten zusammengestellt. — (Sitzungs- berichte Dresdener Isis 1871. S. 152—161.) Aug. v. Krempelhuber, Geschichte und Literatur der Lichenologie von den ältesten Zeiten bis zumSchlusse des Jahres 1870. 3 Bde. München 1867 — 72. 80%. — Der erste mit dem Bildniss Massalongos gezierte Band giebt S. 1—433 die in 6 Perioden be- handelte Gechichte ‚der Lichenologie bis zum J. 1865 und ein Verzeich- niss der Autoren und Flechtensammler S. 434—449, dann die Literatur systematisch und chronologisch geordnet S. 465—606, im Nachtrage ein Verzeichniss der bis 1865 verstorbenen Lichenologen mit biographischen Notizen sowie der Flechtenherbare 8. 607—616. Der II. Bd. ist dem Flechtensysteme und der Flechtenspecies gewidmet, behandelt im 1, Ab- schnitt die Stellung der Lichenen in den bekannten, bisher proponirten künstlichen und natürlichen allgemeinen Pflanzensysteme und zwar Tour- nefort’s, Linne’s, Gleditsch’s, Sprengel’s, Jussieus, Adanson’s, Voigt’s, Oeder’s, Batsch’s, A. L. Jussieu’s, Decandolle’s, Agardh’s, Fries’, Bartlings, Schultz’, Lindley’s, Wilbrandt, Martius, Endlichers, Reichenbach’s, Par- leb’s, Oken’s, Eisengrein’s und Willkomm’s S. 1—11, im II. Abschnitt die Flechtensysteme und Genera S. 15—473, im 3. endlich die Flechten- species und zwar die vor- und die nachlinneischen besonders chronologisch geordnet S. 491—772. Der dritte Band bringt die Fortschritte und Lite- ratur der Jiehenologie von 1866-1870 nebst Nachträgen zu den frühern Perioden. Das Werk ist in allen Abschnitten mit- grösster Sorgfalt und anerkennenswerthestem Fleisse bearbeitet, bietet eine Vollständigkeit, in der kaum eine Lücke nachzuweisen sein wird und wird das Studium die- ser Kryptogamen zweifelsohne nicht bloss erleichtern, sondern auch wesentlich fördern. Seine Vollständigkeit sichert ihm einen Platz in jeder botanischen Bibliothek, dem Verf, aber den wärnsten Dank aller Liche- nologen. 418 J. M. Normann, Novitiae Lichenaeae arcticae. — Vrf. be- schreibt folgende neue arktische Arten: Biatora pullata an Birken, B. rab- dogena au Fichtenstämmen, Limboria figulina auf Tromsoe auf Felsen, L. eueularis in Finnmarken, Staurothele pseudomyces, Coceiscia Hammeri auf Tromsoe auf Kalkfelsen. — (Oefvers. vet. akad, Förhäg. XXVII. 803—806.) 3. Sachs, überLängenwachsthumder Wurzeln. — Dasselbe unterscheidet sich von dem der gestreckten Internodien bekanntlich dadurch, dass es viel näher hinter der Spilze aufhört, so dass die in Verlängerung begriffene Strecke gewöhnlich nur einige Millimeter lang ist. Innerhalb dieser Region ist der Verlauf des Längenwachsthums der Wurzel dem der Internodien insofern ähnlich, als auch hier jede Querscheibe des Organes mit sehr geringer Wachsthumsgeschwindigkeit beginnt, dieselbe bis zu einem Maximum steigert, dann wieder verlangsamt bis endlich ganz auf- hört. Bezeichnet man diesen Vorgang als die Zuwachscurve einer (Quer- scheibe, so lässt sich der Verlauf des Längenwachsthums der Wurzel so bezeichnen: jede Querscheibe der Wurzel befindet sich in einer um so spätern Phase ihrer Wachsihumscurve, je weiter sie vom Vegetalionspunkt entfernt ist. Während nämlich die dem Vegetationspunkt nächste Quer- scheibe so eben erst zu wachsen beginnt, ist eine weiter aufwärts liegende schon im Maximum ihrer Wachsthumsgeschwindigkeit angelangt und eine noch weiter rückwärtsliegende hört so eben auf sich zu verlängern. Die gleichzeitigen Zuwachse der über einander liegenden, also verschiedenen alten Querscheiben ergeben also ein ganz älınliches Bild, wie das, welches eine unmittelbar hinter dem Vegetationspunkt der Wurzel märkirte Quer- scheibe in auf einander folgenden gleichen Zeitabschnitten darbielet. — Die Wurzeln befähigt Wasser rasch aufzusaugen, transpiriren auch stark, und werden dabei sehr leicht welk. Diese Erschlaffung ist mit einer, Ver- kürzung verbunden; lässt man die Wurzel nur einige Minuten unter Was- ser verweilen, so nimmt sie auch ihre frühere Länge wieder an. Legt man man daher eine wenig erschlaffte Wurzel horizontal auf Wasser oder eine nasse Unterlage, so krümmt sie sich aufwärts concav, da die befeuchtete Unterseite länger und convex wird. Diese Krümmung erfolgt nach gerin- gem Wasserverlust nur in einer Länge von der Spitze bis 5 Millimeter, nach starkem Weilen langer Wurzeln auch in Länge bis 30 Mm. Dabei wird die Spitze über die nasse Oberfläche empor gehoben, oft so schnell, dass man die Bewegung sieht. Nach !/), Stunde wird die Wurzel wieder gerade, wenn die Wurzel darüber sehr feucht ist, rascher tritt die Aus- gleichung der Krümmung ein, wenn man sie ganz in Wasser hält, — Werden keimende Samen von Pisum und Zea in einem Dampfgesättigten Raum so befestigt, dass die 10—30 Mnı. lange Wurzel horizontal schwebt und wird dann neben jeder Wurzelspitze eine Stecknadel so angebracht, dass sie auf die wachsende Stelle einen horizontal quer gerichteten Druck ausübt; so erfolgt sehr oft binnen 10 Stunden eine Krümmung des wach- seuden Stückes um die Nadel. Unter etwa 10 Exemplaren findet man eines dessen Wurzelspitze eine gauze Schlinge um die Nadel gebildet hat oder in Form einer Schraubenwindung diese abwärts umläuft; die andern Exem- 419 plare zeigen eine schwächere, einige gar keine Krümmung, manche sind von der drückenden Nadel hinweggebogen. Letztes ist Folge der bei den Wurzeln so häufigen Nutalion, die auch veranlasst, dass die Wurzeln sich mit grosser oder geringer Kraft an die Nadel drücken und dem entspre- chend verschieden starke Krümmung zeigen. Offenbar beruht die Krüm- mug auf einer Verlangsamung des Längenwachsthums an der gedrückten Stelle ähnlich wie bei den Ranken, wenn sie eine Stütze berühren, Bei den gekrümmten Wurzeln sind die Zuwachse ausserdem kleiner als bei den nicht gekrümmten. Diese Thatsache lässt sich zur Erklärung der An- schmiegung der Wurzeln der Aroideen und Orchideen benutzen, zumal wenn man die Wirkung feuchter Oberflächen mit in Betracht zieht, — Werden Keimpflanzen in einem mit feuchter Luft gefüllten Recipienten befestigt, der sich um seine horizontale Achse continuirlich und gleich- förmig aber so langsam dreht, dass keine Centrifugalwirkung zu Stande kömmt, so kann die Gravitation keine Krümmung weder an der Wurzel noch am Stengel bewirken, weil nach und nach jede Seite des Organes gleiche Zeiten hindurch unten und oben liegt. Ist nun das Organ allsei- tig schnell wachsend wie die Hauptwurzel und der Hauptstengel, so muss es in jeder Richtung geradeaus fortwachsen, die es bei der Befestigung der Keimpflanze im Reeipienten einnahm. Aber auch bilaterale Organe wie die Nebenwurzelu und Blätter können bei der langsamen Rotation um “ eine horizontale Achse keine von der Schwerkraft bewirkte Krümmung er- fahren; zeigen sie dennoch bestimmte Ricltungsverhältnisse zu andern Thei- len oder gar Krümmungen: so müssen diese durch innere Ursachen des Wachsthums bedingt sein. Man hat demnach an der langsamen Rotation ein bequemes Mittel zu entscheiden ob gewisse Richtungsverhältnisse und Krümmungen der Organe von äussern oder von inneru Ursachen des Wachs- thums bewirkt werden, Bei langsam rotirenden Keimpflanzen z, B. von Pisum liegt der Stengel nicht in einer Flucht mit der Hauptwurzel, son- dern bildet mit dieser nach rückwärts einen rechten oder spitzen Winkel, weil das Wachsthum an der Vorderseite des Wurzelhalses aus innern Ur- sachen stärker ist. — (Würzburger Verhandlgen. Il. 253—256.) Zoologie. C.K. Hoffmann, zur Anatomie derEchiniden und Spatangen (Haarlem 1871. 8° 10 Tf.). — Die Stractur der Kalk- schale der Echiuen und Spatangen ist durch die Arbeiten von Tiedemann, Joh. Müller, Valentin ete. hinlänglich bekannt; abweichend von deren Ansichten und neu hinzukommend dürfte nur sein, dass die auf der semita subanalis der Spatangen auftretenden geknöpften Borsten nicht bloss an der Basis, sondern auch am Endknopf mit einer dieken Schicht Zellen bedeckt sind, die selbst lange Wimperhaare tragen: ferner, dass die bei den Echinen schon vollkommne Artieulation der Stacheln bei den Spatau- gen noch dadurch ein inneres aus dem Grübchen des halbkugligen Warzen- gelenkkopfs entspringendes Ligament erhöht wird. Der Bau der Mund- öffnung bei den Echinen bietet nichts Neues. Bei den Spatangen wird sie gebildet von einer völlig unbeweglichen Unterlippe und einer, jene zum Theil bedeckendenu, aus beweglich mit einander verbundenen Plättchen bestehenden Oberlippe. Diese vier- oder fünfeckigeu Plättchen sind vorn 420 gross und fest, werden nach hintenzu aber kleiner und bestehen zuletzt fast nur noch aus festem Bindegewebe mit zerstreuten Kalknetzen. Die Afteröffnung der Spatangen wird durch an einander grenzende mehr oder weniger bewegliche Plättchen geschlossen. Da an ihnen keine Muskeln bemerkbar sind, so werden wohl die austretenden, hauptsächlich aus Sand bestehenden Exkremente theils durch eigne Schwere, theils durch *die Kraft, mit der sie durch die muskulösen Elemente im Darm fortgetrieben werden, die Plättehen nach aussen bewegen, welche hiernach durch den Druck des sie umgebenden Meerwasser’s sogleich wieder geschlossen wer- den. — Der Darmkanal der Echinen besteht aus 4 Schichten, einer Bin- degewebsschicht mit Flimmerepithelium , einer longitudinalen und trans- versalen Muskelfaserschicht und einem inneren Bindegewebe, auf dem sich noch eine Drüsenschicht befindet. In der Pharynx befinden sich zahlreiche Schlundpapillen, (ohne Ausführungskanal, wie Valentin behauptet), denen vielleicht die Bedeutung von Kiemen zukommt (s. u.). Ihnen folgt eine einfache Schicht röthlich brauner Zellen, die vielleicht als Analogon der Leber aufzufassen sind. Bei der zweiten Windung des Darms machen diese einer andern Zellschicht Platz mit molekularem Inhalte. Museuli motores ani haben nicht aufgefunden werden können. Der Darm der Spatangen setzt sich an die Ober- und Unterlippe an und geht in vier Windungen vom Mund zum After, Es lassen sich an ihm unterscheiden: Schlund, Speiseröhre, Magen, Dünndarm, Dick- und Enddarm. Von der Grenze des Magens und Dünndarm’s läuft noch ein gewundenes Organ, (das einige als Blinddarm aufgefasst haben) bis zum Diekdarm. Welche Bedeutung es hat ist unbekannt, jedenfalls hat es mit den Blutgefässen nichts zu thun, wie Milne Edwards angiebt, Der Oesophages, sowie der vordere Theil des beträchtlich weiteren Magens, besitzt feine, nur aus Drüsen aufgebaute Längsfalten. Ihnen folgen im hinteren Theile des Ma- gens dichtgedrängte, birnförmige Drüsen, die aber schon im Dünndarm viel weniger stark entwickelt sind, dazu kommt noch ein Halbkreis klei- ner Drüsenhöcker an der Stelle des Dünndarm’s, wo das gewundne Organ abgeht. — Sämmtliche Eier der Echinen werden durch eine dicke Schicht Eiweiss, über dessen Bildung noch nichts bekannt ist, mit einander verkittel. Sie scheinen sich an der innern Fläche der Eisäckchen zu entwickeln, welche von ihnen wie von einer Art Epithel in allen möglichen Entwickelungs- stadien bekleidet wird. Diese Eisäckehen, welche die Ovarien zusammen- setzen, bestehen aus zarter homogener Haut, welche eine aus transversa- len Fasern gebildete Schicht einschliesst. Die ganze Oberfläche des Eier- stocks ist mit einem Wimperepithelium bedeckt, während ein solches im Inneren desselben nur an dem gemeinschaftlichen Ausführungsgang der einzelnen Aeste vorkommt. Die Eier der Spatangen sind grösser, Die Hoden der Echinen und Spatangen sind den Qvarien gauz ähnlich. Die in ihnen sich bildenden Spermatozoiden zeigen eine sehr lebhafte selbst 24 Stunden überdauernde Bewegung; nur, ein kleiner Theil von ihnen gelaugt durch die Genitalmündung in’s Freie, der grösste Theil kommt wahrschein- lich durch Platzen der gefüllten Blindsäckchen in die Leibeshöhle. 421 Der histologische Bau des Nervensystem’s der Echinen und Spatangen stimmt fast ganz genau mit dem der Asteriden überein, wie ihn Häckel beschrieben hat. Bei den Spatangen hat sich die Ansicht Krohn’s als unrichtig erwiesen, dass Nervenpentagon und Wassergefässring durch eine fibrose Haut geschieden werden; letzterer, ebenfalls fünfeckig, befindet sich innerhalb des ersteren, unmittelbar demselben anliegend. Sinnesor- gane fehlen Echinen und Spatangen völlig. — Blutgefässe auf der die innere Fläche der Schale bekleidenden Membran und auf den Wassergefässka- nälen finden sich — früheren Angaben widersprechend — nicht. Der Verlauf der Gefässe bei den Echinen ist bekannt; wo dieselben an das Darmrohr münden, hört jede Spur von eignen Wänden auf, sie verlaufen dann !akunenarlig in der Bindegewebschicht des Darmrohrs. Im Darm- rohr sind die Aeste sehr weit verzweigt, besonders dicht in den Drüsen des Oresophagus, was deren Bedeutung als Darmkiemen nicht unwahr- scheinlieh macht. Das Blut enthält ausser dem Eiweisshaltigen Plasma 7 verschiedne Arten zum Theil sehr beweglicher Zellen und ist in Folge von Pigmenteinlagerungen in diesen gelblich gefärbt. Eine Verbindung des Blut- und Wassergefässsystems hat direct nicht nachgewiesen werden können, findet höchst wahrscheinlich aber doch Statt. Die bei den Spatan- gen miltelst eines verbesserten Wulff’schen Apparats gemachten, sehr ge- lungenen Injectionen zeig!en, dass am Diekdarm ein Bauch- und Rücken- gefäss vorkommt, welche beide in Zusammenhang stehen. Beide sind überaus reich verziert, ebenfalls ohne eine Spur von eignen Wänden im Darm zu zeigen. Dünndarm, Magen und Oesophagus erhalten ihr Blut aus einem Aste des Bauchgefässes, dem reichverzweigten Magengefässe, das selbst auch wieder einen zweiglosen Ast abgiebt als Verbindungszweig mit dem Wassergefässystem. In ihrem Blute treten 9 verschiedne Arten zelliger Elemente auf, wovon ebenfalls ein Theil sehr lebhafte Bewegung zeigt, Rotation um eine Axe, oder Bewegung in einer Bahn. Ob dies Infusorien sind, ist nicht festgestellt. Ein Herz, wie die Echinen haben, fehlt den Spatargen völlig, Dagegen kommen bei ihnen — besonders häufig am Bauch- und Verbindungsgefäss — ziemlich grosse (3>—4mm.) Anhänge vor, die voller Pigmente sind, dessen Werkstätte sie vielleicht vorstellen, und die den Echinen fehlen. Die Wassergefässe enthalten Seewasser untermengt mit denselben Elementen, die das B!ut bilden, besonders mit den beweglichen Zellen. Der Ringkanal der Eehinen zu dem der von der Madreporenplatte konı- mende Steinkanal herabsteigt, ist äusserlich fein und scheint aus einer Ringmuskelfaserschicht mit innerem Flimmerepithel, der Steinkanal aus äusserem und inneren Flimmerepithel mit einer feinen dazwischen liegen- den Bindegewebshaut zu bestehen. Kalkblättchen in den Wänden des Steinkanals von Cidaris, wie Joh. Müller angiebt, haben sieh nicht gefun- den. Die Füsschen bestehen aus Flimmerepithel, Pigmenthaut, transver- saler und longitudinaler Bindegewebshaut, Längsmuskeln und einem Flim- merepithel. Transversale Muskeln, wie sie fast alle Beobachter gefunden haben, kommen nicht vor. Bei den Spatangen beginnt der Steinkanal zwischen den beiden Platten des obern Stützapparat’s, biegt um den Di- 422 vertikel herum, wo er eine herzförmige Anschwellung bildet und geht nach manichfachen Windungen in den Wassergefässring aus, der äusserst zart und ungleichscehenklig pentagonal dem Nervenring eng anliegt. Von diesen Wassergefässring geht sowohl der Verbindungszweig zu dem Blut- gefässsystem ab, als auch die 5 ambulacralen Wassergefässkanäle. Dem schon eben erwähnten Wassergefässherzen gehen Muskeln völlig ab, es ist daher eher eine Drüse als ein Herz zu nennen; seine Bedeutung ist unbekannt. Der Wassergefässring und die ambulacralen Kanäle mit ihren reichen, über die Nerven wellenförmig verzweigten Querästchen besteben aus einer äusseren und inneren durch zarte fibrilläre Schicht getrennte Wimperhaut. Die Ambulacralbläschen der Spantangen sind nicht überall gleich, sondern zeigen an verschiednen Orten auch verschiedne Entwicke- lungen, die sich sogar auch auf die ihnen aufsitzenden Füsschen übertra- gen, deren Joh. Müller schon mehre unterscheidet. Eine Saugscheibe fehlt ihren Füsschen völlig, dieselben können daher auch nur wenig zur Locomotion beitragen. Als Hauptbewegungsorgan sind bei den Spatangen daher wohl die Stacheln anzusehen. Bei den Echinen durch die Madre- porenplatte gemachte Injeetionen füllten nicht allein das ganze Wasser- gefässsystem, sondern drangen auch zum Theil in die Darmvene über, ohne dass sich der Zusammenhang beider nachweisen liess. Bei den Spatangen hingegen liess sich dieser wohl nachweisen, indem die in das Bauchgefäss injieirte Flüssigkeit durch den Verbindungszweig hindurch - strömte und auch das gesammte Wassergefässsystem erfüllte. Es lässt sich. daher wohl annehmen, dass auch bei den Echinen beide Systeme zu- sammenhängen. Hieraus ergiebt sich noch die weitere Bedeutung des Wassergefässsystem’s als Exeretionsapparat, indem durch seine Vermitte- lung Seewasser unmittelbar in die Biutgefässe aufgenommen und Blutflüssigkeit auf demselben Wege ausgetrieben wird und zwar auf fol- gende Weise: die Leibeshöhle ist angefüllt mit Scewasser, das seinen Eingang wahrscheinlich — wie beim Steinkanal — durch die Madreporen- platte nimmt. Denn letztere ist 10 -16 mm. gross, während der Steinka- nal nur Imm. für sich in Anspruch nimmt, also den grössten Theil der Platte frei lassen muss. Erigirt nun das Thier seine Füsschen, so geht in dieselben ein Theil der Flüssigkeit aus den Ambulacralbläschen, diese werden dadurch schlaffer und üben einen geringeren Druck auf das Was- ser im Leibesinneren aus. Um diese Störung des Gleichgewichts auszu- gleichen, strömt in das Wassergefäss entweder Blut aus den Blutgefässen oder Seewasser durch den Steinkanal, Das Leibesinnere gleicht gleich- zeitig den verminderten Druck aus durch Aufnahme von Wasser durch die Madreporenplatte. Umgekehrt verhält es sich beim Einziehen der Saugfüsschen. So hat das Blut Gelegenheit, im Wassergefässystem sich mit Seewasser zu vermischen und oxydirt wieder zurückzukehren. Zur Erneuerung des Seewassers tragen bei den Echinen auch noch die Bewe- sungen der Kaumuskeln bei, durch welche die Mundhaut etwas gehoben und gesenkt wird. Zur Ausgleichung des niedrigeren Drucks in. der l,eibeshöhle braucht jedoch nieht immer Seewasser bloss durch die Madre- porenplatte zu treten, es kann durch die Mundöffnung in den Darmtraktus 423 selbst gelangen und erfüllt dadurch seinen Zweck. Zugleich kommt es da mit den zahlreichen Papillen des Oesophagus in Berührung, deren Be- dentung als Darmkiemen durch diesen Umstand noch erhöht wird. Eiu Zusammenhang des Blut- und Wassergefässystems mit dem See- wasser im leibesinnern scheint nicht zu bestehen, obgleich in letztem auch amoeboide, fein graunlirte und pigmentirle Zellen wie in erstem auftreten. Diese Zellen sind wahrscheinlich durch Auswanderung dorthin gelangt. Dass ofine Mündungen der Gefässe vorkommen, widerlegt das Resultat der Injeetionen, wie aber in Bezug hierauf die nächste Umgebung die Madreporenplatte sich verhält, ist unbekannt. Die Echinen lieben felsige Küsten, sie kauen ihre Nahrung, welche meist aus Pflanzen besteht. An Infusorien ete. ist sowohl der Darminhalt, als auch Blut- und Wassergefässsystem und die Flüssigkeit der Leibes- höhle sehr reich. Spatangen kommen mehr an sandigen Küsten vor und halten sich stets in grosser Anzahl bei einander. Ihr Darmkanal ist fast stets strotzend von Sand nebst Ueberresten von Weichthieren ete. gefüllt, so dass der Darminhalt allein ca. die Hälfte des Gesammtgewicht’s des Thieren ausmacht, Dies Alles wird durch die pflugartig gestaltete Unter- lippe in den Sehlund hineingetrieben. Pz. Rob. Hartmann, über Halodactylus diaphanus Farre, — Dieses am Rande der Insel Borkum häufige Bryozoon bildet walzige oder unregelmässig verästelte platte Stämme, angeheftet auf fremde Körper. Der Siamm besteht ans einer derben duukeln Rinde und einer hellen, weichen Binnenschicht, im Querschnitt wie zelliges Pflanzengewebe er- scheinend. Die Rinde wird nur von äussern Brutkapseln senkrecht zur Längsachse bestehend, gebildet, jede Kapsel länglich eiförmig, mit auswärts gerichteten Oeffnungspol, Ein Descendend des Ektocysten, als gemeinsamer Ueberzug über alle Kapseln sich ziehend und über jedem Oeffnungspole eine Warze bildend, schliesst und öflnet sich leicht. Bei geschlossenem Pol zeigt sich an jedem Ektocysten ein querer Längsspalt mit runzeliger Umgebung, die keine Kalksubstanz enthält. Der Endocyst ist prall mit farbloser Flüssigkeit gefüllt, die keine Körperchen enthält, auch mit Säure keinen Niederschlag giebt. Der Polyp hat einen kurzeu kreisförmigen Kranz von 16 Fühlern, die sehr bewegliehh und dehnbar sind, aussen mit kurzen Wimperzellen besetzt, deren Wimpern auf der einen Seite des Fühlers von der Basis gegen die Spitze, auf der andern Seite von der Spitze gegen die Basis hinschlagen, am contrahirten Fühler aber, gruppen- weise nach den verschiedensten Richtungen hinschlagen. Der Körper des Thieres ist schlingenförmig gebogen und hohl und hat eine contractile Wand. Ob seine Höhle mit den Fühlerhöhlen ecommunicirt, vermochte H,. nicht sicher zu erkennen, Hinter dem Schlundkopfe folgt eine Speiseröhre, dann der Vor- und der eigentliche Magen und der Mastdarm. In der eontractilen farblosen Körperwand fehlen Körnchen und Kerne. Das Epi- thel des Nahrungskanales ist ein Cylinderepithel, die einzelnen Zellen bil- den mit ihren freien Enden ein zierliches polyedrisches Feld, haben einen farblosen, zart gekörnten Inhalt nnd Kerne und sind am Schlundkopfe bewimpert. Der eigentliche Magen ist mit einem saftigen Platlenepithel 424 ausgefüllt. Der kreisrunde Mund liegt etwas erhaben im Tentakelkreise, hat einen tiefstrahlig gefalteten Rand. Im Magen sah H. oft viel kugelige grüne Einschlüsse enthaltende Körper mit dicker pellueider Hülle und hyaliue keilförmige Körper und Navicellenbehälter, im Mastdarın einen ge- streckten spitzigen Ballen mit schuppiger oder maulbeerähnlicher Oberfläche, wohl Exkremente. In der Teutakelbasis liegen Ringstreifen un: den Schlund als dessen Zusammenzieher, nicht gesondert von der Leibeswandung, also keine selbständigen Muskelfasern, blosse Runzeln, was auch die von Nitzsche bei Flustra membranacea beschriebenen Quermuskelfasern nur sind. Wohl aber hat Halodactylus 2 lange und 4 kurze Retractoren. Erste entspringen in der Kapsel an den sie auskleidenden dünnen Endo- eysten und setzen sich an die Tentakelbasis wie nach Reichert bei Zoobo- {ryon pellueidus u. a. Die kurzen Retractoren entspringen in der Mitte der Kapsel am Endocysten und inseriren sich dicht unterhalb der Tenta- kelbasis. Alle diese Muskeln sind Bündel sehr feiner Fasern, welche di- reet in das Endocystengewebe übergehen, wie bei allen Bryozoen, aber niemals Querstreifung erkennen lassen, bei der Contraction eylindrisch bleiben und sieh runzeln, und Nitzsch u. a. Beobachter, welehe Quer- streifung behaupten, haben sich getäuscht. Auch die Muskeln der Avicu- larien haben keine Querstreifung, sie durchseizende sehr feine Kanälchen veranlassen das Bild der Querstreifung. — Jeder Polyp am Halodaktylus- stock besilzt einen vom Kapselgrunde ausgehenden und am Magentheile sich inserirenden Strang zahlreicher paralleler runder glasheller Fasern, der ebenfalls contractil ist. Das Collare setosum ist der gezähnute ringför- mige Endabschnitt des Ektocysten und ist mit sehr zarten Längsfalten versehen, ragt bei den völlig ausgestülpten Thieren weit über den Aussen- porus der Hüllsubstanz hinaus. Den mit den Höhlen der Tentakeln com- munieirenden Ringkanal sah Verf. nicht sicher, er communicirt bei Zoo- botryon nach Reichert mit dem Schlunde. Wie die äussern Brutkapseln sind auch die innern mit einer farblosen Flüssigkeit gefüllt, welche als perigastrische den Nahrungskanal umspült. Dieselbe schmeckt salzig und hinterlässt beim Verdunsten tesserale Krystalle des Seesalzes, ist also reines:Seewasser. Wie das in die Leibeshöhle gelangt, wissen wir nicht. Farre erwähnt ein Flaschenähnliches Organ zwischen der Basis zweier Tentakeln mit bewimperter Oeflnung, welches den Eintritt des Wassers vermitteln soll, aber H. konnte dasselbe nicht auffinden. In Farbenlösung gelegt, färbt sich die Flüssigkeit in der Leibeshöhle nicht, obwohl Hüll- substanz”und Ektocysten sich färben. Das von van Beneden an der Ten- takelbasis beobachtete Nervenganglion vermochte Verf. ebenfalls nicht auf- zufinden, auch bei keinem andern Bryozoon. Nach Nitzsche ziehen sich, wenn man ein Individium reizt, sämmtliche eines Stockes zurück und er- klärt derselbe diese Erscheinung ohne die Annalıme eines Colonialnerven- systems, lediglich dureh die Erschütterung der alle durchziehenden Flüs- sigkeit und diese Auffassung Iheilt Vrf. Nitzsch will Reichert’s Bezeich- nungen Bryozoid und Brutkapsel für die älteren Polypid und Zooecium nicht annehmen, doch hat Reichert die seinigen so genügend gerechtfer- tigt, dass deren Annahme nur empfohlen werden kann. — Die inneren 425 Gebilde sind rundlich ovale die Binnensubstanz des Stockes einnehmende Blasenähnliche Körper mit klarer Flüssigkeit angefüllt, mit dünnen struk- turlosen Wänden, gegen einander abgeplattet, Diese Brutkapseln sind mit einer feinen Haut ausgekleidet, die mit kugeligen Körperchen besetzt ist. In vielen Brutkapseln sah Verf, je einen braunen Körper, der durch grosskörnige Substanz an das die Brutkapsel auskleidende Hautgebilde be- festigt ist. Dieselben haben wechselnde Grösse, sind völlig kugelig bis flaschenförmig, haben eine derbe mit 2 Conturen versehene Hülle und als Inhalt intensiv gelbbraune Kügelchen, deren jedes eine noch kleinere Kugel einschliesst. Jene diese Körper an die Brutkapselwand ankittende Sub- stanz haftet oft auch seitwärts an denselben und besteht aus vielen von einer ungemein zarten Hülle umgebenen blassen Kügelchen. Mehrmals sah Verf., dass an der Wand einer Brutkapsel ein mit ihr zusammenhän- gender Auswuchs nach innen sichtbar wurde, der eine untere grosse und kleine obere Abtheilung zeigte, in jener einen zart umhüllten Körper be- sass mit dunkelbraunem körnigen Inhalt, in dieser einen Auswuchs der letzten. Dieser Auswuchs durchbrach die Spitze und entfaltete sich über derselben fächerförmig, vielleicht die Tentakelform eines jungen Indivi- duums. Eier fand Verf. niemals in der Leibeshöhle, nur einmal am hin- tern Strange Zellen mit blasskörnigem Inhalt, vielleicht Hoden. Eierstöcke waren nicht aufzufinden. Nach Nitzsche sind jene braunen Körper !die Produkte des Zerfalls der Polypen, zumal man in ihnen noch Reste der Nahrung findet, nach Smitt sind sie Keimkapseln z. Th. auch Eier, die aus dem Zerfall der Polypen entstehen, Verf. nennt sie Keimkörper, nicht entstanden durch Zerfallen der Polypen, sondern in ihm sich bildende Keime. Er sah ihre Entwicklung nicht, sie stets schon fertig, an die Wand der Kapsel wie angekittet und beobachtete ihre Tentakelbildung. Bewim- perte Embryonen, von welchen Farre spricht, sind Verf. nicht vorgekom- men und hält er die angeblichen für zufällig eingedrungene Protozoen, will aber die von vielen andern Beobachteru constatirten bewimperten Bryo- zoenlarven damit keineswegs in Abrede stellen. Endlich verbreitet sich Verf. noch über Reicherts potozootische Substanz bei den Protozoen und Bryozoen, welche contractil und sensible ist, Respiration, Verdauung unter- hält und Keimkörner bildet und hervorgeht aus einem Multiplum von Zellen in flächenhafter Ausbreitung, auch in Zellenmaterial sich wieder umwan- deln kann. Damit stimmen nun Verf.’s Beobachtungen überein. — (Mül- lers Archiv 1871. S. 489—529. Tf. 13. 14.) H. v, Kiesenwetter, Uebersicht der Arten der Gattung Mesophysia. — Verf. giebt eine analytische Uebersicht von folgenden Arten: eretica*, lata*, carinulata, oblonga *, orientalis, formicaria*, si- eula*, von denen die mit einem * versehenen als neu diagnosirt und be- schrieben worden. — (Berlin. Entom. Zeitsch. XVI. 163. 164.) Edm, Reitter, neue Käfer von Oran. — Als solche werden diagnosirt und beschrieben: Xantholinus morio, Onthophilus interruptus, Diochares n. g. Corpus elongatam, depressum, oculi perspicwi, antennae moniliformes, validae, 11-artieulatae, artieulis brevibus, ultimis 3 majori- bus, oblongis, ultimo apice, truncato; palpi maxillares artieulis brevibns, Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd, XXXIX, 1872, 28 426 ultimis majoribus, oblongis , ultimo apice truncato; palpi labiales artien- lis ultimis validis, ovalibus. Frons antice emarginata, emarginationis an- gulis rotundatis vel obtusis. Thorax subquadratus simplex. Seutellum minutum, transversum. Elytra elongata, parallela, apice rotundala, de- pressa, punctata striata, utrinque carinata. Tibiae subareuatae, apicem versus subdilatatae, margine interiore crenatae, setulosae, exteriore apice brevibus, unguiculis simplieibus; tarso d-articulati, articulo 4. minuto (am nächsten Nausibius), mit D. depressus, Derotoma.n. g.: Corpus elon- gatum, subdepressum ut in gen. Monotloma, antennae submoniliformes, 11-articulatae, articulis 2 ultimis majoribus; mandibulae validae, apice bidentatae, margine inferiore subtiliter bidentieulatae; palpi maxillares 4- articulati, aıtieulis 2 mediis brevibus, primus planus, angulis antieis acu- tis prominulis, postieis semicirculariter exeisis. Elytra humeris prominu- lis, subovata, regulariter subtilissime striato-setulosa. Tarsi 4-articulati simplices. D. Lederi, Paramecosoma oculare, Omophilus menticomis, Kir- schi, Chrysomela nigropunetata; Meloe macnlifrons Lucas ist nur eine var. von majalis. — (Ebd. 167—176.) H. Löw, Diptera Americae septentrionvalis indigena. CGenturia decima. — Verf. fährt fort, abermals huudert nordamerika- nische Fliegen zu diagnosiren und ausführlicher zu beschreiben und schliesst damit seine Arbeit über diesen Gegenstand. Wir müssen jedoch auf die Arbeit selbst verweisen. — (Berl. E. Zeitschr. XVI. 49—124.) A, Duges, Siredon Dumerilineuer Axolotl. — Der bei Patzeuaro in Mexico unter dem Namen Achoque de agua bekannte Molch ist ein neuer Axolotl: an den untern Theilen viel heller als an den obern, bisweilen an Kehle und Brust weiss, mit vier weisslichen Flecken an den Seiten. Bei dem Männchen beginnt der Rückenkamm zwischen den Schul- tern. Auf der obern Seite dunkle Punkte von Drüsenöffnungen, welche einen übelriechenden milchigen Schleim absondern. Dieser kurzen Charak- teristik ist eine Tafel mit Abbildungen des ganzen Thieres und zahlreicher anatomischer Darstellungen beigegeben worden. — (Ann. sc. nat. 1872. XV, no. 17. Tab. 10.) Alfr. Grandidier, neue Amphibien von Madagaskar. — Vrf. giebt kurze Charakteristiken folgender Arten: Crocodilns madagasca- riensis dem Cr. cataphractus zunächst verwandt, Chamaeleo Antimena an Ch. verrucosus erinnernd, Ch. Labordi neben Ch. calyptratus stehend, Ch. Campani mit 6 Reihen grosser runder Seitenschuppen und ohne Rücken- und Bauchkamm, Hemidactylus Tolamygae, Gerrhosaurus aeneus, Eupre- pes Sakalava, Gongylus splendidus, G. Murundavae, Onychocephalus are- narius, Pyxicephalus madagascariensis, Dyseopus nov. gen, aus der Verwandtschaft des Pelobates und Neobatrachus, mit starken Kieferzähnen, mit grosser, in der Mitte unterbrochener Reihe Gaumenzähne, ovaler meist ausgeschnittener und hinten freier Zunge, ohne Ohrdrüsen, Art D. insula- ris, ferner Euenemis Antanosi, Eu. bestillo, Dendrobates madagaseariensis, D. bestileo, H. obscurus. — (Ibidem no 20.) W. Peters, über die von Spix in Brasilien gesammelten Batrachier der Münchener Sammlung. — Die von Spix gesam- 427 melten 53 Batrachier sind in dessen grossem Reisewerke ungenügend be- schrieben worden und haben dadurch die Vergleichung erschwert und gar manchen Irrthnm in die Abgränzung und Auffassung einzelner Gattungen und Arten gebracht. Eine kritische Revision derselben war daher ein tief gefühltes Bedürfniss und ist die Ausführung dieser in der vorliegenden Abhandlung mit dem grössten Danke anzuerkennen. Diese Kritik stützt sich auf eine Untersuchung der Originalexemplare und Vergleichung des sehr reichhaltigen Materials der Berliner und einiger andrer Sammlungen. Wir können selbstverständlich hier nur die Resultate der Arbeit, d.h. die Synonymie der Arten geben und lassen bei den Spix’schen Arten die Autornamen weg. 1. Rana gigas, am Amazonenstrom (Rana maxima vir- giniana Seba, R. pentadactyla Laur., R. ocellata Schneid, Cystignathus pachypus Wagl., C, ocellatus u. labyrinthieus DB,, Pleuroderma labyrinthi- cum Gth.). — 2. R. pachypus von Rio Janeiro (R. oceliata Lin. nach dem Original, Cystignathus pachypus Wagl., Cyst. ocellatus DB, C. cali- ginosus Burm.). — 3. R. mystacea Bahia (Rana typhonia Daud., R, si- bilatrix Wied, Cystignathus mystaceus u. typhonius Wagl., C. fuscus Gth.) davon unterscheidet sich die gleichnamige Art bei Hensel und Burmeister aus den Laplata-Staaten und dem südlichsten Brasilien. — 4. R. megastoma vom Solimoens (Bufo cornutus und spinosus Seba, Rana cornuta Lin. auf Seba gegründet, Ceratophrys dorsata Wagl., C. cornuta Schleg., Phrynoce- ros Vaillanti Tsch., Ceratophrys Daudini DB., C. megastoma Gth.), hinge- gen gehören zu C. dorsata Wied als synonym Rana cornuta Til, Stombus dorsatus Grav., Cerat. cornuta Gth. und C. dorsata bei Wagler, v. Tschudi und DBibron. — 5. R, scutata von Somoens ist Hemiphractus seutatus — 6. R. palmipes vom Amozonenfluss mit Unrecht von Dumeril und Bibron für eine spanische R. viridis erklärt (R. Gollmeri und affınis Pet, Pohlia palmipes Steind.). — 7. R. coriacea am Amazonenfluss ist junges Männchen von R. gigas. — 8. R. miliaris ebendaher ist Ololygon abbre- viatus (Hylodes abbreviatus Hens.), muss also 0. miliaris heissen, — 9. R. pygmaea ist Jugend von €. pachypus, aber keine Elosia wie v. Tschudi behauptet. — 10. R. labyrinthica Rio Janeiro ist junges Weibchen von R. gigas. — 11. R. binofata ohne Fundort von Peters als Hylodes rugulosus aus Sta Catharina beschrieben, nunmehr also H, binotatus (Enydrobius abbreviatus Wagl.). — 12. Hyla ramoides von Bahia ıH. nasus Liehst. Enydrobius ramoides Wegl., Elosia nasuta Tsch. DB. Gth.).. — 13. H. lateristriga Jugend von H. rubra Daud. (H. conirostris Pet.). — 14. H, albopuuetata ist später von Lütken als oxyrhina von Lagoa santa beschrieben, von Cope als Hypsiboas raniceps. — 15. H. affınis am Ama- zonenfluss altes Weibchen von H. rubra Daud. — 16. H. albomarginata von Bahia (H. infulata und punctulata Wied u. Burm., Hypsiboas albo- marginata Wgl.). — 17. H. papillaris vom Samoens stimmt mit H. punc- tata Schn. (H. rhodoporus Gth.). — 18. H. pardalis von Rio Janeiro (H. Langsdorffi DB., H. Lundi Burm., H. pustulosa Lütk.), ein zweites Exem- plar dieser Art ist N. erepitans Wied. (Hypsiboas crepitans Wgl., H, dou- mercei DB., Hylomedusa erepilans Burm., Hyla pugnax Schmidt, H. par- dalis Gth.). — 19. H. cinerascens ist ein schlecht erhaltenes Exemplar von 28* 428 H. albomarginata. — 20. H. trivittata am Teffefluss und 21. H. nigerrima am Samoens (Dendrobates nigerrimus und trivittatus Wgl,, D. obseurum DB.). — 22, H. bipunctata von Bahia (Seinax bipunctata Wegl., H, ca- pistrata Reuss., H. pumila DB.). — 23. H. variolosa am Amazon, mit H. punctata Schneid. identisch, von Wagler gleichzeitig unter Aulestris und Seinax aufgeführt. — 24. H. caerulea zu H. rubra Daud. gehörig. — 25. H. stercoracea von Teffe schlecht erhaltenes Exemplar von H, ranoi- des also mit Elosia nasus Lichtst. identisch. — 26, H. strigilata Bahia als eigenthümlich hier speciell beschrieben. — 27. H.nebulosa vom Teffe (H. luteola Wied., Burm., Gth.). — 23. H. geographica vom Teffe (Rana virginiana exquisitissima Seba, R. maxima Laur., Hyla palmata Deud, Hyp- siboas palmata und geographica Wagl., H. palmata DB., H. geogra- phica und Langsdorffi Burm.). — 29. H. geographica var. semilineata Rio Janeiro (H. faber Wied, Hypsiboas geographica und faber Wgl., Hyla palmata DB. Burm., H. maxima Gth., Lütk., Hensel). — 30. H. xsignata Bahia steht H. rubra selır nah, vielleicht nur als Varietät unterschieden. — 31. H. abbreviata am Amazon ist nur kleines Exemplar von Rana bi- notata. — 32. H. zonata und 33. H. bufonia am Teffe stimmen beide mit H. venulosa Daud. überein (Rana americana vesicaria Seba, R. virginiana Seba, Rana venulosa und Hyla tibiatrix Laur., Calamita boans Schneid., Hypsiboas venulosa Wgl. — 34. H. bicolor am Tonantin (Rana bicolor Bodd., Calamita bicolor Schneid., Phyllomedusa bicolor Wgl.). — 35. Bufo maculiventris, 36. B. agua und 37. B. icterius fallen alle drei mit B. ma- rinus zusammen (Currucuru Piso, Rana marina americana Seba, R. marina Lin., Bufo marinus Schneid., B. agua Daud., B. fuliginosus Wied.). — 38. B. ornatus Rio Janeiro (B. crucifer Wied., B. einctus Wied., B. melano- tis DB. B. dorsalis, ornatus und ınelanotis Hens.). — 39. B. lazarus am Amazon ist Männchen von B, marinus. — 40. B, dorsalis Rio Janeiro ältere Exemplare von B. cornutus. — 4l. B. stellatus Bahia ist Weib von B. erucifer. — 42. B. albicans vom Rio Negro, Jugend von B. marinus. — 43. B. scaber von Rio Janeiro ist B, erucifer. — 44. B. ephippium Bahia ist eigenthümlich, von Fitzinger zur Gattung Brachyocephalus er- hoben. — 45. B. albifrons Bahia (Paludieola albifrons Wgl., Gomphoba- tes marmoratus Lütk, Leiuperus marmoratus Burm., Eupemphix Nattereri Steind.). — 46. B. globulosus am Itapieurufluss (Chaupus marmoratus Wegl., Ch. globulosus Wgl., Bufo nasutulus und strumosus Wiegm., B. gra- nulosus Gth.).. — 47. B. naricus am Amazon, junges Weibchen von B. typhonius L. — 48. B. nasutus junges Weibchen derselben Art (Bufo brasiliensis Seba, Rana typhonia Lin., R. margaritifera Laur., Bufo typho- nius Schneid., Olylophus margaritifer Gth.). — 49. B. semilineatus vom Itapieuru identisch mit B. erueifer. — 50. R. granulosus Bahia. — 5l. B. aculirostris am Amazon junges Männchen von B. typhonius. — 52. B. proboscidens schlechtes Exemplar derselben Art. — 53. Pipra cururu ist Pipa americana Laur. — So reduzirt sich die Anzahl von 53 Arten auf 31, von denen nur 13 statt öl als neu von Spix entdeckte sich ergeben haben. Hiernach sind nun die Bestimmungen in den Sammlungen zu be- richtigen. — (Berliner Monatsberichte Mürz S. 196—227.) 429 Baron CarlClaus vonderDecken’sReisenin Ost-Afrika. IV. Bd.: Die Vögel Ost-Afrikas von Dr. OÖ. Finsch und Dr. G. Hartlaub. mit II Tf. Leipzig und Heidelberg 1870. 8°. — Die ornitho- logische Ausbeute der v. d. Decken’schen Reise, soweit solche ein wissen- schaftliches Interesse beansprucht, hat in dem Reisewerke selbst Dr. Ca- banis bearbeitet und vorliegender, die Vögel ganz Ost-Afrikas behandeln- der Band ist dem Reisewerke als vierter Theil angehängt, nur um den li- terarischen Werth desselben zu erhöhen. Mit Benutzung des Materiales in mehren der grössten Sammlungen Europas beschreiben die Verff. 457 Arten, von welchen 10 als neue bezeichnet werden. Alle Beschreibungen betreffen ausschliesslich nur die Färbung, Grössen- und äusserlichen Form- versältnisse, bringen bei jeder Art lange Synonymenverzeichnisse und lite- rarische Nachweise, auch die geographische Verbreitung, soweit selbige zu ermitteln war. Also wieder nur weitläufige Beschreibungen der Farben des Gefieders, durch die doch nur Exemplare, nimmer aber Arten „gründ- lich“ erkannt werden können. Die von den Verff. erstrebte „Gründlichkeit“ geht in der That nirgends über die Oberflächlichkeit hinaus. Denn ebenso we- nig Werth haben ferner die umständlichen Grössenangaben einzelner blos äusserer Körpertheile. Hätten die Verff. jemals Messungen an Skeletten und zwar an mehreren derselben Arten abgenommen, also von innern Theilen, welche von äussern Einflüssen weniger abhängig sind, und über deren Endpunkte nie ein Zweifel obwaltet, so würden sie sich längst über- zeugt haben von den auffallenden: Schwankungen der relativen Grössen- verhältnisse einzelner Körpertheile und deren höchst untergeordneter Be- deutung für die Systematik, worauf in dieser Zeitschrift 1855 Bd. V. S. 501 bereits mit Nachdruck hingewiesen worden ist. Unbegreiflich ist uns aber die massenhafte Anhäufung völlig inhalts- und deshalb auch ganz nutzloser literarischer Citate, die doch weder die Verff. selbst nachgesehen haben, noch sie Jemandem zumuthen können, dieselben nachzuschlagen. Wie- der ändern auch hier die Verf. seibst ihre eigenen frühern Gattungsbe- stimmungen, ohne durch eine gründliche Untersuchung der Arten und Gattungen solchen Wechsel zu rechtfertigen, vielmehr nur um die Syno- nymen-Verzeichnisse zu vergrössern ! Diese bei den Subornithologen zur Manie gewordene Willkür, Arten zwei-, drei-, viermal beliebig aus einer Gattung in die andere zu versetzen, ohne die Gattungen selbst durch eine neue eingehende Untersuchung der wesentlichen Organisations-Verhältnisse, des Gefieders und des anatomischen Baues zu begründen, hat längst einen widerlichen, den Fortschritt der Wissenschaft empfindlich hemmenden Bal- last in die Systematik eingeführt und vorliegende Arbeit setzt ihren Haupt- _ werth in die Vermehrung desselben, den sie mit dem Scheine grosser Ge- lehrsamkeit: die langen werthlosen Citatenverzeichnisse, und besonderer Genauigkeit: die weitläufigen Farbenbeschreibungen und Masstabellen aus- zustatten gewusst hat. Was in dem 900 Seiten dieken Buche irgend Beachtenswerthes und Nützliches enthalten ist, liess sich ganz bequem auf wenigen Bogen geben und war mit höchstens einem, statt 23 Thaler!! genügend bezahlt. Alph. Milne Edwards und Grandidier, Geogale aurita 430 neuer Insektenfresser von Madagaskar. — Dieser neue Insekten- fresser aus der. Verwandtschaft des Tenree, Solenodon und Potamogale be- wohnt die Ebenen der Westküste und ist oberseits kurz und gräulich be- haart, an der Unterseite und den Gliedmassen graulich weiss. Auf den ersten Blick Spitzmausähnlich, unterscheidet er sich doch sogleich durch seine sehr grossen häutigen nackten Ohren und Augen, den Kopf von halber Rumpfeslänge, den Schwanz von noch nicht Rumpfeslönge. Neun Paar Zitzen. Gebiss oben wie unten 3. 1. 243. Am Schädel das In- termaxillare völlig mit dem Kiefer verschmolzen. Die obern Schneidezähne durch eine mittle Lücke getrennt, mit hinterm ‘Basalzacken, Der drei- spitzige Eckzahn überragt nicht den Basalzacken des dritten Schneide- zahnes, der erste Lückzahn ist zweispitzig, der zweite viel stärker und der grösste Zahn, aussen mit starkem Hauptzacken und vordern und hin- tern Nebenzacken, innen mit hufeisenförmigem Ansatz, die beiden ersten Backzähne breiter als lang, denen des Tenrec und Solenodon zunächst ähnlich, der letzte Backzahn klein, schief und stark 'comprimirt. Auch im Unterkiefer ist der Eckzahn klein, zweispitzig, dagegen die Backzähne sehr hoch und scharfspitzig, ähnlich denen bei Solenodon, Nach der Zahnbildung gehört diese Gattung in Peters’ Familie der Centetinae und schliesst sich hier durch das Haarkleid an Solonedon an, doch nicht so innig wie Grandidiers Oryzoryetes von Madagaskar. Durch diese Typen erhält die geographische Verbreitung der Centetinae ein neues Interesse. — (Ann. sc. nat. 1871. XV. no 19.) Alph. Milne Edwards, über einige Säugethiere im Ost- Tibet. — Zwei Affen bewohnen die kältesten Wälder OTibet, Der eine derselben Macacus tibetanus n, sp. gehört zu den kurzschwänzigen Arten M. speciosus, tcheliensis ete., ist dunkel graulichbraun, sehr langhaarig, oberseits :einfarbig, unten heller, an Gesicht und Händen fleischfarbig. Die andere Art Semnopithecus Roxellana n. sp. zeichnet sich durch den ungemein langhaarigen Pelz von ihren Verwandten aus. Die Haare des Kopfes und Rückens sind am Grunde grau, gegen die Spitze hin glänzend gelb und letzte Farbe herrscht an der Unterseite und den Gliedmassen, Die Insectivoren dieses Gebietes liefern zwei neue Gattungen. Nectogale elegans;, bildet ein vermittelndes Glied zwischen den Desmans und Musa- raignes, hat einen langen comprimirten Schwanz, kurze Schnauze und spitzmausähnliches Gebiss mit oben 16, unten .12 Zähnen. Die andere Gattung Anurosorex ist eine Spitzmaus mit im Pelze verstecktem Schwanze und oben wie unten zwölf Zähnen. Talpa longirostris n. sp. hat eine sehr verlängerte Schnauze ähnlich dem japanischen T. mogura, aber mit 8 statt 6 untern Schneidezähnen. Ailuropoda endlich ist ein Bär in der Aussern Erscheinung, aber mit ganz abweichendem Gebiss, — (IJbidem XIII. no 10.) 1872. Correspondenzblatt IV. v. des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen Halle. nn nn Sitzung am 1, Mai. Anwesend 15 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Monatsbericht der kgl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Januar 1872. 2 Ti}. Berlin 1872. 8°, 2. Annalen der kgl. Sternwarte bei München. XVII. Bd. 3. Verzeichniss von 3571 teleskopischen Sternen zwischen 49° und?-+150 Declination, welche in den Münchener Zonenbeobachtungen vorkom- men. XI, Suppl. Bd. der Annalen der Münchener Sternwarte, 4. Almanach der kgl. bayerischen Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1871. München. 8°, 5. Correspondenzblait des zoologisch mineralogischen Vereines in Regens- burg. XXV. Regensburg 1871. 8°. . Nachrichten von der kgl, Gesellschafi der Wissenschaften und der Georg-Augusts Universität aus dem Jahre 1871. Göttingen 1871. 80, 7. Biedermann, Centralblatt für Agrieulturchemie und rationellen Wirthschaftsbetrieb. Referirendes Organ für naturwiss. Forschun- gen ete. Leipzig 1872. Januar u. März. 8. G. A. Pritzel, Thesaurus Literaturae botaniecae omnium gentium inde a rerum botanicarum initiis ad nostra usque tempora. Edit. nova. Fasc. li. Lipsiae 1872. 80, 9. Quarteriy Journal of the geological Society. vol. XXVI1l. no 109. February. London 1872. 10. 0. W. Thome, Lehrbuch der Botanik für Gyinnasien, Realschulen etc. 2. Aufl. 8909 Holzsehnitte. Braunschweig 1872. 8°. 1). Niederländisches Archiv für Zoologie. Herausgegeben von S. Selenka. I. 1. Deebr. 1871. 10 Tf. Harlem 1871. 8°. 12. K. Koch, Wochenschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den kgl. preuss. Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde. Jahrg. 1871. Berlin. 40. i 13. Annual Report of the Truster of ihe Museum of comparative Zoology at Haward College in Cambridge for 1870. Boston?1871. 8°. (er) 432 14. F.C. Noll,der zoologische Garten. Zeitschrift f. Beobachtg., Pflegeete. XII. no 3. 1871. Frankfurt a. M. 15. H. Schramm, die allgemeine Bewegung der Materie als Grundursache aller Naturerscheinungen. I. Abtheilung. Wien 1872. 8%. 16. J. H. Kaltenbach, die Pflanzenfeinde aus der Klasse der Insekten. l. Abtheilung. Stuttgart 1872. 8°. 17. A. H. Post, die Unsterblichkeitsfrage und die Naturwissenschaft un- serer Tage. Oldenburg 1872. 8°, 18. C, de Sene, le Neve de Justedal et ses Glacies. Programme de l’Universite du second semestre 1870. 1 Karte, 9 Photogr., 1 Pl. Christiania 1870. 4°. 19. H. Mohn, Havets Temperatur mellem Island, Skotland og Norge. Christiania 1869. 8°. 20. H. Siebke, om en i Sommeren 1869 foretagen entomologisk Reise gjen: nem Ringerike, Hallingdal og Valders. Christiania 1870. 89. 21. H. Rasch, Bidrag til Norges Roodyr-og Roofuglestatik. Christiania 1868. 8°. 22. Photographisch illustrirter Katalog der rühmlichst bekannten Kunst- und Kulturhistorischen Sammlung bei Herrn Rümmelein in Regens- burg. Würzburg 1872. 8°. 23. Elia Fries, lcones selectae Hymenomycetum nondum delineatorum. Sub auspiciis regiae Academiae scientiarum Holmiensis. Holmiae 1867. I—Vl. Fol. 24. Aug. Garcke, Linnaea. Ein Journal für die Botanik in ihrem ganzen Umfange. XXXVll. 2. Berlin 1872. 8°, Zur Aufnahme angemeldet werden: Herr Otto Burbach, Lehrer der Mathematik und Naturwiss. am Seminar zu Gotha. durch die Herren Thomas, Taschenberg und Giebel. Herr Hermann Joos, Landwirth hier durch die Herren Zwanziger, Giebel, Taschenberg, Das Februarheft der Zeitschrift liegt zur Vertheilung aus. Der Vorsitzende Herr Prof. Giebel meldet den Tod eines unseres ältesten Vereinsmitglieder, des Buchhändlers Eduard Anton sen. hier. Herr Prof. Giebel legt ein sehr grosses Gänseei vor, in welchem ein äusserlich vollkommen entwickeltes Ei eingeschlossen war. Diese bei Gänseeiern noch selten beobachtete Abnormität war in Ammendorf vorge- kommen und von dem dortigen Prediger eingesandt worden. Es wurden die verschiedenen Ansichten über die Entwickelung dieser Doppeleier speciell erläutert. Weiter berichtet derselbe J. Forsyth Major neueste Untersuchungen über das Vorkommen vorweltlicher Affen in Italien. (S, 262.) Herr Dr. Weise legt schliesslich ein Stück Conduango-Rinde vor und bemerkt, dass dieses neuerdings öfter genannte Medicament nicht blos Rinde, sondern auch den-Bast enthalte, weleher ausserordentlich reich an oxalsaurem Kali sei, sein Genuss somit nicht unschädlich sein dürfe, 433 Hierzu bemerkt Herr Dr. Köhler, dass dieser Pflanzenstoff den Krebs ent- schieden nicht heilen, wahrscheinlich aber wie die Asklepiadeen abfüh- rend wirken werde. Sitzung am 8. Mai. Anwesend 16 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Mittheilung der kk. Mährischen Gesellsch. für Beförderung des Acker- baues, der Natur- und Landeskunde in Brünn 51, Jahrg. Brünn 1871. 4°. 2. Notizblatt zu Vorigem. 3. Verhandl. des naturhistorisch.-medizin. Vereins zu Heidelberg VI. I. Heidelberg 1871. 8°, 4- Dr. Delius, Zeitschr. des Landwirthschaftl. Centralvereins der Prov, Sachsen etc. XXIX no ö. Halle 1871. 8°. 5. Dr. Nobbe, Landwirthsch. Versuchsstation Bd. 13 no 6. Bd. XIV. no 4—6, Bd. XV. no 1. 2. Chemnitz 1871 u. 72. 8%, 6. Publications de l’Institut roy. du Grand ducat de Luxembourg XII, Luxemb, 1872. gr. 8°, 7. Abhandlungen, herausgegeben vom naturwissensch. Verein in Bremen III. 1. Bremen 1872. gr. 8°, 8. Dr. Eug&ne Rey, Systematik der europ. Brutvögel und Gäste. Halle 1372. gr. 80. — Geschenk des Herrn Verfassers. Als neue Mitglieder werden proklamirt : Herr Otto Burbach, Lehrer der Mathem. und Naturwissensch. am Seminar zu Gotha, und Herr Hermann Joos, Landwirth hier. Herr Commerzienrath Riebeck theilt einen Brief seines Afrikareisen- den Herrn Dr, Hahn mit d. d. Aissa eibib, 4. Febr. 1872 im Gross Namaqualand 28027 43°° SBr. und 18°30° OL. Der Reisende ging am 23. Oktober am Bord der Knysna Belle und war nach 3 Tagen in Port Nossoth. Während seines Aufenthaltes in Klein Namaqualand hat er die grossartigen Kupferminen in Ukeib Springbok und Spectacel besucht, viel Thiere, geognostische Suiten und Petrefacten gesammelt. Am 1. Januar setzte er über den Grossfluss und hat auf der weitern Reise nun keine ° Richtigkeit mehr auf den Karten gefunden, so dass seine Karte von Na- maqualand des Neuen sehr viel bringen wird. Die Gegend von Aissa eibib ist ein welliges Hochplateau auf Granit und Gneiss mit sehr natronhalti- gem Boden und einer heissen Quelle von 3905 Cels. in einer wahren Teufelsmühle. Bei 2500‘ Meereshöhe des Plateaus ist das Klima sehr ge- sund, nur treibt der SW Passat Nachmittags bisweilen das Thermometer plötzlich auf 34 bis 420 C. Die Abende mit Ostpassat sind wieder sehr angenehm. Auch Wirbelwinde und Sandhosen sind häufig. Noch ein Jahr beabsichtigt H. der Untersuchung dieses Landes zu widmen und dann nach dem Cap zurückzukehren, um von dort seine Sammlungen selbst nach 434 Europa aufgeben zu können. Bedauert sehr noch keine Nachricht von der Ankunft seiner ersten Sendung in Halle erhalten zu haben. [Diese im September in der Capstadt aufgegebene Sendung ist bis heute, Mitte Juli, noch nicht in Halle eingetroffen, auch noch nicht vom europäischen Hafen- platz angemeldet, doch liegen auch keine Nachrichten vor, dass ein be- “ zügliches Schiff verunglückt sei.] Sitzung am 15. Mai. Anwesend 17 Mitglieder. Eingegangene Schriften: Noll, Dr., der zoolog. Garten XIII. 4. Frankf,. a.M. 1872, 8°. Herr Dr. Köhler referirt Coulier’s neueste Versuche, welche Per- son’s Behauptung widerlegen, dass die Pyrogallussäure in ähnlicher Weise wie der Phosphor ein Thier zu tödten im Stande sei. Derselbe bespricht sodann einen von dem Italiener Agnoleso für akademische Vorlesungen er- dachten Apparat, welcher bei Posphoruntersuchungen die drei Anzeigen für die Gegenwart von Phosphor das Leuchten, den Niederschlag und die grüne Flamme nach einander vorzuführen geeignet ist. Der Italiener hat seinen Apparat nicht in der Weise beschrieben, dass eine klare Einsicht über dessen Einrichtung gewonnen werden konnte, ausserdem scheint der- selbe die gemachte Erfahrung für neu zu halten, dass der Apparat bei Gegenwart von Aether seinen Dienst versagt, während man bei uns in Deutschland längst weiss, dass ätherische Oele und Aether die Mitscher- lich’sche Phosphoruntersuchung unausführbar machen. Herr Prof. Taschenberg berichtel Hendrik Weyenbergh anato- mische und histologische Untersuchungen über hemicephale Dipterenlarven. Herr Candidat Weineek macht folgende Mitiheilung: In Göttingen ist man zur Zeit damit beschäftigt, einen von Klinkerfuss angege- benen Apparat zu prüfen, der es ermöglicht, eine beliebige Anzahl Gasflammen gleichzeitig von einem Orte aus anzuzünden resp. auszulö- schen. Der Apparat besteht im Wesentlichen aus einem an jeder Laterne angebrachten, luftdicht schliessenden Gefäss, in welchem sich eine unten offene, mit dem Hauptgaszuleitungsrohr communicirende Glocke befindet, an ihrem obern Theil trägt letzte das zur Brennöfinung führende Lei- tungsrohr. Das Ausströmen des Gases wird in der innern Glocke durch sog. hydraulischen Verschluss verhindert. Sobald der Gasdruck grösser wird, verdrängt das Gas die Sperrflüs- sigkeit, tritt in die mit der Brennöffnung communicirende Glocke und von da nach der Brennöffnung. Auf sehr einfache Weise lässt sich der hy- draulische Verschluss bei gewissen Laternen (sog. Mondscheinlaternen)) so einrichten, dass das Gas in diesen bei mittlem Abenddruck schon auf- hört auszuströmen, während die übrigen erst verlöschen, weun der Tages- druck gegeben wird. In dem äussern umschliessenden Gefäss eines jeden solchen Appara- tes befinden sich weiter je zwei Zink-Kohle-Elemente, deren Leitungsdrähte durch einen Platindraht verbunden sind. Beim gewöhnlichen Tagesdruck 435 kommen die Elektroden nicht in Berührung mit der gleichzeitig zum Ab- sperren des Gases ‚dienenden Flüssigkeit (saures chromsaures Kali mit verdünnter Schwefelsäure). Wird aber der Druck erhöht und die Flüssig- keit aus der innersten Glocke verdrängt, so steigt die Flüssigkeit in dem äussern Gefässe bis an die Electroden: die Kette schliesst sich, der Pla- tindraht wird glühend und entzündet das an ihm durchströmende Gas. Sitzung am 29. Mai. Anwesend 12 Mitglieder. Eingezangene Schriften: 1. Bulletin de la Soc. imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1871 no 3.4. Moscou 1872. 8°, 2. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg. 25. Jahrg. Neubrandenburg 1872. 8°. 3. Verhandlungen der physikalisch-medizinischen Gesellsch. zu Würzburg, Neue Folge:II. 4. Würzburg 1872. 8°, 4. Monatsbericht der k. pr. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Febr. 1872. Berlin 1872. 80 5. Wickens, Dr., Untersuchung über den Magen der wiederkäuenden Hausthiere. Berlin 1872, 4%. — Geschenk des Herrn Verlegers, 6. Köhler, Dr. Ueber Werth und Bedeutung des sauerstoffhaltigen Terpentinöls für die Therapie der acuten Phosphorvergiftungen. Halle 1872. 8°. — Geschenk des Hrn. Verfassers. Das Märzheft der Zeitschrift liegt zur Vertheilung aus. Herr Oberlehrer Geist referirt sodann Burkhardt-Jegler’s Beobachtun- gen über die Abendlichter an den Küsten SAmerikas; so wie die von Plateau angestellten Versuche über Dampfbläschen. Herr Prof. Giebel spricht über die aus mnedicinischen Zeitschriften be- kannte, zur Zeit hier anwesende Katharine Hohmann als den ersten wirklichen menschlichen Zwitter. Dieselbe hat am Kopf und den Gliedmassen rechterseits männliche, linkerseits weibliche Formen, eine normal und voll ausgebildete weibliche Brust, einen normalen rechten Hoden und männ- liche Ruthe, die aber nicht von der Harnröhre:durchbohrt, jedoch der Erec- tion fähig ist und von zwei rudimentären Lefzen begleitet wird. Unter ihr liegt die sehr leine Scheidenöffnung , in deren Kanal der Samenleiter, die Harnröhre und der Eileiter vom linken Eierstocke her mündet, Nach Beobachtungen in verschiedenen Kliniken haben Samenentleerungen und Menstruation stattgefunden, letzte setzt die Ausbildung des linken EBier- stockes ausser Zweifel, dessen Anwesenheit durch die blos äussere Unter- suchung nur wahrscheinlich ist. Derselbe legt E. Baust’ Brochüre: die Ursachen, welche die Verschieden- heit des männlichen und weiblichen Geschlechts bedingen (Stuttgart 1871) vor und berichtet deren Inhalt. Vrf. gelangt zu dem Schlusse, dass die Ent- wicklung der weiblichen Keime einer stärkeren Anregung bedarf, als die der männlichen, dass ferner das Ei unmittelbar nach seiner Ablösung vom Eierstocke am günstigsten für eine kräftige Einwirkung ‚des Spermas dis- 436 ponirt ist, die Disposition zur Conception nach der Menstruation successive abnimmt, wodurch die Möglichkeit der weiblichen Entwicklung immer mehr gegen die männliche zurücktritt. Nekrolog. Hermann Eduard Anton war am IT. Dechr. 1794 in Görlitz geboren, wo sein Vater, Christoph Gotthelf Anton, ein strengrechtlicher und sittlich ernster Mann als Buchhändler und Schriftsteller lebte. Die Jugendjahre wurden im älterlichen Hause verbracht und während häufige Spaziergänge im Freien, kleine und grosse Fussreisen Zerstreuung boten, musste der Knabe schon durch Austragen der Journale, der Schüler zwischen den Schul- stunden durch fleissige Arbeit im Buchladen sich nützlich machen. Zum Spielen und Verkehr mit Altersgenossen blieb natürlich keine Zeit. Vom Jahre 1803 bis 1810 besuchte er das Görlitzer Gym- nasium, an dem später sein Vetter Anton Rector wurde. Fleiss und Strebsamkeit beschränkten sich nicht auf die Schularbeiten, für diese wiederholt prämiüirt, sondern es wurden Steine, Käfer und Eier gesammelt, während der freien Abende mit Vorliebe Uebersetzungen von Livius und andern alten Historikern und deutsche Literatur gelesen. Der häufige Aufenthalt in der freien Natur und die Pflege der kleinen Sammlungen erweckten die Neigung zum Forst- und Bergfach, allein der Vater beabsichtigte dem fleissigen und strebsamen Sohne später seine Buchhandlung zu übergeben und so musste derselbe im J. 1810 als Secundaner das Görlitzer Gymnasium mit einem Buchladen in Halle ver- tauschen. h Im sehr kalten Januar 1810 fuhr Anton von Görlitz ab und langte nach einer martervollen Fahrt mit erfrorenen Händen und Füssen in Halle an. Hier fand er im Hause des als belle- tristischer Schriftsteller beliebten Dr. Ehrhard, der die Rengersche Buchhandlung leitete, freundliche und liebevolle Aufnahme. Der Buchhändlerlehrling, obwohl als zur Prima reif vom Gymnasium entlassen, hatte damals andern Dienst als gegenwärtig, nämlich zugleich den des Laufburschen, Markthelfers und gelegentlich auch des Dienstmädchens für die Frau Doctorin, unterhielt aber im Buchladen die Kunden über ihre literarischen uud wissenschaftli- chen Bedürfnisse und wurde auch zu allen Gesellschaften in der Familie eingeladen. Die spärlichen Taschengelder vom Vater und die ersparten Frühstücksechser wurden zur Pflege der Eier- sammlung, Beschaffung von Bechsteins ornithologischem Taschen- buch, der Gedichte von Salis, Matthison u. a. verwendet. Die Stadt Halle bot während der westphälischen Herrschaft in ihrer grossen Ruhe dem jungen Manne gar keine Zerstreuung. Die patriotische Erhebung zur Abwerfung der Napoleonischen 437 Tyrannei ergriff auch den Buchhändlerlehrling und er zog 1813 als freiwilliger Jäger nach Frankreich und 1815 zum zweiten Male. Diesen Feldzug schilderte er in der „Ameise“; eine nicht für den Druck bestimmte Bearbeitung des sorgfältig geführten Tagebuches während beider Feldzüge findet sich unter den nach- gelassenen Papieren. Den Winter von 1815 auf 1816 verbrachte er wieder im väterlichen Geschäft in Görlitz und ging im Früh- jahr 1816 nach Leipzig in die Böhmesche Buchhandlung. Kaum eingetreten musste der unerfahrene Gehülfe bei dem erfolgten Tode des Besitzers allein die schwierigen Messgeschäfte abwickeln. Sie gelangen seinem ernsten Eifer und er erhielt von dem neuen Besitzer des Geschäftes als Anerkennung einige ihm werthvolle Bücher. Nachdem er noch wenige Jahre in der Liebeskindschen Buchhandlung sich nützlich gemacht hatte, kehrte er im April 1818 wieder als Gehülfe in die Rengersche Buchhandlung und das Eberhärdsche Haus in Halle zurück, wo ihm abermals die liebevollste Aufnahme wurde, so dass er die hier verlebten Jahre stets für die schönsten seines Lebens hielt. Der lebhafte und an- regende Verkehr des Dr. Eberhard und seiner vielen gelehrten Freunde befriedigten den regen, strebsamen Geist des jungen Man- nes, der durch unausgesetzte fleissige Privatstudien den gewonne- nen Wissenskreis zu erweitern und sich jenes Umganges würdig zu machen wusste. Bei einem Besuche in Leipzig, der Uebersiedelung nach Darm- stadt zum Zwecke hatte, lernte er die Tochter des Professor Hebenstreit kennen und die zu derselben gefasste Neigung änderte schnell seinen Lebensplan.. Er verlobte sich mit ihr und gründete im Mai 1822 durch Ankauf der Rengerschen Buchhand- lung und gleichzeitige Verheirathung sein eigenes Geschäft in Halle. Umfassende wissenschaftliche Bildung, gründliche Ge- schäftskenntniss, freundliches Entgegenkommen eines Jeden, der in sein Geschäft eintrat, zuverlässige und gefällige Bedienung erhoben trotz der Annas ungünstigen äussern Verhältnisse das neue Antonsche Geschäft schnell zu einem im Buchhandel wie im Gelehrtenkreise gleich geachteten und geschätzten. Er verlegte unter andern den Volksschullehrer von Harnisch und die Scholz’- schen Rechen- und Sprachbücher, viele Schriften von Blasius, Bernhardy, 'Tholuck, Rosenkranz, auf eigene Anregungen von Leo, Burmeister, Hoffmann u. A., lediglich aus wissenschaftlichen In- teressen Daniels Thesaurus, Philippis Enumeratio Molluscorum, Nitzsch’s Pterylographie u. a. Der geschäftliche Verkehr mit den . hiesigen und auswärtigen Buchhändlern wurde bei dem höchst achtbaren persönlichen Charakter Antons vielfach zu einem freund- lichen und selbst intimen, der bei dem Ausscheiden aus dem Buch- handel im J. 1858 durch ein ungemein freundliches Schreiben des Börsenvorstandes Ausdruck erhielt. Seit den vierziger Jahren entsprach das Geschäft der angestrengten 'Thätigkeit nicht mehr 338 befriedigend, schon 1852 übergab daher Anton die Leitung des Sortimentsgeschäftes seinem ältesten Sohne Max, der es 1859 mit dem Verlage auf eigene Rechnung übernahm und seitdem nach den Grundsätzen seines Vaters fortführt. Antons Leben war das der rastlosesten Thätigkeit. Die Vor- und Nachmittagsstunden widmete er mit ganzer Hingebung seinem Geschäft und bekundete zugleich seine warme Theilnahme an den allgemeinen Interessen des Buchhandels, für die er unter Ande- rem z. B. erfolgreich anregte, dass den jüdischen Buchhändlern der Besuch der Börse nicht ferner verweigert wurde. Während der Früh- und Abendstunden pflegte er mit seltener Energie seine wissenschaftlichen Bedürfnisse, für welche das Material in einer werthvollen Bibliothek und verschiedenen nicht unbedeutenden Sammlungen mit grossen Geldopfern beschafft wurde. Neben der steten Leetüre der deutschen Literatur, gediegener Geschichts- werke und eingehenden geographischen Studien war es die Mi- neralogie nebst der Geologie und Paläontölogie, und ganz beson- ders aber die Conchyholezie: Die Sammlung der letzten brachte er auf 4412 Arten in 13,500 Exemplaren, bearbeitete wiederholt deren Katalog so ausführlich und gründlich, dass derselbe einem Lehrbuch der Conchyliologie glich. In andrer Form wurde ein solcher Katalog 1839 gedruckt und in diesem 348 Arteu als neu scharf diagnosirt. Hiermit und mit der Publikation kleiner con- chyliologischer Abhandlungen trat er in die Reihe der Facheon- chyliogen ein, unterhielt eine lebhafte wissenschaftliche Correspon- denz mit den ersten Autoritäten dieses Gebietes und erwarb sich durch die Schärfe seiner Beobachtungen, die Gründlichkeit seiner Forschungen allgemeine Achtung, welche auch dauernde Anerken- nung in der Wissenschaft fand, indem von Pfeiffer, Koch, Küster, Philippi, Dunker, Giebel und Schwarz nicht weniger als 15 Ar- ten nach Anton bekannt worden sind. Von verschiedenen Seiten wurden ihm Conchylien zur Bestimmung zugeschickt und ebenso gewissenhaft wie pünktlich führte er diese Zeitraubenden Auf- träge aus. Die Akademy of Natural Seiences in Philadelphia schickte ihm das Ehrendiplom. Die mineralogischen Sammlungen wie auch die der Eier, Seeigel und Seesterne wurden ebenfalls sorg- fältig studirt und deren Kataloge als übersichtliche Lehrbücher ausgearbeitet, aber nicht veröffentlicht. Als mit den funfziger Jahren durch die angestrengte Thätigkeit Antons Augen litten und die Sammlungen einen für seine Privat- verhältnisse zu grossen Umfang anzunehmen drohten, entsagte er diesen nachhaltigen Studien und verkaufte die Sammlungen: die conchyliologische Sammlung an das königliche Naturalien-Cabinet in Dresden, die mineralogische an das Mineralien - Comptoir in Freiberg, die Eiersammlung an einen Dresdener Naturalienhänd- ler, die der Korallen, Seeigel und Seesterne durch Tausch gegen eine Siegelsammlung an Oberlehrer Knauth in Halle. Von jetzt 439 ab wandte er seine Studien der allgemeinen Naturgeschichte uud besonders der Zoologie und Botanik zu, und neben diesen gab die Siegelsammlung sowie eine neu angelegte Münzsammlung Veranlassung zu speciellen wiederum schriftlichen geschichtlichen und heraldischen Arbeiten. Neben dieser angestrengien geschäftlichen und wissenschaft- lichen Thätigkeit wusste Anton noch Zeit zu erübrigen, sein leb- haftes Interesse auch für die städtischen Angelegenheiten zu be- thätigen. Die Achtung seiner Mitbürger berief ihn in die Stadt- verordnetenversammlung, in die Einschätzungs- und Gewerbesteuer- Commission, in das Presbyterium der Domkirche, als dessen Mit- slied er die Verwaltung der Armenkasse, die Beauisichtigung der Schule und die Leitung der Bau-Angelegenheiten übernahm. Alle Pflichten dieser Ehrenämter erfüllte er mit hingebendem Eifer und strengster Gewissenhaftigkeit. So verfolgte er beispielsweise sehr nachdrücklich die verzögerte Ausführung der alten Prome- nade, trug trotz seiner vorgerückten Jahre im rauhesten Winter- wetter die kirchlichen Unterstützungen vielen Armen selbst in’s Haus, um sich von deren Lage persönlich zu überzeugen, und wohlwollenden Rath zu spenden, was ihn veranlasste, diese Unter- stützungen noch durch ein Vermächtniss bei der Kirche zu erhöhen. Die politischen Erregungen seit 1848 ergriffen den begei- sterten Freiheitskämpfer von 1813 und 1815 auf das lebhafteste, er betheiligte sich an den Wahlversammlungen und wirkte in seinem Umgange gegen alle extremen Parteibestrebungen. Während Anton in früheren Jahren mit seiner Fawilie kleine Reisen in den Harz, nach "Thüringen, in die sächsiche Schweiz und das Erzgebirge ausführte, fesselten ihn in den spätern Jahren überhäufte Arbeiten an das Haus und nach der Aufgabe seines Geschäftes musste er sich aus gesundheitlichen Rücksichten all- mählig auch aus dem öffentlichen Leben zurückziehen, so dass er die letzten zehn Jahre nur den Angelegenheiten seiner Fa- milie und seiner wissenschaftlichen Lectüre widmete. Die Leb- haftigkeit seines Geistes bewahrte er ungeschwächt bis an sein Ende, das nach nur achttägiger Krankheit am 24. März 1872 erfolgte, nachdem drei Monate früher seine gleich achtbare treue Lebensgefährtin ihm vorausgegangen war. Anton war ein Mann von tief sittlichem Ernst, strengster Rechtlichkeit, freundlich und wohlwollend gegen Jedermann, offen, treu und voll innigster Theilnahme für seine Freunde, bescheiden und gefällig, voll warmem Interesses und opferwillig für das Wohl seiner Mitmenschen, für alles Gute und Schöne, ein treuer Gatte und liebevoller sorgender Vater, und erfreute sich der Achtung Aller, welche mit ihm im Verkehr standen. Unserm sächsisch thüringischen naturwissenschaftlichen Vereine gehörte er seit der constituirenden Versammlung. im Mai 1853 an und wenn er auch den Abendsitzungen aus gesundheitlichen Rücksichten nicht 440 beiwohnen konnte, verfolgte er doch die wissenschaftlichen Ver- handlungen mit der lebhaftesten Theilnahme und setzte sich durch Schenkung seines naturwissenschaftlichen Verlages, einer Eier- und einer Samınlung der einheimischen Conchylien ein bleibendes Denk- mal in unserm Kreise. — Ehre seinem Andenken! Anzeige. Gypsmodelle der Blutkörperchen in 5000 facher Linearver- grösserung von Mensch, Moschus, Ziege, Siebenschläfer, Lama, Buchfink, Eidechse, Frosch, Proteus und Schleihe, sauber colorirt und sorgfältig verpackt, liefert zum Preise von 6 Thaler — Ferner Modelle von Rassenschädeln in der Meckel’schen Sammlung und zwar von Mongolen, Malayen, Aethiopier, Ameri- kanern jung und ausgewachsen, das Stück zu I Thaler 25 Silber- groschen, vom Oraug Utan zu 2°/, Thaler — Gypsimodell eines Wirbels von Dakosaurus amazonicus Gieb. ‘(diese Zeitschrift 1870. XXXV. 170) für 1Ys Thaler, Halle, im Mai 1872. G. M. Klautsch, Assistent am anatom, Institut zu Halle, Beitrag zur Naturgeschichte der Mordwespen- Sattung Pompilus Schivedte, Taf, II. von Ferdinand Karsch. — Ueber die Lebensweise der Mordwespengattung Pom- pilus Schöoedte herrschen verschiedene Ansichten, da die bisherigen Beobachtungen darüber theils noch sehr unvoll- ständig, theils auch zu allgemeiner Natur sind. Eine kurze Zusammenfassung der von den verschiedenen hervorragenden Schriftstellern aufgeführten Beobachtungen wird uns über den gegenwärtigen Stand des Wissens in diesem Punkte im all- gemeinen Aufklärung verschaffen. Schon der Vater der Naturgeschichte, der griechische Weise Aristoteles hat einige Aufmerksamkeit auch den Sphexen zugewendet. ‚Der Ichneumon‘‘, sagt er, „jagt auch die Spinnen.‘“ — „Die Wespen aber, welche Ichneumon ge- nannt werden, die kleiner als die übrigen sind, tödten die Spinnen, schleppen die Cadaver in alte verfallene Mauern oder andere durchlöcherte, Körper und überziehen das Loch mit Lehm; daraus aber entstehen die spürenden Wespen..“*). Diese Beobachtungen des Aristoteles über die Lebensweise der *) Arist. d. anim, hist. ed. Schneid. IX. 2,3: „‚Inosdeıs yag Toüs pd- kayyas 6 Iyveiumv.“ Und 1, V, 20, 15: ‚‚Oide opnzes oi LIyvevuoveo zwhovusvoı (eioi dE Eldrrovs TWv Eregwv)td palayyır Gmoxrreivavtes pE- g0u0L 77005 TEıyloy 7 vı TOL00ToV TOW@yAnv &yov, %al In).G roosnataleiwavtes &vzirtovow ?vravga, zul yiyvovıaı 2E avrov ol Oypnzes ol Iyveduoves. Unter Phalangien scheint Aristoteles bald die geschiekten Spinnen, d. h. die Lauf-, Krabben- und Springspinnen zu verstehen. Er spricht wenigstens sowohl von Phalangien, welche Netze verfer- tigen, als auch von einem kleinen, bunten, lebhaften und hüpfenden, das er Psyllla nennt. — Ichneumon bedeutet der Spürer, ıyvvsg Spur): die spürenden Wespen, hier offenbar Sphex und Pompilus gemeint. Zeitschr. f.d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872, 99 442 Mordwespen und besonders die der Galtungen Sphex und Pompilus sind auch von späteren Beobachtern, von Goed- art2), der sie bei den Netzspinnen, von Bellonius®), der sie bei den Laufspinnen machte, weiter ausgemalt, wie auch von den neueren Autoren bestätigt, genauer bezeichnet und vervollständigt worden. Eine ausführlichere Schilderung seiner Beobachtungen gibt zuerst Christ in seinem, zwar wenig be- kannten und seiten zitirten, aber doch ausgezeichneten und recht originellen Werke, wohl der ersten Monographie der Hymenopteren®). Wesentlich neue Beobachtungen hat er nicht gemacht. Er beschreibt aber ausführlich die verschiedenar- tigen Wohnungen und die Art, wie die Sphexen, die er „Rau- pentödter nennt, sie anfertigen und bezeichnet ‘als ihre Beute: Raupen, seltener andere Insecten, als Spinnen, Käfer ete. Auch sah er ferner, wie die Sphexen ihre Beute nicht, wie es kommt, hineinpfropfen, sondern sie in dem Loche gar artig in ein- ander schlingen und zurecht legen, wie dann der Sphex ein Eichen dazu legt, darauf die Zelle verschliesst, davon geht und alles übrige der Natur überlässt; wie aus dem Ei sich der Sphex entwickelt und zu seinem vollkommenen Wachsthume ihm nichts fehlt. Seine Darstellungen widersprechen späteren Beobachtungen nicht. — Auch Hartlig?) setzt nichts wesent- liches hinzu, hat aber beobachtet, dass die Sphexen, um den zu sammelnden Raub leichter bewältigen zu können, den Spinnen gar häufig die Extremitäten gleichsam abbrechen. — Dahlbom°) beoachtete häufig an Wegen, Fusspfaden, Flussufern und sandigen Orten den Pompilus viaticus L. 2) Hist. Insect. Part. 1], hist. 58. °) Lib. 2, observ. cap. 22. *) Naturgeschichte, Klassification und Nomenclatur der Insec- ten vom Bienen-, Wespen- und Ameisengeschlecht; als der fünften Klasse fünfte Ordnung des Linnei’schen Natursystems von den Inseeten: Hymen- ptera. Mit häutigen Flügeln. Von I. L. Christ, ersterm Pfarrer zu Kronen- berg an der Höh, der Königl. Kurfürstl. Landwirthschaftsgesellsehaft zu Hall-Mitglied. Mit LX ausgemalten Kupfertafeln in einem bes. Band, und einem ausgemalten Tittelkupfer. Fraukfurt am Main. 1791. >) Die Familien der Blattwespen {und Holzwespen nebst einer all- gemeinen Einleitung zur Naturgeschichte der Hymenopteren. Mit acht lithog. Tafeln Abbildungen. Berlin 1837. ( pag. 5.) %) Hymenoptera Europaea. Tom.: Sphex i. s. Linn. Lund. ex Of- fiein Lundbergian 843—1845. (pag. 58). 443 damit beschäftigt: Fliegen, Spinnen, Raupen und andere weiche Insekten zu rauben und die geraubten in ein röhren- förmiges Nest zu lragen, wie er die allzugrosse und über- mächtige Beute rückwärts laufend mit den Oberkiefern fortzog und oft einen langen, beschwerlichen Weg, z. B. über Steine, Löcher, zwischen Stoppeln, Halmen und Sträuchern durchmacht, dass ferner in das unter der Erde verfertigte Nest mehre cylind- rische, abschüssige Röhren führen und der Pompilus, wenn er durch eine derselben verfolgt wird, durch eine andere wahrschein- Jich flieht; dass das Weibchen öfters den Eingang erweitert, indem es den hineingefallenen Sand schnell und in Menge weit nach hinten sehleudert 7... — Lepeletier”s*)\ und Shueckard's**) irrige Ansichten über den Zusammenhang der Lebensweise der Mordwespen mit der Einrichtung ihrer Beine und Kiefer hat schon Westwood***) widerlegt. — Auch Ratzeburg****) hat, ob er gleich auf die Oekouomie der Thiere besonders Gewicht legt, doch die bisherigen Beobachtungen über die Lebensweise der Sphexen durch wesentlich neue. Beobach- tungen nicht bereichert. — Es sammelt aber auch jede Spe- zies eine besondere Art von Insecten, Larven oder Spinnen, jedoch im Nothfalle auch verschiedene und zwar aus fast allen Inseeten-Ordnungen, wie Käfer, Wanzen, Cicaden, Blattläuse, Heuschrecken, Schaben, Raupen, Bienen und andere Hymenop- teren. Auch die Zahl der eingetragenen Insekten ist bei den verschiedenen Spezies verschieden, Spezielle Beobachtungen hierüber und anderes der Art geben Perris, Goureau Latreille, Lepeletier, Shuckard, Westwood, Boie, Dahlbom und Schenck. Letzter stellt+) verschiedene *) Hist. Nat. d. Insect. Hymenopt£res, par M. le comte Amedee Lepeletier de Saint-Fargeau. Tom. Ill. Paris. 1845. e. a. |. **) Essay on theindigenous fossorial Hymenoptera. London. 1837. ***) Introduction to the moderne classification of insects in two volumes. London 1870. #3) Die Forst-Inseeten od. Abb. u. Besehr. d. ind. Wäldern Preus- sens und der Nachbarstaaten als schädlich oder nützlich bekannt ge- wordenen Inseeten. Drit. Th. Die Ader-, Zwei-, Halb-, Netz- und Gerad- flügler. Berlin. 1844. (pag. 30 ff.) rt) Die Grabwespen des Herzogthums Nassau. (Aus den Jahr- büchern des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Heft X11.) Wiesbaden. 1857. 25 444 Beobachtungen zusammen und sagt pag. 224; „Einige Arten sammeln Spinnen, Mehre beschränken sich auf herumirrende, andere holen sie aus ihren Geweben, ohne sich darin zu fangen. Sie dringen zuweilen in die Häuser und eilen dann stracks nach den Ecken, welche mit Geweben von Hausspinnen be- setzt sind. Ihr Gang im Neste der Spinnen ist ruckweise, aber immer gerade nach dem Schlupfwinkel der Spinne ge- richtet, Durch die Erschütterung des Gewebes kommt die Spinne hervor und hält dann still. In diesem Augenblicke wirt sich der Pompilus auf sie und betäubt sie durch einen Stich mit seinem Stachel. Sie stirbt aber dadurch nicht, son- dern solche Spinnen zeigen sogar noch nach 3 Wochen Spuren von Leben. Die Arten, welche Spinnen sammeln, nisten ge- wöhnlich in Holz, wo sie entweder selbst eine Röhre nagen, oder eine schon vorhandene benutzen. In jede Röhre kommt ein Ei und 7—8 Spinnen. Den Eingang verstopft die Wespe mit Sägemehl.“« — So weit Schenck. Das .also die Sphexen die Spinnen verfolgen, sie aus ihren Nestern herausholen, ohne sich in denselben zu fangen; dass sie andere Spinnen auch im Laufe verfolgen und — wie schlau und listig die Sphexen aber dabei oft zu Werke gehen, wissen die Autoren recht artig und unterhaltend zu beschreiben — durch Stiche sie unfähig machen; dass sie ferner mit Spinnencadavern ihre Jungen nähren und dergl. m. sind demnach auf vielfacher und schon altersgrauer Beobachtung beruhende Thatsachen ; — dassaber auch Sphexen an Spinnen schmarotzen scheint noch nicht bekannt zu sein. Es werden daher nachfolgende Aufzeichnungen einen, wenn auch kleinen, so doch gewiss nicht unwillkommenen Beitrag liefern, ebensowohl zur Kenntniss der Schmarotzer der Spinnen, als insbesondere zur Naturgeschichte der Mord- wespenpattung Pompilus Schioedte. Am 2. Jwi des Jahres 1871 fing ich auf dem Uppenberge einer kleinen Anhöhe ungefähr eine halbe Stunde von Mün- ster in Westfalen entfernt, ein offenbar ausgewachsenes Weibchen von Aranea inquilina CGerck, (Tarantula id. Koch, T. barbipes Westving). Es lief munter im Haide- kraute umher und suchte sich zu sonnen. Es war ein Exeı- plar von gewöhnlicher Grösse, etwa 0,014 lang; daher war 445 es mir auffallend, dass das erwachsene Weibchen noch keinen Eiersack trug, — wenigstens bemerkte ich keinen, suchte aber darnach, da es mir einige Mühe gekostet, das flinke Thier zu erwischen; — zumal doch schon im Monat Mai die Männer im Zustande der Begattungsreife gewöhnlich angetroffen wer- den. Auch schien mir der Hinterleib nicht so aufgeblasen zu sein, wie man ihn um diese Zeit gewöhnlich findet, zumal kurz vor dem Absetzen der Eier. Eines aber fiel mir ganz besonders auf: dass nämlich die Spinne auf dem Rücken des Hinterleibes etwas seitwärts rechts und zwar am Anfange des- selben ein etwas röthlich weisses, glänzendes Wülstchen hatte, so dass ich lürchtete, das Thier beim Einfangen unvorsichtig ein wenig zerdrückt zu haben, — aber doch leider nicht weiter auf die Sache achtete. — Zu Hause angelangt, sperrte ich das Individuum in ein ziemlich geräumiges Kästchen ein, um das Absetzen der Eier abzuwarten. Am 16. Juli endlich als ich eben der (allhier ziemlich häufigen) Tarantel etwas Wasser in die Dose spritzte und ihr eine Fliege zur Nahrung vorwerfen wollte, — das unruhige Thier also auf einen Mo- ment zur Ruhe brachte: bemerkte ich, dass das genannte weisse kleine Wülstchen bedeutend grösser geworden und eine ganz bestimmte, sich schlängelnde, längliche Gestalt angenom- men hatte. Das veranlasste mich, die Sache einmal genauer zu untersuchen und ich entdeckte unter der Loupe sogleich einen runden, weissen, etwas durchsichtigen, nackten und stark glänzenden Kopf und daran einen deutlich gegliederten, grau- röthlich weissen Leib, eine beinlose Larve, einen Spinnen- schmarotzer. Taf. III, Fig, A. Der Schmarotzer sass offen- bar mit den Mundtheilen im Leibe der Spinue fest, denn der hintere Leib staud bisweilen ein wenig ab und nahm zuweilen eine etwas veränderte Lage an. Die Spinne aber war noch immer ganz - munter und guter Dinge. Sehr auffallend war es mir und sonderbar, dass die Spinne nicht wenigstens in ihrer und trotz ihrer Lebenslust den Versuch machte, den lästigen, markaussaugenden Tod- bringer los zu werden: mit einem einzigen starken Drucke des rechten letzten Hinterbeines hätte sie ihn zerdrücken oder doch wenigstens abstreifen können. Im Gegentheil! Die Spinne suchte vielmehr den Schmarotzer vor jeder Behelligung und 446 jedweder Berührung mit ihren Beinen möglichst zu schützen; — und dieses zeigte sich namentlich darin, dass sie ihren Hinterleibsrücken — die Larve sass rechts, etwas seitwärts und mit dem Leibe etwas schräg nach unten zu — so nach links drehete, und ihn auch selbst im Laufe so zu halten suchte, dass sie die Larve init ihrem letzten und längsten rech- ten Hinterbeine nicht berühren und streifen konnte. Diese Haltung der Spinne und die Larve in ihrer damaligen Ent- wickelung gibt A Taf. III möglichst genau wieder. Da mir nun bekannt war, dass Menge seine Beobach- tungen über die Schmarotzer der Spinnen in seinem Werke über Preussische Spinnen*) niedergelegt hat, so lag es nahe, in diesem ausgezeichneten und überaus gründlichen Werke nach Aufklärung zu suchen und ich fand daselbst pag, 38 wört- lich folgendes: „Wenn die Beobachtungen über diese Thiere . . .“ sagt er in Bezug auf eine kleine Mundhornfliege, Henops mar- ginatus Meig. zweifl. Insecten III, tab. 24, fig. 12 oder Oncodes pallipes Erichson Entomomographien p. 172, die er aus einem Weibchen der Clubiona putris Koch sich hatte entwickeln sehen . . , „nun noch sehr unvollständig er- scheinen, so sind es die über die folgenden zwei Würmer noch weit mehr, da ich sie nicht zur Entwickelung habe bringen können. Den einen Wurm Taf. TI. E fand ich am 27. August 1863 im Sande unter abgefallenem Laube auf einem ausgewachsenen Weibchen von Arclosa cinerea oben am An- fange des Hinterleibes. Der Wurm war nackt und röthlich weiss, ohne Füsse, 2 Mm. lang, der Kopf fast kugelig, gelblich weiss und durchscheinend, der Hals eng, der Leib sackartig aufgetrieben, ınit schwach angedeuteter Gliederung. An der Seite war ein vom Halse bis zum Hinterleibe verlaufender Tracheenstamm wahrnehmbar, dessen Zweige sich über die Leibesglieder verbreiteten. Am Kopfe, Taf. III, Fig. F. konnte ich eine abgerundete kurze Oberlippe m, zwei Unterkiefer“ — (wird Oberkiefer heissen müssen) —- „mit hornigen, brau- nen Spitzen nn und eine längliche Oberlippe“ — (wird Unter- *) Preussische Spinnen. Von A. Menge. Danzig. Druck von A. W. Kafemann, 186%. Abtheilung I, 447 lippe heissen müssen) — „mit zwei Seitenläppchen pp, die vielleicht die Unterkiefer sind, unterscheiden. Auffallend war es, dass die grosse Spinne ganz ruhig, wie todt, da lag und das kleine Würmchen, dass sie doch leicht mit den Füssen hätte abstreifen können, so unbehelligt mit fortnagen liess. Es hatte sich fest an den Leib angeso- sen und trennte sich nicht davon beim Nachhausetragen. Am dritten Tage streckte es die Unterlippe sehr oft hervor und die beiden Oberkiefer bewegten sich wie kauend hin und her. Es scheinen demnach die Mundtheile das doppelte Geschäft des Kauens und Saugens zu haben und vermuthe ich daraus, dass die Larve einem Hymenopteron an- gehört. In der Ruhe bedeckte die herausgebogene Unterlippe die beiden Oberkiefer beinahe vollständig. Die Spinne, die am zweiten Tage noch mit den Füssen zuckte, wenn ich sie von der Stelle bewegte, war jetzt ganz todi, der Hinterleib welk und voller Runzeln, der Wurm war 4 Mm. lang geworden. Am 5. Sept hatte die Larve den ganzen Hinterleib, das Innere des Cephalothorax und den Schenkel des rechten Hinterfusses aufgezehrt, mochte nun nicht weiter fressen und bewegte sich unruhig hin und her. Sie war um die Hälfte grösser und stärker geworden und an dem Leibe liess sich deutlich Kopf Brust und Hinterleib unterscheiden Fig. G. Ich machte ihr eine kleine Vertiefung im Sande, da ich sie mit der Spinne in diesem gefunden hatte. Sie blieb darin liegen und um- spann sich mit einer Hülle, aus der ich das Ausschlüpfen des In- sectes jedoch vergebens erwartete... „ — Merkwürdig scheint mir, dass keiner der Würmer sich häutete, was bei Schmarotzern nicht Sitte zu sein scheint; die Haut war so weich und nach- giebig, dass sie sich ohnedies hinreichend ausdehnte.“ So weit Menge. — Ich glaubte, und war fest überzeugt, unter dieser Larve, welche Menge „nicht zur Entwickelung hat bringen können“, auch dieselbe Art vor mir zu haben, welche ich das Glück hatte auf einer Tarantel zu finden und zu be- obachten. Denn abgesehen davon, dass die Beschreibung der Menge’schen Larve der meinigen durchaus entspricht, sind noch gar mancherlei Gründe vorhanden, welche mich zu dieser Annahme nöthigen. Einmal fand Menge seinen Wurm „im Sande unter abgefallenem Laube auf einem ausgewachsenen 448 Weibchen der Tarantula inquilina Ülerek. Menge fand ihn ferner auf einem ausgewachsenen Weibchen von Arctosa cinerea „oben am Anfange des Hinterleibes.“ Auch mein Wurm fand sieh nieht im Leibe der T. inquilina, sondern auf dem Hinterleibsrücken, etwas seitwärts und zwar ‚am Anfange des- selben.“ — Da nun also Menge über die Entwickelung der Larve genauere Beobachtungen und Untersuchungen angestellt, aber darüber das Thier nicht zur vollen Entwickelun » 'e 'racht hatte, so hielt ich es für meine Aufgabe, alle Sorgfalt und Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, meinen Spinnenschma- rotzer zur vollen Entwickelung zu bringen, weshalb ich alle Untersuchungen vermied, welche denselben in den Fortgange seiner Rintwickelung etwa hätten stören können. Ich glaube aber, durch die Beifügung dieser sorgfältigen Beobachtungen und genauen Untersuchungen Menge’s gerade den Fortgang der Entwickelung der Larve einigermassen vervollständigt, die Lücken in meinen Beobachtungen einigermassen wenigstens ausgefüllt zu haben. Es ist mir nun auch in der That ge- lungen, zu einem befriedigenden Resultate durch meine Be- obachtungen zu gelangen. Dabei aber hat sich die Vermuth- ung Menge’s, dass seine Larve einem Hymenopteron ange- höre, vollkommen bestätigt. Wie es mir aber gelungen und was ich alles dabei beobachtet habe, will ich im folgenden kurz und der Wahrheit gemäss wiedergeben. Gegen Mittag des 16. Juli sah meine Larve folgender ınassen aus: Kopf rund, milchweiss, glänzend, kahl; Leib in der Mitte breiter als an beiden Enden, der Hals sehr schmal ; vom Kopfe bis zur Mitte des Leibes ungefähr glatt und ohne Zeichnung, röthlichweiss, mit fünf bis sechs deutlichen Ring- einschnitten, durch deren Mitte seitwärts ein ebenfalls milch- weisser dünner, aber deutlicher Längsstrich lief; von der Mitte des Leibes bis zum Ende (desseiben war die röthliche Grundfarbe durch milchweisse Tüpfeln wie aufgespritzter Kalk unterbrochen und nur undeutliche Spuren von Ringen wahr- nehmbar. Das ganze Thier war etwa 0,004 lang. — Um nun die Entwickelung der Larve und das Gebahren der Tarantel genauer beobachten zu können, setzte ich die Spinne aus der Dose in ein geräumiges Glas, dessen Boden einige, etwa 0,07 hoch mit lockerer Erde angefüllt war. Als ich einige Stunden 449 darauf gegen Abend wieder zusah, bemerkte ich, dass die Spinne sich ein elwa 0,04 tiefes, gleichmässiges, rundes und vertical hinablaufendes Loch im Sande des Glases gegraben hatte, eine Höhlung, in der sich die Spinne bequem drehen und wenden konnte. Dann trug sie mit den Kiefern, offenbar um das Loch zu verengen und so sich vor Verfolgung zu schützen, zugleich aber auch, um die Höhlung noch tiefer zu machen mit dem Maule von dem Boden derselben Sandkörnchen und kleine Kieselsteinchen nach oben und legte selbige behutsam am Rande des Aus- und Einganges ihrer neuen Wohnung nie- der, drehete sich sodann herum und befestigte die Körner an- einander und an die Unterlage derselben,, indem sie mit ihren Spinnenwarzen darüber hinstrich, wie der Maler mit seinem Pinsel über die Leinewand. Wenn nun der Eingang vor dem Einsturz auf diese Weise hinreichend gesichert war, so lief die Spinne eilig wieder hinab und kehrte alsbald mit eine! neuen Auflage zurück. In der That: ein allerliebstes Schau- spiel! Wohl eine Stunde und länger war sie unermüdlich thätig, auf diese Art und Weise den Eingang der Wohnung . mehr und mehr zu verengen; doch hatte sie sich während der ganzen Zeit um den Schmarotzer nicht bekümmert — sie schien es nicht zu fühlen, dass sie ihr eigen Grab sich zu graben im Begriffe stehe; - - als sie endlich zur Ruhe ge kommen und der Eingang zur Höhle ganz rund und sehr eng geworden: da war es mir unmöglich das -Gebahren der Taran- tel, wie auch die fernere Entwickelung der Larve des weiteren zu beobachten. Da es mir zudem zum weiteren Beobachten an Zeit gebrach, so sah ich erst am folgenden Tage wieder genauer zu und entdeckte weder von der Spinne etwas, noch von einer Oeffnung, einem Eingang zur Höhle. Doch an einer Stelle und zwar an der, wo die Spinne sich am Abende vor- her ihr eigen Grab gegraben, an derselben Stelle war die Erde offenbar ein wenig erhöht, und dicht daneben lag auf einer Seite ein Kieselsteinchen, von der Grösse einer Erbse ungefähr, das, wie ich mich noch erinnerte, am Abende vor- her etwa 0,01 von dem Loche gelegen, in dem ich die Spinne arbeitend angetroffen. Ich entfernte alsobald mit Hülfe der Pincette dieses Steinchen und blickte in eine runde, sehr kleine Oeffnung, zu klein, um der Spinne bequemen Ausgang zu ver- 450 schaffen; — und blickte in eine Höhlung, die mit einem Dache bedeckt war, welche, gewölbt und fest, aus kleinen,’ durch Spivn- fäden aneinandergereiheten Sandkörnchen bestand; aber weiter konnte ich nichts wahrnehmen — in der Höhle war’s tiefste Nacht. Zugleich aber war das Loch, die Oeffnung schräg an- gebracht und zu klein, um hinabblicken zu lassen. Die Dach- wölbung zu entfernen, hatte ich noch nicht den Muth, — aus Furcht, die Larve in ihrer Entwickelung dadurch zu stören. Am 4. August aber nahm ich die Dachwölbung fort und sah ganz am Grunde der 0,04 tiefen Wohnung eine längliche, runde, graugelbliche Puppe, mit dem oberen, dem Kopftheile, etwas schräg nach oben gerichtet, mit dem unteren hingegen dicht am Boden der Höhle liegend und mit dieken und festen grau- gelblichen Fäden dicht und fest umsponnen, von der Grösse und Dicke des Hinterleibes meiner Tarantel, von der ich nichts mehr bemerken konnte, Am 17. August endlich lief ein mit Fühlhorn, Flügeln und Beinchen gar beweglicher und sehr flinker Sphex im Glase munter hin und her. Damit kein Zweifel über die Art entsteht, lasse ich eine etwas ausführliche Beschrei- bung des Exemplares folgen; Körperlänge 0,01. Körper lang getreckt, schmal. Hinterleib eiförmig, länglich, im Querschnitt rund, gestielt, Stielchen schwarz. Der obere Theil des Hin- terleibes bis ungefähr zur Hälfte des 3. Rücken- und Bauchseg- mentes schön braunroth, die Spitze, spitzzulaufend, tief schwarz glänzend wie der ganze Leib. Der Vorderleib, das Schildchen, die Beine und die fadenförmigen Fühler schwarz, letzte un- gefähr von Flügellänge. Fig. C ist das möglichst naturgetreu und in natürlicher Grösse wiedergegebene vollkommene Insect. Fig. D stellt die charakteristischen Vorder- und Hinter-Flügel dar. In jenem 1) ist 1 die Randzelle, 2 die Medialzelle, 3 und 4 erste und zweite Submedialzelle, 5 die Analzelle, 6 das Mal, 7 die Radialzelle, 8 die (4) Cubitalzellen, 9 die (3) Dis- coidalzellen, 10 die Spitzenzelle und r bezeichnet die beiden rücklaufenden Adern, die Discoidalqueradern. — In diesem (2) ist 1 die Randzelle (Costalzelle), 2 die Medialzelle, 3 die Submedialzelle, 4 die Analzelle, 6 die Cubitalzelle und 7 die Discoidalzelle; 1 ist das Läppchen. — In Fig. H stellt a die beiden Schiensporen des Hinterbeines dar. — Jetzt nachdem der Pompilus die Puppenhülle abgestreift, hatte ich Gelegen- 451 heit, auch die Puppe genauer zu untersuchen. Fig. Ba stellt die das Insect einschliessende Hülle dar, Bb ist die durch das Ausschlüpfen des vollkommenen Insectes am oberen, am,Kopf- theile abgesprungene äussere Hülle. Dieselbe ist steif, fest, im Inneren dunkler und stark glänzend, bräunlichgelblich, In derselben fanden sich noch einige Reste der Larve und Puppe. — Die Schmarotzerlarve hatte offenbar die Spinne ganz ver- zehrt, denn es fanden sich von dieser nur noch einige kleine Stückchen von Beinen und zwar die Füsse, ferner die hart- schaligen Stücke des Vorderleibes und der Fresszangen, welche alle in den die Puppenhülle fest umgebenden graugelblich- bräunlichen, starken, kräuseligen, aber glanzlosen Fäden hingen, was Ba veranschaulicht, — Was die Bestimmung der Art angeht, so führt uns der Eine Schenkelring des Beines (Fig. H) zunächst auf die Mono- trochen, das beigegebene, naturgetreue Flügelgeäder der Wespe (Fig. D) aber mit absoluter Sicherheit auf die Mordwespen- Gattung Pompilus Schioedie. Von den vielen Arten die- ser Gattung aber scheint mir auf meine Wespe am meisten Pompilusfuscus Fabr. zu passen, wie ihn z.E.Schenck*) beschreibt. Ich muss jedoch bemerken, dass die Abbildung, welche der Arachnologe Blackwall**) von seinem Pom- pilus sepicola F. Smith gibt — er zitirt nämlich als Synonym dazu Pompilus fuscus Fabr. not of Linn.“ — ein räthselhaftes Thier ist; denn einmal passt das Flügelg&ader wie es Blackwall zeichnet, auf nichts weniger, denn auf einen Pompilus Schioedte und zweitehis nennt er ihn auch einen ‚large Ichneumon“, entwirft eine über 0,03 lange Ab- bildung und vergisst (?) einen Längenstrich beizufügen. Was er aber von der Lebensweisse**) der Wespe sagt, ist sehr allgemein und nichts mehr, als auch schon der grosse Stagirite beobachtet hatte. Blackwall aber istneben Menge +) Die Grabwespen u. s. w. pag. 135° Pompilus trivialis Klug. (tri- vialis Dahlb. M. P. et E. H. excel. syn. Linn., et Fabr., minutus Zett.) 4) A history of the Spiders of Great Britain and Ireland. By John Blackwall. T. L. S. London: printed for the ray society. 1860 und 1864 2 part. 5) „A large Ichneumon, which, after paralysing spiders by piereing them with its ovipositor, conveys them to its nidus ass food for its young.“ ist alles was Blackwall über die Lebensweise der Wespe sagt. 452 meines Wissens der einzige Arachnologe, welcher auch den Schmarotzern der Spinnen einige Aufmerksamkeit zugewen- det hat. — Das Schmarotzerleben unseres Pompilus also hat ein dop- peltes Interesse, einmal, weil esuns belehrt, dass nicht allein Larven ditrochischer Wespen, bei denen freilich diese Erschei- nung etwas sehr gewöhnliches ist — ich erinnere nur an Schlupfwespen und Schlupfwespen-Verwandte — sondern auch Monotrochen als Spinnenschmarotzer auftreten; dann ferner, dass unsere Larve nicht, wie die übrigen Schmarotzerlarven, im Inneren lebt und auch grossentheils ihre Entwickelung vol- lendet, sondern sich vielmehr aussen am Leibe des Opfers festsaugt, was um so bemerkenswerther ist, als die sonst be- kannten, an Spinnen schmarotzenden Larven z. E. der Mund- hornfliege, Henops marginatus Meig im Inneren der Spin- nen ihr Larvenleben verbringen. Immerwährende Kalender, Nachtrag zu der gleichnamigen Abhandlung in Band XXXVIIL, S. 387—440 dieser Zeitschrift von Gustav Schubring. In meiner Abliandlung über immerwährende Kalender habe ich einige stellbare Kalender von C. A. Kesselmeyer beschrieben, welche ihrer praktischen Einrichtung wegen be- sondere Empfehlung verdienen. Der unermüdliche Herr Kessel- meyer hat seitdem die Zahl seiner Kalender noch vermehrt und ich freue mich, zunächst einen derselben hier beschreiben zu dürfen. Zugleich benutze ich die Gelegenheit einige andere Berichtigungen und Zusätze zu meiner Abhandlung und zu ınei- nem stellbaren Kalender mitzutheilen. Der neue, ganz originelle Kalender Kesselmeyer’s hat die Form eines Cylinders von ungefähr I Centimeter Durchmesser und 16" Gentimeter Länge; dieser Cylinder ist mit Papier- rollen umgeben, welche theils fest, theils beweglich sind, und 453 welche durch die verschiedene Stellungen, in die sie gebracht werden können, einen Kalender vom Jahre 1 der christlichen Zeitrechnung bis zum Jahre 2099 (alter und neuer Stil) repräsentiren. Die Oberfläche des Cylinders ist in 4 Abschnitte getheilt, der erste enthält die Säcularjahre, der zweite die Jahre der einzelnen Jahrhunderte von 00 bis 99; der dritte Abschnitt besteht aus zwei Hälften: a) die Monate des Jahres — b) die Tage des Monats; der vierte Abschnitt enthält die 7 Wochentage. Der erste und letzte Abschnitt ist auf den Cylinder fest aufgeklebt, der zweite und dritte Abschnitt da- gegen, sind drehbar, so dass jedes Datum auf jeden Wochen- tag gestellt werden kann. Auf der folgenden Seite ist ist die Oberfläche des Kalen- ders abgewickelt; wenn man die 7 Zeilen, neben denen das Wort Cylinderfläche steht, herausschneidet und in der angebe- nen Weise um einen runden Stab wickelt, so erhält man den Kalender, oder, wie ihn Kesselmeyer nennt, den ‚‚stellbaren eylindrischen Wochentagsbestimmer.“ Man hätte dabei nur nöthig den Abschnitt mit den Säcularjahren und den mit den Wochentagen fest auf die Walze aufzukleben, aus dem 2. und 3. Abschnitt aber je ein Röllchen herzustellen, welches sich auf der Walze drehen lässt. Die Gebrauchsanweisung und ein Beispiel (von Kesselmeyer selbst angegeben) ist gleichfalls mit abgedruckt. Dieser „eylindrische Wochentagsbestimmer‘ ist im Selbstverlag des Verfassers erschienen und auf buchhänd. lerischen Wege aus der Buchhandlung von H. Schöpf in Dres- den (Kreuzstrasse 17) für 10 Ngr. zu beziehen. Obgleich dieser Kalender sehr compendiös ist, so hat ihn Kesselmeyer doch noch weiter verkleinert, um ihn als Berloque an der Uhrkette tragen zu können, Er hat nämlich im zwei- ten Abschnitt die Gemeinjahre weggelassen und die Schalt- Jahre so angeordnet, wie es die Tabelle auf S. 454 zeigt; die- selbe stellt ebenfalls die Oberfläche des Cylinders dar, aber in etwas vergrösserten Massstabe: in Wirklichkeit ist dieser „goldene Kalender“ nur 4'% Centimeter lang und etwa 6 Milli- meter stark; in der Mitte hat er einen Haken, damit man ihn an die Uhrkette hängen kann. Von Gold hergestellt und mit emaillirten Ziffern versehen, kostet er 30 Thaler, Er wird na- türlich nur auf besondere Bestellung angefertigt. 454 | SRSPIRBSRET AN PER BAERSTSPISSCHBe BIETER EEE RIESE FERN UOTE CRPOrR.TSNEDITFLEBEe Sr TETBETEEUSCETIESRIERERTTTERG m Säcular-Jahre. Jahre des Jahrhunderts. 6.13.20 | —. — 00. 6.17.23.28.34.45.51.56.62.73.79.84.90.— Jan. Oct. |1. 8.15. 22.29 5.12.19 | 16.20 1. 7.12.18.29.35.40.46.57.63.68.74.85.91 .96 |Jan. Ap. Jul.) 2. 9.16.23. 30 Monate des | Tage Alt. Stil. | N. Stil, nie Schaltjahre, u. Jan. u. Febr. für diese sind felt gedruckt. | Jahres des Monats. : a 2 3 4.11.18 | 15.19 en ‘Sept. Dec. | 3.10.17.24.31 5 E 3.10.17 | —.— | 3. 8.14.25.31.36.42.53.50.64.70.81.87.02.98 | Juni, |4.11.18.35.— a =|2. 9.16 | —.18 | 9.15.20.26.37.43.48.54.65.71.%0.82.03.09.— |\kb.Mr.Nov.5.12.9 20. — 3 SZ] T.8.5 | =.= | #.10.21.27.32.38.49.55.00.06.77.88.88.94.— || Feb, Aug. 6.18.0237. : 0.7.14 | —.17 || 5. 11.16.22.33.39.44.50.61.07.72.78.80.95. SuDE Ba #3 Unbeweglich. = Man stelle die 00 gegen das Säcularjahr des en Man stelle d. Mon. geg. m 2; LTE N ET TE Er EEE Fu a FE EN ET Te Sa Pr ET EEE TE EEE EEE TEE ET ET ET EEE ET EEE Ca RETTEN TREE TESEIELT EEE Jen Erklärungen zum Immerwährenden Wochentagsbestimmer, 1) Man stelle gegen das Säcular-Jahr des gegebenen Datums, alten oder neuen Stils, die 00 der Jahre des Jahrhunderts N). 2) Man stelle gegen das gegebene Jahr den gegebenen Monat?). 3) Man findet neben dem gegebenen Tage des Monats den geforderten Wochentag. Beispiel. Der Präliminar-Friede von Versailles wurde am 2, März 1871 abgeschlossen. An welchem Wochentage ? 1) Man stelle gegen Säc. Jahr n. St. 18 die 00 der Jahre des Jahrhunderts, 2) Man stelle gegen das Jahr 71 den Monat März. 3) Man findet neben dem 2. Tage des Monats den Donnerstag als den gesuchten Wochentag Besondere Bemerkungen. 1) Für die Jahre 1—99 alten Stils gilt das Säe.-J. 0. 2) in Schaltjahren hat man die fettgedruckten Januar und Februar zu gebrauchen, Alle Säcular-Schaltjahre, (also alle Säcularjahre alten Stils und 1600 und 2000 n. Stil.) sind wie Säcular-Jahre + 28 zu belıandeln, z. B. 1600 = 1628 alten und neuen Stils. Alle Säcular-Gemein-Jahre (also 1700, 1800, 1900 n. Stils) sind wie Säcularjahre + 6 zu behandeln, z, B. 1800n. Stils 1306 455 Säeularjahre. Schaltjahre, Monate. Tage Wochen. NS}, N./St. des Monats. Tage. "13.20 |. _100.28.56.84 - 8.15.22.29 .12.19 |16.20]12.40.68 .11.18 |15.199 24.52.80. .17 |—.—| 8.36.64. 92 Sa. 2. 9.16 !18.22]20.48.76. . 8.15 I—:—| 4.32.60.88 | August. ! | lrelloejälen es h - (>) "7.14.21 | 17.215 16.44.72. — Der Gebrauch dieses Kalenders ist folgender: 1) Man stelle 00 gegen das Säcularjahr des gegebe- nen Jahres. 2) Man suche das gegebene Jahr auf: a) ist es ein Schaltjahr, so findet man es direct. b) ist es ein Gemeinjahr, so suche man das vorher- gehende Schaltjahr auf: 3) Man stelle in beiden Fällen den Monat gegen das Schaltjahr. 4) Dann findet man neben dem Tage des Monats den gesuchten Wochentag, welcher a) in Schaltjahren für Januar und Februar um 1 zu vermindern ist, b) für März bis November direct gilt; — ec) in Gemeinjahren um 1, 2, oder 3 zu vermehren ist, je nachdem das Gemeinjahr das 1., 2. oder 3. nach einem Schaltjahr ist. Anmerkung. Das vermindern oder vermehren kann natürlich durch entsprechende Drehungen ersetzt werden, Besondere Fälle. Die Jahre 1 bis 99 sind zu behandeln wie Jahre 701 bis 799. Alle Säcularjahre alten Stils und 1600, 2000 n. St. sind wie Säc. J. + 28 zu behandeln; z. B. 1600 a.u.n. St, = 1628. Alle Säcular - Gemeinjahre n. St. (1700, 1800, 1900, 2100) sind wie Säc. J. + 6 zu behandeln; z. B. 1700 n. St, = 1706. Für die Gemeinjahre 1, 2 u. 3 gilt natürlich Schaltjahr 00. Mai, .14.21.28. Wie man sieht, ist der cylindrische Kalender in seiner compendiöseren Form bedeutend schwieriger zu handhaben, als in der anfangs beschriebenen; wenn man ihn aber nur als Kalender fürs laufende, Jahr benutzen will, so kann man sich 456 die Einstellung bedeulend erleichtern; man braucht sich dazu nur den Wochentag des 1. Januar zu merken und stellt den gegebenen Monat auf den ersten Wochentag des Jahres: dann findet man neben dem gegebenen Jahre den entsprechenden Wochentag. In Schaltjahren sind jedoch für März bis Decem- ber die gefundenen Wochentage um 1 zu.erhöhen. Dasselbe Verfahren kann man natürlich auch bei dem grösseren cylind- rischen Kalender anwenden. Ausser diesen beiden ceylindrischen Kalendern hat Kessel- meyer den „stellbaren Universalkalender (siehe meine Ab- handlung S. 415 u. 419 ff.) in neuer Auflage erscheinen lassen, so dass derselbe jetzt entweder in Form einer Buchschale (Auflage 1) oder als aufhängbare Tafel (Auflage 2) zu beziehen ist — beide zu dem gleichen Preise von 2 Thlrn. (durch die Buchhandlung von H. Schöpf in Dresden), Ferner hat H. Kesselmeyer die Freundlichkeit gehabt mir ein paar Berichtigungen zukommen zu lassen, die ich hier dankend mittheile. Auf S. 418 habe ich nach Kesselmeyer das Beispiel von der Krönung Karl des Grossen erwähnt; nach einer Mit- theilung des Herrn Prof. Heis aus Münster an Herrn Kessel- ımeyer verhält es sich doch anders: die Krönung faud statt am 25. Dec. 801 nach damaliger Zählungsweise, das ist aın 25. Dec. 800 nach chronologischer Zählung; dieser Tag war ein Freitag. ’ Auf derselben Seite habe ich bemerkt, dass die Angaben über die Einführung des Gregorianischen Kalenders bei Sch mö- ger und Kesselmeyeretwasdifferiren. Herr Kesselmeyer hat nochmals in den Quellen nachgeflorscht und findet nun für Fraukreich, dass man dort vom 9. Dec. direct zum 20. über- gesangen ist, so dass also v.Schmöger sich auch um 1 Tag geirrt hat. (siehe „Art de verijier les Daies 1, 82; Paris 1818).“ Im katholischen Holland fand der Uebergang, wie v. Schmöger angibt, vom 14. Dec. 1582 a. St. zum 25. Dec. 1582 n, Stils statt, wonach also die Angaben Kesselmeyers im Kalendarium und im stellbaren Monatskalender zu verbessern 457 sein würden. Die protestantischen Niederlande (Gueldern, Zätphen, Utrecht, Friesland, Gröningen, Over-Yssel) wechselten ihren Stil erst mit den deutschen Protestanten, sie zählten also im Jahre 1700 vom 18. Febr. a. St. gleich zum 1. März n. St. Sodann hat mich Herr Kesselmeyer auf ein kleines Versehen aufmerksam gemacht, welches ich auf S, 429 be. gangen habe; es heisst da; „Wir gehen aus vom 21. März des Jahres 1 v. Chr., d. i. desjenigen Jahres, welches Dionysius Exiguus als das Geburtsjahr Christi betrachtet und welches...“ u. s. w. — Nach Matzka: „Die Chronologie in ihrem ganzen Umfange“ (Wien 1844, Bech’sche Universitätsbuchhandlung) S. 128 8 AT setzte aber Dionysius die Geburt Christi an den Schluss des ersten Jahres seiner Aera, also an den Schluss des Jahres 754 nach Erbauung der Stadt Rom. — Es wären demnach an der angeführten Stelle die Worte: „welches Dio Dysiuse.. .. . betrachtet und“ zu streichen und die Abkürzung „Jahr 1 v. Chr.“ besser durch ‚Jahr 1 vor der christlichen Zeitrechnung“ zu ersetzen. Auf die übrigen Darstellung und die Berechnung der Osterformel hat dies Versehen so wenig Einfluss, wie es bei der Berechnung des Hrn. Prof. Kinkelin ohne Einfluss war, dass er dasselbe Jahr der Kürze wegen als das ‚Jahr 0“ bezeichnete; nur für die Zeit vor der christlichen Zeitrechnung würde die Annahme eines Jahres O0 falsche Re- sultate geben. | Zu meinem eigenen stellbaren Kalender übergehend muss ich bemerken, dass sich auf demselben ein unbedeutender Druckfehler eingeschlichen hat; nach der letzten Correctur hat der Lithograph durch ein Misverständnis sich veranlasst gesehen, das Wort Dusstag (nämlich der Busstag in Sachsen zwischen den Sonntagen Aeminiscere und Oculi im linke, untern Theil der mittelsten Tabelle) in Fasszag zu verwandeln Der Fehler lässt sich leicht corrigiren, nicht so die missrathenen Himmelsthiere, für die ich ebenfalls nicht mich verantwortlich zu machen bitte. Auf mehrfach ausgesprochenen Wunsch lasse ich umste- hend noch eine möglichst knappe Gebrauchsanweisung für den fertig hergestellten Kalender, wie er vom Buchbindermeister Henning in Halle zu beziehen ist, folgen. Zeitschr. f,d. ges. Naturwiss. Bd, XXX1X, 1872, 30 458 Gebrauchsanweisune. I. Den Kalender auf einen bestimmtemMonateines bestimmten Jahres einzustellen oder den Wochen- tag eines bestimmten Datums aufzusuchen. Man suche das Jahr in der Tabelle links (Sonne) auf und entnehme daraus den darüber stehenden Buchstaben: den sogenannten Sonntagsbuch- staben. Ist das Jahr ein Schaltjahr, so gilt für die Monate Januar und Februar die mit einem a bezeichnete Jahreszahl, für die andern 10 Monate die mit b bezeichnete. Alsdann suche man den gefundenen Sonntagsbuch- staben in der unter den Monaten befindlichen schmalen Spalte auf und drehe die hintere Scheibe des Kalenders mit Hilfe des kleinen Griffs so, dass dieser Buchstabe gerade unter den gegebenen Monat kommt. Dabei ist zu beachten, dass jeder Buchstabe mit Ausnahme des A zweimal dasteht; welcher von beiden jedesmal zu nehmen ist, ergibt sich leicht, wenn man unten die Zahl 1 im Auge behält — diese darf nie verdeckt werden. — Wenn der Kalender so eingestellt ist, dann hat man unter den Buchstaben So. Mo. Di. Mi. Do. Fr. Sa. den Kalender des gegebenen Monats. I. Den Ostertag eines beliebigen Jahres aufzusuchen. Man suche das gegebene Jahr in der Tabelle rechts (Mond) auf, ent- nehme daraus das danebenstehende Datum des Ostervollmondes; stelle dann auf die unter I beschriebene Weise den Kalender für den März resp. April desselben Jahres ein und sehe dann zu, auf welchen Wochentag der Ostervollmond fällt: der nächste Sonntag ist dann das Osterfest. — Mit Hilfe der Tabelle über die beweglichen Sonn- und Festtage lässt sich dann der gauze Festkalender herstellen. Beispiel. 1. April 1872. Geburtsfest des Fürsten Bismarck. Das Jahr 1872 ist ein Schaltjahr, für den April gilt die Zahl 72b, darüber steht in der Sonnentabelle der Buchstabe F. Stellt man diesen Buch- staben auf den April, so findet sich, dass der erste Tag dieses Monats ein Montag war. Dass er auf den zweiten Osterfeiertug fiel, findet man mit Hilfe der Mondtabelle. Dort steht neben dem Jahre 1872 als Oster- vollmond der 24. März, stellt man nun den Sonntagsbuchstaben F auf den März, so zeigt sich, dass dieser Tag ein Sonntag (Palmsonntag) war, der darauf folgende Sonntag, das ist der 31. März, war der erste Öster- feiertag und Tags darauf, am 1. April also der zweite Festtag, Dieser Kalender ist zu haben bei Buchbindermeister August Henning Halle a/S., Rannische Strasse 3. Preis:% unaufgezogen. 0 2.2 02 See aufgezogen und einfach eingerichtet . 121, „ aufgezogen, lackirt und mit Goldborte eingefasst® ., 0... 207 spa Auf besondere Bestellung wird er auch eingerahmt geliefert. Bei grössern Bestellungen werden Partiepreise gewährt. 459 Schweizerische Milbengallen. Von Dr. Fr. Thomas in Ohrdruf. (Vom Verf. zum Abdruck mitgetheilt aus den „Verh, der St. Gallischen naturw. Gesellschaft.‘ ) Unter allen pflanzlichen Deformationen, welche durch thie- sische Parasiten erzeugt werden, haben die Milben - Gallen („Gallen“ im weitesten Sinne des Wortes genommen) bisher die geringste Beachtung gefunden. Nicht nur, dass die Ento- mologie sich in der Regel auf die Inseetenwelt s. str. be- schränkte und darum die Milben für nicht heimathsberechtigt ansah; die Milbengallen fanden auch noch aus einem andern Grunde die nöthige Beachtung nicht. Die grosse Mehrzahl der Entomologen, besonders derjenigen, welche dieser Wissen- schaft nur aus Liebhaberei nachhangen, benutzten als Hülfs- mittel bei ihren Untersuchungen nur die Loupe, nicht das Compositum. Die Gallmilben (Phytoptus Duj.) entziehen sich aber durch ihre ausserordentliche Kleinheit einer solchen Untersuchung fast gänzlich, und so- wurden denn jene Aus- wüchse als „leere Gallen“ entweder schon auf den Excur- sionen oder nach misslungenen Versuchen, geflügelte Insecten aus denselben zu erziehen, missvergnügt wieder weggeworfen, Unter den wenigen älteren Forschern, welche für das Studium der Milbengallen Beobachtungen uns hinterlassen haben, ist ein Schweizer Entomolog hervorzuheben: der durch seine Ceecidomyien - Monographie wohlbekannte Bremi- Wolf in Zürich. Leider haben ihn andere Arbeiten in den letzten Jahren seines Lebens von jenen Forschungen abgezogen, und er hat auch über seine Beobachtungen nichts publizirt. Dass ihm aber viele Milbengallen bekannt gewesen sind, habe ich bereits vor einigen Jahren („Ueber Phytoptus Duj. und eine grössere Anzahl neuer oder wenig gekannter Missbildungen, welche diese Milbe an Pflanzen hervorbringt“ in Giebel’s Zeitschr. für d, gesammt. Naturwissenschaften, Bd. 33, pg. 313 bis 366) nachgewiesen und werde demnächst jenen Mitthei- lungen noch Mehres hinzuzusetzen haben, was mir erst seit- 30* 460 dem über Bremi’s Forschungen bekannt geworden ist. Lei- der hat aber auch meines Wissens bisher kein schweizerischer Forscher jene durch Bremi’s Tod entstandene Lücke ausge- füllt. Es würde dem Schreiber dieses zu grosser Freude ge- reichen, wenn er durch diese Zeilen das Studium der Milben- gallen und der Gallmilben in der Schweiz von Neuem anzu- regen vermöchte. Im Nachfolgenden sei es deshalb versucht, die Häufigkeit des Vorkommens der Milbengallen und die Er- giebigkeit solcher Untersuchungen in Bezug auf die Auffindung neuer Gallen darzuthun. Den ersten Zweck glaube ich am ehesten zu erreichen, indem ich über die Ergebnisse einer kurzen Excursion im Kanton St. Gallen berichte. Der Promenaden -Weg, welcher von Bad Pfäfers nach dem „Beschluss“ hinaufführt, mag für bequeme Touristen vielleicht eine Viertelstunde Zeit in An- spruch nehmen, Auf diesem so kurzen Weg und ohne von demselben auch nur um zwei Schritte abzuweichen (!), saın- melte ich am 18. Juli d. J. nicht weniger als elf durch Phy- toptus erzeugte Blatt-Deformationen, nämlich: an 4cer Pseudo- platanus Ceratoneon vulgare Bremi, an Alnus incana DC. Cephaloneon pustulatum Br., an Salix Caprea L. Cephal. molle oder umbrinum Br., an Rabus sawatilis L. ein noch unbeschriebenes Cephaloneon; ferner zwei Blattrand-Rollungen: an Crataegus Oxyacantha und an Fagus silvatica (Legnon eireumseriptum Bremi); endlich 5 Erineum -Bildungen, näm- lich: an Acer campestre (Erin. purpurascens Gärtn.) und an A. Pseudoplatanus, an Alnus incana DC. (Erin, alnigenum Kunze) und an Fagus selv. (Erin. fagineum P. und E. ner- viseguum Kunze); ausserdem 2 Blattgallen, die von Phytoptus bewohnt werden und diesen Milben wahrscheinlich ihren Ur- sprung danken*), nämlich Pusteln an Sordus aucuparia L. und $. Aria Crtz., ganz ähnlich denen von 8. torminalis Crtz., von Pirus und Coioneaster. Dazu kamen noch folgende auf dem Weg vom Beschluss über die Calandaschau bis zum Dorf Pfäfers gesammelte 6 Deformationen durch Phytoptus: An Acer campestre das Cephaloneon myriadeum Bremi und Cephal. solitarium Bremi (letzte in Deutschland und der *) Vgl, unten die nachträgliche Notiz p. 472. 461 R Schweiz verbreitete Milbengalle besteht in gelblichen oder rothen, kugelförmigen Gallen von 1 bis 4 mm, Durchmesser, die auf der Oberseite des Blattes nicht selten zu mehren dicht neben einander in den Nervenwinkeln stehen und ihren Eingang auf der Unterseite haben); an Galium Mollugo L. und an Sambucus nigra L. Blattrandrollungen; an T’hymus Serpyllum deformirte Triebspitzen; an Corylus Avellana de- formirte Knospen. Es ist noch anzuführen, dass hierbei mehre an Milbengallen besonders reiche Pflanzen - Gattungen mir gar nicht zu Gesicht kamen, wie die Genera Prunus, Tilia, Betula. Als eine meines Wissens neue, mir selbst auch sonst noch nirgends begegnete Galle habe ich die von Aubus saratilis L. hervorzuheben und gebe von ihr deshalb genauere Beschrei- bung. Die Blättchen sind mit zahlreichen, hellgelblichgrünen, warzen- oder höckerähnlichen Auswüchsen besetzt, weiche Bremi seiner Abtheilung Cephaloneon eingereiht haben würde, und deren Durchmesser im Mittel etwa 1 mm, beträgt. Die kleinsten messen nämlich im Querdurchmesser nur *!/, mm.; die grössten haben gewöhnlich eine ovale Basis, deren grosser Durchmesser zuweilen 4 mm. erreicht. Wie diejenigen Milbengallen der Blätter von Acer campestre, die Bremi Cepha- loneon myriadeum nannte, sind sie in der Regel um so zahl- reicher auf dem Blatt vorhanden, je Kleiner sie sind. Man kann dann auf einer 1 DCm. grossen Fläche bis zu 50 Gallen zählen. Die grossen Exemplare finden sich hingegen meist nur in geringer Zahl. Ich vermuthe, dass diese dann ent- stehen, wenn — wie ich an andern Pflanzen beobachtet*) — mehre Milben gemeinschaftlich im Frühjahr an einer Blatt- stelle saugen und Eier ablegen. Die Vertheilung der Gallen auf der Blattfläche lässt keine bestimmte Regel erkennen. Bald stehen sie gleichmässig zerstreut, bald vorzüglich am Blattrande. Wemn nur eine geringe Zahl von Gallen auf dem Blatte vorhanden ist, sind dieselben nicht selten auf die Fläche beschränkt, die von zwei neben einander liegenden Seiten- nerven begrenzt ist. — Auf der Blattoberseite bilden sie flach warzenförmige Erhebungen mit schwach oder gar nicht behaar- *) Vgl. diese Zeitschr. Bd. 39, p. 197, 462 ter und unregelmässig runzeliger Oberfläche. Der über die Blattunterseite hervorragende Theil der Galle ist stark behaart- Diese Haare sind lang, einzellig, spitz und durch bastartige Zellwandverdickung steif. Sie gleichen denjenigen Haaren, welche man vereinzelt auf dem normalen Blatt, besonders an den Nerven findet, Um den auf der Blattunterseite gelegenen Galleneingang deutlich zu sehen, reicht die Betrachtung mit der Loupe kaum hin. Die mikroskopische Untersuchung, die ich leider erst nachträglich an den getrockneten Exemplaren vornehmen konnte, ergibt, dass die oberseitigen Hervorragun- gen an ihrer Basis nicht eingeschnürt sind, im Gegensatz z,B, zu den kugligen Milbengallen der Ulme oder der Erle (Cephal. pustulatum Br.). Die krankhafte Haarbildung ist wie bei allen Milbengallen am üppigsten am Rande des Galleneinganges, der dadurch für andere, grössere Thiere wohl vollständig ver- schlossen ist. Diejenigen Haare, welche sich im Innern der Gallenhöhle selbst befinden, haben gleiche Gestalt mit jenen, aber nur schwach verdickte Wände. Der grössere Theil der Innenwandung der Gallenhöhle ist kahl und aus einer (an Gly- cerin-Präparaten braun gefärbten) Gewebs-Schicht gebildet. Die Zellen dieser Schicht schliessen dicht aneinander an, ohne Intercellular- Räume zu lassen, Sie sind das letzte Produkt der durch den Einfluss der Milben hervorgerufenen Zellwuche- rung. Wie schon die runzlige Oberfläche der oberseitigen Gallenhervorragung vermuthen lässt, ist das Innere der Galle kein regelmässig gestalteter Hohlraum, sondern wird von zitzen- förmigen oder leistenartigen, verschieden gestalteten Hervor- ragungen ’der Wandfläche durchzogen. Die aufgeschnittene Galle erhält dadurch nahezu das Aussehen der Vielkammerig- keit und reiht sich somit an die Auswüchse an,” welche Phy- toptus an Salix fragilis L. hervorbringt (cf. Giebel’s Zeitschr., Bd. 33, pg. 333). Die kleinsten der untersuchten Gallen (ich halte dieselben für frühe Entwicklungsstadien, welche zeitig von den Milben verlassen wurden und dadurch auf einer nie- dern Stufe der Ausbildung stehen geblieben sind) zeigen noch nichts von jenen leisten- oder zapfenartigen Auswüchsen im Innern und gleichen mehr oder weniger andern Milbengallen von derselben Entwickelungsstufe, z, B, denen des Cephaloneon hypocrateriforme Bremi von Prunus domestica, obwohl dieses 463 gewöhnlich seinen Eingang auf der Blattoberseite besitzt, und auch die den Eingang umgebenden Ränder viel stärker wulst- artig verdickt sind. Auch durch die anfangs rundliche, später unregelmässige, vorwiegend spaltförmige Gestalt der Gallen- mündung haben beide Produkte einige Verwandtschaft. — Die Gallmilben, welche diese Deformation erzeugen, fanden sich in auffällig geringer Anzahl vor, in einer Galle immer nur ein Exempiar oder einige wenige; nicht selten blieben meine Nachforschungen nach denselben sogar erfolglos. Es erklärt sich dieses negative Ergebniss aus dem die Untersuchung erschwerenden Bau der Galle. Sicherlich würde man auch im September oder October die Milben in grösserer Zahl vorfinden. Kunze, v. Schlechtenthal und Fee führen unter den ‚Phylleriaceen ein Erineum Rubi Fries auf, Die Fries’sche _ Diagnose nennt es aber planiusculum, woraus schon hervor- geht, dass die oben beschriebene Milbengalle nicht dahin ge- hören kann . Auch nennen jene Autoren nur strauchartige Rubus-Arten als solche, auf denen die Erineum-Bildung vor- kommen soll. In Hammerschmidt’s Gallenverzeichniss (Isis 1834) ist keinerlei Blattgalle von Rubus sa.ratilis angeführt. Von den Beobachtungen über Milbengallen, die ich heuer ausserhalb des Kantons St. Gallen in der Schweiz machte, er- wähne ich nur solche, welche neue oder wenig be- kannte Deformationen betreffen, und führe sie nach der Reihenfolge auf, welche ihre verticale Verbreitung ergibt, mit den rein alpinen beginnend. Die Veröffentlichung der übrigen Resultate verspare ich auf eine umfassendere Zusammenstellung über die geographische Verbreitung der Milbengallen. Die klimatischen Verhältnisse der Hochalpenregion hin- dern nicht, dass einzelne gallenbildende Thiere noch in der- selben leben, Fällt ja auch in der wärmern Ebene die Erzeu- gung der Pflanzengallen meist in das erste Frühjahr. Ob diesem ein Sommer folgt, oder ob sich ihm sogleich der Win- ter wieder anreiht, ist für die Gallinsecten nur von unterge- ordneter Bedeutung, Für einzelne Gallbildungen ist das Vor- kommen an den Grenzen der Schneeregion auch bereits be- kannt. G. v. Frauenfeld fand z, B. die Gymnetron - Gallen 464 der Phyteuma-Arten in den Salzburger Alpen noch in Höhen bis zu 7000° (Verh. des zool. botan. Vereins, III. 147). Ich kann aus der Schweiz zwei Standorte hinzufügen, an denen ich dieselbe Deformation heuer sammelte: Alp Grüm beim Bernina-Pass (an Phyteuma hemisphaericum \,) und die Gott- hardt-Passhöhe. Die Milbengallen stehen nun in dieser Beziehung den Käfergallen durchaus nicht nach. In noch grösserer Höhe als die ist, in welcher die lelzten beobachtet wurden, entdeckte ich eine Deformation, welche Phytoptus an Achillea moschata Wulfen hervorbringt. Sie fand sich noch oberhalb der Re- gion der Alpenrosen am Südabhange des Piz Languard gegen 8000° par. M. ü. M. Der Stengel der deformirten Pflanze endigt, wenn er überhaupt zur Längs-Entwicklung gelangt, in einen knopf- oder knotenförmig zusammengedrängten Schopf von kleinen weissfilzigen Blättern und Knospen, zwischen denen sich zuweilen einzelne wohl ausgebildete Blühten fin- den. Häufiger bleibt der Stengel der deformirten Pflanze ver- kürzt und die- knäuelartigen Schöpfe, deren Durchmesser 5 bis 25 mm. beträgt, sitzen dann unmittelbar auf dem Erdboden auf. Oder der Stengel trägt am Boden solche knopfige Mas- sen an der Stelle von Seitenzweigen. Von aussen sieht man an der Deformation keine Milben; sie sitzen im Innern der Schöpfe zwischen und in den kleinen Knöspchen, Unfern der Surlei-Fuorcla (bei Silvaplana), zwischen Alp Surovel und Alp Ota, fand ich neben Exemplaren der beschriebenen Art auch solche, welche minder stark deformirt waren. Die Röhren- blühtehen waren zum Theil vergrünt, die zungenförmigen Randblühten aber in der Regel normal geblieben. Die Blühten- körbehen hatten eine Volumenvergrösserung bis zu 10 ınm. Durchmesser erfahren und eine knopfig-kuglige Gestalt an- genommen. Gleichfalls in nächster Nähe der Schneeregion bei ca. 8000° Meereshöhe fand ich Mitte August Milbendeformationen an den Blättern von Sale.r herbacea L. am Westabhang des Piz Sur- lei bei St. Moritz (Ober-Engadin). Dadurch, dass die Milben- zallen in grosser Anzahl auf den Weidenblättchen stehen und meistentheils schön roth gefärbt sind, entgeht diese Missbil- dung nicht leicht einem aufmerksamen Auge, Die Höcker- 465 chen auf den Blättern sind oft so fein und so dicht gestellt, dass man bei ihrem Anblick an einen mit Kobaltblühte überzogenen Stein denken muss, wenngleich die Farbe dieser Missbildungen dunkler und mehr purpurroth ist. Die Blattläche krümmt sich alsdann unregelmässig zusammen, Zuweilen erstreckt sich die Deformation sogar bis auf die Carpelle. An den Blättern unterscheidet man zwei, resp. drei Arten von Gallenbildung, zwei Cephaloneonarlige und ein Legnon, Jene haben nämlich entweder ihren Eingang auf der Unterseite oder auf der Ober- seite des Blattes, Im ersten Falle bilden sie glatte, kuge- lige, grün oder roth gefärbte Knötchen auf der Blattoberseite von 3/, bis 14/, mm. Durchmesser, selten noch grösser, und es entspricht ihnen auf der Blattunterseite eine Einsenkung, in deren Mitte die von wulstigem, oft roth gefärbten Rand lefzen- artig umgebene und unregelmässig geformte Eingangsspalte liegt, Im zweiten Fall, bei oberseits gelegenem Eingang, ist die Galle kraterartig und bewirkt alsdann auf der Blattunter- seite keine Gestaltveränderung. Beide Arten von Gallen be- sitzen in ihrem Hohlraum zapfen- oder warzenförmige Aus- wüchse. Das Gewebe, aus dem die deformirten Blatttheile bestehen, ist mehr durchscheinend, als das normale Parenchym, weil die in den Intercellular. Räumen vorhandene Luft durch die stärker ausgedehnten und der Zahl nach vermehrten Zel- len verdrängt worden ist. Die Oberhaut der Blattunterseite ist häufig blasig abgehoben. Der rothe Farbstoff der defor- mirten Stellen ist in den Zellen der obern Epidermis und der nächst liegenden Parenchym-Schichten, nicht selten aber auch in den Oberhautzellen der gegenüberliegenden Stelle der untern Blattfläche enthalten. Die dritte Art der Missbildung besteht in einer nach oben gerichteten Aufrollung des Blattrandes. Die Rollung ist eine 1 bis 1!/;fache. Abnorme Haarbildung innerhalb der Rolle wurde nicht beobachtet. — Alle drei Ar- ten von Gallen enthielten Gallmilben (Phytoptus) und zahlreiche Eier derselben; ausserdem aber auch viele Coniferen -Pollen- - körper, die der Wind aus der Tiefe hierher geführt hatte, und auf deren häufiges Vorkommen in den Milbengallen ich bereits. aufmerksam machte (Giebel’s Zeitschr, 33, 327). Die beiden vorstehend beschriebenen Milbengallen kommen in Regionen vor, welche es eıklärlich machen, dass man sie 466 bisher nicht bemerkt hat. Dass aber die durch Phytoptus verursachten Blattrollungen an den Triebspitzen von Rhododen- dron ferrugineum L. noch nicht beschrieben worden, ist auffällig. Denn diese Missbildung kann kaum übersehen wer- den und ist ausserdem sehr verbreitet und an ihren Standorten fast immer an zahlreichen, truppweise beisammen stehenden Exemplaren vorhanden. Auch hier wird zur Erklärung wohl anzuwenden sein, was ich oben von den Milbengallen über- haupt gesagt: auf Mückenlarven wurde die Deformation ge- wiss schon untersucht, auch erfolglosen Zuchtversuchen wohl unterworfen. Ich sah diese Galle zuerst im Oberengadin, wo sie fast an allen Standorten der Alpenrose zu finden ist, am Abhang der Maloggia, beim Morteratsch-Gletscher, am Weg von Pontresina zum Piz Languard und sogar beim Lago bianco am Bernina-Pass, hier bei 6800 bis 6900° (pariser Mass) Meereshöhe an einem ganz vereinzelten und krüppelhaften Exemplar. Später sah ich dieselbe Deformation wieder an der Gotthardtstrasse oberhalb Hospenthal. Im Herbar des Herrn Professor Alex. Braun zu Berlin fand alsdann Herr Dr. P. Magnus ein Exemplar derselben Missbildung von Aho- dodendron hirsutum L., bei Berchtesgaden gesammelt. Ver- muthlich reicht der Verbreitungsbezirk dieser Deformation soweit wie derjenige unserer Alpenrosen selbst.*) In Bremi’sHer- bar sah ich auffälligerweise nichts von ihr. Hingegen fand sich daselbst unter der Bezeichnung ‚„Saftäpfel“ vom Rigi das durch Exoascus (Ascomyces) gebildete Sarcom vor, welches Berkeley, wie ich höre, 1870 in Gardener’s Chronicle be- schrieben hat, und das ich gleichfalls an den obigen Fund- orten, oft mit dem Milbenprodukt an einem Trieb gesammelt habe. - - Die Laubblätter der von Phytoptus befallenen Triebe rollen sich am Rand aufwärts, gewöhnlich von beiden Seiten her. Seltener ist der Blattrand nur der einen Seite oder auf noch kürzeren Strecken gerollt. Im ersten Falle werden die Blätter dadurch zu spindelförmigen oder cylindrischen Gebil- den von durchschnittlich nur zwei mm. Breitendurchmesser, welche besenartig aufrecht stehen oder wurmförmig gekrümmt sind. Die Einrollung ist eine so feste, dass innerhalb der *) Prof. Giebel versichert sie überall in den Schweizeralpen beobachtet zu haben, 467 Rolle nur wenig mehr Zwischenraum bleibt, als die Dicke des Milbenkörpers erfordert. Heurige Exemplare hatten im August hellgrüne Färbung. Im folgenden Jahre nehmen sie von aussen die für Ahodod. ferrugineum characteristische rostbraune . Farbe .der Blattunterseiten an. Die sonst glatte und haarlose obere Blattfläche, welche durch die Rollung nach innen kommt, wird höckerig uneben und trägt feine, einzellige Haare. Zwi- schen diesen leben die Gallmilben. An denjenigen Theilen der Blattunterseite, welche in Folge der Rollung nach innen gelangen, bleiben die Schuppenhaare hinter ihrer normalen Grösse zurück und sind minder zahlreich; sie werden auch nicht rostfarbig, und zwischen ihnen oder statt ihrer tritt eine feine Haarbildung auf, die ganz gleichartig ist der eben be- schriebenen von der Blattoberseite.e An Blättern, bei denen "nur der eine Seitenrand gerollt ist, fand ich das Parenchym da, wo die Rollung beginnt, dicker als im gesunden Blatttheil. Die zwei Schichten desselben sind nicht wie im normalen Zu- stand von einander unterscheidbar. Am Rande der Rolle ver- schwinden die sonst dicht geschlossenen Zellreihen des soge- nannten Pallisaden - Parenchyms. Wo in Folge der Krümmung die untere Blattfläche nach oben Kommt und die dem Lichte zugewandte Aussenseite der Rolle bildet, da ist sogar das die- ser Fläche nächstliegende Parenchym das dichteste und chlo- rophyllreichste. Es erklären sich diese Modificationen offen- bar durch die veränderte Einwirkung des Lichtes, ähnlich wie . die Eigenthümlichkeiten im Bau der Blätter gewisser Cu- pressineen und von Araucaria (siehe meine vergleichende Anatomie der Coniferen-Laubblätter in Pringsh. Jahrb. f, w. Botan. IV, 39, 41 f.). — Die Einwirkung der Milben auf die Triebspitzen der Alpenrose hat, sicherlich nicht immer das Ab- sterben des Sprosses zur Folge. Mir liegt ein solcher defor- mirter Trieb vor, den ich nahe der linken Seitenmoräne des Morteratsch-Gletscher aufnahm, Dieser Spross ist unverzweigt und besitzt noch Blätter von vier verschiedenen Jahrestrieben. In den letzten drei Jahren sind jedesmal die ersten Blätter norınal geblie- ben, die grössere Mehrzahl aber durch die Milben gerollt worden. Wegen ihrer im Habitus sehr grossen Aehnlichkeit mit dieser Deformation füge ich hier eine Notiz über die Miss- bildung ein, welche Phytoptus an Geranium sanguineum L. 468 hervorbringt, und von der ich Abbildung gegeben habe im Programm der Realschule zu Ohrdruf 1869 und in Giebel’s Zeitschr. f. d, ges, Naturw. Bd. 33, Taf, 4, Fig.1. Die Rollen sind bei Geranium sanguin. zarter und die Art der Rollung ist die umgekehrte (revolutiv). Ich fand diese Deformation , heuer auch in der Schweiz, nämlich am Abhang des Monte Salvatore bei Lugano. Die Kenntniss eines dritten Vokommens derselben danke ich der brieflichen Mittheilung des Hrn. Al- bert Müller aus Basel. Wilson Armistead sammelte diese Missbildung zu Allonby in Cumberland. Das Exemplar ging dann in den Besitz des Hrn. Alb. Müller in London über, der es als ein noch fragliches Cecidomyia-Produkt ver- zeichnete im Zoologist May 1868, p. 1204. Zu jenen drei oben beschriebenen alpinen Milbengallen erwähne ich noch eine Pflanzen-Species, welche nicht minder hoch in die Alpen hinansteigt, und auf der wenigstens in ge- tingerer Meereshöhe bereits ein Phytoptus-Produkt beobachtet worden ist. Die von Fries Erineum Gei genannte Deforma- tion, welche auf Gexum urbanum und rivale vorkommt und nach v. Siebold’s Untersuchungen von Phytoplus erzeugt wird, findet sich nämlich nach Bremi’s Herbar auf Geum montanum L. bei Chur. Den Monographen der Phylleriaceen ist auch eine sehr schöne Deformation unbekannt geblieben, welche ich Anfangs August von Alnus viridis DC. über Pontresina am Weg zum Piz Languard , in einer Höhe von 6000 bis 6500’ ü, d.M. - sammelte. Es ist ein schön rosenrothes Erineum, das fast ausschliesslich auf der Blattoberseite vorkommt und dem Erineum roseum Schultz auf Betula äusserst ähnlich ist. Auf denjenigen Blättern, auf welchen es minder reichlich entwickelt ist, bildet es in der Nähe des Blattrandes kleine, Kreisförmig begrenzte Filzpolsterchen auf Haupt- und Seitennerven (seltener zwischen ihnen), oder längliche Rasen, die dem Nervenverlaufe folgen. Die einzige bisher beschriebene Erineum-Bildung von Alnus viridis, das Er. axillare Fee (vgl. dessen Memoire sur le groupe des Phyller. p. 33), ist von der in Rede stehenden aurchaus verschieden, Ich sammelte sie mit der erstgenannten zu-_ sammen an einem Strauch oberhalb Hospenthal. An Saxifraga aizoides L. deformirt Phytoptus die Trieb- 469 spitzen zu knospenähnlichen Knöpfchen, Die Exemplare, welche ich heuer in der Via mala sammelte, zeigen auch vermehrte Behaarung an diesen Triebspitzen. Nicht so die Exemplare, welche mir Hr. Dr. L. Koch in Nürnberg mitgetheilt. Dieser durch seine araneologischen .Arbeiten rühmlichst bekannte Forscher entdeckte obiges Milbenprodukt 1869 an der Sarca- Quelle an den Adamello-Gletschern*) auf Sarifraga aizoides var. autumnalis\L. Die Triebspitzen bilden kugelig gehäufte Massen von Hochblättchen und kleinen Knospen. Es ist eine von denjenigen Milbengallen, welche sich einerseits an die Blattdefor- mationen, andererseits an die Vergrünungen der Blühten anreihen, Helianthemum vulgare Gärtn. Die Triebspitzen sind durch Gallmilben deformirt, stark filzig, mit kleinen Blättchen und Blattknospen dicht besetzt, schopfartig oder knäuel- bis knopfförmig und dann der Deformation von Thymus Serpyllum (die ich in der Schweiz gleichfalls verbreitet fand) sehr ähn- lich. Ich beobachtete dieses Milbenprodukt am Sonnenröschen an mehren Standorten bei St. Moritz im Engadin, desglei- - chen auf dem Gipfel des Monte Salvatore bei Lugano, kannte sie aber bereits aus dem Herbar des Prof. Al. Braun zu Berlin, von dessen Hand auch die bei München gesammelten Exemplare in Bremi’s Herbar herrühren. Nach Hardy lebt eine Cecidomy’a (Diplosis)-Larve in den Zweigspitzen von Helianth. vulg. Ich habe hiervon nur Kenntuiss durch eine Notiz in Schiner’s Dipteren (II. 394), kann daher nicht beur- theilen, ob Hardy’s Beobachtung wirklich eine andere Defor- mation als die obige betrifit, oder ob er nicht etwa die von Ceeidomyien-Larven bewohnte, aber von Phytoptus erzeugte Deformation vor sich gehabt. Dafür spricht die Analogie mit der Missbildung von Thymus, in welcher zeitweise auch Ceeci- domyia-Larven als Inquilinen gefunden werden (cf. Winnertz. Linnaea entom. VIII. p. 169). In Bremi’s Herbar findet sich eine (ihrer Natur nach hier einzureihende) Deformation „an den Blühtenknospen von Origanum vulgare L. im August 1851 an einer Stelle an Fusse des Wiggis, unfern des Klönthaler-Sees (bei Glarus) sehr *) Am Absturz der Vedretta del Mandıon in einer Höhe von 57004 österr. M. 470 häufig gefunden“ und mit Eriophyes LabiatifloraeB. bezeichnet. Die Triebspitzen sind weiss filzig und im Aussehen verwandt der Missbildung von Feronica Chamaedrys L. durch Cecido- myia Veronicae Bremi. In den äusseren Partien des Haar- filzes fand ich neben Phytoptus auch sechs - und achtbeinige Milben, in der Nähe des Vegetations-Kegels aber zahlreich und ausschliesslich die vierbeinigen Gallmilben, die somit als die Erzeuger anzusehen sind. Für Bremi’s Artbestimmung möchte ich aber nicht einstehen, Die Blattform würde, soweit mir dieselbe noch in der Erinnerung ist, eher auf Mentha (arvensis L.?) oder Calamintha passen. Das Genus Galium beherbergt an vielen seiner Arten Gallmilben, welche bald nur Blattrollungen (vgl. die Abbildung in Giebel’s Zeitschr. Bd. 33, IN. 4, Fig. 2), bald Vergrünun- gen der Blühten bewirken. Mir sind solche Deformationen bisher bekannt geworden an Galium Aparine, verum, Mol- lugo, silvaticum und saxratile, und in der Schweiz fand ich sie heuer auch an Gal. silvestre Pollich. Bollung und Ver- krümmung der Blätter, besonders derjenigen an den Trieb- spitzen, fand ich bei dieser Art am Rigi, in der Via mala und häufig im Ober- Engadin, z. B. im Dorf St. Moritz und bei Pontresina. An Galium silvestre var, supinum Lam. sammelte ich sie am Weg zum Piz Nair noch bei 6900’ Meereshöhe und in gleicher oder noch grösserer Höhe unweit der Surlei- Fuorcla. Die Exemplare vom ersten Standort lassen es in Zweifel, ob sie zu szpinum oder zu alpestre Gaud. zu rech- nen sind. — Häufig ist auch die Vergrünung von Gal. silvestre durch Phytoptus. An der Stelle der Blühten stehen alsdann kuglige, 1‘ bis 6 mm, im Durchmesser haltende, mehr oder weniger fest zusammengeballte Anhäufungen kleiner, grünlicher Blättchen, ähnlich wie bei der in Deutschland verbreiteten Vergrünung von Gal. silvaticum (cf, Giebel’s Zeitschr, 1. c. p. 349 Nr. 23). Ich sammelte diese Deformation an @, södvestre wie an supinum Lam. im Rosegthal, bei St, Moritz und beson- ders reichlich auf Alp S. Moritz. Auch die Gattung Campanula hat viele Deformationen durch Phytoptus .aufzuweisen. Vergrünungen durch Gallmilben an C. medium \. und rapunculoidesL. habe ich schon früher beschrieben (l, c. p. 350 f,), seitdem auch solche an C. Trache- 471 Zum L. aus Prof. Al. Braun’s Herbar kennen gelernt und an Ü. bononiensis L, durch Dr. P. Magnus erhalten. Genauere Beschreibung dieser werde ich an einem andern Orte geben. In der Via mala fand ich heuer Exemplare von Campanula rotundifolia var. hirta Koch, deren längliche Stengelblätter an sterilen wie auch an Blühtentragenden Trieben vom Rand her aufwärts gerollt sind. Die Deformation ist ganz ähnlich der von Gal. Mollugo. Sie wurde an Camp. rotundif. schon von Hardy bei Berwick beobachtet, und durch Hr. P. Mag- nus erhielt ich sie aus der Flora von Halle a/S., wo sie Hr. G. Hieronymus im Mai 1870 gesammelt. Die Stufenleiter noch um einen Schritt weiter zu führen, sei es mir schliesslich gestattet, hier eines Vorkommens aus noch wärmerer Region zu gedenken, wenngleich ich die Gren- zen der Schweiz damit überschreite. Auf den Borromeischen Inseln entdeckte ich eine Milbengalle an Punzica Granatum L., also an einem Bürger der Mittelmeer -Flora. Die Blätter sind am Rande schmal gerollt, so wie ich es von Sali.r und Fagus beschrieben, und wie es gleichfalls durch Phytoptus an Pirus communis, an Lonicera-Arten und Sambucus bewirkt wird. Beim Granatbaum ist die Rollung rückwärts gerichtet und verläuft häufig rings um das ganze Blalt herum. Die Blätter, welche nahe dem Gipfel solcher von den Gallmilben intensiv befallener Zweige stehen, sind zu schmalen, wurm- förmigen, unregelmässig hin und her gebogenen Gebilden defor- mirt, die aber nicht wie bei Rhododendron u. a. zusammen- gedrängt stehen. Sie geben der ganzen Pflanze ein auffällig kränkliches Aussehen, Ich sah diese Milbengalle sowohl auf Isola bella als auf Isola madre, Die. vorstehenden Beobachtungen geben neue Anhalts- punkte für die geographische Verbreitung der Gallmilben (Phytoptus). Die bisherigen Beobachtungen bezogen sich fast ausschliesslich auf die kältere gemässigte Zone. In die angren- zenden Theile der subarktischen Region würden meine Funde auf den Höhen des Thüringerwaldes zu rechnen sein. Steen- strup gibt nicht an, wo er seine Beobachtungen gemacht, Die oben beschriebenen Deformationen von Salir herbacea liefern den Beweis, dass Phytoptus selbst in der arktisch- 4712 alpinen Region noch zu leben vermag. Nach der andern Seite hin kann das Vorkommen von Phylleriaceen in wärmern Ländern an sich noch nicht als Beweis für das Vorhanden- sein der Gallmilben angesehen werden, da es auch Erineum- Arten gibt, welche andere Urheber haben (Aphiden), jede ein- zelne Art also erst noch in dieser Rücksicht geprüft werden muss, Für Erimeum sepultum Kunze kann man die Milben- Urheberschaft schon jetzt mit einem gewissen Recht behaup- ten, weil Fee’s Abbildungen der „Larven“ mit grosser Wahr- scheinlichkeit auf Phytoptus gedeutet werden können (Fee Phyller. Pl. V. Fig. 2. b.). Damach wäre Laurus Canarien- sis Willd. auf Madeira eine Phytoptus beherbergende Pflanze- Alle übrigen Beobachtuugen über Milben - Produkte in Süd- Europa u, s. w. beziehen sich — wie z. B. das Vorkommen der Nagelgallen von Tiiia bei Montpellier — auf Pflanzen, die auch in Mittel-BEuropa gedeihen. Mil der Auffindung von Milbengallen am Granaibaum (dessen vermuthliche Heimath jenseit des Mittelmeeres liegt), ist also gleichfalls eine Erwei- terung wuserer Kenntniss eingetreten, indem durch sie das Vorkommen von Phytoptus auch in der wärmeren ge- mässigten Zone sicher gestellt ist, Ohrdruf bei Gotha, im December 1871. Nachträgliche . Notiz zu dem Aufsatze über schweizerische Milbengallen. Von Dr. Fr. Thomas in Ohrdruf, Der Wiederabdruck vorstehender, in einer schweizerischen Zeitschrift kürzlich erschienenen Abhandlung in diesen Blättern bedarf bei der Verschiedenartigkeit der resp. Leserkreise wohl keiner Rechtfertigung. Ich hoffe, dass er dazu beitragen wird, auch die deutschen Entomologen mit den ‚leeren Gallen“ auszusöhnen. Wenn ich nun selbst die kurze Aufzählung der Ergebnisse meiner Excursion zu Pfäfers, welche ursprünglich nur für schweizerische Leser bestimmt war, hier wiederholen liess, so geschah es, weil gar mancher deutscher Entomolog 4713 oder Botaniker jenes weltberühmte Terrain besser kennen wird, als irgend ein im Reiche gelegenes Bergholz, das viel- leicht nur von den Anwohnenden besucht wird. Im Uebrigen wäre es ein Leichtes gewesen, einen ähnlichen Exeursions- bericht z. .B. für den Steigerwald bei Erfurt oder ein anderes der Laubgehölze Thüringens zu verfassen. — Auch der irrigen Ansicht, dass nur Excursionen in der Alpenwelt so ergiebig in Bezug auf die Auffindung neuer Gallen seien, will ich hier gleich entgegentreten. Es würde nur die Gren- zen einer nachträglichen Notiz weit überschreiten, wollte ich an dieser Stelle hierfür Belege geben. Die auf der zweiten oder dritten Seite des Aufsatzes er- wähnten Pusteln der Blätter gewisser Pomaceen, Sorbus, Pirus u. A,, gehören zu den häufigsten und längst bekannten Milbengallen (ef. Kirchner bei Kaltenbach, Pflanzenfeinde 1872 p. 204). Nach meinen bisherigen Erfahrungen halte ich die Pusteln von Sordus aucuparia für eine der in Mitteleuropa gemeinsten Milbengallen. Der Umstand, dass bei ihnen der Galleneingang durch die Epidermis selbst führt, unterscheidet sie von der weit überwiegenden Mehrzahl aller Milben - Blatt- sallen. Noch im März d. J., bei Abfassung des Artikels ‚über die Entstehung der Milbengallen“ etc. (Botanische Zeitung Nr, 17.), habe ich es deshalb nicht gewagt, über diese Pusteln ein bestimmtes Urtheil zu fällen. Ich hoffte, im folgenden Monat die Entwicklungsgeschichte derselben verfolgen zu können, Leider war mir an dem Versuchsbaum (Pirus communis) der vorher bezeichnete‘, mit solchen Pusteln seit mehreren Jahren behaftet gewesene Ast vom Gärtner weggeschnitten worden, und ich musste mich begnügen, an einem wilden Birnbaume in der Harth bei Ohrdruf die zufällig bemerkten spätern Ent- wieklungsstadien zubeobachten. Ausdiesen glaube ich schliessen zu dürfen, dass irgend ein Pilz, von dem Scheuten (Archiv f. Naturgesch. XXIII. 1. p. 104 ff.) und besonders Pagen- stecher (Verh. d, naturh.-med. Ver. z. Heidelberg, Bd, 1. 1859. p. 49) reden, zur Entstehung dieser Pusteln nicht bei- trägt, sondern dass sie von Phytoptus allein erzeugt werden. Aber die Art der Erzeugung weicht, wie ich glaube, von der gewöhnlichen dadurch ab, dass die Milbe nicht die Cuticula durchsticht und die Epidermis-Zelle ansaugt (wobei ihr Körper Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872. 31 474 selbst ausserhalb bleibt), — sondern dass sie vielmehr ihren Weg durch die Oberhaut hindurch nimmt, vermuthlich durch eine Spaltöffnung, indem sie diese erweitert. Sie lebt dann zwi- schen den Parenchymzellen innerhalb der Blattspreite selbst, kommt aber, wie ich beobachtet, zeitweise aus ihrer Höhlen- wohnung hervor. Mit einer solchen Annahme über die Ent- stehung der Pusteln (zu einer directen Beobachtung fehlte es mir, wie gesagt, an genügend jungen Zuständen) steht dann auch der anatomische Bau derselben im Einklang, wie ich später, wenn ich auf diese Angelegenheit ausführlicher zurück- kommen werde, erläutern will. Hier sei nur noch auf die schöne Analogie hingewiesen, welche sich alsdann zwischen den Gallmilben und den Schmarotzerpilzen ergeben würde. Wenn die letzten in ein Blatt eindringen, so geschieht dies bekannt- lich auch auf deın einen oder andern dieser zwei Wege: durch die Cuticula oder durch die Stomata, Für die geographische Verbreitung der Milben- gallen habe ich nachzutragen, dass mir die Deformation von Punica Granatum L. auch aus Südspanien zugeschickt wor- den ist. Herr Heinrich Nagel, durch meine Beschreibung aufmerksam gemacht, fand dieselbe Blattrollung bei Malaga auf. In Bezug auf die nördliche Grenze, bis zu welcher das Vorkommen von Milbengallen in Europa constatirt worden, ist zu bemerken, dass die bei uns häufigen Erineen (an 4eer, Tilia, Alnus, Betula, Popuius u, A.) auch in Schweden schon von Fries beobachtet worden sind, Es ist mit grösster Wahr- scheinlichkeit anzunehmen, dass das Vorkommen aller Milben- gallen sich auf dem Continent so weit nach Norden hin er- streckt, als das der bezüglichen Nährpflanze. Immerhin scheint es mir keineswegs unnütz, neuere Beobachtungen besonders jener Gallen, die nicht zu den Erineen der alten Botaniker gehören, zu registriren. In dieser Beziehung ist anzuführen, dass Herr Dr. P. Magnus, welcher der preussischen Ostsee- Expedition im Sommer 1871 als Botaniker beigegeben war, bei Slitehamn auf Insel Gottland die Pusteln an den Blättern von Pirus communis und die deformirten Triebspitzen von Thymus Serpyllum aufand; sowie auf den Stockholmer Skä- ren das Cephaloneon pustulatum von Alnus glutinosa. Das schwedische Vorkommen der Milbengallen an Prunus habe 475 ich bereits,in dieser Zeitschrift (Bd. 39, pp. 194 und 199) erwähnt. Ob die von Hrn. Alb. Müller (Zoologist, April 1872, p- 3036) beschriebene Galle von Cinnamomum nitidum aus Bombay (eine ganz haarlose, napfartige Blattausstülpung, mit weitem, gar nicht verengtem Eingang) wirklich einer Milbe ihre Entstehung dankt, ist durch weitere Beobachtungen zu prüfen, Ich bezweifle es. Ohrdruf, im Juni 1872, & Die Bryozoen des mitteloligocänen Grünsandes bei Magdeburg TR IV. V, von Dr. A. Schreiber. — Ausser den bereits im III. Jahreshefte des Naturwissen- schaftlichen Vereines in Magdeburg beschriebenen Arten der Gattung Lunulites kommen noch mehre Bryozoen in diesem Grünsande vor und verdienen dieselben gleichfalls einige Auf- merksamkeit theils wegen ihrer vortrefflichen Erhaltung theils wegen ihres hiesigen Vorkommens überhaupt. Unser mittel- oligocäne Grünsand lagert unmittelbar auf Rothliegendem und kommen einzelne Bryozoenstöcke vor, an deren Fuss das Rothliegende noch anhaftet, Beweis genug, dass die mitteloli- gocänen Gewässer unmittelbar das Rothliegende bedeckten und die Bryozoen an derselben Stelle lebten, wo wir sie heute finden. Die von mir gesammelten Arten sind bis auf wenige, deren Bestimmung ich nicht mit befriedigender Sicherheit zu ermitteln vermochte, folgende. Salicornaria rhombifera Reuss, Glauconome rhombifera Goldfuss, Petrefakt. Deutschlds. I. 100, Tf. 36. Fig. 6. — Vincularia rhombifera Roemer, Palaeontogr. 1X. 204. — Salicornia rhombifera Reuss, Wiener Sitzgsber. 1864. L. 15. Tf. 14. Fig. 7. 8. 10. Es liegen nur zwei kleine Fragmente vor mit je sechs Längsreihen vonZellen, welche gestreckter sind als Reuss sie 31* 476 in seinen Abbildungen Fig. 3 und 10 darstellt, wohl aber mit Goldfuss’s Abbildung und der eingehenden Beschreibung von Reuss so vollkommen übereinstimmen, dass an der Identität nicht zu zweifeln ist. Die Art hat eine weite Verbreitung in den Casseler Tertiärschichten, bei Söllingen und in den mio- eänen Tertiärschichten des österreichischen Beckens. Cellepora clathrata n. Sp. Ein fünf Millimeter starker Corallenstamm ist von einer Cellepora gleichmässig überzogen, deren Oberfläche eine über- raschende Aehnlichkeit mit Biflustra clathrata hat. Es ist ein Zellennetz mit mehr minder regelmässig sechsseiligen Maschen, die sie bildenden Leisten durch eine feine Furche getheilt, die Zellen senken sich schüsselförmig ein und haben, wenn ihre Decke nitht zerstört ist, eine in der obern Hälfte gele- gene, halb ovale, oben besonders umrandete Mündung. Die Seitenwände der Zellen sind von je einer Pore zur Communi- cation mit der Nachbarzelle durchbohrt. Die Art würde zu Membranipora oder Marginaria zu versetzen sein und ist ihre nächste Verwandte Cellepora angulosa Keuss, Polyp. Wien. Beckens 93, Tf. 11. Fig. 10. Cumulipora angulata Mstr. If. V. Fig. 12. Graf Münster, Jahrb. f. Mineral. 1835. 434. — Bronv, Lethaeageogn. 111. 282. Tb. 36. Fig. 7. — Reuss, Wiener Sitzungsber. 1864. L. 31. Tf. 9. Fig. 1. — Cumulipora pumicosa Roemer, Palaeontogr. IX. 215. Tf. 36. Fig. 23. Die von Graf Münster ohne Charakteristik eingeführte Gattung ist erst neuerdings von Reuss einer gründlichen Unter- suchung unterworfen und darauf hin unter die Celleporiden versetzt worden. Reuss belässt ihr nur die einzige Art C., angulata von Bünde, Astrupp und Luithorst, welcher als zweite C. Buski (Alveolaria Buski Stolicz) von Latorf hinzuzufügen ist, während er Römers C. fabacea als eine Cellepor& deutet und C. favosa mit Stoliczka’s Cum. Buski identifieirt. — In unserm Tertiärsande fand ich nur ein 10 Mm. dickes knolliges Exemplar, an dem nur sehr wenige, in der Abbildung nicht dargestellte Zellen unversehrt erhalten sind und so vollkommen mit Reuss’ Darstellung übereinstimmen, dass ich an der Iden- tität nicht zweifeln und nähere Angaben unterlassen kann, Eschara Grotriani Reuss. AT Reuss, Wiener Sitzungsberichte 1864. L, 43. Tf. 12. Fig. 3. — Escharipora porosa Roemer, Palaeontogr. IX. 209. Tb. 35. Fig. 3. Die alternirenden Bauchgewölbe - Zellen mit halbkreis- förmiger Mündung, einer Nebenpore jederseits und von Reihen querer Poren umgränzt charakterisiren diese von Römer ver- kannte, von Reuss gut charakterisirte Art, die bei Luithorst und Söllingen vorgekommen ist. Eschara coscinophora Reuss. Tf, IV. Fig. 2. 3. Reuss, Polyp. Wien. Tertiärbeck. 67. Tf. 8. Fig. 20; Wiener Sitzgsber. 1864. L. 36. Tf. 12. Fig. 1. 2/— Stoliezka, Wiener Sitzgsber. 1861. XLV. 89. Tf. 2. Fig. 11; Tf. 3. Fig. 1.2.— Eschara imbricata Philippi, Ter- tiärversteiner. 68. Tf. 1. Fig. 16. Bei der Häufigkeit und der weiten Verbreitung ist diese Art besonders von Stoliczka und Reuss ausführlich beschrie- ben worden und geben unsere Exemplare keine Ergänzungen zu deren Charakteristik. Sie ist in unserm Magdeburger Grün- sande sehr häufig, kömmt schon unteroligocän bei Latorf, häufig bei Söllingen und miocän im Wiener Becken vor. Ausser den abgebildeten Exemplaren liegen zahlreiche Fragmente vor, welche vollkommen mit den Abbildungen bei Reuss und Stoliczka übereinstimmen, mit ein, zwei und selbst drei Nebenporen unterhalb der Mündung. Eschara substriata Mstr. Tf, IV. Fig. 1 ab. Goldfuss, Petrefakt, Deutschlds. I. 101. Tf. 36. Fig. 9. — Reuss, Wiener Sitzgsber. 1864. L. 36. Tf. 12. Fig. 5. Breitgedrückte, fast blattartige ästige Stämme mit alter- nirenden Reihen ovaler, nach unten stielförmig verschmälerter Zellen, deren hochumrandete Mündung allermeist kreisrund ist, . nur sehr selten eine Nebenpore hat, während zwischen den Zellen dicht gedrängte Poren liegen, auch die geschlossenen Zellen wie auf der untern Hälfte des in Fig. 1a. dargestellten Stockes dicht mit Poren besetzt sind. — Goldfuss bildet diese Art nach einem schlecht erhaltenen Exemplare von Astrupp ab, Reuss stellt sie besser dar, in unserm Grünsande ist sie häufiger als bei Astrupp und meist auch in besser erhaltenen Exemplaren abgelagert. Eschara. mortisaga Siol. Stoliczka, Wiener Sitzungsberffhte 1861. XLV. 86. Tf. 2. Fig. 6. Unsere Exemplare weichen zum Theil von den Latorfern, auf welche Stoliczka diese Art begründete ab, indem meist ihre Mündung mehr hufeisenförmig, die Nebenporen nur selten 478 in deren Ecken, meist vielmehr zu zweien und selbst dreien grade oder schief unterhalb der Mündung liegen. Da schon auf ein und demselben Fragment diese Verhältnisse variiren: so kann dieses mitteloligocäne Vorkommen von dem unter- oligocänen nicht getrennt werden. Biflustra clathrata Reuss. Reuss, Wiener Sitzungsber. 1864. L. 45. Tf. 14. Fig. 9; Tf. 14, Fig. 1. — Eschara clathrata und glabra Philippi, Tertiärversteiner. 4. 38. Tf. 1. Fig. 21. 24, Zwei Fragmente bekunden unverkennbar das Vorkommen dieser bei Cassel, Söllingen, Latorf zum Theil nicht seltenen Art in unserm Magdeburger Grünsande. Retepora vibicata Goldf. Taf, IV. Fig. Yab. Goldfuss, ;Petrefakt. Deutschlds. I. 103. Tf. 36. Fig, 18. — Reuss, Wiener Sitzungsber. 1864. L. 49. Tf. 19. Fig. 8. Unsere Exemplare stimmen nach den Angaben von Gold- fuss und Reuss mit denen von Astrupp und Luithorst überein, nur vermag ich die feinen Linien, welche letzte umgiebt nicht zu erkennen. Die Zellenmündungen stehen bisweilen dicht gedrängt beisammen, Auf der Rückseite kommen vereinzelte Poren vor. Hornera porosa Stol, Tab. IV. Fig. 5ab. . Stoliczka, Wiener Sitzungsberichte 1861. XLV. 79. Tf. 1. Fig. 3. Die unterhalb der Mündung gelegene Nebenpore ist an unsern Fragmenten nicht allgemein vorhanden, wogegen die übrigen kleinen Poren zahlreicher und deutlicher vorhanden sind, als bei den nach Stoliczka seltenen Latorfern. Reuss er- wähnt ebenfalls als sehr selten das Vorkommen von Nieder- kaufungen, Idmonea biseriata Phil. Philippi, Tertiärversteiner. 67. T£f. 1. Fig. 15. — Reuss, Wiener Sitzungsber. 1864. L. 56. Tf. 7. Fig. 11—13. Kleine Stämmchen mit queren zweireihigen Zellenmün- dungen und feiner Längsstreifung, ohne Poren und nur mit feiner Streifung auf der ziemlich flachen Rückseite. Auch in den Casseler Tertiärschichten. Idmonea tetrastoma n. Sp Kleine gabelästige Stämmchen, im Querschnitt abgerundet vierseitig, die Gabelungen sehr spitzwinklig, die nicht ganz kreisrunden, hochumrandeten Zellenmündungen stehen zu je 479 zweien in zwei Reihen längs der Vorderseite, beide Reihen so weit von einander getrennt wie die Breite eines Mündungs- paares. Nur Ausnahmsweise und zwar an der Gabelung tritt noch eine dritte kleinere Mündung auf. Die ganze Oberfläche der Stämme ist dieht wit feinen runden Poren besetzt, Die nächste Verwandtschaft hat diese Art mit J. undata Reuss aus dem oberschlesischen Tertiär, doch hat dieselbe stets drei Zellenmündungen, einen trapezoidalen Querschnitt und es fehlen ihr die gleichmässig dicht über die ganze Oberfläche vertheil- ten Poren. Demnächst reiht sich die Latorfer J. Hoernesi mit je fünf Zellenmündungen neben einander an. Wie diese bei- den gehört auch die unserige dem d’Orbigny’schen Subgenus Tubigera an, Idmonea Giebeli Stol. Stoliezka, Wiener Sitzungsberichte 1861. XLV. 81. Tf. 1. Fig. 6. Die hoch umrandeten kreisrunden Zellenmündungen stehen auf der flachen Vorderseite zu je 3 bis 5 jederseits in Quer- reihen und sind beide Reihen durch eine aus ihrem Niveau herausgerückte mittle Mündung verbunden, wie bei J. margi- nata d’Orb. aus der Kreideformation. Bisweilen erscheinen auch einige Querreihen so sehr verschoben, dass man solche kleine Fragmente vielmehr zu Filisparsa als zu Tubigera bringen möchte, doch ist der Charakter der letzten Unter- gattung der allgemeine, Im Uebrigen passt Stoliczka’s Be- sehreibung der seltenen Latorfer Exemplare auf die. unserigen. Idmonea heteropora n. sp. Tf. IV. Fig, 6.7. & Die Stämmehen gabeln sich vielfach unter sehr spitzen Winkeln und sind im Querschnitt dreikantig, die Kanten abge- rundet, au den Gabelstellen geplattet, die Seiten flach oder mässig convex. Die ganze Oberfläche zeigt feine Längsstrei- fung und eingestochene Punkte oder Poren, Das Charakteri- stische der Art liegt in der Anordnung der kreisrunden, nicht gerade sehr hoch umrandeten Zellenmündungen. Dieselben bilden nämlich auf den einander zugekehrten, also innern Seiten beider Aeste einer Gabel stets nur eine einfache Reihe, und auf den abgewendeten oder äussern Seiten beider Aeste derselben Gabel eine Doppelreihe. Innen wie aussen, auch auf der beide Seiten trennenden Kante tritt bisweilen eine Nebenpore auf, bald neben bald getrenut von den normalen 480 Mündungen, doch sind diese Nebenporen nicht so häufig, dass sie die Regelmässigkeit der Reihen stören. Einzelne beson- ders rundliche Zweige besitzen auf der Aussenseite auch drei Mündungen neben einander. Es ist mir keine Art der Kreide- und Tertiärbildungen bekannt, welche diese Anordnung der Zellenmündungen bietet und da die Art in zahlreichen Aest- chen und Stöckchen vorliegt, die häufigste unter allen Bryozoen des Magdeburger Grünsandes ist: so habe ich kein Bedenken getragen sie unter einem neuen Namen aufzuführen. Auffallend ist, dass sie bei Söllingen und im Kasseler Tertiär noch nicht gefunden wurde, Heteroporella verrucosa Reuss, Tf. V. Fig. 13, Reuss, Wiener Sitzungsber. 1864. L. 68. Tf. 7. Fiz. 1. 2. — Cerio- pora verrucosa Philippi, Tertiärversteiner. 67. — Radiocavaea verru- cosa d’Ürbigny, Terr, cret. v. 965. Diese zuerst von Philippi aus den Tertiärschichten von Luithorst beschriebene, später von Reuss nach Exemplaren von ebenda, Astrupp und Söllingen wieder untersuchte und in die Gattung Heteroporella versetzte Koralle ist in dem Magdebur- ger Grünsande nicht gerade selten. Einzelne Exemplare zei- gen noch das anhaftende Gestein, auf welchem sie während ihres Lebens angewachsen waren. Sie erreichen bis 8 mm. im Durchmesser und sind nicht regelmässig kreisrund. Form des Stockes und Vertheilung der Zellen ist aus unserer Abbildung zu ersehen und stimmen überhaupt unsre Exemplare so voll- kommen mit Philippis und Reuss’ Beschreibungen überein, dass eine Wiederholung der Eigenthümlichkeiten völlig über- flüssig wäre. Spiropora variabilis Reuss, Taf, V. Fig. 10ab. Reuss, Wiener Sitzungsberichte L. 67. Tf. 7. Fig. 9. 10.— Ceriopora variabilis Goldfuss, Petref. Deutschlds I. 105. Tf. 37. Fig. 6. — Perio- pora variabilis Roemer, Palaeontogr. IX, 223. Tf. 37. Fig. 16. So häufig diese meist drehrunden, gabelästigen Stämm- chen auch in unserm Gründsande sich finden, beobachtete ich doch kein Exemplar mit in Ringspiralen gruppirten Zellen- mündungen, wie solche Goldfuss und Reuss abbilden, sondern nur solche mit dicht gedrängten Zellen, welche meist hexagonal, selten gestreckt rautenförmig oder unregelmässig polygonal sind, also bereits abgeriebene Exemplare, wie sie auch die erwähnten Autoren beschrieben, Unsere Stämmechen sind 2 481 bis 3 mm. diek und die Fragmente bis 15 mm. lang. Die Art gehört zu den verbreitetsten in den Kasseler Tertiärschichten, findet sich im Mitteloligocän von Söllingen eben so häufig wie in unserm gleichaltrigen Grünsande. Schliesslich sei noch erwähnt, dass ein einziges Antho- zoon mit diesen Bryozoen sich fand und zwar in einigen jugendlichen Exemplaren der ‚Oyathina granulata (Turbinolia granulata Goldfuss Petrefk. Deutschlds. I. 108, Tf.27. Fig, 28; Trochocyathus granulatus MEdw.). In dem grossen nur 4 Li- nien hohen Exemplaren sind die vier Kreise der Strahlen- lamellen bereits entwichelt. Die Art ist in den Casseler Ter- tiärschichten weit verbreitet. Mittheilungen. Ueber die Gattung Peltops Wagl. Lesson und Garnot haben in der Voyage de la Coquille Tf. 19 Fig. 2 einen Eurystomus Blainvillei von Neu-Guinea abgebil- det, welchen Wagler in der Isis 1829 zur Gattung Peltops und Lesson in seinem Trait€ 1831 zur Gattung Erolia erhob. Seit- dem ist meines Wissens von diesem Vogel nicht wieder die Rede gewesen, bis neuerlichst Gray in seiner Handlist of Birds die Gat- tung aus der Familie der 'Todidae in die der Muscicapidae ver-- setzte und Sclater in dem mir eben zugehenden Aprilhefte des Ibis p. 177 diese Versetzung billigt, indem er als nächste Ver- wandte des Peltops die Gattungen Monarcha und Machaerirhyn- chus bezeichnet. Er scheidet Peltops von Cymbörhynchus durch die vollig verkürzte erste Schwinge und die viel schwächern Füsse, welche heide Merkmale mit den Fliegenschnäppern übereinstimmen. In der ‘That ist die Aehnlichkeit zwischen Peltops und Cym- borhynchus eine so sehr geringe, dass schen bei der ersten Ver- gleichung von Exemplaren die grellen Differenzen in allen äussern Körpertheilen hervortreten. Cymborhynchus hat den enorm breiten und deprimirten Eurylämenschnabel, dessen Rücken am Grunde vollig abgeplattet, dessen hakige Spitze stark abgesetzt hervor- tritt und dessen spaltenföormige Nasenlöcher nach vorn in eine oben von einem Kiele begleitete Furche, nach hinten in eine unten von einem Kiele begleitete Furche fortsetzen. Bei Peltops dage- gen erscheint der Sehnabel viel schmäler und gestreckter und die schärfere Firste steigt bis an das Stirngefieder heran, so dass der Öberschnabel am Grunde im Qufrechsite ein fast gleichseitiges 483 Dreieck darstellt, bei Cymborhynchus dagegen ein viel breiteres als hohes Trapezoid bildet. Die Spitze hakt sich stärker, und die Kerbe vor ihr ist viel markirter bei Peltops.. Die unmittel- bar am Grunde gelegenen (bei Cymborhynchus weit davon abge- rückten) Nasenlöcher sind kreisrund, ohne vordere und hintere Rinne. Der Unterschnabel dagegen ist bei Peltops viel flacher als bei Cymborhynchus mit kantigem Kinn. Letzter hat nur we- nige, Peltops dagegen viele Barthorsten am Schnabelgrunde. Von den Schwingen hat bei Cymborhynchus die erste dieselbe Länge der dritten, die zweite die Länge der fünften und die dritte mit der vierten die grösste Länge, die Schwingen zweiter Ordnung sind nur wenig kürzer als die zweite Handschwinge. Bei Peltops dagegen ist die erste Schwinge verkümmert, nur von ‘a Länge der zweiten, diese hat mit der achten gleiche Länge, die dritte und vierte sind gleich und die längsten, die fünfte nur wenig kürzer, die Schwingen zweiter Ordnung sind erheblich kürzer als die zweite Handschwinge. Die Steuerfedern verlängern sich bei Cymborhynchus stark stufig von der äussersten bis zu den mittlern und haben alle gleich- mässiggerundete Enden, Peltops dagegen hat einen ausgerandeten Schwanz und die Innenfahne der Steuerfedern ist sehr schief abgestutzt. Die Füsse endlich sind bei Peltops viel schwächer und kür- zer als bei Cymborhynchus, wo die Laufsohle genetzt, die Vorder- seite des Laufes getäfelt ist, die äussere und Mittelzehe sind min- der weit mit einander verbunden. Die Innenzehe ist bei Cymbo- rhynchus sehr viel kürzer als die Aussenzehe, bei Peltops beide Zehen von gleicher Länge. In allen diesen äusserlichen Unterschieden von Cymborhyn- chus nähert sich nun Peltops bis auf den gewaltigen Schnabel schon unsern einheimischen Fliegenschnäppern in so auffälliger Weise, dass dadurch die Familienverwandtschaft nicht beanstandet werden kann, denn es bleibt nur die enorme Grösse des Schna- bels abweichend. Aber auch diese Schnabelgrösse wird vermittelt durch einige Gattungen, unter welchen Sclater mit Recht auf Mo- narcha hinweist. Die Monarchen haben dieselbe Schnabelfirste, dieselbe schlanke hakige Spitze und Kerbe, dieselben runden Nasenlöcher, dieselben Borsten und Unterschnabel, unterscheiden sich nur durch merklich schlankere Schnabelform überhaupt und Befiederung bis auf die Nasenlöcher. Im Längenverhältniss der Handschwingen stimmen die Monarchen gleichfalls wesentlich überein, wogegen ihre Schwingen zweiter Ordnung länger sind, also ziemlich denen von Cymborhynchus gleichen. Ihr Schwanz ist zwar abgestutzt und nicht ausgerandet, aber die Steuerfedern haben dieselben Spitzen wie bei Peltops. Die Bekleidung des Laufes ist dieselbe, wogegen die Innenzehe der Monarchen stets kürzer als bei Peltops ist, bei einigen Arten so kurz wie bei 484 Cymborhynchus. Die erst in zwei Arten von Cap York und Waigin bekannte Gould’sche Gattung Machaerorhynchus besitzt unser Mu- seum noch nicht, nach Gould’s Diagnose weicht dieselbe in den äussern Formen mehr von Peltops und Monarcha ab, um sich Cymborhynehus zu nähern, ihr Schnabel nämlich ist mehr depri- mirt und an der Basis breiter, die Nasenlöcher oblong und in tiefer Depression, die fünfte Schwinge die längste, der Schwanz Stufie. Ueber die Bekleidung des Laufes enthält die Diagnose keine Angabe. Bei der auffälligen äussern Verwandtschaft mit den Fliegen- schnäppern überraschten mich nicht wenig die von den Museica- piden abweichenden Federfluren von Peltops und deren Ueberein- stimmung mit Todus. Letzte bildet Nitzsch in seiner Pterylo- graphie Taf. 4 Fig. 9 u.10 ab: Die Unterflur spaltet sich bereits hoch oben am Halse und giebt gleich vorn an der Brust einen Ast zum Oberarm ab, der für Todus charakteristisch ist und bei Singvögeln meines Wissens noch nicht beobachtet worden ist, im weitern Verlauf tritt ein sehr kurzer hreiter Ast von der Brust- flur ab und dann läuft sie sehr schmal bis zum After. Bei Pel- tops theilt sich die Unterflur ebenso hoch am Halse, was auch bei einigen Singvögeln der Fall ist, sendet dann vorn auf der Brust denselben Oberarmast aus, der also 'Toduscharakter ist, der hintere oder eigentliche Brustast dagegen lost sich gar nicht ab. — Die Spinalflur erweitert sich bei Todus hinter den Schultern wenig und allmählig und verschmälert sich vor dem Bürzel wie- der ebenso allmählig. Bei Peltops erweitert sich die Spinalflur gleichfalls allmählig, aber doch sehr beträchtlich und verschmä- lert sich vor dem Bürzel sehr schnell, hat also einen bentelformi- gen Umriss und bildet nicht den für Singvögel im Allgemeinen cha- rakteristischen rautenföormigen Sattel. Die äusserlich nächstver- wandten Monarchaarten, von denen ich bis jetzt erst M. alecto, M. carinata und M. cinerascens auf ihre Federfluren untersuchen konnte, haben eine tief ın:en am Halse sich spaltende Unterflur ohne Oberarmast und mit anliegendem, nur als kurzen Zipfel freien Brustast, wogegen ihre Rückenflur nicht den rautenformi- gen Singvogelsattel mit mittler Lücke, sondern eine allmählige starke Verbreiterung ähnlich Peltops, aber nach hinten sich wie- der jangsam verschmälernde besitzt. Die nahe Verwandtschaft in den äussern Formen zwischen Peltops und Monarcha wird also durch die eutschieden Todusarti- gen Federfluren in sehr bedenklichem Grade gestört. Leider ist an unserm einzigen Exemplar von Peltops der Schädel so unvoll- ständig, dass die Vergleichung nichts bietet, die Zunge fehlt. Jedenfalls ist die Vergleichung mindestens des Schädels, des Brust- beines und untern Kehlkopfes noch erforderlich, bevor die Unter. ordnung von Peltops unter die Museicapiden unzweifelhaft ge- macht wird. Es liegen andere Beispiele von sich widersprechen- 484 den äussern und innern Charaktern vor und ist sehr zu bedauern, dass grosse Sammlungen mit reichem Material bei der so sehr häufigen Einführung neuer Gattungen auf die Federfluren gar keine, auf die anatomischen oder auch nur osteologischen Eigen- thümlichkeiten so äusserst selten Rücksicht nehmen, nur mit sol- cher Berücksichtigung lässt sich der gränzenlosen Willkür und dem Durcheinanderwerfen der Gattungen und Arten Einhalt ge- bieten. ? Giebel. Literatur. Physik. Beetz, Einwirkung der Electricität auf Flüs- sigkeitsstrahlen. — Wenn ein Wasserstrahl aus der engen Oeffnung einer Glasröhre aufwärts springt, so zerfällt er in Tropfen, welche in Pa- rabeln von kleinen Parameter auseinander gehen. Nähert man dem Strahl einen elektrischen Körper, so zieht sich der Strahl in eine Säule zusam- men und steigt ungetheilt auf. Wird der elektrisirte Körper in grössere Nähe des Strahles gebracht, so zerfällt dieser wieder in kleinere Tröpf- chen, die in weiten Parallelbogen auseinander fallen. Zur Erklärung der ersten Erscheinung wirft Fuchs zunächst die Frage auf, warum löst sich der Strahl im natürlichen Zustande in Tropfen auf, und findet: das Tropfen- werfen ist eine Folge der Adhäsion des Wassers an die Mündung des Mundstückes, es hört auf, sobald das Mundstück mit Fett überzogen und dadurch die Adhäsion vernichtet ist. Durch die Annäherung des electri- schen Körpers wird das Mundstück und der Strahl durch Vertheilung elektrisch und diese elektrische Spannung vernichtet die Adhäsion, Später fand Reitlinger, dass ein Terpentinölstrahl durch die Annäherung eines elektrisirten Körpers gar keine Veränderung erfährt und dass ein Queck- silberstrahl aus der Oefnung einer Glasröhre cohärent springt wie der Wasserstrahl aus dem gefetteten Mundstück, dass er sich aber aus einem Kupfermundstück in Tropfen auflöst und durch einen genährten elektrisir- ten Körper nicht wieder zusammengeführt wird. Daraus schliesst Reit- linger, dass die Vernichtung der Adhäsion an die Ausflussmündung des Springbrunuens bei Wasser von einer elektrolytisch entstehenden sehr dünnen Gasschicht herrührt. Diesen Schluss findet B. sehr gewagt, Es kömmt die Aufhebung der Adsäsion durch den elektrischen Körper gar nicht in Frage. Fände solche Einwirkung statt, so müsste man die Höhe einer {zwischen Glaswänden capillar gehobenen Flüssigkeitssäule durch elektrische Einflüsse verändern können, was durchaus nicht gelingt. Fuchs’ Versuch der Aufhebung der Adhäsion gelang nur, wenn der elektrische Einfluss gerade an das Mundstück gesetzt wurde. Doch geschieht die Einwirkung auf den unten cohärenten Theil des Strahles selbst. Aus dem unten angebrachten Tubulus einer mit Wasser gefüllten Flasche führt ein 485 Glasrohr abwärts, dann nach oben und endet mit einer fein ausgezogenen Spitze. Der 20 Cm. hohe Wasserstrahl geht in schiefer Richtung aufwärts, um nicht gerade auf dem Wege, auf welchem er kommt, zurückzufallen. Unmittelbar über der Ausflussöffnung ist er bis 3 Cm. Höhe völlig cohä- rent, dann löst er sich in Tropfen auf, welche die parabolischen Zweige bilden. Der untere Theil oder Stamm des Strahles ist ganz cohärent, denn durch ein Draht gebunden entladet er ein geladenes Elektroskop so- fort. Die Zweige entladen unter gleichen Umständen das Elektroskop nicht. Nun wird eine Blechplatte mit kreisrundem Loch in der Mitte ho- rizontal so aufgestellt, dass der Strahl durch das Loch springt. Die fal- lenden Tropfen fallen neben dem Rande dieses Schirmes vorüber. Ein Drahtring mit einem isolirten Conduetor leitend verbunden, umgiebt den Strahl. Er soll stets negativ elektrisirt sein. Wird der Schirm so niedrig gestellt, dass das obere Ende des Stammes über ihn hervorragt, so wird der Strahl sofort zusammengezogen. Rückt man den Schirm in die Höhe, so dass der Stamm gänzlich in den electrischen Schatten kommt, so findet keine Zusammenziehung statt, wobl aber sobald man den Ring unter den Schatten bringt. Während Ausführung dieser Versuche taucht ein mit einem Elektroskop verbundner Draht in das in der Flasche enthaltene Wasser, ein zu einem zweiten Elektroskop führender Draht wird in den obern Theil des Wasserstrahles geführt. Ist der Stamm des Strahles durch den Schirm gegen die Elektricität des Ringes geschützt: so bleibt das Wasser im”Gefäss unelektrisch, der Strahl zeigt keine oder nur geringe negative Elektrieität; in der Nähe des Ringes ist er stärker negativ elek- trisch, es werden Tröpfehen vom Ringe an- und abgezogen und übertra- gen die negative Elektricität direet auf das Elektroskop. Ist der Stamm nicht in den elektrischen Schalten gestellt, so wird das Wasser in der Flasche durch Influenz stark negativ und bleibt es, wenn auch der Ring durch Berührung entladen wird. Die positive Influenzelektrizität erster Art ist also nicht in leitender Verbindung mit dem Wassergefäss geblie- ben, ist vielmehr von den Tropfen fortgeführt und deshalb wird das zweite Elektroskop jetzt positiv geladen. Wird das Wasser durch eine isolirende Flüssigkeit, z. B. Petroleum ersetzt, so zeigen beide Elektroskopen keine Elektrieität an, der Strahl keinerlei Veränderung. Diese Unempfindlichkeit des Strahles isolirender Flüssigkeiten gegen Elektricität beobachtete Reit- linger am Terpentinöl und schloss, dass bei diesem die Aufhebung der Adhäsion an die Mündung nicht wie beim Wasser statt finde. Aus sol- chen Versuchen lässt sich der Vorgang, der die Zusammensetzung des Strahles veranlasst, leicht übersehen. Die äussere Hülle des Stammes be- steht aus Wassertheilchen, die durch ihre Reibung an der Mündung einen excentrischen Stoss erhalten haben, sie rotieren also nach aussen und lö- sen sich allmählig vom Kerne des Stammes ab, um ihre parabolischen Bahnen zu verfolgen. Wird nun der Stamm durch Influenz positiv elek- trisch, so wird die auf der Oberfläche befindliche positive Elektrieität von den abgelösten Tropfen mitgenommen. Jetzt finden sich die innern un- elektrischen Tropfen von elektrischen umgeben, welche dadurch aus ihrer Bahn abgelenkt und der Achse des Strahles genähert werden. Völlig 486 cohärent wird dadurch der Strahl in seinem weitern Verlaufe nicht, höch- steus rückt das Ende des Stammes etwas in die Höhe, Die Tropfen be- schreiben noch immer Parabeln, aber solche mit sehr kleinem Parameter. Wirkt der elektrische Körper zu stark, so überwiegt die gegenseitige Ab. stossung der Tropfen über die Anziehung der Achse hin und es tritt Aus- einanderslieben des Strahles ein. Der ganze Vorgang findet also am Ende des Stammes, nicht an der Mündung statt und so ist die Annahme einer Acndrung der Adhäsion durch Elektrieität widerlegt. Nach einem Reitlingerschen Versuche steigt ein Quecksilberstrahi aus kupfernem Mund- stück springend, die Veızweigung aber nicht Wiedervereinigung durch Ein- wirkung der Elektrieilät, das gelang dem Vrf. nicht, wohl aber überzeugte er sich durch das Elektroskop, dass ein aus einem weiten Mundstück auf- steigender Strahl bis oben hinauf leitend also cohärent bleibt, während er bei engen Mündungen aus einem Stamm und vereinzelten Tropfeu be- steht, selbst wenu das Mundstück von Glas ist. Die Reibung bringt also auch hier die Theilung hervor. Ein aus einem engen Kupfermundstück springender Strahl war fast bis an die Mündung in überraschender Weise vollkommen isolirend. Wird einem solchen Quecksilberstrahl ein elektri- scher Körper genähert, so treten ganz dieselben Vorgänge ein wie beim Wasserstrahl. — (Münchener Sitzungsberichte 1871. 221—227.) Fr. Boll, Beiträge zur physiologischen Optik. — Dieser Beitrag behandelt das Sehen mit zusammengeselzten Augen und den Leeuwenhoek’schen Versuch. Für erstes stellte Joh. Müller bekanntlich 1826 die berühmte Theorie des musivischen Sehens auf, die lange in Gel- tung jetzt verlassen worden, obwohl keine bessere aufgestellt ist. Nach derselben sehen die Insekten’ weder nach dioptrischen noch nach katoptri- schen Gesetzen, sondern blos durch eine nähere Bestimmung der Beleuch- tung, die von der äussern conyexen Fläche der Cornea bedingte Brechung ist nieht so gross, dass es zur Entstehung besonderer kleiner Bilder von jeder Facette aus kommen könnte. Aber die convexe Krümmung der vor- dern Facelten der Cornea wirkt in der That als Lücke und 'erzeugt Bilder, was schon Leeuwenhock entdeckte, dann oft vergessen und neu entdeckt worden ist. Dieser Vater der Mikroskopie berichtet darüber am 1. Mai 1694 an die königl. Gesellschaft in London und nur Brauts hat 1843 die- ses Verdienst gewürdigt und damit die musivische Theorie zugleich erschüttert. Später hat Müller die Versuche wiederholt, aher doch seine Theorie aufrecht erhalten. Viele Physiologen beschäftigten sich mit die- sem Gegenstande, aber lösten den Widerspruch zwischen dem physiologi- schen Postulat und der anatomischen Grundlage nicht. Erst Max Schultze wies 1868 nach, dass bei manchen Insekten eine Mehrzahl feiner nervöser Fibrillen an das hintere Ende des Kıystallkegels herantritt und diese die Retina jedes Einzelauges bilden. Also ist eine wirkliche Retina vorhan- den. Vrf. machte gelegentlich folgendes Experiment. Er breitete die frische Retina eines Triton mit der Innenfläche nach unten in einen Tropfen Humor aqueus auf dem Objeetträger aus, entfernte das Pigment und be- deckte das Präparat mit einem Deckglas. Mit einer siarken Vergrösserung stellte er dann auf die obere Fläche der Mosaik der Stäbchen, d. h. auf 487 die hintern Endehen der Stäbchen ein, brachte er nun eine Staarnadel zwi- schen Spiegel des Mikroskopes und Objects und bewegte dieselbe hin und her: so sah er deutlich in jedem einzelnen Stäbehen ein aufrechtes Bild der Nadel entstehen, So gelingt der Leeuwenhoeksche Versuch auch an der Stäbehenschicht der Wirbelthiere,. Dieselbe Beobachtung machte M. Sehultze an der Retina einer Schlange, Vrf. an der andrer Amphibien. Der Ort der Bilder in den Stäbehen ist; unmittelbar vor dem hintern freien Ende der Aussenglieder. In der Stäbchenschicht aller zu den Versuchen verwendeten Amphibien befindet sich ein Körper, den M. Schulize den linsenförmigen Körper nennt. Er liegt an der Gränze zwischen Innen- und Aussenglied und so, dass er nach hinten abgeplattet, nach vorn ku- gelig oder ellipsoidisch gekrümmt ist. Da das Lichtbreehungsvermögen des linsenförmigen Körpers das der Substanz des Innengliedes bedeutend übertrifft, so erleiden die aus dem Innengliede durch jenen Körper in das Aussenglied übertretenden Strahlen eine starke Brechung. Die linsenförmi- gen Körper dienen mithin als Sammellinsen, welche alle auf je ein Sıäb- chen fallende Strahlen in einem Punkte in der Achse des Aussengliedes oder deren Verlängerung vereinigen. Diese Auffassung wird durch den Leeuwenhoekschen Versuch bestätigt. Vrf. hält es für leicht, eine ähn- liche Ueberlegung wie für die Stäbchenschicht. der Wirbelthiere auch, für die zusammengesetzten Augen der Gliederthiere durchzuführen. Nachdem an der Stäbehenschicht der Wirbelthiere klar nachgewiesen worden, dass die entstehenden Bilder nicht physiologisch, sondern nur eine von der Na- tur der Linsen unzertrennliche Nebenwirkung, eine physikalische Curiosi- tät sind, wird das Gleiche auch wohl für die musivischen Augen keine Schwierigkeit haben. I. Nach M. Schultze treten bei einzelnen Insekten viele feinste Nervenfibrillen an das centrale Ende des Kıystallkegels, den- noch will Vrf. denselben weder die physiologische noch anatomische Be- deutung einer Retina zuschreiben aus folgenden Gründen. 1. Die einzel- nen hervortretenden Fibrillen sind nicht durch Pigment gelrennt und ge- statten daher keine Sonderung der Eindrücke. Zur Entkräftung dieses Einwandes braucht man freilich nur anzunehmen, dass an der Wand einer jeden feinsten Nervenfibrille eine totale Reflexion statt findet. 2. Aber angenommen, es finde eine Sonderung der Eindrücke statt, so ist deshalb das hinter jedem Einzelauge gelegene Nervenende doch noch keine Retina, welche ja eine grosse Vielheit von Nervenenden erheischt. 3. Es ist ein ganz allgemeines Verhältniss, dass das Ende des Krystallkegels, hinter dem die Sehstäbe oder Nervenfibrillen unmittelbar liegen, in schr hohem Masse verschmächtigt ist, von den von der vordern Hornhaulfläche ent- worfenen Bildchen wird daher stets nur eine ganz kleine centrale Partie am Ende des Krystallkegels von einer etwa dort vorhandenen Retina per- eipirt werden können. 4. Trotz des Schultze’schen Nachweises ist bei vielen zusammengesetzten Augen die Struktur derart, dass ziemlich sicher die Existenz eines anatomischen Substrats für eine gesonderte Lichtem- pfindung hinter jedem Einzelauge ausgeschlossen werden kann. Bei Ta- gesschmetterlingen fand M, Schultze den dünnen Nervenfaden am hintern Ende des Krystallkegels durchaus homogen. .Bei den Libellen und den 488 Krebsen gränzt unmittelbar an das hintere Ende des Krystallkegels nicht eine fibrillöse Nervenfaser, sondern der feine plättchenstructurirte Sehstab. an dem eine andere innere Differenzirung niemals nachweisbar war. Sollte es daher nicht correcter sein, die Struktur der Libellen- und Krebsaugen als Norm anzunehmen und in der fibrillären Differenzirung, welche die Endfasern der Retina bei andern Insekten zeigen, ebensowenig eine wei- tergehende physiologische Differenzirung zu suchen, wie man sie in der fibrillären Structur der Zapfenfasern der menschlichen Fovea eentralis sncht? — I. Eine andere Schwierigkeit in der physiologischen Verwer- thung der Leeuwenhoekschen Bildehen für den Sehakt der zusammenge- setzten Augen liegt auf physiologischem Gebiete, in dem Mangel einer Aceomodation. Je gründlicher die anatomische Untersuchung der Insekten- augen ist, desto auffälliger hat sich herausgestellt, dass das anatomische Verhältniss der optischen Constanten, die Differenz zwischen den brechen- den Flächen und den Nervenenden stets constant bleibt, keiner Verände- rung fähig ist. Da die Brennweite der als Linsen wirkenden Hornhautfa- celten bei den meisten in der Luft lebenden Thieren eine verschwindend kleine ist: so wird der optische Apparat des Einzelauges sowohl von den in grosser Nähe wie in grosser Ferne befindlichen Objecten Bilder ent- werfen müssen. Wie eine physiologische Sendung dieser Bilder ohne Ac- comodation möglich sein soll, ist nicht zu denken. — III. Die dritte Schwie- rigkeit ist eine physiologische. Welche Einrichtung sollen wir uns in dem Centralorgan eines Insektes vorstellen, das sich seine Wahrnehmung eines Gegenstandes construiren soll aus mehr denn 100 bis vielen 1000 einzel- nen Bildern, von welchen keines genau mit dem andern übereinstimmt und welche vorwiegend verstümmelt, ungenügend sein werden. Die Vorstel- lung, welche in den zusammengesetzten Augen der Gliederthiere eine Ag- gregation einfacher Augen sieht, setzt eine so unendliche Complieirtheit nicht blos der peripherischen, sondern noch vielmehr der centralen Struk- tur des Sehorganes voraus, wie wir sie vorauszuseizen gar nicht berech- tigt sind, falls wir nicht unsere Vorstellungen über die mikroskopische Anatomie des Nervensystems völlig modifieiren wollen. So erscheint es Vrf. völlig unzulässig für das Sehen der Gliederthiere an die Leeuwen- hoek’schen Bilder anzuknüpfen, und er nimmt die Müllersche Theorie vom musivischer Sehen als vollkommen berechtigt an. — Schliesslich erörtert Vrf. noch zwei Punkte: 1. die Frage nach dem Orte, wo in der Retina der Wirbelthiere die Lichtempfindung zu Stande kommt. Das zu ermit- teln ist sehr schwer. Selbst an der Lösung der sehr einfachen Aufgabe 1 1 1 nach der Formel 7 For air I die Brennweite f der linsenförmigen Körper in den Amphibienaugen zu berechnen bemühte Vrf. sich verge- bens, da die einzelnen Constanten nicht hinlänglich genau zu bestimmen waren, insbesondere a als Entfernung des Bildes von der vordern Fläche des linsenförmigen Körpers. So sind nur Muthmassungen möglich. Der Nutzeffekt der linsenförmigen Körper für die Concentration der auf ein Stäbehen fallenden Lichtstrahlen kann in vierfacher Weise gedacht werden, 1) Der Durchschneidungspunkt der von einem Gegenstande ausgehenden 489 Strahlen liegt von dem Brennpunkte des linsenförmigen Körpers, dann di- vergiren die Strahlen nach der Vereinigung wieder und es wird ein Zer- streunngskreis divergirender Strahlen auf die vordere Convexität des lin- senförmigen Körpers auffallen und in einem bestimmten Punkte in der Achse des Aussengliedes wieder vereinigt werden. 2. Jener Punkt liegt im Brennpunkt des linsenförmigen Körpers und die nach der Durchschei- dung wieder divergirenden Strahlen werden parallel, nachdem sie den lin- senföürmigen Körper überschritten haben, und ein homogener Lichteylinder paralleler Strahlen wird das Aussenglied durchleuchten. 3. Jener Punkt liegt zwischen Vorderfläche und Brennpunkt des linsenförmigen Körpers und die nach der Durchschneidung wieder divergirenden Strahlen werden schwächer divergent, nachdem sie den linsenförmigen Körper überschritten haben und wird durch sie eine unregelmässige Durchleuchtung der Aussen- glieder stattfinden. 4. Jener Punkt liegt hinter der vordern Fläche des linsenförmigen Körpers und dann wird die Vorderfläche desselben von bereits convergirenden Strahlen getroffen, welche durch den linsenförmi- gen Körper nur noch convergenter gemacht werden. In allen diesen Fällen ist das Endresultat ein übereinstimmendes : die Durchleuchtung der plätt- chenstrukturirten Substanz, des Aussengliedes. Der physiologische Nutzen des linsenförmigen Körpers würde z. Th. darin zu suchen sein, dass der- selbe geeignet ist, kleine Schwankungen in der Lage der Durchschneidungs- punkte, wie sie bei der durch Muskelkraft bewirkten Accommodation un- vermeidlich sind ohne Nachtheil für die Deutlichkeit des Sehens sich voll- ziehen zu lassen. Welches die normale Lage des Durchschveidungspunk- tes sein möchte, lässt sich noch nicht ermitteln. Die vollständigste Durch- leuchtung des Aussengliedes würde bei der unter 2. angeführten Möglich- keit statt finden. — Il. Wenn die zusammengesetzten Augen physiologisch nicht mehr als Aggregation einfacher zu betrachten sind, so muss auch die vergleichend anatomische Auffassung derselben modifieirt werden und dabei sind für den strengen Darwinisten zwei Fragen zu beantworten: welche Homologien existiren zwischen dem zusammengeseizten Auge der Insekten und dem Wirbelthierauge und welche Analogien finden zwischen beiden statt? Die Reihe der Homologien zwischen zwei verschiedenen Typen ist stets möglichst eng, die der Analogie aber möglichst weit ab- zustecken. Die Homologie in den beiderlei Augen beschränkt sich auf den Sehnerven, das Pigment, die mosaikartige Anordnung der empfinden- den Pnnkte und auf die plättchenartige Struktur der letzten Sehnervenen- den. Die Analogien oder funktionellen Uebereinstimmungen zwischen de beiderlei Augen müssen nun ganz anders als bisher aufgefasst werden. Die Cornea der Gliederthiere und deren Krystallkegel ist nicht mehr mit Cornea und Glaskörper des Wirbelthierauges zu vergleichen, da hinter erstem stets nur das physiologische und morphologische Aequivalent eines einzigen Stäbehens, nie aber einer Stäbehenschicht liegt. Den ersten An- lauf einer richtigen Würdigung der Analogien nahm Brücke, und Leydig suchte dessen Gedanken weiter zu führen, jedoch nicht mit befriedigen- dem Erfolg. — (Müller’s Archiv 1871. S. 530—549.) Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872, 32° 490 Rossbach, über rythmische Thätigkeit und Contracti- lität der einfachsten Organe. — Die contractilen Blasen der In- fusorien sind Exeretionsorgane, wie Zenker an Actinophrys so erkannte R. an einer Amoebe die Entleerung der Blase nach aussen. Die rythmi- schen Bewegungen derselben sind ganz regelmässig und stehen in be- stimmter Beziehung zur Temperatur, so dass dieselbe Thierart in norma- len Verhältnissen bei gleicher Temperatur stets die gleiche Pulszahl hat. Von 40 C an aufwärts nimmt die Schnelligkeit der rythmischen Bewegun- gen zu und zwar schneller zwischen 4—15°, minder schnell zwischen 15—30°%. Wie alle Bewegungen des Protoplasma, so verlangen auch die rythmischen Sauerstoff; reiner Sauerstoff aber steigert die Schnellig- keit der Bewegungen nicht und ist der Sauerstoff nieht als der die Con- traction erzeugende Reiz zu betrachten. Veräuderung des Contraetions- grades der umgebenden Flüssigkeit durch indifferente, saure oder alkali- sche Stoffe verlangsamen, indem sie die Diffusion ändern, stets die Schnel- ligkeit der rythmischen Contraction. Wie absoluter Sauerstoffmangel, so lähmen Kohlensäure und viele Alkaloide selbst bei stärksier Verdünnung (1:15000) die contractile Blase unter gleichzeitiger enormer Dilatation voll- ständig. Kohlensäure in geringer Menge der atmosphärischen Luft zuge- führt, vermehrt die Schnelligkeit der rythmischen Bewegungen. In starken Verdünnuungen hewirken die Alkaloide eine Lähmung der contractilen Blase und der willkürlichen Körperbewegnng, während die unwillkürlichen [??] Wimperbewegungen noch lange fortdauern, ebenso heben auch hohe Tem- peraturgrade die willkürlichen Bewegungen früher auf, als die unwillkür- lichen. Gleichso wirkt allmählige Sauerstoffentziehung. Diese Verhältnisse sprechen für eine verschiedene Empfindlielikeit des Protoplasmas ein und desselben Thieres. Tetanisirt man mittelst schwachen elektrischen Stro- mes die Thiere, so pulsirt die contraetile Blase fort, obgleich der Körper selbst in tetanische Starre veıfallen ist. Aus diesen und andern Reob- achtungen folgert R., dass bei den rythmischen Bewegungen der contrac- tilen Blasen weder reiner Sauerstoff noch Sauerstoffinangel, noch eine Säure als Reiz für die Bewegungen zu betrachten, dass Sauerstoff aber die conditio sine qua non für das Zustandekommen dieses Reizes sei, dass das regelmässig abwechselnde Entstehen und Vergehen des Rejzes wesent- lich von der Beschaffenheit des diesen Bewegungen vorstehenden Proto- plasmas abhängt, da jede Veränderung des Diffusionsprozesses augenblick lich eine Veränderung der rythmischen Bewegungen hervorruft. Da bei *orhandenem Sauerstoff nur Erhöhung der Temperatur, sonst kein einzi- ges Agens mehr die rythmischen Bewegungen beschleunigt: so muss man als Reiz für dieselben den Oxydationsvorgang selbst betrachten ; das Oxy- dationsprodukt als Ursache des Aufhörens des Reizes.. Wenn auf dem Wege der Diffusion das Oxydationsproduct aus dem Organismus entfernt und neue Oxydationsfähige Stoffe hineingelangt sind, entsteht ein neuer Reiz u. s. f. Die Schnelligkeit des Rythmus hängt daher auf das engste mit dem Diffusionsprozesse zusammen, jede Verlangsamung desselben, wodurch die Oxydationsproducte langsamer entfernt werden, verlangsamt die rythmischen Bewegungen. Die Wirkung der Alkaloide besteht darin, 491 dass das Protoplasma durch sie seine Fähigkeit sich zu oxydiren verliert. — (Würzburger Verhandlgen 1872. II. Sitzungsbericht S. 15—16.) Chemie. Dammer, Dr. Otto, Kurzes chemisches Hand- wörterbuch zum Gebrauch für Chemiker, Techniker, Aerzte, Pharma- ceuten, Landwirtbe, Lehrer und für Freunde der Naturwissenschaft über- haupt. Berlin 1872 bei Robert Oppenheim. Liefg. I. — Das vorliegende Werk ist darauf berechnet, eine wesentliche Lücke der chemischen Lite- ralur auszufüllen. Es soll ein Nachschlagebuch werden, das in gedräng- ter Kürze und bei geringem Preise (12—13 Lieferungen A 12 Sgr.) eine lexicographisch geordnete Uebersicht der wichtigsten Körper aus dem Ge- biete der Chemie erklärt. Es sind bei der Auswahl alle diejenigen Kör- per berücksichtigt, welche irgend wie ein practisches Interesse, sowie die, welche hervorragende theoretische Bedeutung haben. Die Körper sind dureh ihre wesentlichsten Merkmale characterisirt, wo es nothwendig er- sehien, ist auf die Wichtigkeit derselben für das Thier- und Pflanzenreich hingewiesen, ebenso wurde die praktische Anwendung in der Heilkunde und den Gewerben, die allgemeinen Umrisse der Darstellung respect. das Vorkenimen angedeutet, hie und da flossen einige historische Be- merkungen ein, kurz das Buch verspricht in der That ein recht praktisches zu werden. Die erste Lieferung, welche auf 4 Bogen gross 8. die Artikel Abathmen bis Auhydrit behandelt, finden vollkommen unseren Beifall, und wenn der bekannte Herr Verf. die folgenden Lieferungen mit derselben Sorgfalt bearbeiten wird wie die erste, dann glauben wir seinem Werke eine gute Zukunft verheissen zu können. Freilich steht dann wohl zu er- warten, dass es mit 13 Liefrgen nieht abgemacht sein wird; jeder Kenner wird sich aber dadurch nicht abhalten lassen, das preiswerthe Werk des- sen ungeachtet zu acquiriren. Endlich wollen wir noch hinzufügen, dass sieh Verf. an das Handbuch von Liebig, Köhler uud Poggenorff ange- schlossen hat, ein Umstand, der seinem Werke wohl nur zur Empfehlung gereichen kann. Brek. Bode, F., Ingenieur, Beiträge zur Theorie und Praxis der Schwefelsäure-Fabrikation. Berlin 1872 bei Oppenheim. — Der Herr Verf.. welcher sich in seiner kleinen Sehrift als äusserst er- fahrener und Lüchliger Fachkenner zu erkennen giebt, verfolgt wesentlich zwei Ziele. Einmal nämlich ist es ihm wirklich darum zu thun, einige Lücken in der Literatur der Schwefelsäure-Fabrikation auszufüllen, Haupt- zweck ist ihın aber, für den neuerdings mehrfach angefeindeten Gersten- höfer’schen Schütlofen eine Lanze zu brechen. Jeder unbefangene Leser wird nach aufmerksamer Lectüre der ‚Schrift den Eindruck behalten, dass Verf. seine Absicht erreicht hat, dass er die irrigen Vorwürfe, welche dem Gerstenhöferschen Ofen gemacht werden, aufgedeckt und die begrün- deten auf das richtige Mass zurückgeführt hat. Das Schriftchen umfasst fünf Abschnitte. Im ersten werden theoretische Betrachtungen über die Verbrennungswärme von funfzehn geschwefelten Erzen angestellt und durch Rechnung nachgewiesen, dass bei denselben die entwickelte Wärme aus- reichend ist, um den einmal in den Gang gebrachten Röstprozess, ohne Zusatz von Brennmaterial im.Ofen ferner zu unterhalten. Der zweite Ab- .. 32* 492 schnitt behandelt die dem Schütlofen gemachten Vorwürfe, Der Verf. ver wirft darin zunächst seine früher anderwärts ausgesprochene Ansicht, dass der Schüttofen zur Abröstung des Bleiglanzes dienen könne, einigen Er- örterungen über die Anwendung des Schüttofens in der Metallurgie und Schwefelsäure-Fabrikation folgen Widerlegungen der durch Niehthalthar- keit der Träger und durch angeblich ungeheure Flugstaubmengen beding- ten Unbequemlichkeiten. Es wird ferner über die Haltbarkeit der Flug- staubkammern, über die Verunreinigung der Schwefelsäure durch den Staub und über die Zerkleinerung des Materials gehandelt. Dann folgen Erwiderungen auf die dem Ofen gemachten Vorwürfe über seine difficile Abwartung und die Qualität des Röstgutes. Im dritten Abschnitt lässt der Verf. Betrachtungen über die Röstung einiger Schwefelmetalle folgen, um klar zu stellen, wieweit die Anwendung des Schüttofens auch in der Metallurgie zulässig erscheint. Er knüpft diese Betrachtungen an Bleiglanz, Zinkblende, Mansfelder Rohstein, Spurstein, einfach Schwefeleisen und Schwefelkies an. Nachdem Verf. ferner im vierten Abschnitt die Verbes- serungen, welche an dem Schüttofen behufs des Ziehens der Abbrände, zur Verminderung des Flugstaubs und in Betreff der Luftzuführung bespro- chen hat, gelangt er im fünften Abschnitt zu einer kritischen Vergleichung der zur Abröstung geschwefelter Erze namentlich benutzten Oefen. Dem Anhang ist eine Statistik der Schüttöfen beigegeben. Breck. H. Tappeiner, Zersetzung des Eiweises unter Einwir- kung des übermangansauren Kalis. — B£champs entschiedene Behauptung des Auftretens des Harnstoflfes unter den Zersetzungsproduk- ten des Eiweisses durch übermangansaures Kali, schon von Staedeler und Loew widerlegt, veranlasste Vrf. zur Wiederholung der Versuche ganz in dessen Weise. 20 Grm. trockenen Hühnereiweises wurden mit 200 Grm. übermangansauren Kalis und 500 CC Wasser auf dem Wasserbade bis zur völligen Entfärbung erhitzt. Die entweichenden Gase rochen stark nach Methylamin und Ammoniak, Dann wurde die Flüssigkeit vom Braunstein abfiltrirt und mit Schwefelsäure schwach angesäuert in einer Retorte de- stillirt. 1. Das sauerreagirende und stark nach Capronsäure riechende Destillat wurde mit kohlensaurem Baryi neutralisirt und eingedampft. Das Verhalten der so gewonnenen Salze liess erkennen, dass blos ein Gemenge von fettsauren Barytsalzen vorlag, und unterblieb deren weitere Trennung, da ja nur das Auftreten der Fettsäuregruppe im Allgemeinen unter deu Zersetzungsprodukten des Eiweisses für die Erkennung der Constitution desselben von Wichtigkeit ist, das Entstehen dieser oder jener niedern Fettsäure hingegen nur abhängt von der mehr minder weit gegangenen Oxydation eines aus dem Eiweiss abgespaltenen der Fettsäuregruppe zu- gehörigen Körpers. 2. Der Rückstand in der Retorte wurde vom auskry- stallisirten schwefelsauren Kali abgegossen und mehrmals mit Aether ‚ausgeschüttelt. «. Der Aetherauszug reagirte sauer und hinterliess nach dem Verdunsten einen gelblichen krystallinischen Rückstand mit allen Eigenschaften der Benzo&säure. Es wurde ihr Kalksalz. dargestellt und eine Kalkbestimmung gemacht. Die gefundenen Zahlen stimmen in der That mit denen des; benzoösauren Kalkes überein.: d. Der in Aether nicht 493 lösliche Rückstand wurde zur Entfernung des gelösten schwefelsauren Kalis mit salpetersaurem Quecksilber gefällt, gewaschen und mit Schwe- felwasserstoff zerlegt. Im Filtrat davon fällte salpetersaures Silber einen weissen körnig krystallinischen Körper, der gewaschen und analysirt sich als oxalsaures Silber erwies. Im Filtrat blieb noch stickstoffhaltige or- ganische Substauz gelöst, zu deren Gewinuung ein dritter Versuch diente, bei welchem das schwefelsaure Kali durch Versetzen der Flüssigkeit mit absolutem Alkohol entfernt, diese dann zur Entfernung der Schwefel- und Oxalsäure mit kohlensaurem Baryt neutralisirt, filtrirt und eingedampft wurde. Es zeigten sich blättchen- und drusenförmige Krystallmassen, die nach wiederholtem Umkrystallisiren das Aussehen von Leuein boten, Die Analyse der Kupferverbindung bestätigte die gemachte Diagnose. Da nun Leuein durch übermangansaures Kali in alkalischer Lösung zu Oxalsäure und Valeriansäure oxydirt wird:” so muss angenommen werden, dass in diesem Versuche die Oxydation weniger weit gegangen und das Leuein analog seiner Bilduug aus thierischen Stoffen durch Behandlung mit Mi- ueralsäuren, erst bei der Destillation mit Schwefelsäure aus Körpern ab- gespalten worden sei, welche selbst nur unvollständige Zersetzungsprodukte des Eiweises gewesen waren. In der Mutlerlauge des Leueins aber müs- sen noch andere stickstoffhaltige Spaltungsprodukte enhalten sein, denn mit dem Knop’schen Reagens behandelt gab sie noch merkliche Mengen freien Stickstoffs aus, welche Erscheinung bei der erwiesenen Abwesenheit von Ammoniaksalzen nur auf eine ganz bestimmte Körpergruppe schliessen liess. — (Leipziger Berichte 1871. S. 171—173.) Alph. Cossa, Bildung des Asparagins in den Wicken, — Piria glaubte, dass das aus im Dunkeln gewachsenen Wieken grzogene Asparägin durch Abwesenheit des Lichtes erzeugt würde und brachte des- halb Wicken an einem sonnenreichen Orte zum Keimen, wo sie jedoch fast ebensoviel Asparagiun lieferten wie im Dunkeln. Später säete Pasteur Wicken im Strassburger Garten und erhielt aus 200 Liter Saft aus vor dem Aufblühen gepressten Wicken keine Spur von Asparagin, während er das- selbe im Ueberfluss aus den etiolirten Wicken gewann, die in einem Kel- ler gewachsen waren. Vrf. unternahm neue Versuche. Er säete im Juli Wiecken gleichzeitig im Keller und im Garten der Versuchsstation in Turin, sammelte nach 20 Tagen die 50 Cm. hohen Pflanzen vou beiden Localitä- ten und erhielt aus einem Kilogr. der im Licht gewachsenen Wicken 16,25 Grm. reines Asparagin, aus dem gleichen Gewicht der im Dunkeln gewachsenen aber nur 13,20 Grm. Im August und nochmals im Septem- ber wurden diese Versuche wiederholt und ergaben das gleiche Resultat. Zu einem vierten Versuche wurde die Wassereulturmethode gewählt und aus 1000 Gewichtstheilen der jm Dunkeln gezogenen Wicken wieder 1} Theile Asparagin, aus dem gleichen Gewichte der im Licht gezogenen aber nur 7 Tlieile erhalten. Nun war die Bestimmung wichtig, ob das unter Einfluss des Sonnenlichtes entwickelte Asparagin mit dem im Dunkeln er- zeugteu vollkommen identisch sei. Beide ergaben sich als völlig gleich und haben auch die gleichen .Coäffieienten der Auflöslichkeit im Wasser. Auch die aus beiden dargestellte Asparaginsäure hatte gleiche physikali- 494 sche und chemische Eigenschaften. Es bestäligt sich also Pirias Ansicht. Pasteurs negatives Resultat erklärt Vrf. aus andern Beobachtungen. Der Saft der unter Einfluss des Lichtes gewachsenen Wicken ist weit verän- derlicher als der aus im Dunkeln gezogenen, er enthält im Ueberschuss eine stickstoffhaltige Substanz, die wie ein Gährungsmiltel wirkt und mit grosser Schnelligkeit die schon von Piria beobachtete Umwandlung des Asparagin in Bernsteinsaures Ammon anregt. Wenn zwei Auflösungen von rohem Asparagin, von denen die eine aus den unter Einfluss des Sonnenlientes gewachsenen Wicken, die andere aus den im Dunkeln ge- wachsenen gewonnen wurde, sich selbst überlassen bleiben, so zersetzt sich die erste Auflösung in viel kürzerer Zeit als die zweite. Daraus ist wahrscheinlich, dass Pasteur nur in Folge dieser Zersetzung aus den im Lichte gewachsenen Wiceken Asparagin nicht erhalten konnte. — (Land- wirthschaftl. Versuchsstal. 1872. XV. 182—184.) A. W. Hofmann, über Derivate der Aethylenbasen. — 1. Einwirkung des Schwefelkohlenstoffs auf das Aethylendiamin ergab nur theilweise in dem erwarteten Sinne dieReaction. Aethylendiaminsulfocar- bonat. Mischt man Schwefelkohlenstoff mit einer Lösung von Aethylen- diamin, so erhält man eine klare Flüssigkeit, die sich schnell unter Aus- scheidung eines weissen Körpers trübt, die Ausscheidung nimmt zu und schon nach einer Viertelstunde ist die Flüssigkeit zu einer weissen oder gelblichen festen Masse erstarrt. Diese ist in Alkohol und Aether unlös- lich, löst sich in warmem Wasser mit theilweiser Zersetzung und scheidet sich vor dem S’edepunkte in säulenförmigen Krystallen aus. Auch trocken zersetzt sie sich bei 100%. Ihre Analyse führt zu der Formel C,H,N,S, = (C,H,) H4N,. CS,, Nach der Theorie 20, 59 N und 47, 59 S und soviel ergab die Analyse. Das Verhalten des Aethylendiamin zum Schwefelkoh- lenstoff ist also insofern dem des Aethylamins analog, als in beiden Fällen ein Doppelmolekül Ammoniak mit 1 Schwefelkohlenstoff zusammentritt. Der Aethylendiaminabkömmling unterscheidet sich von dem Derivate des Aethylamins chemisch, denn während letztes sich als das Aethylaminsalz der Aethylensulfocarbaminsäure darstellt, ist eine solche Auffassung dieses Körpers unstatthafti, verdünnte Säuren scheiden aus ihm keine Aethy- lensulfocarbaminsäure ab, Alkalien entwickeln kein Aetlıylendiamin. Da- her war auch unter den Spaltungsprodukten kein Aetlıylensenföl zu erwar- ten. — Kocht man eine Lösung der Schwefelkohlenstoffverbindung des Aethylendiamins mit einem Metallsalz (Quecksilberchlorid), so tritt Schwefel- wasserstoff aus, gleichzeitig destillirt Schwefelkohlenstoff über und in der rückständigen Flüssigkeit ist neben einem Aethylendiaminsalz die Metall- verbindung eines neuen schwefelhaltigen Körpers vorhanden. Eine ähn- ‚liche Neubildung wird durch Kochen mit verdünnten Säuren hervorge- bracht, wobei Schwefelkohlenstoffentwicklung stattfindet. Auch siedendes Wasser bewirkt Zerlegung, wobei sich aber fast nur Schwefelwasserstofl entbindet und das Reactionsprodukt ist fast ausschliesslich der neue schwefelhaltige Körper. Lässt man die wässerige Flüssigkeit nach Ent- weichung des Schwefelwasserstoffs erkallen, so schiessen äusserst biller schmeckende weisse Prismen an, die in Alkohol leicht, in Aether schwer 495 löslich sind, bei 194% schmelzen, bei höherer Temperatur sich zersetzen, aber ihr Schwefelgehalt giebt sich erst beim Schmelzen mit Salpeter zu erkennen. Die Analyse der getrockneten Substanz ergab die Formel Cs C,H,N,S = GN Diese neue Verbindung, ein Aethylensulfocarbamid oder Aethylensulfoharnstoff, entsteht also aus dem Schwefelkoblenstoff- körper einfach durch den Austritt von 1 Schwefelwasserstoff C,H,N,S, = GH;N,S-+ H,S. Wie erwähnt, bildet sich aber dieser Körper aus der Schwefelkohlenstoffverbindung beim Kochen mit Metallsalzen oder Säuren. Die dabei auftretenden Nebenprodukte, Aethylendiamin und Schwefelkoh- lenstoff gehören einer secundären Reaction an, in der sich die behandelte Verbindung einfaeh in ihre Componenten zerlegt. Das Aethylensulfocar- bamid krystallisirt aus seiner Lösung in Säuren unverändert wieder her- aus, vereinigt sich aber mit Quecksilberchlorid und Silbernitrat zu Doppel- verbindungen, die sich umkrystallisiren lassen. Das Quecksilbersalz ist bei den Versuchen, ein Senföl darzustellen, oft erhalten. Wahrscheinlich existiren mehre Doppelsalze, unter den vorliegenden Bedingungen ent- stand stets eine Verbindung von 2 Harnstoff und 3 Quecksilberchlorid : 2C;H,;N,S. 3HgChl,. Mit Platinchlorid entsteht selbst in verdünntester Lösung ein hellgelbes amorphes Platinsalz, das bei 100° sich nicht zer- setzt, und besteht aus 20,H,N,S. Pı Cl,. Ein zweites Platinsalz enthält 2 Chlorwasserstoffsäure.. Wird es mit Schwefelwasserstoff zersetzt, so erhält man eine salzsaure Lösung, aus der Platinchlorid jenes amorphe Platinsalz fällt. Verdampft man die Salzsäure, so bleibt der ursprüng- liche bittere Aethylensnlfoharnstoff zurück. — Vergleicht man die Zusam- mensetzung des Aethylensulfocarbamids mit der des Aethylendiamins - einerseits und der des Aethylensenföles andererseits: so steht der neue Körper gerade mitten zwischen beiden: ON, 0,H, C,H, IN 15, Sn H, B, cs Es lag nahe, durch weitere Einwirkung von Schwefelkohlenstoff auf das Aetlıylensulfocarbamid das Senföl zu gewinnen, Zahlreiche Versuche dar- auf blieben jedoch ohne Erfolg. — Weiter wurde versucht, das Salz durch Zerselzung des chlorwasserstoflsauren Salzes mit Silbersulfeyanat darzu- stellen. Die beiden Salze zerlegen sich aber selbst unter Druck nicht mit einander. Man erhält das Salz jedoch leicht durch Sättigen von freier Sulfocyanwasserstoflsäure mit Aethylendiamin in grossen durchsich- tigen Prismen, die selır löslich in Wasser, weniger in Alkohol, unlöslich io Aether sind und die Formel haben C,H ,,N4S, = (C5;H,) H,N,. (HCNS),. Beim Erwärmen des schwefeleyanwasserstoffsauren Salzes erfolgt alsbald eine tieier gehende Zersetzung. Schon unterhalb des Schmelzpunktes .145° verwandelt sich das Salz unter Bildung von Schwefeleyanammonium in den oben beschriebenen Aethylensulfoharnstoff. (CzH,)H4N,. (HCNS), = ‚(CS)(CzH,)HzN5-+ H3N,BCNS. Die Umbildung ist jener ganz analog, die das schwelelcyanwasserstoffsaure Anilin erleidet, indem es unter dem 496 Einfluss der Wärme in Sulfocarbanilid und Schwefeleyanammonium über- geht. Senfölbildung wurde nicht wahrgenommen. — 2. Aethylendiamide. Einwirkung des Benzoylehlorids auf Aethylendiamin. Die Reaction ist sehr lebhaft und verläuft genau nach der Theorie. Die heisse Flüssig- keit erstarrt beim Erkalten zu einem krystallinischen Gemenge von Aethy- lendiaminchlorhydrat und einem neuen Körper, dem der Name Aethylendi- benzoyldiamid zukäme. Nach dem Auswaschen des Aethylendiaminsalzes mit Wasser braucht der Rückstand nur einige Mal aus Alkohol umkrys- tallisirt zu werden und man erhält schöne Nadeln, die im Wasser unlös- lich, in Alkohol löslich sind. Die Zusammensetzung dieser neuen Ver- bindung ist C,H, C,H ,6N,0, = (C7H,0), ( N, H, Kohlenstoff 71,69, Wasserstoff5,97. Die Bildung erfolgt nach der Gleichung 2 [(CHY)ESN,) + 2C,B,0C1 = (C,H,) (CH,0) HN) + (CH4)H4N,, 2HCI. — Einwirkung des Chlorals auf Aethylendiamin. Da die basischen Eigen- schaften des letzten an die des Natron und Kali erinnern: so schien in der Behandlung der Base mit Chloral ein einfacher Weg für die Darstel- lung des Aethylendiformyldiamids gegeben. Beide Substanzen wirken mit grosser Energie auf einander, alsbald scheidet sich das Chloroform als schwere Oelschicht ab und wenn man nach dem Abdestilliren des letzten die rückständige Flüssigkeit auf dem Wasserbade eindampft, bleibt das Aethylendiformyldiamid als durchsichtiger Syrup zurück. (CzHy)H4N, + 2[CC],. CHO] = (CzH,) (CHO)H,N, + CHCI,. Säuren sowohl wie Alka- lien verwandeln das Amid leicht in Aethylendiaıin und Ameisensäure. Das Chloral lässt sich auch für die Darstellung anderer Formamide be- nutzen. — Einwirkung des Oxalsäureäthers auf Aethylendiamin, Ver-' mischt man eine concentrirte alkoholische Lösung von Aethylendiamin mit Oxalsäureäther, so erwärmt sich die Flüssigkeit und erstarrt nach einigen Augenblicken zu einer weissen amorphen Masse, die in Wasser und Alkohol unlöslich ist. Verdampft man das alkoholische Filtrat des unlöslichen Körpers auf dem Wasserbade, so bleibt eine weisse in Wasser und Alkohol lösliche Substanz zurück. Der amorphe Körper ist Aethylenoxamid. Die in dem Filtrate desselben enthaltene in weissen Schuppen kıystallisirende Substanz erwies sich bei der Analyse als äthylenoxaminsaurer Aethyläther., — (Berliner Monatsberichte März S. 182—191.) Vogel,EinflussabsolutenAlkohols aufeinigechemische Reaetionen. — Die Eigenschaft des Alkohols als Lösungsmittel, ist von dessen Concentration beeinflusst. Im absolutem Alkohol ist eine Reihe von Substanzen löslich, welche von schwächerem wenig oder gar nicht gelöst werden, entgegengesetzt, nähert sich die Lösungsfähigkeit eines sehr verdünnten Alkohols für eine andre Art von Körpern dem Löslich- keitsverhältnisse, welches dieselben für reines Wasser besitzen. Kerner ist die Entzündbarkeit des Alkohols an eine selır bestimmte Gränze seines Proceutgehaltes gebuuden. Ein gewisser Grad von Säuregehall eines abso- Inten Alkohols, des Schwefeläthers und anderer Aetherarten ist bekanut- 49° lich durch trocknes Lakmuspapier nicht zu entdecken. Vorzugsweise aber sind es zwei Reactionen, die von der Concentration wesentlich ab- hängig sind, nämlich die Jodamylonreaetion und die Selbstentzündung des auf Alkohol gebrachten Kaliums. Taucht man Stärkekleisterpapier in eine Auflösung von Jod in absoluten Alkohol: so tritt die characte- ristische Jodamylonreaction nicht ein, das Papier färbt sich erst nach langem Liegen in feuchter Luft blau, beim Benetzen mit Wassser sogleich. Dies hat seinen Grund in der Stärke des Alkohols, der zur Darstellung der Jodtincetur verwendet worden. Versetzt man eine mittelst absoluten Alkohols dargestellten Jodtincetur mit dem gleielien Volum destillirten Wassers: so tritt die blaue Färbung des Stärkekleisterpapiers sogleich ein. Diese Reaction bietet also ein einfaches Mittel, die Stärke des Alkohols, sein specifisches Gewicht, seinen Procentgehalt zu beurtheileu. Eine Jod- tinetur, dargestellt mit Alkohol von 0,880 sp. Gew. oder 66,53 Gewichts- procentgehalt ist die Gränze, welche die blaue Färbung des Reagenz- papiers nicht mehr zulässt. Diese Jodtinetur bedarf nur sehr weniger Verdünnung mit Wasser, um augenblicklich die blaue Färbung zu veran- lassen. Zur practischen Verwerthung wäre nöthig, aus einem graduirten Gefässe zu dem in Untersuchung stehenden Alkohol so lange Wasser hin- zuzusetzen, bis die Reaction eintritt, Umgekehrt hätte man einem zu wasserhaltigen Weingeiste gemessene Mengen absoluten Alkohols zuzu- fügen bis zum Verschwinden der Jodamylumreaction. Als Vorlesungs- versuch eignet sich die angegebene Reaction, um den Eiufiuss der Feuch- tigkeit auf ehemische Action überhaupt zu veranschaulichen. Jod und Amylum auf dem Reactionspapier neben einander gelagert, wirken erst bein Benetzen auf einander ein oder beim Beschreiben des trockuen Jod- amylonpapiers mittelst einer in Wasser getauchten Feder. Die Darstel- lung des Jodstärkereactionspapiers geschieht eiufach dadurch, dass man troeknes Stärkekleisterpapier durch eine Jodtinetur von einem Alkohol- procentgehalt hindurchzieht, wodurch sich dasselbe je nach dem Jodge- gehalte gelb oder braun färbt, und hierauf die Papierstreifen über Schwefel- säure trocknet. Vor Feuchtigkeit und Licht geschützt halten solche Papiere sich monatelang. Eine sehr passende Stärkekleisterlösung erhält man nach Griesmair, indem man 3,5 Grm. Weizenstärke mit 50 CC kalten destillirten Wassers anrührt und diese Flüssigkeit in 300 CC siedenden Wassers eingiesst und nach einigen Minuten filtrit. — Hinsichtlich der zweiten Reaction zersetzt bekanntlich Kalium das Wasser unter heftiger Erhitzung,, wodurch Entzündung des sich entwickelnden Wasserstoffgases und unmittelbar des Kaliums selbst entsteht. Auf absoluten Alkohol ge- bracht, findet zwar auch eine Oxydation des Kaliums unter Rotatiousbe- wegung desselben statt, aber keine Entzündung. Die Gränze, bei welcher die Feuererscheinung aufhört spontan einzutreten, ist eine ziemlich scharfe. Ein Stück Kalium auf Alkohol von 0,823 spec. Gew, gebracht, entzündet sich nieht, aber auf Alkohol von 0,830 spec, Gew. sofort. Woodburry hat in England ein Privilegium für ein eigenes Hygrometer und Barometer senomwwen. Dasselbe beruht auf der bekannten Eigenschaft des Kobalt- ellorürs im wasserfreien Zustande mit tiefdunkelblauer Farbe, im feuchten E2 498 Zustande mit röthlicher Färbung zu erscheinen. Papierstreifen werden in eoncentrirter Lösung eines Kobaltsalzes, dem wenig Kochsalz und arabisches Gummi zugesetzt worden, getränkt. Solches Papier ist blau in trockner Atmosphäre, zeigt aber verschiedene Tinten von Blau zu Rosenroth je nach der Feuchtigkeit der Luft. Diese Reagenspapiere kön- nen auch dazu dienen, um einen Wasserzusatz zu verschiedenen äthe- rischen und alkoholischen Flüssigkeiten nachzuweisen, dann eine Verun- reinigung des Glycerins u. s. w. mit Wasser zu entdeken, Es wäre mög- lieh, auf Grundlage einer unveränderlichen Skala die Farbenveränderung des Kobaltchlorürpapieres zu einer Methode der quantitaliven Feuchtig- keitsbestimmungin der Atmosphäre auszubilden. Selbstverständlich müsste hiebei die Herstellung der Reagenspapiere nach einer unwandelbaren Vor- schrift geschehen. Indess der allmählige Uebergang der Farbentöne von tiefdunkelblau in hellrosa bei der Einwirkung von Feuchtigkeit maclıt die Reaction für die Untersuchung wasserhaltiger Alkohole u. s. w. weniger geeignet, da die Gıänze der Verdünnung, wobei eine augenfällige und wirklich entscheidende Farbenveränderung eintritt, eine viel ausgedehn- tere ist und ebendeshalb diese Farbenveränderung bei weitem nicht so bestimmt erscheint, als beim Jodamylumpapier. Dazu kömmt noch, dass der Uebergang von einer dunklern Färbung in eine hellere stets minder ins Auge fällt, als umgekehrt der Uebergang der hellen Färbung des Jodamylumreagenspapieres in die dunkle. — (Münchener Sitzungsbe- richte 1872. I. 17-22. Geologie. Zittiel, DieRäuberhöhle am Schelmengraben in der baierischen Oberpfalz. — Schon Esper erwähnt das Vor- kommen von Menschenknochen mit antediluvialen Knochen in der Gailen- reuther Höhle, aber jene Reste existiren nicht mehr und die Nachricht blieb unbeachtet. Neuerdings hat Fraas die bezüglichen Untersuchungen für die schwäbischen Höhlen wieder aufgenommen und im Hohlenfels bei Blaubeuren einen Wohnplatz aus der ältern Steinzeit erkannt, Im Hünen- thal in Westphalen wurden ähnliche Beobachtungen gesammelt und an andern Orten Norddeutschlands jedoch auf jüngere Epochen hinweisend. In Baiern gelangte man zur Bestätigung von Esper’s Angabe, Gümbel fand im Schutt des Preussenlochs, einer Höhle in Franken, Thongefässe ähnlich denen der Hühnengräber, im hohlen Felsen lei Hersbruch rohe Werkzeuge mit Thonscherben, Engelhardt bei Königsfeld polirte Steinwaf- fen, bearbeitete Knochen und Thonscherben. Vrf. untersuchte die Räuber- höhle bei Etterzhausen im Naabthal. Dieselbe ist von der Bahn Regens- burg-Nürnberg angeschnitten, ihre sonst im Walde versteckte Oeffnung beseitigt und sie bildet jetzt eine Halle von 16 M. Länge und 8M. Breite, Beim Bahnbau fand man im Höhlengrunde zahlreiche Knochentrümmer, Topfscherben und Feuersteinstücke, dann aber wurde der Rest des Höh- lenbodens sorgfältig aufgeräumt. Dieser bestand aus einer schwärzlichen Schicht reich an Feuersteinsplittern, Knochen, Scherben, Asche und Koh- len, etwa 0,3 Meter stark. In ihr lagern schon Reste von Rhinoceros, Mammut, Höhlenbär, Rennthier vermengt mit frischen Knochen von Hirsch, Reh, Hausthieren etc. Unter dieser dunkeln Schicht folgte eine reine Aschen- E = 499 lage, dann eine gelblich braune mit Dolomitbrocken und Lehm gemenzte sandige Moderschicht 1 Meter dick, darunter wieder Asche, allein keine dieser Schichten hielt horizontal aus und ergab sich jenes Material als unregelmässige Haufen. Reich an Küchenabfällen erwiesen sich die Aschen- lagen, am ärmsten der gelbliche Lehm. In der Mitte der Höhle war die Schuttmasse 21), M. stark, an den Seiten viel weniger. Gegen die Mün- dung hin» bildete der Höhlenboden eine Spalte, welche unter der dunkeln Kulturschieht mit rothbrauner Erde meist Moder thierischer Knochen ohne Spur von Feuersteinen und Kulturresten erfüllt war. Die Knochen bestan- den in einzelnen Zähnen, Kieferstücken, Fusswurzelknochen, Zehengliedern alle von diluvialen Arten. Unter dieser Moderschicht folgte ein zäher grünlicher Tertiärletten, wie solcher in der Umgegend die miocäne Braun- kohle begleitet. So waren also drei Lagen verschiedenen Alters in der Höhle, Die Knochen aus der mittlern oder Moderlage waren mit Dendri- ten, stellenweise mit schwarzer Rinde bedeckt, die Knochen der Kultur- schicht dagegen hell und theilweise ganz frisch. Die Reste in der Mo- derschicht ergabeu Ursus spelaeus überwiegend, Felis spelaea, Hyaena spelaea, Rhinoceros tichorhinus, Bos primigenius. Die Knochen der Kul- turschicht sind ganz zertrümmert und stammen von Canis familiaris schlank und hochbeinig von Menschen geöffnet und benagt, Canis lupus sehr selten, Canis vulpes nur ein Melatarsus, Felis catus ein unterer Backzahn, Hyaena spelaea ein Oberkieferfragment, Ursus spelaeus sehr häufig, Meles Taxus ein Oberkiefer, Equus caballus viel Zähne und Kiefer‘, Rhinoceros tichorbi- nus Zähne und Knochen, Elephas primigenius, Sus serofa domestica, Cer- vus tarandus, Cervus elaphus reichlich, C. capreolus selten, Bos taurus. häufig, Bos primigenius spärlich, Antilope ein Stirnzapfen, Capra hircus ziemlich häufig, Ovis aries seltener, Castor fiber eine obere Zahnreihe, Lepus timidus. spärliche Vögel und Fische. Die diluvialen Knochen ha- ben durchweg ein ganz anderes Aussehen als die jungen und sind jene durch Umwühlen der Moderschicht mit diesen vermengt worden. Vom Menschen fand sich nur das Scheitelbein und obere Hinterhauptsbein eines jugendlichen Individuums, desto mehr Spuren aber seiner Thätigkeit. Ungemein häufig sind die Werkzeuge aus Feuerstein, deren über 2000 ge- sammelt wurden, Messer, Pfeilspitzen, Sägen etc., alle sehr roh. Polierte und fein behauene Spilzen aus der jüngern Steinzeit fehlen gänzlich. Die Splitter gleichen ganz den von Schussenried und aus den Höhlen von Pe- rigord und stammt dieser Feuerstein aus dem obern Jura und der be- nachbarten mittlern Kreide, auch Quarzgerölle der Naab sind verarbeitet. Geschiebe von krystallinischen Gesteinen lagern spärlich in der »Kultur- sehieht. Einige geschabte und gekerbte Knochenstücke mit Dendriten stammten aus der Moderschicht. Einer jüngern Periode, in der bereits Metallgeräthe im Brauch waren, gehören mehre bearbeitete Hirschgeweilie an. Räthselhaft erscheinen zwei 100 Mm. lauge Geweihstöcke mit einem Metallmesser hergestellt, der Länge nach gespalten, ausgehölt und mit zwei Löchern durchbohrt. Auch eine Beinuadel und andere Kleinigkeiten fanden sich, sehr viele Knochensplilter, ein Messergriff mit noch ein- sitzendem eisernen Messer, das sicherlich aus der Vorzeit stammt. Auf- 300 fällig ist die grosse Menge von Thonscherben, die sich leidernicht zusam- mensetzen liessen. Fast ?/, aller Scherben bestehen aus der schwarzen .metallglänzenden Masse, aus welcher noch jetzt bei Passau die berühm- ten feuerfesten Tiegel gefertigt werden, also aus Graphit. Die plumpern Gefässe besiehen aus einer mit Quarz- und Feldspathkörnern gemenglten Thonmasse wie die Geschirre der Pfahlbauten und der altgermanischen Gräber, Bei aussen verzierten Urnen und Schüsseln ist der Thon feinge- sehlemmt und hart gebrannt, Glasur aber findet sich nirgends. Die äus- sere Form der Geschirre ist manichfaltlig, alle sind aus freier Hand ge- arbeitet, unsymmetrisch, mit unregelmässigen Eindrücken, nicht zwei Ge- schirre sind einander ganz gleich, die meisten sind bauchige Becher, Tassen, Töpfe mit gradem Boden, Gefässe mit Henkeln sind selten, häu- figer solehe mit durchbohrten Knöpfen, Verzierungen finden sich nur an dünnen Scherben als Linien. Zur innern Bearbeitung und Glättung dienten die Finger und Flussmuscheln aus der Naab, deren stark abgeriebene Exemplare gleichfalls ausgegraben wurden. Alles stimmt mit den Geschir- ren der Pfahlbauten und alten Gräber überein, dazu passen auch mehre Spinnwirtel und zuckerhutförmige durchbohrte Beschwersteine. Endlich ist noch ein 2’ grosser grauitischer Mühlstein zu erwähnen. — Dass die Räuberhöhle einst ein bleibender Wohnsitz von Menschen war, leidet keinen Zweifel. Wie es aber den Urmenschen gelang, ihre Vorgänger, die Höhlentiger, Höhlenbären, Rhinoceroten daraus zu vertreiben, ist schwer zu erklären. Die zersplitterten und gekerbten Knochen und Zähne können nur von Menschen in die Höhle geschleppt sein. Die Knochen der aus- gestorbenen Thiere gehören den Arten der ältern Steinzeit wie in Perigord, in Belgien, England und der schwäbischen Alp. Beachtung verdient, dass die Feuersteinmesser denen aus Südfrankreich, aus dem Hohenfels und Schussenried zum Verwechseln ähnlich sind. Während das Vorkommen der diluvialen Sängethiere auf eine Bewohnung in der ältesten Zeit weist, wird durch Vorkommen eines eisernen Nagels und durch Arbeiten mit Metallwerkzeugen auf die Bewohnung in später Zeit hingewiesen. Die Pe- riode, in welcher die Menschen hier lebten, lässt sich nieht näher beslim- men. Es fehlt das Torfschwein und die Torfkuh, andererseits auch alle Anzeichen römischer Kultur, so dass die letzten Bewoliner der Räuberhöhle also bestimmt der Zeit vor dem Einfall der Römer angehört haben müs- sen. — (Münchener Sitzungsberichte 1872. S. 28—60. Fr. Toula, Uebersicht der Geologie von OGrönland zwi- schen 73—76° NBr. — Vrf. bearbeitete mit Lenz das von Copeland und Payer während der zweiten deutschen Nordpolexpedition gesammelte Ma- terial. Das Festland dieser Strecke ist ein kKrystallinisches Massiv mit weit landeinwärts ziehenden Fjorden, die davor liegenden Inseln bestechen nur theilweise aus krystallinischem Gestein, anderntheils aus mesozoischen und kaenozoischen Sedimenten. Einige der Inseln sind z. Th. vulkaui- scher Natur wie Shannon, andre bestehen fast ganz aus Basalten und ba- saltischen Tuffen wie Pendulum und die Sabine -Insel. Die Basaltvor- kommnisse liegen in einer von NO nach SW streifenden Linie, beginnen auf Shannon, ziehen über Pendulum, die Sabine Insel, die lange Hülbinsel 501 zwischen der falsehen Bai und dem Tiroler Fjord, die OSeite der Clave- ringinsel, über die Jackseninsel bis an die Küste zwischen dieser Insel Cap Broer Ruys und Cap Franklin. Die Basaltformation bildet mächtige Decken mit plateauförmiger Ausbreitung, selten mit hohen vulkanischen Kegelbergen. Die Gesteine sind theils Dolerite, theils feinkörnige Aname- site oder ächte Ölivinbasalte oder endlich tuffartige Basaltmandelsteine und schlackiger Basalt. Die Mandelsteine enthalten meist Zeolith, oft auch Chabasit und Doppelspath; die Anamesite bilden an der Küste der falschen Bai Mauern bis 80° Höhe. und bis 7° lange Säulen. Mioeän findet sich an mehren Punkten, so von der Südspitze des Hochstetter Vorlandes bis Cap Seebach ein 500° hohes Vorland, am Fusse eines krystallinischen Gebirgskammes, ein gelblicher, feinkörniger Sandstein mit Abdrücken einer Cytherea. Auf der Sabineinsel ist ein quarzreicher Sandstein mit kalki- gem Bindemittel. Im Germaniaberge kommen im Sandstein schiefrige Schichteu vor mit Taxodium distichum miocaenicum, das auch weiter nach W. im schwarzbraunen Schieferthon sich findet. Ferner fanden sich Po- pulus aretica und Dyospyros brachysepala, wonach die Schichten denen in W Gröuland gleichaltrig sind, Auch die Basaltformation zwischen Cap Borlace wird von mioeänen Sandsteinen mit Braunkohle begleitet, Meso- zoische Bildungen liegen an der O und SSeite der Kuhninsel, meist juras- sische Mergel und Sandsteine, an der SKüste der falschen Bai ein petre- faktenführender kalkreicher Sandstein. Die Juraformation der Kuhninsel ist an der O!Küste Mergel und feinköruige Sandsteine, nach den Petrefak- ten mit dem russischen Jura übereinstimmend, an der SSeite sind es grobkörnige Sandsteine und Muschelbreecien mit Kohlenflötzen, wahrschein- lich Dogger. Diese Gebilde ruhen unmittelbar auf krystallinischem Gebilde, welches zwischen beiden Vorkommnissen als begletscherter Kamm hinzieht. Am häufigsten ist an der O Küste Aucella concentrica, die im russischen Jura weit verbreitet ist. Mit ihr finden sich Steinkerne einer Cyprina, Belemuites Panderianus und absolutus, auch Ammonites Payerin. sp. Der wahrscheinlich mittle Dogger der Südküste besteht aus bräunlichem fein- körnigem Sandsteine mit Glimmerblättchen und einem Kohlenflötz, die Kohle sehr bitumenreich, leicht brennend, in Platten spaltbar und mit leider unbestiimmbaren Pflanzen. Im feinkörnigen Sandstein fand sich häufig eine Ostraea, Gonyomya Vscripta, Myaeiten, Modiolen, Avicula, Be- lemnites, Andre Sandsteine sind grobkörnig und muschelreich. Die Sand- steinbildung an der SKüste der falschen Bai lieferte Rhynehonella fissicosta der rhätischen Stufe. Palaeozoische Schichten sind im Kaiser Franz Jo- sephs Fjord entwickelt als rothe, braune, blaue, grüne kalkreiche Thon- schiefer- ohne Petrefakfen und schwarze weissadrige Kalke. Die krystalli- nischen Gesteine sind vorherrschend feinkörnige Gneissvarietäten, schöne Granatgneisse mit bis faustgrossen Almadinen. Auch Oligoklasgneiss fin- det sich, Uebergänge in Glimmerschiefer, sehr schöner Hornblendegneiss an der NO Spitze von Shannon. Nur untergeordnet tritt Granit auf, am Cap Seebach Granitit, endlich in der falschen Bai rin im Gneiss eingela- gerter krystallinischer Dolomit mit vielen Graphitschuppen. — (Verhand- lungen Geol. Reichsanstalt Februar 71—-74.) 502 G. Stache, die Steinkohlenformation derCentralalpen. — Das von Pichler entdeckte Vorkommen von Steinkohlenpflanzen auf der NSeite der Centralkette (am Steinacher Joch) ist kein isolirtes in abnor- mer Lagerung, sondern ein mit einem umfangreichen Schichteneomplexe der obern und untern Steinkohlenformation stratigraphisch verbundnes Glied. Die der Kohlenperiode angehörige Schichtreihe des Steinacherjoches zeigt eine auffallende Uebereinstimmung mit der Stangalpe und lässt sich parallelisiren mit den Kalk-, Sandstein- und Schiefercomplexen, welche in breiter Zone den N Theil der abgerutschten krystallinischen Schieferhülle zumeist verdeckend, fast unmittelbar an den Gneisskern der Centralkette sich anlegen, Die dem Centralstock vorliegende Zone von Schichten der Kohlenformation findet in dem Schiehtencomplex des Steinacher Joches ihre directe Fortsetzung, der Zusammenliang hat nur an der tiefen Ein- saltelung der Brennerlinie eine Störung erlitten. Die mächtige Dolomit- und Kalkzone, durch welche der untere Theil des Complexes ausgezeich- net ist, enthält eine characteristische Schicht von plattigen bis feinschief- rigen bläulichen Kalken mit Uebergängen in kieseligkalkigen Thonschiefer, worin an der langen Wand im Duxerthal verkieselte Stengel sich finden. Ueber die Brennereinsattlung ist die Verbindung hergestellt mit dem Kalk- thonschiefer und Thonschiefergebieten im Süden und wird es noch gelin- gen, den Zusammenhang und die Altersparallelen mit der bekannten Stein- koblenformation der SSeite , besonders der Gailthaler Schichtenreihe auf. zufinden. “Andrerseits wird die Verbindung der nördlichen Zone nach Osten mit dem Complex der Radstätter Tauerngebilde gesucht werden müssen. Der Horizont der pflanzenführenden Hauptschicht des Steinacher Joches ist etwas höher als der der Stangalpe: Sigillarien und Calamitsn sind äusserst selten, Kommen wahrscheinlich erst in tiefern Schichten häu*- figer vor. Zwischen den nnterliegenden Kalken sind mächtige Thouglim- merschiefer sedimentären Ursprungs abgelagert und über denselben Kalken folet noch eine Decke von quarzitischen Thonglimmerschiefern olıne Kalk. Auf diese Decke erst wurden die die Quarzsandsteine und Conglomerate einschliessenden Schieferschiehten abgelagert. Ueberdies sind auch die Conglomerate der Stangalp nur Quarzconglomerate. Die Beobachtungen in den Kalk- und Schiefercomplexen führten zu der Ueberzeugung, dass ein späterer Metamorphismus an dem krystallinischen Zustande dieser Schiefergesteine nur wenig Schuld trägt, vielmehr hat die Art und Weise des mechanischen Niederschlages, die Beschaffenheit und Mischung des aus dem nahen krystallinischen Gebiete direet bezogenen krystallinischen Materiales sowie das Verhältniss desselben zu dem chemisch niederge- schlagenen kalkigen, kieseligen oder ihonigen Bindemittel das meiste ge- than, Die vielen Pflanzenreste vom Steinacher Joch hat Stur untersucht, sie sind: Annularia longifolia, Sphenophyllum emarginatum, Neuropteris flexuosa und auriculata, Odontopteris alpina, Alethopteris Serlii, A. lonchi- tica, A. defraueii, Cyatheites unita, oreopteridis, arborescens, Diplacites longifolius, Lypodium Stachei, bei Nöslach: Neuropteris auriculata, Ale- thopteris Pluckeneti, Odontopteris alpina, Cyatheites arboresecens und oreopterides. Sigillarien fehlen gänzlich, Calamiten finden sich spuren- r 503 weise, daher wohl das Niveau ein anderes als auf der Stangalpe. — (Ebda 78—81.) A. Knop, Bildungsweise von Granit und Gneiss. — Der frische Anbruch des Granits ist in wenigen Jahren dureh Einwirkung von Wasser und Atmosphäre verschwunden, der glänzeude Orthoklas in matten erdigen Kaolin verwandelt; Basalte zerfallen im Laufe der Zeit, ihre Bla- senräume erfüllen sich mit den Karbonaten des Kalkes, der Magnesia und des Eisenoxyduls, Zeolithe scheiden sich in schönen Krystallen aus. Ein- fach sind aber diese Zersetzungs- und Umwandlungsprocesse nicht. Die Atmosphärilien selbst sind bei ihrem ersten Angriffe auf das Gestein ge- bunden, die Kohlensäure an Basen theils fest theils nur halb gefesselt, um Mono- und Bikarbonate zu bilden, während Sauerstoff aus der Lösung im Wasser verschwindet, um unlösliches Eisenoxydhydrat und unlösliche Manganoxyde zu erzeugen. Daraus gehen sauerstofffreie Lösungen von Karbonaten der Alkalien und alkalischer Erden, auch schwerer Metalle hervor. Da beide Vorgänge durch ihre Produkte sich unterscheiden, be- zeichnet man sie als Verwilterung (Zersetzung) und als Metasomatose (Umwandlung). Das characteristische Produkt der Feldspathverwitterung ist Kaolin, das der Metasomatose ein zwischen Feldspath und Kaolin stehendes Mineral, der Glimmer. Während Orthoklas von schwacher Koh- lensäure fast unzersetzbar ist, wird wasserhaltiger schon durch schwache Säuren leicht zersetzt. Zeolithe in Gesteinen können daher auch nicht im Verwitterungsprocess gebildet werden, sondern nur im metasomatischen. Verwilterung und Metasomatose bis jetzt nur in ihren sämmtlichen Wir- kungen bekannt, stellen der chemischen Geologie die feinsten synthetischen und analytischen Aufgaben, denn mit der Continuität der Abnahme der Wirkung des Verwitterungsprocesses ändern sich auch die Produkte des- selben und erzeugen Verwitterungs- und Umwandlungsprocesse durch be- stimmte Mineralien gekennzeichnet. Darauf beruht die Succession der Zeolithe in metasomatischen Eruptivgesteinen, nach denen z. B, der Faujasit eines der ersten Umwandlungsprodukte des Basaltes erscheint, später aus ihm Phillipsit, Natrolith, Chabasit ete. hervorgeht. Ueber die chemischen Vorgänge geben die Pseudomorphosen viel Aufschluss. Die Krystallform weist auf die chemische Zusammensetzung, die Analyse giebt die an die Stelle getretene Substanz an, oft sind auch die Zwischenglie- der noch vorhanden. Zu den wichtigsten Umwandlungen der Feldspäthe gehören die zu Kaliglimmer und zu Kaolin. Erster ist bis jetzt als un- zweifelhaftes Erstarrungsproduki aus feuerflüssigen Laven noch nicht be- kannt, ebensowenig konnte er auf trocknem Wege dargestellt werden, freilich auch auf nassem Wege noch nicht sicher, dass ihn aber die Natır aufnassem Wege aus Feldspath und Thonerdesilikaten wirklich ent- stehen lässt, beweisen die zahlreichen Pseudomorphosen von Glimmer und und glimmerartigen Mineralien nach ihnen. Gewöhnlich versteht man unter Glimmer das in Tafeln nnd Schuppen auftretende Thonerdekalisili- kat, aber er erscheint in vielen Varietäten, in Lamellen von Quadrat- fussen bis zu mikroskopischer Kleinheit und in letzter hat er Aehnlichkeit mit Thon, Speckstein: Steinmark ete., worüber nur Mikroskop und Ana- 04 lyse Aufklärung geben. In solcher Form erscheint der Glimmer unter Einfluss der Metasomatose meist auf der Erdoberfläche. Denkbar ist, dass in grossen Tiefen bei hohem Druck und Temperatur nur Feldspatli und Glim- mer gebildet wird, der auch krystallisirt sein kann. Viele mikrokrystal- linische Glimmer werden als besondere Mineralspecies aufgeführt, so Pinit, Damourit , Serieit, Liebenerit , Gieserit, Praseolith, Agalmateolith, Killinit, Onkosin, Oosit, Fahlunit, Gigantholith u. a., die Verf, alle als Pinitoide zusammenfasst. Wenn in ihnen auch der Kieselerdegehalt sehr schwankt, nähert sich ihre Zusammensetzung doch der der Glimmervarietäten, stets lässtsich inihnen ein deutlich krystallinischer Glimmer nachweisen, gemengt mit andern Mikromineralien. Die Analyse vermag kaum einen wesentlichen Unterschied zwischen Glimmer und Piunoitiden nachzuweisen. Verf. unter- suchte 5 Varietäten des Kaliglimmers. Die Tiefe, bis zu welcher die Zer- selzung durch Schwefelsäure in der Masse des Glimmers während einer Stunde vorschritt betrug 0,00035 bis 0,00058 Mm., also wird der Glimmer - von Säure zerseizt, freilich nur sehr wenig. Feilt man den Glimmer nor- mal gegen die Spaltungsrichtungen, so lässt er sich pulverisiren und in Blättchen feiner als 0,001 Mm. verwandeln, die durch heisse Sclwefel- säure vollkommen zersetzt werden. Und mit diesem Verhalten des Glim- mers schwindet dessen Unterschied von den Pinitoiden. Verf. giebt nun die chemische Constitution des Feldspathes und Glimmers und interpretirt den pseudomorphosischen Process der Bildung dieses aus jenem, wie sie in der Natur in grossem Massstabe unter Wirkung des metasomatischen Processes stattfindei. Dann zieht er die Folgerungen aus den Ansichten über die metasomalische Bildungsweise des Glimmers bezüglich der geo- logischen Bedeutung sogenannter ınetamorphischer Gesteine. Wenn auch die meisten Pseudomorphosen in der Natur auf nassem Wege ent- stehen, bilden sich solche doch auch auf trocknem Wege; Schwefel z.B. der in vulkanischen Kratern geschmolzen war, muss erst als monoklino- metrischer Schwefel erstarren, während er nach der Abkühlung zu rhom- bischem sich umgestaltet, um eine Paramorphose herzustellen. Erstarrende Laven scheiden bei langsamer Abkühlung Kıystalle ab, deren atomistische Constitution sich für die Erstarrungstemperatur in molekularem Gleich- gewichtszustand befindet. Mit veränderten Bedingungen z.B. niederer Temperatur, Wasser, Kohlensäure, Salzlösungen kann allmählich ein neuer molckularer Gleichgewichtszustand herbeigeführt werden. Der Uebergang aus einem in den andern Zustand ist oft durch Pseudomorpho- senbildung characterisirt, die sehr wichtigen Aufschluss über den Process geben. Das Studium dieses Gesteinsmetamorphismus hat G. Bischof er- folgreich verwerthet. Einen Hauptpunki der Lehre vom Metamorphismus bildet das Verhältniss der plutonischen Gesteine zu den vulkanischen, Dabei muss man mit Bunsen erwägen, dass die chemische Durehsehnilts- zusammensetzung aller Laven inn«rhalb zweier extremer Glieder, der nor- maltrachytischen und normal-pyroxenischen schwankt und dass man alle übrigen Laven als Mischungen der einen mit der andern betrachten kann, Wenn diese Aullassung mit dem Thatbestande im Allgemeinen harmonirt. findet man ein gleiches Verhältniss auch unter den plutonischen Gesteinen, 505 wiewohl deren mineralogische Constitution meist wesentliche Verschieden- heiten zeigt. Vergleicht man die extremen Glieder beider Reiheu, der vulkanischen und der plutonischen Gesteine, so entspricht dem Trachyt der Granit und Felsitporphyr, dem Basalt der Diabas und Diorit. Tra- chyt besteht vorwaltend aus Orthoklassubstanz, welche mit Oligoklas oder mit Augit und Magneteisen gemengt ist. Granit besteht aus Quarz, Glim- mer und Orthoklas, bisweilen noch mit Oligoklas und andern accesso- rischen Gemengtheilen. Beide erzeugen geschmolzen bei rascher Erkal- tung Obsidian. Aehnlich verhält es sich mit den Basalten und Grün- steinen, Fürs erste handelt es sich darum, ob der mineralogische Unter- schied zwischen Granit und Trachyt als ursprünglich oder als secundär aufgefasst werden muss, wenn die Grundmasse dieselbe ist, oder ob Granit wie Trachyt als unmittelbares Erstarrungsprodukt einer feuerflüs- sigen Lava anzusehen ist oder als Umwandlungsprodukt, endlich, ob Granit überhaupt auf eruptive Weise entstanden. Die meisten Geologen betrachten den Granit als unmittelbares Erstarrungsprodukt einer feuer- flüssigen Lava, nur wenige halten ihn 'für neptunischh Nach Werner brachte nur Fuchs einige Belege für letzte Ansicht bei und Bischofs Arbeiten beförderten die Verbreitung dieser Ansicht, Bunsen sprach sich gegen Fuchs aus. Einige Bedenken hat indess die plutonische Genesis auch. Wo die Natur trachytische Laven erzeugt, bestehen dieselben vor- zugsweise aus Sanidin, nur untergeordnet aus Oliogklas, Glimmer und Quarz als ursprüngliche Bestandtheile sind dem Trachyt fremd. Granit besteht aus Feldspath, Quarz und Glimmer mit untergeordnetem Oligoklas und vielen accessorisehen Gemengtheilen, die im Trachyt fehlen. 1. Feld- spath. Er erscheint in frischen Eruptivgesteinen wesentlich als Sanidin, in denselben Formen wie der gemeine Feldspath, doch ist seine Masse durehsichtig,, von vielen Sprüngen durchsetzt und mit dem grössten Natron. gehalt. Die Granite führen vorzugsweise gemeinen Feldspath, meist opak, oft sehr porös, nicht selten von Albit umschlossen. Schon Haidinger behauptete, dass dieser Albit ein auf der Oberfiäche der Orthoklase abge- schiedenes Auslaugungsproduki aus dem Orthoklas sein könne. Gemeiner poröser Orthoklas scheint ein Sanidin zu sein, aus welchem ein Theil isomorph gemischten Albits auf nassem Wege extrahirt worden ist. Adular mit dem geringsten Albitgehalt findet sieh mit Quarz, Helminth und Kalk- spalh in Drusenräumen des Granits, auf Gängen mit Quarz in Sandstein und Porphyreonglomerai und erscheini als Produkt des Umkrystallisirens von Orthoklas auf nassem Wege. Er kömmt als Hüttenprodukt bei San- gerhausen vor, Also kann Feldspath auf feurigem und auf nassem Wege gebildet werden. b. Als Quarz ist die Kieselsäure bis jetzt nur auf nassem Wege künstlich dargestellt, bei hoher Temperatur krystallisirt sie in der dimorphen Modifieation des Tridymits oder erstarrt amorph. Quarz geglüht geht in Tridymit über, während dieser in. Opalen auf nassem Wege gebildet ist. Quarz im Granit ist gewöhnlich mit Schwärmen von Flüssig- keitseinschlüssen durchsprengt, die theils von Wasser theils von flüssiger Kohlensäure gebildet werden. Die Einschlüsse assen oft leere oder luft- erfüllte Räume erkennen, welch erste durch ausdehnende Wirkung der Zeitschr. f. d, ges. Naturwiss. Bd. XKXIX, 1872, 33 506 Temperaturerhöhung ausgefüllt werden können, So erscheint Quarz im Granit das Produkt einer wässerigen Bildung bei höherem Druck und höherer Temperatur zu sein. e. @limmer konnte weder auf nassen noeh auf trocknem Wege dargestellt werden, in frischen Laven ist Kaliglimmer noch nieht beobachtet, sein Vorkommen in Pseudomorphosen nach andern Mineralien wie auch sein Gehalt an basischen, in höherer Temperatur entweichendem Wasser charakterisirt ihn als Produkt aus Wasser. B. Die aeccessorischen Gemengtheile des Granits sind z. Th. andre als in den trachylisehen Laven, z. Th. sind sie wie Apatit, Magneteisen beiden gemein. Es ist nieht wahrscheinlich, dass die traehytische Grundmasse früher andre Mineralien bei der Erstarrung erzeugt habe als jetzt, auch ist es denkbar, dass bei Umwandlung eines Trachytes diese accessorischen Mine- ralien wie Glimmer uud Quarz seeundär gebildet worden sind- Das ist z. B. von Turmalin nieht ohne Grund zu behaupten, da derselbe mit dem Glimmer in der Zusammensetzung Achnlichkeit hat und als eine verfehlte Bildung desselben betrachtet werden kann; nimmt ‚doch bisweilen im Granit der Turmalin auf Kosten des Glimmeıs zu bis zum alleinigen Herrschen. Auch die häufigen Pseudomorphosen von Glimmer nach Coer- dierit, Turmalin, Beryll, Korund ete. sprechen dafür, Dass auch Kali- feldspath in Glimmer umgewandelt werden kann, beweisı eine Arkose bei Chemnitz, wo eckige Stücke von Orthoklas vollkommen in krysltalli- sirten Glimmer übergeführt sind, der von mikroskopisehen Quarzkrystallen durchwachsen ist. Nach ‚all diesem enthält also die trachytische Lava reichlich das Material zur Glimmer und Quarzbildung. Das Endresultat der Umwandlung des Trachyts auf nassem Wege würde ein Gemenge von Quarz und Glimmer sein. Ein Gemenge von Quarz, Glimmer und Feld- spaih würde aber als das Produkt der unvollendeten Metamorphose einer eruptiven trachytischen Substanz auf nassem Wege aufgefasst werden dürfen. Der Granit ist demnach ein metasematisches Erup- tivgestein. Damit verträgt sich auch die Annahme, dass gewisse Ganggranite in feldspathführenden Gesteinen vollkommene Bildungen auf nassem Wege sind. Verf. beobaehtele in einem aus Porphyr- und Gneiss- geschieben bestehenden Conglanrate des Rothliegenden bei Chemnitz die beginnende Bildung eines Ganges von Quarz und Feldspatb, dabei erschienen- die Porphyrgerölle mürhe und die Feldspatheinsprenglinge in scharf erhal- tene . Pseudomorphosen von Piniteidischem Glimmer übergeführt. Das ist eine beginnende Granitbildung mit jeglichem Ausschluss des Vulka- nismus,. :Dass der Granit durch Gewässer leicht aus Trachyt erzeugt werden kann, geht aus der Ueberlegung hervor, dass wenn man 100 Th. eines rein aus Orthoklassubstanz bestehenden Trachytes der Granitbildung zu Grunde gelegt denkt, dieselbe nur 4 Kali zu verlieren und 0,8 Wasser zu binden braucht, um 06,5 Granit mit 50 Feldspath, 21 Quarz und 25 Glimmer eutstehen zu lassen. Wasser war thätig bei der Granitbildung, aber wie? Scheerer,u. A. schen eine geringe Menge Wassers im feuer- flüssigen Granit als Flussmittel an, durch welehe er bei weil niedrigerer Temperatur als Trachyt im geschmolzenen Zustande verharrt und Quarz und Glimmer zur krystalinischen Ausscheidung gelangen. Auch Elie de 07 Beaumont, H. Rose, Sorby u. A. bestätigen die Nothwendigkeit des Wassers bei der Granitbilbung. Die Flüssigkeitseinschlüsse im Granitquarz bestehen theils aus Wasser mit wenig Kohlensäure, theils aus condensirter Kohlen- säurc, sind interkrystalline Räume von der übrig gebliebenen Mutterlauge der Krystalle erfüllt und lassen sehr häufig eine Libelle oder Luftblase wahrnehmen. Einige solcher Einschlüsse verschwinden durch Ausdehnung ihrer Substanz und durch Condensation des Dampfes bei höherer Tempe- ratur, andere jedoch nicht. Erste sind von flüssiger Kohlensäure, letzte von Wasser mit etwas Kohlensäure gebildet. Daraus kann man schliessen, dass der Granilquarz bei mindestens 30° zur Abscheidung gelangte, bei welcher Temperatur seine Kohlensäureeinschlüsse ihren Raum vollständig ausfüllten. Auch Vogelsang schliesst: wenn die Spannkraft des Kohlen- säuredampfes über der Flüssigkeit zwischen 0° und 30° C, von 36 auf 73 Atmosphären steigt also für jeden Centesimalgrad um eine Atmosphäre zunimmt, wenn ferner die Spannkraft der Flüssigkeit im Quarz dem Druck- zustande der Umgebung des Minerals während seiner Bildung entsprach, so würde der Quarz im Granit unter einem Druck von 75 Atmosphären zur Abscheidung gelangt sein. Dieser Druck und jene Temperatar herr- sehen unter dem Einflusse des Wassers in einer Erdtiefe von 2000—3000°, in welcher alle Kohlensäure flüssig sein muss und da sie in dieser Form mit Wasser nicht mischbar ist: so sind jene Einschlüsse im Granitquarz begreiflieh. — Verhalten von Kaolin zu Glimmer und Feld- spath. Bischof fasste die Möglichkeit ins Auge, dass granitische, syeni- tische Gesteine aus Thonschiefer oder Grauwacke entstehen könnten, allein geognostische Verhältnisse widersprechen dem vielfach. Hinsichtlich des Thonschiefers glaubt Verf,, dass derselbe wesentlich ein Gemenge von Quarz mit pinitoidischem Glimmer und vielleicht mit eisenoxydulreichen Beimengungen ist. Gleichzeitig concentriren sich in ihm kohlig und koh- ligbituminöse Substanzen und das sehr häufige massenhafte Vorkommen von Kohle in ihm beweist, dass er einst, in einem feinsehlammigen Zu- stande verharrt haben muss. Mit zunehmendem Alter gehen bekanntlich die Braunkohlen in Steinkohlen und Anthraeit über, der Schieferthon in Thonschiefer. Demnach müsste die Bischofsche Anffassung von der Bil- dung des Granits aus Thonschiefer eher auf den parallelstructurirten Gneiss als auf den massiven Granit bezogen werden. Es frägt sich, ob nieht bedingungsweise durch Fortsetzung eines in der Erdtiefe statt findenden metasomatischen Processes der Uebergangsthonschiefer allmählich in Glim- merschiefer, durch diesen in Gneiss (mit Graphit als Kohle) umgewandelt werden könne. Diese Frage ist gleichbedeutend mit der, ob Kaolin sich in Glimmer und dieser in Feldspatih umwandeln kann. Theoretisch ist das zulässig, ob es in der Natur wirklich geschieht hat sich durch Beob- achtung und Experiment noch nicht feststellen lassen. Verf. fasst schliess- lich seine Resultate also zusammen: 1. Der vorwaltend aus Orthoklas und Oligoklas Substanz bestehende Trachyi vereinigt in sieh unter dem Ein- flusse des durch die Atmosphärilien eingeleiteten und ausgeführten Um- wandlungsprocesses die Bedingungen zur Glimmerbildung unter Abschei- dung von Quarz, wodurch begreiflich wird, dass eine trachytische Lava 33* 508 im Laufe langer Zeiten in ein emenge von Quarz, Glimmer und Feld- spath also in Granit übergeht. Granit ist also ein metasomatisches Erup- tivgestein. Der Grad der kıystallinischen Ausbildung muss um so höher sein, als einerseits der Trachyt bei langsamer Erstarrung in grossen Tie- fen deutlicher krystallinisch ausgebildet ist, andererseits das Wasser bei höherem Druck und Temperatur auf Feldspath einwirken konnte, um Quarz und Glimmer aus ilim zuerzeugen. Daher erscheint es unnatürlich, in der jetzigen Zeit noch in grossen Tiefen nach Uebergängen aus Granit in Trachyt suchen zu wollen. — Das ursprüngliche Relief der granitischen Eruptivgebilde ist im Laufe der Zeit durch Verwitterung zerstört, wir finden keine mit den ältesten Eruptionen zusammenhängenden Krater mehr. Diese sind selbst bei viel jüngeren Eruptivgesteinen verschwunden. Die Produkte der Umwandlung und Verwitierung von trachytischen oder grani- tischen Gesteinen sind Quaız, Glimmer und Kaolin, die das Material für die sedimentären Formationen, für Sandstein und Thon liefern, während Kalisalze in wässerige Lösung gehen und andere Umwandlungen erzeugen können. — 3. Der Thon, von dem jede Quantität ein etwa doppelt so sehweres Aequivalent Feldspath voraussetzen lässt, nimmt im Laufe lan- ger Zeit wieder Kali auf und bildet die Grundlage einer langen Reihe von metamorphischen Gesteinen, in denen vorzugsweise Glimmersubstanz erzeugt worden ist, Die ursprünglich plastischen Thonlager werden sich in Folge dessen in:dem Masse mehr den Eigenschaften des Thon- und Glimmerschiefers nähern müssen, je mehr und je.länger sie der Einwir- kung von Lösungen von Kalisalzen ausgesetzt waren oder je älter sie sind. Die ältesten Bildungen dieser Art, die in grössten Tiefen unter erhöhter Temperatur konnten aus einem Theile des Glimmers oder aus Kaolin wie- der Feldspath erzeugen und dadurch Gesteine von Parallelstruetur, Gneiss erzeugen, — 4. Aehnlich wie die trachytischen Laven sind auch die basalti- schen und alle Mischlinge vonihnen seit den ältesten geologischen Perioden einerUwandlung durch Kohlensäure, Wasser, Sanerstoff, Druck und Tem- peratur unterworfen gewesen. In Folge dessen erkennt man unter den pluiouischen Gesteinen eine der vulkanischen parallele Reihe metaso- matischer Gebilde. Dem vulkanischen Basalt entsprieht der plutonische Grünstein, den Leueitophyren, Nepheliniten und Hauynophyren die Zirkon- syenite, Ditroit, Miascit ete. — (Carisruher Verhandlungen V. 124—160.) Oryktognosie. F. Sandberger, über Paramorphosen von Kalkspath nach Aragonit von Oberwern bei Schweinfurt. — Unter dem blauen Dolomiti der Lettenkohle lagert eine ockergelbe Bank dolomitischen Mergels mit zahllosen Drusenräumen, welche durch die schneeweissen Ueberzüze ihrer Wände in die Augen falleu. Dieser Drusen- dolomit ist überall schon stark verwittert, von erdigem Bruch, und be- steht aus kleinen Körnchen von Dolomit, Eisenoxydhydrat und Thon. In den Drusen' hat sich der ausgelaugte Kalk concentrirt in kleinen Rhom- boedern mit geringen Mengen von Magnesia und Eisenoxydul. An einer Stelle führen die Drusen über dem Kalkspath strahlige Gruppen eines spiessigen Aragonits, in der Form ganz dem des Zechsteiues bei Kams- dorf. gleich , nur einzelne abweichend. Meist sind es Zwillinge bis Acht- 509 - linge mit verkürzten mittlen Individuen. Dieser Aragonit enthält kein Strontian, kein Eisen, nur sehr kleine Mengen von Bittererde, hat 2,95 spec. Gew. Die den Drusenraum erfüllende Lösung befand sich anfangs im eoneentrirten Zustande und setzte kohlensauren Kalk in hexagonaler Form, später aber bei starker Verdünnung in der rhombischen ab, Mit dem Niederschlage des Aragonits scheint in den meisten Drusen die Ab- lagerung beendigt zu sein, nur in ganz wenigen lagern sich farblose Grundrhomboeder des Kalkspaths so an, dass die Hauptachsen beiderlei Krystalle parallel laufen. An eine beginnende Umwandlung des Aragonits in Kalkspath ist hier nicht zu denken. In den Drusen desselben Dolo- mits bei Oberwern an der Schweinfurth - Kissinger Bahn fand Verf. zu seiner Ueberraschung schneeweisse Paramorphosen von Kalkspath nach Aragonit. Form der Aragonitkrystalle ist vollkommen erhalten, aber alle bestehen hier aus zahlloseu kleinen Kalkspäthen von der Form „RR?— 1, R. Einige Drusen enthalten noch nicht völlig umgewandelte Massen mit Aragonitkern. Der Raum der Aragonitkrystalle reichte für die nene Substanz nicht mehr aus, und sind daher viele Kalkspäthe hohl. — (Mün- chener Siteungsbericht I. S. 9—32.) Derselbe, Zersetzungsprodukte des Quecksilberfahl- erzes vonMoschellandsberg iin der Pfalz. — Vrf., seit lange mit der Entwicklungsgeschichte der Schwefelmetalle, zumal der aus den Fahler- zen hervorgehenden beschäftigt, veröffentlichte schon 1860, dass das silber- reiehe Fahlerz von Wolfach wahrscheinlich durch Einwirkung einer lösli- chen Schwefelverbindung von Alkalien oder alkalischen Erden bei Luftab- schluss zerlegt wird in Zinkblende, Sprödglaserz und Kupferkies, welche sich um einen aus Kupferglanz bestehenden Restkern anlagern, und An- timonglanz der in Lösung weggeführt und an andern Stellen des Ganges als sehr neue Bildung wieder niedergeschlagen wird. Analog spaltet sich das Quecksilberfahlerz. Dünne Kupferkiesüberzüge auf den Flächen stark angefressener Krystalle es &0) und das fast unmerkliche Verlaufen von derbem Fahlerz in poröse hell blaugraue weiche Massen, deren Höh- lungen zunächst mit Zinnober angefüllt sind, führten zur nähern Unter- suchung. Das Eisenschwarze Fahlerz hat lebhaften fettähnlichen Metall- glanz und 5,095 spec. Gew. und besteht aus 0,51 Schwefelarsen, 32,81 Schwefelantimon, 1,93 Schwefelwismuth, 40,31 Halbschwefelkupfer, 30,09 Sehwefelqueeksilber, 2,22 Schwefeleisen, 0,35 Schwefelkobalt und 0,15 Schwefelzink. Eiu zweites zugleich vorkommendes Quecksilberfahlerz von 5,511 spec. Gew. hat neben 24,10 ‚Quecksilber noch 5,62 Silber. Das vor- hin erwähnte blaugraue Mineral ist Kupferglanz nach Krystallform und Analyse. Die in den Höhlungen mit Zinnober und Eisenspath erfüllte Masse besteht aus 24,70 Schwefelquecksilber, 46,85 Schwefelkupfer, 1,04 unlösl. Rückstand und 27,41 Eisenspath. Der Gehalt an Zinnober und Kupferglanz verhält sich im Fahlerz wie 1:2,0, in dem Gemenge wie 1:1,9. Daraus folgt, dass bei der Zersetzung des Fahlerzes keine beach- tenswerthe Menge Schwefelquecksilber weggeführt worden ist. Schwefel- antimon ist ganz ausgelaugt worden. Als Lösungsmittel kann nur Schwe- - 910 felbaryum gedient haben, da auf dem Gange schwefelsaurer Baryt nicht selten ist und das Nebengestein reichlich organische Stoffe zur Reduktion desselben bietet. Der auch sonst als secundäres Produkt beobachtete Kupferglanz geht aus Quecksilberfahlerz nur in der eben erwähnten Weise hervor, aber Zinnober bildet sich aus ihm noch auf anderem Wege, näm- lich durch Oxydation der übrigen Bestandtheile. Das bei der Zersetzung übrig bleibende erdige grüne Gemenge bestent aus Malachit, hochgelbem Stilbit und einem rothen Pulver, das Zinnober ist, dieser allein bleibt also bei gewöhnlicher Temperatur unangegriffen zurück. Für jedes ein- zelne Fahlerz liefert natürlich der Extractionsprozess durch Schwefelleberu ausser dem stets auftretenden Kupferglanze andere Produkte. Wie das Fahlerz sind auch gewisse gold-, silber-, kobalt-, niekelhaltige Arsenik- kiese und selbst gewisse Magnetkiese als erste unreine Niederschläge einer dort ‘überwiegend kupfer-, hier eisen-, resp. arsenikhaltigen Lösung auf Erzgängen anzusehen, 'aber der geringen Zalıl mit ausgefüllter Metalle entspricht auch eine geringere von Neubildungen bei Extractien und Oxy- dation derselben. — (Ebda 13—16.) Fr. v. Kobell, über den Montbrasit (Amblygonit) von Montebras. — Nach Moussenet und Deseloizeau gehört dieses Mine- ral zu den Fluorphosphaten und gleicht physisch dem Amblygonit, aber nicht chemisch. Amblygonit Montbrasit Fluor 811 26,00 Phosphorsäure 48,00 21,80 Thonerde 36,26 38,20 Lithion 6,33 6,50 Natron 5,48 6,70 Kali 0,43 — Kalkerde — 2,00 Quarz — 2,25 Verlust — 0,60 104,51 104,55 beide Mineralien gehören zum klinorhomboidischen System und sind nach 2 Riehtungen unter 105—106° spaltbar, beide haben 3,1 spee, Gew., den- selben Glanz und H. 6, beide werden durch Erwärmen schwach phos- phoreseirend, schmelzen in sehr feinen Splittern schon an der Kerzeuflamme, vor dem Löthrohr zu einem weissen Email, der nicht alkalisch reagirt, werden von Salzsäure schwer, von Schwefelsäure unter Entwicklung. von Flusssäure vollkommen aufgelöst. Vrf. wiederholte die Analyse des Mont- brasit und erhielt Fluor 9,00 Natron 5,30 Phosphorsäure 45,91 Kalk 0,50 Thonerde 39,90 Kieselerde 0,60 Lithion 6,70 Wasser 0,70 104,21 Also nahe die Resultate des Amblygonit von Penig, wonach die Identität wohl unzweifelhaft, Vrf, hat auch gar keinen Grund anzunehmen, dass 511 Moissenet ein anderes Mineral analysirt hat. Descloizeaux giebt zwar noch eine optische Eigenthümlichkeit an, die jedoch zur Aufrechterhaltung der Species nicht ausreicht. Der Amblygonit kommt bei Montebras im Dept Creuse massig derb im Begleit von Wavellit und Kalait auf einer Zinnerzlagerstätte vor und scheinen letzte Mineralien durch Zersetzung des Fluorphosphates entstanden zu sein, — (Ebda 23— 27.) G. v. Rath, Wollastonitauswürfling von Monte Somma. — Die den Wollastonit enthaltenden Blöcke sind gewöhnlich ein Aggre- gat von Glimmer, Auvgit, Granal, Kalkspath, bisweilen noch Leueit, auch bilden selbst Wollastonit und Melastonit ein grosskörniges Aggregat. Wahrscheinlich ist Wollastonit hier ein vulkanisches Produkt, entstanden aus den Kalkstücken im Tuffe des Somma. In einem Auswürfling erkannte nun Vrf, die Metamorphose wirklich. Das untersuchte Stück ist Fragment einer Linse, besteht aussen aus krystallinisch blättrigem Wollastonit, scharf vom innern Theil abgesetzt, dieser ist weisser dichter Kalkstein, dem kleine Wollastonitfasern beigemengt sind. Das Fragment war in diesem Zustande im Sommatuff eingeschlossen. Der Wollastonit ergab in der Analyse 51,31 Kieselsäure, 1,37 Thonerde, 45,66 Kalkerde, 0,73 Magne- sia, 0,75 Verlust, entspricht also der bekannten Formel Ca0,SiO,. Es leidet keigen Zweifel, dass hier die Umwandlung des kohlensauren in kie- selsauren Kalk von der Peripherie des Auswürflings gegen das Innere hin vorschritt, die Kieselsäure drang bei der vulkanischen Metamorphose in die Kalklinse ein. — (Edda 1871. Ill. 228—231.) Tschermak, Simonyit undBoracit von Stassfurt. — Vıf. unterschied den Simonyit vom Blödit dadurch, dass derselbe weniger als Hälfte seines Wassers im Wasserbade verliert, letzter aber seinen ganzen Wassergehalt, dass jener auch in sehr trockner Luft unverändert bleibt, während der Blödit zu einem fast wasserfreien Pulver zerfällt. Wenn nun in Stassfurl ein dem Symonyit identisches Salz gefunden ist, so darf man dasselbe doch nicht Blödit nennen. Ueber das Verhalten des Simonyit bei höhern Temperaturen liegen jetzt mehre Angaben vor. Vrf. arbeitete früher nur mit derbem Salz das 19,63 Wasser gab, davon gingen im Was- serbade 7,33 weg. Berechnet man dies auf kıystallisirtes Salz, das 21,82 Wasser gab, so beträgt der Verlust im Wasserbade 8,15. Das Salz ver- liert nach Tschermak Groth v. Rath im Wasserbade 8,15 bei 1000 8,79 bei 30--120° 9,87 beim Glühen 2],82 21,60 21,30 Bei dem ersten Betriebe wurde in Stassfurt Boracit in derben knolli- gen Massen gefunden, später im Carnallit in mikroskopisch kleinen Kıy- stallen, zuletzt in kleinen Gruppen von Krystallen in den Rückständen der Fabriken und jetzt nun auch in netten Krystallen von 2,3 Mm. Durch- messer. Verf. erhielt vollkommen klare und durchsichtige. Betrachtet man sie im Polarisationsapparate, wird man überrascht zu sehen, dass wicht blos die trüben, sondern auch die ganz klaren eigentlich Pseudomoı- pbosen sind. Sie bestehen, wie Descloizeaux auch an Lüneburgern erkannte, grösstentheils aus ungemein feinen Blätichen und Fasern, welche sich op- 912 tisch zweiachsig erweisen und mit Volger’s Parasit zu identificiren sind. Die feinen Kıystalle sind regelmässig angeordnet und zwar stehen sie senkrecht zur Würfelfläche. Unter den klaren Boracitwürfeln giebt es manche, die im Apparate eine prächtige Figur zeigen. Die quadratische Würfelfläche ist durch zwei Diagoualstreifen in vier Dreiecke zertheilt, die in Farbe und Helligkeit mit den diagonalen Bändern contrastiren, — (Tbchermak, Mineral. Mittheil. 1872. 58—60.) A. Exner, Analyse des Meteoriten vonGopalpur. — Der- selbe besteht aus einer grauen Gesteinsmasse mit zahlreichen metallisch glänzenden Partikelchen und lässt sich in drei Theile zerlegen, in einen durch '‚Kupferchlorid, einen zweiten durch Salzsäure und einen dritten nur ‘durch Flusssäure oder schmelzende kohlensaure Alkalien löslichen. Durch das’ Kupferchlorid wurde zunächst das Nickeleisen (Eisen, Kobalt, Nickel) in Lösung gebracht, diese Lösung durch Schwefelwasserstoff vom Kupfer befreit, das Filtrat vom Schwefelkupfer eingedampft, das Eisen- chlorür durch Königswasser in Eisenchlorid verwandelt und hjerauf das Eisenoxyd vom Kobalt und Nickel durch kohlensauren Baryt getrennt. Das im Kupferchlorid Unlösliche wurde gewaschen, getrocknet, mit Salz- säure in der Platinschale zur Trockne verdampft und schliesslich eine Lösung erhalten,/in der Eisen, Thonerde, Kalk und Magnesia bestimmt "wurden, der unlösliche Rückstand wurde mit kohlensaurem Natron behan- deli. Es ergab sich die Zusammensetzung: Eisen .....20,96 Magnesia 19,12 Kobalt 0,10 Thonerde 2,52 Nickel 1,80 Kalkerde 1,60 Schwefel 1,74 Kali 0,21 Kieselsäure 37,44 Natron 0,62 Eisenoxydul 11,94 Chromoxyd Spur Manganoxydul 0,26 98,90 Das in Salzsäure aufschliessbare Silikat entspricht dem Olivin, das unauf. schliessbare scheint hauptsächlich aus Bronzit zu bestehen. — (Ebda 41—43.) A. Schrauf, über den Rittingerit. — Neue Anbrüche bei Joachimsthal ergänzen die Charakteristik dieses Minerals, Es isı ein Arsenselensilber mit 57,7 Silber und 5,63 spec. Gew. Nähere Mittheilun- gen. stellt Vrf. in Aussicht und lenkt hier noch die Aufmerksamkeit auf die Homöomorphie chemisch nicht analoger Stoffe, speciell auf die Wahl der Coordinatenebenen des Axinit. Seiner Aufstellung des Axinit liegt die Aehnlichkeit desselben mit Titanit zu Grunde. Eine noch vollständigere Homoeomorphie zeigt der Axinit mit Glauberit. Die Winkel cu, er, ur, cM, Mm, am Axinit und die Winkel cs, ss, cm, mm, am Glauberit sind nahezu identisch. Das als Beweis, dass Verf.’s Aenderung der bisherigen Aufstellung des Axinit wirklich geeignet ist, die morphologisehen Analo- gien mit andern Mineralien zu erklären. Diese Homöomorphie chemisch nieht analoger Stoffe hat auch für die Theorie der Krystallbildung ‚we- sentliche Bedeutung. Es sind bei derselben zwei Vorgänge zu unler- scheiden: die Gruppirung der volumetrisch verschiedenen Grundsioffe in 513 Ein nach den Seiten des Raumes differenzirles Molekül und die Gruppirung dieser Moleküle zum Krystall. — (Neues Jahrb. f. Minerel. 139.) C. Klein setzt seine mineralogischen Mittheilungen fort mit speciellen krystallographischen Untersuchungen des Epidot aus dem Sulzbachthale im Pinzgau, des Apatit von demselben Fundorte und über die Zonenverhältnisse und allgemeinen Zeichen der bekannten Achtund- vierzigflächner. Einen Auszug gestattet diese Abhandlung nicht. — (Ebda 113—134.) M. Websky giebt krystallographische Untersuchungen über den Axinit von Striegau in Schlesien, auf die wir hier nur auf- merksam machen können, — (?'schermak, Mineral. Mittheil. 1872. 1 6. Tf. 1.) A. Brezina untersucht die krystallographischen Verhält- nisse des Wiserin, Xenotim, Mejonit, Gyps, Erythrin und Simopyit, die in einem kurzen Referat nicht wiedergegeben werden können. — (Ebda 7 —22. Tf. 2.) Palaeontoelogie. H. Burmeister, Zur Osteologie der südamerikanischen Panzerthiere. — Die Untersuchungen der fossilen Panzerthiere Südamerikas führten Verf. zu einer eingehenden Ver‘ gleichung mit den lebenden Gürtelthieren und theili er zunächst einige Resultate seiner Arbeit mit. Das Zungenbein des Ärmadillos zunächst ist von Rapp und von Hyril an verschiedenen Arten untersucht. Erster hatte walırscheinlich Praopus peba oder Pr. longicaudus und letztes be- schreibt Verf. Dasselbe besteht aus einer mittlen Platte, die dreispitzig ist und aus 4 fest verbundenen Stücken besteht. Die beiden seitlichen Stücke bilden unten vorn einen kleinen Knopf mit schiefer Gelenkfläche für ein warzenförmiges Knöchelchen, an das sich ein langer zweigliedri- ger Griffel ansetzt, weicher die Schlundgegend umfassend an das Felsen- bein sich anlegi. Dies sind die kleinen, hier also dreigliedrigen Hörner und die beiden Seitenstücke sind daher als hintre Hörner zu deuten, die beiden mittlen Stücke als Zungenbeinkörper und zwar das hintre als blosser Anhang , welcher Dasypus sens. str. fehlt. Bei Dasypus villosus besteht das Zungenbein aus einem sehr starken hufeisenförmigen Knochen, der vorn in der Mitte zwei Gelenkflächen hat, an diese gelenken zwei runde dicke Knöchelchen und an diese zweigliedrige Griffel, die beiden vordern Hörner, während als hintre die Hufeisenecke des Mittelstückes zu betrachten sind, es fehlt also hier das zweite Mittelstück oder der Anhang von Praopus und die Selbständigkeit der hintern Hörner- Diese Verschiederheit rechtfertigt die generische Trennung von Praopus und nöthigt sogar zur Auflösung der Familie. Bei dieser Gattung sind die Hornschilder unter sich und von den Kuochenschildern des Panzers ganz verschieden: die grossen bedecken nur die Mitte der Knochenplatten, die kleinen die Nähte dazwischen. Unter den fossilen Glyptodonten hat das Zungenbein von Panochtihus tuberculatus ein Yförmiges Mittelstück und zwei lange Griffel, erster trägt oben und unten je zwei Höcker, auf den obern Höckern war ein beweglicher Knochen angelenkt, die uutern sind concay und trugen wahrscheinlich nur Knorpel. Die beiden Schenkel sind 14 dreikantig und enden obne Verdünnung abgestutzt. Das V förmige Mittel- stück entspricht dem Hufeisenstück von Dasypus, ist also Körper, und die beiden obern Höcker trugen die langen vordern Hörner, welche 7 lange eingliedrige Griffel mit mittler Anschwellung sind und wahrschein- lieh auch durch ein besonderes Knöchelchen mit dem Mittelstück verbun- den waren, uud am andern Ende vielleicht einen Knorpel als zweites Glied besassen, Das Zungenbein von Glyptodon elongatus hat gleichen Bau aber etwas andere Form, das Mittelstück hat eine vordere scharfe Spitze und die Schenkel sind dieker, das Mittelstück hat die beiden obern Höcker, aber der untere grosse lNöcker ist hier sehr klein und rund. Dasselbe Mittelstück hat auch Glyptodon asper , aber dessen vordere Hör- ner weichen in der Form ab. — Den Halstheil der Wirbelsäule von Gl. asper gab Verf. früher an als gebildet vom Atlas, vom Epistropheus mit den 4 folgenden Wirbeln verwachsen, und vom 7. Wirbel. Allein neues Material ergab, dass im Mittelstück nur 4 Wirbel verschmolzen sind und der letzte freie Wirbel also der 6. ist, der 7. aber mit dem ersten Stück der Rückensäule verwachsen ist. Mit Serres nennt Verf, das Mittelstück os mediocervicale und den hintern Wirbel os postcervicale, Bei Glyptodon clavipes besteht nun das Mittelstück in der That aus 5 verwachsenen Wirbeln, bei Panochthus tubereulatus fand Verf. unten nur 3 abgränzende Querlinien und den grossen Processus odontoideus einen Wirbel für sich darstellend , wie Oken den Zahnfortsatz aller Säugethiere als eigenen Wirbel betrachtet. Auch bei den lebenden Armadillos hat dieses Verhältniss Statt. Die Glyptodonten, deren Verf. 12 Arten alle mit 8 zweimal jederseits tief gefurchten Backenzähnen zerfallen nach der Fussbildung in 2 Gruppen, in solche mit 4 Zelıen und langem Schwanz: Panochthus mit 3 Arten und Hoplophorus mit 4 Arten und in solehe mit vorn 4, hinten 5 Zehen: Glyptoden mit I Art und Schistopleurum mit 3 Arten, letzte mit kurzem Kegelschwanz ohne Endrohr. Bei Panochthus hat das Mittelhalsstück nur undeutliche untere Querfurchen, bei Hoplo- phorus gar keine Querfurchen, nur ist bei ihnen der Zahnfortsatz als eigener Theil abgegränzt, aber der Dornfortsatz hoch und stark, bei den andern Glyptodonten sehr niedrig. Glyptodon clavipes ohne Spur der Selbständigkeit des Zahnfortsatzes, aus 5 verwachsenen Wirbeln bestehend, wobei der 6. Halswirbel minder innig verschmolzen ist als die vorher- gehenden. Bei Schistopleurum ist der Zahufortsalz so stark wie der folgende Wirbel und stets durch eine Furche vom Epistropheus getreunt, der 6. Halswirbel stets isolirt, Das Hinternackenstück besteht bei allen Glypto- donten aus 3 Wirbeln, dem 7. Hals- und 2 ersten Rückenwirbeln, nur bei Hoplophorus wächst auch der 6. Halswirbel damit zusammen, doch nur individuell. — Die lebenden Armadillos haben vorn 4 oder 5 Zehen, 4 gleichförmige haben Dasypus novemeinctus und niger, 5 D. sexeinetus, 4 ungleichförmige D. conurus, 5 ungleichförmige D, gigas, 12 cinetus und trieinetus. Für D. novemciuetus, longicaudus, peba, und hybridus gründete Verf. die Gattung Praopus, hier ist der sehr kleine Daumen im Bau den anderen Zehen gleich, Zeige- und Mittelfinger gleich lang, der 4. Finger verkürzt, der 5. ganz rudimenlär. Bei Dasypus haben die bei- 515 den innern Zehen lange dünne Knochen, die drei andern kurze dicke verkürzt hauptsächlich durch ihre erste Phalanx, welche blos dünn schei- benförmig ist. Die Armadillos mit stark ungleichförmigen Zehen und Krallen schliessen sich in der Anlage des Vorderfusses ganz an die Arten mit gleichförmigen Krallen und führen deren Anlage nur mehr ins Extrem. Bei D. eonurus fehlt der fünfte Finger gänzlich, ist nicht einmal durch ein Rudiment des Metacarpus angedeutet, der 1. Finger kürzer als der halbe Zeigefinger. Den Gattungen Panochthus und Hoplophorus fehlt vorn der Daumen , während bei den lebenden vierfingerigen stets die fünfte Zehe fehlt. Bei den typischen Glyptodonten ähnelt die Handwurzel sehr Praopus. Die 4 Metacarpus folgen ganz deın Typus der drei äussern von Dasypus ganz abweichend von Praopus, der Metacarpus des Daumens ist kleiu pyramidal, mit rundem Kopf, an welchem unmittelbar die Krallen- phalanx gelenkt. Huxley hat diesen Bau des Vorderfusses ganz falsch dargestellt. Die 3 andern Metacarpus sind fast würfelförmig, ihre Pha- langen sind kurze dünne Scheiben, die Krallenglieder lang sichelförmig, länger als der übrige Finger einschliesslieh des Metacarpus. Unter jedem Krallengliede und unter der 2. Phalanx liegt ein Sesambein, ein sehr grosses auch unter der Handwurzel, das auch die Armadillos haben, wie auch Megatherium und Mylodon. Schistopleurum stimm! im Vorderfuss völlig mit Glyptodon überein. Bei Panochthus und Hoplophorus aber ist der Vorderfuss doppelt so lang wie breit, Metacarpus und Phalangen viel länger, denen der innern Finger von Dasypus entsprechend. Verf. ver- sleicht den Bau des Carpus speciell. Zum Schluss werden die Resultate zusammengefasst. Die Armadillos und Glyptodonten haben also einen zweifachen Typus der Vorderfüsse. Unter den Armadillos hat Praopus im Bau und der Form gleichartige Zehen bei fehlender fünfter, Dasypus mit fünf Fingern hat ungleichartige Anlage der Finger bei gleichförmiger Krallenbildung, die beiden innern schlank und dünn, die 3 äussern kurz und dick, die Glyptodonten haben stets 4 Finger, einige ohne Daumen, andre ohne fünften Finger, bei ersten die Finger sehr kurz, bei letzten schlank, bei beiden einfache Sesambeine unter dem Krallengliede und eines unter dem Carpus. — (Müllers Archiv 1871. 8. 418—429. 694 — 415. 2 Tf.) E. Tietze, Geologisch paläontologsche Mittheilungen aus dem STheile des Banater Gebirgsstockes. — Verf. unter- suchte das Gebiet von Bersaska und Swinitza und beschreibt nach Dar- legung der geognostischen Verhältnisse folgende Petrefakten. I, Aus dem Lias von Bersaska: ein unbestimmbares Zähnchen aus grünem Tuff, Am- monites margaritatus d’Orb [der älteste Name ist foliaceus und muss mit demselben Recht aufrecht erhalten werden wie der Trinucleus], A.spina- tus d’Orb, A caprieornus Schl., A. actacon d’Orb, A. Normannanus d’Orb, A.Maugenesti d’Orb, A. Henleyi Swb, Nautilus austriacus Hauer, Belem- nites paxillosus Schl., Peeten aequivalvis Swb., P. liasinus Nyst., P. ber- saskensis in nur einem Exemplar, P. Hinterhuberi in einem Exemplar aus den Thalassitenschiebten, dem P. aequivalvis zunäclıst verwandt. Hinni- tes sublaevis derselben Schicht, H. velatus Gf., Lima exaltata Terq, L; 516 pecetinoides Swb., 1. quinquecostata, Ostraea doleritica sehr ähnlich der Ostraea arietis Q., Gryphaea eymbium Lk., Gr. faseiata voriger ähnlich, Modiola scalpram Crb., M. Morrisi Opp., M. Sturi vielleicht mit voriger identisch, M, Simoyi Terq. M. doleritica, M. banatica, M. militaris, Pinna falx der P. Hartmanni zunächststehend , Corbula cardioides Phill., C. Montjanae unsicher, Ceromya bersaskensis fraglich, C. infraliasica Pet., Gardinia gigantea Q., C. Lipoldi, C. liasina Schult., Cyprieardia Muntjanae, Greslya trajani, Gr, opisthotexta, Lyonsia unioides Gf., Pleuromya viridis, Pholodomya decorata Hartm.,'Ph. ambigua Swb., Ph. $turi, Solen longe- costatus, Spiriferina Haueri Suess, Sp. rostrata Schl.,, Sp. pinguis Ziet., Sp. brevirostris Opp., Terebratula quadrifida Lk. T. grestenensis Suess, T. grossulus Suess, T. numismalis Lk., T. punctata Swb,, T. subpunctata Dav., T. vieinalis Buch., T. bersaskensis, T. Hinterhuberi, T. dellegraziana, Rhyncehonella quinqueplieata Ziet,, Rh, tetraedra hob., Rh, anstriaca Q., Rh. drenkowana, Rh. banatica, Rh, lirinnae. Diese Arten vertheilen sich auf den grünen Tuff der Muntjana, auf die untern Margaritatusschichten, den gelbrothen Sandmergei wahrscheinlich Beta Q., auf den Brachiopoden. kalk, der z. Th. den Bucklandischichten entsprieht und auf die Thalassiten- schichten. — II. Aus dem Aptien von Swinitza: Ammonites. Rouyarus d’Orb, A. Velledae Mich., A. Charrieranus d’Orb, A. Melchioris, A. Tach- thaliae, A. portae ferreae, A. bieurvatus Mich., A. strangulatus d’Orb, A. quadrisulcatus d’Orb, A. Annibal Coq., A. Grebenanus, :A. striatisul- eatus d’Orb, A. Trajani stelıt vorigen sehr nah. — [Jahrb. Geol. Reichs- anst. XXL. 35-141. 9 Tf.] G, Stache, Verbreitung der Characeen in den Cosina- schichten Wiens und Dalmatiens. — Die Untersuchung der Fauna der zwischen Kreide und marinen Eocän lagernden Süss- und Brakwasser- schichten führte zu einer sorgfältigen Prüfung der hier vorwiegenden Chara- ceen. Ihre Sporangien sind meist gut erhalten, Theile des Stengels und der Blättehen aber nur in Dünnschliffen des kieselig-kalkigen Gesteines deutlich zu erkennen. Zerstreut finden sich die Charenfrüchte in fast allen Horizonten und Gebieten der Cosinaschichten, in den entschiedenen Süsswasser- und den brakischen Gebilden. So massenhaft aber, dass sie auf eine lang anhaltende üppige Charenvegetation in einem Binnensee schliessen lassen, erscheinen sie nur in den tiefen und mittlen Horizonten, Es sind etwa 10 Arten, von welchen eın Theil in die Gruppe mit glatter Aussenfläche der Spiralzellen der Fruchthülle gehört also zum Typus der Chara medicaginula, während die andern eine verschiedentlich durch Körn- chen und Leisten verzierte Aussenfläche haben und unter den Fossilen der Ch. tuberculata und Ch. Greppini nahe stehen. In beiden Gruppen kommen Formen mit convexer Aussenwand der fünf Spiralzellen und eingetiefter spiraler Naht oder Saumlinie, und Formen mit eoneaver Aussenwand der Spiralzellen und leistenförmig umlaufender Nahtlinie vor. Unter den glatten Formen nimmt nächst Ch, Stacheana Ung. eine dieser sehr ähnliche aber von der Seite nur 5—6 Abschnitte zeigende Form durch massenhafte Verbreitung die Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie gehört wahrscheinlich wie jene und auch Ch, medicaginula zur Gattung Nitella, von deren Sporan- 917 gien diese fossilen durch bedeutendere Grösse abweichen. Ueberhaupt scheinen die tertiären Charen weit grössere Sporangien gehabt zu haben als die lebenden. Beide Hauptgruppen der Charen in den Cosinaschichten unterscheiden sich auch nach ihrer Verbreitung und der sie begleitenden Fauna. Die glatten Formen, meist massenhaft und fast allein ganze Bänke erfüllend herrschen im Norden bei Obeina, am Monte Spaceato bei Triest, im Gebirge zwischen Divazza und Lesezhe, um Famle und Scoffle. Ausser Cyelophoriden (Megalomastoma) kommen hier zugleich auch Hydrobien und Truucatella vor. Im Süden besonders bei Albona, Lussin, Dalmatien herrschen die verzierten Formen, die jedoch nicht zu massenhafter Ent- wicklung gelangen wie die glatten im Norden, immerhin halten sie eine grössere Schichtenreihe hindurch aus, denn sie erscheinen bereits mit Planorbis in dem tiefen Kohlenführenden Horizont von Carpano und keh- ren wieder in den an kleinen Melanien, Pyrgidium Formen und Faseinel- len führenden hellen obern Kalken um Albano. Beide Charenprovinzen finden durch die lange Verbreitungszone der Charenkalke, welche von Cosina bis Clana zieht und das Karstgebiet der Tschitscherei vou dem Sandsteingebiet des Recca trennt, ihre Verbindung. In den Kalken dieser Zone treten gegen S gemischt glatte und verzierte Charenfrüchte auf. Die Sehichten von Cosina mit siarkrippigen und diekmäuligen Stomatopsis- formen sind stellenweise auch sehr reich an Charen, nur ist in dem mürben bituminösen Gesteine ihr Erhaltungszustand schleeht. Die äussern Zellen- wandungen sind stets zerstört, nur der Kern ist erhalten und dieser zeigt sehr scharfe Leisten, die aufeine eigene Art hinweisen. Für die Schilde- rung der physikalischen Verhältnisse des alteocänen Küstenlandes giebt das Auftreten der Charen sichere Anhalte, — (Verhandl. Geol. Reichs- anst. 1872. März 11—107.) H. Hieks und T.R. lones, neue eambrischePelrefakten. — Die Lagerstätte gehört der Longmynd und Menevian group an und lieferte 31 Trilobiten, 4 Crustaceen, 6 Brachyopoden, 6 Pteropoden, 1 Cystideen und 4 Spougien. Beschrieben werden hier; Agnostus Davidi, A. Eskriggei, A. scutalis, A. scarabaeoides, A. Barrandei, Arionellus longicephalus, Erinnys venulosa, Carausia nov. gen. ist voriger und Holo- cephalina sehr ähnlich nur mit C. menevensis, feruer Holocephalina in- flata, Conocoryphus Homphreyi, C. coronatus, Anopolenus impar, A. Salteri, Cyriotheea hamula, Stenotheca cornucopia, Theca penultima, Th. stiletto, Protoeystites menevensis, ferner Leperditia Hicksii, Entomis buprestis und eine Trilobitenlarve. — (Quart. Journ. geol. Lond. XXV Ill. 173—185. 3 Tbb.) Hancock und Athey beschreiben aus dem Kohlengebirge von Newsham folgende Fisehe: Pleurodus Rankini, Platysomus rotun- dus, Pl. Frosteri, Amphicentrum striatum, Coelacanthus lepturus, Cteno- dus, Gyracanthus tubereulatus und Cladodus mirabilis Ay, Helodus sim- plex Ag. — (Ann. mag. nat. hist. 1872. IX. 249—251. 2 Tbb.) Botanik. Otto Müller, über den feinern Bau der Zell- wand der Baeillarraceen, insbesondere des Triceratium Favus Ehrbg. und der Pleurosigmen. — Verf, bezieht sieh auf die beiden, diesen Gegenstand behandelnden Arbeiten, welche beide die >18 Struktur der Wandungen auf Formelemente von zelligen Aussehen zurück- führen, bestätigt zum Theil und modifieirt die Untersuchungen von Flögel, widerlegt dagegen die auf optische Täuschungen beruhenden Auffassun- gen, welche in der zweiten Arbeit (von O0. Weiss) ausgesprocher worden sind. Unter Vergleichung der Flögel’schen Querschnittspräparate findet Verf. die Flögel’schen Abbildungen dem mikroskopischen Bilde nieht ent- sprechend, auch stimmen des Verf. Erfahrungen bei Ueberfluthungen der Schalen mit stark brechenden Medien mit der Annahme eines Systems von Kammern oder abgeschlossenen Hohlräumen nicht unmittelbar überein. Bei seinen Versuchen richtete Verf. seine Aufmerksamkeit auf die Ge- staltung der Brechungsverhältnisse vor und nach der Ueberfluthung und auf die eigenthümliche Art der Verbreitung des Mediums auf der Schalen- oberfläche im Augenblicke der Ueberflutlliung. In erster Beziehung stellte sich heraus, dass nach der Ueberfluthung mit Medien, deren Breehungsvermögen grösser isi als das der Schalensubstanz, eine abso- lute Umkehrung der ursprünglichen optischen Wirkung des ÖObjeets ein- trat. So erscheinen zZ. B. die bereits von M. Schultze gesehenen 5 Bilder, von Pleurosigma angulatum, die dadurch entstehen, dass die Einstellung oben in verlikaler Richtung verschoben wird, von oben nach unten gesehen, in folgender Orduung: 1. Conturen dunkel (graubraun), Lumen hell (sil- bergrau) nebelhaft, 2. Conturen hell (graublau), Lumen dunkel -(röth- liehbraun) scharf, 3. Conturen dunkel (hellbraun), Lumen hell (graublau und glänzend), scharf, 4. Conturen hell (silbergrau), Lumen dunkel (röth- lichbraun) noch ziemlich scharf, 5. Conturen dunkel (graubraun) Lumen hell (silbergrau) nebelhaft. Dies Alles unter der Voraussetzung, dass die Schale von Luft umgeben ist. Nach der Ueberfluthung dagegen (wozu sich Schwefelkohlenstoff am vorzüglichsten eignet, aber auch Cassiaöl, Anisöl, Fenchelöl, Canadabalsam) sind die verschiedenen Bilder schwieri- ger zu beobachten, doch erkennt man bei sorgfältiger Handhabung der Mikrometerschraube, dass die Umsetzung in entgegengesetzter Ordnung erfolgt, also 1. Conturen hell, Lumen dunkel, nebelhaft, 2. Conturen dun- kel, Lumen hell, scharf, 3. Conturen hell, Lumen dunkel, scharf, 4. Con- turen dunkel, Lumen hell, weniger scharf, 5. Conturen hell, Lumen dun- kel, nebelhaft. Verf. weist darauf hin, dass eine ganz ähnliche Umselzuug der Bilder im refleetirten und durchfallenden Lichte bei Betrachtung engmaschiger Gewebe auch ohne Mikroskop erfolgt, meint, dass dieBilder der Einstellungen 1, 4 und 5 durch ungenügende Accomodation des Auges hervorgebracht werden dürften, während die der Einstellung 2 und 3 als die unmittelbare optische Wirkung der Reliefverhältnisse anzusehen wären. Nimmt nun Flögel ein System von Kammern an, mit ebenen oder schwach welligen Grenzflächen nach oben und unten abgeschlossen, so konnte die- ses vor und nach der Ueberfluthung die Brechungsverhältnisse nieht ver- ändern, ausserdem könnten bei hinreichender Quantität der Zusatzflüssigkeit, selbst Flüssigkeiten von der Consistenz des Balsams und der Oele, nicht in sehr kurzer Zeit die Schale füllen, und zwar nicht reihenweise, wie Verf. experimentirt hat. Sonach mnss sich jeder Hohlraum nach anssen öffnen, oder es müssie mindestens jede Reihe unter sich communieirender 519 Hohlräume eine Oeffnung nach aussen haben. Die Richtung, in welcher die Oeffnung erfolgt, ist constant bei derselben Art, verschieden bei einer andern. Alle diese Erscheinungen lassen nun darauf schliessen, dass es sich hier um Oberflächenskulptur handelt und dass durch Reliefverhältnisse den Flüssigkeiten der Weg vorgeschrieben ist und Ocfinungen da sein müssen, wo Hohlräume nachweisbar sind. Die Eiustellungen no 2 und 3 deuten nun aber auf Vertiefungen oder Hohlräume. Wegen der geringen Dimension der Pleurosigmen- Quersehnitte wurde Triceratium Favus als Untersuchungsobjeet gewählt und folgendes ermittelt: Die Schalenansicht jeder der beiden Zellhälften stellt ein gleichschenkeliges Dreieck dar mit nach aussen gewölbtem Mittelpunkte, an den drei Ecken erhebt sich, nach aussen und oben gekrümmt, je ein eigenthümlich gebautes Horn; die Schalenansicht zeigt die bekannten, 5—7 seitigen Figuren. Bei Betrachı- tung der Innenfläche der Schale bemerkt man in höchster Einstellung eine zarle Membran als Träger porenartiger Figuren, die jetzt ungleich deut- licher sind, als vorher bei dieser Einstellung und die ganze Fläche der Membran bedecken. Diese porenartigen Figuren ordnen sich innerhalb der Sechsecke in Reihen, welche nach den Schalenenden, schwach diver- giren. Die Leitstrahlen der die Sechsecke füllenden Porenreihen divergi- ren ebenfalls vom Centrum der Schale nach dem Ende zu. Wir können die verschiedenen Ansichten, welche entstehen, je nachdem die Einstellung tiefer und höher, die Schalen in der Luft. in Canadabalsam, Cassiaöl oder Schwefelkohlenstoff eingeschlossen, im Auszuge nicht wiedergeben und müssen daher auf die Arbeit selbst verweisen. Durch Druck gelingt es, ein Stück des obern Maschennetzes zu isoliren, so dass die untere Schicht der Membran völlig abgelöst ist und da lehrt nieht nur das Bild, dass die beiden Flächen durch einen Raum getrennt sind und durch ein System hoher Netzleisten in dieser Trennung erhalten werden, sondern der Quer- sehnitt eines Fragmentes bestätigt diese Aullassung noch mehr. Wie ein solcher Querschnitt zu Stande zu bringen, wird ausführlich beschrieben. Die Struktur der Zellenwand von Triceratium Favus besteht somit aus einem, der Membran aufgesetzten System hoher Netzleisten, welche poly- gonale, 5, 6, 7seitige Räume umschliessen und an deren nach aussen be- legener feiner Kante, parallel der Richtung der Membranfläche schmale membranöse Krempen verlaufen, welche in der Flächenansicht den Eindruck eines Maschennetzes gewähren. Die innere Membranfläche ist mit poren- arligen Figuren bedeckt, während auf der äussern Fläche des Maschen- werks an den Confluenzstellen der polygonalen Figuren solide, oft dieho- tom getheilte Dornen stehen; die vorher erwähnten Hörner in den Ecken der Dreiecke sind glockenförmig, ihr Basalttheil geht in Richtung des Schalencentrums unmittelbar in die horizontale Fläche der Zellwand über, während er mit den Seitenwänden und der Hinterwand sich dem Schalen- rande anschliesst. Das System der polygonalen Hohlräume zieht sich bis fast zur Hälfte der glockenförmigen Erhebung des Horns hinauf und um- schliesst dasselbe im Ringe. Die Membran des Horns ist unten «dicker als oben und äussserlich bis nahe dem Gipfel mit kleinen Buckeln oder Dornen besetzt, An den Schalenkanten biegt sieh die Membran mit dem 520 aulfgesetzten Netzleistensystem "nahezu rechtwinkelig nach unten und bil- den sich hier zwei übereinander stehende Reihen von Hohlräumen. Diese Hohlräume der Randreihen unterscheiden sich wesentlich von den andern und werden umständlich beschrieben. Die Vergleichung der Querschnitte mit denen der Pleurosigmen bieten grosse Aelmlichkeiten unter einander, nur erscheinen bei letzten die Enden des Qnerschnitts der Septa beider- seils wulstig, bei Triceratium nur das nach aussen gelegene Ende. Bei Plenrosigma balticum und denjenigen Arten, deren Zeichnung auf der Flächenansicht aus viereckigen Figuren besteht, sind die dem äussern Maschengewebe aufgesetzten, über den Knotenpunkten der Netzleisten ste- henden Knöpfehen. von grossem Umfange und in der Richtung parallel der Rhaphe auf den Balken des Gewebes verläuft von Knopf zu Knopf ein etwas niedrigerer Sattel. Die Balken sind daher in dieser Richtung stär- ker verdickt als in der Richtung 'rechtwinkelig zur Rhaphe, woraus sich die Thatsache erklärt, dass dieses Maschenwerk in der Längsriehtung der Schale als Fasern isolirt werden kann; auch die Art der Verbreitung flüs- siger Medien, wie sie vorher angedeutet: wurde, findet dadurch ihre voll- ständige Erklärung. Nach diesen Darlegungen wird die Auffassung der Strukturverhältnisse von Weiss widerlegt. Wenn sich von andern Seiten die Strukturverhältnisse der Bacillariaceen bestätigen, so stellt sich ihre Sculptur viel complieirter heraus, als man bisher angenommen hat. — (Archiv f. Anal. u. Physiol. 1871 p. 619—643. Taf. 15.) A.Tomascheck, eigenthümliche UmbildungdesPollens, ein Beitrag zur Kenntniss des Zellenlebens. — Verf. legt hier die Resul- tale seiner, bereits von Karsten u. A. angestellten Versuche vor, Pollen- schläuche selbstständig zur Eniwickelung zu bringen und aus ihnen pilz- oder eonfervenartige Pflänzehen entstehen zu sehen, welche als Verwande- lungsprodukte der ersteren erscheinen, hält aber eine solche Umwandelung für eben so unwahrscheinlich, wie die Entstehung von Pilzen und Confer- ven durch Generatio spontanea. In der Voraussetzung, dass dergleichen Umwandelungserscheinungen angeflogenen Pilzkeimen ihren Ursprung ver danken , wird die Aufmerksannkeit zunächst auf jene Umwandelungen ge- richtet, welche die hervortiretenden Pollenschläuche ohne nachweisbare Pilzbildung erleiden und dazu besonders Colutea arborescens gewählt, da auch am Pollen dieser Pflanze spontane Pilzbildung beobachtet wurde. Nach Regentagen haften am Blühtenstaube weissliche Flecken, welche sich als wenig verzweigte septirte Pilzfäden darstellen, an deren Seiten rund- liche und ovale Sporen sitzen und somit den höhern Formen der Gattung Haplaria anzugehören scheinen. Es lassen sich 2 Formen unterscheideu: bei der einen stehen die Scheidewände um die Breite des Fadens, bei der andern mehr als um das Doppelte derselben von einander ab. An trocknen und sonnigen Tagen wiederum zeigten einzelne innerhalb der Blühte ab- gelagerte Pollenhäufehen einen sammetarligen dunkelgrünen Ueberzug, welcher sich in einem Tropfen Wasser unter dem Mikroskop als durch- scheinende, braune, septirte, wenig verästelte. knorrige, auch gekrümmte Pilzfäden darstellte, die mit zahllosen , länglichen oder keilförmigen, drei- mal septirten Sporen bedeekt waren, offenbar Helminfhosporium‘ Lnk an- 521 gehörig. Die Pilzfäden hingen mit ihren unten erweiterten Enden an den Pollenzellen, ernähren sich also ohne Mycelium unmittelbar aus denselben. Eine andere Ernährungsweise scheint bei einer dritten Pilzart statt zu finden, welche an verwelkten, von Feuchtigkeit durchdrungenen, Blühten beobachtet wurde. Hier umstrickten die Pilzfäden einzelne Pollenzellen, sie zu einer zusammenhängenden Masse vereinigend; an der Oberfläche dieser Ireten ästige, seplirte Hyphen mit zahlreichen halbmondförmigen 3 bis 4 Mal septirten Sporen hervor. Diese letzten weisen auf Seleno- sporium Corda hin, nur konnten neben den Pollenzellen keinerlei Zellen wahrgenommen werden, welche zu dem Pilze.gehören würden, trotzdem sind die Pollenzellen nur die Nahrungsquelle dieser Pilze. Bringt man Blühtenstaub von Col. arbor. auf Moos (Bryum argenteum), so zeigen sich nach eirc, 12 Stunden eigenthümliche Auswachsungen jeder einzelnen Pollenzelle, welche theils an Pollenschläuche ‚theils an selbständige Pflänz- chen erinnern. Sie erreichen das 10—30 fache vom Durchmesser der Pol- leuzelle, sind aber mehr weniger kolbig oder kugelig, bisweilen gegabelt; der Inhalt der Pollenzelle ist durch den Faden in die Anschwellungen übergegangen und lassen sieh in demselben gröbere, sporenähnliche Körn- chen unterscheiden. Nach weiteren 12 Stunden haben die Zellen ein flech- tenartiges Ansehen angenommen, indem sie als dickere Stämmchen unter einander verwirren. Nach 30 Stunden war äusserlich keine Veränderung eingetreten, als Inhalt der Prolificationen zeigten sich ölartige Tröpfehen und zellenartige Körnchen überall zerstreut. Einige dieser Körnchen sind in zellige Fäden ausgewachsen, welche sich meist in 2 entgegengesetzien Richtungen von ihrem Ursprunge an ausbreiten: sie verschlingen sich mit den unmittelbaren Auswachsungen der Pollenzellen, und bilden gemein. schaftlich mit diesen eine Art Gewebe, über welches einzelne Pollenzellen- pfiänzchen frei in die Luft ragen. Die Aussaaten auf Moos werden aus folgenden Gründen als unmitielbare Auswachsungen der Pollenzellen von den vorher erwähnten 3 Pilzformen unterschieden: 1. jene Auswachsun- gen können nur an frischen, auf Trüffeln, Kartoffelschnitte, Moos etc. ausgesäelen Pollenkörnern erzielt werden, 2. sie erscheinen schon nach 12 Stunden, während die als Pilze anzusprechenden Auswüchse erst nach mehren Tagen, ja Wochen hervorbrechen , wenn nicht Pilzkeime und Blüh- tenstaub gleichzeitig ausgesäet worden sind, 3. würde der Blühtenstaub aus normal entwickelten, stets vollkommen fructificirenden Blühten genom- men und entstanden aus allen einzelnen Zellen die beschriebenen Gebilde, so dass hier unmöglich eine Infeetion von Pilzsporen angenommen werden kann, zumal der Versuch fast täglich einen ganzen Monat ‚hintereinander mit. gleichem Erfolge vorgenommen worden war, 4, nimmer ward eine Umwandelung in eine bekannte Pilzart bei diesen Aussaatversuchen wahr- genommen. 5. Spricht die bei 50facher Vergrösserung deutlich erkenn- bare Continuität der Auswachsungen des unmittelbaren Ueberganges der Wände. der Pollenzellen in jene Auswachsungen für die ausgesprochene Ansieht, — Auch die Pollen anderer Leguminosen scheinen weiterer Fortentwickelung fähig zu sein, wie die von Colut, arborescens, auch meint Verf, dass der Formkreis dieser Bildungen gewiss noch nicht er- Zeitschr. f. d, ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872, 34 522 schöpft sei und will daher seine Beobachtungen fortsetzen. — (Bullet. Nat. Moscou XLIV, 11: p. 1—10. Taf. 1.) Zoologie. E. Zeller, Untersuchungen über die Ent- wickelung des Diplozoon paradoxum. — Die Eierbildung hört bei Diplozoon mit dem Eintritt der kälteren Jahreszeit auf, die weiblichen frenerationsorgane verkümmern fast völlig, die Hoden bleiben dagegen sehr deutlich. Mit der Erwärmung des Wassers beginnt die Bierbildung von neuem, die Generationsorgane entwickeln sich vollständig und fangen vom 5—6ten Tage an Eier zu bilden. Die am 7—8ten Tage fertig aus- gestossen werden. In reines Wasser gelegt beginnt das Ei sich bald zu entwickeln, und zeigt am Sten Tage schon einen scharf begrenzten Em- bryonalkörper, der am 1l5ten Tage ausgebildet den Deckel des Ei’s ab- wirft und davonschwimmt. Das Thier besitzt 5 Gruppen Flimmerzellen am Körper, die jedoch Kopfende, Bauch- und Rückenfläche frei lassen, auf dem Rücken befinden sich dicht neben einander liegend die Augen. Gleich nach dem Ausschlüpfen sind die Thierchen in rastloser Bewegung, bis sie einen geeigneten Fisch gefunden haben, auf dessen Kiemen sie sich ansiedeln können; finden sie einen solehen nieht binnen 5-6 Stun- den, so sterben sie Auf den Kiemen angelangt, werfen sie ihren Wim- perbesatz ab, verlieren die Augen und werden so zu dem Thiere, das man Diporpa nannte. Dies trägt auf der Bauchfläche einen Saugnapf, weiter nach hinten auf dem Rücken eine zapfenförmige Hervorragung und stimmt im Allgemeinen schon mit dem fertigen Diplozoon überein. Auch der Darm zeigt schon eine Anzahl seitlicher Ausstülpungen und theilt sich unterhalb der Mitte in 2 ungleiche Schenkel, von denen der nach der rechten Seite gekehrte nnr eine kurze Abzweigung darstellt, der linke bis zu den Klammern des Hinterleibs herunterreicht. Was das exeretorische Gefässsystem betrifft, so ist für jede Seite des Körpers ein Hauptstamm vorhanden, der vom Vorder- zum Hinterende herabläuft, dann nach vorn umbiegt, eine Schlinge bildet und sich zurückwendend anf der Rücken- fläche zunächst dem Seitenrande nach aussen mündet. Das Hinterleibs- ende trägt anf seiner Rückenfläche 2 kleine Angeln — längere Stiele mit beweglich aufsitzenden Häkehen — und auf der Bauchfläche ein Taar Klammern, zı welchem jedoch zuweilen auch noch vor der Copulation ein zweites und drittes Paar hinzukommt. Die Diporpen können so isolirt Monate lang leben und wachsen auch noch während dieser Zeit. Ihre Verbindung zu Diplozoen geschieht in der Art, dass eine Diporpa eine andre — wahrscheinlich mittelst ihrer Klammern — ergreift und deren Rückenzapfen mit seinem Bauchnapf zu erfassen sucht, wobei ihr eigener Rückenzapfen mächtig anschwillt. Das erfasste Thier wendet sich nun nach seinem Gefährten um und verbindet sich mit ihm in gleicher Weise. Die Copnlation kann auch zwischen 2 Diporpen von verschiedenem Alter resp. Entwiekelung Statt finden und ist stets dauernd, so dass selbst, wenn die eine gestorben ist, die andre sieh nicht befreien kann, da beide Thierkörper kurz nach der Copulation an den Berührungs flächen fest verwachsen. Nnch der Vereinigung wachsen die Diporpen 923 noch, erhalien nach Anlegung des Ateu Klammerpaares die Generations- organe und bilden nach deren Ausbildung Eier. Wohl die meisten Di- porpen bringen es nicht zur Copulation, viele;Diplozoen sterben auch schou sehr jung, so dass der ungeheuren Vermehrung der Thiere Schranken ge- setzt sind. — (Zeitschr. wiss. Zool. XXI.) Graber, Anatomisch-physiologischeStudien’überPhthi- riusinguinalis. — Der Saugapparat der Filzläuse — der Complex sämmtlicher beim Saugen dienenden Chitinstücke — besteht aus 3 Thei- len, 1) aus, dem kegelförmigen Rüsselkepf mit einem vierreihigen Haken- kranze und einer kreisrunden Oeffnung am Scheitel, durch die der Saug- stachel hervorgestreckt wird. Letzter besteht nicht aus 4 Borsten (Bur- meister u. A.) sondern ist ein zartes vorn halbmondförmig ausgeschnitte- nes Rohr, das nach lıinten in den Mastdarm übergeht und durch 2 an beiden Seiten befindliche Längsleisten ausgespannt wird; 2) aus dem Rüsselhals; dieser wird von einem starken Chitinskelet unıschlossen und hat einen kreisförmigen Ausschnitt, durch den der Rüsselkopf zurückge- zogen weıden kann; 3) aus 2 von der Rüsselscheide aus nach hinten di- vergirenden Chitinleisten, die sich mit einer bogenförmigen Chitinspange in Verbindung setzen, welche wahrscheinlich bei der Vorschnellung des Rüssels thätig ist. Zum Zurückziehen des Rüssels dient ein unpaarer am obern Halstheil des Rüssels sich inserirender Muskel, der, in 6 Aeste ge- spalten, im vordern Theile des prosternum sich befestigt. Seine Vor- streekung bewirken 2 seitliche Muskeln, die von den Hautwülsten.des Vor- derkopfs zu den Chitinleisten verlaufen und durch ihre Contraction wirken, nieht als Hebel (Landois). Der Munddarm bildet ein mässig sich erweiterndes Rohr, das sich in Folge seiner zahlreichen Längsfalten bedeutend erweitern kann. Es be- steht aus chilinöser Intima, einer chitinoplastischen Protoplasmaschicht, und einer bindegewebigen Haut als Aussenschieht. Der von Landois als Magen bezeichnete Mitteldarm hat im Innern eine Lage grosser als Re- sorptionszellen, vielleicht auch gleichzeitig als Drüsen aufzufassender Darn« zellen, deren Fettgehalt bei eintretendem Nahrungsmangel stelig abnimmt. Sie werden umschlossen vou einer mit zahlreichen Kernen versehenen Bin- Jegewebshaut, welcher als Aussenschicht ein weites Netz dünner, nicht quergestreifter (Landois) Muskelfasern folgt. Der Sförmig gewundne, in der Mitie kuglig angeschwollne Auswurfsdarm besteht aus 5 Hautlagen, einer chitinhaltigen Substanz, der eine chitinoplastische Zellage folgt, einer sehr dünnen membraua propria, einer aus eirculären Fasern beste- henden Muskelschicht, über die als äusserste, Schicht eine bindegewebige Lage sich legt. Mit dieser letzten Schicht stehen besonders am Mittel- darm zahlreiche, als die letzten Ausläufer der Tracheen zu betrachtende Röhren entweder direkt in Verbindung, oder erst, nachdem sie mehrfach mit Fett gebildete Aussackungen gebildet haben, die ihrerseits oft unter einander in. Verbindung stehen. Diese Röhren stellen also die Verbindung zwischeu den Tracheen und dem Fettkörper her. Die „Rectaldrüsen“ er- weisen sich nur als stärker entwickelte Darmfalten, sind. vielleicht Ueber- reste von Darmathmungsapparalen, und dienen möglicher Weise zugleich 34* 524 aueh der Exeretion. Hart neben den bohnenförmigen Organen der Spei- eheldrüse befinden sich 2 Gruppen 8—12 mehrkerniger, klarer Zellen, die unter sich mit den bohnenförmigen Drüsen, sowie dem Mitteldarm durch Bindegewebsstränge verbunden sind, und keine Ausflussröhren haben. Ihre Bedeutung ist unbekannt. Das am Mitteldarm hinter der Vereinigung der beiden grossen Blindsäcke gelegne drüsige Organ ist wahrscheinlich als Leber anzusehen, obgleich gallenartige Sekrete in ihm sich noch nicht haben nachweisen lassen. Es wird umschlossen von eiuer elastischen Haut und enthält zellenförmig umgrenzte Haufen dunkelgelber Felttröpfehen und bräunlicher Pigmentkörner. Mit Essigsäure behandelt, verschwinden die Pigment- und Fetttheilchen, und es wird dafür ein Komplex langgestreck- ter, nahezu senkrecht auf den schmalen Binnenraum gestellter zelliger Gebilde sichtbar, die wahrscheinlich als die Drüsen und die Körnerhaufen als ihre Produkte anzusehen sind, Die Malpighischen Gefässe besitzen fast doppelte Körperlänge und zei- gen am Ende eine sehr grosse blindsackähnliche Ausstülpung. Ihre eigent- liche Wandung besteht aus zarter Bindegewebsmembran ohne Ringmus- kelfasern. Ausser den Fettzellen, die sich namentlich mit der Serosa des Mittel- und Enddarm’s in Verbindung setzen, findet sich bei Phthirius noch eine zweite Art vorwiegend peripherisch gelegener Zellen, die oval, birnförmig, zuweilen auch durch Einschnürung bisquitähnlich gestaltet sind. Sie ent- halten körnige, grünliche Masse, mit fast stets 2 röthlichen Kernen, die sich zuweilen durch Einschnürung theilen. Diese Zellen gehen an ihrem angeschwollnen Ende in einen meist collabirten und daher längsgefalteten Bindegewebsschlauch über, dessen Breite wenig oder gar nicht geringer ist als die der Zelle selbst. Höchstwahrscheinlich gehen sie continuirlich ‘in die Tunica externa der Tracheen über. Die dicken Tracheenstämme die den Blutraum durchziehen, sollen nach Landois wegen ihrer derben Beschaffenheit zu endosmotischen Vorgängen nicht geeignet sein, sind es höchst wahrscheinlich aber doch, da anderen ebenso derben Organen eben- “falls öfters endosmotische Functionen obliegen. Die Luftentleerung der Tracheen bei Phthirius und den Insekten im Allgemeinen geschieht durch die Contraction besondrer Muskel, so dehnen sich die elastischen Tracheen von selbst wieder aus, und es entsteht in ihnen ein lufiverdünnter Raum, der durch den &ussersten Luftdruck wieder gefüllt wird und zwar bis in die feinsten Tracheenendigungen hinein. Insekten, die den Luftsäcken der Vögel analoge Vorrichtungen besitzen, haben neben den oben erwähnten Exspirations- auch Inspirationsmuskeln, welche, bevor das Thier sich zum Fluge anschickt, eine grössere Ausdehnung und daher auch schnellere "Füllung der Tracheen durch Luft bewirken, wodurch der ganze Körper speeifisch leichter wird. Die Verschlussapparate der Tracheen dienen dazu, die Entleerung der Luftsäcke während des Flugs zu verhindern. Die Schleimdrüsen der Männchen bestehen aus äusserer Bindegewebs- haut, die innen mit blassen Zellen ausgekleidet ist, welche nicht Seeret- Bestandtheile (Landois) sondern selbst secernirende Organe sind. Das früher als Penis bezeichnete Organ ist wahrscheinlich ein Complex mehrer 525 Organe, deren mittlerm Theil des hintern Abschnittes wohl allein der Name Penis zukommt. Am Ende der Penis-Hülse befinden sich seitlich 2 hebelartig eingefügte Organe, die wahrscheinlich bei der Begatiung zum Festhalten des Weibchens dienen. Von den 5, innen mit Plattenepithel ausgekleideten Eiröbren der Weibchen laufen je 3 Gefässe aus, deren Verbindung unter einander vom Verf. ‚nieht aufgefunden werden konnte. Der Inbalt ihrer Endfächer be- steht aus granuloser Masse mit einer geringen Anzahl grosser rundlicher Zellen, der dotterbildenden Elemente. DBefestigt werden die Eier mittelst eines aus den Kittdrüsen ausgesonderten Stoffes, Diese Drüsen sind läng- lich oval und besitzen keine Spur von Fasernetzen. Das Receptaculum seminis wird gebildet von 3 Theilen, von der nahezu runden Samenblase, deren Hals und dem langen, dünnen Ausführungsgang. Besonders. diffe- renzirte Glandulae appendiculares, wie sonst sehr verbreitet bei den In- seklen, kommen nicht vor. Innen ist das Receptaculum ausgekleidet mit Chitiphaut, die am Ende des Halses einen dicken Reif bildet. Von diesem Ringe erhebt sich nach oben ein trichterförmiger Hohlschaft, der schein- bar ganz frei in das lumen des Halses hineinragt. Er ist der Anfang des Ausführungsganges und ist, wenn kein Samen entleert oder aufgenommen wird, längs gefaltet. ‘Was der Chitinreif und der trichterförmige Hohl schaft bedeutet ist noch unbekannt, erster ist vielleicht als eine Art Pumpapparat bei der Aufnahme des Samens thätig. Auf diese Intima folgt eine chitinoplastische Zellage, dieser eine bindegewebige Membran mit zahlreichen, winzigen Kernen. Der Haftapparat der Filzlaus vimmt seinen Ursprung aus dem Chorion und besteht aus nadelförmigen, hoblen, an der Spitze offnen Stäbchen, die sich radförmig .an einander lagern und wahrscheinlich stark chitioisirt sind. Innerhalb dieses Stäbchenkranzes scheint das Chorion durchbrochen zu sein, was ziemlich deutlich hervor- tritt bei Eiern, die einen reifen Embryo enthalten. Diese Porung ist wohl eine Art Eistigma, als Respirationsorgan anzusehen, das bei andern In- sekteneiern durch ein ungl-ich zarteres Chorion ersetzt wird. Das Nervensystem wird gebildet von einem Schlundganglion und 3 Thoraxganglien, mit deren hintersten noch ein Nervenknoten verwachsen ist als Aequivalent der Abdominalganglienkette. Was die peripherischen Nerven betrifft, so befindet sich unter den Nervenfasern der Thoraxgang- lien und des Abdominalganglion beiderseits eine auffallend starke, von dicken Bindegewebsscheiden umgebne Faser. Das Vorkommen eines be- sonderen Eingeweidenervensystem’s ist einmal und nur theilweise vom Vrf. beobachtet worden und zwar als ein der Speiseröhre anliegender Knoten, von dessen Hinterende beiderseits strangartige Commissuren ausliefen. Diese Gebilde stehen wahrscheinlich mit einem zweiten Ganglion in Ver- bindung und bilden so eine Art Darmring. Ein unteres Schlundganglion scheint es nicht zu sein, da von seinem vordern Ende keinerlei Verbin- dungsstränge zum oberen Schlundganglion abgehen. — Die Augen: der Filzlaus stimmen bis auf die verhältnissmässig geringere Zahl der perci- pirenden Nervenstäbchen völlig mit den typischen Augen der Arachniden überein. — (Zeitschr. wiss. Zool. XXII.) Pz. 926 Desbrochers des Loges, Magdalinus-Monographie, be- sprochen von Weise. — Nach der in der „Abeille VI, Hft. 5 u.6“ erschienenen Arbeit ist M. heros Küst = memunonius Gll., M. frontalis Gll. = violaceus L., M. punctipennis Küst. = duplicatus Grm., M. asphalti- eus Grm, = aterrimus L. (stygius Gll.), M. atrocyaneus Bch. wird als var. zu carbonarius L. gezogen. Statt dieser 5 eingezogenen werden 5 neue Arten M. Heydeni, coeruleipennis, striatulus, mixtus und tureicus beschrieben, so dass 22 sp. festgestellt sind. Für diese wird eine analy- tische Uebersicht gegeben, bei welcher das Vorhandensein eines grossen dreieckigen Zahnes an den Vorderschenkeln, eines kleinen Zahnes oder der gänzliche Mangel desselben und die Farbe der Flügeldecken in erster Linie berücksichtigt worden sind. Die neuen Arten sind diagno- sirt und vom Verf.,, der auch M. Kratzi J' als neu hinzugefügt, und M. coeruleipennis Desbr. für violaceus L. erklärt, schliesslich eine Zusammenstellung der Arten nach ihrem Vorkommen gegeben. 1. Auf Kiefern, in Gebirgsgegenden auf Fichten, meistens absterbenden oder um- gebrochenen leben: linearis, nördl. und mittl. Europa, nitidus, phlegmati- cus Europa, Heydeni Frankfurt a/M., England, Schweden, Schweiz, vio- laceus Oesterreich, Türkei, frontalis und duplicatus Grm. Europa gemein, striatulus N Deutschl., punctulatus Schweiz, S. Franke, rufus Mittel-, SEur., auch auf andern Nadelbäumen. 2. An Obstbäumen der, Galtgen. Pirus 'und Prunus: cerasi, exaratus, barbicornis, mixius (Baiern), flavicornis u. pruni. 3. An Pappeln und jWeiden: nitidipennis. 4. An abgehauenen Baumstämmen und Aesten der Erlen, Birken, Ulmen: ‚carbonarius, selten in NEuropa, aterrimus häufig. 5. An Eichenästen: flavicornis var. quer- eicola (Berlin), longicornis (Griechenland), .tureieus (Türkei). — (Berl. E. Zeitschr. XVI. 145—152. Hendr, Wegenbergh, Beiträge zur Anatomie undHistio- logie der Hemicephalen Diptereularven (eine Göttinger Inaugu- raldissertation 1871). — Verf. stützt sich in seiner Einleitung auf die Eintheilung der Dipterenlarven von Leon Dufour und scheint, trotz des an den Tag gelegten Bewandertsein in ‚der einschlagenden Literatur die Arbeit’ von Brauer über diesen Gegenstand (Verh. der zool. bot, Gesellsch. in Wien XIX. dieser Zeitschr. XXXVI. 532) nicht gekannt zu haben. Die folgenden Untersuchungen: beziehen sich auf die Larven der beiden Kammschnakarten Ctenophora ruficornis Mg., pectinicornis L, und bima- eulata L, und bespricht 1. die äussere Gestalt, 2. die Haut, 3. die Mus- culatur, 4. ‚das Nervensystem, 5. die Kreislauforgane, 6. die Athmungs- organe, 7. die Verdauungsorgane und schliesst 8. mit einigen vergleichen- den Bemerkungen. Die Larven C. ruficornis sind cylindrisch und.bestehen aus einem hornigen Kopfe mit beissenden Mundtheilen, ohne Fühler und Augen und aus 12 Leibesgliedern, von denen das 10. und ll. am. dick- sten sind; das letzte etwas ‚abgeplattete Segment, welches ausführlicher beschrieben wird, trägt 4 Fortsätze, 2 kleinere in der Mitte und. je einen grösseren seitlichen, und auf der Fläche die beiden Luftlöcher als schwarze Punkte. Vorn und hinten scheinen auf. der, Rückenseite, die Tracheen- stämme durch die Haut, sonst ist; kein Unterschied. zwischen Rücken- und 527 Bauchseite wahrzunehmen. Die Haut’ besteht, wie bei alleu Arthropoden, aus einer Qutieularschieht, die von innen naclı aussen härter wird, darun- ter liegt eine zarte Zellenschicht, die Matrix des Cutliculargewebes, welche durch lockere Bindegewebeschicht mit der darauf folgenden Muskelschicht zusammenhängt. Die äussere Haut bedeeken zahllose, theils regelmässig, theils unregelmässig gestellte, nach hinten gerichtete sichelförmige Dörn- chen. Versucht man eins dieser Dörnchen nach vorn zu richten, unter einem stumpfen Winkel von der Haut abzuheben, so wird es aus dem umwallten Grübchen, in welchem es sitzt exartikulirt. Diese Dörnchen stehen am regelmässigsten an der Bauchseite und unterstützen. entschie- den die Fortbewegung. Ausserdem kommen noch Borstenhaare am Kör- per vor, die mit dem Nervensystem in Verbindung stehen, wie schon Leydig; nachgewiesen hat bei Corethra-Larven, und in ihrer Nähe finden sich häufig einzellige Drüsen in der Zellenschicht, gruppenweise gelagert, mit oder ohne Kern, aber mit einem feinkörnigen: gelbliehen Inhalte. Die Muskeln sind nicht stark entwickelt und bestehen aus einer äussern lon- gitudinalen und innern transversalen Schicht. Jedes Segment hat sein be- sonderes Muskelsystem, die sich in allen Segmenten wiederholen, und im Kopfe und am Leibesende einige Abwechslung zeigen. Die Bündel ent- springen von einem Segmente und inseriren sich an die nächstfolgenden. Die Longitidinalfasern sind viel zahlreicher, die queren sehr vereinzelt, so dass sie nieht in Bündel zusammentreten, an dem Zusammenstosse zweier Segmente sind sie am meisten entwickelt und im Allgemeinen in den hintern Körpersegmenten mehr als an den vordern. Die Nerven be- stehen aus dem Schlundringe oder Gehirnganglion und dem Bauchstrange mit 10 Knoten, beide werden näher beschrieben und namentlich von letz- tem angegeben, dass die vier ersten Nervenknoten sehr nahe liegen, von da an aber sich entfernen und kleiner werden. ‚Jeder Ganglienknsten ent- sendet 2 Aeste, von denen der eine (Neıvus superficialis) an der obern Seite entspringt und sich wiederum in 2 Aeste theilt, deren einer nach den innern Organen geht, während der andere die Haut und Muskeln mit Nerven versieht; nur bei einzelnen Ganglienknoten konnte ein nach den Tracheen abgehendes Aestchen nachgewiesen werden. Der zweite Hauptası (N. intestinalis) entspringt unten von dem mittlen Theile jedes Knotens ist stärker als der äussere und verästelt sich an den innern Organen. Der peripherische ‘Ast des ersten Hauptastes sendet die feinsten Enden auch nach den oben erwähnten Drüsen und den mit ihnen in Verbindung stehenden Borhaaren, Die Untersuchungen der Blutgefässe sind ihrer Schwierigkeit wegen sehr lückenhaft ausgefallen. Im centralen Rückenge- fässe (Herzen) wurden 7 (8?) hintereinauder liegende Kammern unter- schieden; ausser jden valvulis, welehe Leydig bei Corethra beobachtet, wurden die Spalten und birnförmige Körperchen (Wagners) am Herzen wahrgenommen. Die Athmungsorgane werden gleichfalls näher beschrie- schrieben. Jeder Stamm giebt in jedem Segment 2 Aeste ab, einen late- ralen. etwas tiefer stehenden und einen medianen und höher stehenden, an- fangs ist ihre Weitertheilung diehotom, bis sich die Verzweigungen beider Hauptäste zuletzt netzartig verflechten. Ein Verbindungsstamm zwischen 528 den beiden Haupttracheenstämmen, welchen Dufour oberhalb der Stigmen bei Tipula lunata gefunden hat, konnte hier nicht beobachtet werden. Da die Wiukel der ersten Aeste sämmtlich nach vorn, die Aeste also so gerich- tet sind, so muss sich die Luft im Körper auch von hinten nach vorn siclhı bewegen und die Ausathhmung, wie Verf. meiut, durch die Haut und den Darmtraktus stattfinden, da vordere Stigmen fehlen. Die Verdauungsappa rate werden, mit den Brustwerkzeugen beginnend, sehr umständlich be- schrieben: der Vordermagen ist fast rund, zeigt ein Paar Querfältehen und geht durch eine kleine Einschnürung in den Chylusmagen über, dieser hat eine ziemlich regelmässige eylindrische Form, vorn und hinten etwas enger; derselbe geht in einen ziemlich engen Darm (Dünndarm), welcher nach rechts stark n förmig gebogen ist und in einen zweitheiligen grossen Blinddarm über. Der vordere und engere Theil liegt vor der Mündung aus dem Dünndarm, der hintere grössere ist birnförmig (Fig. 19 und 20) und läuft in einen kurzen Mastdarm aus, Farbe und Grössenbestimmungen der einzelnen‘ Theile sind ausführlich angegeben. Zum Schlusse werden einige vergleichende Bemerkungen über andere Dipterenlarven hinzugefügt. Besondere Bewegungsorgane, wie sie z. B. bei den Larven der Gatlung Oestrus, Bibio, Phytomyia und in den Ruderorganen einiger Wasserbewoh- ner vorkommen, fehlen den Ctenophora-Larven. Das Nervensystem der ver- schiedenen bisher untersuchten Fliegenlarven unterscheidet sich in der Form des Schlundringes und im gegenseitigen Abstande der ersten Ganglienknoten der; Bauchkette. Das Tracheensystem ist bei den einen geschlossen, bei den andern offen, jenes kommt in verschiedener Einrichtung bei denim Wasser lebenden Dipterenlarven vor, wo der Luftwechsel dureh die ganze Hautober- fläche statt findet, es können aber auch sogenannte Tracheenkiemen da sein, blatt- oder fadenförmige Anhängsel, welche durch Osmose den Luftwech sel begünstigen. Die Larven der Gattungen Stratiomys und Culex, gleich- falls im Wasser lebend, haben ein offenes Tracheensystem, wie alle Land. bewohner. Es finden sich dann 2 Luftlöcher und zwar am Hinterleibs- ende, oder 4, dann steht noch ein Paar am Vorderkörper (Museideu, Sar- cophaga), endlich kommen auch noch mehr Stigmenpaare und dann an den‘ Seiten des Körpers vor, hüchtens 9 Paare bei den Ceeidomyiden. Hauptstämme der Tracheen sind’immer noch 2 vorhanden, die mit einan- der in Verbindung stehen; bei Larven mit 2 Stigmen /commnnieiren sie durch ein Bogensystem im Vorderkörper (Tipula, Ctenophora) bisweilen (Tipula) findet auch im Hinterkörper noch eine Verbindung statt. Bei denen mit 4 Stigmen ist das Verbindungssystem am Vorderkörper nur rudimentär; bei denen mit mehr Stigmen findet zwischen 2 entsprechen- den eine Verbindung statt. Bei den Larven mit einem und zwei Stigmen- paaren laufen die Verästelungen des Hauptstammes immer nach vorn, bei denen mit mehr als 4 Luftlöchern dagegen fimmer nach hinten, Sehr grosse Verschiedenheiten bieten die Verdauungsorgane dar, während über die Kreislaufsorgane wegen der unvollkommenen Untersuchung derselben keine Vergleiche zur Zeit anstellbar sind. Auf 3 Tafeln werden die Lar- ven von C. ruficornis und einzelne Theile auch von den beiden andern 529 oben genannten Arten abgebildet, gelegentlich auch die interessaute Mit- theilung gemacht, dass Degeeria seria Mg. in den Larven von C, ruficor- nis und peetinicornis schmarotzt. Ty. Georg Lohde, Insektenepidemien, welche durch Pilze hervorgerufen werden. — Verf. stellt die Beobachtungen über die- jenigen Pilze und ihre Wirkungsweise auf die Körper zusammen, welche bisher als Epidemien, bei Insekten, vorherrscheni bei Schmetterlingsraupen beobachtet worden sind und empfiehlt diesen bisher von den Botanikern studirten, höchst interessanten Gegenstand der Beachtung seitens der Eu- tomologen. Specieller besprochen werden Botrytes Bassiana, ein die Mus- kardine der Seidenraupen erzeugender Pilz, welcher auch an Gastropacha pini, rubi, Sphinx pinastre, Panolis piniperda, Fidonia Piniaria, an Hyme- nopteren, Hemipteren und Coleopter«n (Maikäfer) beobachtet worden, und nach de Bary’s Versuche durch Aussaat auch in Gastropacha quercus, Euprepia caja, Sphinx euphorbiae, Tenebrio molitor, überall ın den Lar- ven gediehen ist. Auf den verschiedenen Thieren kommt der Pilz in ver- schiedener Weise zur Entwickelung und scheint die als Isaria farinosa bezeichnete, keulenförmige Geslalt, wie sie sich auf G. rubi und quercus entwickelt mit ersterer Art zusammenzugehören, während eine dritte Form Cordyeeps militaris einer andern Art anzugehören scheint. Tarrielium megaspermum bildet die schwarze Muskardine an der Raupe der Agrotis segetum, T. (Entomophtora) sphaerospermum kommt an der Raupe von Pieris brassicae, T. (Entom.) aphidis in einer auf Cornus sanguinea leben- den Blattlaus ver. Empusa muscae bringt an der Stubenfliege die längst bekannte Pilzkrankheit hervor und: E. radicans tritt au der Raupe von Pieris brassicae auf. Alle diese Pilze sind nach vorhandnen Abbildun- gen zusammengestelli und auf 3 Tafeln wiedergegeben. Wir müssen im Uebrigen hinsichtlich der klaren Darlegung des interessanten Gegen- standes auf die Arbeit selbst verweisen. — (Berl. E. Zeitschr. XVI. 17—44.) J, H. Kaltenbach, die Pflanzenfeinde aus derKlasse der Insekten, I. Abtheil. (Stuttgart. Jul. Hoffmann 1872. S. 288.) — Verf. hatte bereits in den Verhandlungen des naturhist. Vereins der preuss. Rheinlande und Westfalen unter der Aufschrift: „Die deutschen Phyto- phagen aus der Kiasse der Insekten“ eine Zusammenstellung der an den Pflanzen beobachteten Insekten begonnen, dabei erste mit den latein. Namen in alphabatischer Reihenfolge aufgeführt und nur bis Ende des Buchstabens S gelangt. Mehıfach nöthige Nachträge mögen ihn veran- lasst haben, unter obigem Titel den erweiterten Stoff etwas anders und zwar nach den europäischen Pflanzenfamilien geordnet, zu behandeln. Jede Gattung, an welcher ein Insekt bekannt geworden, ist in einer Art durch guten Holzschnitt zur Anschauung gebracht, und unter den Arten a. die Käfer, b. Falter, e. Blatiwespen, d. Mücken (Fliegen), e. Gerad- flügler, f. Schnabelkerfe, g. Milben aufgezählt, welche davon fressen oder saugen. Wo es nöthig schien, sind die betreffenden Insekten nicht blos namhaft gemacht, sondern mit Anmerkungen versehen, welche sich auf Erscheinungszeit, andere Futterpflanzen, Kennzeichen, Autoren, welche die Zeitschr. f. d, ges. Naturwiss. Bd. XXXIX, 1872. 35 530 Lebensweise beobachteten u. a. beziehen. Vorliegende erste Abih. be- giunt mit den Ranunculaceen und reicht bis zur 42. Gattung (Daneus ca- ratta) der Umbellaten. Verf. hat mit grossem Fleisse aus den verschiedenen Zeitschriften und sonstigen Quellen die gemachten Beobachtungen gesam - melt, eigene hinzugefügt, aber auch einzelne übersehen; so scheint ihm die Entomologie für Gärtner und Gartenfreunde von Dr. Taschenberg nicht bekannt gewesen zu sein, wie die Uebergehung des Rhynchites alliariae Gl. = megacephalus Sr. beweist, dessen Larve in den Blattstielen des Apfel- baumes lebt. Auf diese. Weise ist ein möglichst vollständiger Nachweis der Pflanzenfeinde aus der Klasse der Insekten entstanden und durch Nachschlagen anderer Hülfsmittel, welche die betreffenden Insekten aus- führlicher beschreiben, das Auffinden eines bestimmten Feindes mehr oder weniger eingeleitet. Wenn das Werk Abbildungen enthalten sollte, so verstehen wir nicht, warum man diese nicht lieber aus den Insekten als aus den Pflanzen wählte, welch letzte vollkommen überflüssig erschei- nen. Denn wem es darum zu thun ist, ein bestimmtes Insekt, welches er als Feind an einer Pflanze auffindet, zu ermitteln, so muss er die Pflanze bereits kennen, oder in einer Flora aufsuchen, aus dem an sich guten Holzschnitte wird er nie mit Sicherheit die Art herausfinden. Dagegen wären einzelne, durch das Insekt hervorgebrachie Deformalionen, Frass- schäden, oder charakteristische Abbildungen von Insekten, deren Larven erspriesslicher gewesen, um zur Erkenntniss der Insekten zu gelangen, die an der Pflanze Schaden thun, und auf die das Ganze doch entschieden nur berechnet sein kann. Die gegebenen Abbildungen waren freilich viel leichter zu beschaffen als instructive, vonunsgeforderte. Immer- hin ist das Buch für den Entomologen von grossem Interesse und unent- behrlich für denjenigen, dessen entomologische Studien nicht blos bei der Systematik stehen bleiben. Tg. Anderson, über Blyths SauriergattungenEurilepis und Plocederma. — Erste Gattung hat die Gaumenzähne, Augenschilder von Eumeces, aber zwei Nasenschilder, Diese Wiegmannsche Gattung fällt aber mit Mabonia Fitzg zusammen, welche Verf. neu diagnosirt und dann als M. taeniolata anflührt. Eurylepis taeniolatus Blyth, Plestiodon scuta- tus Theob., Eumeeis sentatus Jerd im Punjab. Als zweite neue Art be- schreibt er M. blythana am Amritzur. — Gray gründete auf Agama tuber- culata die Gattung Laudania, die jedoch von Stellio nicht verschieden ist, und Blyths Plocederma scheint Vrf. nur Jugend von Stellio tuberculatus zu sein, die nun also Stellio melanurus (Laudakia s. Plocederma mela- nura Blyth., Laudakia tubereulata Gray) heissen muss. — (Proc. as. soc. Bengal 1871. Septbr. 180—190.) Stoliezka verbreitei sich über einige indische und burne- sische Schlangen und diagnosirt zugleich kurz als neue Arten: Typh- lops porreetus, T. andamanensis, T. tbeobaldanus, Tropidonotus bellulus, neben welcher die drei Arten T. maerops Blyth, T. macrophthalmus Gth. und T. sikkimensis And. einander identisch sind, wogegen Trimeresurus Andersoni Theob, wirklich von T. monticola verschieden ist. — (Ibidem 191—192.) 1872. Correspondenzblatt VI. des Naturwissenschaftlichen Vereines für die Provinz Sachsen und Thüringen in Halle. Sitzung am 5. Juni. Anwesend 15 Mitglieder. Herr Hahn legt ein Stück Schwerspath aus dem Banat vor, welches in Folge von Zwillingsbildung sehr schöne Streifung zeigt, wie solche beim Labrador und Orthoklas gewöhnlich noch aber nicht beim Schwer- spath beobachtet ist. Gleichzeitig überreichte derselbe eine aus genauen Messungen hervorgegangene Zeichnung, welche diese Zwillingskrystalle veranschaulicht. Sodann legt Herr Assistent Klautsch von ihm aus Gyps angefer- tigte sehr instructive Modelle zur Erläuterung von Form, Volumen und Oberflächengestaltung der rothen Blutkörper beim Menschen und verschie- denen Wirbelthieren, Ziege, Lama, Siebenschläfer, Buchfink, Lacerta agi- lis, Rana temporaria, Proteus und Tinca vulgaris vor in 5tausendfacher Vergrösserung. Diese Sammlung ist für 6 Thaler käuflich zu haben. Sitzung am 12, Juni. Anwesend 12 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1—3. Kongl. Svenska Vetenskap Akademiens Haudlingar n. Fol. 7. 8. 9. Bd. Stockholm 1868. 1869, 1870. 4°, 4—6. Meteorologiska Jakttagelser 1. Serige voriger Gesellsch. no 9, 10, 11. Stockholm 1867—69. 4°. 7. 8. Oefversigt of Kongl. Vetenskaps. Akademiens 1869. 1870. Stockh, 1870. 1871. 8°. 9. Leenadsteekninger öfver. kongl, Vetensk. Akad.I. 2. Stockh. 1870. 8°, 10. Minnesteckning öfver Erik Gustav Geyer af Carlson, Stockl, 1870. 8°, 11. L’Universo Lezione populare di filosofia eneiclopica etc. III. Bologna 1872. 8°. 12. Jahresbericht der naturf. Gesellschaft Graubündens n. Folg. XV!. Chur 1872. 8°. 13. Noll, Dr., Der zool. Garten. no 5. Frankf. a/M. 1872, 8°. 14. Mittheilungen der kk. geograph. Gesellsch. in Wien XIV. Wien 1871. 8°, 932 15. Notizblatt des Vereins für Erdkunde n, Folg. X. Hft. Darmstadt 1871. 8°. 16. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 25. Jahr. Neubrandenburg 1872. 8°, 17. Jos. Arm. Knapp, die bisher bekannten Pflanzen Galiziens. Wien 1872. 8. Recensions-Exemplar. 18. N. J. C. Müller, Dr., Botauische Untersuchungen. Heidelberg 1872. 8. Recensions-Exempl. Herr Assistent Klautsch legt die Wachspräparate der Hermaphro- ditia vera lateralis Catharina Hohmaun und die Photographien deren Oberkörpers vor. Herr Dr. Köhler referirt eine Mittheilung aus dem Bayrischen Cor- respondenzblatte, nach welcher eine kurzsichtige Frau nach dem Versil- bern neusilberner Löllel heftigen Kopfschmerz, Kratzen im Halse und so- gar Erstickungsanfälle bekommen und nur mit Hülfe des Arztes wieder hergestellt werden konnte. Der Mann, welcher bei der Arbeit nur zuge- sehen hatte, bekam gleichfalls Kopfweh, doch in geringerem Grade, so dass er es durch einen Ausgang in die frische Luft wieder verlor. Das Versilberungsmittel war eine Tinktur, bezogen von dem Apotheker in Beetzendorf (Reg.-Bez. Magdeburg) und ergab sich nach der von Büchner angestellten Analyse als eine Lösung von Cyansilber in Cyankalium. Die giftigen Wirkungen dieses Versilberungsmittels waren durch die grosse Annäherung von Mund und Nase wegen der Kurzsichtigkeit der Frau be- sonders stark hervorgetreten. — Herr Jani bemerkte hierbei, dass diese Tinktur zur kalten Versilberung schon längst bekannt und vielfach ge- bräuchlich sei. Herr Dr Köhler legt sodann Apomorphin vor, theilt dessen Ge- schichte mit und stellt weitere Aufklärungen über dieses interessante Al- koloid in Aussicht, sobald erst die damit angestellten Versuche zum Ab- schlusse gekommen sein würden. Sitzung am 19. Juni. Anwesend 10 Mitglieder. Eingegangene Schriften: 1. Oversigt over det kongel. Danske Videnkabernes Selskabs Forhandlin- ger no 2. 1871. Kjobenhavn 1871. 8°. 2. Delius, Dr., Zeitschr. des landwirthsch. Central-Vereins der Provinz Sachsen XXIX no 6 u. 7. Halle 1872. 8°, Herr Prof, Giebel referirt über die drei neuesten Arbeiten von Prof. Heer, die fossile Flora der Bäreninseln (S. S. 401), die Tertiärflora von Alaska (S. S. 403) und die fossile Flora von Spitzbergen (S. $. 405). Zeitschr. f ges Vatarrnss.1872. Bd.39 JAafT. a: in TR IT Ur ” Ne a p nF © Fig. 3. Fre 1)=sl-s=E Eig.H. UNITEZZ222 III SS TEN SL Pie Pr a IHN Aa rl \y Y _ Zeitschr. f ges. Naturmiss. 1812. Bd.39 Saft. w fer ‚Ring, nit dem [4 Mori, Herz Gegen: Sonne. VW Sa oqobo zu a ’ 64 1 7 mag a£ 4 ze 77 Fenpuabe Gegen -,_ Sonne. / sn ff 7 Te, ‚in Sonnen höhe: m et Com x er Zoology RL , MAR 111942) DUO — 5 = 5, Taplı din: f gar Mataveooss 1872 Bea. 59 Mt TE Ir a er ag ERS Lith. A.Kırtt, LPxg var a yi 4 Kr ax f' E Zeitschr: f ges Nataroiss. 1872.Bd.39. DI Zith. A Kürtk, Lpxg U [44 IL enetet Fe Lırh- A.Kürth, LPx9- g6 Zeztschr: f. "ges Natıavocss 1872.BA.39. N E = ne Unterrichtsbücher, Compendien en ee aan MAR 11 1a Wörterbücher LIBRA : aus dem Verlage von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. Zu beziehen durch eine jede Buchhandlung. Auf je 6 auf einmal bezogene Exemplare wird ein Freiexemplar gewährt. 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Mit 161 mehrfarbigen in den Text einge- druckten Holzstichen. Preis 1 Thlr. 10 Ser. Dritte Abtheilung. Zweite Aufl.: Muskellehre. Mit 159 mehrfarbigen in den Text eingedruckten Holzstichen. Preis 2 Thlr. 10 Sgr. 4 Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. Zweiter Band: Eingeweidelehre. Erste Lieferung: Haut, Verdauungs- und Respirations-Apparat. Mit 215 mehr- farbigen in den Text eingedruckten Holzstichen. Preis 2 Thlr. 10 Sgr. Zweite Lieferung: Harn- und Geschlechts-Apparat. Mit 198 in den Text eingedruckten Holzstichen. Preis 2 Thlr 10 Sgr. Dritte Lieferung: Blutgefässdrüsen und Sinnesapparate. Mit 231 mehrfarbigen in den Text eingedruckten Holzstichen. Preis 2 Thlr. 10 Sgr. Dritter Band, erste Abtheilung: Die Gefässlehre. Mit 180 mehrfarbigen in den Text eingedruckten Holzstichen. Preis 4 Thlr. Ingerslev, Dr. ©. F., Lateinisch - deutsches Schul-Wörterbuch. Lexikon-Octav. Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. Zweiter Abdruck. Fein Velinpap. geh. Preis 1 Thlr. 25 Sgr. Ingerslev, Dr. C. F., Deutsch-lateinisches Schul- Wörterbuch. Lexikon-Octav. Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. Zweiter Abdruck. Fein Velinpap. geh. Preis 1 Thlr. 15 Sgr. Justini historiae Philippicae. Zum Gebrauch für die Schüler der mittleren Gymnasialklassen bearbeitet von Dr. G. H. Th. Hartwig. In drei Ab- theilungen. Erste Abthlg. Liber I— XII. Zweite Abthlg. Liber XIT—XXVIl. Dritte Abthlg. Liber XXIX—XLIV. 8. Velinpap. geh. Preis jeder Abthlg. 10 Sgr. Lang, Victor von, Einleitung in die theoretische Physik. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Erstes Heft. Mechanik, Schwere, Magnetismus und Elektricität. Preis 1 Thlr. 5 Sgr. * Zweites Heft. Licht. Preis 1 Thlr. Madvig, Prof. Dr.J.N., Syntax der griechischen Sprache, beson- ders der attischen Sprachform, für Schulen. gr. 8. geh. Preis 25 Sgr. Madvig, Prof. Dr. J. N., Lateinische Sprachlehre für Schulen. Vierte verbesserte und abgekürzte Auflage. gr. 8. Velinpap. geh. Preis 24 Sgr. Madvig-Tischer, Kleinere lateinische Sprachlehre für Schulen. Für die unteren und mittleren Klassen der Gymnasien bearbeitet von Dr. Gustav Tischer, Gymnasiallehrer in Brandenburg. Zweite Auflage, besorgt von Dr. Hermann Genthe. gr. 8. Velinpap. geh, Preis 20 Ser. Martius- Matzdorff‘, J. Die Elemente der Krystallographie mit stereoskopischer Darstellung der Krystallformen. Für höhere Lehranstalten und zum Selbststudium. Mit 118 in den Text eingedruckten Figuren. 4. Fein Velin- papier. geh. Preis 1 Thlr. 20 Sgr. Melford, H. M., Englisches Lesebuch, enthaltend eine zweck- mässige, zur Beförderung der Fortschritte in dieser Sprache besonders dienliche Sammlung von Lese- und Uebersetzungsstücken, aus den besten neueren englischen Prosaisten und Dichtern gezogen, nach stufenweiser Schwierigkeit geordnet, mit zahlreichen unter dem Texte angebrachten Bedeutungen der Wörter, sowie mit lebensgeschichtlichen Anmerkungen versehen, als auch mit Hinweisung auf sein Synonymisches Handwörterbuch, sein Phraseologisches Handwörterbuch und seine Vereinfachte Sprachlehre. Mit einem Vorworte von K. F. Ch. Wagner. Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage. sr. 8. Velinpap. geh. Preis 24 Sgr. Müller-Pouillet, Lehrbuch der Physik und Meteorologie. Siebente umgearbeitete und vermehrte Auflage. In zwei Bänden. Mit 1798 in den Text eingedruckten Holzstichen, 15 Stahlstich-Tafeln, zum Theil in Farbendruck, und einer Photographie. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 10 Thlr. Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. 5 Müller, Prof. Dr. Joh., Grundriss der Physik und Meteorologie. Für Lyceen, Gymnasien, Gewerbe- und Realschulen, sowie zum Selbstunterrichte. Zehnte vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 576 in den Text eingedruckten Holzstichen und einer Spectraltafel in Farbendruck. Mit einem Anhange: Physi- kalische Aufgaben enthaltend. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. Müller, Prof. Dr. Joh., Mathematischer Supplementband zum Grundriss der Physik und Meteorologie. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 230 in den Text eingedruckten Holzstichen. Nebst besonders ge- druckten Auflösungen. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 1 Thlr. 15 Sgr. Müller, Prof. Dr. Joh., Auflösungen der Aufgaben des Grund- risses der Physik und Meteorologie, sowie des dazu gehörigen mathematischen Supplementbandes. Zweite Auflage. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 15 Sgr. Müller, Prof. Dr. Joh., Anfangsgründe der geometrischen Disci- plinen für Gymnasien, Real- und Gewerbeschulen, sowie auch zum Selbstunter- richte. gr. 8. Fein Velinpap. geh. In drei Theilen. Erster Theil: Elemente der ebenen Geometrie und Stereometrie. Dritte verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 143 in den Text einsedruckten Holzstichen, einer Maassstabstafel und einer Tafel mit vier Transporteuren. Preis 15 Sgr. Zweiter Theil: Elemente der ebenen und sphärischen Trigonometrie. Zweite ver- besserte und vermehrte Auflage. Mit 25 in den Text eingedruckten Holzstichen und einer Tafel mit Netzen. Preis 10 Sgr- Dritter Theil: Elemente der analytischen Geometrie in der Ebene und im Raum. Mit 90 in den Text eingedruckten Holzstichen und einer Tafel mit Netzen. Preis 15 Sgr. Müller, Prof. Dr. Joh., Die constructive Zeichnungslehre oder die Lehre vom Grund- und Mur der Parallelperspective, der malerischen Per- spective und der Schattenconstruction, für technische Lehranstalten und für den Selbstunterricht. 4. Fein Velinpap. geh. Erster Theil. Text. Preis 20 Sgr. Atlas (35 Kupfertafeln). Preis 2 Thlr. Zweiter Theil. Text. Preis 20 Ser. Atlas (37 Kupfertafeln). Preis 2 Thlr. Müller, Dr. Eduard, Elemente der Geometrie. Streng syste- matisch dargestellt. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen, gr. 8. Fein Ve- linpapier. geh. Erster Theil: Grundvorstellungen der Geometrie. Preis 10 Sgr. Zweiter Theil: Geometrische Formenlehre. Preis 15 Sgr. Otto-Graham’s Ausführliches Lehrbuch der Chemie. Vierte umgearbeitete Auflage. 5 Bände. 8. Fein Velinpap. geh. Erster Band: Physikalisches, Allgemeines und Theoretisches den: Chemie, von den Professoren Buff, Kopp und Zamminer in Giessen und Heidelberg, zweite Auflage. In zwei Abtheilungen. Erste Abtheilung. Preis 3 Thlr. Zweite Abtheilung. Preis 2 Thlr. Zweiter Band: Anorganische Chemie, von Prof. Otto in Braunschweig, vierte Auflage (in drei Abtheilungen). Erste Abtheilung, compl. in 13 Lfrgn. Preis (& Lfrg. 15 Sgr.) 6 Thlr. 15 Sgr Zweite Abtheilung. Erschienen ist: Lieferung 1 — 10. Preis & Lfrg. +15 Sgr. Dritte Abtheilung, compl. in 12 Lfrgn. Preis (& Lfrg. 15 Sgr.) 6 Thlr. Dritter bis fünfter Band: Organische Chemie, von Prof. Kolbe in Leipzig. Dritter Band, complet (in 11 Lfrgn). Preis (& Lfrg. 15 Sgr.) 5 Thlr. 15 Sgr Vierter Band, complet (in 10 Lieferungen). Preis (& Lfrg. 15 Sgr.) 5 Thlr. Fünfter Band, bearbeitet von Prof. Kolbe in Leipzig und Prof. H. v. Fehling in Stuttgart. Erschienen ist: Zweite Abtheilung von Prof. H. v. Fehling, erste bis siebente Lieferung. = Preis a Lfrg. 15 Sgr. (Die erste Abtheilung befindet sich unter der Presse.) 6 Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. Pape, Dr. W., Handwörterbuch der griechischen Sprache. In vier Bänden. Lexikon-Octav. Erster und zweiter Band, griechisch - deutsches Wörterbuch. Zweite überall be- richtigte und vermehrte Auflage. Vierter Abdruck. Preis 6 Thlr. Dritter Band. Wörterbuch der griechischen Eigennamen. Dritte Auflage. Bear- beitet von Dr. Benseler. Complet in vier Abtheilungen. Preis 6 Thlr. Vierter Band, deutsch-griechisches Wörterbuch. Zweite Auflage. Bearbeitet von M. Sengebusch. Preis 3 Thlr. Regnault, Victor und Adolph Strecker. Kurzes Lehrbuch der Chemie. In zwei Bänden. Erster Band, achte verbesserte Auflage. Anorganische Chemie. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen und einer farbigen Spectraltafell. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 2 Thlr. Zweiter Band, fünfte verbesserte Auflage. Organische Chemie. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. Roscoe, Prof. H. E., Kurzes Lehrbuch der Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Deutsche Ausgabe, unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. Zweite, nach den neuesten Forschungen verbesserte und vermehrte Auflage. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen und einer Spectraltafel. 8. Fein Velinpap. geh. Dritte Auflage. Preis 1 Thlr. 20 Sgr. Roscoe, Prof H. E., Die Spectralanalyse in einer Reihe von sechs Vorlesungen mit wissenschaftlichen Nachträgen. Autorisirte deutsche Aus- gabe, bearbeitet von C.Schorlemmer. Mit 80 in den Text eingedruckten Holz- stichen, Chromolithographien, Spectraltafeln etc. gr. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 3 Thlr. Schellen, Dr. H., Die Schule der Elementar-Mechanik und Ma- schinenlehre für den Selbstunterricht angehender Techniker, Mechaniker, Indu- strieller, Landwirthe, Bergmänner, Architekten, Bauhandwerker, Werktührer, Mühlen- und Fabrikbesitzer, sowie für Gewerbe- und Realschulen. Zum Theil nach Delaunay’s Cours el&mentaire de Mecanique frei bearbeitet. Mit 857 in den Text eingedruckten Holzstichen. 8. Fein Velinpap. geh. Zwei Bände, Dritte verbesserte Auflage. ® Preis 3 Thlr. Schellen, Dr. H., Der elektromagnetische Telegraph in den Hauptstadien seiner Entwickelung und in seiner gegenwärtigen Ausbildung und Anwendung, nebst einem Anhange über den Betrieb der elektrischen Uhren. Ein Handbuch der theoretischen und praktischen Telegraphie für Telegraphenbeamte, Physiker und das gebildete Publikum. Mit 487 in den Text eingedruckten Holz- stichen. Fünfte gänzlich umgearbeitete und bedeutend erweiterte, den neuesten Zuständen des Telegraphenwesens angepasste Auflage. sr. 8. Fein Velinpap. geh. Complet in vier Lieferungen. Preis 4 Thlr. 20 Sgr. Schlömilch, Prof. Dr. Oskar, Compendium der höheren Ana-| lysis. Zwei Bände. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Erster Band. Dritte verbesserte Auflage. Erster Band (vollständig in 2 Lieferungen). Preis 2 Thlr. 15 Sgr. Zweiter Band (vollständig in 2 Lieferungen). Zweite Auflage. Preis 3 Thlr. Schoedler, Dr. Friedrich, Das Buch der Natur, die Lehre der Physik, Astronomie, Chemie, Mineralogie, Geologie, Botanik, Physiologie und Zoologie umfassend. Allen Freunden der Naturwissenschaft, insbesondere den Gym- nasien, Realschulen und höheren Bürgerschulen gewidmet. Achtzehnte durch- gesehene- Auflage. In zwei Theilen. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. 7 Erster Theil: Physik, Astronomie und Chemie. Mit 361 in den Text eingedruckten Holzstichen , Sternkarten und einer Mondkarte. Erste Abtheilung. Zweiter Theil: Mineralogie, Geognosie, Geologie, Botanik, Physiologie und Zoologie. Mit 615 in den Text eingedruckten Holzstichen und einer geognostischen Tafel in Farbendruck. Preis 1 Thlr. 10 Sgr. Nur vom ersten Theile erscheint vorläufig eine neue Auflage. Schrön, Prof. Dr. Ludwig, Siebenstellige gemeine Logarithmen der Zahlen von 1 bis 108000 und der Sinus, Cosinus, Tangenten und Cotangenten aller Winkel des Quadranten von 10 zu 10 Secunden nebst einer Interpolations- tafel zur Berechnung der Proportionaltheile. Zehnte revidirte Stereotyp- Ausgabe. Preis 24 Sgr. Tafel I. und I.: Die Logarithmen der Zahlen und der trigonometrischen Functionen. Preis 1 Thlr. 7, Sgr. Tafel III.: Interpolationstafel (Supplement zu allen Logarithmentafeln). Preis 15 Sgr. Tafel I.: Die Logarithmen der Zahlen. (Für Solche, welche Tafeln für trigono- metrische Rechnungen nicht nöthig haben.) Preis 20 Sgr. Stammer, Dr. Karl, Leitfaden bei den praktischen Arbeiten im chemischen Laboratorium. Zum Gebrauche beim Unterrichte in der unorganischen Chemie an Gewerbe- und Realschulen. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 15 Sgr. Stammer, Dr. Karl, Sammlung von chemischen Rechenaufgaben. Zum Gebrauche an Real- und Gewerbe-Schulen, an technischen Lehranstalten und beim Selbststudium für Studirende, Pharmaceuten, chemische Fabrikanten u. A. 8. Velinpap. geh. Preis 10 Sgr. Stammer, Dr. Karl, Antworten und Auflösungen zu der Samm- lung von chemischen Rechenaufgaben. Zum Gebrauche beim Selbststudium für Stu- dirende, Pharmaceuten, chemische Fabrikanten u. A., sowie für Lehrer an tech- nischen Lehranstalten, Real- und Gewerbeschulen. 8. Velinpap. geh. Preis 20 Sgr. Stammer, Dr. Karl, Tabellen chemischer Schemata. Zum Ge- brauche. beim Unterrichte in der unorganischen Chemie. In 43 Wandtafeln. Preis 6 Thlr. Taciti, ©. Cornelii, De vita et moribus Cn. Iulii Agricolae liber. Ad fidem codicum denuo collatorum recensuit et commentariis enarravit Fr. Ca- rolus Wex. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. 15 Sgr. Taciti, ©. Cornelii, De vita et moribus Cn. Iulüi Agricolae liber. Nach kritisch berichtigtem Texte erklärt von Fr. Carl Wex. 8. Fein Velin- pap. geh. : Preis 10 Sgr. Taciti, ©. Cornelii, De vita et moribus Cn. Iulii Agricolae liber. Recensuit Fr. Carolus Wex. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 3%/, Sgr. Thieme, Dr. F. W., Neues und vollständiges Handwörterbuch der Englischen und Deutschen Sprache. Mit genauer Angabe von Genitiven, Plu- ralen und Unregelmässigkeiten der Substantiva, Steigerung der Adjectiva und den unregelmässigen Formen der Verba, die sowohl der alphabetischen Ordnung nach als auch bei ihren Wurzeln aufgeführt sind, nebst Bezeichnung der Aussprache und steter Anführung der grammatischen Construction. In zwei Theilen. Zwölfte Stereotypausgabe. 8. Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. Thome, Dr. Otto Wilhelm, Lehrbuch der Botanik für Gym- nasien, Realschulen, forst- und landwirthschaftliche Lehranstalten, pharmaceutische Institute etc., sowie zum Selbstunterrichte. Mit 875 in den Text eingedruckten Holzstichen. gr. 8. Fein Velinpapier- geh. Preis 1 Thlr. Tischer, Dr. Gustav, Uebungsbuch zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins Lateinische, für Gymnasialklassen. gr. 8. Velinpap. geh. Preis 15 Sgr. 8 Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. Wagner, K. F. Ch., Theoretisch-praktische Schulgrammatik der englischen Sprache für jüngere Anfänger. Dritte vermehrte und verbesserte Auflage. gr. 8. Velinpap. geh. Preis 25 Sgr. Wagner, K. F. Ch., Grammatik der englischen Sprache. Sechste Auflage. Neu bearbeitet von Ludwig Herrig. Press anhlr Weisbach, Prof.Dr.J., Lehrbuch der Ingenieur- und Maschinen- mechanik. Mit den nöthigen Hülfslehren aus der Analysis für den Unterricht an technischen Lehranstalten, sowie zum Gebrauch für Techniker bearbeitet. In drei Theilen. Jeder Theil mit etwa 800 bis 1000 in den Text eingedruckten Holz- stichen. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Erster Theil: Theoretische Mechanik. Fünfte Auflage. Mit gegen 900 in den Text eingedruckten Holzstichen. Erste bis vierte Lieferung. Preis & 15 Sgr. Zweiter Theil: Statik der Bauwerke und Mechanik der Umtriebsmaschinen. Vierte verbesserte und vervollständigte Auflage. Vollständig in 12 Lieferungen. y Preis a 15 Sgr. Dritter Theil: Die Mechanik der Zwischen- und Arbeitsmaschinen. Zweite Auflage. Mit gegen 1000 in den Text eingedruckten Holzstichen. Erste und zweite Lieferung. Preis a 15 Sgr. Weller, F. E., Ausführliches Lehrbuch der ebenen und körper- lichen Geometrie zum gründlichen Unterricht an Bürger-, Real- und Gewerbe- schulen, Schullehrer-Seminarien und Gymnasien, sowie zum Selbstunterricht, nach einem streng genetischen Verfahren bearbeitet. -gr. 8. Fein Velinpap. geh. Mit 380 in den Text eingedruckten Holzstichen. Preis 2 Thlr. Weller, F. E., Methodischer Leitfaden zum gründlichen Unter- richt in der- Geometrie für Bürger-, Real- und Gewerbeschulen, Schullehrer-Semi- narien und Gymnasien bearbeitet. In zwei Abtheilungen. Erste Abtheilung: Ebene Geometrie. Zweite Abtheilung: Körperliche Geometrie. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. 8. Fein Velinpap. geh. Preis jeder Abthlg. 15 Sgr. Wernicke, Ad., Lehrbuch der Mechanik in elementarer Darstel- lung, mit Uebungen und Anwendungen auf Maschinen- und Bau-Constructionen. Für den Unterricht an Gewerbe- und Realschulen, sowie zum Privatstudium. Für angehende Ingenieure und Architekten bearbeitet. gr. 8. Satin. Velinpap. geh. In zwei Theilen. Erster Theil: Mechanik fester Körper. Mit 376 in den Text eingedruckten Holz- stichen. Preis 1 Thlr. 25 Sgr. Zweiter Theil: Mechanik flüssiger Körper. Mit 170 in den Text eingedruckten Holzstichen. Preis 1 Thlr. 5 Sgr. Braunschweig. PRO nel, März 1872. Lehrbud der Botanit für AS Gymnasien, Nealfdhulen, forjt- und landwirthichaftliche Yehranftalten, pharmaceutifche Inftitute ac. E of Comp; N 2 4” ton Zoo "ON fowie (U MAR 11 1942 | SEN zum Selbflunterridite bon Dr. Otto Wilhelm Ohome, ordentl. Lehrer an der ftädtifchen Realfchufe erfter Ordnung zu Göln. Mit 890 in den Text eingedrudten Holzitichen. Zweite vermehrte und verbefferte Auflage. gr. 8. Bein Belinpapier. geh. Breis 1 Thle. Drud und Verlag von Friedrih Vieweg und Sohn in Braunjhmweig. Diefes Lehrbucd) ift unmittelbar hervorgegangen aus dem Beditrfniffe einer der größten Schulen Norddeutjchlands, der ftädtiichen Nealfchule I. Ordnung zu Cöln, an welcher der Berfaffer jeit einer Kethe von Jahren mit einem Theile des naturwilienjchaftlichen Unterrichtes betraut ift. Indem e8 das Wefen des botanischen Unterrichtes in der Darlegung des Lebens der Pflanzen, und in der Auffaljung des Pflanzenreiches als eines orga- vo nifchen Ganzen fucht, tritt e8 in den bewirgten Gegenfag zu fajt allen anderen Schulbüchern der Botanif. Denn während leßtere den Schwerpunft in das Beitimmen von Pflanzen legen, beviidjichtigt erfteres in.vollem Maße die ana- tomijchen und phyfiologischen Berhältniffe, erörtert die nahen Beziehungen in denen die Pflanzen zu den TIhieren, any md Die Botanif zu den anderen MR Zweigen der Naturvifjenfchaft fteht, | erwähnt den veformatorischen Ein- I flug, den die Kenntniß des Pflan- DM zenlebens auf äußert wichtige Sra- 2, gen der praftiichen Yandwirthichaft, am der Heil- md Arzneifunde ausübt, a und verfnipft endlich mit der Dar- legung eines natürlichen Syftems Se e Pink Botanik, indem den Stammpflanzen der bemerfenswertheiten tech- nid) vichtigen und als Heilmittel dienenden Stoffe befondere Aufmerkfamfeit ge- widmt wurde. Surze Abriffe der Gefchicjte der Botanik, der Pflanzenpaläon- tologt und der Pflanzengeographie vervollftändigen das Buch. Achthundertneunzig meifterhaft ausgeführte Hoßftiche erleichtern das Ver- ftändnig der vorgetragenen Lehren und überwinden die Schwierigkeiten, welche Dig. 505. il We fich, dev vorgezeichneten Anffaffung des Wefens der Botanik entgegenftellen. Bon jenen Figuven illufteiren über 200 den inmern Bau, nahezu 150 das Leben Fig. 401. II. IV. der Pflanzen, ungefähr 100 Abbil- ® er dungen find Habituszeichnungen und 2. Er die übrigen ftellen chavafteriftiiche Details dar. Die Figuren 354, 401, 408, 505, 595, 596 und 606 mö- gen als Iluftrationsproben dienen. Fig.505 ftellt einen Yängsjchnitt duch die Marffrone der Fichte dar; Fig. 354 repräfentirt das Dfuliven un jenen einzelnen Momenten; Fig. 401 führt uns das Leben eines auf Fliegen fcyma-= roßenden Pilzes vor und ig. 606 zeigt dag Auprechtsfraut mit Stengel und Frucht; Fig. 408 die Morxchel, dig. 595 I. I. Nelfe nebft Staub- blätter und Fig. 596 I. H. Frucht und Duerjchnitt durch den Frucht- Enoten der Lichtnelfe. In Bezug auf-die Anzehl und die Ausführung der Abbildungen, fo- tie in der jonjtigen typographiichen 2 & Ausftattung werden andere den Jleichen Zweden dienende Lehrhücher der Botanik von dem unfrigen bei Weiten über- troffen. Yeunisz. ® enthält 670, Schilling 523, Thome dagegn SIO Abbildungen; bei diefen Fülle des gebotenen Materials beträgt der Pers des Buches nım 1 Thle., es ift fomit, wie der Vergleich evgiebt, velativ das billigfte Fig. 408. Sig. 595 I. Fig. 596 der vorhandenen botani- ihen Yehrbiicher. Ueber- dies ift jede Buchhand- lung in den Stand ge- fest, auf 6 auf einmal bezogene Exemplare ein Sreteremplar zu Kiefern. Das Buch hat be- veitS eine ehr erfreuliche Berbreitung, namentlich) in preußischen Schulen, gefunden. Das Augen- merk des Verfaljers wie der Derlagshandlung wird auf fortwährende DVerbejjerung de3 Bu- ches in jpätern Aufla- gen gerichtet fein; wie dies namentlich aucd) dar= ous folgt, Daß die er- fte,jehr ftarfe Auf- (age ım Verlaufe von zwei Jahren | vergriffen wurde I Die Verlagshand- IN lung wird die weitere N Einführung des Buches N in Schulen durch Ge- wöärung von Sreiereinplaven an die betreffenden Herren Yehrer gern erleichtern, N Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn ın Braunschweig. Fliedner, Dr. C., Aufgaben aus der Physik nebst einem Anhange, physikalische Tabellen enthaltend. Zum Gebrauche für Kehrer und Schüler in höheren Unterrichtsanstalten und besonders beim Selbstunterricht. Vierte ver- besserte und vermehrte Auflage. Mit 56 in den Text eingedruckten Holzstichen. gr. S. Fein Velinpapier. geh. Preis 16 Sgr. Fliedner, Dr. C., Auflösungen zu den Aufgaben aus der Physik. Zum Gebrauche für Lehrer und Schüler in höheren Unterrichtsanstalten und be- sonders beim Selbstunterricht. Vierte verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 106 in den Text eingedruckten Holzstichen. gr. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 28 Ser. Fünfstellige logarithmische und trigonometrische Tafeln. Heraus- gegeben von Dr. OÖ. Schlömilch. Dritte ‚Auflage. Galvanoplastische Stereo- typie. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 20 Sgr. Hellmuth, J.H., Elementar-Naturlehre für Lehrer an Seminarien und Volksschulen, sowie zum Schul- und Selbstunterricht. Methodisch und durch- aus neu bearbeitet von E. Reichert. Siebenzehnte Auflage. Mit 536 in den Text eingedruckten Holzstichen und einer farbigen Spectraltafel. gr. 8. Fein Ve- linpapier. geh. Preis 1 Thlr. 10 Sgr. Müller, Prof. Dr. Joh., Grundriss der Physik und Meteorologie. Für Lyceen, Gymnasien, Gewerbe- und Realschulen, sowie zum Selbstunterrichte. Zehnte vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 576 in den Text eingedruckten Holzstichen und einer Spectraltafel in Farbendruck. Mit einem Anhange: Physi- kalische Aufgaben enthaltend. gr. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 2 Thlr. Regnault, Victor und Adolph Strecker, Kurzes Lehrbuch der Chemie. In zwei Bänden. Erster Band, achte verbesserte Auflage. Anorganische Chemie. Mit in den Text \ eingedruckten Holzstichen und einer farbigen Spectraltafel. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 2 Thlr. Zweiter Band, fünfte verbesserte Auflage. Organische Chemie. Mit in den Text eingedruckten Holzstichen. 8. Fein Velinpapier. geh. Preis 2 Thlr. Roscoe, Prof. H. E., Kurzes Lehrbuch der Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. Deutsche Ausgabe, unter Mitwirkung des Verfassers bearbeitet von Carl Schorlemmer. Dritte, nach den neuesten Forschungen verbesserte und vermehrte Auflage, Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen und einer Spectraltafel. 8. Fein Velinpapier. geh. Dritte Auflage. Preis 1 Thlr. 20 Ser. Schellen, Dr. H., Die Schule der Elementar-Mechanik und Ma- schinenlehre für den Selbstunterricht angehender Techniker, Mechaniker, Indu- strieller, Landwirthe, Bergmänner, Architekten, Bauhandwerker, Werkführer, Mühlen- und Fabrikbesitzer, sowie für Gewerbe- und Realschulen. Zum Theil nach Delaunay’s Cours &lementaire de Mecanique frei bearbeitet. Mit 837 in den Text eingedruckten Holzstichen. 8 Fein Velinpap. geh. Zwei Bände. Dritte verbesserte Auflage. Preis 3 Thlr. Schoedler, Dr. Friedrich, Das Buch der Natur, die Lehre der Physik, Astronomie, Chemie, Mineralogie, Geologie, Botanik, Physiologie und Zoologie umfassend. Allen Freunden der Naturwissenschaft, insbesondere den Gym- nasien, Realschulen und höheren Bürgerschulen gewidmet. In zwei Theilen, gr. 8. Fein Velinpap. geh. Erster Theil: Physik, Astronomie und Chemie Achtzehnte durchgesehene Aufl. Mit 361 in den Text eingedruckten Holzstichen, Sternkarten und einer Mondkarte. Preis 1 Thlr. 10 Ser. Zweiter Theil: Mineralogie, Geognosie, Geologie, Botanik, Physiologie und Zoologie. Achtzehnte Auflage. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzstichen und einer geognostischen Tafel in Farbendruck. Erste Lieferung. Preis 12 Sor. Stöckhardt, Dr. J. A., Die Schule der Chemie, oder erster Un- terricht in der Chemie, versinnlicht durch einfache Experimente. Zum Schulge- brauch und zur Selbstbelehrung, insbesondere für angehende Apotheker, land- wirthe, Gewerbtreibende etc. Sechzehnte, vermehrte und verbesserte Awlage. Mit 219 in den Text eingedruckten Holzstichen und einer farbigen Spectratafel, gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. EEE LER ® > . ® . Erg © Wichtige Preisherabsetzung. Die Unterzeichneten übernahmen in den Restvorräthen nachstehende _ werthvolle Werke, die ihrer theueren Preise wegen manchen Bibliotheken und Privatsammlungen bisher nicht erreichbar waren. Der hohe Werth - dieser Werke ist seit Jahren fest begründet und in wissenschaftlichen Kreisen Dogma, so dass jede weitere Empfehlung überflüssig erscheint. Die be- deutende Preisermässigung lässt rasches Erschöpfen der ohnehin geringen Vorräthe erwarten und so ist rasche Bestellung durch eine der Unterzeich- neten oder jede andere Buchhandlung zu empfehlen, A. Bielefeld’s Hofbuchhandlung K. Th. Völcker’s Verlag & Antiquariat in Carlsruhe (Baden), in Frankfurt a. M. Dr. G. H. Bronn und F. Römer, Lethaea geognostica, oder Abbildung und Beschreibung der für die Gebirgsformation bezeichnendsten Versteinerungen. 3. (neueste) Auflage. 3 Bde. (über 120 Bogen) gr. 8% nebst Atlas von 124 Tafeln Abbildungen und Erklärung in gr. Fol. 1851 — 1856, Laden-Preis Thlr. 43. — Herabgesetzter Preis Thlr. 24. — Pr.’C.- Fi & Leedebour, Flora Rossica, ‚sive enumeratio plantarum in totius imperii rossici provinciis europaeis, asiaficis et americanis hucusque observalarım accedit mappa geographica. 4 voll. Lex.-80. 1842—1853. Laden-Preis Thlr, 26. 12. Herabgesetzter Preis Thir, 8 —. J. Russegger. Reifen in Kuropa, lien und Afrika, mit besonderer Rücksicht auf die naturwissenschaftlichen Verhält- nisse der betreffenden Länder, unlernommen in den Jahren 1835 —1841. 4 Bände in 7 Theilen. gr. 30, Mit einem Atlas. 1841 —1849. Laden-Preis Thir. 45. 18. Herabgesetzter Preis Thlr. 15. — ' Das Werk in fein Halibjuchtenband geb. Thlr, 50.18, Herabgesetzter Preis Thlr. I8. — Inhalt: I. Reise in Griechenland, Unteregypten, im nördlichen Syrien und südöstlichen Kleinasien. : II. Reise in Egypten, Nubien und Ost-Sudan., ; III. Reise in Unteregypten, auf der Halbinsel des Sinai und im gelobten Lande, IV. Reise in der Levante und in Europa. Ei Der Atlas enthält in 56 Blättern: 2) 12 Karten in grösstem Landkartenformat, nämlich Uebersichtskarte zu den Reisen, geographische Karten des Taurus von Nubien, Ost-Sudan. der Länder am Tumat und blauen Flusse, des peträischen Arabien. Geognostische Karten des Taurus, des Libanon und Antilibenon in Syrien, von Egypten, Ost-Sudan, vom peträischen Arabien. b) 7 Blatt ‚geognostische "Durchsehnitte, coldrirt, grösstes. Landkärtenformat. RR 14 Blatt in gr. Folio mit 28 landschaftlichen Ansichten. Br 10 Blatt in gr. Folio, worauf 20 Tafeln mit Abbildungen von Pflanzen, 1 Blatt in gr. Folio, worauf 2 Tafeln Insekten. RER 12 Blatt in gr. Folio, worauf 23 Tafeln Abbildungen von Fischen. Ei James D. Forbes, "Reisen in den Savoyer Alpen und in anderen Theilen der Penninenkette, nebst Beobachtungen über die eieischer Bearbeitet von Gustav Leonhard. u". Mit vielen Holzschnitten, 7 Tafeln und 2 Karten. Bi Laden-Preis Thlr. 3. — Herabgesetzter Preis 16 Sgr. Naturgeschichte der drei Reiche, Zur allgemeinen Belehrung bearbeitet von k G. W. Bischoff, J. R. Blum, H. G. Bronn, K. C. vw. EL F. S. Leuckart und F. S. Voigt, . akademischen Lehrern zu Hadelbeis, Freiburg und Jena. 16 Bio, 'Laden-Preis Thlr. 30. 184; /a.. Herabgesetzter Preis Thlr. 7, 15. Inhalt: Ban I. Leuckart, allgemeine Einleitung in die Naturgeschichte. II. Blum, Lehrbuch der Oryktognosie. 2. Aufl. Mit über 300 eingedruckten krystallographischen Figuren. III. Leonhard, Lehrbuch der Geognosie und Geologie, 2. Aufl. Mit 2 Stahl- stichen, 7 color. Tafeln und vielen Holzschnitten. na IV— VL. Bischofl, Lehrbuch der Botanik. FURR I. u. II. Bd. in 3 Thin.: Allgemeine Botanik. Arie 1R ICE taf., nebst Wörterbuch der beschreibenden Botanik. III. Bd. in 2 Theilen: Specielle Botanik. VI—XM. Voigt, Lehrbuch der Zoologie. I—-VI. Bd. Mit 22 Kupfertafeln. XIII— XV. Bronn, Handbuch einer Geschichte der Natur, I. u. II. Bd. Mit 7 Kupfertafeln. III. Bd. in,.2 Abtheilungen (1. Abthlg! in ‚2 Hälften,) N Supplem.: “Blum, Lithurgik oder Mineralien und Felsarten. Mit 53 Figuren und 3 Stahlstichen. | K. €. von Leonhard, Geologie, oder Nafurgeldicdite der Erde, auf allgemein fassliche Weise abgehandelt. > Bde. in 80. Mit 97 Stehlstichen, Lithographien und einer Menge eingedruckter Vignetten. 1836—1844. Laden-Preis Thlr. 15. — Herabgesetzter Preis Thlr. 83. 20. | a W. Bausch PP Uebersicht der Flechten des Grossherzogthums Baden, f 1 starker Band (246 Seiten) gr. 80. — 1869. < Publication “ Naturwissenschaftlichen: Vereins in Karlaruhe. op bisher nicht im Handel. TH. &, —. h Im I Ku NN Sur 1, ZEN N h il NAynieleT W are BLODN, De r FR KALLNHRK | 3 2044 106 AU De ee nur,