ern ZEITSCHRIFT FÜR PHYSIOLOGIE In Verbindung mit mehreren Gelehrten herausgegeben Friedrich Tiedemann, Gottfried Reinhold Treviranus » und ; Y S2 = ) - 3 ll a Sue=". R RAL. N\Syr . "ERSTES HEFT. Heidelberg und Leipzig. Neue Akademische Buchhandlung von KARL GROOS. 1831. BER 2 Tr in HOATLEN aingio Ri Dam y »e.0048 LunR a Be Pe nn = UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE NATUR DES MENSCHEN, DER THIERE UND DER PFLANZEN. In. Verbindung mit mehreren Gelehrten herausgegeben von Friedrich Tiedemann, Gottfried Reinhold Treviranus und Ludolph Christian Treviranus. VIERTER BAND. = a. Heidelberg und Leipzig. Neue Akademische Buchhandlung von KARL GROOS 1831. ee ERST, aldi De) iR BER > INHALT DES VIERTEN BANDES. 1. Versuch über das Athmenholen der niederen Thiere. Von G. R. Treviranus II. Ueber die hinteren Hemisphären des Gehirns der Vögel, Amphibien und Fische. Von G. R. Treviranus. (Hierzu Taf. I. — IV.) III. Ueber die Regeneration der Nerven. Von Tiedemann. (Hierzu Taf. V. Fig, 1 ) IV. Steinchen in den Venen des Samenstrangs, beobachtet von Tiedemann V. Ueber die wirkenden Kräfte beim Sprunge des Menschen und der Thiere. Von G. R. Treviranus. (Hierzu Taf. V. Fig. 2 — 4) : Vi. Ueber das Nervensystem des Scorpions und der Spinne. Von G. R. Trevi- ranus. (Hierzu Taf. VI. Fig. 1 — 4.) I tale BE are VII. Ueber den Bau der Augen bei Argulus foliaceus. Von Johannes Müller. (Hierzu Taf. VI. Fig. 5 u. 6.) $ © 5 : i 5 VIII. Ueber den körnigen Bau der Hoden bei mehreren Fischen, insbesondere bei Rochen und Haien. Von Johannes Müller A : ; b s IX. Ueber die Karotidendrüse einiger Amphibien. Von E. Huschke. (Hierzu Dat. VL. FiE.,7. &) 5.045 ee ee ya ET ET a X. Ueber die äufseren Geschlechts - Organe der Kretinen in Iphofen. Von J. B, Friedreich. (Hierzu Taf. VI.) e Der .dı; ; : IX. Beschreibung einiger seltenen 'Thier - Monstr.. Von Tiedemann. (Hierzu Taf. VII.) - er N N BY ARE : XII. Gelangt die Befruchtungsmaterie der Gewächse zu deren Saamen- Anlagen auf eine sichtbare Weise? Von L. C. Treviranus. (Hierzu Taf. IX.) 196 113 119 121 125 XIII. Beobachtungen über den eigenthümlichen Gang des Keimens und der Entwicke- lung der Knollen bei Corydalis-Arten. Von Gottlieb Wilhelm Bischoff, (Dazu Taf. X. und XI.) : RES - XIV. Ueber die Zeugung der Egel. Von 6. R. Treviranus x ‚ ; XV. Beobachtungen und Tafeln zur Erläuterung des Baues und Wirkens der Tast- werkzeuge der Thiere. Von G.R. Treviranus. (Hierzu Tafel XII. u. XIV.) XVI. Ueber das Herz der Insekten, dessen Verbindung mit den Eierstöcken und ein Bauchgefäfs der Zepidopteren. Von G. R. Treviranus, (Hierzu Fig. 13. der Tafel XIV.) elf - : 2 : b XVII. Ueber den Bau der Nigua (Acarus americanus L., Acarus Nigua, pE GEER.) Von 6. R. Treviranus. (Hierzu Tafel XV. XVI.) XVIIL Ueber die anatomischen Verwandtschaften der Flufsnapfschnecke (ihr luviatilis Drar.) Von G. R. Treviranus. (Hierzu Tafel XVII.) XIX. Beiträge zur Anatomie und Naturgeschichte der Amphibien. Von Professor Joh, Müller zu Bonn. Hierzu Tafel XVII — XXU. XX. Ueber die Saugadern im Fruchtkuchen und Nabelstrang des Menschen. Von Dr. V. Fohmann, Professor an der Universität zu Lüttich. (Hierzu Tafel XXI.) XXI. Ueber den Canalis tympanicus und mastoideus. Von Dr. Fr. Arnold. (Hierzu Tafel XII.) BAT . E E 5 2 ! XXII. Abweichende Anordnung der Pulsader-Stämme des Herzens. Von Tiedemann. (Hierzu Fig 6. Taf. XII.) Zu verbessernde Fehler in dem Text und den Tafeln der vier ersten Bände dieser Zeitschrift 5 Seite *") Aus Verschen haben Bogen 25 und 26 die Seitenzahlen 189 — 196, obige 190 sind auf letzterem zu suchen. I. versuche über das Athemholen der niedern Thiere. Von G. R. TREVIRANUDS. Wenn über die chemischen Wirkungen des Athemholens der Thiere überhaupt der genauern Erfahrungen noch nicht so viele sind, dafs sich allgemeine Resultate mit Sicherheit daraus ziehen lassen, so vermilst ‚man solche vorzüglich bei den wirbellosen Thieren. Es war zuerst Vauque- ıın, der über diesen Gegenstand einige nähere Versuche an einer Heu- schrecke (Locusta viridissima) und einigen Schnecken (Limax flavus und Helix arbustorum) anstellte. *) Er bestimmte den Gehalt der geathme- ten Luft an Sauerstoffgas und kohlensaurem Gas vermittelst des erhitz- ten Phosphors und des ätzenden Kali. Seine Beobachtungen sind als die ersten über einen, vorher noch nicht weiter als oberflächlich untersuch- ten Punkt schätzbar. Aber die Zahl derselben ist nur gering und das eudiometrische Mittel, das von Vauquzrin gebraucht wurde, sehr unzu- verläfsig. Eilf Jahre nach Erscheinung der Abhandlung, worin dieser 1) Annales de Chimie. T. XU. A. 1792. p. 273. Zeitschrift f. Pbysiol. IV. 1. 1 2 Chemiker seine Versuche bekannt machte, gab Sewsesıer einen Theil der Arbeiten Sparzanzants über das Athemholen der Thiere heraus, der dessen Erfahrungen über die Respiration der Mollusken enthält. ') Man findet in diesem Werke, wie in allen Schriften Spauuanzants, Manche Bemerkung, die Beachtung verdient, aber auch so viele Spuren von Mangel au Genauigkeit bei seinen Versuchen, dafs man sich auf keine seiner eudiometrischen Bestimmungen und auf die, daraus gefolgerten Sätze verlassen kann. Den Sauerstoffgehalt der Luft mafs er . ebenfalls, wie VauquELın, vermittelst des erhitzten Phosphors, die Kohlensäure derselben aber vermittelst des Kalkwassers. Auf viele Regeln, die bei diesen, sehr schwierigen Versuchen sorgfältigst zu beobachten sind, be- sonders auf die dabei eintretenden Veränderungen der "Temperatur und des Druckes der Luft, scheint er wenig oder gar keine Rücksicht ge- nommen zu haben. Ein Versuch von ihm über das Athemholen der Raupe, der Papilio crataegi, der nicht in jenem Werke enthalten ist und wovon dasselbe gilt, was sich von seinen übrigen Erfahrungen sagen lälst, ist von SEnsesIer in dessen Werke Atapport de lair avec les eires orga- nises mitgetheilt. Zwei Jahre nach Herausgabe des Sparzanzanıschen Werks erschien eine Preisschrift von Sore über das Athemholen der In- sekten und Würmer, ?) die sehr viele Versuche, aber nicht viele be- friedigende Resultate enthält. Er bediente sich des unzuverläfsigsten eu- diometrischen Mittels von allen, des Salpetergas. Auf seine Bestimmun- gen des Sauerstoffgehalts der geathmeten Luft ist daher wenig zu bauen. Die Quantität der ausgeathmeten Kohlensäure, zu deren Prüfung er das Kalkwasser gebrauchte, giebt er entweder gar nicht, oder nur obenhin an. Den Einflufs der Veränderungen der Temperatur, des Drucks der Luft und anderer Umstände auf den Erfolg der Versuche scheint er eben- 1) Memoires sur la respiration par L. Sparzanzusı, traduits en Frangais, d’apres son manuserit inedit, par J. Sennesier. A. Geneve. 1803. 2) F.L. A. W. Sore, disquis. physiol. circa respirationem insectorum et vermium, - quibus pal- mam adjudicavit Societas Reg. scient. Göttingensis, Rudolstadtii. 1805. 3 falls wenig beachtet zu haben. Von solchen seiner Beobachtungen, die nicht zu den eudiometrischen gehören, sind indefs manche nicht ohne Werth. Bei dieser Lage der Sache war es für mich von langer Zeit her Be- dürfnifs, über das Athemholen der wirbellosen Thiere selber Versuche‘ anzustellen, um, wenn es mir auch nicht gelingen sollte, genauere Re- sultate als meine Vorgänger zu erhalten, doch aus eigener Erfahrung den Grad des Zutrauens, den ihre Beobachtungen verdienen, kennen zu ler- nen. Erst seit April d. J. konnte ich diese Untersuchungen vornehmen. Ich habe sie bis zum Oktober fortgesetzt und glaube, mich dabei mit möglichster Sorgfait und Genauigkeit benommen zu haben. Kleinere Thiere liefs ich in der nämlichen graduirten Röhre athmen, worin ich nachher die geathmete Luft analysirte.e Um zu verhindern, dafs sie mit der Sperrflüfsigkeit nicht in Berührung kämen, und um sie ohne Be- schädigung und ohne Eintweichung von Luft aus der Röhre wegschaffen zu können, brachte ich sie in diese mit einem dünnen, biegsamen Me- talldrath, der an dem obern Ende und an einigen andern Stellen zu ei- nem Drathsieb zusammengeflochten war, welches mit der Weite der Röhre einerlei Durchmesser hatte. Bei Versuchen, wo mehrere Thiere zugleich in einer und derselben Luft athmeten, wurde jedes zwischen zwei solchen Geflechten eingeschlossen und so verhindert, dafs sie sich einander beschädigten, während die Luft durch die Zwischenräume der Geflechte freien Durchgang hatte. Gröfsere Thiere athmeten unter wei- tern, graduirien Glascylindern, woraus die respirirte Luft in engern Ab- sorbtionsröhren zur Prüfung aufgefangen wurde. Zur Sperrflüfsigkeit ge- brauchte ich immer das Quecksilber, wo nicht eine andere Materie ge- nannt ist. Nachdem die kleinern Thiere vermittelst des Metalldraths aus der Glasröhre unter dem Quecksilber hervorgezogen waren, brachte ich die Röhre mit so viel Quecksilber, als zum Sperren der Luft nur ge- rade hinreichend war, in eine kleine Flasche, füllte den übrigen Raum der letztern mit der zum Absorbiren des kohlensauren Gas bestimmten 4 Flüssigkeit und liefs diese in das, aus dem Quecksilber hervorgezogene, untere Ende der Röhre eintreten. Nach Beendigung. der Absorbtion übergofs ich die vorige Flüssigkeit mit destillirtem Wasser so lange, bis sie weggespühlt war, senkte die Röhre wieder in das Quecksilber herab, nahm den Rest des Wassers mit einer Spritze weg und füllte dann die Flasche mit dem, zum Absorbiren des Sauerstoffgas dienenden Liquor. Um die Röhre in den Flüssigkeiten schwebend zu erhalten, wurde sie vermittelst eines durchborten Korks in dem Halse der Flasche befestigt. Zum Auffangen der Luft aus gröfsern Glascylindern bediente ich mich einer Wanne mit abgekochtem Wasser. BerrHorLner ') hat schon erin- nert und ich habe ebenfalls gefunden, dafs bei dem momentanen Durch- gang der Luft durch solches Wasser keine bemerkbare Mischungsverän- derung derselben eintritt. Zum Absorbiren des kohlensauren Gas bediente ich mich in einigen Fällen des ätzenden Baryts, meist aber des ätzenden Kali; zum Absor- biren des Sauerstoffgas des Schwefelkali. Die beiden ersten Mittel halte ich für sicherer zur Prüfung einer Luft auf kohlensaures Gas als das Kalkwasser, wenn man, wie bei dem angegebenen Verfahren, die Luft mit der Flüssigkeit nicht durchschütteln kann. Das Kaliwasser blieb mit der Luft 12 bis 24, das Barytwasser 36 bis 48 Stunden in Berührung. Das Schwefelkali ist als eines der sichersten Absorbtionsmittel des Sauer- stoffgas allgemein anerkannt. Lästig bei der Anwendung desselben ist nur die Langsamkeit der Wirkung. In Röhren von 7 bis 8 Linien Weite wird der Luft nicht eher als binnen 6 bis 8 Tagen durch diese Substanz aller Sauerstoff entzogen. Je gröfser die Berührungsfläche der Luft mit der Schwefelleber-Auflösung und je niedriger das Niveau der letztern in der Gasröhre gegen das Niveau der äufsern Sperrflüssigkeit ist, desto schneller geht die Einsaugung vor sich. Bei dieser langen Dauer der Prüfung sind immer viele mühsame Reductionen des beobachteten Vo- 1) Mem. de la Societe d’Arcueil. T. II. p. 458. 5 lumens der Luft auf einerlei Temperatur und Barometerstand nothwen- dig, um nur des Aufhörens der Absorbtion gewifs zu seyn. Ich würde mich defswegen statt der Schwefelleber des Kupferoxydes bedient haben, das eben so sicher und dabei schneller als jenes wirkt, wenn sich dieses hätte anwenden lassen, ohne die mit Kali oder Baryt geprüfte Luft aus der ersten Röhre in eine zweite treten zulassen. Dieses Umfüllen, wo- bei von den geringen Quantitäten Luft, mit denen ich zu arbeiten hatte, sehr leicht etwas verloren gehen konnte, wollte ich aber vermeiden. Bei Vergleichung der geathmeten Luft mit der atmosphärischen in Rücksicht auf die Mischung habe ich den Gehalt der letztern an kohlen- saurem Gas — 0,01, an Sauerstoffgas — 0,21 und an Stickgas — 0,78 angenommen. Die 'Temperatur der Luft und der Barometerstand erforderten bei diesen Versuchen eine beständige und sehr genaue Rücksicht. Ich beob- achtete diese an einem Quecksilberihermometer mit Reaumurscher Scale und einem, mit einem Nonius versehenen Barometer, die neben der Gasröhre hingen. Die angegebenen Luftmassen sind immer auf die Aus- dehnung, die sie bei + 15° jenes Wärmemessers und 28 Pariser Zoll des Barometers haben, reducirt. Vorzüglich fand ich im Anfange der Versuche, wo die Gasröhren beim Einbringen der Thiere mit den Hän- den berührt werden mufsten, die von diesen mitgetheilte Wärme sehr sorgfältig zu beachten. Wenn man hierauf nicht Rücksicht nimmt, so kann man nachher beim Erkalten der Röhre eine Absorbtion von Luft wahrzunehmen glauben, die doch gar nicht statt findet. Bei dieser Art zu verfahren war kein Irrthum von anderer Seite möglich, als etwa vom Zurückbleiben eines Theils kohlensauren Gas oder Sauerstoffgas in der geathmeten Luft. Diefs kann allerdings zuweilen in den engern Gasröhren bei der langsamen Wirkung der Prüfungsmit- tel statt gefunden haben. Das Uebriggebliebene betrug dann aber gewils nicht mehr als höchstens drei Hunderttheile eines Cubikzolls. Bei allem dem müssen die chemischen Wirkungen des Athemholens der im Freien 5 lebenden Thiere weit gröfser seyn, als sie sich in den folgenden Ver- suchen erwiesen haben. Ich machte diese zwar in allen Fällen, webei nicht ausdrücklich ein Anderes bemerkt ist, nur mit kraftvollen Thieren, die entweder erst eben, oder vor wenig Stunden gefangen waren, und setzte sie nur so lange fort, als die Thiere sich noch willkührlich be- wegten. Jene Wirkungen nehmen aber um desto mehr ab, je länger das Thier eine und dieselbe, nicht erneuerte Luft athmet und je geringer die Quantität dieser Luft ist. Vergröfsert man die Masse der letztern, ohne die Dauer des Athmens in demselben Verhältnifs zu verlängern, so verändert sich die Mischung der Luft zu wenig, um bei der chemischen Prüfung genaue Resultate zu geben. Läfst man das Thier in einer gröfsern Luftimasse eine längere Zeit respiriren, so erreicht man nicht mehr als beim Athemholen in einer kürzern Zeit und in einer kleinern Menge Luft, und das Thier leidet dann überdiefs von Hunger. Jede der Zahlen, «die im Folgenden für die Wirkungen der Respiration bin- nen einer gewissen Zeit angegeben sind, ist daher als das Minimum von dem anzusehen, was beim Athemholen der Thiere im freien Zustande unter sonst gleichen Umständen erfolgt. Es versteht sich übrigens, dafs unter der Respiration, wovon hier die Rede ist, die mit begriffen ist, welche durch die ganze Oberfläche der Haut erfolgt. 1. Apis mellifica operaria A.) Den 12. Mai. Drei Arbeitsbienen, die bei kaltem Regenwetter so eben aus dem Bienenkorbe genommen waren und von welchen jede im Mittel 1,3 Gran wog, wurden mit 1,97 Par. €. Z. atmosphärischer Luft eingeschlossen und blieben darin an einem dunkeln Ort 3 Stunden bei einer Temperatur des Zimmers von 11'%,° R. Sie verhielten sich wäh- 1) Die Namen der Insecten, woran diese Versuche gemacht wurden, sind die des Fankrorus. 7 rend dem Versuch immer ruhig. Durch ihr Athemholen wurden erzeugt: 0,06 C. Z. kohlensaures Gas und 0,04 C. Z. Stickgas. Sie absorbirten dagegen : 0,10 C. Z. Sauerstoffgas. 2. Apis mellifica operaria B. Den 2. Juni. Höher fiel die Exeretion des kohlensauren Gas und die Absorbtion des Sauerstoffgas beim Athemholen zweier anderer Ar- beitsbienen aus, die ich um 8 Uhr 30 Min. Vormittags mit 1,93 €. Z. atmosphärischer Luft 2 Stunden 30 Min. dem Sonnenlichte aussetzte, worin das Thermometer auf 22° stieg. Die Thiere flatterten während dieser ganzen Zeit heftig in ihrem Kerker herum. Bei der Analyse der geathmeten Luft fanden sich: 0,09 C. Z. excernirtes kohlensaures Gas, 0,02 C. Z. excernirtes Stickgas und 0,11 C. Z. absorbirtes Sauerstoffgas. 3. Apis mellifica operaria C. Den 3. October. Ein dritter Versuch mit Honigbienen bewies, dals diese Insecten, wie die Wirbelthiere, ausser gasförmigen Materien auch Wasserdünste aushauchen. Auf der inwendigen Fläche einer, 2 C. 2. fassenden, trocknen Glasröhre, worin drei Bienen von Mittag bis zur folgenden Nacht über getrocknetem Quecksilber geathmet hatten, ent- stand ein ziemlich starker Niederschlag von Wasserdünsten, nachdem das Glas am folgenden Morgen aus dem 11° warmen Zimmer, worin es gestanden hatte, an die kalte Luft gebracht worden war. 4. Bombus lapidarius A. Den 14. Mai. Eine lebhafte Steinhummel, die 10 Gran wog, ath- mete bei 12Y,° Wärme im Schatten 24 Stunden lang 5,55 €. Z. atmos- phärischer Luft. Sie leerte während dieser Zeit 0,45 C. Z. kohlensau- res Gas nebst 0,18 C. Z. Stickgas aus, und absorbirte dafür 0,63 C. Z. Sauerstoflgas. Das Thier war am Ende des Versuchs noch munter und kräftig. Die Honigbienen fand ich weit empfindlicher gegen eingeschlos- sene Luft als die Hummeln und überhaupt als die meisten der übrigen Insecten. Von jenen lebte eine einzelne selten länger als 12 Stunden in 2 C. Z. atmosphärischer Luft bei 12 bis 15° Wärme. 5. Bombus lapidarius B. Den 6. Mai. Im vorigen Versuch erzeugte eine Steinhummel bei 12'/,° Wärme in gleicher Zeit kaum mehr kohlensaures Gas als im drit- ten Versuch eine Honigbiene, die nicht viel mehr als den zehnten Theil der Masse jener Hummel hatte, bei 22°. Doch auch bei den Hummeln werden die chemischen Wirkungen der Respiration durch eine höhere Temperatur sehr verstärkt. Eine sehr kräftige Steinhummel, die mit 5,7 C. Z. atmosphärischer Luft über Wasser bei 15° Wärme eingeschlos- sen war, athmete binnen 4 Stunden 0,4 C. Z. kohlensaures Gas aus. 6. Bombus lapidarius C. Den 6. Mai. Drei andere Steinhummeln, die nicht so kräftig wie die vorige zu seyn schienen, lieferten in 5,6 C. Z. atmosphärischer Luft bei 16° Wärme binnen 3 Stunden über einer Auflösung von ätzendem Kali 0,4 C. Z. kohlensaures Gas. Jede derselben hauchte also in einer- lei Zeit nicht so viel als die vorige aus. Durch die Wegnahme dieses Gas während dem Athemholen schien daher die Aussonderung desselben nicht vermehrt worden zu seyn. 7. Bombus terrestris A. Den 10. September. Zwei lebhafte, zusammen 8 Gran wiegende Erdhummeln wurden um 11 Uhr 53 Minuten Vormittags bei 14° Wärme in 1,6% C. Z. atmosphärischer Luft gebracht, bald nachher hinter dem Stubenfenster dem Sonnenlichte, worin das Thermometer auf 23° stieg, eine Stunde lang ausgesetzt, und dann wieder in den Schatten gestellt, 9 wo. die Wärme 15° betrug. Die Respiration ging in der Sonnenwärme mit der höchsten Schnelligkeit vor sich. Um 3 Uhr Nachmittags wurde der Versuch beendigt. Es fand sich jetzt eine Abnahme des Volumens der Luft von 0,03 C. Z. Das Volumen der beiden Hummeln zusammen betrug 0,05 C. Z., also noch nicht das Doppelte der verschwundenen Luft. Hiernach ist es nicht wohl möglich, dafs diese von ihnen unzer- setzt verschluckt war, ohne ihren körperlichen Inhalt merklich zu ver- gröfsern. Ich konnte mir indels hierüber keinen Aufschlufs verschaffen, da ich verhindert wurde, die geathmete Luft weiter als in Betreff ihres Gehalts an exspirirtem kohlensaurem Gas zu untersuchen, von welchem sich darin 0,26 C. Z. fanden. 8. Bombus terrestris B. Den 30. September. Eine andere, 6,9 Gran schwere Erdhummel athmete 48 Stunden lang 4,55 €. Z. atmosphärischer Luft bei einer Tem- peratur, die des Tages bis 12° stieg und des Nachts bis auf 9° herab- sank. Am letzten Abend des Versuchs fand sich die inwendige Fläche der Gasröhre, nachdem sie aus einer Wärme von 12° in eine kältere - Luft gebracht worden war, mit Thautropfen bedeckt. Nach Beendigung des Versuchs hatte die Hummel 0,4 Gran an Gewicht verloren. Es: wur- den von ihr 0,43 €. Z. kohlensaures Gas und 0,11 C. Z. Stickgas aus- . geleert, und 0,54 C. Z. Sauerstoflgas verzehrt. % 9. Bombus muscorum. Den 30. April. Zwei Mooshummeln, die zusammen 9 Gran wogen, wurden Abends um 9 Uhr bei 17° Wärme in 5,52 C. Z. atmosphäri- scher Luft über Wasser gesetzt. Nachdem am folgenden Morgen ätzen- des Kali in dem Wasser aufgelöst worden war, fanden sich um 7 Uhr dieses Morgens 0,34 ©. Z. kohlensauren Gas excernirt. Die Temperatur der Luft hatte sich unterdefs auf 15° verändert. Am Abend um 7 Uhr Zeitschrift f. Physiok. IV. 1. 2 10 waren bei eben dieser Wärme noch weiter 0,43 C. Z. kohlensaures Gas erzeugt. Die Excretion des letztern ging also in den 22 Stunden der Dauer des Versuchs ziemlich gleichförmig vor sich. Beide Thiere blie- ben während dieser Zeit bei Kräften. Die eine Hummel machte den ganzen Tag hindurch Versuche, den Gipfel der Gasröhre, worin sie sich befand, zu erreichen. Am Ende der 22 Stunden waren 0,77 C. Z. koh- lensaures Gas mit 0,23 C. Z. Stickgas excernirt, und 1,00 ©. Z. Sauer- stoffgas absorbirt. 10. Syrphus nemorum. Den 25. Mai. Fünf dieser Fliegen, die zusammen 5 Gran wogen, athmeten 9 Stunden lang 1,96 C. Z. atmosphärischer Luft bei 16 bis 16',° Wärme. Sie verhielten sich in der letzten Zeit des Versuchs un- beweglich, zeigten sich aber. gleich wieder lebendig, nachdem sie an die freie Luft gebracht worden waren. Bei der Analyse der geathmeten Luft fanden sich: an excernirtem kohlensaurem Gas 0,13 C. Z., an excernir- tem Stickgas 0,08 C. Z., an absorbirtem Sauerstoffgas 0,21 C. Z. 11. Raupe der Papilio brassicae. Den 1. Juni. Eine Kohlraupe, 9,5 Gran an Gewicht, blieb 11 Stun- den 15 Minuten in 1,82 C. Z. atmosphärischer Luft bei 14 bis 13° Wärme. Sie wurde sehr matt, aber noch lebend aus der geathmeten Luft herausgenommen. Das Volumen der letztern schien am Ende des Versuchs um 0,01 bis 0,02 C. Z. vergröfsert zu seyn. Die Luft hatte gewonnen an kohlensaurem Gas 0,10 C. Z., an Stickgas 0,08 C. Z., ver- loren an Sauerstoffgas 0,18 C. Z. 12. Papilio rapae A. Den 29. August. Drei Rübenschmetterlinge, zusammen 2,17 Gran wiegend, die vor 28 Stunden gefangen und in dieser Zeit'ohne Nahrung 11 gewesen waren, wurden Nachmittags um 3 Uhr 30 Min. bei 15° Wärme mit 1,82 C. Z. atmosphärischer Luft eingeschlossen und blieben darin 7 Stunden 15 Minuten, ohne von dem Versuch zu leiden. Am Ende dieser Zeit betrug die Excretion an kohlensaurem Gas 0,069 C. Z., an Stickgas 0,144 C. Z., die Absorbtion an Sauerstoffgas 0,213 C. Z. Der Verlust der geathmeten Luft an Sauerstoffgas und die Zunahme des Ge- halts derselben an Stickgas in Verhältnils zur Quantität des ausgesonder- ten kohlensauren Gas war bei diesen Thieren weit gröfser als in einem der vorigen Versuche. 13. Papiko rapae B. Den 9. September. Drei andere Rübenschmetterlinge, die an_ die- sem Tage Nachmittags um 2 Uhr gefangen und in der Periode des ab- nehmenden Lebens waren, athmeten von Abends 8 Uhr 10 Minuten bis den folgenden Tag um 2 Uhr 45 Minuten 1,725 C. Z. atiımosphärische Luft bei einer Wärme von Anfangs 14°, dann von 13'%, und 14Y,°, und zuletzt von 17°. Sie wogen zusammen 2,5 Gran und nahmen einen Raum von 0,045 C. Z. ein. Einer derselben war bei Beendigung des Versuchs gestorben. Die Luft fand sich am 10. September Morgens 8 Uhr bis auf 1,715 C. Z. vermindert. Mittags um 12 Uhr hatte sie sich wie- der bis auf 1,725 €. Z. ausgedehnt, und bei Beendigung des Versuchs betrug sie 1,705 C. Z. Im Ganzen waren also 0,02 C. Z. verloren ge- gangen. Dem Rückstande der geathmeten Luft entzog ätzendes Kali 0,078 C. Z. kohlensaures Gas, und Schwefelkali 0,250 C. Z. Sauerstoff- gas. Sie enthielt auf jeden Fall vor dem Athmen 0,017 C. Z. kohlen- saures Gas. Ihr Gehalt an Sauerstoffgas war aber 0,358, wenn man 1,705 C. Z. für die wirklich geaihmete Luft annimmt, und 0,362, wenn man dafür 1,725 C. Z. ansieht. Es wurden also von den drei Schmet- terlingen binnen 1115 Minuten excernirt an kohlensaurem Gas 0,06 €. 2. und absorbirt an Sauerstoflgas 0,10 bis 0,11 C. Z. Ohngeachtet die Schmetterlinge des vorigen Versuchs zwei Tage vor demselben ohne Nah- 12 rung gewesen waren, so wirkten sie mithin doch stärker auf die Luft, und absorbirten dabei mehr Sauerstoffgas im Verhältnifs zum kohlensau- ren Gas als die drei letztern. Es frägt sich jetzt: Was aus den, beim Athmen verloren gegange- nen 0,02 €. Z. Luft geworden war? Da die ganze Luftmasse dabei erst vermindert, dann vergröfsert und zuletzt wieder vermindert wurde, so liefse sich annehmen, dafs etwas davon unzersetzt abwechselnd ver- schluckt und wieder ausgestolsen wäre. Allein das Volumen der ver- schwundenen Luft betrug fast die Hälfte des Volumens der Schmetter- linge und konnte wohl nicht im Körper derselben ohne Einflufs auf die Gröfse ihres Volumens seyn, durch dessen Zunahme die Verkleinerung des Mediums, worin sie sich ‚befanden, wieder hätte ausgeglichen wer- den müssen. Die während dem Versuch eingetretene Vergröfserung der Luftmasse konnte auch von einer vorübergehenden Entbindung einer ge- ringen Quantität Wärme durch ein verstärktes Athemholen der Schmet- terlinge entstanden seyn. Waren die verschwundenen 0,02 C. Z. nicht unzersetzt verschluckt, so bestanden sie entweder in absorbirtem Stick- gas, oder in absorbirtem Sauerstoffgas. Im ersten Fall enthielten die nach dem Athmen rückständigen 1,705 C. Z. Luft: 1,345 C. Z. Stickgas, als den ursprünglichen Gehalt der geathmeten 1,925 C. Z. atmosphäri- scher Luft an diesem Gas, weniger den verschwundenen 0,02 €. Z. folglich . 1,325 C. Z. Stickgas, 0,0978 —- kohlensaures Gas, 0,250 — Sauerstoffgas. 1,653 C. 2. _ Mithin fehlten dann an dem Volumen des Rückstandes der geathme- ten- Luft von 1,705 C. Z. noch 0,052 C. Z. Bestanden hingegen die verschwundenen 0,02 C. Z. in. Sauerstoffgas, so mufste die Luft nach dem Athmen enthalten: 13 1,345 €. Z. Stickgas, 0,0738 — kohlensaures Gas, 0,250 — Sauerstoffgas. 1,673 C. Z. Diese Masse ist um 0,032 kleiner als der wirklich beobachtete Rück- stand und nähert sich demselben etwas mehr als die vorige. Inzwischen, der Unterschied ist so gering, dafs sich nichts daraus schliefsen läfst. Es bleibt also unentschieden, ob die verlorne Luft ganz oder zum Theil unzersetzt eingesogen wurde, oder ob eine Absorbtion eines Theils der- selben statt fand, die nicht durch eine Excretion ersetzt wurde, und ob im letztern Falle das Absorbirte Sauerstoflgas oder Stickgas war. 14. Papilio Atalanta A. Den 12. September. Eine Papilio Atalanta von 2 Gran Gewicht und 0,01 €. Z. Volumen, die seit drei Tagen gehungert hatte, doch noch sehr lebendig war, wurde um 9%, Uhr Morgens bei 13° Wärme mit 1,86 €. Z. atmosphärischer Luft eingeschlossen, um 2 Uhr Nachmittags über ätzendes Kaliwasser gebracht, das bis .28° erwärmt war, und bis 3 Uhr 10 Minuten darüber gelassen. Der Erfolg war, dafs binnen 340 Minuten an kohlensaurem Gas 0,18 C. Z. excernirt, und an Sauerstoffgas 0,19 €. Z. absorbirt wurden. Da es zweifelhaft ist, ob hier nicht wäh- rend dem Athemholen etwas Luft verschluckt wurde, dessen Volumen dann von dem des kohlensauren Gas abzuziehen seyn würde, so kann dieses etwas geringer als 0,18 C. Z. seyn. Aber die Quantität jener Luft konnte nach. allen meinen analogen Erfahrungen höchstens 0,02 C. Z. betragen. Es würde daher die Quantität des excernirten kohlensauren Gas in Vergleichung mit dem des absorbirten Sauerstoffgas doch immer weit gröfser als in deh vorigen Versuchen bleiben. : 15. Papilio Atalanta B. Den 12. September. Der nämliche Schmetterling, der zu dem vo- 14 rigen Versuch gedient hatte, wurde, da er noch sehr kräftig war, um 4 Uhr 45 Minuten Nachmittags wieder in eine, 1,91 C. Z. atmosphäri- sche Luft enthaltende Gasröhre bei 15° Wärme gebracht. Um 6 Uhr 15 Minuten waren 0,035 C. Z. verschwunden. Der Rückstand von 1,875 ©. Z. wurde durch ätzendes Kali um 0,045 C. Z. und durch Schwefel- kali um 3,60 C. Z. vermindert. Der Schmetterling hatte daher in 90 Mi- nuten 0,025 C. Z. kohlensaures Gas erzeugt und 0,040 C. Z. Sauerstoff- gas aufgenommen, also bei diesem Versuch etwas weniger stark als beim vorigen auf die Luft gewirkt, und weniger kohlensaures Gas im Ver- hältnifs zum Sauerstoffgas als der vorige erzeugt. Worin die verschluckte Luft bei dem letzten Versuch bestand, liefs sich eben so wenig als beim 13. aus den chemischen Veränderungen der geathmeten Luft abnehmen. Wenn man den Gehalt derselben an Stickgas, kohlensaurem Gas und Sauerstoffgas vor und nach dem Athmen auf dieselbe Art wie beim 13. Versuch berechnet, so findet sich bei der Voraussetzung, dafs die ver- lorne Luft Stickgas war, ein Volumen des Rückstandes der geathmeten Luft von 0,022 C. Z. mehr, und bei der Annahme, dafs jene in Sauer- stoffgas bestand, von 0,015 C. Z. weniger als der Rückstand wirklich betrug, also in beiden Fällen ein so geringer Unterschied, dafs sich nichts daraus schliefsen läfst. 16. Zibellula depressa A. Den 24. Mai. Eine Libelle dieser Art, welche 3 Gran wog, ver- änderte 1,32 C. Z. atmosphärischer Luft bei 17 bis 16',° Wärme bin- nen 16 Stunden auf folgende Art: Excernirtes kohlensaures Gas 0,11 C. Z., excernirtes Stickgas 0,11 C. Z., absorbirtes Sauerstoffgas 0,22 C. Z. 17. Libellula depressa B. Den 25. Mai. Zwei andere Individuen dieser Art, von gleicher Gröfse und Stärke mit der vorigen, athmeten 19 Stunden 30 Minuten lang 5,31 C. Z. atmosphärischer Luft bei 16%, bis 14° Wärme über 15 einer Auflösung des ätzenden Baryt. Sie erzeugten während jener Zeit 0,24 C. Z. kohlensaures Gas, 0,42 Stickgas, und absorbirten 0,66 C. Z. Sauerstoffgas. Die Quantität des kohlensauren Gas war verhältnifsmäfsig fast die nämliche wie im vorigen Versuch, hingegen die des Stickgas und Sauerstoffgas grölser als dort. "18, Zarve der Cetonia aurata, Den 1. Juli. Zwei dieser Larven, zusammen 32 Gran schwer, be- fanden sich 19 Stunden hindurch in 1,85 C. Z. atmosphärischer Luft bei 17° Wärme über ätzendem Barytwasser. Die Aussonderung des kohlen- sauren Gas betrug in den ersten 3 Stunden 30 Minuten 0,06 €. Z., in den folgenden 10 Stunden 30 Minuten 0,07 C. Z., in den letzten 5 Stun- den 0,02 C. Z. Sie nahm also in jeder folgenden Zeit immer mehr ab. Im Ganzen betrug die Quantität des excernirten kohlensauren Gas 0,15 C. Z., des excernirten Stickgas 0,0% C. Z., des absorbirten Sauerstoff- gas 0,22 C. Z. 19. Cetonia aurata 4. Den 6. Mai. Ein 10 Gran schwerer, so eben gefangener Goldkäfer hauchte in 2,12 C. Z. atmosphärischer Luft bei 16%,° Wärme binnen 12 Stunden der Nacht 0,15 C. Z. kohlensaures Gas, also bei seiner ge- ringern Masse doch fast um ein Drittheil mehr als seine Larve aus. 20. Cetonia aurata B. Den 30. August: Zwei Goldkäfer, zusammen 15 Gran wiegend, die vor zwei Tagen gefangen und in dieser Zeit ohne Nahrung gewesen waren, erhielten des Morgens um 9 Uhr 45 Minuten bei 13/,° 'Ther- mometerstand 1,575 C. Z. atmosphärischer Luft zum Athmen. Nach 8 Stunden, während welchen die Wärme der äufsern Luft um 1° zunahm, war das Volumen der geathmeten Luft um 0,09 C. Z. vermindert. Der 16 körperliche Inhalt beider Käfer betrug nur 0,07 C. Z. Die ganzen 0,09 ©. Z. konnten also nicht etwa durch den Mund in den gen aufgenommen seyn. Ich wiederholte den Versuch um 7 Uhr 30 Minuten Abends mit 1,590 €. Z. atmosphärischer Luft bei 14'/,° Wärme und setzte ihn 12 Stunden fort. Am Ende dieser Zeit waren wieder 0,055 C. Z. ver- schwunden. Die Käfer waren bei der Wiederholung des Versuchs nicht mehr so lebhaft als vorher, wo sie immerfort den Gipfel der Gasröhre zu erklimmen suchten. Die Excretion an kohlensaurem Gas betrug 0,065 €. Z., die Absorbtion an Sauerstoffgas 0,090 C. Z. Worin die verlor- nen 0,055 €. Z. Luft bestanden, blieb auch bei diesem Versuch, wie beim I3. und 15., ungewifs. Bei der Voraussetzung, dafs sie Sauer- stoffgas waren, findet sich ein Ueberschufs von 0,03 C. Z. des berech- neten Volumen der Luft über den beobachteten. Bei der Annahme, dafs sie Stickgas war, fällt das erstere Volumen um :0,02 €. Z. kleiner als das letztere aus. 21. Melolontha horticola. Den 16. Juni. Siebenzehn dieser Käfer, von welchen jeder im Mit- tel 1 Gran schwer war, lebten 20 Stunden in 4,11 C. Z. atmosphäri- scher Luft bei 13 bis 15° Wärme. Bei der Prüfung der geathmeten Luft ergaben sich an excernirtem kohlensaurem Gas 0,14 C. Z., an ex- cernirtem Stickgas 0,22 C. Z., an absorbirtem Sauerstoffgas 0,36 C. Z. 22. Carabus niger. Den 23. Juni. Ein Laufkäfer dieser Art, der 3 Gran wog, ver- änderte die Mischung von 1,9% C. Z. atmosphärischer Luft binnen 22 Stunden 30 Minuten bei 11 bis 15° Wärme auf folgende Art: Excer- nirtes kohlensaures Gas 0,10,€. Z., excernirtes Stiekgas 0,14 C. Z., ab- sorbirtes Sauerstofigas 0,24 C. Z. 17 23. Oniscus Assellus. Den 23. Juny. Eine Kellerassel von 1 Gran an Gewicht respirirte 23 Stunden 30 Minuten 2,05 C. Z. atmosph. Luft bei 11, bis 15° Wärme. Sie war während dem Versuch in immerwährender Bewegung, indem sie sich in der Gasröhre nirgends anhalten konnte, daher immer auf den Rücken fiel und sich abmühete, die aufrechte Stellung wieder zu erlangen. Der Erfolg ihres Athmens war, dafs 0,04 C. Z. kohlen- saures Gas nebst 0,06 €. Z. Stikgas excernirt und 0,10 C. Z. Sauerstoff- gas absorbirt wurden. 24. Hirudo Gulo Braun. (H. sanguisuga O. F. Müll) Den 3. July. Ein Pferdeegel, der 19,5 Gran wog, wurde Abends 9 Uhr mit 1,93 C. Z. atmosph. Luft bei 16° Wärme eingeschlossen. Am folgenden Morgen um 7 Uhr war das Volumen der Luft um 0,05 €. Z. vermindert. Der Wurm hatte ein Volumen von 0,08 C. Z. Da er immerfort sich durch Saugen an den Wänden der Gasröhre, worin er sich befand, anheftete und dabei Luft verschlucken mufste, so läfst sich nicht zweifeln, dafs jene 0,05 C. Z. von ihm unzersetzt aufgenommen waren. Weiter ging die Abnahme der Luft nicht. Das Thermometer war in der Nacht bis auf 15° gefallen, stieg aber wieder gegen 6 Uhr Abends, um welche Zeit der Versuch beendigt wurde, auf I6°. Während der 21 Stunden der Dauer des Versuchs waren excernirt an kohlen- saurem Gas 0,09 C.Z., an Stikgas 0,14 C.Z., absorbirt an Sauerstoffgas. 0,23 C. 2.. 25. Lumbricus terrestris. Den 7. July. Zwei Erdregenwürmer,, die von aller anklebenden Erde durch Abspühlen wohl gereinigt waren, zusammen 102 Gran wogen und einen Raum von 0,4 C. Z. einnahmen, blieben 18 Stunden in 1,54 Zeitschrift f. Physiol. IV. 1. 3 18 C. Z. atmosph. Luft an einem ganz dunkeln Ort. Die Wärme war im Anfange des Versuchs 16°, am Ende desselben 15°. Sie verschluckten gleich im Anfange des Versuchs 0,09 C. Z. Luft; gaben sehr viel Schleim von sich und waren am Ende des Versuchs sehr ermattet und einge- fallen, erholten sich aber an .der freien Luft bald wieder. Aus dem- selben Grunde, wie bei dem vorigen Versuch, ist es wohl gewils, dafs jene 0,09 C. Z. von den Würmern unzersetzt eingesogen waren. Die geathmete Luft hatte gewonnen an kohlensaurem Gas 0,09 C. Z. an Stik- gas 0,08 C. Z. verloren an Sauerstoffgas 0,17 C. Z. Die Excretion und Absorbtion war also absolut genommen, beinahe dieselbe wie beim Pferde- egel, hingegen in Vergleichung mit dem Gewicht der Würmer weit kleiner als bei diesem. 26. Zimazx ater A. Den 26. July. Vier schwarze Nacktschnecken, eine sehr grofse und drei von mittlerer Gröflse, die zusammen 1 Unze 2 Drachmen 44 Gran wogen, und erst vor anderthalb Stunden gefangen waren, athmeten 10 Stunden hindurch bei 16%, Wärme 9,28 C. Z. atmosph. Luft. Am Ende des Versuchs waren sie ganz in Schleim eingehüllt und. scheintod, kamen aber an der freien Luft bald ins Leben zurück, wobei sie die Oeffnung des Respirations-Organs fortwärend soweit wie möglich offen hielten. Bei der chemischen Untersuchung der geathmeten Luft fand sich das Gegentheil dessen, was sich in allen den vorigen Versuchen bei Insekten und Anneliden zeigte: ein bedeutender Ueberschufs des excer- nirten kohlensauren Gases über. das absorbirte Sauerstoffgas. Es waren nemlich ausgeleert an kohlensaurem Gas 0,85 C. Z., absorbirt an Sauer- stoffgas 0,58 €. Z. Das Volumen der Luft hatte beim Athmen der Thiere keine Veränderung erlitten. Es mufste also eine Absorbtion von 0,25 C. Z. Stikgas statt ‘gefunden haben. Der Gehalt der -geathmeten Luft an Sauerstoffgas betrug 1,94 C. Z. Es waren‘ daher noch 0,36 C. Z., oder etwas mehr als der fünfte Theil dieses Gases, unverzehrt geblieben. x 19 27. Limaz ater B. Den 29. Juny. Die gröfste und eine der übrigen von den vier Nackt- schnecken, die zu dem vorigen Versuch gedient hatten und zusammen 7 Drachmen 9 Gran wegen, setzte ich zwei Tage darauf, nachdem sie sich ganz wieder erholt hatten, doch ohne Nahrung geblieben waren, in eine Gasröhre mit 6,01 C. Z. atmosph. Luft, und liefs sie darin bei 17° Wärme 4 Stunden 45 Minuten. Sie schienen am Ende dieser Zeit etwas zu leiden, krochen aber gleich wieder munter herum, als sie aus der eingeschlossenen Luft entlassen waren. Die Analyse der geathmeten Luft gab ein ganz entgegengesetztes Resultat wie beim vorigen Versuch. Es fanden sich darin an excernirtem kohlensaurem Gas 0,18 C. Z., an excern. Stikgas 0,81 C. Z., an absorbirtem Sauerstoffgas 0,99 C. Z. Der ver- schiedene Erfolg konnte einen doppelten Grund haben: die beiden Schne- ken des letzten Versuchs athmeten nur halb so lange in einer verhält- nilsmäfsig gleich grofsen Menge Luft als die vorigen, und die vorigen waren wohl genährt, die letzten ausgehungert. 28. Limax ater C. Den 12. September. Eine andere schwarze Nacktschnecke, die 125 Gran wog und am vorigen Tage Nachmittags gefangen war, athmete von 12 Uhr 25 Minuten Nachmittags bis defi 15. September Abends 9 Uhr, also 80 Stunden 45 Minuten lang, 13,4 C. Z. atmosph. Luft bei 14 bis 15° Wärme. Ich beobachtete bei diesem Versuch täglich mit der gröfs- ten Genauigkeit jede Veränderung des Volumens der geathmeten Luft. Es trat aber keine ein, die nicht von dem Wechsel der Wärme und des Drucks der äufsern Luft herrührte. Am Ende der 4845 Minuten waren von der Schnecke 1,75 C. Z. kohlens. Gas nebst 0,50 C. Z. Stikgas aus- geleert, und dafür 2,25 C. Z. Sauerstoffgas verzehrt. 29. Helix hortensis A. Den 23. Juny. Eine Gartenschnecke von 36 Gran Gewicht erhielt bei 11 /,° Wärme 4,37 C. Z. atmosph. Luft zum Athmen. Nach 35 Stun- 20 den wurde diese Luft, während sich die Schnecke noch darin befand und fortwährend athmete, der Einwirkung des ätzenden Kali 8 Stunden lang ausgesetzt. Das 'Thermometer war unterdefs nach und nach bis 15° gestiegen. Nach 39 Stunden hatte das Thier 0,74 C. Z. und nach 43 Stunden noch weiter 0,28 C. Z. kohlens. Gas erzeugt. Im Ganzen betrug die Quantität dieses Gases 1,02 C. Z. In den letzten 4 Stunden, wo dasselbe vom Kali absorbirt wurde, hauchte also die Schnecke ver- hältnifsmäfsig weit mehr als vorher davon aus. Der Rest der Luft wurde vom Schwefelkali nicht im mindesten verändert. Da die geathmete Luft 0,88 C. Z. Sauerstoffgas enthielt, so mufsten diese von der Schnecke ganz absorbirt seyn, und da das Volumen der Luft in den ersten 39 und wahrscheinlich auch in den letzten 4 Stunden vom Athmen des Thiers nicht verändert worden war, so mulste dieses überdiefs noch 0,14 ©. Z. Stikgas eingesogen haben. Der Erfolg war hier also in Rük- sicht auf das Verhältnifs des excernirten kohlensauren Gases zum absor- birten Sauerstoffgas ähnlich dem des 26sten Versuches. 30. Helix hortensis B. Den 12. Juny. Eben so wurde von einer andern, 48 Gran schwe- ren, bei Regenwetter vor einer Stunde gefangenen Gartenschnecke, die ich 21 Stunden 15 Minuten lang 2,98 C. Z. atmosph. Luft bei 13 , bis 16° Wärme athmen liefs, mehr kohlensaures Gas erzeugt als Sauerstoff- gas absorbirt, obgleich sie noch die Hälfte des in der atmosphärischen Luft enthaltenen Sauerstoffgases unverzehrt übrig liefs. Sie lieferte 0,46 kohlensaures Gas gegen 0,31 C. Z. verzehrten Sauerstoffgas und 0,15 C. Z. absorbirten Stikgas. 31. Planorbis corneus Dahaltn (Helix cornea L.) Den 1. July. Drei Hornscheiben-Schnecken, zusammen 106 Gran wiegend, wurden, von allen anklebenden Unreinigkeiten gereinigt und abgetrocknet, in 5,40 C. Z. atmosph.,Luft gebracht und darin 17 Stunden ai gelassen. Der Erfolg war in diesem Falle ähnlich dem des 27sten und 28sten Versuchs. Es wurden ausgehaucht 0,15 C. Z. kohlensaures Gas mit 0,11 C. Z. Stikgas, und absorbirt 0,26 C. Z. Sauerstoffgas. Um die bisherigen Resultate mit denen, die sich beim Athmen kalt- blütiger Wirbelthiere ergeben würden, vergleichen zu können, stellte ich die vier folgenden an einer erwachsenen Kröte und zwei jungen Frö- schen an. 82. Bufo cinereus Merr. A. Den 6. Juli. Eine, 13 Drachmen 15 Gran schwere, aschfarbene Kröte athmete 15,25 C. Z. atmosph. Luft bei 197° Wärme 45 Minuten lang. Sie erzeugte 0,10 C. Z. kohlensaures Gas nebst 0,18 C. Z. Stikgas und absorbirte 0,28 C. Z. Sauerstoffgas. 33. Bufo cinereus B. Den 8. Juli. Der vorige Versuch wurde nach zwei Tagen mit der nemlichen Kröte und derselben Quantität Luft bei 15° Wärme 6 Stunden lang wiederholt. Sie hauchte in dieser Zeit 0,83 C. Z. kohlensaures Gas nebst 1,52 C. Z. Stikgas aus und verzehrte 2,40 C. Z. Sauerstofigas. 34. Rana temporia A. Den 9. September. Ein junger, 40 Gran schwerer Frosch, der erst vor einigen Stunden gefangen war, erhielt um 8 Uhr 15 Minuten Abends bei 14° Wärme 2,475 C. Z. atmosph. Luft. Er lebte am folgenden Morgen um 8 Uhr noch, war aber tod, als er um 1 Uhr 45 Minuten Nachmittags aus der Gasröhre herausgenommen wurde, und konnte höch- stens 15 Stunden geathmet haben. Am 10. September Morgens 8 Uhr betrug das Volumen der Luft 2,415 C. Z. Mittags 12 Uhr 2,430 C. Z. und um 1 Uhr 45 Minuten Nachmittags 2,370 C. Z. Es war also die Luftmasse erst um 0,06 C. Z. vermindert, dann um 0,015 vergröfsert und zuletzt wieder um 0,06 C. Z. vermindert worden. Die ganze Ab- nahme derselben betrug 0,105 C.Z. Der körperliche Inhalt des Frosches 22 machte: 0,12.C. Z. aus. Bei diesen Volumen konnte die verschwundene Luft nicht ganz unzersetzt von dem Thiere verschluckt seyn. Das sie aber zum Theil unzersetzt in die Lungen oder den Nahrungskanal auf- genommen wurde, ist bei dem Wechsel ihrer Ab- und Zunahme, der erst bei dem sterbenden Thiere eintrat, nicht zu bezweifeln. Ich be- gnügte mich, die geathmete Luft blos auf ihren, durch das Athmen be- wirkten Gehalt an kohlensaurem Gas zu prüfen, welcher 0,37 C. Z. betrug. 35. Rana temporia B. Den 12. September. Ein anderer, 92 Gran schwerer, junger Frosch, der seit dem 9ten September ohne Nahrung gewesen, aber noch sehr kräftig war, athmete von 9 Uhr Morgens bis 2 Uhr 45 Minuten Nach- mittags 2,66 C. Z. atmosph. Luft. Die Wärme der äufsern Luft betrug anfangs 13° und stieg gegen Mittag bis 15°. Bei Beendigung des Ver- suchs war das Volumen der Luft um 0,11 C. Z. vermindert. Der kör- perliche Inhalt des Frosches fand sich 0,26 C.Z. Die chemischen Wir- kungen des Aihmens waren: 0,35 C. Z. exspirirtes kohlensaures Gas und 0,37 C. Z. absorbirtes Sauerstoffgas.. Von den verloren gegangenen 0,11 ©. Z. Luft war ohne Zweifel ein Theil unzersetzt in den Körper des Frosches aufgenommen worden. Wenn diefs nicht der Fall und das Ganze absorbirtes Sauerstoffgas war, so ergiebt sich bei Vergleichung des Gehalts der geathmeten Luft an kohlensaurem Gas, Sauerstoffgas und Stikgas mit dem beobachteten Rückstand derselben ein Ueberschufs von 0,03 C. Z. Bestand das Absorbirte in Stikgas, so findet sich bei dieser Vergleichung ein Deficit von 0,02 C. Z. Es läfst sich also auch bei diesem Versuch, wie’ bei allen ähnlichen, frühern, über die Beschaf- fenheit der verlorenen Luft nichts bestimmen. Aus den Quantitäten Gas, die sich bei diesen Versuchen fanden, sind in der folgenden Tafel die berechnet, die sich ergeben würden, wenn jedes der obigen Thiere 100 Minuten lang geathmet und 100 Gran an Gewicht gehabt hätte. Mit jener Zeit und diesem Gewicht ist auch die Quantität der geathmeten Luft in Verhältnifs gebracht. Zahl der Ver- Pad fun jmd DHSET ay We a » ww 15 Arten der Thiere. Apis mellifica operaria A. . a B. m Sonnenlichte bei heftiger Bewegung des Thiers Bombus lapidarius A. - _—. B. _ _ CR: — __terrestris A. Im Son- nenlichte — _ muscorum Syrphus nemorum s Itaupe der Papilio brassicae Papilio rapae A. Nach 28 stündigem Hungern _ —_ B. In der Pe- riode desabnehmenden Lebens — Atalanta A. Nach drei- tägigem Hungern — — DB. Nach 3 tägigem Hungern und geschwächt vom vorigen Versuch. Libellula depressa A. = B Larve der'Cetonia aurata . Cetonia aurata A. . R — _ B. Nach 2 tä- gigem Hungern Melolontha horticola 2 Carabus niger Oniscus Assellus Hirudo Gulo Lumbricus terrestris Limax ater A. 2 ? — — DB. Nach 2% tägi- gem Hungern und ge- schwächt vom vorigen Versuch Helix hortensis A. Planorbis corneus Bufo cinereus A. —— B. Rana temporaria A. ? Ba B. Nach 8 tä- gigem Hungern Stand über o |; des Reaum. Thermometers bei dem Ver- suche. 11,5 16 bis 16,5 14 bis 13 15 13,5 bis 17 15 bis 28 15 17 bis 16,5 16,5 bis 14 17 16,5 13,5bis 14,5 13 bis 15 11 bis 15 11,5 bis 15 16 bis 15 16 bis 15 16,5 17 14 bis 15 11,5 bis 15 13,5 bis 16 17 17 15 14 13 bis 15 Excern. wicht d.fkohlens. Tbiers, mu un D Na on %w = = Do Duo ©4 > BAD [? +7, © m = DJ = ” ui x = DVakamen Per Gas. 0,82 2,25 0,31 1,70 0,72 1,74 0,22 0,64 0,50 0,16 0,72 0,20 2,65 1,50 0,37 0,33 0,04 021 0,06. 0,07 0,23 0.20 0,03 0,01 0,02 0,01 0,04 0,10 0,15 0,007 0,02 0,083 0,10 0,26 0,82 0,80 0,28 2,26 0,37 2,85 2,35 0,74 0,93 0,06 0,07 0.17 0,56 0,60 0,09 0,03 0,01 0,07 0,05 0,09 0,10 0,014 0,07 0,08 0,14 0,15 Absorb. Sauer- stoffgas cretion und Absorbtion in Par. C. Z. für 100 Minuten | Zeit des Athmens und 100 Gran Gewicht des Thiers. Excern, Stikgas. |Stikgas: 0,007 0,05 0,05 ss Ssc—s5 SS 24 Soweit gehen meine bisherigen Versuche. Auf das Atihemholen der warmblütigen Thiere und der Fische habe ich sie nicht ausdehnen können. Um aber die Folgerungen aus ihnen zu entwickeln, die sich aus ihnen ziehen lassen, wird es nöthig seyn, mit den unmittelbaren Resultaten derselben die zusammen zu stellen, die sich aus den sichersten der bisherigen Erfahrungen über das Athemholen der Säugethiere, Vögel und Fische ergeben. Es giebt deren nicht viele. Die mehrsten sind sehr unzuverläfsig. Nur die Versuche BerrnoLıer's an Meerschweinchen und Kaninchen '), Auuen’s und Perys’s an Meerschweinchen ?) und Jeiner Taube ®), Desrrerz’s an mehrern warmblütigen Thieren ?*), Provengar's und Hüumsoror’s an Schleihen °) scheinen mir Zutrauen zu verdienen. Ich habe mir die Mühe genommen, die Resultate der Versuche Ber- THOLLET’S an sechs Meerschweinchen und fünf Kaninchen nach der Vor- aussetzung des Gehalts der atmosphärischen Luft von 0,01 kohlensaurem Gas und 0,21 Sauerstoffgas zu berechnen, und seine Angaben auf das alte Pariser Maals und auf eine Ausdehnung der Luft von 15° R. und 28 Zollen des Barometers zu en Die Zahlen, die ich erhalten habe, sind folgende : 1) Mem. de la Soc. d’Arcueil. T. II. p. 461. 2) Philos, Transact. 1809 p. 412. 3) Ebendas. 1829 p. 279. 4) In dessen Trait6 &löment. de Phys. Ed. 2. 5) Mem. de la Soc. d’Arcueil. T. II. p. 359. 25 ——————————eeee ee nie, Bei d ergnd. ehemunn Abm ten Luft. Gas. & Meerschweinchen A. 1St. 30M. |1467C.2.| 660.2.| 9C.z. B. 4- 148--| #--- |189- - c. 4- so- |1480-: | 1ı9--| ıw-- mer: 4- a a Br E.uF. s-:30- 149-1 126- - | 190- - Mittelzahlen Er aueraNTe ae - Kaninchen A. BORN 3-80 11434- -| 152- - | 209 - - Ba a 1148 --| 115- - | ı - - c. en - | ae - - D. u egal ee 2 - - E. ee Be 1 1 105 - - nn aa eure Lac: 150,6 - - 12064 - - Aızen und Perys schliefsen aus ihren Erfahrungen auf Gleichheit der Quantität des ausgeathmeten kohlensauren Gas und absorbirten Sauerstoffgas beim Athemholen. Dieser Schlufs ist aber unrichtig, sobald man nicht mit ihnen, den Erfahrungen aller anderen Physiker entgegen, annimmt, dafs die atmosphärische Luft gar kein kohlensaures Gas ent- hält. Wenn ich :den Gehalt derselben an diesem Gas, wie bei den vorigen Erfahrungen, — 0,01 setze, und die, von Aruzn und Prrys für drei Versuche an Meerschweinchen und Einen Versuch an einer Taube angegebenen Zahlen nach Abzug dieses Gehalts auf die nämlichen Maafse, wie die von ManrmeLHeR bestimmten, reducire, so finde ich Folgendes: Zeitschrift f. Physiol. IV. 1. 4 26 Zeit a ; Volumen |Excernirtes 2 eit des |dergeathme-|kohlensaures| Absorbirtes Athmens. ten Luft. Gas. Sauerstoffg. Meerschweinchen FaRzRg YO RREN ONE WCHEEINEEREN 16 25 M. | 257 C.Z. |10,28C. Z.|12,85 C. Z. DB. RE ee. 25 - 260 - - 117 - -| 143 - - bil Ann ı a 6 - 830 - - 35,2 - - 4 -- Mittelzahlen . . » -.» - 36,6 - 466 - - 19 - -| 2337 -- Eine Taube . - » x va... 9 - 500 - - | 25,5 - -| 304 - - Bei Desprerz’s Versuchen, wovon ich nur den Auszug in MAsEnpıe's Journ. de Physiol. T. IV. p. 155. habe benutzen können, ist blos die Höhe des Thermometers, nicht aber die des Barometers angegeben. Ich habe von den Resultaten derselben die drei folgenden für eine Ausdehnung der Luft von 15° R. und für Pariser Cubikzolle berechnet: Volumen | Excernirtes Zeit des |gergeathme-|kohlensaures Absorbirtes Athmens. ten Luft. Ba Sauerstoflg. Jedes von drei Meerschweinchen 1 St. 45M. 832C0.2.| 140.2. 62 C. 2. Eine männliche zweijährige Katze 1St.S0M. |2488- - 114 - - 198 -- Jede von drei erwachsenen Tauben 1St.30M. | 825 - - 31- - 59 - - Provengau und Hungoror schliefsen aus ihren Versuchen über das Athmen der Fische, dafs diese Thiere immer nebst Sauerstoffgas auch Stickgas absorbiren, dabei weniger kohlensaures Gas erzeugen als Sauerstoffgas verzehren, und vermöge der Absorbtion des Stickgas das Volumen der geathmeten Luft vermindern. Dies folgt aber nicht aus ihren Erfahrungen. Sie liefsen sieben Schleihen in 4000 Cubikcenti- metern Wasser (= 201,6 Pariser Cubikzollen) 8 Stunden 30 Minuten 27 athmen. Vor dem Athmen enthielten 2582 Theile dieses Wassers 524 Theile, nach demselben 453 Theile Luft von 10° C. (= 8° R.) Ausdehnung. Den Verlust von 71 Theilen nehmen sie für Wirkungen der Respiration’ an, und berechnen das Maafs des excernirten und ab- sorbirten Gas nach dem Unterschied dessen, was vor dem Athmen in den 524 Theilen, und nach demselben in den 453 Theilen enthalten war. In jenen fanden sich 155,9 Sauerstoffgas, 347,1 Stickgas, 21 kohlensaures Gas; in diesen 10,5 Sauerstoffgas, 289,5 Stickgas, 153 kohlensaures Gas. Hiernach wären denn beim Athemholen 145,4 Sauer- stoffgas nebst 57,6 Stickgas absorbirt, und 132 kohlensaures Gas excernirt. Allein die fehlenden 91 Theile Luft waren gewifs mit verschlucktem Wasser in den Magen gekommen, ohne beim Athmen mitgewirkt zu haben. Die wahre Quantität des erzeugten und verzehrten Gas ist die Differenz zwischen dem Gasgehalt von 453 'Theilen Luft vor und nach dem Athmen. Nach dem Verhältnifs von 524 : 453 enthielten die letztern vor dem Athmen : 134,7 Sauerstoffgas, 300,2 Stickgas und 18,1 kohlen- saures Gas. Die Producte des Athmens waren also : 124,2 absorbirtes Sauerstoffgas, 10,7% absorbirtes Stickgas und 134,9 excernirtes kohlen- saures Gas. Der Druck der Atmosphäre, wobei die respirirte Luft gemessen wurde, ist von Provengan und Hunzorpr nicht angegeben. Wenn man diese bei Seite setzt, und die Ausdehnung dieser Luft auf die Temperatur von 15° R. redueirt, so hat jede der Schleihen binnen 8 Stunden 30 Minuten von 5,22 C. Z. in 28,8 C. Z. Wasser enthaltener atmosphärischer Luft 1,41 C. Z. Sauerstoffgas nebst 0,12 C. Z. Stickgas verzehrt, und dafür 1,53 C. Z. kohlensaures Gas ausgeleert. Aus den Zahlen, die wir jetzt für das Athmen der erwähnten warmblütigen Thiere und Fische gefunden haben, würde sich eine ähn- liche vergleichende Tafel der chemischen Wirkungen dieser Thiere auf die atmosphärische Luft berechnen lassen, wie die obige ist,’ die ich nach den Resultaten meiner Versuche entworfen habe, wenn das Gewicht jener Thiere von BerruoLLer u. s. w. angegeben wäre. Da dies nicht 28 geschehen ist, ohne eine solche Tafel aber sich über das Verhältnifs der niedern Thiere gegen die höhern in Betreff des Athemholens nichts 'bestimmen läfst, so habe ich Mittelzahlen der Gewichte angenommen, und vermittelst dieser vergleichende Zahlen berechnet. Das mittlere Gewicht eines Meerschweinchens ist ungefähr 1”, Pfund, eines Kanin- chens 3 Pfund, einer Katze ebenfalls 3 Pfund, einer Taube 8 Unzen, einer Schleihe 6 Unzen. Hiernach ergeben sich folgende Verhältnisse des von diesen Thieren binnen 100 Minuten Zeit des Athmens und für das Gewicht eines jeden derselben von 100 Gran in einer, jener Zeit und diesem Gewicht entsprechenden Luftmasse exspirirten kohlensauren Gas und absorbirten Sauerstoffgas. Volumen der Excernirtes Absorbirtes geathmeten Luft. | kohlensaures Gas. Sauerstoflgas. ——— Ein Meerschweinchen nach Berthollt . . . . - 6,6 C. Z. 0,42 C. Z. 0,67 C. Z. — Allen und Pepys . .- 14,7 - - 0,60 - - 0,74, -. — Despreiz ..... 09 - - 047 - - 0,68 - - Ein Kaninchen . nach Berthollt . . . . . 77T - - 04 - - 0,60 - - Eine Katze nach Desprez . .... 15,5 - - 0,66 - - 0,98 - - Eine Taube nach Desprez . . . . . 233 - - 0,99 - - 1538 - - — Allen und Pepys . . 189 - - 0,96 - - 114 - - Eine Schleihe nach Provengal u- Humboldt 0,085 - - | 0,010 - - | 0,009 - - Nach diesen Vorbereitungen lassen sich aus den Resultaten meiner obigen Versuche folgende Schlüsse ziehen : - 1) Die Erzeugung des kohlensauren Gas beim Athemholen der nie- dern Thiere ist abhängig von der Temperatur des Mediums, worin sich diese befinden. Eine Honigbiene excernirte in V. 2 beinahe dreimal soviel kohlensaures Gas bei 22° Wärme als in V. 1. bei 11%°. In V. 4 und 5 an Steinhummeln verhielten sich bei 12Y,° und 15° die Quantitäten dieses Gases wie 31 : 170; in V. 7 und 8 an Erdhummeln bei 9 bis 12° und 14 bis 23° wie 22 : 174; bei den Libellen der Ver- suche 16 und 17 in einer Luft von 16%, bis 14Y,° und 17 bis 16%, ° wie 33 : 37, und bei den Gartenschnecken des 29sten und 30sten Versuchs in einer Temperatur von 11%, bis 15 und 13%, bis 16° wie 10: 15. Dafs dieses Gesetz durch die Stärke der Thiere modificirt werde, liels sich im Voraus erwarten, und zeigt sich auch an den Schmetterlingen des 12ten Versuchs, die zwar geschwächt durch Hungern, doch in der Periode des höchsten Lebens sich befindend, bei 15° Wärme 3 ‚mal soviel kohlensaures Gas lieferten, als die des 13ten Versuchs, die in der Zeit des abnehmenden Lebens waren, bei 13%, bis 17°. 2) Die Quantität des kohlensauren Gas, das sich beim Athemholen der niedern Thiere erzeugt, hängt aber auch von den willkührlichen Bewegungen der letztern ab. Die grofse Menge jenes Gases, das von der Biene des 2ten Versuchs entbunden wurde, entstand wohl nicht allein von der hohen Temperatur, worin das Thier war, sondern auch von den heftigen Bewegungen, die es im Sonnenlichte äufserte.e Die beweglich- sten der wirbellosen T'hiere sind die, welche das meiste kohlensaure Gas ausleeren. Zu denselben gehören die Bienen, Hummeln und Tag- schmetterlinge. Auf diese folgen die Syrphusarten und wahrscheinlich noch mehrere andere Dipteren. Dann kommen die Libellen, die Käfer und die Asseln. Auf der ‚niedrigsten Stufe stehen unter den Insecten die sich langsam bewegenden Larven der Schmetterlinge und Käfer. Die Larve der Cetonia aurata des 18ten Versuchs lieferte nicht den fünften Theil des kohlensauren Gas, welches von dem kraftvollen Goldkäfer des 19ten Versuchs erzeugt wurde, und auch nur den dritten Theil dessen, das der von Hunger geschwächte Goldkäfer des 20sten Versuchs entband. Der lebhafte Carabus niger ( V. 22) leerte dreimal soviel von jenem Gas aus, als die träge Melolontha horticola (V. 21). Noch geringer als bei den 30 » Insectenlarven ist die Excretion des kohlensauren Gas bei den Anneliden und Würmern. Doch auch unter diesen Thieren giebt es Verschieden- heiten im Grade jener Ausleerung nach der Verschiedenheit ihrer Agilität. Der sich schnell und anhaltend bewegende Pferdeblutegel (V. 24) er- zeigte dreimal soviel kohlensaures Gas als der Regenwurm (V. we der den gröfsten Theil seines Lebens unter der Erde zubringt. 3) Mit der Excretion des kohlensauren Gas steht die Alan des Sauerstoffgas nicht immer in gleichem Verhältnifs. Diese wird zwar im Allgemeinen durch die nämlichen Einflüsse vermehrt und vermindert, welche die Zu- und Abnahme jener bestimmen. Aber das Verhältnils des verzehrten Sauerstoffgas zum ausgesonderten kohlensauren Gas hängt‘ von der Stärke des Athemholens, der Ausdauer desselben bei Abnahme der respirablen Luft und dem Volumen der geathmeten Luft ab. Je mehr kohlensaures Gas beim Athmen in der freien Luft entbunden wird, und je schwächer das Vermögen ist, in einem, an Sauerstoffgas armen Medium auszudauern, desto kleiner fällt beim nicht zu langen Respiriren einer geringen Quantität atmosphärischer Luft das Verhältnifs des ver- zehrten Sauerstoffgas zum ausgehauchten kohlensauren Gas aus. Wird aber das Athmen in einer solchen Luft lange fortgesetzt, und fangen die Kräfte des Thiers an zu sinken, so nimmt die Excretion des kohlen- sauren Gas in einem gröfsern Verhältnifs als die Absorbtion des Sauer- stoffgas ab. Einen Beweis hiervon giebt eine Vergleichung der Versuche 14 und 15 an einer Papilio Atalanta. Alle kräftig athmenden Thiere sterben aber in einer eingeschlossenen Luftmasse lange vorher, ehe sie derselben alles Sauerstoffgas entzogen haben. Anders verhalten sich gegen eine solche Luftmasse manche Mollusken. Diese verzehren alles darin befindliche Sauerstoffgas, und fahren, nachdem dasselbe schon ganz ab- sorbirt ist, noch fort, kohlensaures Gas auszuhauchen. Es tritt daher bei längerm Athmen derselben in einem solchen Medium das Gegentheil von dem ein, was sich bei der Respiration der obigen Thiere zeigt: ein Uebermaafs des excernirten kohlensauren Gas über das verzehrte Sauer- . 31 stoffgas. Zuweilen übertrifft auch schon die Quantität des von diesen Thieren erzeugten kohlensauren Gas die des absorbirten Sauerstoffgas, ehe sie noch der Luft deren Gehalt an dem letztern ganz entzogen haben. (V. 26 und 30), Diese lange Ausdauer der Respiration in einer Atmosphär@, worin das Athemhölen der übrigen Thiere aufhört, bemerkte zuerst Vauqueuin ') an Limax flavus und Helix arbustorum. Spauuanzanı ?) sahe das Volumen der Luft, worin eine Helix arbustorum geathmet hatte, von Phosphor nicht weiter verändert werden. Bei der Anwendung des Salpetergas- Eudiometers glaubte er aber darin noch einen Rest von Sauerstoffgas zu entdecken. Sore °) hingegen fand bei der Einwirkung des Salpetergases auf Luft, worin zwei Individuen der Helix Pomatia und vierzig des Ancylus fluviatilis geathmet hatten, keine Verminderung des Volumens derselben. Mit Sore’s Erfahrung stimmt das Resultat des 29sten meiner Versuche an einer Gartenschnecke überein, die einer Luftmasse von 4,37 C. Z. binnen 43 Stunden bei einer Temperatur von 11%, bis 15° alles Sauerstoffgas entzog, Diese Schnecke, so wie die andere des 30sten, und die Nacktschnecke des 26sten Versuchs, erzeugten auch mehr kohlensaures Gas als sie Sauerstoffgas verschluckten. Die Aus- sonderung jenes Gases konnte hier älso nicht unmittelbare Folge der Aufnahme des letztern seyn. 4) Bei den mehrsten meiner Versuche blieb das Volumen der geath- meten Luft ganz unverändert. Vergröfsert wurde dieses im 1lten Versuch von einer Kohlraupe, und im 13ten von drei Rübenschmetter- lingen, doch nur um I bis 2 Hunderttheile eines Cubikzolls und von den Schmetterlingen nur vorübergehend. Eine Verminderung desselben erfolgte beim Athemholen der Erdhummeln des ?ten, der Schmetterlinge des I3ten, I4ten und 15ten, der Goldkäfer des 20sten, des Pferdeegels 1) A. a. 0, 2) Mem. p. 146. 3) A. a. O. P. II. p. 22. 28. 32 des 24sten und der Regenwürmer des 25sten Versuchs. Bei den beiden letztern Erfahrungen entstand die Abnahme der Luft gewils von Auf- nahme einer geringen Quantität derselben in den Nahrungscanal während dem Saugen dieser Thiere. Sie trat hier in der ersten Zeit der Ver- suche ein, dauerte nicht fort, und war nur gering. In den übrigen Fällen hingegen währte sie bis zum Ende der Versuche,*und es war hier das Volumen der verschwundenen Luft zuweilen gröfser als der ganze körperliche Inhalt der Thiere. Es mufste also bei den letztern Erfahrungen etwas davon zersetzt und absorbirt worden seyn. Worin dieses Verlorne bestand, ob in. Sauerstoffgas oder in Stickgas, darüber gab die Analyse der Luft vor und nach dem Athmen in keinem jener . Fälle Aufschluß. Da alle die Thiere, die durch ihr Athmen das Volu- men der Luft verminderten, nur die Erdhummeln des ?ten Versuchs ausgenommen, entweder lange gehungert hatten, oder sich in der Periode des abnehmenden Lebens befanden, so kann jene Einwirkung mit dem Bedürfnifs nach Ersatz der Kräfte in einer Beziehung stehen. Es könnte zwar scheinen, dafs diese Beobachtungen noch eine andere Erklärung zuliefsen. Man könnte voraussetzen, durch die feuchten und wahr- scheinlich sauren Ausdünstungen der Thiere sey die Oberfläche des Quecksilbers, womit die zum Athmen dienende Luft gesperrt war, etwas oxydirt worden, und davon die geringe Abnahme des Volumens der letztern entstanden. Aber warum erfolgte denn diese nur in so wenig Fällen und bei einer Temperatur, die niedriger war, als da, wo sie nicht statt fand ? % 5) Während das Volumen der Luft in den meisten Fällen beim Athmen sich gleich blieb, trat doch immer ein Ueberschufs des absor- birten Sauerstoffgas über das excernirte kohlensaure Gas, oder des letztern über das erstere ein. Jene Gleichheit hätte sich hierbei nicht behaupten können, wenn nicht der Unterschied des Volumens beider Gasarten durch Aussonderung oder Absorbtion eines andern Gas, welches kein anderes ais Stickgas seyn konnte, ersetzt worden ‚wäre. Beim Athemholen äufsern also die in den thierischen Säften enthaltenen Gas- arten ein ähnliches Streben, sich mit denen,. die in dem Medium der Respiration befindlich sind, ins Gleichgewicht zu setzen, wie am Wasser bemerkt wird, das, mit kohlensaurem Gas überladen, dieses an der atmosphärischen Luft entweichen läfst, und dafür Sauerstoffgas mit etwas Stickgas verschluckt. Ein Thier, das in der freien Luft athmet, kann aber Stickgas nur excerniren, nicht absorbiren. Srauzanzanı ') glaubte zwar, dafs die Schnecken beim Athemholen immer mit dem Sauerstoffgas auch Stickgas absorbirten. Seine Meinung beruhet aber auf unrichtigen Gründen. Er nahm jede Aenderung des Volumens der respirirten Luft für Wirkung des Athmens an, und berechnete nach dieser Voraussetzung die Mischungsveränderung derselben. Wahrscheinlich rührte jene in den meisten Fällen, wo er sie wahrnahm, gar nicht einmal von den athmen- den Thieren, sondern von Veränderungen der Temperatur oder des Drucks der Luft her. - 6) In einigen meiner Versuche wurde weit mehr Stickgas als kohlen- saures Gas excernirt. Dies war der Fall bei Libellula depressa B. (V. 17), Carabus niger (V. 22), Oniscus Asellus (V. 23), Hirudo Gulo (V. 24), Lumbricus terrestris (V. 25), Limax ater B. (V. 27), Bufo cinereus A. und B. (V. 32, 33), folglich bei Thieren, die sich entweder blos von thierischen Substanzen, oder, wie die Nacktschnecken, von ‘Pilzen, also sehr stickstoffreichen Materien nähren. Hingegen von den Bienen (V. 1 u. 2) und Hummeln (V. 4, 8, 9), von Syrphus nemorum (V. 10), der -Kohlraupe (V. 11), den Larven des Goldkäfers (V. 18) und den Goldkäfern B. (V. 20), also von pflanzenfressenden Insekten, wurde weniger Stickgas als kohlensaures Gas ausgesondert. Allein da die Rübenschmetterlinge .A. (V. 12) und die Melolonthen (V. 21), obgleich sie auch pflanzenfressend sind, sich doch in dem Verhältnifs des ausgeleerten Stickgas zum .excernirten kohlensauren Gas 1) A. a. O. p. 160, 210, 221. Zeitschrift f. Physiol, IV. 1. 5 34 wie die obigen fleischfressenden Arten verhielten, so läfst sich nicht annehmen, dafs die Quantität des ausgesonderten Stickgas im Verhältnifs zu der des ausgehauchten kohlensauren Gas mit dem Reichthum der Nahrung an Stickstoff immer in geradem Verhältnifs stehe. Jene hängt in der That auch von dem Verhältnifs des excernirten kohlensauren Gases absorbirten Sauerstoffgas ab, und es zeigte sich oben, dafs dieses noch durch andere Bedingungen als dureh die Beschaffenheit der Nahrung bestimmt wird. 9) Runeere ’) hat schon die Bemerkung gemacht, dafs die Insecten, gleich den Wirbelthieren, auch transpiriren. Mit dieser Beobachtung stimmen die meinigen beim 3ten und’8ten Versuch überein. Bei dem letztern verlor eine 6,97 Gran schwere Erdhummel binnen 48 Stunden, während ihr alle Nahrung entzogen war, 0,4 Gran, also den 17ten Theil ihrer ganzen Masse, durch die Ausdünstung an Gewicht. 8) Vergleicht man die chemischen Wirkungen des Athmens der wirbellosen Thiere, die sich aus meinen Versuchen für .100 Minuten Zeit der Respiration und 100 Gran Gewicht der Thiere ergaben, (V. 29, 30) mit denen, die ich nach meinen und Anderer Erfahrungen für Amphibien, Fische und warmblütige Thiere berechnet habe (V.30, 36), so wird man Folgendes bemerken. Die Katze athmet stärker als das. Meerschweinchen und Kaninchen, die Taube noch stärker als die Katze. Die Biene erzeugt schon bei einer Temperatur der Luft von 11 Y,° fast eben soviel, und bei einer Wärme von 22° weit mehr kohlensaures Gas als selbst die Taube. Eine Papilio Atalanta excernirt sogar noch, wenn sie einige Tage ohne Nahrung gewesen ist, bei 15° eine weit grölsere Quantität jenes Gases als dieser Vogel. Den Hummeln stehen die er- wähnten Säugthiere bei einer Temperatur von 16 bis 17° an Stärke der Respiration nach. Ein ‚Syrpkus nemorum kömmt diesen bei einer solchen Wärme ungefähr darin” gleich. Die übrigen Insecten, die Anneliden und 1) Physiologische Untersuchungen über die thierische Haushaltung der Insecten. S. 38. 33 Mollusken respiriren bei einer Temperatur von 11 bis 19° zwar schwächer als die warmblütigen Thiere, doch wenigstens eben so stark als eine Kröte und stärker als eine Schleihe. Eine sehr übertriebene Angabe Pauvanzanr’s ') aber ist es, dafs eine Insectenlarve von dem Gewicht einiger Gran sich in einerlei Zeit beinahe eben soviel Sauerstoff aneignet, als ein Amphibium, das tausendmal gröfser als sie is. Aus dem von SENNBBIER ?) mitgetheilten Versuch, den jener mit drei Raupen der Papilio Crataegi anstellte, würde folgen, dafs jede derselben in 100 Minuten bei einem Gewicht von 100 Gran 1,1.C. Z. kohlensaures Gas gegen 3,8 C. Z. Sauerstoffgas ausgeathmet haben mülste. Von diesen Maafsen ist das erste fast zehnmal, das zweite mehr als zehnmal, so grofs als die, welche ich im Ilten Versuch an einer Kohlraupe fand. Die kaltblütigen "Thiere ‚überhaupt verzehren beim Athmen_ einer kleinen Quantität Luft oft 3mal (V. 12, 17, 21, 23, 24, 32, 33), zuweilen selbst zwischen 7 und 8mal (V. 27) soviel Sauerstoffgas, als sie kohlensaures Gas ausleeren. Bei den warmblütigen Thieren weicht dagegen das Verhältnifs der Quantität des ausgesonderten kohlensauren Gas zu der des absorbirten Sauerstoffgas nicht so sehr ab, obgleich auch bei ihnen diese Quantität immer gröfser als jene ist. Die Frösche vermin- dern zuweilen, wie manche Insecten, ebenfalls das Volumen der Luft, womit sie eingeschlossen sind (V. 34, 35), und einige Fische haben mit manchen Mollusken das Vermögen gemein, beim Athmen einer geringen Luftmasse mehr kohlensaures Gas auszusondern, als sie Sauerstoffgas verschlucken. 9) Wenn es allgemein wahr wäre, dals der Grad der thierischen Wärme: mit der Quantität des bei der Respiration entweichenden kohlen- sauren Gas in gradem Verhältnifs stände, so mülste beim stärkern Athmen der Bienen, Hummeln nnd Schmetterlinge der Körper dieser Thiere auffallend erhitzt werden. Jener Satz kann aber nicht unbedingt, sondern etwa nur dann gültig seyn, wenn beim Athmen mit dem kohlen- 1) Mem. p. 69. 2 2) AmO. 36 sauren Gas keine bedeutende ‘Quantität Stickgas ausgeleert wird. Jenes Gas hat eine geringere, dieses aber eine grölsere specifische Wärme als das Sauerstoffgas. Entsteht also nebst kohlensaurem Gas zugleich ein grofses Maals Stickgas, so muls die Wärme, die bei ‘der Entbindung des erstern entweicht, bei der Bildung des letztern wieder latent werden. Die Insecten hauchen aber oft nicht nur eben soviel (V. 16), sondern sogar zweimal soviel (V. 12, 17,. 23) Stickgas als kohlensaures Gas aus. Die Stärke ihrer Respiration ist ferner abhängig von der 'Tem- 'peratur des Mediums, worin sie sich ‘befinden Sie könnten also, wenn durch ihr Athemholen immer Wärme hervorgebracht würde, nur in sehr warmer Luft einen höhern Grad derselben erzeugen, durch welchen dann aber ihr Leben vielmehr ‚zerstört, als erhalten werden würde. Die einzige Art, in einem kältern Medium Wärme zu’ 'entbinden, ist für sie willkührliche Verstärkung des Athemholens. Diese entsteht bei: ihnen immer in Folge willkührlicher Bewegungen des ganzen Körpers, und dadurch scheinen allerdings manche Insecten auf einige Zeit sich erwärmen zu können. Ich brachte am 9. September zwei sehr kräftige Hummeln, einen Bombus muscorum und einen Bombus 'terrestris, mit einem em- pfindlichen Thermometer, woran sich Y, Theile eines Grades genau unterscheiden liefsen, in eine Gasröhre. Die Thiere hatten sich vorher seit mehrern Stunden neben dem Thermometer und der Gasröhre in einer Wärme von 14 %,° befunden. Nach dem Einbringen berührten sie die Kugel des Wärmemessers, und geriethen in heftige Bewegung. Das Quecksilber stieg schnell von 14 Y, auf 15 %,°. Nach einer Viertelstunde verhielten sie sich ruhig, und jetzt war das Quecksilber wieder auf 14 Y,° herabgesunken. Sie hatten also, während sie in Bewegung waren, %,° Wärme entbunden. Hingegen zeigten zwei andere Hummeln (Bombus lapidarius), die ich am 6. Mai mit einem Thermometer in einer weitern Gasröhre eingeschlossen hatte, auf dieses gar keine Wirkung, -obgleich sie auch sich sehr heftig bewegten. Sie berührten aber nicht die Röhre und Kugel des Thermometers. 37 10) Berechnet man das Gewicht des kohlensauren Gas, Stickgas und- Sauerstoffgas, das von Thieren in einer gewissen Zeit entbunden und verzehrt wird, und vergleicht das des letztern Gas mit dem der beiden erstern, so ergiebt sich ein Ueberschufs des Angeeigneten. über das Ausgeleerte, doch ein so geringer, dals die Masse des Körpers dadurch nicht merklich vergröfsert werden kann. Es wiegt bei 15° Wärme und 28 Zoll Barometerhöhe 1 Par. C. Z. kohlens. Gas: 0,3136 Gran Nürnb. Medieinal-Gewicht. 1 — — Stickgas: 0319 — — —_ — 1 — — Sauerstoffgas: 0,3621 — — —_— 1. —o Nun hauchte z. B. die Libelle des 16ten Versuchs binnen 16 Stunden 0,11 C. Z. kohlensaures Gas nebst 0,11 C. Z. Stickgas aus, und absor- birte dagegen 0,22 C. Z. Sauerstoffgas. Es betrug also der Verlust an kohlens. Gas: . . . 0,03449 Gr. — 0 —Stickgas » 2.2... 0,03486 — . 0,06935 Gr. der Gewinn an Sauerstoffgas: . . . 0,07967 — Es fand daher binnen 16 Stunden eine Gewichtszunahme von nur 0,01037 Gr., folglich, da die Libelle 3 Gr. wog, von nur dem Y,,.ten Theil ihrer ganzen Masse statt. Da die Säugthiere verhältnifsmäßsig nicht mehr Sauerstoflgas sich aneignen, als von jener Libelle verzehrt wurde, so können sie ebenfalls beim Athemholen nur sehr wenig an Masse gewinnen, und für dieses Wenige geht bei ihnen wohl mehr als bei den Insecten durch die Hautausdünstung und die Absonderung der Nieren verloren. Wenn Insecten, die wenig transpiriren, und auf mehrere Wochen der Nahrung .‚entbehren können, einen Theil Luft ver- zehren, ohne dafür ein gleiches Maafs kohlensaures Gas und Stickgas auszuleeren, so ist es allerdings möglich, dafs sie bei langem Hungern doch etwas an Gewicht zunehmen, und so konnte in Sore’s Versuchen ') eine Kreuzspinne, die 1,0% Grammen wog, und einen Monat lang ohne "DA... 0.P.1.p. 114. 38 Futter mit 78 C. Z. atmosphärischer Luft eingeschlossen war, am Ende dieser Zeit 0,018 Grammen schwerer geworden seyn. Allein ich glaube nicht, dafs sich auf diese Erfahrung bauen läfst. Wenn man auf eben die Art, wie für die obige Libelle, den Gewinn an Sauerstoffgas und den Verlust an kohlensaurem Gas und Stickgas für die Erdhummel des Sten Versuchs berechnet, die in.den 48 Stunden der Dauer des letztern um 0,4 Gran leichter geworden war, so ergiebt sich ein grofser Ueber- schufs des Verlusts durch die Hautausdünstung über die Zunahme an wägbaren Stoffen beim Athemholen. . Die Hummel hauchte nämlich binnen jener Zeit 0,429 C. Z. — 0,134 Gran kohlensaures Gas und 0,113 C. Z. — 0,035 Gr. Stickgas, zusammen 0,169 Gr. aus, und absorbirte dafür 0,542 C. Z. = 0,196 Gr. Sauerstoffgas. Beim Athemholen überstieg also der Gewinn nur um 0,02% Gr. den Verlust, während der Körper. durch die Hautausdünstung um l5mal mehr an Masse vermindert wurde. Es ist schr unwahrscheinlich, dafs die Spinnen nicht ebenfalls transpiriren sollten. . 11) Diese Vergleichung des Gewinns und Verlusts an wägbaren Stoffen beim Athemholen führt noch auf ein anderes, auffallendes Re- sultat. Im iöten Versuch lieferte. eine Papilio Atalanta, die 2 Gran wog, und schon etwas länger als drei Tage ohne Nahrung gewesen war, binnen 90 Minuten 0,025 C. Z. = 0,0078 Gran kohlensaures Gas. In 11 Gewichtstheilen dieses Gases sind 3 Theile Kohlenstoff enthalten. Folglich hatte das Thier in 90 Minuten 0,0022 Gr., und, wenn es in den drei Tagen vor dem Versuch auch nicht stärker als in den letzten 90 Minuten geathmet hätte, doch in diesen drei Tagen schon 0,1 Gr. Kohlenstoff verloren. Es respirirte aber, vorher soviel stärker, dafs man den Verlust auf wenigstens 0,15 Gr. anschlagen darf. An dem Stoff- wechsel konnten die harten Theile des Schmetterlings wenig Antheil haben. Diese wogen an einer andern Papilio Atalanta, die mit der vorigen von gleicher Gröfse und ganz ausgetrocknet war, 1,4 Gran. Das Gewicht der weichen, belebtern Theile betrug also nur 0,6 Gran. Wir. ’ Int. Haroher so. Art Karcher Se. Int Aaroher Se. un u Sa: BR, I AG he. ÄAdrchor de. 39 wollen inzwischen dafür 1 Gran annehmen.” Diese Masse bestand wenig- stens zur Hälfte aus Wasser, und die übrige Hälfte war gröfstentheils aus Eiweifsstoff, Faserstoff und Fett zusammengesetzt. Der halbe Gran, ‚den die letztern zusammengenommen ausmachten, konnte im Mittel nicht mehr als 60 pro Cent, also 0,3 Gran Kohlenstoff enthalten. Es waren aber 0,15 Gran des letztern excernirt. Die weichen Theile hatten also ‚die Hälfte ihres ganzen Gehalts an Kohlenstoff verloren. Und doch war ‘der Schmetterling nach dem Versuch noch so kräftig, dafs er vielleicht noch einige "Tage ohne Nahrung gelebt haben würde. Es ist also ent- weder das Leben nicht an ganz bestimmte, quantitative Mischungs- verhältnisse der organischen Grundstoffe gebunden, oder es mufs im Lebenden eine Erzeugung des Kohlenstoffs statt finden. Bremen, im October 1830. IE. Ueber die hintern Hemisphären des Gehirns der Vögel, Amphibien und Fische. Von G. R. TREvIRANUS. Wenn eine Lehre, die nur für Meinung, nicht für unmittelbares Resultat der Erfahrung gelten kann, einer ganzen Wissenschaft zum Grunde gelegt ist, so verdient eine solche vor allen andern die strengste Prüfung. Von dieser Art ist der Satz: dafs die hintern Hemisphären des Gehirns der Vögel, Amphibien und Fische einerlei mit gewissen Organen des Gehirns der Säugthiere sind. Auf ihm beruht die ganze 40 „vergleichende Anatomie des Gehirns. Eine nähere Prüfung desselben wird ::also keine ganz verdienstlose Arbeit seyn. zes ee . Von den frühern Zergliederern wurden jene Hemisphären bei den Vögeln für die Sehehügel (Thalami nervorum opticorum), bei den Am- ‚phibien und Fischen: entweder ebenfalls für die Sehehügel, oder für die Hemisphären des. grofsen Gehirns der Säugethiere angenommen. Nach- dem in ihnen Gau und SpurzHem !) bei den Vögeln das vordere Paar der Vierhügel, Arsaky ?) bei den Fischen das: ganze Gebilde dieser Hügel vermuthet hatten, erklärte sie Tiepemann °) sowohl bei den Amphibien und Fischen, als bei den Vögeln für die sämmtlichen Vier- hügel der Säugthiere. Mir schien, als ich im Jahre 1820 meine Unter- suchungen über den Bau und die Funktionen des Gehirns, der Nerven und der Sinneswerkzeuge in den verschiedenen Klassen und Familien des Thierreichs *) herausgab, keine dieser Meinungen die wahre zu seyn. Ich glaubte, jene Hemisphären aus einer Vereinigung der Vier- hügel mit dem hintern Theile der Sehehügel des Säugthiergehirns ablei- ten zu müssen. Von einem neuern Schriftsteller, Serres, dem der Preis für ein Werk ertheilt ist, worin er Gedanken deutscher Schrift- steller als die seinigen geltend zu machen gesucht hat °), ist die Meinung, die Tıepemann einfach und ohne Anmafsung, wie es dem ächten Wahr- heitsforscher geziemet, vortrug, auf eine nicht so anspruchslose Weise wieder vertheidigt worden. Die ältern dieser Deutungen werde ich übergehen können. Man kannte, als man sie vortrug, das Gehirn der 'Thiere noch zu wenig, um sich bei der Vergleichung der Theile desselben durch mehr als 1) Untersuchungen über die Anatomie des Nervensystems S. 36. 2) De piscium cerebro et medulla spinali p. 36. 3) Anatomie und Bildungsgeschichte des Gehirns u. s. w. S. 119 fg. ö 4) Im 3ten Bande der vermischten Schriften von G. R. u. L. C. Treviranus. _ 5) Anatomie compar. du Cerveau dans les quatre classes des Animaux vertebres. Par €. R. A. SERRES. . j 41 oberflächliche Aehnlichkeiten leiten zu lassen. Arsary und Tırpemann stützten sich bei ihrer Erklärung vorzüglich auf die Analogie der hintern Hemisphären des Gehirns der Vögel, Amphibien und Fische mit den Vierhügeln des Embryo der Säugthiere. Serres benutzte eben diesen Beweis und suchte ihn noch weiter auszuführen, ohne jedoch dem, was schon vor ihm gesagt war, Erhebliches beizufügen. Es ist freilich wahr, die Vierhügel der Säugthiere erscheinen früher, als die Windungen des grofsen Gehirns, machen in der ersten Zeit ihrer Ausbildung auf jeder Seite nur eine einzige hohle, nach Verhältnifs sehr grofse Masse aus und zeigen sich in dieser Periode den hintern Hemisphären der niedern Rückenmark-Thiere ähnlich. Allein aus der äufsern Aehnlichkeit läfst sich noch nicht auf Gleichheit schliefsen. Soll dieser Schlufs gelten, so müssen die Verhältnisse des Vierhügelpaars zum übrigen Gehirne die nämlichen bei den Vögeln, Amphibien und Fischen, wie bei den Säugthieren seyn. Es frägt sich also: ob eine solche Uebereinstimmung Statt findet? Bei der Beantwortung dieser Frage ist zuerst die Beschaffenheit des Ursprungs der Sehenerven zu berücksichtigen: denn mit diesen Nerven stehen die hintern Hemisphären der niedern Rückenmark-Thiere in der nächsten Beziehung. Ich werde meine hierüber an den Säug- thieren gemachten Beobachtungen einzeln mittheilen. 1) Cercopithecus cynomolgus. Die Sehestreifen (Tractus optici) bestehen hier aus einer obern und untern durch eine Furche von einander getrennten Fasernbinde. Die obere entspringt aus den Sehehügeln (Thalami nervorum opticorum); die untere kömmt unter\den Hirnschenkel- Knollen (Corpora geniculata interna) hervor. ') Die erste Figur dient 1) Es sey mir erlaubt, bey dieser Gelegenheit zu bemerken, dafs nuf S. 20 meiner Untersuchungen über den Bau und die Functionen des Gehirns und auf S. 107 des 6ten Bandes meiner Biologie die Corpora geniculata interna mit den externie verwechselt sind. Ich habe, als ich die Verwechselung bemerkt hatte, geglaubt, sie werde dem kundigen Leser auch ohne Erinne- rung bald einleuchten. Sie ist aber doch Schuld, dafs ein actbarer Schriftsteller (Bunpaon vom Baue nnd Leben des Gehirns. B. 2. S. 342) mich sehr mifsverstanden hat. Zeitschrift f. Physiol, IV. 1. 6 42 zur Erläuterung dieser Beobachtung. Man sieht hier bei I den Trichter e, e die Mark-Kügelchen (Eminentiae candicantes), ce das Chiasma der Sehenerven, o, o die Sehestreifen und deren beide Fasernbinden, t, t die Hirnschenkel-Knollen, q, q das hintere Paar der Vierhügel, p die durchschnittene Brücke, b, b die durchschnittenen Hirnschenkel und v den Anfang der Hirnklappe, aus welcher die Nerven des vierten Paars entspringen. 2) Eben diese Bildung fand ich bei Simia Sphinx. 3) Ursus arctos. Beim Bär sah ich die Sehestreifen aus bogen- förmigen, auf der hintern Fläche der Sehehügel liegenden Faserbündeln entstehen Diese gingen von der Verbindung der Thalami mit der Zirbel aus. Die hintern Seitenfortsätze des Gewölbes, welche die gerollten Wülste ‚bedecken (Corpora fimbriata), erstreckten sich als eine dünne Markhaut über die Hirnschenkel-Knollen zu den Sehestreifen. Das Nähere ergiebt sich aus Figur 2. Man sieht hier an der rechten Hemisphäre des grofsen Gehirns von der Seite und schräg von hinten den Hirn- schenkel d, den Fortsatz 8 des kleinen Gehirns zu den Vierhügeln, den einen hintern h und den einen vordern H dieser Hügel, den Hirn- schenkel-Knollen A, den Sehehügel o, von dessen hintern Fläche bogen- förmige Fasernstränge zum Ursprunge der Sehestreifen gehen, den ge- streiften Hügel T und den Rand F vom Schenkel des Gewölbes, der sich bei C mit den Sehestreifen vereinigt. 4) Canis vulpes. Hier liefen ebenfalls auf der obern Fläche des hintern Theils der Sehehügel bogenförmige Fasern vom Befestigungsort der Zirbel, über den auswendigen Kniehöcker (Corpus geniculatum ex- ternum), zum Ursprunge der Sehestreifen. Andere Wurzeln dieser Streifen waren nicht zu entdecken. 5) Mus amphibius. Auch hier ging auf jeder Seite eine weilse fasrige Decke von der Stelle aus, wo die Schenkel der Zirbel zu den Sehehügeln treten, verbreitete sich über den hintern Theil dieser Hügel 43 und bildete, indem sie sich zu einer Markbinde zusammenzeg, die Sehe- streifen. Sie liefs die Hirnschenkel-Knollen unbedeckt und es begaben sich zu ihr keine Markfasern weder von diesen Knollen, noch von den Vierhügeln. 6) Cavia cobaya, Die Beobachtungen, die ich bey diesem 'Thier machte, sind in Fig. 3, 4 und 5 vorgestellt. In Fig. 3 ist das Gehirn, nach Wegnahme des Seitenstücks der linken Hemisphäre des grofsen Gehirns, des gerollten Wulsts und des kleinen Gehirns, von der Seite abgebildet. z ist die äufserste Markwurzel des Riechnerven auf der Basis des Riech-Fortsatzes, > das Chiasma der Sehenerven, y der aus- wendige knieförmige Höcker, d der Hirnschenkel-Knollen, h das vor- dere, h’ das ‚hintere Paar der Vierhügel, v der abgeschnittene linke Schenkel des kleinen Gehirns, d eine Hervorragung zu beiden Seiten des verlängerten Marks, auf welcher der Hörnerve « entspringt, £ der graue Höcker des Trichters (Tuber cinereum), gg’ die Brücke, g'n das Trepezium. Die Nerven sind nach ihrer Folge mit Zahlen bezeichnet. Von (der untern Fläche des hintern der Vierhügel h’ sieht man zwei Markbündel # heraufkommen. Der untere geht bogenförmig, erst auf- wärts, dann wieder nach unten gekrümmt, zum vordern Rand g ‚der Brücke, unter welcher er sich verliert. Der obere ist der, welchen Santorini und mehrere andere Zergliederer beim Menschen, als zu dem Sehestreifen gehend, bemerkt haben. Er bildet hier die von mir bei Cercopithecus Cynomolgus und Simia Sphinx beobachtete hintere Mark- binde der Sehestreifen, deren Gestalt deutlicher aus der 5ten Figur er- hellen wird. Von den, an den Hirnschenkel-Knollen liegenden Fasern der Sehestreifen schienen mir einige aus dem vordern Paar der Vier- hügel zu entspringen. Die ersten und stärksten Fasern gingen auf der Oberfläche der Sehehügel von der Stelle aus, wo die Markschenkel der Zirbel und die hintere Commissur sich in die Sehehügel fortsetzen. In Figur 4, welches das Gehirn (des Meerschweins von der obern Seite, nach Wegnahme der obern Windungen des grofsen Gehirns, des 44 Bälkens, der gerollten Wulste und des kleinen Gehirns, vorstellt, ist der Ursprung dieser auf den Sehehügeln y, y liegenden Fasern aus- gedrückt. Fig. 5 ist eine vergröfserte Vorstellung der Hirnschenkel m, m mit einer, dem Meerschweine eigenen grauen Masse q, die gleich vor der Brücke, hinter den Wurzeln der Nerven des dritten Paars liegt, den Nerven des dritten Paars, den grauen Höcker ß, den Hirnschenkel- Knollen d, d, den Sehenerven 2, 2 und den beiden, in der 3ten Figur von der Seite abgebildeten Marksträngen, welche vom hintern Paar der Vierhügel zu den Sehestreifen gehen. Es ist hier klar, dafs diese Stränge &, «, die, am hintern Rande der Sehestreifen und des Chiasme liegende Markbinde ausmachen. %) Sciurus vulgaris. Längs dem hintern Rande der Sekestreifen und des Chiasma ging hier wieder ein ununterbrochener, sehr ausge- zeichneter Markstreifen von der einen Seite zur andern fort. Er lief über die Hirnschenkel-Knollen weg, entsprang hier aber nicht aus dem hintern Paar der Vierhügel, sondern zwischen jenem Knollen und dem vordern Paar dieser Hügel. 8) Lepus timidus. Von dem hintern Paar der Vierhügel erstreckte sich, wie beim Meerschwein, eine Markleiste. auf jeder Seite queer über die Hirnschenkel, vor dem vordern Rand der Brücke, nach der Mitte dieses Randes. 9) Cervus tarandus. Auswendig auf dem Hirnschenkel-Knollen “fand ich Fasern, die von dem vordern Paar der Vierhügel entsprangen und sich mit den Sehestreifen vereinigten. Von dem hintern Paar der Vierhügel ging zwischen jenen Knollen und den Hirnschenkeln auf jeder Seite eine etwas erhabene Leiste fort, die sich hinter den Sehestreifen an den Hirnschenkeln verlor. 10) Capra övis. WVon.dem hintern Paar der Vierhügel begab sich eine Markleiste zu den Sehestreifen und ging an dem untern Rande derselben, unvermischt mit den obern Fasern der Streifen, bis zum 45 Chiasma. Diese obern Fasern kommen theils von den Sehehügeln, theils von den Hirnschenkel-Knollen. Von dem vordern Vierhügelpaar lief eine Markleiste queer über die, welche sich zu den Sehenerven begab, und über die Hirnschenkel nach der Gegend des Ursprungs der Nerven des dritten Paars.' 11) Sus scrofa. Auf den Sehehügeln fand ich ähnliche, vom innern Rande derselben nach den Sehestreifen gehende Fasern, wie bei mehreren .der obigen Thiere. Diese Fasern schienen auch hier nur oberflächliche zu seyn und in der äufsern Markdecke der Sehehügel ihren Sitz zu haben. Wenn man diese Beobachtungen unter sich vergleicht, so ergeben sich daraus folgende Resultate. j Bei den Säugthieren gehen die zur Bildung der Sehestreifen zu- sammentretenden Hirnfasern vorzüglich von der Stelle aus, wo die .Schenkel der Zirbel und die hintere Commissur mit den Sehehügeln zu- sammenhängen. Jene Fasern haben in einer äufsern Markhaut dieser Hügel ihren Sitz und breiten sich bogenförmig über den hintern Theil derselben nach dem äufsern Kniehöcker aus. Mit ihnen vereinigen sich bei einigen Säugthieren ähnliche Fasern, die von den Hirnschenkel- Knollen und den Vierhügeln kommen. Sie werden, wenigstens bei einigen Gattungen, auch noch durch Fasern des sich zwischen den Sehehügeln und den gestreiften Hügeln fortsetzenden 'Theils der Fimbrien des Ge- wölbes verstärkt. Aufserdem aber tritt bei vielen Säugthieren zu den Sehestreifen auf jeder Seite eine Markleiste, die von dem auswendigen Rande der Vierhügel heraufsteigt und sich als eine eigene Binde am hintern Rande der Sehestreifen bis zum Chiasma fortsetzt. Diese Leiste » fängt bei ‘einigen Säugthieren an dem vordern, bei andern an dem hintern Paar der Vierhügel an. Ich werde sie die hintere Markbinde der Sehe- streifen nennen. Eine zweite ähnliche Leiste erstreckt sich von einem der beiden Vierhügelpaare zur Mitte des vordern Randes der Brücke, oder zur Gegend des Ursprungs der, Nerven des dritten Paars. Wie bei den Säugthieren die Seehügel, so sind bei den Vögeln die 46 hintern Hemisphären des Gehirns die Theile, von welchen die zur Bildung der Sehestreifen dienenden Hirnfasern vorzüglich ausgehen. Sie machen eine fasrige Decke aus, welche die Hemisphären wie eine Haube umgiebt, und strahlen von dem ganzen Umfange der Halbkugel nach dem Chiasma, aus. Beim Schwan aber fand ich eben so, wie bei mehrern Säugthieren, die Sehestreifen aus einer breiten vordern und einer schmalen hintern Binde bestehend, von welchen jene ein unmittelbarer Fortsatz der fasrigen Decke der Hemisphären war, diese hingegen von dem hintern Theile der Queerbinde, wodurch diese Hemisphären von der obern Seite mit einander verbunden sind, herzurühren > schienen. Bei einem der Schwäne, die ich untersuchte, ging von eben diesem hintern Theil auf jeder Seite eine ähnliche Markleiste, wie ich bei mehrern Säugthieren antraf, zur Gegend des Ursprungs der Nerven des dritten Paars, und bei allen lag zwischen jedem dieser Streifen und den Sehe- streifen eine kleine halbkugelförmige Hervorragung. Die 6te Figur ist hiervon eine Darstellung. Sie zeigt ‘das verlängerte Mark (e) von der untern Seite mit dem Anfange des Rückenmarks h, den hintern Hemisphären bh, b, den Sehestreifen r r/, rr/ und dem Chiasma z des Schwans. r, 7 sind ‘die vordern, 7’, r/ die hintern Markbinden der Sehestreifen, a, a die zum Ursprunge der Nerven 3, 3 des dritten Paars gehenden Mark- leisten und r, r die erwähnten Hervorragungen. Bei den Amphibien und Fischen liegen die hintern Hemisphären unmittelbar an einander und enthalten eine einzige, gemeinschaftliche Höhlung. Die Sehenerven zeigen keine "Trennung in eine vordere und hintere Markbinde. Die Fasern, woraus diese Nerven entstehen, ver- laufen bei den Amphibien eben so auf jenen Hemisphären, wie auf denen der Vögel. Bei den Fischen aber findet ein anderer Ursprung dieser Nerven Statt, den wir unten näher untersuchen werden. Nimmt :man diese Thatsachen zusammen, so scheinen sie auf den Schlufs zu führen, dafs die hintern Hemisphären der Vögel und Am- phibien den Sehehügeln der Säugthiere zu vergleichen sind und die 4 Queerbinde derselben bei den Vögeln für ein Ueberbleibsel der Vier- hügel anzusehen ist. Allein mit dieser Folgerung stimmt eine andere Reihe von Thatsachen nicht überein. Es ist gewifs, dafs die’ hintern Hemisphären bei den Fischen in weit grölserm Verhältnifs zum übrigen Gehirn, als bei den Amphibien und Vögeln stehen. Ich fand das Ge- wichtsverhältnifs der hintern Hemisphären zu den vordern bei. Falco Nisus .— 100: 227. — Buteo z 100: 289. — Lagopus = 100: 320. — albidus z 100: 380. Strix brachyotos = 100: 940. Corvus Cornix z 100: 740. Psittacus aestivus z 100: 1050. — rufirostris = 100: 1430. Oriolus Galbula = 100: 300. - Ampelis Garrulus = 100: 210. Fringilla domesticä = 100: 400. — coelebs = 100: 400. Phasianus Gallus Mas. = 100: 244. n— — Foem. = 100: 333. Meleagris Gallopavo — 100: 252. Ardea cinerea = 100: 332. — stellaris = 100: 345. Anas Anser domest. = 100: 520. Crocodilus Lucius = 100: 412. Testudo Mydas = 100: 343. Raja Rubus = 100: 201. Squalus Galeus = 100: 194. Pleuronectes Platessa == 100: 23. Gadus Morrhua = 100: 15. Trigla Hirundo = 100: 13. 48 Hiernach müfste, wenn der obige Schlufs gültig wäre, von den obern Säugthieren zu den niedern sich das Verhältnifs der Sehehügel zum grofsen Gehirn dem, worin bei den Vögeln die: hintern Hemis- phären zu den vordern stehen, nähern. Dies ist aber nicht durchgängig der Fall. Das Gewichts-Verhältnifs der Sehehügel zum ‚übrigen grofsen Gehirn der Säugthiere läfst sich zwar, wegen des innigen Zusammen- hangs, den beide mit einander haben, nicht bestimmen. Allein in dem Verhältnifs der Länge und Breite dieser Organe fand ich gröfsere Ano- malien, als dafs sich eine Verwandlung des ganzen Gebildes der Sehe- hügel der Säugthiere in die hintern Hemisphären der Vögel annehmen läfst. Es verhält sich z. B. der Sehehügel zum grofsen Gehirn bei Cercopithecus Cynomolgusinder Länge wie10: 41, inder Breite wie 10: 72. Simia Sphinx GE OB, ee Nasua Narica le a aa 37 [| 2203 7 BSOROBNE BEN De | >03 Canis Vulpes ze re zero: Mustela Foina PER I Ban) 6 Beer Te 1 11) 2 1 Lutra vulgaris DE ee IE 1 | 29 | JR PEN tan SEE SE nn \ 05 Sus Scrofa 'sinensis PURE EEE || 1 = > SE RFESERRED Zee | Capra Ovis EUR EP U Moon [| 775 v_ DIOR RENTE N AURER nn ||) 7-5 Lepus timidus In URL ERRRIRILE = 2. || 16 2 VOSSBRSeckraglegn BEER | 055 Sciurus vulgaris ee, AO Castor Fiber er ee Cavia Cobaya IE NRO ONE TER ERBE | 17 1 VRR SBAEREGERENGE |) 9 Mus Rattus et ee Oe Cricetus germanicus Ze er A rt ER Erinaceus europaeus ee er re, OR Talpa europaea | gez Or OR Didelphis virginiana ee re » „10: 34. Es haben also im Allgemeinen die Affen die ale die Nager, der Igel, der Maulwurf und das Beutelihier die gröfsten Sehehügel , in Vergleichung mit dem übrigen grofsen Gehirn. Es folgt aber die 49 Länge dieser Organe einem andern Gesetze in der Ab- und Zunahme, als die Breite. Dagegen lehrt sehon der blofse Augenschein, dafs die äufsern Kniehöcker (Corpora geniculata externa), die Hirnschenkel-Knollen (Corpora geniculata interna) und die Vierhügel vom Menschen an bis zu den untersten Säugthieren im Verhältnifs zum übrigen grofsen Gehirn . ununterbrochen zunehmen. Die äufsern Kniehöcker verschmelzen bei den niedern Säugthieren mit dem hintern Theil der Sehehügel zu einer runden Masse, die sich von dem vordern grauen Theil dieser Hügel durch ihre weilse Farbe unterscheidet und bei mehrern Gattungen auf ähnliche Art, wie die hintern Hemisphären der Vögel, zu beiden Seiten des Gehirns hervorragt. Jener Unterschied des vordern und hintern Theils zeigt sich vorzüglich in Fig. 7 an einem Präparat des Hasenge- hirns. Man sieht hier den vordern Theil des horizontal- durchschnittenen grofsen Gehirns mit den gestreiften Körpern s, s, den Sehehügeln rt, rt und den Vierhügeln ab, ab, nach Wegnahme der Seitentheile des grofsen ‘Gehirns, des Balkens und des Gewölbes bis auf die vordern Enden der beiden letztern, c und f—t ist der vordere graue, r der hintere, mit einer weilsen fasrigen Markdecke überzogene Theil der Sehehügel. In derselben Figur ragen bei q und q die Hirnschenkel Knollen hervor. Die bedeutende Gröfse dieser Knollen bei den niedern Säugthieren und ihre Lage gegen die Sehehügel und die Vierhügel erhellet noch deut- licher aus dem Präparat des Meerschwein-Gehirns der 3ten Figur, woran diese Theile ebenfalls mit q, q bezeichnet sind. In beiden Figuren ist auch das grofse Verhältnifs der Vierhügel zum übrigen Gehirn zu be- merken. Aus einer Vergleichung der Dimensionen dieser Hügel mit den Dimensionen des grofsen Gehirns habe ich die relative Zunahme der- selben vom Menschen an bis zu den niedern Säugthieren in meiner Abhandlung über das Gehirn und die Sinnesorgane des Virginischen Beutelthiers ') bewiesen. 1) Zeitschrift für die Physiologie. Herausgegeben von Tırpemann u. 8. w. B, 8. S. 49. Zeitschrift f. Physiol. IV. 1. 7 50 Bei diesem relativen Wachsthum der Vierhügel ist es nicht glaub- lich, dafs sie bei den Vögeln zu einem Organ von so geringer Aus- dehnung, wie die Queerbinde der hintern Hemisphären: ist, verkleinert werden. Es läfst sich aus den sämmtlichen obigen Thatsachen kein anderer Schlufs ziehen, als der, dafs die hintern Hemisphären der niedern Rückenmarksthiere nicht von einem einzelnen Theil des Gehirns der Säugthiere, sondern von der Vereinigung der Kniehöcker und der Vierhügel zu einem einzigen Paar von Organen abzuleiten sind. Auf dieselbe Folgerung führt auch die Betrachtung des innern Baus der hintern Hemisphären Diese bestehen bei den Vögeln aus einer Schaale und einem, von der inwendigen Fläche des hintern Theils der Schaale hervorspringenden Kern. Die Schaale ist mit einer dünnen Marklage, einem Fortsatze, der sich über die Sehehügel ausbreitenden strahligen Scheidewand überzogen. Unter dieser Decke liegt die oben beschriebene fasrige Haube, deren Fasern in die Sehestreifen übergehen. Dann folgt eine Lage von Rinde und noch weiter nach innen wieder eine Markschichte. Die letztere ist aus Fasern zusammengesetzt, die aus den Hirnschenkeln hervorkommen, sich umbiegen, durch die Rinden- lage fortsetzen und auf der inwendigen Fläche der Haube, woraus die Sehestreifen entspringen, senkrecht stehen. Den Kern bindet Rinden- substanz, die mit Markstreifen durchzogen ist. Es ist ein hinterer Fortsatz des einen von zwei symetrischen Theilen, die auf der obern Seite der Hirnschenkel, zwischen den hintern Enden der vordern Hemi- sphären, vor der Queerbinde der hintern Hemisphären liegen. Tıepemann ’) erkannte in diesen Organen Ueberbleibsel der Sehehügel des Säugthier- gehirns, und ihre Abkunft von dem- vordern Theil der letztern läfst sich auch nicht bezweifeln, Sie kommen mit denselben in ihrer Lage und Gestalt überein; sie sind eben so wie diese vordern Theile sowohl durch eine weiche, als durch eine hintere Commissur mit einander ver- 1) A. a. 0. 8. 19. 51 einigt, und an ihrem innern Rande geht bei mehrern Vögeln ein Mark- streifen, der mit dem übereinkömmt, worin sich bei den Säugthieren der. Zirbelstiel jeder’ Seite fortsetzt, hinter einem, dem Gewölbe dieser Thiere ähnlichen Körper zur Grundfläche des Gehirns. Bei den meisten Vögeln zeigen sich diese Sehehügel so, wie ich sie in der 8ten Figur von Falco Buteo vorgestellt habe.‘ Diese Abbildung dient zugleich zur Versinnlichung dessen, was ich über den Bau der hintern Hemisphären und deren Verhältnifs zu den übrigen Hirntheilen gesagt habe. Sie zeigt die obere Seite des Gehirns jenes Vogels nach Wegnahme des kleinen Gehirns, der obern Hälfte der rechten hintern Hemisphäre und des obern Theils der Decke und des Kerns der rechten vordern Hemi- sphäre. d ist die linke, mit ihrer Decke bekleidete, vordere Hemi- sphäre — s. Die strahlige Scheidewand derselben — a‘. Der untere Theil der abgeschnittenen strahligen Scheidewand der rechten vordern Hemisphäre, die sich vorne und hinten in die hier bis auf aa abge- schnittene Decke dieser Hemisphäre fortsetzt — b. Horizontaler Durch- schnitt des Kerns dieser Hemisphäre — f. Die rechte Hälfte des Ge- wölbes. In ihren obern Rand geht die strahlige Scheidewand a’ über. Ihr älfseres Ende setzt sich seitwärts mit der, unter ihr liegenden vor- dern Commissur in den Kern b fort und bildet hier divergirende Mark- streifen — c. Dieses Gewölbe des Vogelgehirns ist von mir schon in meinen Untersuchungen über den Bau und die Functionen des Gehirns S. 26 beschrieben, demungeachtet aber von Serkes nicht erkannt worden, wie sowohl aus dem, was er in seinem angeführten Werke (T. II. p. 473) über die Verhältnisse der strahligen Scheidewand zu den übrigen Theilen des Vogelgehirns, als aus den Abbildungen des letztern auf der 3ten und 4ten seiner Tafeln erhellet. Nur die vordern Fortsätze dieses Fornix hat er bemerkt. Er schreibt sich aber sehr mit Unrecht (p. 477) die Ent- deckung derselben zu, da sie ebenfalls schon von mir an dem obigen Orte angezeigt sind. Die aus ihrer Verbindung mit den Sehehügel getrennte, nach vorne zurückgelegte Zirbel, ein cylindrischer Gefälsstrang — p-Pp- \ 52 Die Sehehügel — h. Die linke hintere Hemisphäre —- h‘. Die rechte hintere Hemisphäre, horizontal durchschnitten. Die Mitte derselben nimmt der Kern ein. Die Schaale besteht aus einer auswendigen und inwendigen Marklage und einer mittlern Lage von grauer Substanz. — n. Die Queerbinde dieser hintern Hemisphären. — k. Markige Queerleiste am hintern Rand dieser Binde, aus welcher auf beiden Seiten die Nerven des vierten Paars 4, 4 entspringen und die hinten mit der Hirnklappe » verbunden ist. — ». ». Durchschnittsflächen der Schenkel des kleinen Gehirns. — M. Das verlängerte Mark. Weit gröfser und in einem andern Verhältnifs zu den übrigen Theilen des Gehirns stehend fand ich diese Sehehügel bei den Papa- geyen überhaupt und besonders beim Psittacus Erithacus. Sie stellen bei dem letztern, wie aus Fig. 9 und 10 erhellet, zwei in einander übergehende runde Körper @, @ vor; die über die hintern Hemi- sphären weit hervorragen. In Fig. 9 ist die rechte Hemisphäre des grofsen Gehirns ganz weggenommen. Von der linken H ist der inwen- dige Theil durch einen longitudinalen, schräge von aussen nach innen geführten Schnitt bis auf den linken Sehehügel @ getrennt. An beiden Sehehügeln @, @ ist d die Fläche, welche mit den abgeschnittenen vordern Hemisphären zusammenhing, t der hervorragende Hirnanhang und o der rechte Sehenerve. A, A sind die hintern Hemisphären. Fig. 10 ist das Präparat der 9ten Figur nach Wegnahme der beiden vordern Hemisphären und des kleinen Gehirns, etwas vergrölsert. Die vierte Hirnhöhle ist etwas breiter wie im natürlichen Zustande vorgestellt. A, A und @, ® bezeichnen dieselben Theile, wie in der vorigen Figur. R ist das verlängerte Mark. — P, P sind die Fortsätze des abgeschnit- tenen kleinen Gehirns zum verlängerten Mark. — p, p. Fortsätze des kleinen Gehirns, welche den Fortsätzen zu den Vierhügeln des Säug- thier-Gehirns analog sind, hier aber zum Boden ‘der vierten Hirnhöhle gehen. — b. b. Die Wenzelschen grauen Leisten. — a. a. Anschwel- 33 lungen dieser Leisten. — f. Markfasern, die aus der Tiefe der vierten Hirnhöhle zu diesen Anschwellungen gehen. Da also bei den Vögeln der hintere T'heil der Sehehügel in das Innere der Hemisphären eingeht und den Kern derselben ausmacht, so ist es aulser Zweifel, dafs diese Hemisphären nicht blos von den Vierhügeln der Säugthiere abgeleitet werden können, sondern dafs auch die Sehehügel der letztern an der Bildung derselben Antheil haben. Hierzu kömmt noch, dafs, wenn die hintern Hemisphären der Vögel ganz von den Vierhügeln der Säugthiere abstammten, die Fortsätze des kleinen Gehirns zu den Vierhügeln bei den Vögeln mit den hintern Hemisphären, wie bei den Säugthieren mit den Vierhügeln, verbunden seyn müfsten. Dies ist aber, wie wir vorhin bei der Erklärung der 10ten Figur sahen, nicht der Fall. Jene Fortsätze hören beim Psittacus Erithacus am Boden der vierten Hirnhöhle auf, ohne die hintern Hemi- sphären zu erreichen. Es verhällt sich hiermit auch nicht etwa so nur bei dieser Papageyenart. Beim Schwan sah ich ebenfalls die Fortsätze des kleinen Gehirns zu den Vierhügeln sich auf dem Boden der vierten Hirnhöhle endigen.- Hier fand ich aber an dieser Stelle zugleich die Queerbinde der hintern Hemisphären befestigt. Sie bildete hier eine Falte, von welcher die, einem lateinischen S ähnliche Biegung herrührt. die sie auf einem vertikalen Durchschnitte zeigt. Die Queerbinde ver- rieth sich also hier als ein Ueberbleibsel der Vierhügel, während der Kern der hintern Hemisphären mit diesen Organen nichts gemein hatte. Was ich über den Kern der hintern Hemisphären, als einen hintern Fortsatz der Sehehügel bemerkt habe, gilt auch vom Crocodil. Die Ilte Figur stellt das Gehirn eines Crocodilus Lucius.von der obern Seite vor, wovon die vordern und hintern Hemisphären geöffnet sind, und wovon das kleine Gehirn abgeschnitten ist. 8, ß sind die Kerne, d, d die Decken der vordern Hemisphären. — a. a. Zwei länglichrunde, in die Kerne 8, 8 der vordern Hemisphären und in die Decken d, d übergehende Theile, die mir mit dem Gewölbe des Gehirns der Vögel 54 übereinzukommen scheinen. — x. Spalte, welche zwischen, diesen Theilen ‚liegt. — y. Die vordere Commissur. — ‘=. #. Die Kerne der hintern Hemisphären. — e. e. Auswendige Hervorragungen dieser Kerne. — c. c. Die Sehehügel. — d.d.Der Rand des abgeschnittenen kleinen Gehirns. — r.r. Zwei zarte markige Leisten, die zu beiden Seiten der obern Fläche‘ des verlängerten Marks von den Stellen, wo die Nerven des fünften Paars aus diesem hervortreten, zum Rande des hintern Endes der. vierten Hirnhöhle gehen. — r.r. Hervorragende Theile, die mit den Wenzelschen grauen Leisten übereinzukommen scheinen. Es sind also beim Crocodil die Kerne der hintern Hemisphären nicht nur, wie bei den Vögeln, deutliche hintere Fortsätze der Sehehügel; sie machen auch auswendig den vordern Theil e, « jener Fortsätze aus, und diese Halb- kugeln erscheinen ganz als den Sehehügeln angehörige Anhänge. Bei vielen der übrigen Amphibien findet eine Abänderung dieses Baus Statt. Bei der Mydas-Schildkröte sind die Sehehügel verhält- nifsmäfsig klein. Sie liegen versteckt zwischen den vordern und hintern Hemisphären, und auf dem Boden der letztern giebt es statt des grofsen Kerns, den sie beim Crocodil enthalten, nur eine geringe Hervorragung. In der Classe der Fische sind zwischen den vordern und hintern Hemisphären gar keine Ueberbleibsel von .Sehehügeln mehr vorhanden. Diese haben sich ganz in das Innere der hintern Hemisphären zurück- gezogen. Bei den Rochen und Hayen sind sie nur noch geringe, in einigen Arten kaum merkliche Erhöhungen der Hirnschenkel auf dem Boden der Höhlung dieser Halbkugeln. Bei den Gräthenfischen zeigen sie sich wieder mehr ausgebildet. Sie machen bei diesen zu beiden Seiten der Mittellinie des Gehirns zwei mannigfaltig gestaltete Körper aus, die oft durch ein Gebilde, das die äufsere Gestalt der Vierhügel des Säugthier-Gehirns hat, mit einander und durch eine, aus einzelnen, höchst feinen Markfasern bestehende Scheidewand mit der Schaale jeder Hemisphäre verbunden sind. Die Sehenerven entspringen zwar bei diesen Fischen, wie bei den Vögeln, zum Theil mit fibrösen Wurzeln 5 aus- den obern Flächen dieser Hemisphären, zum Theil aber auch aus den Sehehügeln, in welchen es längslaufende Fasern giebt, die sich in sie fortsetzen. Jener höhern Ausbildung der hintern Hemisphären ent- springt ein Schwinden der vordern Halbkugeln und eine Aenderung im Ursprunge der @eruchsnerven. Die vordern Hemisphären sind oft blos solide Anhänge des Anfangs der Riechnerven, und diese scheinen bei “ manchen Fischen mit den Seheneryen zum Theil aus den hintern He- misphären zu entstehen. Die 12te Figur und die folgenden dienen zur Erläuterung dieser Bildungen und der übrigen Struktur des Gehirns der Fische. Fig. 12. Das von oben, der Länge nach, in der Mittellinie ge- öffnete Gehirn des Dornhay (Squalus Acanthias). — b. b. Die vordern Hemisphären. An denselben sieht man die Geruchsnerven 1, 1 und in ihnen die Kerne n, n. Jeder derselben ist durch eine mittlere Ver- tiefung in zwei Lappen getheilt. Die Decke der Hemisphären bildet auf beiden Seiten einen, in die Höhlung hervorragenden Fortsatz x.- 7.7} Die hintern Hemisphären. — m. m. Die beiden, aus einander geschla- genen Hälften des kleinen Gehirns, zwei dreieckige, an den Rändern aufgerollte Markplatten, die blos an den Stellen p, p mit einander zu- sammenflielsen, sonst aber nur durch Zellgewebe unter sich verbunden sind, und auf. deren inwendigen Seite Markstrahlen sich von innen nach. aufsen verbreiten. Das kleine Gehirn und die hintern Hemisphären um- schliefsen eine einzige gemeinschaftliche Höhlung, worin es keine, den Kernen der hintern Hemisphären des Vogel- und Crocodil-Gehirns ähn- liche Hervorragungen giebt. Die mittelsten Stränge e, € des verlängerten Marks (die zarten Stränge, wie sie Burpacn genannt hat), breiten sich ununterbrochen auf dem Boden dieser Hemisphären aus. — ‚h. h. Mark- streifen, die sich auf dem Boden der Höhle des verlängerten Marks nach dem Ursprunge der Nerven des fünften, siebenten und achten Paars be- geben. (Burvacn's Markleisten der Rautengrube). Zwischen diesen und den zarten Strängen sieht man die Keilstränge t. t. — z. z. Längliche 56 Hervorragungen auf der innern Wand der Seitenstränge des verlängerten Marks, denen ähnliche Anschwellungen auf der auswendigen Wand ent- sprechen. Die erstern kommen mit den grauen Leisten überein. Die ‚letztern beziehen sich auf den Ursprung der herumschweifenden Nerven. Fig. 13. Das Gehirn der Scholle (Pleuronectes Platessa) mit dem Vordertheil des Rückenmarks von oben, in natürlicher Gröfse — 1. 1. Die Geruchsneryen. — £.ß. Aus mehrern soliden Lappen von grauer Substanz bestehende Rudimente der vordern Hemisphären am Ursprunge der Geruchsnerven.— 2.2. Die Sehenerven. Sie zeichnen sich durch einen strangförmigen Bau und durch die Art aus, wie die Stränge an einander gefügt sind. Diese liegen parallel neben einander in einer und- derselben Platte, welche zusammengerollt, mit den Geruchsnerven (1.1.) durch Zellgewebe fest verbunden und mit diesen in einer gemeinschaft- lichen Scheide eingeschlossen ist. — 7. 77. Die hintern Hemisphären. Es giebt auf ihrer obern Seite eine schief von aufsen nach dem Ursprunge der Anschwellungen ß, ß gehende Vertiefung. — m. Das kleine Gehirn — R. Das verlängerte Mark. — . ı. Wulste der strangförmigen Fort- sätze (Corpora restiformia) des verlängerten Marks, welche über der - vierten Hirnhöhle mit einander verwachsen sind. (Pons mammillaris Harterr) — R/. Vordertheil des Rückenmarks. Die Buchstaben und Zahlen dieser l3ten Figur zelleh auch für % folgende. Fig. 14. Das Gehirn der Scholle mit dem Anfange des Rücken- marks von unten. — y.Yy. Die Markkügelchen (Eminentiae candicantes) — r’.Der Hirnanhang (Glandula pituitaria). Er hat das Ansehen einer kugel- förmigen Erweiterung eines grofsen, zwischen den Markkügelchen lie- genden Blutgefälses. — r. Der Trichter — Die zusammengerollte Platte, welche die Stränge der Sehenerven bilden, zeigt sich hier als ein in- wendig hohler, trichterförmiger Theil, (2). F Fig. 15. Das Gehirn der Scholle von der Seite. — Das Ziele Gehirn m hat hier die Gestalt einer, auf einer breiten Basis’sitzenden, 57 von dem verlängerten Mark weit abstehenden Kugel. — w. Der linke Seitentheil desselben. — Die Bezeichnung er übrigen Theile ist die nämliche, wie in Fig. 13 und 14. Fig. 16. Ein vergröfsertes Präparat des Gehirns des Schollen von der obern Seite. Die Seheneryen sind von den Geruchsnerven abge- sondert, diese ausgebreitet, die hintern Hemisphären durch horizontale Schnitte geöffnet, und die Nerven des verlängerten Marks weggenommen. Das kleine Gehirn ist bis auf dessen Basis abgeschnitten. In der linken Hemisphäre sieht man den Sehehügel 7‘ und die strahlige Scheidewand L. In der rechten Hemisphäre ist diese Scheidewand weggeschnitten, so dafs man den Sehehügel p in seinem ganzen Umfange sieht. Bei © ragt der eine von zwei Hügeln, wodurch die Sehehügel mit einander verbunden sind, im Innern dieser Hemisphäre hervor. — ». Oeffnung der vierten Hirnhöhle zwischen dem abgeschnittenen kleinen Gehirn m und den mit einander verwachsenen Wulsten W, & des verlängerten Marks R. — y. Oeffnung der vierten Hirnhöhle hinter diesen Wulsten., Fig. 17. Das vorige, noch etwas stärker vergröfserte Präparat, an welchem die Geruchsnerven (1. 1.) ganz von einander gebogen, die hintern Hemisphären (7.7.) noch weiter, als in Fig. 16 geöffnet, die Wulste (J. \.) des verlängerten Marks von einander getrennt sind und das kleine Gehirn bis auf den Streifen m’ ganz weggenommen ist. Man sieht hier die ganze Lage der Sehenerven (2. 2.), in den hintern Hemi- n (m. m.) zwischen den hintern Theilen der Sehehügel (pr. 7“.)> de hie Hügel © und am verlängerten Mark (R.) die ganze vierte Hirnhöhle — x ist eine Oeffnung, die aus der gemeinschaftlichen Höh-, lung der hintern Hemisphären zu der trichterförmigen Höhlung führt, welche die Stränge der Sehenerven einschliefsen. Fig. 18. Ein vergröfsertes Präparat der untern Seite des Schollen- Gehirns, an welchein Folgendes zu bemerken ist. Die Sehenerven- stränge beider Seiten sind, wie in Fig..17 von einander entfernt. Auf dem horizontalen Durchschnitte y der Markkügelchen (Eminentiae cardi- Zeitschrift f, Physiol. IV. L 8 98 cantes) sieht man hinten auf jeder Seite einen runden Markkern, der dem Durchschnitte der absteigenden Wurzel des Gewölbes der Säug- thiere zu vergleichen ist. In der Mittellinie, etwas weiter nach vornen, liegt eine längslaufende Spalte, die zur Höhlung der hintern Hemi- sphären führt und mit dem Zugange zum Trichter des Säugthiergehirns übereinkömmt. In der linken hintern, von unten geöffneten Hemisphäre, ist ein Theil des gestreiften Körpers 7’ und die strahlige Scheidewand L von der untern Seite sichtbar. x Ein ähnlicher innerer Bau der hintern Hemisphären bei einer andern äufsern Beschaffenheit des Gehirns findet, wie Fig. 19, 20 und 21 zeigen, beim Cyclopterus Lumpus statt. Fig. 19 ist eine vergröfserte Darstellung der Basis des Gehirns dieses Fisches..— 1.1. Die Geruchsnerven. — 2. 2. Die Sehenerven. — b. Ein Hügel, aus welchem die Sehenerven hervortreten, und der, wie aus der folgenden Figur deutlicher erhellen wird, in der Höhlung zweier Anschwellungen liegt, woraus die Geruchsnerven entstehen. — ß, ß. Den vordern Hemisphären des Vogelgehirns zu vergleichende Halb- kugeln. — y. y. Die Markkügelchen. Jede derselben hat hier, wie bei mehrern andern Fischen, in der Mitte eine Vertiefung. — r. Der Trichter. — Hinter den Nerven des dritten, vierten und sechsten Paars, neben den Markkügelchen, ragen die hintern Hemisphären hervor. — R’. Der Anfang des Rückenmarks. | Fig.20. Eine noch mehr vergrößserte Vorstellung der Basis des 2 irns des Cyclopterus Lumpus, woram der Hügel, aus welchem die nerven hervorgehen, (Fig. 9. b.) weggenommen ist. Es erhellet hieraus, dafs jener Hügel in einer Vertiefung b der beiden Anschwellungen d, d, die sich in die Geruchsnerven fortsetzen, enthalten ist und dafs diese Anschwellungen den zitzenförmigen Fortsätzen, die Theile 8, & aber den vordern Hemisphären der Säugthiere analog sind. — p.n. Die hintern Hemisphären. — Yy. y..Die Markkügelchen. — r. Zwei läng- 9 liche, zwischen diesen Markkügelchen ‘enthaltene lines die eine Rinne einschliefsen. Fig. 21. Die von oben geöffneten vordern und hintern Hemi- sphären 8, 8 und 7, 7, nebst dem kleinen Gehirne m des Cyclopterus Lumpus. Von den vordern Hemisphären 8, 8 enthält jeder einen markigen Körper, der mit dem der andern Seite durch eine Commissur e zusammenhängt. In den hintern Hemisphären 7,7 sind die Sehe- hügel 7, 7, die strahligen Scheidewände L, L und die beiden Hügel ©, © sichtbar. In diesen Hemisphären ist also die nämliche Struktur, wie beim Schollen. Von anderer Art ist der Bau des Gehirns beim Lachs (Salmo -Salar), Statt der Anschwellung, die es bei dem vorigen Fisch auf der untern Fläche des Gehims am Ursprunge der Sehenerven giebt, liegt hier eine Hervorragung auf der entgegengesetzten Seite zwischen den vordern und hintern Hemisphären, und diese Halbkugeln haben eine noch zusammengesetztere innere Organisation, als beim Schollen und Lump. Das Nähere ergiebt sich aus der 22, 23 und 24sten Figur. Fig. 22 stellt das in der Schädelhöhle a, a, a u. s. w. befindliche Gehirn des Lachses von der obern Seite vor. Man sieht daran vornen zwei kleinere Halbkugeln o, » aus welchen die Geruchsnerven (1) ent- springen; hinter diesen zwei etwas gröfsern Hemisphären ß, 8; dann die beiden hintern Hemisphären 7, 71; zwischen diesen und 8, ß eine kleine kugelförmige, in zwei Hälften getheilte Masse »; das kleine Ge- hirn m; das verlängerte Mark mit dem Vordertheil des Rückenmarks R und von den Nerven, aufser den Geruchsnerven 1, die des dritten, fünften und zehnten Paars. _ Fig. 23 ist die Basis des aus der: Schädelhöhle genommenen Lachs- Gehirns. Aufser den in der vorigen Figur vorkommenden Theilen sieht man hier die Markkügelchen y, y, den Trichter r, welcher wie beim Lump, mit einem, zwischen den Markkügelchen liegenden, doppelten Wulst zusammenhängt und die sämmtlichen Hirnnerven. Den sehr grofsen 60 Hirnanhang habe ich nicht mit vorstellen können, weil er in einer tiefen Grube des Schädels liegt, woraus er sich in BEEBRSE mit dem Gehirn nicht hervorziehen läfst. In Fig. 24 ist von der obern. Seite des Lachsgehirns die Masse v der 22sten Figur nebst dem äufsern Theil der Hemisphären ß, .ß, das kleine Gehirn bis auf dessen Basis m und die obere Decke der hintern Hemisphären 7, 5 weggenommen. Die Höhlung dieser Theile enthält die Schehügel 7’, 7’, die strahligen Scheidewände L, L, zwischen den Sehehügeln die vier Hügel 9, ©, ©, ©, und noch die dem Lachse eigenen Organe x, x, d, d Hinter der Basis des kleinen Gehirns liegen ähnliche Anschwellungen q, q des verlängerten Marks, wie wir beim Schollen fanden. | . Man sieht hieraus, dafs der Lachs in Rücksicht auf: die Geruchs- und Sehenerven das Gegentheil von Schollen ist. Wie beim letztern die Sehenerven, so bestehen bei jenem die Geruchsnerven aus platten, zu einem trichterförmigen, inwendig hohlen Körper verbundenen Faser- bündeln. (Fig. 22. 23.) Der Ursprung dieser Bündel ist, wie beim Lump, aus zwei länglichrunden, dunkelgrauen, den Riechfortsätzen (Corpora mammillaria) der Säugthiere zu vergleichenden Massen (Fig. 22, 23, », @.) Die mit der obern Seite dieser Theile zusammenfliefsenden Halbkugeln (Fig. 22, 23, 24, 8, 8), sind ähnliche Rudimente der vordern Hemisphären der höhern Thiere, wie es beim Schollen und Lump giebt. Sie enthalten ‚jedoch keinen Kern, wie beim Lump, sondern zeigen sich durchschnitten als solide, gelblichweifse Körper. Der Theil v (Fig. 22) ist, wie der Durchschnitt desselben in Fig. 24 zeigt, ein unmittelbarer Fortsatz der Substanz dieser Hemisphären. In den hintern Hemisphären, wo es beim Schollen und Lump zwischen den Sehehügeln nur zwei runde Hügel giebt, finden sich beim Lachs deren vier (Fig. 24, 9, 9, ©', @.) Sie sind insgesammt inwendig hohl. Ihre gemeinschaftliche Höhlung hat eine vordere Oeffnung, die zu einer unter den Sehehügeln befindlichen Cavität der Hemisphären p, 61 führt, und "eine hintere, die ein Zugang zur vierten Hirnhöhle ist. Frühere Anatomen haben diese Kügelchen mit den Vierhügeln des Säug- thierzehirns verglichen, und die Aehnlichkeit mit den letztern ist in der ’That auffallend. Beim Stint (Salmo Eperlanus), der wie der Schollen und Lump, nur Ein Paar dieser Hügel besitzt, sahe ich von jedem der- selben einen ähnlichen Fortsatz, wie von den Vierhügeln der Säugthiere, zum kleinen Gehirn sich erstrecken, und beim Kabljau (Gadus Mor- rhua) fand ich unter ihnen eine hintere, zwischen den Sehehügeln, über dem Zugange zum Trichter, eine vordere Commissur. Den Theil xx, Fig. 24, bin ich geneigt, für ein Analogon des Gewölbes zu halten. Die Gegenwart der Theile L, L, die man für nicht anders, als ähnlich den strahligen Scheidewänden des Vogel-Gehirns ansehen kann, und der Markkügelchen, berechtigt, auch eine Art von Fornix bei den Fischen zu vermuthen. Soviel, dünkt mich, ist nach den vorstehenden Beobachtungen ge- wifs, dafs die hintern Hemisphären der Vögel, Amphibien und Fische keineswegs blos von den Vierhügeln der Säugthiere abgeleitet werden können, sondern dafs auch die Sehehügel an der Bildung derselben Antheil haben und dafs bei den Gräthenfischen die Thalami der Sehe- nerven ganz in ihnen enthalten sind. Aber noch mehr: es ist nach dem Angeführten auch nicht so unrichtig, wie SerREs meint, bei den Gräthen- fischen, wo die hintern Hemisphären ein so grofses Uebergewicht über alle übrige Theile des grofsen Gehirns haben, wo diese übrigen Theile so sehr vereinfacht sind und wo der innere Bau der hintern Hemi- sphären so sehr zusammengesetzt ist, noch andere Theile der Säugthiere als blos die Sehehügel und die Vierhügel darin zu suchen. Erwägt man, dafs bei vielen dieser Fische nichts vorhanden ist, was sich den vordern Hemisphären der Vögel und der höhern Amphibien gleich setzen läfst, als gewisse Seiten-Anschwellungen am Ursprung der Geruchs- nerven und dafs die letztern hier nebst den Sehenerven aus den hintern Hemisphären entstehen, mit denen sie doch bei den höhern Thieren 62 nichts gemein haben, so mufs man schliefsen, dafs mit den Sehehügeln jener Fische sogar Organe verschmolzen sind, welche die Stelle der gestreiften Körper des Säugthiergehirns vertreten. Es läfst sich über- haupt kein Organ, das in einer niedern Thierclasse von gewissen Seiten auf einer höhern Stufe der Bildung steht, blos von einem einzelnen Organ einer höhern Thierclasse ableiten. Mit der vermehrten Entwickelung desselben ist immer verminderte Ausbildung anderer T'heile, oder Ver- einigung mehrerer Theile zu einem einzigen Ganzen verbunden. Mit dem ‘Schädel der Fische sind Knochen vereinigt, die bei den Säug- thieren eine ganz andere Stelle einnehmen, eine ganz andere Gestalt haben und andern Functionen vorstehen. SERRES !) sagt: man mache mit diesen Voraussetzungen aus dem Gehirn der Fische eine Milsge- stalt. Dies mag in seinen Augen seyn: die Wahrheit der Deutung wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die scheinbare Monstrosität ist eben so grols und noch größer im Skelett vieler Gräthenfische, wie man dasselbe auch mit dem Gerippe der höhern Thiere vergleichen mag. Wenn man als möglich behauptete, dafs bei den Fischen sich Theile der Wirbelsäule in Knöchelchen verwandelten, die ihrer Verbindung und Function nach mit den Gehörknöchelchen der Säugthiere überein- kämen, so würde Serkes auch ausrufen, wie;er an einer Stelle seines Werkes °) thut: -„Wenn dies wäre, welche Bizarrerie”! Und doch findet diese Bizarrerie, nach Wesers bekannter Entdeckung, wirklich Statt. - Aber, sagt man, die höhern 'Thiere durchlaufen von ihrer Ent- stehung an bis’ zu ihrer vollendeten Ausbildung die nämlichen Stufen, die es von den niedern 'Thieren bis zu ihnen giebt. Dieser Annahme nach, glaubt man, sey das Gehirn des Embryo der Säugthiere dem Gehirne der Fische zu vergleichen, und s» sollen die Vierhügel der Säugthiere einerlei mit den hintern Hemisphären der Fische seyn. — 1) A,a.0. T.1. p. 186. { “| 2) T. I. p. 2. " gi Gegen diesen Beweis, dessen Durchführung sich Serres sehr hat ange- legen seyn lassen, muls ich bemerken, dafs es ein sehr unrichtiges Verfahren ist, einen Satz, der nur physiologische Gültigkeit und diese nur von gewissen Seiten hat, zur Begründung anatomischer Meinungen anzuwenden. Es ist wahr, der Blutumlauf geht beim Embryo der Säugthiere auf ähnliche Weise, wie bei den ausgebildeten Amphibien vor sich. Aber es ist nicht wahr, dafs die Organe desselben bei jenem von gleicher Beschaffenheit, wie bei diesen sind. Die Anlage zu dem doppelten Kreislaufe des Blutes, der den vollendeten Säugthieren eigen ist, findet sich schon am Gefälssystem des Embryo derselben. Bei der Anwendung jenes Gesetzes auf die Deutung der 'Hirnorgane ist aber auch Serres seinem Princip sehr untreu. Diesem nach mülsten die Embryonen der Säugthiere mit den ausgewachsenen Vögeln und die Embryonen der Vögel mit den ausgewachsenen Amphibien oder Fischen in der Lage und Gestalt der Vierhügel und der hintern Hemisphären übereinkommen. Allein, seiner Angabe nach, haben die hintern Hemi- sphären des Embryo der Vögel die nämliche Gestalt und Verbindung, _ wie bei den Fischen '), und doch sollen sie auch den Vierhügeln der Säugthiere, also Theilen des Gehirns der höhern 'Thierclasse, gleichen 2). Mit Aehnlichkeiten, die man so nach Belieben annimmt und abändert, läfst sich freilich Alles beweisen und widerlegen. Ein Gegengrund von keinem Gewichte ist es, wenn SerRES gegen meine Meinung von der Entstehung der hintern Hemisphären der Vögel, Amphibien und Fische aus der Vereinigung der Vierhügel der Säug- thiere mit dem hintern Theil der Sehehügel (den knieförmigen Körpern) derselben einwendet: man finde diesen Theil in keiner Epoche der Bildung des Gehirns bei irgend einem Säugthier hohl, wie die hintern Hemisphären der übrigen Wirbelthiere ®). Was in diesen Halbkugeln 1) A. a. O. p. 196, 2) Ebendas, p. 39. 8) Dies ist wohl der Sinn seiner folgenden Worte, die ich sonst nicht zu deuten weils: A au- eune &poque de la formation du cerveau, on'ne trouve dans aucune classe que la partie posterieure 64 von der innern Substanz der Sehehügel des Säugthiergehirns abstammt, ist ebenfalls nicht hohl; es ist der Kern derselben. Hingegen was in ihnen hohl ist, stammt von der Vereinigung der äufsern Fasernschichte der knieförmigen Körper der Säugthiere mit den Vierhügeln derselben ab, welche letztere bei den Embryonen dieser Thiere hohl sind. Ferner sagt Serres '): die knieföormigen Körper bilden sich beim Entstehen des Säugthier-Gehirns viel später als die Vierhügel; hingegen die hintern Hemisphären der übrigen Wirbelthiere seyen die ersten, die nach dem verlängerten Mark entstehen. Das Letztere ist nur wahr von der Schaale der hintern Hemisphären. Der Kern derselben. zeigt sich, wie der hintere Theil der Sehehügel des Säugthier-Gehirns, erst in einer spätern Periode. Ein anderer Einwurf Surees’s ist die Frage: Wie denn bei den Vögeln der hintere Theil der Sehehügel nach hinten geräth, während die hintere Commissur an ihrer Stelle bleibt )? Aber bei welchem Säugthier verbindet denn die hintere Commissur die knieförmigen Körper mit einander? Jene kann ganz unverrückt. bleiben, wenn die Vier- hügel ihre Lage verändern, um diese Körper in sich aufzunehmen. Aber auch nur diese sind es, 'was bei der Verwandelung des Gehirns der Säugthiere in das der Vögel von den Sehehügeln durch die Vier- hügel umhüllt wird. Es kann daher immerhin seyn, dafs die Queer- furche, die man auf den Sehehügeln einiger Vögel und, wie die 11te Figur bei c und Ü zeigt, auch . des Crocodils findet, eine ähnliche Scheidung derselben in einen vordern und hintern Theil, wie es bei den Säugthieren gieht, bezeichnet, ohne dafs sich daraus mit Serkes ?) etwas gegen meine Meinung folgern läfs. Was von dem hintern Theil jener Sehehügel den knieförmigen- Kör, pern der Säugthiere analog ist, de la couche optique des mammiferes oü les corps genicules soient erenx comme les lobes optiques. T. II. p. 285. 1) T. 1. p. 286. 2) Ebendar, p. 287. 452; 8) Ebendas. p. 486,. ' 65 liegt doch in den hintern Hemisphären und gehört zum Kern derselben. Einige andere Einwendungen Serzes’s sind mir unverständlich, z. B. wenn er sagt: Wären die hintern Hemisphären der Vögel-die knieförmigen Körper der Säugthiere, so müfsten die Nerven des vierten Paars gleich hinter ihnen entspringen und unmittelbar hinter deren Ursprung das kleine Gehirn liegen 2) Gerade dies ist ja wirklich der Fall. Die Analogie des Gehirns der Fische mit dem Gehirn des Embryo der höhern Thiere fällt als ganz unzulässig auf, wenn man bei einer ge- nauern Untersuchung des erstern in und an demselben Organe in sehr veränderter Gestalt wiederfindet, die den ‚ausgebildeten Säugthieren eigen, hingegen bei den Vögeln und Amphibien gar nicht mehr vor- handen sind. Ich. habe geglaubt °).und glaube noch, dafs die Halb- kugeln, die auf der Basis des Gehirns der Fische zu beiden Seiten zwischen dem Chiasma der Sehenerven und dem Anfange des verlänger- ten Marks liegen, (Fig. 14. 15. 19. 20. 23. y. y.) die Markkügelchen (Eminentiae candicantes) der Säugthiere sind. Sie haben eine ähnliche Lage wie diese Hügel; sie zeigen, durchschnitten, einen Markkern (Fig. 18. y.), der dem Durchschnitt der absteigenden Wurzeln des Gewölbes in den Markkügelchen der Säugthiere zu vergleichen ist, und sie lassen sich von keinem andern Organ des Gehirns der höhern Thiere ableiten. Serres *) erklärt sie zwar sehr zuversichtlich für den grauen Höcker (Tuber einereum) der Säugthiere. Er führt als Grund für seine Mei- nung und gegen die meinige an, dafs dieser Höcker vom Menschen an in der absteigenden Reihe der Thiere an Umfang immer mehr zunimmt, während die Markkügelchen immer kleiner‘ werden. Beides aber ist un- richtig. Jene Zunahme findet zwar in den untern Familien der Säug- thiere statt. Sie ist aber bei den Vögeln unterbrochen, die kaum noch eine solche Hervorragung zeigen: Die Markkügelchen nehmen bei den I) Ebendas. p. 256. 2) Untersuchungen über den Bau und die Functionen des Gehirns u. s. w. S. 47. 3) T. I. p. 247. Zeitschrift f. Physiol. IV. 1. 9 66 'Säugthieren nicht in dem Verhältnifs an Gröfse ab, wie der graue Höcker an Ausdehnung zunimmt. Sie sind bei mehrern fleischfressen- den Thieren noch von merklicher Gröfse; nur machen sie bei diesen eine einzige Masse aus. Und wo bildet der graue Höcker der höhern Thiere eine solche doppelte Hervorragung, wie die Basis des Fischge- hirns hat? Er liegt bei jenen unmittelbar hinter dem Chiasma. Diese Hervorragungen hingegen liegen 'bei mehrern Fischen viel weiter nach hinten. Beim Lachs gibt es zwischen ihnen und dem Chiasma eine Anschwellung 2, Fig. 23., die weit mehr‘ mit dem grauen _Höcker gemein hat, als die Hügel y. y. dieser Figur haben. Was läfst sich ferner bei. Serres’s Meinung aus dem markigen Kern dieser Hügel machen? Sind nun die Markkügelchen der Säugthiere bei den Fischen zuge- gen und selbst von weit grölserm Volumen als bei den Säugthieren , so läfst sich schliefsen, dafs den Fischen auch ein, dem Fornix ähnliches Organ nicht fehlt. Ist ein Gewölbe zugegen, so wird man weiter ver- muthen dürfen, dafs die fasrigen Scheidewände in den hintern Hemi- sphären des Fischgehirns mit dem Balken der Säugthiere übereinkom- men, der sich, wie ich in meinen Untersuchungen über den Bau und die Functionen des Gehirns, $. 25. gezeigt habe, bei den Vögeln in die beiden strahligen Scheidewände verwandelt. Diese Theile, die bei den Vögeln in verschiedenen Abtheilungen des Gehirns liegen, sind bei den Fischen in einer einzigen Höhlung, in der gemeinschaftlichen Cavität der hintern Hemisphären, vereinigt. Aus den letztern gehen bei den Fischen auch die Geruchsnerven zugleich mit den Sehenerven hervor, da.sie bei den Vögeln und Amphibien aus den vordern Hemisphären ent- springen. So sind denn in den hintern Hemisphären der Fische die vor- dern und hintern Hemisphären der Vögel und Amphibien vereinigt, und wenn es bei diesen Thieren Ueberbleibsel der gestreiften Körper des Säugthiergehirns gibt, so wird man annehmen dürfen, dafs sich diesel- ben bei den Fischen mit den Sehehügeln vereinigt haben. 67 Serres beruft sich noch '), um die Einerleiheit der hintern Hemi- sphären der niedern Rückenmarkthiere mit den Vierhügeln der Säugthiere darzuthun, auf die Gleichheit in der Befestigung der Zirbel und auf die Analogie im Ursprunge der Nerven des dritten und vierten Paars bei den sämmtlichen Rückenmarkthieren. Aber die örtlichen Verhältnisse der Zirbel und jener Nerven können die nämlichen bleiben, man mag voraussetzen, dafs die hintern Hemisphären der Vögel, Amphibien und Fische einerlei mit den Vierhügeln der Säugthiere sind, oder mit den Sehehügeln dieser Thiere übereinkommen, oder von einer Vereinigung der Vierhügel mit den Hirnschenkel-Knollen und den hintern Theilen der Sehehügel herrühren. Sie sind aber in der That nicht in allen Thier- klassen die nämlichen. Die Nerven des dritten Paars, die bei den Säug- thieren und Vögeln dicht neben einander aus den Hirnschenkeln hervor- treten, entspringen bei den Fischen viel weiter von einander entfernt, an den Seiten der Basis des Gehirns. Die des vierten Paars entstehen bei den Säugthieren aus der Klappe des Vieussens, einem Anhange der Vierhügel. Jene Klappe ist noch bei den Vögeln zugegen. Bei diesen gibt es aber auch noch die, von den Vierhügeln der Säugthiere abstam- mende Binde zwischen den hintern Hemisphären. Hier ist daher die Entstehung der Nerven des vierten Paars noch die nämliche, wie bei den Säugthieren. Hingegen bei den Amphibien und Fischen findet man nicht mehr jene Binde, aber auch nicht mehr die Vieussens’sche Klappe. Die Nerven des vierten Paars sind indefs nach wie vor zugegen. Die Entstehungsart derselben mufs sich also verändert haben. Ist diefs aber der Fall, so hat man nicht die Befugnils,: eine Gleichheit der Theile, an oder neben welchen sie bei den Amphibien und Fi- schen hervortreten, mit denen, wovon sie bei den Amphibien ausgehen, anzunehmen. Ich glaube hiernach gerechtfertigt zu seyn, wenn ich der Meinung 1) T. I, p. 200. 217. 333. 315. ® meines würdigen Freundes Tıepemann nicht beitreten kann, und die darauf von Serres gebauten Deutungen mehrerer Hirnorgane der Thiere für unrichtig, die aber, welche ich in meinen Untersuchungen über den Bau und die Functionen des Gehirns gegeben habe, nicht für wi- derlegt von Serres halte. . nn IN. | Ueber die Regeneration der Nerven von TIEDEMANN. (Hierzu Tafel 5., Figur I.) Durchschnittene Nerven vereinigen sich und heilen wieder zusam- men. Diefs ist eine Thatsache, welche durch die von Fontana '), Mı- CHAELIS ?), ARNEMANN °), CruIKsHANK *), HassHton °), Mayer °), Bicuar ”) u. a. an lebenden Thieren angestellter Versuche, so wie durch die neueren von Swan °), Descor °) und Larkey '!°) gemachten Beob- achtungen seltsam erwiesen ist. 1) Sur le venin de la vipere. Florence 1781. S. 2. p. 190. 2) Ucber die Regeneration der Nerven. Cassel 1785. 8) Versuche über die Regeneration an lebenden Thieren. B. 1. Ueber die Regeneration der Nerven. Göttingen 1787. 4) Experiments on the nerves, particularly on their reproduction; in Philos. Transact. Y. 1795. p. 197. i a 5) An experimental inquiry concerning the reproduction of nerves; Ib. p. 190. 6) Ueber die Wiedererzeugung der Nerven; in Reız's Archiv für die Physiologie. B. II. S. 449. 7) Allgemeine Anatomie. B. I. Abth. 1. S. 272. 8) A dissertation on the treatment of morbid local affections of nerves. London 1820. Ch 14. 15. 9) Dissertation sur les affections locales des nefs. Paris 1825. Ch. 10. 10) Notice sur quelques phenomenes pathologiques observes dans la l&sion des nerfs et dans leur eicatrisation ; in Revue medicale. Mars 1824. is | vn. 69 Die. bei der Durchschneidung und Wiedervereinigung von Nerven eintretenden Erscheinungen, wie ich sie wiederholt selbst wahrgenom- men habe, sind kurz folgende. Die Enden eines durchschnittenen Ner- vens entfernen sich etwas von einander, wie schon Fontana bei der Trennung .des Nervi vagi einer Henne, und Arwemann bei seinen sehr zahlreichen Experimenten an diesem Nerven, den Zwerchfells - Nerven, und den Nerven der Gliedmafsen von Hunden, Ziegen, Schafen und Kaninchen beobachtet haben. Die Entfernung der Nerven-Enden beträgt meistens zwei bis sechs, zuweilen auch mehrere Linien, und sie ist auf- fallender an grofsen als an kleinen Nerven. Diefs Phänomen wurde fer- ner von Ev. Home ') bei der Trennung von Nerven an einem lebenden Perde, so wie bei der Blofslegung und Durchschneidung des Mittelarm- Nerven eines Mannes beobachtet, an dem er diese Operation wegen einer heftigen Neuralgie im Daumen vornahm. Larkey hat das Ausein- andertreten verwundeter Nerven gleichfalls wahrgenommen. Ich habe es an den Nerven von Pferden, Hunden und Kaninchen gesehen. Diefs Auseinanderweichen der Nerven rührt keineswegs von ihrer Elastieität her, wie einige Physiologen angenommen haben; vielmehr ist es die Wirkung einer ihnen zukommenden organischen Kraft, der Contractili- tät oder Spannkraft der Nervenscheiden und des die Nervenbündel um- gebenden und vereinigenden Zellstoffs. Es erhellet solches daraus, dafs sich durchschnittene todte Nerven nicht gleich lebenden von einander entfernen. Aus den Nervenscheiden der getrennten Nervenbündel quillt meistens etwas Mark hervor. In Folge der mit der Durchschneidung verbundenen Reizung stellt sich bald Entzündung in den Nerven ein. Es strömt mehr Blut zu ihren Gefäfsen, die Nerven nehmen eine rothe Farbe an und werden dicker. Die Entzündung erstreckt sich meistens einen halben "bis ganzen Zoll ober- und unterhalb der Enden. Die Anfüllung der Gefäßse, die Röthe 1) Philos. Transact. Y. 1801. P. I. Nro. 1. 0 und Anschwellung sind jedoch am oberen Ende bemerklicher als am un- teren. In der Umgebung der getrennten Nerven wird gerinnbare Lymphe abgesetzt, in der sich feine Gefäfse bilden. Durch die Entzündung und den Ergufs von Lymphe in die Zellscheide des Nerven und in den ihre Stränge und Faden verbindenden Zellstoff wird eine Anschwellung oder ein Knöt- chen, Kölbchen, an den Nervenenden hervorgebracht. Das: Kölbchen des oberen Endes ist gröfßser als das des unteren. Solche Anschwellun- gen entstehen auch an den durchschnittenen Nerven in Amputations- Wunden, nach van Horn’s ‘) und eigenen Beobachtungen. Die während der Entzündungs-Periode ergossene und von feinen Blutgefäfsen durchzogene bildsame Lymphe verbindet die getrennten Ner- ven nach wenigen Tagen. Sie nimmt allmählich ein festeres Gefüge an und die Gefälse erscheinen weniger mit Blut gefüllt: Die Kölbchen rücken näher an einander, verschmelzen endlich, und. so wird: der Zu- sammenhang der getrennten Nerven wieder hergestellt. Untersucht man nach einiger Zeit die Anschwellung, welche Arnemann fälschlich mit, ei- ner Art von Skirrhus verglichen hat, so sind sie äufserlich hell - oder grau-roth, in. der Mitte weils, und es zeigen. sich markige, den. Ner- venbündeln ähnliche Faden, die sich durch dieselben hinziehen und: die Nerven vollständig verbinden. Diese Knoten bestehen lange nach erfolgter Heilung fort. Arnemann hat sie bei. Thieren 50, 60, 90, 100, ja 110 und 185 Tage nach. vorgenommener Durchschneidung wahrge- nommen. ” Ich habe sie bei Hunden noch nach zwei Jahren gesehen, und in. ehe- maligen Amputations-Wunden des Oberarms nach sechs und acht Jahren. Ob nun aber die die Nerven: verbindende, Substanz. das. wahre Gefüge der Nerven habe, und ob sie:sich im Stande befinde, sowohl die Lei- tung. von Reizungen, welche die Theile unterhalb. der. stattgehabten Ver- bindung treffen, zum. Gehirn. zu, bewerkstelligen, um: hier Gefühl und. 1) Diss. de iis, quae in partibus membri, praesertim osseis, amputatione vulneratis notanda sunt. Lugd. Batav. 1813. p. 33. dp! Empfindung zu erregen, als auch die im Hirne erzeugten Willens-Reize durch die Vereinigungs-Stelle hiedurch auf die Muskeln fortzupflanzen, um sie in Bewegung zu versetzen; diels sind Fragen, worüber die Phy- siologen und Aerzte verschiedener Meinung sind. ArnEmann verwarf die Regeneration der Nervensubstanz gänzlich, und hielt die die Ner- ven-Enden verbindende Substanz für unfähig Reizungen foxtzuleiten. Er will an Thieren bemerkt haben, dafs Theile, deren Nerven er durch- schnitten hatte, 150 Tage nach vorgenommener Operation noch ganz ge- fühllos waren. Bkescher !) läugnet gleichfalls die Wiedererzeugung der Nerven-Substanz. Auch mehrere Wundärzte, RıcHeranD °), DerpecH °) u. a. haben die Behauptung aufgestellt, dafs durchschnitten gewesene und wieder zusammengeheilte Nerven sich nicht zur Fortleitung von Rei- zungen eignen, und daher Lähmung der Glieder verursachen. Andere Physiologen und Wundärzte dagegen haben die Regenera- tion von Nerven-Substanz an der Stelle der Wiedervereinigung ange- nommen. Fontana sah bei Kaninchen Nervi vagi, die er getrennt, und solche aus denen er ein Stück von mehreren Linien ausgeschnitten hatte, nach einiger Zeit nicht nur vereinigt, sondern selbst durch ununterbro- chenes Fortlaufen der Nervenbündel zusammengefügt. MichAruıs, der 9 bis 12 Linien lange Stücke aus Nerven geschnitten hatte, fand sie nach mehreren Wochen durch eine Substanz verbunden, die der Ner- venmasse vollkommen glich, und in ihr erkannte er mit Hülfe des Mi- kroscops Nervenfäden. Auch Mayer bemerkte, wenn er 1 bis 2 Linien lange Stücke aus Nerven entnommen hatte, dafs die beiden Enden mei- stens nach einiger Zeit durch mehr oder weniger deutliche, dünne Ner- venfaden vereinigt waren. Bei der Befeuchtung mit Salpetersäure wur- den sie, gleich dem Nervenmark, durch dieselbe nicht zerstört. CRruIks- HANK und Haısnron nahmen die Wiedervereinigung der getrennten Nervi 1) Article Cicatrice im Diction. de Medicine. T. V. 2) Nosographie chirurgieale. T. II. p. 210. 3) Precis elömentaire des maladies reputder chirurgicales. T. I. p. 175. 12 vagi wahr und sahen Nervenbündel durch die Stelle der Verbindung sich hinziehen. Letzterer führt ferner als Beweis der Regeneration an, dafs die wiedervereinigten Nervi vagi ihrer Verrichtung wieder vorgestanden hätten. Einem Hunde durchschnitt er zuerst den Nervus vagus der einen Seite, und nach sechs Wochen den der anderen Seite. Das Thier blieb am Leben. Dagegen starben alle diejenigen Thiere,‘ denen er beide Nervi vagi zugleich, oder in einem Zeitraum von wenigen Wochen durch- schnitten hatte. Hieraus folgerte er, dafs die getrennten Nerven ‘sich wiedervereinigen, dafs Nerven-Substanz regenerirt werde, und dafs die verbundenen Nerven nach einiger Zeit den zur Erhaltung des Athmens nothwendigen Einfluls äufsern können. % Solche Versuche hat neuerlichst Ps&vosr !) an Katzen wiederholt. Da er zweien Katzen die beiden ‚Nervi vagi durehschnitten hatte, so starb das eine Thier nach 15, das andere nach 36 Stunden, unter den be- kannten Erscheinungen. Nun trennte er den Nervus vagus der einen Seite, und den der anderen Seite erst nach ‘vier Monaten, worauf die Thiere am Leben blieben; indem der.zuerst durchschnittene Nerve wieder vereinigt war, und sich im Stande befand, das Athmen zu unter- halten. Bei der anatomischen Untersuchung sah er in dem zuerst durch- schnitten gewesenen Nerven weilse Faden, die sich durch die vereinigende Zwischen - Substanz hinzogen. Swaw endlich will bei seinen Ver- suchen an den ischiadischen Nerven von Kaninchen und Hunden gleich- falls wahre Regeneration des Nerven-Gewebes beobachtet haben. Ein Kaninchen habe acht Wochen nach der Trennung des ischiadischen Nervens wieder angefangen den Fuls zu gebrauchen, doch wäre dessen Gebrauch nach 18 Wochen noch nicht ganz vollkommen gewesen. Ob die Berüh- rung und Reizung des Fufses von dem Thiere empfunden worden sey, gibt er nicht an, 1) Note sur la regeneration du tissu nerveux; in Mdm. de la Societe de physique et d’hist naturelle de Gentve. T. III. P. II. p. 61. 73 Obige Versuche machen es allerdings wahrscheinlich, dafs wahre Regeneration der Nerven statt hat, doch ist die Wiederkehr des Bewegungs- und Gefühls-Vermögens in den Theilen, deren Nerven durch- schnitten waren, nicht auf eine überzeugende Weise dargethan. Ich beschlofs daher vor mehreren Jahren Versuche über diesen nicht un- wichtigen Gegenstand an Thieren anzustellen, und dieselben längere Zeit nach der Durchschneidung der Nerven am Leben zu lassen, um zu er- fahren, ob das Gefühls- und Bewegungs- Vermögen in 'Theilen zurück- kehre, deren Nerven getrennt ' waren. Es schien mir, dafs mehrere Experimentatoren ihre Versuche übereilt, und die Thiere zu früh ge- tödtet haben., noch ehe die vollständige Regeneration der Nerven - Sub- stanz statt gehabt hatte. Einen der überzeugendsten Versuche will ich hier mittheilen. An einem Hunde mittler Gröfse legte ich am 16. August des Jahrs 1827 das Arm-Nerven-Geflecht in der Achsel-Höhle blofs. Dann trennte ich die einzelnen Nerven und schnitt aus jedem ein Stück in der Länge von 10 bis 12 Linien aus. Hierauf trat in dem Vorderfufs gänz- liches Unvermögen ein, die Muskeln zu bewegen, und der Fufs hatte in dem Grade das Gefühl verloren, dafs Kneipen, Einstechen von Na- deln, und selbst das Auftropfen von brennendem Siegellack nicht die mindesten Aeufserungen von Schmerz erregten. Das Glied war also für die Bewegung und Empfindung gelähmt. Die Wunde heilte binnen drei Wochen, und der Fufs blieb lange Zeit bewegungs- und gefühlslos, zugleich hatte er im Vergleich mit dem anderen Fufs an Umfang etwas abgenommen und war schwächer ernährt. Beim Gehen oder Laufen auf drei Beinen zog das Thier den gelähmten Fufs mittelst den Schultermus- keln aufwärts. Im Monat Mai des Jahrs 1828, acht Monate nach vorgenommener Durchschneidung der Nerven, bemerkte ich, dafs der Hund den Fufs wieder beim Gehen anfieng zu gebrauchen, und sich beim Drucke und Stechen mit Nadeln etwas empfindlich zeigte. Während dieses und des folgenden Jahrs kehrte nach und nach die Beweglichkeit und die Em- Zeitschrift f. Physiol. IV. 1. 10 4 pfindlichkeit vollständig zurück. Um die Beschaffenheit der Nerven zu untersuchen wurde das Thier am 2. Juni 1829, also ein und zwanzig Monate nach der Operation, getödtet. An den Nerven zeigten sich an den Stellen, wo Stücke ausgeschnitten waren, eiförmige Anschwellungen oder Knoten (Tafel 5. Fig. 1.), welche oben gröfser als unten waren. Zwischen denselben befanden sich deutliche, aus weifsen Nervenbündeln bestehende, neuerzeugte Stücke, welche die Kölbchen der Nerven ver- banden. Die Zwischenstücke waren jedoch dünner als die nicht verletzt gewesenen Nervenäste. Um auszumitteln, ob sie wirkliche Nerven-Sub- stanz enthielten, legte ich sie auf ein Stück Glas und befeuchtete sie mit rauchender Salpetersäure, wodurch sie nicht zerstört wurden, und woraus sich ergibt, dafs sie wahre Marksubstanz enthielten. Dieser Versuch gewährt meines Bedünkens den überzeugendsten Be- weis, dafs die Nerven regenerirt werden, was sowohl aus der allmäh- ligen Wiederkehr des Bewegungs - und Empfindungs-Vermögens erhellet, als auch durch die Untersuchung des Gefüges der Nerven und die An- wendung der Salpetersäure erwiesen wird. Auch beim Menschen findet Regeneration der Nerven statt, wofür sich viele Gründe anführen lassen. Swan ’) fand in dem Leichnam eines Menschen den Wadenbein-Nerven, der durch eine Wunde zerrissen ge- wesen war, wieder verbunden, und es zeigten sich Anschwellungen, die durch dazwischen liegende Bündel vereinigt waren. Prive hat an sich selbst folgende Beobachtung gemacht: er hatte sich von ohngefähr in die äufsere Seite des ersten Gliedes des vierten Fingers der linken Hand, in schräger Richtung bis auf den Knochen geschnitten. Die Wunde wurde durch Heftpflaster vereint und heilte binnen vierzehn Tagen. Nach Wegnahme des Verbandes zeigte sich, dafs die äufsere Seite des Fingers von der Wunde bis zur Spitze ihre Empfindlichkeit verloren hatte. Ein Monat nach der Heilung kehrte die Empfindlichkeit allmäh- 1), A View of the relations of the nervous system, in health and in disense. - London 1815. p. 120. 73 lig zurück. Eine ähnliche Beobachtung hat Dzscor ') mitgetheilt. Ein Gärt- ner, der mit Beschneiden eines Baums beschäftigt war, schnitt sich aus Unachtsamkeit mit dem Gartenmesser in den untern Theil des linken Ellenbogen-Gelenks, wodurch die Arterie und der Cubital-Nerve ver- letzt wurden. Nach Unterbindung der Arterie und der genauen Verei- nigung der Wundränder zeigte sich der kleine und der Ring-Finger gefühllos. Da die Heilung erfolgt war, dauerte die Gefühllosigkeit in diesen Fingern fort, nach und nach jedoch kehrte das Gefühl zurück. Ferner spricht für die Regeneration der Nervensubstanz, dafs selbst ganz getrennt gewesene und wieder angeheilte Finger-Glieder das Ge- fühl zurück erhalten haben. So erzählt Marıey 2), dafs einem eilfjäh- rigen Knaben das halbe Nagelglied des linken Zeigefingers abgeschnitten war, welches er dreifsig Minuten nach der Verletzung wieder in Ver- bindung brachte, und das. schon am fünften Tage angeheilt war. Drei Monate nach der Verletzung hatte es vollkommen das Gefühl und die Beweglichkeit wieder erhalten. Aehnliche Fälle haben Baurour, Pra- cock *), Bram *), Burey °), Houston °), Braun ”) u. a. mitgetheilt. Nach Hunrer’s ®), Faucharr’s und Mouron’s Beobachtungen sollen selbst transplantirte Zähne sich empfindlich gezeigt haben. Aufserdem lafsen sich zu Gunsten der Regeneration der Nerven Beobachtungen anführen, in denen Nerven, um heftige Neuralgien zu beseitigen, getrennt oder selbst Stücke aus denselben geschnitten wurden, wodurch zwar die Neuralgie für eine Zeit lang aufgehoben, aber den- noch wiederkehrte. Asernerny °) erwähnt folgenden merkwürdigen Fall. Ein. j Junges Frauenzimmer bekam ohne bekannte Ursache einen Schmerz 1) A a. 0.8.1. 2) London Medical and physical Journal 1821 Febr. p. 184. 8) London Medical Repository. Vol. 6. No. 4. - 4) Edinburgh Medical and surgical Journal. 1816. Oct. 5) Ib. Vol: 11. 6) London Medical Repository and Review 1826 Mart. 7) Rust’s Magazin für die gesammte Heilkunde D. 14. I. 1. S. 112. 8) Medical Commentar. Vol. 6. p. 191, 9) Surgical Works. Vol. 2. p. 208. 76 unter der inneren Seite des Nagels des Ringfingers der linken Hand, der durch Berührung des Theils sehr vermehrt wurde. Sieben Jahre nach dem ersten Erscheinen dieses Uebels wurde die Haut an der lei- denden Stelle durch ein Aetzmittel zerstört, worauf: das Uebel zunahm.. . Der Schmerz erstreckte sich nun über den ganzen Arm, und die Mus- _ keln des Nackens wurden oft krampfhaft zusammengezogen. Eilf Jahre nach dem Anfang. des Leidens entblöfste Anernzruy den Finger-Nerven, durchschnitt ihn, und entfernte zugleich ein Stück des Nervens in der Länge eines halben Zolls. Der Schmerz im Finger hörte auf, die Wunde heilte bald, und der Finger blieb eine Zeit lang gefühllos. Nach’ Ver- flufs von drei Monaten zeigte sich wieder eine schwache Empfindlichkeit in dem Finger, ‚und nach neun Monaten stellten sich von Neuem’ die heftigsten Schmerzen ein. Diels war wahrscheinlich die Folge der Re- generation und der Wiedervereinigung des getrennt gewesenen Nerven. Eine andere Beobachtung der Art hat Prrwe ') bekannt gemacht. Einem -:Manne von drei und vierzig Jahren , der an einem heftigen Antlitz-Schmerz unterhalb der Augenhöhle litt, wurde der Nervus infra orbitalis durchschnitten, worauf der Schmerz aufhörte. Acht Monate nach vorgenommener Operation kehrten aber die Schmerzen zurück. '* Endlich will ich noch eine Beobachtung des Herrn Dr. Schott in Frankfurt beifügen, die er mir mitzutheilen die Güte hatte. Eine Frau von vierzig Jahren litt über vierzehn Jahre an einer äufserst heftigen Neuralgie des Ringfingers, besonders des Nagelglieds. Da alle angewendeten Mittel das Uebel nicht gelindert hatten, so beschlofs er den Cubital-Nerven zu brennen. Er legte den Stamm dieses Nerven oberhalb des inneren Knorrens des Oberarmbeins blofs, durchschnitt ihn und nahm zugleich ein Stück in der Länge eines Zolls weg. Nach der Durckschneidung hörte der Schmerz in dem leidenden Finger so- gleich auf, und er so wie der kleine Finger zeigten sich bei dem stärk- DA. a0. 77 sten Drucke ganz unempfindlich. Um die Wiedervereinigung der Ner- venenden zu verhindern brachte er Charpie in den Grund der Wunde zwischen dieselben, und heilte sie durch Eiterung. Die Wunde war nach drei Monaten vollkommen vernarbt, und es -hatten sich keine An- fälle von Schmerz wieder geäufsert. Allmählig kehrte nach einiger Zeit die Empfindlichkeit des vierten und fünften Fingers zurück, und nach sechs Monaten litt die Frau wie- der an heftigen Schmerzen im Ringfinger, die jedoch den hohen Grad wie vor der Operation nicht erreichten. Diese Beobachtungen beweisen also, dafs auch beim Menschen ge- trennte Nerven sich vereinigen, und ausgeschnittene Stücke von Nerven regenerirt werden. 12 a; Erklärung der ersten Figur der fünften Tafel, den linken Vorder- fufs eines Hundes mit regenerirten Nerven darstellend: 1.1. Ellenbogen -Nerv. 2. Knötchen oberhalb der durchschnittenen Stelle.. 3. Knötchen unterhalb der Durchschnitts - Stelle. Zwischen bei- den Knötchen regenerirte Nerven - Substanz. 4. Speichen-Nerve. 5. Kölbchen oberhalb der Durchschneidung. 6. Ein Kölbchen unterhalb der Durchschneidung in dem einen Nervenstrang. 7.. Ein Kölbchen unterhalb der Dusehschusidnee in einem an- deren Strang. 8. Mittelarm-Nerve. . 9 Knötchen oberhalb der Trennung. 10. Kölbchen unterhalb der "Trennung, 11. Aeufserer Muskelhaut-Nerve. 12. Oberes Knötchen. 13. Unteres Knötchen. IV. Steinchen in den Venen = Samenstrangs beohachtet von TIEDEMANN. Seitdem ich vor mehreren Jahren Beobachtungen über die in Venen vorkommenden Steinchen bekannt gemacht habe '), sind von Orro ?), Boviaısky ®) und Losstein *) einige weitere Nachrichten über dieselben mitgetheilt worden. Ersterer fand sie am häufigsten in den Venen -Ge- flechten der Gebärmutter und Scheide, seltener in denen der Harnblase. Meistens hatten die Frauen bereits das fünfzigste Jahr überschritten. Einmal sah er sie in den Venen der Vorsteher-Drüse eines Greises. In allen Fällen waren die Venen varicös mit geronnenem Blute gefüllt, und in diesem lagen die Steinchen. Bei einer Frau war es sichtlich, dals sie an Hämorrhoiden gelitten hatte. In zwei Fällen bemerkte man Gicht- Anschwellungen der Gelenke, und solche kamen auch bei dem Manne vor, in dem die Venen der Prostata Steinchen enthielten. Die weilsen oder gelblichen, zuweilen einen perlfarbigen Glanz zeigenden Concre- mente hatten die Gröfse von Hirsenkörnern bis zu der von Erbsen. Sie 1) Ueber die in Venen vorkommenden Steine; in Mecxeı’s Archiv für die Physiologie B. 4. S. 215. 2) A seltene Beobachtungen zur Anatomie, Ehyaislegin und: Pathologie gehörig. Berlin 22. S. 72. 5) Er Meditsinski Journal. Peterburg 1827. T. 9. S. 95. Nro. 1, 4) Traite d’Anatomie pathologique. Paris 1829. T. 1. p. 504. Pl. 14. Fig. 4 — 9. 9 waren rund oder eiförmig, zuweilen uneben, und bestanden aus con- centrischen Kalk -Schichten. Bovisaısky fand in dem Leichnam eines fünf und siebenzig-jähri- gen Greises fünf Steinchen in den Venen des’ linken Samenstrangs und des Hoden selbst. Sie waren rundlich oder oval. Vier lagen frei im Blute, eines nur hing an der inneren Haut der Vene. Losstein hat Steinchen in den Venen der Hoden, der Gebärmut- ter, der Harnblase und des Mastdarms, und einmal in denen der Milz angetroffen. Dafs übrigens die steinigen Koomivemdute nicht blofs in den zu va- ricösen Erweiterungen sehr geneigten Venen des Mastdarms, der Urin- blase und der inneren Geschlechistheile vorkommen, erweisen Durvy- TRENs und Tırorıer's Beobachtungen, deren CkuveEiwHIeR ') gedenkt. Jener fand sie in der vorderen und hinteren Schienbein- Vene, und dieser in varicösen Haut-Venen des Unterschenkels. Bouszaup ?) hat sie ebenfalls einigemal in alten Krampfadern der unteren Gliedmafsen an- getroffen. Auch ich habe seit Bekanntmachung meiner Abhandlung wieder ei- nigemal Steinchen in den Venen der Harnblase, des Mastdarmes und der Gebärmutter gefunden, unter den schon früher angeführten Verhältnissen. Am merkwürdigsten ist ein Fall, in dem bei einem Manne von einigen und fünfzig Jahren viele Concremente in den varicösen Venen - Geflech- ten beider Samenstränge vorhanden waren. In den Venen des rechten Samenstranges zählte ich deren fünfzehn, und in denen des linken ein- und zwanzig. Die kleinsten hatten die Gröfse von Senfkörnern, die gröfseren dagegen hielten über eine Linie im Durchmesser. Alle waren rund oder eiförmig, und von gelblichweifser Farbe. Die meisten lagen frei in einem Blutgerinsel, einige aber hingen mittelst eines äufserst zar- t 1) Essay sur l’anatomie pathologique. Paris 1816. T. 2. p. 71. 2) Revue medicale frangaise et etrangere. Avr. 1825. 80 ten und dünnen Häutchens, das sich über die äufsere Fläche der Stein- chen ausbreitete, an der inneren Fläche der Vene. An einigen Stellen kamen in den varicösen Erweiterungen blofse rundliche,. an der inneren Venenhaut adhärirende weiche, und wie 'es schien, aus Faserstoff be- stehende Massen vor, die wahrscheinlich die ersten Anfänge zu den Con- cretionen darstellten. Auch CruveısHızr sah ein Steinchen in einer Vene der Urinblase eines Greises, der nach Harnverhaltung in Folge krank- hafter Vergröfserung der Vorsteherdrüse gestorben war, welches an. der inneren Haut der Vene mittelst eines zarten, häutigen Stiels hing, der sich über das Steinchen als eine dünne Haut ausbreitete. ‘Mein College Gmerıv hat die’ Güte gehabt, eine chemische Analyse obiger Concretionen zu veranstalten. Drei derselben, 0,04 Grammen wiegend, wurden geglüht, wobei sie sich unter Verbreitung eines schwa- chen thierisch-hrenzlichen Geruchs schwärzten, bis sie nach vollkom- mener Verbrennung der Kohle weils wurden. Der Rest wurde in Salz- säure gelöst, was unter gelindem Aufbrausen erfolgte. Die farblose Lö- sung wurde durch Ammoniak gefällt. Der Niederschlag war phosphor- saurer Kalk. Die filtrirte Flüfsigkeit gab beim Zusatz von Kleesäure einen geringen Niederschlag, der durch Glühen in kohlensauren Kalk verwan- delt wurde. Die hievon getrennte Flüssigkeit gab beim Erhitzen mit Kali noch.'einige Flocken, wahrscheinlich von Bittererde. Die ohngefähre Menge in 100 Theilen war: | thierische Materie 21,5 phosphorsaurer Kalk 53,5 ” - 'kohlensaurer Kalk 15,5 Bittererde und Verlust 3,5 100 Was die Entstehung der Steinchen anlangt, so kann ich die früher geäulserte Meinung nicht verlassen, dafs sie sich in den varicösen Er- weiterungen der Venen selbst bilden, und zwar wahrscheinlich aus einem 8 Blutgerinsel, um das sich als Kern, die erdigen Materien des Blutes in concentrischen Schichten anlegen. Dieser Meinung :sind Orro und Los- stgin beigetreten. Gegen die Ansicht, dafs sie in den Wandungen der Venen entstehen, gleich den erdigen Concrementen der Arterien, ‚und erst nach Zerreissung der inneren Haut in die Höhle der Venen gelan- gen, spricht ihre abgerundete Form und ihre glatte Oberfläche, so wie dafs bis jetzt an der inneren Haut der Venen 'noch keine Spur von Zer- reissung wahrgenommen worden ist, und endlich dafs sie meistens frei im Blute liegen, wie auch Orro bei seinen Untersuchungen gefunden hat. Die von CruveırHıer und mir zuweilen beobachtete Adhärenz der Steinchen an den Wandungen der Venen rührte vielleicht von einer statt- gehabten Entzündung und Ausschwitzung von gerinnbarer Lymphe her; die das Bindungsmittel abgab. Doch fernere PU WERENAEO werden ent- scheiden, ob diese Ansicht die richtige ist. V. nn Ueber die wirkenden Kräfte beim Sprung „des ' Menschen und der Thiere. Von G. R. Trevıranvs. Es giebt Vorgänge im thierischen Körper, die sich nach blofs phy- sischen Gesetzen zu ereignen scheinen, die aber, wenn man sie näher untersucht, sich doch mit keinem, blofs physischen Ereignifs ganz über- einkommend zeigen und schwerer, als es den Anschein hatte, zu erklären sind, weil auch bei ihnen höhere Kräfte mitwirken. So verhält es sich Zeitschrift f. Physiol. IV. 1. 11 2 unter andern mit dem Sprung des Menschen und der Thiere. In den meisten Lehrbüchern der Physiologie findet man blofs die Muskeln an- gegeben, die dabei thätig sind. Wie aber diese Muskeln durch ihre Zu- sammenziehungen und Erschlaffungen den Sprung hervorbringen, darüber erhält man in jenen Werken keine oder unbefriedigende Auskunft, und zieht man die Schriftsteller zu Rathe, die besonders davon gehandelt haben, so sieht man sich in einen Kreis von Männern -versetzt, von welchen jeder die übrigen zu widerlegen und eine eigene Meinung gel- tend zu machen sucht. Wis !) trug zuerst eine Theorie des Sprungs, doch nur beiläufig, vor. Boreur ?2) machte eine neue bekannt. Mit einer andern trat Mayow °) auf. Huamsereer *) gab eine vierte, und Bar- THEZ °) verwarf alle diese, indem er eine fünfte aufstellte. Seit ich mich mit diesem Gegenstande näher beschäftigt habe, ist es mir vorgekommen, als ob hier die Wahrheit doch nicht so ganz ferne liege, und als ob die Verschiedenheit der Meinungen, die man darüber hegte, nur davon her- rühre, weil man bei der Untersuchung nicht von klaren Tau und bestimmten Vordersätzen ausging. Bei der Vorbereitung zum Sprunge werden bekanntlich die Zehen gegen den Fufsboden gestemmt, die Fulswurzeln ausgestreckt, die Schen- kel gegen die Beine, der Rückgrath und das Becken gegen die Schen- kel gebogen.. Diese Theile nehmen also die, in Fig. 2. Taf. V. ausgedrückte Stellung AQ@ PN M Ran, wo A @ der Vorderfus, @ P die Fuls- wurzel, P N das Bein, N M der Schenkel und MR der Rückgrath ist. Beim Sprunge selber hören die Beugemuskeln des Hüft- und Knie- gelenks plötzlich auf zu wirken, und diese Gelenke M, N werden eben 1) De affect. hysteric. et hypochond. p. 7. 8. In Opp. ed. Blasii. 2) De motu animal. P.I. c. 21. 3) Opp. omn. p. 317. 4) Physiol. med. n. 1389. 5) Neue Mechanik der willkührlichen Bewegungen des Menschen und der Thiere. Uebersetzt von B. Serancen. $. 188. 83 so schnell von ihren Streckmuskeln nach den Richtungen Nd, Mo ge- trieben, das Fufsgelenk P aber wird durch dessen Extensoren noch stärker als zuvor ausgestreckt und nach der Richtung Pi bewegt. Es ge- schieht hierbei die Bewegung des Knies N nach einer Richtung N d, die den Richtungen Mo, Pi der.Bewegungen des Hüft - und Fufsgelenks M, P. entgegengesetzt ist. Auf das Fufsgelenk P wirken bei der Zusammenziehung der Streck- muskeln zwei Kräfte: eine centripetale, die dasselbe nach @ zieht, und eine centrifugale, wodurch es in der Richtung der Tangente des Bogens Pi fortgeschleudert wird. In dem Bogen Pi wird es sich nur bewegen, wenn die centripetale Kraft von der centrifugalen nicht überwunden wird. Ist aber diese gröfser als jene, und zugleich grofs genug, um die Schwere des ganzen Körpers zu überwinden, so wird P nach der Richtung der Tangente P vu fortgehen und den Körper mit sich emporheben. Auf diesen Sätzen beruhet Mayow’s Erklärung des Sprungs, von welcher Borerur’s und Hamsereer’s Theorien im Grunde nicht verschie- den sind. Diese Sätze wurden aber weder von Mayow, noch von Bo- RELLI und HAmBERGER gehörig entwickelt, und keiner von ihnen bewies, dafs in dem Fall, worauf es hier ankömmt, die Centripetalkraft von der entgegengesetzten in dem, zum Sprunge nöthigen Grade überwogen wer- den könne. Ein solches Uebergewicht kann auf doppelte Art ein- treten: } ö 1. Wenn die Linie @ P um @ nach Pi in der Richtung C A hef- tig und schnell von einer Kraft bewegt wird, die unter einem nicht zu kleinen Winkel @ C A und in einer nicht zu kleinen Entfernung C @ von @ auf @ P wirkt. Diese Art der Einwirkung findet aber auf das Fufsgelenk P nicht statt; denn nicht die Beugemuskeln des Vorderfufses Q@ A, sondern die Streckmuskeln des Gelenks P der Fufswurzel P @ mit dem Bein PN sind es, wodurch PQ um @ nach der Richtung P i gedreht wird. Und wäre hier die Zusammenziehung jener Flexoren die bewegende Kraft, so würde diese bei der Art, wie sich überhaupt die 8 -Muskeln in der Nähe des Hypomochlion inseriren, nicht das erwähnte Uebergewicht hervorbringen können. 2. Wenn der Punkt P von einer Kraft since der Richtung x P der Tangente P v getrieben wird. ‚Bei dieser Einwirkung bedarf es blofs eines Uebergewichts jener Kraft über die Schwere des Körpers um eine Erhebung des. letztern über dessen Unterlage hervorzubringen. Eine solche Einwirkung findet aber mit geringer Abänderung beim Sprunge statt. Die Streckmuskeln des Fufsgelenks P sind es, wodurch die Fuls- wurzel P @ um die Gelenke, die‘sie mit dem Vorderfuls @ A bei @ macht, nach vorne bewegt wird, und diese Muskeln wirken in der Rich- tung P v, oder können doch nach dieser Richtung wirken. Sie drücken zwar den Punkt P gegen Q@,' doch in so schiefer Richtung gegen den Fufsboden a A, dafs die centrifugale Kraft, die von ihnen dem Punkt P ertheilt wird, die centripetale weit übertreffen kann. ‘Bewegte sich indefs bei ihrer Einwirkung das Bein PN blofs aufwärts durch den un- beweglichen Punkt N nach z, so würde dasselbe sehr bald mit der Fuls- wurzel P @ in einerlei grade und gegen den Fufsboden a A fast senk- rechte Linie zQ@ gerathen, und hierdurch könnte das anfängliche Ueber- ‘gewicht der centrifugalen Kraft über die centripetale wieder aufgehoben werden. Aber während P nach P v gedrückt wird, ziehen sich gleich- zeitig die Extensoren des Kniegelenks N zusammen, und N beschreibt eine Curve N d nach der entgegengesetzten Richtung der krummen Linie Pi. Wenn nun PN und P @ auch eine solche Lage annehmen, dafs sie eine grade Linie t @ ausmachen, so wird diese doch bei jener Be- wegung des Punkts N immer so schief gegen den Fufsboden a A gerich- ‚tet seyn, dafs die centrifugale Kraft gröfser als die centripetale bleiben kann. Allein auch dem Zusammenfallen vnNPudP@int@ ist dadurch vorgebeugt, dafs, während das Kniegelenk N sich nach hinten bis d bewegt, das Hüftgelenk M nach vorne bis O geht. Der Schenkel und das Bein haben‘ überdiefs noch die Wirkung, durch .ihren Um- schwung die centrifugale Kraft des Punkts P zu vermehren. 8 = Die gleichzeitige Wirkung der Extensoren des Hüft- und Kniege- lenks mit den Streckmuskeln des Fuflsgelenks, und den Antagonismus in der Bewegung des Knies gegen die Bewegungen der Hüfte und Ferse bei Hervorbringung des Sprungs hat auch Barrnuzz eingesehen. Allein in dem, was er darüber spricht, ist so wenig Klarheit, dafs er den ei- gentlichen Grund dieser Bewegungen schwerlich begriffen haben kann. Er sagt '): Die wahre Theorie vom Mechanismus des Sprungs, die vor ihm nicht bekannt gewesen sey, beruhe auf zwei wesentlichen Punkten: 1. Der Sprung könne nur geschehen, insofern die Action der Streck- muskeln beider Gelenke des Beins übereinstimmen; diese Gelenke seyen nach entgegengesetzten Richtungen gestellt; sie seyen vor dem Sprung gebogen und ihre Actionen folgen auf einander. 2. Die Streckmuskeln dieser beiden Gelenke des Beins theilen dem Knochen, der in der Mitte dieser Gelenke steht, Projections-Bewegungen um die Mittelpunkte die- ser Gelenke mit; dadurch werde eine Drehung der Enden des Knochens ‚um einen veränderlichen Mittelpunkt der Drehung, der keine Unterstü- .tzung vom Boden erhalte, hervorgebracht; insofern der Knochen sich also nicht um einen festen Punkt bewege, könne er der hervorstehenden unter den ihm mitgetheilten Bewegungen folgen und sich dergestalt vom Boden erheben. — Hier sind blofs die vor und bei dem Sprunge statt findenden Bewegungen angegeben. Die Causalverbindung zwischen den- selben und dem Sprung ist so wenig hier, als in dem, was Barrnez noch sonst über diesen Gegenstand sagt, nachgewiesen. Eine andere Ansicht von der wirkenden Ursache beim Sprunge, als die übrigen, angeführten Schriftsteller, hatte Wıruıs. Dieser nahm da- für Elastieität an. Das blofse Wirken und Gegenwirken der Muskeln, glaubte er, könne nicht den Sprung zur Folge haben. Gegen diese Mei- nung ereiferte sich Mayow sehr, und Barrnzz verwarf sie ebenfalls ganz. Ich sehe indefs nicht ein, wie man die Federkraft der Knorpelscheiben, 1) A. a. 0. 8. 157. 86 die zwischen den Knochen der Fufswurzel liegen, für ganz unthätig beim Sprunge halten kann. Diese werden bei dem Strecken des Fufsgelenks und beim Andrücken der Zehen gegen den Fufsboden stark geprelst, und reagiren beim Emporsteigen des Körpers in einer Richtung, welche der Richtung der centripetalen Kraft entgegengesetzt ist, und wodurch also die centrifugale vermehrt werden muß. In einigen physiologischen Werken ') heifst es: der Körper werde beim Sprunge durch den Widerstand der eingedrückten Erde zurückge- _ worfen. Aber die Erde thut dabei nichts, als dafs sie dem vordern Ende Q der Fulswurzel P @ einen festen Punkt gibt, um welchen diese sich drehen kann, und worauf sich der ganze Körper stützt.- Ruhet der letz- tere nicht auf @, sondern z. B. auf M, und ist @ ohne Stütze, so ha- ben die Zusammenziehungen der, beim Sprunge wirksamen Muskeln keine weitere Folge, als blofse Ausdehnung der Gelenke N und P, weil denn die entgegengesetzten, centrifugalen Bewegungen N d, Pi der Punkte N, P sich aufheben. Wenn aber der Körper sich schwebend in der Luft befindet, so kann durch heftige und schnelle Ausdehnung des Hüftge- lenks M die centrifugale Bewegung M vu desselben einigermafsen unter- halten werden, obwohl, wegen der grofsen Schwierigkeit jener Ausdeh- nung bei nicht unterstütztem Körper, nur in geringem Grade. Auf diese Weise ist es den Seiltänzern möglich, beim Herabfallen nach einem Sprung die Erde anfangs mit Leichtigkeit zu berühren. Dafs sie sich aber, wie Barrnez ?) erzählt, nach einer so leichten Berührung gleich wieder erheben können, ist eine Unmöglichkeit. Aus dem Obigen lassen sich die Hauptbedingungen der verschiede- nen Arten des Sprungs und der Stärke desselben ohne Schwierigkeit ableiten. Zu einem Sprung, der dem senkrechten möglichst nahe kömmt, be- 1) Z. B. in Harzer’s Elem. Physiol. T. IV. p. 569. 2) A. a. 0. S. 150. 8 darf es einer solchen Neigung des Beins gegen die Fufswurzel, dafs die . Linie P u (Fig. 3.) eine fast senkrechte Richtung gegen den Fufsboden aA erhält. Hierbei muls aber das Bein .P N sowohl mit der Fufswur- zel P@, als mit dem Schenkel N M einen so stumpfen Winkel machen, dafs die Streckmuskeln dieser Theile nicht mit voller Kraft wirken kön- nen. Soll der Sprung ganz senkrecht geschehen, so mus NP mitux zusammenfallen, das Bein N P selber senkrecht gegen den Fufsboden gerichtet seyn,‘'und also die Fulswurzel P @ diesen berühren. Dann aber können die Streckmuskeln des Fufsgelenks P sehr. wenig wirken. In senkrechter Richtung kann daher der Mensch nicht hoch springen. Anders verhält es sich mit den Vögeln. Bei diesen macht die Fulswur- zel mit dem Vorderfufs schon im- Zustande der Ruhe einen so stumpfen Winkel, dafs bei jeder Streckung des Fufsgelenks die Richtungslinie P u des Sprungs fast senkrecht wird. Ihnen ist defswegen der senkrechte Sprung leichter als der horizontale. Soll der Sprung zach hinten geschehen, so mufs die Linie P v (Fig. 3.) mit dem Fufsboden A a nicht nach hinten, sondern nach vorne zusammentreffen. Diefs kann nur geschehen, wenn die Fulswurzel P®@ mit dem Vorderfufs @ A und das Bein P N mit dem Fufsboden a A kleinere WinkelP@A,aP®, als beim Sprunge nach vorne (Fig. 2.) macht, und hierzu ist es nothwendig, dafs der ganze Körper soviel wie möglich nur auf die Spitzen A der Zehen gestützt werde. So kann aber während der Vorbereitung zum Sprunge das Gleichgewicht nur durch eine so. starke Biegung des Rückgraths M R nach hinten behauptet wer- den, dafs die Wirkung der Streckmuskeln des Hüftgelenks M sehr ver- mindert wird. Defswegen ist es weit schwerer nach hinten als nach vorne zu springen, und da der Winkel Px @ immer nur klein seyn kann, so ist bei dieser Art des Sprungs nur eine geringe Höhe erreichbar. Die Stärke des Sprungs hängt vorzüglich von der Stärke der Streck- muskeln des Hüft-, Knie- und Fufsgelenks, von der relativen Länge des Schenkels und Beins, und von der Beweglichkeit der Knochen der 88 untern Gliedmassen ab. Die Länge des’ Schenkels und Beins hat auf die Stärke des Sprungs Einflufs, weil diese Theile bei größerer Länge in. einerlei Zeit gröfsere Bogen beschreiben ünd so der Fufswurzel durch einen stärkern Schwung eine gröfsere Centrifugalkraft ertheilen , als die kürzern geben können. Alle sehr hoch springende 'Thiere, z. B. das Känguruh, die Springhasen, der Frosch, die Heuschrecken und der Floh, besitzen defswegen sehr lange, hingegen die zum Sprunge un- tüchtigen Thiere, z. B. das Schwein, die Ameisenfresser, Crocodile und Eidechsen, sehr kurze Schenkel und Beine. Die Beine der Vögel sind zwar auch lang, zum Theil sehr lang. ‘Aber diese Thiere haben zu kurze Schenkel, zu lange Zehen und zu schwache Streckmuskeln des Fulsge- lenks um hoch springen zu können. Dumas !) hat das Gerippe eines Menschen beschrieben und abbilden lassen, bei welchem statt aller Knochen des Schenkels und Beins auf jeder Seite nur ein einziger langer Knochen vorhanden war, der oben mit dem Becken, unten mit der Fufswurzel articulirte.e Dieser Mann nährte sich dessen ohngeachtet mit Luftspringerkünsten, worin er grolse Geschicklichkeit besals. Das Beispiel desselben beweist, dafs zum Sprin- gen überhaupt das Hüft- und Kniegelenk nicht durchaus nothwendig sind. Wahrscheinlich wurde bei ihm der Mangel dieser Gelenke durch grolse Beweglichkeit des einzigen Knochens, der bei ihm die Stelle des Schen- kel-, Schien- und Wadenbeins vertrat, und durch grofse Stärke der Streckmuskeln des Gelenks, den dieser Knochen mit der Fufswurzel bildete, ersetzt. Dumas gibt nicht an, wie hoch derselbe’ in Vergleichung mit andern, wohlorganisirten und in ihrer Kunst ausgezeichneten Sprin- gern sich in die Luft erheben konnte. Dafs er solchen in der Höhe des Sprungs weit nachgestanden habe, läfst sich nicht bezweifeln. . D) Principes de Physiol. T. II. p. 165. “ v1. Ueber das Nervensystem des Scorpions und der . „Spinne. Von G. R. TREVvIRANDS. Der Anatom und Physiolog befindet sich in einem 'grofsen Nachtheil gegen andere Gelehrte und Künstler. Wenn diese sich oft schmeicheln können, in ihrem Fache etwas Vollendetes geliefert zu haben, so darf jener sich nur rühmen, dafs er das Möglichste that, seine Arbeit dem Vollendeten zu nähern. Jeder Gegenstand seiner Untersuchungen und Darstellungen hat unendlich viele Seiten. Er kann ihn immer nur von einigen derselben erforschen, und der Erfolg seines Forschens ist ab- hängig von äussern, günstigen oder ungünstigen Umständen. Er kann nie gewils seyn, nicht geirret zu haben, und das höchste Lob, worauf er Anspruch machen ‘darf, ist nur, dafs er öfterer die Wahrheit er- reichte, als sie verfehite, und nie aufhörte, das, was er für Wahrheit hielt, immer von neuem zu prüfen. Als ich in den Jahren 1812 bis 1817 meine Abhandlungen über den innern Bau der Arachniden und der ungeflügelten Insekten herausgab, konnte ich nicht hoffen, diesem allge- meinen Schicksal des Irrens entgangen zu seyn. Ich erinnerte ausdrück- lich bei einigen Punkten, dafs diese noch einer weitern Prüfung bedürften, versprach aber auch, alles noch Zweifelhafte weiter zu untersuchen, wenn mir Gesundheit und Mufse bleiben und die Umstände mich begünstigen würden, Dieser Zusage bin ich nachgekommen, obgleich ich, abgeschreckt Zeitschrift f. Phyeiol. IV, 1, 12 90 durch den wenigen Antheil, den man in Deutschland an zootomischen _ Arbeiten nimmt, von den Resultaten meiner spätern Untersuchungen nichts bekannt gemacht habe. Unterdefs erhielten einige der Gegenstände meiner obigen Schriften einen eifrigen und scharfsichtigen Forscher an Herrn Professor J. MürLer. In seinen Beiträgen zur Anatomie des Scorpions ‘) sind von ihm manche Lücken, die Meckeı und ich in der Beschreibung des Baus dieses Thiers gelassen hatten, ergänzt, einige meiner Angaben berichtigt, mehrere neue Beobachtungen dem Bekann- ten zugefügt, und so einem Theil der Nachträge, die ich zu meiner . Schrift über den innern Bau der Arachniden gesammelt hatte, der Werth, den sie sonst vielleicht gehabt haben würden, benommen. In- zwischen, auch ihm ist das Loos des Irrens zugefallen. Indem er ver- besserte,, hat er Sätze aufgestellt, die wieder der Verbesserung bedürfen. Einige seiner Berichtigungen sind selber unrichtig. Er hat von dem eu- ropäischen Scorpion schwerlich so viele und so gut erhaltene Exemplare zergliedert, als ich, und oft geschlossen, weil er an den gröfsern, aus- ländischen Arten, die er untersuchte, die aber, wie das Meiste, was man aus den 'Tropengegenden in Weingeist erhält, nicht sehr frisch mehr seyn konnten, Manches nicht so fand, wie ich es an der europäischen Art beobachtet hatte, diefs müsse sich auch bei der letztern anders ver- halten. Doch über verschiedene dieser Punkte werde ich mich bei einer andern Gelegenheit näher erklären. Für jetzt sey mir nur erlaubt, seiner Beschreibung des’ Nervensystems des an meine neuern Beobach- tungen gegenüber zu stellen. Was ich in meiner Schrift über den innern Bau der Arachniden, S. 15, vom Bau des Gehirns des Scorpions gesagt habe, ist allerdings unrichtig. Jenes Eingeweide ist bei diesem Thier von einem Fortsatz des Fettkörpers bedeckt und bei der europäischen Art so kleimg dafs es sich nur unter stärker vergröfsernden Gläsern, daher aber auch nur bei r4 1) In Mecası’s Archiv für Anat. u. Physiol. 1828, S. 29. 91 schwacher Beleuchtung und schwer untersuchen’ läfst. Ich glaubte von der, bei den übrigen Krustaceen und Insekten nicht vorkommenden Be- deckung, sie gehöre mit zum, Gehirne, und gab, hierdurch irre geleitet, eine falsche Schilderung, erinnerte aber gleich dabei: ‚ich müsse das Gehirn zur weitern Untersuchung empfehlen; an den Exemplaren, die ich zergliedert hätte, sey dieses Eingeweide so weich gewesen, dafs ich den Bau mancher Theile desselben nicht deutlich hätte erkennen können.“ Müuuer’s Beschreibung ist zwar richtiger. Eine seiner Angaben muls aber Jedem, der mit dem Bau des Gehirns der wirbellosen Thiere be- kannt ist, als sehr verdächtig erscheinen. Nach dieser ‚soll das Gehirn des Scorpions gegen das, bei allen übrigen Thieren geltende Gesetz, nicht von der Speiseröhre durchbohrt werden. Diefs wäre, wenn es sich so verhielte, eine merkwürdige Ausnahme. Nach Untersuchungen, die ich an De Geer’s Scorpio testaceus und maculatus (americanus L.) anstellte, ist diefs aber nicht der Fall. Das. Gehirn dieser westindischen Scorpione besteht, wie das der Arten, die MüLzer zergliederte, aus ei- nem obern und untern Stück. Das obere Stück (F.1.3.a), von Müı- er das kleine Gehirn genannt, ist kleiner als das untere (F. 2.i), und liegt nicht, wie in Mürver’s Abbildung des Gehirns eines afrikanischen Scorpions vor, sondern auf diesem untern. Vorne und hinten befindet. sich zwischen beiden Stücken eine Grube, die zu einem, von ihnen ein- geschlossenen Canal führt. Dieser ist es, durch welchen die Speiseröhre (F. 1. 2. 3. cg) ihren Weg nimmt. Sie ist sehr eng bei ihrem Durch- gang, erweitert sich aber bedeutend gleich nach ihrem Austritt. Beim Scorpio maeulatus öffnen sich in sie gleich hinter dem Gehirn zwei häu- tige Schläuche (F. 3. rr), die vielleicht zu den, von Mürzer bemerk- ten „Speichelgefäfsen‘‘ gehören. Das obere Stück erzeugt an: den beiden: Seiten: des vordern Randes die Nerven der Augen (F. 1. 2. 3. ı 2) und der Frefswerkzeuge (2: 3). Das hintere Ende desselben setzt sich in einen grofßsen, unpaaren Ner- ven (9) fort, der längs dem Herzen herabläuft und diesem angehört. 92 Bei Scorpio maculatus ist die obere Seite dieses Stücks durch Vertie- fungen in zwei vordere, birnförmige Theile und einen hintern, dreisei- tigen geschieden, von denen die beiden .erstern den vier vordersten Nervenpaaren zum Ursprunge dienen und das letztere in den Herzner- ven übergeht. In Betreff der Augen habe ich mich geirret, als ich in meiner angeführten Schrift dem europäischen Scorpion nur die beiden gröfsern zuschrieb, die-auf der Mitte der obern Brustplatte stehen. Aber Mürter behauptet auch mit Unrecht, alle Scorpionen hätten, ausser den grofsen Augen auf der Brust, wenigstens noch sechs kleinere am vor- dern Rande des Bruststücks. Die beiden obigen, westindischen Scorpio- nen haben zwar auf der Mitte der Brustplatte®zwei grolse und vorne sechs kleinere Augen. Hingegen beim europäischen Scorpion gibt es an der letztern Stelle nur vier Organe dieser Art. Beim Scorpio testaceus ragen dicht neben denselben noch mehrere, ihnen ähnliche Halbkugeln hervor, die aber inwendig allenthalben schwarz gefärbt sind. Zu dem gröfsern Augenpaar gehen bei allen Scorpionen die beiden mittelsten (F. 1. 2. 3. ı.) der obigen Nerven. Der Bau dieser Augen ist von MüLter in seinem Werke zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinns, 8. 316, der Natur gemäfs beschrieben. Die Sehenerven erweitern sich an ihrem äussern Ende zu einem halbkugelförmigen Becher, der auswendig und am vordern Rand mit einem schwarzen Pigment überzogen ist. In der Höhlung dieses Bechers liegt eine Substanz, die eine Art von Glas- körper zu seyn scheint, und in dieser die Krystallinse, die beim Scor- pio testaceus aus zwei, ziemlich grofsen Kugelabschnitten besteht. Die auswendige Seite des vordern Segments ist von einer Hornhaut bedeckt. Die Nerven der kleinern Augen (F. 3. v. v.) sind beim Scorpio macula- tus auf jeder Seite drei Zweige eines gemeinschaftlichen, sehr dünnen Stamms (2.), der unmittelbar neben dem gröfsern Sehenerven entspringt, eine weite Strecke ungetheilt fortgeht und erst in der Nähe jener Augen sich theilt. Bei den afrikanischen Scorpionen müssen diese Zweige gleich bei ihrem Ursprunge getheilt seyn, wenn Müwter recht ge- er ee Bee 93 sehen hat, dafs hier zu den einfachen Augen mehrere, sehr feine Nerven gehen. Aus dem untern Stück des Gehirns entspringen auf beiden Seiten die Nerven der Palpen (F. 1. 2. 3. 4.) und der vier Fufspaare (5. 6. 7. 8.) in strahlenförmiger Richtung mit breiten, sich kegelförmig nach aussen verschmälernden Wurzeln '). Beim Scorpio testaceus laufen nach den Enden der Stellen, wovon diese Nerven ausgehen , auf der untern Fläche jenes Stücks (F. 2. i) von einem, in der Mittellinie desselben befindli- chen Einschnitt schwache Furchen. Aus dem hintern Ende des Stücks entstehen neben der, aus dem Gehirn hervortretenden Speiseröhre noch . einige kleinere, nach dem Bauch laufende Nervenpaare (F. 1. 2. 3. 10.). Dieses Ende selber geht, allmählig verschmälert, in den Bauchstrang (m) über. Der Bauchstrang (F. 2. m m‘) hat bei allen Scorpionen sieben Kno- ten. Die Entfernung dieser Knoten von einander und die Länge der Fäden, wodurch sie unter sich verbunden sind, ist aber bei den ver- schiedenen Arten verschieden. Beim europäischen Scorpion fand ich früher die drei ersten Knoten durch drei Fäden unter sich zusammen- hängend. Mürzer erklärt den mittelsten dieser Fäden für ein Band, welches längs dem ganzen Bauchstrang verläuft. Beim Scorpio testaceus waren allenthalben nur zwei Fäden und kein solches Band vorhanden. Beide Fäden lagen hier allenthalben, nur nicht zwischen den beiden letz- ten Fäden, dicht an einander. Diese hatten einen Zwischenraum (F. 2. x), durch welchen das hintere Ende des Herzens von der Rückenseite nach der entgegengesetzten herübertrat. Vergleicht man diese Beschreibung mit der, die ich in meiner Schrift über den innern Bau der Arachniden, S. 44, 45, vom Nervensystem der Spinne geliefert habe, so wird man das Gehirn des Scorpions dem — 1) Mürsen gibt das Nervenpaar, das in den drei ersten meiner Figuren mit 2/ bezeichnet ist, für das der Palpen an. Ich weifs nicht, was er unter Palpen versteht. Sonst heifsen so die Theile, die er Scheeren nennt. 94 der letztern ähnlich finden. Dieses besteht ebenfalls aus einem obern und untern Stück, und aus dem obern entspringen auch bei der Spinne die Nerven der Augen und der Frefswerkzeuge. Doch ist das letztere in Verhältnifs zum untern Stück kleiner als beim Scorpion, und es fehlt daran der Herznerve, worin sich dasselbe bei diesem nach hinten fort- setzt. Die Augennerven, die ich früher bei unsern deutschen Spinnen nicht verfolgen konnte, sah ich nachher bei einer grolsen Aranea regia Fabr. die hier in Bremen unter westindischem Caffee lebend gefunden war, als zu einem einzigen Bündel vereinigt, von jenem obern Stück des Gehirns heraufkommen, sich gegen die Stirne zu trennen und ein- zeln zu den Augen gehen. Bei einer brasilianischen Spinne, von der ich vermuthe, dafs sie einerlei mit De Geer’s Aranea rufa war und woran ich eine merkwürdige Abweichung von dem Bau der übrigen Spinnen entdeckte, indem sie, ausser dem gewöhnlichen Kiemenpaar am vordern Ende des Bauchs noch ein zweites auf der Mitte desselben hatte, ent- standen aus dem obern Stück (F. 4. aa’) des Gehirns, unter dem Ur- sprunge der Nerven der Frefswerkzeuge (?.3.), zwei platte Ner- ven (1. 1.), die sich vor der Stirne in Zweige für die einzelnen Augen (0) theilten. Das untere Stück (ii) des Gehirns der Spinne kömmt mit dem des Scorpions in der Gestalt und der Art des Ursprungs der Nerven der Palpen (4.) und der Fülse (5. 6. 7. 8), ganz überein. Ob zwischen dem- selben und dem obern Stück die Speiseröhre bei der Spinne wie beym Scorpion durchgeht, habe ich früher zweifelhaft gelassen. Bei der bra- silianischen Spinne fand ich diesen Durchgang von ähnlicher Art wie beim Scorpion. Die Speiseröhre dringt gleich bei ihrem Anfang in eine Oeff- . nung, die unter dem Ursprung der Sehenerven (F. 4, unter c) liegt, geht zwischen dem obern und untern Stück des Gehirns fort und tritt aus einer, unter dem hintern Ende des ohera Stücks befindlichen Oeffnung (g) wieder hervor. Bei ihrem Durchgang ist sie ihrer Länge nach an einem solchen dünnen Knorpel, wie ich in meiner abigen Te ul a ln u rn lan 95 Schrift ') von unsern deutschen Spinnenarten beschrieben habe, be- festigt. In der Bildung des Bauchstrangs weicht die Spinne von dem Scor- pion ab. Bei den deutschen Spinnen fand ich an demselben da, wo er in den Hinterleib tritt, einen Knoten, woraus die Bauchnerven ent- sprangen. Diesen habe ich bei der brasilianischen Art nicht angetroffen. Aus dem hintern Ende des untern Stücks des Gehirns entstand hier ein, aus zwei Hälften bestehender Strang (F. 4. m), der sich im Hinterleibe verbreitete, ohne irgendwo einen Knoten zu bilden. Erklärung der Figuren. Fig. 1. Das Gehirn des Scorpio testaceus De GEER ?) von der obern Seite. — a. Das obere Stück des Gehirns. — c. Grube zwischen diesem und dem untern Stück, worin die Speiseröhre dringt. Der Eintritt der- selben ist hier und in der folgenden Figur durch eine punktirte Linie angedeutet. — 1. Die Nerven der beiden gröfsern Augen. — 2. Ein dün- nes Nervenpaar, welches, nach der Analogie des Scorpio maculatus, zu den kleinern Augen &eht. — 2’. 3. Nerven der Frefswerkzeuge. — 4. Nerven der Palpen. — 5. 6. 7. 8. Nerven der vier Fufspaare. — 9. Un- paarer Herznerve. — g. Die, aus dem hintern Ende des Gehirns wieder hervortretende Speiseröhre. — m. Der Anfang des Bauchstrangs. — 10. Ein kleineres, neben diesem Strang entstehendes Nervenpaar. Fig. 2. Das Gehirn der vorigen Figur mit dem ganzen Bauchstrang von der untern Seite. — i. Das untere Stück des Gehirns. — m m’. Der ‘ Bauchstrang. — x. Spalte zwischen den. beiden letzten Knoten dieses Strangs, durch welche das hintere Ende des Herzens dringt. — Die übrigen Theile sind auf dieselbe Art wie in der vorigen Figur be- zeichnet. 1) S. 30. Tab. 3. Fig. 27.B. - 2) Mem, pour servir ü l’Hist. des Ins. T. VII. p. 347. n. 7. 96 Fig. 3. Das Gehirn des Scorpio maculatus De Geer ') von der obern Seite. — Die Theile, die mit denen der beiden vorigen Figuren übereinkommen, sind mit den nämlichen Buchstaben wie dort bezeichnet. Der Herznerve 9 aber ist bei seinem Ursprung aus dem Gehirn abge- schnitten, um den Austritt g der Speiseröhre aus dem Hirn deutlicher vorstellen;zu können. An dieser sieht man die innern Enden r der, sich darin öffnenden, häutigen Schläuche. Die Nerven sowohl der kleinen, als der grofsen Augen (1, 2) sind in ihrer ganzen Länge nebst ihren, aus- wendig mit schwarzem Pigment bedeckten, becherförmigen Enden (0. v.) vorgestellt. ; Fig. 4. Das Gehirn einer brasilianischen Spinne, die einerlei mit De Gker’s ?) Aranea rufa zu seyn scheint, von der obern Seite. — a a. Das obere Stück des Gehirns, welches aus zwei länglichrunden Vorder- theilen a und zwei kugelförmigen Hintertheilen a’ besteht. — ii. Das untere Stück des Gehirns. — 1. Die beiden Sehenerven. — o. Deren, mit schwarzem Pigment bedeckte Augenzweige. — c. Stelle unter dem Ursprung dieser Nerven, an welcher die Speiseröhre in das Gehirn triti. — g. Oeffnung, aus welcher diese Röhre wieder hervorkömmt. — Die mit 2/, 3 u. s. w. bezeichneten Nerven sind denen der vorigen Figuren analog, und m ist, wie in diesen, der Anfang des Bauchstrangs. Bremen, im August 1829. 1) A. a. O. p. 346. n. 6. 2) A.a. ©. p. 319. n. 4. 9% vn. \ Ueber den Bau der Augen bei Argulus foliaceus mit Bemerkungen über die Eintheilung der Crustaceen nach dem Bau der Augen von Dr. JoHANNES MÜLLER, Professor zu Bonn. (Mit einer Abbildung. Tafel. VI. Fig. 5. — 6.) Im Herbst 1829 untersuchte ich den Bau der Augen bei Argulus foliaceus, dem bekannten parasitischen Custraceum, welches den Stichling und die F'roschlarven infestirt. y Die Augen sind halbkugelförmig. Die Hornhaut und die innern Theile sind concentrisch. Beide sind durch einen kleinen Zwischenraum getrennt, der mit wässriger heller Flüssigkeit angefüllt ist. Die Hornhaut ist glatt, ohne alle Spur von Facetten. Die inneren Theile bestehen nach aufsen aus einem hemi-sphärischen Aggregat von durchsichtigen, harten, birnförmigen Crystallkörperchen, welche mit ihren Spitzen in schwarzes Pigment eingesenkt sind, mit ihren runden Köpfen aber dicht neben einander in dem Raume unter der Hornhaut hervorragen und an der Oberfläche wie Perlen aussehen. Diese Crystallkörperchen sind aber nicht rund, wie es bei oberflächlicher Ansicht scheint, sondern kegel- oder birnförmig, und hat man die Hornhaut weggenommen, so kann man die kleinen harten Crystallkörperchen von einander ablösen und einzeln unter dem Mikroskop betrachten. (Siehe Fig. 5.) Ihre An- zahl ist gering, es mögen nicht viel über 80 seyn. Zeitschrift f. Physiol. IV, L 13 98 Eigenthümlich ist ihre Stellung und Ordnung in parallelen Linien, die zusammen wie ein Perlenband aussehen, das die Halbkugel des Auges so zu umfassen scheint, dals an zwei entgegengesetzten Stellen des Randes, wie an den Polen der Halbkugel eine ansehnliche Stelle übrig bleibt, welche ohne Crystallkörperchen nur mit schwarzem Pigment bekleidet und von der Hornhaut bedeckt ist. (Siehe Fig. 6.) Man sieht aus dieser Beschreibung der durchsichtigen Theile, dafs der Bau der Augen bei Argulus foliaceus im Wesentlichen ganz so ist, wie ich es früher von mehreren Entomostraceen beschrieben habe *), welche sich von den übrigen Krebsen mit zusammengesetzen Augen dadurch unterscheiden, dafs sie wie diese unter der Hornhaut zwar eine Rinde kegelförmiger Crystallkörperchen besitzen, aber an ihren zusam- mengesetzten Augen eine von allen Facetten entblöfste, vollkommen glatte Hornhaut haben. Diese Art der Augen ist aber wieder noch mehr von einer dritten Art, oder von den Aggregaten der einfachen Augen ver- schieden, welche letztere, wie die einfachen Augen der Spinnen, runde Linsen hinter den einzelnen Erhebungen der Hornhaut besitzen. Ich hatte nämlich in meiner erwähnten zweiten Abhandlung über den Bau der Augen unter den Gliederthieren gezeigt, dafs es 4 Haupttypen in dem Bau der Augen bei diesen Thieren gebe. I. Einfache Augen, mit Linsen, bei den Spinnen, und als Nebenaugen bei Insecten und einigen Crustaceen. II. Aggregate von einfachen, linsenhaften Augen, bei den Asseln und Tausendfülsen u. f. III. Zasammengesetzte Augen mit kegelförmigen Crystallkörperchen und glatter. Hornhaut ohne Facetten, wie bei den Monoculiden und Entomostraceen überhaupt. 1) Fortgesetzte anatomische Untersuchungen über den Bau der Augen bei den Inseeten und Cru- staceen. Meckers Archiv für Anatomie und Physiologie. 1829. H. 1. 2, Siehe p. 54. 99 IV. Zusammengesetzte Augen mit kegelförmigen Crystallkörperchen unter einer facettirten Hornhaut, wie bei den vollkommenen Krebsen und Insecten. Diese verschiedenen Formen sind in meinen frühern Abhandlungen *) durch Zergliederungen ausführlich erwiesen. Es scheint mir jetzt, dafs sich die Crustaceen nach dem Bau der Augen in eine sehr einfache und natürliche Classification bringen lassen. Diese Unterscheidung ist viel durchgreifender als manche andere; denn es ist offenbar, dafs an den verschiedenen Bau der Sehewerkzeuge, an die Modificationen dieses unter den Gliederthieren so vorzugsweise begünstigten Sinnes, der bekanntlich die gröfste Masse ihrer Nervensubstanz in Anspruch nimmt, die auffallendsten Unterschiede im äufsern und innern Bau geknüpft sind. Man erwäge nur, dafs alle Arachniden nur eine Art der 4 Hauptformen der Sehorgane, nämlich einzelne mit Linsen versehene einfache Augen besitzen, dafs alle geflügeiten Inseeten zusam- mengesetzte facettirte Augen, die ungeflügelten Polymerien oder Tausend- fülse aber Aggregate der einfachen Augen haben. Ich werde zeigen, dafs alle Crustaceen in 3 grofse Abtheilungen mit durehgreifendem Unterschied in dem Bau der Augen zerfallen. Diefs sind die vollkommenen Krebse, die Entomostraceer, und die asselartigen. Crustaeeen. Bei den Crustaceen finden sich 3 Hauptverschiedenheiten in dem Bau der Augen, die nur in jenen grofsen Abtheilungen realisirt sind. Entweder 1. zusammengesetzte facettirte Augen, ganz so wie die zusammenge- setzten Augen der Inseeten. Diese kommen allen eigentlichen Krebsen *) 1. Ueber die Augen und das Schen der Insecten, Spinnen und Krebse, in meinem Werk zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere. Leipz. 1826. mit 8 Kupf. in» französ. übersetzt in ann, d. sc. mat. 1829. 2. Fortgesetzte anatomische Untersuchnngen über den Bau der Augen bei den Inseeten und Crustaceen. Mecnsr’s Archiv. 1829. pı 38. Tab. UF, Fig. 1 — 17. 3. Ueber die Augen des Maiköfers, Ebend. p. 177. Tab. V.- Fig. 3, annales des sciences nalturelles 1829, 100 im engern Sinne des Wortes zu. Hinter der facettirten Hornhaut liegt eine ganz dünne Schichte aus aufrecht gestellten kegelförmigen Krystall- körperchen, die durch Pigment verbunden sind. 2. Zusammengesetzte nicht facettirte Augen. Diese kommen allen Entomostraceen und nur diesen allein zu. Birnförmige durch Pigment in der Tiefe verbundene Crystallkörperchen liegen hinter einer ganz glatten gemeinschaftlichen Hornhaut. 3. Aggregate der einfachen Augen. Diese kommen allen wahren asselartigen Krebsen zu und finden sich bei keinem andern Krebse wieder. Der innere Bau der Augen ist ganz wie in den einfachen Augen der Spinnen. Jedes Auge hat eine erhabene Hornhaut und hinter ihr eine runde Linse; allein diese Augen sind zu Aggregaten nebeneinander vereinigt, und der Anschein zusammengesetzter Augen wird durch BR Untersuchung sogleich widerlegt. Diese drei Abtheilungen umfassen alle Crustaceen ohne Ausnahme, und zwar in Gruppen, welche durchaus natürlich sind. Niemand bezweifelt den durchgreifenden Unterschied der eigentlichen Krebse von den Ento- mostraceen, niemand kann die ebenso grofse und abgeschlossene Eigen- thümlichkeit der Asseln in Abrede stellen. Sie ist in der That so großs, dafs mehrere Zoologen sich versucht fanden’, die Assela von den Crustaceen ganz zu trennen und sie mit den 'Tausendfülsen als eigenthümliche Classe oder als Abtheilung der Insecten zu verbinden; was indels ganz unstatthaft ist, da die Tausendfülse zu viel Aehnlichkeit des innern Baues mit den Insecten überhaupt und besonders auch der äufsern Bildung mit den Larven der Insecten haben, wenn man auch zugeben muls, dafs die asselartigen Crustaceen den Uebergang zu den Tausendfülsen in die Classe der Insecten machen. Sieht man nun auf die jetzt angenommene Classification der Crustaceen, so mufs man bekennen, dafs die Eintheilung und Feststellung der Familien und kleineren Gruppen bis zu den Gattungen gröfstentheils giücklich und wohlbegründet ist, dafs aber die Ordnung der Abtheilungen noch manches 101 zu wünschen läfst und von den Ansprüchen des natürlichen Systems noch immer entfernt ist. Wie schwankend diese Eintheilung war, zeigen die Uebersichten der Methoden, welche Desmarest *) gegeben hat, die Me- thoden von Lınn&, Brısson, Fuskıcıus, die vier verschiedenen Methoden von LATReItLe, die Eintheilung von Dumerır, Leacn, Rısso, BLAINVILLe und die zwei verschiedenen Methoden von Lamarck. Die meisten Vorzüge haben gewifls die Eintheilungen der Crustaceen von Cuvıer und LATReILLe in Cuvıer’s classischem Werk le regne animal, von Desmarest und die noch neuere von Van per Horven in dessen Handboek der Dierkunde of Grondbeginsels der natuurlijke geschiedenis van het Dierenrik. Te Rotterdam 1828. Dennoch haben die in diesen Werken neben einander gestellten Ordnungen, so fest sie im einzelnen als Gruppen stehen mögen, zum Theil so viele Aehnlichkeit unter sich, als sie von andern unterschieden sind. Mehrere Ordnungen eigentlicher Krebse folgen in einer Reihe mit den Ordnungen niederer Crustaceen. Die Ordnungen der Decapoda und Stomatopoda haben zu viele natürliche Aehnlichkeit, um sie nicht als eigentliche Krebse Malacostraca den übrigen entgegenzusetzen. Die Asseln haben zu viel Eigenthümliches, ihr Typus, der unter den flügel- losen Insekten wiederkehrt, ist zu bestimmt, um sie in eine Reihe mit den übrigen Ordnungen zu stellen, und diese Ordnungen haben als Entomostraceen zu viel Uebereinstimmendes, um nicht die alten generi- schen Namen für sie beizubehalten. Ich glaube, dafs jeder die Eigen- thümlichkeit jener dreigrofsen Gruppen, der eigentlichen Krebse, (malaco- straca), der asselartigen Crustaceen oniscoidea, (Popoda), der Entomostraceen einräumen wird, und wenn ich nun zeigen kann, dafs diese drei Hauptab- theilungen einen ganz verschiedenen Bau der Augen haben, so ist diese Unterscheidung jedenfalls beachtungswerth, wenn sie auch nur zur Befestigung der natürlichen Eintheilung dienen sollte. Die Kennzeichen, *) Considerations gendralds sur la classe des erustacder. ete. Paris 1825, 102 die wir hier aufstellen, sind offenbar, es bedarf nur der Loupe, um sie zu unterscheiden. Aber es ist der Mühe werth, die Evidenz ‘dieses Eintheilungs-Prinzipes auch im Einzelnen zu bewähren. I Ordnung der Crustaceen. Crustaceen mit zusammengeseiztem Bau der gestielten, frei beweg- lichen ‚facettirten Augen. Eigentliche Krebse Malacostraca. I. Abtheilung. Decapoda. 1. Familie. Kurzgeschwänzte Krebse. Krabben. Decapoda brachyura. 2. Familie. Langgeschwänzte Krebse. Decapoda macroura. II. Abtheilung. Stomatopoda. 3. Familie. Squillares. "ı. Ordnung der Crustaceen. Crustaceen mit festsitzenden Augen, aus Aggregaten einfacher Augen. Oniscoidea. Asselartige Crustaceen. Wir rechnen hieher nur die wahren Asseln im engern Sinn, Assellota Late. nämlich die Gattungen: Cymothoa, Sphaeroma, Stenosoma, Aega Idotea, Asellus, Ligia, Philoscia, Oniscus, Cam- pecopea, Nesca Porellio, Armadillo, Cilicea, Cymodoci Anthusa, Serolis, Dynamene, Zuzara, Eurydice, Cirolana, Conilera, Rocinela, Canolira, Anilocra, Olencira, Nerocila, Livoneca, Limnoria, Janira, Jaera, Bopyrus, alle nach den Bestimmungen von LracH. Aus- geschlossen bleiben aber die von LarkeıLıe und Desmarest mit den Asseln vereinigten, Typhis, Anceus, Praniza, Eupheus, Jone, weiche wahrscheinlich nach dem Bau der Augen nicht hierher gehören. Ausgeschlossen bleiben auch ‘die früher von LATReiLLe ebenfalls mit den Asseln vereinigten Cystibranchien, welche dem Bau der Augen nach ebenfalls in die dritte Ordnung gehören, 103 wie sie denn auch durch mehrere andere Charactere mit den Entomostraceen übereinkommen. LeacH’s Sonderung der Malaco- straca, Eutomostraca und der wahren Asseln ist daher durch‘ die Anatomie der Augen gerechtfertigt, nur hat er leider mit den Asseln die Myriapoden vereinigt, die bei den Insecten bleiben müssen. Dafs aber die Asseln Aggregate der einfachen Augen besitzen, habe ich in meiner frühern Abhandlung (Meckeı’s Archiv 1829. p- 41.) gezeigt, und ich kann nach Revision der Asseln des zoolog. Museums und meiner Collection versichern, dafs alle Asseln hieher gehören. Die Ordnung der Oniscoiden ist grofs genug, um sie in mehrere Abtheilungen zu zerfällen, z.B. in Assellota und Oniscida Lach, oder mit J. Van per Horven in folgende: I. Familie. Oniscoidea terrestria. II. Familie. Oniscoidea aquatilia. Auch diese erleiden wieder intarskähcihlegen. III. Ordnung der Crustaceen. Crustaceen mit zusammengesetzten Augen aus kegelförmigen Kry- stallkörperchen und gemeinsamer glatter, nicht facettirter Hornhaut. #n- tomostraca. Alle übrigen Krebse ohne ‚Ausnahme scheinen hieher zu gehören. Ich habe Gattungen fast aller Familien untersucht. 1. Familie. Amphipoda Cuv. Gammarınar Later. Man sehe unsere ana- tomische Untersuchung vom Bau der Augen bei Gammarus pulex. Mecxer’s Archiv. 1829. p. 57. 2. Familie. Laemodipoda. Larr. Auch diese rechnen wir unter die Entomostraceen. Man sehe unsere anatomische Untersuchung vom Bau des Auges bei Cyamus Ceti Mecxeıs Archiv 1829. p. 58. 3. Familie. Siphonostomata. Van ver Hoven. 104 Man sehe die oben mitgetheilte anatomische Beschreibung vom. Bau des Auges bei Argulus foliaceus. Mehrere andere sind blind, wie Dichelestium und Cecrops Latreillii *). 4. Familie. Xiphosura. Van per Hoxven. Hierher gehört nur Limulus polyphemus, dessen Augen aus kegel- förmigen Crystallkörperchen und gemeinschaftlicher glatter Hornhaut bestehen, wie schon Axpr& philos. Transact. T. LXXI. beschrieben und abgebildet. Eigenthümlich sind bei diesem Thier kleine seichte Grübchen in der Hornhaut über jedem Crystallkegel. Im übrigen ist die Hornhant ganz glatt und ohne alle Spur von Facettirung, wie ich mich noch neuerlich im zoolog. Museum überzeugt habe. 3. Familie. Phyllopoda. x Man sehe meine anatomische Untersuchung vom Bau der Augen bei Monoculus apus, Apus productus Lam. Meckeıs Archiv 1829. p. 55. Auch Branchipus stagnalis hat denselben Bau der Augen. 6. Familie Palneaden. Dafs die Palneaden oder Trilobiten der Vorzeit denselben Bau der Augen hatten, machen Darman’s schöne und deutliche Abbildungen sehr wahrscheinlich. 7. Familie. Lophyropoda. Den genannten Bau der Augen hat Srraus bei den Daphnien aus- führlich beschrieben. Mem. du mus. d’hist. nat. T. V. Fig. 6. et 7. Vergl. Mecker’s Archiv 1829. p. 57. Ebenso ist es bei Lynceus. Endlich theilen alle bessern Abbildungen und Beschreibungen der Monoculiden diesen sämmtlich zusammengesetzte Augen mit glatter einfacher, nicht facettirter Hornhaut zu. In Jurınes prachtvoller *) Dieses Thier scheint parasitisch an den Kiemen mehrerer sehr verschiedenen Fische zugleich vorzukommen. Litreızze nenntden Thunfisch und an einem andern Ort die Steinbutte (turbot). Ich besitze mehrere vollkommen übereinstimmende Exemplare des Thieres, dieich Runorrar’s Güte verdanke, und an den Kiemen von Osthragoriscus mola vorkamen, Sie stimmen in Allem mit der Abbildung bei Desmazest. pl. 50. Fig. 2. überein. 105 Histoire naturelle des monocles sind die durchsichtigen Crystallkörper- chen unter der einfachen Hornhaut durchgängig sehr deutlich abgebildet. Man sieht, dafs unsere Eiutheilung der Crustaceen nach dem Bau der Augen in Hinsicht der Hauptabtheilungen auf die Classification von - Leach im Wesentlichen zurückkommt, der nach andern Charactern die Crustaceen in drei Abtheilungen: malacostraca, entomostraca, myriapoda brachte. In der Abtheilung der Myriapoden finden sich indefs leider die Tausendfülse mit den asselartigen Crustaceen vereinigt. Allein es ist eben so gewils, dafs die Tausendfülse mit der Larvenform der Insecten, unter den Insecten bleiben müssen, als die Asseln wirklich Crustaceen sind. Vergleicht man nun die Vertheilung der Gattungen unter den drei Abtheilungen der Crustaceen, unter den wahren Krebsen, unter den En- tomostraceen und unter den asselartigen Crustaceen, so ergibt sich fol- gendes Verhältnifs, wenn man die Zahl der Gattung in Desmarssts Ue- bersicht zur Grundlage nimmt. Die. Abtheilung der eigentlichen Krebse zählt 106, die der Entomo- straceen 50, die der Asseln 34 Gattungen. Es steht zu erwarten, dafs sich die Zahl der Gattungen in der ersten Abtheilung wenig mehren, die der Gattungen und Arten in den beiden letzten aber einen bedeuten- don Zuwachs mit der Erweiterung unserer Kenntnisse über die Bewoh- ner der entlegenen Meere erlangen wird. Erklärung der Abbildung. Taf. VI. Fig. 5. einzelne Crystallkörperchen aus dem Auge von Argulus Joliaceus. Fig. 6. Seitenansicht des Auges mit den in schwarzes Pigment ein- gesenkten, von einer gemeinschaftlichen facettenlosen Hornhaut feinbe- deckten Crystallkörperchen. Teitschrift f. Physiol. IV. 1. 14 106 vm. Ueber den körnigen Bau der Hoden bei mehreren Fischen, insbesondere bei Rochen und Haien. von Dr. JoHuannes MÜLLER, Professor zu Bonn. Es giebt bei den Fischen einen doppelten Typus der männlichen sowohl als der weiblichen Geschlechtstheile.. Was die weiblichen betrifft, so giebt es: 1. Eierstöcke, welche in ihrem Innern hohl und schlauchartig sind. Hier treten die Eier ins Innere dieses Schlauches aus, und werden so- fort ausgeleert. Der Eierstock führt also selbst aus, wie bei den niedern Thieren und wie der Hoden durch seinen Ausführungsgang bei fast allen Thieren. Eine 7%ba im gewöhnlichen Sinne, nämlich getrennt vom Eierstock, ist hier nicht vorhanden. 2. Solide Eierstöcke ohne innern Höhl- und: continuirlichen Ausfüh- rungsgang. Hier treten die Eier, von der äussern Oberfläche des Eier- stocks abgesondert, zunächst in die Bauchhöhle, und werden von hier durch eine einfache Oeffnung ausgeführt. So ist es nämlich nach den Untersuchungen von Raruke') beim Aal, beim Lachs, bei der Gattung Cobitis und bei den Pricken. Diese einfache Oeffnung zur Ausführung der Eier aus der Bauchhöhle kann man als den ersten Anfang einer Tuba, als selbstständigen vom Eierstock getrennten Organes, betrachten. Bei den Pricken hat jene einfache Oeffnung sich schon zu einem kurzen Canal verlängert, bei den Rochen und Haien wird dieser Canal aber bereits zu einem doppelten vollkommnen Eierleiter ausgebildet. 1) Neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft zu Danzig, I.B. 3. H. Halle 1824 p. 183. 107 So giebt es bei den Fischen auch einer doppelten Hodenbau. 1. Hoden mit innerer röhriger Bildung oder mit Saamencanälen, die zu dem gemeinschaftlichen Saamengang zusammentreten. Cavouıı hatte hievon bereits eine Spur entdeckt. Dann aber Rarake ') diesen Bau genauer be- schrieben, Trevıranus?) hat ihn von Cyprinus Brama bestätigt, Prevosr?) hat die Saamencanäle von Mulus gobio beschrieben, und ich selbst habe diesen Bau als den gewöhnlichen gefunden; am genauesten aber bei Scomber T’hynnus und Clupea alosa untersucht, wovon die Beschrei- bungen in meinem Drüsenwerk enthalten sind. 2. Bei mehreren Fischen giebt es keine Spur von Samencanälen, auch keinen vom Hoden fortgesetzten Ausführungsgang, sondern einen vollkommenen körnigen Bau der Hoden und nur Oeffnungen der Bauch- höhle. Hier mufs der körnige Inhalt der Hodensubstanz durch Platzen, wie die Eier, in die Bauchhöhle treten, und von hier aus gleich den Eiern durch jene Oeffnung ausgeführt zu werden. Nachdem man die Aale und Pricken lange fälschlich für Zwitter gehalten hatte, hat H. Rıruke diese Dunkelheiten aufgehellt, und gezeigt, dafs die Hoden der männ- lichen Aale und Pricken von den Eierstöcken durch nichts als durch die gröfsere Kleinheit der Körner im Zustand der Reife sich unterscheiden. Bei jenen Thieren giebt es daher in der merkwürdigen Oeffnung der Bauchhöhle ein Rudiment eines eben solchen Ausführungsganges wie für die Eier, eines vom Hoden wie vom Eierstock getrennten Ausführungs- ganges. Nach Rırukg haben der Stör, die Schollen und der Knurrhahn ebenfalls einen körnigen Bau der Hoden. Der männliche Stör besitzt nun auch eine doppelte Oeffnung der Bauchhöhle, und es frägt sich, ob der Austritt des Saamens in derselben Art erfolgt. Ich selbst habe neu- lich die sehr grofsen Hoden von einem mächtigen Stör untersucht, und weder eine $pur von Saamencanälen, noch vom Saamengang bemerken 1) Ebend. 2) Tırvemanss und Taxyınasus Zeitschrift für Physiologie B.2. H. 1. p. 10. 12. 5) Mem. de la soe. de phys. de Gendre T. VI. 2 livr. p, 171. 108 können. Die Lappen des Hodens bestanden nur aus einer ganz so- liden Substanz, die bei microscopischer Untersuchung nicht sowohl runde Körner als ganz solide, längliche, reiserförmige Elementartheilchen, aus einer weilsen dichten Materie zeigte. ® Hierzu kommen nun die merkwürdigen männlichen Geschlechtstheile der Rochen und Haien, deren Hoden schon längst für körnig gehalten wurden, (die Männchen und Weibchen) eine doppelte Oeffnung der Bauch- höhle besitzen, die aber wieder so viel höchst eigenthümliches zeigen, dafs eine Vergleichung mit dem Bau anderer Thiere gewifs unpassend ist, wie sich sogleich bei genauerer Untersuchung des sogenannten Neben- hodens der männlichen Rochen und Haien ergeben wird. Die männlichen Rochen und Haien besitzen zweierlei drüsige Organe an den Genitalien, eines, das bisher gemeinhin als Hoden beschrieben worden, aus Kügelchen und nicht aus Samenkanälen bestehend, und ein zweites, welches gewöhnlich Nebenhoden genannt wird, aus gewundenen Kanälen bestehend, das aber durchaus in keiner Verbindung mit dem er- stern, als durch das Bauchiell steht, und daher auch kein Nebenhoden seyn kann, sondern eine,Drüse eigenthümlicher Art ist. Das erstere Organ ist ganz richtig von Cuvıer beschrieben worden. Cuvıer sagt nämlich: „Diese Organe sind bei ihnen grofs, länglich, dabei aber breit und platt, und erstrecken sich unter der Wirbelsäule über den Darmkanal und den Magen. Sie bestehen gröfstentheils aus Knoten von der Gröfse einer Erbse, die dicht an einander gedrängt,. und in der Mitte ihrer äufsern Fläche mit einem kleinen Eindruck versehen sind. Alle diese Knoten werden durch sehr starke Fäden und die äufserst feine Haut, welche sie umgiebt, zusammengeheftet, und scheinen wieder aus einer grofsen Anzahl kleiner runder. sehr feiner Körnchen gebildet zu werden. Der übrige Theil dieser eigenthümlich gebildeten Hoden besteht ‚aus einer drüsigen einförmigen Substanz, welche hinten das dünnste Stück 109 derselben bildet, und unter der ganzen untern Fläche des aus Knötchen zusammengesetzten Theiles liegt.“ ') G.R. Teevıranus?) hat beim Dornhai (Syualus acanthias) einen ähn- lichen Bau des Innern gefunden; die Hoden bestanden nämlich aus Kü- gelchen und einen weifsen Saft. Gleichwohl vermuthet Trevıranus, dafs sich bei frischen Hoden, die sogleich in Weingeist erhärtet werden, Saamenkanäle zeigen werden. Allein meine Beobachtungen bestätigen abermals das, was Cuvırr und Treviranus gesehen haben. Herr Pro- fessor Meyer hatte die Güte, mir die männlichen Geschlechtstheile eines sehr grofsen Rochen zur Untersuchung zu geben, und selbst hieran An- theil zu nehmen. Diese waren so grofs und so wohl erhalten, dafs sie nichts zu wünschen übrig liefsen. Die Knoten, aus welchen die Hoden bestanden, waren gröfser und kleiner, sie waren fast rund, wo sie sich zusammendrängten, zuweilen eckig, meist von der Grölse einer Erbse. Die meisten, aber nicht alle, hatten auf der Oberfläche eine kleine, seichte Vertiefung. Diese Knoten bestanden aus lauter Kügelehen von der Gröfse eines kleinen Stecknadel- kopfes von ganz weiflser Farbe. Alle diese Kügelchen sind sich vollkom- men gleich. Das Aeufsere derselben ist die Wand eines Bläschens, wel- ches dicht mit einer consistenten Materie gefüllt ist. Hievon habe ich mich mit Hülfe des Microscops überzeugt. Jeder Knoten bildet ein ab- geschlossenes Ganze unter den übrigen. Denn die feine Haut, welche den ganzen Hoden umgiebt, geht mit sehr feinen Scheidewänden zwischen allen Knoten durch, und bildet erbsengrofse Zellen von unregelmäfsiger Form, in welchen erst die kleineren Kügelchen oder die mit weilser Ma- terie gefüllten Bläschen enthalten sind. So wie diese Hoden keine Spur von Saamencanälen enthalten, so haben sie auch keine Spur eines Ausführungsganges. Cuvıer hat keinen 1) Vergl. Anat. deutsche Ausgabe T. IV, p. 414, 2) Zeitschrift für Physiologie T. IL. H. I. p. 6. 110 Uebergang aus dem Hoden in das, was er Nebenhode nennt, ‚gesehen; Trevıranus erwähnt beiläufig eines Ausführungsganges , der zwischen den Nieren- und Samencanälen des problematischen Nebenhodens herabgehen und immer enger werden soll, von unbestimmter Endigung. Allein Tre- vıranus giebt selbst an, dafs dieser Gang nicht zum Nebenhoden gehe, und auch Teevıranvus hat keine Verbindung zwischen dem Hoden und dem sogenannten Nebenhoden gesehen. Diese Verbindung existirt auch nach meiner Beobachtung sicher nicht. Was man gewöhnlich Nebenhoden nennt, ist ein ganz eigenthümliches, drüsiges Organ, mit einem‘ sehr starken Ausführungsgang, und ist vollkommen isolirt. Cuvier erwähnt noch einer andern drüsigen Substanz 'an den kör- nigen Hoden, die als eine ganz dünne Schichte an der untern Fläche des körnigen Hoden liegt, und in einen breiten Zipfel ausläuft. Diese bräun- liche Substanz 'habe ich auch gesehen, sie ist schwammig und enthält Zellen, die sich ineinander öffnen und zwischen die Blätter des perito- neums führen, das von den Hoden faltenförmig zu den Harnwerkzeugen herabgeht. Beide Blätter dieser Falte sind hier von einander ‘getrennt, und enthalten sehr grofse Zellen und Räume, die aber unten blind en- digen. Von einem Ausführungsgang ist auch hier keine Spur zu finden. Das zweite drüsige Organ, welches von Cuvier und Trrviranus Nebenhoden genannt wird, obgleich es keine Verbindung mit dem Hoden hat, ist von Treviranus am richtigsten und genauesten beschrieben wor- den. Ich kann diese Beschreibung nur in allen Puncten bestätigen. TREVIRANUS sagt vom Dornhai: „Die Nebenhoden sind'oben und unten flache, von einer festen Häut ümgebene Kapseln, die auf der Bauchseite _ unter einer Lage von Zellen eine Verschlingung des Saamenganges, auf der Rückenseite dühnere, weniger 'geschlängelte Gefäfse, die in diese einmünden, und die Wurzeln ‘derselben ausmachen, enthalten.“ In dem von mir untersuchten Exemplar ist dieses drüsige Organ, so weit die drüsige Structur reicht, 5 Zoll lang, in seinem obern Theile 111 8 Linien breit, übrigens platt. Das ganze Organ besteht aus lauter ge- schlängelten Canälen, die in den mannigfaltigsten Windungen durcheinan- der liegen. Die Meisten sind Y, Linie dick. An der Bauchseite liegen diese Canäle fast ganz blofs, an der Rückenseite sind sie aber von einer dünnern Schichte von Substanz bedeckt, die aus viel feinern, ebenfalls geschlängelten Röhren besteht, und die man mit einer doppelten Loupe erst deutlich sah. Diese kleinern Röhrchen scheinen, wie auch TREVvIRA- us bemerkt, die Wurzeln der gröfsern zu seyn. Der Ausführungsgang des Organes ist sehr stark, er läuft zuerst, abwechselnd rechts und links gewunden, auf der Bauchseite des Organes, und wird dann, nachdem er das Organ verlassen, aufserordentlich weit, indem zugleich die innere Haut in lauter Kreisfalten sich erhebt, wobei ich nur die Angaben von Teevıranus bestätigen kann. Es scheint hiernach erwiesen, dafs bei den Rochen (und eben so auch wohl bei den Haien) der bisher sogenannte Nebenhoden, von dem noch Niemand eine Verbindung mit dem eigentlichen Hoden nachweisen konnte, eine Drüse eigenthümlicher Art ist. Es entsteht nun die Frage, was eigentlich Hoden ist, und wenn das körnige Organ für Saamenbereitend gehalten werden mufs, so frägt sich, wie der Saamen ausgeleert werde. Man könnte sich bestimmen lassen, das zweite Organ, das aus ge- wundenen Canälen besteht, und einen starken Ausführungsgang besitzt, für den Hoden zu halten. Allein das körnige Organ ist so eigenthümlich und grofs, dafs man es mit keinem andern Organ vergleichen kann, und wenn man sich erinnert, dafs die Hoden der Aale und Pricken etc. nach Rarnke auch aus Körnern bestehen, die ohne eine Spur von Ausführungs- gang zusammengehalten werden, und zuletzt, so wie die Eier der Weib- chen, in die Bauchhöhle treten, und von hier durch eine einfache Oeff- nung ausgeführt werden, so kömmt man auf die Vermuthung, ob nicht auch jene Körnchen bei den Rochen und Haien in die Bauchhöhle platzen, und von da aus durch die beiden Oeffnungen der Bauchhöhle 112 | ausgeführt werden, die bei den männlichen und weiblichen Haien und nach meinen Untersuchungen eben so auch bei beiden Geschlechtern der Rochen vorkommen. Gleichwohl werden die Eier dieser 'Thiere durch einen be- sondern doppelten Eierleiter ausgeführt. Diese Fragen sind blofse Vermuthungen, auf die ich keinen Werth lege, und welche ich wohl zu unterscheiden bitte von der vorhergehenden sachgemälsen Beschreibung. Ob diese Vermuthung richtig ist, müssen fernere Erfahrungen ent- scheiden. Ebenso bleibt es ungewifls, welche Bedeutung der Saft der zweiten grofsen accessorischen Drüse habe, ob er die wichtigste, oder nur eine Nebenrolle bei der Befruchtung spiele. Aufjeden Fall aber ist der sehr reichliche Inhalt dieser Drüse von ganz anderer Art, als der Inhalt der körnigen Hoden, und wird nur von jener Drüse selbst abgesondert. Ueberhaupt hat man schon so Manches bei Thieren als Nebenhoden beschrieben, was eigenthümlicher Art ist, da doch ein vollkommener Ne- benhoden erst bei den Säugethieren mit Gewifsheit vorkömmt. Bei den Batrachiern giebt es keinen Nebenhoden, wie jeder weils, und bei den Schildkröten, wo er vorhanden seyn sollte, und auch von Bosanus angenom- men wurde, ist der problematische Nebenhode ein eigenthümliches, selbstän- diges gewundenes Gefäls, accessorische Drüse oder Saamenblase, während die Saamencanäle des Hodens sich zu einem einfachen und graden duetus deferens aulser dem Hoden verbinden, wie dies Trevıranus ') neuerlichst gezeigt hat. Bei den Schlangen bildet der Anfang der ductus deferens eine aus Windungen der Saamencanäle bestehende längliche Anschwellung, wie ich mit meinem Collegen, Herrn Professor WEBER gesehen, doch weils ich nicht, ob dies nicht ein Ueberbleibsel des embryonischen Wolfischen Körpers ist, aus welchem sich der Hode bildet. Bei den Vögeln besteht der sogenannte Nebenhode nur aus Resten des Wolfischen Körpers, der beim Foetus aus lauter Blinddärmchen besteht. ?) 1) Zeitschrift für Physiologie T. II.H.2. p. 284. 2) Vergl.über die Wolfischen Körper meine Abhandlung in Mecseus Archiv ar u. Phys. W2yn 65. 113 IX. Ueber die Karotidendrüse einiger Amphibien. von Dr. E. Huscake. Professor in Jena. (Hierzu Tafel VI. Fig. 7. 8.) Es ist schon von SwAamMmeErDAm ') an der Carotis der Frösche nicht weit von ihrem Ursprunge ein grauliches Knötchen beschrieben und abgebildet worden, welches er und alle späteren Zootomen für eine blofse Erweiterung des Gefäfses halten. Da ich zum Behuf anderer zootomischer Arbeiten das Gefälssystem dieser Thiere in diesem Frühjahr und Sommer mehrfach injicirte, fiel dabei schon meinem. unbewaffneten Auge ein gestreiftes Ansehen dieser sogenannten Erweiterungen der Kopfschlagader auf, und ich fand, als ich eine starke Linse zur Hülfe nahm, dafs sie keineswegs Erweiterungen sind, sondern drüsenartige Körper. Jede Carotis zerfällt nemlich, sobald sie dicht an jenes Knötchen gelangt ist, rings um dasselbe in eine kleine Anzahl Zweige, ungefähr 5 — 6, die aber sogleich sich verzweigen und durch schnell und oft wiederholte Verästelung in der Mitte des Knötchens eins der feinsten und verwickeltsten Haar- gefälssysteme bilden. Von hier läuft dann der zertheilte Blutstrom ebenso venös wieder zusammen, wie er arteriös auseinander getreten war, bis am äufsern Ende des Körperchens ungefähr eine gleiche Zahl von gröfseren Aesten entstanden sind, als an seiner innern dem Herzen zugekehrten Seite eingetreten waren. Diese Venen vereinigen sich und bilden nun den weitern Stamm der Kopfschlagader. Gerade an dem 1) Bibel der Natur $. 827. Zeitschrift f. Physiol. IV. 1. 15 114 äufsern Ende des Knötchens kann man ohne grofse Schwierigkeit den Zusammenflufs des Bluts von Zweig zu Ast und von Ast zum Stamm der Carotis erkennen, weil hier die grölsten Aeste ziemlich lang getheilt bleiben, während am inneren Ende die Carotis sich so schnell spaltet, dafs man bei oberflächlicher Untersuchung gleich am Anfang dieses rundlichen Körperchens fast nur ein feines Capillargefäfsnetz zu sehen glaubt. Auch wird bei manchen dieser Thiere die Deutlichkeit der mikroskopischen Betrachtung durch schwarze Pigmentstreifen gestört, mit welchen an vielen Stellen das Knötchen überzogen ist und namentlich die Maschen des Gefäfsnetzes ausgefüllt werden. Aus dem Anfang desselben entspringt mit mehreren, sich gleichfalls schnell zu einem Stamm vereinigenden Aestchen eine Arterie, die vorwärts nach dem Zungenbein und Mund-Muskeln vorläuft und bereits in der Larve vorhanden ist, wo das Knötchen fehlt, oder wenigstens nicht unter der runden Form existirt. Jenes Körperchen ist folglich ein aus einem Kapillarsystem besteh ender Blutknäuel, und ich glaube, da wir dergleichen Verwickelungen eines dop- pelten Blutsystems Drüsen nennen, nicht zu fehlen, wenn ich es die Karotidendrüse nenne. Was ist aber die Thätigkeit dieses sonderbaren isolirten und rein arteriellen Gefälsnetzes? — Offenbar kann man sich nur dreierlei denken. .1. Dafs in ihm, wie in jedem andern Haargefälssystem ein chemischer Prozefs vor sich gehe, wodurch das Blut der Karotiden den Forderungen des Gehirns und seiner Ernährung entsprechender gemacht würde. Und hiebei dürfte man nicht lange in Zweifel über die Art des chemischen Prozesses seyn, man mag nun auf die Forderungen des Nervencentrums, oder auf die eigene Entwicklungsgeschichte der Karotidendrüsen sehen. in beiden Fällen dringt sich die Annahme auf, dafs sie einen indirecten Athemprozefs ausüben, d. h. Kohlenstoff und Wasser ausscheiden, um das ohnehin nicht rein arteriöse Amphibienblut zu oxydiren. Das Gehirn braucht, wie es scheint, zu seiner Ernährung ein sehr arterielles 115 Blut vor andern Organen, weshalb auch beim Säugthierfötus das arteriellere Nabelvenenblut alles oder gröfstentheils nach dem Kopf geführt werden mag; während umgekehrt das venösere Blut der obern Hohlader, ohne in das linke Herz oder zur Aortenwurzel zu gelangen, gleich durch das rechte in die Lungenschlagader und von da durch den botallischen Gang gerade nach der absteigenden Aorta läuft, um die Fötal-Lungen, den Mutterkuchen, zu suchen. Sieht man aber auch davon ab, so spricht für eine indirecte Athmung aufserdem kräftig die Entstehungsart der Drüse. Ich habe nemlich gefunden, dafs sie die zusammengedrängten Kiemen- Venen- und Arterienästchen des ersten Kiemenbogens der Froschlarve ist, und diese Verwandlung Stufe für Stufe verfolgt. Kie- menbögen giebt es nemlich hier vier, die von vorn nach hinten immer kleiner werden. Das Kiemengefäls des ersten ist die spätere Carotis, die des zweiten die spätere Aorta, und die zwei Gefälse des dritten und vierten Bogens fliefsen, nachdem die Kiemen verschwunden sind, zusam- men, und stellen die Arteria pulmonalis dar. Jedes dieser Gefälse giebt allmählig nach den Kiemenbüscheln ein Aestchen ab, das bis an die Spitze des- selben verläuft und in einen Venenzweig sich umbiegt, um nun, an den Kie- menbogen zurückgekehrt, eine abgesonderte Kiemenvene mit allen übrigen hervorzubringen, dessen Spitze nach dem Herzen, dessen stärkerer Theil nach dem Rücken zu sieht, da jede Kiemenarterie sich natürlich umgekehrt verhält. Nur an dem Anfang jedes Kiemenbogens konnte ich eine kurze Anastomose zwischen Arterie und Venen-Anfang deutlich unterscheiden, sonst nirgends. Diese Kiemenfäserchen ziehen sich nun an der Carotis auf einen Punkt zusammen, das Kiemen-Haargefälssystem bleibt, und so‘ entsteht die Drüse. Aber ist es nicht sonderbar, dafs der Kiemengefälsbau nur an dem ersten Branchialgefäfs der Carotis zurückbleibt, an Aorta und Arteria pulmonalis hingegen spurlos verschwindet, obgleich diese dieselbe Entwicklung haben? Und sollte man daher nicht allein schliefsen 116 dürfen, dafs jenes Organ in bestimmter Beziehung zu den Functionen des Gehirns oder des Kopfs überhaupt stehe, sondern auch, dafs seine Thätigkeit, wie früher, eine dem Athemprozefs sehr verwandte sey? 2. Nimmt man aber aus was immer für Gründen an, dafs ein solcher Zersetzungsprozels des Bluts unstatthaft sey, so bleibt blos noch der Gedanke an eine rein mechanische Wirkung übrig. Ein solches Haargefälsnetz könnte den Blutstrom verlangsamen und den Pulsschlag mindern oder aufheben, was allerdings auch zu den Ansprüchen des zarten Hirnmarkes palst. Die Windungen der Arteria Vertebralis und Carotis, das Zeete mirabile der Wiederkäuer etc. zielen offenbar auf dasselbe hin. Warum sollte auch die Natur nicht Formen blos zu mechanischen Zwecken hervorbringen können und warum sollte sie nicht ein chemisches Werkzeug in ein rein mechanisches verwandeln dürfen? Gerade solche mechanische Hindernisse des Blutlaufs bildet sie auch in noch anderen Organen z. B. den Nieren. Ich stelle die Glomeruli dieser Drüsen jener Karotidendrüse an die Seite. Nur erlangt darin die Natur ihre mechanische Absicht auf eine ganz andere Weise. Jene sonderbaren zahlreichen Malpighischen Körperchen sind nemlich ‘nichts weiter als Verwickelungen eines Arterien- ästchen, die viel Aehnlichkeit mit den Windungen der Saamenkanälchen im Hoden haben. Ich glaubte diesen Bau schon früher beim Menschen gesehen zu haben, war aber bei der Feinheit des Gegenstandes nicht sicher, ob nicht, sobald das Gefäls in das Körperchen eintritt, sogleich Verzweigungen entstehen. Jetzt aber habe ich ein Thier gefunden, in dessen Niere man sehr deutlich sehen kann, dafs jedes ein Knäul von Verwicklungen und Windungen, wie es scheint, eines einzigen Arterienastes ist, Zriton palustris. Am Ende des Körperchens tritt ein Ast (oder höchstens nur 2 — 3) aus den Windungen heraus und erst dann entsteht sehr schnell eine feine Verzweigung zu dem sogenann- ten Venennetz der Niere, was also offenbar zum Theil arterieller Natur ist und daher auch den Harn absondert. Nur daraus ist es zu erklären, warum jene runden Körperchen so locker angeheftet in der Nierensubstanz 117 liegen, dafs man sie ohne sichtbare Verletzung hervorzubringen aus ihrem Grübchen, in welches sie eingesenkt liegen, herausheben kann. 3) Kann man beide Meinungen verbincen, und der Karotidendrüse einen geringen Grad einer indirect fortdauernden Kiemenathmung und zugleich die Fähigkeit zuschreiben, hemmend auf Pulsschlag und Biutlauf zu wirken. Das Blut mag also in gleichförmigerem Strome und oxydirter das Hirn. erreichen. Uebrigens kömmt diese Drüse der Carotis, die man bis jeizt nur vom Frosch beschrieben hat, noch bei einigen anderen Reptilien vor, die aber Aehnlichkeit mit der Gattung Rana haben. Ich habe sie 1) entdeckt bei Triton lacustris und palustris, und der sonst genaue Ruscont ') irrt daher, wenn er sagt: le branchie sono ridotte in sempliei papille, le quali poco di poi scompajono anoh' esse in guisa, che delle bran- chie non resta piu tracgia veruna. — Sie kommen hier an demselben Ort vor wie bei Aana, nur sind sie etwas länglicher. 2) bei den Kröten. Bei Bombitator igneus, wo ich sie allein untersuchte, war jedoch das Kapillarsystem gänzlich, wie es schien (die Injection war nemlich nicht vollkommen gelungen) aufgelöst in einem etwas weiteren Stück der Carotis. Sie schienen daher den Uebergang zu den übrigen Amphibien zu machen. Weder bei Zacerta agilis, noch der Blind- schleiche fand ich einen Knoten an diesem Gefäßs. Bei Lacerta kann aber auch eine starke Anastomose zwischen Carotis und Aorta - (die noch von der Kiemenzeit herrührı) den zu starken Impuls des Bluts nach dem Gehirn mäfsigen und ersetzt also einigermaaflsen die Karotiden- drüse. Andere Schlangen und Schildkröten habe ich noch nicht in dieser Hinsicht anatomirt. Ferner hoffe ich später noch auszumachen, ob nicht auch beim Frosch durch die Axe der Drüse ein stärkerer Zweig als gerade Fortsetzung der Carotis verläuft, wofür eine solche Anastomose bei der Quappe spricht, oder ob alles Blut durch dies Haargefäfsnetz sich drängen mufs. n 1) Deserizione anatomice degli organi della circolazione delle Salamandre p. 27. 118 Erklärung der Figuren. Tafel VW. Fig. 1. Karotidendrüse von Aana esculenta sehr stark ver- gröfsert, das stärkste Gefäfs ist die Wurzel der Carotis, das schwächere die Fortsetzung derselben am äufseren Ende der Drüse. Das kleinste Gefäls die Zungenbeinarterie. Fig. 2. Malpighischer Körper von Triton palustris. Der ein- tretende Arterienast ist nicht viel stärker als die Windungen im Körper- chen selbst, der austretende theilt sich gleich und wird dünnhäutiger. 119 X. Ueber die äusseren Geschlechts - Organe ‚der Kretinen in Iphofen. ') Von Dr. J. B. Fhreniren Professor in Würzburg. (Tafel VII.) Bei den in Iphofen vorkommenden und von mir untersuchten Kretinen fand ich die männliche Ruthe von ausserordentlicher Gröfse. Ein wahrhaft monströses, bis an die Knie reichendes Glied sah ich bei dem sechs- und vierzigjährigen M. L., welches auf der ersten Figur abgebildet ist. Der wenig erhabene Schaamberg ist nur spärlich mit blonden Haaren besetzt. Die sehr grofse, rothe und hart sich anfühlende Eichel ist rechts einwärts gekrümmt, und unter dieser Krümmung befindet sich die, von vorne nicht sichtbare Harnröhren -Oeffnung. Das ganze Glied ist sehr roth, hat ein fleischartiges Ansehen, und ist so hart, steif und fest an den Schenkeln und Knieen anliegend, dafs es nicht in die Höhe gehoben werden kann. Von vorn ist nur die Ruthe sichtbar, welche den ganzen Raum zwischen den Schenkeln ausfüllt. Auf der zweiten Figur sieht man den enorm durch einen Bruch ausgedehnten Hodensack von hinten, dessen Haut ein schuppenartiges Ansehen hat. Unter ihm ist die Eichel mit der Harnröhren -Mündung sichtbar. Im Hoden- sacke fühlt man zwei grofse und harte Hoden. Die Eltern dieses Kre- 1) Dieser Ort liegt in Franken, einige Stunden von Würzburg entfernt. Von den daselbst vorkommenden Kretinen hat Hivsszen in einer Dissertation gehandelt, die im Jahr 1826 in Würzburg erschien, ’ 120 tinen sind wohl gebildet, eben so seine zwei Brüder. Seine beiden Schwestern sind in geringem Grad blödsinnig, ohne übrigens in ihrer sonstigen Bildung des Körpers nur die geringste Annäherung an den Kretinismus zu verrathen. Eine ähnliche Vergröfserung der männlichen Ruthe und Ausdehnung des Hodensacks habe ich bei anderen Kretinen wahrgenommen. Die Hoden zeigten sich in der Regel, wenn sie auch klein waren, derb und meistens gegen den Bauchring angezogen. Die äufseren Geschlechtstheile der weiblichen Kretinen boten keine Abweichungen dar. Durchgehends war der Schaamberg mit wenigen Haaren besetzt, wid diese zeigten sich immer blond. Bei sehr wenigen waren die Brüste kaum etwas entwickelt. Bei vielen waren sie nur durch blosfe schlaffe Hautfalten angedeutet. Ueber das Verhältnifs der Menstruation und des Geschlechtstriebes ver- mag ich nichts näheres anzugeben, indem ich hierüber keine befriedigende Erkundigungen einziehen konnte. B Ds S > N > > > > > wory 121 XI. Beschreibung einiger seltenen Thier - Monstra. Von FRIEDRICH TIEDEMANN. (Tafel VII.) Vor mehreren Jahren machte ich die Beschreibung verschiedener Mifsgeburten von Thieren aus der Klasse der Insekten, Krebse und Fische bekannt '). Diesen reihe ich einige Beobachtungen von Monstro- sitäten aus der Klasse der Vögel, Amphibien und Strahlthieren an. I. Ente mit einem Fusse am Hinterhaupte. In der zoologischen Sammlung der Universität Lüttich sah ich den Kopf einer erwachsenen Ente, an dem ein kleiner Fuls aus dem Hinter- haupte hervorgewachsen war. Herr Professor GAEDE, der Direktor der Sammlung, hat die Güte gehabt, mir davon eine Abbildung (Tafel 8. Fig. 3.) besorgen zu lassen. Die Länge des Fufses beträgt zwei und einen halben Zoll. Er hat nur eine einzige, mit einem Nagel versehene Zehe, und ist mittelst einer sehnigen Haut in einer Vertiefung oberhalb des Hinterhauptslochs befestigt. Diese seltene Abweichung im Bilden zeigt, dals die Natur sich ge- fällt auch wohl ein Glied an einem Orte hervorzubringen, von dem das Thier keinen Gebrauch machen kann, und die monströsen Bildungen nicht so sehr den Charakter der Zweckmäfsigkeit an sich tragen , wie manche Naturforscher behauptet haben. 1) Beschreibung einiger seltenen Thier - Mifsgeburten; in Meckxu's Archiv für die Physiologie. Halle, 1819. T. 5. S. 125. Zeitschrift f. Physiol, IV. 1. 16 122 I. Missgebildete Eidechse. Dieses Monstrum einer gemeinen Eidechse (Lacerta agilis) hat mein ehemaliger Zuhörer, Herr Doctor Mıre in Basel beobachtet, und er ist so freundlich gewesen, mir eine Abbildung (Taf. 8. Fig. 1. 2.) zuzu- senden. Das Thier ist vergröfsert dargestellt, der zwischen den Figuren befindliche Strich zeigt die natürliche Gröfse an. Die erste Figur bildet die obere, die zweite die untere Fläche ab. Der Kopf ist dem äufseren Ansehen nach einfach, doch der Gröfse nach zu schliefsen im Schädel wahrscheinlich doppelt und verschmolzen. An der Brust befinden sich vier Vorderfülse, von denen zwei auf der Rückseite dicht neben einander liegen. Bauch, Beine und Schwänze sind vollkommen doppelt vorhan- den, und jedes Hintertheil hat zwei Fülse. Die Amphibien zeigen überhaupt eine grolse Neigung zu Bildungen mit Uebermaafs. Alle mir bekannt gewordenen Mifsbildungen von solchen Thieren gehören zu dieser Gruppe. Bei den Eidechsen kommen oft zwei Schwänze vor. Sera ') hat einige abgebildet. Revı °) gibt selbst die Abbildung einer Eidechse mit drei Schwänzen. Mehrere solche Mifs- bildungen sah ich in den Sammlungen zu Paris und Leyden, und in der des Apotheker Krınsengere zu Utrecht. Deutlich bemerkte ich, dafs dieselben nicht immer ursprünglich und im Eye entstanden sind, sondern dafs sie oft in Folge eines Excesses bei der Regeneration eines abge- brochenen und wieder erzeugten Schwanzes entstehen. Der neu erzeugte gabelförmig getheilte Schwanz ist zuweilen noch nicht mit Schuppen besetzt, während die Wurzel des ursprünglichen Schwanzes regelmäfsige Schuppen zeigt. Diese Fälle beweisen denn zur Evidenz, dafs monströse Bildungen auch bei Thieren entstehen können, nachdem sie längst das Ey verlassen haben, und dafs sie hier blofse Wirkungen der von der Norm abweichen- den bildenden Thätigkeit sind. ; 1) Thesaurus rerum naturalium T. 1. Tab. 87. Fig. 5. Tab. 92. Fig. 3. 2) De animalculis vivis qu@ in corporibus animalium variorum reperiantur observationes. Amstel. 1308. 12. Tab. 2. Fig. 1. 123 Bei den Schlangen sind Monstra mit zwei Köpfen häufig, deren schon Arıstorgıes und Artısn erwähnt haben. Auch beschreiben Ar- DROVAND, Licrtus, Porta, Lanzont u. a. solche Fälle. Reoı ') hat eine zwei Spannen lange, an den Ufern des Arno bei Pisa gefangene, zwei- köpfige Viper (Coluber aspis L. Vipera Redii) beschrieben, zergliedert und abgebildet. Die Köpfe, die sich einander ganz ähnlich waren, salsen an zwei @ueer-Finger langen Hälsen. Das Herz war doppelt vorhanden, und jedes wurde von einem besondern Herzbeutel einge- schlossen. Die Luftröhre jedes Kopfs führte zu einer Lunge, ebenso jede Speiseröhre zu einem Magen. Die Endstücke der Magen verbanden sich zu einem einfachen Darmkanal. Die Leber und Gallenblase waren gedoppelt vorhanden. Die Harn-Werkzeuge und die männlichen Ge- schlechts- Theile zeigten keinen Excefs in der Bildung. Das Rückenmark war bis zu der Stelle der beiden Hälse einfach, von da aber wurde es doppelt und verband sich mit einem Gehirne. Die Schlange lebte bei Repı einige Wochen. Der rechte Kopf starb mehrere Stunden vor dem linken. Repr will auch Schlangen mit zwei Schwänzen gesehen haben. Aehnliche Fälle haben Caresey ?) und Corravorr ?) beobachtet. Die Schlange, welche letzterer sah, zeigte Aeufserungen eines doppelten ° Empfindungs- und Bewegungs- Vermögens. Die Köpfe bewegten sich nach verschiedenen Richtungen, und-jeder nahm einzeln Nahrung auf. S. M. Mircnuc ®) in Neuyork erhielt drei zweiköpfige Schlangen unter einer Brut von hundert und zwanzig jungen Schlangen, die in der Gegend des Flusses Genesee getödtet waren. Bei der einen Schlange waren beide Köpfe abgesondert, bei einer andern aber zeigten sie sich verschmolzen, und es waren nur drei Augen zugegen. Die dritte Schlange hatte einen einfachen Unterkiefer, doppelte Schädel, drei Augen und 1) A. a.0.p 1 Tab. 1. 2) Natural History of Birds, Vol. 4. 5) Voısr Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde. B. 7. S. 539. 4) Facts and Considerations concerning two-headed serpents ; in Sızuımann American Journal of Science and Arts. Oct. 1825. Vol, 10. p. 48, 124 der Körper war zugleich doppelt. Monstra mit zwei Köpfen kommen zuweilen bei Schildkröten vor. Caresey ') hat eine junge zweiköpfige Meer-Schildkröte abgebildet. Auch soll Prare ?), Lehrer am Lyceum of natural History zu Newyork, im März 182% eine lebende Sülswasser- Schildkröte mit zwei Köpfen vorgezeigt haben. Einen gemeinen Frosch (Rana esculenta) mit drei Hinterfülsen hat Orro ?) beschrieben. Der überzählige Fuls war aus der inneren Seite der Lende des rechten gewöhnlichen Fufses herausgewachsen, war übrigens eben so lang als die gewöhnlichen, völlig normal gebildet, und mit eben so starken Muskeln als diese versehen. Ill. Seestern mit einem gabelförmig getheilten Strahl. Im Herbst des Jahres 1830 sah ich in der an Merkwürdigkeiten reichen Sammlung des Herrn Röpıme in Hamburg einen Seestern (Asterias equestris Linn.) mit einem an der Spitze gabelförmig getheilten Strahl (Taf. 8. Fig. 4). Offenbar ist derselbe nicht regenerirt, wie diels bei Seesternen oft der Fall ist, sondern er mufs als eine ursprüngliche Mifsbildung angesehen werden. Da die Seesterne keine Augen und folglich keine Vorstellungen von sichtbaren Gegenständen haben, kann man diese Mifsbildung nicht als Wirkung eines etwaigen Versehens be- trachten. Sie ist vielmehr die Folge eines von der Norm abweichenden Bildens. 1) Natural History of Carolina. Tab. 101. Fig. 3. 2) Frorıer’s Notitzen. 1828. 3) Seltene Beobachtungen zur Anatomie, Physiologie und Pathologie. Breslau 1816. 4. Erstes Heft. S. 24. ni ZEITSCHRIFT FÜR PHYSIOLOGIE. In Verbindung mit mehreren Gelehrten herausgegeben von Friedrich Tiedemann, Gottfried Reinhold Treviranus und Ludolph Christian Treviranus. VIERTER BAND. ZWEITES HEFT. Heidelberg und Leipzig. Neue Akademische Buchhandlung von KARL GROOS. Eu. 3 ragt 4 ar% Wr UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE NATUR DES MENSCHEN, DER THIERE UND DER - PFLANZEN. In Verbindung mit mehreren Gelehrten herausgegeben von Friedrich Tiedemann, Gottfried Reinhold Treviranus und Ludolph Christian Treviranus. VIERTER BAND. u Heidelberg und Leipzig. Neue Akademische Buchhandlung von KARL GROOS. nu. nd. hear a ink ven E\ roh Fr de er # are rar w [° Re une, RT » -) X 2 N Br" Ei N ie 4 fi WW: * Pic! * hr E \ “ LG ER Ser. Karchen I. XIE. Gelangt die Befruchtungsmaterie der Gewächse zu deren Saamen-Anlagen auf eine sichtbare Weise? Von L. C. TREVvIRANUS. (Hierzu Tafel IX.) Wi GLEIcHEn bereits angedeutet, aber nicht genauer dargelegt hatte '), setzte Heowıe in ein helleres Licht, indem er beim Eierkürbis, so wie bei mehreren andern Arten von Cxcumis und COucurbita, beobachtete, dafs das nämliche, durch Färbung ausgezeichnete, gefälslose Zellgewebe, welches den oberen und inneren, papillenreichen Theil der Narbe bildet, ohne Unterbrechung durch die Axe des Griffels in den Eierstock hin- absteigt, hier aber in zahlreiche Fortsätze sich theilt, denen die Eier in der Art anhängen, dafs nur eine Berührung, nicht aber ein Uebergang dieses Zellgewebes in die Saamenanlagen, wie solcher bei den Ernäh- rungsgefälsen Statt findet, aufzuzeigen war ?).. Demzufolge nannte er es den niedersteigenden Körper, den Befruchtungsleiter (conductor frueti- fieationis). MirseL hat dagegen die Ansicht zu entwickeln gesucht, dafs die Spiralgefäfse die leitenden Organe für die befruchtende Materie 1) Nouv. decouv. d. 1. regne vegetal. II. 31. t. XXIL. f. 4. 2) Samml. von Abhandl. u. Beob. über bot. öconom, Gegenstände II. 121. Zeitschrift f. Physiol. IV, 2. U 126 seyen '), Nach ihm siehet man z. B. bei Codaea die Gefälsbündel des Blüthenbodens bei ihrem Eintritte in die Fruchtanlage dergestalt sich theilen, dafs einige in der Placenta gerade aufsteigen, andere seitwärts in die Fruchthülle übergehen. Jene, nachdem sie an jedes Ei einen Seitenzweig ausgesandt, begeben sich durch den Griffel bis ins Zellge- webe der Narbe und sind die Leiter einer dunstförmigen Befruchtungs- materie (conducteurs de l’aura seminalis). Die Gefäfse der andern Reihe hingegen, nachdem sie die Wände der Fruchhöhle durchzogen , hören entweder da auf, wo der Griffel anfängt, oder sie durchlaufen auch ihn und schliefsen sich mit ihren Endungen den Gefälsen der ersten Art an. Aue. S. Hıraıre ist mit Heowıc und Mirgen einverstanden, dafs die Zuleitung der befruchtenden „Aura“ zu den Eiern nicht durch die Nabelgefälse, welche nur solidere Nahrung herbeiführen, sondern durch andere Theile im Stempel geschehe ?). Als solche betrachtet er bei den Gewächsen mit freier centraler Placenta einen Fortsatz, welcher bis zu beendigter Befruchtung die Placenta mit dem Innern des Griffels verbin- det, bei denen mit einsaamiger Kapselfrucht aber einen, aufser der Nabel- verbindung bestehenden zweiten Anheftepunct des Ei’s, welcher dasselbe der Spitze, so wie diese dem Grunde der Eihöhle verknüpfet. Ueber den Bau dieser Befruchtungsleiter (conducteurs de l’aura sem.) erklärt 8. Hitaıre sich nicht genau: bald sind es ihm Gefälse, bald ein blofses Zellgewebe. Gegen die obige Ansicht Mirsers, wodurch den Spiralge- fälsen in einigen ihrer Zweige eine Verrichtung zugetheilt wird, welche derjenigen, die man ihnen bisher mit fast allgemeiner Uebereinstimmung auch als Nabelgefälsen,, zuschrieb, entgegengesetzt ist, hat ApoupH Bronentart mit Recht eingewandt, dafs zwischen dem einsaugenden Theile der Narbe und den Saamenanlagen keine directe Verbindung durch Spiralgefälse bestehe °), und er hat vielmehr gesucht, darzuthun, dafs 1) Precis d’un memoire: sur l’Anatomie d. fleurs; Ann. du mus. d’Hist. nat. IX. 2) Mem. s. 1. plantes auxqu. on attribue un placenta central libre; Me&m. du mus. d’Hist. nat. II. 3) Rech. sur la generat. et le developpement de l’embryon d.1. veget. phanerogames. Par. 1827. 58. 127 der Uebergang der fruchtbarmachenden Theilchen des Pollen zu den Eiern durch blofses Zellgewebe, wiewohl von einer eigenen Art, ver- mittelt sey. In der That haben die Spiralgefälse, welche z. B. in der Fruchtanlage von Codaea zu den Eiern gehen und sie ernähren, mit denen, welche im Griffel gegen die Narbe aufsteigen, nichts als den gemeinschaftlichen Ursprung im Blüthenboden gemein; denn durch eine Folge von Querschnitten. überzeugte ich mich, dafs die letzterwähnten nur eine Fortsetzung der Gefäflsbündel der Fruchthülle sind und dafs die Gefäßse der Placenta im Gipfel des Fruchtknotens innerhalb der Gränze derselben sich endigen, ohne an jene sich anzulegen, wie es bei Längsschnitten den Anschein haben kann. Es ist jedoch dieser Bau in seinem Zusammenhange noch genauer zu erwägen. In allen von mir untersuchten Griffeln zeigte sich eine auffallende Verschiedenheit der Substanz, in der Art, dafs die Mitte ein Zellgewebe einnahm, dessen in die Länge gezogene Zellen entweder farbelos oder von schmutziger gelblichgrüner Färbung waren, während das umkleidende Parenchym aus lebhaft grünen, das Licht mehr durchlassenden, gröfseren Zellen bestand '). Dabei war eine mindere Starrheit der Wände dieses Centralgewebes im Vergleiche mit dem der Peripherie nicht zu ver- kennen. Nur in dem letzterwähnten, welches man die Rindensubstanz des Griffels nennen darf, indem es mit einer deutlichen Oberhaut be- kleidet ist, lassen sich Spiralgefälse wahrnehmen, niemals in der Central- substanz °). Diese Gefälse nehmen als Bündel aus dem Geflechte des Blüthenbodens ihren Ursprung, steigen in den äufsern Wänden der Fruchthöhle in die Höhe und während einige sich am Gipfel derselben endigen, setzen andere ihren Weg durch die peripherische Substanz des Griffels fort. Die Zahl ihrer Bündel, welche man hier antrifft, richtet sich häufig nach der Zahl der Narbenlappen, oft aber tritt ein anderes, in seinem Zusammenhange weiter zu erforschenden Verhältnifs ein: in- 1) Taf. IV. Fig. 1. 2, 2) Fig. 3. 128 dem man z. B. bei Momordica neun, bei Lobelia syphilitica acht, bei Primula sechs, bei Cheiranthus vier, solcher Bündel antrifft. Immer aber bleiben jene Gefälse auf die Rindensubstanz beschränkt und da diese an der Bildung der eigentlichen Narbe keinen Theil hat, so endi- gen sie sich unterhalb derselben auf eine auffallende Weise. Die Spiral- röhren eines jeden Bündels nämlich breiten sich aus, vereinzeln sich dabei mehr oder weniger und hören plötzlich auf, indem sie sich kolben- förmig verdicken. In keinem der von mir untersuchten Griffel habe ich diese Art von Endigung der Spiralgefälse vermifst, am ausgezeichnetsten aber habe ich sie bei Primula officinalis angetroffen ’). "Die Centralsubstanz des Griffels nimmt um die Mitte desselben einen verhältnifsmäfsig kleinen Raum ein und zeigt sich auf dem Durchschnitte mit kreisförmigem, länglichrundem oder eckigem Umrisse. Gegen die Narbe zu aber erweitert sich solche immer mehr, während in gleichem Verhältnisse die Rindensubstanz an Ausdehnung abnimmt; so dafs end- lich diese ganz aufhört, jene aber frei hervortritt und unter mancherlei Formen sich ausbreitet. Mit diesem Zurückbleiben der Rindensubstanz setzt denn auch die derselben angehörige Oberhaut sich nicht weiter fort, die Narbe ist daher, gleich andern einsaugenden Organen, ohne solche und mit Recht äufsert S. Hıraıee: dafs die Gränze der Narbe durch das Aufhören der Oberhaut des Griffels angedeutet sey ?). Es hat jedoch Av. Bronenıarr aus Erscheinungen an der Narbe von Mira- bilis, Antirrhinum, Nymphaea geschlossen, dafs solche an ihrem ein- saugenden Theile, mit einer Oberhaut von zelligem Bau und von grölserer Feinheit, als an irgend einem andern Theile der Pflanze, überzogen sey; er vermochte diese sogar getrennt von dem unterliegenden Zellgewebe darzustellen, indem er den zu untersuchenden Narbenabschnitt der Ein- wirkung von Salpetersäure aussetzte °). Mir ist nicht gelungen, Aehnliches 1) Fig. 4b. 2) A. a. O. 32, 3) A. a. 0. 46. 129 an Mirabilis Jalappa wahrzunehmen. Die zahlreichen Lappen, worin die Narbe hier getheilt und die mit einer klebrigen Feuchtigkeit über- zogen sind, bestehen jeder aus einem gleichförmigen, nur an der ein- saugenden Fläche fast farbenlosen Zellgewebe, ohne dafs die Zellen dieser Oberfläche in Bau und Gehalt das eigenthümliche Verhalten der Oberhaut gezeigt hätten. Gewisser ist, dafs die Zellen der Narbensub- stanz, indem sie an ihrem freien Theile in Hügel oder Fortsätze von verschiedener Länge übergehen, ohne weitere Veränderung die Papillen der Narbe bilden '), denen eine Oeffnung an der Spitze von Cassını noch beigelegt zu sehen °), man sich wundern mufs. Diesen warzen- reichen Bau haben daher, den Fall von Mirabilis und einige andere, wovon ich anderswo gehandelt °), abgerechnet, die meisten Narben. Die Wärzchen sind meistens gleichförmig über die ganze Narbenfläche ver- theilt, bei Plumbago aber bilden sie eiförmige kurzgestielte Trauben längs der fadenförmigen Narbeneinschnitte. Seinem inneren Bau nach erwogen verhält das Narbenzellgewebe sich ganz wie die Centralsubstanz des Griffels, wovon es die Fortsetzung ist. Alle fasrige, alle Gefäfs- substanz ist daher ausgeschlossen, die Zellen sind, zufällige Trennungen abgerechnet, keinesweges unvellkommen und locker, sondern überall ge- nau unter einander verbunden. Ja ihr Zusammenhang ist manchmal ge- nauer und inniger, als in der Rindensubstanz, so dafs Hrpwıc dieses Zellgewebe beim Eierkürbis als ein .knorpelartiges bezeichnet. Im All- gemeinen bemerkt man daher auch keine Zwischenräume, nur eine Centralhöhle findet sich häufig in der ganzen Länge desselben durch den Griffel fortgehend,, welche z. B. bei Lobelia und Primula von rundem °), bei Tropaeolum von dreieckigem Umfange ist, bei den Orchideen und Liliaceen aber drei Anhänge hat und nicht nur einerseits in die Vertiefung 1) Fig. 4a. 2) Opusc. physologiques. I. 12. 3) Dieser Zeitschrift. Bd. IL. 206, 4) Fig. Se. 130 der Narbe, sondern auch andrerseits in die Höhle des Eierstockes aus- läuft. €. F. Scausz behauptet in zu allgemeinen Ausdrücken '): der Griffel sey immer hohl, also auch bei Dicotyledonen und er führt als Belege dieser Behauptung die Familien der Leguminosen, Syngenesisten, Asperifolien, Drupaceen u. s. w. an. Wiewohl nun nicht leicht einzu- sehen, wie bei Leguminosen und besonders bei Syngenesisten der faden- förmige Griffel einer Untersuchung dieser Art so, dafs sie ein sicheres Resultat gewähre, unterworfen werden könne, will ich doch ein solches Vorkommen nicht bestreiten; aber in Datura Stramonium und D. ar- borea, wo die Dicke des Griffels die genaueste Untersuchung durch Querschnitte gestattet, ist zuverläfsig keine Centralhöhle vorhanden >). Mireen hat die Ansicht aufgestellt, dals diese Höhle, welche er für einen Aussonderungscanal hält, ohne sich über das Materielle der Aus- scheidung näher zu erklären, wo sie vorkommt, nicht von Anfange an vorhanden gewesen, sondern sich erst später gebildet habe, vermöge einer Zerreilsung im Zellgewebe, wodurch mehrere Griffel sich getrennt, die zuvor in einem verwachsen waren ?). Aber die Griffelsäule von Orchideen zeigt die Trennung des Zusammenhangs bereits in ihren ersten Anfängen, bei Primula erscheint sie wenigstens lange vor der Befruch- tung und bei Datura niemals; ihre Anwesenheit scheint daher mit ur- sprünglicher Bildung zusammenzuhängen. Im Bisherigen haben wir die Entwicklung betrachtet, welche die Centralsubstanz des Griffels an dessen oberem oder Narbentheile erhält. Es ist nun zu erwägen, in welcher Art sie am andern Ende des Griffels, nämlich auf Seiten des Eierstocks sich endige. Nach Hepwıcs Beob- achtung geht dieses Organ beim Kürbis ohne Unterbrechung in den Fruchtknoten über und erweitert sich je weiter man es abwärts verfolgt, desto mehr, indem es gegen die Seiten gabelförmige Fortsätze bildet, 1) Ueber die Organisation des Stempels d. Blumen -Flora. 1828. 23. 2) Fig. 3d. 3) A. a. 0.8. 12. 131 deren Enden sich hakenförmig krümmen. An jedem solchen Haken hän- gen zwei oder drei Saamenanlagen in der Art, dafs die Spitze derselben jenes gekrümmte Ende, wie mit einem Henkel umgiebt, ohne dafs die leitende Substanz in die Saamenanlagen, wie von den Nahrungsgefälsen geschieht, übergehn. $. Hıramr und Broxentart haben diesem Gegen- stande eine vorzügliche Aufmerksamkeit gewidmet. Mit Recht bemerkt der Letztgenannte, dafs die einsaamigen Ovarien mit aufwärts gekehrter Oeffnung des Ei’s, z. B. von Daphne, Statice, Polygonum, zu Unter- suchungen dieser Art vorzüglich geeignet sind; eben so die kürbisartigen Gewächse, vermöge der gesättigten gelben Farbe, wodurch bei ihnen das fragliche Organ sich auszeichnet. In den genannten sowohl, als in allen von ihm beobachteten Fällen stieg das Narbenzellgewebe durch den Griffel bis zu den Saamenanlagen hinab, indem es bei den mehr- saamigen Ovarien in so viele Fortsätze sich theilte, als Eier da waren, bei den einsaamigen aber ungetheilt blieb. Ich habe von Ovarien der letztgenannten Art Plumbago, von solchen der ersten Klasse aber Da- tura, Primula, Cheiranthus, Momordica, Tropaeolum untersucht und immer die Narbensubstanz bis an die Oberfläche der Eier verfolgen kön- nen. Bei Plumbago europaea hat das Ei die nämliche Lage im ein- kammrigen Fruchtknoten, die nämliche Befestigung durch einen aus dem Grunde aufsteigenden, überall freien, Nabelstrang, wie MırseL an Statice Armeria schildert ‘). Das Narbenzellgewebe aber bildet, nachdem es durch den Griffel an die Höhle des Eierstocks getreten, einen Fort- satz, womit es in dieselbe hineinragt und sich endiget ?). Bei Datura wird die Wand von jeder der beiden Höhlen, so der Eierstock in seinem oberen Theile hat, an ihrer innern Seite von jenem Zellgewebe gebildet, indem dasselbe weiter hinab sich in zwei Fortsätze theilt, welche dem An- heftepunete der Eier entsprechen. Bei Primula chinensis und P. Auricula 1) Nouv. rech. #. 1. structure de l’ovule vegetal; Mem. de l’Ac. R. d. Science, de France. T. IX. t. 4. (13) 2) Fig. 6. c”. 132 erhebt sich der Obertheil der kugligen Placenta in einen Kegel, dessen Spitze dem Ende der Griffelaxe leicht verbunden ist, während das nämliche Zellgewebe, welches den Kegel bildet, abwärts die Placenta überzieht . Bei Momordica Elaterium bildet das Narbenzellgewebe, in die Fruchtanlagen hinabgestiegen, Blätter, welche deren Centralsubstanz strahlenförmig durchsetzen, wobei sie leicht in zwei kleinere trennbar sind, am Umfange aber sich spalten und nun gegen jede der Höhlen, worin ein Ei gelegen, einen dünnen Fortsatz aussenden °). Betreffend die Verbindung dieses Organs mit dem Ei, so erhellet aus Beobachtungen von Brown, Bronentarr und Mireer, dafs dieses vor der Befruchtung eine Oeffnung seiner Häute habe, aus welcher um die Zeit dieses Vor- gangs der Zellenkörper des Perisperms hervorragt und einen Wulst bildet, mamelon de !’amande von Bronentart genannt. Bei Plumbago ist nun auffallend, wie die Lage des Ei’s genau eine solche sey, dafs dieser der Extremität des Narbenzellgewebes, welches, wie bemeldet, in die Fruchthöble an deren Spitze eintritt, entsprechen müsse. MırBEL scheint dieses Zusammentreffen bei Siafice genauer beobachtet zu haben, indem er eines kleinen Cylinders erwähnt, der aus dem oberen Theile der Fruchthöhle absteige, sich gegen die Oeffnung des Ei’s richte und sie endlich verschliefse °). An einem andern Orte nennt er diesen Cy- linder, den er auch abbildet, einen Pfropf ®), ohne sich über dessen Natur und Verrichtung weiter zu erklären. Es ist jedoch aus der Lage und dem ganzen Verhältnifs ersichtlich, dafs derselbe die Endung des Narbenzellgewebes an der Fruchthöhle sey. In der nämlichen Art siehet man an Querschnitten des unbefruchteten Eierstocks von Momordica seitwärts der Spitze der Eier aus einer Oeffnung der Eihäute das äulsere Perisperm als einen Zapfen hervortreten, der einem zarten Fortsatze des 1) Fig. 7. 8. 2) Fig. 92. 3) A. a. 0.11. 4) A. a. O. 17. Taf. 4. F.2, hi. F. 4a. 133 Narbenzellgewebes begegnet '). Ein ähnliches Zusammentreffen beider Substanzen hat Bronensartr auch am Kürbis beobachtet und dargestellt. Wiewohl nun bei diesem Zusammenkommen von entgegengesetzten Rich- tungen beide, wie es scheint, sich vollkommen und genau berühren, ist doch eine organische Verbindung unter ihnen, eine Verwachsung, nicht vorhanden. Die Meinung von Aus. S. Hıramre, dafs solche zur Zeit der Befruchtung bestehe, wird daher von Brown in bestimmten Aus- drücken bestritten. Niemals, sagt er, habe er einen ursprünglichen Zu- sammenhang oder eine organische Verbindung der Oeffnung des Ei's mit den Wänden der Fruchthöhle, sondern nur eine Berührung, wahr- genommen, wiewohl solche erst nach einer gewissen Periode eintrete ?). Auch Bronentarrt erklärt sich dahin: dafs nur eine Berührung, oder fast eine Berührung, jedoch keinesweges eine Verwachsung Statt finde °), und was ich Gelegenheit gehabt, zu beobachten, stimmt damit überein. Wie oft ich z. B. bei Plumbago eine solche Verbindung aufzufinden und darzustellen mich bemühte, immer waren beide Theile, auch bei der sorgfältigsten Führung des Schnittes, schon getrennt, während die Verbindung des Eis mit dem Nabelstrange noch vollkommen bestand D% Es ergiebt sich aus dem Bisherigen, dals die zellige Centralsubstanz des Griffels einerseits an der Oberfläche der Narbe, andrerseits an der Eimündung sich endige und aufser diesen beiden Ausgängen hat sie weiter keinen Zusammenhang. Bei den einsaamigen Fruchthöhlen fällt dieses zwar am meisten in die Augen, aber auch am Eierkürbis bemerkte schon Heowıs: dafs jene Substanz in der Fruchtanlage nur so weit hin- absteige, als die Eier in derselben liegen, ohne bis auf den Grund, wo der Stiel ansitzt, zu dringen. Es läfst daher, wie ich glaube, diese be- stimmte Art ihres Vorkommens, ihre Ausdehnung und Umgränzung den Schlufs zu: dafs sie der vermittelnde Körper sey, durch welchen das 1) Fig. 9. e. g. 2) Deser. of Kingia; with obs. on the struct, of the unimpregn, ovulum. 8. 14. 3) A. a. O. 88. 89. 4) Fig. 6. e, f. Zeitschrift f. Physiol. IV. 2, 18 134 {ruchtbarmachende Wesen, auf die Oberfläche der Narbe gebracht, zu den Eiern gelangt, und insofern die Benennung des zuleitenden Zell- stoffes verdiene. Ist also dieses Wesen unter irgend einer Form sicht- bar, so wird es sich in diesem Organ damit zeigen und dieses macht eine Berücksichtigung der innern Beschaffenheit des Pollen, seiner Ver- änderungen und seiner Thätigkeit, so weit solche wahrgenommen werden können, erforderlich. | Bekanntlich nahm zuerst NerepHuam wahr, dals vom Pollen unter Wasser eine dehnbare Materie voll undurchsichtiger Puncte explodirt wird'und er schreibt dieses dem verminderten Widerstande zu, welchen die Vegetationskraft der Pollenmaterie durch Zutritt des Wassers erhält. Einer eigenen Haut indessen, welche die austretenden Theilchen noch einhülle, erwähnt er nirgend, obwohl Bronexsarr und Mikreer ') ihm diese Meinung beilegen: er spricht nur von einer „substance membra- neuse , subst. filamenteuse‘‘ °), um anzudeuten, dals die wirksamen Theile hier in einer zähen Materie eingewickelt sind, welche ihrer eigenmächtigen Bewegung einen Widerstand entgegensetzt. Die Pollenkörner läfst NEEDHAM, einer gemachten Beobachtung zufolge, in die Oeffnung an der Spitze der Narbenpapillen eindringen und ihren Gehalt hier ausstolsen, der von Röhren des Griffels, über die er sich nicht genauer erklärt, aufgenommen und den Eiern zugeführt werden soll. Guerchen hat dem Faetum der Explosion des Pollen die Beobachtung hinzugefügt, dafs die explodirte Flüssigkeit rundliche Körperchen verschiedener Gröfse ent- halte, die er den Kügelchen des Blutwassers vergleicht und die beim Austreten sich bewegten °); welche Bewegung er jedoch so wenig eine eigenmächtige nennt, als er die Körperchen deshalb den Saamenthierchen vergleicht. ‘Er betrachtet vielmehr diese nur als die Keime, welche im Ei sich zum neuen Individuum entwickeln, indem er annimmt, dafs nur 1) Lettre a M. Auex. Bronentrr. 8, 2) Nouv. observ. microsc, 86. 87. 8) A. a. 0.1. $. 54. 62. 135 der Gehalt des Pollen, nicht dieser selber, von der Narbe aufgenommen und durch Canäle fortgeführt werde, die er an den Narbenpapillen von der Tulpe und vom Kürbis in Form von Adern herablaufen sah und die, wie er glaubt, bis zu den Eiern gehen !). Bekannt ist KöLkeurers Meinung, dafs jeder Pollenkörper aus zwei Häuten, einer gröberen und einer feineren gebildet sey, und dafs deren Gehalt nur unreif und zur Befruchtung noch ungeeignet explodirt werde, da er im reifen Zustande, wo er flüssiger und einem Oele ähnlicher sey, ruhig austrete. Ueber die Wege des Befruchtungsstoffes zu den Saamenanlagen äufsert Kör- REUTER sich nicht; auch Hepwıg giebt nicht an, wie der Befruchtungs- leiter dabei thätig sey; er sagt blols, sein Bau sey von der Art, dafs er allen flüssigen Zugang, so wie alles vermeinte Eindringen vorgebildeter Keime ausschliefse. KöuLseurers Ansicht vom Pollen ward von Gueıcuen ?) bestritten, von Heowıs bezweifelt und Guisvsemiv’s zahlreiche Beob- achtungen sind ihr ebenfalls ungünstig. Dieser nahm wie auch bereits Körreurer einen merkwürdigen Unterschied am Pollen wahr, sofern bei einigem die Oberfläche der Kugeln mit einem klebrigen Wesen überzogen und mit stachligen oder warzigen Fortsätzen umgeben erscheint, bei anderem hingegen sowohl der Ueberzug als die Papillen völlig mangeln. Die glatten Pollenkörner schwellen im Wasser blofs an, olme ihren Ge- halt auszustofsen und zwar ist bei diesen die Ausleerung einer zwiefachen Art. Zuerst geht von der Oberfläche des Pollenkorns, welches sich da- bei entfärbt, in Strahlen ein fettiges Wesen aus; worauf durch eine Oeffnung auch die dichtere Masse, die in keiner zweiten Haut einge- schlossen scheint und voll Kügelchen ist, explodirt wird ?). An. Bron«- sıarı hingegen, indem er eine an Portulaca oleracea gemachte Beob- achtung Amıcr's verfolgte, fand bei allem von ihm untersuchten Pollen, nachdem er eine Zeitlang auf der Narbe verweilt, einen röhrigen Fort- 1) $. 86. IL. 31. t XXIL 6,4. 2) A. a. 0. $. 64. Anmerk. %) Rech, microsc. sur le pollen: Mem. de la Soc, d’Hist. nat. de Paris. H. 136 satz, aus einer Haut gebildet, die ihm durch eine Oeffnung aus dem Innern des Pollenkorns getreten schien und Kügelchen in beträchtlicher Menge enthielt '). Wo dieser Sack sich öffnete, traten aus einer gestalt- losen Masse mit fast gleicher Gröfse und mit sehr bestimmten Umrissen die Kügelchen hervor, an denen erst nach vielen vergeblichen Versuchen eine Bewegung entdeckt ward. Diese war im Allgemeinen sehr langsam und unregelmäfsig, auch von äulseren Ursachen, als Evaporation oder Erschütterung unabhängig und hörte im Weingeist sogleich auf?). Die so bewegten Körper, für welche Turrıy die Benennuug ‚vegetuleules spermatiques“ vorschlägt °), sind das Wirkende bei der Befruchtung, indem diese nicht erfolgte, wo sie im Pollen fehlten. Die Befruchtung geht aber nach BronenIarr erst dann vor sich, wenn der Pollen wirk- lich der Narbe sich anhängt, zu welcher Zeit beide eine bräunliche Farbe annehmen. An einem Längsabschnitte derselben bei Pflanzen, wo sie mit keinem Oberhäutchen bekleidet ist, siehet man alsdann die Fort- sätze der Pollenkörner, mit den Kügelchen gefüllt, tief in das Zellge- webe eingedrungen. Hier scheinen solche an ihrer verdickten Spitze sich zu öffnen und die spermatischen Kügelchen von sich zu geben, die man nun in den Zwischenräumen der Zellen wahrnimmt. Wo dagegen die Narbenfläche mit einer Oberhaut bedeckt ist, wie bei Nymphaea , Mirabilis, Hibiscus, verbindet sich der Pollenfortsatz mit dieser Ober- haut und, auf analoge Weise wie bei Copulation der Conferven, scheint die Körnermasse aus ihm in das Narbenzellgewebe überzugehen. Den näm- lichen Gang aber wie in der Narbe, setzt sie auch weiter fort und sie gelangt demnach in den Zwischenräumen der Zellen des leitenden Ge- webes zur Placenta und weiter zu den Eiern. — Amıcı bestätiget die obigen Beobachtungen vom Eindringen der Pollenfortsätze, deren körni- gen Gehalt er dabei lebhaft sich bewegen sah, ins Zellgewebe der Narbe 1) A. a. 0. 50. Taf. 35. 86. 37. 2) A. a. 0.83. Nour. rech. s. le pollen: Ann, d. Sc. natur. Dec. 1828. 8. 3) Mem. du Mus. d’Hist. nat. XVI. 321. 137 in dem Grade, dafs dieses Eindringen sich nicht blofs auf die Narbe oder einen Theil derselben beschränken, sondern durch den Griffel bis zu den Eiern fortgehen soll '). Man mufs gestehen, dafs die zuletzt erwähnten Thatsachen mit un- sern bisherigen Vorstellungsarten zu wenig übereinstimmen, als dals die Geschicklichkeit der Beobachter, welche sie erzählen, ein Hindernifs seyn dürfte, sie einer weiteren Prüfung zu unterwerfen. Demgemäfs habe ich im Laufe des Sommers 1831. in Bezug auf diesen Gegenstand die Befruchtungstheile von mehr als dreilsig Gewächsarten untersucht und Resultate erhalten, die mit den von Broxentarr und Amıcr ange- gebenen in vielen Stücken nicht übereinstimmen. Die von mir unter- suchten Gewächse gehörten sowohl den Monocotyledonen als Dicotyledonen und unter diesen zumal sehr verschiedenen Familien an, auch befanden sich darunter die meisten von denen, die zu Bronentarts Beobachtungen den Stoff gegeben haben. Man braucht nur eine mälsige Summe von Beobachtungen über das Verhalten des Pollen im Wasser gemacht zu haben, um sich zu über- zeugen, dafs einiger dabei lebhaft explodirt, anderer hingegen blofs an- schwillt, ohne weitere Veränderungen, wie lange auch die Beobachtungen fortgesetzt wurden, zu zeigen. Allein statt die Ursache dieses Unterschiedes mit GuitLemmv in einer Verschiedenheit des Baus zu suchen, bin ich, wie Körreurer der Meinung, es liege aufser dem, was auf Rechnung der ver- schiedenen Dicke der Pollenhaut zu setzen, vielmehr ein verschiedener Ent- wicklungszustand des befruchtenden Wesens zu Grunde, der wiederum durch den Grad der Lebendigkeit, der Reife, durch Temperatur der Atmo- sphäre u. s. w. bedingt seyn kann. Am Pollen von Althaea pallida, der im Sommer lebhafte Explosionen zeigt, erfolgen dergleichen im Spätherbste nicht und NeepuAam bemerkte deren nicht am Pollen vom Granatbaum, Spar- gel und Hopfen, indem, wie er sagt, nicht aller, wenn man ihn betrachte, reif und zur Wirkung tauglich sey. Auch beobachtete er, dafs der 1) Sur le mode d’action du pollen sur le stigmate: Ann. d. Scienc. nat. Nov. 1830. 138 nämliche Pollen, der im Wasser explodirte, in Citronensaft und Essig diese Wirkung nicht zeigte; von welchem Erfolge ich an anderen Pollen unter Einwirkung von sehr verdünnter Salpetersäure das Gegentheil wahrgenommen habe. Man mufs daher, wie ich glaube, so lange die Allgemeinheit des Explodirens zugeben, bis gezeigt ist, dafs die Fälle, wo man dergleichen nicht wahrnimmt, von veränderten Einflüssen unab- hängig waren. Mit mehr Zurückhaltung ist auszusprechen über die All- gemeinheit eines andern Phänomens, welches jenem öfters vorhergeht und von GuisLemin treffend beschrieben worden ist. Bei solchem Pollen nämlich, wo auf der Oberfläche Papillen von spitzer oder stumpfer Form sich finden, als von Scorzonera, Althaea, Mirabilis, dringen gleich nachdem solcher in Wasser gelegt, kleinere und gröfsere Tröpf- chen eines farbelosen, öligen Wesens schnell und stofsweise hervor, die anfangs strahlenförmig das Pollenkorn umgeben, aber bald in grölsere Tropfen von unregelmälsiger Gestalt zusammenfliefsen. Bei Scorzonera hispanica geschah das Ausspritzen von öligen Theilchen so schnell, dafs ich kaum Zeit hatte, das Auge darauf zu richten, nachdem ich den Gegenstand unter die Linse gebracht hatte. Hier scheint es demnach , als habe bereits innerhalb des Pollen ein gallertartiges und ein öliges Wesen sich geschieden, dergestalt, dals letztgedachtes zunächst unter der Oberfläche sich befand, als es bei Ausdehnung des Pollenkorns durch das schnell eindringende Wasser ohne gewaltsame Oeffnung ausgetrieben wurde. Indessen ist ein solcher die Explosion vorbereitender Act bis jetzt nur an einigem Pollen , besonders solchem von der grölseren Art, beobachtet worden. Ob er an anderen fehle, wie Guten anzunehmen geneigt ist, oder ob er vielmehr nur wegen zufälliger Verhältnisse an ihnen noch nicht wahrgenommen worden, müssen weitere Beobachtungen lehren. Die von der Explosion ausströmenden öligen Partikeln sah ich zum öfteren, besonders bei Althaea offieinalis und A. pallida, indem sie in gröfsere Tröpfchen zusammenflossen, Bewegungen von drehender Art 139 ausüben, die aber durchaus nicht den Character von vitalen hatten und nur wenige Secunden dauerten. An den mit der gröberen Masse ausge- stofsenen Körnern dagegen habe ich nur ein einziges Mal eigene Bewe- gungen wahrgenommen, nämlich bei Mala sylvestris und dieses im Augenblicke ihres Austretens. Die Körperchen waren dabei in einer mäfsig schnellen, wallenden Locomotivität und die explodirte Masse schien gröfstentheils aus solchen zu bestehen. Hingegen habe ich in sehr vie- len andern, in dieser Absicht von mir angestellten Beobachtungen von Pollen, auch unter sehr günstigen Umständen, nichts der Art wahr- nehmen können. GueIcHEn hat dergleichen nur einige Mal gesehen, Guistemin gar nicht und NerepHam hat wenigstens nirgend davon Er- wähnung gethan. Selbst Bronensarr nahm in der Mehrzahl der von ihm ' beobachteten Fälle keine Bewegungen wahr, oder sie waren so schwach, dafs er Mühe hatte, sich ihrer zu vergewissern. Das Phäno- men mufs daher nur unter besondern Umständen vorkommen, da es so selten wahrgenommen wird und vielleicht ist Infusorienbildung, wozu nach GueıcHens Erfahrungen der Pollen sehr geneigt ist ), dann schon eingetreten. Bronentarr äufsert: man bedürfe, um es gewahr zu wer- den, starker Vergröfserungen und er scheint einer Unvollkommenheit der Instrumente es zuzuschreiben, wo dergleichen nicht beobachtet wor- den. Allein die Körperchen selber wahrzunehmen, wenn man nicht ihre Gröfse und Form verlangt, bedarf es dessen nicht; im Gegentheile sind die Veränderungen ihrer gegenseitigen Lage bei mäfsigen, aber deut- lichen Vergröfserungen leichter bemerkbar. Es scheint diesemnach, da- mit ein Pollen wirksam sey, überhaupt nicht erforderlich, dafs das körnige Wesen in ihm Bewegungen mit dem Character des Lebens aus- übe, und wo solche etwa vorkommen möchten, folgt noch keinesweges , dafs die bewegten Körper auch das Wirkende bei der Befruchtung seyen. Eben so wenig kann als allgemeines Phänomen und als eine noth- wendige Entwicklung des Pollen zum Behufe der Befruchtung betrachtet 1) A. a. 0. $. 57. 140 werden, dafs dessen Kugeln den von Amıcr und Bronentarr beschrie- benen Fortsatz treiben. Wenn Pollen, der Narbe anklebend, durch ein behutsames Zerren davon getrennt wurde, beobachtete ich einen solchen nur bei Crocus sativus, Tulipa Gesneriana, Fritillaria imperialis , Datura Stramonium, Oenothera biennis, von denen nur die drei letzt- genannten Frucht brachten. Er war von verschiedener Länge, unter andern bei Datura sehr lang und durch Zerren konnte man ihn noch verlängern, was die Dehnbarkeit seiner Haut anzeigte. In der bei weitem gröfseren Mehrzahl der Fälle hingegen, auch da, wo die Beschaffenheit der Genitalien die erfolgte Befruchtung deutlich zeigte, war derselbe nicht bemerkbar. Wo er aber sich vorfand, erschien er allemal als eine Fortsetzung desjenigen einfachen Häutchens, welches die Pollenkugel zu äufserst bildet, nicht als die Verlängerung einer inneren Haut, welche durch eine Oeffnung des erstgenannten hervorgetreten. Der von Broxs- Narr allein hievon hergenommene Grund für das Daseyn eines solchen zweiten Häutchens, der Angabe von KöLreuTEr gemäls, ist daher sehr in Abrede zu stellen. Mirsen glaubt einen noch triftiigeren Grund für diese innere Membran und sogar einen strengen Beweis davon in einer Beobachtung von Rasraın zu finden, welcher solche, fast ohne ihre Form zu ändern, mit Hülfe von Reagentien von der äufseren Haut ge- trennt darzustellen vermochte '). Auch diesen Versuch habe ich gemacht mit dem nämlichen Erfolge, wie wenn man lebende Conferven der Wir- kung einer Säure aussetzet: das gallertartige Wesen, welches die Körner enthält, zieht sich zusammen oder wird verdichtet in Schlauchform heraus- getrieben, während die -äufsere Haut unverändert bleibt und es ist daraus kein Grund für eine die Gallert im Leben einschliefsende häu- tige Hülle zu entnehmen. Ich halte demnach die Meinung noch immer für die wahrscheinlichere, dafs die äufsere Haut des Pollen auch dessen einzige sey und jenem Fortsatze, wo er sich vorfindet, auch die Ent- stehung gebe. Und warum sollte sie nicht? Sie ist, wie das Anschwellen 1) Lettre a M. BronentRr. 9, 141 des Pollenkorns im Wasser anzeigt, einer starken Ausdehnung fähig und sie gestattet dabei, vermöge ihrer Lockerheit, öligen Theilchen den Durchgang, ohne selber sichtliche Oeffnungen zu besitzen. Immer aber, wo ein solcher Fortsatz vorhanden war, fand ich ihn den Papillen der Narbe leicht anklebend. Sein freies Ende hatte er dabei stets der Narbe zugekehrt und dieses reichte in vielen Fällen bis an den Grund der Papillen, während der Pollenkörper von dem er sei- nen Ursprung nahm, sich aufserhalb des Bereichs der Papillen befand. Aber Amıcı und Broxenıart versichern auch beobachtet zu haben, dafs derselbe sich ins Zellgewebe der Narbe einsenke und Cuvırr will ihn deshalb als eine männliche Ruthe der Gewächse (penis vegetal) ange- sehen wissen '). Aber vergebens sucht man nach Gängen im genannten Gewebe, welche geeignet wären, einem Körper von so bedeutender Länge "und Dicke den Durchgang zu gestatten; vergebens siehet man nach einer analogen Wirkung im Pflanzenreiche, nach einer Kraft, welche diese Durchdringung in der kurzen Zeit, binnen welcher allem Anscheine nach das Befruchtungswerk der Pflanzen absolvirt wird, zu bewirken vermöchte. Broxentarr hält im Allgemeinen und namentlich bei Oeno- thera, Datura, Antirrhinum die Intercellulargänge der Narbensubstanz dazu geeignet, dergleichen man jedoch von einer irgend bedeutenden Art an starkvergröfserten Querabschnitten dieses Gewebes nichts gewahr wird ?), indem. die Zellen überall genau unter einander verbunden sind. Bei /pomoea aber dürften auch diese Gänge nicht hinreichend seyn bei dem Umfange der Pollenfortsätze, welcher den der Zellen selber über- trifft und es hätte ein Eindringen derselben nicht erfolgen können , ohne beträchtliche Zerreifsung und Zusammendrückung der Zellen, die, an und für sich schon unzuläfsig, auch aus der Abbildung nicht erhellet °). 1) Anal. d. travaux de l’Acad. R. d. Sc. pendant l’annde 1826. 22. Buoncnurr selber hat sich dieser Vergleichung nirgend bedient. 2) Fig. 2. 5) Buonensnt, Rech. #. 1. generation etc. pl. 85. F. 2. M. H. Zeitschrift £. Physiol, IV. 2. 19 142 Dieser Bedenklichkeiten ungerechnet habe ich das Narbenzellgewebe, bei anklebenden Pollen, vielmals untersucht und dieses sowohl bei noch frischer, als bei schon bräunlich gewordener Narbe, wie es zu dieser Untersuchung verlangt wird. Die in der Länge geführten Schnitte be- trachtete ich sowohl unter einem gelinden Druck zwischen zwei Glas- platten nach Amıcr’s Methode, als ohne dieses und nie vermochte ich wahrzunehmen , dafs die Pollenfortsätze tiefer eingedrungen waren, als die natürlichen Zwischenräume der Narbenpapillen gehen. Eben so we- nig sind mir Erscheinungen vorgekommen, welche das Fortbewegen eines körnigen Wesens, ähnlich der Pollenmaterie, in den Zwischenzellengängen der Narbe und des Griffels anzeigten. Nur einigemal habe ich im Zellge- webe der Narbe von Datura arborea, wenn sie schon gebräunt und halb vertrocknet war, Streifen eines braunen Wesens in der Art wahr- genommen, dafs eine Fortsetzung derselben von den obern Theilen des weib- lichen Organs gegen die unteren, wiewohl diese selber, noch frey, davon waren, angenommen werden mulste; allein die bräunliche Masse befand sich, wie es mir vorkam, nicht zwischen den Zellen, sondern in einer Zellenreihe selber und die so veränderten Zellenreihen bildeten den äufsersten Um- kreis der leitenden Substanz '). Auch erschien mir diese Veränderung eher einem anfangenden Absterben, als dem lebendigen Act der Be- fruchtung anzugehören. Zugleich verdient es eine Erwägung: Ob über- haupt für eine Fortbewegung des körnigen Wesens der Gewächse in ihren Zwischenzellengängen hinlängliche Gründe vorhanden seyen. Mir sind keine Erfahrungen bekannt, welche dafür sprächen, vielweniger solche, welche es glaublich machten, dafs jene mit solcher Schnelligkeit vor sich gehn, als nach Versuchen Koureuters ?) und C. F. GärTxers °) die Befruchtung erfolgt ; wiewohl Broxentart, indem er zu eingeschränkt das Erscheinen des Embryo als das Ende derselben betrachtet, ihre 1) Fig. 3.d. 2) Zweite Forts. d. vorläuf. Nachricht. 70. 8) Isis. 1851. VOII — X. \ 143 Dauer auf 'Tage, ja auf Wochen, ausdehnt '), Am wenigsten ist, ohne eine Bestätigung durch eine Reihe entscheidender Beobachtungen , zuzugestehen, dafs der Fortsatz des Pollen selber, wie Amıcı beobachtet zu haben versichert, oder die von dem Fortsatze ausgeleerte körnige Masse des Pollen, wie es Bronensarts Meinung ist, nachdem sie durch das ganze Centralgewebe des Griffels gedrungen, nun auch in das Ei, und zwar an der Stelle, wo dieses seine Oeffnung hat, übergehen. Denn dieses würde einen organischen Zusammenhang zwischen dem Innern des Eis und dem leitenden Zellstoffe voraus setzen, der doch so wenig nachgewiesen ist, dafs vielmehr Bronenıarr selber eine blofse Be- rührung annimmt, ohne eigentliche Verwachsung. Nimmt man zu diesem noch die Erscheinungen, welche die Be- fruchtung der Asclepiadeen, so weit wir solche kennen, darbietet; so wird es sehr wahrscheinlich, dafs weder der häutige, noch der körnige Theil des Pollen durch das weibliche Genitale zu den Eiern hinabsteige, sondern dafs das Material der Befruchtung ein feineres Wesen sey, welches sichtbar zu machen unsere Werkzeuge bis jetzt nicht vermochten und vielleicht nie vermögen werden. Link hält nach Köseurers Vor- gange den öligen oder harzigen Bestandtheil des Pollen dafür, ohne Gründe für diese Meinung anzugeben, und er glaubt, dafs die Fortbe- wegung einer Materie solcher Art in einem Durchschwitzen durch die Häute, welche Zelle von Zelle trennen, bestehe ; indem dieses überhaupt ihm der Motus der Saftbewegung im Pflanzenzellgewebe zu seyn scheint ?). Später jedoch erklärt er die Untersuchung über die Wege der befruch- tenden Flüssigkeit für überflüßsig und er will weder dem Zellgewebe, noch andern Elementartheilen des Griffels solche Function beigelegt wissen, wobei er die Wirkung des Befruchtungsstofls in Belebung des Embryo etwas einer galvanischen Action Aehnliches nennt °). Indessen 1) A. a. 0. 91, 92, 2) Grundl. d. Anat. u. Phys. der Pflanzen. 225. 5) Elem. philos. bot. 418, 144 sind über einen solchen den Sinnen nicht mehr zugänglichen Vorgang mancherlei Vorstellungsarten möglich; hier genügt es, wahrscheinlich gemacht zu haben, dafs derselbe, so wie im Thierreiche die Wirkung einer fruchtbaren Zeugung auf den Eierstock, auch im Pflanzenreiche nicht durch eine palpable Materie vermittelt sey. Was aber die sonder- baren Fortsätze betrifft, welche man am Pollen öfters wahrnimmt, so scheinen diese keine wesentliche Rolle bei der Befruchtung zu spielen, sondern vielmehr nur einer eigenthümlichen Auflösung der äufseren Pollenhaut, wovon die hauptsächlichste Ursache eine nasse Witterung während der Blüthezeit seyn dürfte, ihre Entstehung zu verdanken. November 1831. Erklärung der Abbildungen. Taf. IX. Fig. 1. Querdurchschnitt vom Zellgewebe a. des Griffels von Momordica Elaterium, wo er anfängt in den Fruchtknoten überzu- gehen. d. Leitendes Zellgewebe, welches Fig. 2. noch mehr vergröfsert darstellt. Fig. 3. Querdurchschnitt aus der Mitte des Griffels von Datura ar- borea. a. Oberhaut, 5. Rindensubstanz, ce. Gefäfsbündel, d. leiten- der Zellstoff. Fig. 4. Spitze des, hier etwas zusammengedrückten , Griffels von Primula offieinalis, nebst der Narbe, von welcher ein Segment ab- geschnitten ist. a. Narbenzellgewebe, dessen Zellen an der Peri- pherie in die Papillen, denen Pollen anhängt, übergehen. 5. En- dungen der Gefäfsbündel des Griffels. Fig. 5. Querdurchschnitt des nämlichen Griffels. «a. Gefäfsbündel der Rindensubstanz. d. Leitendes Zellgewebe. c. Centralhöhle. 145 Fig. 6. Durchschnitt des unbefruchteten Eierstocks von Plumbago europaea. a. Ursprung der Filamente. Öd. Untertheil des Griffels. ce. c*. Leitende Zellsubstanz. d. Ei. e. Nabelstrang desselben. . Fortsatz, welcher aus der Oeffnung des Ei’s hervortritt. ig. 7. Durchschnitt vom oberen Theile des Eierstocks von. Primula sinensis, nebst dem Untertheile des Griffels. a. Kegelförmiger Obertheil der Placenta. d. d. Eier. c. Spitze der Placenta, welche mit der leitenden Centralsubstanz des Griffels locker verbunden ist, Fig. 8. Diese Spitze der Placenta besonders dargestellt um ihren ganz zelligen Bau zu zeigen. Fig. 9. Stück von einem Q@uerschnitte des unbefruchteten Eierstocks von Momordica Elaterium. a. Zellgewebe, welches die Stelle der ‘ Placenta vertritt. 2. Zuleitende Substanz. ec. Ei. d. Perisperm. e. Höhle desselben. f. Zapfen des Perisperms, welcher aus der Oeffnung des Ei’s hervorragt und hier einem zarten Fortsatze der leitenden Substanz g. begegnet. 146 XIH. Beobachtungen. über den eigenthümlichen Gang des Keimens und der Entwickelung der Knollen bei Corydalis- Arten. Von GoTTLIEB WILHELM BIscHorFrF. (Dazu Tafel X. und XI.) Die Gattung Corydalis, welche wegen des Baues der Blüthe und besonders wegen der. zweiklappigen schotenförmigen Frucht (Fig. 1, 2 und 3.) mit Recht von Fumaria Liyx. getrennt wurde, bietet noch an- dere, bisher wenig oder gar nicht beachtete, obgleich, sehr auffallende Merkmale dar, welche eine Trennung von der letztgenannten Gattung erheischen und welche nach den Grundsätzen des Jussiru’schen Systemes sogar die Einreihung in eine andere Abtheilung des Pflanzenreiches be- dingen würden, wenn nicht andere, eben so wichtige Charactere ent- gegenständen. Wir besitzen in der hiesigen Flora nur zwei Arten: Corydalis cava Wanrcens. (©. tuberosa DC.) und Corydalis Halleri Wırwv. (C. bul- bosa DC.). Beide blühen, wie bekannt, mit dem Beginnen des Früh- lings und bringen schon im Mai ihre Früchte zur Reife, worauf ihre Stengel absterben und die Pflanze über der Erde verschwindet. Wäh- rend der Blüthezeit und bis zum Absterben der ältern Pflanzen findet man in deren Nähe auch jüngere verschiedenen Alters; wobei es sehr auffallend ist, dafs die jüngsten Pflänzchen nur mit einem einzigen ei- runden, nervigen Blättchen versehen sind, während doch bei andern dikotyledonischen Pflanzen sich in der Regel bald nach dem Keimen mehrere Blätter nach einander entwickeln und die Samenlappen, wo And ötein ges von F Wagner 147 dieselben über die Erde hervorkommen, zu zweien vorhanden und ge- genständig sind. Jene auffallende Erscheinung, welche man so leicht und häufig wahrnehmen kann, da die genannten Pflanzen in vielen Gegenden gemein sind, scheint meistens übersehen oder doch nicht weiter beachtet worden zu seyn. Nur in Srenners Flora friburgensis (II. p. 909) findet sich bei der Beschreibung von Corydalis Halleri kurz bemerkt, dafs die Keimung monokotyledonisch sey. Ich war daher schon seit mehreren Jahren bemüht, den Entwicke- lungsgang beim Keimen der Corydalis cava, welche in grofser Menge in dem Arboretum des hiesigen botanischen Gartens wächst, genauer zu erforschen — und die in mancher Hinsicht nicht uninteressanten Re- sultate dieser, so wie einiger andern, auf die Entwickelung der Knollen sich beziehender Beobachtungen, sollen in Folgendem mitgetheilt werden. Wenn man nach dem Aufspringen der zweiklappigen schotenförmigen Kapsel die rundlich-nierenförmigen, pechschwarzen, starkglänzenden, an ihrem Grunde mit einem bandförmigen, gedrehten, weilsen Arillus versehenen Samen (Fig. 4) durchschneidet, so findet man dieselben (Fig. 6 und %7) erfüllt mit einer gleichförmigen, weichen, milchweilsen Masse, die später etwas fester wird und eine gelbliche Farbe annimmt; von einem Keime ist aber keine Spur zu entdecken. Es ist nichts vor- handen als der Eiweifskör, er (Fig. 5), der sich ziemlich leicht von der harten, zerbrechlichen Samenschale trennen läfst und auf dem Längen- durchschnitte (Fig. 6) eine hufeisenähnliche Gestalt zeigt, jedoch so, dafs das eine Ende desselben etwas dünner und länger als das andere erscheint. Ich untersuchte die im Freien ausgefallenen Samen später zu verschiedenen Zeiten des Sommers, um den Zeitpunct zu entdecken, wann etwa die Entwickelung des Keims in denselben zuerst sichtbar werde. Erst nach Verlauf einiger Monate (gegen Ende Augusts) ge- wahrte ich in manchen Samen in dem dünnern Ende des Eiweiflskörpers ein weilses, fast punetförmiges Körperchen,, welches sich unter der Lupe als der Keim mit geradem Würzelchen und schwacher Andeutung einer 148 Spalte am. obern Ende darstelte (Fig. 8). Wir haben demnach hier den merkwürdigen Fall ‚(der bis jetzt nur noch bei einigen monokoty- ledonischen Pflanzen , nämlich. bei einigen Arten von Pancratium , Ori- num und Amaryllis beobachtet wurde), dafs die Entwickelung des Keimes im Samen erst nach ‘der ‚Trennung des letztern von der Mutterpflanze eintritt, und. es.-ist, sehr‘ wahrscheinlich,. dafs in dem nämlichen Jahre der Keim auch nicht weiter in seiner Ausbildung vorschreitet. Die.ersten keimenden Samen. (Fig. 9)‘ fand ich in diesem Jahre, nachdem ‚mir mehrere künstliche Aussaaten in Töpfe‘ milsglückt waren, in der Mitte ‚des Februars im Freien... ‘Dieselben ‚hatten zu dieser Zeit schon mehr oder weniger weit ihr Würzelchen. hervorgetrieben, welches die harte Samenschale durchbrochen hatte und von einem scheidenartigen Theile, der auch aus dem Samen etwas hervorgetreten, an seinem Grunde umgeben war. Nach Hinwegnahme der Samenschale (Fig. 10) zeigte es sich, dafs dieser scheidige Theil das dünnere, von dem Wür- zelchen durchbohrte Ende des Eiweilskörpers bildete, während der obere Theil des Keims von dem Eiweifse völlig umhüllt wurde. Sehr über- rascht war ich aber, als ich beim Durchschneiden eines dieser Samen (Fig. 11) den obern Theil des Keimes viel weiter ausgebildet und die ganze Länge des Eiweilskörpers einnehmend , in diesem eingebettet fand. Derselbe liegt nicht genau in der Mitte, sondern mehr gegen den äufsern Umfang hin, zeigt dieselbe Biegung wie der Eiweilskörper und hat eine gelbgrünliche Farbe. Auf dem durch die Mitte des Samens geführten Längenschnitte sieht es aus, als ob der Keim zweisamenJappig wäre, da sich zwei durch eine Spalte getrennte Hälften erkennen lassen. Wenn aber der ganze Keim sorgfältig von dem Eiweilskörper entblöfst wird, so sieht man (Fig. 12), dafs er wirklich nur einen Samenlappen besitzt, welcher mit seinen beiden Hälften, jedoch nicht vom Rücken, sondern von der Seite her zusammengefaltet ist, so dafs bei seiner Krümmung die eine Hälfte unten, die andere oben hin zu liegen kommt. Ein Querdurchschnitt dieses scheinbaren Samenlappens (Fig. 13) macht diese 19 3 SU. 29 I e BE 17. \ \ 38 \ 0. Y 30 \|ı Kl N 37 y Y / \ h er R 10. v 149 eigenthümliche Lage noch anschaulicher. Noch ist bei diesem Keime der Umstand bemerkenswerth, dafs man keine Spur eines Knöspchens des Keimpflänzchens wahrnimmt, welches doch bei andern dikotyledo- nischen Pflanzen, wenigstens gleich nach dem Beginnen des Keimens nicht vermifst wird. h Bei dem weitern Verlaufe des hier bemerkten Keimungsactes platzt durch das Anschwellen. des im Eiweilskörper eingeschlossenen obern Theils des Keimes die harte Samenschale auf; sie theilt sich in zwei Hälften (Fig. 14 u. 15) und wird endlich ganz abgestofsen (Fig. 16). Nun findet sich der Samenlappen noch von dem Eiweilse, wie von einem Futterale umschlossen; aber auch diese letzte Hülle streift er allmählig ab (Fig. 17) und tritt völlig ans Licht, indem er zugleich eine mehr gesättigte grüne Farbe annimmt. Unterdessen hat sich auch das Wür- zelchen immer mehr verlängert und ist meist schon über einen Zoll tief in die Erde eingedrungen, während es in seiner ganzen Länge mit äufserst feinen Saughärchen überdeckt wird. Ueber dem Würzelchen streckt sich das Stengelchen nach oben, anfangs an seinem obern Ende umgebogen, so dafs die Spitze des Samenblättchens gegen die Erde ge- kehrt ist, dann aber sich aufrichtend und das Blättchen in die Höhe hebend, welches nun seine zusammengeschlagenen Hälften ausbreitet und seine innere Fläche dem Lichte entgegenwendet. Nachdem das Würzel- chen sich bis auf einige Zolle verlängert hat, bildet sich etwas oberhalb seiner Spitze eine knotige Anschwellung (Fig. 18), die sich allmählig vergrölsert und zu der Zeit, wo das Wachsthum des Pflänzchens für dieses Jahr aufhört, ein Knöllchen von der Gröfse eines Pfefferkorns darstellt (Fig. 28). Damit ist seine erste Wachsthumsperiode geschlossen ; aufser dem einzelnen Samenblatte kommt über der Erde nichts mehr zum Vorschein; das Stengelchen sammt dem Würzelchen sterben bis zu dem Knöllchen hin ab und über der Erde ist schon im Monat Juni jede Spur der jungen Pflanze verschwunden. Zeitschrift 1. Physiol. IV. 2. 20 150 Gräbt man im folgenden Jahre um*die Zeit des Keimens an den Stellen nach, wo die Pflänzchen standen, so ist es nicht sehr schwer, die Knöllchen (Fig. 31 u. 32) aufzufinden, bei welchen nun auch das feine Wurzelende vom vorigen Jahre abgestorben und .nur noch als ein kurzes, braunes Fädchen am Grunde derselben zu erkennen ist; dagegen Haben sich seitlich aus dem Knöllchen mehrere feine, ebenfalls mit Saughärchen besetzte Zäserchen entwickelt, nach oben aber hat sich aus der gleichsam aufgeplatzten häutigen, braunen Hülle des Knöllchens ein neues Stengelchen erhoben, welches an seiner hakig-gebogenen Spitze ein kleines, aus drei zusammengefalteten Läppchen bestehendes Blatt trägt. Dieses Stengelchen ist an seinem Grunde von einem sehr kleinen, schup- penförmigen, unmittelbar dem Knöllchen aufsitzenden Blättchen halb umscheidet; es hat, wie sein Endblättchen, eine zarte Consistenz und eine weifsliche Farbe, und nimmt erst bei seinem Hervortreten über den Boden eine röthliche Färbung an, indem nun (Fig. 29) auch das dreitheilige Blättchen seine Zipfel ausbreitet und sich schön grün färbt. Auch in diesem Jahre kommt nur ein einzelnes, einblättriges Stengelchen zum Vorschein. An den ältern Knöllchen, die man beim Ausgraben, neben den eben beschriebenen, von jedem Alter findet, läfst sich leicht der weitere Gang der Ausbildung nachweisen. Die Knöllchen vergrölsern sich nämlich mit jedem Jahre, treiben immer mehrere und längere Wurzelzasern und in jedem der zunächst folgenden Jahre kommen — aus dem Winkel neuer, schuppenförmiger, auf dem Scheitel des Knöll- chens sich ansetzender Blättehen — Stengelchen, anfangs einzeln, dann (Fig. 33) zu mehreren hervor, deren Endblätichen jedesmal weiter zer- {heilt sind und immer einige Abschnitte mehr zeigen, je älter das Knöll- chen geworden ist (Fig. 30). Doch können vier bis fünf Jahre vergehen, bevor ein Stengel aufsteigt, der zugleich mit Blüthen begabt ist, Ganz ähnlich, wie in den eben bei Corydalis cava beschriebenen Fällen, verhält es sich mit der ersten Entwickelung des jungen Pflänz- chens von Corydalis Halleri (Fig. 35), welche ich ebenfalls Gelegenheit 151 hatte an ihrem natürlichen Standorte zu beobachten ; aber hier schickt das Knöllchen im zweiten und in den folgenden Jahren (Fig. 36 — 38) seine Wurzelzasern nicht aus den Seiten, sondern aus einem Puncte seiner Basis büschelweise aus, und aufser dem grundständigen schuppen- förmigen entwickelt sich in einiger Höhe über der Basis des Stengelchens noch ein gröfseres, häutiges Scheidenblättchen, in dessen Winkel a® Ansatz zu einem Aestchen zu sehen ist. Ein anderer wesentlicher Unter- schied liegt darin, dafs in der Regel auch aus den ältern Knöllchen (Fig. 37 u. 38) nur ein einzelnes Stengelchen aufsteigt und nur zu- weilen als seltne Ausnahme zweistengelige Knöllchen gefunden werden. In den ersten Jahren läfst sich bei beiden Corydalis- Arten an der Zahl der Abschnitte des auf dem Gipfel des Stengelchens stehenden Blattes das Alter der jungen Pflanze mit ziemlicher Gewilsheit bestimmen. Wir lernen aus den Beobachtungen über das Keimen dieser Pflanzen, dafs Jussıeu’s Eintheilung der mit wirklichen Samen begabten Pflanzen in dikotyledonische und monokotyledonische hier eine sehr bedeutende Ausnahme erleidet, die um so auffallender ist, da die Samen der ganz nahe verwandten Gattung Fumaria (Fig. 34) wirklich mit zwei Samen- lappen keimen, zwischen welchen auch sogleich, da wenigstens die euro- päischen Arten alle einjährig sind, das Knöspchen sich entwickelt und zu einem stark beblätterten, blüthentragenden Stengel heranwächst. Es wird immer sehr schwierig bleiben, diese sich so sehr widersprechenden Erscheinungen in dem Entwickelungsgange zweier übrigens so nahe ver- wandter Gattungen genügend zu erklären. Aber so viel geht jedenfalls daraus hervor, dafs die von De Canvorze in seinem natürlichen Systeme angenommene Eintheilungsweise der Gefäfspflanzen, in Exogenen und Eindogenen, richtiger und der Natur mehr entsprechend ist, weil sich in der Art des Wachsthums im Allgemeinen nicht leicht solche bedeutende Ausnahmen finden mögen. Es leuchtet jedoch auch ein, dafs es un- richtig sey, wenn Ds Canposue mit seinen Exogenen die Dikotyledoneen und mit seinen Endogenen die Monokotyledoneen Jussrev’s synonym 152 nimmt, da aufserdem noch die kryptogamischen Endogenen durchaus nicht den Monokotyledoneen beigezählt werden können. Aber nicht allein in der Entwickelungsweise der über den Boden hervortretenden Theile, sondern auch in der weitern Ausbildung des unter der Erde befindlichen Theils, nämlich des ursprünglich aus einer Wölsen Anschwellung des Keimwürzelchens entstandenen Knollens, von welchem nun alles fernere Wachsthum und Sprossen ausgeht, treten uns manche eigenthümliche Erscheinungen entgegen, welche um so auf- fallender sind, da sie bei beiden schon mehrmals genannten Pflanzen sich dem ersten Anscheine nach völlig verschieden darstellen. Bei dem Knöllchen von Corydalis cava läfst sich anfänglich im Innern nur eine weifsliche, gleichförmige, dichte, fleischige Masse er- kennen. Wenn dasselbe aber ein Alter von mehreren Jahren und etwa die Gröfse einer Haselnufs erreicht hat (Fig. 23), so findet man die Masse in seiner Achse allmählig lockerer werdend, während sich im Umfange eine dichtere, einem Jahresringe ähnliche Lage gebildet hat. Bald darauf beginnt die Substanz in der Mitte des Knollens abzusterben und er wird hohl (Fig. 24). Indem sich nun alljährlich durch An- lagerung eines neuen Ringes nach Aussen der Knollen vergrölsert, er- weitert sich auch seine Höhlung durch das Absterben der ältern Lagen von innen heraus und man sieht die braunen Ueberreste der abgestor- benen Substanz in kammartigen, unregelmäfsigen Streifen und Fetzen in die Höhlung hineinragen (Fig. 25 u.26). Dabei ist die äufsere, jüngere Schichte stets frisch und lebenskräftig, treibt aus ihrer Aufsenfläche eine Menge von Wurzelzasern und nach oben entspringen aus ihr in ihrem ganzen Umfange scheidige Blättchen, aus deren Winkeln die Stengel hervorgehen (Fig. 26 u. 27). Daher findet man auch diese Art schon in einem Alter von einigen Jahren stets mehrstengelig. Vergleichen wir hiermit den Gang der fernern Ausbildung in dem Knollen von Corydalis Halleri, so stellt sich derselbe ganz anders dar. Schon in der ersten knotigen Anschwellung des Würzelchens bei der 153 aufgekeimten Pflanze gewahrt man auf dem Längendurchschnitte (Fig. 38) einen dichteren, fadenförmigen Theil, welcher in der Achse der fleischigen Substanz liegt, so dafs es das Ansehen hat, als ob das Wür- zelchen die Masse des Knollens durchdringe und unten mit seiner Spitze wieder hervortrete. Dieser dichtere, in der Achse liegende Streifen wird bei dem zunehmenden Alter des Knöllchens immer dicker; man sieht deutlich, dafs die neuen, mit jedem Jahre entstehenden Schichten sich zwischen diesen centraien Theil und die weichere Masse gleichsam einschieben (Fig. 39 u. 41), während die letztere in ihrem Umfange zuerst abstirbt und sich in vertrockneten,, häutigen, unregelmäfsigen Plättchen ablöfst (Fig. 40, 19 u. 20). Später wird die äufsere Masse locker und zeigt auf dem Durch- schnitte (Fig. 21 u. 22) gleichsam eine gestrickte Textur, da sie sich in lauter Häute auflöfst, welche jedoch unter einander einen lockern Zusammenhang beibehalten, so dafs nur zunächst um den Kern und im äufsersten Umfange des Knollens eine oder mehrere derbere, häutige Lamellen sich darstellen und das Ganze eine auffallende Aehnlichkeit mit manchen Zwiebeln endogenischer Pflanzen erhält. Hier ist also der Sitz des Wachsthums und der reproductiven Thätigkeit nicht im Um- fange, sondern zunächst um die Achse des Knollens befindlich; es ent- wickelt sich jedesmal nur ein einzelner Stengel aus dem Kerne des- selben, und wo mehr als ein Stengel aus dem Knollen hervorsprossen , da ist der letztere auf abnorme Weise auch mit mehreren, dichteren Kernen versehen (Fig. 20 u. 22). Hier sind am Grunde des Stengels, wie auf dem Knollen von Corydalis cava, die denselben umhüllenden häutigen Scheidenblättchen von mehreren Jahren her vorhanden, die sich mehr oder weniger dach- ziegelig decken und, wie bei der blättrigen Zwiebel, von aufsen nach innen absterben. Auf dem Verticaldurchschnitte eines ausgewachsenen Knollens (Fig. 21) sieht man deutlich, dafs die innern, noch frischen Scheidenblättchen nur aus der dichten, zunächst im Umfange des Kerns 154 befindlichen Lage- entspringen, während die äufsern mit den undeutlich _ getrennten, häutigen Lagen der lockern Masse zusammenhängen, und dadurch, so wie durch das allmählige Abblättern dieser Schichten nach aufsen, wird es klar, dafs dieselben nur aus den ursprünglich innig ver- schmolzenen Basen jener Blättchen selbst gebildet werden. Dadurch werden wir aber auch zugleich auf einen kleinen wurzelähnlichen Kör- per (a) am Grunde aufmerksam gemacht, aus welchem zur Seite und nach unten die büscheligen Wurzelzasern, nach oben hingegen der Kern mit seinen Umhüllungen entspringt und der demnach die eigentliche Grundlage des ganzen Wachsthums dieser Pfianze darstellt. So klein- dieser Körper auch seyn mag, so ist er doch der Theil, welcher dem grofsen, hohlen Knollen bei Corydalis cava entspricht. Denn verglei- chen wir ihn genauer mit. dem letztern (Fig. 26 u. 27), so finden wir, dafs dieser eben so aus seiner ganzen Oberfläche Wurzelzasern treibt, während nach oben die den Grund der Stengel unterstützenden häutigen Blättchen schopfartig aus demselben entspringen. Es findet hier nur ein umgekehrtes Verhältnifs zwischen der knolligen Unterlage und den aus dieser entspringenden Theilen statt, und während bei Corydalis cava diese Unterlage die bleibende Blätterknospe bei weitem an Masse über- wiegt, hat sich bei Corydalis Halleri diese Knospe auf Kosten ihrer Unterlage so bedeutend vergröfsert, dafs diese nur auf ein kleines Vo- lumen beschränkt bleibt. Dafs sie aber hier dennoch dieselbe Bedeutung habe wie dort und sich dem grofsen hohlen Knollen der Corydalis cava ganz analog verhalte, beweilst, aufser der so eben durchgeführten Ver- gleichung, noch die Beobachtung, dafs auch sie von innen heraus abstirbt und in einem gewissen Alter in ihrer Achse hohl wird, wobei freilich die Höhlung, wegen des kleinen Umfanges der ganzen Masse, nicht sehr in die Augen fallend, dennoch aber bei genauer Betrachtung un- verkennbar ist. Während demnach bei Oorydalis cava in der gröfsern saftreichen Basis die Möglichkeit gegeben ist, viele Stengel zu treiben, die aber auch jedesmal nach vollendeter Vegetationsperiode von Grund « ., 155 ' us absterben, sehen wir aus der kleinen, wurzelähnlichen . Grundlage von Corydalis Halleri. in der Regel nur einen Stengel sich -ent- wickeln; da aber dieser kleine Theil zur Ernährung selbst dieses einzigen Stengels nicht kräftig genug ist, so hat sich aus den sehr verbreiterten - und ‚anfangs zu einer dichten, saft- und stärkmehlreichen Masse ver- schmolzenen Blätterbasen ein zwiebelähnlicher Zwischentheil gebildet‘ welcher n ie eigentliche Nahrungsquelle für die über die Erde empor- tretenden Tube darstellt, in seiner Achse als Kern die bleibende Basis des nur bis zum Scheitel der Zwiebel absterbenden Stengels einschliefst und so in physiologischer Beziehung der wirkliche Stellvertreter des Knollens wird, während in rein morphologischer Hinsicht der kleine wurzelähnliche Theil am Grunde der Zwiebel dem Letztern entspricht. Wenn man das Wachsthum der knolligen Unterlage bei beiden hier betrachteten Arten aufmerksam verfolgt, so findet man in der steten An- lagerung der jüngern Schichten im Umfange der ältern und in den nur von ihrem Scheitel ausgehenden Sprossen eine so grofse Uebereinstim- mung mit dem Wachsthum des Stammes der Exogenen, dafs man die- selbe füglich nicht zu den Wurzeln zählen kann, sondern wirklich als einen unterirdischen Stamm (als Stock, Caudex) zu betrachten ge- nöthigt ist. Man ist noch viel zu sehr von der irrigen Ansicht befangen, dafs so ziemlich alle unter der Erde befindlichen Theile der Pflanze Wurzeln seyen; da man doch nur diejenigen als wirkliche Wurzeln be- trachten kann, deren Hauptmasse ein deutlich ausgesprochenes Streben zeigt, nach unten oder»doch in einer der über dem Boden befindlichen Pflanze entgegengesetzten Richtung zu wachsen. Alle unter der Erde befindlichen Theile dagegen, welche, wie in den vorliegenden Beispielen, sich nicht nach unten verlängern, die also nur ein Wachsthum und Sprossen nach oben oder doch nach einer gleichen Richtung mit dem oberirdischen Theile der Pflanze zeigen, sind keine Wurzel- sondern Stammformen. Die Lage der Letztern über oder unter der Erde kann durchaus keinen Grund zur Trennung abgeben, ET Er . Er | ” j’ -" Der Theil, welchen wir bisher den Kern des Knollens genannt hatten, ist nichts anders als die bleibende Basis des alljährlich über der Erde sich erneuernden und absterbenden Stengels oder,. mit andern - Worten, er ist der eigentliche Stengel der Pflanze selbst, der bei Cory- ‚dalis Halleri mit jedem Jahre nur aus seinem Gipfel neue, vergängliche “ Triebe bringt, welche allein nach der gewöhnlichen Ansicht für Stengel gelten. Wie bei dieser Pflanze überhaupt die bleibende.Knospe über den kleinen Stock das Uebergewicht behauptet, so ist auch dieser blei- bende Stengel, welchen man immerhin behufs der kürzeren und be- stimmteren Bezeichnung mit dem von WıLLvenow für ähnliche Fälle ein- geführten Ausdrucke Mittelstock (Caudex intermedius) belegen kann, hier bei weitem an Masse überwiegend; aber wegen der festen Um- schliefsung durch die verschmolzenen Basen seiner Scheidenblättchen _ können keine Triebe seitlich aus demselben hervorgehen und das Spros- sungsvermögen ist einzig auf dessen Gipfel beschränkt. Bei Corydalis cava ist dagegen dieser Mittelstock zwar sehr verkürzt und in manchen Fällen kaum von dem eigentlichen Stocke zu unterscheiden, obgleich sein Daseyn jedesmal durch die gehäuften Scheidenblättchen auf dem Scheitel des letztern, die nur aus jenem entspringen, angedeutet wird; aber da hier keine beengende Hülle sein Sprossungsvermögen nach den Seiten hin hemmt, so sehen wir denselben, trotz seiner aufserordent- lichen Verkürzung, dennoch in seinem ganzen Umfange aus den Winkeln seiner sehr genäherten, schuppenförmigen Biättchen Triebe bringen, welche als Stengel über die Erde treten. Ich mufs jedoch bemerken, dafs dieser Mittelstock nicht immer so unscheinlich ist, wie in den hier abgebildeten Beispielen, sondern, dafs er auckwoft viel deutlicher aus- gebildet vorkommt ?). Wir finden nun zwar zwischen dem ausdauernden, unter der Erde befindlichen Theile unserer beiden Corydalis , besonders aber der Coryda- lis Halleri, und den Zwiebeln der Endogenen eine auffallende Aehnlichkeit. 1) Vergl. mein Handb, d. bot. Terminolog. und Systemk. Tab. III. Fig. 84, a. 157 Hier wie dort ist ein unterirdischer verkürzter Stamm vorhanden, der auf seinem Gipfel eine bleibende Knospe trägt, aus welcher sich die über den Boden hervortretenden Theile erheben. Aber das ganz ver- schiedene Wachstkum des Stammes, welches überhaupt die beiden grofsen Abtheilungen der Exogenen und Endogenen characterisirt, läfst sich auch hier sehr deutlich nachweisen. Während nämlich, wie schon erwähnt, bei den genannten Corydalis- Arten der verkürzte Stamm durch das Ansetzen neuer Lagen nach aufsen sich vergröfsert und daher auf dem Querschnitte immer concentrische Kreise zeigt, sehen wir den Zwiebel- stock seine Masse durch scheibenförmige über den ältern entstehende Lagen vermehren, wodurch, bei gänzlichem Mangel concentrischer Schich- ten im Innern, ringförmige Absätze im äufsern Umfange sich erzeugen , wie dieses bei allen mehrjährigen Endogenstämmen mehr oder weniger der Fall ist. Wenn daher auch in der Art des Keimens eine Analogie mit den phanerogamischen Endogenen statt findet, so schliefsen sich doch die hier betrachteten Pflanzen in dem Baue und der Weise des Wachs- thums ihres Stammes den übrigen Exogenen an und es entsteht die Frage, ob das einzelne Blättchen des Keims bei Corydalis wirklich als Samenlappen oder nicht vielleicht eher als das Knöspchen selbst anzu- sehen ist, welches, da diese Pflanzen wechselständige Blätter tragen, nur aus diesem einzigen Blättchen besteht? Es. wäre dann freilich hier ein Fall, eben so einzig in seiner Art gegeben, weil wir dann annehmen mülsten,, dafs diesem Keime die Samenlappen ganz fehlen, und dafs das einzelne Keimblättchen deren Function übernehme. Wir müssen wohl demnach abwarten, bis spätere Beobachtungen uns im Pflanzenreiche vielleicht ein Beispiel zeigen, welches uns den Schlüssel zur Erklärung dieser scheinbar anomalen Bildungsweise liefert. Es bleibt indessen eine sehr bemerkenswerthe Erscheinung, dafs aus der blofsen Anschwellung eines abwärtssteigenden Würzelchens sich ein Theil erzeugt, der kein Streben mehr nach unten zu wachsen besitzt und dessen eigenes Wachsthum nur in die Dicke, der Trieb des Sprossens Zeitschrift f. Physiol, IV. 2. 158 aber nur nach oben durch die alljährlich sich erneuernde Blätter- und Stengelbildung ausgesprochen ist. Aber diese, so viel mir bekannt, noch von Niemanden beobachtete Thatsache ist vielleicht nicht so selten im Pflanzenreiche, als man hiernach glauben sollte; denn es ist sehr wahr- scheinlich, dafs auch bei andern mit tief unter dem Boden liegenden knolligen Stamme versehenen Pflanzen, bei welchen dieser Theil keine Ausläufer oder überhaupt keine seitlichen Brutorgane bringt, wo er sich demnach immer erst bei der aus dem Samen aufgekeimten Pflanze er- zeugen muls, dafs, meine ich, bei diesen Pflanzen die Bildung der knolligen Grundlage für den oberirdischen Theil auf ähnliche Weise vor sich geht, wie in den hier beobachteten Beispielen '). Da bei der ausgebildeten Pflanze von Corydalis fabacea Pers. die entsprechenden unter der Erde befindlichen Theile einen ganz gleichen Bau zeigen, wie bei ©. Halleri, so ist auch anzunehmen, dafs ihre Ent- wickelung auf gleiche Weise vor sich gehe. Wie es sich bei den übrigen, sämmtlich exotischen Arten dieser Gattung mit sogenannten knolligen Wurzeln verhalte, ist vor der Hand nicht auszumitteln, da in den vor- handenen Beschreibungen keine genügende Auskunft darüber gegeben ist; doch scheinen sie theils mit Corydalis cava, theils mit ©. Halleri im Bau des Stockes übereinzustimmen. Eben so bleibt die Entwickelungs- weise der mit einer dünnen, zaserigen Wurzel versehenen, ein- und mehrjährigen Arten, wie der Corydalis capnoides Pers., €. lutea DC., C©. claviculata DC., u. s. w. noch näher zu erforschen. Die Samen von Corydalis lutea und von C. glauca Pursn., welche ich an Exemplaren 1) So läfst sich vielleicht namentlich die bis jetzt so räthselhafte Entstehung der‘ knolligen Anschwellungen auf den Wurzeln mancher Pflanzen tief unter der Erde nachweisen, aus welchen sich die Orobanchen und andere Schmarotzerpflanzen entwickeln, zu deren Er- klärung man besonders in neuerer Zeit seine Zuflucht zu einer sogenannten Pseudomorphose der Wurzel nehmen wollte, indem man diese Schmarotzerpflanzen für blofse Afterbildungen, für unvollkommen gerathene Nachbildungen 'höherer Formen, in welchen die Charactere anderer Familien nebeneinander nachgeäflt seien (?!), erklärte. (Vergl. Meyen, über das Herauswachsen parasit. Gewächse aus den Wurz. und. Pflanz. — Flora od. bot. Zeit. 1829. I. S. 49 u. £.) 159 meines Herbars untersuchen konnte, fand ich im Innern ganz so be- schaffen, wie die der beiden hier abgehandelten Arten. Es liefs sich keine Spur eines Keimes entdecken, und diese Beobachtung könnte eini- gen Zweifel in die Richtigkeit der von G&rTner (De fruct. et semin. plant. II. t. 115) bei Capnoides (Corydalis) lutea gegebenen Abbildung erregen , wo ein deutlicher Keim in dem Eyweilskörper dargestellt ist, wenn man nicht annehmen will, dafs Gerrner den Durchschnitt von einem ältern,, schon längere Zeit von der Pflanze getrennten Samen gegeben habe; aber auch die von mir in diesem Winter untersuchten Samen waren von einer im vorigen Frühlinge gesammelten Pflanze ge- nommen, und dafs sie völlig reif seyn mufsten, bewies ihr ganzes Aus- sehen und der Umstand, dafs die Kapseln wirklich aufgesprungen waren. Doch müssen die Samen aller zuletzt genannten Arten noch im frischen Zustande und zu verschiedenen Zeiten im Freien untersucht werden, bevor mit völliger Gewifsheit über deren wahren Bau ein Urtheil gefällt werden kann. XIV. Ueber die Zeugung der Egel. Von G. R. TREVvIRANUSs. Die Schnecken , Muschelthiere, Würmer und Zoophyten sind in Betreff der Zeugung dem Zootomen, was die cryptogamischen Pflanzen dem Botaniker. Es finden sich bei vielen jener Thiere, wie dieser Ge- wächse, Organe und Erscheinungen, die schwerlich eine andere Beziehung 160 als auf Paarung und Befruchtung haben können. Und doch giebt es auch Umstände, die unerklärbar scheinen, wenn man beiderlei Zeugungstheile und Begattung bei ihnen annimmt. Die Dunkelheiten auf diesem Gebiet der Naturwissenschaft rühren zum Theil von den Schwierigkeiten der Untersuchung, zum Theil aber auch von Mängeln der "Beobachtungen und davon her, dafs man an das Beobachten mit der Erwartung ging, allenthalben mehr Analogie in den Formen der Zeugung, als wirklich vorhanden ist, zu entdecken. Sie finden unter andern noch immer bei der Fortpflanzung zweier der gemeinsten und schon oft untersuchten Gattungen von Würmern, der Egel und Regenwürmer, statt. Ich habe diesen Thieren seit mehreren Jahren zu allen Zeiten in Hinsicht auf ihre Fortpflanzung nachgespürt, und glaube, etwas Bestimmteres darüber sagen zu können, als man bisher davon wulste. Es wird sich aus dem Folgenden ergeben, dafs beim Blutegel und Pferdeegel eine Form der Zeugung anzunehmen ist, die man noch nicht kannte. Meine Beobach- tungen über die Fortpflanzungen des Regenwurms und Tafeln zur Er- läuterung des Inhalts der gegenwärtigen Abhandlung werden im nächsten Heft dieser Zeitschrift erscheinen. Der medicinische Blutegel hat zwei Oeffnungen auf der Bauch- scheibe: Eine zwischen dem 24ten und 25ten, eine zweite zwischen dem 29ten und 30ten Ring. Die erste führt zu einer muskulösen Scheide, die einen, im Aufsern dem männlichen Gliede anderer Thiere ähnlichen Theil enthält; die zweite zu einem muskulösen Uterus. In den Hinter- grund der Scheide öffnen sich zwei kurze Gefäfse, von welchen jedes an dem entgegengesetzten Ende sich mit dem vordern Ende eines Organs verbindet, das, dem äufsern nach, eine Verschlingung von darmförmig gewundenen Röhren zu seyn scheint und mit einem weilsen Saft ange- füllt ist. Zum hintern Ende jedes dieser beiden Organe geht ein langes 161 geschlängeltes Gefäls,, das von der Gegend, wo der Darmcanal anfängt, neben dem Magen herauf kömmt und während seines Verlaufs die kurzen Ausführungsgänge von neun Bläschen aufnimmt. Diese liegen auf der’ innern Seite des Gefälses, neben demselben und in gleichen Entfernungen von einander, unter den Seitentheilen des Magens. Der Uterus steht mit allen diesen Theilen in keiner Verbindung. In den Grund desselben inserirt sich eine gebogene Röhre, und in das hintere Ende dieser Röhre dringen die Ausführungsgänge zweier kleiner Blasen. Die Ruthe tritt, wie die der Garten- und Weinbergschnecke, bei der Paarung umge- streift hervor, und wird in die weibliche Zeugungsöffnung eines andern Blutegels gebracht , welcher wechselseitig die seinige in diese Oeffnung des vorigen bringt. Die Zeit der Begattung ist im Anfange des Früh- lings. Im Juni oder Juli legen die Blutegel länglichrunde Kapseln, die von einer fasrigen, porösen, der der Meerschwämme ähnlichen ‚Materie umgeben sind. In jeder Kapsel befinden sich sechs bis zehn Embryonen, die darin wachsen, bis sie eine Länge von einem halben bis ganzen Zoll erreicht haben , und im August ihr Gehäuse verlassen. Soweit kannte man bisher die Zeugungstheile und die Fortpflanzung dieser Würmer. Man gab aber unrichtige Erklärungen von der Art, wie durch jene Theile die Fortpflanzung bewirkt wird. Die neun Paar zu beiden Seiten des Magens liegenden Blasen hielt man für die Hoden, und die beiden Gefälse, worin sich die Ausführungs- gänge derselben öffnen, für die Saamengänge. Braun ') war bisher der Einzige, der beim Pferdeegel in den Blasen Eier gesehen zu haben glaubte. Kuxrzmann ?) bezweifelte indefs die Richtigkeit seiner Beobach- tung, wovon Brauv selber keine Anwendung zur Erklärung der Be- fruchtungsweise des Egels gemacht hat, und die auch nicht weiter be- achtet ist. Die Blasen sind aber nicht Hoden, sondern allerdings Eierstöcke. Sie enthalten unter einer durchsichtigen, ungefaserten Haut 1) Systematische Beschreibung einiger Egelarten. S. 20. 2) Anatomisch - physiol, Untersuchungen über den Blutegel. $S. 68. 162 eine dünne, weifsliche Flüssigkeit, worin vor der Zeit der Paarung eine Menge kleiner, weifser Körner schwimmen, die sich unter einer stark vergröfsernden Linse als länglichrunde, aus Kügelchen bestehende Eier zeigen. Die Ausführungsgänge der Blasen und die beiden Gefälse, worin sich dieselben öffnen, sind also die Eiergänge. Die zwei, zu beiden Seiten der Scheide der Ruthe liegenden Organe, zu deren hintern Enden diese Eiergänge führen, sahe man für Neben- hoden an, und glaubte, sie seyen, wie die Epididymis der Säugthiere, Verschlingungen der erweiterten Enden beider vermeinter Saamengänge. Allein sie sind die wirklichen Hoden. Die weilse, dicke, in ihnen be- findliche Flüssigkeit erscheint, wenn man sie gegen die Zeit der Paarung aus einem lebenden Blutegel nimmt und unter einer, ungefähr 500mal vergröfsernden Linse betrachtet, als ein Aggregat von länglichrunden, aus sehr kleinen Kügelchen bestehenden Moleculen und zwischen diesen liegenden Fäden. Nach der Verdünnung mit Wasser bewegen sich die Moleculen, doch nur langsam. Vier und zwanzig Stunden nach dem Tode des Wurms fand ich sie in ihre Elementarkügelchen zerfallen, die sich im Wasser ziemlich lebhaft bewegten. Aehnliche Theilchen giebt es in keiner andern Flüssigkeit des Blutegels. Die Hoden sind übrigens nicht, was sie in einer, von Bosanus gelieferten Zeichnung ') zu seyn scheinen, eine Verschlingang des erweiterten vordern Endes der Eiergänge, son- dern bestehen aus Zellen, die sich in einander öffnen. Ihre Ausführungs- gänge sind muskulös, fangen an ihnen mit einer weiten Mündung an und verengern sich allmählig nach der Ruthe hin. Die Scheide der Ruthe gleicht einer runden Flasche mit langem Halse. Der Hals ist nach aufsen, der Grund nach innen gerichtet. Im Zustande der Ruhe liegt sie umgebogen, so dafs der Grund das äufsere Ende des Halses berührt. Sie besteht auswendig aus einer knorpeligen Substanz, inwendig aus längslaufenden Muskelfasern. Ihre Höhlung ist 1) Isis . 1817. Tab. VII. Fig. 4. 163 ganz von der Ruthe ausgefüllt: einer häutigen Röhre, die nach innen weiter als nach aufsen,, an ihrem innern und äuflsern Ende mit der in- wendigen Fläche ihrer Scheide verbunden, an den Seiten aber unbefestigt ist und nach aufsen eine Oeffnung hat. Die Bestimmung und Wirkungsart der obigen Organe kann keine andere als die folgende seyn: die Eier gelangen aus den Ovarien in die beiden gemeinschaftlichen Ausführungsgänge derselben, aus diesen Ge- fälsen in die Hoden, von deren Saamen sie befruchtet werden, und dann weiter durch die Ausführungsgänge der Hoden in den Canal der Ruthe. Diese ist nicht ein Werkzeug zur Befruchtung, sondern eine Legeröhre. Sie wird bei der Begattung durch die Zusammenziehung der Muskeln ihrer Scheide mit dieser umgestreift hervorgetrieben. Die Paa- rung dienet, um die schon befruchteten Eier in dem Uterus eines andern Individuums abzusetzen , -worin sie mit- einer nährenden Materie und einer gemeinschaftlichen Bedeckung versehen werden. Dieser Folgerung entspricht die Bildung des Uterus und er zu demselben gehörigen Theile. Jener ist ein runder, aus Sirängen längs- laufender Muskelfasern bestehender Behälter, der, von oben angesehen, beinahe so lang als breit, von der Seite betrachtet länger als breit ist, und am obern Ende eine umgebogene Spitze hat. Unter dieser Spitze inserirt sich in ihn ein geschlängeltes Gefäls, dessen hinteres Ende die Ausführungsgänge zweier kleiner Blasen aufnimmt, und welches mit die- sen Gängen von einem zähen Schleimgewebe umgeben ist, Seine inwen- dige Fläche ist mit keiner absondernden Haut verdeckt. Das erwähnte Gefäfs besteht aus einer knorpelartigen Substanz, in deren Höhlung eben- falls keine Absonderung vorgehen kann. Die beiden Blasen hat Bosanus für die Eierstöeke gehalten. Ich habe in ihnen nie etwas Anderes ge- funden, als in einer wässrigen Flüssigkeit eine Art von microscopischen Entozoen, die an dem einen Ende breit und kugelförmig, im Uebrigen schmal und fadenförmig waren. Das Gefäfs enthielt ebenfalls jene Flüs- sigkeit. In dem Uterus traf ich in mehreren Blutegeln eine Eierkapsel 164 an, und zwar in jedem immer nur Eine, die ‘eine dünne, glatte Haut hatte, an dem einen Ende länglichrund war, an dem andern in einen langen, schmalen Fortsatz unterging und mit dem spitzen Ende dieses Fortsatzes in dem umgebogenen, obern Ende des Uterus befestigt war, ohne mit dem letzern an andern Stellen zusammenzuhängen. In der Eierkapsel findet man, wenn sie in Weingeist erhärtet ist, unter der äufsern Haut eine ziemlich dicke Schichte einer weilsen, kör- nigen Materie, und unter dieser eine Höhlung, worin sechs bis zehn zarte Scheiben so über einander liegen, dafs sie zusammen einen abge- stumpften Kegel ausmachen. Jede dieser Scheiben hat ungefähr die Gestalt eines am äufsern Ende abgestumpften, an dem innern Ende zu- gespitzten Blattes, ist auf der einen Fläche etwas convex, auf der andern concav, und geht an dem spitzen Ende in einen schmalen, gekrümmten Fortsatz über, wodurch es mit einem ähnlichen Fortsatz, der über und unter ihr liegenden Scheibe zusammenhängt. Dafs diese Scheiben die Keime der Blutegel sind, ergiebt sich aus E. H. Weser’s Beobachtungen über die Entwickelung dieser Würmer '). Ich würde sie, ohne die Vor- arbeiten dieses scharfsichtigen und genauen Forschers, nicht gleich für das, was sie sind, erkannt haben. Er hat eine Abbildung von einer schon ausgeschlossenen Scheibe gegeben °), worin dieselbe ganz kreis- förmig erscheint. Während diese Platten noch in den Kapseln enthalten sind, haben sie nicht Festigkeit genug, um, ohne zu zerfliefsen, unter ein stärkeres Vergröfserungsglas gebracht zu werden. Ich konnte daher nur solche näher untersuchen, die mit der Kapsel in Weingeist gelegen hatten. Vielleicht rührte die Abweichung von der runden Form, die ich an ihnen fand, von der Einwirkung dieses Liquor her. Die beiden Blasen am Uterus können nichts Anderes, als die Abson- derungswerkzeuge einer nährenden Materie der Keime seyn. Die schwam- mige Substanz, wovon die Eierkapsel nach der Geburt umgeben wird, 1) Mecxer’s Archiv für Anat. u. Physiol. 1828. $. 376 Fg. 2) A. a. O. Tab. X. Fig. 1. 165 kann aber nicht von ihnen herrühren. Ich habe zwar hierüber keine eigene Erfahrungen. Nach Werer’s Beobachtungen !) aber bekömmt die Kapsel erst einige Tage, nachdem sie gelegt ist, einen schaumigen Ueber- zug, der nachher zu einer festen, schwammigen Materie erhärtet, und man findet auch Klumpen dieses Schleims, die keine Kapsel enthalten. Es ist mir wahrscheinlich, dafs die Secretionsorgane dieses Schleims die kleinen darmförmigen blinden Gefälse sind, die zu beiden Seiten des Körpers neben den Eierstöcken liegen, und sich auf der untern Fläche des Leibes nach aufsen öffnen. Ich fand diese bei solchen Blutegeln, die eine Eierkapsel im Uterus hatten, gröfser und angeschwollener als bei denen, die nicht trächtig waren, und bei den erstern zuweilen voll eines weilsen Safts, bei den letztern farbenlos. Mit dem medicinischen Blutegel kömmt der Pferdeegel (Hirudo sanguisuga L. Hir. Gulo Braun) im Wesentlichen des Baues der Zeu- gungstheile ganz überein. . Die Scheide der Ruthe und die Ruthe selber ist indefs weit länger bei dem letztern als bei dem vorigen, und die Scheide hängt beim Pferdeegel ihrer ganzen Länge nach mit der inwen- digen Fläche der Bauchscheibe und der auswendigen des Magens, die ‚Ruthe aber mit der Scheide blos an ihrer äufsern Oeffnung zusammen. Es tritt daher bei der Paarung blos jene, nicht diese, hervor. Die Ruthe ist knorpelartig und auf der Fläche, die im zurückgezogenen Zustande die inwendige, bei der Erection die auswendige ist, mit kleinen, im letz- tern Zustande nach hinten gerichteten Schuppen dicht besetzt. Bei allen Egeln dieser Art, die ich im Anfange des Juni untersuchte, fand ich in den Eierstöcken ganz ähnliche, nur weit kleinere Keimscheiben, wie die spätern sind, woraus im Uterus die jungen Egel entstehen. Sie waren von dreierlei Gestalt. Die kleinsten erschienen als blofse kreisförmige 1) A. a. 0. $. 369. Zeitschrift f. Physiol, IV. 2. 22 166 Aggregate von Bläschen. Bei den gröfsern war dieses Aggregat von einem Ring umgeben, der aus einer einfachen Reihe von Bläschen be- stand, Andere, die noch weiter in der Ausbildung vorgerückt zu seyn schienen, hatten eine Einfassung von einem breitern Ring, der keine Bläschen enthielt. Im Saft der Hoden zeigten sich ähnliche unregel- mäfsige Zusammensetzungen von Bläschen, wie in den Hoden des medi- cinischen Blutegels, und dazwischen kurze, aber verhältnifsmäfsig sehr weite, meist cylindrische, zuweilen auch kegelförmige, zum Theil der Länge nach gestreifte Körper. Im Uterus traf ich bei einigen dieser Egel einen weilsen Saft, bei andern eine Eierkapsel an. Der Saft ent- hielt die nämlichen Partikeln wie der Saamen, zugleich aber auch eben solche runde Scheiben wie sich in den Eierstöcken fanden, und zwar nicht nur gröfsere, sondern auch kleinere. Die Eierkapseln hatten nicht eine solche lange Spitze, wie die des medicinischen Blutegels. In denen, die ich öffnete, waren die Keimscheiben noch nicht weiter als in den Eierstöcken ausgebildet. Wenn beim medicinischen Blutegel der Umstand, dafs die Eier in den Ovarien nicht die scheibenförmige Gestalt der Keime im Uterus haben, Zweifel erregen kann, ob diese Keime wirklich aus den Eiern entstehen, so fällt also dieses Bedenken heim Pferdeegel weg, wo die Eier- stöcke eben solche Scheiben enthalten, wie die spätern der Eierkapseln im Uterus sind, und wo ich diese Scheiben vermischt mit dem Saamen im Uterus fand '). Sehr verschieden in Betreff der Zeugungstheile ist von den beiden vorigen Egelarten der gemeine Egel (Hirudo vulgaris). Bei diesem 1) Ich bemerke hier noch beiläufig, dafs, wie schon Braus richtig beobachtet hat, der Pferde- egel nicht blutsaugend ist, sondern sich von Würmern nährt, die er unzermalmt verschlingt. Ich fand. im Magen desselben niemals Blut, wohl aber bei Einem darin einen ganzen halben Regenwurm. 167 liegen zu beiden Seiten des Nahrungscanals zwei sehr lange, in einem Zickzack gebogene, aus einer festen, sehnigen Haut bestehende Gefälse, und über diesen zwei weitere, aber kürzere, häutige Röhren. Jene sind die Saamengefälse, diese die Behälter der Eier. Die erstern fangen un- gefähr beim vordern Ende des Mastdarms ziemlich weit und sehr gebogen an, verengern sich bei ihrem Fortgang, werden dabei immer weniger gebogen und dringen als sehr dünne, nur leicht gekrümmte Fäden in die innern Enden zweier kleiner, gekrümmter, eylindrischer, von einer fas- rigen Haut umgebener Schläuche, die ungefähr in der Mitte des Leibes liegen, mit ihren convexen Seiten einander zugekehrt sind und mit ihren äufsern Enden sich durch eine gemeinschaftliche Mündung nach aufsen öffnen. Diese beiden Schläuche machen zusammen eine doppelte Ruthe aus, die dem doppelten Eierbehälter entspricht. Das innere Ende der Eierbehälter bildet eine längliche Anschwellung, worin, wie in mehreren andern, erweiterten Stellen derselben , Eier enthalten zu seyn schienen. Sie gehen ven diesem Ende nach hinten zurück, biegen sich wieder nach vorne um, und vereinigen sich zu einem kurzen Canal, der sich von innen nach aufsen erweitert und in kurzer Entfernung von der äufsern Mündung der männlichen Organe, vor denselben, nach aufsen öffnet. Beim gemeinen Egel findet also auch Androgynie statt, aber nicht Selbstbefruchtung, es müfste denn seyn, was allerdings möglich ist, dafs bei ihn sich die Rudimente der Eier in dem Saft der langen, zickzack- förmigen Gefälse bilden, welche dann Saamengefälse und Eierstöcke zu- gleich sind. Bremen. Im November 1831. 168 XV. Beobachtungen und Tafeln zur Erläuterung des Baues und Wirkens der Tastwerkzeuge der 'Thiere. Von G. R. TREVvIRANDS. (Hiezu Tafel XII. und XIV.) Wenn man das Getast nicht blos auf den Sinn beschränkt, der in den Fingerspitzen des Menschen wirksam ist,.sondern alle übrige Modifi- kationen der Erregbarkeit des Nervensystems darunter begreift, wofür eigene Organe vorhanden sind, die von andern Reizen als denen des Gesichts, Geruchs, Geschmacks und Gehörs gerührt werden, und welche nicht blos Empfindungen, sondern auch Vorstellungen unmittelbar veran- lassen, so ist darüber bei den verschiedenen T'hierarten noch sehr viel zu erforschen. Dieser Tastsinn, in der weitern Bedeutung, hat nicht blos die Gestalt der festen Körper und die Beschaffenheit ihrer Oberfläche, sondern auch die Schwere und Leichtigkeit der Materien überhaupt, den Widerstand, den sie dem Eindringen entgegensetzen, ihre Temperatur , die hygrometrische und vielleicht auch die elektrische Beschaffenheit der Atmosphäre, die Strömungen und Erschütterungen, die in ihr und im Wasser statt finden, zu Gegenständen. Für die verschiedenen Modifica- tionen desselben giebt es nicht bei allen, wohl aber bei manchen Thieren eigene Organe, die gewifs noch lange nicht alle entdeckt, oder doch als solche erkannt sind. Ich habe hierüber in meinen Untersuchungen über den Bau und die Funktionen des Gehirns und der Ner- ven in den verschiedenen Classen und Familien der Thiere, die den 3ten Band der von mir und meinem Bruder herausgegebenen Vermischten Schriften ausmachen, und im 6ten Bande meiner 169 Biologie mehrere theils neue, theils noch nicht genug beachtete That- sachen mitgetheilt. In jenen Werken konnte ich indefs die Theile, wor- auf sich meine Beobachtungen beziehen, nur beschreiben, nicht durch bildliche Darstellungen versinnlichen , und so scheint es gekommen zu seyn, dafs, wie ich aus einigen Schriften schliefsen mufs, die Vorstel- lungen, die Manche sich von diesen 'Theilen machen, nicht in allen Stücken richtig sind und irrige Meinungen veranlafst haben. Ich glaube daher, nichts Ueberflüssiges zu thun, wenn ich jene Beobachtungen durch Zeichnungen zu erläutern suche. Ich werde hierbei, um mich verständ- lich zu machen , ohne dem Leser die Mühe vielen Nachschlagens zuzu- muthen, Manches wiederholen müssen, was ich schen in frühern Schriften gesagt habe. Dies wird aber so kurz wie möglich geschehen, und für die Wiederholungen werde ich durch Hinzufügung einiger neuen 'That- sachen Ersatz zu geben suchen. In meinem Vortrage glaube ich mich übrigens nicht an die Folge der Thierelassen binden, sondern die Gegen- stände nach ihrer Aehnlichheit ordnen zu müssen. Es sey mir erlaubt, zuerst eine Art von Tastwerkzeugen darzustellen, deren Bildung und Verrichtung noch am wenigsten begriffen zu seyn scheint: die auf der 143ten und den folgenden Seiten meiner angeführ- ten Untersuchungen beschriebenen Organe der Rochen und Hayen. Bei den Rochen giebt es auf jeder Seite des Körpers neben dem äufsern Rand des vordern Endes der Kiemenlöcher zwei über einander liegende, cylindrische, vertikal gegen die Bauch- und Rückenfläche ge- richtete Kapseln, die aus einer sehnenartigen Haut bestehen, und in welche zum Theil der gabelförmig gestaltete Stamm des untersten Asts des Trigeminus dringt. Der Nerve theilt sich, nachdem er zum Innern der Kapsel gelangt ist, in eine Menge divergirender Zweige, von welchen jeder sich in das hintere Ende eines länglichen, von einer festen elasti- schen Haut gebildeten Bläschens begiebt, das inwendig durch Scheide- wände abgetheilt ist und dessen vorderes Ende sich in eine schmalere, sehr lange, mit einer gallertartigen Materie angefüllte Röhre fortsetzt. 170 Diese Röhren durchbohren die Wand der Kapsel und laufen bündelweise, anfangs dicht an einander liegend, nachher zum Theil sich von einander entfernend, zur Oberfläche des Körpers, wo sie unter der Oberhaut sich durch Poren warzenförmiger Erhöhungen nach aussen öffnen. Neben ihnen gehen andere Zweige des Hauptnerven fort, die nicht von den er- wähnten Bläschen aufgenommen sind. Es giebt auf jeder Seite vier obere und vier untere Bündel. Der eine obere und untere Bündel en- digt sich hinter den Hörorganen, neben der Wirbelsäule, und auf der gegenüber liegenden untern Seite; der zweite an der Schnauze; der dritte an der Aussenseite der Brust; der vierte am hintern Ende des Bauchs. Diesen Verlauf der untern Bündel hat A. Mono in seinem Werke Ueber den Bau und die Physiologie der Fische, Tab. VI. und VII, vorgestellt, zwar nicht ganz befriedigend, doch so, dafs man sich einen Begriff davon machen kann. Ich verweise wegen dieses Punkts auf ihn und beschränke mich, den noch nicht durch Zeichnungen näher erläuter- ten Bau der Kapseln, Bläschen und Röhren deutlich zu machen. Taf. X III. Fig.1 stellt eine der Kapseln, worin sich der Unterkinnladen- ast des fünften Hirnnerven beim Glattrochen (Z2aja Batis) zerästelt, von der Seite des Eintritts des Nerven geöffnet und vergrößert vor. N ist der Stamm des Unterkinnladenasts — z. 72. abgeschnittene Nebenzweige des- selben — CC. die geöffnete Kapsel — «a. Nerve, dessen Zweige in die Bläschen der Kapsel treten — dd. Röhrenförmige Fortsätze dieser Bläs- chen, welche die Kapsel durchbohren — &. ö. i. i. Zweige des Haupt- nervens N, die zwischen diesen Fortsätzen und parallel mit ihnen fort- gehen. Fig. 2. Eines der Bläschen, durch einen Querschnitt geöffnet, von der offenen Seite angesehen und stärker vergrölsert. A. Das Bläschen — B. In Fächer abgetheilte Höhlung desselben — y. Zu demselben gehen- der Nervenzweig. So erschienen mir diese Tastorgane bei ARaja Batis. Bei Kaja Rubus fand ich keine Verschiedenheiten , als dafs die Röhren nicht so 171 grofs waren, und fester mit der Oberhaut zusammenhingen, als beim Glattrochen. Desmouuins ') giebt bei ARaja Akubus aulser den obigen Kapseln, woraus die langen Röhren entspringen, noch zwei kleinere auf jeder Seite des Kopfs an, worin sich ebenfalls Zweige des fünften Hirn- nerven ausbreiten, aus welchen aber keine Röhren entstehen. Dagegen beschreibt er die hintern Kapseln nur als. einfach und nennet nur drei Bündel von Röhren, die sich aus diesen fortsetzen. Ich möchte hiernach fast vermuthen, entweder dafs der Verschiedenheit des Geschlechts ein Unterschied im Bau jener Organe entspricht, oder dafs die von ihm untersuchte Rochenart nicht einerlei mit der war, die ich zergliederte. Auf jeden Fall hat er, wie in mehreren andern Angaben, so auch darin sehr Unrecht, wenn er sagt: die Röhren, die von der äufsern Fläche der Kapseln ausgehen, ständen mit den Bläschen, die sich auf der innern Seite der Kapseln endigen, in keiner Gemeinschaft. Es ist leicht, sich vom Gegentheile zu überzeugen, wenn man die Röhren und Bläschen dicht an der äufsern und innern Wand der Kapsel absehneidet. Man sieht dann schon unter einer mälsig vergröfsernden Linse, dafs die Haut der Kapsel allenthalben durchbohrt ist, und dafs die äufsern und innern Mündungen der Oeffnungen von Ueberbleibseln der abgeschnittenen Röh- ren und Bläschen umgeben sind. Eine ähnliche, aber einfachere Art von Tastwerkzeugen findet sich bei den Hayen. Es giebt hier Bläschen, die von gleicher Gestalt wie bei den Rochen und gleichfalls inwendig durch Scheidewände in Fächer abgetheilt sind. Diese sind aber nicht in Kapseln enthalten und setzen sich nicht in Röhren fort, sondern liegen zu beiden Seiten der Oberkinn- lade zerstreut, unter einem, von der Oberhaut bedeckten dicken, festen porösen Gewebe sich durchkreuzender Sehnenfasern. Zu ihnen gehen der Oberkinnladen — und Augen-Ast des fünften Hirnnerven, die sich über der Nasenhöhle büschelförmig in Zweige theilen, von welchen jeder 1) Anatomie des Systemes nerveux des Animaux ü vertebres. P. ll. p. 377. 378. 172 einzelne in eines der Bläschen dringt. Die 3te Figur zeigt eine, von der Schnauze des Dornhay (Sgualus Acanthias) abgeschnittene, ver- gröfserte Scheibe des tendinösen Gewebes mit einer Reihe der Bläschen und deren Nerven. FYF'ist das Gewebe, Y/Y die Reihe der Bläschen und N der Zweig, woraus die Nerven der einzelnen Bläschen entspringen. Wenn man diese Organe isolirt ansieht, so ist es schwer, ihre Be- deutung zu finden. Vergleicht man sie aber von der einen Seite mit den Hörwerkzeugen der Thiere, bei welchen diese die einfachste Bildung haben, namentlich der Lampreten, Krebse und Sepien, von der andern mit der Art, wie Zweige der Nerven des fünften Paars zu den Kapseln gehen, worin die Wurzeln der Barthaare mehrerer Säugthiere enthalten sind, so wird es klar, dafs sie Tastwerkzeuge sind, vermittelst welcher Schwingungen des Wassers, die nicht schnell genug vor sich gehen, um als Töne auf die Hörorgane zu wirken, empfunden werden '). 1) Ich glaube, der Wahrheit und mir selber schuldig zu seyn, bei dieser Gelegenheit über einen Aufsatz des Herrn Knox in Brewster’s Journal of Science (Vol. 2.p 12. Onthe Theory of a Sixth Sense in Fishes; suppose to reside in certain peculiar Tubular Organes, found immedia- tement under the Integuments of the Head in Sharks and Rays) ein Paar Bemerkungen zu machen. Herr K. beschreibt darin die obigen Organe der Rochen und Hayen und äufsert da- bei: ich habe gesagt, das Innere der Bläschen oder Röhren derselben wäre durch längs- laufende Scheidewände in Fächer abgetheilt; dies aber sey ein Irrthum, der keine Wider- legung verdiene. (It has been said by a distinguished anatomist, Trevıranus, that the inte- rior of these vesicles or tubes is divided into compartments by longitudinal septa or divisions; but this is an error which does not require any refutation.) Ich habe jenesOrgane in zweien meiner Schriften erwähnt : zuerst in meinen Untersuchungen über den Bau und die Funktionen des Gehirns (S. 141) und nachher im 6ten Bande meiner Biologie (S. 208). In keinem dieser Bücher ist von mir gesagt worden, es gebe im Innern der Röhren längs- laufende Scheidewände; wohl aber habe ich dies von den Bläschen behauptet, woraus die sich bei den Rochen unter der Oberhaut endigenden Röhren entspringen. Von diesen behaupte ich auch noch das Nämliche und die oben erklärte 2te Figur, worin ich eines der Bläschen, mit den darin befindlichen Scheidewänden, der Natur möglichst entsprechend abgebildet habe, beweist, dafs der Irrthum nicht auf meiner Seite ist. Herr Knox prüfet hierauf in seinem Aufsatz die bisherigen Vermuthungen über die Funktion jener Organe, erwähnt dabei auch meiner frühern, nicht aber meiner spätern Bemerkungen über diesen Gegenstand, und trägt endlich seine eigene Meinung vor, nach welcher die Röhren zur Empfindung der Undulationen des Wassers dienen und der Sitz eines Sinnes sind, der zwischen dem Gehör und Getast in der Mitte steht. Ich trug in der ersten meiner obigen Schriften als wahrscheinlich vor, die Röhren seyen der Sitz eines eigenen Sinnes, wagte aber damals noch nicht, über die 173 — Jener Zugang von Zweigen des fünften Hirnnerven zu den Kapseln der Wurzeln der Barthaare -läfst sich vorzüglich beim Maulwurf beobach- ten. Der Oberkieferast des Trigeminus breitet sich bei diesem Thier auf ähnliche Art an der Oberkinnlade, wie beim Dornhay aus '), und geht zu zweierlei Tastorganen. Die eine Art befindet sich auf der un- behaarten Aufsenseite der Nase, die andere auf dem vordern behaarten Ende der Schnauze. Die erste, welche Fig. 4. stark vergrölsert vorge- stellt ist, besteht aus ähnlichen, regelmäfsig in Reihen geordneten Papil- len, wie es an den Fiffgerspitzen® des Menschen giebt. Zu der zweiten ' gehören kegelförmige, von einer dicken, zähen Haut gebildete Kapseln , die auf der Oberhaut hervorragen, eine weiche Substanz enthalten, in deren Mitte sich die Wurzel eines Barthaars befindet, und einen Nerven- zweig aufnehmen. Mans+sieht diese Organe in Fig. 5 auf einem Stück ‘der Haut des behaarten Theils der Schnauze des Maulwurfs, wovon die Oberhaut abgezogen ist., aaaa ist der Rand dieses Stücks. P sind Zweige des Oberkieferasts des Trigeminus, die unter diesem Stück fort- gehen und Fäden an dasselbe abgeben. z. z. n'. n!.n'. Kapseln der Bart- haarwurzeln, worin sich diese Fäden endigen. «An n', n', n' sieht man blos die obern Enden, an 2 und zußleich, die Seitentheile derselben. Denkt man sich diese Kapseln und deren Haare im Innern des Kör- pers ‚befindlich, die Haare sich unter der Oberhaut endigend und mit einer gallertartigen Materie angefüllt, 'so hat man im Wesentlichen die nämlichen Organe, die den Rochen eigen sind. Und stellt man sich eines der Bläschen de$ Dornhay vergröfsert. und in einer knöchernen Kapsel ” — Beschaffenheit dieses Sinzes etwas zu bestimmen. In der angeführten Stelle des, später er- schienenen , Gten Bandes der Biologie findet man die nämliche Meinung geäufsert,; die Herr Kxox drei Jahre nach der Herausgabe dieses Bandes als'neu bekannt gemacht hat, nur mit der Einschränkung, dafs ich mich über die Verwandtschaft jenes Sinnes mit dem Gehör ‚nicht erklärt habe. Ich glaube gerne, dafs Herr Kwox meine Biologie nicht gelesen hat. + Er wird mir aber erlauben, das Eigenthumsrecht über diese Meinung, soweit ie mir ange- hört, zu behaupten. 1) Im 5ten Bande meiner Biologie habe ich in der 2ten Figur der Illten Tafel von dieser Ver- breitung eine Abbildung geliefert: “ Zeitschrift f. Physiol. IV, 2. 23 174 enthalten» vor, so hat man das Gehörwerkzeug des Neunaugen (Petro- myzon fluviatilis) , welches’ nichts anderes ist, als ein häutiger, durch Scheidewände abgetheilter, von einem knöchernen Behälter umgebener Sack, der’keine solche Steine enthält, wie man in dem Hörsack der übfigen Fische antrifft. ” Es giebt also Tastorgane, die durch ähnliche Schwingungen, wie auf die Hörwerkzeuge wirken, innerhalb dem Körper gerührt werden, und andere, für die nur, wie für die ee & des Menschen, unmittel- bare Berührungen fester Materien die erregenden Eindrücke sind, a aber, über.die Oberfläche des Körpers weit hervorragend, schon von ' Berührungen entfernter Gegenstände gereizt werden. Beiderlei Gefühle . werden bei andern Thieren durch noch andere Organe vermittelt, zu welchen vorzüglich die Bartfasern (Cirri) der Fische gehören. Diese Theile wirken nicht, wie die Barthaare der Säugethiere, als blofse Son- den. Sie,sind ihrer ganzen Länge nach in allen Punkten’ willkührlicher Bewegungen fähig und zugleich in ‘allen Punkten ihrer Oberfläche em- pfindlich gegen Berührungen. Bei einigen Fischen sind sie überdies noch ringsum mit zarten Häuteh besetzt, die von den ‚Schwingungen des Wassers in Bewegung gesetzt werdem und wodurch also der Zweck, für welchen die Rochen und Hayen ihre inwendigen Bläschen und Röhren haben, auf eine andere Weise erreicht wird. Wie diese Bartfasern übrigens: auch modifieirt seyn mögen, so haben’ sie: dies mit einander und mit den oben gedachten Theilen gemein, dafs Zweige ak fünften Nervenpaars die zu ihnen gehenden Nerven sind, Ein Beispiel der einfachern Bildung, verbunden mit einem grofsen Reichthum an Nervensubstanz, geben die Bartfasern des Wetterfisches (Cobitis fossilis). An der Oberlippe dieses Thiers befinden sich sechs solcher Cirren, die von kegelförmiger Gestalt sind und in ihrem Aeufsern nichts Aüsgezeichnetes haben, worin sich abe? die beiden obern Aeste des fünften Hirnnerven fast ganz verbreiten, nachdem sie vor ihrem Eintritte in dieselben sich mit’ einander verbunden haben. Das Nähere x 175 ergiebt sich aus «der 6ten Figur. Es zeigt sich hier bei @QQQ der Oberkiefer .des Wetterfisches von der inwendigen -Seite, nach Wegnahme der Gaumenhaut und einiger Muskeln — dd. Die Oberlippe — aa. Das äufsere Paar der Cirren — bi 4. Die aus der Schädelhöhle hervortreten- den*Stämme der beiden Nerven des fünften Paars — 1. Der Augen- ast — 2. Der Oberkieferast — 3. Der Unterkieferast — 4. Der äufsere Zweig des Oberkieferasts, der von neuem getheilt bei 6 zum Cirrus «a geht — 5. Der innere Zweig dieses Asts, der bei 7 mit dem Augenast 1 einen Plexus bildet, aus welchem die Nerven der beiden innern Cirren- paare d, 5 entspringen —p. Der Hörnerve —n Dez herumschweifende . Nerve. >, . Einen zusammengesetztern“ äufsern Bau haben die Bartfasern des Stöhfs (Acipensex Sturio). Bei diesem hängen zwei Paar derselben von der Unterlippe herab. Sie sind“ebenfalls conisch, doch nicht, so. zugespitzt, wie die des Wetterfisches, und von ihrer Basis bis ungefähr auf ein Drittel ihrer Länge mit Wärzchen, weiterhin aber bis zur Spitze mit höchst zarten, weichen, am äufsern Rande ausgezackten häutigen Säumen gedrängt hesetzt.. In ihrer ‚Axe geht eine "starke Sehne fort und um. diese liegt ein fibröses Gewebe, in welchem sich Zweige des fünften Nerven- paars zerästeln, die indefs verhältnifsmäfsig_ nicht so grofs wie beim Wetterfische sind. Fig. 7 und 8 stellen diese Theile vor. Fig. 7 ist ein etwas vergrölserter Cirrus des Stöhrs. B ist die Basis desselben , P der mit Wärzchen, 4 der mit häutigen Säumen besetzte Theil. Fig. 8 zeigt einen Abschnitt des letztern Theils stärker vergrölsert. A ist die auswendige,-mit Säumen besetzte Fläche, 7’ die inwendige "Sehne. * Dafs jene häutigen Säume dem ‘Stöhr zur Empfindung der Erschüt- . terungen des Wassers dienen, ist leicht zu errathen. Schwerer ist es zu «bestimmen, welchen Zweck ähnliche Häute auf der Zunge eines Thieres haben, das sich nicht im- Wasser aufhält. Ein solches ist die von Henexıcn ') unter dem Namen der Amphisbaena scutigera beschriebene 1) Verhandl. der Gesellsch. naturf. Freunde in Berlin. B. 1. S. 129, 176 Schlange. Bei dieser fand ich, wie aus der vergröfserten Abbildung Fig. 9 erhellet, die ganze obere Seite der Zunge mit zarten, halbmond- förmigen, wie Dachziegel über einander liegenden, häutigen Blättern be- setzt. Es läfst. sich nicht annehmen, dafs diese Bildung mit der Funktion der Zunge als Geschmacksorgan in Verbindung steht. Wahrscheinlich hat sie eine Beziehung auf den Tastsinn , welche aber, läfst sich nicht ausmachen ‚. solange wir nicht mehr von der Lebensweise jener ri wissen, als bis jetzt davon bekannt ist. Verwandt mit’ den häutigen Sä ımen der Cirren des Stöhrs, doch von zusammengesetzierm, Bau und au * mannichfaltigere Weise thätig, sind die fleischigen Säume und Blätter, welche die zweischaaligen Muschel- thiere an mehreren Stellen ihres Körpers besitzen. Vorzüglich zeichnen sich die dreieckigen Blätter in der Nähe des Mundes dieser Mollüsken aus. Ich habe dieselben bei den Anodonten und den Miefsmuscheln näher untersucht, und kann aus meinen Beobachtungen nicht anders schliefsen, als dafs darin die Sinne des Getasts und Geruchs vereinigt sind. a - S Bei den Anodonten sind zu ‚beiden Seiten ‘des Mundes » zwischen demselben und den vordern Enden der Kiemen, zwei Paare dieser Blätter zugegen: ein äufseres, nach oben liegendes, gröfseres, und ein «inneres, oder unteres, kleineres. Sie haben die Gestalt eines krummlinigen Drei- ecks. Beide Paare gehen oberhalb und unterhalb dem Munde i in einander _ über. Nach hinten weicht das äufsere Blatt von dem innern an der Grund- linie ab, während sie in der Mitte unter sich vereinigt bleiben. Die Basis des innern Blattes hängt mit dem Mantel, die des äufsern mit der Haut des Fufses ihrer ganzen Länge nach zusammen. "Die innere Fläche des äufsern und die äufsere des innern Blattes enthält ähnliche ° einfache, parallele, auf der Basis des Organs senkrecht stehende Gefäfse, wie die äufsere Fläche jedes der Kiemenblätter; doch sind dieselben in jenen breiter und gedrängter an einander liegend, als in diesen. Die entgegengesetzte Fläche ist glatt und gefäfslos. Jene Gefälse öffnen 177 sich in einen gröfsern Stamm, der Tings um den Umfang un Blattes fortgeht. “ Bei ‘der Miefsmuschel (Mytilus echulis) haben diese Blätter die näm- liche Lage wie bei den Anodonten. Sie sind aber langen, gleichschenk- lichten Dreiecken ähnlich, und auf der einen Hälfte ihrer einen Fläche mit einer Menge niedriger , paralleler, querliegender. Leisten besetzt. Diese Fläche ist beim obern Paar die untere, beim untern die obere. Zwischen ‘jener Hälfte und der übrigen glatten Oberfläche geht eine her- vorragende Nath von der Spitze zur Basis-des Blattes herab. Sowohl bei den Anodonten , als bei der Miefsmuschel sind diese Organe sehr nervenreich. Bei jenen schienen mir die Nerven der sämmt- lichen vier Blätter aus den beiden, neben dem Munde liegenden Knoten zu entstehen. Bei der Miefsmuschel aber entspringen aus diesen Knoten nur die Nerven der äufsern Blätter. Zu jedem der innern Blätter geht ein Seitenzweig des Stammes,”der den rechten und linken Mundknoten mit dem, neben dem hintern Schliefsmuskel der Schaalen liegenden Gang- lion seiner Seite verbindet. Die 10te Figur erläutert die Bildung dieser Theile der Miefsmuschel. Sie enthält den Vordertheil des Thiers, an welchem die Nerven der Blätter nebst den Zweigen, wovon diese ausgehen, zubereitet sind. Es stellen darin vor: 2. £. Die "vordern Muskeln des Fuflses — 7. Den Mund — k.k. Die innern, k‘, k’ die äufsern Tastwerkzeuge — 4. 4. Die vordern Enden der _Verbindungsnerven zwischen den Mundknoten und den hintern Ganglien — 3. 3. Fäden, die von diesen Nerven zu den innern Blättern k, kgehen — I’. 1’. Die Muridknoten — 2. Längs der Unterlippe liegendes Nervenband, wodurch diese Knoten mit einander zusammenhängen — 5. 5. Zu den äufsern Blättern k’, Be erneüce Ner- ven jener Knoten, Dafs diese Blätter schr empfindlich gegen old Eindrücke und also Tastwerkzeuge sind, läfst sich vermuthen, da im ‚Wasser ihre Ränder sich immerfort zusammenziehen. Indefs sind sie nicht, was doch 178 in der Regel die Tastwerkzeuge sind, willkührlicher Bewegungen fähig und sie haben eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit den Kiemen '). Der Verlauf der Gefäfse ist in ihnen von ähnlicher Art wie in diesen, undin beiden erblickt man unter dem Vergrölserungsglase eine ihnen eigene Art von Bewegungen. Man sieht darin, wie, ich an einem andern Orte °) umständlicher erzählt habe, bei den Anodonten ein Erzittern der organi- schen Elementartheile, das nicht nur an dem, vom übrigen Körper ge- trennten Organ, sondern selbst noch in jedem einzelnen Atom ‚desselben nach Zermalmung des Ganzen. fortdauert. Miefsmuscheln hatte ich keine Gelegenheit, lebend zu untersuchen. Bei diesen aber wurde die näm- liche Bewegung schon von De Heyoe?) beobachtet. Das Vibriren äufsert sich lebhafter in den Tastwerkzeugen als in den Kiemen, _ Das Wasser wird von dem Theile, worin dasselbe statt findet, abwechselnd angezogen und zurückgestolsen, und das Thier dadurch von der Beschaffenheit der dem Munde zuströnienden Flüssigkeit benachrichtigt. Die Empfindungen hievon lassen sich nur denen vergleichen, die den höhern Thieren der Geruchssinn verschafft. Doch können :es nicht die im Wasser, sondern nur die in der Luft des Wassers aufgelöfsten Substanzen seyn, welche auf diesen Sinn der Muschelthiere wirken. Die Blätter, worin der letz- tere seinen Sitz hat, würden, wenn jenes der Fall wäre, Geschmacks- organe seyn müssen, womit sie gar keine*Aelinlichkeit haben. Ich habe im 6ten Bande der Biologie, $. 297, zu zeigen gesucht, dafs auch die Riechwerkzeuge der Fische nicht von dem Wasser selber, sondern von den in der Luft des-Wassers befindlichen Materien gerührt werden; dafs sie analog den Kiemen wirken,#indem sie die Luft aus dem Wasser entwickeln, und dafs sie deswegen einen ähnlichen Bau wie die Kiemen besitzen. Die nämliche Struktur ist-den obigen Blättern der Muschel- 1) Ich habe sie deswegen in meinerAbhandlung Ueber die Zeugungstheile und die Fort- pflanzung der Mollusken (in der Zeitschrift für die Physiologie. B. 1. S, 36 fg.) Nebenkiemen,genannt. 2) Verm. Schriften von &. R. u, L. C. Treviranus. B. 4. S. 235. 3) Anatome mytuli. p. 45. In dessen Experim. circa sanguinis missionem ete. 'Amstelod. 1636. 179 thiere eigen. Nur liegen diese Theile nicht in Höhlungen, wie die Riech- werkzeuge der Fische, sondern aufserhalb dem Körper. Selbst die äufsere: Gestalt beider Organe ist bei manchen Arten der Mollusken und der Fische, z. B. beim Wetterfisch, dessen Geruchswerkzeug in Fig. 11 zur Vergleichung vorgestellt ist, fast die nämliche. Dieses: besteht in einer Höhlung aaa mit zwei häutigen Wulsien /, £, an deren hinterm Rande dreizehn bis vierzehn längliche, spitze, auf’ihrer Oberfläche mit schwar- zen Punkten besetzte Blätter p, p hervorragen, in welchen sich die letz- ten Zweige des Riechnerven endigen. ° Die Schneckenthiere besitzen bekanntlich statt jener Blätter der Muschelthiere Fühlfäden, von welchen einige bei manchen Gattungen, Z. B. bei der Weinbergschnecke (Helix Pomalia), wirkliche Augen tra- gen, und die also Sinneswerkzeuge von anderer Art als jene Lamellen sind. Der merkwürdigen Thatsache, dafs die mittleren Fühlfäden der schwarzen Nacktschnecke (Limax ater L. Arion empiricorum Feruss.) bei einem sonst ähnlichen ‘äufsern Bau und einem ähnlichen Verlauf des darin enthaltenen Nerven, doch mit keinen Augen"versehen , sondern an’ ihrem äufsern Ende mit einer schwärzlichen, undurchsichtigen Haut be- deckt sind, unter welcher dieser Nerve sich ausbreitet, habe ich, schon in meinen Untersuchungen über den Bau und die Funktionen des Gehirns u, s. w. S, 153 gedacht. Ich füge hier noch hinzu, dafs der, sonst so.genaue O. F. Mürzer ') die Richtigkeit dieser, schon von D’Arsenvirue ?) gemachten Beobachtung mit Unrecht zu bezweifeln scheint. Bei der aschfarbenen Nacktschnecke (Limax cinereus L. et Fer.) giekt es dagegen an der Spitze ‚der gröfsern Fühlfäden ein wirkliches Auge. Dieses ist aber kleiner als bei der Weinbergschnecke, und es geht zu demselben nur ein Zweig des Nerven, der dem Auge der letztern ganz angehört. Der gröfsere Theil dieses Nerven verbreitet sich bei der asch- 1) Hist, vermium. Vol. 1. p. XV. R 2) Zoömorphose. p. 84. “ 180 farbenen Nacktschnecke am Umfange des Auges und ist hier, wie bei der schwarzen Nacktschnecke, ebenfalls ein Nerve des Tastsinns. Unter den Insekten haben die zweiflügligen ein Paar Theile, über deren Zweck Manches vermuthet ist, die man aber noch nicht für das angesehen hat, was sie ihrem äufsern Baue nach zu seyn scheinen, für Tast- ‚organe. Diese sind die Schwingkolben (Halteres). Sie zeigten sich mir bei allen Dipteren, die fch untersuchte, auf ähnliche Art, wie ich sie in der I2ten Figur von dem Bremse (Tabanus bovinus) vorgestellt habe. Man sieht hier ein röhrenförmiges Knöchelchen «, das an beiden Enden erweitert ist und an dem äufsern Ende „ die Gestalt eines hohlen, in schiefer Richtung abgeschnittenen Kegels hat, aus dessen Höhlung ein fleischiger Wulst e hervorragt. Dieser Wulst ist von weilser Farbe, eichelförmig, an der einen Seite von einer kleinen runden, etwas con- vexen Hornplatte 5 bedeckt, an den übrigen Stellen mit einer dünnen Haut überzogen. Ein ähnlicher Wulst ragt bei den Colcopteren und Orthopteren aus dem äulsersten Gelenk der Frefsspitzen (Palpi) hervor, die gewils Tast- werkzeuge sind. Es ist also wahrscheinlich, dafs auch die Schwingkolben als Organe dieser Art wirken. Worauf sich ihr Tasten bezieht, dies ist freilich schwer zu bestimmen. Doch können vielleicht folgende 'That- sachen hierüber Aufklärung geben. Die Kolbe hat neben dem hintern Bruststigma ihre Befestigung, und dieses Stigma hat bei den meisten Dipteren eine weite, freiliegende Spalte, die. blos von zwei weichen, den. Augenliedern der höhern Thiere ähnlichen Lefzen bedeckt ist. Die mehrsten zweiflüglichen Insekten leben an Orten, wo sehr leicht fremde Körper, z. B. die Haare der Thiere, in jenes Stigma eindringen können. Einige derselben, z. B. die Bremsen, habe unbewegliche Hüften der Hinterbeine und können deswegen nicht, wie andere Insekten, bei wel- chen die letztern sich nach allen Richtungen drehen , vermittelst dieser Theile ein solches Eindringen verhindern. ° Die Schwingkolbe ist von einem häutigen Blatt bedeckt, das mit ihr in Bewegung geräth , so oft die mit dem Blatt zusammenhängenden Flügel in Thätigkeit gesetzt werden. pie Serdareher se. del. — GR rewcranus ‚ 181 und dessen Zweck wohl nur seyn kann, dem Bruststigma frische Luft zuzuführen, zugleich aber auch dasselbe gegen herabfallende Nässe u. dgl. zu schützen. Bei den Sehnaken ( Zipula) fehlt dieses Blatt. Ihre Bruststigmate liegen aber auch weit versteckter als die der übrigen Dipteren. Es läfst sich also schlielsen, dafs die Schwingkolbe als Tast- organ wirkt, indem das Insekt vermittelst des eichelartigen Wulstes derselben die Gegenwart fremder, das hintere Bruststigma gefährdender Körper empfindet, und dafs sie zugleich vermöge ihrer Bewegungen als Mittel dient, diese Körper von dem Stigma zu entfernen. XVl. r Ueber das Herz der Insecten, dessen Verbindung mit den Eierstöcken und ein Bauchgefäss der Lepidopteren. Von G. R. TrevırAnDs. (Hierzu Fig. 13 der 'Tafel XIV). Srraus hat in seiner Anatomie des Maikäfers zwei Oeffnungen an jeder Abtheilung des Herzens dieses Käfers beschrieben, die mit Klappen versehen seyn sollen und wodurch seiner Meinung nach das Blut aus der Bauchhöhle von diesen Abtheilungen bei der Diastole derselben auf- genommen wird. Ich habe in Rücksicht auf diesen Punkt in den Sommer- monaten 1831 mehrere Insecten untersucht. Von dem Maikäfer hatte ich nur Exemplare vorräthig, die schon lange in Weingeist gelegen hatten und bei welchen ich nicht zu einem festen Resultat kommen konnte. Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 24 182 4 An den Herzen einer Sphinx ligustri und Locusta verrucivora aber, die ich im frischen Zustande untersuchte und ‘welche weit genug sind, um ohne viele Schwierigkeiten der Länge nach geöffnet und ausgebreitet werden zu können, fand ich durchaus keine Oeffnungen. Das Herz der Ligustersphinx besteht aus einer auswendigen dünnen, ungefaserten Haut und einer inwendigen muskulösen Membran, in welcher letztern die Fasern schief von der einen Seite zur andern laufen. Bei der Heu- | schrecke sehe ich in der Haut des Herzens keine Fasern. Ich suchte ferner vergeblich nach Oeffnungen in den Herzen einer, so eben erst gefangenen Cetonia marmorata, einer Papilio Jo, einer deshna foreipata und einer Hornisse, die aber freilich nicht so weit sind, dafs ich sie der Länge nach öffnen und auf der inwendigen Seite besichtigen konnte. Obgleich ich also nicht behaupten kann, dafs Srraus sich beim Maikäfer geirret hat, so ist es mir doch gewifs, dafs es nicht in dem Herzen aller Insecten Oeffnungen giebt. Diese 'Thiere sind auch im vollkom- menen Zustande so blutleer,, dafs ihr Herz auf mechanische Art schwerlich Flüfsigkeit aufnehmen kann. Aus der Bauchhöhle mehrerer Insecten sahe ich nie einen Tropfen Feuchtigkeit hervordringen, wenn ich sie lebend, ohne Verletzung der Eingeweide, geöffnet hatte. So wenig als irgend eine Oeffnung fand ich an dem Herzen der Sphinx ligustri und der Locusta verrueivora eine solche Verbindung der innern Enden der Eierstöcke mit dem Herzen durch dünne Fäden, wie J. Mürter bei einigen andern Insecten antraf ').. Diese Enden lagen bei der Ligustersphinx abgestumpft und unverbunden mit andern Theilen zwischen den Flügelmuskeln des Herzens und der Rückenhaut. Bei der Locusta verrucivora sind sie feine Gefälse, die auf beiden Seiten von einem häutigen, in der Nähe des vordern Bauchendes des Herzens befestigten Bande ausgehen. Dagegen entdeckte ich bei allen Lepidopteren. die ich zergliederte , ein bisher noch nicht gekanntes Bauchgefäfs, welches neben und längs - 2) Verhandl. der Kaiserl. Acad. der Naturforscher. B. IV. S. 555. 183 dem Ganglienstrang in der weiten, häutigen Scheide desselben liegt, und wovon auf beiden Seiten allenthalben eine Menge feiner Gefälse unter rechten Winkeln ausgehen. Es fiel mir dasselbe zuerst bei der Ligustersphinx auf, wo es sich im frischen Zustande durch eine gelbliche Farbe von dem Ganglienstrang unterschied. In Weingeist wurde‘ es weils und sahe nun wie zugehörig zu diesem Strange aus. Es schien jetzt, als ob die Knoten des letztern durch doppelte Fäden mit einander verbunden wären. Bei näherer Untersuchung zeigte sich aber, dafs das Gefäfs mit den Knoten keinen Zusammenhang hat, sondern an demselben ununterbrochen fortgeht und sich mit dem Strange bis in die Brust erstreckt.‘ Die aus dem Gefäls auf beiden Seiten entspringenden, dünnen Röhren fand ich, unter einer 150mal vergröfsernden Linse, der Länge nach mit Reihen von Kügelchen angefüllt. Luftröhren, wofür ich sie anfangs hielt, ehe ich sie genauer untersucht hatte, können sie also nicht seyn. Ein ähnliches Organ traf ich auch bei Papilio Jo an. Die Scheide des Ganglienstrangs ist bei diesem Schmetterling verhältnifsmäfsig noch weiter als bei Sphinx ligustri. In derselben sahe ich einen dunkeln , doch nicht scharf begränzten, längslaufenden Streifen, von welchem, in der Haut der Scheide, zu beiden Seiten parallele Queerstreifen ausgingen. Jeder der letztern bestand aus einer einfachen Reihe Kügelchen. Sie bedeckten die Hälfte der Scheide. Da, wo sie aufhörten, fingen einfache, gerade Röhrchen an, die anfangs parallel neben einander verliefen, dann aber, auf ähnliche Art wie die Fasern der Muskeln des Herzens der Insekten, in jedem der Bauchringe convergirten. Die äufsersten Enden dieser letztern Gefäfse konnte ich nicht auffinden,, weil sie mit dem , auf ihren liegenden Fetikörper so fest verbunden waren, dafs sie sich nieht davon trennen liefsen. Den nämlichen Bau beobachtete ich ferner bei Papilio Atalanta. Ich fand jenes Gefäls endlich noch in der Scheide des Ganglienstrangs der Bombyx dispar. Die Seitenröhren desselben waren sehr dünn. Es gehörte auch bei diesem, wie bei den vorigen Schmetterlingen, zu jeder der Röhren eine Reihe Kügelchen, die mir hier aber nicht darin, sondern 184 darauf zu liegen schien. Nachdem die Röhren eine kurze Strecke parallel neben einander fortgegangen waren, convergirten sie, wie bei Papilio Jo, in jeder der Abtheilungen des Bauchs. Ich glaubte, bei dem Anfange der Convergenz auf jeder Seite des Ganglienstrangs noch ein anderes längslaufendes, sehr zartes Gefäls wahrzunehmen, worin sich die parallelen _ Röhren öffneten und voraus die convergirenden entsprangen. Bei allen Insekten der übrigen Classen ist mir nichts Aehnliches von jenem Bauch- gefäls vorgekommen. Es kann seyn, dafs dieses Gefäls der Schmetterlinge mit dem Herzen in Verbindung steht, und dafs darin ein Rückflufs des Herzbluts von vornen nach hinten statt findet. Einen allgemeinen Blutumlauf giebt es aber bei diesen Insekten doch nicht. In den Flügeln eines lebenden Kohlschmetterlings, die ich unter das Microscop brachte, nachdem ich den Staub davon abgestreift und sie durchsichtig gemacht hatte, sehe ich keine Spur von Bewegung einer Flüfsigkeit. Zur Erläuterung des Obigen füge ich in der dreizehnten Figur der vier- zehnten Tafel die Abbildung eines vergröfserten Stücks des Bauchknoten- strangs einer Papilio Atalanta mit den erwähnten Seitengefälsen bei. aa ist der, von seiner Scheide umgebene Theil des Ganglienstrangs. Der längs- laufende dunkele Streifen in der Mittellinie desselben ist das Bauchgefäfs. Der, unter diesem Gefäls liegende Knotenstrang läfst sich wegen der Undurchsichtigkeit der Scheide, in Folge‘ der Einwirkung des Weingeists worin das Präparat gelegen hatte, nicht wahrnehmen. dd, dd sind die Seitenröhren des Gefälses, und m, m Streifen des Fettkörpers, in welchem sich die Röhren verlieren. Bremen. Im Oktober 1831. If. Bra GAR.Trevinanus del. ar Karcher Se. ar. Karcher se. LR-Freviranus del. 185 XV. Ueber den Bau der Nigua. (Acarus americanus L. Acarus Niqua De Geer.) Von G. R. TREVIRANDS. (Hierzu Tafel XV. und XVI. Das Thier, das ich hier beschreiben werde, gehört zu den merk- würdigern unter den milbenartigen Insekten. Es ist merkwürdig wegen seiner Gröfse, die es zur Untersuchung des bei den übrigen Milben sehr schwer und nur unvollständig zu erkennenden innern Baus tauglich macht, wegen seiner weiten Verbreitung, die sich ven Peru, Carthagena und andern Gegenden des südlichen Amerika bis Canada erstreckt, und wegen den Plagen, die Menschen und Thiere in den Wäldern dieser Länder von denselben zu erleiden haben *), Demohngeachtet fehlt es noch ganz an einer genauern Beschreibung dieser Milbe. Der einzige Entomologe, der sie bisher näher untersucht hat, ist De Geer **). Seine Nachrichten betreffen aber blofs das Aeufsere, sind dabei oberflächlich und beziehen sich auf Figuren, worin man die abgebildeten Gegenstände kaum wieder- erkennt, wenn man sie mit der Natur vergleicht. Ich habe zwei in Weingeist aufbewahrte Exemplare der Nigua zu zergliedern Gelegenheit gehabt, die mir Herr von Lanssporrr aus Bra- silien zu senden die Güte hatte. Das eine ist in Fig. 1. von der obern, in Fig. 2. von der untern Seite vergrößsert abgebildet. In der letztern ’) Kans in den Abhandl. der Schwed. Akad. J. 1754. S. 20. De Geer Mem. pour servir a l’hist des Ins. Tom. VIl. p. 154. Reise in Brasilien von Speıx und Marrıus. Th. 1. S. 296, 2) A.u.0. 186 Figur sind die Fülse bis auf die Wurzeln der Schenkel abgeschnitten. Fig. 3 ist die natürliche Länge dieses Exemplars von dem vordern Ende der Speisewerkzeuge bis zum hintern Ende des Leibes. Der Körper des Thiers ist, wie bei allen Milben, breit und platt, der Umrils ein hinten breites, vorne schmäleres Rund. Die grade hervor- stehenden Speisewerkzeuge mit ihren Palpen sind ohngefähr dem vierten Theil der Axe des Körpers an Länge gleich. Die vier Fufspaare unter- scheiden sich wenig von einander an Länge. Doch ist das vorderste Paar das gröfste, und dieses hat fast dieselbe Länge, wie der Körper. Die Haut, die den Körper bedeckt, ist lederartig, sehr dehnbar und von brauner Grundfarbe. Sie bildet rings um den Leib einen Saum, der hinten breiter, nach dem Kopfe hin schmäler, hinten ausgekerbt und an jeder Kerbe mit einer kleinen durchsichtigen Halbkugel besetzt ist. Die braune Farbe erstreckt sich über den ganzen Körper mit Ausnahme der vordern Hälfte des Rückens; nur ist sie an einigen Stellen heller, an andern dunkler. Auf jener Gegend des Rückens liegt eine herz- förmige Figur, die mit dem breiten Ende nach dem Kopf, mit dem schmälern nach hinten gerichtet ist, eine dunkelbraune Einfassung hat, und inwendig zu beiden Seiten zwei breite Streifen von weilsem Perl- mutterglanz mit kleinen schwärzlichen Punkten zeigt. Hinter dieser Figur erstrecken sich von der Mitte des Rückens aus nach allen Seiten mehrere Streifen von dunkelm Braun, die durch gekrümmte Queerstriche verbunden sind, und ähnliche, doch nicht so zahlreiche Streifen giebt es auf der untern Seite des Leibes. Wir werden unten sehen, dafs diese von den, durch die äufsere Haut durchscheinenden Anhängen des Nahrungscanals herrühren. Die hintere Hälfte des Leibesist, besonders auf der Rücken- seite, mit kleinen weilsen Punkten besetzt, die sich unter dem Ver- gröfserungsglase als Vertiefungen zeigen. An der vordern Hälfte des Leibes, nicht weit vom Rande, sind die Fülse auf die, bei den Milben gewöhnliche Art befestigt. Die Hüften der drei hintern Paare stehen in gleicher Entfernung von einander ab. 187 Das vordere Paar ist von dem zweiten etwas weiter entfernt, als dieses von dem dritten. Die Hüften sind kurz und kegelförmig. Die des ersten Fufspaars haben zwei nach hinten gerichtete, spitze Fortsätze. An den übrigen traf ich bei dem einen Exemplar nichts Achnliches. Bei der andern Milbe aber hatte die Wurzel des letzten Fufspaars ebenfalls einen solchen Fortsatz. Die folgenden vier Glieder sind dünn, ziemlich lang und fast cylindrisch. Das äufserste (F. 6.) endigt sich in zwei sehr kurzen Anhängen, und der leizte von diesen in einer ziemlich langen, dünnen Klaue, die am Ende mit zwei Spitzen (z.) und vor diesen mit einem länglichrunden Ballen (r.) besetzt ist. Die Fufsglieder sind durch eine lange, weifse Haut unter einander verbunden, deren weifse Farbe Liwx# unter die specifischen Kennzeichen der Nigua aufgenommen hat. Hinter den Wurzeln des letzten Fufspaars, dicht am Rande des Bauchs, liegt auf jeder Seite ein weites, mit einer dreiseitigen Leiste eingefafstes Stigma. (F. 2. s. s.) Zwischen diesen Luftlöchern, in der Mitte des Bauchs, findet man eine kleine runde, von zwei conzentrischen Kreisen umgebene Platte (F' 2. d.), hinter welcher ein weifser Halbkreis liegt. Weiter nach vorne, zwischen den Wurzeln des dritten Fufspaars, giebt es noch eine ähnliche, aber etwas kleinere und nur von einem einfachen Kreise umgebene Platte (F. 2. 6.) Die erstere enthält den After, die letztere den Eingang zu den Zeugungstheilen. Bei dem zweiten der beiden Thiere, die ich untersuchte, traf ich unter der letztern Platte vier kleine Hervorragungen (F. q.) an, woraus ich auf eine Ge- schlechtsverschiedenheit beider Exemplare schlols, die ich aber bei der Zergliederung nicht bestätigt fand. Die Speisewerkzeuge (F. 1. 2. g.) stehen mit dem Körper durch einen kurzen, halbkugelförmigen Fortsatz, woran es keine Augen giebt, in Verbindung. Auf jeder Seite derselben befindet sich ein viergliedriger Palpe (F. 1. 2. p. p.), woran das unterste, das zweite und das vierte Glied kurz, das dritte aber ziemlich lang ist. Die innere, nach den Speisewerk- zeugen gerichtete Seite desselben ist concav. Mit dieser schliefst er an 188 jene Theile dicht an und bildet für sie eine Art von Bedeckung. Die Frefswerkzeuge sind: ein mittleres, keulenförmiges, hornartiges Organ und zwei kegelförmige, hornartige Seitentheile. An dem mittlern Organ laufen von dem vordern Ende der Länge nach sechszehn scharfe Her- vorragungen herab, die an dem vordern, runden Theil (F. 4. A.) des Organs sägeförmig ausgerandet sind, und zwar so, dals die Spitzen der Zacken nach hinten gerichtet stehen. Die_Seitentheile (F. 7. e e. F. 5. Et. Et.) bedecken, an einander liegend, die obere Seite des keulen- förmigen Rüssels. Sie bestehen aus einer knorpelartigen Scheide (F. 5. E.) in welcher ein, sich in Stacheln endigender Cylinder (F. 5. £.) liegt. Dieser ist aus hornartigen Fasern zusammengesetzt, die sich nach oben von einander entfernen und die Stacheln bilden. Sowohl die Scheide, als der "Cylinder ist mit Muskeln (P. 5. m. m. n. n.) versehen. Diese Beobachtungen geben über das Vermögen der Nigua und der verwandten Milbenarten, sich tief in das Fleisch der Thiere einzubohren, und über die Unmöglichkeit sie ohne Zerreifsung herauszuziehen, wenn sie einmal eingedrungen sind, Aufschlufs. Man sieht, dafs die ganze Bildung des Rüfsels und der Stacheln zum Einbohren in weiche Sub- stanzen eingerichtet ist, und dafs es die nach hinten gerichteten Zacken der sägeförmigen Hervorragungen des Rüssels sind, die das Ausziehen desselben verhindern. Aus unsern obigen Beobachtungen folgt auch, dafs die Nigua nicht zu-Zehynchoprion gehört, wohin sie Herrmann *) gebracht hat, indem sie am letzten Fufsgliede einen Ballen (wre vesicwle,, wie ihn Herrmann nennet). besitzt, der jenem Geschlechte fehlt. Diesen Ballen hat sie mit Cynorhaestes Hzrm. gemein. Sie unterscheidet sich aber wieder von dem letztern und gleicht dem Zhynchoprion in dem Besitze artikulirter Palpen, woraus dann weiter folgt, dafs es in der Natur keine wirkliche Trennung zwischen diesen beiden Geschlechtern giebt. Die innern Theile der Nigua sind in Fig. 7, S und 10 hehe Fig. 7 stellt sie von der obern Seite in Verbindung mit dem Rüssel @ und 2) Memoire apterologique. p. 71. 189 den Stacheln e, e, Fig. 8 von der untern Seite, abgesondert von diesen Organen, vor. .o ist der Schlund, der als eine dünne, sehr zarte Röhre von dem hintern Ende der Speisewerkzeuge bis an der vordern der beiden Platten, die auf der auswendigen Seite des Bauchs liegen, (F\ 2. 5.) herabsteigt. Wie er sich mit dem Rüssel verbindet, der ohne Zweifel das Saugorgan ist, habe ich nicht entdecken können. Vor seinem Eintritt in den Magen (F. 7. P.) dringt er durch das Gehirn c, einen runden, etwas abgeplatteten Theil, aus welchem von allen Seiten die Nerven in strahlenförmiger Gestalt hervorkommen. Der übrige Nahrungscanal hat eine ganz ungewöhnliche Bildung. Er besteht aus einem kurzen, läng- lichen Sack P, aus dessen oberem und unterem Ende auf jeder Seite die Zweige v,' v/, v‘ entspringen, die sich noch weiter in mehrere blinde Aeste theilen. Die Haut dieser Organe ist so dünn, besonders an den äufsersten Zweigen, dafs ich die letztern nicht ohne Verletzung von den übrigen Thheilen habe trennen können. Sie enthalten aber einen dunkel- blauen Saft, der durch die äufsere Haut der Milbe durchscheinet und die Vertheilung der Aeste von aufsen errathen lafst. Man kann daher ihre ursprüngliche Lage und Zerästelung aus Fig. 1 und 2 einigermafsen abnehmen. Ihre Vertheilung scheint indefs bei jedem Individuum von anderer Art zu seyn, und ihre Lage ändert sich wahrscheinlich, je nachdem sie mehr oder weniger Flüssigkeit enthalten. An den beiden Exemplaren, die ich untersuchte, bildeten sie unter der äufsern Haut so verschiedene Figuren, dafs ich anfangs zwei verschiedene Thiere zu sehen glaubte. In der 7ten und ten Figur, die nicht nach dem Exemplar vorgestellt sind, nach welchem ich F. 1 und 2 gezeichnet habe, kömmt deswegen ihre Form mit der, die sie in den letztern Figuren haben, nicht ganz überein. Das hintere Ende des Magens P öffnet sich auf der untern Seite in den Mastdarm (F. 8. 7.), einen sehr kurzen, nach hinten sich verengernden Sack, und dieser umschliefst mit seinem hintern Ende die unter dem Bauch, zwischen den Stigmaten , liegende runde Platte (F. 2. d.) In den Eingang des Mastdarms dringt auf jeder Seite ein Zeitschrift f. Physiol. ka 2. 190 Gallengefäls (F. 8. n. z.), das von der obern Seite des Nahrungscanals herabsteigt und aus der Vereinigung mehrerer Aeste zu entstehen scheint. Die Enden dieser Gefälse habe ich nicht verfolgen können. Vielleicht gehören zu ihnen die Gefäfse g, g der ten Figur. Doch ist es mir wahrscheinlicher, dafs die letztern Speichelgefäfse sind, da sie einen grölsern Durchmesser als die Gallengefäfse haben. Eben so wie bei der Nigua öffnen sich bei den Spinnen und Wanzen die Gallengefälse in den Mastdarm. Diese Art von Insertion scheint also bei denen Insekten statt zu finden, die sich von thierischen oder vegetabilischen Flüssigkeiten nähren. Bei der Nigua enthält der Mastdarm auch, wie bei den Spinnen, eine weilse Materie. ( Da man bei vielen Arten der Milbengeschlechter, die Saugwerkzeuge haben, unter der äufsern Haut ähnliche Blinddärme wie bei der Nigua liegen sieht, so ist wohl die ästige Bildung des Nahrungscanals unter diesen Thieren allgemein. Zwei blinde Anhänge fand ich auch schon am Nahrungscanal des Trombidium holosericeum '). Vielleicht giebt es auch, nach Jurıne’s Beschreibung ?) zu urtheilen, etwas Aehnliches beim Argulus foliaceus. Analog den ästigen Blinddärmen der Nigua sind ferner die blinden Seitentaschen am Nahrungscanal der Phalangien °) und die drei Röhren, worin sich der Darmcanal der Wangen theilt °). Was ich von Zeugungstheilen bei den beiden Milben fand, bestand in zwei ziemlich weiten, eine weifse Materie enthaltenden Gefäfsen (F. 7. 8. 10. .. 3.), die durch zwei dünne, fadenförmige Gefäfse (F. 10. >. #.) -mit der, zwischen dem dritten Fufspaar liegenden runden Platte (F. 2. 5. F. 8. 10. 4.) zusammenhingen, auf beiden Seiten des -Nahrungscanals nach dem hintern Ende des Leibes fortgingen und sich dann wieder nach jener Platte heraufbogen. Da an und neben diesen Theilen nichts 1) Vermischte Schriften, anatom, u. physiolog. Inhalts, von G. R.u. L. C. Tervırasus, B.1.S. 4. 2) Anuales du Mus. d’hist. nat. T. Vll. p. 451. 3) Verm. Schriften, von G. R. und L. C. Teevıranus. B. 1. S. 29. 4) G. R. Taevıranus in den Annalen der Wetterauischen Gesellsch. B. 1. H. 2. S. 169. 191 einem Eierstocke Aehnliches vorhanden war, so würde man sie für die männlichen Zeugungsorgane halten dürfen, wenn ich nicht eben solche Gefälse beim Trrombidium holosericeum angetroffen hätte, die sich hier als die Eierleiter zeigten, und bei welchem Thier der Hoden eine ganz andere Gestalt hat °). Ich vermuthe daher, dafs jene Gefäfse auch bei der Nigua die Ausführungsgänge eines noch unentwickelten, von mir übersehenen Eierstocks sind. Auf jeden Fall ist es gewils, dals bei allen Milben die Oeffnung der weiblichen Zeugungstheile an der Brust liegt, und dafs sie, wie Mürter ?) am Jwodes JRicinus beobachtete , durch diese Oeffnung, nicht aber, wie CHABRIER gesehen haben wollte, durch den Mund, ihre Eier legen. Zwischen dem Nahrungscanal und den innern Zeugungstheilen lag ein Feitkörper, deraus kleinen runden Körnern von blaulicher Farbe bestand. Die Luftröhren entspringen aus den beiden Stigmaten (F. 2. s. s.) in büschelförmiger Gestalt. Nach diesen Untersuchungen gehören also die Nigua und die ihr verwandten Milben zu denjenigen Apteren, die durch Luftröhren athmen und einen runden Körper mit vier Paar Füfsen haben. Sie folgen zunächst auf die Trombidien und sind durch diese mit den Phalangien verbunden. Mit beiden haben sie einen Nahrungscanal gemein, der sich durch zahlreiche blinde Anhänge auszeichnet. Aufser den generischen Charakteren, die sich von ihrer äufsern Gestalt und der Struktur ihrer Speisewerkzeuge hernehmen lassen, sind ihre Geschlechtskennzeichen : zwei, hinter den Wurzeln der Schenkel des letzten Fufspaars liegende Stigmate, ästige Anhänge des Nahrungscanals, und Gallengefälse, die sich in den Anfang des Mastdarms öffnen. 1) Vermischte Schriften von G. R. u. L. €. Taevıranus, Bd. 1. S. 47. 48. 2) In Genmar’s und Sommer’s Magazin der Entomologie. Jahrg. 2. 192 XVIH. Ueber die anatomischen Verwandschaften der Fluss- napfschnecke (Ancylus fluviatilis Drap.) Von G. R. TREVIRANDSs. (Hiezu Tafel XVII.) . Es ist eine von den vielen, noch unbeantworteten Fragen in der Naturgeschichte der Mollusken: Welche Stelle unter diesen Thieren den Napfschnecken: zukömmt ? GEoFFRoY sonderte mit Recht die Gattung Ancylus von den Patellen ab, wozu sie von Lınx& gezählt war. O. F. MüLter, Deeparnaup und Preirrer folgten ihm in dieser Trennung. Da man sich aber hierbei nur von Characteren leiten liefs, die das Aeufsere des 'Thiers und die Schaale zeigen, ohne den innern Bau zu untersuchen, so blieben die natürlichen Verwandschaften des Thiers bisher unbestimmt. Mich verlangte immer sehr, mir über diesen Punkt Aufschlufs zu verschaffen. Ich suchte aber vergeblich nach Napfschnecken in den Umgebungen Bremens. Vor einigen Wochen hatte einer unserer ersten Conchylienkenner, Herr Hofrath Menke in Pyrmont, der mich schon in vielen andern Fällen mit Materialien zu zootomischen Arbeiten aufs gefälligste versorgte, die Güte, mir eine hinreichende Anzahl frischer Exemplare des Ancylus fluviatilis zu senden, woran ich endlich meinen Wunsch befriedigen konnte. Ich ging gleich nach dem Empfang an die Untersuchung und fand, dafs die Napfschnecke ein Bindungsglied der Patellen mit Pleurodbranchus und Lymna@us ausmacht, doch zunächst mit Pleurobranchus verwandt ist. Die Aehnlichkeit des Ancylus mit den Patellen verräth sich nicht nur in der äufsern Gestalt des Körpers und der Schaale; sondern auch Arr Aarcher so. Anclus Huviatilıs. GA. Tpeviranus del. PET N N ar PERE Masle? f Baia ua he Bean Da j ae nd RER EM 193 in der Gegenwart eines Theils, der in gleicher Form bei keinen andern Mollusken vorkömmt: einer Art von Zunge, deren vorderes Ende in dem Schlundkopf (F. 3. n.) liegt, und deren hinterer, von einer häutigen Scheide umschlossener Theil (7) aus diesem hervorragt. Bei den Patellen ist dieselbe sehr lang, vorne hornartig und mit kleinen Widerhaken besetzt, hinten zurückgebogen und weich. In dem Maafs, wie ihr vorderes Ende sich abnutzt, rückt sie aus ihrer Scheide von hinten nach vorne hervor, während zugleich ihr hinterer, weicher Theil erhärte. Beim Ancylus ist sie kürzer und hinten nur leicht gebogen. Ihr vorderer Theil schien mir eine kleine, dreieckige Platte im Hintergrunde des Schlundes zu seyn. Ihr Hintertheil ist ein weicher, mit schwärzlichen Punkten besetzter und in einer häutigen Scheide enthaltener Cylinder. Die Scheide hat ihrer ganzen Länge nach parallele Queerfalten. (F. 4). Der Vordertheil verdient aber bei seiner Kleinheit kaum den Namen einer Zunge. Ein Abreiben desselben und ein Nachrücken des Hinter- theils an die Stelle des abgenutzten, wie bei den Patellen statt findet, kann hier schwerlich vorgehen. Der hintere Theil mufs daher eine andere Funktion als bei den Patellen haben. Die Aehnlichkeit des Ancylus mit den Patellen erstreckt sich aber nicht auf die Organe des Athem- holens, der Verdauung und Zeugung, die in beiden Gattungen ganz verschieden gebildet sind. Mehrere Arten der Gattung Pleurobranchus haben eine Schaale, die auf dem Rücken im Mantel liegt. Wäre diese freiliegend und so grols, dafs sie den ganzen Rücken bedeckte, so würden jene 'Thiere in der äufsern Gestalt mit den Napfschnecken übereinkommen. Diese Ver- waundtschaft geht aber noch weiter. Das Respirationsorgan ist sowohl bei Aneylus, als bei Pleurobranchus ein häutiges, in der Rinne zwischen dem Saum des Fufses und des Mantels der Länge nach befestigtes Blatt (F. 1. 2. d). Bei dem erstern hat, zwar diese Kieme eine ganz glatte Oberfläche und liegt auf der linken Seite des Körpers, da sie bei dem letztern auf beiden Flächen viele, parallele Queerfalten hat, die ebenfalls 194 wieder in die Queere gefalten sind, und ihre Lage auf der rechten Seite ist. Diese Unterschiede sind aber nicht wesentliche. Bei Ancylus liegt ferner neben dem vordern Ende der Kieme, gleich unter dem Rand der Schaale, das Herz (F. 2. i.r.) Zwischen dem mittlern Theil der Kieme und der Fläche der Rinne, mit welcher diese verbunden ist, öffnet sich der Mastdarm nach aufsen (F. 2. z). Von ähnlicher Art in Beziehung auf die Kieme ist die Lage des Herzens und Afters bei Pieurobranchus. Der Ancylus hat drei Magen. Der erste (F. 3.5. «.) ist eine kropfartige Erweiterung des Schlundes. Der zweite (F\ 3. 5. d.) ist von sehnenartigen @Queerfasern umgeben und hat auf seiner innern Fläche eine schwielenartige Hervorragung (F.5.e). Der dritte (F. 3. g.) ist von gleicher Textur mit dem zweiten, doch inwendig glatt. Diese drei Magen sind auch dem Pleurodranchus eigen. Nur hat der zweite Magen bei einigen Arten desselben einen zusammengesetztern Kauap- parat als der des Aneylus. Beide Gattungen gehören endlich zu denen Gasteropoden, die sowohl männliche, als weibliche Zeugungstheile besitzen, und bei welchen dieselben in Einem Individuum vereinigt sind. Im Bau dieser Theile weichen jedoch beide von einander ab. Unter andern hat Pleurobranchus eine Ruthe, die ziemlich weit hervortritt; hingegen bei Ancylus ist dieses Glied sehr kurz. Hierin steht Ancylus dem Lymnaeus näher. Die Zeugungstheile des erstern fangen mit einer ähnlichen Drüse (F. 6. g) an, wie es bei allen Hermaphroditen unter den Gasteropoden giebt, die zwischen den Lappen der Leber liegt und von mir in meiner Abhandlung Ueber die Zeugungstheile der Mollusken das traubenförmige Organ genannt ist ). Von dieser geht ein kurzer, enger Canal (F. 6. g‘) zu einem Theil (F. 6 ?. F. 2. x), der aus kurzen, blinden Schläuchen besteht und sich nicht bei allen Androgyeen unter den Schnecken findet. Aus dem letztern entstehen drei Ausführungsgänge. Der eine F. 6. f.), der mit dem Gefäfs übereinkömmt, welches in meinem erwähnten Aufsatz 1) Zeitschrift f. d. Physiologie von Tıevemann u. Tasvırasus. B. 1. S. 8. 195 (8. 15. 24) der Canal der Ruthe heifst, läuft zum äufsern Zeugungssack (@), Der zweite (k) verbindet sich mit einem grofsen, drüsigen Organ (R), das mit dem Theil übereinkömmt, welches an dem angeführten Orte (S. 3. 16. 26) den Namen der Mutterdrüse führt. Der dritte (p), verbindet sich mit einem Gefäfs (W), das von dieser Mutterdrüse zum äulsern Zeugungssack (@) führt und sich .darin an einerlei Stelle mit dem Ruthencanal (f) öffnet. Der äufsere Zeugungssack (@) ist ein muskulöser Behälter, dessen äufsere Oeffnung hinter dem linken Fühl- horn, zwischen demselben und dem vordern Ende der Kieme liegt, und der eine knrze, doch verhältnifsmäfig ziemlich dicke, vorne gespaltene Ruthe (F. 7. g.) enthält. Aus der Beschreibung, die ich in der obigen Abhandlung (S. 22 fg.) von den Zeugungstheilen des Lymnaus palustris gegeben habe, erhellet, dafs diese mit denen des Arcylıs mehr als mit den Geschlechtstheilen der übrigen Schnecken übereinkommen, besonders darin, dafs zu denselben aufser dem traubenförmigen Organ und der Mutterdrüse noch ein anderes absonderndes Eingeweide gehört, welches mit jenen beiden Theilen in Verbindung steht; dafs der Ruthencanal getrennt von dem Ausführungs- gang der Mutterdrüse verläuft, und dafs das äufsere Zeugungsglied sehr kurz ist. Die Zeugungstheile beider’ Gattungen weichen indefs freilich - auch in manchen Stücken von einander ab. Es geht unter‘ andern bei Ancylus der Ausführungsgang der Mutterdrüse in den nämlichen Sack über, worin sich der Ruthencanal öffnet, während er bei Lymnaeus mit diesem Sack keine Verbindung hat, und bei dem letztern vereinigt sich jener Canal mit dem Ausführungsgang einer Blase, die sich zwar auch bei Aneylus findet, (F. 6. 7.), bei diesem jedoch am vordern Ende der Kieme, in derselben Gegend, wo sich der Zeugungssack und der Aus- führungsgang der Niere nach aufsen öffnen, ihre äufsere Mündung hat. Dem Lymnaeus sind aber ebenfalls drei Magen eigen, die in ihrer Struktur denen des Ancylus noch ähnlicher als denen des Pleurobranchus sind. Im Bau des Respirationsorgans ist dagegen wieder Lymnaeus von Ancylus sehr verschieden. 196 Ich glaube hiernach,, dafs die natürlichste Stelle des Ancylus zwischen Pleurobranchus und Eymnaeus ist, und dafs er füglich mit Pleuro- branchus zu einerlei Familie gebracht werden kann. Einige Punkte aus der Anatomie der Napfschnecke, deren ich im Obigen noch nicht erwähnt habe, werden übrigens in der folgenden Erklärung der Figuren eine Stelle finden. Das Nervensystem mufs ich indefs übergehen. Bei der Kleinheit desselben ist es mir nicht möglich gewesen, das Charakteristische der Gattung daran zu entdecken. F. 1. Ein Thier des Ancylus fluviatilis, aus der Schaale genommen und von der untern Seite in einer, ohngefähr viermaligen Vergrößerung des Durchmessers abgebildet. — a. Der Fuls. — rr. Dessen Saum. — mm. Der Saum des Mantels. — d. Die Kieme, ein blofses, halbrundes Blatt, ohne innere Höhlung. — ii. Die Fühlfäden. — 0. Der Mund. — ce. Die Lefzen. F. 2. Dasselbe Thier, woran der Mantel, der Saum des Fufses und die Haut, welche unter dem Mantel die Eingeweide bedeckt, weg- genommen sind, von der linken Seite in gleicher Vergröfserung mit F.1. vorgestellt. — ö. Der linke Fühlfaden.— c. Das hintere Stück der linken Lefze. -— r. Zurückgelassenes vorderes Stück des Saums des Mantels. — d. Die Kieme. — h.h. Die Leber. — p. Vorletzte, — q. letzte Windung des Darmcanals. — r. Stelle am innern Rand der Kieme, unter welcher der After liegt. — 1. Die Herzkammer. — r. Das Herzohr. — v. Ein Eingeweide von gelber Farbe, welches dem gleich ist, das man bei andern Schnecken für die Niere angenommen hat. — %. Dessen Ausführungsgang. Die äufsere Mündung dieses Gangs habe ich nicht entdecken können. Sie mufs aber an e liegen. — x. Zu den Zeugungstheilen gehöriges Eingeweide. F.3. Die entwickelten Verdauungsorgane — 0. Der, von dem innern Theil der Lefzen umgebene Mund. — z. Der Schlundkopf. — . Der, aus dem hintern Ende des Schlundkopfs hervorragende, hintere Theil der Zunge. — 5 b. Die Speicheldrüsen. — e. Die Speiseröhre. — a. Der Kropf. — d. Der, inwendig mit Schwielen besetzte, zweite Magen. — g. Der dritte Magen. — p p. Der Darmcanal. — hh.Die Leber. — 2. Der, 189 sich in den Anfang des Darmkanals öffnende Lebergang. — g. Ein kleiner, neben diesem Gang liegender, blinder, Anhang des Darms, viel- leicht eine Gallenblase. F. 4. Die Scheide des hinteren Theils der Zunge. Stärker vergrölsert als in A. 3. F.5. Die inwendige Fläche des zweiten Magens. — a. Der Kropf. — d. die äufsere Fläche des zweiten Magens. — c. Die innere Fläche der verdickten Wand desselben. — o. die vordere Mündung dieses Magens. - F.6. Die entwickelten Zeugungstheile. — g. Dasin der Leber liegende, traubenförmige Organ. — g’ Ausführungsgang desselben. — ? Ein aus kleinen Blinddärmen bestehendesEingeweide , worin dieser Gang übergeht, einerlei mit F! 2.x- — f. Gefäls, welches von diesem Eingeweide zum äulsern Zeugungssack führt. (Der Ruthencanal) — z. Die Mutterdrüse. — w Ausführungsgang derselben, welcher sich mit dem Ruthencanal in den Zeugungssack öffnet. Der hintere, weitere Theil dieses Gangs ist der Uterus. — %. Verbindungsgefäls zwischen dem Eingeweide £ und der Mut- terdrüse 2 — p. Verbindungsgefäfs zwischen 3 und dem Ausführungsgang w der Mutterdrüse— @. Der Zeugungssack — a. Stück der äufsern Haut, woran dessen äufseres Ende befestigt ist — 4- Blase, welche neben der Mutterdrüse # liegt, und mit der übereinkömmt, die ich’ bei andern Schnecken für die Harnblase erklärt habe ') Ihr Ausführungsgang öffnet sich wahrscheinlich mit dem Canal %k. F\ 2., an der Stelle ce. dieser Figur nach aufsen. F. %. Die Ruthe g. mit dem Ruthencanal f und dem Ausführungs- gang w der Mutterdrüse, aus dem Zeugungssack genommen und stark vergrölsert. Beide Canäle f und w scheinen in die Ruthe zu dringen. Indefs ist es mir von 20 nicht wahrscheinlich, dafs dieser sich darin wirk- lich inserirt. Bremen. Im Juni 1829. *) Zeitschrift f. d. Physiol. B, 1. S. 10. 18. 25 Zeitschrift $. Physiol. IV. 2. 26 190 XIX. Beiträge zur Anatomie und Naturgeschichte der Amphibien. | Von Professor Jom. MÜLLER zu Bonn. (Hierzu Tafel XVIIJ. — XXI. Der mangelhafte Zustand, worin sich die Naturgeschichte der Am- phibien befindet, hatte mich veranlafst, die Anatomie dieser Thiere weiter zu bearbeiten, und mich überzeugt, dafs nur solche Arbeiten wie ScHxer- Der historia amphibiorum und Cuvıers Untersuchungen über die Proteus- artigen Thiere in 4.v. Humzoror's Beiträgen zur Anatomie und Zoologie und Mem. du mus. T. 14., so wie dessen osteologische Untersuchungen über die Amphibien in Zecherches sur les ossemens fossiles T. V. p. 2. Licht in dieses schwierige Gebiet bringen können. Eine kleine Sammlung von Amphibien für anatomischen Zweck und die Güte des Hrn. Dr. Schtece, Conservators am Königl. Holländischen Museum zu Leyden, dem ich Exemplare von Acontias, Typhlops und Coecilia verdanke, hatten mich in den Stand gesetzt, eine anatomische Arbeit über zweifelhafte und ano- male Schlangen zu beenden, die ich in Meceker’s Archiv bekannt zu machen beabsichtigte. Im Frühling 1831 besuchte ich die zoologischen und ana- tomischen Museen zu Leyden und Utrecht, und hatte mich der aufseror- dentlichen'Güte der Herren Temmink, van der Hogven, SANDIFORT, SCHLEGEL, De Haan, Broers, ScHRoEDER, van der Kork, FremerY, KLiNKENBERG zu erfreuen. Dort habe ich Materialien für die Fortsetzung meiner Un- tersuchungen gesammelt. Ich war überdiefs so glücklich, an einer jungen Coceilia hyppocyanea (Epicrium Hasseltii Wagl.) von 4, Zoll Länge Kie- Fig. “ I Muller, ad nat del ohm TAFY XXX. ‚4 Müller, ad nat del Fig 17. c MNedmund, on TAFXXT, Purer ce \ HAND IN NE Be ereentt > 191 menlöcher am Halse zu entdecken. Dies machte ich in der Isis 1831, H. 7. bekannt, und theilte kurz meine Eintheilung der Amphibien mit, die auch Herr Dr. Car Winpıscamann in seiner schönen Arbeit de peni- tiori auris structura in amphibüs Bonnae 1831, (prostat Lipsiae apud Leor. Voss) benutzt hatte. Da ich so manche neue Materialien zur Fortsetzung meiner ersten Arbeit besafs, Mecker’s Archiv aber eine Unterbrechung im Jahre 1831 erlitt,‘so erbat ich mir die noch nicht erschienene erste Abhandlung zurück, um sie zu erweitern. Ich reiste für denselben Zweck im Spätsommer 1831 nach Paris, und hatte mich hier einer so reichlichen und grofsmüthigen Unterstützung durch Herrn von Cuvier zu freuen, wie ich zu hoffen nicht kühn genug gewesen. Derselbe hat mir den Schatz von Doubletten und ununtersuchten Materialien des Museums zur anato- mischen Untersuchung, so wie Alles, was ich aus dem zoologischen Ca- binet näher zu untersuchen wünschte und die herrlichen Materialien des anatowischen Cabinetts eröffnet, wobei dieHerren VaLencrennes und LAv- RILLARD mich ebenfalls in hohen Grad verpflichtet haben. Und so wurde vieles Seltene für diesen und andere Zwecke von mir und meinem Begleiter Herrn Dr. Hexue gezeichnet. Endlich hatte ich mich noch der gütigen Unterstützung des Herrn Geheimenrath Tırpemann zu erfreuen, der ana- tomische Notizen und schöne Zeichnungen zur Anatomie der Coecilia an mich zum Gebrauch abliefs, und dadurch bezeugte, wie gern er eine Arbeit fördert, die er selbst erst mit dem trefflichen Orreu in einem viel grofsartigern Umfange begonnen hatte. Die gegenwärtigen Aufsätze ent- halten den ersten Theil meiner anatomischen Arbeiten über Amphibien, namentlich die über zweifelhafte und anomale Schlangen, die Fortsetzung wird Anatomisches von Fröschen, Schildkröten und Eidechsen enthalten. I. Abschnitt. Ueber die natürliche Eintheilung der Am- phibien. Die von Bnoenıarr zuerst eingeführte Eintheilung der Amphibien in Schildkröten, Saurier, Schlangen und Batrachier umfafste die Materia- 192 lien vollständig, welche damals die Wissenschaft darbot. Es liegt so viel Verschiedenes in diesen vier Abtheilungen, dafs sie sich bis in die vor- züglichsten neuen zoologischen Werke z. B. Cuvıer's neue Ausgabe des ARegne animal erhalten haben. Indessen sind so merkwürdige nackte Am- phibien oder Batrachier im Sinne von BroenIAarr bekannt 'geworden, dafs die Abtheilung Batrachia bei diesem System die verschiedenartigsten Thiere umfafst, während jede der übrigen Abtheilungen, 'Testudines, Saurii, Ophidii in der Form des Körpers sehr ähnliche Thiere vereinigt. Dume- RIL zeigte in einer schönen Abhandlung 180% die anatomischen Unter- schiede der Salamander und Frösche, Batrachia urodela et anura. Die nähere Kenntnifs der Proteusartigen Thiere, mit Lungen und Kiemen durch’s ganze Leben, sämmtlich ohne Augenlieder und zum Theil mit Nasenlöchern, welche die Knochen nicht, sondern die Lippen durchbohren, brachte neue Unterschiede. Bald lernte man wieder andere nackte Am- phibien kennen, die den Fröschen noch unähnlicher sind, mit Kiemen- löchern am Halse ohne Kiemen, mit Nasenlöchern, die den knöchernen Gaumen durchbohren, amphiuma und menopoma, ersteres dazu mit langer wurmförmiger Gestalt, mit schwachen rudimentösen, überaus weit ausein- ander stehenden Fülsen. Hiermit haben uns vorzüglich, Harıan, LEUcKART, und Cuvıer bekannt gemacht. Endlich schien auch die nackte Coecilia ein gewöhnlich und selbst von Cuvıer mit den Schlangen vereinigtes fuls- und schwanzloses Thier, das mit allen bisher genannten aufserordentlich viele anatomische Aehnlichkeit, mit den Schlangen aber gar keine hat, die Verschiedenheit der Formen in den nackten Amphibien noch zu ver- mehren. Denn Coecilia stimmt durch den doppelten condylus oceipitalis, durch den Mangel wahrer Rippen, durch ein einfaches atrium cordis, durch Mangel des penis mit allen nackten Amphibien, daher denn auch OPreL, Merrem, Nırszcen, Braıvitte, MeckeL, die Coecilia bereits zu den Ba- trachiis gezählt haben. Orreu theilte die Batrachier in BroenıArıs Sinne in apoda (Coecilien), anura (Frösche und Kröten), urodela (Salamander und Proteideen.) Die Abtheilung der Batrachier fällt hier durch die Ungleich- 193 heit ihrer Familien vom Frosch bis zur Coeciliasehr auf. Welche Aehnlichkeit ist zwischen einer Coecilia und einem Frosch, jene mit unzähligen Wir- beln ohne Extremitäten, dieser mit äufserst wenigen Wirbeln und Extre- mitäten. Man vergleiche ferner den Schädel eines Frosches mit dem von Siren lacertina, und gestehe, ob die entfernteste Aehnlichkeit statt finde, und ob die Verschiedenheit nicht eben so grofs ist, wie zwischen dem Schädel einer Schlange und einer Eidechse. Dagegen sind die Thiere jeder der übrigen Ordnungen sich sehr ähnlich. Alle Schildkröten, wie übereinstimmend sind sie, wie übereinstimmend alle Schlangen, und doch soll die Ordnung Testudines mit der Ordnung Batrachia in gleichem Rang seyn, wo Frosch, Amphiuma, Coecilia nebeneinander stehen. Hier zeigt sich eine vollkommene Disharmonie im Princip der Eintheilung. Man hat daher schon in verschiedener Zeit den Versuch gemacht, die nackten Amphibien, den beschuppten und beschildeten gegenüber aufzustellen. Merrem war hierin der erste. Seine nackten Amphibien, die er aber- mals Batrachier nannte, enthielten als Familien: 1) Apoda (Coecilien); 2) Sa- lientia (Frösche und Kröten); 3) Gradientia, a. mutabilia, palpebris praedita (Salamander), b. amphipneusta, palpebris nullis (Proteus, Siren). LeuckArr, der uns eine 'gediegene Untersuchung über die fischartigen Amphibien und besonders über Menopoma, Crytobranchus Leuck, (Isis 1821. 1. litt. anz. p. 257.) lieferte, theilte die Amphibien in Monopnoa und Dipnoa. Zu den Dipnoa zählt er alle Amphibien, die nacheinander Kiemen und Lungen oder beide zugleich durch’s ganze Leben besitzen. Die Dipnoa zerfallen wieder in 2 Abtheilungen. A. mit verschwindenden Kiemen; 1. ecandata; Frösche und Kröten; 2. candata, Salamander und Tritonen. B. mit bleibenden Kiemen; 1. mit verborgenen Kiemen, die sich indefs nicht bei Menopoma bestätigt haben; 2. mit äulsern Kiemen, Proteideen. HırLan (ann. of the Lyceum of Newyork 1825. 'T. 1.) hat eine ähnliche Eintheilung der Amphibien mit Kiemenlöchern und Kiemen vorgeschlagen: 1. mit blofsen Kiemenlöchern Amphiuma, Menopoma; 2. mit äufsern Kiemen, Proteideen. Fırzınser, (Neue Classification der Reptilien Wien 1826) hat 194 im Allgemeinen Levkarr’s Hauptabtheilungen adoptirt, und weicht in der Eintheilung der sich verwandelnden Dipnoa ab. (Vergl. Isis T. 21., p-23.) Auch Lareeınue (natürliche Familien des Thierreichs, übers. von Berruoıd 1827.) trennt die mit Lungen athmenden Reptilien von den doppelathmenden, die er Amphibia nennt. Letztere theilt er in 2 Familien, I. Caducibranchia, 1. anura. 2. urodela. II. Perennibranchia. In der neuen Ansgabe des regre animal (T.11. 1829) hat Cuvırr den Plan der Ordnungen von Brocnıart beibehalten. Die Batrachier sind darin in: 1. Frösche, 2. Salamander, 3. Amphibien mit Kiemenlöchern ohne Kiemen (menopoma, amphiuma) 4. Amphibien mit Kiemenlöchern und Kiemen, (Proteus, Siren, Axolotis, Menobranchus) abgetheilt. In Wasuers natürlichem System der Ampbibien, (München 1830) kommen acht Ordnungen der Amphibien vor: 1. Testudines. 2. Crocodili. 3. Lacertae. 4. Serpentes 5. Angues. 6. Coeci- liae. 7. Ranae. 8. Ichthyodi. Die Eintheilung der Ranae hat das Eigen- thümliche, dafs die Gattung Pipa eine erste Familie (aglossae) bildet, während die zweite Eamilie (phaneroglossae) in schwanzlose (Frösche und Kröten) und geschwänzte (Salamander) zerfällt. Die Eintheilung der Ich- thyodi mit Kiemenlöchern oder Kiemen ist wie bei Harzan. Man sieht, fast alle diese Verschiedenheiten der Eintheilung hängen von der Stelle ab, welche man den nackten Amphibien giebt, und die Stellung der letztern ist ohne weitere Aufschlüsse über die Coecilien immer auf eine oder die andere Art im Widerspruch mit dem, was wir bisher über diese merkwürdige Thiere kannten. Orrer und Merrem brachten die Coecilien unter die nackten Amphibien, weil sie durch ihre nackte Haut, durch ihren doppelten condylus oceipitalis, durch ihr ein- faches Herzohr, durch den Mangel wahrer Rippen, durch den Mangel des Penis mit diesen übereinkommen. Allein diese Stellung war gleich- wohl noch immer zweifelhaft, weil man bisher keine Kenninils von der Verwandlung der Coecilien hatte. LeuckArT, LATREILLE, FITZINGER, welche, die nackten Amphibien als Dipnoa den Monopnoa gegenüber stellten, mufsten aus demselben letztern Grund die Coecilien ganz isolirt unter 195 den Monopnoa lassen. Cuvier endlich, indem er die Eintheilung von Broentarr in Chelonii, Saurii, Ophidii, Batrachii beibehielt, liefs sich von der schlangenförmigen Bildung der Coecilien und ihrem Fufsmangel leiten, um sie ihrem innern Bau zuwider mit den Schlangen zu vereinigen. Unter diesen Umständen mufs die Tintdeckung der Kiemenlöcher an der jungen Coecilia für die Systematik von grofser Consequenz seyn. Ich habe diese Beobachtung an einer jungen Coecilia hypocyanea (Epicrium Hasseltii Wagl.) von 4%, Zoll Länge im Museum zu Leyden gemacht. Die Oeffnung ist auf jede Seite des Halses, einige Linien vom Ende der Mundspalte; sie mifst 1 Linie im Durchmesser, ist indefs in der Höhe etwas kleiner als in der Länge, und liegt in dem gelben Streifen, der die Seiten der Coecilia hypocyanea auszeichnet; dieser gelbe Streifen ist ge- rade an die Stelle des Loches viel breiter. Der Saum des Loches ist scharf; im Innern desselben auf dem Grunde sind schwarze Franzen be- merklich, welche an den Hörnern des Zungenbeins oder den Kiemenbogen zu sitzen scheinen, aber nicht aus den Löchern hervorragen. Die Löcher selbst stehen in offener Communication mit der Mundhöhle. Jene junge Coecilie war ohngefähr ', so langals ein ausgewachsenes Thier derselben Species, welches daneben stand, keine Spur der Kiemenlöcher zeigte, und mehr als 1 Fufs Länge hatte. Siehe die Abbildung des jungen 'Thiers in natürlicher Gröfse Tab. I. Fig. 1. A. Die Abbildung des Kopftheiles von oben Fig. 1. B. Das hintere Ende des jungen Thiers ist spitzer als beim ältern, und reicht 2'/, Lin. über den After hinaus; an diesem Rudiment von Schwanz bemerkt man oben und unten ein überaus feines Hautsäumchen, was bei dem Alten fehlt, gleichsam eine Spur von weicher Flosse an dem Schwanzrudiment. " Fig. 1.A. Tab. 1. a. Kiemenloch. b. After. Hierdurch ist es nun ausgemacht, dafs Coecilia mit den nackten Am- phibien vereinigt werden mufs, obgleich mehrere Arten der Coecilien nach C. Mavers Beobachtungen unter den nackten Hautfalten oder Schienen, 196 besonders am hintern Theil des Körpers, schuppenförmige Absonderungen haben, die jedoch von den nackten Hautschienen bedeckt sind, und nicht die geringste Aehnlichkeit mit den wahren Schuppen der Amphibien haben. Ich erwarte hier nicht den Einwurf, dafs auch die beschuppten Amphibien im Embryonenzustand, wie alle ganz junge Embryonen höherer Thiere in den ersten’ Tagen ihrer Entwickelung nach Rırnke’s Entdeckung Spalten am Halse nach Art der Kiemenspalten besitzen. Diese Spalten sind an den Embryonen der Vögel und beschuppten Amphibien nur in den aller- ersten Tagen und beim Vogel nicht über den dritten Tag bemerklich; unsere Coecilia hypocyanea dagegen hatte lange Zeit schon das Ei ver- lassen, sie war 4, Zoll lang, und hatte also ohngefähr schon ', der Länge des ausgewachsenen Thiers erreicht. Es ist also unzweifelhaft, dafs Coecilien, Amphiumen, Menopomen, Proteideen, Salamander, Frösche sämmtlich zu derselben Abtheilung der Thiere gehören, alle haben gemein einen doppelten condylus occipitatis, ein atrium cordis simplex, den Man- gel wahrer Rippen, den Mangel der Schnecke und des runden Fensters am Gchörorgan, den Mangel der Penis, die nackte Haut. Vergleicht man nun mit diesen nackten Amphibien die Brocnıartschen Ordnungen, Chelonii, Saurii, Ophidii, so fällt sogleich in die Augen, dafs die nackten Amphibien nicht in gleicher Linie mit diesen drei Ordnungen stehen können. Denn die letztern drei Ordnungen haben gerade das Gegentheil der eben angeführten Charaktere der nackten. Amphibien. Sowohl Schild- kröten als Saurier und Schlangen haben einen einfachen condylus oceipi- talis, einen doppelten Vorhof des Herzens, wahre Rippen, 2 Fenster und eine deutliche Schnecke am Gehörorgan, einen deutlichen Penis oder 2 und sind sämmtlich ohne Metamorphose und nicht nackt. Diese drei Ordnungen, Schildkröten, Saurier und Schlangen bilden also zusammen eine Abtheilung der Amphibien ganz im anatomischen Gegensatz der nackten Amphibien, und die Amphibien zerfallen offenbar in 2 anatomisch eben so verschiedene Abtheilungen, als die Fische in den Abtheilungen der Knorpelfische und Knochenfische. Diese Trennung wird auch aus 197 einem andern Grunde nothwendig. Denn wollte man die Eintheilung von Broenıarr in Chelonii, Saurii, Ophidii, Batrachii behalten, so ent- hielte die Ordnung Batrachii von den Coecilien bis zum Frosch Thiere, die trotz der anatomischen Uebereinstimmung doch in der Körperform so verschieden wären, als die drei übrigen Ordnungen es unter sich sind, dahingegen jede dieser drei übrigen Ordnungen ganz gleichartige Thiere enthält. Alle Schildkröten gleichen sich, alle Saurier gleichen sich, alle Schlangen gleichen sich, aber die Coecilia hat keine äufsere Aehnlichkeit mit dem Frosch. Stellt man aber zwei Abtheilungen der Amphibien, beschuppte und nackte auf, so kommen in beiden anatomisch ganz verschie- denen Abtheilungen Ordnungen von verschiedenen Typus der Form vor. In der Abtheilung der beschuppten Amphibien zeigen die Schildkröten die gröfste Verkürzung des Körpers und die kleinste Zahl der Wirbel, gleichwie die Batrachier in der Abiheilung der nackten Amphibien; in der ersten Abtheilung zeigen die Saurier eine ähnliche äufsere Körper- form wie die Salamander in der zweiten, in der ersten Abtheilung die Schlangen dieselbe Längendimension, Vielzahl der Wirbel, Fufsmangel wie die Coecilien in der Abtheilung der nackten Amphibien. Nach meiner Ansicht müssen indefs in der Abtheilung der Amphibia squamata seu pholidota die Crocodile von den übrigen Sauriern abgesondert werden, und eine besondere Ordnung neben den Schildkröten, Sauriern und Ophi- dien bilden, was die Eigenthümlichkeit der Crocodile in ihrem ganzen Skelet, besonders im Schädel, ferner in der Zunge, im Ohr, in den Zähnen, im Mangel des Schlüsselbeins, im Zungenbein, im einfachen Penis und in der Haut beweist. Eben so wenig können die Ichthyosaurus und Plesiosaurus unter die wahren Eidechsen gehören, sondern müssen wahr- scheinlich eine eigene Ordnung in der Abtheilung der Amphibia pholidota bilden , obgleich wir ihre Hautdecke noch nicht kennen. Welche Bezie- hungen die andern gigantischen fossilen Saurier zu den Crocodilen und Eidechsen haben, ist trotz Cuvızas classischen Untersuchungen noch. nicht klar. Allein jedenfalls sind Ichthyosaurus und Plesiosaurus von den Cro- Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 27 198 codilen sowohl als wahren Eidechsen zu trennen, wegen Allem, was wir von ihuen kennen, besonders wegen der flossenförmigen Extremitäten, wegen des Baues im Schädel, wegen der Form des Zungenbeins und wegen der conisch ausgehöhlten Facetten der Wirbelkörper, obgleich der Gavial & bec court der Vorwelt eine Annäherung im Bau der Wirbelkörper zeigt. Vielleicht könnte man Ichthyosaurus und Ple- siosaurus unter dem Familien- oder Ordnungs-Namen: Cetosauri zu- sammen fassen. Auch die Stellung der Pterodactyli unter den Amphi- bien ist noch zweifelhaft. Ihr Schädel hat zwar am meisten Aehnlichkeit mit dem der Saurier; jedoch unter die eigentlichen Eidechsen dürfen sie nicht gebracht werden wegen ihrer kurzen Wirbelsäule, namentlich ihrem äufserst kurzen Schwanz, ihren merkwürdigen vordern Extremitäten, und ihrem sonderbaren Schädel, woran Goupruss das Quadratbein zuerst ent- deckt hat. (Nov. act. nat. cur. T. XV.) Indefs ich will mich hier nicht auf die räthselhaften T'hiere der Vorwelt einlassen, ohne den Bau ihrer Haut zu kennen, obgleich der einfache condylus occipitalis bei Ichthyo- saurus und Plesiosaurus (von Pterodactylus noch unbekannt) und das Vorhandenseyn wahrer Rippen, so wie die allgemeine Uebereinstimmung ihrer Schädel mit der Composition des Saurierschädels es wahrscheinlich machen, dafs diese Thiere der Abtheilung angehören, welche die beschuppten Amphibien umfafst. Ohne weitere Rücksicht auf die Thiere der Vorwelt nehme ich also in der Abtheilung der Amphibia squamata seu pholidota folgende Ordnungen an: Testudines, Crocodili, Lacertina, Ophidia. Als Ordnungen der nackten Amphibien sind anzunehmen: I. Gymnophiona seu Coeciliae Fufs- und Schwanzlos, Kiemenlöcher in der Jugend. IH. Derotremata von don Hals und zozu«e Loch, Extremitäten und Schwanz, Kiemenlöcher ohne Kiemen. Amphiuma, Menopoma. II. Proteidea. 2—4 Extremitäten, Schwanz, Kiemenlöcher mit äussern Kiemen. Proteus, Menobranchus, Axolotis, Siren. 199 IV.Salamandrina. Extremitäten, Schwanz, ohne- Kiemenlöcher und Kiemen im erwachsenen Zustand. V.Batrachia. Extremitäten ohne Schwanz, ohne Kiemenlöcher und Kiemen im erwachsenen Zustand. Es ist nun passend, noch einmal die anatomischen Charactere der beiden Abtheilungen der Amphibien zu. überschauen. Amphibia squamata. Amphibia nuda. Testudines, Crocodili, Lacertina, Coeciliae, Derolremata, Proteidea, Ophidia. Salamandrina. Batrachia. Condylus oceipitalis simplex . . | Condylus oceipitalis duplex. Costae verae . . . 2 2... | Costae verae nullae aut abortivae. Atrium cordis duplex . . . . . | Atrium cordis simplex. Fenestra auris ovalis et rotunda . | Fenestra rotunda nulla. Ggenlea®. 4.°.% . „re... | Gochlea mulla Penis simplex vel duplex . . . | Penis nullus. _ Metamorphosis nulla . . . . . | Metamorphosis ? Branchiae nullae, spiracula branchi- | Branchiae aut spiracula branchialia ne ee ee aut evanida aut permanentia. Cutis squamata, scutata, loricata . | Cutis nuda. After und Zunge bieten keine durchgreifenden Unterschiede zwischen beiden Abtheilungen dar. Bei den nackten Amphibien ist der After zwar nie transversal, sondern rund oder länglich, indefsen ist der After unter den beschuppten Amphibien nur bei den Eidechsen und Schlangen trans- versal. Alle jene aufgeführten Characiere sind dagegen durchgreifend und ohne Ausnahme. Zwar hat schon Cuvıer angeführt, dafs der ein- fache Condylus ocecipitalis der Amphibien (auch Chirotes) eine Spur von Theilung zeige. Allein dies hat ganz und gar keine Aehnlichkeit mit den vollig getrennten Gelenkhügeln bei den nackten Amphibien. Bei den nackten Amphibien fehlen wahre Rippen durchgängig. Bei den Coecilien und Salamandern kommen nur abortive ganz kurze Rudimente von Rippen 200 vor, eben so wie bei den Proteideen und Derotremata an einigen Wir- bein. Bei allen beschuppten Amphibien gibt es dagegen wahre Rippen. Eben so durchgreifend ist der von dem Vorhof des Herzens hergenom- mene Unterschied; er ist bei allen beschuppten Amphibien doppelt, bei allen nackten einfach, auch bei Coecilia, wie ich mich bestimmtest über- zeugt habe. Herr Marrın st. Ange hat zwar, wie er mir in Paris mit- theilte, in den einfachen Vorhof bei Fröschen und Salamandern ein inneres Rudiment von Septum vorgefunden, allein dies ist nicht vollständig, und der Vorhof ist äufserlich ganz ungetheilt, während er bei den beschuppten Amphibien in zwei äulserlich ganz getrennte Atrien zerfällt. In Hinsicht der vom Gehörorgan hergenommenen Charaktere verweise ich auf Wm- DISCHMANN’S Untersuchungen, welche ich selbst verificirt habe. -WınpıscH- mann hat die beiden Fenster und die Schnecke im Vergleich mit der Vogelschnecke bei den Schildkröten, Crocodilen, Eidechsen und Schlangen beschrieben und abgebildet. Die Schnecke der drei letzten Ordnungen kommt mit der Vogelschnecke überein; bei den Schildkröten ist das damit zu vergleichende Organ, das mit dem runden Fenster in Beziehung steht, ganz anderer Art als bei den Vögeln, Crocodilen, Eidechsen, Schlangen. Nur bei den Typhlops und Rhinophis habe ich die beiden Fenster, wahr- scheinlich wegen ihrer Kleinheit nicht gefunden. Bei keinem nackten Amphibium findet sich eine Spur der Schnecke des zweiten Fensters. Bei dem Character metamorphosis habe ich ein Fragezeichen beigesetzt, weil es noch nicht ausgemacht ist, ob die Proteideen und Derotremen einen Zustand früher Jugend haben, wo sie gleich Froschlarven (und selbst Salamanderlarven in allerfrühester Zeit nach Ruscoxr) ohne Beine sind, und weil man noch nicht weils, ob die Derotremen in der Jugend äufsere oder innere Kiemen haben. Letzteres ist indefs wahrscheinlich, . da bei Amphiuma die Aorta jederseits ein bogenförmiges Gefäls an einem der Kiemenbogen abgiebt, wie Cuvırr (Mem. du mus. T. 14.) gezeigt hat. Diese Eintheilung der Amphibien in zwei Sectionen würde noch nothwen- diger werden, wenn es sich bestätigen sollte, was jetzt vermuthet werden I) »” 201 kann, dafs alle nackten Amphibien weder eine Allantois noch ein Amnion im Embryonenzustand, sondern blos die Dotterblase gleich den Fischen besitzen, was von den Fröschen, Kröten, Salamandern eine bekannte Sache, von den Coecilien, Derotremen und Proteideen aber noch unbe- kannt ist. Dagegen scheinen die beschuppten Amphibien, Schildkröten, Crocodile, Eidechsen, Schlangen nach fremden und eigenen Beobach- tungen, so wie die Vögel eine Allantois und zugleich ein Amnion zu besitzen. Emwerr hat dies von dem Eidechsenfoetus gezeigt. (Reıns Archiv T. X.) Tiepemann vom Schildkrötenfoetus. (Tıepem. zu v. Sönme- rıngs Jubelfeier), Durrocner hat es von dem Embryo der Schlangen und Eidechsen bewiesen. (Mem. de la soc. med. d’emulat. an. 8. 1817. Meckeıs Archiv für Physiologie, T. 5. p. 535.) Nach Rıruke sind Allantois und Amnion bei den Cheloniern, Sauriern und ‚Schlangen vorhanden (Bur- pacHs Physiologie T. 2. p. 409. 563.), wie ich denn auch einige fragmen- tarische hieher gehörige Beobachtungen von Eidechsen und Schlangen habe. Dagegen stimmen Rarnke’s und Barr’s Beobachtungen vom Frosch- embryo, Rusconıs Beobachtungen vom Embryo der Tritonen und meine Beobachtungen über die Entwickelung von Rufo obstetricans in dem Resultat überein, dafs diese nackten Amphibien weder Allantois noch eigent- liches Amnion als Hülle haben. (J. Münzer de glandularum penitiori structura. Lips. 1830. tab. X.) Wie lange wird es indefs währen, ehe wir wissen, ob Coecilia, Amphiuma, Menopoma, Proteus, Siren, Axolotis> Menobranchus auch hierin mit den übrigen nackten Amphibien überein- stimmen! Von Proteus anguinus, der nach MicHAHeLtes (Wagler. syst. amph. p- 315) lebendige Jungen gebären soll; wird es noch am leichtesten aus- gemittelt werden können. Möge doch ein Naturforscher Oesterreichs oder sonst ein Reisender in Kärnthen sich Embryonen vom Proteus anguinus verschaffen. Möge der verdienstvolle Scareigers seine Aufmerksamkeit hierauf richten. Die Naturgeschichte steht, wie man sieht, in Hinsicht der Amphibien auf einem Punkt, wo man selbst das physiologische Inte- resse zu Rathe ziehen muls. 202 Die beschuppten Amphibien scheinen auch eine Spur von Nebennieren zu besitzen. Bei den Schlangen hat sie Rerzıus entdeckt, und mir gezeigt, sie liegen an der hintern Seite der Nieren. Bei den nackten Amphibien fehlen die Nebennieren immer, dagegen haben mehrere die sogenannten Fetikörper an den Nieren, welche von Salamandern und Fröschen bekannt sind; von den übrigen kennt man sie nur vom Axolotl, wo sie Raruke (Meck. Archiv 1829. p. 212) beschrieben hat. Auchder Harn scheint bei beiden Abtheilungen der Amphibien ganz verschieden zu seyn. Bei den beschuppten Amphibien ist er weifslich, mehr weich als flüssig, und be- steht fast ganz aus Harnsäure. Bei den nackten Amphibien ist der Harn, so weit wir es jetzt wissen, wässrig; nach J. Davys Analyse vom Frosch- harn besteht derselbe vorzugsweise aus Harnstoff und Kochsalz, nicht aus Harnsäure. Dieser Unterschied des Harns bei Thieren, welche theils Harnstoff, theils Schleim auf der Haut absondern, scheint auch in che- misch - physiologischer Hinsicht wichtig zu seyn. Die Harnblase macht keinen durchgreifenden Unterschied zwischen beiden Abtheilungen. Sie findet sich unter den beschuppten Amphibien, nur bei den Schildkröten, vielen Eidechsen und Amphisbena. Dagegen ist die Harnblase unter den nackten Amphibien fast allgemein. Sie ist bekannt von den Fröschen, Kröten, Salamandern, Proteus, nach Harran |. c. von Amphiuma und Menopoma, was Cuvier (mem. du muse. T. 14.) von Amphiuma bestätigt, Cuvıer hat auch die Harnblase von Siren beschrieben, und bei Axolotes finde ich sie auch, so wie denn eine ähnliche Blase nach meinen Unter- suchungen selbst bei Coecilia glutinosa vorhanden ist, bei C. hypocyanea fand ich sie nicht, bei C. glutinosa ist das blasenartige Organ mit dem Mastdarm verbunden. Ich gehe nun zur anatomischen Characteristik der einzelnen Ordnungen nackter Amphibien über. I. Coeciliae. Sie sind wurmförmig, ohne Extremitäten, ohne Schwanz; statt der Rippen ganz kurze Anhänge der Wirbel vom Anfang der ersten Halswirbel bis ans Ende. Die Körper der Wirbel haben vorn und hinten konisch ausgehöhlte Facetten, wie bei den Derotremen und Proteideen. Ihre Haut hat zu den Seiten runzelige Abtheilungen und einige Arien 203 haben am hintern Körperende allmählig an Breite zunehmende nackte Schienen, die an der untern verdeckten Fläche schuppenförmige Abson- derungen zeigen. Die Nase durchbohrt den knöchernen Gaumen. Das Auge ist von der Haut und bei einigen auch von einer schildförmigen Ausbreitung des os maxillare mit ganz kleiner Oeffnung des letzten bedeckt. Sie haben eine deutliche Luftröhre mit Knorpelringen, nur einen Aortenbogen. Weder Trommelfell, noch Trommelhöhle ist vorhanden. Ein ovales Deckelchen verschliefst das Fenster des Labyrinthes. Ihre Zähne, oben und unten vorhanden, sind spitzig, oben in zwei concen- trischen Reihen, rückwärts gekehrt. Die Zunge ist angewachsen, der After rund. In der Jugend haben sie jederseits ein einfaches Kiemen- loch; später zeigt das Zungenbein noch mehrere Kiemenbogen -ähnliche Fortsätze. II. Derotremata. (Amphiuma, Menopoma). Sie haben vier Extremi- täten, und sind geschwänzt. Ihr Hauptkennzeichen ist ein einfaches Kie- menloch jederseits am Halse, ohne Kiemen. Harran bemerkte an einem Exemplar von Amphiuma, das wenige Monate alt war, eben so wenig Kiemen, doch scheint er bei dem jungen Thier nicht nach inneren Kiemen gesucht zu haben. Sie besitzen blofs das knorpelige Gerüst der drei Kie- menbogen an einem knöchernen zweihörnigen Zungenbein (Amphiuma) oder an einem dreiförmigen Zungenbein (Menopoma siehe Fig. 11, Tab. 1. nach Haxzcan). Das Kiemenloch bei Amphiuma und Menopoma zwischen den zwei hintern Kiemenbogen, die Zähne bilden oben zwei Reihen hin- tereinander, die Nasenlöcher durchbohren den knöchernen Gaumen. So sagt Cuvıer von amphiuma (Mem. du mus. T. 14.) und von Menopoma mufs es auch so seyn, da Haxrın sagt, dafs die hintern Nasenöffnungen am hintern Ende der zwei Zahnreihen liegen. Lauvckart (Isis 1821, p.1. S. 257. litt. anz.) glaubte nach einem ausgestopften Exemplar von Meno- poma, dafs die Nasenlöcher nur die weichen Theile durchbohren wie bei Proteus und Siren. Die Augenlieder fehlen und die Haut überzieht die Augen. So sah ich es bei Amphiuma und nach einem ausgestopften Exem- 204 plar von Menopoma im Pariser Museum schien es auch so an diesem, was Leuckarr nach mündlicher mir gemachter Mittheilung auch in Wien an einem ausgestopften Exemplar sah. Fırzıneer (Jsis T. 21. p. 23.) sagt von Menopoma oculi aperti, von Amphiuma oculi latentes, CuvıEr sagt von Menopoma Des yeux apparents. Das Fenster des Labyrinthes ist bei Amphiuma und Menopoma durch ein Deckelchen geschlossen. Zunge vorn frei, Menopoma, Hartan. Von der Zunge von Amphiuma sagt Cuvier: un leger bourrelet de la membrane, qui tapisse la partie inferieure de la bouche. Die Wirbelkörper sind durch conisch ausgehöhlte Facetten miteinander verbunden. Bei Menopoma wie bei Amphiuma ganz kurze Rippenrudimente nur an einigen Wirbeln. Bei Amphiuma theilt sich die Aorta in zwei Bogen, einen für jede Seite, welcher am zweiten Kiemenbogenknorpel hergeht, und hinten sich mit dem der andern Seite zur Aorta descendens vereinigt. Bei Menopoma theilt sich der Bulbus aortae in zwei Lungenarterien und einem Aortenbogen. Luftröhre in beiden häutig. Die Zehen sind bei beiden klauenlos; der After bei Amphi- uma nach meiner Untersuchung longitudinal. Ueber die Anatomie der einzelnen Theile siehe Cuviek 1. c. und Harran (Odservations on the genus Salamandra with the anatomy of the Salamandra gigantea Barton (meno- poma). ann. of the Lyceum of Newyork). Die Schädel von Amphiuma und Menopoma scheinen von einander abzuweichen. Vergl. die Osteologie des Schädels von Menopoma, welche Cuvızr in (Z#echerches sur les osse- mens fossiles T. 5. p. 2.) gegeben hat, mit den Abbildungen des Schädels von Amphiuma (mem. du mus. T. 14. tab. 2). Anmerkung. Da Harzans Abhandlung in einem bei uns äus- serst seltnen Journal sich befindet, so hoffe ich den Naturforschern einen Dienst zu erweisen, wenn ich einen Auszug seiner Anatomie von Menopoma hier mittheile: the Salamandra alleg. has never been observed possessing zills, allhough examinated when quite young; they exist in great numbers in the allegany river, and i possess a specimen of few months old, in which there does not exist the least 205 remnant of branchiae. Lawer jaw fournished with a single row of teeth, upper with two concentric rows, the interior semicircular, at the posterior terminations of which are the patulous openings of the posterior nares. Tongue free at the anterior portion; the operculum half way between the foreley and the posterior termination of the rietus of the mouth; opercular cartilags three in number, the opening between the two inferior; their posterior extremities, unlike the Sala- manders, are free, or not united to the vertebrae, anteriorly they are united bysynchondrosis to the inferior cornua of the os hyoides, the bones of the tongue differ evidely from the same in Salamandrae and Proteus. Trachea membranosa. The aorta after running °/, of an inch it forms a sac, which gives of three branches, viz. one to each lung and larger one which continues down the spine to nourish the whole body. Skull composed of a solid piece of bone, articula- ted by two condyles to the atlas. From the head to ihe pelvis, -there are 19 vertebrae and 18 ribs, or rather moveable rudiments of ribs, similar to the other individuals of this family. The atlas only, as in the Salamanders, beeing deprived of this appendage. From the head to the pelvis exist in the Salamandra alleg. (Menopoma) . » 2» 2 22.2 02.200». 19 vertebrae 18 ribs Salamandra rubra Dandin . . .». 2»... — 18 — Brrtonkläteralisa.n 38.3. lese ae — 17° — Asolothi., see rein — 13 — Proteiß 4:1: ee ee —_ T— The pelvis of S. alleg. is somewhat or nearly similar to the Salamandrae; a small process is given oflaterally from the transverse process of the twentieth vertebra, which may represent the os ilium, from which another process (the ischium) descends to unite with the pubis; at the junetion of the two last ihe os femoris is articulated. There are 24 vertebrae to the tail, including the pelvic or sacral, Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 28 206 which makes in all 43 Both surfaces of the bodies of vertebrae are remarkably concave which in the recent animal are filled with a ligamento-cartilaginous ball. 'The articulating surface of the trans- verse process is very oblong vertically, the head or articulating sur- face ofthe rib is consequently very broad; this structure differs from those Salamandrae. In them the head of the rib is bifid and articu- lated by two separate superfaces to ihe transverse process , which is also bifid, but approaches the manner, in which the ribs are articulated in the Siren. The liver is oblong and divided into two lobes, between which is situated the gallblader.. Glottis opens one inch and a half from the extremity of the snout (it is amere rima). Trachea membranous, one inch in length, dividing beneath the clavicles to form two lungs, three inches in length. Lungs vesicular, elastic, vascular, (ressem- bling those of the testudo in structure). The lay posterior to the other visera. Fig.11 Tab. XVIII. Zungenbein von Menopoma nach Harran. I. Proteidea. Sie haben 2 bis 4 Extremitäten ohne Nägel, und sind geschwänzt mit oberer und unterer häutiger Schwanzflosse. Ihre Zunge ist angewachsen. Hauptcharacter ist mehrere Kiemenlöcher oder Kiemenspalten,, mit äufsern Kiemen. Bei Proteus anguinus zwei Kiemen- spalten jederseits bei Siren drei, bei Axolotl vier. Beim Axolotl bildet die Haut unten eine Art vordern Mantel über die untern sehr nahe zusammentretenden grofsen Kiemenspalten beider Seiten. Die Wirbel der Proteideen sind conisch an den Facetten der Körper ausgehöhlt, wie bei den Coecilien und Derotremen. Cuvırr hat dies von Siren, Rus- conı von Proteus, Home (phil. transact. 1824) vom Axolotl gezeigt. Die Rippen sind aborliv, bei Siren und Proteus finden sie sich an einigen Wirbeln , bei Axolotes an allen Rückenwirbeln. Die Zähne oben bei Axolotes in zwei reihenförmigen Haufen hintereinander, bei Menobranchus in zwei Reihen, bei Proteus in einer einfachen nur vorn doppelten Reihe, bei Siren jederseits in einem einfachen Haufen aus mehreren Reihen. Unterkiefer bei allen mit Zähnen, die bei Siren in einem besondern 207 Knochen haufenweis an der innern Seite stehen. Augen bei allen ohne Augenlieder von einer Fortsetzung der Haut bedeckt, die bei Siren, Pro- teus dick, bei Axolotis äufserst dünn ist. Die Nasenlöcher durchbohren bei Siren und Proteus nicht den knöchernen Gaumen, sondern nur die Lippen, wie Rusconı und Leuckarr beim Proteus, Leuckarr beim Siren gezeigt haben. So ist es nicht bei allen Proteideen, wie denn auch bei den Derotremen die Nasenlöcher den knöchernen Gaumen durch- bohren. Am Schädel vom Axolotl sind die hintern Nasenlöcher im knö- chernen Gaumen. Von Menobranchus lateralis sagt Harıan: I observed there openings, which are situated in the space between the two rows of teeth at their posterior termination, they are covered over by a val- vular production or duplicature of the lining membrane of the mouth, which eirconstance misled me. Nur beim Proteus anguinus ist auf dem Boden der Nasenhöhle ein der Fischnase ähnliches Organ aus parallelen Plättchen, die durch eine mittlere Platte durchzogen sind, vorhanden, was Rusconı abgebildet hat. Dies Organ ist nicht den übrigen Proteideen eigen; bei Untersuchungen im Pariser Museum an Siren und hier am Axolotl fand ich es weder bei diesem noch bei jenem, wie es denn auch nicht nach meiner Beobachtung bei Amphiuma vorhanden ist. Siren hat nur vordere Extremitäten, und ist durch einen hörnernen Schnabel am obern und untern Mundrande ausgezeichnet, wie die Froschlarven. Diesen Schnabel finde ich von Cuvıer zuerst bemerkt (oss. foss. V. 2. p. 422.), ich habe ihn in Paris an unversehrten Exemplaren wieder gefunden, sowohl oben als unten, nicht blofs am Unterkiefer , wie es Wacuer (l. c. p- 214) behauptet. Keine anderen Proteideen haben etwas der Art. Der Bulbus aortae bildet bei den Proteideen mehrere Aortenbogen, von welchen die Kiemengefäfse ausgehen, und welche sich wieder zur Aorta abdominalis vereinigen. Das Fenster des Labyrinthes ist bei den Pro- teideen durch ein Deckelchen geschlossen, wie bei den Coecilien, Dero- tremen und Salamandern. Cuvıer hat dies von Siren, Ruscoxı vom Proteus. Wiınpıscumann vom Proteus und: Axolotl beschrieben. Beim Axolotl 208 trägt aulser einem Knorpelstück noch ein Knöchelchen zum Schlufs des Fensters bei. Die Luftröhre der Proteideen ist durchgängig häutig, der After gewöhnlich länglich, bei Siren lacertina finde ich den After allein rund. Die Cioake ist bei den Männchen mit einer Afterdrüse besetzt, (wie bei den Salamandern,) welche Rarak£e vom Proteus, dieser und ich vom Axolotl beschrieben haben. (De gland. struct. Tab.2. Fig. 17.) Ueber das Detail der Osteologie der Proteideen, siehe Cuvıer in A. v. Hum- sonor’s Beobachtungen aus der Anatomie und Zoologie und recherches sur les oss. foss. T. 5. p. 2. Zu dieser Abtheilung gehören die Gattungen Siren, Proteus, Meno- branchus, Axolotes. Der Axolotl ist nach meinen gemeinschaftlich mit Prof. Rırnke zu Berlin angestellten und später von Wınvıschmann hier wiederholten Untersuchungen ganz entschieden ein proteusartiges 'Thier und keine Larve. Denn die sehr grofsen Exemplare, welche wir unter- suchten, Männchen und Weibchen, besalsen sehr entwickelte, fast strotzende Genitalien; die Hoden der Männchen waren aufserordentlich grols, die Saamenbläschen strotzend gefüllt, die Eier der Weibchen in den ver- schiedensten Graden der Entwickelung, die Eierleiter in dem von Wın- DISCHMANN untersuchten Exemplar überaus lang und dick, 25 Zoll lang, 2 lin. dick und gewunden. Cuvıer, welcher früher nur jüngere Indivi- duen beschrieben hatte, und früher den Axolotl für eine Larve hielt, hat ihn jetzt unter die Proteideen aufgenommen. Dennoch hegt Cuvıer noch immer Zweifel. Allein kein Batrachier oder Salamander hat im Larvenzustand eine Spur von Genitalien. Möge sich doch Herr Cuvier beim Salamander überzeugen, dafs, wie ich gegen diesen grolsen Natur- forscher persönlich zu äufsern die Ehre hatte, eine Larve nie eine ent- fernte Spur der Genitalien zeigt, so lange sie die Kiemen nicht ablegt. Die Genitalien entstehen erst während der Verwandlung. Ueber die Anatomie des Axolotl vergl. Rıruke (Mecken’s Arch. für Anat. u. Phys. 1829. 212. Hous phil. transact. 1824.) Man kann die Proteideen füglich in zwei Familien theilen: 209 a) naribus labia non ossa. penetrantibus . . Proteus, Siren. b) naribus ossa penetrantibus . » . . . Axolotes, Menobranchus. Ich gehe nun zur Charakteristik der Salamander über. IV. Salamandrina. Sie haben vier Extremitäten, einen Schwanz, Augenlieder, keine 'Trommelhöhle, sondern ein Deckelchen auf dem Fenster des Labyrinthes. Ihre Rippen sind abortiv. Ihre Wirbelkörper sind nur im Larvenzustand durch conisch ausgehöhlte Facetten verbunden, wie DüurrocHer entdeckt hat. Nach Cuvırr ist der convexe Gelenk- höcker der Wirbel beim ausgewachsenenThier nicht wie bei den Fröschen auf dem hintern, sondern vordern Ende. Der After ist länglich, die Zunge ist überall angewachsen, Zähne im Ober- und Unterkiefer und Gaumen. Die Nägel fehlen. Sie verwandeln sich, und haben drei Stu- fen der Metamorphose. Im ersten sehr kurzen Stadium haben sie äufsere Kiemen, Kiemenspalten, keine Extremitäten, keine Lungen. Im zweiten Stadium haben sie äufsere Kiemen, drei Kiemenspalten (Ruscont), Spuren der Lungen, noch keine Genitalien und vier Extremitäten, wovon die vordern sich früher entwickeln, sie haben nicht den Hornschnabel der Froschlarven. Im dritten Stadium haben sie Lungen, - keine Kiemen und Kiemenspalten. Im Larvenzustand und auch später noch haben sie meh- rere Aortenbogen, wovon früher die Kiemengefäfse ausgehen, und die sich zur Aorta abdominalis verbinden, (Ruscons). Ts gehören hierher die Gattungen Salamandra und 'Triton, auch der grofse fossile Salamander, homo diluvii testis. Man kann siein zwei Familien theilen, a) mit rund- lichen Schwanz, Salamander, b) mit häutig zusammengedrückten Schwanz, Tritonen. Ueber die Anatomie vergl. aufser Funks bekannter Schrift, Rırune Beiträge zur Geschichte der T’hierwelt, T. 1. Rusconı amours des Salamandres. SırsoLp de Salamandris et Tritonibus. Diss. inaug. Berol. 1829. Dunerın mem. sur la division des reptiles batraciens en deux familles, 180%. V. Batrachia. Sie haben eine ganz kurze Wirbelsäule, keinen Schwanz, vier Extremitäten, wovon die hintern zwei sehr verlängerte 210 ossa tarsi haben, die Knochen des Vorderarms und die des Unterschen- kels sind verwachsen, Steilsbein sehr verlängert, solid, keine Spur von Rippen; am Becken, Scham- und Sitzbein verwachsen. Die Wirbelkörper sind am hintern Ende convex; nur im Larvenzustand sind die Wirbel durch conisch ausgehöhlte Facetten des vordern und hintern Endes ver- bunden. Sie sind ohne Hals, die Nägel fehlen nicht allgemein. Sie ver- wandeln sich und haben drei Stufen der Ausbildung. Im ersten Stadium haben sie äufsere Kiemen, sind geschwänzt und ohne Extremitäten. Dies Stadium ist überaus kurz. Darauf haben sie innere Kiemen von einer bis auf eine Oeffnung geschlossenen Kiemenhaut bedeckt; sie sind noch ohne Augenlieder und ohne Extremitäten, und besitzen einen Horn- schnabel. Bei der Entwickelung der Extremitäten entstehen erst die Genitalien, die hintern Beine entstehen früher. Sie haben im Larven- zustand mehrere, später einen Aortenbogen auf jeder Seite. Es giebt nach meinen Beobachtungen folgende Abtheilungen der Batrachier. I. Familie. Die Trommeihöhle ist ganz von knöchernen Wänden umschlossen, statt des Trommelfells ein knorpeliger Deckel auf dem Ein- gang der Trommelhöhle. Der Eingang zur Eustachischen Trompete jeder Seite in der Mitte einfach unpaarig. So fand ich es bei Pipa und Dac- tyleihra, (bei Pipa hat C. Mayer’ zuerst den unpaarigen Eingang bei den Eustach. Trompeten gesehen). Zählt man das knorpelige Trommelfell, das durch ein Häutchen mit dem Eingang der Trommelhöhle verbunden ist, mit als Gehörknöchelchen, so giebt es zwei Gehörknöchelchen, 1) die knorpelige Trommelfellscheibe, 2) ein langes krummes Knöchelchen, das hinten auf einem Schlitz der knöchernen Trommelhöhle aufliegt, und in ein ganz kleines besonderes Scheibchen übergeht, welches letztere das ganz enge Fenster des Labyrinthes schlielst. Dies verhält sich Alles bei Dactylethen gerade so wie bei Pipa. Bei beiden ist der weiche Anfang der Eustachischen Trompeten im Rachen unpaarig, nur der Anfang beider Trompeten im Knochen ist paarig. Bei Pipa ist das Knorpeldeckelchen 211 der Trommelhöble zart, bei Dactylethra eine dicke aufsen convexe Scheibe. So. viele Frösche und Kröten ich auch zu Paris zergliederte, so fand ich diese Bildung doch nur bei Pipa und Dactylethra. Beide sind zungenlos, obgleich Cuvıer bei Dactylethra von einer tief liegenden flei- schigen Zunge spricht, und WasLer es wiederholt. Ich finde nicht die geringste Spur einer Zunge. Von diesem Frosch, den WasLer Xenopus nennt, sagt er (Syst. amph.) in mehreren Stücken das Gegentheil von dem, was er Isis 1827 p. 726. sagt. a) Palpebris nullis, oculis cute tectis. Pipa, ohne Zähne *). b) Palpebris. Dactylethra, Nägel an den drei innern Zehen der Hinterfüfse, Zähne im Oberkiefer, nicht im Vomer. WuAsLER spricht fälschlich die Zähne im Oberkiefer ab. Syst. amph. p. 199. wäh- rend er Isis 1827. p. 726. die Zähne richtig beschreibt. II. Familie der Batrachier. Trommelhöhle zum Theil aus weichen Theilen, Trommelfell häutig. Eustachische Trompeten mit paarigem Eingang, ganz von einander getrennt. Drei Gehörknöchelchen, wie Wın- DISCHMANN beschrieben hat. Es gehören hierher die meisten übrigen Frösche und Kröten mit bald freiliegendem, bald unter der Haut ver- borgenem Trommelfell. Alle haben Augenlieder. Zähne verschieden, Zunge hinten frei. III. Familie der Batrachier. Frösche ohne Trommelfell, ohne Eusta- chische Trommelhöhle, mit einem blofsen Deckelchen auf dem Fenster des Labyrinthes wie die Salamander. Diesen Bau hat zuerst Huschkte bei Bufo igneus gefunden, und Wiınvıschmann selbstständig, ohne anfangs von Huscukes Beobachtnng zu wissen, wieder gesehen. Hieraus geht her- vor, wie richtig es war, dafs man Bufo igneus zur Gattung erhob, Bom- binator igneus. Allein die anderen Arten, die Merrem hierzu zählte, gehören nicht hierher. Bombinator igneus hat Zähne im Oberkiefer und stärkere Zähne in dem Knochen, den Cuvırr Vomer nennt. In Paris habe ich eine zweite Froschgattung entdeckt, welche kein Trommelfell ») Pipa ist das einzige froschartige Thier ohne Augenlieder, das ich kenne; wohin Wasrer's Gattung Microps ohne Augenlieder gehört, weils ich nicht, da ich sie nicht nntersuchen konnte. 212 und keine Trommelhöhle, sondern nur das Deckelchen auf dem Fenster des Labyrinthes hat. Es ist Cuyıers Rana cultripes aus der Provence. Dies ist aber ein ganz eigenthümlicher Frosch, der zur Gattung erhoben werden muls, die ich Cultripes nenne, und wovon ich noch eine zweite Species in Paris gefunden habe. Bei dieser Gattung ist’ der Schädel zu einem festen zusammenhängenden Dach gebildet, Zähne im Oberkiefer, und jederseits fünf starke Zähne im Gaumen auf einem hervorstehenden Fortsatz des Vomer, die Männchen haben eine sehr merkwürdige grolse Drüse mit unzähligen sehr feinen Oeffnungen am Oberarm. Bei beiden Geschlechtern an der Fufswurzel der Hinterfülse eine grofse schneidende Hornplatte. Die beiden Species sind: Cultripes provincialis mit schwarzen Flecken an der Rückenseite, Bauch gelbgrau; grofs. Provence. Cultipres minor, mit viel gröfsern Zähnen im Vomer und verschie- denen Schädel, ungefleckt, viel kleiner als erstere. Vaterland unbekannt. Letztere habe ich unter den anatomischen Materialien des PariserMuseums gefunden. Die zu dieser dritten Familie gehörenden Frösche haben eine hinten freie Zunge und Augenlieder, wie die der zweiten Familie. Unter allen von mir untersuchten Doubletten des Pariser Museums fand ich keine andere Frösche mehr ohne Trommelhöhle. Schliefslich bemerke ich, dals die Batrachier der von mirangenommenen Familien sieh schon durch äufsere Untersuchung des Mundes erkennen lassen, ob sie der einen oder andern der drei Familien angehören. Denn bei Untersuchung des Mundes wird man sogleich gewahren,, ob die Oeffnungen beider Eustachischen Trompeten in eines in der Mitte zusammenfallen, wie in der ersten Familie, oder ob zwei getrennte Oeffnungen vorhanden sind, wie in der zweiten Familie, oder ob die Eustachischen Trompeten mit der Trommelhöhle fehlen , wie in der dritten Familie. 213 Zr wre Asia breit Zur Anatomie der Coecilien. Die Haut der Coecilien ist nackt, und sondert eine schleimige kleb- rige Materie ab, welche man an den in Weingeist aufbewahrten Exem- plaren wegwischen mufs, ehe man die reine Farbe der Haut sieht. Mit der Lupe entdeckt man überaus kleine Grübchen in der Haut, welche der Sitz dieser Absonderung zu seyn scheinen. Siehe Fig. 2. T’ab. XVII ein Stückchen der Haut von C. lumbricoidea vergröfsert. Eine merk- würdige Eigenthümlichkeit ist ferner das Vorhandenseyn nackter Schienen in der Haut der Coecilien, unter welchen man schuppenförmige Abson- derungen bei den meisten Coecilien bemerkt. Schon Scuxeiper (Hist. amphib. pag. 364.) und Cuvırr haben diese Schüppchen in der Dicke der Haut gefunden. Sie erinnern an die Schuppen der Fische, welche auch gemeiniglich von einem sehr feinen nackten, schleimabsondernden Ueber- zug der Cutis überzogen sind, wie beim Karpfen, während die Schuppen- körper der beschuppten Amphibien Epidermislamellen absondern, und keine nackte schleimabsondernde Oberfläche zulassen. €. Mayer hat jenen Bau bei den Coecilien durch eine musterhafte Beschreibung auf- gehellt. Mayer sagt (nov. act. nat. cur. T. XII. p.83%): „zu beiden Seiten des Rumpfes der Coecilia gracilis, vom Kopfe angefangen, bemerkt man Halbringe, welche jedoch nicht ganz nach der Bauch- und Rücken-Seite hin zusammenfliefsen. In der Nähe des Afters oder am sogenannten Schwanzende werden diese Halbringe gröfser, so dals sie 10 bis 12 Linien vom After entfernt, von beiden Seiten zusammenfliefsen uud ganze Ringe bilden. Die Zahl der erstern beträgt 120, die der letztern gegen 30. Diese Halbringe sind am vordern Theil des Rumpfes mehr von einander entfernt, so dafs dadurch bandförmige Ringe entstehen. Nach hinten werden diese bandförmigen Ringe schmäler, am schmälsten sind sie am Schwanzende, wo die Ringstreifen einander näher liegen. An der vordern Hälfte des Rum- pfes bemerkt man an diesen halbkreisförmigen Streifen keine Spalte, aber über die Mitte des Körpers hinaus nimmt man bei genauer Untersuchung Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 214 in der Mitte der beiden Seiten eine ganz kleine Ritze wahr, welche dann an den nächstfolgenden Streifen immer gröfser erscheint, so dafs sie nach und nach so breit als der Halbring selbst wird. An dem soge- nannten Schwanzende, wo die Halbringe zu ganzen Ringen confluiren, dehnt sich diese Spalte oder dieser Einschnitt auch rings um den Körper aus. So wie man diese Einschnitte von vorn nach hinten verfolgt, bemerkt man, dafs es keine einfachen Einschnitte sind, sondern allmählig gröfser werdende Blätter oder Lamellen der Haut, welche dachziegelförmig auf- einander liegen, wodurch die Interstitien sich dem Auge verbergen. Man mufs diese Lamellen mit einem feinen Skalpell aufheben, um sie deutlich erkennen zu können. Am stärksten und gröfsten sind diese Blätter am sogenannten Schwanzende, wo sie auch vollkommen kreisför- mige, rings um das sogenannte Schwanzende verlaufende Schienen dar- stellen. Wenn man diese Schienen genau untersucht, so bemerkt man, dafs dieselben an ihrer innern Fläche mit Schuppen belegt sind. Diese Schuppen sind in der Mitte des Körpers sehr klein, ungefähr so grols wie ein Sandkorn, und man findet nur eine oder zwei in der noch kleinen Spalte. Sie nehmen aber an Zahl und Gröfse mit der Schiene selbst zu, so dafs sie an dem sogenannten Schwanzende so grofs wie ein Hir- senkorn sind, und ringsum dasselbe die innere Fläche der Schienen beset- zen. So weit Herr Prof. Mayer. Später hat Mayer (in dieser Zeitschrift IH. B. p. 254.) dieselben Theile von C. lumbricoides hypocyanea, gluti- nosa und tentaculata beschrieben, dagegen hat er weder Schienen noch Schuppen bei Coecilia annulata Spix gefunden. Ich habe dieselben Theile bei €. glutinosa und hypocyanea wiedergefunden. Bei C. glutinosa fangen die Hautlamellen erst am letzten Fünftheil des Körpers, bei C. hypocy- anea beginnen die vollständigen Schienen schon hinter dem Kopfe, gehen über den Rücken weg, und sind nur durch eine mittlere Bauchfurche getrennt, gegen welche sie eine schiefe Richtung haben. Bei €. hypo- cyanea ist das sonst dicke Körperende plötzlich zugespitzt. Von vorn bis hinten liegen unter den unzähligen Schienen, die fast wie die Ringe des 215 Blutegels aussehend, oberflächlich nackt sind und Schleim absondern, jene Schüppchen. Zur anatomischen Untersuchung habe ich ein Exemplar von C. glutinosa, das ich Herrn Schuesen in LeypEn und eine andere Coe- eilia, die ich Herrn KLinkengere in Urkecht verdanke. Die Letztere stimmt ganz mit Hasserr’s Beschreibung der C. hypocyanea, Epicrium Wagl. Aufserdem habe ich Herrn Geheimrath Tıepemann’s handschrift- liche Bemerkungen über C. lumbricoidea benutzt, so wie die Skelete im Museum zu Paris untersucht. Schädel. Das Cranium verbindet sich mit dem ersten Halswirbel durch zwei ganz getrennte Condyli, die wie bei den übrigen nackten Amphibien in den ocecipitalia lateralia liegen. Letztere berühren sich oben, es giebt kein occipitale superius. Das Os intermaxillare ist bei mehreren Coecilien mit den Nasenbeinen verwachsen; bei €. hypocyanea Fig. 5. a. Tab. XVII. ist das sehr breite intermaxillare dagegen von dem Nasenbein getrennt, das intermaxillare ist paarig. Die Stirnbeine sind bei allen Coecilien doppelt. Bei einigen Coecilien findet sich zwar ein ganz kleines frontale medium impar, wie bei Coecilia albiventris, Fig. 3. Tab. XVII. Indefs wird diefs von Herrn Duczs, wie er mir persönlich in Paris äufserte, als analogon des Os ethmoideum angesehen, da es nach Dus#s Untersuchung unter den Ossa frontalia viel gröfser erscheint und herabsteigt, zum Durchgang der Nervi olfactorii. Bei C. hypocyanea ist kein unpaares Stück an der Oberfläche des Schädels. Temporale schild- förmig, Os quadratum überaus kurz, am Ende’ des Os temporzsle, das Os pterygoideum verbindet Gaumenbein und Quadratbein. Eine merkwürdige Anomalie an dem Schädel einiger Coecilien, (nicht bei C. hypocyanea) ist die Bedeckung der Orbita durch das Os maxillare, so zwar, dafs Augenhöhlen- und Schläfengrube durch eine schildförmige Verbindung des frontale, maxillare und temporale bedeckt werden. Das Auge liegt bei diesen Coecilien in der bis auf ein kleines Löchelchen des Os maxil- lare bedeckten Augenhöhle. Man gelangt in die zusammenhängende Augen- höhlen - Schläfengrube, aufser der kleinen dem Auge entsprechenden 216 Oeffnung des Os maxillare, von unten an der Austrittsstelle des muse. temporalis. Gleichwohl giebt es bei allen Coecilien, die jene schildförmige Bedeckung haben, z. B. C. glutinosa, albiventris, noch eine andere ziem- lich ansehnliche Oeffnung, welche wie ein zweites Nasenloch zwischen dem Os intermaxillare und maxillare in einen weiten Canal unter dem Schild des maxillare führt. Siehe Fig. 3. Tab. XVII. von C.albiventris. Dies Loch ist nicht das Foramen infraorbitale, wofür es Herr Cuvier nach mündlicher Aeufserung gegen mich hielt, denn es liegt zwischen Os intermaxillare und maxillare, und wird zum Canal durch die schildför- mige Bedeckung des maxillare. Dafs jenes Loch etwas ganz eigenthüm- liches ist, beweist der Umstand, dafs bei jenen Coecilien unter und zur Seite des Nasenlochs ein zweites Löchelchen in der Haut, ein Porus ist. Dies wird noch gewisser dadurch, dafs bei andern Coecilien, wie €. hypo- cyanea und €. annulata eine ähnliche Oeffnung vorhanden ist, nicht wie bei den andern Coecilien vorn, sondern unten und etwas vor dem Auge, (Fig. 4. von C. hypocyanea), dafs diese Oeffnung bei C. hypocyanea und annulata zu einem Canal schief aufwärts gegen das Auge führt, und dafs in diesem Canal bei C. hypocyanea ein walzenförmiges Tentaculum liegt, welches man bei jener Coecilie ganz kurz aus der Oeffnung hervorragen sieht, dafs aber bei €. tentaculata, wo jene Oeffnung vorn zur Seite der Nase ist, auch ein ganz kleines Tentaculum aus derselben hervorsieht. Daher man wohl vermuthen kann, dafs alle Coecilien, welche eine Haut- öffnung zur Seite der Nase oder unter dem Auge haben, innerhalb dieser Oeffnung vielleicht dieselbe Art von winzigen 'Tentakel haben, welches bei Coeeilia tentaculata und mir auch von Coecilia hypocyanea bekannt ist. Bei-Coecilia hypocyanea ist dieser Canal aber nicht von einer schild- förmigen Ausbreitung des Os maxillare, sondern nur von der Haut bedeckt. Auch geht kein Schild mit kleiner Oeffnung über das Auge weg, wie bei den meisten Coecilien, sondern das Auge liegt in einer kleinen offenen Grube, welche sich in eine andere offene Grube schief nach vorn und unten fortsetzt, in welcher letztern das Tentaculum verborgen ist. Letzteres ist 217 ein cylinderförmiger Fortsatz, dessen stumpfes vorderes Ende aus der genannten Hautöffnung unter dem Auge hervorsieht und zurück gezogen werden kann, das hintere Ende des walzenförmigen Organes reicht bis an das Auge, steht aber mit demselben in durchaus keiner Verbindung, und ist auch stumpf, unten ist dies Organ durch ein zartes Häutchen an den Boden eines häutigen Canals befestigt, der das beschriebene Organ ganz umgiebt und eben die Oeffnung bildet, woraus das Tentaculum wahr- scheinlich hervorgeschoben wird. Siehe 7Tab. XVII. Fig. 5. B. Seitenansicht der offenen Augenhöhlengrube von €. hypocyanea, Fig.5. C. Dieselben Theile mit dem Auge und dem aufgeschnittenen Canal, in welchem der Fühler liegt. J. Waerer hat den häutigen Canal oder Sack zuerst bei C annulata beschrieben, aber, wie es scheint, das walzenförmige Organ, was darin liegt, übersehen. (Isis 1828 7. p. 736.) Oder sollte das Organ in dem Canal hier fehlen? Nach Waseuers Beschreibung ist auch hier die Aushöhlung des Knochens für den Canal und das hintere Ende dieser Aushöhlung oder die Augenhöhle, nicht schildförmig von den Knochen, sondern Canal und Auge nur von der Haut bedeckt. Hiernach kann man die Coecilien in zwei Familien eintheilen. " I. Mit schildförmiger Bedeckung der Augenhöhle bei einer ganz kleinen dem Auge entsprechenden Oeffnung des Knochens und knöcherne Bedek- kung eines Canals, der sich zur Seite und unter der Nasenöffnung aus- mündet. Hierher gehört Coecilia glutinosa, Jumbricoides albiventris nach eigener Untersuchung des Skeletes, auch wahrscheinlich tentaculata nach äufserer Untersuchung. Genus Coecilia im engern Sinne. II. Mit offener Augenhöhle und offenem Canal, der sich unter und vor dem Auge öffnet. C. hypocyanea und annulata oder die Genera Epi- erium und Siphonops Wacı. Bei der ersten Familie scheint das Schild, welches die Augenhöhle und den Canal bedeckt, eine Fortsetzung des Os maxillare zu seyn, welche sich oben an das frontale, hinten an das tem- porale, vorn an das nasale anschliefst, man sieht wenigstens nicht deutlich, dafs das Schild ein von dem maxillare abgesondertes Stück ist, Bei 218 €. hypocyanea dagegen, »wo; jenes Schild fehlt und die Grube. offen ist, ist letztere von Knochen: eingefalst, ‘welche eigenthümlich sind; man bemerkt nämlich ganz deutlich ein. orbitale anterius und: orbitale posterius, welches letztere: eine. halbringförmige hintere Einfassung der Augenhöhle bildet. Doch bin. ich nicht. ganz gewils, ob letzteres Stück wirklich vom maxillare getrennt. ist. Fig. 3. A. B. C. Schädel von Coecilia. albiventris. Mus. Paris. a. a. nasale et intermaxillare conjuncta; c. c. maxillare; f. f. frontale; k. fron- tale impar; g. g. parietale; h. h. temporale; i i. quadratum; k. k. oper- culum fenestrae ovalis; 1. l. oceipitale laterale. Fig. 5. A. B. C. Schädel von €. hypocyanea; a. a. intermaxillare; b. b. nasale; c. c. maxillare; d. d. supraorbitale seu postorbitale; e. e. orbitale anterius; f. f. frontale ; g. g. parietale; h. h. temporale; i. i. quadratum; k. k. petrosum cum operculo fenestrae ovalis; 1. 1. occipitale laterale. Durch Vergleichung beider vergröfserten Abbildungen wird man sogleich auch gewahren, dafs bei C. hypocyanea sich eine tiefe Bucht zwischen den Scheitelbeinen und den Schläfenbeinen befindet, die bei C. glutinosa lumbricoidea und albiventris fehlt. Die Unterkieferbälften sind durch Nath fest verbunden, die Gelenk- fläche ist nicht am hintern Ende, sondern letzteres setzt sich über die Gelenkverbindung in einem: krummen Fortsatz nach rückwärts und auf- wärts fort. Die Zähne der Coeeilien, unten einfach, oben in zwei con- centrischen Reihen, als Maxillar- und Gaumenzähne, wie bei den Dero- tremen; sie sind sehr spitz und eiwas rückwärts gekrümmt, was weniger bei ©. hypocyanea, besonders in der äufsern Reihe der Fall ist. Das einfache Fenster des Labyrinthes ist durch ein ovales Deckelchen geschlossen, wie bei vielen andern nackten Amphibien. Das Deckelchen ist convex, und hat eine kleine Tuberosität in der Mitte. Die Articulation der Wir- belkörper geschieht durch kegelförmig ausgehöhlte Facetten, die mit Gallerte gefüllt sind, wie bei den Derotremen, Proteideen und Larven der Salamander und Frösche. Siehe Fig. 16. Tab. XXI. d. e. f. von 219 C. glutinosa. Die Wirbel gleichen im Allgemeinen ganz denen des Proteus. Bei C. lumbricoidea nach Tıepzmann 188 — 190 Wirbel; die klein- sten am hintern Ende; die gröfsten in der Mitte und am Hals; wahre Dornfortsätze fehlen. Die Rippen sind überaus kleine Anhänge der Wirbel, bei €. glutinosa vom zehnten Wirbel an bis zu den vorletzten Wirbeln. Siehe Fig. 16. Tab. XXL a. b. c. Jedes Rippenrudiment hat zwei Gelenk- flächen. Dies bemerkt auch Schneider: costae breves, rectae, retroversae, triangulares, supra bicipites, ut in avibus, eodemque plane modo verte- bris junguntur, ita ut brevior furcae bicipitis pars et superior brevi pro- cessui sub ascendente laterali, inferior lateri processus inferni applicetur (kist. amphib. II. p. 367.) Siehe Fig. 16. Tab. XXI. c. unserer Abhandlung. Alle Spuren des Schultergerüstes, Beckens und der Extremitäten fehlen. Schon Cvvıer erwähnt drei Paar Bogen am Zungenbein, die den Kiemenbogen ähnlich sind. (Aegne animal now. ed. T. 2. p. 99.) Rechnet man den ersten Bogen oder das Suspensorium mit, so sind vier Bogen vorhanden, wie ich bei C. glutinosa finde; der erste Bogen oder das suspensorium ist an das hintere Ende des Unterkiefers geheftet. Die drei folgenden Bogen sind in der Mittellinie durch ein Band verbunden. Hinter dem letzten Bogen liegt noch eine Knorpelplatte. Siehe 7’ad. XVII. Fig. 6 von €. glutinosa. a. Unterkiefer. Alle Bogen sind ebenfalls knorpelig. In den folgenden Bemerkungen über die Eingeweide sind vorzugsweise die handschriftlichen Mittheilungen von Herrn Geheimen Rath Tıepemann über C. lumbricoidea benutzt. „Zunge sehr klein, kaum eine Linie lang, vorn ganz angewachsen, hinten etwas frei und ein wenig gabelförmig getheilt.“ Ich finde die Zunge bei C. glutinosa und hypocyanea ganz angewachsen, und fast könnte man die Zunge ganz läugnen, nur ganz vorn zeigt sich ein zweitlreiliges Wärzchen; die Luftröhre besitzt nur äufserst undeutliche zarte Ringe. Die Lungen scheinen bei den mehrsten Coecilien ungleich lang, wie ich bei €. glutinosa und hypocyanea fand und Cuvıer überhaupt bemerkt, indem er sagt, dafs die eine Lunge sehr klein sey; indessen fand sie Trepemann bei ©, lumbricoidea gleich lang. 220 S. Fig.%. Tab. XVII. Bei C. hypocyanea fand ich sie sehr ungleich. Die Länge des Thieres war 8, Pariser Zoll, die rechte Lunge reichte bis über den fünften, die linke Lunge nur bis über den dritten Zoll der Thierlänge. Bei €. lumbricoidea sind sie sehr lang zugespitzt, bei hypo- cyanea sind sie mehr blasig mit ansehnlicher Weite gegen das Ende, und endigen plötzlich in einen kurzen dünnen Zipfel. Bei C. lumbricoidea fand Tıepemann die Lungen 7%. Zoll 9 Linien lang bei 16 Zoll Länge des Thiers. Den Magen fand Tıevemann bei C. lumbricoidea sehr lang, gerade, dünnhäutig; die Speiseröhre sich allmählig zum Magen erweiternd. Magen mit Speiseröhre 10 Zoll lang bei 16 Zoll Länge des Thiers. Die innere Haut des Magens war der Länge nach gefaltet. Der Magen ging trichter- förmig in den Darm über. Im Magen waren Fragmente von halbver- dauten Regenwürmern. Das erste Stück des Darms fand Tiepemann ansehnlich weit, (wie ich auch bei C. hypocyanca sehe); in dasselbe mündete der Gallengang ein. An ihm lag das Pancreas, durch welches der Gallengang tritt. Nach hinten fand Tıepemann den Darmkanal allmäh- lig enger; er machte vier kleine Krümmungen (bei C. hypocyanea fehlen die Krümmungen). Der Anfang des Darms war im Innern mit flockigen Falten besetzt. Nach hinten wurde der Darm weiter, und stellte drei Zoll zwei Linien hinter dem Magen das Intestinum reetum dar. In diesem bildet die Schleimhaut Längenfalten. Die Leber fand Tırpemann bei ©. lum- bricoidea sechs Zoll vier Linien lang, in der Mitte zwei Linien breit; sehr schmal, an den Seiten zusammengedrückt, vorn und hinten zugespitzt, durch Queer-Einschnitte in Lappen getheilt. Gallenblase 2‘, Linien lang, fast birn- förmig, in einer kleinen Vertiefung der Leber liegend. An der Leber ver- läuft die Vena cava inferior, und tritt in den grofsen Sinus venarum cavarum. Bei C. hypocyanea sind die Queerläppchen der Leber äufserst zahlreich und wie Blätter, welche dachziegelförmig über einander liegen; der Ductus hepaticus mufs im obern Rande der Leber verlaufen, denn alle Blätter der Leber, deren ich gegen vierzig zählte, sind fast bis auf dem obern Rande getrennt, so dafs die Leber hier ausnahmsweise den Nieren der mehrsten 221 Amphibien gleicht, weder Ureter auch am Rande hergeht. Siehe Fig. 9. ein Stück der Leber von C. hypocyanea, Fig. 9. b. Durchschnitt der dachziegelförmig sich deckenden Blätter. Das Pancreas fand 'Tıepemann dreizehn Linien lang, am Anfang des Dünndarms liegend, und gelappt. Die Milz an der linken Seite des hintersten Theiles des Magens gelagert, fünf Linien lang, °, Linien breit. Die Coecilien haben nur einen ein- fachen Vorhof des Herzens. Cuvıer drückt sich hierbei zu vortheilhaft für seine Aufstellung der Coerilien im System aus, wenn er sagt: l’oreil- lette du coeur n’est pas divisee assez profondement pour @tre regardee comme double. Sowohl nach Tırpemanss als meinen Untersuchungen ist der Vorhof ganz und gar einfach. Den Ventrikel fanden Tırpewanv und ich länglich zugespitzt. Tırpemann beschreibt die Gefälse bei C. lumbri- coidea. In den Sinus münden ein zwei obere Hohladern, die untere Hohlader an der Leber verlaufend und der Stamm der Lungenvenen. Aus dem Ventriculus entspringt ein Arterienstamm, welcher die Carotiden, die aorta descendens und die Lungenarterien abgiebt, die Kammer ist durchaus einfach und nicht in zwei Abtheilungen getheilt. Die Nieren fanden Tıevemann und ich sehr lang, schmal, gelappt, sie liegen dicht aneinander; die Harnleiter münden in die Cloake ein. Tıerpemann fand den Eierstock sehr lang und schmal und mehrere längliche Eichen enthal- tend. Die sehr langen Eierleiter öffnen sich in die Cloake. Kurz vor dem Ausgang des Darms in die Cloake finde ich am Mast- darm der Coeeilia glutinosa, (nicht bei hypocyanea) eine längliche Blase mit einem oben längern und einem kürzern nach abwärts gerichteten Zipfel. Siehe Fig. 10. Tab. XVII. von €. glutinosa. Die Einmündungsstelle in das unterste oder Cloakenstück des Darms befindet sich in der Nähe der Einsenkung der Ureteren. Vielleicht kann man diese Blase mit der Abdominalblase aller übrigen nackten Amphibien vergleichen. Die Cloa- kenöffnung ist rund und runzelig. Von den Muskeln hat Tıeoemann notirt, dafs an der Wirbelsäule zwei obere, zwei untere und zwei seitliche gerade Muskeln sich befinden, welche eitschrift f. Physiol. IV. 2. 30 222 Portionen an die Haut schicken. Zwischen den einzelnen Wirbeln befinden sich schräge Muskeln; an der innern Fläche der Haut ist eine ee Län- gen- und Quermuskelfasern befestigt. Die Abbildungen Fig. 7. Tab. XVII. von den Lungen und dem Herzen und Fig. 8. von den übrigen Eingeweiden sind von C. lumbricoidea und mir von Herrn Geheimenrath Tievemann gütigst mitgetheilt. Eine Anatomie der Coecilien im Larvenzustand ist noch zu erwarten. Bis jetzt hat man nur das einzige Exemplar der jungen Coecilia hypo- cyanea von 4, Zoll Länge mit einem Kiemenloch auf jeder Seite des Halses , im Museum zu Leyden. Die Zergliederung dieses seltenen Stückes kann jetzt noch nicht unternommen werden; am interessantesten wäre zu wissen: ob die kurzen schwarzen Franzen, welche ich in der Tiefe des Loches bemerkt zu haben glaube, und welche an den Kiemen- bogen oder Hörnern des Zungenbeins zu sitzen schienen, aber nicht äus- serlich hervorragten, wirklich innere Kiemen sind. Dritter Absıchnit«t. Zur Anatomie der Blindschleiche im Vergleich mit Bipes, Pseudopus, Ophisaurus. Die Blindschleichen sind den Schlangen nur durch den Mangel der Extremitäten ähnlich; ihre Körperbildung bietet sonst eine viel gröfsere Analogie mit den Eidechsen dar. In der That hat auch Herr Cuvier diese Aehnlichkeit wohl empfunden, obgleich er die Blindschleichen und die schleichenden Eidechsen unter ganz verschiedene Ordnungen gebracht hat. Dieser grofse Naturforscher, welcher nie etwas verschweigt, was gegen seine Ansichten spricht, sagt: Ces anguis ont encore leur tete osseuse, leurs dents, leur langue semblable ä celle des Seps; leur oeil est muni de trois paupieres cet. Ce sont, pour ainsi dire, des Seps sans pieds. In den Pecherches sur les oss. foss. wird die Osteologie der Gat- tungen Anguis und Ophisaurus beiläufg mit der der übrigen Eidechsen 223 abgehandelt und Cuvırr bekennt, dafs diese 'Thiere in Hinsicht ihres Skeletes unter die Eidechsen gehören, obgleich er sie im Zegne animal unter die Schlangen versetzt hat. Man kann aber noch mehr sagen. Nicht blofs jene Charactere und ihre dachziegelförmigen Schuppen machte die Blindschleichen den Seincus und Seps ähnlich. Die Blindschleichen haben keinen anatomischen Character mit den Schlangen gemein, aufser dem Mangel der Fülse; aber diesen Character nicht einmal ganz; dern sie besitzen wenigstens Rudimente des Beckens und Schultergerüstes, und in den verwandten Pseudopus, Bipes sind selbst noch Rudimente von Füfsen vorhanden. Ich wende hier die Grundsätze jenes grofsen Naturforschers an, auf die Gefahr, eine Meinung desselben zu bestreiten, die nur darin ihren Grund hat, dafs er leider die Schlangen durch keine andern anatomischen Merkmale als: les serpents sont les reptiles sans pieds von den andern Ordnungen gesondert hat. Wären diese Charac- tere von allgemeiner Uebereinstimmung der Form zur Vereinigung hin- reichend, so wären die Salamander noch mit den Eidechsen verbunden. Daher haben Dumerit, BLamviLLe, Oppet, Nitzsch, SCHLEGEL, WAGLER die Blindschleichen und die verwandten Thiere unter die Eidechsen auf- genommen. In der frühern Ausgabe des #dgne animal waren blofs die Gattungen Anguis, Ophisaurus, Acontias unter den Schlangen aufgestellt, dagegen Cuvırr in der neuen Ausgabe Pseudopus auch hierher zieht, und eher von dem so verwandten Bipes, den er unter den Eidechsen läfst, trennt. Ich werde nun aus der Anatomie der Blindschleichen zeigen, dafs es keinen noch so kleinen Punkt derselben giebt, in dem sie nicht vollkommen mit den Eidechsen übereinstimmen, und sich eben so sehr von den Schlangen unterscheiden. Der Schädel der Blindschleiche gleicht so vollständig und in allen Punkten dem Schädel der Eidechsen und insbesondere der Seps, dafs es mir nach Aufsuchung aller Näthe schwer wäre, den geringsten Unter- schied von den Letztern namhaft zu machen. Zur Vergleichung habe ich auf Tab. XX. Fig. 1—3 Abbildungen vom Schädel des Seps tridac- 224 tylus und in Fig. 4—6 von anguis fragilis nach dreifach vergröfsertem Maafsstab gegeben. Fig. 1. A. B. Tab. XIX. Schädel von Pseudopus Op- pelii in natürlicher Gröfse nach einem Skelet des Pariser Museums. In Hinsicht der Terminologie der Knochenstücke bin ich Herrn Cuvier gefolgt, und beziehe mich namentlich auf die Analyse und die Abbil- dungen von Schädeln der Saurier in 5. Band der Zecherch. sur les oss. ‚feoss. Denn wenn ich auch sonst unter den osteologischen Arbeiten vor- züglich diejenigen von Bosanus schätze und bewundere, so mufs ich doch hier den Beifall einer glücklichern Deutung und Terminologie Herrn Cuvırr geben. Ich habe auf die treue Darstellung aller Knochentheile die gröfste Sorgfalt verwendet, und bezweifle, dafs man diese kleinen Schädel genauer untersuchen kann, als es von’ mir geschehen ist. Um die Vergleichung mit Cuvıers Abbildungen von den Schädeln der Ei- dechsen zu erleichtern, habe ich dieselben Buchstaben für die Bezeich- nung der Knochen, wie in den #ech. sur les oss. foss. gewählt. Das Hinterhauptbein von Anguis besteht aus vier Stücken, oceipitale inferius t.; oceipitale laterale q. q.; occipitale superius 0. Das Keilbein s. hat zwei seitliche starke Gelenkhügel für die ossa pterygoidea. Vorn setzt es sich in einen fadenförmigen Knorpel fort, wie bei den Eidechsen überhaupt. Das Felsenbein p bildet wie bei den Eidechsen überhaupt, zwischen Os sphenoideum und occipitale die ganze hintere Seitenwand des Craniums. Die vordere Seitenwand bis an das Septum narium ist mem- branös wie bei den Eidechsen. Der stielförmige Knochen, Yolumella, y, welcher nur den Eidechsen zukömmt, und das Scheitelbein mit dem Os pterygoideum verbindet, findet sich bei Anguis so gut, wie bei Seps und Pseudopus, Bipes, Ophisaurus. Bei keiner Schlange findet sich etwas entfernt Aehnliches. Das Scheitelbein, n, trägt nichts zur Seitenwand des Schädels bei, und verlängert sich hinten zu den Seiten in zwei Fortsätze, die sich an das mastoideum und temporale anlegen. Sonst ist das Os parie- tale bei Anguis, wie bei Seps, Pseudopus, Ophisaurus unpaarig; nur bei Bipes lepidopus ist es, wie Cuvıer bemerkt, getheilt, gleichwie bei den ee 225 Geckos. Die Stirnbeine bestehen aus sechs Stücken, frontalia media ce. c. frontalia anteriora, seu orbitalia anteriora e. e., frontalia posteriora, seu orbitalia posteriora i. i. k. k. Indefs ist das frontale posterius bei Anguis jederseits getheilt, und besteht aus zwei Stücken i, k., was auch Cuvıer von Anguis und Ophisaurus, so wie von mehreren Scincus-Arten _ anführt, wie ich es denn auch bei Scincus auratus und Seps tridactylus finde. Am Schädel von Ophisaurus, den Cuvıer (Zeegne animal Tab. 8. Fig. 1—8) und Srıx (Cephalogenesis Tab. 9. Fig. 9.) abgebildet haben, fand ich zu Paris übereinstimmend mit Srıx zwei frontalia media, wie bei den Eidechsen überhaupt. Cuvırr dagegen (oss. foss. T. V. p. 2.) behauptet, Srıx habe sich geirrt, und es sey blofs ein frontale medium impar vorhanden. So scheint es blofs, wenn man die knöcherne Incru- station der Schädeloberfläche nicht wegnimmt, denn ohne die Entfernung dieser knöchernen Incrustation der Haut scheint auch Seps nur ein fron- tale medium impar zu besitzen. Vielleicht liegen auch bei Pseudopus, dessen Schädel ich Tab. XIX. Fig. 1. abgebildet habe, unter der dicken unregelmäfsigen Knochenkruste zwei frontalia media, obgleich es äufser- lich nicht den Anschein hat. Als suspensoria des Quadratbeines dienen bei Anguis, (eben so wie bei Pseudopus, Bipes, Ophisaurus) das Os temporale Tab. XX. Fig. 4—6 und das mastoideum, m. Beide lang ausgezogen und sich an den Rand des Scheitelbeines anlegend, wo sie dem orbitale posterius entgegen kom- men. Das Quadratbein r, Os tympanicum Cuv. ist bei Anguis gerade, bei Seps bogenförmig gekrümmt. Aufserordentlich klein ist das Os lacrymale f. Die Ossa nasalia, b. b. Os intermaxillare a., Ossa maxillaria. d.d. Alles wie bei den Eidechsen. Die Augenhöhle ist bei Anguis, wie bei Ophisaurus, Pseudopus, Seps hinten ganz durch das Os jugale, g. geschlossen. Bei Bipes lepidopus verknöchert das Jochbein nicht, wie Cuvırr bemerkt. An der Basis des Schädels bemerkt man die Ossa pterygoidea v. v., verbunden mit dem Os maxillare jederseits durch das Os transversum x., ferner verbunden mit 226 den Ossa palatina, u. u. Hinter dem Os intermaxillare kommen an der Basis des Schädels noch vor den Gaumenbeinen zwei Knochen zum Vor- schein, die Conchae nasales Cuv. 3. 8. Bei Seps laufen sie verbunden in eine hintere Spitze aus, bei Anguis sind sie getrennt. Der Unterkiefer besteht aus zwei Theilen, die in der Mitte wie bei den’ Eidechsen fest verbunden sind. Ich habe bei Anguis noch ein sehr kleines Knöchelchen mehr gefun- den, als Cuvırr bei den Eidechsen aufgezählt hat. Es liegt hinter dem Thränenbein, an dem Processus zygomaticus des Os maxillare, und trägt zum Jochbogen bei, in der Abbildung ist es durch g} von dem Jochbein g unterschieden. Das Os superciliare der Eidechsen fehlt dagegen sowohl bei den Scincus und Seps, als bei den Anguis, Pseudopus, Bipes, Ophi- saurus. Bei allen diesen Thieren scheint es durch die knöcherne Incru- station der Hautbedeckung des Schädels ersetzt zu werden, die auch bei Acontias vorkömmt, und eine Art Dach über die Augen bildet. Wie bei allen Eidechsen ist der Schädel bei Scincus, Seps, Anguis cet. in seiner obern Platte biegsam, was niemals bei einer Schlange vor- kömmt, deren Schädel vollständig und sowohl unten als an den Seiten geschlossen ist. (Vergl. Nrrzsch über die Beweglichkeit des Oberkiefers bei den Eidechsen, Meorers Archiv für Physiologie T. 7.) Die Form der Zähne ist bei den Seps, Bipes, Pseudopus, Anguis, Ophisaurus ähnlich, wie schon Cuvıer bemerkt, bei Pseudopus sind sie stumpf; nur Ophisaurus hat auch Gaumenzähne, gleich mehreren andern Eidechsen, besonders mehreren Scincus. Die Wirbel der Anguis gleichen denen der Eidechsen, besonders aber die Schwanzwirbel, woran die sehr langen untern Dornfortsätze sehr cha- racteristisch sind, durchbohrt ganz wie bei den Eidechsen, nicht wie bei den Schlangen. Die Gelenkknöpfe an der hintern Seite der Wirbelkörper so wie die Aushöhlungen an der vordern Seite sind quer elliptisch, wie bei vielen Eidechsen, nicht rund wie bei den Schlangen. Eigenthümlich ist, dafs die Schwanzwirbel nicht mehr durch Gelenkknöpfe und ent- 227 sprechende Aushöhlungen der Wirbelkörper, sondern durch blofse Facetten verbunden sind. Dies ist zum Theil die Ursache, warum der Schwanz so leicht bricht, was man sich bisher nicht erklären konnte. Tab. XXI. Fig. 13. a. mehrere Wirbel aus der Mitte des Körpers, Fig. 13. b. ein Schwanzwirbel von Anguis fragilis. Bei Ophisaurus zählte ich 65 Rippen tragende Wirbel, drei rippenlose Halswirbel, 95 rippenlose Wirbel des Schwanzes. Bei Psendopus Halswirbel ebenso 52 Rippen tragende Wir- bel, 95 Rippenlose oder Schwänzwirbel. Die Blindschleichen besitzen, wenn auch keine äufsern Rudimente der Extremitäten, doch ein Schulter- gerüst auf jeder Seite. Ich verweise hier auf die Untersuchungen von Hevsınger (Zeitschrift für organische Physik 3. B. 5. H.) Es sind Schulterblatt, Schlüsselbein und Hebel, ohne Brustbein. (Siehe Hrusınger l. c. Tab. II. Fig. 9.) Bei Pseudopus ist ein gemeinschaftliches knor- peliges Brustschild vorhanden, in der grofsen Knorpelplatte des Brust- schildes ein unpaares breites, hinten in eine Spitze auslaufendes Knochen- stück. Tab. XIX. Fig. 2. a. unserer Abhandlung. An die Seitenfortsätze dieses Brustknochens legen sich zwei kurze Knochenplatten an b. b., wovon es zweifelhaft ist, ob man sie für Clavicula oder mit Heusıncer für Sca- pula halten soll. Vorne bilden zwei von dem Schulterknorpel bis zur Mitte des Brustknorpelschildes gehende aüfsere gekrümmte lange Knochenstücke einen Halbgürtel, Fig. 2. ce Furcula.. An die Stelle der Schulter ist eine Knorpelplatte, welche ununterbrochen mit dem Knorpel- schild der Brust zusammenhängt, und welche Hevsıncer für den oft vorkommenden Knorpelanhang der Scapula hält. Das Brustbein fehlt bei Anguis und Ophisaurus. Die Rudimente des Beckens finden sich bei Pseudopus, Bipes, Ophisaurus und Anguis und zwar sehr ähnlich. Diese Rudimente entsprechen nach Heusmeers genauen Untersuchungen auch bei Anguis wirklich dem Becken und nicht den Extremitäten, wofür sie Herr Prof. Mayer (Nov. act. N. €. T. 12. p. 2.) erklärt hatte. Denn die Rudimente der Extremitäten kommen bei Pseudopus noch zu den- selben Theilen hinzu. Tab. XIX. Fig.3 habe ich das Becken von Ophi- 228 saurus nach dem Skelet des Pariser Museums abgebildet. a. letzte Rip- pen, b. drei Querfortsätze, c. das Beckenrudiment der einen Seite, d. untere Dornfortsätze der Schwanzwirbel. Was nun die Rudimente der Extremitäten bei mehreren schleichenden Eidechsen betrifft, so läfst sich gar keine sichere Gränze ziehen. Die Seps besitzen vier kümmerliche Extremitäten, die Bipes nur noch Rudimente der hintern Extremitäten. Bei Bipes cariococca und B. Gronovii sind die Rudimente noch ziemlich deutlich; bei Bipes lepidopus (Pygopus Merr.) und Pseudopus Oppelii sind auch diese Fufsrudimente bis auf zwei längliche unten abgerundete schuppige Stützen vor dem After reducirt. Bej Bipes lepidopus finden sich nach Cuvier in diesen Warzen Rudimente eines Femur, eine Tibia und Fibula und vier äulserste Glieder. Beim Scheltopusik sind selbst die Knöchelchen auf zwei kleine Rudimente _reducirt, wovon das äufsere mit einem hornigen Nagel bekleidet ist. (Heusıneek 1. c. p. 491.) Anguis unterscheidet sich von Bipes lepidopus und Pseudopus, dafs auch diese Tubera bis auf dienoch vorhandenen Rudimente des Beckens eingegangen sind. Nichts ist so sehr verschieden als das Zungenbein der Eidechsen und Schlangen ; die letztern haben aufser Amphisbaena durchaus keine Spur des Apparates der Eidechsen. Was man bei den Schlangen damit vergleichen kann, sind zwei sehr lange Knorpelfäden, die fast parallel, zu den Seiten der langen Zungenscheide liegen und sich vorn in einem Bogen vereinigen. Siehe Fig. II. Tab. XIX. von einer Dipsas. Nun ist das Os hyoideum der Blindschleiche vollkommen eidechsenartig, indem bei den Eidechsen die Hörner desselben immer nach aussen auseinander weichen und mehrfache Bogen bilden. Das Os hyoideum yon Anguis fra- gilis hat jederseits zwei Hörner. Achnlich ist es beim Scheltopusik nach Parzas comment. acad. Petrop. T.19. Vergl. Hezusineer |. c. Tab. 1. Fig. ?. Allein das vordere Horn ist von Parzas in Vergleich mit Herusınser nur unvollständig abgebildet, vermuthlich, weil es in dem nach vorn gerichteten Stück knöcherne, in dem bogenförmigen gröfsern Stück aber mehr knorpelig 229 oder sehnig ist, wie bei Anguis. Einfacher noch ist es bei Ophisaurus, wo das vordere Horn unvollständig und nicht knorpelig, sondern ein Sehnen- faden ist. Das Zungenbein des Seps ist zusammengesetzter. Die von mir in Taf. XIX. Fig. 4—8 gegebene Abbildungen können zur Vervollständigung der Bilder von den Zungenbeinen der Eidechsen in Cuviers recherches sur les oss. foss. dienen. Fig. 4. von Seps tridactylus, Fig. 5. von Pseu- dopus Oppelii nach Parıas und Herusineer, Fig. 6. von Anguis fragilis, Fig. 7. von Ophisaurus ventralis. Zur Vergleichung ZVg.8. das Zungen- bein von Acontias meleagris, Fig. 9. A. von Amphisbaena alba. Fig. 10. A. von Chirotes, Fig. 11. von einer Dipsas. Die Zunge ist bei Seps, Pseudopus, Bipes, Ophisaurus, Anguis ähnlich, nämlich frei und etwas ausstreckbar, aber ohne Scheide, wie bei vielen andern Eidechsen. Bei Anguis ist ihre getheilte Spitze schwarz, der hintere dickere Theil unge- färbt. Keine Schlange besitzt bekanntlich eine 'Trommelhöhle, wohl aber alle Eidechsen, und zwar entweder mit frei liegendem Trommelfell oder verborgen. Letzteres ist der seltnere Fall wie bei Anguis; aber schon bei Pseudopus ist das Trommelfell fast ganz bedeckt. Dagegen liegt das Trommelfell bei Ophisaurus, der doch auch fufslos ist, frei vor. Dafs nun aber .die Blindschleichen Trommelhöhle, Gehörknöchelchen und Trommelfell unter der Haut besitzen, haben schon Schneider, Scarpa und Cuvıer bemerkt. Indessen fehlt doch nach Wınpiıschmann’s Unter- suchungen ein eigentliches Trommelfell wie beim Chamzxleon und es ist blofs die allgemeine Haut der Trommelhöhle vorhanden. Das Cavum tym- pani und die Tuba Justachii sonst ganz wie bei den Eidechsen. Auch Acontias hat Trommelhöhle und Gehörknöchelchen der Eidechsen. Keine Schlange besitzt Augenlieder, sondern das Auge ist von einer durchsichtigen Capsel bedeckt, in welche die Thränen gelangen. Diese von Croquer gemachte Entdeckung hat sich mir bei allen wahren Schlan- gen, auch der Typhlops, Amphisbaenen und Tortrix bestätigt; die Capsel ist bei den letztern nur dicker. Bei allen Schlangen besteht diese Cap- sel, hinter welcher sich das Auge frei bewegt, aus drei Lamellen, einer Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 31 230 innern, welche sich in die Conjunctiva bulbi oculi fortsetzt, einer mitt- lern Fortsetzung der Cutis und einer äufsersten Epidermoidallamelle, welche mit dem Häuten abgeworfen wird. Diese Capsel findet sich nach meinen Untersuchungen bei keiner Eidechse, mit Ausnahme der Familie der Gecko, wo ich sie entdeckt habe. (Siehe v. Ammons Journal für Opthalmologie B. 1. S. 179.) Zwei andere Eidechsen, Gymnophthalmus Merr. und Ablephanus Fırzıyeer sollen auch ohne Augenlieder seyn. An einem Gymnophtalmus im Museum zu Leyden konnte ich indefs nicht ausmitteln, ob die Capsel wie bei den Gecko vorhanden ist. Alle übrigen Eidechsen haben Augenlieder und gewöhnlich auch eine Mem- brana nictitans, so auch Seps, Pseudopus, Bipes, Anguis, Ophisaurus, Acontias. (Chirotes gehört nicht hieher, sondern mit den Amphisbaenen zusammen.) Alle jene T'hiere sind daher nach einem der wichtigsten Charactere wahre Eidechsen; denn alle Schlangen ohne Ausnahme haben bedeckte Augen und keine Augenlieder. Bei microscopischer Unter- suchung mehrerer Augen von Blindschleichen glaube ich auch eine Spur der schwarzen Falte im Innern des Auges beobachtet zu haben, die man für ein Analogon des Pecteus der Vögel hält, und die bei den Eidechsen gewöhnlich ist. } Man könnte es als eine Schlangen - Ähnlichkeit ansehen, dafs die Blind- schleiche eine untere Lippendrüse und eine überaus kleine Spur einer obern Lippendrüse besitzt; allein diese Drüsen finden sich bei der ganzen Abtheilung der Scincoiden, und sind bei Seincus an der Unterlippe sehr stark, so stark als gewöhnlich bei Schlangen. Auch das Gefäfssystem der Blindschleichen entfernt sich von dem der Schlangen, stimmt dagegen sehr mit dem der Eidechsen überein, wie es wenigstens bei den verwandten Eidechsen ist. Zu dieser Vergleichung diente das injicirte Gefälssystem von Lacerta ocellata im anatomischen Museum zu Bonn, die von mir selbst angestellte Injection der Gefälse von Anguis fragilis mit’ Quecksilber und Schremms genaue Untersuchungen über das Gefälssystem der Schlangen (in dieser Zeitschrift B. 2.) Bei 231 Lacerta ocellata giebt es auf jeder Seite der Luftröhre zwei starke arterielle Gefälsbogen, welche mit ‘der Lungenarterie jeder Seite zusammen aus dem kurzen Stamm der Aorta entspringen, es giebt daher jederseits zwei Arcus aortae, die sich hinten vereinigen, und zuletzt von beiden Seiten zusammenfliefsend, die Aorta abdominalis bilden. Die beiden innern dieser vier Aortenbogen geben die Arteriae carotides ab, und die Arteria subelavia jeder Seite wird von dem absteigenden Stamme abgegeben, der sich aus der Vereinigung der zwei Aortenbogen jeder Seite bildet, Bei den Blindschleichen ist es fast ganz auf dieselbe Art, nur dals statt der Anonymae hier blofs Carotiden sind, und ich wundere mich, dafs F. Meckeu nur einen Bogen jeder Seite beschrieben hat. Auf jeder Seite befinden sich zwei arterielle Bogen, die auf- steigend und umliegend erst zu einer rechten und linken Aorta sich vereinigen, welche zwei Aorten wieder die Aorta abdominalis bilden. Aulser diesen vier Aortenbogen entspringen aus dem sehr kurzen Aorten- stamm noch die Arteriae pulmonales. Die beiden innern der vier Aorten- bogen sind bei ihrem Ursprung auf eine kurze Strecke verbunden. Siehe Fig 12. Taf. XIX. von Lacerta ocellata, Fig. 13 von Anguis fragilis. Wie ganz anders ist dagegen das Gefälssystem der Schlangen. Bei diesen giebt es nur zwei Aortenbogen, und beide haben eine ganz verschiedene Verzweigung. Aus der Aorta dextra gehen die Gefälse für die obern Theile des Körpers hervor; die linke Aorta wird zur Aorta abdominalis. Uebrigens vereinigen sich gleichwohl beide Bogen nach abwärts hin. Auch . die Lage des Herzens ist bei den Blindschleichen characteristisch; es liegt oben, kurz hinter dem Zungenbein, wie denn auch die Gefäfsbogen der Eidechsen nur wenig von den bogenförmigen Hörnern des Zungen- beins verrückt sind, an das Gefäßssystem der Batrachierim Larvenzu- stand erinnernd. Die Blindschleichen besitzen doppelte Lungen; die eine (linke) nur unbedeutend kürzer bei Anguis; bei Ophisaurus ist die Nebenlunge '/, der gröfsern, Cuvıer. Auch bei Bipes lepisopus sind nach Cuvırr die Lun- 232 gen ungleich ; ebenso nach Parzas bei Pseudopus. Die Nieren der Blind- schleiche und des Scheltopusik gleichen denen der Eidechsen, und unter- scheiden sich von denen der Schlangen darin, dafs sie sehr tief gegen den After zu liegen und bis zum After reichen, während die Ureteren bei den Schlangen beträchtlich lang sind. Auch sind die Nieren der Blind- schleichen sehr undeutlich gelappt. Die Urinblase, welche sich bei vielen Eidechsen, unter den Schlangen nur bei Amphisbaena und den verwandten mit Vorderfülsen versehenen Chirotes vorfindet, ist bei Seps und Anguis, wahrscheinlich auch bei den übrigen ähnlichen vorhanden; es ist sonder- bar, dafs sie Paunvas nicht beim Scheltopusik erwähnt hat, er muls sie wohl übersehen haben, Endlich unterscheiden sich die Bewegungen der Blindschleichen sehr von denen der wahren Schlangen, erstere können nicht durch regelmäs- sige horizontal wellenförmige Bewegungen kriechen; sie können sich nur sehr unbeholfen aufrollen und fortschieben. Dennoch haben die Anguis freie Rippen ohne Brustrippen, allein die den Anguis so verwandten Acon- tias, welche keine Rudimente von Schultergerüst mehr besitzen, haben Brustrippen, wie die Seps; ihre Brust ohne Brustbein und ihr Bauch bilden dennoch einen vollkommen geschlossenen Korb mit 27 Brust- und Bauchrippen, was zum wellenförmigen Kriechen sehr ungeschickt machen muls. Nach diesen strengen Beweisen halte ich es unmöglich, ferner zu bezweifeln, dafs die Blindschleichen so gut wie Pseudopus, Bipes, Ophi- saurus wahre Eidechsen sind. Es finden nicht einmal Uebergänge zu den Schlangen Statt; denn kein constanter anatomischer Character der Schlangen findet sich bei ihnen. Herr Fırzinger spricht zwar von einem schönen Uebergang der Anguis in die T'yphiops. Die Wahrheit ist aber, wie ich durch die Anatomie beweisen werde, dafs nicht allein Typhlops in allen anatomischen Characteren ganz entschieden eine Schlange ist, son- dern auch nicht die geringste anatomische Aehnlichkeit mit Anguis hat. Die herrlichen Uebergänge, von denen einige neuere Systematiker so 233 oft sprechen, verschwinden vor der Fackel der Anatomie, ohne welche sich kein System der Amphibien gründen läfst. Yri: rien anne er ae tk Zur Anatomie von Acontias meleagris und A. coccus. Durch die Güte des Herrn ScHzeeEu habe ich zwei Exemplare von Acontias meleagris erhalten. Ich habe die anatomischen Resultate mit der Untersuchung von Acontias coccus Mus. Paris. verglichen. Acontias, früher eine Art der Gattung Anguis, als Anguis meleagris, und von Cuvier mit Recht als besondere Gattung aufgestellt, gleicht bekanntlich im äufsern Habitus einer Blindschleiche aufserordentlich, sie hat ähnliche Schuppen, die sich nur weniger decken, dieselbe Kopfbildung, dieselben Augen- lieder, aber ihr Schwanz ist kleiner, ihre Zähne stumpfer, und sie besitzt keine Rudimente vom Schultergerüst wie Anguis und ihre Rippen sind zum Theil durch Knorpelfäden oder knorpelige Bauchrippen ver- bunden, was bei Anguis nicht der Fall ist. Sonst ist die Aehnlichkeit von Acontias meleagris mit Anguis fragilis so grofs, dafs die Verwechse- lung von einem Ungeübten leicht ist. Vergleicht man den Schädel von Acontias, dessen Haut oben auch eine knöcherne Incrustation wie bei Anguis, Ophisaurus, Pseudopus zeigt, mit dem von Anguis, so erkennt man 1) dafs Acontias nach dem Bau des Schädels mehr mit den Eidechsen als den vollkommenen oder unvollkommenen Schlangen übereinkommt; 2) dafs Acontias mit Anguis zu derselben Familie gehört; 3) dafs sich beide Schädel dennoch in einigen wesentlichen Puncten gar sehr unter- scheiden. Siehe Taf. XXI Fig.7. 8.9. Schädel von A. meleagris. Die Ver- gleichung wird nach meinen Abbildungen sehr leicht seyn, da die Bezeich- nung der Knochenstücke dieselbe ist, wie in den Abbildungen der Schädel von Seps und Anguis und der Eidechsen bei Cuvırr. Der vordere Theil des Kopfes und die Zusammensetzung der Gesichtsknochen ist ganz und gar wie bei den Eidechsen und bei Anguis; aber die Nasenbeine sind 234 länger als bei Anguis und das Jochbein fehlt, das aber auch bei Bipes lepidopus nicht verknöchert. Vordere und hintere Stirnbeine sind vor- handen, ebenso die mittlern doppelt; allein das Os frontale posterius jeder Seite ist nicht getheilt, wie bei Anguis, Ophisaurus und mehreren Sein- cus, sondern einfach wie bei andern Scincus und bei Pseudopus. Das Os transversum ist vorhandeır, die Ossa pterygoidea berühren sich an einer Stelle wie bei Seps; sie sind aber ausgehöhlt und der Eingang der Aushöhlung an der innern untern Seite. Keilbein und Basis eranii ganz wie bei Seps, Anguis, Ophisaurus. Von oben betrachtet gleicht der Schädel mehr dem von Ophisaurus als dem von Anguis; denn er ist in der Gegend des Scheitelbeins eng und noch enger als bei Ophisaurus. Dies rührt davon her, dafs das Os parietale nicht eine blofse Decke der Schä- delhöhle von oben ist, wie bei Anguis und Ophisaurus, sondern wie das Stirnbein an den Seiten sich umschlägt, und den obern Seitentheil der Schädelhöhle einschliefst, was bei Anguis und Ophisaurus nicht der Fall ist. Der hintere Theil der Seitenwand wird durch das Os petrosum gebildet, ganz wie bei Anguis, Ophisaurus, Seps. Uebrigens ist der ganze mittlere Theil der Seitenwand der Schädelhöhle membranös, und der vordere Theil des Keilbeins knorpelig wie bei den Eidechsen. Die wichtigsten Unterschiede bestehen in der Reduction des Mastoideum und Temporale auf ein ganz kleines Stückchen, welches mit einem Seitenfort- satz des Scheitelbeins das Quadratbein trägt. Fig. 9; m, da sich bei Seps, Pseudopus, Bipes, Ophisaurus, Anguis sowohl Mastoideum als Tem- porale streifenförmig an den Seitenrand des Parietale fortsetzen. Das Auffallendste aber ist der gänzliche Mangel der Columella zwischen Os parietale und pterygoideum, ein den Eidechsen so allgemein zukommender Knochen, der selbst bei Anguis und Ophisaurus noch vorhanden ist. Dies rührt wohl daher, dafs das Parietale selbst zur Seitenwand des Schädels beiträgt und aufserdem zur Unterstützung der Schädeldecke jederseits eine knorpelige Lamelle zum Stirnbein schief aufsteigt. Das Quadratbein ist ganz wie bei Anguis. Die Unterkieferhälften sind in der Mitte fest 235 verbunden. Man sieht aus dieser Vergleichung, dafs zwar der Schädel von Acontias noch viele Charactere der Eidechsen an sich trägt, aber sich unter den Amphibia anguina allein in einigen Puncten vom Typus der Eidechsen entfernt. Dies ist aber keine Annäherung zu den Schlangen. Daher ist auch das Hinterhauptsbein, welches bei Schlangen durch die Annäherung der Oceipitalia lateralia in die obere Mittellinie characteristisch ist, noch ganz wie bei den Eidechsen. Dafs dieser Uebergang nicht statt findet, sieht man besonders auch am Skelet der einfachsten Schlangen, der Typhlops, Rhinopis, Uropeltis, Amphisbaena tortrix, deren Schädel sehr eigenthümlich ist, aber doch keine Aehnlichkeit mit dem von Anguis, Ophisaurus und Acontias hat. Jene so oft gerühmten Uebergänge finden überhaupt nicht in dieser Art statt. Der Straufs verliert z. B. von den Characteren des Vogels, ohne im Geringsten die des Säugethiers anzu- nehmen; das Schnabelthier verliert von den Characteren des Säugethiers, ohne die wesentlichen des Vogels zu zeigen. Das Zungenbein von Acontias Fig. 8. Taf. XIX. 'hat Aehnlichkeit mit dem von Anguis Pseudopus, Ophisaurus; aber es besitzt nur einen vor- dern spitzen Körper und hintere Hörner, welche deutlich knorpelig sind, nach aufsen*divergiren. Die Zähne im Ober- und Unterkiefer wie bei Anguis, aber viel stumpfer, ähnlich dem Pseudopus; keine Gaumenzähne, obgleich sie Cuvier vermuthet; ich habe mich bestimmt davon an Acontias meleagris und coccus überzeugt. Die Gelenkköpfe der Wirbelkörper, elliptisch wie bei mehreren Ei- dechsen und Amphisbaena, nicht rund wie bei den übrigen Schlangen. Die Schwanzwirbel wie bei den Anguis und Eidechsen. Alle Spur der Extremitäten und des Schultergerüstes fehlt, doch hat Hrusineer an der Stelle, wo bei Anguis das Becken liegt, ein ganz kleines Rudiment von Knöchelchen gefunden, das mit der'Spitze (der zwei letzten Rippen durch Bandfasern verbunden ist. Rudimente des Beckens und der hintern Ex- tremifät kommen übrigens auch nach Scuxeiers, Meorers, Mavers und Hevusıngers Beobachtungen, besonders aber nach den vergleichenden 236 Untersuchungen von Mayer vielen Schlangen zu, obgleich Mayer jene Rudimente bei den Schlangen wohl mit Unrecht für blofse Extremität nimmt. Nach Heusınser ist zu bemerken, dafs die Beckenrudimente der Anguina immer entweder an Querfortsätze der Wirbel oder an das Ende der Rippen wie bei Acontias befestigt sind, dagegen die Beckenru- dimente mit den Spuren der Extremität bei den Schlangen immer ganz frei liegen, bald ohne Spur von Extremität, bald mit einem Sporntragenden Rudiment derselben. (l. c. p. 505.) Acontias unterscheidet sich von Anguis, Ophisaurus, Pseudopus ganz durch die Vereinigung eines Theils der Rippen durch bogenförmige Knorpel, welche Orreı fälschlich für das Brustbein angesehen, Cuvier aber richtig beobachtet hat. Durch diese Bildung weicht Acontias noch mehr von den Schlangen ab, und nähert sich ganz den Seps. Diese Bauchrippen stehen unter sich selbst in gar keiner Verbindung, sondern verbinden nur die Rippen selbst; sie fehlen vorn in einer Strecke von acht Linien; hier sind nämlich die Halsrippen kurz und die vordersten fehlen ganz; die wahren Rippen nehmen an Länge allmählig zu, und nun werden alle folgenden Rippen bis auf °/, der ganzen Länge des Thieıs durch knorpelige Bauchrippen verbunden. Dieser Knorpel sind 27; jeder besteht aus einem Stück. Sie sind bogenförmig, aber die Convexität des Bogens steht nach vorn, und sie bilden daher an der Verbindungsstelle mit den wahren Rippen einen spitzen Winkel mit letzteren. (Siehe Fig. 14, Taf. XXI.) Die Abbildung mehrerer dieser Knorpel a. wahre Rippen, b. knorpelige Bauchrippen. Diese merkwürdige Bildung ist ganz eidechsen- ähnlich. Bei dem Chamäleon war die Vereinigung der entsprechenden Rippen durch knorpelige Bauchrippen schon längst durch Cuvırr bekannt. Meckeu beschrieb sie darauf von Polychrus und Gecko, CuviEr neuer- dings von Anolis und ich finde sie bei Seps. Bei Seps tridactylus ver- einigen sich alle entsprechenden Rippen rechier und linker Seite durch Bauchrippen vom Brustbein bis zum After. Diese Bauchrippen haben eine vordere Spitze in der Mitte, welche von vorn nach hinten an Gröfse 237 abnimmt und an den hintern Bogen ganz fehlt, ähnlich wie bei Gecko nach Meeker. Durch die Spitzen hängen hier die Bogen der vordern Bauch- rippen aneinander, die hintern sind gar nicht verbunden, und gleichen denen von Acontias. Scincus auratus, den ich allein untersuchte, hat keine Bauchrippen, sondern nur ähnliche Inscriptiones tendineae. Die Zunge von Acontias ist wie bei Anguis, wie dort an der Spitze getheilt, farblos ohne Scheide. Acontias besitzt eine Trrommelhöhle unter der Haut und Gehörknöchelchen, ganz wie Anguis, was bei keiner Schlange auch nicht bei den T'yphlops, Rhinopis, Amphisbaena vorkommt. Dafs Acontias Augenlieder und die Membrana nictitans wie Anguis besitzt, ist bekannt. Nur eine Art Acontias coecus (Mus. Paris) hat von der Haut bedeckte Augen; blind, wofür sie Cuvirr (FAegne animal ed.2. T. 2. p. %1) hält, ist sie nicht. Kaur vermuthet, dafs es eine von Acontias verschiedene Gattung sey, das ist sie aber nicht; sie gleicht sonst Acontias meleagris vollkommen, und besitzt, wie ich mich im Pariser Museum überzeugt habe, knorpelige Bauchrippen ganz wie Acontias maleagris. _ Die Vertheilung der Hauptgefälse aus dem kurzen Stamm der Aorta scheint wie bei Anguis. Das Herz liegt verhältnifsmälsig tiefer als bei Anguis fragilis; die Lungen sind sehr ungleich, wie bereits Cuvıer erwähnt. Die Urinblase ist vorhanden und verhältnifsmäfsig kleiner als bei Anguis, ein kurzes wurstförmiges Bläschen. Sie enthielt aufser Flüssigkeit auch etwas von den Excrementen.. Die Nieren liegen ganz tief über dem After, ganz wie bei den Eidechsen. Der Darm hat einen Blinddarm. — Schwanz kürzer als bei Anguis. Fünfter Abschnitt Ueber die Stelle der Amphibia anguina im System. Die vorhergehenden Untersuchungen beweisen unwiderleglich, dafs es einen stufenweisen Uebergang von den Scincus und Seps zu Bipes, Pseudopus, Anguis, Ophisaurus, Acontias giebt. Man erinnert sich aus der ersten Abhandlung, dafs ich die beschuppten Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 32 238 Amphibien in Testudines, Crocodili, Lacertina, Ophidia eintheile. Die Lacertina oder eidechsenartigen 'Thiere haben folgende anatomische Cha- ractere: Animalia caudata, pedibus quatuor, rarius duabus aut nullis, clavicula cum furcula rarissime (Acontias) defieiens. Os mastoideum cranio adnatum, immobile; ossa frontalia anteriora et lacrymalia sejuncta; orbita postice fere semper clausa; parietes laterales cranii ex parte membranosi, pars anterior sphenoidei cartilaginea, os temporale distinctum; os proprium inter pterygoideum et parietale (columella) rarissime nullum. Condyli corporum vertebrarum postici elliptici aut rotundi. Cavum tympani dis- tinctum. Oculi cingulo luminarum ossearum scleroticae innato muniti; palpebrae distinctae rarius nullae (Gymnophthalmus, Ablepharus Gecko); plica pectini analoga corpus vitreum oculi saepius trajiciens. Cornua hyoeidea arcuata divergentia, corpus hyoidis acutum. Penis duplex anus transversus. Die wenigsten dieser Merkmale kommen bei den Crocodilen oder den Schlangen vor; die meisten dienen theils zur Unterscheidung von den erstern, theils zur scharfen Absonderung von den Schlangen. Die anato- mischen Charactere der Schlangen sind folgende: Cranium ‚solidum, non ex parte membranosum, os jugale praeter orbitale pesterius nullum, os lacrymale ab anteriori frontali seu orbitali ant. non sejunctum; ossa oceipitalia lateralia supra medio conjuncta; co- lumella inter parietale et pterygoideum nulla. Os quadratum mobile, os, temporale proprium praeter mastoideum nullum. Vertebrarum condyli postici, plerumque sphaerici, non elliptici. Lingua plerumque vaginata, Cornua hyoidea simplicia, non arcuata; cavum tympani nullum. Capsula lacrymalis oculum obtegens, sine palpebris, vesica urinaria fere semper nulla, anus transversus, penis duplex. Extremitatum aperta rudimenta plerumque nulla. Ein sonderbarer Irrthum hat sich in mehrere Werke eingeschlichen, dafs nämlich die Gelenkköpfe der Wirbelkörper bei den Schlangen vorn, die entsprechenden Aushöhlungen’ an der hintern Fläche 239 der vorhergehenden Wirbelkörper seyn sollen. Es ist gerade umgekehrt. Die Quelle dieser Verwechselung ist wahrscheinlich ein Druckfehler in Cuvıers Anat. comp., der auch in der Uebersetzung übergegangen. Meckeu hat im System der vergl. Anat. die Gelenkverbindung richtig beschrieben. Hierdurch sind also Schlangen und Eidechsen nicht wesentlich verschieden. Bei Feststellung der Unterschiede zwischen Eidechsen und Schlangen lassen sich die Amphibia anguina, Bipes, Pseudopus, Anguis, Ophisaurus, Acontias füglich als eidechsenartige betrachten, vorzüglich wegen dem Bau ihres Schädels, ihrer Augen, ihres Gehörorganes, ihres Zungenbeins. * Die Gattung Chirotes mit bedeckten Augen, ohne Trommelhöhle im Bau ganz mit Amphisbaena übereinstimmend, ganz von den Amphibia anguina abweichend, wie ich später zeigen werde, gehört gewifs nicht an die Stelle, die ihr Herr Cuvıer angewiesen hat, nämlich unter die Eidechsen, wenn sie auch vordere Extremitäten hat. Dagegen gehört Chaleis nicht zu den Amphisbaenen, mit welchen dieses vierbeinige Thier mit deutlicher Trommelhöhle und Augenliedern von einigen Neuern -ver- bunden worden ist. Der eigenthümliche Bau der viereckigen Schuppen und abgesetzten Schuppenringe, welche am ganzen Körper so stehen wie sonst am Schwanz mehrerer Eidechsen läfst nicht zu, dieses Thier mit Seps zu vereinigen, dem es sonst in der Körperform und Kleinheit der Extremitäten ähnlich ist. Denn alle Scincus, Seps mit den Bipes, Pseudopus, Anguis, Ophisaurus, Acontias haben dachziegelförmige Schuppen. Man kann daher folgende Familien unter der Ordnung Lacertina füglich aufstellen : 1. Monitores, 2. Lacertae, 3. Iguanae, 4. Chamaeleones. 5. Geckones, 6. Chalcidica, 7. Seincoidea, 8. Anguina. Zu der Familie der Scincoidea gehören die Sippen Scincus und Seps, woraus noch mehrere Gattungen zerfällt werden können, wie es Fırzın- ser und Wasuer versucht haben. Zu der Familie der Anguina gehören Bipes, Pygopus, Pseudopus, Anguis, Ophisaurus, Acontias. Allerdings nehmen in den Familien der Seincoidea und Anguina die Extremitäten stufenweise ab, und letztere bilden die Gränzglieder der Eidechsen, wie 240 die Monotremen unter den Säugethieren. Allein die wahren und blei- benden Charactere der Schlangen gehen ihnen ab. Dagegen läfst sich von den Schlangen, welche die hervorspringenden Charactere der Schlangen am wenigsten auszusprechen scheinen, z. B. von Typhlops ganz bestimmt zeigen, dafs sie durchaus keine anatomische Aehnlichkeitmit den Eidechsen zeigen, und ich werde später beweisen, dafs es keinen gröfsern anato- mischen Unterschied zwischen 'Thieren derselben Classe geben kann, als zwischen Anguis und T'yphlops. Ich bin überhaupt der Meinung, dafs es mit den gerühmten Uebergängen zwischen Classen und Ordnungen sich auf ähnliche Art verhält. Gewisse allgemeine "Typen der Organisation wiederholen sich wohl bei versehiedenen Classen, z. B. die Radiation, die Articulation hinter einander, die Wurm- und Schlangenform, aber dabei kann der Bau der Organe und ihre Zahl aufserordentlich verschieden seyn. Dagegen giebt es allmählige Uebergänge der Formen in den Arten eines Genus und bei verschiedenen Genera einer und derselben Familie. Sechster Abschnitt. Ueber die Anatomie der Gattung Typhlops. Die Typhlops bilden eine sehr merkwürdige Abtheilung der Schlan- gen, so dafs man sich hier wieder wundern kann, wie verschiedene Thiere ehemals -unter dem Namen Anguis begriffen waren. Die Typhlops haben dachziegelförmig sich deckende Schuppen, was sie unter allen Schlangen auszeichnet, eine vorstehende Schnauze, so dafs der Mund weit hinter und unter dem Vorsprung derselben sich öffnet. Die Haus geht ohne alle Unebenheit über das Auge weg; der After ist fast ganz am Ende des Körpers. Ihr Körperende hat einen kleinen Stachel. Zur anato- mischen Untersuchung diente ein Exemplar von Typhlops lumbricalis, wobei ich einige merkwürdige osteologische Details fand, die wegen ihrer Zartheit an den in grofsen Museen aufbewahrten Skeletten von 'Typhlops nicht vorhanden waren. Ich habe ferner die schöne Reihe von Arten der genus 'T'yphlops im Pariser Museum untersucht, die ich im Allge- 241 meinen sehr übereinstimmend fand, nur dals Typhlops philippinus (Mus. Paris) kein Typhlops ist, sondern zu Hrmericns Gattung Rhinophis gehört. Der zarte Schädel von Typhlops lumbricalis, den ich mit der gröfsten Sorgfalt, und mit sehr vieler Mühe rein präparirt und in Fig. 10—14. Tab. XX. dreifach vergröfßsert abgebildet habe, ist platt, viel breiter als hoch, noch einmal so lang als breit; am breitesten ist er in der Schläfen- und Hinterhauptsgegend; nur wenig schmäler im Verlauf des Scheitel- beins; sehr schmal in der Gegend des Stirnbeins und zwischen den Augen und wieder sehr breit im Gesichtstheil, welcher wie eine plattgedrückte Blase aussieht. In die Zusammensetzung dieser hohlen Blase gehen ein das Os intermaxillare a, die Nasenbeine b. b., die Oberkiefer d. d. und der vorderste T'heil der Stirnbeine c. c. Die vordern Nasenöffnungen liegen mehr am untern als obern Theil jener Blase, die hintern Nasen- öffnungen hinter dem Zwischenkiefer. Nämlich unten hat diese Blase den Gesichtsknochen, wo sie mit dem seitlich herabsteigenden Stirnbein und dem vordersten Theil des Keilbeins zusammenhängt, einen mit der vordern und seitlichen Circumferenz des Gesichtes concentrischen Aus- schnitt, die hintere Oeffnung der Nasenhöhle. Dieser hintere untere Aus- schnitt ist also fast rundlich bis auf einen mittlern spitzen Vorsprung. Siehe Tab. XX. Fig. 11.13.14. Die vordern Nasenöffnungen sind eng. Die Nasenhöhle selbst scheint daher blasig, doch gehört nicht der ganze Raum der von den Gesichtsknochen gebildeten Blase zu der Nasenhöhle, son- dern die seitlichen Theile dieser Blase scheinen Muskeln zu enthalten, welche hinten an einem besondern kleinen seitlichen Ausschnitt heraus- treten und zur Bewegung der höchst merkwürdigen Ossa pterygoidea bestimmt scheinen. Weder die Ossa pterygoidea noch die Ossa palatina tragen zu dieser Blase bei. Die Ossa palatina sind ohne alle Nathver- bindung, blofs ganz frei, hinten und zu den Seiten aufgehängt, so dafs sie mit ihrer Längenachse gegen die Mundhöhle abwärts gerichtet sind. Sie allein tragen jedes zwei Zähne am untern Ende; sonst hat weder der Oberkiefer noch der Zwischenkiefer, noch der Unterkiefer Zähne. 242 Die Ossa pterygoidea sind eben so merkwürdig, und finden in der ganzen - Thierwelt nichts Aehnliches; sie sind fadenförmig, dünn, lang und dienen zur Bewegung der Gaumenbeine; mit keinem Knochen stehen sie durch Näthe in Verbindung; sie sind mit ihren beiden vordern stielförmigen Fortsätzen blofs an die frei beweglichen Gaumenbeine und an der Basis des Schädels hinter der hintern Nasenöffnnng angeheftet. Ihr hinteres Ende ist nicht fest mit dem @Quadratbein verbunden. An den Skeleten von Typhlops, die ich zu Leyden und Paris gesehen habe, waren die zarten Ossa palatina und pterygoidea nicht erhalten oder nur zum Theil vorhanden. Auch MeckeL mufs sie übersehen haben, da er sie nicht beschreibt und den Typhlops den Gaumen abspricht. Bewegliche und aufgehängte Theile sind daher am Kopf der Typhlops 1. die Gaumen- beine; 2. die Flügelbeine; 3. das Os quadratum. Alle übrigen Knochen des Kopfes bilden zusammen ein festes Ganze ohne Lücken, alles durch Näthe verbunden. Siehe den Schädel ohne Gaumenbein und Ossa pte- rygoidea Tab. XX. Fig. 13. Das Os occipitale besteht aus dem oceipitale inferius t, mit einem einfachen Condylus occipitalis, aus den Oceipitalia lateralia, q. q. Letztere erreichen einander oben in der Mitte, und sind hier durch Nath verbunden, wie auch bei andern Schlangen. Das Occi- pitale superius o, o, ist der Länge nach getheilt, und diefs ist eine sehr merkwürdige Eigenthümlichkeit. Von dem Schläfenbein ist nur das Os petrosum und das frei bewegliche Os quadratum übrig. Das Os petrosum p, ist schildförmig, und bildet mit dem Os occipitale laterale einen hinten und oben vorspringenden stumpfen Winkel. Weder ein Os mastoideum noch ein Os temporale proprium ist vorhanden. Das Quadratbein ist daher ganz einfach in dem Winkel des Os petrosum und Occipitale late- rale aufgehängt, und besteht aus einem fast horizontal länglichem Blättchen, welches mit seinem hintern Ende lose befestigt ist. Das Os sphenoideum ist eine Knochenplatte, welche durch eine breite hintere Nath mit dem Occipitale basilare, durch eine schiefe hintere mit dem Os petrosum,, durch eine seitliche gerade Nath mit dem herabstei- 243 genden Theil des Os parietale und durch seinen konisch verlängerten Vordertheil mit dem herabsteigenden Theil des Os frontale zusammen- hängt. Dieser vordere zugespitzte Theil reicht so weit nach vorn als die Stirnbeine, daher ist das Cranium eine unten und seitwärts ganz voll- kommen geschlossene Capsel. Dies ist ein eigenthümlicher Character aller Schlangen und einer der constantesten Unterschiede der Schlangen und Eidechsen, bei welchen letztern ohne Ausnahme bis zu Anguis und Acontias herab der gröfste Theil der Seitenwände und der vordere Theil des Bodens der Schädelhöhle membranös ist. Das Os Parietale, n, ist einfach; seine Seitenwände laufen tief nach abwärts, um sich mit dem Sphenoideum zu verbinden; vorn zur Seite läuft das parietale in eine Spitze aus, welche das hintere Ende der ganz offenen Augenhöhle an- deutet; zu dieser Spitze trägt auch das Os frontale bei. Dieser Vorsprung enthält aber kein besonderes Knochenstück, kein Os frontale posterius seu orbitale posterius, wie es allen Eidechsen auch den Anguina, selbst Acontias zukömmt. Das Os frontale c. c. ist paarig, und bildet den Theil des Schädels, welcher zwischen den Augenhöhlen-Ausschnitten liegt; allein an der Stelle, wo bei den Eidechsen die Ossa frontalia anteriora seu Orbitalia anteriora liegen, verlängert sich das Stirnbein jederseits mit einer zugespitzten Platte über die Blase der Gesichtsknochen und hängt hier mit dem Os maxillare zusammen. Die Seitenwände der Stirnbeine laufen tief herab und bilden mit dem vordersten Theil des Keilbeins den vordern ganz umschlossenen 'Theil der Schädelhöhle zwischen den Augen- höhlen. Letztere sind ganz offene Ausschnitte des Schädels, weder ein Orbitale anterius noch posterius ist vorhanden; unten sind die Augen- höhlenauschnitte auch ganz offen. Was daher den Augenhöhlen entspricht, ist eine sattelförmige Verengerung des Kopfes zwischen der Blase der Gesichtsknochen und dem hintern gröfsern Theil des Schädels. Jochbein und Os iransversum fehlen ganz. Alle bisher beschriebenen Theile aufser Quadratbein bilden ein festes Ganze. Dagegen sind Ossa palatina ünd pterygoidea überaus beweglich. 244 Das Os palatinum ist ein schaufelförmiger Knochen, welcher nicht wie gewöhnlich bei den eierlegenden Wirbelthieren horizontal liegt, sondern von der hintern Seite des blasenförmig ausgedehnten Os maxillare herab- hängt und mit seinem Gelenkköpfchen in einem Grübchen an der hintern, der Augenhöhlengrube zugewandten Seite des Os maxillare befestigt ist. Tab.XX. Fig. 12. u. Os palatinum, v. Os pterygoideum. Unten ist das Os palatinum breiter, oben schmäler, unten ist es platt, und die Patte ist nicht quer, sondern in der Längenrichtung des Kopfes aufgestellt. Das obere Ende des Knöchelchens endigt mit einem Halse in einem queren Condylus, so dafs der untere glatte Theil gleichsam schneidend in der Längenrichtung des Kopfes bewegt werden kann. Siehe Fig. 12. Am untern Ende des Os palatinum stehen hintereinander zwei sehr deutliche und lange Zähne, der längere vorn. Siehe Fig. 12. 14. 15. Auf beiden Seiten desOs palatinum setzen sich Muskeln an, welche das Knöchelchen mit seinen Zähnen vor und rückwärts, vielleicht auch nach abwärts ziehen können. Zur Bewegung der Ossa palatina dienen ferner die Ossa pterygoidea. Ihr vorderes Ende liegt an der innern Seite der Ossa palatina, und hat zwei stielförmige dünne Seitenfortsätze, den einen zur Verbindung mit dem Os palatinum, den andern zur lockern Befestigung in der Mittellinie des Schädels hinter der Choanenöffnung. Der ganze übrige Theil jedes Os pterygoideum ist fadenförmig wie eine feine Nadel, und reicht bis über die Befestigung des Quadratbeins nach hinten, wo das spitze Ende ganz locker mit dem Quadratbein zusammenhängt. Diese überaus zarten Knochen gleichen daher mit ihren beiden vordern Fortsätzen einer Krücke, Der Unterkiefer ist ebenfalls sehr merkwürdig; er besteht aus zwei getrennten Hälften, welche sehr locker vorn durch Band vereinigt sind. Der Unterkiefer reicht an der Basis des Kopfes blofs bis an die hintere Nasenöffnung. Am vordern Theil des Unterkiefers befindet sich ein langer aufwärts gerichteter spitzer Fortsatz. Fig. 12. Dieser reicht bei ‚245 geschlossenem Mund in die Augenhöhlengrube, und scheint der Processus coronoideus, wenn er gleich hier sonderbarer Weise im vordersten Dritt- theil des Unterkiefers ist. Man könnte ihn für einen falschen Zahn des Unterkiefers halten, wie die falschen Zähne von Manis; allein er ist viel zu grols und schwach dazu; es scheint richtiger ihn dem Processus coro- ‚noideus zu vergleichen, der hier vielleicht so weit nach vorn liegt, weil die Mundöffnung so weit nach hinten liegt und der Unterkiefer so wenig nach vorn reicht. Spätere Untersuchung mufs zeigen, ob sich eine Muskel daran setzt. Der ganze übrige Unterkiefer ist eine dünne schwache Koochenleiste, in einer Flucht mit dem horizontal liegenden Quadratbein. Sonst ist der Unterkiefer sehr seitlich ausgebogen, und man sieht ihn seitlich weit hervorragen, wenn man den Schädel von oben betrachtet. Typhlops hat also keine Kieferzähne, weder oben, noch unten, son- dern nur in jedem Gaumenbein zwei verhältnifsmäfsig lange Zähne. Hier- nach ist zu berichtigen, wenn Cuvıer keine Zähne bemerken konnte, SchnEIDER dagegen von T. crocotatus sagt: palati asperitatem aliguam pertenlando sensi, non ilem mawillae inferioris; dentes non vidi. Die Wirbel sind ohne obere und untere Dornfortsätze; die Wirbel- säule kann daher eben so gut nach oben und unten als quer gebogen werden. Die Gelenkköpfe und Gelenkhöhlen der Wirbelkörper sind rund, nicht querelliptisch, wie sie dagegen beiAnguis und den Eidechsen sind. Taf. XXI. Fig. 15. Die Rippen sind nicht verbunden, sie sind vorhanden bis fast zu den letzten Wirbeln. Die Rudimente des Beckens unter der Haut hat schon Mecken genau beschrieben. An der Stelle der hintern Gliedmafsen befinden sich bei Tiyphlops cerocotatus dicht vor der After- öffnung unmittelbar unter der Haut, zwei dünne, kleine Knochen, von denen der vordere etwas länger als der hintere ist, Die beiden vordern sind von hinten und aufsen nach vorn und innen gerichtet, und verei- nigen sich an ihrem vordern Ende unter einem wenig spitzen Winkel miteinander, die hintern liegen einander fast parallel und verlaufen gerade Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 33 246 von vorn nach hinten. Die Knochen sind völlig von der Wirbelsäule getrennt und weit von ihr entfernt. (Meckeı Syst. der vergl. Anat. I. i. p. 475.) Ich habe diese merkwürdigen Theile bei T. lumbricalis unter- sucht und es so wie Mecken und neuerlich Mayer (Tıepemansn und Trevıranus -Zeitschrift für Physiologie T. III. p. 251) gefunden. Doch sind es nicht auf jeder Seite zwei Knochen, sondern zwei Fortsätze eines und desselben Knochens. Die hintern Fortsätze stützen die beschuppte Decke des Afters. Fig. 38. a. Becken. b, After. Diese Theile sind unverkennbar keine Rudimente der Extremitäten, sondern des Beckens, insbesondere der Schaambeine, und gleichen am ehesten den Rudimenten des Beckens bei den Fischen; sie beweisen auch, dafs Heusınerks Deu- tung von den Rudimenten dieser Art Knochen bei den Schlangen über- haupt richtig ist, wenn er das einzige horizontalliegende Stückchen bei Amphisbaena für das Becken und nicht für die Extremität, und wo meh- rere Knochen und ein Sporn vorkommen, diese Knochen zum Theil zum Becken, zum Theil zur Extremität rechnet und darin von C. Mayer abweicht, der alle Knöchelchen zur Extremitat rechnete und zu wenig Rücksicht auf die doch entscheidende Beschaffenheit der Theile bei den schleichenden Eidechsen und bei den Typhlops nahm. Mayer vermuthet, dafs das hintere Ende des Knochens bei Typhlops zu einer Papille stofse, welche ein Analogon des Sporns seyn soll. Allein diese Papille ist nicht vorhanden und Mavers Vermuthung war zu Gunsten seiner Ansicht von der Bedeutung der Knochen aufgestellt. Die hintern Fortsätze liegen ganz bedeckt in dem Afterschild, die vordern verbinden sich miteinander fest, und können. daher keine Extremitäten seyn. Sehr merkwürdig sind die Schuppen, sie decken sich dachziegelförmig und die Matrix der Epi- dermis sind harte Schuppenkörper, die bei den übrigen Schlangen nicht dachziegelförmig weit übereinander weggehen, und auch nur weich sind. Die Typhlops haben einen doppelten Penis, wie gewöhnlich die Schlan- gen, er ist sehr kurz und dick, läfst sich umstülpen, zwischen beiden Penis und dem hintern Rande des Afters liegt eine dicke Drüsenblase, Taf. XXI. 247 Fig. 17. a. Becken, b. After. c. Drüsenblase, d. d. doppelter Penis, e. Stachel am Ende des Körpers. Die Zunge der Typhlops ist gabelig, sehr lang und liegt wie bei den Schlangen in einer langen Scheide; es ist keine Spur eines Zungen- beins vorhanden, kein Sulcus gularis. -Das Auge ist zwar von der Haut bedeckt, allein zwischen Haut und Auge ist ein mit den Thränen gefüllter freier Raum. Dem Auge fehlt daher die beiallen Schlangen ohne Ausnahme vorkommende, von Croquer entdeckte Capsel nicht, welche bei den voll- kommnen Schlangen vorspringt und dünn ist, bei den Typhlops, Amphis- baena, Rhinophis, Uropeltis und Tortrix fast die ganze Dicke der Haut hat. Ich habe bei Typhlops so wenig wie bei Rhinophis ein deutliches ovales Fenster zum Gehörorgan und ein Gehörknöchelchen zum Schlufs desselben finden können. Vielleicht ist die Oeffnung aufserordentlich klein und durch Membran geschlossen. Ich sah nur eine überaus feine Oeffnung zwischen Occipitale laterale und petrosum. Die Lunge ist nach Meexer bei Typhlops einfach, nicht doppelt. Mecken beschreibt sie von Typhlops crococatus folgendermalsen: „Der zellige Bau der hintern Wand des Respirationsorganes fängt schon in geringer Entfernung von der Mundhöhle an, und wird bald dadurch noch zusammengesetzter, dafs sich einzeln und paarweise stehende Vertiefungen bilden, deren Umfang von oben nach unten allmählig zunimmt und die dadurch immer mehr als Säcke erscheinen. Vorzüglich ist diese Bildung unterhalb des Herzens entwickelt, wo sich die Lunge in der obern Hälfte sehr erweitert und gerade wie die Lunge der Schildkröten in dieser obern Hälfte aus 9— 10 queren, zum Theil wieder durch Längenvorsprünge abgetheilten Säcken besteht, welche sich in die bis zur Mitte dieses hin- tern Theils absteigende Luftröhre einzeln öffnen, und aufserdem mitein- ander communiciren. Wo in der hintern Hälfte die Knorpelringe der Luftröhre aufhören, sind auch diese Querwände sehr niedrig und die Lunge bildet daher hier nur einen einfachen, doch bis zum hintern Ende mit weiten Zellen besetzten Sack.“ Typhlops lumbricalis hat diesen 248 merkwürdigen Bau nicht, sondern die gewöhnliche Zellenbildung. (Me- ckeıs Archiv für Physiologie T. 4. p. 72. Ebend. Tab. II. Fig. 8.) Das Herz hat zwei deutliche Vorhöfe. Die übrigen Eingeweide bieten keine besondere Unterschiede von den übrigen Schlangen. Die Nieren sind gelappt, und die Ductus uriniferi aufserordentlich stark, wie Saamencanäle des Hodens vom Menschen. Die Urinblase fehlt wie ge- wöhnlich bei den Schlangen aufser Amphisbaena, Siebenter Abschnitt. Ueber die Schlangen mit einem Hornschild am Körper- ende, Gen. Rhinophis und Uropeltis. Die Gattungen Rhinophis nnd Uropeltis, erstere von Hermrrıch, letztere von Cuvier aufgestellt, bilden nach meinen Untersuchungen eine sehr eigenthümliche Familie von Schlangen. I. Rhinophis. Man hat zu den Typhlops gewisse Schlangen gezählt, welche den Typhlops durch die bedeckten Augen, durch den unten lie- genden Mund, durch die gleichförmige Dicke, durch den fast gänz- lichen Mangel des Schwanzes, durch das stumpfe Ende, durch die Kopf- schilder einigermafsen ähnlich sind, sich aber von den wahren Typhlops . durch eine ganz keilförmige weit vorspringende Schnautze und durch ein hartes horniges ovales Hornschild am Schwanzende unterscheiden, wäh- rend die wahren Typhlops eine sehr breite Schnautze und am gewöhnlich etwas krummen Ende des Leibes einen kleinen Stachel besitzen. HemrricH hat aus dem Typhlops oxyrhynchus Schneider mit keilförmiger Schnautze eine eigene Gattung gemacht und Rhinophis genannt, worin ihm FirzineEr und Waster gefolgt sind. (Verh. d. Gesell. Nat. Fr. zu Berl. 1 St. 2.) Es gehören zu dieser Gattung aufser Typhlops oxyrhinchus ScHnEIDER (hist. amphib. 2. p. 341.) aus Ostindien, nach meiner Untersuchung Typhlops philippinus Mus. Paris, (Regne animal nouv. ed. Tome 1. p. 74) von den Philippinen und eine dritte Art, welche ich besitze, aus Guiana, Rhi- nophis punctata mihi. Die Anatomie von Rhinophis punctata hat mich = nes En et ni: 249 gelehrt, dafs diese Gattung nicht allein von Typhlops ganz verschieden ist, sondern in den meisten anatomischen Verhältnissen, namentlich im Bau des Schädels und des ganzen Skelets ganz und gar abweicht, und zwischen Typhlops, Amphisbaena und Tortrix mit Uropeltis einer eigen- thümlichen Familie dieser blödsichtigen Schlangen zum Typus dienen mufs. Die äusfern Charaktere sind bei meiner Schlange ganz wie ScHNneI- DER von Typhlops oxyrhynchus angibt. Rostro corneo rufo, angusto maxilla superior terminatur, cauda scuto corneo ovali rufo. Post rostrum labia utrinque teguntur scutis gradatim majoribus quaternis; juxta et supra simul adsunt quaterna majora paulo, quorum primo insunt nares apertae, tertio oculi tecti. Inter orbitalia scuta, inter duo frontalia majora et alterum utrinque laterale adest triangulare aliquod. Dies»letz- tere Schild, bei Rhinophis oxyrhynchus doppelt, ist bei meiner Schlange einfach in der Mitte. Rhinophis oxyrhynchus ist oben dunkelbraun, unten heller, Rhinophis philippinus blind (2), acht Zoll lang und schwarzbraun, (von Boıe Isis 1827 p. 513. beschrieben, wo Boız von den Augen der- selben spricht, so dafs also diese Art auch nicht blind ist, wie ich nach Cuvıer anderswo angeführt habe.) Unsere Schlange ist von vorn bis hinten gleich dick, 10 Zoll lang, 2'/, Linien dick, gelblich mit braunen punctirten Längenstreifen. Die Schuppen haben sämmtlich einen braunen Fleck. Das Hornschild am Ende des Leibes steht schief, so dafs das Ende wie schief von oben nach unten und hinten abgeschnitten ist. Dieses Schild ist sehr hart und auf der Oberfläche rauh und dunkelbraun gefärbt. Fig.1. Taf. XXU. a.b.c. Ansicht der Kopfschilder vergröfsert. d. e. f. Ansicht des Hornschildes am Körperende, Nichts kann mehr verschieden seyn, als der Schädel eines Typhlops und der einer Rhinophis nnd schon aus dieser Vergleichung ergiebt sich, dafs beide Gattungen verschiedenen Familien angehören. Fig. 1. 2. 3. Taf. XXI. Schädel von Rhinophis viermal vergröfsert. T'yphlops ist zahnlos bis auf zwei Zähne in jedem Gaumenbein, Rhinophis hat keine Gaumen- z&hne, aber Zähne im Ober- und Unterkiefer, welche im Oberkiefer 250 auch schon von Schneider bemerkt worden. Bei 'Typhlops hängen die Gaumenbeine schaufelförmig herab, und die Nasenbeine, Oberkiefer, Zwischenkiefer bilden eine sehr breite platte Blase, die Ossa pterygoidea wie Krücken, zur Bewegung der Gaumenbeine bestimmt, ohne sich mit dem Quadratbein fest zu verbinden. Bei Rhinophis bilden Nasenbeine, Zwischenkiefer, Oberkiefer einen spitzen weit vorspringenden Keil; die Ossa palatina sind unbeweglich, und liegen an ihrer gewöhnlichen Stelle wie bei Amphisbaena; die Ossa pterygoidea verbinden sich hinten mit dem Quadratbein, vorn mit dem Oberkiefer durch Vermittelung des Os transversum, welches bei Typhlops fehlt und mit dem Gaumenbein. Der ganze Schädel weicht in der Form ab; er ist ganz überaus schmal, hinten noch,am breitesten, und verschmälert sich nach vorn immer mehr bis in die keilförmige Spitze der Schnautze. Es ist der kleinste Thierschädel, den ich je gesehen habe. Zu den Seiten der Stirnbeine ist der Schädel aufser der Schnautze am engsten; hier ragen die vom Os maxillare, trans- versum, pterygoideum gebildeten Bogen weit an den Seiten hervor. (Siehe Fig. 1. und 2. Taf. XXL) Die Nasenbeine sind überaus lang und auch breit; das intermaxillare bildet einen sehr langen schmalen Vorsprung an der Schnautze, die Ursache der keilförmigen Nase; die Nasenlöcher liegen weit zurück zu den Seiten des vom intermaxillare gebildeten keilförmigen Vorsprunges. Im intermaxillare sind keine Zähne. Die Ossa: maxillaria sind lang und sehr niedrig, wie bei den wahren Schlangen, nur lange mit gekrümmten Zähnen bewaffnete Leisten, welche sehr weit nach hinten ragen, um sich mit dem Os {ransversum zu verbinden, welches zwischen dem Os maxillare und dem äufsern Fortsatz des Os pterygoideum liegt. Der processus palatinus Ossis pterygoidei schliefst sich fest an das Os palatinum an; letzteres liegt fest zwischen Os pterygoideum und inter- maxillare, ohne Spur von Zähnen; ähnlich wie bei den Amphisbaenen. (Siehe Fig. 2.) Die Stirnbeine sind sehr kurz und paarig, frontalia ante- riora fehlen bis auf eine ganz geringe Spur, die frontalia posteriora fehlen ganz, eben so mastoideum und temporale. Das Quadratbein liegt hori- 251 zontal wie bei 'T'yphlops, und ist an einem vorspringenden Winkel zwischen Occipitale und Petrosum befestigt, ein ganz dünnes Blättchen, Am Os petrosum fand ich kein Fenster und kein Gehörknöchelchen, vielleicht wegen der Kleinheit. Nur befindet sich hinter dem Quadratbein, von diesem bedeckt eine Spalte, welcheder Gegend des Vestibulum entspricht, von einer membranös-knorpeligen Substanz geschlossen. Das Hinterhaupt ist rundlich; merkwürdig ist der aufserordentlich lange Condylus oceipi- talis, so wie denn überhaupt Alles an diesem Köpfchen auffallend lang und schmal ist. Das Oceiditale superius ist einfach, bei Typhlops dop- pelt. Hier bildet es den obern Rand des foramen occipitale, während dieser Rand bei Typhlops nicht vom Ocecipitale superius, sondern von den zusammenstofsenden Occipitalia lateralia gebildet wird. Der Unter- kiefer ist in der Mitte getrennt, und besteht also aus zwei abgesonderten Stücken, welche lose verbunden sind, die aber nicht von einander aus- gedehnt werden können, er ist wie der Oberkiefer mit Zähnen bewaffnet, welche nach rückwärts gekrümmt sind. Der Processus coronoideus bei Typhlops ganz vorn und sehr lang ist hier sehr undeutlich, und mehr hinten wie gewöhnlich. Fig. 19. 20. 21. stellen den Schädel von Rhino- phis punctata viermal vergröfsert dar: a. Os intermaxillare impar; b. Os nasale; c. Os frontale par; d. Os maxillare; n. Os parietale impar; o. Os Oceipitale superius; p. Petrosum; q. Occipitale laterale; r. Quadratum ; s. sphenoideum; t. Oceipitale basilare; v. pterygoideum; u. palatinum; x. transversum. Das Cranium ist übrigens von allen Seiten vollständig. Die Rippen sind sehr lang, aber zart und berühren sich fast in der Mittel- linie, ohne sich zu verbinden; in der vordern Hälfte des Körpers sind sie am längsten, und haben sehr starke Muskeln zur Verbindung mit Wirbelsäule und Haut; in der hintern Hälfte sind die Rippen kürzer, ganz überaus zart und hinten nicht viel dicker, als ein Kopfhaar des ° Menschen, aber doch knöchern, hier sind die Muskeln sehr dünn. Die Länge der Rippen trägt besonders dazu bei, dafs der Leib des Thiers vollkommen rund ist, und dafs man, ohne auf Kopf und After zu achten, 252 die Bauch- und Rückenseite nicht leicht unterscheidet. Bei Rhinophis zeigt sich keine Spur des Beckenrudiments von Typhlops. Die Zunge ist gabelig, ausstreckbar und eingescheidet ohne Zungen- bein. Die Afterlippe ist in der Mitte ausgeschnitten und getheilt. Die Schuppen, sechseckig sind nicht dachziegelförmig wie bei den Typhlops, sondern wie bei allen vollkommenen Schlangen. Der After liegt kurz vor dem Ende des Körpers, doch weiter entfernt als bei 'Typhlops. Das Hinterende ist eben so dick als das Vorderende. Der Sulcus gularis fehlt wie bei Typhlops. I. gen. Uropeltis. Covıer hat das von ihm aufgestellte genus Uropeltis in die Nähe von Tortrix gestellt. Ihr Kopf ist spitz wie bei Rhinophis, doch nicht so sehr; der Mund liegt unter der Schnautze, der After kurz vor dem Ende des Körpers noch weniger davon entfernt als bei Rhinophis, das Horn- schild am Ende steht ganz wie bei Rhinophis und ist durch Körnchen rauh. Bei der Vergleichung des Gen. Rhinophis mit Uropeltis, wozu Uro- peltis ceylanicus Cuvıer und U. philippinus Mus. Paris. gehören, fand ich eine so aufserordentliche Uebereinstimmung im Bau des Schädels, in der Lage und Form der Kopfschilder, wobei. nicht der geringste Unter- schied zu bemerken war, in den Schuppen, in dem Hornschild des Körperendes, dafs ich anfangs beide Gattungen Rhinophis und Uropeltis für identisch hielt. Man vergleiche die in natürlicher Gröfse abgebildeten Kopfschilder von Uropeltis philippinus Taf. XXI. Fig. 2. a. b. c. mit den Kopfschildern von Rhinophis punctata mihi Taf. XXIL. Fig. 1.a. b. c. letz- tere vergröfsert. Uropeltis ceylanicus ist lang und dünn, doch stärker als alle Species der Gattung Rhinophis; Uropeltis philippinus ist nicht über acht Zoll lang, aber sehr dick gegen ihre bedeutende Kürze. So viel ist gewifs, dafs die genaueste Untersuchung des Schädels und der Kopfschilder von Rhinophis und Uropeltis aufser der Nase keinen Unter- schied in beiden Gattungen nachzuweisen im Stande ist. Man sehe die vergröfserten Abbildungen vom Schädel des Uropeltis ceylanicus, Züg. 4. 5. 253 Taf. XXI. und die Abbildung des ganzen T'hiers der andern Species, Fig.3. Taf.XXI., letztere in natürlicher Gröfse, beides nach Exemplaren des Pariser Museums. Man vergleiche die Kopfschilder von Uropeltis mit unsern Abbildungen der Kopfschilder von Rhinophis Fig. 1. Taf. XXL. Die Processus spinosi fehlen an den Wirbeln von Rhinophis und Uropel- tis. Bei Uropeltis der erste Halswirbel ohne Rippe. Die einzigen Un- terschiede der Gattungen Rhinophis und Uropeltis bestehen in dem kür- zern Vorsprung der Schnautze bei Uropeltis, in der gröfsern Stärke der Rippen und in den Characteren, welche Cuvıer von Uropeltis angiebt: Sous le ventre est une rangee d’ecailles un peu plus grandes que les autres et il y en a sous le trongon de la queue une double rangee Die Zähne im Ober- und Unterkiefer, nicht im Gaumen und Zwischenkiefer, sindganz wie bei Rhinophis. Beide Gattungen mit vorspringender Schnautze und hornigem Körperende bilden eine eigenthümliche Familie, die ich Uropeltacea nenne, eine Benennung, die von dem Hornschild hergenom- men ist. NET RRL TOTER Ste hr m 7. Le Zur Anatomie der Genera Chirotes, Lepidosternon, Amphisbaena und einer neuen Gattung aus der Familie der Amphisbaenoidea, Cephalopeltis. 1. Amphisbaenen. Die Amphisbaenen haben von allen Schlangen allein einen ganz massiven Unterkiefer, defsen Seitentheile nicht wie bei Typhlops und Rhinophis locker, sondern fest durch Nath verbunden sind, und ein Zungenbein mit einfachen divergirenden Hörnern, die sich in einen vordern und hintern Ast theilen, und mit spitzem Köfper, alles nach Art der Eidechsen, besonders an einige Amphibia anguina erinnernd. Siehe Aig.9. A. Taf. XIX. das Zungenbein der Amphisbaena alba. Die . Knochen des Gesichts sind fest und unbeweglich wie bei T'yphlops und Rhinophis, ein Umstand, der bei keinen andern Schlangen vorkömmt. Dies ist aber keine vollkommene Aehnlichkeit mit den Eidechsen. Denn Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 34 254 der Kopf der Eidechsen ist zwischen Stirnbein und Scheitelbein biegsam; der Kopf der Amphisbaenen ist ein festes unbewegliches Ganze. Die Näthe am Hinterkopf sind undeutlich, im Gesicht sehr deutlich und sehr zackig. Am Hinterkopf ist eine breite quere Gräte zum Ansatz der Muskeln; man unterscheidet blofs ein Occipitale superius und inferius; denn die Schuppe ist mit den Ocecipitalia lateralia zu einem gemeinsamen Stück verwachsen. Der Condylus oceipitalis ist wie bei allen Schlangen einfach, er besitzt aber zwei seitliche Erhabenheiten. Das Quadratbein ist am Schädel selbst aufgehängt, Os mastoideum nicht vorhanden. Das @Quadratbein steht schief von hinten nach unten und vorn und gleicht einigermafsen dem von Typhlops und Rhinophis. Zwischen dem Keil- bein und Scheitelbein bleibt jederseits eine schmale Lücke im Schädel, was bei keiner andern Schlange vorkömmt und an die Eidechsen erin- nert, bei denen jedoch eine sehr viel gröfsere Lücke seitlich und zugleich unten vorhanden ist. Das Os frontale posterius seu Orbitale posterius fehlt wie bei 'Typhlops, Rhinophis, Tortrix. Dagegen ist das frontale anterius vorhanden, was bei Typhlops und Rhinophis fehlt. Die F'ron- talia media gehören mehr zum Gesicht als zum Schädel und liegen nicht zwischen den Augen, sondern weiter vorn, was sehr eigenthümlich ist. Die Maxillaria sind sehr hoch und massiv, die Nasalia sehr breit. Ptery- goidea und Palatina sind aufserordentlich breit und massiv und eben so sehr von Typhlops wie von Rhinophis und Tortrix abweichend; sie bilden den breiten Boden der gemeinschaftlichen Augenhöhlen- und Schläfen- grube; in der Mitte nähern sie sich, und lassen nur eine Rinne zwischen sich. Das Os transversum ist vorhanden, aber klein. Diese Beschreibung ist nach efnem Schädel von Amphisbaena fuliginosa. Zur Vergleichung habe ich in Taf. XXI. Fig. 6. u. 7. den Schädel von Lepidosternon WAeL. . nach einem Skelet des Pariser Museums abgebildet. Vieles ist ebenso zusammengesetzt, nur ist der Schädel im Gesicht nicht stumpf wie bei , Amphisbaena, sondern mehr konisch. Abweichend ist auch, dafs die Nasenbeine nicht bis an die Nasenlöcher reichen, welche vielmehr ganz 255 vom Oberkiefer und Zwischenkiefer eingeschlossen sind; ferner die Schmal- heit des Zwischenkiefers. Eine Abbildung vom Schädel einer Amphis- baena hat Cuvızr regne animal Tab. 8. gegeben, woran aber unrichtiger- weise nur ein unpaariges Frontale medium gezeichnet ist. Die Amphisbaenoidea haben blofs Zähne im Zwischenkiefer, Oberkiefer und Unterkiefer, keine Gaumenzähne, jene sind sehr stark, ziemlich stumpf, an der Basis hohl. Bei Amphisbaena sind im Zwischenkiefer 7, nämlich 3 in der vordern Reihe, 2 paarweise auf jeder Seite. Bei Lepi- dosternon fand ich dagegen nur drei Zähne im Zwischenkiefer, die andern waren vielleicht ausgefallen. Die Amphisbaenen haben ein winziges Rudi- ment von Beckenknochen in einem S gekrümmten Knöchelehen, welche an der innern Seite der untern Enden der letzten Rippen liegt. Siehe Heusıneer 1. c. p. 505. Tab. I. Fig. 9. Tab. IM. Fig. 4. Die Wirbel der Amphisbaenen sind ohne obere Dornfortsätze, wie bei Typhlops, nur an den ersten Halswirbeln bemerkt man eine Spur. Untere Dornfortsätze kommen an den ersten Halswirbeln und an den Schwanzwirbeln vor, die vier ersten untern Processus spinosi inf. des Schwanzes sind getheilt, an den übrigen Schwanzwirbeln bilden sie breite von einer Oeffnung durch- brochene Bogen. Siehe Meckeu Syst. der vergl. Anat. T. II. p. 400. Der Atlas besteht aus zwei symmetrischen Seitenhälften. Mecker. Ebend. p- 404. Bei Lepidosternon microcephalus Waer. finde ich die untern Dornfortsätze der Schwanzwirbel getheilt, ebenso die Querfortsätze dieser Wirbel getheilt; am gröfsten Theil der Wirbel keine obere und untere Gräte, nur an den 17 ersten Wirbeln eine obere nicht zusammenhängende Gräte, eine untere Gräte an den sechs ersten Halswirbeln. Die Gelenk- köpfe der Wirbelkörper der Amphisbaenen sind nach meiner Beobachtung nieht ganz rund wie bei den übrigen Schlangen, sondern etwas stärker in der Breite. Das Gehörknöchelchen ist kurz und dick, mit einem ganz kurzen Stiel und von einer offenen knöchernen Kapsel, die von einem Vorsprung des Hinterhauptbeins gebildet wird, umgeben und geschützt. Die Muskeln gehen über die Kapsel weg. Siehe Wınpıschmann de peni- 256 tiori auris structura in amphibiis Bonnae. et Lipsiae 1831. Taf. IH. Fig. 8. Von Trommelhöhle kann hierbei keine Rede seyn. Die dicke Haut geht über die Augen weg, allein zwischen Haut und Auge ist ein enger Zwischenraum, in den die Thränen zunächst fliefsen , wie bei allen wahren Schlangen. Die Amphisbaenen haben von allen Schlangen allein eine dicke, breite nicht ausstreckbare Zunge, ohne Scheide, an der Spitze ein wenig getheilt, mit pflasterförmigen Schüppchen besetzt. Siehe Züg. 9. B. Taf. XIX. Kein sulcus gularis. Sie haben eine obere und untere Lippendrüse; ihre Lungen haben einen gröfsern und kleinern Flügel; sie haben von allen Schlangen ausnahmsweise eine Harn- blase, wie schon Mecker sah und ich bei Amphisbaena fuliginosa wieder finde. Siehe Fink. praes. Mecker de amphibiorum systemate uropoetico. Hal. 181%. 8. Die Haut der Amphisbaenen ist geringelt mit viereckigen Schuppen- abtheilungen. An den Seiten eine Furche, wo die Ringel durch gekreuzte Falten unterbrochen werden. Der Schwanz ist kurz und aufser der Gat- tung Blanus Waen. und Trogenophis Caup stumpf, bei den andern ist das Schwanzende so dick als das Kopfende. Vor dem After bei Amphis- baena eine Reihe Poren, welche bei Lepidosternon fehlen. Lepidosternon Wuacı. hat bei sonst ganz ähnlicher Haut, wie die der Amphisbaenen unter der Brust einige Schuppenschilder; aber unter dieser Stelle liegen keine Rudimente von Brustbein. Im Pariser Museum fand ich eine Amphis- baena von Rio Janeiro, bei der die Brustschilder noch viel entwickelter sind, und ein grofses unpaariges Schild den Kopf bedeckt, vor welchem ein schmales queres unpaariges Schild wie eine Binde liegt; ganz anders wie bei Lepidosternon; ich fand drei undeutliche Intermaxillarzähne und‘ keine Afterporen. Bei Lepidosternon läuft hinter dem Kopf eine ziekzack- förmige Falte durch die nächsten 15 Ringel; bei der neuen Gattung fehlt diese Falte. Um den auffallenden Unterschied unserer neuen Gat- tung von Lepidosternon zu zeigen, habe ich Taf. XXU. Fig. 4. den Kopf von Lepidosternon microcephalus und Fig. 5. a, b. c., den Kopf der 257 neuen Gattung abbilden lassen nach Exemplaren des Pariser Museums. Ich nenne die neue Gattung Cephalopeltis (Kopfschild) die Art kann Ce- phalopeltis Cuvıerı heifsen. Unter den Brustschildern fand ich auch keine Spur von Brustbein. - Ich kenne noch eine andere neue Gattung von Amphisbaenen mit spitzem Schädel, wovon ich eine Zeichnung des Schädels besitze. So viel von den Amphisbaenen ohne Fülse. I. Sippe der Amphisbaenoiden pedibus anticis. Chirotes. Die Chirotes haben trotz ihren kurzen vordern Extremitäten eine so aufserordentliche Aehnlichkeit mit den Amphisbaenen, dafs mehrere Sy- stematiker sich versucht gefühlt haben, sie mit den Amphisbaenen zusam- menzustellen. Es war mir äufserst erwünscht, im Museum zn Leyden den Schädel dieses so seltenen Thieres und später in Paris zwei voll- ständige Exemplare und ein Skelet des ganzen Thieres zu finden, welche Herr von Cuvıer mit beispielloser Güte mir zur Untersuchung gab. Ich bin nun im Stande, Thatsachen der Vergleichung zwischen Chirotes und den Amphisbaenen aufzustellen. Sieht man von den vordern Extremitäten ab, so gleicht Chirotes so vollständig einer Amphisbaena, dafs man sie ohne das Merkmal der Extremitäten nicht von einer Amphisbaena unterscheiden könnte, und es ist unbegreiflich, wie man dies Thier mit seinem gleichför- mig dicken Leib, mit seinem kurzen stumpfen Schwanz, mit seinen Rin- geln und viereckigen Schuppen, mit seinen von der Haut bedeckten Augen unter den Eidechsen lassen konnte. Daeine gute Abbildung dieses Thiers immer noch fehlt, so theile ich eine solche mit grofser Sorgfalt von Herrn Dr. Henve gezeichnete mit- In Fig. 7. Taf. XXU. ist das ganze Thier, in Fig. 6. der Vordertheil von oben abgebildet, Schuppen und Ringel sind ganz wie bei den Amphisbaenen, an den Seiten eine ziekzackförmige faltige Verbindung der obern und untern Hautringel, welche hier ineinander greifen, was von Amphisbaena einigermafsen abweicht, hinter dem Kopf eine ähn- liche ziekzackförmige Falte wie bei Lepidosternon. Die Kopfschilder ähnlich mit denen von Amphisbaena, die Afterporen wie bei Amphisbaena. Die 258 Augen bedeckt von derHaut, wie bei den Amphisbaenoideen, (fälschlich steht in Wasuers Syst. amphib. palpebrae.) Die Zähne siumpf und eben so gestellt wie bei Amphisbaena. Keine Gaumenzähne Dagegen Zwi- schenkiefer-, Oberkiefer- und Unterkiefer-Zähne. Ja sogar die Zahl und Stellung der Zähne im Zwischenkiefer ganz wie bei Amphisbaena, nämlich sieben und zwar in der ersten Reihe drei Zähne, hinter den zwei äufsern wieder ein kleinerer und äufserlich von letzteren jederseits ebenfalls ein kleiner, Diese sieben Zähne des Zwischenkiefers hatte schon Caur richtig angegeben. Im Unterkiefer fand ich zwölf, im Oberkiefer sechs Zähne im Ganzen. Bei der genanesten Untersuchung des Schädels und Unterkiefers läfst sich durchaus kein Unterschied weder in der Form, noch in der Zusammensetzung zwischen Chirotes und Amphisbaena nachweisen, ja selbst der Condylus Occipitalis ist wie bei den Amphisbaenoideen zwar unpaarig aber zweihöckerig, und das Gehörknöchelchen, so wie ich es von Amphisbaena beschrieben habe; keine Spur einer Trommelhöhle, wie bei allen Schlangen. Statt einer weitläufigern Beschreibung verweise ich auf die von mir gegebenen Abbildungen Fig. 8. 9.10. Tab. XXI. und bitte zur Vergleichung Cuvırrs Abbildung vom Schädel einer Amphisbaena im Reegne animal oder besser nach einem wirklichen Amphisbaenen-Schädel zur Hand zu nehmen. Das Os intermaxillare ist sehr hoch, oben ein wenig getheilt sonst impar; Orbitale seu frontale anterius ist vorhanden ebenso das Os transversum. Das Quadratbein schief, das Mastoideum eine kleine Leiste deutlicher als bei Amphisbaena, wo es sich nicht un- terscheiden läfst. Parietale einfach; F'rontale nicht deutlich vom parietale, getrennt, impar. Unterkiefer durchaus wie bei Amphisbaena. In Fig. 11. Taf. XXI. ist das ganze Skelet in einer Zeichnung von Herrm Dr. Hente nach dem Präparat des Pariser Museums dargestellt. Es sind 127 Wirbel vorhanden. Die Wirbel sind wie bei Amphisbaena, an den drei ersten Halswirbeln unten eine ganz kleine Gräte, die untern 259 Dornfortsätze an den Schwanzwirbeln, und zwar getheilt. Einige Wirbel des Rückens Fig. 12. a. Taf. XXI. Die Zunge ist ganz wie bei Amphisbaena, nämlich ziemlich dick, ohne Scheide, vorn und hinten getheilt, mit kleinen Schüppchen pflaster- förmig besetzt. Man vergleiche unsere Abbildungen von der Zunge der Amphisbaena fuliginosa, Taf. XIX. Fig. 9. B. Die Zunge von Chirotes Fig. 10. B. Ebenso ist das Zungenbein von beiden nicht zu unterscheiden, Fig. 9. A. Zungenbein von Amphisbaena alba, Fig. 10. A. Zungenbein von Chirotes. Nach Cuvızr eine Lunge mit einer Spur einer zweiten, wie bei vielen Schlangen. Auch bei Amphisbaena findet sich ein gröfserer und kleiner Lungenflügel, Auch die Urinblase habe ich bei Chirotes so wie bei Amphisbaena aufgefunden. Nach allem diesem giebt es keine anatomischen Unterschiede zwischen beiden als die vordern Extremitäten und das Brustbein, welche nur die Chirotes besitzen. An den sehr kurzen Füfsen, die gleich hinter dem Kopf stehen, sind vier Zehen mit Nägeln, ein Rudiment eines fünften ohne Nagel, letztere an der innern Seite. Nach dem Skelet des Pariser Museums habe ich die Abbildung des Brustbeins, Schultergerüstes und der vordern Extremität gegeben, Fig. 12. b. Taf. XXI. Schulterblatt und Schlüsselbein ein Stück. Das Brustbein ein grofses schildförmiges Stück, welches bis an die Insertion des Humerus reicht; unten in der Mitte ein Loch. Am hintern Ende dieses Schildes ist noch ein längliches Stück angehängt, welches am un- tern Ende etwas breiter wird. Siehe Fig. 12. b. Taf. XXI. Von den Knochen der Extremität sind der Humerus, Radius und Ulna deutlich. Siehe Fig. 12..b. Taf. XX1. Es sind mehrere Handwurzelknochen vorhanden, darauf folgen fünf kleine Phalangenartige Knöchelchen (metacarpus?) an welche sich die vier Phalangen der vier vollständigen Zehen anschliefsen. Die Nagel- glieder fehlen am Skelet. Am unversehrten Thier sind vier nageltragende Zehen und an der Aufsenseite ein Rudiment des fünften ohne Nagel. Aus den Brustschildern von Lepidosternon und Cephalopeltis vermuthete 260 ich, ob vielleicht darunter Rudimente vom Schultergerüst vorhanden seyen,, allein ich fand keine Spur davon; Chirotes besitzt übrigens keine äufsern Brustschilder an dieser Stelle. Aus unserer Vergleichung geht unzweifelhaft hervor, dafs Chirotes mit den Amphisbaenen zusammen gehört und mit diesen eine eigene Fa- milie bilden mufs, die ich Amphisbaenoidea nenne. Die dazu gehörenden Gattungen sind Chirotes, Lepidosternon, Wacı., Cephalopeltis mihi, Amphisbaena, Blanus, Wası. Trogonophis, Caur. Einige Schriftsteller haben auch die Gattung Chalcis, welche vier Beine und einen langen zugespitzien Schwanz hat, hierher gerechnet, wegen ihren in Ringen stehenden viereckigen Schuppen, allein dies ist eine complete Eidechse mit Augenliedern und Trommelhöhle. I bie a pa aa a = Saal Ya 1 a Tl ea a a a sa Ueber die Familie und Gattung Tortrix. Auch die Tortrix gehören mit Amphisbaena, Typhlops, Rhinopis zu den blödsichtigen Schlangen, deren Augen von der Haut dick bedeckt sind, deren Leib gleichförmig dick, Schwanz sehr kurz und meist stumpf sind. Die Tortrix haben weiche Schuppen, sie unterscheiden sich von Typhlops, Rhinophis, Uropeltis, Amphisbaena, dafs sie bewegliche nicht fest zu einem Ganzen verbundene Gesichtsknochen haben; sie nähern sich dadurch den ächten Schlangen, sie besitzen auch Gaumenzähne neben den Kieferzähnen, in den Ossa palatina et pterygoidea, die keine der obigen Schlangen hat, aber alle vollkommenen grofsmäuligen, nicht blöd- sichtigen Schlangen (aufser Oligodon) besitzen. Die Tortrix haben selbst vier ganz kleine Zähne im Zwischenkiefer, zwei jederseits ganz nach aufsen. Siehe Fig.17. Taf.XX. Esistdaher unrichtig, wenn Boıe in seinem vor- trefflichen Aufsatz Isis 1827 behauptet, dafs nur Python und Amphisbaena Zähne im Zwischenkiefer haben. Der Unterkiefer ist in der Mitte ganz getheilt, sie haben auch einen Sulcus gularis, der bei Amphisbaena, Rhino- phis, Uropeltis, Typhlops fehlt. Ihr Schädel ist vollständig knöchern. A, 261 Von den vollkommnern oder grofsmäuligen Schlangen unterscheiden sie sich dadurch, dafs ihr Quadratbein sehr klein und mit dem Schädel selbst einge- lenkt ist, also nicht an einem längern oder kürzern beweglichen Ma- stoideum hängt. Sie besitzen indefs auch eine kleine Spur von Mastoideum, welches Mecker übersehen zu haben scheint. Das Rudiment ist unbe- weglich; bei den grofsmäuligen Schlangen ist das Mastoideum immer beweglich, wenn es auch zuweilen nicht so grofs als bei den meisten, sondern kurz ist, wie bei Elaps, Bungarus. Die Occipitalia lateralia be- rühren sich oben, das Occipitale superius liegt in der Mitte vor ihnen, einfach. Der Condylus Oceipitalis ist einfach, hat aber zwei Höcker wie bei Amphisbaena und Chirotes. Das Frontale posterius fehlt wie bei den kleinmäuligen blödsichtigen Schlangen überhaupt, also wie bei Amphis- baena, Typhlops, Rhinophis, Uropeltis. Doch habe ich das Os frontale posterius seu Orbitale posterius auch nicht bei mehreren grofsmäuligen Schlangen unter den überaus zahlreichen Skeletten des Leydner Museums gefunden, nämlich nicht bei Elaps, Duberria, Brachyorhos. Das Frontale seu Orbitale anterius ist wie bei den grofsmäuligen Schlangen; das Os transversum ist vorhanden wie bei Rhinophis, Uropeltis, Amphisbaena, und den grofsmäuligen Schlangen. Ossa pterygoidea, palatina, conchae nasales Cuv. sind wie bei den grofsmäuligen Schlangen. Fig. 16. 17. Tab. XX. Schädel von Tostrix. a. intermaxillare impar (verg]. Fig. 18.) b. nasale, c. frontale, d. maxillare, e. orbitale anterius cum laerymali con- Junctum, m. mastoideum, n. parietale impar, o. occipitale superius, p. petro- sum. q. occipitale laterale, r. quadratum, s. sphenoideum, t. oceipitale in- ferius, u. palatinum, v. pterygoideum, x. transversum. Die Wirbel haben sehr undeutliche Dornfortsätze wie bei allen kleinmäuligen oder blödsich-- tigen Schlangen; daher ist die Wirbelsäule auch in der Richtung von oben nach unten sehr beweglich. Untere Dornfortsätze zeigen sich nur an den ersten Wirbeln, nicht am Schwanz. Das Gehörknöchelchen ist eine unregelmäfsige Platte zum Schlufs des ovalen Fensters, ohne Stiel. Siehe Wınpıscnmann 1. c. Tab. 11. Zeitschrift f. Physiol. FV. & 35 262 Fig. 6. 7. Das Auge der Tortrix ist von der dicken Haut bodeckt, aber zwischen Auge und Haut ist, wie bei Typhlops, Rhinophis, Uropeltis, Amphisbaena ein enger Raum, in den die Thränen zunächst gelangen. Es ist also dieselbe Kapsel vorhanden, wie bei den grofsmäuligen Schlan- gen, wo sie aber dünn ist und sehr vorspringt. Die Zunge ist nicht wesentlich von der der grofsmäuligen Schlangen verschieden; sie ist aus- streckbar, gabelig, liegt in einer Scheide, nur etwas kürzer als gewöhn- lich. Die Knorpelfäden, welche bei den grofsmäuligen Schlangen zur Seite der Scheide liegen, oder das Zungenbein der vollkommnen Schlangen (Fig.11. Tab. XIX. von Dipsas) fehlen. Die obere und untere Lippen- drüse ist vorhanden, aber die von mir bei den vollkommnen Schlangen entdeckte Nasendrüse fehlt. (Siehe Meckess Archiv für A. und Ph. 1829.) Die Tortrix haben eine linke Nebenlunge. “ Merkwürdig sind die von Maver bei Tortrix entdeckten Rudimente der hintern Extremitäten oder besser des Beckens und der hintern Extremitäten. Jene Organe bestehen nach Mayers Untersuchungen aus drei Theilen auf jeder Seite, 1) aus einem horizontalen längsten Stück, Os ilium? bei Miver Os cruris ge- nannt, 2) aus zwei kleinen einwärts und auswärts gerichteten Knöchelchen, die mit dem hintern Ende des ersten verbunden sind, (Os pubis und Os ischii?) bei Mayer Ossa tarsi genannt, 3) aus Theilen, welche die ei- gentliche Extremität bilden, in dem Ende die Klaue, bei Mayer Os metatarsi und phalanx genannt. Siehe die- schönen Abbildungen bei Maver Nova Act. nat. Cuv. Tom. X. Tab. 67. Fie. 3. 6. 7. . Es gehören zur Familie der Tortrices vorläufig nur die Gattungen Tortrix, (Ilyria Hemer. und Cylindrophis Waer. — vielleicht Calamaria Boız Isis 1827. p. 539.) und Xenopeltis Reınw, (die indessen noch un- tersucht werden müssen), Uropelts, welche Cuvıer zu den Tortrix gesellt, weicht von ihnen, wie ich gezeigt, in der Osteologie und im Zahnbau ganz ab. 263 Zehnter Abschnitt. Ueber die natürliche Eintheilung der Schlangen nach anatomischen Principien. Die vollkommnen oder grofsmäuligen Schlangen mit gröfsern oder kleinern beweglichen Os mastoideum haben so eigenthümliche und über- einstimmende Charactere, dafs sie auch ohne den Mangel der Füfse mit einem Thier anderer Ordnung nicht verwechselt werden können. Weniger ist dies mit den kleinmäuligen Schlangen der Fall, wohin die Amphisbae- noideen, Uropeltaceen, Thyphopina und Tortrices gehören. Es scheint wenigstens auf den ersten Blick so. Sehen wir indefs, worin diese ano- malen Schlangen mit den übrigen übereinkommen, um daraus gewisse unveräulserliche, constante Charactere der ganzen Schlangenordnung ab- zuleiten. 1. Alle Schlangen ohne Ausnahme haben einen soliden, vollständig von Knochen zusammengesetzten Schädel, an dem keine an den Seiten und unten von Membranen auszufüllende Stellen, wie bei den Eidechsen vorkommen. An ihrem Kopfe sind nur die Gesichts- und Gaumenknochen zuweilen beweglich; niemals ist das Cranium selbst in seiner obern Decke biegsam wie bei den Eidechsen, wo der vordere Theil des Keilbeins eine Lücke: läfst, und die vordern Seitenwände des Schädels membranös sind. Dieser constante Character der Schlangen gilt sowohl von den vollkom- menen oder grofsmäuligen als von den anomalen oder kleinmäuligen. „.2. Die Schlangen haben kein besonderes 'Thränenbein neben einem Os orbitale anterius, sondern statt beider einen Knochen, in welchem der Thränenkanal, die Typhlops nicht einmal diesen. Nur die Python’s haben ein-Os proprium supraorbitale. 3. Bei allen Schlangen ohne Ausnahme fehlt die Columella der Eidechsen, jener merkwürdige Knochen zwischen Os pterygoideum und parietale. 4. Bei allen Schlangen ohne Ausnahme fehlt eines der beiden Sus- pensoria für den Quadratknochen; statt Temporale und Mastoideum ist 264 immer nur ein Knochen und zuweilen selbst keiner vorhanden, wie bei Typhlops. 5. Bei allen Schlangen fehlt das Jochbein; sie haben blofs und nicht immer ein Frontale seu Orbitale posterius, welches das Jochbein einiger- malsen ersetzt. 6. Die Occipitalia lateralia berühren sich am Band des Hinter- hauptsloches. %. Bei keiner Schlange gibt es mehrere Hörner des Zungenbeins. Das Zungenbein besteht aufser Amphisbaena, wenn es vorhanden ist, immer aus 2 parallelen vorn verbundenen Knorpelfäden. 8. Bei keiner Schlange gibt es Trommelhöhle,, Eustachische Trom- pete, Trommelfell; bei allen Eidechsen ohne Ausnahme bis zu Anguis, und Acontias wenigstens 'Trommelhöhle und Eustachische "Trompete. 9. Alle Schlangen ohne Ausnahme haben keine Augenlieder; das Auge liegt unter einer Kapsel und bewegt sich hinter derselben. Dieser constante Character der Schlangen gilt auch für die anomalen, dagegen die Lacertina anguina bis zum Acontias Augenlieder haben. Bei den blödsichtigen Schlangen, Amphisbaenen , Uropeltaceen, Typhlopinen, Tor- trieinen ist jene Kapsel diek und liegt in einer Ebene mit der Haut, bei den grofsmäuligen oder scharfsichtigen Schlangen ist die Kapsel sehr dünn und vorspringend. Siehe Fig.14. A. Taf. XIX. Durchschnitt des Auges und der Kapsel von einer blödsichtigen Schlange, B. von einer vollkommenen Schlange. a. epidermis, b. cutis, c. conjunctiva, welche das Innere der Kapsel bildet und zugleich die Oberfläche der vordern Hemis- phäre des Auges überzieht. d. Auge. =LN £ 10. Die Schlangen haben nur 2 Aortenbogen, die sich vereinigen, und wovon der eine die Arterien der obern, der andere die Arterien der untern Theile abgibt. * Charactere, welche die Schlangen mit den Eidechsen gemein haben, sind die Condyli postici der Wirbelkörper, die Absonderung des Os quadratum vom Schädel, das unpaare Os intermaxillare, der Anus trans- 265 versalis, Charaktere die sich bei den andern Ordnungen der Amphibia squamata verschieden verhalten, wie bei Schildkröten und Krokodilen, mit sehr seltener Ausnahme in Hinsicht des Os intermaxillare. Unbeständige Charaktere einzelner Familien unter den Schlangen sind die Beschaffenheit der Zähne, der Zunge, des Zungenbeins, die Beweg- lichkeit oder Unbeweglichkeit der Gesichtsknochen, Vorhandenseyn oder Mangel des Os frontale anterius und posterius, die Befestigung oder Beweglichkeit des Os mastoideum, die Beweglichkeit beider Hälften des Unterkiefers, die Extensionsfähigkeit des ganzen Kiefersapparates zum Schlingen, die Länge des Schwanzes. Die Schlangen lassen sich füglich in zwei grofse Abtheilungen bringen, in die der grofsmäuligen oder Macrostomata, und in die der kleinmäu- ligen oder blödsichtigen Schlangen, Microstomata. Characteristik der Ophidia macrostomata. Sie haben einen grofsen Mund, längere oder kürzere bewegliche Ossa mastoidea, woran die Quadratbeine allein eingelenkt sind, so dafs sie den Rachen beim Schlingen ungeheuer erweitern können. Auch ihre Ossa pterygoidea und palatina entfernen sich hierbei von einander, und ihre Unterkieferhälften durch dehnbare Bandmasse aneinander geheftet, sind einer aufserordentlichen Ausdehnung fähig. Sie haben einemSuleus gularis. Ihre Gesichtsknochen sind nicht zu einem festen Ganzen verbunden, Alle haben ein Os orbitale anterius, worin der "Thränenkanal, der aus der Kapsel des Auges führi, verläuft; die meisten haben ein Os orbitale posterius (aufser Elaps, Du- berria, Brachyrhoos). Alle haben ein langes zwischen Muskeln liegendes Gehörknöchelchen. Bei allen bilden die Nasenmuscheln Cuvıer’s den vordern Theil des Gaumens hinter dem Os intermaxillare, vor den Ossa palatina.. Alle haben ein Os transversum zwischen maxillare und pterygoideum. Bei allen eine ausstreckbare gabelige, in einer Scheide liegende Zunge, statt des Zungenbeins zwei parallele lange vorn verbundene Knorpelfäden. Siehe Fig. 11. Taf. XIX. von Dipsas. Die Wirbel haben eine lange obere Gräthe, wodurch sie in der Richtung nach oben ihre 266 Beweglichkeit verlieren, ein sehr merkwürdiger Character, der bei den Schlangen der andern Abtheilung fehlt, welche sich in jeder Richtung gleich gut winden, während die vollkommnen Schlangen sich nur in die Queere leicht schlängeln. Alle Macrostomata haben eine vorspringende Augenkapsel bei gewöhnlich grofsen Augen. Alle haben einen vom Kopf mehr oder wenig abgesonderten Hals, und einen bald längern bald kür- zern, meist spitz geendigten Schwanz hinter dem After, und sind meistens aber nicht immer am hintern Ende dünner als in der Mitte. Sie haben eine eigenthümliche Nasendrüse. (Siehe meine Abhandlung Meerer’s Archiv 1829). Die zweite Abtheilung der Schlangen nenne ich Ophidia microstomata, Kleinmäulige oder Engmäulige, weil sie einen engen nicht erweiterungs-. fähigen Mund und Rachen haben und ihr Quadratbein am Schädel selbst und nicht an einem beweglichen Mastoideum aufgehängt ist. Schon NırzscH (Meckev’s Archiv T. 7. p. 83) hat vorgeschlagen die unächten Schlangen, Amphisbaena, Tortrix, T'yphlops, in einer besondern Abtheilung unter dem Namen Schleichen, Serpentia, zu vereinigen, indem er bemerkt , dafs sie durch die ganze Schädelform eben so sebr von Anguis und Ophisaurus, die er mit Recht unter die Eidechsen zählt, als von den eigentlichen ‚Schlangen verschieden « Wauasuer hat einige der eng- mäuligen Schlangen unter dem Namen Anguis, Wühlen, in einer besondern Ordnung seiner 8 Amphibien- Ordnungen zusammengefafst, Chirotes, Lepi- dosternon, Amphisbaena, Blanus aber mit Thieren ganz verschiedener Art nämlich Chalcis und Acontias vereinigt, dagegen er die Tortrix, Uropeltis, Rhinophis, Typhlops unter den vollkommenen Schlangen ge- lassen hat. Ich werde nun die gemeinsamen anatomischen Charactere der engmäuligen ‚oder blödsichtigen Schlangen aufstellen, wozu ich die Gattungen Chirotes, Amphisbaena, Lepidosternon, Cephalopeltis, Alanus, Typhlops, Rhinophis, Uropeltis, Tortrix zähle. Die Ophidia microstomata sind engmäulig, sie können den Rachen und Kieferapparat zum Schlingen nicht erweitern. Bei Tortrix sind zwar 267 die Unterkieferhälften nur lose verbunden, aber ihr übriger Kieferapparat ist keiner Ausdehnung fähig und ihr kleines Quadratbein ist wie bei allen hieher gehörigen Schlangen nicht an einem beweglichen Knochen, sondern am Schädel selbst aufgehängt. Die engmäuligen Schlangen haben daher ein unbewegliches mit dem Schädel verwachsenes sehr undeutliches Mastoideum oder gar keines. Bei allen fehlt das Os orbitale posterius; die Augengrube daher hinten ganz offen. Das Gehörknöchelchen ist sehr kurz oder fehlt ganz wie bei Typhlops und Rhinophis. Bei allen geht die Haut dick über das Auge weg, ohne Vorsprung; sie sind blödsichtig, animalia coecutientia, und die Augen immer sehr klein. Sie besitzen nicht die Nasendrüse der vollkommnen Schlangen. Der Kopf ist vom Hals nicht deutlich abgesondert, sondern geht in einer Flucht in die Dicke des Leibes über; bei allen ist der Hintertheil nicht dünner als der Vordertheil, meist stumpf, der Schwanz äufserst kurz nicht dünner oder kaum dünner. Sie haben keine deutliche Gräihe in der Länge der Wirbel, sie können sich daher in jeder Richtung gleich gut winden, während sich die vollkommnen Schlangen vorzugsweise in die Queere wellenförmig winden. I. Familie der Ophidia microstomata. Amphisbaenoidea. Diese entfernen sich von dem ©. macrostomata am meisten, denn sie haben einen Unterkiefer aus fest verbundenen Hälften und ein Zungen- bein mit spitzem Körper und divergirenden einfachen Hörnern, so wie eine scheidenlose Zunge. Sie haben blofse Kiefer und Zwischenkiefer- zähne und Zähne im Unterkiefer. Das Os orbitale anterius und Os transversum sind vorhanden; keine beweglichen Theile am ganzen Kopf aufser Quadratbein. Die Haut ist geringelt mit viereckigen Schuppenab- theilungen. Vor dem After zuweilen Poren. Vordere Extremitäten oder gar keine, Es gehören hieher zwei Sippen. a. pedibus anticis. Chirotes, b. pedibus nullis. Cephalopeltis, Lepodosternon , Amphisbaena, Blanus Wuası. Trogonophis Cavr. 268 I. Familie. Typhlopina. Dachziegelförmige harte glänzende Schuppen. Die Unterkiefer getheilt aber nicht ausdehnbar, Maul unten und sehr eng.- Keine Zähne im Unterkiefer, Zwischenkiefer, Kiefer. Die einzigen Zähne in den herab- hängenden an einem äufsern dünnen Pterygoideum beweglichen Os pala- tinum. Die Gesichtsknochen fest verbunden zu einer vorstehenden sehr breiten Schnauze. Orbitale anterius, transversum, mastoideum fehlen. Kein Gehörknöchelchen. Os occipitale superius doppelt. Ein Becken- rudiment aus 2 in der Mitte verbundenen Stücken vor dem After. Die Zunge in einer langen Scheide ohne Zungenbein. Kein sulcus gularis. Leib gleichförmig dick fast ohne Schwanz, am gekrümmten Ende ein feiner Stachel. Es gehört hieher nur die bisherige Gattung Typhlops‘, worin aber noch mehrere Gattungen enthalten sind. Il. Familie. Uropeltana. Sie sind gleichförmig dick und haben an dem äufserst kurzen stumpfen Schwanz ein hörnernes Schild. Ihre Schnauze ist keilföormig zugespitzt. Zähne im Unterkiefer und Kiefer, keine im Zwischenkiefer und Gaumen. Die Gesichtsknochen bilden ein festes Ganze mit den Gaumenbeinen und Flügelbeinen, welche ganz von denen der Typhlops verschieden sind. Sie haben ein Os transversum. Kein deutliches Gehörknöchelchen. Das Becken der Typhlops fehlt. Ihre Zunge ist ausstreckbar und eingescheidet. Unterkieferhälften nicht ausdehnbar. Sulcus gularis. Es gehören hieher Rhinophis Caup. und Uropeltis Cvv. IV. Familie. Tortricina. Ihre Gesichtsknochen gleichen denen der wahren Schlangen , sie haben Zähne im Unterkiefer, Kiefer, Zwischenkiefer, Gaumenbein und Flügel- bein. Ihre Unterkieferhälften sind ganz getrennt, aber wenig ausdehnbar; ihr Rachen ist nicht ausdehnbar. Sie haben eine kleine Spur von Os mastoideum. Rudiment von Becken und Extremität unter der Haut, woran eine Afterklaue. Hierzu gehören die Gattungen Tortrix Cuv. (Ilysia Hemer.) und Cylindrophfs Waer. und wahrscheinlich Xenopeltis 269 Reınw. wie Herr Schuesen versichert. Man kennt indefs den Zahnbau noch nicht. Für die wahre Eintheilung der vollkommenen Schlangen in Familien dient vorzüglich der Bau der Zähne und Kiefer; hierzu habe ich die schönen Untersuchungen von Boıs (Isis 1827. 108) welche die Grundlage einer bessern Systematik und Critik der Schlangen bilden, und von Schueseu (Nov. act. nat. Cur. T. 14. p. 1.) benutzt. Scuueseu's Untersuchungen über die Schlangen mit gefurchten hintern Maxillarzähnen fand ich vollkommen bestätigt. Unter 60 coluberartigen Schlangen, die ich als Doubletten angekauft hatte, fand ich 5 Exemplare mit gröfsern und zwar gefurchten Hinterzähnen, worunter 4 verschiedene Arten. Ich sah die Beschaffenheit der Drüsen und Zähne im Allgemeinen ganz so wie Herr Scuueseu beschrieben hat. Doch fand ich nur bei einer Art die obere Lippendrüse von der wahrscheinlichen Giftdrüse des gefurchten Hinterzahns verschieden. Bei den übrigen, und auch bei Dipsas war zuverläfsig nur eine gemeinschaftliche, hinten über den gefurchten Zähnen viel stärkere obere Lippendrüse. Es ist also wohl fast gewils, dafs einige der coluberartigen Schlangen mit gefurchten Hinterzähnen giftig sind, aber zweifelhaft, ob auch diejenigen, welche keine besondere Drüse für die gefurchten Hinterzähne besitzen. Eintheilung der Schlangen. Sectio I. Ophidia microstomata. Familie I. dentibus maxillaribus, intermaxillaribus et mandibularibus , palatinis null. Amphisbaen oidea. a. pedibus anticis. Chirotes. b. pedibus nullis. Amphisbaena, Lepidosternon, Wacr. Cephalo- peltis, mihi. Trogonophis, Caur. Blanus, Was. Familie II. dentibus palatinis solis, maxillaribus et mandibularibus nullis. Typhlopina. gen. Typlhlops. Zeitschrift f. Physiol. IV. Z. 36 270 Familie III. dentibus maxillaribus et mandibularibus; intermaxillaribus et pa- latinis nullis. Uropeltacea. gen. Rhinophis, Uropeltis. Familie IV. dentibus mandibularibus, maxillaribus, intermaxillaribus et re Tortricina gen. Tortrix, Cylindrophis Wast. N * Sectio II. Ophidia macrostomata. Familie I. dentibus maxillaribus et mandibularibus, palatinis nullis.. Oligo- donta.... gen. Oligodon. i Familie II. dentibus maxillaribus, intermaxillaribus, mandibularibus et pala- tinis. Holodonta (Ganzzähnige) Python. Familie IN. dentibus maxillaribus, mandibularibus et palatinis, maxillaribus simplicibus. Isodonta (Gleichzähnige) gen. Boa, Pseudoboa , 5 Erpeton, Cerberus, Hurria, Dryinus, Coluber etc. Familie IV. dentibus maxillaribus, mandibularibus et palatinis; maxillaribus anticis, mediis aut posticis majoribus, non sulcati. Heterodonta (Un- gleichzähnige) gen. Tropidonotus, Coronella, Xenodon, Dendrophis, Dry- ophis, Psamonophis, Dipsas, Lycodon. Vide Bore 1. c. Familie V. dentibus maxillaribus, mandibularibus et palatinis, maxillaribus posticis, sulcatis, venenatis? Amphibola. (Zweideutige) gen. Dryophis, Dipsas, Homatopsis. V. Scuurern 1. c. Familie VI. dentibus maxillaribus, mandibularibus et palatinis, maxillaribus antieis perforato-sulcatis, venenatis, posticis simplicibus. Antiochalina (Vorngiftzähnige) gen. Trimensurus, Bungarus, Naja, Platurus, Hydrophis, Pelamis. Chersydrus. Cuv. Nach Wacer Syst. amph. gehören hieher auch Acantophis, Causus, Sepedon, Uracus, Alecto, Aspis. Familie VII. dentibus maxillaribus, mandibularibus et palatinis, maxillaribus omnibus perforatis venenati. Holochalina (Ganzgiftzähnige) gen. Elaps, Scytale, Crotalus, Vipera, 'Trigonocephalus, Cophias, Pelias, Oplocephalus, Langaha. Ich erwähne schliefslich der Abbildungen der Schädel von Schlangen der verschiedenen Familien; von Amphisbaena (Covier regne animal. Tab.8. 271 Fig. 4. 5. 6.) Abbildungen der Schädel von Chirotes Lepidosternon, Typhlops, Rhinophis, Uropeltis, Tortrix habe ich in dieser Abhandlung gegeben. Den Schädel eines grofsen Python hat Cuviek 1. c. Tab. 9. Fig. 1— 3. abgebildet. Chr. Spix Cephalogen. Abbildung des Schädels einer Dipsas (SchLesEL nov. act. N. Cur. T.14. p. i. Tab. 16.) Cuvısr hat (regne animal Tab. 9.) den Schädel einer Naja abgebildet. Allein hier fehlt der hintere einfache Zahn des Oberkiefers in der Abbildung. Nach ScheeeL und Bore haben die Naja gefurchte Giftzähne vorn, und nicht alle Zähne im Oberkiefer sind Giftzähne. Dagegen hat Cuvıer die Naja wohl mit Unrecht in die Abtheilung der Schlangen mit blofsen Giftzähnen im Oberkiefer gesetzt. Schädel von Crotalus bei SchLeser (l. e. Fig. 9.) Trigonocephalus Fig. 5. Bei Elaps fand ich blos zwei Giftzähne im Oberkiefer, keine einfachen Zähne in demselben. Elaps lemniscatus. Die neuesten und vollständigsten Arbeiten über die Spei- cheldrüsen dieser verschiedenen Schlangen sind von Meckeu (Archiv 1826 von SchLeseL a.a. O.) und von mir in dem Werke de glandularum penitiori structura, Lips. 1830. fol. Ueber die innere Anatomie der vollkommenen Schlangen besitzen wir eine neuere vortreffliche an Python bivittatus angestellte Untersuchung von A. Rerzıus in den Abhandlungen der schwedischen Academie der Wissenschaften, welche der verehrte Verfasser mir zu schicken so gütig war. Rerzıus hat auch Nebennieren bei den Schlangen gefunden, und er hat mir sie selbst in der Nähe der Hoden und Eierstöcke liegend gezeigt. (l. c. Tab. U. Fig. 12.) Rerzıus und ich sind zweifelhaft, ob diefs Reste der embryonischen Worrr’schen Körper sind, welche bei den höheren Thieren im Embryo aufser den Nebennieren vorkommen, (Man vergl. meine Bildungsgeschichte der Ge- nitalien, Düsseldorf 1830. 4. p. 19.) Rerzıus Abhandlung enthält auch Untersuchungen über die Verschiedenheit der Schleimhaut des Magens in zwei Regionen desselben, und über die Darmzotten; er hat endlich auch ein Corpus ciliare im Auge des Python gefunden. 272 Schliefslich mache ich nochmals auf die ganz verschiedenen Bewe- gungen der unvollkommenen und vollkommenen Schlangen 'aufmerksam. Die engmäuligen Schlangen können ihre Wirbelsäule leicht wegen dem Bau derselben in jeder Richtung, auch aufwärts biegen. Die vollkom- menen Schlangen dagegen kriechen immer horizontal- wellenförmig, weil die Gräthen in der ganzen Länge ihre Wirbel die Biegung nach auf- wärts hindern. In einer Wellenlinie auf- und abwärts kann eine voll- kommene Schlange nie kriechen, und diese Abbildung ist immer fehlerhaft. Sehr viel von der Eigenthümlichkeit und Physiognomik der Schlangen und ihren Bewegungen beruht hierin. Die unvollkommenen Schlangen können sich wegen dem Bau der Wirbel indiscriminatim wurmförmig, mehr schleichend bewegen, während die ächten Schlangen in einer hori- zontalen Wellenlinie wunderbar schnell fortkriechend, doch mit dem Leibe platt auf dem Boden liegen bleiben, Erklärung der Abbildungen. Taf. XVIN. Fig. 1. a. junge Coecilia hypocyanea mit Kiemenlöchern. Fig. 1. b. Kopfstück derselben von oben angesehen. Fig. 2. Hautstück von Coecilia lumbricoidea, vergröfsert nach TiepEmann. Fig. 3. a. b. c. Schädel von Coecilia albiventris (natürliche Gröfse). Fig. 4. Verhältnifs der Nasenöffnung zur Tastenöfßuung und zum Auge bei C. hypocyanea. ' Fig. 5. a. b. c. Schädel von C. hypocyanea (vergröfsert). Fig. 6. Zungenbein von Coecilia glutinosa a. Unterkiefer (vergröfsert). Fig. 7. Herz und Lungen von Coecilia lumbricoidea nach Trepemann. Fig. 8. Die übrigen Eingeweide derselben nach 'TiEDEMmanN. Fig. 9. Stück der Leber v. C. hypocyanea mit den Lamellen, deren sie 40 hat. Fig. 9. b. Durchschnitt durch die sich dachziegelförmig deckenden Lamellen. 273 Fig. 10. Blase am Mastdarm von C. glutinosa, Fig. 11. Zungenbein von Menopoma (Salamandra Gigantea Barr.) nach Harran. Taf. XIX. Fig. 1. A. B. Schädel von Pseudopus Oppeliü (natürliche Gröfse). Fig. 2. Brustbein und Schultergerüst von demselben. Fig. 3. Becken von Ophisaurus ventralis. Fig. 4. Zungenbein von Seps tridactylus. Fig. 5. —_ — Pseudopus Oppelii. Fig. 6. —_ — Anguis fragilis. Fig. 7. —_ — Ophisaurus ventralis. Fig. 8. —_ — Acontias_ meleagris. n Fig. 9. A. von Amphisbaena alba. B. Zunge. Fig. 10. A. von Chirotes. B. Zunge. Fig. 11. — von Dipsas. Fig. 12. Hauptgefäfse von Lacerta occellata. Fig. 13. Hauptgefäfse von Anguis fragilis. Fig. 14. Durchschnittsansicht der Augenkapsel von Schlangen. A. von einer blödsichtigen. B. von einer vollkommenen Schlange. Taf. XX. . Schädel von Seps tridactylus (dreimal vergröfsert). 272 . 4. Ei . Schädel von Anguis fragilis (dreimal vergröfsert). ir sh R Schädel von Acontias meleagris (dreimal vergröfsert). . 10 —14. Schädel von Typhlops lumbricalis (dreimal vergröfsert). . 15. Gaumenbein von Typhlops lumbricalis. . 16. 17. Schädel von einer Tortrix (Illyria Hrmpr.) (zweimal vergröfsert). . 18. Zwischenkiefer derselben. Taf. XX1. . 1. 2. 3. Schädel von Rhinophis punctata (viermal vergröfsert). . 4. 5. Schädel von Uropeltis ceylanicus (vergröfsert). . 6. 7. Schädel von Lepidosternon microcephalus (vergröfsert). . 8. 9. 10. Schädel von Chirotes (vergröfsert). . 11. Skelet von Chirotes (natürliche Gröfse). 274 Fig. 12. a. Einzelne Wirbel und Rippen. b. Schultergerüst, Brustbein und Extremitäten 'von 'Chirotes. Fig. 13. a. Wirbel und Rippen von, Anguis fragilis. b. ein Schwanzwirbel. Fig. 14. Wirbel und Rippen von ‚Acontias meleagris. Fig. 15. Wirbel und Rippen von 'Typhlops lumbricalis. Fig. 16. Wirbel und Abortivrippen von Coecilia glutinosa. a. von oben. b. von den Seiten. c. eine einzelne Abortivrippe. d. e. Wirbel von vorn und hinten. f. Durchschnitt eines Wirbels. Fig. 17. Becken, Afterblase und doppelte Penis von Typhlops lumbricalis. Taf. XXII. Fig. 1. a. b. c. Kopfschilder von Rhinophis punctata (vergröfsert). d. e. f. Horn- schild-am Schwanzende derselben. Fig. 2. a. b. c. Kopfschilder von Uropeltis philippinus (natürliche Gröfse). Fig. 3. Uropeltis philippinus iu natürlicher Gröfse. Fig. 4. Kopfstück von Lepidosternon microcephalus Wacı. von oben angesehen. Fig. 5. Kopf und Brustschilder von Cephalopeltis Lepidosternon mihi. Fig. 6. Vordertheil von Chirotes von oben angesehen. Fig. 7. Chirotes in natürlicher Gröfse. IN ne) ae Ma In dem Aufsatz über die natürliche Eintheilung der Amphibien habe ich erwähnt, dafs Herr Marrın St. Ange bei den Fröschen und Sala- mandern eine Art innere Scheidewand des äufserlich einfach erscheinen- den Vorhofs des Herzens gefunden habe. Herr Prof. Weser zu Bonn hat selbsständig, ohne von der Beobachtung von Marrın Sr. Ange zu wissen, diese Scheidewand des Vorhofs wiedergefunden. Er fand, dafs . dieses Septum vollständig ist, und den Vorhof in eine rechte und linke Abtheilung trennt, welche nur durch ihre Oeffnungen in den einfachen Ventrikel communieiren. Die Oeffnungen dieser beiden Vorhöfe in den Ventrikel sind zu den Seiten des hier mit einem freien Saum endigenden 275 Septums. Weser fand auch, dafs die Hohlvenen sich nur in den rech- ten Vorhof, die Lungenvenen, welche zuletzt vereinigt sind, nur in den linken Vorhof öffnen, dagegen man fälschlich die Lungenvenen in die Hohlvenen einmünden liefs, und dafs also beide Blutarten nicht in den Vorhöfen, sondern, wie bei den beschuppten Amphibien, erst im Ven- trikel sich mischen. Diefs hat Weser nicht allein bei den Fröschen und Salamandern,, sondern auch beim Axolotl gefunden, wo er mir diefs Ver- halten gezeigt hat, wie ich deun durch eigene Untersuchung am Forsch mich von der Richtigkeit dieser wichtigen Entdeckung überzeugt habe. Weser fand auch bei Rana paradoxa zwei Abtheilungen des Vorhofes, die ganz vollkommen getrennt sind, so dafs also schon bei der Larve dieser Bau vorhanden scheint. Hiernach kann der Bau des Herzens kein Unterscheidungscharakter mehr seyn zwischen den nackten und be- schuppten Amphibien, welche in dieser Hinsicht nur darin verschieden sind, dafs bei den beschuppten Amphibien auch änfserlich die Vorhöfe tief abge- theilt sind, während sie bei den nackten äufserlich nur einen Vorhof zu bilden scheinen. Es ist nun wahrscheinlich, dafs auch bei den Coecilien eine innere Theilung des äufserlich einfachen Vorhofs stattfindet, obgleich diefs hier kaum anders als durch die Untersuchung frischer Exemplare ausgemittelt werden kann. Bei in Weingeist aufbewahrten Exemplaren ist das Herz voll geronnenen Blutes, und bei einem so überaus kleinen Herzen in diesem Zustand keine sichere Untersuchung möglich. 276 XX. Ueber die Saugadern im Fruchtkuchen und u Nabelstrang des Menschen. ti Von Dr. V. Fonmann, Professor an der Universität zu Lüttich. (Hiezu Tafel XXI.) Unter den Theilen, in denen bis jetzt das Vorkommen und die Anordnung der Saugadern noch nicht gehörig erkannt worden ist, neh- men bekanntlich der Fruchtkuchen und Nabelstrang den ersten Platz ein. Einige Anatomen, Evernarp, PascorLı, NeepHuam und Rösım, deren ScHREGER ') erwähnt, so wie Werısgere °) und Urrmi °) wollen zwar solche Gefälse in diesen Theilen gesehen haben; doch schenkte man ihren Beobachtungen wenig Vertrauen, weil Männer von grolsem An- sehen, wie Hunter, Hewson, CrviksHank, Mascacnı u. a. sich verge- bens bemüht hatten, Saugadern in denselben nachzuweisen. Da ferner nach dem Zeitraum, in dem Huxrer seine Lehre von der Einsaugung durch die Iymphatischen Gefäfse begründet hatte, neue Versuche ange- stellt wurden, welche wieder zu Gunsten der Einsaugung durch die Venen sprachen, und man fruchtlos nach Saugadern in dem Mutterkuchen und Nabelstrang gesucht hatte; so trug man kein Bedenken, diese Theile als der Saugadern ermangelnd zu erklären, ja man bediente sich ihrer sogar als einen Beweis für die Einsaugung durch Venen. Man sagte, 1) De functione placentae uterinae, ad virum illustrem S. T. Sömmerring Epistola, Erlangae. 1799. « 2) Micnarrıs Observationes circa placentae ac funiculi umbilicalis vasa absorbentia. Göt- tingae 1790. 3) Ueber die einsaugenden Gefälse des Mutterkuchens; in Mecrer’s Archiv, Band 2. WRSIL BERSBBREgBBER OL nn Franz Wagner at natırum del: 6 byehogr 277 die Venen-Einsaugung wird nicht nur bewiesen durch zahlreiche Experi- ‘mente an lebenden Thieren, sondern auch durch diejenigen Theile, welche, obgleich der Saugadern entbehrend, wie der Mutterkuchen, das Auge u. a. doch Organe sind, in denen eine lebhafte Einsaugung nicht bezweifelt werden kann. Hier beging man offenbar einen Fehlschlufs. Der Umstand, dafs in gewissen Organen keine Saugadern aufgefunden wurden, beweist nicht, dafs solche hier nicht vorhanden sind, sondern zeigt nur, dafs sie noch nicht beobachtet worden sind. Ueberhaupt liefs man sich, auf oberflächliche Untersuchungen dieser Gefälse ein zu grofses Gewicht legend, zu vielen Irrthümern verleiten. So bestritt Ma@ENnDIE die Lehre Moxro’s und Hrwsox’s über das Vorkommen der Saugadern in allen Wirbelthieren, und noch immer läugnet er das Daseyn der Vasa chylifera in den Vögeln. Die Fische und Amphibien enthalten ein voll- ständiges Saugadersystem, auch der Darmkanal der Vögel, und viele andere Theile, denen man die Saugadern abspricht, sind reichlich damit versehen, und ebenso verhält es sich, wie wir zeigen werden, mit dem Mutterkuchen und dem Nabelstrang. Der Nabelstrang besteht, mit Ausnahme seiner Blutgefälse, aus einem Geflechte von Saugadern, welches so dicht ist, dafs man keine Nadel- spitze einstofsen kann, ohne ein solches Gefäfs zu verletzen. Nichts ist leichter, als die Injection dieses Geflechtes mit Quecksilber. Hätten die Anatomen, die versicherten, Saugadern hier beobachtet zu haben, ihr Verhalten gehörig gekannt, so würde es ihnen sehr leicht gewesen seyn, ihre Gegner durch den Beweis des Augenscheins von der Richtigkeit “ihrer Behauptung zu überführen. Um die Saugadern des Nabelstrangs mit Quecksilber anzufüllen, darf man nur eine schmale Lanzette unter die Nabelschnur-Scherde einstofsen, und dann mitielst eines feinen Röhr- chens dieses Metall hier eintreiben. Da bei dieser Operation eine grolse Anzahl solcher Gefäfse verletzt wird, und das Quecksilber, in einen Zweig dringend, durch zahlreiche Anastomosen zu andern gelangt, so erklärt sich die Leichtigkeit des Gelingens solcher Versuche. Es verdient Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 37 2178 noch bemerkt zu werden, dafs die Anfüllung dieses Geflechtes im Nabel- strang um so leichter bewerkstelligt wird, je reicher dieser an WArruon- scher Sulze ist, was wohl darin seinen Grund hat, dafs diese Flüssigkeit, nur in Saugadern befindlich, diese Gefälse ausdehnt, und somit das Ein- dringen und Fortrücken des Quecksilbers begünstigt. — Vergebens würde man sich übrigens bemühen, mit Klappen verschene Saugadern, wie sie Werisgere hier gesehen zu haben angab, oder wie wir sie kennen, nach- dem sie aus den Organen unseres Körpers hervorgetreten sind, am Nabelstrang und Fruchtkuchen aufzufinden. Die Saugadern dieser hin- fälligen Gebilde sind noch nicht zu diesem Grade der Ausbildung gelangt, sondern verhalten sich wie in dem Parenchym der Organe, das heifst, sie bilden Geflechte und Netze, deren Aeste klappenlos sind, so dafs Quecksilber in einen Zweig getrieben, nach allen Richtungen fliefsen kann. — Wenden wir uns nun zur näheren Untersuchung der Saugadern der "Theile, durch welchen der Fötus seinen Verkehr mit der Mutter unterhält, so haben wir die Saugadern der Placenta und des Nabelstrangs, so wie deren Uebertritt und Verlauf im Körper des Fötus zu betrachten. Der Nabelstang, abgesehen von seinen Blutgefälsen, besteht, wie schon gesagt wurde, nur aus einem Saugadergeflechte ’). Die gröfseren Iymphatischen Gefäfse nehmen seine Achse ein, während die feineren 1) Gewöhnlich sieht man das die Blutgefäfse des Nabelstrangs begleitende Gewebe für Zellstoff an. Nach meinen Erfahrungen existirt der Zellstoff als ein besonderes Gewebe nicht. Alle die Theile, die man aus Zellgewebe gebildet betrachtet, wie die serösen Hänte, die innere Haut der Gefälse, die Bindehaut; so wie die durchsichtige Hornhaut des Auges, bestehen beinahe nur aus Verflechtungen Iymphatischer Gefälse. Ich behalte mir vor, diesen Ge- genstand an einem andern Orte weiter zu entwickeln, und darzuthun, wie Unrecht man hatte, in die mikroscopischen Beobachtungen Mascacnr’s, über das Verhalten der Saugadern in den Organen, nicht mehr Vertrauen zu setzen als solches geschehen. Wurde Mascacsı bisweilen auch getäuscht, so hat er doch in der Hauptsache richtig gesehen, und den grolsen Antheil erkannt, den die Iymphatischen Gefäfse an der Zusammensetzung unserer Organe nehmen. Wenigstens kann ich dieses in Betreff vieler Theile nachweisen, in wel- chen ich diese Gefäßsart eben so deutlich, ja noch deutlicher, durch ihre Anfüllung mit Quecksilber darstellen kann, als man, durch die Injection mit feinen gefärbten Massen, die letzten Blutgefälsverzweigungen, zu zeigen im Stande ist. 279 sich gegen die Oberfläche verzweigen und endlich in die Nabelscheide auflösen. Die Zellen oder Blasen, welchen man gewöhnlich im Nabel- strang begegnet, erscheinen bei der Injection der Saugadern als Erwei- terungen dieser Gefäfse, in welche sich von Seiten des Fruchtkuchens Zweige einsenken, um auf der entgegengesetzten ihren Weg zum Fötus fortzusetzen. Auffallend feiner werden die Saugadern des Nabelstrangs an seinen beiden Enden, besonders an ihrem Uebertritt in die Haut am Nabel. Ehe ich dieses Verhaltens weiter erwähne, will ich angeben, was ich in Betreff der Saugadern der Placenta kenne. Hat man das Saugadergeflecht am Placental-Ende des Nabelstrangs mit Quecksilber injieirt, und treibt man dieses Metall mittelst eines Scalpellgriffs gegen den Fruchtkuchen; so gelingt es bisweilen, ein Saug- adernetz anzufüllen, das sich zwischen dem Fruchtkuchen und der ihn überkleidenden Schafhaut ausbreitet. Nie sah ich von diesem Netze sich Ge- fälse erheben, die sich in die Schafhaut verzweigt hätten , wie man solches hinsichtlich der Nabelscheide findet; und nur selten nahm ich Zweige wahr, die hievon ins Parenchym des Fruchtkuchens eindrangen. Wie sich diese letzteren Gefälse weiter verhalten, vermochte ich nicht auszumitteln ; doch aber hege ich die Meinung, dafs sie bis auf die Uterin-Fläche dieses Körpers gelangen. Was den Uebertritt des Saugadergeflechtes des Nabelstrangs in die Bauchgegend des Fötus betrifft, so werden die oberflächlichen Verzwei- gungen einige Linien vom Nabelring entfernt, so fein, dafs man sie, selbst wenn sie Quecksilber enthalten, nur durch eine sehr scharfe Luppe zu unterscheiden im Stande ist. Dagegen gewinnen diese Gefälse in entgegengesetztem Verhältnifs an Stärke, als sie feiner werden , so dals man, ohne Zerreifsung befürchten zu müssen, sich des Scalpellgrifls be- dienen kann, um das Quecksilber durch sie zu treiben. Am Nabelring angelangt, gewinnen sie etwas an Gröfse und fliefsen zum Theil mit dem dichten Saugedernetz zusammen, welches, unter der Epidermis, die Haut überkleidet, und wovon die Nabelscheide nur die Fortsetzung ist. 280 Der übrige 'Theil verbindet sich zu Zweigen, die unter die Haut treten und einige Linien vom Nabelring entfernt einen Lymphgefäfsstamm er- zeugen, der kreisförmig verlaufend gleichfalls einen Ring darstellt. Von diesem Ring gehen dann Aeste ab, welche, den äufsern Bauchdecken- Venen folgend, zwischen der Haut und den Bauchmuskeln zu den Lei- stengegenden herabsteigen, und unter den Schenkelbogen sich zu den Darmbeindrüsen begeben. Diese Anordnung habe ich immer beobachtet; allein bisweilen ist es mir auch begegnet, Lymphgefäfszweige innerhalb der Bauchmuskeln zu finden, welche vom Nabelstrang durch den Bauch- ring drangen, und, der Nabelvene oder den Nabelarterien folgend, in die Leberpforte sich fortsetzten, oder die Drüsen aufsuchten, welche die Gefäfse aufnehmen, die aufserhalb der Bauchmuskeln herabsteigen. Ausgezeichnet durch ihre Gröfse, im Verhältnifs zu den übrigen Saugaderdrüsen, sind die Darmbeindrüsen im Fötus und Neugebornen, was in ihrer assimilirenden Beziehung zu der Nahrungsflüssigkeit, welche der Fötus auf dem Wege des Nabelstrangs von Seiten der Mutter auf- nimmt, begründet seyn dürfte. Während die übrigen Saugaderdrüsen nur als sehr kleine Körperchen erscheinen, die leicht übersehen werden, springen die Darmbeindrüsen, durch ihre Gröfse, dem Beobachter in's Auge, Was die Bestimmung der Iymphatischen Gefäfse des Fruchtkuchens und Nabelstranges anlangt, so müssen wir ihnen dieselbe Verrichtung zuschreiben, die wir dieser Gefäfsart überhaupt beimessen, d. h. einzu- saugen und fortzuleiten, was sich ihnen zur Einsaugung darbietet. Diefs dürfte hauptsächlich in einer Flüssigkeit bestehen, welche der mütter- liche Theil der Placenta zum Behufe der Ernährung des Fötus aus- schwitzt. Dafs der Fötus, nachdem er auf diesem Wege Nahrungs- flüssigkeit erhält, auch noch Fruchtwasser einsauge, sey es durch die Haut und Schafhaut, durch den Nahrungskanal oder die Nahrungswege, unter- liegt wohl keinem Zweifel; allein immerhin ist wohl jetzt der Nabel- strang, d. h. das Saugadergeflecht dieses Theils, der Hauptweg der Zufuhr seines Nahrungsstoffs. 28i Wichtiger in der Hinsieht scheint das Fruchtwasser in der Zeit der Schwangerschaft zu seyn, wo die Hüftnabelgefäfse noch nicht mit der Gebärmutter in Berührung getreten, und folglich der Placental- Verkehr noch nicht vermittelt ist. Welches übrigens die Körpergegend sey, die der Einsaugung dieser Flüssigkeit vorstehi, immer wird diese nur auf den bekannten Wegen des Lymphgefäfssystems dem Blute zugeführt. Weder die Saugadern der Brüste und der sie bedeckenden Haut, noch die der Schleimhaut der Luftröhre oder anderer Theile begeben sich zur Thymus, wie es Manche vermuthen, sondern zu den Drüsen in den Achselgruben, den Bronchial-Drüsen und sofort zu den grofser Lymph- gefälstämmen und Schlüsselbein-Venen. Schliefslich bemerke ich noch, dafs ich, wie beim Fötus des Men- schen, auch im Nabelstrang der Wiederkäuer die Saugadern gefunden habe, dafs sie am Chorion, den grofsen Blutgefäfsstämmen folgend, die Placentulae erreichen, während sie von der Nabelscheide aus auf ver- schiedenen Wegen zum Milchbrustgang gelangen. — Der Nabelstrang des Pferdes enthält keine sülzige Substanz; sondern besteht nur aus einer Scheide, welche die Blutgefäfsstämme einschliefst, und ihre Ver- zweigungen im Chorion scheidenartig begleitet. Am Bauchende des Nabelstrangs setzen sich von dieser Scheide Gefälse fort, die in die Bauchwand übergehen und mit den Saugadern dieses Theiles zusammen- fliefsen. Die Saugadern am Nabelstrang und Chorion des Pferdes sind von sehr niederer Bildung, übereinstimmend mit der Beschaffenheit des Cho- rions, an dem sich die Blutgefäfse nicht zu besondern Placentulis ent- wickelt haben, und erinnernd an die Saugaderformen, wie ich sie vom Aal abgebildet, und von den Schlangen angeführt habe. (Siehe Saugader- system der Fische. Heidelberg 1827.) Die vom Magen, Darm und den Geschlechistheilen des Aals abtretenden Saugadern senken sich in einen grofsen Sack im Gekröse, welcher mehrere Blutgefäfsstämme , die sich zu diesen Organen begeben, einschliefst, und von dem sich kleine Zweige 282 fortsetzen, die gegen die Wirbelsäule verlaufen, um in die Milchbrust- gänge überzugehen. Bei den Schlangen liegt die Aorta im Milchbrustgang und ihre Verzweigungen werden von Scheiden dieses Kanals begleitet, welche sich in den Organen netzartig auflösen; eben so, wie man das Saugadernetz auf dem Chorion des Pferdes angeordnet findet. Erklärung der Abbildung. Die Abbildung stellt den Fruchtkuchen und Nabelstrang dar. Die Blutgefäfse sind colorirt. Die Venen, ein helleres Blut enthaltend , das geathmet hat, sind, besonders an den Wurzeln, wo sich die Farbe dieser Flüssigkeit besser erkennen läfst, heller gehalten als die Arterien. — Der Fruchtkuchen, zur Hälfte seiner Bedeckung von der Schafhaut beraubt, zeigt ein Saugadernetz, das sich zum Nabelstrang hinzieht Am Ueber- tritt in diesen Theil bilden seine Gefälse Säcke, aus denen Zweige her- vorkommen, die das Geflecht erzeugen, wie es vom Nabelstrang beschrieben wurde, und an dem man die in der Tiefe gelegenen gröfseren Gefälse mit ihren Erweiterungen zu Blasen, so wie die feineren Verzweigungen in der Nabelscheide erblickt. Taf. x. # Waaner ad natsdel.et Lithoor: 283 XXI. Ueber den Chnalis tympanicus und mastoideus. Von Dr. Fr. ARNOLD. (Hierzu Tafel XII.) Das Schlafbein wird von zahlreichen Kanälen durchzogen, deren genaue Kenntnifs für die Gefäls- und Nervenlehre von nicht geringer Wichtigkeit ist. Unter diesen gibt es zwei, welche von den Anatomen bisher theils nur wenig theils gar nicht beachtet wurden. Der eine von ihnen dient zur Aufnahme des sogenannten Jacogson’schen Nerven, der andere zum Durchtritt des Ohrasts vom Lungen-Magennerven. Ersterer hat seinen Verlauf an der inneren Wand der Paukenhöhle, letzterer zieit durch den Zitzenfortsatz. Jenen wollen wir den Paukenhöhlen- Kanal (eanalis tympanicus), diesen das Zitzenfortsatz-Kanälchen (cana- lieulus masloideus) nennen. Der tympanische Kanal, dessen die Anatomen schon mehrfach er- _wähnt haben, beginnt an der unteren Fläche des Felsenbeins in einer kleinen Grube, die mehr oder weniger deutlich an der Scheidewand zwishen dem carotischen Kanal und der Jugular - Grube ausgesprochen ist, und die man nicht unpassend fossula petrosa genannt hat. Von dieser Grube aus zieht er nach oben und hinten, kommt in dem Boden der Paukenhöhle an der inneren Wand derselben zum Vorschein, geht hier oder erst höher oben in eine Rinne über, welche an dieser Wand nach vorn vom Vorgebirg aufwärts zieht und in ein anderes Kanälchen sich fortsetzt, das eh dem Fallopp’schen Kanal und dem Halb- kanal für den Paukenfell-Spanner verlaufend, auf der oberen Fläche 284 des Felsenbeins nach aussen und vorn von dem Schlitz des Fallopp’schen Kanals mündet. Diese Oeffnung, welche bald enger bald weiter ist, und die man bei gehöriger Untersuchung nie vermilst, wollen wir zu näherer Bezeichnung apertura superior canalis tympanici nennen, im Gegensatz zur apertura inferior in der fossula petrosa. — Mit dem Paukenhöhlen- Kanal stehen einige Rinnen in Verbindung, welche man an der inneren Wand der Paukenhöhle mehr oder weniger deutlich erkennt und die oft gerade von hinten nach vorn, oft mehr schief ‚nach oben ziehen. Die obere geht in ein äusserst feines Kanälchen über, welches in der Wand zwischen der Eustach’schen Röhre in dem carotischen Kanal ver- läuft und in letzteren mündet; die untere verliert sich allmählig gegen die Ohrtrompete hin. Zuweilen beginnen beide Furchen gemeinschaftlich in der Mitte der inneren Wand der Paukenhöhle. — Ausserdem findet sich in der Wand zwischen der cavitas fympani und dem Anfang des carotischen Kanals eine Oeffnung oder richtiger ein kleines Kanälchen , welches schief von unten und vorn nach oben und hinten geht, und in dem vorderen unteren Theil der Paukenhöhle mündet. Hierdurch tritt ein Faden vom carotischen Nerven zum Paukenhöhl-Nerven hinzu. Das andere durch den Zitzenfortsatz verlaufende Kanälchen, das man bisher noch nicht gekannt hat, beginnt im unteren Theil des Fallopp’schen Kanals, etwas oberhalb dem foramen stylo- mastoideum. Hier findet sich neben dem Anfang des Kanals für die Paukensaite eine Oeffnung, durch die man nur eine feine Borste einbringen kann. Von da aus geht das Kanälchen im äusseren und vorderen Theil des Zitzenfortsatzes nach hinten, spaltet sich meistens in zwei Gänge, von denen der eine nach unten, der andere nach hinten von dem äusseren Gehörgang mündet. Das Zitzenfortsatz- Kanälchen steht durch eine Oeffnung in der Wand zwischen dem Fallopp’schen Kanal und der Jugular- Grube in Verbindung mit einer Furche, die sehr oft in dieser Grube von der foss#la petrosa aus gegen den canalis Falloppiae zieht. In dieser Furche liegt der Anfang des von mir aufgefundenen Ohrasts des Lungen -Magennerven, welcher 285 durch den Fallopp’schen Kanal und das Kanälchen im Zitzenfortsatz zum äufseren Ohr gelangt. Erklärung der Abbildungen. Um diese beiden Kanälchen in ihrem Verlaufe gehörig zu zeigen, war es nöthig, das Schlafbein von verschiedenen Seiten darstellen zu lassen. — Der Deutlichkeit wegen wurden die einzelnen Kanäle des Schlafbeins mit besonders gefärbten Borsten bezeichnet, nämlich der Paukenhöhlen- Kanal mit einer rothen, der Kanal für die Paukensaite mit einer grünen und der im Zitzenfortsatz mit einer gelben Borste. Erste Figur. Das Schlafbein von unten. a) Falloppscher Kanal, zum Theil aufgebrochen. b) Anfang des Kanals für die Paukensaite. c) Anfang des Zitzenfortsatz - Kanälchens, d) Jugular-Grube mit der Furche zur Aufnahme des Ohrasts vom Lungen - Magennerven. e) Felsenbein - Grübchen mit dem Anfang des Paukenhöhlen- Kanals. f) Aeufsere Oeffnung des carotischen Kanals. g) Kanal zur Verbindung des carotischen Kanals mit der Paukenhöhle. h) Glasser’sche Spalte. Zweite Figur. Das Schlafbein so durchsägt, dafs der gröfste Theil des äufseren Gehörgangs, und die äufsere Wand der Ohrtrompete entfernt, so wie die Zellen des Zitzenfortsatzes geöffnet wurden. a) Vorgebirg. b) Rundes Fenster. e) Eiförmiges Fenster. d) Paukenhöhlen - Kanal, Nach vorn von ihm zwei schwache Furchen. Zeitschrift f. Physiol. IV. 2. 38 286 e) Halbkanal für den Paukenfell- Spanner. f) Pyramidenförmige Erhabenheit mit der Oeffnung für die Sehne des Steigbügel - Muskels. g) Mündung des Kanals für die Paukensaite. h) Durchsägtes Zitzenfortsatz -Kanälchen. Dritte Figur. Das Schlafbein so durchschnitten, dafs der Fallopp’- sche Kanal in seinem Verlauf sichtbar ist. a) bis e) Wie in der vorhergehenden Figur. f) Kanälchen, welches aus der Paukenhöhle in den carotischen Kanal führt. g) Fallopp’scher Kanal. h) Aushöhlung für den Steigbügel- Muskel, Vierte Figur. Das Schlafbein von oben. a) Schlitz des Fallopp’schen Kanals. b) Obere Oeffnung des Paukenhöhlen - Kanals. c) Innere Gehöröffnung. d) Mündung der Wasserleitung des Vorhofs. Fünfte Figur. Das Schlafbein von aufsen. a) und b) Die beiden Oeffnungen des Zitzenfortsatz - Kanälchens. 287 XXI. Abweichende Anordnung der Pulsader - Stamme des Herzens, beschrieben ven. TIEDERENN. (Hiezu Fig. VI. der 'Tafel XII). Das Herz hatte einem Knäbchen angehört, welches in der Gebär- Anstalt des Katharinen - Hospitals in Stuttgart geboren und am neunten Tag nach der Geburt verstorben war. Herr Dr. Brumnaror, practischer Arzt daselbst, beabsichtigte das Blutgefäfssystem zu präpariren, und füllte daher die Arterien und Venen mit gefärbten Injections - Massen an. Erst nach vorgenommener Einspritzung nahm er die abweichende Anordnung der Gefäfsstämme des Herzens wahr, und hatte die Güte, mir solches zur weiteren Untersuchung zu senden, wofür ich ihm verbindlichst danke. - Das Herz zeigt in der äufseren Bildung, in der Zahl, Form und Anordnung der Vorhöfe und Kammern durchaus keine Abweichung, nur ist es gröfser, als es bei Kindern dieses Alters zu seyn pflegt. In den rechten Vorhof münden die obere und untere Hohlader, so wie der Stamm der Kranzvenen des Herzens ein. Der linke Vorhof nimmt die vier Lungen- Venen auf. Aus dem arteriösen Theil entspringt nur ein einziger sehr 288 grofser Pulsaderstamm (Figur VI. 5.), welcher die Lungenarterie und Aorta zugleich darstell. Nach Abgabe der Kranzarterie des Herzens erhebt sich an der rechten Seite eine grolse Arterie (6), die eine schwache Krümmung macht. Von ihr nehmen den Ursprung: 1) die linke Kopf- schlagader (7), 2) die rechte Kopfschlagader (8) und die rechte Schlüs- selbein-Pulsader (9). An der hintern Seite entspringt die linke (11) und rechte Lungenarterie (12), die sich auf die gewöhnliche Weise neben den Luftröhrenästen in die Lungen verzweigen. Hierauf veren- gert sich der Stamm sehr auffallend (13), erweitert sich aber gleich wieder und stellt die absteigende Aorta (15) dar. Aus der Krümmung der Aorta nimmt die rechte Schlüsselbein-Pulsader (14) ihren Ursprung, Um die innere Anordnung der Höhlen des Herzens zu untersuchen öffnete ich dieselben und legte hierauf das Herz in Terpentingeist, worin die Injectionsmasse erweicht wurde. Nach Entfernung dieser ergab sich, dafs die Vorhöfe mittelst des noch offenen eyrunden Lochs in Verbin- dung standen. Der rechte Vorhof communicirte mit der rechten Herz- kammer, und der linke Vorhof mit der Aortenkammer. Die Scheide- wand der Kammer war in ihrem oberen Theile durchbrochen, so dafs die Höhlen beider Kammern durch die Oeffnung mit einander in Ver- bindung standen. Der einzige Pulsaderstamm entsprang vorzüglich aus der rechten Herzkammer, doch zeigte sich auch eine kleine in den Stamm führende Mündung von Seiten der linken Herzkammer. Auf diese Weise entleerten also beide Kammern während des Lebens ihr Blut in den einzigen Arterienstamm, und das aus den Kammern ausgetriebene arte- rielle und venöse Blut mufsten sich im Stamme vermischen. Bei der Vermischung beider Blutarten liefs sich vermuthen, dafs das Kiud wäh- rend des Lebens die bekannten Erscheinungen der Blausucht müsse dar- geboten haben. Ich zog daher in Stuttgart Erkundigungen über die Lebens- Aeufserungen des Kindes und die Art seines Todes ein. Herr Dr. Eısaesser, Vorsteher der Gebär- Anstalt des Katharinen- Hospitals, hat die Gefälligkeit gehabt, mir folgenden Auszug aus dem Tagebuch der Anstalt mitzutheilen. 289 Barsara Srieret, acht und zwanzig Jahr alt, von grofser Statur und kräftiger Constitution, eine Mehrgebährende, kam am 27. Januar 1831 leicht und regelmäfsig mit einem lebenden Knaben nieder, der sechs Pfund und zwölf Loth wog, und siebenzehn und einen halben Zoll rhein- ländischen Mafses lang war. Der Knabe kam gutgenährt zur Welt, magerte aber bis zu seinem am neunten Tag nach der Geburt erfolgten sanften Tod ab, an dem der Leichnam gerade sechs Pfund wog. Die bemerkenswerthen Erscheinungen während dem Leben des Kindes waren folgende: Von der Geburt an war es immer ruhig und still, und wenn es zuweilen ein Geschrei hören liefs, so geschah dies mit einem eigenen gellenden Ton. Es trank an der Mutterbrust nie lebhaft, sondern nur schwach. Die Wärme war am ganzen Körper auffallend geringer als bei allen andern Kindern von demselben Alter in der Gebär- Anstalt. Es hatte beständig einen kurzen Athem, jedoch keine blaue Hautfarbe. Das Kind bekam keine Spur von Gelbsucht oder von Aphten. Die Aus- leerungen waren normal, nur zwei Tage vor seinem Tode bekam es wegen Yerstopfung einige Clystiere. Während der letzten zwei Tage seines Lebens bemerkte man öfters convulsivische Bewegungen der Au- gen, und von Zeit zu Zeit weilslichen Schaum vor dem Munde. Am letzten Tage nahm es die Brust nicht mehr. Abends um sechs Uhr fing es an zu wimmern und unruhig zu werden, wurde jedoch bald wieder ruhig, athmete aber kurz und mühsam, und verschied sodann um ein Viertel auf acht Uhr, nach einigen conyulsivischen Bewegungen der Arme. Die sorgfältig vorgenommene Section zeigte eine sehr starke Ueber- füllung der Hirnhautgefälse und der Adergeflechte mit Blut, ferner einen dicken Ueberzug des Rückenmarks theils mit klarer, theils mit blutiger sulziger Lymphe, und die Marksubstanz von breiartiger Consi- stenz. Im linken Brustfellsack und im Herzbeutel war viel klares Serum vorhanden. 290 Aus dieser Mittheilung erhellet, dafs von den Symptomen der Blau- sucht nur ein geringer Grad der Körper-Wärme und Muskelschwäche zugegen waren, die blaue Farbe der Haut aber vermisst wurde. Der Tod des Kindes war offenbar die Wirkung einer entzündlichen Reizung des Rückenmarks, wie auch die convulsivischen Bewegungen zeigen, und nicht die Folge der abweichenden Bildung des Pulsader-Stammes des Herzens. Zu verbessernde Fehler in dem Text und den Tafeln der vier ersten Bände dieser Zeitschrift. Band IL S.2 In I. Z. 4. Statt (F. 1.2.9.) lese man (Fi 1.279). 2.6 und S. 122. 23. St. zzqqgl.ın.zxgg. 2.St.VvLmv . 2. St. zz. l. m. xz. _ Z. 8. St. des traubenförmigen Organs 1. m. des Ausführungsgangs des trauben- förmigen Organs. Z. 11. St. k, l.m.K. Z. 6. St. Mutterscheide (V.)1, m. Mutter- scheide (v.). _ Z. 13. St. Ausführungsgang (h.) 1. m, Ausführungsgang (h/.). _ In Fig. 10., worauf sich diese Seite be- zieht, steht unrichtig da u, wo r stehen sollte und umgekehrt. In der, zu dieser Seite gehörigen Fig.11. hätte von E. eine punctirte Linie hori- zontal zur Ruthe gehen sollen. Z. 21. und S.22. Z.4.St. (9. 5.)1.m.(b.b.). In der Erklärung der Fig. 10. St. h, 1.m.d. — Fig.11.St.E Lm.C. 2.8. St. q, 1. m. n. Z. 17. St. keines 1. m. keiner. 2. 5. St. i// 1. m. i‘. Z. 11. St. m l.ın. m/. 2. Z S. 17. [I - x vuunmı ESERN} B:.a,n 8.5. 2.5 von unten. St. 1l.m.i Ban 8.47. Z. A der Thierreihe. St. Naua ]. m. Nasua. In der, zu dieser Seite gehörigen Fig 5. Tab. 10. ist »tatt des, in der Mitte der Figur stehenden A zu lesen: d. Z. 18. Vor „Pasewalk“ 1. m. zu. 8. 58. S. 29. Z. 3. St. Fig. L 1. m. Fig. 14. . 3. von unten St. X’ 1.m.d, und St. 1 _ zZ r. 1. m. or. .80. Z. 3. St. einen ]. m. einem. S. 355. Z. 9. Vor „Fortsatz“ 1. m. q. ‚ 40. und 44. In den Erklärungen der Fig. 20., 21., 25. und 26. St. k. 1. m. K. 5. In der Erklärung der Fig. 21 St. U.1.m. u. 7. Z.8. St. w.w. lm. o. wo 42. Z. 8. St. dieses l. m. dieser. —_ Z. 12. St. e’// I. m. e/. 3. 2.12.St.;l.m.-+. . 44. Z. 7. St. linken 1. m. rechten. IE BZaNdSEDI MIR: In der Erklärung der Fig. 29. St. V 1. m. 1. Z. 5. Nach „einseitig“ I. m. wäre. S. 184. Z. 18. St. letztern 1. m. erstern. S. 186. In der Erklärung der Fig.2.St. 11. m.d. — Fig.3.St. r.1.m.a- wi _ — Fig. 4. mufs A. stehen woB.steht, und umgekehrt. S. 190. Z. 4. St. 9 1. m. q. _ Z. 6. von unten, St. n l. m. a. S. 191. Z. 4. Nach „Fig. 8—5%, St. 91. m. q. d -IL d IM. S. 63. Z. 10 von unten. S t. Stücken 1. m. Stöcken. _ Z 1 von unten. St. des Saugrüssels ]. m. und dem Saugrüssel. Z. 2 von unten. St. Prepolis 1. m. Propolia. Z. 2. St. unentwickelnden 1. m. unent- wickelten. S. 64. 8. 70. s.1 .1 .1 .1 In der, zu dieser Seite gehörigen 32. 54. 58. 59. Z.2 vonunten. In der Note ?). St. 91.m. q. Z. 1. St. Idootea 1. m. Idotea. Z.14. Nach „Canälen“ 1. m. die. Z. 14. St. Querstelle 1. m. Querspalte. — 2). St. 5. 6. M 1. m. F. 6. r. Figur 3. ist statt t, und in Figur 4. statt der beiden „linker Hand zu setzen: +. S. 169. In der Erklärung der Fig. 6. St. rn 8.171. 1. m. n und statt y 1. m. u. In der Erklärung der Fig. 8. St. V. 1. m.v. In Fig. 15. hätte auf der linken Seite an der analogen Stelle, wo +/ rechter Hand steht, ein t gesetzt werden sollen. Ba Z. 1. und S. 23. n. 23. St. Assellus 1. m. Asellus. In Vers. 28. Z. 3. St. 25 Minuten 1. m. 15 Minuten. In Vers. 32. Z. 1. St. 15 Gran l. m. 25. Gran, 2.5. Nach „kohlensauren Gases“ l.m. zum. Z. 4. St. Pallanzani’s ].m. Spallanzani’s. Z. 17. St. 5 1. m. S. Z. 10.St.5 1.m.2. Z. 14. St. © 1.m. 8. Z. 17. St. hl. m. d. Z. 17. Nach f. setze man einen Punct. Z. 22. St. öten Figur 1. m. 4ten Figur. Z. 11 von unten. Nach ‚‚Streifen* ist — ec wegzustreichen und Z. 2 von unten nach „‚sind“ zu setzen, S. 171. Z. 11. St. ihren Aesten l.m. den Acsten. Z. 15. und 17. St. „y 1. m. ww. In Fig. 17. sind die Zeichen o von dem Kupferstecher unrichtig in 'Theile der Figur verwandelt. Z. 7 von unten. St. h 1. m. £. S. 172. Z. 9. St. b. b. L m. S. S. S. 226. S. 234. Z. 16. St. innern und äufsern l.m. innere und äulfsere. Z. 7 von unten. St. Drüsehen 1. m. Drähtchen. Z. 2. St. weiblichen 1. m. weibliche. IV. S. 52. Z. 8und an einigen andern Stellen. St. vl. m. v. j S. 54. Z. 3. und 12. St. l.m.E. _ Z. 4. St.ö1.m.b. S. 55: Z. 5 von unten. St. h. 1. m. s. S. 66. Z. 9. St. Anschwellung 2’ 1. m. An- schwellung z. S. 87. Z. 12 von unten. St. aPQ 1. m. PaA. — 2.5 von unten. St. PXQ 1. m. PXA. Ss. 9II. Z. 3 von unten, Nach „Frefswerkzeuge“ 1. m. (2/. 1). In der lten Figur der 6ten Tafel ist statt g die Zahl 9 und umgekehrt zu lesen. a er Pe Er, u