FIANRVENRDEUNIVERSEDN: LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. «J IV XL Zeitschrift für Parasitenkunde. Herausgegeben von Dr. E. Hallier, na Dr. F. A. Zurn, Professor der Botanik Medicinalassessor in Jena. Erster Band. ' Mit,6 lithographischen Tafeln. ITBRURN dena, Miarurkfes Neil a & (Hermann Dufft). 1869. BRN Gre! iy Nor ER Ar ER ; ae Inhalt. i. Original-Abhandlungen. Pfeiffer, L., Die Ruhrepidemie von 1868 in Weimar. 4 Dränert, F. M., Bericht über die Krankheit des Zuckerrohrs. Hallier, E., Die Muscardine des Kiefernspinners. . Karsten, EN Ueber Exobasidium. . Hallier, E., layer: den Parasiten der Ruhr. : ; ae Hassenstein, Alkohol-Behandluug des Aspergillus g Heian § im äusseren Gehörgange. 6 Lorent, E., Die ee ee des Milzbrandes hee m oh elie. Die Parasiten der Infektionskrankheiten. Bender, W., Blutuntersuchungen bei Milzbrand. . AA Zorn, I, Weber die Vorkehrungsmassregeln gegen die Gattine- rnipidenue! Been Ein neuer Ohrpilz. 5 Hallier, Notiz zu vorstehender unbe, N Preuss, Ueber die kleinsten mikroskopischen nen insieramilere ar den Faulbrutpilz. 5 Klotzsch, O., Untersuchungen über die Natur Her Be nungen. N Bender, Dr. ener ths Gift der Maul- ind! ee Hallier, E., De Parasiten der Infectionskrankheiten. ZO2R0%J., Weber mehrfach quertheilige und schieftheilige Schizospe an bei Puccinia graminis Pers. Zirn, F. A., Arbeiten der landwirthschaftlichen Teanhairken Tan, Anmeilans, für zoopathologische und zoophysiologische Versuche. Hagen, Dr., Zwei weitere Fälle von Ohrpilzen. . Hallier, E., Vorläufige Notiz zu vorstehender Arbeit. Umersperger, Dr., Ueber Haematuria brasiliensis. HE. Kurze Mittheilungen. Lindner, Ueber einen Typhusfall mit eigenthümlichen Gehirnsymptomen. Richter, H. E., Ueber Organismen in den geschlossenen Follikeln der Cowper’schen Drüsen und der Tonsillen. Infusorien als Hauptparasiten bei Süsswasserfischen. . Die Gattine der Seidenraupen in Pommern im Jahre 1868. Hallier, Untersuchung von Seidenraupeneiern. Zürn, Eandechen in der neueren Literatur über Eyam in aad ea en Körper unserer Haussäugethiere. . IV Inhalt. Seite Dränert, Weitere Mittheilungen über die Krankheit des Zuckerrohrs. . 212 Hallier, Gegenerklärung. . . le Hallier, Die Cholera- rungen ee Engländer in n Ostindien! a il Hallier, Ueber eine Pilzepidemie der Nonne (Liparis monacha). . . . 219 Zürn, andere (Hartseizun cs) tis. jet zul... 1) ee lee 220 448. Literaturübersicht. ............ . . 91 226 IV. Literarische Besprechungen........ . . 95 228 W. AMZOCIE@Me 2... 2.0.20... foe uel ols eh CORO ROU I, Orieinal-Abhandlungen. Die Ruhrepidemie von 1868 in Weimar. Beiträge zur Aetiologie der Ruhr und zur Geschichte der Verbreitung derselben in Thüringen. Von Dr. Z. Pfeiffer in Weimar. Die Ruhr ist, auch nach dem Ausspruch älterer Beobachter, in Thüringen eine seltene Krankheit. C. W. Hufeland (Jena) schreibt 1795: „Es gehen wohl 15—20 Jahre hin, ehe es zu einer Epidemie „kommt.“ C.W.Fuchs (Brotterode) im I. Bande des Janus: „Ruhr „ist bei 800 Fuss Meereshöhe selten. Im vorigen Jahrhundert soll „sie in dieser Höhe häufiger geherrscht haben, aber seit 50 Jahren „ist sie bei 1800’ Höhe nicht epidemisch und sporadisch gesehen „worden.“ Wie das Terrain, auf dem jetzt noch in Thürmgen das Wechselfieber vorkommt, sich in neuerer Zeit durch grosse Was- serbauten immer mehr verkleinert hat, so scheinen auch die ende- mischen Herde der Ruhr, die früher in und in der Nähe der Rie- der des Geraflusses und der Unstrut bestanden, jetzt ihre Be- deutung verloren zu haben. Sporadische Fälle kommen alljährlich im nördlichen Thüringer Flachlande vor, ein endemischer Herd aber, der ständig im Herbst eine grössere Anzahl von Ruhrerkran- kungen liefert, existirt erfahrungsgemäss in Thüringen nicht mehr. Aus früheren Zeiten liegen zahlreiche Berichte über ausgedehnte und heftige Epidemieen in Thüringen vor. Bereits 1666 war es bis zum Gebirge hinan stark befallen. Weitere Epidemieen sind beschrieben von Vesti, De dysent. epid. Erford. 1709. — Im Jahre 1726 scheint Thüringen nur wenig an der damals in Norddeutschland herrschenden Ruhr betheiligt gewesen zu sein. Um so schwerer heimgesucht ist es dagegen 1795 bis 1799, in ia 1 2 L. Pfeiffer, welchen Jahren die Ruhr in einigen local eng begrenzten Gegenden Norddeutschlands (z. B. Holstein und Thüringen mit dem benach- barten Voigtlande) sich eingenistet hatte, ohne auf benachbarte Gegenden überzugreifen, trotzdem die vielen Truppenzüge, das Elend der Kriegszeiten u. s. f. die Bedingungen zu allgemeiner Ausbreitung gegeben haben könnten. Aus dem Jahre 1795 berichtet zunächst C. W. Hufeland, „Bemerkungen über die im Herbst 1795 in und bei Jena ausge- brochene Ruhrepidemie.“ (Hufeland’s Journal 1795 I. 8. 76), Wir lassen die Schilderung dieser auch nach unseren jetzigen An- forderungen musterhaft beobachteten Epidemie im Auszuge folgen. — Die Ruhr ist, sowie das Wechselfieber, hier in Jena sowohl, als auch in Weimar, eine seltene Krankheit und es gehen wohl 15— 20 Jahre hin, ehe es zu einer wirklichen Epidemie kommt. — Im ganzen Land, welches grossentheils trockene, mehr gebirgige Luft hat, ist die Ruhr eine Seltenheit, ausgenommen das Amt Rudstedt, das die tiefste Lage und noch überdies einen See von 2 Stunden im Umfang hat. Hier ist die Ruhr einheimisch und grassirt fast alle Jahre, so gut wie Wechselfieber und Faulfieber. Die bevor- stehende Austrocknung des Sees wird, ausser andern Wohlthaten, auch höchst wahrscheinlich die Befreiung von diesen Krankheiten zur Folge haben. — Der Epidemie voraus gingen ein sehr starker Winter und wiederholte Ueberschwemmungen, wodurch in Jena und in den stark betroffenen Dörfern Burgau und Lobeda ein Theil der Häuser regelmässig unter Wasser gesetzt wird; diesmal einige Wochen lang. Der Sommer war durchgehends kühl und feucht. Zu Anfang August (Erntezeit) trat plötzlich 8 Tage lang heftige Hitze mit sehr kalten Nächten ein und ganz deutlich zeigten sich erst von dieser Zeit an die ersten Spuren der Ruhr. Die Obst- ernte war nicht gut, das Obst dem vorgerückten Herbst entspre- chend nicht reif genug. — In der Mitte des August traten nach vorausgegangenen Diarrhöen rasch gehäufte Ruhrfälle auf. Die Zahl der Kranken nahm immer mehr zu bis zum Ende September und war im October noch nicht zu Ende. — Jena selbst war nur in den ärmeren Klassen wenig befallen. Weit allgemeiner und gefährlicher trat sie auf dem Lande auf, namentlich in Burgau und Lobeda. Beide Orte liegen sich gegen- über an den Ufern der hier schmalen Saale. Lobeda zieht sich an einem Berge ziemlich steil hinan und beherbergt eine durchgehends arme Bevölkerung, die in unreiner Luft sich den Unterhalt mit Die Ruhrepidemie von 1868 in Weimar. 3 Fabrikarbeit verdient. Hier, wo die Kranken meist in den ersten 6—8 Tagen keine Hiilfe verlangten, wo Branntweingenuss die Krank- heit verschärfte, wo oft 4 und 5 Kranke in einem kleinen Raum eingeengt waren und durch ihre Ausleerungen die Luft verpeste- ten, hier konnte die Epidemie eine ausserordentliche Höhe errei- chen. Auf der Höhe der Epidemie hatte fast jedes Haus Ruhr- kranke und sind in Lobeda allein gegen 30 gestorben. — Hufe- land selbst behandelte 140. Von 90 Kranken der Klinik in Jena starben 8. Die Erscheinungen von Seiten des Darmes waren die gewöhn- lichen, doch in überaus heftigem Grade. Die Ausleerungen kamen so oft, dass bei hohen Graden des Uebels in 24 Stunden: 150—200 gezählt wurden. Fieber war oftmals fehlend. Die gewöhnliche Dauer der Krankheit betrug 8S—9 Tage. Recidive wurden häufig beobachtet. In schweren Fällen Schwämmchen im Mund und am After. — Im Ganzen machte die Krankheit mehr Symptome des örtlichen Ergriffenseins von Rectum und Colon. Alle anderen Er- scheinungen: Fieber, Erbrechen, Entzündung waren mehr zufällig und unwesentlich. Hufeland betrachtet die fauligen, stinkenden Ausleerungen der Ruhrkranken als Träger des Contagiums und empfiehlt desshalb Vorsicht bei der Benutzung von Klystier- spritzen an. Das Hauptmittel H.’s war Nux vomica, welches nicht genug gerühmt werden kann (Ext. nuc. vomic. gr. J—jj), zugleich mit dem besten Erfolg in Bezug auf das Nichteintreten von Nachkrankheiten. Voraus geschickt wurde eine Ausleerung der ersten Wege. In den darauf folgenden Jahren scheint die Ruhr sich über das ganze nördliche Thüringen und das benachbarte Voigtland ° ausgedehnt zu haben, bis sie im Jahre 1799 auch das eigentliche Gebirgsland erreichte. Der Gang der Seuche war nach den ver- einzelten Correspondenzen in der Medicinischen Nationalzeitung folgender: 1797. Gegend von Plauen und Gräfenthal stark befallen (Physikats-Bericht von Dr. Gräfe in Plauen. Med. Nat.- Zeitung Band 1799 S. 589). Es starben in Neukirchen, Erlbach, Adorf im August täglich 3—4. In Klingen- thal und Falkenstein waren im October von 184 Er- krankten 13 gestorben. — In Reichenbach und Umgang starben 7 von 74 Kranken. — Ebenso war Mühltroff im Voigtland stark befallen. ir 4 L. Pfeiffer, 1798.In Plauen im Juni, die Umgegend erst später. Nach dem Erlöschen der Ruhr im November trat Typhus auf. Med. Nat.-Zeitung 1798 S. 812. In Treuen starben im August viele, von October bis December von 79 +14. In Mühltrof und Langenbuch starben von 57 +4. In Falkenstein und Umgegend von October bis December von 67 + 10. In den Dörfern um Plauen von | 112 +13. In Reichenbach und Umgegend von 10348. (Von 418 Kranken waren 142 von der Obrigkeit als arm bezeichnet; gestorben waren meist Kinder und ältere Leute.) Hirschberg bis in den December hinein stark befallen. Der Ruhr folgte Typhus nach. Helmstadt (1798 Med. Nat.-Zeitung S. 607. Dr. Zinck) war vom Juli bis zum December stark befallen. Meist waren die ärmeren Klassen betroffen, die Mortalität war eine geringe. Gräfenthal und Umgegend im Juli stark befallen. Dr. Winkler Med. Nat. Zeitung pag. 618, schreibt: Da diese Krankheit bei uns leider vom grossen Haufen noch zu den entehrenden gerechnet wird, so wird sie so lange als möglich verborgen gehalten. Es starben einige. Im October folgte Typhus nach. Kahla bei Jena im August und September mit geringer Sterblichkeit (1799 Med. Nat.-Zeitung pag. 141). Gotha im Sommer. Zuerst waren in Tüttleben viele be- fallen, Mortalität daselbst hoch und Nachlass der Ruhr im August. Von da aus verbreitete sie ‘sich nach 8. in den Thüringer Wald, wo sie wegen der nachtheiligen und un- schicklichen Anwendung von Mitteln viel Verheerungen an- richtete. Es starben viel mehr Frauen als Männer. Mit Eintritt kühlerer Witterung trat im November Nachlass der Krankheit ein und sie erlosch ganz bei stärkerer Kälte. (Dr. Stammler, 1799, S. 301, der von 73 Kranken nur 2 verlor.) 1799. Plauen und Umgegend wieder im Herbst befallen, allem Anschein nach aber weniger stark. Eine gleichmässige, das ganze Land umgreifende Verbreitnng hat diesen Berichten nach die Ruhr nicht gehabt. Immer sind sprungweise einzelne Orte oder einzelne Complexe von Ortschaften Die Ruhrepidemie von 1868 in Weimar. D ergriffen worden, mit Verschontbleiben selbst naheliegender gün- stiger Infectionsobjecte. Mehrjähriges Nacheinanderbefallenwerden ist in verschiedenen Orten beobachtet worden. Die Durchschnittsmortalität berechnet sich für diese Epidemie nach den allerdings immerhin sparsamen Daten: für 1795 bis zu 8,9%, der Erkrankten, 1797 bis zu 1120, Mi 1798 bis zu 11,8%, ,, i doch wird dieselbe an vielen Orten, auf welche bei milderem Verlauf kein besonderes Augenmerk gerichtet worden ist, wohl viel niedriger gewesen sein. Viele Ruhrkranke sind sicher auch damals ohne Arzt gesund geworden. (Hirsch nimmt in seiner Historisch- geografischen Pathologie als Mittel für Norddeutschland eine Mor- talität von 6—7°/, der Erkrankten an. 50°/, ist wohl das Höchste, was bisher beobachtet ist, z. B. 1783 in Holland. — 20—30°/, gehört nicht mehr zu den Seltenheiten, z. B. 1799 im nördlichen Frankreich, 1765 in der Schweiz, 1825 und 1847 in Dublin, 1797 und 1798 in Harburg und Kiel und in vielen neueren Epidemieen.) Die berichterstattenden Aerzte aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts rühmen die Erfolge einer Behandlung mit ausleeren- den Mitteln und warnen vor dem frühzeitigen oder ausschliesslichen Gebrauche des Opiums — eine Erfahrung, die 1866 in der Epide- mie von Weimar sich nur wiederholt hat. - Seit diesen ausgedehnten Epidemieen am Schlusse des vorigen Jahrhunderts fehlen Berichte über weiteres Auftreten in Thüringen. Auch 1834, in welchem Jahre die Ruhr allgemein verbreitet war, ist Thüringen wohl nur ausnahmsweise betroffen. Die von Hufe- land oben angegebene Pause von 15—20 Jahren, die früher von einer Epidemie bis zum neuen Auftreten von der Seuche inne ge- halten wurde, hat sich demnach bis zur letzten Epidemie des Jahres 1868 mehr als verdreifacht, und wollen wir später einige Andeutungen über die Ursachen dieses Seltenerwerdens der Ruhr angeben. — 1868 herrschte in Weimar die Ruhr in der Ausdehnung, dass ca. der 12. Einwohner davon befallen wurde. Sie nahm ihren Anfang am 15. Juni und erlosch als Epidemie gegen Mitte September, während vereinzelte Fülle noch bis zum December hin vorkamen. Die ersten Fälle ereigneten sich in den von den Aerz- ten Weimar’s als ungesundest bezeichneten Stadttheil, der bei dicht zusammenwohnendem Proletariat noch ausgezeichnet ist durch 6 ive ferifer: Feuchtigkeit der Wohnungen und schlechte Abtritts- resp. Rein- lichkeitseinrichtungen überhaupt. Bereits 1866 hatte sich in dieser Gegend die Cholera ganz auffallend localisirt und waren im Sommer des Jahres 1867 vereinzelte Todesfälle von Ruhr vorgekommen. Am 15. Juni 1868 kam in der Töpfergasse der erste Ruhrfall vor. Die weiteren, erst im Juli bei anhaltender Hitze vorkommenden Erkrankungsfälle kamen ebenso wieder zuerst in der Nachbarschaft dieses Stadtviertels vor und nur allmählig gegen Ende Juli und Anfang August waren entfernter liegende Strassen epidemisch be- fallen. Die Acme der Epidemie, mit langsamen Ansteigen und nachfolgenden raschen Abfall fällt auf Ende August (im Gegensatz zu den rasch ansteigenden und weniger steil abfallenden Curven, welche die Choleraepidemieen Thüringens für die Monate September und October ergeben haben). Von Ende August an erlosch die Epidemie bei dem Eintritt kühlerer Witterung fast plötzlich und zog sich mit ganz zerstreutem, unbedeutendem Aufflackern bis zum December hin. Entschieden blieb die Ruhr im Anfang auf den nördlichen Stadttheil isolirt und gelangte nur langsam in den Be- sitz der ganzen Stadt, auch der Theile, die bei Felsuntergrund, bei vorzüglichem Trinkwasser und sonstigen günstigen Verhältnis- sen eine Immunität gegen Cholera und Typhus zu besitzen schei- nen. Viele Beobachtungen sprechen dafür, dass bei dieser allge- meinen Verbreitung die directe Ansteckung am wesentlichsten mit betheiligt ist und eine stärkere Betonung des Contagiums in den Ausleerungen, wie es 1795 schon C. W. Hufeland von ganz anderen Gesichtspunkten aus gethan, wird sich nach den Unter- suchungen von Hallier ganz von selbst verstehen. — Die ersten 100 Fälle, die Schreiber dieses beobachtet hat, vertheilen sich der Art, dass ca. 85 dem nördlichen Stadttheil angehören, der sein Trinkwasser aus einem porösen und stark imprägnirten Boden durch Pumpbrunnen bezieht, dessen Bevölkerungsdichte eine unver- hältnissmässig grosse ist, dessen Wohnverhältnisse zum Theil sehr ungünstige sind (in der Jacobsgasse, Breitenstrasse, Töpfergasse, am Thüringer Hof, am Viaduct u. s. w. giebt es viele Häuser, in denen man den Hofraum vom obern Stock aus betritt, so dass das Parterre unter dem Niveau der Abtritte liegt). Von 680 Kranken, bei denen die Strasse angegeben, kommen 434 auf den sogenannten Cholera- und Typhusbezirk Weimars, während nur 246 sich auf die übrige Stadt vertheilen. — Die Verbreitung über die Stadt zeigt im grossen Ganzen das Eigenthümliche, dass in den Die Ruhrepidemie von 1868 in Weimar. ¢ engsten und dichtest bevölkerten Strassen auch die meisten Er- krankungen statt hatten (Seifengasse, Deinhartsgasse *), Böttgers- gasse, Breitenstrasse, Gegend um den Thüringer Hof herum u.s. w.). Einzelne sehr enge und dicht bevölkerte Strassen blieben dagegen fast frei, z. B. Rosmaringasse, Teichgasse, Windischengasse. Die 1866 von Cholera und ausserdem von Typhus oft heimgesuchte Brühlgasse und Wagnergasse sind 1868 nicht in gleichem Verhält- niss von Ruhr betroffen worden. Der vor dem Erfurter Thor ganz frei gelegene Sickmann’sche Garten, der in 4—5 Gartenhäuschen nur die ärmste Bevölkerung Weimars beherbergt, hatte allein 14 Fälle, so dass die Dichte der Wohnungsverhältnisse nicht allein maassgebend sein kann. Fast ganz frei blieb der auf dem ande- ren Ilmufer liegende Casernenberg. Unter dem Militär ist kaum ein ausgesprochener Ruhrfall vorgekommen. Es ist dies Verhält- niss um so auffallender, als auch in Beziehung auf Typhus und Cholera die Bevölkerung des Casernenberges stets ein abweichen- des Verhalten gezeigt hat. — Typhusepidemieen verlaufen auf bei- den Ilmufern immer unabhängig und zeitlich geschieden von ein- ander. Von den 15,000 Einwohnern Weimars waren Ende August nach officieller Zählung 960 erkrankt. Diese Zählung geschah gerade, als die Epidemie ihren Höhenpunkt überstiegen hatte und kann man die Zahl aller in der Stadt Erkrankten zu ca. 1200 schätzen, so dass mindestens der 12. Einwohner betroffen ist. — Davon sind mindestens 50 gestorben. Bei der damals noch nicht beste- henden Einrichtung der Todtenscheine lässt sich hier nicht gut nachkommen. Wenn auf der einen Seite behauptet wurde, dass bei einer Behandlung mit Abführungsmitteln von 210 Ruhrpatienten nur 2 gestorben seien, so liegen auf der andern Seite auch wieder mehrfache Berichte vor, nach denen bei derselben Behandlung gegen 6—7°/, der Krankheit erlegen sind. Eine Schätzung der Mortalität ist nach solchen Angaben nur noch zu ermöglichen, wenn man die Durchschnittsmortalität der letzten Jahre als freilich ebenfalls ungenauen Maassstab anlegt. Das Jahr 1868 hat ein Plus der Durchschnittsmortalität ca. 50, wonach sich die Sterblich- keit zu 4—4!/,°/, berechnet. Die Vertheilung der Ruhr über die einzelnen Bewohner ist insofern von Interesse, als im Beginn fast ausnahmlos Kinder und *) In einem Hause mit 16 Einwohnern erkrankten 14 und starb 1. 8 L. Pfeiffer, ältere Frauen ergriffen wurden. Auf der Höhe der Epidemie ist auch das männliche Geschlecht in den kräftigeren Lebensaltern mit betheiligt, aber immer in einem verhältnissmässig geringeren Grade. Die Todesfälle kommen vorzugsweise auf das Kinder- und Greisenalter. Auf der Höhe der Epidemie, mit vielen rapiden, fast choleraartig verlaufenden Fällen waren die mittleren Altersclassen am meisten gefährdet. — Die Desinfection mit Eisenvitriol und Carbolsäure, die schon im Jahre 1866 gar keine Erfolge aufzn- weisen hat, ist nach kurzem Versuche aufgegeben worden. In der Umgegend von Weimar sind zunächst die Im abwärts liegenden Dörfer Cromsdorf und Tiefurt stark befallen worden und in zweiter Reihe die anderen Dörfern, deren Arbeiterbevölke- rung einen regen Verkehr (Gelegenheit zur Ansteckung) mit Wei- mar unterhält, wie Schöndorf, Ober-Weimar, Ehringsdorf u. s. w. Die Mortalität ist auf dem Lande eine bedeutend höhere als in der Stadt. — Ausgedehnte Verbreitung hat die Ruhr ausserdem in vielen Dörfern in dem fruchtbaren Becken jenseits des Ettersber- ges, in Obringen, Sachsenhausen, Heichelheim u. s. w. gefunden. Auffallend bleibt das geringe Ergriffensein von Apolda, das Frei- bleiben von Erfurt und des Gerathales, während z.B. Erfurt immer für Thüringen der Ausgangspunkt der Cholera ist. Die therapeutischen Resultate sind, wie bei allen contagiös- miasmatischen Krankheiten, sehr zweifelhafter Natur. Durchgängig wurde von den Aerzten die Behandlung mit Abführmitteln im Be- ginn (Calomel, Nat. sulph., Nitrum, Säuren u. s. w.) gerühmt und die Opiatbehandlung als schädlich bezeichnet. — Die spätere Behandlung war eine rein symptomatische. Bei chronischer Fol- licularverschwirung hat Liquor Ferri sesquichlorati innerlich und im Clysma gute Dienste gethan. — Nach dem Erlöschen der Ruhr traten vereinzelte Typhen und - Halsentzündungen in nicht allzu grosser Menge auf. Der von vielen Seiten betonte Zusammenhang der Ruhr. mit Malaria lässt sich für Thüringen jetzt nicht mehr nachweisen. Die Gegend von Weimar ist jetzt absolut frei von Wechselfieber, wenn auch früher dasselbe bei noch vorhandenen Teichen in den alten Wallgräben zuweilen vorhanden gewesen sein soll. Die anderen in der Umgegend Weimars befallenen Orte sind ebenfalls frei und Die Ruhrepidemie von 1868 in Weimar. & aus den Wechselfieberorten im Norden Thüringens fehlen Nach- richten aus dem Jahre 1868 über das Vorkommen von Ruhr. Einzelne Notizen deuten darauf hin, dass die grosse Ruhrepidemie am Ende des vorigen Jahrhunderts von Wechselfiebern begleitet war. Dr. Müller in Plauen im Voistland: „Unter den hiesigen Frühlingskrankheiten kann ich noch Febres intermittentes rechnen, die aber nicht hartnäckig sind und bald dem Gebrauch der rothen Chinarinde weichen.“ Med. Nat.-Zeitung 1789 S. 480. Dr. Zincke in Hirschberg: „Einzelne Wechselfieber im Mai 1799. — Seit jener Zeit hat sich das Gebiet, auf dem Wechselfieber vorkam, sehr verkleinert. Erhebliche Sumpfstrecken sind ausgetrocknet und damit die Malaria verdrängt worden, z. B. Naumburg, Cöl- leda, Gerstungen, im Gerathal, so dass endemische Herde der Ma- laria gegenwärtig nur noch an der nördlichen Grenze von Thürin- gen zu finden sind. — Hierin mag der Grund liegen, warum die Ruhr jetzt um so viel mehr Zeit hat verstreichen lassen, ehe sie in Thüringen wieder zu epidemischem Auftreten gekommen ist. Die fortgeschrittene Cultur hat durch das Austrockenen von Süm- pfen die Malaria und die Ruhr verdrängt. Einige auffallende Beziehungen zwischen der: Verbreitung der Ruhr und auf der anderen Seite der des Typhus und der Cholera finden sich in Weimar. Wenn man auch aus dem eng begrenzten Rahmen einer Stadt von 15,000 Einwohnern sich mit der grössten Vorsicht verallgemeinerte Schlüsse erlauben darf, so haben sich doch im Auftreten der Cholera, des Typhus und der Ruhr so viele übereinstimmende Momente gezeigt, dass der Zufall nicht allein hier die Rolle gespielt haben kann. Die Stadt Weimar galt bis zum Jahre 1866 als eine sehr ge- sunde Stadt, deren Kalkboden als absoluter Schutz gegen alle Seuchen betrachtet wurde. Bei dem künstlich vermiedenen, in abge- legene Strassen verwiesenen und sparsam vorhandenen Proletariat war einem grossen Theil der Bevölkerung die Existenz von Typhus kaum bekannt, trotzdem schon früher von den Aerzten Weimars auf eine fortlaufende Kette von Typhusfällen in einem ganz be- stimmt abgegrenzten Bezirk Weimars aufmerksam gemacht worden war. Die Cholera des Jahres 1866 brachte den Bewohnern Wei- mars die überraschende Thatsache, dass -sich ein Theil der Stadt in hygieinisch ungünstigsten Verhältnissen befand resp. noch be- findet. Die Cholera localisirte sich streng in dem Stadttheile, der früher als Typhusbezirk bezeichnet worden war. Jenseits einer 10 L. Pfeiffer, den Typhusbezirk eingrenzenden Linie kamen nur vereinzelte und nachweisbar verschleppte Cholerafälle vor. Kaum waren durch das relativ gesunde Jahr 1867 die Schrecken der Cholerazeit etwas vergessen, als 1868 wiederum von demselben Stadttheil die Ruhr ihren Ursprung nahm und von hier aus nach und nach die ganze Stadt tiberzog. Während Cholera und Typhus sich in localen Grenzen ihre Opfer in den ärmeren Volksklassen suchten, nahm die Ruhr nicht Rücksicht auf Wohnort, Stand u. s. w., sondern befiel gleichmässig auch die besser situirten Classsen. — Dieses dreimalige Nacheinanderbefallenwerden eines umschriebenen Stadt- theiles von Infectionskrankheiten, deren Entstehung man jetzt all- gemein auf locale Schädlichkeiten zurückführt, gebot eine Unter- suchung in’ Bezug auf die gemeinschaftliche Aetiologie dieser Seuchen. Der ärztliche Verein zu Weimar hat bereits kurz nach dem Auftreten der Cholera eine Zusammenstellung der möglichen localen Ursachen des Typhus und der Cholera veröffentlicht, die durch Herrn von Pettenkofer aus München, der auf Anregung der Magistrate von Weimar, Erfurt und Gotha im Januar 1867 die von Cholera betroffeuen Gegenden bereiste, in allen wesent- lichen Punkten bestätigt wurde. — Auch für die epidemische Ruhr dürften die damals aufgestellten Schädlichkeitsquellen in glei- cher Weise wirksam gewesen sein und wiederholen wir kurz die bezüglichen Angaben, die ausführlicher in dem Berichte selbst nachgelesen werden können*). — Es muss hervorgehoben werden, dass für die Ruhr entschieden nach den Erfahrungen in Weimar ein viel grösseres Gewicht auf das contagiöse Moment gelegt werden muss, wie es unter Anderen z. B. schon C. W. Hufe- land am Ende des vorigen Jahrhunderts gethan hat. Nur auf die grössere Ansteckungsfähigkeit der fauligen, stinkenden Ruhr- dejectionen kann das Uebergreifen der Ruhr. auf früher von contagiösen Krankheiten fast ganz verschonte Stadttheile bezogen werden. | Die Stadt Weimar liegt wahrscheinlich ganz auf Keuperboden welcher in physicalischer Beziehung einem lockeren Thonboden gleicht. Der Keuperformation lagert sich im SW. der Stadt eine 30—60 Fuss mächtige Felsenschicht von Süsswasserkalk auf. Der *) Die Cholera in Weimar 1866, Bericht des ärztl. Vereins. Weimar, In- dustriecomptoir. — Die Choleraverhältnisse Thüringens von L. Pfeiffer. München. Oldenbourg 1867. f Die Ruhrepidemie von 1868 in Weimar. 11 am meisten ilmabwärts gelesene Theil der Stadt ruht auf Keuper, dem in geringer Mächtigkeit Geröll- und Erdgeschiebe der Ihm aufgelagert sind. Im ganzen nördlichen Theile der Stadt existirt bei 16— 30° Tiefe Grundwasser und liefert dasselbe das Getränk. Eine geologische Karte des Untergrundes der Stadt ergiebt die auffallende Thatsache, dass Cholera- und Typhusfälle da vorge- kommen sind, wo der Keuperboden nicht von Süsswasserkalkfelsen oder Lehm überlagert ist. Der hier im Frage kommende Bezirk, der alle Eigenthümlichkeiten bietet, wie sie von Pettenkofer für günstige Entwicklung des Cholera- und Typhusgiftes angegeben worden sind, besteht aus einer Anzahl muldenförmiger Ver- tiefungen, die von einer grösseren Erhöhung (am Thüringer Hof) aus sich gleichmässig und von ‘allen andern Seiten nach der Ver- einigung der Ilm mit dem Asbach zu senken und zum Theil sehr steil abfallen. Verschont von Cholera sind in diesem Cholerabe- zirk nur die Häuser geblieben, welche auf einer inmitten des- selben befindlichen Erhöhung gelegen sind. (Ruhr hat dagegen hier stark im spätern Verlaufe geherrscht.) — Laufende Brunnen existiren in diesem dicht bevölkerten Stadttheil, der in einigen ab- gelegenen Strassen das Hauptproletariat der Stadt enthält, nur wenige. Die Pumpbrunnen speisen sich aus dem Grundwasser, während der SW.-Stadttheil zum grössten Theil mit fliessendem Wasser versorgt ist und die wenigen sehr tiefen Pumpbrunnen durch die Süsswasserkalkschicht vor Verunreinigung geschützt sind. Der Untergrund des betroffenen Stadttheiles ist durch schechte Schwind- gruben und noch schlechtere Kanäle in eine schwarze, schmierige Thonmasse in 3—5 Fuss Tiefe verwandelt. Die Wohnungen sind zum Theil sehr feucht (halb in den Berg hinein gebaut) und über- völkert. In Bezug auf Typhus und Cholera sprechen die in Weimar und in analoger Weise im ganzen nördlichen Thüringen gemach- ten Erfahrungen dafür, dass bestimmte Feuchtigkeitsverhältnisse in und unter den Wohnungen den Hauptfactor für epidemische Auftreten abgeben. Mit geringen Abweichungen fanden sich die Pettenkoferischen örtlichen und zeitlichen Hülfsursachen in allen genau und gründlich untersuchten Epidemien vor. Für die Entstehnng der Ruhr mögen neben Berücksichtigung der anhaltend hohen Temperatur wesentlich dieselben Einflüsse sich geltend gemacht haben, mit dem Unterschied, dass die epidemische Ver- 12 L. Pfeiffer, Die Rubrepidemie von 1868 in Weimar. breitung über von Cholera und Typhus verschonte Stadttheile auf Rechnung des stärker vorwaltenden contagiösen Momentes zu setzen ist. — Das seit beinahe 70 Jahren nicht erfolgte Auftreten der Ruhr in Thüringen trifft mit dem Verschwinden des Wechsel- fiebers in einem grossen Theil des nördlichen Thüringer Flach- landes zusammen. Bericht über die Krankheit des Zuckerrohres. Von Friedr. M. Dränert in Bahia. (Hierzu Figur A—C Tafel II.) Schon seit Jahren wird das Zuckerrohr in Brasilien von einer Krankheit befallen, deren Ursachen man auf die denkbarsten, widersprechendsten Weisen zu erklären versucht hat, ohne dem Uebel damit abzuhelfen. Auch von Cuba aus sind vor einigen Jahren Klagen über eine Zuckerkrankheit laut geworden, und in der Provinz S. Catharina hat man an verschiedenen Orten die Zuckerrohrcultur aufgeben müssen. Schon von Tschudi rieth den deutschen Colonisten in Südbrasilien, diese Cultur zu verlassen, und in der That mag ein Hinderniss des Gedeihens daselbst im Clima liegen, denn nach Beobachtungen auf der Colonie Blumenau vom August 1867 bis Juli 1868 beläuft sich die mittlere Jahres- wärme auf 21,50 C., während Saccharum off. eine mittlere Wärme von 24° C. erfordert. Auch ist wohl schwerlich zu erwarten, dass eine so saftreiche Pflanze, wie diese einer so niedern Temperatur von 4° C., wie sie am 23. August 1868 in jener Provinz beobach- tet worden und in der regnerischen Jahreszeit öfters beobachtet wird, ohne Schaden für die organische Thätigkeit ausgesetzt wer- den könne. Dessenohngeachtet wird von deutschen Colonisten jener Provinz die Zuckerrohreultur noch gepflegt und selbst als vortheil- haft empfohlen, während hingegen in der weit nördlicheren und wärmern Provinz Rio de Janeiro und deren Nachbarprovinzen der Kaffee vorgezogen wird. — In der Provinz Bahia, der bedeutend- sten Brasiliens für die Zuckerproduktion, da deren Landwirthe des Littorals sich fast ausschliesslich dem Anbau des Zuckerrohres widmen, ist seit ungefähr 6 Jahren die Zuckerrohrkrankheit in der gefahrdrohendsten Weise aufgetreten. In der Comarca von Nazareth, nahe der Stadt Bahia, sind seit 3 Jahren: die Ernten fast gänz- lich von dieser Krankheit vernichtet worden und seitdem hat die- 6 14 F. M. Dränert, selbe sich besonders im nördlichen Theile der Provinz verbreitet. Wiederholte Untersuchungen auf Anordnung des Gouvernements haben bisher noch zu keinem Resultate geführt. Man hat zwar neue Zuckerrohrvarietäten, unter andern eine recht saftreiche von Salangore eingeführt, die jedoch von der Krankheit keines- wegs ganz verschont geblieben sind, was sich trotz der ausser- ordentlichen Dürre (vom September 1868 bis Ende Januar 1869) schon herauszustellen beginnt. Meine Beobachtungen dieser Krankheit richteten sich zundiehet auf Untersuchungen der Insekten, die auf dem Zuckerrohr leben, da einige Commissionen und selbst Männer von Wissenschaft ihr Gutachten dahin abgegeben hatten, dass solche die Urheber der Krankheit seien. In dem Bericht einer Untersuchungscommission der Krankheit in der Provinz S. Catharina wird eine Schmetter- lingsraupe unter dem Namen ,,Borer“ als Krankheitsurheber be- zeichnet. Diese Raupe sowohl, als auch deren Puppe habe ich im Schafte des Rohres, doch nur selten gefunden. Die Raupe frisst sich von aussen in den Schaft des Rohres ein und verur- sacht Bohrgänge; in den obersten Gliedern des Schaftes finden sich sogar grössere Aushöhlungen, wodurch natürlich die weitere Vegetation verhindert wird, was auch stattfindet, wenn noch jun- ges Rohr durch dieselben Thiere angebohrt wird. Doch die letz- ten Aushöhlungen finden sich weit seltener und die 3—4 mm. im Durchmesser haltenden Bohrgänge im fast schon reifen, kräfti- gen Rohr, hindern — wenn auch häufig genug — durchaus nicht die Vegetation, obgleich durch den Zutritt der Luft und die darauf erfolgende Oxydation die umliegenden Zellenschichten Sich röthen und die Qualität des Zuckersaftes in Etwas beeinträchtigt wird. Trotz alledem liefert derart beschädigtes Zuckerrohr doch noch ganz guten Zucker, und aufmerksame Landleute haben auch schon längst ein davon sehr. verschiedenes Krankheitsmerkmal entdeckt. Ein anderes Insekt, das sich zuweilen sehr häufig zwischen der Blattscheide und dem Schafte des Rohres findet, ist das Weib- chen eines Coccus, welches in seiner one — so weit meine Beobachtungen reichen — im Allgemeinen mit den Uebrigen seiner Gattung übereinstimmt. Angenommen selbst, dass diese Thiere dem Blatte sowohl als auch dem Schafte einigen Saft ent- ziehen, so beweist doch die Erfahrung, dass der dadurch verur- sachte Schade zu gering ist, um die Zuckerentwickelung zu beein- trächtigen, und ausserdem ist das Vorhandensein von Coccus nicht « Bericht über die Krankheit des Zuckerrohres. 15 die nothwendige Bedingung der Erscheinung jener oben schon be. rührten und seit 3 Jahren allgemein erkannten Krankheitsmerk- male. Ich habe Gelegenheit gehabt, von Coccus sehr angegriffene Zuckerrohrfelder zu beobachten, die trotz alledem guten Zucker geliefert haben, und auf denen — wie schon gesagt — kein Rohr mit dem Krankheitsmerkmale zu finden war. Irgend ein anderes schädliches Insekt, dass den Argwohn, die Krankheitsursache zu sein, auf sich ziehen könnte, ist zur Zeit trotz eifriger Nachfor- schungen noch nicht entdeckt worden. Als untrügliches Krankheitsmerkmal hingegen zeigt sich zu- nächst eine röthliche Färbung, an dem Holz- und umliegenden Cambiumgewebe des Knotens. Mit fortschreitender Krankheit ver- breitet sich diese Färbung in denselben Gefässen durch den ganzen Schaft, während das Parenchym zuerst noch seine natürliche Klar- heit beibehält. Bei vollständig entwickelter Krankheit fliesst aus diesen Gefässen eine geibe, dickflüssige Substanz heraus, die an der Luft erhärtet, aber sich im Wasser auflésst und unter dem Mikro- skop bei sehr starker Vergrösserung nur eiue körnige Struktur wahrnehmen lässt. Im Wasser aufgelöst zeigen sich in ungeordnete Haufen gelagerte oder perlschnurartig an einander gereihte sehr kleine Zellen, die in einer Zuckerlösung im Verlauf von 6—8 Tagen sich zu einer schönen Fadenalge entwickeln (siehe Zeichnung). Um mich zu versichern, dass dieselbe nicht durch Sporen aus der Luft eimgeführt worden ist, habe ich zu wiederholten Malen und an verschiedenen Orten Zuckerlösungen unter einer Glasglocke eine Zeitlang aufbewahrt, aber nie dergleichen Alge finden können, während aus jener gelben .Substanz in Zuckerlösungen sich stets die Alge entwickeit: Zur weiteren und untrüglichen Nachweisung des krankmachenden Einflusses dieser Alge ist mir es darnach ge- lungen, sie im krankeu Zuckerrohr selbst zu entdecken (31. Mai 1868) und gleichfalls ihre Schwärmsporen zu beobachten, wie auch ihre fermentartige Wirkung bei der Fabrikation des Zuckers nach- zuweisen. Auf Zuckerrohrscheiben ausgesäete Sporangien ent- wickeln schon nach 1—2 Tagen schöne kleine Algen in dem Zell- gewebe. — Durch die derartig bewirkte Fermentation des von den Sporangien der Alge inficirten Zuckersaftes im Kessel, ent- wickeln sich besonders im Beginn der Wärmeentwicklung zum Zwecke des Versiedens Wasserstoff- und Kohlensäuregas mit sol- cher Heftigkeit und Schnelle, dass der Schaum in grosser Menge über die Ränder des Kessels strömt. Im weiteren Verlauf des 16 F. M. Dranert, Versiedens bewirken die bei der Fermentation entwickelten orga- nischen Säuren eine Umwandlung in unkrystallisirbaren Zucker. Die äusserst geringe Quantität krystallisirbaren Zuckers — voraus- gesetzt, dass die Krankheit noch nicht zu. weit fortgeschritten war — ist sehr dunkel und von sehr schlechter Beschaffenheit. Es hat sich zugetragen, dass in den Formen, woraus die Melasse schon abgelaufen war, indem man — wie hier gebräuchlich — zur Raf- fination einen Thonbrei auflegte, von Neuem die Fermentation sich mit solcher Heftigkeit entwickelte, dass der wiedererweichte Zucker über die Ränder der Formen herausfloss. — Die Sporenzelle der Fadenalge hat „4, mm. im Durchmesser (A Taf. IL), während sich daraus theils verzweigte, theils un- verzweigte Algenfäden entwickeln von 5}, — 4, mm. Durchmesser und von verschiedener Länge (A—C Taf. II.). Ich unterscheide zwei Formen, die ich fast stets gleichzeitig beoachtet habe. Im jüngern Zustande beobachtet man zu einem Faden gereihte Mutter- zellen (B Taf. II.), die mit einer Menge Tochterzellen erfüllt sind; diese letzten strecken sich darauf zu einem Faden, bleiben aber zunächst noch von den Mutterzellen umschlossen. Die Bildung der Sporenzellen habe ich noch nicht beobachten können, halte je- doch für wahrscheinlich, dass die in der Mutterzellenmembran deutlich sichtbaren Zellen nach dem Schwinden derselben jene Sporenzellenmassen bilden, die ich einmal sogar an der Wandung einer von aussen gänzlich abgeschlossenen ungefähr 10 mm weiten Höhlung im Innern eines Zuckerrohrschaftes fand. Selbst in einem mittelst eines Korkes verschlossenen sehr kleinen Glascylinders, in den ich die gelben Sporenmassen aufbewahre, bedeckten sich die- selben bei feuchter Witterung mit einem weissen Puder, in welchem ich dieselben klemen Sporenzellen erkannte, die bei der Auflösung im Wasser erscheinen. Dieser weisse Sporenpuder kann sich mit Leichtigkeit durch die Luft verbreiten und durch die Bohrgänge der Insekten oder durch den Wurzelstock in den Körper des Roh- res eindringen. Der letzte Weg ist um so leichter zugänglich, als bei der hier sehr gebräuchlichen Pflanzung mit Augen (Gipfel des Schafts mit der Endknospe) diese eine Zeitlang unbedeckt: oder doch nur sehr wenig bedeckt der Luft und Feuchtigkeit ausgesetzt bleiben. — Dass Feuchtigkeit zur Verbreitung dieser Alge beiträgt, geht sowohl aus den hier erwähnten Beobachtungen, wie aus der Thatsache hervor, dass die Jahre, in denen die Krankheit die wei- teste Verbreitung erlangte, durch bedeutende Regenmengen ausge- Bericht über die Krankheit des Zuckerrohres. ie zeichnet waren, während in dem vergangenen Jahr bei ausserordent- licher Dürre die Klagen mehr und mehr verstummt sind. — Wir haben somit allen Grund, diese Zellenpfianze als die eigentliche Ursache der Zuckerrohrkrankheit anzusehen, da sogar im Beginn der Krankheit das Zuckerrohr noch kräftig fortvegetirt und erst später allmählig in dem Maasse abstirbt, als die Alge den Zucker- saft zersetzt und deren Sporenmassen in den Gefässen den Saftfluss verhindern; die Blätter vergilben und die Endknospe verfault zu- nächst. Um der Krankheit vorzubeugen, erkenne ich als das beste eine vernünftigere, den Erforschungen der Wissenschaft mehr ent- sprechendere Kultur, als sie leider in Brasilien herrscht, und wieder- holte Düngung von gebranntem Kalk, wie auch die Anwendung von Kalkmilch, mit der man die zu pflanzenden Schaftstücke oder Augen begiesst. — Bahia, den 14. Febr. 1869. Die Muscardine des Kiefernspinners. Im Auftrage der königl. preussischen Regierung zu Stettin und des königl. Finanz - Ministeriums zu Berlin untersucht von Ernst Hallier. Im Auftrage der königl. Regierung zu Stettin unternahm ich mit Freuden die Untersuchung der Ursache einer höchst interes- santen seuchenartigen Krankheit des Kiefernspinners, welcher sich in manchen Gegenden der norddeutschen Ebene so erstaunlich verbreitet hat. Das auf Anordnung der königl. Regierung mir zugesendete Untersuchungsmaterial war ein sehr reiches, denn es bestand aus Raupen nebst Zweigen der Kiefer aus den königl. Oberförstereien Pütt, Friedrichswalde, Neuenkrug, Friedrichsthal, Eggesin, Gross- Mützelburg und Kehrberg sowie aus dem Forstrevier Vogelsang. Dazu kamen noch Sendungen von Raupen aus den Stadtforsten von Usedom und Uckermünde und vom Rittergut Nadrensee. Ich ergreife gleich hier die Gelegenheit, denjenigen Herren, welche mich bei dieser Arbeit so freundlich unterstützten, meinen besten Dank *) auszusprechen, insbesondere den Herren Oberför- stern Correns zu Friedrichswalde, Middeldorpf zu Pütt, Wag- ner zu Neuenkrug, Schultz zu Friedrichsthal, Hahn zu Eggesin, Schmidt zu Gross-Mützelburg, Billich zu Kehrberg sowie dem Herrn Revierförster Zapp zu Vogelsang, dem Herrn Förster Ass- mann zu Uckermünde, dem Magistrat von Usedom und dem Herrn Rittergutsbesitzer Hüsenell. Die meisten dieser Herren sandten mir Hunderte, einige derselben Tausende von Raupen ein, so dass in der That die Untersuchung durch ein sehr reiches Ma- terial unterstützt wurde. Die Raupen befanden sich in sehr ver- schiedenem Zustande. Von den meisten Bezugsplätzen waren sie *) Seitdem sind mir noch mehre Sendungen zugegangen, für welche ich hiermit ebenfalls meinen besten Dank ausspreche. Die Muscardine des Kiefernspinners. tg) durchschnittlich klein und schlaff und, wie die Fütterungsversuche zeigten, wenig fresslustig. Durchschnittlich waren die kleineren Raupen am wenigsten lebendig und am stärksten von der Krank- heit ergriffen. Ein Theil der Raupen langte sogar todt bei mir an. Die Sendung aus der Oberforsterei Kehrberg bestand zu etwa 50 Pro- cent aus todten und sterbenden Raupen. Einem grossen Theile derselben konnte man ansehen, dass sie bereits im Winterlager gestorben waren. Solche im Winterlager verendete Raupen sind meist aufgerollt, steif und prall und oft mit einem zarten weissen Schimmel bedeckt; seltener sind sie ebenfalls steif, aber dabei ge- rade oder wenig gekrümmt. Sie haben in diesem Zustande die- selbe Lage, wie die an der Gattine gestorbenen Seidenraupen. Die unterwegs oder in meinen Zuchten gestorbenen Raupen dage- gen sind nur selten steif und prall, meist sind sie schlaff und sehr oft verwandelt sich der ganze Körper in eine braune jauchige Flüs- sigkeit von üblem Geruche. Sehr ‚selten sterben die Raupen in den Zuchten in aufgerollter Lage, bisweilen aber werden sie steif und zeigen Schimmelanfliige. Auch vielen lebenden Raupen der verschiedenen Sendungen sah man äusserlich ein entschieden ab- normes Verhalten an. Der Körper solcher kranken Raupen ist schlaff und gedehnt, ihre Bewegungen sind träge, ihre Fresslust ist vermindert oder ganz aufgehoben. Im allerschlechtesten Zustande befanden sich die Raupen von Kehrberg, demnächst diejenigen von Pitt, Friedrichswalde, Gross- Mützelburg und Nadrensee, ein etwas besseres Aussehen zeigten diejenigen von Vogelsang, Uckermünde und Usedom, am grössten und kräftigsten waren diejenigen von Neuenkrug, Eggesin und Friedrichsthal. Von den meisten Revieren wurden mir ausser den Raupen- auch Zweige eingesendet mit deutlichen Anzeichen des Raupen- frasses. Diese Zweige hatten zum Theil ein etwas kränkliches Ansehen, besonders diejenigen von Pütt und Friedrichswalde. Weit weniger ungesundes Ansehen hatten die von Vogelsang, Gross- Mützelburg, Friedrichsthal und Eggesin eingesandten Zweige; da- gegen zeigten diejenigen von Neuenkrug ein ziemlich schlechtes Aussehen. Die kranken Zweige unterschieden sich von den gesunden hauptsächlich durch kleinere, vergilbte Nadeln, durch einen schwärz- lichen Anflug, welcher das Holz, aber auch hie und da die Nadeln 2: | 20 Ernst Hallier, und besonders die Scheiden der Doppelnadeln bedeckte. Beson- ders häufig zeigten abgestorbene Nadeln diesen Anflug und nicht selten kleine, schwarze, mit blossem Auge kaum erkennbare Knöpf- chen, die ich als Früchte eines Pilzes erkannte. Es hatte, mit einem Worte, ganz den Anschein, als seien die Zweige zum Theil von einem Russthau befallen. Am meisten zeigten die Zweige von Pütt eine Infection mit Pilzfrüchten. Unter der Lupe zeigten sich ganz besonders die von einem Blattkissen bis zum folgenden herab- laufenden Rinnen mit kleinen, schwarzen, warzigen Punkten be- setzt, wie die Blätter, bald mehr, bald weniger. Herr Oberförster Middeldorpf hatte seiner Sendung auch einen Zweig mit Eiern beigefügt, deren Embryonen sich fast sämmt- lich noch im Ei befanden, aber im abgestorbenen Zustande. Man- che dieser Eier waren durchlöchert und der Embryo hatte das Ei zu verlassen gesucht, war aber bei’m ersten Versuch gestorben, so dass der kleine Raupenkörper sich noch halb im Ei befand, halb aus demselben hervorragte. Leider waren solche mit Eiern besetzten Zweige in grösserer Anzahl nicht mehr zu haben. Die Raupen, die Kiefernzweige und die erwähnten Eier mit ihren Em- bryonen wurden nun einer mikroskopischen Untersuchung unter- worfen, deren Resultate hier folgen. I. Voruntersuchung der Raupen. Wesentliche anatomische Veränderungen konnte ich an den Raupen durchaus nicht ‘wahrnehmen. Dagegen zeigten sich im Blut und im Darm mikroskopisch kleine Parasiten; dieselben ver- breiteten sich häufig auch auf und in den verschiedenen Geweben, besonders fand ich sie nicht selten in den Zellen des Fettkörpers, der Darmwände und der Malpighischen Gefässe, aber ganz beson- ders schön in den Muskeln. Zur genauen Kenntniss des Parasiten und seines Verhaltens zu den Blutkörpern ist vor allen Dingen eine gründliche Kenntniss der Blutkörperchen selbst nothwendig. Diese erscheinen, wenn kein Parasit vorhanden ist, wie Figur 5 es zeist. Es sind stark gewölbte Scheiben von trübe durchsichtiger Beschaffenheit, biswei- len äusserst feinkörnig. Sie ähnelu im Ganzen den weissen Blut- körpern des Menschen, sind aber stärker gewölbt und weniger granulirt. Ein grosser Theil dieser Blutkörper zeigt bei gesundem Verhalten des Blutes durchaus keinen besonderen Inhalt. Dage- gen finden sich neben diesen Blutkörpern stets andere vor, welche Die Muscardine des Kiefernspinners. 21 sich durch starken Fettglanz auszeichnen (Fig. 3, a—h). Dieser Glanz tritt meistens am Rande stärker hervor als in der Mitte. Bei Untersuchung mit sehr starken Immersionssystemen zeigen diese Blutkörper eine Anzahl von Kernen, etwa 1—12 an der Zahl. Entweder liegen diese Kerne einzeln im Blutkörper zer- streut (d, f, g Fig. 3), oder sie sind vorzugsweise am Rande ring- förmig gruppirt (Fig. 3, c, g), oder endlich sie füllen das ganze Blutkörperchen aus (Fig. 3, a, ID, e, h). In diesem Falle sind sie oft so dicht zusammengedrängt, dass sie sich an einander abplat-. ten (Fig. 3, b). Sie besitzen sehr starken Glanz und man könnte geneigt sein, sie für blosse Fetttropfen zu halten, aber dagegen spricht der Umstand, dass sie bei angewendetem Druck ganz un- versehrt aus dem Blutkörperchen hervortreten (Fig. 3, ce) und, wenn nicht gerade mit einer Membran, doch mit einer derben äusseren Schicht umkleidet sind. Es gelingt auch bei’m stärksten Druck nicht leicht, diese Kerne zum Zusammenfliessen zu bringen. Sehr oft üben sie im unversehrten Blutkörperchen einen so star- ken Druck aus, dass sie dasselbe beträchtlich dehnen (Fig. 3, h), ja, man findet oft an den Blutkörpern die Membran fast verschwun- den, so dass die Kerne einen unregelmässigen oder rundlichen Haufen (Fig. 3, i) bilden. Diese Kerne enthalten reichlich Fett. Kaustisches Kali löst rasch die Kerne und dann allmählig die ganzen Blutkörper auf. In Alkohol sind dagegen die Kerne weder auflöslich, noch zerfliesslich. Auch durch Aether werden sie nicht ganz zerstört; sie sind also offenbar dem Blut der Raupe eigen- thümliche Formelemente. Nach Anwendung von Aether verschwin- det zwar das Fett, aber es bleibt eine zarte Hülle übrig. Häufig findet man auch im Blute einzelne frei schwimmende Fettkerne. Bei der Beschreibung dieser Kerne bin ich absichtlich aus- fiihrlich gewesen, weil Unkundige dieselben sehr leicht mit dem sogleich zu schildernden Parasiten verwechseln könnten. Es kommen nämlich bei vielen Raupen und ganz besonders bei denjenigen, welche ein schlaffes und träges Aeussere besitzen, kleine Pflanzenzellen in den Blutkörpern vor, welche im ausge- wachsenen Zustande die Grösse der erwähnten Kerne haben, oft aber so klein sind, dass sie bei einer 600fachen Systemvergrösse- rung punktförmig aussehen (Fig. 1, a—c, Fig. 3, d, f). Diese kleinen Pflanzenzellen finden sich sowohl in den kernlosen Blut- körpern (Fig. 1, a—c), als auch in den mit Fett erfüllten (Fig. 3, d, f). Natürlich sind sie im erstgenannten Falle weit leichter auf- 22 Ernst Hallier, zufinden. Sind Fettkerne vorhanden, so sieht man sie deutlich nur bei sehr starken Vergrösserungen oder nach Anwendung von Kali *). Die erwähnten kleinen Pilanzenzellen sind, wie wir später se- hen werden, Pilzzellen, und zwar der Micrococcus, d. i. die Kern- hefe eines Pilzes, meist im Begriff, in Arthrococcus, d. i. Glieder- hefe, überzugehen. Die Zellen oder richtiger Kerne (Cocci) sind von verschiedener Grösse, von punktförmiger Kleinheit allmählig anschwellend. Die grössten unter ihnen sind entweder kugelig oder mehr oder weniger in die Länge gestreckt. Gar nicht selten sieht man solche ausgewachsene Individuen im Innern des Blut- körperchens in Theilung begriffen. Die mit Kernen versehenen Blutkörper zeigen die Hefe so- wohl zwischen den Fetttropfen, als innerhalb derselben (Fig. 3, a). Die fettlosen Blutkörper zeigen, wenn sie mit den Cocci versehen sind, oft seltsame fadenförmige Fortsätze (Fig. 2, a—d), bald re- gelmässig sternförmig angeordnet (Fig. 2, a, d), bald unregelmissig. Solche mit haarfeinen Cilien besetzten Blutkérper sind sehr häufig mit Cocci inficirt. Bewegung habe ich weder an diesen Blutkör- pern, noch an den feinen cilienähnlichen Fortsätzen jemals wahr- nehmen können. Wenn die Blutkörper einer Raupe mit den erwähnten Hefe- bildungen versehen sind, so ist es stets auch die Blutflüssigkeit und oft schwimmen im dieser ähnliche Hefegebilde in weit grösse- rer Menge frei umher, als man sie in den Blutkörpern antrifft (Fig. 4). In diesem Falle ist das mikroskopische Bild ganz be- sonders lehrreich. Man sieht den punktförmig klemen kugeligen Micrococcus (m Fig. 4) in allen Stadien der Ausbildung zum eiför- migen oder lanzettlichen Arthrococeus (a Fig. 4) begriffen. Sobald der Arthrococcus sich völlig ausgebildet hat, beginnt er die Zwei- theilung, wodurch er sich, wie die Kulturversuche zeigen, sehr rasch vermehrt. Noch mag bemerkt werden, dass das Blut der gesunden Rau- pen fast neutral, dasjenige der kranken Raupen dagegen stark sauer reagirt, es befindet sich in saurer Gährung. Es lag also von vornherein die Vermuthurg nahe, dass die Krankheit der *) Der Cytoblast des Blutkörperchens, welcher oft schon ohne Anwendung von Reagentien deutlich sichtbar ist, hat selbstverständlich mit den erwähnten Fettkörpern weder Achnlichkeit noch Verwandtschaft. Die Muscardine des Kiefernspinners. 23 Raupen wesentlich in einer sauren Gährung des Blutes und viel- leicht des ganzen Körpers bestehe, und diese Vermuthung ward durch die weiter unten mitzutheilenden Kulturversuche vollkom- men bestätigt. Der Untersuchung des Blutes folgte zunächst eine Untersu- chung der verschiedensten Organe des Körpers der Raupen, um über den Ursprung der Hefebildungen, den Ort ihrer Einwande- rung in den Raupenkörper und ihre Verbreitung durch denselben eine bestimmte Ansicht zu gewinnen. Für die Einwanderung der Hefe in den Organismus der Raupe sind nur zwei Wege denkbar, denn eine Einwanderung durch Ver- mittelung der Tracheen ist von vornherein wenig wahrscheinlich und es zeigten sich dieselben bei der Untersuchung meistens völlig pilzfrei. Die beiden möglichen Wege sind: die Haut und die Mund- öffnung oder der After. Was die Haut der Raupen anlangt, so bleibt dieselbe, wie die mikroskopische Untersuchung zeigte, bis zum letzten Stadium der Krankheit meistens völlig gesund. Niemals fand ich in der Haut oder auf der Oberfläche derselben im Anfang der Krankheit Pilzbildungen. Höchstens liegen Sporen und andere Pilzzellen in einzelnen Fällen auf der Oberhaut, wie sie auf jedem dem Staube ausgesetzten Körper vorkommen. Diese bisweilen vorgefundenen Sporen fand ich aber seiten keimend oder gar in’s Innere mit ihren Keimschläuchen vordringend. Der sicherste Beweis aber dafür, dass bei dieser Krankheit der Pilz selten von der Oberhaut her eindringt, liegt darin, dass solche Raupen, deren Blut schon mit Hefezellen dicht erfüllt ist, oft noch keine Spur derselben im . Fettkörper unter der Oberhaut zeigen. Es bleibt also nur die zweite Möglichkeit übrig: dass näm- lich der Pilz durch den Mund in den Nahrungskanal eindringe. Um hierüber in’s Klare zu kommen, war bei den mir über- sendeten, zum Theil nüchternen Raupen zuvörderst eine genaue Untersuchung des Mastdarms und seines Inhaltes nothwendig. Ganz nüchterne Raupen haben meistens im Darm eine bräunliche, seltener gelbliche oder weissliche Fäkalmasse oder der Darm ist ganz leer. Die vorhandenen bräunlichen oder gelblichen Faeces fand ich bei allen Raupen, welche überhaupt Spuren der Erkran- kung zeigten, mit mannigfachen Pilzbildungen versehen, 24 Ernst Hallier, Es soll hier ganz abgesehen werden von den Sporen und Conidien des Darminhalts, weil wir auf diese weiter unten zurück- kommen. Zunächst sei nur bemerkt, dass man an der Beschaffen- heit der Fäkalmassen und der darin befindlichen Organismen schon einen gewissen Anhalt gewinnt zur Beurtheilung des Ge- sundheitszustandes der Raupen. Völlig gesunde und mit gesundem Futter genährte Raupen haben überhaupt fast gar keine Pilzbil- dungen im Darminhalte, namentlich fehlen alle Hefebildungen. Sobald dagegen die Raupen zu erkranken beginnen, findet man im Darm Sporen, Mycelbildungen und massenhaft Hefegebilde. Die letztgenannten sind von ganz besonderem Interesse. Bei allen wirklich kranken oder mit krankem Futter genähr- ten Raupen findet man im Darminhalt massenhaft Kernhefe in allen Stadien des Ueberganges in Gliederhefe (Fig. 6), mit einem Wort, das Bild ist genau das nämliche, wie bei starker Erkran- kung im Blute. Hier wie dort zeigt sich bei sehr starken Ver- grösserungen der Micrococcus in Gestalt winziger kugelig-punkt- förmiger Cocci, welche’ sich allmählig strecken und miletät fast stabförmig erscheinen. Nun beginnen sie durch Quertheilung in Glieder zu zerfallen (Fig. 6), was indessen häufig auch schon bei nicht ausgewachsenen Individuen der Fall ist. Der Darminhalt reagirt sauer, wie das von Pilzen inficirte Blut; er ist unter dem Einfluss des sich bildenden Arthrococeus in saurer Gährung be- griffen. Kurz vor dem Tode der Raupe ändert sich häufig die Reaction, nämlich in allen denjenigen Fällen, wo die Raupe nicht erstarrt, sondern jauchig wird. In diesem Falle überwiegt zuletzt der Micrococcus im Raupensafte, d. h. die Raupe fault und sie reagirt alkalisch. Nun entsteht die Frage: Woher kommt der Mierococeus? Seine Entstehung aus den von der Raupe verschluckten Pilzsporen lässt sich unschwer verfolgen. Die Sporen und Conidien entlassen ihren Inhalt und gehen zu Grunde, während der körnige Inhalt fortvegetirt. Aber selbst das Plasma der hen bildet sich zu Micro- coccus aus, ja, nicht selten sieht man die kleinen Cocci innerhalb des Mutterfadens (a Fig. 7) zum Arthrococcus heranwachsen. Sehr oft befindet sich der Micrococcus innerhalb seiner Mut- terzelle in Theilung (m Fig. 7). Kann es wohl einen besseren Beweis für die Richtigkeit meiner Entwickelungsgeschichte dieser Hefebildungen geben? Die Muscardine des Kiefernspinners. 25 Da der Darminhalt immer schon mit Hefe erfüllt ist, bevor sich in irgend einem Gewebetheil der Raupe diese Hefe nachweisen lässt, so folgt daraus abermals, dass der Darm die Krankheitsur- sache birgt, denn dass diese keine andere ist, als die Hefe, werden wir weiter unten sehen. Bei der Sektion einer ausserordentlich grossen Anzahl von taupen in verschiedenen Krankheitsstadien ergab sich, dass die erwähnten Hefebildungen vom Magen aus allmählig den ganzen Körper durchwandern. Die Hefebildung schreitet zunächst vom Mastdarm rückwärts bis zum Magen vor. Hier sieht man sehr bald die Magenwand mit Micrococcus belegt. Wenig später sieht man den Micrococcus innerhalb der Zellen in allen Stadien der Entwickelung zum eiförmigen, darauf lanzettlichen und zuletzt fast cylindrisch-stabférmigen Arthrococeus begriffen. Wir kommen sogleich genauer auf diese Bildungen zurück und erwähnen nur noch, dass sich um diese Zeit die ersten Spuren der Erkrankung des Blutes wahrnehmen lassen. In dem um diese Zeit untersuchten Blut findet man in der Regel nur winzig kleine kugelrunde Cocci (Micrococcus), seltener schon deutlichen Arthro- coccus in den frühesten Stadien der Entwickelung. Gewöhnlich ist das Bild der Blutkörperchen so, wie es die Figuren 1—3 an- deuten. Allmählig aber nimmt die Erkrankung des Blutes über- hand und man findet nun sowohl in den Blutkörpern als auch frei schwimmend den Arthrococcus. Das Blut reagirt jetzt sauer. Untersucht man in diesem Zustand den Nahrungskanal und seine Umgebung, so findet man meistens alle Gewebetheile mit Micrococcus und , Nr. 9. 12.1010. Diese Arbeit ist sehr interessant, weil in derselben der Beweis geführt wird, dass eine Pilzwucherung die Ursache eines Leidens und zwar eines Gehörleidens ist. Bekanntlich ist es bis jetzt nur m einigen wenigen Fällen gelungen, den direkten Nachweis zu führen, dass ein pflanzlicher Parasit die Ursache derjenigen Krankheit sei, welche er begleitet. Da aber nach den Beobachtungen des Herrn Verfassers in mehren Fällen ein Ohrenleiden sofort beseitigt wurde, sobald Pilzwucherungen auf dem Trommelfell entfernt wurden, so folgt daraus ein direkter Zusammenhang zwischen Pilz und Krankheit. Verfasser hat fünf Fälle von Myringomycosis beobachtet und in diesen fünf Fällen die dabei thätigen Pilze als zu verschie- denen Arten, ja zu verschiedenen Gattungen gehörig befunden. Namentlich fand derselbe in einem Falle eine Pilzwucherung von Mucor mucedo Fres., in einem anderen eine solche von Asper- gillus microsporus Hallier. Dass bei den Ohrenkrankheiten sehr verschiedene Pilze die nämliche Rolle spielen können, zeigt auch eine sehr schöne Beobachtung von Herrn Dr. Hagen in Leizpig, welche in der nächsten Nummer dieser Zeitschrift Besprechung finden wird. H. Anzeigen. Phytophysiologisches Privat-Institut und Versuchs: station für die parasitischen Krankheiten der Thiere und Pflanzen. In Verbindung mit einem tüchtigen Assistenten habe ich eine kleine Versuchsstation für parasitische Krankheiten gegründet und an der Stelle meiner bisherigen beiden kleinen mikroskopischen In- stitute ein etwas geräumiger und besser eingerichtetes phytophysio- logisches Laboratorium geschaffen. Ich denke dadurch Jedermann Gelegenheit zu mikroskopisch-botanischen Uebungen geben zu kön- nen, werde aber vorzugsweise gern Uebungen in parasitologischen Arbeiten leiten. Nicht nur junge Botaniker werden hiemit auf die sich ihnen darbietende Gelegenheit zur Erlangung der so noth- wendigen Sicherheit und Fertigkeit im Gebrauch des Mikroskops und in der Aneignung richtiger Methode in physiologischen und morphologischen Untersuchungen aufmerksam gemacht; sondern ich wünsche auch jungen Aerzten, Forst- und Landwirthen, Gärt- nern und Technikern Anlass zu bieten zur Erlernung der für sie so wichtigen Kenntniss von der Lebensweise und Morphologie der niederen parasitischen Pflanzen, insbesondern der Pilze mit ihren Schimmel- und Hefebildungen. Der volle Kursus von sechs Monaten wird mit 25 Thalern Honorar angesetzt; es werden aber für Solche, die nicht so viele Zeit wöchentlich auf die mikroskopischen Arbeiten verwenden können, kleine Kurse, nämlich bei zweimaliger Arbeitszeit in der Woche zu 5 Thalern und bei viermaliger Arbeitszeit zu 10 Thalern ‚eingerichtet. Ferner stehe ich im Begriff, mit der Hülfe meines Herren Assistenten eine Folge mikroskopischer Pilze herauszu- geben und insbesondere solcher Formen, welche für Medizin, Tech- nik, Landwirthschaft u. s.w. von Wichtigkeit sind. Der Preis eines Präparates wird, je nach der Schwierigkeit der Präparation, von 104 Anzeigen. 21/, Sgr. bis zu 1 Thaler gestellt. Eine vollständige Liste der ab- zugebenden Präparate wird später uachfolgen; vorläufig mache ich nur darauf aufmerksam, dass einige Präparate über die Para- siten der Cholera, der Blattern, des Typhus, der Rotzkrankheit, der Lungenseuche, der Masern, des Scharlachs, der amerikanischen Rinderpest, der Gattine der Seidenraupen, der Muscardine, des Wurstgiftes, des Syphilis, der Hundswuth, der Eierfäulniss u. s. w. vorräthig sind. Hallier. Die Mikroskope von S. Merz (Frauenhofer) in München. Seit einem Jahr im Besitz eines grossen Mikroskops aus der Werkstatt des Herrn Merz, bin ich gegenwärtig im Stande, einige Notizen über die Vorzüge desselben mitzutheilen. Das Stativ Nr. 1 von Merz ist das beste Stativ, welches augenblicklich aus irgend einer Werkstatt hervorgeht. Es hat beträchtliche Vorzüge vor allen englischen, amerikanischen, französischen und deutschen Sta- tiven. Ich selbst besitze Mikroskope von Oberhäuser, Schieck, Zeiss und Beneche; ich hatte Gelegenheit, die Instrumente von Schröder, Hartnack, Kellner, Gundlach und Anderen zu vergleichen und kann nur dem Stativ von Merz den ersten Rang zuerkennen. Der grosse Tisch ist um die Vertikalachse vollständig, um die Horizontalachse in einem Winkel von etwa 45° drehbar. Das ganze Stativ ist dunkelfarbig, ein Umstand, der Manchem vielleicht unbedeutsam scheinen wird, der aber bei der Arbeit selbst sehr stark in’s Gewicht fällt. Der starke Glanz mancher Stative ist bei allen feineren Untersuchungen eine ganz überflüssige Störung des Auges. Vortrefflich ist die Einstellung. Es ist leider fast überall der Brauch, die grobe Einstellung durch Verschiebung des Rohrs in einer aufgeschlitzten federnden Hülse zu bewerkstelligen. Das hat mehre grosse Nachtheile. Erstlich wird dadurch die Ein- stellung in der That eine recht grobe, zweitens gefährdet unvor- sichtiger Gebrauch dieser Einstellung sowol das Objekt als das System, drittens endlich setzt sich in der Hülse beständig Staub ab und beeinträchtigt die Beweglichkeit des Rohrs. Alle diese Uebelstände beseitigt Herr Merz auf sehr einfache Weise. Das Rohr ruht mit einem vorspringenden Ring auf dem Rand der Hülse, welche, um die Bewegung äusserst sanft zu machen, mit Barchent ausgefüttert ist, Die Hülse ist an einem horizontalen Anzeigen, 105 Hebelarm befestigt, welcher mittelst einer soliden Hülse an einer dreieckigen Säule senkrecht verschiebbar ist und durch Schraube und Trieb eingestellt wird. Unten ist die Säule mittelst einer längeren starken Hülse mit dem Tisch verbunden. Hier befindet sich die Schraube für die feine Einstellung. Hat man nun mit der oberen Schraube die grobe Einstellung bewerkstelligt, so stellt man das Rohr mittelst einer hinten an der dreikantigen Säule an- gebrachten Klemmschraube fest. Nun kann der unvorsichtigste Anfänger dem System oder dem Objekt keinen Schaden mehr zu- fügen, denn sollte er auch mit dem Kopf auf das Okular stossen, so bewegt sich doch das Rohr nicht abwärts. Man kann also ruhig Studenten, welche nie zuvor in ein Mikroskop gesehen haben, den Einblick verstatten; sie können nicht leicht Schaden anrichten. -Selbstverstaindlich ist die feine Einstellung mittelst der unteren Schraube dadurch unbehindert. Ich kann nicht unterlassen, hier darauf aufmerksam zu ma- chen, wie ganz vorzüglich schön die Schrauben gearbeitet sind. Das hier besprochene Mikroskop benutze ich seit länger als einem Jahr täglich und noch geht die Schraube der feinen Einstellung so weich und gleichmässig wie am ersten Tage. Recht handlich und hübsch ist auch die Blendungsvorrichtung. Sie besteht in einer um die Vertikalachse drehbaren Doppelscheibe mit einem grossen kreisförmigen Diaphragma in der oberen und verschieden grossen in der unteren. Sobald die Diaphragmen der beiden Scheiben genau zentrirt sind, arretirt eine unten ange- brachte Feder mittelst eines Stiftes, welcher in ein kleines Loch einschlägt. Die Doppelscheibe kann in einer federnden Hülse seit- lich verschoben und ganz abgenommen werden. Die federnde . Hülse ist der einzige Fehler am Stativ; ich glaube jedoch, Herr Merz hat auf meinen Vorschlag dieselbe bereits durch eine kleine Schraube ersetzt. In das grösste Diaphragma der Doppelscheibe passen Kegel mit kreisföormigen einsetzbaren Scheiben am oberen Ende. Diese Scheiben haben verschiedene kreisförmige zentrale Diaphragmen für feinere Abblendungen. Ich bemerke noch, dass dem Stativ ein halbkugliger Konden- sator, eine sehr schöne grosse Beleuchtungslinse und auf Ver- langen alle Apparate für Polarisation, Messungen u. s. w. in guter Konstruktion beigegeben werden. Ist das Stativ ohne Zweifel das beste von allen existirenden Stativen, so kann von den Systemen mindestens gesagt werden, 106 Anzeigen. dass sie denjenigen der ersten Firmen an die Seite zu stellen sind und die der meisten Werkstätten übertreffen. Herr Merz giebt den Systemen die Bezeichnung nach dem Fokalabstand einer äqui- valenten Linse. Das !/,”-System ist schon ein ganz vorzügliches. Es zeigt die Sechsecke des Pleurosigma angulatum so schön, wie wir sie mit keinem System gleicher Stärke gesehen haben. Das 1) 5; -System ist das stärkste ohne Immersion. Herr Merz giebt die Vergrösserungen desselben auf 300—1200 lineare mit den verschiedenen sehr schönen, fast achromatischen Okularen an. Ich habe noch die Immersionssysteme !/,,‘', Ya und Ygy”. Schon mit dem !/,,‘- System sieht man bei günstiger Beleuchtung die Schatten der sechseckig-rundlichen Buckel des Pleurosigma angu- latum an der vom einfallenden Licht abgewendeten Seite. Die beiden stärksten Systeme hat Herr Merz mir erst vor einigen Monaten zur Auswahl gesendet und sie sind beide so vor- züglich, dass mir die Wahl schwer wird. Das '/,,“ - System ist das beste, welches ich je gesehen habe, vielleicht mit einziger Aus- nahme des Systems von Hartnack Nr. 14, welches ich bei Herrn Regierungs- und Oekonomierath v. Schlicht in Potzdam vor Kurzem sah. Leider führte ich mein Instrument von Merz nicht mit mir, um einen genaueren Vergleich vorzunehmen. Das ’/30-System vergrössert nach der Angabe von Merz 600 lineare mit seinem schwächsten, 2400 lineare mit dem stärksten Okular. Nach genauerer Prüfung und Messung werde ich später über die vorzüglichen Leistungen dieses sowie des "/a4‘ - Systems Weiteres berichten. H. L. Rabenhorst, Fungi Europaei Exsiccati. Klotschii Herbarıı vivi Mycologici Continuatio. Editio nova. Series secunda. Cen- turia XIII. Dresd. 1869. Das Herbarium des berühmten Formenkenners bedarf einer Empfehlung nicht, denn sein hoher wissenschaftlicher Werth ist längst anerkannt und die Ausstattung macht das Werk neben seiner Unentbehrlichkeit als Hülfsmittel zu wissenschaftlichen Arbeiten auch zu einer sehr sauberen und reichen Kollektion für Liebhaber und öffentliche Anstalten. He Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Fig. 1. Blutkörper des Kiefernspinners (Gastropacha pini), mit Micrococcus von Fumago salicina infizirt. Gezeichnet mit dem System ¥/g9’, Ocular 1 von Merz. Fig. 2. Derengleichen Blutkörper mit fadenförmigen Fortsätzen, a—c mit Mi- crococcus von Fumago infizirt, d ohne denselben, bei a und c sieht man deutlich den Kytoblasten. Ebenso. Fig. 3. Blutkörper mit Oeltropfen, d und f ausserdem mit Micrococcus infizirt, a, c, d, f und g schon eines Theils der Oeltropfen beraubt, h im Begriff, durch die Ölhaltigen Kerne zersprengt zu werden, i in Auflösung begriffen. Ebenso. Fig. 4. Microccus (m) in allen Stadien der Ausbildung zum Arthrococcus (a), frei im Blute schwimmend. Ebenso. Fig. 5. Blutkörper ohne Oeltropfen und ohne Micrococcus. Ebenso. Fig. 6. Micrococcus von Fumago im Darminhalt der Raupe, in allen Stufen der Ausbildung zum Arthrococeus. Ebenso. Fig. 7. Mycelfaden aus dem Darminhalt. Bei m innerhalb des Fadens Micro- coccus-Bildung, bei a in Theilung begriffener Arthrococcus. Ebenso. Fig. 8. Muskelfragment in der Umgebnng des Darms, mit Micrococcus in dem ersten Entwickelungsstadium zum Arthrococcus. Ebenso. Fig. 9. Muskelfragment mit ausgebildetem Arthrococcus. Ebenso. Fig. 10. Micrococcus und Arthrococcus, aus einem Muskel frei präparirt. Ebenso. Fig. 11. Arthrococcus aus einem Muskel, in Theilung begriffen. Ebenso. Fig. 12. Zwei Blutkörperchen, a zeigt die Entstehung des Arthrococcus, b enthält nur zarten Micrococcus. Ebenso. Fig. 13. Mit-Mierococeus infizirte Blutkörper mit einem fädigen Fortsatz an jedem Ende. Ebenso. Fig. 14. Arthrococcus aus dem Blut einer sehr kranken Raupe, zum Theil keimend und Zellen („Cylinderconidien“) abschnürend. Ebenso. Fig. 15. Ast eines Pilzfadens mit Aéroconidien von Fumago salicina, auf der Oberhaut einer an der Muscardine gestorbenen Raupe, nachdem der unter der Haut gekeimte Pilz dieselbe durchbohrt hatte. Ebenso. 108 Erklärung der Abbildungen. Fig. 16. Ast mit Aöroconidien, durch Kultur des Arthrococcus einer kranken Raupe auf dem Objektträger gezüchtet. Ebenso. Fig. 17. Blutkörper mit Arthrococcus, bei b keimend. Ebenso. Fig. 18. Blutkörper einer Kultur des Blutes in stickstoffreicher Flüssigkeit. Der Micrococcus vermehrt sich im Innern der Blutkörper kettenförmig (Ba- cterien). Das Blutkörperchen bei b ist in der Auflösung begriffen, bei e ist der Micrococeus und Arthrococeus, zum Theil keimend, bereits frei gewor- den. Ebenso. Fig. 19. Micrococcus, zum Theil in Viertheilung begriffen (a—d), zum Theil zu Sporoiden anschwellend. Ebenso. Fig. 20. Bildung von Cryptococcus aus dem Micrococcus des Blutes, ent- stehend in einer alkoholisch gährenden Flüssigkeit (Malzdekokt). Ebenso. Fig. 21. Keimung der Sporoiden (Fig. 19) und Bildung von Anaérosporen. Ebenso. Fig. 22. Micrococcus in starker Vermehrung, bei a an der Oberfläche der Flüssigkeit bacterienartige Ketten bildend, bei b im Innern der Flüssigkeit sogleich zerfallend. Ebenso. Fig. 23. Keimlinge der Sporoiden bei kräftiger Ernährung, aber gährendem Nährboden, in Glieder (Anäeroconidien) zerfallend. Ebenso. Fig. 24. Keimfadenbruchstück mit köpfchenförmig gestellten Aéroconidien Keimungsproduckt des Arthrococcus aus dem Raupenblute. Ebenso. Fig. 25. Sporoiden, auf dem Objektträger aus dem Micrococcus des Ranpen- blutes gezogen, bei a im früheren Stadium, bei b im ausgewachsenen, ein- zeln schon keimend. Ebenso. Fig. 26. Pinselförmiger Ast der Botrytis Bassiana. Ebenso. Fig. 27. Blattende der Kiefer mit Pycniden der Fumago salicina, welche warzenförmig aus dem Blattgewebe hervortreten. Fünffache Lupenvergrösse- rung. Fig. 28. Fragment aus dem Blattgewebe mit Mycelfäden und einer Pycnide (p), welche im Begriff ist, ihre Conidien zu entlassen. Gezeichnet mit einem Instrument von Zeiss, System C, Ocular 2. Fig. 29. Conidien aus der Pycnide (Fig. 28 p), zum Theil keimend. Wie Figg. 1—20. Fig. 30. Ascus von Fumago salicina (a) mit einer verastelten Paraphyse (pa). Im Innern des Ascus sieht man die 8 gekammerten Sporen. Ebenso. Fig. 31. Ein Haufen von Asken mit ihren Paraphysen bei schwächerer Ver- grösserung. Gez. mit Zeiss Syst. C, Ocular 2. Fig. 32. Keimlingsfragment einer Sporoide mit Macroconidien (m) und Saug- -fäden (r). Wie Figg. 1—26. Fig. 33. Keimfaden einer Sporoide aus dem Blut des Kiefernspinners, am untergetauchten Theil (u) in Glieder zerfallend und Anäeroconidien (c) ab- schnürend, in der Luft an den Zweigenden Sterigmen mit sprossenden Spo- renketten (p. q. r. s. t. x) bildend. Fig. 34. Ein Bruchstück eines Keimlinges gleichen Ursprunges mit reifen Aé- rosporen (a sp), welche an einem braunen Stiel (cl) abgeschnürt werden, mit Aéroconidien (ac), welche an wirtelig gestellten Aesten kettenförmig hervor- sprossen, und einer Mittelform (m) zwischen beiden. Ebenso. Erklärung der Abbildungen. 109 Fig. 35. Fruktifizirender Keimfaden aus derselben Kultur mit vollkommenen Aéroconidien (a). Bei v stehen am Ende der strahlig um eine grosse Basi- die gestellten Sterigmen statt der Aöroconidien-Ketten grosse blasige Auf- treibungen. Bei s sind die Sterigmen bis auf drei sämmtlich fehlgeschlagen ; diese drei sind lang fadenförmig und tragen abnorme kurze Conidienketten. Die Fäden zeigen zwei Fusionen (f). Ebenso. Fig. 36. Aus derselben Kultur. Statt der grossen Basidien sieht man einen dünnen Tragfaden, der sich in eine Anzahl langer Sterigmen auflöst. Die Conidien entstehen durch succedane Sprossung in Köpfchen. Ebenso. Fig. 37. ‚Aus derselben Kultur. Eben solche Sterigmen tragen Ketten (k), deren Conidien sich meist kugelig zusammenbalien (c). Ebenso. Fig. 38. Sprosszellen eines Zweiges unregelmässig angeordnet. Fig. 39. Bruchstück eines Keimfgdens der Sporoiden aus dem Micrococcus des Raupenblutes mit Aérosporen (a) und Schizosporangien (sch). Ebenso. Tafel Ii. Fig. 40. Fadenfragment aus derselben Kultur mit fast reifen Schizosporangien (sch), mit unreifen Kapseln (rb), mit Thecaconidien und mit einer Mittelform zwischen beiden (m). Ebenso. Fig. 41. Mycelfäden mit Aéroconidien, welche sich strangförmig zusammen- legen. Ebenso. Fig. 42. Mycelfaden mit Kapseln (k), welche zum Theil, statt Conidien aus- zubilden, Saugfäden austreiben (rh), auf einem nassen Substrat. Fig. 43. Kräftige Kapselpflanze bei schwacher Vergrösserung mit Saugfäden (rh) und ausgewachsenen Kapseln (k). Fig. 44. Conidien (Thecaconidien) aus solchen Kapseln bei 600facher Vergrös- serung. ! Fig. 45. Aéroconidien, unregelmässig angeordnet, Form der Botrytis Bassiana. Ebenso. Fig. 46. Anäerosporen, gezogen im Innern des Substrats aus den Sporoiden des Raupenblutes, a—d unreife Formen oder Macroconidien, e und f reife Anäerosporen-Ketten. Ebenso. Fig. 47. Sporangiolen der Thecaconidienform von Fumago, gezogen aus den Sporoiden des Raupenblutes. Schwach vergrössert. Fig. 48. Pinsel mit doppelten Sterigmen, gezogen aus den Conidien der Pycni- den von Fumago salicina. Zeiss System D, Ocular 2. Fig. 49. Verkümmerter Pinsel mit Aöroconidien aus derselben Kultur. Merz Syst. Y/30 ‘‘, Ocular 1. Fig. 50. Aéroconidien, zarte Form (Botrytis Bassiana), gezogen aus den Pyeni- den-Keimzellen. Ebenso. Fig. 51. Etwas abweichende Form aus derselben Kultur. Ebenso. Fig. 52. Verschiedene Keimungszustände der Pycniden-Keimzellen (c), a= Aé- roconidien, an = Anäeroconidien, m= Macroconidien, k = dünne Keimfaden. Ebenso. 110 Erklärung der Abbildungen. Fig. 53. Entwickelung des Micrococcus aus dem Plasma der Pycniden-Keim- zellen. Ebenso. A—C. Parasit des Zuckerrohrs. A. Grosse Zellen, mit Inhaltszellen, welche zum Theil seitliche Faden getrie- ben haben. B. C. Faden mit kleinen Inhaltszellen. I, Original-Abhandlungen. | Alcohol-Behandlung des Aspergillus glaucus im äusseren Gehörgange. Von Medizinalrath Dr. Hassenstein in Gotha. Obgleich in der letzten Zeit Beobachtungen über das Auftreten von Pilzen im äusseren Gehörgang häufig mitgetheilt worden sind, ist doch die Veröffentlichung neuer Beobachtungen für die Sicher- stellung der Bedingungen des Auftretens der Pilze, ihres Einflusses auf das leidende Organ und für Gewinnung einer raschen, sicheren und schmerzlosen Behandlung gewiss nicht nutzlos; mögen dess- halb zwei Fälle hier Erwähnung finden, welche sich von den früher mitgetheilten durch ihr Auftreten bei Otorrhoe unterscheiden und die Sicherheit und Reizlosigkeit der Alcoholbehandlung evident darthun. Buchhändler B. hier konsultirte mich wegen beiderseitiger Schwerhörigkeit zu Anfang dieses Jahres und gab an, mit dem linken Ohre seit einem in der Kindheit aufgetretenen Scharlach und von da noch andauernden Ohrenfluss sehr schwer, mit dem rechten Ohre aber bis vor wenigen Tagen sehr gut und erst seit 3 Tagen plötzlich unter gleichzeitigem Auftreten sehr heftigen Ohrensausens schlecht gehört zu haben. Eine Uhr von circa 12 Fuss normaler Hörweite vernahm Patient rechts 4!/, Zoll entfernt, links nur bei kräftigem Andrücken an die Ohrmuschel; rechts hörte Patient laut gesprochene Worte auf 16 Fuss Entfernung, links nur bei unmittel- barem Hineinsprechen in’s Ohr. Die an Schläfengegend und Zitzen- fortsatz angelegte Uhr wurde beiderseits, jedoch rechts stärker, ebenso rechts stärker die auf den Scheitel gesetzte Stimmgabel vernommen. ii, 8 112 Hassenstein, Die Spiegeluntersuchung ergab rechts das Trommelfell grau, glanzlos, matt aussehend, Lichtkegel verschwunden, Hammergrift . und processus brevis nur undeutlich zu sehen; unter dem Ham- mergriff war eine prominirende, weisslich-gelblich aussehende Stelle von der Grösse einer Linse wahrzunehmen, die bei Untersuchung mit der Sonde fast Knochenhärte fühlen liess. Das Politzer’sche Verfahren liess kein Perforationsgeräusch wahrnehmen und trat nach demselben eine Hörverbesserung so wenig, wie eine Mindernng der subjectiven Geräusche ein; gleich erfolglos war der Catheteris- mus und veraahm man bei demselben während des Lufteintretens nur ein verschärftes Geräusch, jedoch weder Rasseln, noch Per- forationsgerausch. Durch Aetzung der prominirenden Stelle mit Lapis in Substanz trat eine Verkleinerung derselben ein und am vierten Tag hörte ich zum ersten Mal durch eine Oeffnung im Trommelfell, die indess nicht sichtbar war, Luft, beim Eintreiben durch die Tuba, zischend entweichen. Allmälig trat die promini- rende Stelle hinter das Niveau des Trommelfells zurück und in demselben zeigte sich eine scharfrandige Perforationsöffnung, hinter welcher noch eine härtliche Geschwulst zu sehen und zu fühlen war. Die Hörweite besserte sich auf 26 Fuss für laut gesprochene Worte, die Geräusche minderten sich, bis plötzlich mit einem intensiven Catarrh der Nasen- und Rachenschleimhaut auch ein acuter Catarrh der Tubar- und Paukenhöhlenschleimhaut mit reichlicher eitriger Secretion auftrat und die subjectiven Erscheinungen und die Hör- funktion verschlechterte. Durch die von Schwartze empfohlene caustische Behandlung wurde eine baldige Besserung herbeige- führt und wurden auch verschiedene Recidive immer rasch besei- tigt, bis am 'Schlusse der längeren Behandlung unter Persistenz der Perforation die eitrige Secretion und die subjectiven Geräusche vollständig beseitigt waren und die Hörweite auf circa 26 Fuss für geflüsterte Worte gestiegen war. — Bei der ersten Untersuchung des linken Ohres zeigte sich der Gehörgang mit Eiter gefüllt und nach Entfernung desselben sah man Gehörgang durch eine blauröthliche, gewulstete, granulirende Fläche mit zahlreichen Licht- reflexen nach hinten abgegränzt. Das Politzer’sche Verfahren liess ein stark pfeifendes Perforationsgeräusch wahrnehmen und hatte keine Funktionsverbesserung zur Folge. Einer längeren Ört- lichen Behandlung, Luftdouche, wiederholte Application von Watte, mit Glycerin und Eisenchlorid zu gleichen Theilen getränkt, auf die Granulationen durch 24 Stunden, abwechselnd mit Betupfen Alcohol-Behandlung des Aspergillus glaucus im äusseren Gehörgange. 113 mittelst Lapis in Substanz, gelang es, Granulation, Schwellung und Secretion ganz zu beseitigen, wonach allmälig der an das Promontorium angelöthete Hammer (vorher in die gewulstete Schleimhaut eingebettet) sichtbar wurde und die Perception lautge- sprochener Worte sich auf 20 Fuss erweiterte. Während des beschriebenen Verlaufs der beiderseitigen Af- fektionen und unter Anwendung von Argentum nitricum und Ferrum sesquichloratum traten zuerst im rechten, viel später im linken Gehörgang, dort bis an das Trommelfell, hier bis an die granuli- rende Promontoriumschleimhaut sich ausdehnend, bald bei mässi- ger, bald bei reichlicher Secretion Pilzwucherungen wiederholt auf, welche als bläulich-grünlich aussehende Membranen meist an der vorderen oberen Wand des Gehörganges sich zeigten. Fast immer begleitete das Auftreten der Pilze ein intensiver Nasenkatarrh, so dass Patient die Verschlechterung des Gehöres und die Zunahme der subjektiven Geräusche, jedes Mal sofort bemerklich, auf eine Erkältung zurückführte; indess kamen die Pilze auch ohne ka- tarrhalische Erscheinungen und doch klagte Patient über vermehr- tes Sausen, schlechteres Gehör und benommenen Kopf. Die mi- kroskopische Untersuchung der aus dem Ohr entfernten Membranen zeiste ein dicht verfilztes Gewebe von Mycelfäden mit Sporangien und zuweilen mit freien Sporen. Bleimittel, starke Lösungen von Tannin in Glycerin, Carbolsäure, Argentum nitricum blieben fast ohne Einfluss auf die Vegetation, nur mittelst concentrirtester Tanninlösung gelang vorübergehende Beseitigung, bis eine einmalige Bepinselung der affıcirten Stellen mit 90gradigem Alcohol sofort, ohne Recidive und ohne Reizung die Pilze zum Schwinden brachte. — Die gleiche eklatante Wirkung erzielte ich in einem zweiten Falle von lang bestehender chronischer Otitis media mit umfangreicher Zerstörung des Trommelfells und mässiger Secretion. Auch in diesem Falle war das Auftreten der Pilze von Hörverschlechterung und Benommenheit des Kopfes begleitet und genügte eine ein- malige Bepinselung mit Alcohol. Eingiessen des Alcohols in den Gehörgang ist unnöthig und jedenfalls reizend, Bepinseln bei gehöriger Beleuchtung genügend und schmerzlos. gi Die originäre Entstehung des Milzbrandes beim Vieh. Von Dr. Ed. Lorent in Bremen. Am äussersten Ende der nördlichen Vorstadt befindet sich eine Weide, deren Gräser im vergangenen und in diesem Jahre bei dem mit denselben .gefütterten Vieh Milzbrand erzeugt haben. Im September 1868 crepirte eine Kuh, welche auf dieser Weide geweidet hatte. Die Section ergab Milzbrand, und nun erfuhr man, dass schon 4 Wochen vorher 2 Kühe crepirt waren, welche dort geweidet hatten. Auf Anrathen des Thierarztes O. wurde das übrige Vieh von der Weide genommen und blieb gesund. Als aber nach 4 Wochen von den Knechten die Kühe wiederum auf die fragliche Weide getrieben waren, crepirte nach 8 Tagen wiederum eine Kuh, deren Section ebenfalls Milzbrand ergab. Eine fünfte Kuh crepirte nach 14 Tagen an Milzbrand, wie die Section ergab. Zwei andere noch erkrankte Kühe genasen im Stalle, es starb aber noch ein Stier, welcher im Stalle mit dem Grase jener Weide gefüttert war. Im gegenwärtigen Jahre ist die Weide zum Abmähen an ver- schiedene Viehhalter verpachtet. Etwa seit dem 8. Mai fütterte der Landmann G. seine 4 Kühe mit dem Grase jener Weide, wel- ches theils mitten durch die Wiese, theils nahe den Gräben abge- mäht sein soll. Es erkrankte am 18. Mai eine Kuh und am 21. Mai eine zweite, die beide vor dem Tode geschlachtet sind. Am 22. Mai crepirte eine dritte Kuh, deren Section Milzbrand ergeben hat. Die vierte erkrankte Kuh genas, nachdem sie in einem an- deren Stalle verpflegt worden war. Dagegen ist das Pferd des Landmanns gleich, nachdem es auf der Weide mit dem geschnit- tenen Grase gefüttert war, erkrankt und an Milzbrand gestorben. Die originäre Entstehung des Milzbrandes beim Vieh. 115 Leider kam die Anzeige dieser Facta so spät, dass der Ge- sundheitsrath nur die Referate erfuhr und bei den Sectionen nicht zugegen sein konnte, indessen die Resultate derselben rechtfertigen die Annahme des Milzbrandes. Die Versuche mit Fütterung von Federvieh mit dem Fleische der crepirten Kuh hatten kein Resul- tat, vielleicht, weil dasselbe schon sehr in Fäulniss übergegangen war. Die fragliche Weide dicht neben dem Ackerhofe gelegen, ist von Süden und Südwesten von Bäumen beschattet und von übel- riechenden stagnirenden Muddergräben umgeben, in welche die Strassencanäle der Stadt ihren Abfluss haben. Die Weide liegt ziemlich tief, der Boden ist eine sehr fette schwarze Humuserde, welche ein sehr üppiges saftiges Gras "trägt, in welchem keine kranken Futterpflanzen wahrgenommen werden können, so wenig wie schädliche Kräuter, denen man die Ursache der verheerenden Krankheit hätte zuschreiben können. Die Gräben enthalten einen dicken schwarzen stagnirenden Cloaken-Morast. Bei den Pächtern der anliegenden Parcellen, die auch das Gras verfüttert haben, ist kein Milzbrand vorgekommen. Auch hati man von früheren Jahren Nichts gehört, doch sollen damals die Gräben mehr ge- reinigt worden sein. In der Stellung des Landmanns vermochte die nähere Untersuchung keinen Grund für die Entstehung der Krankheit aufzufinden, ebenso wenig in dem seither gebrauchten Tränkwasser. Die originäre Entstehung des Milzbrandes ist bekanntlich an örtliche Verhältnisse geknüpft. Die Eigenthümlichkeit dieser Lo- calitäten soll auf dem Sumpfcharakter der Gegend beruhen und hat man eine Malaria als Krankheit erzeugende Ursache ange- nommen. Nach genauer Prüfung der Thatsachen und Untersuchung der Localitäten bleibt für die Aetiologie der hiesigen Erkrankungen zwar nur die Annahme einer sogenannten Milzbrand-Localität übrig, allein die hier einwirkenden causalen Momente sind damit noch nicht näher ergründet. Die exacte Untersuchung weist bei In- fectionskrankheiten mehr und mehr einen causalen Zusammenhang mit parasitischen Bildungen nach. Und wenn die in dem Blute milz- kranker Thiere von Davaine und Anderen beobachteten Bildungen eine ähnliche Deutung zulassen, so haben wir in unseren Falle die Entstehung derselben aus dem Grünfutter der Weide herzuleiten, deren Milzbrand erzeugende Pilzbildungen der mikroskopischen Untersuchung noch nachzuweisen vorbehalten bleibt, 116 Ed. Lorent, Die originäre Entstehung des Milzbrandes u. s. w. Die Sanitätspolizei hat in dem vorliegenden Falle geeignete Massregeln für die Desinfection und Erneuerung der Stalluug an- geordnet, die Verfütterung des frischen Grases inhibirt und das- selbe zur Heugewinnung bestimmt, sodann die öftere Ausräumung der zugeschlemmten Gräben veranlasst und die Umpflügung und anderweitige Verwendung der Weide angerathen, und endlich die Tränkung des etwa dort in der Gegend weidenden Viehs mit ge- sundem Wasser dringend anempfohlen. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. Von Ernst Hallier. I. Was sind Pilze? Natur und Lebensweise derselben. Jedermann hat eine mehr oder weniger zutreffende Vorstel- lung von den Pilzen, jener grossen Gruppe von Organismen, in welche man die äusserlich so verschieden gebauten, theils essbaren und eine ebenso wohlschmeckende als kräftige und gesunde Nah- rung darbietenden, theils giftigen oder wenigstens nicht essbaren Champignons oder Schwämme mit den die Pflanzen als Mehlthau, als Rost, als Brand u. s. w. befallenden und krankmachenden For- men und mit den unter den Namen Schimmel und Hefe bekann- ten Gebilden zusammenstellt. Sicherlich ist diese Zusammenstellung durchaus berechtigt, so wenig sich auch der Laie der Gründe für dieselbe klar bewusst sein mag. Zunächst ist so viel gewiss, dass diese Gebilde zu den Organismen gehören und nicht zu den Mine- ralien oder unbelebten Wesen, denn sie wachsen, d. h. sie vergrös- sern nicht nur ihren Umfang durch Aufnahme neuen Stoffes in das Innere der schon vorhandenen Formbestandtheile, durch sogenannte Intussusception, sondern sie bilden auch im Innern ihrer Elemen- tarorgane, der Zellen, neue Individuen, neue Zellen, welche entwe- der zur Vergrösserung ihres Körpers oder zur Hervorbringung neuer Individuen dienen können. Nun entsteht aber zunächst die weit schwierigere se Sind die Pilze Pflanzen oder Thiere ? Freilich ist der Laie ebenso rasch mit der Beantwortung die- ser Frage fertig als der Anfänger in der Mykologie. Für Denje- nigen, welcher die fest im Mutterboden wurzelnden Hutpilze ent- stehen und wachsen sieht, welcher die Keimung von Schimmel- sporen und das Anwachsen des Keimlings zu neuen Schimmelbil- dungen verfolgt, — für Diesen scheint es selbstverständlich, dass er es mit Pflanzen zu thun habe. Sobald er aber tiefer in das 118 Ernst Hallier, Studium der Pilze eindringt, kommen ihm wohl begründete Zwei- fel. Bis vor Kurzem freilich wurden die Pilze von den Botanikern ohne Weiteres dem Pflanzenreiche zugesellt und von den Zoologen ebenso unbedenklich vom Thierreich ausgeschlossen, und selbst heutigen Tages glauben manche Mykologen, unzweifelhafte Pflan- zen zum Gegenstand ihrer Untersuchungen zu machen. Schwan- kend wurde man zuerst bezüglich der sogenannten Schleimpilze oder Myxomyceten. Diese merkwürdigen Wesen, welche von den älteren Systemen unter dem Namen ,,Myxogasteres“ in die Gruppe der Bauchpilze oder Gasteromyceten eingereiht werden, „erschei- nen in ihrem ersten Entstehen als ein mehr oder minder dicker oder flüssiger, schleimiger oder milchartiger Körper, aus welchem Zustand sie sich gewöhnlich mit auffallender Schnelligkeit weiter entwickeln“ *). Man findet diese Schleimmassen meistens auf ver- wesenden vegetabilischen oder mineralischen Substanzen, auf Hu- mus, Dünger, auf Grashalmen, auf dem Laube von Kräutern, Stau- den und Holzpflanzen, auf Wurzeln, auf Baumrinde u. s. w. So lange man so gut wie gar nichts über den Ursprung dieser Schleim- massen wusste, glaubte man sie nicht selten durch Generatio ori- ginaria**) s. spontanea entstanden. Obgleich nun seitdem die An- sichten über diese Gebilde sich bedeutend geläutert haben, so zeigt doch gerade die ausführlichste Arbeit über dieselben, näm- lich diejenige von Herrn Professor Dr. De Bary, wie schwan- kende Ansichten man noch gegenwärtig über die Stellung der Schleimpilze im System der Organismen besitzt. Während alle übrigen Forscher, welche den Schleimpilzen ihre Aufmerksamkeit zugewendet haben, dieselben ohne Weiteres zu den Pflanzen, die meisten nicht minder bestimmt zu den Pilzen rechnen, weist De Bary ihnen einen Platz im Thierreich an***). Aber freilich schwankt er selbst bezüglich ihrer animalischen Natur, da er zwei Jahre später ihnen statt des bis dahin gebrauchten Namens der „Mycetozoen“ wieder die alte Benennung ,,Myxomyceten“ bei- legt****). „Also doch Pflanzen!“ wie ein Kritiker lakonisch be- merkt. Orientiren wir uns kurz über den Grund dieses Schwankens. *) Th. Fr. L. Nees von Esenbeck und A. Henry, Das System der Pilze. Erste Abtheilung. Bonn, 1837. S. 51. **) So bei Nees von Esenbeck a. a. O. ***) Dr. A. De Bary, Die Mycetozoen. Leipzig 1864. 2. Auflage. ****) Derselbe, Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und My- komyceten. Leipzig, 1866. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 119 Vor den Arbeiten von De Bary, Ciencowsky, Wigand u. A. hatte man, „der für die Gasteromyceten üblichen Termino- logie entsprechend,“ ‚die Sporenbehälter Peridien, die Fasern und Flocken Capillitium oder Haargeflecht genannt.“ De Bary na- mentlich zeigte die wesentliche Verschiedenheit der Sporenbehälter der Schleimpilze von den Peridien der Bauchpilze und bezeichnete jene als Sporangien oder Fruchtkörper. Diese Fruchtkörper sind „in allen Fällen anfangs geschlossene, später verschiedenartig auf- reissende Blasen, die von Sporen erfüllt sind‘ und ausserdem mei- stens jene dem Capillitium der Bauchpilze ähnlichen Fasern oder Flocken verschiedener Art enthalten“). Die Früchte, welche theils einfache Sporangien, theils zusammengesetzte Sporenbehälter (Fruchtkörper) sind, entwickeln sich aus einzelnen oder vielen ver- einigten Plasmodien. Die Plasmodien, wie Ciencowsky sie ge- nannt hat, sind kleinere oder grössere Massen, welche aus einer durchsichtigen Grundsubstanz bestehen, in welche kleine Körner eingebettet sind. Diese Massen befinden sich längere Zeit hindurch in einer doppelten Bewegung. Erstlich bewegt sich ein Theil der äusseren Schichten in Contractionen und Expansionen. Das Plas- modium verändert, zuerst an den Rändern, seine Form, treibt hie und da Fortsätze, zieht andere ein und ändert langsamer oder rascher seine ganze Gestalt. Dabei bleibt eine äusserste hyaline Schicht, die Randschicht, obschon chemisch von der ganzen Masse nicht verschieden, doch optisch stets unterscheidbar. De Bary unterscheidet von dieser noch eine dieselbe umgebende schwer sichtbar zu machende Hülle, welche nichts weiter zu sein scheint als die schleimige Aussonderung, womit nackte Plasmamassen stets umgeben sind. Die Plasmodien sind sehr verschieden gestaltete, meist ver- ästelte, netzförmig verbundene Adern, seltener unförmliche Massen oder glatte Schleimtropfen**). Da das Bilden und Einziehen von Aesten und Aestchen so stattfindet, dass nach bestimmten Rich- tungen die Expansionen (das Wachsen) das Uebergewicht zeigen über die Contractionen (die Abnahme), so muss der ganze Körper des Plasmodiums nach bestimmter Richtung hin allmählig seinen Ort verändern, er kriecht auf seiner Unterlage fort. Im Innern des Plasmodiums und aller seiner Aeste befindet sich ein Theil der *) De Bary, Mycetozoen 8. 2. =, De Bary, 378:.0. 8. 35. 120 Ernst Hallier, mit Körnchen erfüllten Grundmasse in strömender Bewegung, bald vorwärts, bald rückwärts, stets in der Längsrichtung des Astes. Diese Ströme verlaufen in einer peripherischen Schicht, welche keinen Antheil an dieser Bewegung nimmt, wie in einem Kanal- system; indessen ist ein solches in der That nicht vorhanden, viel- mehr wird häufig ein grösserer oder kleinerer Theil der periphe- rischen Schicht mit in die Strömung hineingerissen. Diese Strö- mungen der Plasma’s sind offenbar nichts Anderes als eine noth- wendige Folge der Contractilität und der von dieser abhängigen Gestaltänderungen der peripherischen Schicht. Wenn diese durch Expansionen wächst, so findet natürlich ein Einströmen der cen- tralen Massen in die neugebildeten Theile statt, wenn sie aber durch Contraction abnimmt, tritt die Rückströmung ein. Was nun die Contractilitit des Plasma’s selbst anbelangt, so ist dieselbe eine Thatsache, die wir vorläufig einfach hinzunehmen haben, wie sie ist. Zur Aufdeckung ihrer Ursache würde jedenfalls eine ge- nauere Kenntniss von der Molecular-Constitution der tropfbar- flüssigen und zähflüssigen Körper vorangehen müssen, eine rein physikalische Aufgabe, deren Lösung die allerwichtigsten Probleme der Physiologie lösbar machen würde. Aus den Plasmodien ent- wickeln sich die Sporangien, indem jene zunächst die Form der fer- tigen Sporangien annehmen”). Diese bekleiden sich nun mit einer Membran, innerhalb welcher sich das Plasma zu dem gleichförmig feinkörnigen Sporenplasma umbildet. In diesem sieht man zahl- reiche Kerne auftreten, deren jeder einen kleinen Nucleolus besitzt. Um jeden Kern sammelt sich eine bestimmte Menge Protoplasma welche sich nach aussen mittelst einer ausgeschiedenen Membran zur Spore abgrenzt. Das ganze Sporenplasma wird auf diese Weise zur Sporenbildung verwendet bis auf einen verhältnissmässig klei- nen Theil, welcher, gewissermassen übrig bleibend, das oben er- wähnte Capillitium ausbildet. Die Sporen treiben, soweit es bis jetzt bekannt ist, niemals Keimschläuche, sondern entlassen eine (seltener mehre) Schwärmzelle, welche anfänglich, ähnlich den Zoosporen, mit einer Cilie versehen ist, später jedoch die Be- schaffenheit einer Amöbe annimmt. Cienkowsky hat gezeigt, dass diese Amöben, nachdem sie sich mehrmals durch Einschnü- rung getheilt haben, sich in grösserer Anzahl zusammenfliessend vereinigen und dadurch Plasmodien bilden. Die Schwärmer be- *) De Bary, a. a. O. 5. 55. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 121 sitzen eine oder einige Vacuolen an demjenigen Ende, welches der Cilie entgegengesetzt ist; von diesen befindet sich eine in pulsi- render Bewegung. Schon die aus mehren Amöben zusammen- geflossenen kleinen Plasmodien (Myxamöben) nehmen feste Kör- per in sich auf, welche ihnen in den Weg kommen. De Bary vermuthet, dass diese festen Körper den Plasmodien als Nahrung dienen, ohne freilich den geringsten stichhaltigen Grund für diese Ansicht angeben zu können; im Gegentheil werden z. B. Stärke- körner nicht merklich verändert. Die Aufnahme fremder Stoffe aber und die Ausbildung von Vacuolen um solche Ingesta dient De Bary als Hauptbeleg für die thierische Natur der Myxo- myceten. Nach den Untersuchungen von Cienkowsky, De Bary und Wigand würde sich also ein einfacher Kreislauf im Genera- tionswechsel der Myxomyceten herausstellen: Die Sporen entlassen Schwärmer; diese bilden sich zu Amöben aus, welche, zahlreich vereinigt, die Plasmodien aufbauen, aus denen dann die Sporen- früchte sich hervorbilden. Dass dieser Kreislauf nicht nothwendig der einzig mögliche sein müsse, sollte billigerweise als selbstver- ständlich angesehen werden, so wenig De Bary das auch zugeben wird, da er*) Berkeley’s Angabe der Keimung einer Trichia mittelst eines Keimfadens völlig wegwerfend behandelt. Dass aber ein so gewiegter Beobachter wie Berkeley sich hier getäuscht haben sollte, bedarf erst noch stärkerer Belege. Wenn die Sporen von Trichia im Wassertropfen Schwärmer hervorbringen, so ist damit noch nicht ausgemacht, dass sie unter allen Umständen keine andere Keimungsform besitzen. Die Vorstellung, als ob jeder Or- ganismus nur an einen einzigen engen Kreislauf gebunden sein könne und müsse, ist zu einem der Botanik höchst nachtheiligen Dogma geworden. Um wieder auf die Myxomyceten zurückzukom- men, so können die Schwärmer sowohl als die Myxamöben und Plasmodien durch Mangel an Feuchtigkeit in einen Ruhezustand versetzt werden, wovon es drei verschiedene Formen giebt. Die Schwärmer werden nach Cienkowsky durch Ausscheidung einer festeren, oft membranartigen äusseren Schicht zu Microcysten. Beim Wiederfeuchtwerden nehmen diese wieder Schwärmerzustand an, entweder ohne Weiteres oder nach Zurücklassung der Mem- bran. Die Microcyste behält ihren Kern, während die Vacuolen “\ra. a. 0. S. 79. 122 Ernst Hallier, verschwinden, um erst beim Wiederaufleben des Schwärmers aufs Neue hervorzutreten. In ähnlicher Weise umgeben sich auch Myxamöben oder kleine Plasmodien mit einer Cyste, wodurch die sogenannten derbwandigen Cysten gebildet werden. Sie enthalten oft weit grössere Plasmakörper, nicht selten mehrere derselben oder die Cysten in Colonieen vereinigt. Endlich bilden sich aus aus- gewachsenen Plasmodien förmliche Sclerotien, Gebilde, welche in der That den Sclerotien anderer Pilze ganz analog zu sein schei- nen. Ihre Bildung geht dadurch von Statten, dass das Plasma in eine Anzahl von rundlichen oder sich an einander abplattenden Zellen zerfällt. Diese sind mit Membranen versehen, welche durch Jod und Schwefelsäure gebläut werden. Beim Wiederaufleben bil- den sich die Sclerotien wieder zu Plasmodien um. De Bary folgert nun aus seinen wie aus seiner Mitarbeiter Forschungen über die Schleimpilze erstlich, dass die Plasmodien Zellen seien. Ob man eine Plasmamasse schon vor der Ausschei- dung einer Membran Zelle nennen soll, ist eine rein willkührlich zu entscheidende Frage; da aber der Name Plasmodium einmal eingeführt ist, so dürfte dieser als zur guten Unterscheidung ge- eignet auch beizubehalten sein. Ueber andere nackte, aber be- stimmt geformte Plasmakörper werde ich unten meine Ansicht mittheilen. Man thut aber gut, auf jeden Fall das Plasmodium als den unvollkommeneren oder früheren, einfacheren Zustand von der mit Wand versehenen Zelle zu unterscheiden. Noch weniger glücklich ist De Bary in der Aufstellung derjenigen Gründe, aus welchen eine so gänzliche Verschiedenheit der Myxomyceten von den Pilzen zu folgern wäre, dass beide Gruppen in verschiedene Familien, Klassen oder gar Reiche gestellt werden müssten. Die Pilze sollen nach De Bary alle vegetative Zelltheilung in den mehrzelligen Fäden in der gleichen Richtung vornehmen, der Faden soll stets Zellreihe bleiben, seine Elemente sollen niemals nach zwei oder drei Raumdimensionen geordnet sein”). Diese Ansicht wider- spricht De Bary’s eigenen Ansichten über die Ustilagineen, wo nach ihm bei einigen Gattungen (Ustilago u. a.) der ganze Faden in Glieder zerfällt. Genau so ist es bei den Oidien. Wenn nun bei den Ustilagineen die Glieder sich zu Sporen ausbilden, so ist das bei den Oidien, wie z. B. bei den auf gährenden Flüssigkeiten vorkommenden, durchaus nicht der Fall, weil hier die neugebilde- *) a. a O. S. 109. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 123 ten Glieder sofort keimfähig sind. In beiden Fällen aber, bei den Ustilagineen-Formen und bei den Oidien, welche zum Theil nichts Anderes sind als unreife Zustände (Schimmelformen) von jenen, zerfällt sehr oft das Plasma nach zwei, ja nach drei Dimensionen und bildet compakte Zellenmassen nach den 2—3 Richtungen. Der ganze angebliche Unterschied zwischen dem Wachsthum der Pilze und der übrigen Kryptogamen ist also ein rein schematischer, der aber leider zum starren Dogma erhoben worden ist. Wir werden weiter unten zahlreiche Beispiele kennen lernen für eine rein vege- tative Zellenvermehrung der Pilze nach zwei bis drei Dimensio- nen. Wenn also auch der Einwand, dass die Myxomyceten einem anderen Zellenbildungsgesetz folgten als die Pilze, sich durchaus nicht streng festhalten lässt, so bleibt doch, soweit wir die Myxo- myceten bis jetzt kennen, ein auffallender Unterschied in der gan- zen Morphologie dieser merkwürdigen Organismen stehen. Sicher aber darf man annehmen, dass unsere Kenntniss von den Schleim- pilzen noch eine überaus ungenaue und unvollständige ist. Man thut daher wohl, diese Gruppe vorläufig den übrigen Pilzgruppen beizuordnen, zumal, da auch diese noch scheinbar so gewaltige morphologische Verschiedenheiten zeigen, dass man ihre Unter- abtheilungen wie z. B. die Hymenomyceten und Ascomyceten, wohl füglich in ganz verschiedene Familien oder Klassen bringen könnte. So lange aber die Mykologie noch in den Windeln liegt, wäre eins so thöricht als das andere. Wir werden nun aber obendrein weiter unten sehen, dass die übrigen Pilze in mancher Beziehung den Myxomyceten keineswegs so ungleich sind, wie man uns glau- ben machen will, dass manche morphologische Eigenthümlichkeiten sämmtlichen bekannten Pilzen zukommen, welche man bisher auf die Myxomyceten beschränkt glaubte. Wenn wir also bis zu ge- nauerer Kenntniss sowohl der Myxomyceten als der Pilze überhaupt uns nicht berechtigt glauben, diese beiden Gruppen von einander zu trennen, so entsteht weiter die zweite Frage: Sind die Pilze überhaupt unzweifelhafte Pflanzen ? So gerecht die Einwürfe von Wigand *) und Cien- kowski**) gegen die Ansicht De Bary’s von der thierischen *) A. Wigand, Zur Morphologie und Systematik der Gattungen Trichia und Arcyria. Pringsheim’s Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. Berlin 1863 Bd. III. S. 1—58. **) L. Cienkowski, Zur Entwickelungsgeschichte der Myxomyceten. 124 Ernst Hallier, Natur der Myxomyceten und von der Trennung dieser Gruppe von den Pilzen auch sind, weil De Bary diese Ansicht auf un- . vollständige Analogieen, unvollständige Beobachtungen und eme falsche Ansicht von der Zellenvermehrung der Pilze gründet, so ist doch die Frage, ob die Pilze unzweifelhafte Pflanzen sind, nicht leicht zu beantworten. Vergleichen wir die Pilze nach zwei Rich- tungen hin mit den niedrigsten Pflanzenfamilien, nämlich erstens bezüglich ihrer physiologischen Eigenschaften, insbesondere ihrer Ernährung und zweitens in morphologischer Beziehung. 1) Physiologische Eigenschaften der Pilze, Ernäh- rung und Athmung. Die Pilzzelle besitzt ein sehr stickstoffreiches Plasma, welches durch Jod dunkler oder heller braun gefärbt wird. Die Membran derselben ist häufig nicht durch Jod und Schwefelsäure blau zu färben; weit häufiger gelingt indessen die Färbung, als man in der Regel glaubt, nur erfordert die Reaktion grosse Vorsicht und Sorg- fallt. Wenn z. B. De Bary behauptet”), Rhizopus nigricans Ehrenb. werde durch Jod und Schwefelsäure nicht blau gefärbt, so beruht das auf mangelhafter Beobachtung. Legt man die jun- gen Hyphen von Rhizopus einige Minuten lang in Wasser und setzt nun vorsichtig das Reagens zu, so gelingt die Reaktion aus- gezeichnet, weniger sicher, wenn rasch Chlorzinkjod oder Jod und Schwefelsäure hinzu treten. Bei raschem Zutritt desselben in kon- zentrirter Form macht es die Membraun stark quellen, was stets ein Hinderniss für die Blaufärbung ist, bei diesem wie bei vielen — anderen Pilzen. Da De Bary selbst sagt, er habe früher Rhizo- pus mit Mucor mucedo verwechselt, so hat seine ganze Angabe keinen Werth, denn diese beiden Pilze kann Keiner mit einander verwechseln, der sie einmal gesehen hat. Nach meinen Untersu- chungen färben sich die meisten Mucores durch Chlorzinkjod blau oder violett bei vorsichtiger Anwendung. Sehr schön z. B. färbt sich der Mucor scarlatinosus m., dessen Micrococcus im Blut der Scharlach-Kranken vorkommt. Jod und Schwefelsäure macht da- gegen seine Membran nur quellen und löst dieselbe. Einzelne Pilze werden sogar durch Jod allein blau gefärbt, so dass die Ebendaselbst Bd. III S. 325—337 ; ferner von demselben Verfasser: Das Plas- modium. Ebendaselbst Bd. III 5. 400—441. *) A. De Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxomyceten. Leipzig 1866. 5S. 7. Die Parasiten der Infektionskrankheiten. 125 ‘Wand aus einem stärkeähnlichen Stoff zu bestehen scheint. Dafür hat schon Schacht ein Beispiel angeführt. Die Sporenwand wird seltener gefärbt als der Sporenträger oder die das Sporangium tragende Hyphe. Ein sehr interessantes Beispiel für die Färbung des Sporeninhalts wie des Inhalts der Keimfäden führt H. Hoff- mann*) an, nämlich bei Lecythea rosae Lévy. Bisweilen gelingt die Blaufärbung, nachdem man die Pilzzellen mehre Stunden lang in Kali oder Salpetersäure eingeweicht hat. Bei dem Fliegenpilz: Empusa oder Entomophthora gelang es nach 24stündigem Ein- weichen in Kali causticum, einzelne Zellen durch Chlorzinkjod schwach blau zu färben. Im Allgemeinen ist die Färbung bei allen Pilzen schwach, bei welchen die Membran durch das Reagens starke Quellung erleidet. Gewöhnlich bleibt sie in solchen Fällen farblos, seltener färbt sie sich bräunlich. Die nicht stark quellen- den Membranen werden, wenn nicht blau, in der Regel braungelb oder bräunlich gefärbt, was ohne Zweifel auf die Aufnahme stick- stoffhaltiger Materien zu deuten ist. Im Alter nimmt der Stick- stoffgehalt zu, daher gelingt die Cellulosereaction auch bei solchen Zellen nicht mehr, wo sie in der Jugend leicht möglich war. Es findet ferner ein Verholzungsprozess statt bei andauernden Pilz- zellen, unter dessen Einffuss die Wände meist braun, seltener blau, roth oder gelb gefärbt werden. Beachtenswerth ist es, dass die- jenigen Pilzzellen, welche deutlich Cellulosereaction zeigen, meistens, wie z. B. die von Achlya, Peronospora, Mucor-Arten u. a. nicht verholzen, sondern sehr vergänglich sind. Im Ganzen weis man über die Zusammensetzung der Zellenwand bei den Pilzen so gut wie nichts und die Annahme einer besonderen Pilz-Cellulose ist jedenfalls verfrüht. Interessante Beobachtungen hat Harz**) ge- macht über einen Verharzungsprozess der Zellenwände bei Poly- porus officinalis Fries. Das Plasma der Pilzzelle ist anfangs dicht, meist stark lichtbrechend, und nimmt wie bei den Pflanzen- zellen unter Vacuolenbildung Wasser und wässerige Lösungen auf. Es besteht gewöhnlich aus zwei Substanzen, nämlich einer klaren, selatinös-schleimigen Grundsubstanz und darin eingebetteten klei- nen Kernen (Cocci), welche, wie wir später sehen werden, oft eine morphologische Bedeutung haben. Ausserdem sind Oeltropfen oder grössere Mengen Oels ein ganz gewöhnliches Vorkommniss im *) Pringheim’s Jahrbücher für wissensch. Botanik. II S. 275. **) 0. O. Harz, Beitrag zur Kenntniss des Polyporus officinalis Fries, Moskau 1868. 126 Ernst Hallier, Plasma oder im Zellsaft der Pilze. Wahrscheinlich besitzt jeder Pilz fette Oele und manche Pilze sind im Stande, aus einem an Kohlenhydraten reichen Substrat fettes Oel abzuscheiden. Auf welche Weise der Pilz das fette Oel ausserhalb oder innerhalb seiner Zel- len produzirt, ist völlig unklar. Die fetten Oele scheinen den Pil- zen als Reservenahrung zu dienen und es ist jedenfalls beachtens- werth, dass sich hierin die Pilze wie Thiere verhalten. Sie bilden keine Stärke und kein Chlorophyll, sie können also durchaus nicht assimiliren unter dem Einfluss des Lichtes, sie lagern gar keine Reservenahrung im Innern der Zellen in bestimmt geform- ten Körnern ab. Hierin unterscheiden sie sich von den meisten Pflanzen ganz wesentlich. So bedeutend aber auch dieser Unter- schied ist, muss man sich doch hüten, danach allein vorschnell die Pilze von den Pflanzen trennen zu wollen, denn die phanerogami- schen Schmarotzer, welche, wie z. B. die Monotropeen, Verwandt- schaft zu hoch entwickelten Familien zeigen, oder gar, wie manche Orchideen, nur schmarotzende Gattungen einer sonst chlorophyll- führenden Familie sind, verhalten sich dessenungeachtet in den meisten Beziehungen in ihrer Lebensweise und Assimilation den Pilzen sehr ähnlich. Nur die Bildung fetter Oele spielt bei den phanerogamischen Schmarotzern theils gar keine, theils eine sehr unwesentliche Rolle und hat wenigstens für die Pilze eine weit srössere Bedeutung als für diese. Wenn man alle diejenigen Pflanzen als Parasiten auffasst, welchen die Assimilation unter dem Einfluss des Lichtes oder, mit anderen Worten, welchen die Chlo- rophyllbildung fehlt, und wenn man den Ausdruck Parasiten nur auf solche Pflanzen streng anwendet, dann sind sämmtliche Pilze ächte Parasiten. Und gewiss kommt es hier hauptsächlich auf die Lebensweise an. Die Pilze leben nur von organischen Verbindun- gen, das ist das Wesentliche bei der Sache. Ob diese Verbindun- gen ihnen in belebter oder lebloser Form dargeboten werden, ist weit weniger wichtig für die Definition. Man hat wohl die Pilze in Saprophyten und Parasiten eintheilen wollen, aber diese Ein- theilung ist mindestens überflüssig und, wenn sie von systematischer Bedeutung sein soll, sogar falsch; denn bis jetzt ist noch Keine Pilzspecies aufgefunden, welche nicht sowohl parasitische als sapro- phytische Formen gleichzeitig aufzuweisen hätte, d. h. auf belebten und leblosen Körpern leben könnte. Aber selbst die nämliche Form, welche im Innern lebender Gewebe zuerst gefunden wurde, kann man oft im Innern eines leblosen passend gewählten Sub- Die Parasiten der Infektionskrankheiten. 27 strates zur Entwickelung bringen. So gelingt es leicht, im Innern stärkereicher, ausgekochter Gemische den Staubbrand: Ustilago carbo Tul. zur Fruktifikation zu bringen, während derselbe nor- maliter im Innern von Getraidekörnern sich entwickelt, indem sein Mycelium in das Keimpflänzchen eindringt und den ganzen Halm durchzieht, um endlich im Fruchtknoten zu fruktifiziren. Dasselbe Experiment gelingt bei mehren anderen Brandpilzen. Soweit es bis jetzt bekannt ist, bildet jede Pilzspecies Hefe aus; die Hefe kann aber nicht nur in abgestorbenen Pflanzen- und Thierleichen, sondern sogar in Flüssigkeiten vegetiren, welche man aus organischen Verbindungen künstlich zusammengesetzt hat. Die Kernhefe (Micrococcus) kommt im Blut des Menschen und der Säugethiere vor; die Kernhefe des nämlichen Pilzes setzt aber ihr Leben auch im Leichnam fort und endlich kann man sie m eine Mischung von gekochtem Brunnenwasser mit etwas Zucker und einer gehörigen Menge eines Ammoniaksalzes in ungeheuren Mas- sen künstlich erziehen. Diese kleinen Zellen wären also Parasiten und zugleich Saprophyten in doppeltem Sinne. Wir werden aber weiter unten sehen, dass auch aus morphologischen Gründen diese Unterscheidung gänzlich sinnlos ist. Ueber die Ernährung der Pilze weiss man eigentlich ausser dem erwähnten kahlen Faktum, dass dieselben ohne vorgebildete organische Verbindungen nicht leben können, nur äusserst wenig. Ueber die Art der Wanderung der Stoffe innerhalb der Pilzzellen ist ebenso wenig bekannt wie über die Art der Aufnahme. Die lehrreichsten Vorgänge bezüglich der Ernährung der Pilze sind die Gährungsprozesse. Bei der Alkoholgährung wird der Zucker (Traubenzucker) in Alkohol und Kohlensäure zerlegt. Die Kohlen- säureblasen sieht man deutlich von den Hefezellen (Uryptococcus) aufsteigen“). Die beiden Produkte der Gährung werden vom Pilz nicht aufgenommen; der Alkohol ist für diesen sogar bei bestimm- ter Konzentration ein tödtliches Gift. Der Pilz kann hier also gewissermassen nur den Anstoss geben zur Zersetzung seines Mut- terbodens, denn die Hefe ist nur in verhältnissmässig geringer Menge vorhanden und namentlich ist die vom Pilz verbrauchte *) Vgl. E. Hallier, Gährungserscheinungen. Untersuchungen über Gäh- rung, Fäulniss und Verwesung, mit Berücksichtigung der Miasmen und Conta- gien sowie der Desinfection, für Aerzte, Naturforscher, Landwirthe und Tech- niker. Leipzig 1867. S. 17 ff. I, 2. 9 128 Ernst Hallier, Materie unbedeutend im Verhältniss zu dem produzirten Alkohol. Die Chemiker nannten das Kontaktwirkung, womit freilich nur ge- sagt ist, dass die Wirkung von der Pilzzelle ausgeht, dass sie aber eigentlich unerklärlich ist. Fast noch merkwürdiger ist die Bil- dung der Milchsäure durch die Gliederhefe (Arthrococcus), denn diese ist eine blosse Umsetzung des Milchzuckers (C'*? H!? O') in Milchsäure (C° H® 0°). Anders ist es schon bei der Essigsäure- giihrung, denn bei dieser wird durch Gliederhefe (Arthrococcus) dem Alkohol Wasserstofi entzogen und Sauerstoff aus der Luft zu- geführt. Hier wird also wirklich ein Theil ‘des Substrats von der Pilzvegetation verbraucht und ausserdem findet unter dem Ein- fluss des Pilzes eine Zufuhr von Sauerstoff aus der atmosphäri- schen Luft statt”). Noch weniger als von den genannten Gährungs- vorgängen weiss man bezüglich der Rolle, welche der Pilz über- nimmt, bei den Fäulnissprozessen oder ammoniakalischen Gährun- gen, welche durch Kernhefe (Micrococcus) eingeleitet werden. Pasteur hat gezeigt, dass bei den meisten Gährungsprozessen die Pilze Sauerstoff aufnehmen und Kohlensäure frei machen. Sie nehmen den Sauerstoff entweder aus der Luft; so bei den Ver- wesungsprozessen und bei langsamen Gährungen; oder sie entzie- hen ihn dem Substrat, so bei Fäulnissprozessen und raschen Gäh- rungen. Wenn De Bary**) diese Ansicht Pasteur’s als eme „geistreiche Hypothese“ ansieht, so hat er Pasteur nicht ver- standen, welcher obige Fakta durch genaue Analysen nachgewiesen hat”). Die Aufnahme von Sauerstoff und Abscheidung von Kohlensäure ist aber gar nichts den Hefepilzen Eigenthümliches, sondern folgt aus der parasitischen Natur dieser Gruppe. Diese Eigenschaft haben bekanntlich die Pilze nicht nur mit allen Thie- ren, sondern auch mit sämmtlichen chlorophylifreien Pflanzen und Pflanzentheilen gemein. Von Athmung kann nach dem Vorstehen- den bei den Pilzen streng genommen ebenso wenig die Rede sein *) Dass das Plasma der Pilze, mag dasselbe nackt oder von einer Zell- wand umschlossen sein, Sauerstoff aus der Luft aufnimmt und an das Substrat abgiebt. Was de Bary (Morphol. u. Physiol. S. 13) von einem Stoff erzählt, der in bestimmten Pilzen vorkommen soll, in deren Zellsaft gelöst sei und Sauerstoff absorbire, ist rein aus der Luft gegriffen. Bei der üblichen Filtrir- methode gehen stets kleine Cocei (Plasmakerne) durch das Filtrum; sie absor- biren den Sauerstoff und jener besondere im Zellsaft angeblich gelöste Stoff existirt nur in der Einbildungskraft de Bary’s. **) Morphol. u. Physiol. d. Pilze S. 233. **) Vol. meine „Gährungserscheinungen“ 8. 19 ff. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 129 wie von Assimilation, denn die Abscheidung der Kohlensäure lässt sich kaum unter diesen Begriff bringen. Sehr interessant sind die Versuche von Jodin, aus welchen hervorgeht, dass die Pilze aus der Luft Stickstoff aufnehmen können, wenn derselbe dem Sub- strat fehlt. Diese Versuche konnte ich, nach einer etwas anderen Methode ausgeführt, bestätigen; indessen fehlt es noch an einer srösseren Zahl genauer quantitativer Bestimmungen, um Jodin’s und meine Versuche über allen Zweifel zu erheben. Es muss erst- lich nachgewiesen werden, um wieviel die im Substrat enthaltenen Pilze mit ihrer Vermehrung ihren Stickstoffgehalt vergrössert ha- ben, zweitens, um wieviel ein bestimmtes Luftquantum an Stickstoff eingebüsst hat. Endlich wäre noch zu untersuchen, ob das Sub- strat bei der Stickstoffabsorption irgendwie betheiligt ist. Eine sehr leicht zu konstatirende Thatsache ist die Ausschei- dung von Wasser. Diese ist eine doppelte. Erstlich scheiden die meisten Schimmelformen, Sclerotien, aber auch viele der höheren Pilzformen, an der Spitze der Hyphen oder an der Aussenfläche des Pilzkörpers Wasser aus. Ausserdem aber scheiden auch die Schimmel- und Hefepilze aus einem lufttroeknen Substrat, wie z. B. Stärke, Wasser ab, welches wohl zum Theil aus der Atmo- sphäre stammt, zum Theil aber sicherlich aus dem Substrat abge- schieden wird als Zersetzungsprodukt. Auch hier würde ein ge- nauer quantitativer Nachweis eine dankenswerthe Arbeit sein. Bei’m Verdunsten des Wassers bleiben oft Exkrete, besonders Krystalle oxalsauren Kalks zurück, welche sich bei vielen Pilzen auf der Aussenfläche, seltener im Innern der Zellen, ausscheiden. Uebrigens sind die Krystallbildungen der Pilze noch viel zu wenig bekannt, und sie, wie de Bary es thut, in Bausch und Bogen für oxalsauren Kalk zu erklären. Die Geschwindigkeit des Wachsthums, im Allgemeinen eine Funktion der spezifischen Natur des Pilzes einerseits, sowie der Feuchtigkeit, der Temperatur, der Nahrung andererseits, ist, wie schon hieraus folgt, sehr verschieden bei verschiedenen Pilzarten. Im Allgemeinen wachsen die vergänglichen Pilze rascher, die ver- holzenden langsamer. So entwickelt sich der Riesenbovist in weni- gen Stunden zu voller Grösse, während mehre Arten der Löcher- pilze (Polyporus) dazu Monate gebrauchen. Es ist leicht, durch eine grössere Zahl von Messungen bei konstanter Temperatur in möglichst kleinen Intervallen die Wachsthumsgeschwindigkeit des einzelnen Pilzfadens zu ermitteln. Selbstverständlich müssen solche 9% 130 Ernst Hallier, Messungen an Pilzen ausgeführt werden, welche sich in freier Luft befinden, nicht etwa in einer feuchten Kammer, denn die Hem- mung des freien Luftzutritts hat stets eine Verlangsamung des Pilzwachsthums zur Folge, wenigstens bei Schimmelformen. Die fleissigen Beobachtungen von E. Löw *) sind daher fast ganz werthlos, weil er eine feuchte Kammer dazu benutzte. Die von ihm gefundenen Werthe sind daher viel zu gering ausgefallen. Der Mucor, welcher in der Form seiner Kernhefe (Micrococ- cus) im Blut der Scharlachkranken vorkommt und den wir vor- läufig Mucor scarlatinosus nennen wollen, wächst an den frucht- tragenden Hyphen nach meinen Messungen bei einer Temperatur von 12° R. täglich um 22/;, mm. Mit ähnlicher Geschwindigkeit wachsen die Hyphen der meisten Mucores. Auch die Pinselschim- mel, Arten von Penicillium, Aspergillus, Verticillium u. a. wachsen weit geschwinder bei guter Luftzufuhr, als Löw es für Penicil- lium crustaceum Fr. angegeben hat. Wärme und eine mit Feuchtigkeit nahezu oder ganz gesättigte Luft sind für Pilze nächst der passenden Nahrung die wichtigsten Bedingungen. Die Wärme begünstigt die reifen und höher ent- wickelten Fruchtformen so gut wie die Hefebildungen, die letzten aber in noch höherem Grade, so dass für Pilzkulturen, bei denen es nicht gerade auf Hefebildungen abgesehen ist, oft eine etwas niedrige Temperatur angemessen erscheint, weil sonst die Hefe- bildungen zu sehr überhand nehmen und störend dazwischen treten. Ueber den Wärmegrad, welchen die Pilze zur Keimung, Vegeta- tion und Fruchtung nothwendig gebrauchen, über Wärmeminimum und Wärmeguantum, ist bis jetzt noch wenig Genaues ermittelt. Bei einer Temperatur von 0° R. sah ich verschiedene Schimmel- pilze gänzlich im Wachsthum stehen bleiben. Der Micrococcus des Cholerapilzes vermehrte sich schon bei 9° R. nicht mehr, so dass Fleisch, welches ihm bei dieser Temperatur ausgesetzt wurde, frisch blieb. Zur Keimung bedürfen die Ustilagineen und, wie es scheint, alle derbwandigen Sporen einer höheren Temperatur als die Schimmelsporen. Bei niedriger Temperatur geht bei jenen die Keimung ungleich langsamer von Statten, während bei den Schim- melpilzen der Unterschied weit unbeträchtlicher ist. Nach anhal- tendem Kochen im Wasser werden nach Pasteur’s wie nach meinen *) E. Löw, Zur Physiologie niederer Pilze. Aus den Verhandl. d. k. k. zool. botan. Gesellsch. in Wien. 1867. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 131 Versuchen nicht nur alle Sporen, sondern überhaupt alle Pilzzel- len keimungsunfähig. Jedoch muss bei allen Hefeformen (Micro- coccus, Bacterien, Vibrionen u. s. w.) das Kochen stundenlang fort- gesetzt werden, weil diese Organismen oft in wenigen Minuten noch nicht getédtet werden. In feuchter Umgebung oder im Was- ser sind 100° bis 105° C. die Grenzpunkte für die Pilzvegetation nach oben, ebenso der Gefrierpunkt nach unten. Dass einge- frorene Sporen nach dem Aufthauen oft noch keimfähig sind, ist indessen gewiss und die untere Grenze ist bis jetzt noch weniger genau ermittelt als die obere. Pasteur hat gezeigt, dass in trockener Luft die obere Temperaturgrenze weit höher liegt. Peni- cillium-Sporen bleiben nach ibm bei 108° C. unverändert, bei 119° — 121° C. büssen viele ihre Keimfähigkeit ein, bei 127°— 132° alle. Dass ’die Ustilagineen und ähnliche Pilze durch unsere Tem- peraturminimen von — 20° bis — 30° C. im Winter nicht getödtet werden, ist bekannt. Exakte Versuche darüber liegen nicht vor. Manche werthvolle Angabe über die Keimungsbedingungen der Pilzsporen hat Hoffmann gemacht”). Vom Licht sind die Pilze unabhängiger als die übrigen Pflanzen, was schon aus ihrer Un- fähigkeit, zu assimiliren, folgt. Hoffmann hat schon 1860 ge- zeigt, dass Penicillium und einige andere Pilze vom Licht in ihrer Keimungsfähigkeit und ihrem ganzen Wachsthum völlig unabhän- gig sind, für Penicillium habe ich das bestätigt, im Jahr 1867 ist es von Löw bestätigt worden. Mehrere Schimmelpilze bilden Krümmungen gegen das Licht, so z. B. viele Mucores, das Core- mium**) Coniothecii syphilitici u.a. Die einfachen Pinselschimmel sind in der Richtung ihrer Hyphen dagegen ganz unabhängig vom Licht. Aspergillus glaucus Lk. grünt und vegetirt nach meinen Untersuchungen besser im Finstern als im Lichte bei sonst glei- chen Bedingungen. Viel besprochen ist die Thatsache, dass einige, besonders tropische Pilze im Finstern leuchten, über die Ursache ist aber nichts Sicheres und Genaues bekannt. *) H. Hoffmann, Untersuchungen über die Keimung der Pilzsporen. Pringsheim, Jahrbücher für wissensch. Botanik. Bd. II. S. 267 — 337. Berlin, 1860. *) D. h. die Stämmchenbildung des Coniotheeium syphiliticum, dessen Mi- crococcus das Rlut der an constitutioneller Syphilis Erkrankten bewohnt. 132 Ernst Hallier, 2) Morphologische Eigenthümlichkeiten der Pilze. a) Die Pilzzelle. Die Pilzzellen unterscheiden sich von denjenigen der meisten echten Pflanzen ausser den oben angeführten Abweichungen im Chemismus und in der Ernährung durch das Fehlen des Zellen- kerns oder Kytoblasten. Nur in wenigen noch zweifelhaften Fäl- len kommen den Kytoblasten der meisten Gewächse ähnliche Bil- dungen vor, so z. B. in den Sporen vieler Ascomyceten. Bei Mu- cor mucedo Fres. sieht man an älteren Fruchthyphen, welche sich stets durch die Bildung zahlreicher Scheidewände auszeichnen (Taf. III, Fig. 3), an einzelnen dieser Scheidewände einen centralen wandständigen Kern (Taf. III, Fig. 2k); ob aber dieser Kern dem Kytoblasten analog sei, möchteich nicht entscheiden. Eine Erschei- nung, welche wohl noch weniger den Kytoblasten analog sein dürfte, sieht man sehr häufig an kräftigen, nicht oder wenig septirten Fruchthyphen des genannten Pilzes. Solche bandiörmige Hyphen nämlich zeigen oft, ja im Alter meistens, eine grosse Anzahl un- regelmässig oder bisweilen fast regelmässig vertheilter sehr kleiner Kerne (III, 6, k). Ihre Grösse ist etwas verschieden; sie schei- nen allmählig zu wachsen. Die grössten unter ihnen (III, 6, k‘) las- sen eine Grenzlinie und einen centralen Punkt deutlich unter- scheiden. Oft sieht man nun ausser diesen Kernen weit grössere (III, 5, k), welche sich ebenfalls aus den kleineren zu entwickeln scheinen. Sie haben einen scharfen kreisförmigen Umriss und im Innern meist eine grössere Anzahl sehr kleiner kernartiger Kör- perchen. Gar nicht selten sieht man in einem Faden sowohl ein- kernige (III, 5, k’) als mehrkernige (III, 5, k“) Gebilde, so dass beide eines Ursprunges zu sein scheinen, ja gar häufig finden sich beide Formen bei septirten Hyphen innerhalb einer und derselben Zelle neben einander (III k und k’). Es ist übrigens nicht un- möglich, dass diese Gebilde den interstitiellen Macroconidien (III, 4, m) verwandt sind und in diesem Fall haben sie gewiss mit Kytoblasten nichts gemein. Wie es sich auch verhalten möge mit dem Kytoblasten der Pilze, jedenfalls spielt er bei den rein vegetativen Zellen keine we- sentliche Rolle und vielen Zellen, ja den meisten fehlt er jeden- falls ganz, denn die Entschuldigung, dass man ihn wegen seiner Kleinheit könne übersehen haben, ist doch eine etwas seltsame Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. 133 Ausflucht, wenn man sich einer mehr als 2000fachen Linearver- grösserung bedienen kann. Sollte der Kytoblast übersehen sein, so müsste er bei solcher Kleinheit doch eine ganz andere Funktion haben als derjenige der Pflanzen. Weit wichtiger für die Zelle in der gesammten organisirten Welt, ganz besonders aber bei den niederen Organismen, ist das Plasma; beginnen wir daher mit der Betrachtung seiner Eigen- thümlichkeiten bei den Pilzen. Das einfachste selbstständige Wesen bei den Pilzen ist ein blosses Plasmaklümpchen, Plasmakern oder Coccus genannt. Der- gleichen nackte Cocci bilden namentlich den Micrococcus, welcher die ammoniakalischen Gährungen, d.h. die Zersetzungen stickstoff- reicher Körper, soweit diese überhaupt von Organismen abhängig sind, einleitet. Der Mikrococcus oder die Kernhefe kommt in allen möglichen stickstoffreichen Körpern vor, in jeder faulenden, Hüssi- gen oder breiartigen Substanz, im Käse, im Blut und in anderen Sekreten bei den Infektionskrankheiten der Säugethiere, insbeson- dere des Menschen. In Figur 12 Taf. I haben wir den Mikro- coccus aus dem Blute eines Scharlachkranken dargestellt. Man sieht bei den allerstärksten Vergrösserungen nichts Anderes als eine kleine kugelige sehr glänzende Plasmamasse (m Fig. 12 Tat. I) ohne Hülle und ohne vom Plasma verschiedenen Inhalt. Statt der Hüllmembran sind diese Micrococci mit einer sehr weichen, gelati- nösen Aussenschicht versehen, die übrigens jedem nackten Plasma zukommt. Da sie sich durch Zweitheilung rasch vermehren, so bilden sie oft, durch die gelatinöse Aussenschicht verklebt, grosse Massen, Nester oder Gallertstöcke genannt (mh Fig. 12 Taf. I). Natürlich besitzen sie diese Gallertschicht auch dann, wenn sie im Begriff sind, sich zu theilen. Bei sehr starken Vergrösse- rungen ist diese Gallertschicht oft so deutlich sichtbar, dass man Zellenwände zu sehen glaubt; wirkliche Zellenwände sind aber beim Micrococeus selten oder niemals vorhanden. Sehr schön sieht man die Gelatineschicht beim Micrococcus von Pleospora herbarum Tul. (Fig. 1), wie ich ihn in den Kulturen des Pilzes der Gattine erhielt. Nach Anwendung von Chlorzinkjod färbt sich das Plasma srünlich-braun und im Sonnenlicht erhält man sehr klare Bilder. Der Micrococcus kann wie jedes nackte Plasma mit seines Glei- chen sich zu grösseren Körpern vereinigen. (a Fig. 13) zeigt ein- zelne etwas geschwollene Micrococei; diese vereinigen sich oft zu 3—10 (e Fig. 13 Taf. I), ja nicht selten in weit grösserer Anzahl 134 Eirnsterthallier, (d, e, f, g, h Fig. 13) zu Plasmamassen. In dem erwähnten Falle können sowohl die einzelnen Cocci als auch die Plasmamassen keimen, indem sie je nach der Grösse der Masse dünne (b Fig, 13 Taf. I) oder dickere (d. h. Fig. 13) Keimfäden treiben. In die- sem Falle bleibt das Plasma meist bis zur Keimung eine unförm- liche Masse, welche sich nicht zu einer eigentlichen Zelle um- gestaltet. Sehr häufig dagegen bildet sich der Micrococcus zur Zelle aus, was vom Chemismus und vom Feuchtigkeitsgrad des Bodens abhängt. Wenn z. B. der Boden, auf welchem sich Micrococeus vorfindet, trocken wird, so schwellen die Cocci langsam an. Sie bilden während dessen ein anfangs kleines, aber immer grösser werdendes Lumen aus, indem sie im Innern Flüssigkeit, die sie aufnehmen, in eine Vacuale aussondern, welche das Plasma des wachsenden Coccus immer weiter zurückdrängt, so dass es zuletzt nur noch einen Wandbeleg bildet. Mittlerweile hat das Plasma nämlich nach aussen eine derbe Zellwand ausgebiluet und der Coceus ist zur Zelle geworden. So zeigt die Fig. 14 Taf. I. den Micrococcus aus Cholerastühlen, wie er unter dem Deckglas all- mählig zu Zellen, sogenannten Sporoiden, angeschwollen und aus- gebildet ist. Dieses Beispiel ist der evidenteste Beweis für die Umbildung des Micrococcus zu Sporoiden, da nur Micrococcus auf dem Objektträger war, das Deckglas luftdicht aufgeklebt wurde und so sich die Umbildung des Micrococeus leicht und sicher ver- folgen und controliren liess. Wir haben hier also die einfachste Form der Ausbildung einer Zelle, nämlich die aus einem blossen Plasmaklümpchen, kennen gelernt. Dass die Wasseraufnahme genügt, um eine Vacuole zu schaf- fen, welche zum Zellenlumen wird, kann man sehr schön an den jungen Fruchtträgern der grösseren Mucorarten wahrnehmen. Fig. 11 Taf. I. zeigt die junge Fruchthyphe von Rhizopus nigricans Ehrenb. In Luft betrachtet, hat dieselbe überhaupt kein Lu- men, sondern das Plasma erfüllt den ganzen Faden. Sobald man aber Wasser zusetzt, wird dieses vom Plasma und seiner Zellen- wand aufgesogen und nach Innen geführt, wo sich eine Vacuole bildet, welche rasch wächst, sich in die Länge dehnt und mit keu- lenformigem Ende gegen den jungen Fruchtkörper vordringt, wie es die Figur andeutet. Sehr oft wird dann das weich gelatinöse Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 135 nicht membranöse, Ende der Hyphe geöffnet und das Plasma zum Theil aus der Oeffnung herausgedrängt. Der hier geschilderte Entwickelungsgang ist mit geringen Mo- dificationen jeder Pilzzelle, ja fast jeder Zelle überhaupt eigen. Das anfänglich nackte Plasma geht zwei wesentliche Veränderun- gen ein: erstlich bildet es durch Aufnahme von Flüssigkeit Va- cuolen, die zuletzt zum Zellenlumen werden und zweitens scheidet es eine äussere Membran (Zellwand) aus. Eine Zelle, welche eine grosse Menge von Plasma enthält, ist noch fähig, Tochterzellen hervorzubringen. Ist die Wand noch nicht ausgebildet oder noch in gelatinösem Zustande, so zerfällt einfach das ganze Gebilde in zwei oder mehre Theile (Figg. 1. 15 c, 16 k); ist dagegen die Wand schon derb, so zerfällt das Plasma im Innern der Zelle in zwei oder mehre Theile und nun muss jeder Theil, um zur Zelle zu werden, eine besondere Membran ausbilden. Jede solche Zelle, welche reich ist an Plasma und eben daher noch sich vermehren kann, nennt man Bildungszelle oder Fortbil- dungszelle. Es braucht nicht gesagt zu werden, dass jede jugend- liche Zelle Fortbildungszelle ist. Sobald aber das Plasma auf einen sehr hohen Grad durch die Ausbildung des Lumens entfernt worden ist, so dass es nur noch einen ganz zarten Wandbeleg bil- det, hört die Zelle auf, fortbildungsfähig zu sein und dient nur noch einige Zeit der Ernährung der Nachbarzellen. In diesem Entwickelungsstadium können wir die Zelle Ernährungszelle nen- nen. Wir unterscheiden also Bildungszelle und Nährzelle, wie man -bei den höheren Pflanzen Bildungsgewebe und Nährgewebe unter- scheiden kann und muss. Wenn man z. B. Tilletia caries Tul., d. h. die Sporen des Weizenbrandes, auf künstlich gemischten Substanzen cultivirt, so erhält man im Innern des breiartigen Nährbodens entweder reife Sporen oder blosse Macroconidien, d.h. dieselben im unreifen Zu- stande. Je nach der physikalischen und chemischen Beschaffenheit des Nährbodens sind diese Macroconidien mehr oder weniger reich an Plasma. So enthalten die Macroconidien (Fig. 17 T. I.) noch einen ziemlich grossen Plasmaballen (p); derselbe zeigt aber schon eine oder mehre Vacuolen (v), welche hier mit Oel (0) ausge- füllt sind. Es wird also in diesem: Fall vom Plasma Oel in’s In- nere abgeschieden. Bei schlechter Ernährung (Fig. 18 Taf. I) ver- schwindet das Plasma fast ganz und man sieht nur ein grosses Zellenlumen (c Fig. 18 Taf. 1.) mit einem oder mehren Oel- 136 Ernst Hallier, tropfen *). Natürlich können solche Macroconidien nicht mehr keimen und ebenso wenig können sie Tochterzellen hervorbringen. Sie können keiner anderen Function mehr dienen als der Ernäh- rung von Nachbarzellen, falls sie noch mit solchen in Verbin- dung stehen. Abgesehen von wenigen Fällen, wo sich innerhalb der Zellen ein dem Amylum ähnlicher, aber formloser Körper ablagert, sind die einzigen in Vacuolen oder in das Zellenlumen vom Plasma ab- geschiedenen Reservestoffe Oele. Ausser diesen kann es nur noch solche geben, welche vom wässerigen Zellsaft selbst gelöst sind, die sich natürlich nicht auf bloss optischem Wege nachweisen las- sen. Welche Rolle die Oele bei der Ernährung der Pilze spielen, ist freilich noch völlig unaufgeklärt. Haben wir soeben die Vacuolenbildung durch die Abscheidung von Flüssigkeiten im Innern des Plama’s erklärt, so dürfen wir dabei nicht vergessen, dass Vacuolen ausserdem auch auf eine von der angegebenen durchaus verschiedene Weise entstehen können, nämlich durch die Formelemente (Cocci) des Plasma’s selbst. Wir werden später mehrfach Beispiele kennen lernen, in welchen ein Plasmakern (coccus) durch sein Wachsthum und seinen Lebensakt eine Vacuole um sich ausbildet, welche ihn vom übrigen Plasma trennt. Das Plasma ist oft ganz homogen und durchsichtig oder von gleichférmiger Brechung (Fig. 4 m, 17). In andern Fällen dage- gen lassen sich früh schon in der gleichförmigen Grundmasse klei- nere oder grössere Formelemente, Körnchen, Plasmakerne oder cocci genannt, unterscheiden (Fig. 3 k, 5 k, 11). Man pflegt in solchen Fällen von kérnigem Plasma zu reden. Die Zellwand wird ernährt in ähnlicher Weise wie die Zellwand der meisten Pflanzen, d. h. die Wand wächst und verdickt sich durch Intussusception. Dabei stellen sich wie bei anderen Pflanzenzellen oft Ungleichhei- ten in der Verdickung heraus. Selten sind diese so augenfällig wie bei den höheren Pflanzen, wie überhaupt die Verdickung der Zellenwände meist weniger bedeutend ist. Bisweilen indessen sind *) Man hüte sich. Oeltropfen und Kerne des Plasma’s (Cocei) mit einan- der zu verwechseln. So hat de Bary die Schizosporangien des Cholera- pilzes mit Macroconidien verwechselt, welche Oeltropfen führen. Nur die sorgfältigste Anwendung von Reagentien, ganz besonders von verdünnter Kali- lösung, von Aether und Jod kann hier vor argen Täuschungen sichern. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 137 die Verdickungen bestimmter Stellen der Zellenwand recht deut- lich sichtbar. So z. B. sieht man sie fast immer recht gut an den Fruchthyphen der Mucores, wo sie wie bei Mucor mucedo Fres. Längslinien bilden parallel der Längsachse (Figg. 5, 6, 8). Bei demselben Mucor aber sind nicht selten diese Linien schraubig gedreht, ja oft sieht man die Richtung der Schraube wechseln oder zwei schraubige Liniensysteme sich kreuzen wie in Fig. 10. In einzelnen Fällen, namentlich bei einigen Sporen, kommen auch Poren und Porenkanäle vor. Verdünnte Wandstellen finden sich nicht selten bei Sporen (Fig. 17 0) und deuten häufig die Punkte an, wo der Keimschlauch bei der Keimung hindurchbricht. Ueberhaupt sind die Wände von Sporen und Sporangien, ganz besonders die der Schizosporangien, stärker verdickt, als die der bloss vegetativen Pilzzellen es für gewöhnlich sind. Sehr verschie- den sind die Gestalten der einzelnen Zellen. Die einfachste Form ist auch hier natürlich die einer Kugel (Figg. 14. 17. 18. Taf. I). Polygonale Formen sind selten; im gewöhnlichen Pilzfaden können solche ja überhaupt kaum vorkommen; vielmehr nur in den Fäl- len der Zelltheilung nach zwei oder drei Dimensionen, wie z. B. bei Schizosporangien. ° Sehr häufig bestehen die Hyphen und Mycelfäden aus paral- lelepipedischen Zellen (Fig. 3. 4), bisweilen sind sie kubisch (m Fig. 4) oder gleichseitig prismatisch, häufiger aber sind die beiden Durchmesser der zur Achse senkrechten Durchschnittsebene so verschieden, dass die Zelle bezüglich der ganze Faden flach band- förmig erscheint (Figg. 9. 8, 7. 5. 6. 10. 19). Sehr lange Zel- len sind häufig cylindrisch. Bisweilen sind grosse Theile eines Pilzes einzellig, so z. B. bei vielen Mucores. Natürlich ist in solchem Fall die Zelle von sehr verwickelter Gestalt, da sie oft alle Aeste und Zweige des Pilzkör- pers darstellt. Nachdem wir nun die Pilzzelle in ihren wichtigsten Eigenthüm- lichkeiten kennen gelernt haben, wollen wir zunächst ihre Ver- mehrung und Zusammensetzung zum Pilzkörper in’s Auge fassen. Hier dürfen wir aber durchaus nicht ausser Acht lassen, dass schon die einzelne Zelle eine ganz eigenthümliche Art des Wachs- thums besitzt, denn diese ist vom allergrössten Einfluss auf die Zellenvermehrung. Die Pilzzelle wächst nämlich, wie ein Plasmo- diumstrang, nach einer oder mehren bestimmten Richtungen. Dadurch ist schon das Vorherrschen der Fadenform erklärt. Die 138 Ernst Hallier, Spitze solcher vorrückenden Zelle ist stets nackt, höchstens mit einer etwas derberen gelatinösen Schicht, aber nieht mit einer Membran bekleidet, wie man leicht an einer wachsenden Mucor- hyphe konstatirt (Fig. 11), aus deren Spitze das Plasma ausflies- sen kann, ohne einen Riss zu verursachen ”). b) Pilzkörper. Die Vermehrung der Zellen im rein vegetativen Pilzkörper findet nach zwei verschiedenen Zellenbildungsgesetzen statt, was natürlich auf die Gestalt der Pilzmorphen**) wesentlichen Einfluss hat. Entweder nämlich zerfällt das Plasma der Zellen nach einer, zwei oder drei Dimensionen in eine Anzahl von Theilen; oder es theilt sich nur in einer Richtung und zwar so, dass nur die jüngste oder Endzelle abermais theilungsfähig ist. Zwischen diesen beiden Extremformen giebt es zahlreiche Mittelstufen. Eine dritte Vermehrungsform, die sog. freie Zellbildung, wol- jen wir vorläufig ausser Betracht lassen, weil sie nur bei der Bildung von Thecasporen vorzukommen scheint. Sehen wir uns jene beiden Vermehrungsformen zunächst etwas genauer an, da die Sache von grosser Wichtigkeit für die ge- sammte Pilzlehre ist. Die Neubilung der Zellen durch Zerfallen des Plasma’s unter- scheidet sich im Grunde nur sehr wenig vom Zerfallen nackten Plasma’s in eine Anzahl von Theilen. Wir können daher von die- sem als von dem einfachsten Fall ausgehen. Wenn der Micrococ- cus irgend eines Pilzes an der Oberfläche einer faulenden oder gährenden Substanz zur Ausbildung kommt, so bleiben die durch Theilung des Coccus neugebildeten Individuen im Zusammenhang; wie es Figur 1 Taf. I zeigt. Findet dieser Theilungsakt mehrmals hinter einander statt, so bilden natürlich die durch fortgesetzte Theilung in derselben Richtung entstandenen Cocei Ketten (Fig. 1). Solche Ketten werden Mycothrix-Ketten oder schlechtweg Micro- coceusketten genannt. Bei schwächerer Vergrösserung erscheinen *) Dass bei der erwähnten Erscheinung, welche so plötzlich eintritt, nie- mals ein Riss in der Membran entsteht, beweist zur Genüge, dass an der Stelle, wo das Plasma austritt, keine Membran vorhanden war. Das bisweilen vorkommende Platzen oder Reissen einer Zelle mit Plasmaerguss ist von dem hier geschilderten Vorgang durchaus verschieden. **) Morphen nennen wir alle zu einer und derselben Pilzspecies gehörigen Formen. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 139 sehr grossgliedrige Mycothrix-Ketten in der Regel so, wie die Fig. 20 Taf. I es darstellt, welche Mycothrix-Ketten des Scharlach- pilzes versinnlicht. Im Innern des Substrats bilden sich keine Ketten, vielmehr trennen sich die neugebildeten Individuen sofort von einander. Dasselbe findet bei sehr starker Fäulniss einer Flüssigkeit oder bei mangelhaftem oder ganz gehindertem Luftzu- tritt auch an der Oberfläche statt. Die Massen der neugebildeten Cocci werden in diesem Fall häufig durch die ihre Oberfläche meist bekleidende Schleim- oder Gallertschicht in Form von Häu- ten (Mycoderma) oder Haufen (Nestern, Kolonieen u. s. w.) zu- sammengehalten (Fig. 12 mh Taf. I). Dass der einzelne Coccus sich durch Bildung von Vacuole und Wand zur Zelle weiterent- wickeln kann, wenn der Chemismus und die Trockenheit des Bodens es gestatten, haben wir bereits oben gesehen. Ebenso kann in der fertig gebildeten Zelle, wenn dieselbe in eine gährungs- fähige Flüssigkeit übertragen wird, das Plasma abermals in mehre Theile zerfallen. Nicht selten findet auch hier fortgesetzte Zwei- theilung statt. In anderen Fällen jedoch zerfällt das Plasma si- multan in eine Anzahl von Theilen. Der Theilungsakt selbst ist dabei ganz ebenso beschaffen, als ob gar keine Zellmembran vor- handen wäre. Figur 21 zeigt, wie im Nahrungskanal der Seiden- raupe aus dem/ Micrococcus mit der Zunahme der sauren Gährung sich Arthrococcus ausbildet. In meiner Arbeit über die Krank- heit der Seidenraupen™) habe ich gezeigt, dass auf diese Weise im Nahrungskanal der gesunden Seidenraupe der unter dem Namen der Körper des Cornalia bekannte Arthrococcus aus dem Micro- coccus von Cladosporium herbarum Lk. entsteht, wenn man die Raupen mit dieser Form oder mit den Schizosporangien von Pleo- spora herbarum Lk. füttert. Gerathen die im Darm der Raupe ausgebildeten Arthrococcus-Zellen in eine stickstoffreiche Flüssig- keit, so zerfallt das Plasma derselben wieder in Micrococcus und zwar in diesem Fall durch fortgesetzte Zweitheilung, wie Figur 22 a—f es in den verschiedenen Stadien zeigt. Zuletzt lost die Membran der Zelle sich auf und die Micrococci werden frei (f Fig. 22 Taf. I). Auch grössere Plasmamassen zerfallen *) E. Hallier, Untersuchung des pflanzlichen Organismus, welcher die unter dem Namen Gattine bekannte Krankheit der Seidenraupe erzeugt. Jahresbericht über die Wirksamkeit des Vereins zur Beförderung des Seiden- baues für die Provinz Brandenburg im Jahre 1867—1868. 140 Ernst Hallier, sehr häufig innerhalb ihrer Mutterzelle succedan oder simultan in mehre Theile ebenso wie die grossen Plasmodien der Myxomyce- ten. Figur 23 zeigt verschiedene Theilungszustände der jungen Schizosporangien des Scharlach-Pilzes, d. h. des Pilzes, dessen Micrococcus im Blut der Scharlachkranken vorkommt. Man sieht das Plasma in zwei oder mehre Theile (a b Fig. 23) getheilt und nach vollendeter Theilung umgiebt sich jeder Theil mit einer be- sonderen Zellmembran, wodurch er zur Spore wird (c—g Fig. 23). Bei kräftiger Ernährung kann das Plasma jedes Pilzfadens in eine Anzahl von Theilen zerfallen, welche sich entweder gleich oder erst später mit einer Membran umgeben und dadurch zu selbst- ständigen Zellen werden. Die Macroconidien aller Mucores verhalten sich so. Sie entstehen einzeln und endständig (Fig, 24 f,i Taf. I) oder in Ketten (Fig. 24 a—e, g, h, k), welche sowohl endstandig, (Fig. 24 g, h, d, e) als auch interstitiell (Fig. 24 k) aufreten kön- nen. Die Kettenglieder entstehen immer dadurch, dass das Plasma des Fadens quer in eine Anzahl von Theilen zerfällt, die sich dann sehr häufig nochmals durch Zweitheilung vermehren (Fig. 24 e, f bei x). Sehr häufig kommt auch eine Theilung in entgegengesetz- ter Richtung hinzu (Fig. 24 h bei y) und es muss überhaupt be- bemerkt werden, dass Theilungen von Pilzzellen nach zwei und drei Dimensionen weit häufiger sind, als man gewöhnlich glaubt. Die fadenförmige Anordnung der Zellen kann also höchstens als ein Schema, keineswegs als etwas den Pilzen Eigenthümliches und für sie ausnahmslos Charakteristisches angesehen werden. Es giebt wohl schwerlich einen Pilz, bei welchem nicht ausser der faden- förmigen Anordnung der Zellen auch die flächenförmige oder nach allen Dimensionen gerichtete Theilung vorkäme. Schöne Beispiele für das Zerfallen des Plasma’s nach allen drei Dimensionen geben die Kapseln der Mucores. Bei Mucor racemosus Fres., d. h. bei der unreifen Form des Cholera-Pilzes, lässt sich dieser Prozess sehr deutlich verfolgen, ebenso schön bei Rhizopus nigricans Ehrenb. Wenn bei irgend einem Mucor eine Kapsel gebildet werden soll, so sieht man zuerst den Faden gegen das Ende hin anschwellen, wie es Figur 11 für Rhizopus zeigt. Die Anschwel- lung wird zuletzt kugelig, eiförmig oder kegelförmig und ist mit dichtem Plasma erfüllt, welches nun simultan in eine Anzahl von Portionen zerfällt (Figur 35 Taf. II), deren jede eine Membran ausscheidet und zur Spore wird. Dieser Prozess findet oft statt, ohne dass vorher das ganze Plasma von dem im Faden befindlichen Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 141 dnrch eine Scheidewand getrennt wäre, wie das für Rhizopus von Coemans, H. Hoffmann und mir”) beobachtet worden ist. Dabei kann, wie bei Rhizopus gewöhnlich, ein so grosser Reich- thum von Plasma vorhanden sein, dass noch eine reichliche Menge desselben in der Fruchthyphe zurückbleibt und bisweilen sogar, wie Hoffmann zeigte, in dem Tragfaden Sporen zur Ausbildung bringt. Erst nach dem Platzen der Kapsel und dem Ausstreuen der Sporen bildet das hervortretende Plasma der Hyphe nach oben eine neue Hüllmembran, die sogenannte Columella. Bei Mucor racemosus Fres. ist diese Membran (Columella) lange vor dem Platzen der Kapsel vorhanden und wölbt sich stark nach innen, wie Fig. 35 Taf. II es zeigt. Nur bei sehr schwächlichen Exemplaren (ligg. 36. 37 Taf. II) wird oft die Membran (Columella) sehr spät ausgebildet. In sol- chen Fällen ist meist sehr wenig Plasma vorhanden und dieses zerfällt in eine geringe Anzahl von Sporen, welche (Fig. 36. Taf. II) oft nur einen sehr kleinen Theil der Kapsel ausfüllen. Ein ähnliches Verhältniss kommt bei den Schizosporangien vor, welche die reife Form desselben Mucor darstellen. Gelangen diese auf einem zu mageren Boden nicht zu völliger Entwickelung, d. h. ist eine zu geringe Menge von Plasma vorhanden, so bilden sich zu- nächst ringsum an der Wand isolirte Sporen aus (Fig. 31 Taf. I) und erst weit später bilden sich einzelne Sporen mehr im Innern der Frucht. Niemals aber reifen sie zu Theilsporen aus auf ma- serem (zu stickstoffarmem) Boden. Eine weit grössere Rolle als die Neubildung von Zellen durch Theilung des Plasma’s spielt in der Pilzwelt diejenige durch Spros- sung. Entstehen auch alle Schizosporangien, alle Brandsporen und viele vegetative Pilzzellen durch Theilung, so entsteht doch der bei Weitem grössere Theil der Sporen durch Sprossung und ebenso unzählige vegetative Zeilenformen. Die Sprossung müssen wir betrachten nach ihrer Richtung und nach ihrer Form. Die Ursache der Pilzsprossungen ist keine andere als die Bewegung des Plasma’s und von dieser ist auch die Richtung der Sprossung abhängig. Schon am nackten Plasmodium hat das Plasma eine bestimmte *) Vgl. E. Hallier, Parasitologische Untersuchungen. Bezüglich auf die pflanzlichen Parasiten bei Masern, Hungertyphus, Darmtyphus, Blattern, Kuh- pocken, Schafpocken, Cholera nostras u. s. w. Leipzig 1868. Tafel I Figg. 41—43. 142 Ernst Hallier, Wachsthumsrichtung, wie Cienkowsky und Andere nachgewiesen haben. Diese Richtung kann schon bei’m Plasmodium sich ändern und vervielfachen. Der einzelne Strang des Plasmodiums kann an der Spitze plötzlich nach zwei oder mehren verschiedenen Rich- tungen fortwachsen, welche an die Stelle der bis dahin verfolgten einfachen Richtung treten. Ganz ebenso verhält sich das Plasma in der Zelle. Hier haben wir zunächst das apikale Wachsthum des Pilz- fadens näher zu betrachten. Jeder Pilzfaden, mag derselbe ein- zellig oder mehrzellig sein, wächst an der Spitze oder an den Spitzen nach bestimmter Richtung, die wir als Längsrichtung be- zeichnen können (sp. Fig. 11 Taf. L) Das Wachsthum und die Wachsthumsrichtung dieser Spitze sind ganz und gar abhängig vom Plasma. So lange der Faden noch wächst, ist sogar an der Spitze meist gar keine Membran vorhanden und in der nächsten Um- gebung der äussersten Spitze ist dieselbe gelatinös und im höch- sten Grade weich und dehnbar. De Bary behauptet zwar, dass selbst die äusserste Spitze des Fadens mit einer Membran ver- sehen sei, aber hier wie beim Plasmodium der Myxomyceten ver- wechselt er die Membran mit der Schleimhülle, welche fast jedes Plasma und jede jugendliche Zelle umgiebt. Julius Sachs hat dieses Verhältniss bei den Pilzen schon vor längerer Zeit richtig ernannt und ich muss ihm gegen de Bary darin durchaus Recht geben. Es ist zwar der Streit, ob eine Membran vorhanden ist oder nicht, insofern ein unfruchtbarer, als ohne Zweifel zwischen der bloss etwas dichteren Beschaffenheit der äussersten Schicht des Plasma’s und einer deutlichen starren Membran alle Zwischen- stufen vorkommen müssen und insofern wir durchaus keine Mole- kulartheorie des membranösen oder gelatinösen, ja noch nicht ein- mal des flüssigen Aggregatzustandes besitzen. Dass aber die Spitze eines Pilzfadens keine Membran besitzt, welche dem Plasma den geringsten Widerstand darböte, stärker, als der Druck, den das Wachsthum selbst ausübt, lässt sich in aller Strenge nachweisen. Bei zahlreichen Pilzen nämlich macht man die Beobachtung, dass bei einer geringen Zunahme der Feuch- tigkeit des Substrats das Plasma am Ende der Fäden aus einer meist sehr feinen Oeffnung ausströmt (Fig. 39 Taf. I). Ein sol- ches Ausströmen des Plasma’s findet bei den jungen Fruchthyphen jeder Mucorart statt, sobald man den Pilz in Wasser bringt. Sehr schön beobachtete ich diesen Process neuerdings bei den Keimlingen 9 Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. 143 der Schizosporangien des Scharlachhpilzes (Fig. 39 Taf. IV). Auf einem trocknen stickstoffreichen Boden bieten diese durchaus nichts Abnormes dar. Wird der Boden feuchter, so schnürt das Plasma an den Enden der Fadenzweige, aber auch an den Seiten, ein- zelne (Figg. 40. 41 Taf. IV) oder traubig gehäufte Macroconidien ab (Fig. 42 Taf. IV). Nimmt die feuchte Beschaffenheit des Bodens überhand oder setzt man auf dem Objektträger Wasser zu, so tritt das Plasma an den Zweigenden in Form eines äusserst feinen Stranges aus *) (Fig. 41 p. 2. Fig. 39 p. Taf. IV). Das ausgetre- tene Plasma zieht sich bisweilen sogleich zu einem kugeligen Bal- len zusammen (Fig. 41 z. p. Taf. IV) oder häufiger bildet es einen langen zähen, schraubig gewundenen Strang (p Fig. 39 Taf. IV), welcher erst gegen das Ende hin sich zu einer dicken Masse sam- melt. Gar nicht selten scheidet ein solcher ausgewanderter Plas- maballen nachträglich eine Membran aus (2 Fig. 41 Taf. IV) und wird dadurch zu einer Zelle von ganz gleicher Bedeutung wie die Macroconidien. Ueberhaupt ist die Aehnlichkeit der Entstehung einer Macro- eonidie als seitlicher oder endständiger Spross mit dem blossen Ausfliessen des Plasma’s ausserordentlich gross. Besonders auf- fallend ist diese Aehnlichkeit bei Macroconidien, welche seitlich am Faden hervorspriessen (Fig. 40 sm. Taf. IV). Hier tritt ein ganz kleines Plasmatrépfchen aus sehr kleiner Oeffnung hervor. Allmählig zieht sich aus dem Innern des Fadens mehr und mehr Plasma in das Tröpfchen hinein, dieses wächst und scheidet eine Membran aus, welche zuletzt die Macroconidie von dem Plasma im Innern des Fadens trennt. Diejenigen Fäden, welche Macroconidien zur Ausbildung ge- bracht haben, erhalten nach und nach durch Vacuolenbildung und Flüssigkeitsaufnahme ein immer dünneres Plasma, ja, oft werden sie zuletzt fast oder ganz leer. Bei unserem Mucor scarlatinosus bilden sich sehr kleine Vacuolen in grosser Anzahl, in denen äus- serst kleine Körnchen (Cocei) sichtbar werden, während man in dem dichteren Plasma nur sehr vereinzelte Körnchen antrifft. Am deutlichsten wird dieses Verhältniss beim Ausströmen des Plama’s. *) Natürlich kann hier nicht von einer Auflösung der Membran durch das Plasma die Rede sein, wie solche bei vielen Keimungen, bei’m Eindringen eines Pilzes in Pflanzenzellen und bei der Zweigbildung der Pilze häufig vorkommt. In den oben erwähnten Fällen kann man das Phänomen momentan durch Was- serzusatz hervorrufen. Es ist eben an der Spitze keine Membran vorhanden. io: 10 144 Ernst Hallier, Fig. 39 Taf. IV. zeigt ein Fadenstück, an welchem zwei benach- barte Zellen (a und b) aufrechte Zweigfäden getrieben haben. An dem Faden der Zelle a ist an der Spitze (p) das Plasma aus- geflossen, daher sieht man in diesem zahlreiche kleine Vacuolen mit Körnchen, welche eine deutliche schraubige Anordnung zeigen : wogegen in dem weit dichteren Plasma der Zelle b und ihres Zwei- ges nur wenige Körner und gar keine Vacuolen erkennbar sind. Eine echte Sprosszelle dringt stets aus einer verhältnissmässig klei- nen Oeffnung ihrer Mutterzellenwand (a—d Fig. 43 Taf. IV.) her- vor. Anfangs ist sie natürlich mit dem Plasma der Mutterzelle verbunden (a b Fig. 43 Tat. IV). Sobald sie ihre volle Grösse erreicht hat (b Fig. 43 Taf. IV), sitzt sie natürlich mit sehr kleiner Basis der Oeffnung der Mut- terzelle auf. Nachdem sie sich nun mit einer Membran rings um- geben hat, ist sie dadurch auch an der Anheftungsstelle von der Mutterzelle getrennt und, da diese Anheftungsstelle eine sehr kleine Fläche ist, so bricht sie bei der geringsten Erschütterung ab. Man hat diesen Prozess „Abschnürung‘“ genannt, ein sehr unpassender Ausdruck, weil er ein Engerwerden der Basis voraussetzt, wovon gar nicht die Rede ist in den meisten Fällen. Wenn aber de Bary gar diese ,,Abschniirung mit der Zel- lentheilung durch Theilung des Plasma’s identifiziren will, so ist das wunderlich genug. Das Wesentliche bei der Sprossung ist das Ausströmen des Plasma’s aus einer engen Oeffnung an der Spitze des Fadens, wihrend davon bei der blossen Theilung nichts zu finden ist. Man müsste sonst consequenterweise die endständigen Macroconidien (i. f. Fig. 24, Fig. 33, a—d Fig. 43 Taf. IV) eben- falls als durch Theilung entstanden auffassen, was eine contradictio in adjecto wäre. In allen solchen Fällen nämlich entsteht die Macroconidie entweder durch echte Sprossung oder einfach da- durch, dass das Plasma sich an bestimmten Stellen zu einer ein- fachen Masse zusammenzieht (Fig. 32 Taf. III), welche durch Aus- sonderung einer Membran zur besonderen isolirten Zelle wird. Selbstverständlich können Sprossung und Zelltheilung gleich- zeitig auftreten, nicht bloss an einem und demselben Faden (i Fig. 24 Taf. II), so dass z. B. einige Zweige desselben Endsprossen, andere dagegen durch Theilung entstandene Ketten tragen, son- dern es können auch während der Ausbildung einer Sprosszelle innerhalb derselben Theilungen stattfinden. Auf solche Weise ent- stehen z. B. endständige mehrzellige Macroconidien (Fig. 24 Fig. Die Parasiten der Infektionskrankheiten. 145 43). Viele Schizosporangien (z. B. Fig. 23 a. b. Taf. III) entstehen als endständige Sprosszellen, in welchen dann nachträglich Thei- lungen stattfinden. Die Thatsache, dass derselbe Pilzfaden an einzelnen Aesten oder Zweigen Sprossungen, an anderen dagegen Theilungen bilden kann, ist von überaus grosser Wichtigkeit für die Morphologie der Schimmelpilze. Die Sporen aller echten Schimmelpilze entstehen durch Sprossung einer Zelle, der Stützzelle oder Basidie. Man kann die Spo- ren dieser Pilzformen daher Basidiosporen und Basidioconidien und die Morphen selbst basidiospore Pilzmorphen nennen. Die Brandformen oder Ustilagineenformen dagegen repräsentiren die reine Zellenthei- lung, ihre Sporen entstehen durch Theilung des Plasma’s. Wie wir später sehen werden, hat aber jeder Brandpilz eine basidiospore Mor- phe. Da die Ausbildung dieser Morphe lediglich von der Beschaffen- heit des Substrats und vom Luftzutritt abhängt, so werden natür- lich Mittelformen zwischen der Brandmorphe und der basidiospo- ren Morphe vorkommen. Solche Mittelformen haben wir schon bei den Macroconidien (Fig. 24 a—k. 40—45) kennen gelernt. Die Macroconidien sind, wie wir später sehen werden, unreife Brand- sporen, welche, je mehr sie vom Typus des Brandpilzes abweichen, desto mehr die sprossende Form annehmen. Aber auch bei Schim- melbildungen, die man als rein basidiospore Morphen anzusehen pflegt, wie z. B. bei Penicillium, kommen oft an einem und dem- selben Faden echte Sprossungen und Zelltheilungen neben einander vor. Figur 16 Taf. III zeigt einen solchen Fall beim gemeinen Pinselschimmel (Penicillium crustaceum Fr.). Die Zelle ist eine echte Stielzelle (Basidie oder Sterigma), welche am Ende eine Sprosszelle (sp) hervortreten lässt. Unter dieser entsteht eine zweite, darauf unter der zweiten eine dritte u. s. f. Es entsteht also hier eine ganze Kette durch Sprossung des Sterigma, also durch eine basale Bildung. Die Bildung der Kette dauert so lange, als das Sterigma noch Plasma enthält. An demselben Faden zer- fällt der Ast k dagegen durch Theilung des Plasma’s simultan in eine Anzahl von Conidien. Natürlich kann die nämliche Basidie, wie z. B. in Fig. 45 b Taf. IV, mehre Sprosszellen gleichzeitig an verschiedenen Punkten hervorbringen. In diesem Falle sind also die Sprosszellen simultan neben einander entstanden”), während *) Vergl. Hallier, Parasitolog. Untersuchungen Tafel II Fig. 33 e. Fig. 30. Taf. I Fig. 36. LON 146 Ernst Hallier, die Kettenglieder einer Penicillium-Art succedan abgeschnürt wer- den. Der nämliche Unterschied kann, wie wir bereits gesehen haben, auch bei der Theilung stattfinden. In einer Mucor-Kapsel (Figg. 35. 45) zerfällt simultan das ganze Plasma in eine Anzahl von Sporen, wogegen die Glieder des Mycothrix-Fadens (Fig. 1) succedan durch Zweitheilung entstehen. De Bary behauptet irr- thümlich, die succedane Theilung komme bei den Pilzen nicht vor. Sie ist ebenso häufig wie die simultane. Figur 46 Taf. IV dient zur etwas genaueren Erläuterung der Sprossung der Conidien bei Penicillium. st bedeutet das Sterigma (Stielzelle), aus dessen oberem Ende die jüngste Conidie (a) her- vorsprosst. Dieselbe Lage nahm ursprünglich die jetzt älteste Co- nidie (f) ein, unter welcher e, d, c, b und a succedan hervorge- treten sind. Noch vor der Vollendung der Zellenmembran tritt der neue Spross unter dem älteren hervor und schiebt diesen vor- wärts. Es fliesst also gewissermassen die ganze Kette aus der engen oberen Oeffnung des Sterigma’s aus. Die Trennung der Sporen erfolgt lediglich durch die Ausbildung der Membran, ein Process, für den das Wort „Abschnürung“ gewiss unpässend genug gewählt ist, da die Conidie von vornherein nur an einem kleinen Punkt mit dem Sterigma und mit der nächst älteren Conidie in . Berührung ist”). Wie die Conidien, so können natürlich auch die Stielzellen simultan neben einander entstehen und das ist gerade sehr häufig bei denjenigen Schimmelformen, welche wie Penicillium und Aspergillus ihre Conidien succedan abschnüren. So z. B. stehen bei Aspergillus glaucus Lk. die sterigmata (Stielzellen) stets in grosser Anzahl auf einem keulig angeschwolle- nen Fadenende (Basidie) simultan vereinigt. Jedes Sterigma endigt hier mit einer Kette, deren Conidien durch succedane Sprossung entstehen **). Auch bei Penicillium sind sehr häufig mehre simul- tan entstehende Sterigmata an einem Tragfaden vereinigt ***). Wir haben uns schon oben Rechenschaft darüber gegeben, dass die Theilung des sich bewegenden Plasma’s eine Spaltung dessel- ben veranlassen kann, gleichviel ob das Plasma schon eine Mem- *) Vergl. Hallier, Parasitolog. Untersuch. Taf. II. Figg. 31. 32. **) Parasitol. Unters. Taf. II. Figg. 3. 5. **) Die pflanzlichen Parasiten des menschlichen Körpers, für Aerzte, Bo- taniker und Studirende. Von Ernst Hallier. Tafel II Figur 1. kt, Leip- zig 1866. Parasitol. Unters. Taf. Il Fig. 26 p. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 147 bran ausgeschieden hat, also sich in einer Zelle befindet, oder nicht. Jede echte Astbildung durch Gabeltheilung des Pilzfadens entsteht durch gabelige Theilung des Plasma’s *). Ganz gewöhnlich sieht man solche Theilungen an den Hyphen der Mucores. Figur 32 zeigt einen Faden von Mucor racemosus Fres. mit endständigen (m) und kettenständigen (mk) Macroconidien und ausserdem mit unfruchtbaren Zweigen (s), welche sich ganz wie nacktes Plasma gabelig verästeln und, in äusserst feine Enden auslaufend, sich als Saugfäden im Substrat verbreiten. Sehr schöne Spaltungen des Pilzfadens sieht man bei keimenden Ustilagineen, wenn die Sporen auf fast trockenem Boden liegen, so dass die Keimschläuche sich in die Luft erheben. In diesem Fall werden die Keimschläuche so schwach ernährt, dass sie sich nicht sehr lang entwickeln kön- nen. Sie spalten sich vielmehr durch Spaltung des Plasma’s in eine Anzahl schmaler fadenförmiger Fortsätze (Fig. 38 a—d. k. Taf. IV). Je nach der Stärke der Ernährung beginnt diese Spal- tung nach einer längeren oder kürzeren Entwickelung des Keim- fadens (Fig. 38. a, b Taf. IV). Die hervorsprossenden Fäden, zuerst von Tulasne, darauf von J. Kühn“*) aufgefunden und von die- sem Kranzkonidien genannt, sind anfänglich nicht mit deutlicher Membran versehen und sehr kurz (Fig. 38 a), sie verlängern sich aber rasch (Fig. 38 b) und fallen zuletzt ab, nachdem sie sich in: der Regel durch Fusionen je zwei und zwei verbunden haben. Bisweilen tritt gar kein Keimschlauch aus dem Epispor heraus, sondern es tritt sofort die Spaltung des Plasma’s ein (Fig. 38 d). Nachdem wir nun gesehen haben, wie aus der Bewegung des Plasma’s in bestimmter Richtung nicht nur das Längenwachsthum des Pilzfadens, sondern auch die Bildung von Sprosszellen und wie aus der Richtungstheilung des Plasma’s die Verästelung folgt, haben wir zunächst die Gesetze der Verzweigung in’s Auge zu fassen. Wir nennen Zweig jeden Pilzfaden, welcher von seinem Mut- terfaden seitlich ausgeht, nicht durch Spaltung des Fadens, wofür wir den Ausdruck Astbildung, Verästelung beibehalten. Die erste Anlage zu einem neuen Zweig besteht immer in einer seitlichen Aussackung der Mutterzelle. Diese kann auf dop- *) Vergl. E. Hallier, Die Leptothrixschwarmer und ihr Verhältniss zu den Vibrionen. Max Schultze’s Archiv für mikroskop. Anatomie Bd. I. Taf. V Figg. 51. 52. 1866. **) J. Kühn, Die Krankheiten der Kulturgewächse, ihre Ursachen und ihre Verhütung. Zweite Auflage. Taf. I. Berlin, 1859. 148 Ernst Hallier, pelte Weise entstehen. Auf jeden Fall kann nur eine mit Plasma reichlich gefüllte Zelle Zweige zur Ausbildung bringen. Hat sich erst ein grosses Lumen gebildet, so hört die Zweigbildung auf. Nun ist aber entweder schon eine derbe Zellmembran vorhanden oder diese ist noch nicht oder nur schwach und gelatinös ausge- bildet. Im ersten Fall wird natürlich die Membran von dem Zweig durchbohrt*), ähnlich wie das Epispor bei der Keimung mancher Sporen (Fig. 38 Taf. IV). Weit häufiger aber ist bei der Bildung eines Zweigs die Zellmembran noch sehr jung oder noch gar nicht ausgebildet (Figg. 47. 48 Taf. IV). Vorzugsweise bilden sich natür- lich die Zweige an den Enden der Zelle, weil hier das Plasma am kräftigsten entwickelt ist (zw Fig. 47 Taf. IV). Es folgt das einfach aus der Wanderung des Plasma’s in der Richtung des Fadenwachsthums. Ist aber das Plasma in der Zelle reichlich und kräftig ausgebildet, so kann es an jedem Punkt der Zelle Zweige treiben (Fig. 47. z. Taf. IV). Oft ist die Zahl der Zweige einer einzigen Zelle sehr gross (Fig. 48 Taf. IV). Der Zweig verhält sich genau wie der Mutterfaden, d.h. er theilt sich in Zellen durch Theilung des Plasma’s, wobei die erste Scheidewand an der Mün- dungsstelle oder weiter gegen das Zweigende hin auftritt **). Die Pilzfäden bilden oft grössere Massen, compakte Pilzkörper, so z. B. bei den sogenannten Hutpilzen. Diese massenhaften Pilzkörper bestehen aber stets aus einzelnen Fäden mit ihren Verzweigungen, welche freilich oft so dicht verschlungen und durch einander ge- wirrt sind, dass es schwer ist, ein klares Bild von ihrer Zusam- mensetzung zu gewinnen. Schon die Schimmelpilze vereinigen häufig ihre Fäden zu regelmässigen Stammbildungen. Bei den unter dem Namen Pinselschimmel (Penicillium) bekannten Schimmelfor- men treten bei kräftiger Ernährung die Hyphen (Fäden) vieler zusammenstossenden Individuen zu einem Stamm zusammen, wel- cher sich senkrecht vom Substrat erhebt***). Dabei legen sich *) Natürlich trifft ganz dieselbe Unterscheidung auch die Astbildung. In meiner Arbeit über die Stammbildung der Schimmelpilze habe ich diesen Vor- gang an den Fruchthyphen von Aspergillus glaueus Lk. genau beschrieben und abgebildet (vgl. Botan. Zeitung 1866. Nr. 50.’ Taf. 13. Figg. 22. 25. 26. 29. 30. 32). **) Vgl. E. Hallier, Mykologische Studien. Botanische Zeitung 1866. Nr. 20. Taf. VII Figg. 19 w. 20 w. 21 w. 32. **=) KE. Hallier, Die Stammbildung der Schimmelpilze: Coremium, Spo- rocybe und Chaetostroma. Botan. Zeitung 1866. Nr. 50. Taf. 13. Figg. 1—6. 34. 36. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 149 die Hyphen entweder einfach und gerade dicht an einander *) oder sie winden sich vielfach um einander und senden Zweige aus, welche sich zwischen die übrigen Fäden schieben, ein oft unent- wirrbares Geflecht bildend **). In der That nennt man solche compakte Fadenmassen nicht Gewebe, sondern Geflecht (tela con- texta). Wir haben schon oben gesehen, dass von einem eigentli- chen Gewebe es in der Pilzwelt nur wenige schwache Andeutungen giebt. An die Stelle des Gewebes treten meistens Geflechte, und selbst bei den compaktesten Pilzen ist das Geflecht nicht viel complicirter zusammengesetzt, als bei den scheinbar so einfachen Schimmelmorphen ***). Das Pilzgeflecht wird noch dichter, fester und kräftiger, wenn zwischen seinen einzelnen Fäden Fusionen eintreten, d. h. wenn sich benachbarte Fäden durch kleine Zweige seitlich verbinden. Ich habe derartige Fusionen”) bei niederen Pilzformen bereits früher viel- fach beschrieben und abgebildet *****), sie sind aber auch, zum Theil schon vor mir, von Julius Kühn und Anderen erwähnt worden. Sehr häufig verbinden sich keimende Sporen durch einen seitlichen Fortsatz des einen Keimschlauchs (Bot. Zeitg. 1866 Taf. I Fig. 1) mit einander, oft in grosser Anzahl. Ebenso häufig ist das bei kurzen Fäden oder bei Conidien der Fall+). Nicht selten sendet die nämliche Fadenzelle zwei kleine Zweige aus, welche sich ver- binden) und seitliche Zweige treiben +77). Einige Male sah ich einen Zweig durch eine solche jochför- mige Verbindung, eine sogenannte Schnalle, hindurchwachsen ++Ff). *) Ebendaselbst Figg. 6. 34. 36. **) Ebendaselbst Fig. 3. *) De Bary’s Unterscheidung des zusammengesetzten vom einfachen Pilzkörper ist also gänzlich unzulässig zur Trennung seiner „einfachen Haplo- myceten‘ von den übrigen Pilzformen. Die „Haplomyceten“, d. h. die Schim- melformen, haben ausnahmslos, soweit sie überhaupt genauer untersucht wur- den, Stammbildungen und jene Eintheilung beruht nur auf mangelhafter Be- obachtung. *###) Der Ausdruck „Copulation“ wird besser auf diejenigen Fälle be- schränkt, wo das Produkt der Vereinigung zweier Seitenzweige eine Spore ist, ähnlich wie bei manchen niederen Algen. wee) Vergl. u. a. Botan. Zeitung 1866 Taf. I. Figg. 1. 5. 4. 5. 11. 12, +) Ebendaselbst Taf. I. Fig. 11. 12. 9. ++) Das. Fig. 3. tr) Das. Fig. 4. +++) Ebendaselbst Fig. 5. 150 Ernst Hallier, Bisweilen bilden sich durch Erguss von Plasma aus zwei‘ derarti- gen Zweiglein grosse Macroconidien *). Der Efiekt solcher Fusio- nen besteht immer, wie verschieden die Pilzfäden und die Fusio- nen auch seien, in einer Kräftigung und Verstärkung, welche de Bary höchst unpassend als „Düngung“ bezeichnet. Wir treffen sie daher häufig gerade da an, wo ein Pilz sehr schwächliche Aeste oder Zweige treibt. Wir haben schon oben die schwachen Keim- versuche näher betrachtet, welche der Weizenbrand (Tilletia caries Tul.) bei schwächlicher Ernährung in feuchter Luft macht. Die aus der Spaltung des Keimschlauchs hervorgehenden Kranzconidien (Fig. 38 Taf. IV) verbinden sich häufig je zwei und zwei oder mehre (Fig. 38 b. d. e. f) durch ein Querjoch. Sehr häufig bricht grade an dieser Stelle, wo die Fusion gebildet ist, ein neuer Keimschlauch oder eine seitliche Conidie (Fig. 38 f. Taf. IV) hervor. Aber auch bei den compaktesten Pilzkörpern kommen sehr häufig Fusionen vor, stärken die Verbindung des Geflechtes und fördern die Ernährung desselben. Wir sehen also, dass allerdings ein grosser Theil der Pilzfor- men aus Fäden (Hyphen) zusammengesetzt ist, welche einfach blei- ben oder sich verästeln, verzweigen, in mehre Zellen zerlegen, durch Spitzenwachsthum sich verlängern und sich durch Ver- schlingungen und Fusionen verstärken. Man würde aber in einen groben Irrthum verfallen, wenn man, wie de Bary**), die Pilze „mit Ausnahme einzelner zweifelhafter Fälle aus fadenförmigen Elementen“ ausschliesslich bestehend glaubte. Wir haben diese den Thatsachen direkt widersprechende Ansicht schon oben wider- legt und werden noch häufig Beispiele für Theilung in mehrfachen Richtungen anzuführen haben. Wenn de Bary weiter die Be- hauptung aufstellt ***): ,,Theilungen, welche Zellflächen und Zell- körper produciren, kommen nur bei gewissen Reproduktionsorga- nen vor’, so muss er entweder das ganze Mycelium der Ustilagi- neen zu den „gewissen Reproduktionsorganen‘“ rechnen oder er muss diese ganze Gruppe von den Pilzen trennen. Allerdings *) E. Hallier, Mykolog. Studien. 3. Aspergillus glaucus Lk. Stachylidium parasitans Bon. und Stysanus Stemonitis Corda. Bot. Zeitg. 1866. Nr. 21. Dat! 7) wiege. 12.18. **) Morph. u. Physiol. d. Pilze u. s. w. S. 1. Auf derselben Seite lässt de Bary den Pilzfaden ,,dichotom oder durch Seitenzweige von den Glieder- zellen aus‘‘ sich verästeln. Die polytome Verästelung ist ihm also unbekannt. aN Name 0218, 2, Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 151 scheint de Bary sehr bereit, Alles das, was seinem Dogma im Wege ist, aus der Familie der Pilze auszustossen, wie er denn mit den Chytridieen*) bereits den Anfang gemacht hat. Wir wer- den aber weiter unten sehen, dass nicht gar viel übrig bleiben würde, wenn man alle Pilzformen eliminiren wollte, bei welchen im Thallus (rein vegetativen Pilzkörper) Theilungen nach zwei oder drei Dimensionen vorkommen**). Wir werden sehen, dass die Ustilagineen überhaupt keine für sich bestehende Gruppe ausina- chen, sondern dass sie aus Morphen zusammengestellt sind, welche sehr verschiedenen Pilzen angehören. Die meisten, ja vielleicht alle bisher unterschiedenen Pilzgruppen haben anäerophytische oder Brand-Formen (Ustilagineen-Formen), man müsste also nach Herrn Professor de Bary’s Prinzip alle Pilze oder doch jedenfalls die meisten von der Gruppe der Pilze ausschliessen. Zu solchen ab- surden Consequenzen führt es, wenn man, wie de Bary, statt aus den Thatsachen die sich von selbst ergebenden Gesetze abzu- leiten, mit der Aufstellung von Dogmen und Regeln beginnt und hinterher verlangt, dass sich die Thatsachen diesen selbstgemach- ten Regeln unterordnen sollen. Aber auch abgesehen von dem Pilzthallus (Mycelium) der Ustilagineen sind Zellentheilungen nach mehren Dimensionen bei den Pilzen häufig genug. Dass der Mi- crococcus verschiedener Pilze sich nicht selten flächenförmig oder in drei Richtungen vermehrt, habe ich mehrfach nachgewiesen ***). Deutlicher wird diese mehrfache Theilung bei den Sclerotium- bildungen. Die Sclerotien (Dauermycelien, wie sie unpassend ge- nannt wurden), sind bekanntlich Anhäufungen von Pilzzellen zu härteren und compakten oder zarteren und weicheren Körpern, welche seltener aus Pilzfäden, meist aus angehäuften Hefezellen oder Conidien hervorgehen. Werden nämlich solche Zellen in grosser Masse an einem Ort ausgebildet, wo sie nur dürftige Nalı- rung finden, so vermehren sie sich zwar fortgesetzt durch Thei- EA, as Or Sakae **) Auch die Schizomyceten und, wie wir bereits früher sahen, die Myxo- myceten, wirft de Bary aus der Pilzgruppe unbarmherzig heraus, weist ihneu aber trotzdem in seinem Handbuch einen Platz an. **) Der Micrococcus (Kernhefe) gehört nach der alten Systematik und Terminologie zu Nägeli’s Schizomyceten, einer Gruppe, welche aus Formen von Algen (Oscillarineen) und Pilzen (Hefegebilde) zusammengesetzt ist. De Bary lässt sie noch „theilweise dem Thierreich zugezählt werden“, worin ihm wohl kein Zoolog beistimmen dürfte. a9) : Cue 152 Ernst Hallier. lung, aber sie kommen selten zur Entwickelung von Keimfaden, daher bilden sie massige Anhäufungen, welche ruhen, bis sie gün- stige Bedingungen zur Weiterentwickelung finden. In der Härte und Konsistenz sind die Sclerotien sehr verschieden. Selerotien einfachster Form bildet der Micrococcus. Wenn man auf einen trockenen animalischen Nährboden, wie z. B. auf ein menschliches Haar, Sporen eines Schimmelpilzes aussäet, und nun für feuchte Luft Sorge trägt, so bildet der Pilz in einer weiter unten genau zu beschreibenden Weise Kernhefe (Micrococcus) aus, welche sich fort und fort durch Zweitheilung vermehrt. Natürlich wird der Micrococcus an bestimmten Stellen, nämlich an denjenigen‘, wo er zuerst ausgesäet wurde, angehäuft, wodurch rings um das Haar oder auf demselben Haufen von Micrococcus entstehen *), welche um so fester und regelmässiger werden, je mehr sie zur Ausbil- dung gelangen. Während der Vermehrung schwellen die anfangs noch nackten Cocci zu grösseren Zellen mit einer zarten gallert- artigen Membran an**). Man sieht nun die weit grösseren Cocci sehr deutlich in Zweitheilung und Viertheilung begriffen ***), nach Art der Palmellaceen. Wie unter veränderten Umständen diese Zellen zur Keimung gelangen, werden wir weiter unten sehen; hier genügt es, auf die Viertheilung aufmerksam gemacht zu ha- ben, welche hier bei zahllosen unzweifelhaften Pilzzellen vorkommt. Beiläufig bemerkt, haben diese Haar - Sclerotien (Sclerotium Bei- gelianum, nach ihrem Entdecker, Herrn Dr. Beigel in London, genannt) eine grosse praktische Bedeutung, weil sie nicht selten spontan auf den Haaren bei Haarkräuslern, besonders auf den Haaren der Chignons, vorkommen. Es sind dieselben Gebilde, welche Rabenhorst unter dem Namen Pleurococcus Beigelianus beschrieben hat. Es mag gleich hier hinzugefügt werden, dass Theilungen he- feartiger Pilzzellen nach mehr als einer Richtung überhaupt sehr häufig sind. Wahrscheinlich gehört die Sarcina ventrieuli hierher, jedenfalls eine Reihe von Formen, welche dieser sehr ähnlich sind ****), Diejenigen Gebilde, welche ich als „zusammengesetzte *) Vergl. meine „Parasitolog. Untersuchungen“ Tafel II. Fig. 8. 24. 27. **) Daselbst Fig. 25. 26. 28. ***) Hbendaselbst Fig. 25. 26. ®+e*) Vol. E. Hallier, Neue Untersuchung der Sarcina ventriculi und Ver- gleich mit verwandten Organismen. Nobbe’s Landwirthschaftl. Versuchssta- tionen. Bd. 8. Chemnitz 1866. S. 411 — 420. Figur 19. Die Parasiten der Infectionskrankheiten, 153 Hefe“ beschrieben habe, sind jedenfalls den oben erwähnten Scle- rotien analog”). Für die Bildung von Sclerotien aus Conidien habe ich vor mehren Jahren ein Beispiel mitgetheilt**). Es jbildeten sich aus den Macroconidien eines Mucor, wahrscheinlich des Mucor mucedo Fres., grosse Haufen auf einem ziemlich trocknen stickstofireichen Nährsubstrat ***). Die Macroconidien vermehren sich rasch durch Theilung und bilden so ein anfangs winzig kleines weisses Häuf- chen, welches rasch wächst, härter wird und die äusseren Zellen- lagen zu einer Rinde ausbildet. Genauer und sicherer konnte ich die Bildung des Mutterkorns verfolgen****). Hier findet sich als erster Anfang zur Bildung der Sphacelia segetum Ley. eine grosse Menge von Hefezellen in der süsslichen Flüssigkeit an der Basis des Fruchtknotens. An der Oberfläche der gährenden Masse keimen die Hefezellen, indem der Nährboden mehr austrocknet, und bringen die Sphacelia her- vor. Unter dieser fahren die Hefezellen fort sich zu vermehren und bilden den unteren Theil des Mutterkorns, während der obere von den Conidien der Sphacelia gebildet wird. Für die Einzel- heiten muss ich auf die oben citirte Schrift verweisen. Bei’m Mutterkorn kommt es hie und da zur Bildung kurzer Fäden, die aber immer sofort wieder in Glieder zerfallen. Die Bildung der bisher beschriebenen Sclerotien besteht also einfach darin, dass Haufen von Zellen, welche in einer oder meh- ren Dimensionen in Theilung begriffen sind, unter eigenthüm- lichen räumlichen und die Ernährung betreffenden Bedingungen nicht im Stande sind, Keimschläuche zu treiben, sondern sich zu einem festen oder weicheren Körper zusammenballen, wobei oft, durch ihre gelatinösen Wände verklebt, die Zellen in sehr festen Verband treten. Der ganze Körper kann oft austrocknen, um - *) E. Hallier, Zusammengesetzte Hefe. Botan. Zeitung 1866 Nr. 37. Vergleiche daselbst die Figuren auf S. 286. **) EH. Hallier, Zur Entwickelungsgeschichte der Sclerotien. Botan. Zeitung 1866 Nr. 20 Taf. 7 Figg. 3— 27. Die Arbeit, bei welcher grosse Fehlerquellen unvermeidlich waren, bedarf jedenfalls einer Wiederholung. **) Ich nahm damals irrthiimlich die Macroconidien für Conidien einer Peronospora, denen sie allerdings oft täuschend ähnlich sind. es) Ki. Hallier, Phytopathologie. Die Krankheiten der Kulturge- wächse. Für Land- und Forstwirthe, Gärtner und Botaniker bearbeitet. Leipzig 1868 S. 228 — 242. 154 Ernst Hallier, nach längerer Ruhezeit sich auf’s Neue zu beleben. Diese Wieder- belebung findet auf sehr verschiedene Weise statt. Bei den zar- ten Hefe - Sclerotien, so z. B. dem Sclerotium Beigelianum, kann jede Zelle wieder selbstständig werden und keimen; dagegen die- nen die derberen Sclerotien znr Hervorbringung von Pilzstämmen, indem eine grosse Menge der im Innern befindlichen Zellen in der- selben Richtung Keimschläuche treibt. So bei’m Mutterkorn, wel- ches einen Pyrenomycetenstamm, die Claviceps purpurea Tul. erzeugt. Bei einzelnen Sclerotien, namentlich bei denjenigen, welche Pezizen hervorbringen, bilden sich die Zellen zu ziemlich deutli- chen und langen Fäden aus und es lässt sich überhaupt nicht läugnen, dass zwischen den Stammbildungen und den Sclerotien sich zahlreiche Mittelstufen vorfinden. Solche Zwischenstufen sind z. B. die Rhizomorphen, einfache oder verzweigte Pilzstämme, welche lange Zeit ruhen nnd dann auf's Neue zum Leben und zur Fruchtbildung erwachen. Ausgewachsene Sclerotien haben, wie aus ihrer Entstehungsweise folgt. auf Schnitten, namentlich auf Querschnitten, oft das Ansehen, als beständen sie aus einem pa- venchymatischen Gewebe; doch ist das niemals in so hohem Grade der Fall, als wie die Schriftsteller es oft abgebildet haben. So giebt schon Berg*) ein ziemlich schematisches Bild vom Quer- schnitt des Mutterkorns. Indessen ist das Berg’sche Bild im- merhin weit naturgemisser, als dasjenige, welches Julius Kühn mittheilt **).- Diejenigen Abbildungen von Sclerotium - Querschnit- ten aber, welche de Bary mittheilt und noch obendrein als dünne Querschnitte bezeichnet”), würde wohl Niemand für das halten, was sie sein sollen. wenn es nicht dabei geschrieben stände. Bei einem wirklich dünnen Querschnitt kann man fast immer den lockeren Verband der Sclerotium - Zellen leicht zur Anschauung bringen. Uebrigens kommt, wie wir gesehen haben, auch bei den Sclerotien nicht selten eine Theilung der Zellen nach mehren Dimensionen vor und an solchen Stellen wird natürlich das Ge- webe fast parenchymatisch. *) O0. Berg, Anatomischer Atlas zur - pharmazeutischen Waarenkunde. Berlin 1865. Taf. I. Fig. 1. J. K., ferner von demselben Verfasser: Darstel- lung und Beschreibung der in der Pharmacopoea borussica aufgeführten offici- nellen Gewächse. Leipzig 1863. Bd. IV. Taf. 32c. Fig. N.O. **) Die Krankheiten der Kulturgewächse. Tafel 5 Fig. 4. *#*) Morphol. und Physiol. S. 31. 35. Fig. 12. 13. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 153 Zur Bezeichnung der vegetativen Pilzfäden und ihrer Produkte hat man leider eine ganze Fluth von Namen vorgeschlagen, von denen wir nur die allerwenigsten kurz erwähnen wollen. Thallus ist der allgemeine Name für das vegetative Zellensystem der blatt- losen Pflanzen (achsenlosen Pflanzen, plantae aphyllae s. cellulares). Nach seiner Bedeutung ist nun dieser Ausdruck eigentlich für die Pilze ziemlich unpassend gewählt, deshalb findet man meistens den Ausdruck Mycelium an seine Stelle gesetzt, welcher die Gesammt- heit der vegetativen Fäden eines Pilzes bezeichnet. Nach Le- veillé unterscheidet man von dem Mycelium die fruchttragenden Fäden oder Fadenmassen als Receptaculum, ein ebenfalls höchst unpassend gewählter Ausdruck, der ausserordentlich verschiedene Dinge regellos zusammenzwängt. Der einzelne Pilzfaden wird auch wohl Hyphe und, wenn er unmittelbar Sporen oder Sporen- behälter trägt, Sporenhyphe oder Fruchthyphe genannt. Wir wol- len ausser dem allgemein eingebürgerten Wort Mycelium uns nur des Ausdrucks Fruchtträger in solchen Fällen bedienen, wo die Fruchthyphen Fadenmassen bilden, welche von den Mycelbildun- gen desselben Pilzes auffallend abweichen. Uebrigens ist es durch- aus nicht nothwendig, dass der Fruchtträger immer aus einem Mycelium hervorgehe. Bei vielen Pilzen geht derselbe unmittel- bar aus einem Sclerotium oder aus einem Plasmodium hervor, welches sich in Zellen zerlegt und dadurch die Beschaffenheit eines Sclerotium annimmt. Es wäre durchaus gezwungen, wenn man ein solches Plasmodium oder Sclerotium als Mycelium auf- fassen wollte”). Viele Agarici entstehen auf die hier angegebene Weise. Oft bricht dann nachträglich aus der Basis des Frucht- trägers ein Mycelium hervor und veranlasst zu der Täuschung, als sei der Fruchtträger Produkt dieses Mycelium’s, während es sich doch grade umgekehrt verhält. Dass ein Mycelium an der Basis vorhanden ist, beweist natürlich noch keineswegs, dass dasselbe das Ursprüngliche sei. Hier ist es aber durchaus gefährlich, an die Stelle sicher verbürgter Thatsachen geistreiche Kombinationen und Analogieschlüsse setzen zu wollen, wie de Bary und Andere es gethan haben. Grade für die Hefebildungen, welche de Bary als „zweifelhaft“ bezeichnet, ist jetzt von den verschiedensten For- *) De Bary behauptet (a. a. O. S. 17), der früherhin oft übersehene Ur- sprung des Fruchtträgers aus einem Mycelium sei jetzt „allgemein nachgewie- sen“, wunderlich genug, da wir bis vor Kurzem über die Entstehung der Hut- pilze so gut wie nichts wussten. 156 Ernst Hallier, schern nachgewiesen worden, dass sie nur untergeordnete Morphen mycelbildender Pilze sind. Uebrigens lässt sich die Trennung von Mycelium und Frucht- träger durchaus nicht so streng durchführen, wie dogmatisirende Mycologen es wünschen. Nicht nur den „wenigen einfachen Pil- zen“, welche de Bary*) anführt, fehlt „die Gliederung in Frucht- träger und Mycelium“, sondern dem grössten Theil der Schimmel- bildungen, allen Brandpilzen im engeren Sinne des Worts und - vielen anderen Formen **). Die ganzen Mycelmassen, mögen sie nun rein vegetativ bleiben oder Fruchtkörper zur Ausbildung brin- gen, sind sehr verschiedenartig in ihrer Konsistenz je nach der Form und Grösse der Zellen, der Verdickung und Verholzung ihrer Wände, der Verklebung oder Verwachsung der Wände be- nachbarter Zellen, deren Verbindung durch Fusionen, durch Ver- schlingung und Verflechtung der Hyphen u. s. w. Man kann dem- nach die Mycelien als flockige, wollige, häutige, holzige u. s. w. unterscheiden. Häufig befestigen sich die Mycelfäden durch kleine Seiten- zweige von besonderer Gestalt auf ihrer Unterlage, wie wir weiter oben schon für Mucores ein Eindringen wurzelförmiger Fortsätze in das Substrat constatirt haben (Fig. 33 Taf. IV). Bei Schma- rotzern auf Pflanzen dringen solche seitliche Fortsätze oft in die Zellen der Nährpflanze ein und erweitern sich im Innern derselben, so z. B. nach de Bary bei den Peronosporeen. Man nennt sie in diesem Falle Haustorien. Oft bleiben sie auch ausserhalb des Substrats, demselben sich mit einer flach ausgebreiteten Anschwel- lung fest anheftend. Die Haustorien der Gattung Peronospora***) sind lange verästelte Fäden, den Saugfäden der Mucores überaus ähnlich. Die Mycelien der Pilze bleiben oft lange Zeit unfruchtbar, wenn die Bedingungen zur Fruchtbildung nicht günstig sind. Sie bilden dann Häute, Stränge, filzige oder feste Massen. Eine sehr einfache Bildung solcher Art ist früher oft unter dem Namen My- *) A. a. 0. 8. 17. des Pilzmyceliums im Gegensatz zum faktisch begrenzten Wachsthum der Fortpflanzungsorgane fällt nach dem, was wir oben über die Häufigkeit des Vorkommens vegetativer Zelltheilung mittheilten, von selbst weg. Zahlreiche Beispiele folgen weiter unten. ***) Vgl. de Bary a. a. O. S. 19. Fig. 8B. Die Parasiten der Infeetionskrankheiten.' 157 coderma beschrieben worden. Die Mycodermen sind hautartige Verfilzungen von Mycelien sehr verschiedener Schimmelformen. Keineswegs sind sie, wie de Bary glaubt*), immer auf Penicil- lium oder gar auf ein bestimmtes Penicillium zu beziehen. Wir werden weiter unten sehen, dass die Penicillien , obschon sie ein- ander sehr ähnlich sehen, doch gar verschiedenen Pilzen als Mor- phen angehören. Eine derartige Filzbildung kommt z. B. auf Flüssigkeiten vor, welche in Essigsäuregährung befindlich sind und als Mycoderma aceti bezeichnet worden **). Auch hier kann von einer bestimmten Pilzart natürlich nicht die Rede sein. Der Bildung von Stämmen geht schon bei manchen Schimmel- formen eine Strangbildung vorher. Es legen sich mehre der auf dem Substrat umherkriechenden Fäden fest an einander und verkleben mit einander durch gelatinöse Ausscheidungen. So bei Stysanus Ste- monitis Corda, wo diese Stränge plötzlich zu aufrechten Stämmen sich vereinigen. Die Erscheinung ist aber, wie wir oben sehen werden, eine allgemein verbreitete. An der Basis der Fruchtkör- per holziger Hutpilze aus den Gattungen Polyporus, Hydnum, Daedalea u. a. findet man häufig ähnliche Stränge, welche sich nicht selten weit im Substrat verbreiten. Ob sie das Ursprüng- liche sind oder ob sie erst nachträglich aus dem Fruchtkörper hervorgehen, kann hier ebenso wenig a priori beantwortet werden, wie bei den weichen Agaricis, wo übrigens ebenfalls das basilare Mycelium nicht selten breite Stränge bildet. De Bary glaubt freilich, auch hier a priori aburtheilen zu dürfen***). Ebenso wenig - Sicheres wissen wir von den Rhizomorphen, von deren Wachsthum und Zweigbildung de Bary eine, freilich sehr unklare, Beschrei- bung giebt****). Die Rhizomorphen sind dickere oder dünnere rundliche stammartige Stränge, die sich wurzelartig zwischen den Rissen der Rinde, sowie in den Klüften und Rissen vermoderten HA. 24028219: **) Wie bekannt, wird die Essigsäuregährung, sobald sie rein und ener- gisch ist, nicht durch die Mycoderma, sondern durch Säurehefe (Arthrococcus) hervorgerufen. Die Mycoderma ist stets ein Zeichen, dass das Substrat stel- lenweise in völliger Verwesung begriffen ist. ==). N, 310. 18.120: *###) A. a, O. S. 23—28. Ob de Bary, wie er behauptet, wirklich eine bestimmte Art von Rhizomorpha vor sich gehabt habe, geht aus seiner Dar- stellung nicht hervor. Die Formen der Rhizomorphen sind so unbestimmt, dass sie, trotz grosser Aehnlichkeit im Bau, doch vielleicht sehr verschiedenen Arten als Mycelstränge angehören. 158 Ernst Hallier, Holzes, in der Borke, zwischen Rinde und Holz u. s. w. verbrei- ten und verästeln, nicht selten sogar in die Ritzen von Steinen und Felsen in Kellern, Bergwerken, sowie in altes Zimmerwerk eindringen. Ihre Konsistenz ist bald lederartig, bald holzig oder hornähnlich. Sie erreichen nicht selten die Länge von mehren Fussen. Mitunter hangen sie frei vom Gewölbe eines Kellers, vom Gebälk eines feuchten Bauwerks u. s. w. herab. Sie besitzen oft knotige Anschwellungen, bisweilen eigenthümliche kurze, senkrecht abstehende Zweige, die man bisweilen für Früchte gehalten hat. Der Bau der Rhizomorphen erinnert bisweilen an denjenigen der komplizirter gebauten Sclerotien, d. h. es lässt sich zuletzt eine äussere oder Rindenschicht, oft durch abweichende Farbe unterschieden, von einer inneren oder Markschicht trennen. Besser wäre es freilich, die Ausdrücke Rinde und Mark ganz zu vermei- den und nur von einer äusseren relativ abgestorbenen und einer inneren mehr lebenskräftigen Schicht zu sprechen. Von der Ent- wickelung der Rhizomorphen ist gar nichts Sicheres bekannt. Was de Bary darüber mittheilt, bedarf noch genauerer Untersuchun- sen. Dass die Rhizomorphen Strangbildungen von Mycelien sehr verschiedener Pilze sind, geht schon daraus hervor, dass es zwischen ihnen und den echten Stammbildungen einerseits, sowie dem bloss strangförmigen Zusammentreten von Mycelfäden an- dererseits alle nur denkbaren Zwischenstufen giebt. Die Gat- tungen Dematium, Byssus, Fibrillaria, Ozonium u. a.*) sind nichts Anderes als derartige Strangbildungen und Mycelgeflechte. Wel- chen Pilzen alle diese Bildungen angehören, lässt sich natürlich nach den vorhandenen Beschreibungen gar nicht feststellen. Es bleibt hier nichts übrig, als entweder aus authentischen Exempla- ren der Sammlungen von Rabenhorst und Anderen durch Kul- tur die Früchte der betreffenden Mycel- und Stammbildungen zu erzielen oder umgekehrt, bekannte Pilze durch Kultur unter be- stimmten Bedingungen zur Hervorbringung der genannten Bildun- sen zu veranlassen. Nach dieser letzen Methode gelang mir die Anzucht eines dichten, zarten, braunen Pilzgeflechtes aus Cladosporium herbarum Lk., der Conidien-Morphe (im Sinne von Tulasne), der Pleospora herbarum Tul., welche als Russthau bekannt ist. Das erwähnte *) Vgl. L. Rabenhorst, Deutschland’s Kryptogamen -Flora. Erster Band. Pilze, Leipzig 1844. S. 60—62. Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. 159 Cladosporium befand sich in einem Holzkästchen, welches auf feuchten Sand gesetzt wurde. Die Keimfäden der Sporen ver- breiteten sich sehr bald durch den ganzen Kasten, ohne zu frukti- fiziren, denselben mit einem spinnewebenartigen Netzwerk über- ziehend, welches aus langgliedrigen dunkelbraunen Fäden bestand. Das Gebilde ähnelte demjenigen, welches unter dem Namen Ozo- nium parietinum Lk. beschrieben worden ist”), doch lässt es sich keinesfalls mit Sicherheit mit irgend einer bisher aufgestellten Form identifiziren, zumal bei der grossen Unbestimmtheit solcher Ge- bilde. Ausser den oben genannten Formen gehören noch die von Persoon aufgestellten Gattungen Hypha und Xylostroma, sowie die von Fries herrührende Gattung Lanosa hierher. Eine Gruppe der Dematieen oder Byssaceen giebt es also gar nicht, und das- jenige Gebilde,' welches de Bary unter dem Namen Dematium ständige Art, sondern eine ganz untergeordnete Form eines Pyre- nomyceten. Eine ganz ähnliche Form geht auf feuchtem Boden z. B. aus Cladosporium herbarum Lk. hervor ***). Ich habe schon erwähnt, dass die Rhizomorphen nicht nur zu den byssusartigen Fäden und Geflechten, sondern auch zu den Pilzstämmen und Sclerotien Uebergangsstufen bilden. So ist die Rhizomorpha, welche Berthhold Seemann von den Fiji-Inseln mitbrachte und von der ich einige Stücke der Güte des Herrn Dr. Luerssen in Bremen verdanke, mehre Linien dick, fest und stammähnlich. Eine schwarze Aussenschicht um- giebt das weisse innere Geflecht. Die Aussenschicht entsteht bei den Rhizomorphen ebenso wie bei den Sclerotien aus dem ab- sterbenden verholzenden Gewebe. Schon das Mutterkorn bildet bei seiner Entstehung bisweilen einzelne längliche Zellen, welche durch Quertheilung in rundliche Zellen zerfallen. Bei harten Sclerotien kommen sogar hie und da schwache Hyphenbildungen vor, wenn aber de Bary“***) behauptet, die Sclerotien entwickelten sich „alle aus einem zuerst vorhande- nen fädigen oder flockigen Mycelium“, so geht daraus nur hervor, dass er die frühesten Zustände der Sclerotien nicht kennt. Es *) So z. B. Rabenhorst a. a. O. S. 61. ***) Vgl. meine Parasitolog. Untersuchungen Taf. I Fig. 25. DER A..2.:0, Dad 12: ll 160 Ernst Hallier, mag ausnahmsweise vorkommen, dass Mycelfäden an der Sclero- tienbildung theilnehmen, aber die normale Bildungsart ist die oben angegebene. Ueber die Dauer der Mycelien, Strang- und Stammbildungen, Sclerotien u. s. w. lässt sich heut zu Tage noch gar nichts sagen. Das Einzige, was wir darüber wissen, besteht in einzelnen Anga- ben von Tulasne. Schon aus dem früher Mitgetheilten, mehr noch aus den Thatsachen, die wir in den folgenden Abschnitten mittheilen, wird man sehen, dass man Allgemeines über diese Dinge erst wird sagen können, wenn man den Morphenwechsel des grössten Theils der Pilze kennen wird. Und wir heben es ausdrücklich hervor, noch kennen wir diesen für keinen einzigen Pilz vollständig. So beruht Alles, was de Bary über diesen Gegenstand mit dogmatischer Bestimmtheit hinstellt, auf ganz unvollständigen Be- obachtungen *). c) Die Fortpflanzung der Pilze. Da die Pilze zu den einfachsten aller Organismen gehören, so steht natürlich auch die Fortpflanzung derselben auf einer ver- hältnissmässig sehr niedrigen Stufe oder vielmehr umgekehrt, die Leichtigkeit, Einfachheit und Unbestimmtheit der Fortpflanzungs- organe berechtigt uns, die Pilze zu den niedrigsten Organismen zu rechnen. Je einfacher der Bau eines Organismus ist, desto unbestimm- ter und mannigfaltiger sind natürlich seine Formen. Das folgt einfach schon aus der Betrachtung der einzelnen Zelle und des nackten Plasma’s, welche bei den niedrigsten Organismen eine grössere Selbstständigkeit besitzen, als bei den höheren. Es kann daher virtuell bei den Pilzen und bei den niedrigsten Algen jede Zelle, ja jedes Plasmaklümpchen zum Fortpflanzungsorgane werden. Selbstverständlich ist das bei solchen Pflanzen, welche ein eigenthümliches Gewebe bilden, nicht möglich. Hier schränkt sich die Selbstständigkeit und das Fortpflanzungsvermögen der Zellen immer mehr auf bestimmte Punkte ein und erfolgt nach immer bestimmteren Gesetzen. Die Fortpflanzung der Individuen wird immer unabhängiger von der Vermehrung der vegetativen *) A. a. 0. 8. 41-48. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 161 Zellen. Die Fortpflanzungszellen entstehen nicht mehr überall, sondern immer mehr an bestimmten Orten, unter bestimmten Be- dingungen, in bestimmter Form. Der Grund davon ist leicht ein- zusehen. In dem compakten Achsenorgan einer dikotyledonischen Pflanze z. B. können die im Kambialzylinder sich vermehrenden Zellen aus einfach räumlichen Gründen nicht frei werden, ja sie sind sogar in ihrer Form abhängig von der Gestalt ihrer Mutter- zellen; eine Prosenchymzelle erzeugt durch Längstheilung wieder *Prosenchymzellen. Bei dem einfachen Pilzfaden dagegen kann noch jede Zelle unter günstigen Umständen zur Fortpflanzungszelle werden, ja, jeder Plasmakern (Coccus) kann frei werden und sich zur selbstständigen Zelle ausbilden. Auf die verschiedenen Modificationen der Aus- bildung des Plasma’s zum Micrococcus werden wir weiter unten genauer einzugehen haben; hier geniigt es, auf die Thatsache auf- merksam zu machen, welche sich bei sehr vielen Pilzzellen wie- derholt, dass in fliissigem Nährboden das Plasma durch simultane oder succedane (Fig. 22 a—f) Theilung zerfällt, dass die so ent- standenen Cocci frei werden (Fig. 12. 14 Taf. IT) und nun je nach den Umständen sich zu theilen fortfahren (Fig. 20 Taf. I) oder sich zu Zellen ausbilden. Genau derselbe Theilungsprozess findet aber auch, wie wir bereits oben gesehen haben, innerhalb einer Pilzzelle statt durch simultanes oder succedanes Zerfallen des Plasma’s, und wenn derartige neugebildete Zellen durch Auflösung der hier meist sehr zarten Mutterzelle frei werden, so zerfällt z. B. ein Pilzfaden in eine Anzahl von Zellen (Fig. 24 b, a, ¢ Taf. II). Jede solche Zelle, wie sie z. B. bei den unter Oidium beschriebenen Formen vorkommt, ist Fortpflanzungszelle. Aber selbst der Micrococcus, welcher aus dem Inhalte einer Mutterzelle hervorging, kann bei günstigen Bedingungen zur Bildung dersel- ben höheren Pilzformen Anlass geben, welche ihn hervorgebracht haben. So haben wir in Fig. 13 Taf. III. gezeigt, wie der Micro- coccus, welcher im Blut der Scharlachkranken vorkommt, durch Verbindung zahlreicher Individuen grosse Plasmaballen bildet, welche durch Keimung ohne Weiteres den Scharlachpilz erzeugen. Ebenso aber erhält man auf trocknerem Boden aus den einzelnen Micrococcis Keimlinge, nachdem dieselben allmählig zu Zellen sich ausgebildet haben. Der Micrococeus ist also die einfachste Form der Fortpflan- zung in der Pilzwelt, und wir wollen von dieser ausgehen. il 163 Ernst Hallier, Die einfachste Fortpflanzungsart des Micrococcus ist diejenige, wo derselbe sich durch fortgesetzte Zweitheilung in einer Flüssig- keit vermehrt (Fig. 1. 20. Taf. UI). Hierbei können die neugebil- deten Individuen sofort von einander getrennt werden (Fig. 12 mk. Taf. III), wie das besonders im Innern von Flüssigkeiten und über- haupt bei Luftmangel vorkommt. Oder an der Oberfläche einer Flüssigkeit bleiben bei genügendem Luftzutritt die neugebildeten Individuen mit einander im Zusammenhang (Fig. 20 Taf. II) und stellen sogenannte Mycothrix- Ketten dar. Die soeben geschil- derte Vermehrungsweise ist offenbar eine rein vegetative und wir können uns nicht berechtigt glauben, diesen Fortpflanzungszellen besondere Namen als: Sporen, Conidien oder ähnliche beizulegen. Es ist eben der vegetative Pilzkörper selbst, welcher in eine An- zahl von Zellen oder Plasmakörpern (Cocci) zerfällt und dadurch sich vermehrt. Die einfache Bezeichnung „Glied“ wird die zweck- mässigste sein, namentlich in denjenigen Fällen, wo die neugebil- deten Individuen vor ihrer Trennung von einander kettenförmig verbunden sind oder, was dasselbe sagt, wenn die Individuen durch simultane oder succedane Theilung eines langgestreckten Plasmakörpers entstehen. Wir haben aber bereits oben gesehen, dass der Micrococcus sich ebensowohl nach mehren Richtungen theilen kann, wenigstens bei manchen Pilzen. Konsequentermassen sind wir aber berechtigt, auch so entstandene Individuen, wie z. B. diejenigen der Sarcina ventriculi, als Glieder zu bezeichnen. Dieses einfache Zerfallen in Glieder, wohin man natürlich auch die Zellenbildung der Sclerotien von Schleimpilzen, ja selbst ihre Sporenbildung rechnen muss, ist nun keineswegs auf das nackte Plasma beschränkt, sondern kommt nicht minder häufig bei dem schon zur Zelle entwickelten Coccus oder Plasmakörper vor. Sehen wir uns sogleich nach Beispielen dafür um. Wenn man den Micrococcus irgend eines Pilzes in eine der sauren Gährung geneigte Flüssigkeit bringt, so schwillt derselbe an, bekommt längliche Gestalt und zuletzt eine deutliche Zellen- membran (Fig. 21 Taf. III), mit einem Wort, er bildet sich zum Arthrococeus oder, was dasselbe sagt, zur Säurehefe aus. Die Arthrococcus - Zellen versetzen das Substrat in saure Gährung und vermehren sich ganz in derselben Weise durch Theilung des Plas- ma’s wie der Micrococcus. So zeigt Fig 49 Taf. IV. die Theilung desjenigen Arthrococcus, welcher die berüchtigte Krankheit der Seidenraupen, die Gattine, hervorruft, der Arthrococcus von Cla- , Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. i 163 dosporium herbarum Lk., dessen Entstehungsweise wir in Fig. 21 Taf. III. kennen gelernt haben. Dabei können die Individuen ebenso in der Flüssigkeit gleich nach ihrer Bildung sich von einander trennen oder, bei stärkerem Lufteinfluss, im Zusammenhang blei- ben, längere oder kürzere Ketten bildend, die man unter den Gattungsnamen Torula, Oidium u. a. beschrieben hat. Solche Zellen können aber auch von der ausgebildeten Pilz- zelle, unabhängig vom Micrococcus, entstehen. Vegetirt ein Brandpilz (eine Ustilaginea) unter Bedingungen, wo er zwar kräftig ernährt wird, aber ohne seine Sporen reifen zu können, so zerfällt das Plasma des Pilzfadens in eine Anzahl von Glieder (Fig. 24 a. b. Taf. IIl.). Die so entstandenen Glieder kann man als unreife oder nicht zur Reife kommende Brandsporen ansehen, und wir werden weiter unten sehen, dass die Gliederbildung ganz all- gemein bei den Brandpilzen ist, sobald dieselben auf einen leicht sährenden, so z. B. flüssigen, Boden gerathen. Es lässt sich leicht denken, dass die Glieder sehr verschieden kräftig sein werden, je nach der Nahrung, und so entstehen die sehr verschiedenen Ket- tenformen, welche jeder Brandpilz unter solchen Umständen aus-. bildet (vergl. beispielsweise Fig. 24, c—k, Taf. III.) und welche man früher als Formen besonderer Gattungen: Oidium, Torula ete. betrachtet hat. Wir können hier schon anmerken, dass jeder ju- gendliche Pilzfaden in solche Oidium-Glieder zerfallen kann. Wie sich der Arthrococcus zu diesen in Ketten zerfallenden Pilzfäden verhält, werden wir in den folgenden Abschnitten sehen. Dass nur bei kräftiger Ernährung eine solche Bildung von Gliedern möglich ist oder, mit anderen Worten, dass ein grosser Ueberfluss von Plasma vorhanden sein muss, bedarf wohl kaum der Erinne- rung. Solche aus einem zerfallenden Faden hervorgehenden Zel- len, welche natürlich keimfähig sind und dieselbe oder unter gün- stigeren Umständen sogar eine höher entwickelte Pilzform, so z. B. den reifen Brandpilz, hervorbringen können, bezeichnen wir eben- falls am besten mit dem Ausdruck Glieder oder Gliedzellen. Aus einem später mitzutheilenden Grunde können sie auch Gliedeoni- dien heissen zum Unterschied von gliedartig abgeschnürten Sporen. Der Micrococcus kann aber auch keimen, wie wir gesehen haben. In diesem Fall vermehrt er sich nicht weiter durch Theilung, son- dern, wenn das Substrat trockner wird oder starker Luftzutritt stattfindet, so schwillt jeder einzelne Coccus langsam an und keimt oft ohne Weiteres, nachdem er zu einer grossen Zelle mit deutli- 164 Ernst Hallier, cher Membran (Fig. 14 Taf. III) sich ausgebildet hat. Diese Zellen verhalten sich ebenso wie die Sporen und Conidien des betreffen- den Pilzes, sie keimen und bringen das nämliche Keimungsprodukt hervor; wir können sie daher als Sporoiden bezeichnen, ein Aus- druck, welchen ich bereits in meiner unter dem Titel „Parasitolo- gische Untersuchungen“ erschienenen Schrift angewendet und erläu- tert habe*). Oft verbinden sich die benachbarten schwellenden Cocci mit einander und bilden unregelmässige Sporoiden, wie wir das in Fig. 13 Taf. III. ausführlich dargestellt haben. Sie sind ebenso gut keimfähig und bilden meist kräftigere Keimlinge als die aus isolirten Coccis hervorgehenden Sporoiden. Die bisher geschilderten Vermehrungsweisen der Pilze werden also, wie wir sahen, nicht durch besondere Fortpflanzungszellen, sondern durch das vegetative Plasma und durch vegetative Zellen eingeleitet. Wir können hier unterscheiden 1) die Fortpflanzung durch grössere Plasmamassen oder Plasmodien, 2) die Fortpflan- zung durch Micrococcus, 3) die Fortpflanzug durch Sporoiden, 4) die Fortpflanzung durch Gliedconidien und Arthrococcus. In diesen 4 Fällen beruht die Vermehrung lediglich auf der Theilung des Plasma’s, und es entsteht für uns die Frage, ob die Pilze sich nicht auch nach der zweiten Zellenvermehrungsart, der Sprossung, rein vegetativ vermehren können. Diese Frage ist in der That bejahend zu beantworten. Zunächst gehört hierher die unter dem Namen Cryptococcus oder Sprosshefe bekannte Hefe der geistigen Gährung oder Alkoholgährung. Wir haben gesehen, wie aus dem Micrococcus der Arthrococeus hervorgeht, sobald jener in eine der sauren Gährung geneigte Flüssigkeit geräth. Wir se- hen, wie unter solchen Umständen der Micrococcus anschwillt, sich verlängert und eine Membran ausbildet. Bringt man aber den Micrococcus in eine der geistigen Gährung geneigte Flüssigkeit **), so schwillt er zwar ebenfalls stark an, aber der zur Zelle ausge- bildete Coccus besitzt ein dünneres Plasma, und die so entstan- dene Cryptococcus-Zelle vermehrt sich nicht, wie der Micrococcus und der Arthrococcus, durch Theilung, sondern durch Sprossung***). *) Vgl. Parasitolog. Unters. Taf. I Fig. 2. 7. 12. 18. 26. 50. 53. Taf. I Fig. 12. 13. **) Ob saure Gährung, Alkoholgährung oder Fäulniss eintritt, das hängt bekanntlich vom Verhältniss der Kohlenhydrate zu den Proteinstoffen und vom Zutritt der Luft ab. ***) Vol. Hallier, Gährungserscheinungen Fig. 15. 16. 18. 29. 33. Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. 165 Schon aus der Sprossung lässt sich ersehen, dass die Membran des Cryptococcus eine sehr derbe sein muss, und so ist es in der That. Beim Arthrococcus ist die Membran in der Jugend stets sehr zart und gelatinös, ja oft kaum nachweisbar, wogegen der Cryptococcus schon in der Jugend eine sehr derbe Membran besitzt. Die Spross- zellen trennen sich von der Mutterzelle, sobald sie ausgewachsen sind und sprossen nun ihrerseits an einer oder mehren Stellen, so dass der Cryptococcus sich rasch ungeheuer vermehrt. Wie der Arthrococeus unter starkem Lufteinfluss Ketten von Individuen bildet, so auch der Cryptococcus. Es entstehen dadurch die zier- lichen unter dem Namen Hormiscium bekannten Formen, ketten- formig oder baumartig verästelter Cryptococcus*). Sprossungen vegetativer Zellen sind sehr häufig, ohne dass sich immer alkoho- lische Gährung nachweisen liesse. Das ist auch bei der Allgemein- heit der Sprossbildung bei den Pilzen sehr begreiflich. So hat J. Sander schon vor zwei Jahren sehr schöne Sprossungen bei Penicillium-Sporen (Conidien) beobachtet. Aehnliches ist auch von mir und Anderen mehrfach beobachtet worden. Es kommt aber auch vor, dass Conidien durch Sprossung wirklichen gährungserregenden Cryptococcus hervorbringen, wie das zuerst Bail und Hoffmann entdeckt haben und wie wir es wei- ter unten nach meinen eigenen Beobachtungen näher kennen lernen werden. Häufiger und normal bildet sich aber der Cryptococcus wie der Arthrococcus aus dem Micrococcus. Wie also Theilung und Sprossung bei den Pilzen unselbst- ständige, d. h. mit der Mutterzelle im Zusammenhang bleibende Tochterzellen hervorbringen können, so gehen durch sie auch selbst- ständige Gebilde hervor. Es ist klar, dass man diese selbstständig sich fortpflanzenden Zellen und Plesmodien noch nicht ohne Wei- teres als Fruchtorgane auffassen darf, aber das ist eben das Merk- würdige bei den Pilzen und beweist, dass sie auf der allerunter- sten Stufe der Entwickelung stehen, dass es zwischen dieser ein- fachen Bildung neuer Zellen durch Sprossung und Theilung einer- seits und der unzweifelhaften Sporenbildung andererseits gar keine scharfe Grenze giebt. Es fällt damit aber auch jede Grenze zwi- schen Vegetationsorgan und Reproduktionsorgan. Jede selbststän- dige Pilzzelle, sei sie Micrococcus, Cryptococcus oder Arthrococcus oder endlich jedes Glied eines Fadens oder jede unbestimmt ge- *) Vgl. meine Gährungserscheinungen Figur 19, AG Ernst: Hallier, staltete Plasmamasse keimt, sobald man sie den dazu nöthigen Bedingungen unterwirft*). Sehr bald nach der Keimung können nun, je nach den äusseren Bedingungen, am Keimling Sprosszellen oder Theilzellen' (Glieder) auftreten, welche mit jenen Hefezellen noch die allergrösste Aehnlichkeit besitzen und doch schon durch ihre Anheftungsweise und ihr Verhältniss zum Faden an typische Conidien oder Sporen erinnern. So zeigt Taf. I Figur 14 im ersten Heft dieser Zeitschrift Fäden, welche aus gekeimtem Arthrococcus hervorgegangen sind. Die Gliederhefe beginnt zuerst unter dem Einfluss der Luft sich länger zu strecken und daher in längere, bald fadenförmige Glie- der zu zerfallen. Diese Form würde man schon fast als ein Oidium auffassen können. Bald verzweigt sich sogar der Faden und es wer- den nur noch seitlich und an den Enden der Zweige Glieder abge- stossen. Das ist schon ein Uebergang zur Sprossung, welcher auf noch stärkeren Luftzutritt hindeutet. Die Figur 14 (Taf. I. Heft I) zeigt diesen Uebergang deutlich an der Stelle, wo ein Faden sich gabelig verästelt und am Ende jedes Gabelastes eine Sprosszelle hervortritt. Man vergleiche dafür auch die Figuren 33. 38. 36 derselben Tafel. Solche vereinzelte Sprosszellen (Heft I, Taf. II Figur 50 v, st, ferner das. Fig. 45 k, Taf. I Fig. 33 p. q. x) pflegt - man erst dann als Conidien oder Sporen aufzufassen, wenn sie in bestimmtere Gruppen zusammentreten und ein bestimmtes gewis- sermassen typisches Verhältniss zu ihrem Tragfaden einnehmen. Dass aber auch hier zwischen den regellosen Sprossungen und Ab- lösungen von Fortpflanzungszellen und den typischen Conidien gar kein: wesentlicher, sondern nur ein gradueller Unterschied statt- findet, dafür haben wir schon zahlreiche Beispiele mitgetheilt und bitten, das auf Taf. I Fig. 33 des ersten Heftes Abgebildete als besonders lehrreich zu vergleichen. Wir nennen nun zunächst Co- nidie jede nicht reife Fortpflanzungszelle, d. h. jede, welche kein derbes Epispor ausbildet und welche meistens sofort keimfähig ist. Die Conidien sind meist blass oder farblos, selten lebhaft gefärbt. Am häufigsten sind sie blassgrün, so dass sie in Masse gesehen jene eigenthümlichen den meisten Schimmelbildungen zukommen- den Farben geben. Dass sie entweder durch Sprossung oder durch *) Taf. I und Taf. II des ersten Heftes dieser Zeitschrift geben Beispiele dafür in den Figuren 14. 17. 18. 21. 23. 25. 29. 33. 52, wofür ich die Erklä- rungen zu vergleichen bitte. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 167 Abtrennung entstehen, haben wir bereits gesehen. Beides kann, durch die Umstände begünstigt, an demselben Faden vorkommen (Taf. I Fig. 33 Heft I). Schon daraus wird klar, dass mehre Arten von Conidien und Sporen an demselben Pilz auftreten kön- nen, denn Sprossung einerseits und Theilung andererseits sind oft die wesentlichsten Unterscheidungsmerkmale verschiedener Arten von Fortpflanzungszellen. Da nun jene beiden Arten der Zellen- vermehrung lediglich Folge der äusseren Einflüsse sind, so kann es nicht Wunder nehmen, dass man nicht nur oft an demselben Faden beide Formen antrifft, sondern dass auch zwischen zwei ty- pischen Conidien - oder Sporenformen alle Zwischenstufen vorkom- men. Mit einem Wort, es giebt bei den Pilzen keine streng ge- schiedenen Morphen oder gar nur Generationen, sondern es liegen zwischen je zwei scheinbar noch so extremen Formen ganze Vege- tationsreihen, wie ich das bereits vor mehren Jahren in meinem Buch über die pflanzlichen Parasiten des Menschen entwickelt habe. Diese Vegetationsreihen zeigen alle nur erdenklichen Mittelstufen zwischen den extremen Formen. Alle bis jetzt bekannten Conidien- formen sind nur unreife Zustände von Sporenformen und man kann diese letzterwähnten sehr leicht erzeugen, wenn man dem Substrat die richtige chemische Zusammensetzung und den gehori- sen Grad von Trockenheit giebt. Alle Conidienformen sind näm- lich Verwesungsformen oder, was dasselbe sagen will, Schimmel- formen. Die Nässe des Bodens und der Luft sind aber die Haupt- ursache aller Gährungsvorgänge und namentlich die Verwesung (Oxydation) verlangsamt sich bei zunehmender Trockenheit. Es ist daher möglich, aus jeder unreifen oder Schimmelform die reife Sporenform zu ziehen, welche sich wesentlich durch eine derbe, meist. dunkelfarbige Sporenhaut (Epispor) unterscheidet. Dass es zwischen der reifen und der unreifen Form ebenso gut alle möglichen Mittelstufen giebt, wie zwischen durch Sprossung oder Theilung entstandenen, begreift sich leicht. Ein auffallendes Bei- spiel für solche Zwischenstufen haben wir im ersten Heft Taf. I Fig. 34 mitgetheilt. Die reifen sowohl wie die unreifen Formen werden nun noch weiter unterschieden. Dazu kann man verschie- dene Eintheilungsgründe benutzen. Am häufigsten werden die Ent- stehungsart der Fortpflanzungszellen, die räumlichen und zeitlichen Verhältnisse, in Betracht gezogen. So unterscheidet man zuerst Basidiomyceten und Ascomyceten oder richtiger Basidioconidien, Basidiosporen und Thecaconidien, 168 Ernst Hallier. Thecasporen, jenachdem die reifen oder unreifen Fortpflanzungs- zellen am Ende von Trägern (Basidien und Sterigmen) abgetrennt werden oder im Innern von Zellen durch Theilung des Plasma’s oder durch freie Zellenbildung zur Ausbildung kommen. So z.B. sind auf Taf. II Fig. 48 Basidioconidien, Fig. 40 dagegen Theca- conidien dargestellt. Beide Formen kommen bei allen genauer bekannten Pilzen vor, von einer Gruppe der Basidiomyceten und Ascomyceten kann also keine Rede sen. Zwischen den Basidien- formen und Thekenformen giebt es bei jedem Pilz noch Mittel- stufen, nämlich solche Formen, bei welchen Conidien oder Sporen weder am Ende von Basidien noch im Innern von Theken, sondern durch einfache Zelltheilung entstehen. Dahin gehören alle Brand- pilze, ja fast alle Staubpilze (Coniomyceten), so z. B. die auf Taf. II Figg. 46. 47 abgebildeten Formen. Da diese zahlreichen For- men sich nun in das obige Schema nicht einreihen lassen, so ist die Eintheilung in Basidiosporen und Thecasporen unzweckmässig, wenn man nicht noch eine dritte Form, etwa Merisporen oder Schi- zosporen hinzufügen will. Jedenfalls sind aber alle diese Aus- drücke, wenn auch nicht zur Eintheilung, doch zur gelegentlichen Bezeichnung von Fortpflanzungszellen anwendbar. Bei solchen Spo- ren, welche durch Theilung des Plasma’s entstehen, kommt es häufig vor, dass das Ganze nach der stattgehabten Theilung im Zusam- menhang bleibt, dass sich also ein in zahlreiche Fächer getheilter Körper ausbildet. Nun ist bei der Keimung der in den einzelnen Fächern liegenden Sporen nothwendig, dass der Keimschlauch die Wand der Mutterzelle durchbricht. Solche zusammengesetzte Spo- ren unterscheiden wir als Schizosporangien von den einfachen. Nach der Reihenfolge der Entstehung kann man die Conidien (und Sporen) als succedan oder simultan entstanden unterscheiden. Der Anordnung nach stehen sie einzeln, in Köpfchen oder in Ket- ten. In der Conidienkette eines Pinselschimmels (Fig. 46 Taf. IV) ist die unterste Conidie (a) die jüngste. Die Conidie f war zuerst ausgebildet und zwar als Spross der Stielzelle (st). Unter der Conidie f bildete sich dann ebenso die Conidie e, unter dieser die Conidie d u. s. f., so dass aus demselben Sterigma (st) zuletzt eine lange Kette von Aéroconidien hervorgeht. Man hat diesen Vor- gang als succedane Kettenbildung aufzufassen. Ebenso häufig ent- steht aber eine Kette simultan durch Quertheilung des Plasma’s in einer fadenförmig gestreckten Zelle (Taf. IV Fig. 33). Ganz dasselbe gilt für einzelne Conidien, die in Köpfchen angeordnet Die Parasiten der Infektionskrankheiten. 169 sind; sie können gleichzeitig oder nach der Reihe, also simultan oder succedan zur Entwickelung kommen. Dieselben Unterschiede könnte man aber auch für die ganzen Ketten oder andere Frucht- stände anwenden. So z. B. entstehen die Aéroconidien-Ketten, die wir auf Taf. II Fig. 48 dieser Zeitschrift abgebildet haben, gewöhn- lich zu dreien neben einander als simultane Drillingsketten. Alle diese Unterscheidungen, so nothwendig sie sind zur schar- fen Bezeichnung, dürfen doch niemals zu systematischen Trennun- sen benutzt werden, da es bei den meisten Pilzen und Pilzformen von einer Conidienbildung bis zu einer davon sehr verschiedenen alle möglichen Zwischenstufen giebt. Gerade durch pedantische Systematisirung solcher Formunterschiede sind schon mehrfach ganz nutzlose Streitigkeiten in die Mykologie eingeführt worden. Weit durchgreifendere Bezeichnungen gewinnt man bei Berück- sichtigung des Verhältnisses der Fortpflanzungszellen zu ihrem Nähr- boden und zur atmosphärischen Luft. Entweder nämlich bedürfen die Fortpflanzungszellen der atmosphärischen Luft zu ihrer Entwicke- lung oder sie entwickeln sich im Nährboden bei grösserem oder geringerem Ausschluss der Luft. Man kann sie dem entsprechend Aéroconidien und Anäeroconidien, Aérosporen und Anäerosporen nennen. ‘Fast jeder Pilz besitzt beide Formen und die Ausbildung der einen oder der anderen Form hängt nur davon ab, ob der Pilz an der Luft vegetirt oder in’s Innere seines Nährbodens ein- dringt. Von beiden Sporenformen kann man noch die mehrkam- merigen Schizosporangien unterscheiden, welche im unreifen Zu- stande keine Kammern, sondern nur lose Conidien in einer grossen blasenförmigen Hülle ausbilden. Diese Conidien nenne ich Theca- conidien. In meiner Arbeit über die Muscardine des Kiefernspin- ners im ersten Heft dieser Zeitschrift habe ich alle diese Formen für den Pilz der Muscardine, d. h. für Fumago salicina Tul. ab- gebildet und beschrieben. Es ist noch die Angabe nothwendig, wie sich diese verschie- denen Sporen und Conidien zur früheren systematischen Nomenkla- tur verhalten. Die Bodenformen (Anaérosporen) hatte man zu einer besonderen Pilzgruppe der Ustilagineen erhoben, da aber jeder Pilz, soweit bis jetzt bekannt, Anaérosporen besitzt, so müsste man alle Pilze zu den Ustilagineen rechnen. Ebenso ist es mit den Aérosporen und Schizosporangien. Diese bildeten früher Gat- tungen von Staubpilzen (Coniomycetes), eine grössere Gruppe, der die Ustilagineen als Theil untergeordnet waren, 170 Ernst Hallier. Die Coniomyceten sind also überhaupt keine natürliche Gruppe, sondern eine Sammlung von Formen, die zu sehr verschiedenen Pilzen gehören. Das hat Tulasne längst auf’s Schlagendste nach- gewiesen, aber Bary und die deutschen Mykologen, soweit sie von ihm abhangen, halten trotzdem immer noch Gattungen wie: Dema- tium, Stemphylium und unzählige andere für selbstständige Ge- nera von systematischem Werth. Das Systematisiren und Analo- gisiren ist diesen Herren nicht aus dem Kopf zu u. es ist eine wahre Erbsünde der Mykologen. Nicht anders verhält es sich mit den Conidienformen. Sie sind früher zu einer Gruppe der Schimmelpilze, Fadenpilze, Haplomy- ceten u. s. w. zusammengestellt und die Unterabtheilungen dieser Gruppe werden zum Theil noch jetzt von den deutschen Mykolo- gen festgehalten. Es sind aber alle Conidien lediglich Modifica- tionen der Sporen und kommen zur Ausbildung, sobald, besonders in Folge von Nässe, der Nährboden verwest; sie sind also als un- reife oder Schimmelformen der Sporen aufzufassen. So fällt denn auch die zweite Gruppe der Haplomyceten in Nichts zusammen. Man kann nun die Sporen ausser den oben aufgeführten Gesichts- punkten noch weiter nach Form und Bedeutung unterscheiden. So z. B. haben viele Pilze Sporen, welche sofort keimfähig sind und solche, welche einer Ruhezeit bedürfen oder doch für gewöhn- lich eine solche überstehen. Die letzten kann man Dauersporen nennen. Haben bestimmte Sporen die Bedeutung, die Pilzspezies zu überwintern, so hat man sie wohl Teleutosporen genannt, so z. B. die Puccinien-Frucht der Uredineen, einer noch höchst un- genau bekannten Abtheilung der alten Coniomyceten-Gruppe. Wir wollen hier aber vorläufig von diesen weiteren Unterscheidungen absehen und noch zwei Arten von Fruchtbildungen erwähnen. Die eine Form entsteht durch echte Copulation. Zwei Zellen eines oder verschiedener Fäden wachsen gegen einander und verbinden sich, wodurch eine Spore (Zygospore) entsteht. Sehr unpassend hat man diesen Vorgang als geschlechtliche Zeugung aufgefasst. Die Zygo- sporen scheinen überhaupt keine sehr wesentliche Bedeutung zu haben und es wäre ganz absurd, aus ihrem Vorkommen bei irgend einem Pilze schliessen zu wollen, derselbe könne ausser ihnen keine höher entwickelte Fruchtform besitzen, wie das in der That bis- weilen geschehen ist. Manche Fruchtformen von sehr hoher Ent- wickelungsstufe entstehen dagegen durch Vorgänge, denen man vielleicht mit etwas grösserem Recht die Bedeutung des Geschlechts- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. al aktes zugeschrieben hat. Derartige Vorgänge sind von de Bary bei Peronosporeen, bei Erysibe, von mehren Forschern bei Sapro- legnieen, von mir bei Eurotium beschrieben. Durch eine noch dunkle Einwirkung einer Zelle eines Fadens auf eine andere wird diese in eine Spore oder in die erste Anlage zu sporenumschlies- senden Schläuchen (Asci) verwandelt. Da der eigentliche Vorgang hier noch ganz dunkel ist, so muss man sich wohl hüten, von einem Geschlechtsakt zu reden, so lange nicht die Spermatozoiden nach- gewiesen wurden und das ist mit Sicherheit bis jetzt nirgends ge- schehen. Die hier erwähnten Früchte sind aber als die Hauptfrucht des Pilzes aufzufassen. Dieselben sind entweder Sporen, so bei den Peronosporeen, oder es sind Schläuche, welche meist in grösserer oder kleinerer Anzahl von einer Hülle (Perithecium) umschlossen sind und ihrerseits die Qporen enthalten. Diese Formen bilden die natürliche Gruppe der Ascomyceten oder Schlauchpilze, die man in die beiden Hauptgruppen der Scheibenpilze (Discomyceten) und Kernpilze (Pyrenomyceten) zerlegt hat. Auf der ersten Tafel des ersten Heftes dieser Zeitschrift haben wir in den Figuren 30 und 31 die Askenfrucht eines Kernpilzes, der Fumago salicina, ab- gebildet. Der Pyeniden, Schläuche mit Conidien von mehr untergeord- neter Bedeutung, und der Spermogonien, flache oder hohle Behäl- ter, in denen an den Fadenenden Keimzellen abgeschnürt werden, wollen wir vorläufig nicht weiter gedenken. Wenn wir die Pilze nach der so eben besprochenen wichtig- sten Fruchtform einer Revision unterziehen, so bleiben nur zwei natürliche Pilzgruppen für das Pilzsystem übrig, nämlich solche mit einfachen Sporen und solche mit Sporenschläuchen. Wir kön- nen diese als Sporomyceten und Ascomyceten unterscheiden. Die Ascomyceten zerfallen in Pyrenomyceten und Discomyceten. Die Haplomyceten (Schimmelpilze) und Coniomyceten sind, wie wir ge- sehen haben, keine selbstständigen Gruppen und die Bauchpilze (Gasteromyceten) und Hautpilze (Hymenomyceten) müssen wir so lange als ganz zweifelhaft ansehen, bis wir über ihre Fortpflanzung Genaueres erfahren. So viel ist aber wohlim Ganzen aus unserer Darstellung klar geworden, dass wir es bei den Pilzen mit einer sehr niedrigen Organisationsstufe zu thun haben, indem der ein- zelnen Zelle, ja selbst dem Plasmaklümpchen (Coceus) noch ein überaus grosser Spielraum, eine grosse Selbstständigkeit, gelassen 172 Ernst Hallier, ist. Je höher ein Organismus entwickelt ist, desto unselbstständi- ger wird die Zelle. Ob wir nun die Pilzfamilie als Pflanzengruppe auffassen wol- len oder ob wir sie mit Häckel in’s Protistenreich stellen, das dürfte vor der Hand ziemlich gleichgültig sein, wenn wir nur fest- halten, dass wir es mit sehr niedrigen Organismen zu thun haben. Die nahe Verwandtschaft der Ascomyceten mit den Flechten dürfte aber empfehlenswerth machen, dass man vorläufig die Pilze als eine Vorstufe der Pflanzenwelt auffasst. Scharfe Grenzbestimmungen gegen die Flechtenfamilie wird man wohl niemals finden, ebenso wenig aber gegen die Algen und gegen die niedrigsten thierischen Organismen. ll. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. Schreiten ‘wir nun zum speciellen Theil unserer Aufgabe, so zerfällt uns dieser in zwei verschiedene Theile, nämlich in die Be- trachtung des Thatbestandes und die Erörterung der Bedeutung des letztgenannten. Der blosse Thatbestand lässt oft sehr schwer, ja oft gar nicht eine sichere Bestimmung der Parasitenspecies zu. Wenn man z. B. im Blut eines Säugethieres Hefezellen findet, so ist dieser Befund bedeutungslos, so lange man nicht weiss, welchem Pilz diese Hefe- zellen ihre Entstehung verdanken. Wenn aber der menschliche oder thierische Organismus ausser den Hefezellen gar keine Form des betreffenden Pilzes einschliesst, so kann dieser nur durch Kul- turversuche mit den Hefezellen enträthselt werden. Wir werden nun im Folgenden beide Aufgaben streng getrennt halten. Der erste Abschnitt unserer Arbeit wird den pflanzlichen. Thatbestand bei den Infectionskrankheiten von Menschen, Thieren und Pflanzen untersuchen. Darauf wird ein zweiter Abschnitt die Bedeutung dieses Thatbestandes erörtern. Die Besprechung der einzelnen Krankheiten halten wir getrennt, ebenso auch die Abbildungen. 1) Der Thatbestand. a) Menschliche Krankheiten. Cholera. (Taf. IV Fig. 50.) Leider ist es mir zur unerlässlichen Pflicht geworden, die Sache, welcher ich diene, gegen die persönlich gehässigen und so recht vom Zaun gebrochenen Verdächtigungen und Angriffe meines Kollegen de Bary zu vertheidigen. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 173 Freilich bedürfte es in einer Sache, in welcher auch nicht einmal der Versuch zu einer Widerlegung gemacht worden ist, wo der Angriff von einem in der Sache völlig Unwissenden ge- macht wurde, kaum der Rechtfertigung, wenn nicht die Sache selbst so schwierig und verwickelt wäre, dass es leicht ist, durch einfache Behauptung der Unrichtigkeit meiner Untersuchung, die- selbe bei Vielen zu verdächtigen, denn wer sie wirklich kontro- liren wollte, dem würde es jahrelange Arbeit kosten. Ist doch selbst Virchow unvorsichtig genug gewesen, sich dem de Bary- schen Urtheil einfach anzuschliessen. Allerdings habe ich die Tendenz des Herrn Kollegen de Bary schon öffentlich zur Sprache gebracht in einer kleinen Schrift, die Jedermann gratis von mir beziehen kann*). Indessen genügt das nicht, um der Sache selbst ihr Recht zu schaffen, und das ist doch bei Weitem die Hauptsache. Ich habe, wie man in der Folge sehen wird, Mühe und Arbeit nicht gescheut, um meiner Arbeit jede nur mögliche Kontrole angedeihen zu lassen und den in meiner Schrift über das Cholera - Contagium mitgetheilten Kul- turen ist die Untersuchung von 5 anderen Fällen gefolgt. Ich lasse einfach die Thatsachen reden und werde diese mit den Be- hauptungen des Herrn de Bary vergleichen, indem ich ihn mög- lichst wörtlich anführe. Die von mir untersuchten Cholera-Stühle enthielten sämmtlich als Hauptbestandtheil, ja, wie ich mich jetzt überzeugt halte, als einzigen wesentlichen Bestandtheil, sehr kleine bewegliche oder bewegungslose Cocei in ungeheuren Massen, theils frei in der Flüssigkeit schwimmend, theils auf Epithelzellen angesiedelt. In mehren Fällen war ausser diesen Cocci, die wir vorläufig als Mi- crococcus bezeichnen wollen, keine Spur von anderen Pilzelemen- ten vorhanden. Der Micrococcus liegt oft in kugeligen Haufen beisammen (Tafel IV Fig. 50 a), oft sind diese Haufen noch von einer deutlichen Zellenmembran umgeben, in anderen Fällen da- gegen (Taf. IV Fig. 50, b) ist die Grenze des Haufens nicht mehr deutlich zu erkennen, in noch anderen schwimmen die Cocci schon ganz isolirt umher. Wie in allen ähnlichen Fällen können die kleinen Cocci, so lange sie noch nackte Plasmakügelchen darstel- len, Bewegungen ausführen oder erleiden. Die Gestaltveränderun- *) E. Hallier, Rechtfertigung gegen die Angriffe des Herrn Professor Dr. de Bary. Sendschreiben an deutsche und auswärtige Gelehrte. 174 Ernst Hallier, gen und Ortsbewegungen sind allgemeine Erscheinungen nackter Zellen (Cocci) und Eigenthümlichkeiten des Plasma’s überhaupt; daher kann man sich nicht wundern, dass sie bei sehr verschiede- nen Organismen vorkommen. Ich fand den Micrococcus der Cho- lera-Stühle anfänglich nur im bewegungslosen Zustand, während er von Andern in lebhafter Bewegung (Form der Monas prodi- giosa) gesehen wurde. Meist sah ich ihn von gelblicher oder blassbrauner Farbe, doch ist vielleicht auch das nicht grade we- sentlich. Ausser dem Micrococcus in seinen verschiedenen Formen, über welche sogleich noch weitere Angaben gemacht werden sollen, fand sich in mehren der untersuchten Fälle keine Spur von. Pilz- bildungen und wenn de Bary behauptet *), die von mir ausge- säeten Materien „enthielten Micrococcus, Cryptococcus, Torula, Penicillium, Cysten,‘‘ so weise ich das als eine Erfindung zurück. In dem zuerst von mir untersuchten Berliner Cholerastuhl war weder Cryptococcus noch Penicillium vorhanden, was Herr de Bary, wenn er die von ihm kritisirte Schrift aufmerksam gelesen hat, recht wohl weiss**). Wenn aber auch Hunderte verschie- dener Sporenarten in den Cholerastühlen vorhanden gewesen wären, so würde sich daraus kein Einwand gegen die Keimfähigkeit des Micrococcus ergeben, da ich dessen Keimung direkt beobachtet habe, wie ich ausdrücklich hervorgehoben. Davon weiter unten. In den Cholerastühlen ist schon vor mir von Andern der Mi- crococeus.in Theilung beobachtet, und zwar wie er nach vorheriger Streckung quer in zwei kugelige oder gestreckte Glieder zerfällt, Auch hierauf komme ich unten bei Besprechung der Kulturen zurück. ~ Diarrhoe. (Taf. IV Fig. 51.) Der Stuhl eines 6 Monate alten Kindes, welches nach 14tä- sigem Genuss der sogenannten Liebig’schen Malzsuppe von leich- tem: Durchfall befallen wurde, zeigte die in Figur 51 abgebildeten pflanzlichen Vorkommnisse in grosser Menge, nämlich zahllose *) Botanische Zeitung 1868 Nr. 43 Spalte 717. **) Es ist höchst auffallend, wie leicht Herr de Bary und einige seiner Schüler es in der Polemik mit der Wahrheit nehmen. Weder das Berliner noch das Elberfelder Material enthielt Penicillium, sondern, wie ich ausdrück- lich (Cholera-Contagium S. 6) angegeben habe, nur die mit Erbrochenem ge- füllten Flaschen von Elberfeld. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 175 bewegliche und unbewegliche Cocci, zum Theil in Streckung und Theilung begriffen und längere Ketten (b) mit’oder ohne deutliche Gliederung. x Die Vorkommnisse sind also denjenigen bei der Cholera überaus ähnlich, und man könnte sogar geneigt sein, sie mit dem Cho- lera - Micrococcus für identisch zu halten. In dem hier erwähnten Fall fanden sich, was ich nur beiläufig erwähnen will, im Stuhl grosse Mengen von Sporen, welche grösstentheils zu Ustilago carbo und zu Tilletia caries gehörten und ohne Zweifel dem zur Liebig’- schen Suppe angewendeten Malzmehl und Weizenmehl ihren Ur- sprung verdankten. Auch bei Erwachsenen fand ich mehrfach bei Diarrhoe den in Figur 51 abgebildeten ganz ähnliche Vorkomm- nisse. Es darf aber überhaupt gar nicht verschwiegen werden, dass der Stuhl des vollkommen gesunden Menschen stets in grosser Menge solchen Micrococcus und daneben Bruchstücke von Mycothrix - Ketten enthält. Nur ist im Stuhl des gesunden Men- schen der Micrococcus seltener geballt (in Nester, Gallertstöcke oder Kolonieen vereinigt), während das beim Cholera-Stuhl fast immer‘ der Fall ist. Aber dass es nach dem blossen pflanzlichen Befund keinen Unterschied zwischen Cholerastühlen und den Stüh- len gesunder Menschen giebt, welcher für alle Fälle ganz sicher ausreichte, ist gewiss. Der einzige Anhaltspunkt sind vielleicht bei der Cholera die vom Micrococcus belagerten Epithelzellen, wenn es wirklich feststeht, dass die massenhafte Abstossung des Darmepithels bei der Cholera niemals fehlt. Dass und wie die pflanzlichen Organismen des Cholerastuhls sich aber in der That von denjenigen bei Diarrhoe und beim gesunden Menschen unter- scheiden , ist unten nachzuweisen. Es mag gleich hier Erwähnung finden, dass Affen und Hunde bei Durchfällen ganz die nämlichen Vorkommnisse im frischen Stuhl in gleich grossen Quantitäten zeigen, mit dem Unterschied jedoch , dass der Micrococcus sich in den Präparaten, welche ich von derartigen Hundeexkrementen angefertigt habe, unter dem luftdicht verkitteten Deckglas allmählig in Arthrococcus verwan- delt. Ob das (im Glycerin) immer der Fall ist oder nur in den speciellen von mir untersuchten Fällen, muss weiteren Unter- suchungen vorbehalten bleiben. In Affenexkrementen fand ich mehrfach Arthrococcus, was beim Menschen niemals vorkommt, wie es auch bei fleischfressen- den Säugethieren von mir niemals gesehen wurde. Die Affenexkre 198 12 176 Ernst Hallier, mente sind den menschlichen im Uebrigen sehr ähnlich. Vielleicht ist ein grosser Gehalt an Milchsäure und, was damit innig zu- sammenhängt, von Arthrococcus, durch die vorzugsweise vegeta- bilische Nahrung des Affen bedingt, Genaue Untersuchungen der Organismen in den Exkrementen verschiedener Säugethiere sind im höchsten Grade wünschenswerth. Ruhr“). (dab IV Eis. 52.) Natürlich sehe ich hier ab von einer Beschreibung der übri- gen charakteristischen Vorkommnisse in den Ruhrdejectionen und nehme bloss auf die vegetabilischen Rücksicht. Der Stuhl eines Ruhrkranken ist weit dichter als derjenige eines Gesunden mit Micrococcus erfüllt und zwar treten diese Cocci (Fig. 52 Taf. IV) zum grossen Theil in kleineren, meist aber recht umfangreichen Kolonieen (Gallertstöcken oder Nestern der Autoren) auf. In den Kolonieen sind die Cocci natürlich unbeweglich. Man findet zwischen den Kolonieen (Fig. 52 b—d)} nicht selten, blasse in Auflösung begriffene Conidien (a Fig. 52), deren Plasma sich in Cocci umgewandelt hat. Ausser diesem Befund, welcher ungemein grosse Aehnlichkeit mit demjenigen bei der Cholera hat, findet man kleine farblose kugelige Conidien (e Fig. 52) und in ziemlich grosser Menge eilan- zettliche einfache oder doppelte Sporen (f Fig. 52) von dunkel- brauner Farbe. Diese scheinen im Darm ihren Ursprung zu neh- men, denn man findet ihrer manche sehr jugendlich, blass und mitunter mit Mycel in Verbindung. Diese Notiz mag dazu dienen, die Herren Aerzte und pathologischen Anatomen zu einer genauen Untersuchung der Darmwand zu veranlassen. Der Micrococcus findet sich zwischen den Kolonieen auch frei in der Flüssigkeit vertheilt. Ausserdem sieht man die in der Flüssigkeit schwimmenden Blutkörperchen vom Micrococcus bela- gert in ganz ähnlicher Weise wie bei der Cholera die Epithel- zellen. Die braunen Sporen (f Fig. 52) scheinen mir besonders der Beachtung werth zu sein. Sie haben gewöhnlich gegen das eine Ende hin, welches man als den Anheftungspunkt erkennt, eine *) Vergl. Heft I, S. 1—12 und 5. 71 — 75 dieser Zeitschrift. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 177 Verschmälerung und Abstutzung, sind am entgegengesetzten Ende etwas breiter und mit stumpfer Spitze versehen. Noch will ich nicht unerwähnt lassen, dass Bruchstücke von Mycothrix -Ketten, wie sie in den Exkrementen gesunder In- dividuen fast nie fehlen, im Ruhrstuhl nur ganz vereinzelt vor- kommen. Darmtyphus. (Taf. IV Fig. 53.) Der Stuhl der Typhuskranken wimmelt von kleinen Organis- men, welche von denjenigen bei Cholera und Diarrhoe ebenso- wohl, wie von denjenigen der Exkremente gesunder Menschen leicht unterscheidbar sind. Es ist daher leicht möglich, dass man in den pflanzlichen Vorkommnissen im Stuhl der Typhuskranken ein neues Erkennungsmerkmal für diese Krankheit gewinnt. Der Micrococeus des Typhusstuhls (Taf. IV Fig. 53) ist stets der grösseren Menge nach in lebhafter Bewegung begriffen, und diese beweglichen Körper sind ungewöhnlich gross (vgl. Fig. 53). Die Cocci sind entweder fast kreisrund (Fig. 53 a), oder häu- figer mit verschiedenen kleinen kontraktilen Fortsätzen versehen. In der Mehrzahl der Fälle ist einer dieser Fortsätze ungewöhnlich lang (Fig. 53 b, c) und bewegt sich lebhaft hin und her; biswei- len sind zwei solche lange Fortsätze vorhanden (Fig. 53 d). Bei 2000facher Vergrösserung sah ich bei den grössesten Individuen - deutlich, wie der Fortsatz als Verlängerung des Plasma’s aus einer Umhüllung hervorragte, ähnlich wie die Cilie eines Schwärmers -aus der Mutterzelle, so lange er noch nicht von derselben befreit ist. Ob man aber diese beweglichen Körper mit den echten Schwärmern oder nicht vielmehr mit den Monaden zu vergleichen hat, wie sicherlich in vielen anderen Fällen, mag noch zweifelhaft erscheinen. Im Blut findet sich bei Ileotyphus ebenfalls Micrococcus, doch ist er weit kleiner und tritt nicht sehr massenhaft auf; auch sind die Individuen hier häufiger in Ruhe und oft in Theilung begriffen, ja, lange Ketten bildend. Der Micrococcus im Darm ist zum Theil gelblich gefärbt, was bei den kleineren Cocci im Blut wenigstens nicht so deutlich hervortritt. Flecktyphus. Bei Flecktyphus fand ich im Blut in mässiger Menge schwär- mende Körperchen, welche den in Figur 53 abgebildeten durchaus DN» 178 Ernst Hallier, ähnlich sind, durchschnittlich weit grösser und in lebhafterer Be- wegung, wie die im Blut bei Ileotyphus vorkommenden Cocci. Bei’m Flecktyphus habe ich nur das Blut untersucht, was hier nochmals ausdrücklich bemerkt werden mag. Febris recurrens. (Taf. IV Fig. 54.) Bei dieser Krankheit untersuchte ich nur das Blut wiederholt und zwar im Isolirhause zu Jena. Sowohl die rothen als auch die weissen Blutkörper waren stark mit Micrococcus besetzt. Die rothen Blutkörper erleiden unter der Einwirkung des Micrococcus eine merkwürdige Veränderung. Sie werden nämlich kontraktil ‘und treiben nach verschiedenen Seiten (a Fig. 54) längere oder kürzere wimperartige Fortsätze. Bei den weissen Blutkörpern sind solche Fortsätze (g, h Fig. 54) seltener. Meist sieht man deutlich, dass jeder Fortsatz einem Coccus entspricht. Die Cocci sind in zitternder Bewegung, daher zeigen alle mit Micocroccus besetzten Blutkörper die nämliche Bewegung, wogegen die gesun- den (r Fig. 54) bewegungslos sind. An den weissen Blutkörpern (c—h Fig. 54) sind die Cocci meist kleiner, sie sind aber stets von der feinen granulirten Zeichnung leicht unterscheidbar. Ge- wöhnlich findet man die weissen Blutkörper schon mehr oder we- niger durch den Micrococcus zersetzt; oft verschwindet der Umriss des Blutkörperchens (e Fig. 54) und man erblickt im Blut grosse Ballen (f Fig. 54) von zusammengeklebten, in Auflösung begriffe- nen Blutkörpern. Die Cocci schwimmen auch frei in der Blutflüs- sigkeit (i Fig. 54), sie bewegen sich und besitzen einen oder oft mehre Fortsätze (m Fig. 54). Oft sieht man sie in Theilung (1 fig. 54), ja in Kettenbildung (k Fig. 54) begriffen. Sogar inner- halb des Blutkörperchens gewahrt man bisweilen den nämlichen Theilungsprozess (b Fig. 54). Wie unter den rothen Blutkörpern, so giebt es auch unter den weissen völlig gesunde ohne Micro- coccus. Masern. Im Blut der Maserkranken finden sich in ziemlich grosser Menge freischwimmende Cocci, meist mit‘ einem schwanzförmigen Ende. Sie sind beweglich und farblos, kleiner als diejenigen bei’m Typhus. Die nämlichen Organismen fanden sich in sehr grosser Anzahl in den Sputis der Maserkranken. Von den Blutkörpern sind nur einzelne vom Micrococcus be- lagert oder erfüllt. : Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 179 Blattern. (Taf. IV Fig. 55:) Leider hatte ich bis jetzt nicht Gelegenheit, das Blut der Blat- terkranken zu untersuchen; doch besitzen wir darüber die interes- sante Arbeit von Salisbury, welcher nachweist, dass im Blut Or- ganismen vorkommen, die er genau so beschreibt und abbildet, wie die von mir in der Lymphe gefundenen. In der Lymphe befinden sich zahlreiche Cocci, an denen ich deutliche Bewegung nicht wahrnahm (Taf. IV Fig. 55). Dieselben schwimmen zum Theil frei in der Flüssigkeit, sind oft in Theilung begriffen und bilden sogar zarte Keimlinge (f. Fig. 55), Kettchen (e) und Fusionen (d). Dabei verschmelzen die Cocci in kleinerer oder grösserer An- zahl zu einem Plasmaklumpen. Fast alle Lymphkörper (a, b Fig. 55) enthalten im Innern Cocci in grösserer Anzahl und wer- den oft zerstört. Vaccine. Sowohl origmäre als übertragene Vaccine enthält kleine Cocci und Ketten derselben, in geringerer Menge jedoch als die Lymphe der Variola. Scharlach. (Taf. II Fig. 12.) Das Blut der Scharlachkranken enthält Micrococcus in unge- heuren Mengen, so zahlreich, wie kaum bei einer anderen Krank- heit. Derselbe tritt theils in Kolonieen (mh), theils einzeln und frei (m Fig. 12 Taf. I), theils innerhalb und an der Aussenfläche der Blutkörper (w und r Fig. 12) auf. Auch keimend und in kur- zen Ketten findet man ihn. Tripper. (Taf. IV Fig. 56.) Das Secret des Trippers enthält massenhaft Cocci, welche zum Theil frei sind, zum Theil sich im Innern der Eiterzellen (a Fig. 56) befinden, in diesen Vacuolen bilden und sie zuletzt gänzlich zerstören (b, c Fig. 56). Ganz ähnliche Körperchen finden sich bei Tripper- Rheumatis- mus im Blut, besetzen die Blutkörperchen und dringen in diesel- ben ein. Schanker. Die Organismen im Sekret des weichen Schankers bieten ein sehr ahnliches Bild dar, wie bei’m Tripper. Die Cocci haben ohn- gefahr die nämliche Grösse, sind farblos und verhalten sich zu 180 Ernst Hallier, den Eiterzellen genau so wie bei’m Tripper. Sie treten auch oft in nicht minder grosser Anzahl auf wie dort. Syphilis. Bei constitutioneller Syphilis ist das Blut sehr dicht erfüllt mit Micrococcus. Derselbe spielt den Blutkörpern gegenüber ge- nau die nämliche Rolle, wie derjenige im Scharlachblut, er dringt in dieselben ein, vermehrt sich darin, bildet Vacuolen und die Blutkörper treiben wimperartige Fortsätze und bilden unregel- mässige Gestalten. Die Vacuolen sind sehr gross und deutlich, während deren in den Blutkörpern der Scharlachkranken kaum nachweisbar sind. Verzeichniss der Abbildungen von Tafel III und IV. Tafel II. Fig. 1. Vermehrung des Micrococcus in den Kulturen des Seidenraupenpilzes der Gattine (Pleospora herbarum Tul.), a) Theilungsakt der Cocci, b) Ent- fernung der noch nicht völlig getrennten Paare von einander, c) Entfernung der nun getrennten Cocei eines Paares und der Paare unter sich, sowie der Doppelpaare. Die Hülle ist gelatinös, nicht membranös, obgleich oft schein- bar Scheidewände vorhanden sind. Vergr. 1970. Figg. 2—10. Fruchthyphen von Mucor mucedo Fres. 594 Fig. 2. Scheidewand einer Hyphe mit wandständigem Kern (KR). Fig. 3 u. 4. Zwei Fragmente einer Hyphe mit Kernen (K, K‘, K“) und Ma- eroconidien (m) in verschiedenen Entwickelungszuständen. Fig. 5. Fragment einer Hyphe mit Längsfalten und Kernen (K‘, K”). Fig. 6. Ein desgleichen mit kleineren Kernen. Fig. 7. Bandförmiges, lufterfülltes Fragment einer Hyphe. Fig. 8. Fragment einer leeren Hyphe, bandförmig und längsfaltig. Fig. 9. Knickungsstelle einer Hyphe, um die bandförmige Beschaffenheit deut- lich zu zeigen. Fig. 10. Zarte Streifung (Faltung) in zwei sich kreuzenden Richtungen. Fig. 11. Angeschwollenes Ende einer Fruchthyphe von Rhizopus nigricans Ehrenb. mit einer langen, am Ende schwellenden Vacuole. Fig. 12. Micrococcus im Blut eines Scharlachfieberkranken. mh= Haufen, Nester oder Gallertstöcke des Micrococcus, m= freier Micrococcus, w= weisse Blutkörperchen, r= rothe Blutkörperchen mit Micrococcus, k= Keim- faden. Vergr. 54/, Fig. 13. Micrococctis aus dem Blut eines Scharlachkranken in verschiedenen Stadien der Keimung; a) Einzelne Cocci, ein wenig geschwollen, b) Einzelne Cocci, dünne Keimfäden treibend, c) Mehre Cocci, im Begriff sich zu ver- einigen oder zum Theil bereits vereinigt, d) Grössere, aus der Vereinigung mehrer Cocci hervorgegangene, Plasmamassen im Begriff Keimfäden auszu- senden, e) Noch grössere Plasmamengen desselben Ursprungs, f) g) h) Der- gleichen in Keimung. Fig. 14. Micrococcus aus einem Cholera- Stuhl, unter dem Deckglas zu Spo- roiden anschwellend. Fig. 15. Derselbe in einem späteren Stadium der Entwickelung. Viele der Sporoiden sind bereits gekeimt, bei f haben zwei Keimfäden sich mittelst einer Fusion verbunden. Bei e bilden die Keimfäden bereits Conidien, welche bald einzeln endständig, bald als Glieder des Keimfadens abgeschnürt werden. 182 Verzeichniss der Abbildungen. Fig. 16. Aus derselben Kultur ein Conidien bildender Ast eines Keimlings. Die Conidien werden zum Theil als Sprosszellen von Sterigmen (st) abge- schnürt, zum Theil entstehen sie durch blosses Zerfallen des Fadens (k), also durch Abschnürung von Gliedern. Fig. 17. Macroconidien von Tilletia caries Tul. aus der Kultur des Cholera- Pilzes. Dieselben enthalten einen grossen Ballen Plasma (p), welcher sich durch Einwirkung von Glycerin von der Wand zurückgezogen hat, und in dem Plasma eine Oelmasse (0), welche bei o ihre Vacuole verlässt, um an einer verdünnten Wandstelle auszutreten. Aus der Macroconidie bei 1 ist sowohl das Plasma als das Oel ausgetreten ; sie ist leer. Fig. 18. Macroconidien aus einer anderen Kultur. Sie sind sehr schwach ausgebildet, haben fast gar kein Plasma, aber grosse Oeltropfen (0). Fig. 19. Fragment einer Hyphe von Mucor scarlatinosus mit schraubiger Verdickungsstreifung. Zeiss F/e. Fig. 20. Mycothrix -Ketten des Scharlachpilzes. Fe. Fig. 21. Bildung des Arthrococeus, d. h. der Körperchen des Cornalia aus dem Micrococcus im Darm der Seidenraupe. 1%). Fig. 22. Arthrococcus, durch fortgesetzte Zweitheilung des Plasma’s Micro- coccus bildend. 35%. Fig. 23. Schizosporangien von Tilletia scarlatinosa. Das Plasma ist in ver- schiedenen Stadien der Theilung. #%, Fig. 24. Macroconidien des Cholera-Pilzes, a—c in zerbrechlichen Ketten (Oidium lactis), d, e, g, h, k in Ketten, deren Glieder grösser und unselbst- ständiger sind, f und i einzeln endständig an unselbstständigen Fäden, bei y Theilung nach zwei Richtungen. 319. Fig. 25—31. Penicillium von Tilletia caries Tul., auf stickstoffreichem, aber zu trocknem Substrat. Fig. 25. Pinsel, dessen. Sterigmata blasenförmig aufgetrieben und unfruchtbar sowie leer sind. Fig. 26. Die Sterigmata sind schon aufgetrieben, bringen aber noch einige Sporen hervor. Fig. 27. Die Sterigmata schnüren am Ende je eine einzelne blasige Zelle ab, welche noch etwas Plasma enthält. Fig. 28. Die Sterigmata selbst bilden sich zu blasigen Zellen aus. Fig. 29. Ebenso, jedoch nur wenige sehr grosse Zellen an der Stelle der Ste- rigmata. Fig. 30. Jedes Sterigma zu einer grossen blasigen Zelle mit wenig Plasma entwickelt. Fig. 31. Jede Fadenzelle zu einer grossen Blase (unreifem Schizosporangium) angeschwollen. Es bilden sich in derselben wandständige Sporen, welche jedoch nicht zur Reife gelangen. Figg. 27—30 aus Culturen des Cholera- Pilzes. Fig. 32. Macroconidien von Mucor racemosus Fres., sowohl endständig als interstitiell entstehend. Tafel IV. “ Fig. 33. Cholera-Pilz aus einer Kultur, mit einer Kette von Macroconidien (mk), einer endständigen Macroconidie (n) und vielen Saugfäden (8). Verzeichniss der Abbildungen, 183 Fig. 34. Zwei keimende Macroconidien mit Oeltropfen in den Keimschläu- chen (0). Fig. 35. Fruchthyphe von Mucor racemosus Fres. mit zwei Kapseln, von denen eine schon geplatzt ist. Fig. 36. Kapsel desselben Pilzes, dessen Plasma (p) nur zur Bildung weniger Sporen ausgereicht hat. Fig. 37. Fruchthyphe von Mucor racemosus Fres., um die Verästelung zu zeigen. Zeiss D/A. Fig. 38. Keimung von Tilletia caries Tul. in feuchter Luft. k= Kranzkör- perchen; dieselben sind bei a noch sehr kurz auf langem Schlauche, bei d brechen sie gleich aus der Spore hervor, bei b ist der sie tragende Schlauch mit kräftigem Seitenast versehen, e zeigt zwei abgefallene Kranzkonidien mit einer sie verbindenden sprossförmigen Fusion; f zeigt eine desgleichen, bei welcher der Fusion gegenüber ein Keimschlauch hervorbricht. Fig. 39— 45. Der Scharlach- Pilz. Zeiss F/. Fig. 39. Keimfaden eines Schizosporangiums. Die Zellen a und b haben jede einen seitlichen Zweigfaden getrieben; bei der Zelle a ist das Plasma an der Spitze aus sehr feiner Oeffnung ausgeflossen, das in der Zelle noch zu- rückgebliebene Plasma zeigt zahlreiche, sehr kleine Vacuolen mit Körnchen (Cocei), während das Plasma der Nachbarzelle b noch unversehrt, dicht ist und nur wenige Körner erkennen lässt. Fig. 40. Zweig eines Keimfadens mit einem Seitenzweig und einer endständi- gen Macroconidie (m). Daneben (sm) eine seitlich hervorsprossende Macro- conidie. Fig. 41. Zweig eines Keimfadens mit mehren Seitenzweigen. Aus den Zwei- gen p und z ist an der Spitze aus einer feinen Oeffnung Plasma ausgetre- ten, das Plasma bei z sondert eine Hüllmembran aus. Fig. 42. Keimfaden, aus dessen Zweigen seitlich und endständig Macroconi- dien hervorsprossen. Fig. 43. Keimfaden mit Macroconidien. a und b noch im Sprossen begriffen, c und d schon durch die Wand vom Tragfaden getrennt. Fig. 44. Keimfadenzweig, durch Theilung des Plasma’s Macroconidien (m) bildend. Fig. 45. Keimfadenzweig mit zahlreichen traubig angeordneten Macroconidien, meist zu 3—6 simultan aus einer Basidie (h) hervorspriessend, mit einer reifen Mucor-Kapsel (th) und einem jungen Mucor bildenden Zweig (h). Zeiss DJ. Fig. 46. Ein Sterigma von Penicillium (st), an dessen oberer Spitze die Co- nidien in der Reihenfolge f, e, d, c, b, a in Kettenform hervorgesprosst sind. Sehr stark vergr. Fig. 47. 48. Stücke von Keimfäden des Scharlachpilzes. z= junge und ältere Zweige, zw. Zweig, vom oberen Knde einer Zelle entspringend. Fig. 49. Arthrococcus von Pleospora herbarum Rab. Fig. 50. Micrococcus aus einem Cholera - Reiswasserstuhl. 9. a) in Form eines kugeligen Ballens. b) unregelmässig angeordnet. 54%. 184 Verzeichniss der Abbildungen. Fig. 51. Pflanzliche Vorkommnisse im Stuhl eines am Durchfall erkrankten Kindes. a= Micrococcus. b= Mycothrix - Ketten. Fig. 52. Pflanzliche Vorkommnisse im Ruhrstuhl. a= Pilzzelle (Conidie), deren Plasma in Cocei zerfallen ist; b= Doppelkolonie (Gallertstock) des Micrococcus; c= unregelmässige Kolonie; d desgl., sehr umfangreich ; e = blasse Conidien; f= braune Sporen. Fig. 53. Micrococcus aus einem Typhusstuhl. a= Kugelige und unregel- mässig gestaltete Cocci, b) dergleichen mit einem kürzeren oder längeren schwanzförmigen Fortsatz, c) mit einem sehr langen Fortsatz und einzelnen Anschwellungen an deniselben, d) mit zwei Fortsätzen. Fig. 54. Micrococcus im Blut bei Febris recurrens; a) rothe Blutkörper mit Micrococcus und wimperartigen Fortsätzen, b) dergleichen mit sehr kurzen Auftreibungen und mit einem sich theilenden Coccus; c, d) weisse Blutkör- per; e) ein solches in Auflösung; f) ein Ballen aufgelöster Blutkörper; g, h) Blutkörper mit wimperartigen Fortsätzen; i) frei schwimmende Cocci; k) solche in Ketten; 1) solche in Theilung; m) solche mit mehren Fort- sätzen. Fig. 55. Pflanzliche Organismen der Blatternlymphe; a, b) Lymphkörper mit Micrococcus, c) freier Micrococcus, d) desgleichen, mehre Cocci zusammen- schmelzend, e) derselbe Ketten bildend, f) Keimling. Fig. 56. Micrococcus im Tripper-Eiter. a= Eiterkörper mit Micrococcus, welcher zum Theil in Vacuolen liegt, b, c) durch den Micrococcus zu Grunde gerichtete Eiterkörper. Fig. 57. Organismen im Blut eines rotzkranken Pferdes; a= rothe Blutkörper, b= weisse Blutkörper, c = freie Cocci. Fig. 58. Der Parasit der Zuckerkrankheit; a) Cocci, in Theilung, Kettenbil- dung und Schwellung begriffen, b) dem Cryptococcus ähnliche Zellen, c) Keimfäden, Keimungsprodukt der vorigen, d) gegliedertes Bruchstück eines Keimlings, e) algenartiger Faden eines solchen, f) kleine Keimlinge, g) An- schwellung des Fadens mit einem Sporangium, h) desgleichen mit anders gestalteten Früchten. Blutuntersuchungen bei Milzbrand. Eine parasitologische Studie von Dr. W. Bender, Physikus in Camburg. Während der Monate September und October vorigen Jahres traten in verschiedenen Ortschaften des hiesigen Kreises Fälle von Milzbrand auf, und es gab dies die Veranlassung, zahlreiche Blut- untersuchungen bei gesunden und erkrankten Thieren vorzuneh- men, zu welchen Herr Amtsthierarzt Fink hier sehr zuvorkom- mend das Material beischaffte. Bekanntlich wurden im Milzbrandblut von Fuchs und Pol- lender (1849) stäbchenförmige Körper gefunden; dieselben sind später von Brauell (Virchow, Archiv 1858) und dann von De- lafond und Davaıne (Recueil de medecine veterinaire, 1864) eingehender studirt worden. Durch die Versuche dieser Forscher ist die specifische Bedeutung der mikroskopischen Organismen für die Krankheit ausser allen Zweifel gesetzt, namentlich aber ist es erwiesen, dass sich der Anthrax durch Impfung mit diesen Stäb- chen auf gesunde Thiere übertragen lässt. Nur über die Natur- geschichte dieser Parasiten sind die Ansichten noch sehr different. Brauell spricht sich für die thierische Natur derselben aus und stellt sie zu der wissenschaftlich freilich noch sehr schwankenden Gattung der Vibrionen; Delafond hält sie für Algen aus dem Genus: Leptothrix, einer Gattung, welche durch die bahnbrechen- den Entdeckungen des Herrn Prof. Hallier auf dem Gebiete der Mykologie nunmehr als eine blosse Morphe verschiedener Pilze er- kannt und aus dem System gestrichen ist; Davaine bestimmt sie als Conferven niederster Ordnung, welche er mit dem Na- men Bacteridien bezeichnen zu müssen glaubt. Grade die Frage über die Natur dieser Elemente ist aber für die Aetiologie der Krankheit von höchstem Interesse, da erst mit der Lösung der- 186 W. Bender. selben die Bedingungen des Auftretens der Epizootie klar werden können. In neuerer Zeit ist von Dr. Bettelheim (Wiener medicini- sche Presse, 1868) die Behauptung aufgestellt worden, dass sich auch in ganz gesundem Blut allerlei mikroskopische Körnchen und Fädchen vorfinden. Trotz zahlreicher vergleichender Untersuchun- gen von normalem Thierblut ist es mir nie gelungen, darin ein dem Anthraxparasiten auch nur entfernt ähnliches Filament zu er- kennen, und meinen Untersuchungen nach muss das Vorkommen von stäbehenförmigen Körpern für ein dem Milzbrand eigenthüm- liches, pathognomonisches Phänomen angesehen werden. Der Parasit, wie er sich während der beobachteten Epizootie im Blut der erkrankten Thiere vorfand, stellte sich als äusserst dünne, stark lichtbrechende Stäbchen von durchschnittlich 0,009 Mm. Länge dar. Innen ganz homogen, schien nur bei sehr gün- stigem Licht eine leichte Längsstreifung hervorzutreten. Mitunter waren an den Enden, welche in der Regel abgerundet erschienen, sehr kleine bläschenartige Anschwellungen vorhanden, was weiter unten seine Erklärung finden wird. Leicht zu unterscheiden sind die Stäbchen von den Mykothrixkettchen, welche sich mit der Zeit in jedes aufbewahrte Blut einschmuggeln und bei sorgfältiger Ein- stellung des Mikroskops immer durch ein zartkörniges Ansehen kenntlich werden. Wenn das Milzbrandblut einige Zeit ruhig steht, so dass sich der grösste Theil der Blutkörperchen nach dem Boden des Gefässes zu senkt, dann treten die Stäbchen massen- haft an die Oberfläche der Flüssigkeit und werden dem unbewaft- neten Auge als ein zartes, schillerndes Häutchen, oder als ein aus- gebreitetes Fetttröpfchen sichtbar. Schon jetzt muss bemerkt wer- den, dass jedes Blut, welches mit dem Parasiten infieirt ist, seine Fähigkeit zu gerinnen total einbüsst; monatelang bleibt es flüssig und schön roth, während gesundes Blut rasch coagulirt und bald missfarbig und faulig wird. Dadurch lassen sich die Stäbchen sehr lange beobachten, sie scheinen sich sogar in dem stehenden Blut noch zu vermehren. \ Wie schon von Davaine beobachtet wurde, so liegen die Stäbchen in dem aus der Ader gelassenen und erkalteten Blut voll- kommen ruhig und bewegungslos da. Dies ändert sich jedoch, wenn das Präparat mässig erwärmt wird; dann tritt eine doppelte Bewegung des Parasiten zu Tage. Während sich nämlich das Ge- bilde in der Richtung seiner Längsachse fortschiebt, macht das Btutuntersuchungen bei Milzbrand. 187 hintere Ende in einer und derselben Ebene pendelartige Schwin- sungen. Im Vergleich mit der Bewegung der Mykothrixkettchen und Schwärmer zeichnet sich die vorliegende durch eine auffallende Langsamkeit und durch den eigenthümlichen Umstand aus, dass sie ganz aufhört, wenn die Temperatur der umgebenden Flüssig- keit unter 15° C. herabsinkt, dann tritt eine Art von Erstarrung ein. Die Eigenbewegung wird übrigens, wie bei den mobilen Pilzmorphen, durch Carbolsäurelösung, durch Alkohol, durch viele Metallsalze und durch Siedehitze unwiederbringlich ver- nichtet. Um die Vegetationsthätigkeit des Parasiten zu studiren, wurde eine Reihe von Culturversuchen mit Milzbrandblut angestellt und zwar auf Eiweiss, auf Kleister, auf Zuckerwasser. Trotz längerer sorgfältiger Beobachtung blieben alle diese Versuche ohne Resul- tat; die Stäbchen erhielten sich unverändert selbst dann noch, als durch das wiederholte Oefinen der Culturgefässe die Flüssigkeiten sich nach und nach mit üppig vegetirenden Pilzelementen aus der Zimmerluft füllten und schliesslich dadurch zu weiterer Beobach- tung gänzlich unbrauchbar wurden. Ein interessanter Erfolg wurde aber erzielt, als vom Milzbrandblut einige Tropfen auf einem mit Kalihypermanganat desinfieirten und auf längere Zeit gekochtem destillirtem Wasser unter einer Glasglocke schwimmendem Kork eultivirt wurde. Schon nach 5 Tagen war das Blut leer von allen stäbchenfömigen Körpern; die Oberfläche des umgebenden Wassers zeigte das oben erwähnte, schillernde Häutchen, welches aus mas- senhaften Anhäufungen des Parasiten bestand und auf dem Kork lagerte eine grüne, kugelförmige Alge, ein Protococcus. Nicht allein die Menge der Stäbchen hatte sich beträchlich vermehrt, sondern auch die Dimensionen derselben waren andere geworden; viele waren der Länge und Dicke nach erheblich gewachsen, immer aber erschienen sie noch gerade, homogen, mit stumpfen Enden. Auch in diesem Zustande waren sie durch passende Temperatur leicht in Bewegung zu versetzen und bei einigen gelang es, die Art ihrer Vermehrung unter dem Mikroskop zu verfolgen. Es hat- ten sich nämlich bei mehreren der längsten Individuen in der Mitte zwei kleine Anschwellungen gebildet und zwischen diesen beiden Knötchen trennte sich während der Bewegung das Filament in zwei selbstständige Theile; bisweilen wurden dieselben in einem halb abgebrochenen Zustande längere Zeit zusammenhängend ge- sehen. Ganz dieselben Resultate wurden bei den Kulturversuchen 188 W. Bender, erhalten, welche mit gesundem Blut angestellt wurden, wenn es nur mit einem Tropfen Anthraxblut gemischt war. Fortgesetzte Beobachtungen haben ergeben, dass stäbchenför- mige Körperchen, welche mit dem Milzbrandparasiten die grösste Aehnlichkeit haben, ja vielleicht damit identisch sind, auch gefunden werden, wenn man etwas von dem grünen schleimigen Ueberzug an den Wandungen hölzerner Brunnentröge in einem gut verschlosse- nen Gefäss einige Zeit aufbewahrt. Neben grünen und auch farb- losen, amöbenartig beweglichen Algensporen sind die Stäbchen bei hinreichender Vergrösserung leicht zu erkennen und ein Zusam- menhang dieser Formen mit dem damit zugleich vorkommenden Protococcus ist, wenn auch nicht thatsächlich erwiesen, doch ausser- ordentlich wahrscheinlich. Die Vermuthung, dass der Milzbrand- parasit seinen Ursprung einer Algenart und zwar einem Proto- coccus verdankt, kann somit nicht mehr zurückgewiesen werden. Die Ursache der Entstehung von Anthraxepizootien wird demnach lediglich im Trinkwasser zu suchen sein, und es müssen nicht allein unreine mit Algen reichlich beschlagene Brunnen, sondern auch alte hölzerne Trinkgefässe, Eimer u. s. w. beschuldigt werden. Als prophylaktische Massregeln beim Auftreten der Krankheit, wel- che sich in der Regel, wie dies durch Obiges leicht erklärlich wird, längere Zeit auf ein Gehöfte zu beschränken pflegt, ergeben sich, sofortiges Reinigen der Brunnen und Trinkgefässe, durch Aus- schöpfen, Scheuern und Desinficiren mit Carbolsäure und Verwen- dung von gekochtem Wasser zum Getränk. Schliesslich mögen noch einige Bemerkungen über das Ver- halten des Milzbrandblutes unter dem Einflusse des Parasiten Platz finden. Es wurde schon erwähnt, dass das Blut nicht mehr ge- rinnt; nicht allein das Blut von kranken Thieren, sondern auch das von gesunden, wenn es sofort nach dem Aderlasse mit einigen Tropfen Brandblut versetzt wird, bildet durchaus kein Coagulum. Es erklärt sich aus dieser Thatsache offenbar die Leichtigkeit der Transsudation in das Zellgewebe und in die Körperhöhlen, welche den Milzbrand klinisch charakterisirt. Eine weitere Eigenthüm- lichkeit des Anthraxblutes ist die, dass es nicht wie gesundes bei längerem Stehen höchst übelriechende ammoniakalische Fäul- nissgase entwickelt, sondern dass es fast reinen Schwefelwasser- stoff exhalirt, welcher sich neben seinem specifischen Geruch leicht durch seine Fähigkeit, Bleipapier zu schwärzen, erkennen lässt. Aus diesem Verhalten ist ungezwungen die Tendenz der Krank- Blutuntersuchungen bei Milzbrand. 189 heit zur Carbunkelbildung abzuleiten, da es eine durch das Ex- periment festgestellte Thatsache ist, dass das Hydrothiongas, dem Organismus einverleibt, furunkuläre Hautentzündungen hervorruft. Die Ursache der Milzbranderkrankung ist der Parasit, die ein- zelnen Krankheitserscheinungen sind die nothwendigen Folgen der physikalischen und chemischen Veränderungen, welche das Blut durch denselben erleidet. Ueber die Vorkehrungsmassregeln gegen die Gattine-Epidemie. Von Julius Zorn, Assistenten am phytophysiolog. Privatinstitut und an der Versuchsstation fiir parasitische Krankheiten zu Jena. Da es fiir die Parasitologie von tiefgehendster Bedeutung ist, Mittel und Wege kennen zu lernen, den einschlagenden Krankhei- ten, wenn auch wol schwerlich allen Boden, so doch den epide- mischen Charakter zu entziehen, so dürfte in dieser Zeitschrift ein kurzer Bericht über die hinsichtlich der Gattine der Seidenraupen (Bombyx mori) erzielten Resultate am besten Platze sein. Um die in seiner Schrift über das Wesen der Gattine*) aufgestellten Vor- sichtsmassregeln auch in der Praxis als wirksam und lebensfähig darzuthun, resp. um die während und zu jener Arbeit gemachten kleinen Versuche auch im Grossen vorzuführen, gründete Prof. Hallier in Jena eine „Versuchsstation für Seidenbau.“ Mit eben so grosser Gewissenhaftigkeit als Freude kann ich nun die Resul- tate des hinter uns liegenden ersten Jahres als vollkommen ge- lungen und den bezüglichen Erwartungen entsprechend zur Mit- theilung bringen. Die 30 — 40,000 Raupen unserer Zucht gehörten, ausser vielfachen kleinen Proben, der grünen japanesischen Race an und entstammten zu ungefähr ?/, einer Reproduktion in Stettin, zu 2/, einer solchen in Berlin und zu !/, einer directen Einfuhr aus Japan. So gering dieser Abstammungsunterschied auch erscheint, so warf er doch noch etliche ersichtliche Differenzen in den Zucht- verlauf, von denen namentlich die hierher gehören möchte, dass, obgleich die mikroskopische Untersuchung unter sämmtlichen Grai- *) Untersuchung des pflanzlichen Organismus, welcher die unter dem Na- men Gattine bekannte Krankheit der Seidenraupe erzeugt. Berlin, Wiegandt u. Hempel. Ueber die Vorkehrungsmassregeln gegen die Gattine-Epidemie. 191 nes zahlreich inficirte nachgewiesen hatte, die Infection die eine deutsche Reproduction merkbar schwerer, die andere aber viel leichter getroffen hatte, als die Original-Japaner. Es folgt hieraus der Umstand, dass es nicht recht genügen will, wenn die mikrosko- pische Prüfung der Graines den Procentsatz der Kranken angiebt, sondern dass es wünschenswerth wird, auch die Stärke der Infection zu berücksichtigen. Um aber, gegenüber den 50—60 ®/,, die so mancher Züchter in den letzten Jahren von seinen Raupen zu Grunde gehen sah, eine greifbarere Angabe zu machen, füge ich gleich hinzu, dass unsere Versuchsstation an Verlust durch Krank- heit hei der schwerer infieirten Abtheilung nur bis 2°/, zu notiren hatte, bei den übrigen aber höchstens Angaben pro mille machen könnte. Es ist das ein Verhältniss, das den Muth selbst so weit berechtigt, dem Seidenbaue nicht nur die bisherigen Provinzen und Länder zu erhalten und zurückzugeben, sondern ihm auch neue zu gewinnen, eine Aufgabe, der sich die Versuchsstation bezüglich Thüringens auch sofort hingegeben hat. Wer nämlich das Wesen der Raupenzucht kennt, wird aus den bezeichneten Verlustsätzen sofort ersehen, dass hier nicht im Entferntesten von einer Seuche, sondern nur von ganz vereinzelten Sterbefällen die Rede sein konnte, zumal da ich versichern kann, dass wir in der Zuzählung von Unterdrückten und Quetschlingen zu den Gattinekranken nicht allzu ängstlich gewesen sind. Es dar somit angenommen werden, einmal, dass die Sprösslinge aus den zu schwer infieirten Graines nebst den Raupen, die im Verlaufe der eigenen Zucht durch pilztragendes Futter etwa zu stark ge- schädigt wurden, zu Grunde gingen, zweitens aber, dass die von Geburt aus nur leicht inficirten durch die Vorkehrungsmassregeln der Versuchsstation vor einer Steigerung des Infectionsprocesses bewahrt blieben. Ob wir sogar noch weiter gehen und sagen kön- nen, dass einschlägende Pflege der neuen Generation die in frühe- ren erfolgte Infection zu mildern oder gar zu beseitigen vermag, das muss der weiteren Prüfung der neu gewonnenen Graines noch überlassen werden. Das Hauptergebniss der neuen Zuchtmethode bleibt aber zu- nächst das, dass trotz der zahlreichen kranken Graines und trotz des Vorhandenseins von Gattine die Krankheit nie epidemischen Charakter annahm. Ich sage: der Zuchtmethode, — denn wenn man auch, angesichts der in diesem Jahre allgemeiner günstigen Berichte, einen Theil unseres Erfolges der Günstigkeit meteorolo- I, 2. 13 192 Julius Zorn. gischer Verhältnisse zuschreiben wollte, — eine Gunst, von der uns der kaltnächtige und theilweise sogar kaltregnerische Juni gerade im Saalthale nichts hat merken lassen —, so bleibt doch festzu- halten, einmal, dass das Resultat der Versuchsstation in allererster Linie stehen dürfte, und zweitens, dass eben auch der allgemeinere Erfolg zum grossen Theile schon auf Rechnung der Hallier’schen Methode geschrieben werden kann. Veröffentlicht wenigstens sind die Grundsätze der letzteren bereits im Jahre 1868 (l. ec.) und bei der Rathlosigkeit, die die Seidenbauer damals erfüllte, steht zu erhoffen und vorauszusetzen, dass der Vereinsverkehr und der Schriften- austausch ihre Kenntniss selbst über Deutschland hinaus ausdehnte, mag man auch den (ausländischen ?) guten Rath nicht immer lau- ten Dankes werth erachten. Vor allen Dingen muss von Preussen als selbstverständlich angenommen werden, dass es ihn ebenso treulich befolgte, als es ihn erfreulich geehrt hat. Und diese Grundsätze, nach welchen der verrufenen Gattine der epidemische Charakter, also die gefährliche Spitze abgebrochen ist, sind leidlich fasslicher und handlicher Natur. Die bedeutungs- vollsten, die in der Versuchsstation zu Jena mit grosser Strenge zur Ausführung kamen, sind folgende: 1) Züchtung bei möglichst niederer Temperatur. Ausgehend von den Thatsachen, dass künstliche Heizung erstens stets eine Luft erzeugt, wie sie nirgends dem Naturleben der Thiere ent- spricht, zweitens ein möglichst umfassendes Oeffnen des Zucht- lokals verbietet, und drittens die an sich schon rasche Fäulniss und Pilzwucherung bezüglich der Futterreste und Excremente be- schleunigt und vergrössert, — ausgehend davon, hat die Versuchs- station vom Eierauslegen bis zum Eierwiedergewinnen nur dann geheizt und die Fenster geschlossen, wenn die äussere Temperatur unter 14° R. fiel, aber auch dann nur geheizt bis zu 16°. Es steht das in grossem Gegensatze zu der alten Methode, die etliche bis hoch zwanzig Grad Wärme für unerlässlich erachtete, und wenn auch die unsere, bei dem Mangel eines künstlichen Forcirens, die kleine Unannehmlichkeit hat, dass die Zucht etliche Tage länger währt, ein Umstand, der namentlich und bedeutungsvoll von den Original- Japanern galt, — so glauben wir doch gerade dieser ihrer Abweichung einen grossen Theil des günstigen Abwehrungsresul- tates zuschreiben zu dürfen. Als weitere Hauptpunkte gelten: 2) die häufigere Reinigung. Während die bisherigen Züchter und bezüglichen Schriftsteller es oft nicht nur eingestehen, sondern Ueber die Vorkehrungsmassregeln gegen die Gattine-Epidemie. 195 sogar fordern, dass man erst nach mehren bis fünf Tagen je eine Reinigung vornehme, hat die Versuchsstation es durchgeführt, tagtäglich von der ganzen Zucht einmal die Excremente und das zweite Mal diese nebst sämmtlichen Futterresten zu entfernen. Die Bedeutung dieser Manipulation ist oben bereits gegeben und Hal- lier hat ihr in seiner Schrift ganz specielle Würdigung verschafit, wenn er sagt, dass sich ohne sie schon nach 24 Stunden verschie- dene Schimmelarten ungeheuer anhäufen, namentlich’ Aspergillus glaucus Lk., Penicillium crustaceum Fr., Cephalothecium ro- seum und Cladosporium herbarum Lk., letzteres meist stark vor- herrschend ; 3) baldigste Entfernung der Kranken und Isolirung der Ver- dichtigen. Die niemals von Arthrococcus freien Fäcalmassen kran- ker Raupen bedecken nicht nur bei längerem Liegen sich und das umgebende Laub mit einem Pilz- Anfluge, sie wirken viel- mehr auch direct inficirend, indem sie durch Beschmutzung des noch zu verzehrenden Laubes dem Pilze Eingang in bisher noch gesunde Leiber verschaffen ; 4) Desinfection der Lager und des Lokals. Sie erscheint na- mentlich vor und nach der Zucht unerlässlich, bezweckt die Zer- störung der aller Orten und Enden möglichen Vegetationen der Pleospora herbarum Rab., resp. ihrer Formen und geschieht in der Station bis jetzt für Luft und Wände mittelst Chlorgas, für Hürden und Gestelle durch Kali hypermanganicum. Dass das Zuchtlokal überhaupt so reinlich und staubfrei als möglich zu hal- ten sei, versteht sich von selbst ; 5) Pflege der Meere und Ausscheidung kranken, d. h. mit Pleosp. herbarum Rab. besetzten Laubes. Die erste Hälfte dieses Punktes ist um so bedeutungsvoller, als die letzte dadurch beschwerlich wird, dass Niemand im Stande ist, alles Laub genügend zu untersuchen. Sie macht auch an sich die zweite immer weni- ger betonenswerth, und wenn ja durch krankes Laub Krankheit einzelner Raupen erzeugt wird, so sind eben die 4 erstgenannten Vorkehrungsmassregeln dazu da, den Uebergang der Einzelkrank- heit in Epidemie zu verhindern. Ohne hier noch auf ein Weiteres eingehen zu wollen, deute ich schliesslich nur darauf hin, dass wie bei der Gattine der Sei- denraupen, so auch gegenüber den näher oder entfernter ver- wandten Krankheiten der Thiere und Menschen Vorkehrungs- 19% 194 J. Zorn, Ueber Vorkehrungsmassregeln gegen die Gattine-Epidemie. massregeln zu finden sein dürften, die die epidemische Gestaltung ausschliessen. Mit der Aehnlichkeit des Infectionsweges sieht man auch bezüglich dieser Mittel eine Aehnlichkeit bis Gleichheit durch- schimmern, und so darf man wol hoffen, dass schon das erste Jahr unserer Versuchsanstalt wie dem Seidenbaue, so auch der Para- sitenkunde etwelche Dienste erzeugt hat. Ein neuer Ohrpilz (Otomyces Hageni) aufgefunden von Dr. Hagen in Leipzig und untersucht von Professor Hallier in Jena. Seit dem Beginn meiner Thätigkeit als Ohrenarzt habe ich dem Vorkommen von Pilzen im Ohre des lebenden Menschen meine volle Aufmerksamkeit gewidmet, aber in den meisten Fällen vergeblich nach einem solchen Parasiten gefahndet. Endlich war ich so glücklich, unter eigenthümlichen Verhältnissen einen Ohr- pilz und zwar nach den Ergebnissen der gütigen Untersuchungen des Herrn Professor Hallier m Jena einen bisher noch nicht beobachteten neuen aufzufinden. Am 11. März 1869 wurde ich zu Fräulein S. N., 18 Jahre alt, aus Leipzig, gerufen. Bei derselben hatten sich bereits am 4. März reissende Schmerzen in den Zähnen des linken Unterkie- fers eingestellt, welche erst verschwanden, nachdem sich am 6. März stechende Schmerzen im linken Ohre eingefunden hatten, denen sich bald Sausen und Klopfen im genannten Ohre zugesellten. Unter dem Gebrauche von Cataplasmen und Dämpfen war unter Nachlass der Schmerzen Ausfluss aus dem betr. Ohre eingetreten. Am 11. März traten die Schmerzen nur noch stundenweise auf, die subjectiven Geräusche aber bestanden noch unverändert fort und die Hörfähigkeit des linken Ohres war sehr bedeutend beein- trachtigt. Repetiruhr !/,“, laute Sprache 1° weit hörbar. Eine directe Ursache der Erkrankung war nicht zu ermitteln. Der Gehörgang war mit Eiter ausgefüllt und zeigte einen nicht pulsirenden kleinen Lichtreflex. Nach Entfernung des Eiters sah ich an der Mitte der hinteren Wand des äusseren Gehörganges einen Polypen, welcher das Lumen des Gehörganges ausfüllte und die vordere Wand eben beriihrte. Da ich zufällig einen Po- lypenschniirer nicht zur Hand hatte, quetschte ich den Polypen mittelst einer Pincette möglichst stark zusammen nnd verordnete Einträufelungen einer erwärmten Bleilösung. 196 Hagen, Am 12. März wurde der bedeutend zsammengeschrumpfte Polyp durch wiederholte Einspritzungen lauen Wassers gänzlich entfernt und die Ansatzstelle desselben mit Höllenstein kräftig geätzt. Nach der Entfernung des Polypen war vom Trommelfelle und den Hammertheilen etwas nicht zu unterscheiden. Die mässig ge- rötheten Wände des Gehörganges näherten sich nach der Tiefe hin einander immer mehr und mehr und verengten sich wie zu einem Trichter. Gleichzeitig war nunmehr in der Tiefe ein klei- ner pulsirender Lichtreflex sichtbar und verordnete ich nunmehr die Anwendung einer schwachen schwefelsauren Zinksolution. Am 16. März hatte sich an der vorderen Gehörgangswand ein kleiner Abscess entwickelt. Die Zinklösung wurde weggelassen und der öftere Gebrauch von Anfüllung des äusseren Gehörganges mit lauem Wasser angerathen, nachdem die Incision verweigert worden war. 97. März: Der Abscess ist verheilt und die durch ihn beding- ten Schmerzen sind verschwunden. In der Tiefe des äusseren Gehörganges aber sah ich nunmehr weisse, dicke Auflagerungen, welche sich durch Einspritzungen nur theilweise entfernen liessen. Die entfernten Massen wurden zwischen zwei Uhrgläsern behufs späterer Untersuchung aufbewahrt. Ordin.: laues Wasser wieder- holt einzugiessen. Am Abend des 27. Marz stellte sich heftiges Brennen im lin- ken Ohre ein und der bisher bestandene Ausfluss hörte ganz auf, 30. März: Kein Ausfluss. Heftiges Brennen im Ohre. Die ganze vordere Gehörgangswand bis zum Eingang und weiter innen alle übrigen Gehörganswände mit einem gelblichweissen schimmel- artigen Beleg bedeckt. Nach theilweiser Entfernung desselben war die Haut des Gehörganges geröthet und etwas geschwellt. Der entfernte Beleg wurde ebenso wie früher aufbewahrt. Ordin.: Carbolsäure in Glycerin gelöst. 31. März: Steigerung der brennenden Schmerzen. Der Beleg ist in gleicher Weise wieder nachgewuchert. Die Carbolsäure- lösung wird ausgesetzt, dafür der Gebrauch des lauen Wassers angerathen Unter dem Fortgebrauche dieses einfachen Mittels vermin- derte sich allmählig mit Nachlass des Brennens der schimmelar- tige Beleg immer mehr und mehr. Am 12. April war von demselben nichts mehr zu sehen; die Ein neuer Ohrpilz. 197 Gehörgangswände aber waren noch mässig geröthet und ziemlich geschwellt, namentlich nach Innen hin; also noch trichterförmige Verengerung. Ausfluss nicht vorhanden. Die vollständige Heilung der Kranken erfolgte indessen noch nicht sogleich. Es entwickelte sich nämlich am 19. März nach vorausgegangenen heftigen stechenden Schmerzen ein neuer klei- ner Abscess an der oberen Gehörgangswand, welcher incidirt wurde. 30. April: Der Furunkel ist geheilt, der Gehörgang nicht mehr trichterförmig verengt, das Trommelfell sichtbar, grauröthlich. Von Gehörknöchelchen noch nichts zu sehen. 5. Mai: Proc. brevis und Manubrium mallei sind sichtbar. Trommelfell mattgrau angehaucht, ohne Lichtkegel, aber mehrere kleine Lichtreflexe an verschiedenen Stellen zeigend, welche von kleinen Vertiefungen in demselben herrührten. Die oben genann- ten subjectiven Gehörsempfindungen sind verschwunden. 12. Mai: Trommelfell ganz aufgehellt und durchscheinend. Das Hörvermögen ist völlig zur Norm zurückgekehrt, sowohl für Flüstersprache (10°), wie für das Gehwerk meiner Uhr (5°). Die Patientin wurde hierauf als geheilt entlassen. Es bleibt noch Weniges über die Ergebnisse meiner mikros- kopischen Untersuchungen des in der angegebenen Weise aufbe- wahrten schimmelartigen Beleges nachzutragen. Schon das makroscopische Aussehen hatte in mir den Gedan- ken an einen Ohrpilz wachgerufen. Das Mikroskop brachte mir hierüber die positive Gewissheit. Ich fand bei der ersten derar- tigen Untersuchung deutliche — allerdings mir ganz unbekannte — Pilzformen, welche dem von Wreden abgebildeten Aspergillus ni- gricans wohl ähnelten, aber nicht völlig gleich waren. Ich brachte hierauf einen Theil des schimmelartigen Beleges auf Korkstückchen, welche zuvor mehrere Stunden in Alcohol gelegen hatten und hierauf getrocknet worden waren, verschloss diese zwischen zwei Uhrgläser, nachdem ich auf dem Boden des einen derselben zwei Tropfen destillirten Wassers geträufelt hatte, und setzte sie einer gelinden Wärme aus. Die auf diese Weise gezogenen weiteren Pilzgebilde veranlassten mich, dem Herrn Professor Hallier die Bitte um genaueste Untersuchung vorzulegen, welcher derselbe auch mit der liebenswürdigsten Bereitwilligkeit entgegenkam. Hierfür spreche ich ihm hiermit meinen ergebensten Dank aus. Nach mir vom Herrn Professor Hallier gewordenen gefl. 198 Hagen, Ein neuer Ohrpilz. Mittheilungen ist der von mir aufgefundene und ihm zur Unter- suchung übersandte schimmelartige Beleg aus glem Ohre des Fräu- lein S. N. ein bisher noch nicht aufgefundener und noch nicht be- kannter neuer Ohrpilz. Herr Professor Hallier will die Güte haben, die Ergebnisse seiner umfassenden Untersuchungen und Culturversuche hier an- zureihen. Notiz zu vorstehender Arbeit über den neuen Ohrpilz: Otomyces Hageni. Von Ernst Hallier. Der von Herrn Dr. Hagen mir freundlichst zugesandte Ohr- pilz hatte in der Gestalt, in welcher ich ihn erhielt, die Form eines auf seiner Unterlage (Ohrenschmalz, auf Korkstückchen übertragen) üppig vegetirenden und fruktifizirenden Aspergillus. Da sich für mehre dieser antiquirten Gattung angehörige Formen gezeigt hat, dass sie gar keine selbstständige Bedeutung haben, vielmehr nur A&roconidien - Morphen verschiedener Pyrenomyceten sind, so durfte von vornherein die Frage aufgeworfen werden, ob das auch hier der Fall sei. Die mit Asken versehene Pyrenomyceten-Frucht (Perithecium) ist bis jetzt für zwei Formen der alten Gattung Aspergillus be- kannt geworden, nämlich zu Eurotium herbariorum gehört der früher sogenannte Aspergillus glaucus Lk. und zu Fumago salicina ein prächtiger Aspergillus, welchen wir auf Tafel I Fig. 35 und Taf. II Fig. 48 dieser Zeitschrift abgebildet haben. Diese beiden Pyrenomyceten: Eurotium und Fumago bilden im Nährboden Anäerosporen aus, welche bei beiden nach der früheren Systematik Ustilagineen aus der Gattung Ustilago bilden würden. Den Anäe- rosporen entsprechen bei beiden Aérosporen und Schizosporan- sien, die ersten in beiden Fällen zur antiquirten Gattung Clado- sporium, die anderen zu der ehemaligen Gattung Stemphylium ge- hörig. In unreifer oder Schimmelform bilden die Aérosporen sich zum Pinselschimmel (Aspergillus), d. h. zu Aéroconidien, die Schi- zosporangien dagegen zu Theken mit Thecaconidien aus, welche bei Eurotium der Gattung Mucor (Mucor mucedo Fres.), bei Fu- mago einem prachtvollen Rhizopus mit vioietten Sporenköpfchen entsprechen. 200 Ernst Hallier, Wir erhalten demnach für die beiden Pilze folgendes Schema, wenn wir der neuen Bezeichnung die alte Nomenklatur beifügen: Eurotium herbariorum. Anderosporen. Aérosporen. | Schizosporangien. Ustilago carbo. Cladosporium sp. | Stemphylium poly- | | morphum. TP TEN & BEST. va a3 Anäeroconidien. | Aéroconidien. | Thecaconidien. Oidium sp. | Aspergillus glaucus. | Mucor mucedo F res. Fumago salicina. Anäerosporen. | Aérosporen. | Schizosporangien. Ustilago sp. | Cladosporium Fumago Stemphylium sp. Anäeroconidien. | Aéroconidien. | Thecaconidien. Oidium sp. | Aspergillus sp. | Rhizopus sp. Fiir eine dritte Aéroconidien-Morphe, welche die Form eines Aspergillus hat, liess sich bis jetzt der Zusammenhang mit einem Pyrenomyceten nicht nachweisen, wohl aber mit einem Brandpilz, welcher in der Mitte steht zwischen den alten Gattungen Ustilago und Tilletia und dem ich vorläufig den Namen Leiosporium bei- gelegt habe. Der Micrococcus dieses Pilzes befindet sich im Stuhl der Ruhrkranken. Es lassen sich die oben im Schema angedeu- teten analogen reifen und unreifen Morphen leicht ziehen und wir werden in einer der nächsten Nummern dieser Zeitschrift genau darüber berichten. Die betreffende Aspergillus - Form ist durch die regelmissig dichotomische Theilung der Frucht- hyphen und durch die ganz eigenthiimliche Beschaffenheit der Aéroconidien von allen bisher aufgefundenen Formen wesentlich verschieden. Dasselbe miissen wir auch von dem durch Herrn Dr. Hagen im Ohr entdeckten Aspergillus behaupten. Seine Hyphen sind mannigfach verästelt, die Conidienképfe gross, mit blossem Auge deutlich sichtbar und nicht blaugriin, wie bei den Aéroconidien von Eurotium (Aspergillus glaucus Lk.), sondern fast grasgrün, so dass sich auf trocknem und feuchtem pflanzlichem Nährboden lebhaft grüne Rasen bilden. Die Conidien sind auch bei kräftig- ster Entwickelung völlig glatt, ohne warzige Zellenhaut, wie sie Notiz über den neuen Ohrpilz. 201 die Aspergillus- Formen von Eurotium und von Leiosporium dy- sentericum zeigen. Der Pilz besitzt, wie die Aéroconidien-Reihe von Eurotium und Fumago eine Forma pusilla, welche man früher in die Gat- tungen Stachylidium oder Acrostalagenus gestellt haben würde. Zwischen dieser Form und dem typischen Aspergillus liegt, wie immer, eine stetige Vegetationsreihe. Die Aspergillus-Form lässt sich sehr leicht fast auf: jedem pflanzlichen Nährboden kultiviren und zwar in ganz kräftiger und normaler Gestalt, was bekanntlich bei Eurotium nur auf trock- nen Pflanzengeweben möglich ist. Auf kräftigem und etwas feuchtem Nährboden bringen die nämlichen Hyphen, welche die Aspergillus-Pinsel tragen, endstän- dig einzeln oder in Ketten Macroconidien hervor, welche keim- fähig sind und eine zur antiquirten Gattung Mucor gehörige The- caconidien -Morphe erzeugen. Die grossen Theken sind glatt und enthalten kugelige braune Conidien. Es ist sehr leicht, die drei genannten Morphen zur Reife zu bringen. Im Innern des Bodens erhält man statt der Macroconidien Ketten eines braunen Brand- pilzes (Anäerosporen) aus der früheren Gattung Ustilago. Die Anäerosporen sind kleiner als bei Ustilago carbo. An der Oberfläche des Substrats erzeugen die nämlichen Hy- phen Aörosporen - Ketten in Form eines Cladosporium und pracht- volle goldgelbe keulige Schizosporangien, die man früher zu Po- lydesmus Mtgne. gerechnet haben würde. Abbildungen dieser Morphen uud ihres Zusammenhanges hoffen wir bei baldiger Ge- legenheit mittheilen zu können. An den auf der Oberfläche des Substrats kriechenden Mycel- fäden bilden sich hie und da kleine Anschwellungen, welche an- fänglich den Macroconidien in Form und Anheftung gleichen, sich aber rasch zu bedeutender Grösse entwickeln, indem ihr Plasma sich in eine grosse Zahl von Zellen theilt. Im ausgewachsenen Zustand bilden diese Körper kugelige zellige Massen bis zur Grösse eines Nadelknopfes. Sie ähneln Sclerotien, welche aussen mit einer dichten Hülle brauner Zellen umgeben sind, von denen sich theils unfruchtbare, in hyaline Spitzen auslaufende Zweige, theils Aérosporen-Ketten erheben. Dieses Sclerotium ähnliche Gebilde erinnert sehr an einen Pyrenomyceten, kann aber wohl noch nicht die vollendete und höchst entwickelte Frucht des Pilzes sein. Weitere Formen des Pilzes durch Kultur zu erzielen, ge- 202 Ernst Hallier, Notiz über den neuen Ohrpilz. lang indess bis jetzt nicht. Mit ausdrücklicher Erlaubniss des Herrn Dr. Hagen erlaube ich mir, für die ganze Ousia dieses neuen Ohrpilzes die Benennung Otomyces Hageni vorzuschlagen, mit dem Vorbehalt, dass der Name zurückgezogen werden müsste, wenn man früher oder später einen bekannten Ascomyceten als Hauptform des Pilzes auffinden sollte. Ueber die kleinsten mikroskopischen Pilzformen, insbesondere über den Faulbrutpilz*). Von Herrn Sanitätsrath Dr. Preuss in Dirschau. In der Bienenzeitung vom 1. October 1868 Nr. 19 habe ich die Resultate mikroskopischer Untersuchungen der Faulbrutmasse mitgetheilt und angegeben, dass sich in derselben ein zur Form Cryptococcus gehöriger Pilz befindet. Es wurde angegeben, dass der Cryptococcus rund sei und einen Durchmesser von 0,002 mm. habe. Im Herbst vorigen Jahres fand ich in vielen faulbriitigen Zellen neben dem Cryptococcus wesentlich kleinere, auch bei einer 1000fachen Vergrésserung, bei welcher der Cryptococcus in Kugel- form erscheint, noch punktförmige, sehr zahlreiche Körperchen von durchweg gleicher Beschaffenheit. Ihr Durchmesser ist auf 0,0004 mm. anzugeben. Es ist dies diejenige Form, welche Hallier mit dem Namen Micrococcus, Kernhefe, benannt hat. Ich habe faul- brütige Wabenstücke an den durch seine wissenschaftlichen Arbei- ten über Pilzbildungen ruhmvoll bekannten Herrn Dr. Bail, Di- rektor der naturforschenden Gesellschaft in Danzig, gesandt und hat derselbe sich von dem Vorhandensein zahlloser Exemplare des Micrococcus überzeugt. Wer hätte nicht vor der Erfindung des Mikroskops bei der Anschauung von Schimmelbildungen geglaubt, die niedrigsten Vege- tationen vor sich zu sehen! Das Mikroskop hat gezeigt, dass sie die höheren Entwickelungsstufen niederer Formen, dass sie ausser- dem die Träger kleiner, dem blossen Auge nicht sichtbarer Kü- gelchen, der Sporen sind, und dass jede Spore bei mächtiger Ver- *) In etwas anderer Form ist diese Arbeit schon in der Bienen - Zeitung (Eichstädt 1869 Jahrg. 25 Nr. 14) zum Abdruck gekommen; wir nehmen sie hier auf zufolge ausdrücklicher Aufforderung des Herrn Verf., weil ihr Inhalt weit über das Interesse der Bienenzüchter hinausgeht. Red. 204 Preuss, grösserung sich als Kapsel darstellt, welche, wenn sie platzt, Tau- sende von Kügelchen entleert, die Bewegung zeigen, wenn sie in Flüssigkeiten gebracht werden. Diese Kügelchen stellen den Mi- crococcus dar, der also dem Samen der höheren Pflanzen ent- spricht. So zahlreiche Arten von Pilzen es giebt, ebenso gross ist die Zahl der Arten des Micrococcus. Diese Arten sind aber ihrer Kleinheit wegen auch unter den vorzüglichsten Mikroskopen durch den Anblick nicht von einander zu unterscheiden; nur durch die Produkte, welche aus ihnen entstehen und welche schliess- lich der Mutterpflanze gleich werden, stellt sich ihr Unterschied heraus. Der Micrococcus gehört zu den einfachen Zellen. Mit der einfachen Zelle haben wir die Grenze der Schöpfung erreicht, in welcher das ganze Geheimniss dessen liegt, was wir vegetatives Leben nennen. Wir können nur eine wichtige Thatsache anfüh- ren, die eine unermessliche Kluft zwischen ihr und dem Unorga- nischen bildet. Sie ist im Stande, sich zu vervielfältigen. Die Zelle besteht aus einer Schale und einem Inhaltskörper (Plasma). Zellenschale und Inhalt strecken sich, theilen sich und es werden aus der einen Zelle zwei, von denen jede sofort denselben Prozess wiederholt: der Micrococcus kann sich nun entweder in dieser Weise durch Zweitheilung in’s Unendliche vermehren, ohne in höhere Formen überzugehen, sich stets gleich bleibend durch Jahre und über weite Länderstrecken verbreiten, und hierüber soll später ausführlich gehandelt werden, oder er kann in höhere Formen übergehen. Die nächst höhere Umwandlung ist die, dass der Micrococcus einen Hohlraum (Vacuole) bildet, dass der punktförmige Körper sich in eine kleine Hohlkugel verwandelt. Diese Form stellt den Cryptococcus dar. Er vermehrt sich durch Sprossung. Es bildet sich an einer Stelle der Zelle eine knospenförmige Erhöhung, die rasch zunimmt und sich als besondere Zelle absondert, wonach der- selbe Prozess sich wiederholt. Die genannten Vermehrungsarten gehen ohne Zutritt der Luft vor sich. Die wesentlichen Erfordernisse der Vermehrung sind Tempe- ratur zwischen dem Gefrier- und Siedepunkte, Feuchtigkeit und Stickstoff. Die Entwickelung des Cryptococcus geht am besten bei geringem, die des Micrococcus nur bei starkem Stickstofigehalt der Umgebung vor sich. Wir kommen zu einer weiteren Ent- ¢ Ueber die kleinsten mikroskopischen Pilzformen, insb. Faulbrutpilz. 205 wickelung der niederen Pilzformen. Beim Micrococcus und Crypto- coccus trennten sich die Zellen rasch von einander. Unter gewis- sen Verhältnissen, besonders bei schwachem Luftzutritt, bilden sich höhere Formen mit zusammenhängenden Zellen, Formen, die man früher als Oidium bezeichnete. Bei vollem Luftzutritt endlich sehen wir die Bildung des vollendeten Schimmels, es geht an den Enden der Fäden bereits Fruchtentwickelung vor sich, es bilden sich kleine Sporen. Betrachten wir zunächst den Cryptococcus näher, da er der Erzeuger und stete Begleiter eines bekannten Prozesses, nämlich der geistigen Gährung ist. Wenn man ursprünglich unter Gährung eine mit Gasentwicke- lung verbundene Zersetzung einer Flüssigkeit verstand, so hat die Wissenschaft die Gasentwickelung doch längst als unwesentlich erkannt. Wesentlich ist dagegen, dass der in Gährung zu ver- setzende Körper organisch ist, wesentlich das Vorhandensein eines Ferments, mit dessen Hinzutritt die Gährung beginnt und nach dessen Entfernung sie aufhört. Dieses Ferment vermehrt sich wäh- rend der Gährung, doch geht nur ein Theil der gährenden Flüs- sigkeit, 1, 2 bis 1, 5 °/) in die Neubildung der Hefe ein. Untersucht man die gewöhnliche Bierhefe unter dem Mikroskop, so findet man, dass sie durchweg aus zahllosen ellipsoidischen, fast kugelförmigen Körperchen besteht, in welchen man sofort die Form des Cryptococcus wiedererkennt. Die gewöhnlichen Hefenkörper haben nach eigenen oft wiederholten Messungen eine Länge von 0,008 mm., sind also grösser als der in den Faulbrutzellen vor- kommende Cryptococcus, der nur 0,002 mm. Durchmesser hat- Diese Kugeln vermehren sich, wie man unter dem Mikroskop deut- lich beobachtet, indem sich an einer meist neben der längeren Achse liegenden Stelle eine Knospe bildet, die sich rasch vergrös- sert, sich von der Mutterpflanze trennt und denselben Prozess be- einnt. Aus der obigen Auseinandersetzung über die Entwickelungs- geschichte der Pilzformen ersieht man leicht, dass man Hefe durch Aussaat von Schimmel erzeugen kann. Sobald einige Schimmel- pflanzen in zuckerhaltige Flüssigkeit gelangen, entleeren die Spo- ren derselben den Micrococcus, der gerade in Flüssigkeiten mit schwachem Stickstoffzutritt rasch anschwillt und sich zum Crypto- coccus, dem gewöhnlichen Hefenpilz, entwickelt. Wir haben uns die Abstammung jedes Hefenpilzes von einer bestimmten Schim- melform zum Verständniss der weiteren Auseinandersetzung genau 206 Preuss, zu merken. Auf und in Substanzen, in welchen der Stickstoff vor- herrschend ist, geht der Inhalt der Pilzsporen, welcher aus den Micrococeus-Körnern besteht, nicht durch Anschwellung in den Cryptococcus über, sondern er behält seine Kernform und vermehrt sich durch Spaltung des Kerns in’s Unendliche, indem er den ihn umgebenden Stickstoff dazu verwendet. Abgesehen davon, dass man bei dem jetzigen Zustande der Wissenschaft und der Instrumente im Stande ist, diese kleinsten Formen und ihre Naturgeschichte direkt nachzuweisen, so werden durch die auf ihre Entdeckung gegründete Lehre auch alle Erschei- nungen, insbesondere die oft wunderbaren Arten der Ansteckung und Uebertragung vieler Krankheiten nach längerer Zeit oder durch Zwischenkörper, leicht erklärt. Wie sich alle Erscheinungen des grossen Weltalls nach Aufstellung des kopernikanischen Sy- stems leicht erklären lassen, so werden nach der Entdeckung der Wirkung dieser kleinsten Formen viele irdische Erscheinungen, darunter ganz insbesondere diejenigen, welche ansteckende und epidemische Krankheiten in der Thier- und Pflanzenwelt darbie- ten, leicht und mühelos erklärt. | Wenn die Gegner der Parasitenlehre sagen, dass die Anhän- ger der letzten über nichts mehr nachzudenken brauchen, so ist das wohl das grösste Lob, das dieser Lehre gegeben werden kann, Die Wahrheit ist überall einfach und leicht verständlich, sie ver- langt keine geschrobenen Erklärungen. Die Faulbrut der Bienen ist. das Absterben und Faulen der theils noch unbedeckelten, theils schon bedeckelten Brut. Man un- terscheidet eine nicht ansteckende und eine ansteckende Form. Bei der nicht ansteckenden Faulbrut sterben die Bienen noch als Maden ab; diese bleiben unbedeckelt und trocknen zu einer grauen, ziemlich leicht sich ablösenden Kruste zusammen. Diese Art entsteht meistens durch Verkühlung, indem die Bienen bei kühler Temperatur sich zusammenziehen und die äussersten Brut- waben verlassen. Die ansteckende bösartige Faulbrut tödtet die Bienen, obgleich sie unzweifelhaft schon vorher krank sind, erst im Nymphenzu- stande. Die bedeckelte Nymphe geht nach einiger Zeit in eine dunkelbräunliche brei- oder hefenartige Masse über. Der Deckel der Zelle sinkt ein und zeigt meistens ein kleines Löchelchen. Es ist wahrscheinlich, dass diese kleine Oeffnung zunächst durch ent- weichende Gase gebildet wird. Sie durchbrechen den Deckel an Ueber die kleinsten mikroskopischen Pilzformen, insb. Faulbrutpilz. 207 dieser Stelle, da er hier am spätesten geschlossen und am schwäch- sten ist. Davon, dass sich während des Gährungs - oder Fäulniss- prozesses Gase entwickeln, überzeugt man sich leicht, wenn man faulbrütige Waben einige Zeit aufbewahrt. Frisch dem Stock ent- nommen, erscheinen die Zellen mit der Masse gefüllt, nach einigen Tagen findet man diese zusammengesunken auf dem Boden der Zelle, oder, nur eine Wand derselben bedeckend, die Zelle selbst scheinbar fast leer. Die faulbrütige Masse trocknet schliesslich zur schwarzen Kruste zusammen, die an den Zellenwänden sitzend zu Boden fällt. Wesen der Faulbrut. Das Wesen der ansteckenden Faulbrut besteht nicht in gewöhnlicher Fäulniss, sondern diese wird, wie die mikroskopischen Untersuchungen ergeben, bedingt durch die An- wesenheit kleinster Pilzformen m billionenfacher Zahl. Sie gehören den unter einander verwandten ersten Stufen der Pilzbildungen, den Micrococcus- und Uryptococeus - Formen an. Diese Pilzformen vermehren sich durch Zweitheilung und Sprossenbildung im uner- messlicher Zahl. Durch diese ausserordentliche Vermehrung sind sie verderb- lich, indem sie zu derselben den stickstofthaltigen Körper der Brut verwenden, ihn verzehren und schliesslich an seine Stelle treten. Die Ansteckungsfähigkeit der Krankheit beruht einzig und allein auf der Uebertragung dieser Pilzformen in andere Stöcke. Ob die Faulbrut bösartig und ansteckend ist oder nicht, lässt sich durch Impfversuche darthun. Ich sammelte mit einem feinen Hornspatel Faulbrutmasse aus den Zellen und that sie in eine mit destillirtem Wasser gefüllte kleine Arzneiflasche. Nachdem die Masse durch Schütteln im Was- ser aufgelöst war, verschloss ich die Flasche und stellte sie auf den Kork. Nach einigen Tagen setzten sich die Micrococcus-Zel- len, welche schwerer als Wasser sind, zu Boden. Ich öffnete nun den Kork ein wenig und liess etwas von der Flüssigkeit, welche den Micrococcus, wie ich mich unter dem Mikroskop überzeugt, massenhaft enthielt, in eine kleine Schale fliessen. Mit destillirtem Wasser wurde derselbe wiederholt gewaschen. Hiernach holte ich eine Wabe mit jungen Maden aus einer Dzierzonbeute, grenzte durch 4 Stecknadeln einen Raum, der 25 Zellen enthielt, ab und trug mit einem feinen Haarpinsel in jede dieser Zellen etwas von der die Pilze enthaltenden Flüssigkeit. Die Maden entwickelten und verpuppten sich. Von den 25 Zellen wurden 18 faulbrütig, 1.2. 14 208 Preuss, während 7 gesunde Bienen aus den Zellen krochen. Bei diesen 7 war der Impfstoff wirkungslos gewesen. Eine Wiederholung des Versuchs wird jeder leicht anstellen können. Die Pilzformen des Micrococcus und Cryptococcus entstammen (wahrscheinlich verschiedenen) höheren Schimmel-, Brandpilz- und Pilzorganisationen, welche von der Wissenschaft noch näher fest- zustellen sind. Durch diese mikroskopisch bewiesenen Thatsachen werden die in den Schriften genannten vielen Ursachen der Faulbrut, von denen die meisten unzweifelhaft wohl begründet sind, auf eine ein- fache Grundursache zurückgeführt. Betrachten wir die einzelnen Angaben der Schriftsteller näher. In Gährung übergegangener Honig, insbesondere der ameri- kanische und polnische Tonnenhonig, wird von allen Schriftstellern einstimmig als Hauptursache der Faulbrut genannt. Bei der Ge- winnung jener schlechten Produkte wird bekanntlich die Brut und der Pollen nicht mit Sorgfalt vom Honig getrennt, es kommt also zu ihm noch eine stickstoffhaltige Substanz, und tritt nun irgend- woher noch Feuchtigkeit hinzu, so muss sofort der Gährungspro- zess beginnen. Die in der Luft zu Tausenden schwebenden Pilz- elemente nehmen in der Masse sofort die Form des Cryptococcus an, und beginnen ihre Vermehrung und damit die Gährung. So wird der Cryptococcus in den. Bienenstock getragen. Man hat neuerdings eine neue Lehre von der Faulbrut dadurch begründen wollen, dass man den Satz aufstellte: Sie entsteht durch verdorbenen Pollen, der, zum Honig gemischt und den Bie- nen als Futter gereicht, diese tödtet. Die Thatsache, dass verdor- bener Pollen Faulbrut erzeugen kann, ist durchaus nicht neu. Kalteich sagt (Berlepsch, Die Biene und ihre Zucht 2. Auf- lage 1869 S. 202): „Vorjährige Bienenwaben verbreiteten einen fauligen Geruch, die Tafeln waren nass und der Pollen hatte Schim- mel angesetzt. Diese Tafeln gab ich drei starken Völkern, alle drei wurden faulbrütig und gingen ein.“ Es ist im Eingange gesagt, dass sich in den faulbrütigen Zel- len nicht nur der Cryptococcus, sondern auch die verwandte klei- nere und überhaupt kleinste Pilzform, der Micrococeus, vorfindet und sich dort billionenweise vermehrt. In dieser Form gelangt der Faulbrutpilz jedenfalls als Inhalt der Sporen vieler Pilzbildun- sen in den Stock. Ob alle oder nur einige Pilzbildungen im Stande sind, durch den Inhalt ihrer Sporen Faulbrut zu erzeu- Ueber die kleinsten mikroskopischen Pilzformen, insb. Faulbrutpilz. 209 gen, hat die Wissenschaft zu untersuchen und wird sich dies durch Experimente feststellen lassen: Auch werden die mit den Micrococcus- Körnern vorgenommenen Kulturen die Mutterpflanzen ergeben. Dass die Faulbrut durch die italienische Biene eingeführt ist, muss völlig bestritten werden. Ich habe sie auf einem Stande und in einer Gegend gesehen, in welcher niemals italienische Bie- nen existirt hatten, in Stöcken, die sicher von ächt altpreussi- scher Herkunft waren, und deren Vorfahren unzweifelhaft schon unsere heidnischen urpreussischen Ahnen mit Honig versehen haben. Ob, wie Leuckart meint, zwischen dem Faulbrutpilz und der Muscardine ein Zusammenhang besteht, wage ich nicht zu ent- scheiden. Es ist möglich, dass beide einen gemeinsamen Ur- sprung haben und auf eine gemeinsame Ursache zurückgeführt werden *). Ein Bienenzüchter in Baden hat mir schriftlich die Mitthei- lung gemacht, dass seine Bienen das Wasser aus Düngerpfützen holen und dass er glaube, dies sei bei ihm die Ursache der Faul- brut. Ich halte dies sehr wohl für möglich, da Pilzformen auch in den Düngerstätten wuchern und von hier durch die Bienen in den Stock getragen werden können. Verhütung der Faulbrut. Die Verhütung der Faulbrut ergiebt sich aus den angeführten Ursachen. In die Worte: „Man sorge für die grösste Sauberkeit nach allen Seiten hin“ lässt sich die Vorschrift zur Verhütung der Faulbrut zusammenfassen. Wie man dadurch schon die Wachsmotten fern hält, die überhandnehmend auch einer ansteckenden Krankheit gleich zu erachten sind, so wird man durch sie auch am sichersten der Einschleppung der klei- *) Man hat Professor Leuckart, der sich auf der Darmstädter Ver- sammlung 1868 für eine Verwandtschaft des Faulbrutpilzes mit der Muscar- dine aussprach, einen Vorwurf daraus gemacht, dass er damit die Parasiten- theorie anerkannte, während er sie 1866 in der Bienenzeitung bestritt. Es kann dies dem berühmten Naturforscher nur zu neuem Ruhm gereichen. Die Wissenschaft ist niemals eine abgeschlossene; die Instrumente haben in den letzten acht Jahren eine bedeutende Vervollkommnung erfahren und die unter dem Mikroskop auch bei 1000fältiger Vergrösserung noch punktförmig erschei- nenden Körperchen, die Micrococcus-Formen, waren in jener Zeit in ihrer hohen Bedeutung nicht erkannt. tal“ 210 Preuss, neren Feinde der Pilzformen des Micrococcus und Cryptococcus vorbeugen. Speciell lässt sich Folgendes anführen: 1) Man kaufe Stöcke nur von anerkannt gesunden Ständen. 2) Man verwende womöglich nur allerreinsten Honig zur Füt- terung. Gewissenhafte Honigbereiter, wie ich sie in unserer Ge- send kennen zu lernen Gelegenheit hatte, sondern Brut und Pol- len enthaltende Waben sorfältig von den Honigwaben. Ein so ge- wonnenes schönes Produkt hält sich allerdings Jahre lang unver- ändert. Hat man nun schlechten verdorbenen Honig, so kann man ihn gleichwohl zum Füttern verwenden, wenn man ihn einige Zeit kocht und ihn sofort verfüttert. 3).Man entferne aus dem Stocke Schimmelbildung und Alles, was sie begünstigt, todte Bienen, verdorbenes Wachs u. Ss. W. 4) Man sorge für reines Trinkwasser. Auf jedem Bienenstande sollte sich eine mit Moos gefüllte grosse Schüssel vorfinden, in welche »täglich reines Wasser gegossen wird. Das ist den Bienen bequem und hält sie ab, Düngerstätten zu besuchen. Kur der Faulbrut. Entdeckt man in einem Stocke Faulbrut, so entferne man zunächst die Königin, um neuen Brutansatz zu verhindern und so der Krankheit den Boden zu entziehen. Sie wird später wieder zugesetzt und wieder entfernt, sobald sich Spuren der Faulbrut zeigen. Jedes faulbrütige Stück wird mit dem Messer weggeschnitten. Man sehe ferner, sobald man die Faulbrut auf seinem Stande bemerkt, die Stöcke oft durch und bringe, besonders während der heissen Sommermonate, die kran- ken in gereinigte Wohnungen. Diese Reinigung wird in der Weise bewirkt, dass man die Beute zunächst der Siedehitze aus- setzt. Man bringt sie entweder in einen Backofen oder wäscht sie wiederholt mit kochendem Wasser. Sind sie’ völlig getrock- net, so wäscht man sie mit Alkohol, Spiritus von 92— 97°. Gleichfalls von grosser Wirksamkeit sind, da sie alle niederen Pilzelemente tödten: 1) Die Karbolsäure (Phenylsäure, Phenylalkohol). Sie tödtet noch im Verhältniss 1: 100 Wasser jeden niederen thierischen und pflanzlichen Organismus. 2) Das übermangansaure Kali ist noch im Verhältniss von 1:300 ebenso wirksam. Verdünnte Schwefel-, Salpeter- und Essigsäure sind nützlich, “ Ueber die kleinsten mikroskopischen Pilzformen, insb. Faulbrutpilz. 211 kommen aber den vorgenannten Mitteln an Wirksamkeit nicht gleich. Der Boden auf dem Stande ist oft umzugraben und mit ver- dünnter Schwefelsäure zu begiessen oder mit ungelöschtem Kalk zu bestreuen. Innere Mittel, welche man behufs Heilung der Faulbrut rei- chen könnte, giebt es nicht. Man verliere damit keine Zeit. / II. Kurze Mittheilungen. Weitere Notizen über die Krankheit des Zuckerrohrs. Nach brieflicher Mittheilung von F. M. Dränert aus Bahia vom 28. April 1869. Von ganz besonderer Wichtigkeit erscheint der Umstand, dass sich Cryptococcus schon in dem frisch ausgepressten Zuckersafte kranken Zuckerrohrs findet, was zu wiederholten Malen durch mikroskopische Untersuchung nachgewiesen wurde. In demselben Safte finden sich jedoch in noch weit grösserer Menge jene kleinen Zellen (Fig. 58a, „wahrscheinlich dieselben, die Sie Micrococcus nennen“). Nach Verlauf einiger Stunden hatte sich schon eine Menge von Sprosshefezellen (Cryptococcus) entwickelt (Fig. 58 b), worun- ter sich schon Ansätze zu jenen gegliederten algenartigen Fäden (Fig. 58 c) fanden, die sich im Verlauf einiger Tage sehr schön und gross entwickelten. Von solchem Rohr wurde die gelbe Ma- terie gesammelt, welche, im Wasser gelöst, sich als Micrococcus zu erkennen giebt. Innerhalb 24 Stunden entwickelt sich daraus jener algenartige Faden, von welchem f Fig. 58 ganz junge Zu- stände zeigt. Diese Fäden sind um !/, schmäler als die vorhin erwähnten. Dieselben Fäden entwickeln sich, mit Zucker genährt, nach zweitägigem Wachsthum zu der in Fig. 58 d dargestellten gegliederten Form, häufiger aber zu verzweigten Fäden, die hin und wieder durch stark angeschwollene Glieder unterbrochen sind. Sehr beachtenswerth sind die von diesen Fäden getragenen kuge- ligen (g Fig. 58) oder lang gestreckten (h, i Fig. 58) interstitiellen Sporangien. Kurze Mittheilungen. 213 Gegenerklärung von Ernst Hallier. Unter der Rubrik: Origmal-Abhandlungen befindet sich in Nr. 31 der Botanischen Zeitung eine „Erklärung“ von M. Reess, worin derselbe den Beweis begehrt für meine Behauptung *), „dass es ihm auf die Wahrheit nicht so sehr ankommt, sobald es gilt, ein tendentiöses Schulinteresse zu vertheidigen.“ Ich bin leider nur allzu sehr in der Lage, diesem Begehren entsprechen zu können. Die „Erklärung“ des jungen Reess ist hervorgerufen durch meine Recension seiner vorläufigen Mittheilung über Bierhefe. Dieser Artikel „Zur Naturgeschichte der Bierhefe‘‘ beginnt (Nr. 7 v. 12. Febr. 1869 der Botan. Zeitung) mit einer Einleitung, welche von ungezogenen und ausfallenden Redensarten gegen ältere Bo- taniker in einer Weise erfüllt ist, dass ich meine Recension mit einer genaueren Erwähnung dieser Dinge nicht beflecken wollte. Wer ist denn Herr Reess, dass ihm solche Sprache zusteht? Die einzige Entschuldigung könnte man darin sehen, dass er viel- leicht durch Andere aufgereizt wurde. Gewiss aber durfte der junge Mann es als ein mildes Verfah- ren ansehen, dass ich über diese Dinge (Heft 1 8.96. Z.4.5 v. u.) einfach zur Tagesordnung überging. Die Unwahrheit aber durfte und musste gerügt werden, um so mehr, als dergleichen schon früher vorgekommen war. Herr Dr. Reess bedient sich in jener ausfallenden Einlei- tung verschiedener Schlagwörter, unter denen z. B. Cholerastuhl und „Reinkulturapparat“ figuriren. Wer solche Schlagworte ge- braucht, um Arbeiten oder Richtungen zu verdächtigen, von dem darf man wohl zweierlei fordern: erstlich, dass er die Person an- giebt, welche sich des Wortes bedient hat, oder auf welche das- selbe gemünzt ist; und zweitens, dass er nur solche Worte mit Anführungszeichen anführt, welche sich wirklich irgendwo gedruckt finden. Wer beides oder eins von beiden verabsäumt, der kommt mit Recht in den Verdacht, welchen wir nur als bescheidene Frage (S. 97 Z. 4. 5 Heft I dieser Zeitschrift) geäussert haben. Der junge Reess hat beides verabsäumt. Das Wort, welches er mit Gansefiisschen, also angeblich wörtlich, zitirt, kommt an der Stelle, auf welche er sich nachträglich beruft, nicht vor und das heisst eine neue Unwahrheit aussprechen und zugleich den Lesern, die ja *) 5. diese Zeitschrift Nr. 1. 8. 97 2.5 — 10. 214 Kurze Mittheilungen. doch nicht alle Zitate, am wenigsten wo es sich um Personalien handelt, nachschlagen, Sand in die Augen streuen. Die beiden Zeilen, auf welche sich Herr Dr. Reess beruft, lauten: „Es wird darin ein einfacher Apparat beschrieben, mittelst dessen eine Reinkultur der Hefe..... möglich wird“. Der Apparat selbst wird später ausdrücklich „Gährungsapparat“ genannt”). Ich hatte grade Hoffmann’s und Bail’s grössere Arbeiten durchge- sehen. Hoffmann hat bekanntlich das Verdienst, ein ähnliches Prin- zip wie Pasteur bei seinen Apparaten, und zwar, wie er selbst sagt, unabhängig von Pasteur, zuerst in Deutschland in Anwen- dung gebracht zu haben. Jene oben citirte Stelle befindet sich nicht einmal in einer seiner grösseren und selbstständigen Arbeiten, sondern in seinen „Mykologischen Berichten“. Was nun die un- wahre Darstellung des Herrn Dr. Reess über die erste wirkliche Sitzung der Botanischen Section in der Naturforscherversammlung zu Dresden anlangt, so bemerke ich darüber nur Folgendes: Herr Dr. Bail hielt in jener ersten Sitzung einen Vortrag, an dessen Eingang er mich interpellirte, warum ich in meinen „Gährungserscheinungen“ so bestimmt die auf den Zusammenhang des Micrococcus mit anderen Pilzformen bezüglichen Thatsachen als erwiesen hingestellt hätte. Er forderte mich direkt zur Ant- wort auf, ebenso bezüglich meiner Ansicht über den Zusammen- hang. zwischen Penicillium und Mucor. Diese beiden Fragen be- antwortete ich, weil ich eben musste, gewiss so kurz und einfach wie möglich. Weiteres habe ich weder in dieser noch in irgend einer der folgenden Sitzungen gesprochen aus einem sogleich mitzutheilenden Grunde. Herr Dr. Reess berichtet über das soeben Gesagte: „Den Zusammenhang zwischen Micrococcus und Hefe hält er (Bail) da- gegen für noch nicht erwiesen, welche Aeusserung ihm entspre- chende Belehrung von Seiten des anwesenden Prof. Hallier zuzieht. Ich darf mich weiterer Bemerkungen hierüber wohl enthalten. Herr Dr. Reess fährt dann als Berichterstatter fort: „Dann wiederholt sich zwischen den zwei genannten Herren und Professor *) Bot, Zeitung 1865 S. 348 Sp. 2 Z. 19. 25. Kurze Mittheilungen. 215 Famintzin die schon 1867 in Frankfurt zwischen Bail, Hoff- mann und Woronin geführte Discussion.“ Dieser Satz ist eine Unwahrheit von Anfang bis zu Ende. Die Sache war folgende: Bail hatte im Laufe seines Vortrags sich über das Verfahren de Bary’s, seinen Arbeiten und seiner Beweisführung gegenüber, beschwert. Herr Professor Famintzin trat gegen Bail als Vertheidiger de Bary’s auf in einer ziem- lich ausführlichen Auseinandersetzung. Mit dieser Angelegenheit hatte ich gar nichts zu schaffen und habe selbstverständlich dazu nichts gesagt. Eine „Discussion“ fand nicht statt. Nun könnte man glauben, es müsse mir gleichgültig sein, was man in Frankfurt gesprochen und dass man mir die Theil- nahme an einer solchen „Discussion“ zuerkennt. Wer aber weiss, was in Frankfurt vorgefallen, der wird begreifen, warum ich diese Unwahrheit rüge. Ich kenne die Vorgänge in Frankfurt nur aus den offiziellen und nicht offiziellen Berichten und aus mündlichen wie schriftlichen Mittheilungen. Dass aber, was man in meiner Abwesenheit über mich gesprochen, nicht sehr schmeichelhaft für mich war, sagt mir ein Brief des unvergesslichen Griesinger vom 4. Oktober 1867. Eine Stelle darin lautet: „Hätte ich gewusst, wo Sie wären, so hätte ich Ihnen von der „Frankfurter Naturforscher - Versammlung aus telegraphirt, hin „zu kommen. Dort wurden Ihre Untersuchungen über die Cho- „lera so getadelt, herabgesetzt und auf’s Bitterste angegriffen, „dass ich ausserordentlich gewünscht hätte, dass Sie persönlich „unter die Leute treten und ihnen die Sache aus einander setzen „könnten. Ich habe mich so verhalten, wie Jemand, der lieber „von der Sache nichts versteht, aber von dem Ernste und der „Gewissenhaftigkeit der Untersuchung lebhaft überzeugt ist.“ Diese Vorgänge brachten mich zu dem Vorsatz, um jeden Preis die Naturforscher - Versammlung zu Dresden zu besuchen, damit man nicht wieder hinter meinem Rücken über mich herfal- len möge. Ich nahm mir vor, in der Section so zurückhaltend wie möglich aufzutreten und liess mich durch die Bitten meiner Bekannten nicht zu einem Vortrag bewegen, um nicht unbeschei- den oder anmassend zu erscheinen. Es half mir nichts, wie obige Mittheilung über den Bericht des Herrn Reess zeigt. Ich sollte sprechen auf den Wunsch meiner Freunde, um Beweise für die Richtigkeit meiner Ansichten zu liefern und den Gegnern die Zustimmung abzuzwingen. Ich weiss aber überdies 216 Kurze Mittheilungen. aus Erfahrung, dass man die schwierigsten aller mikroskopischen Arbeiten vor einer grossen Versammlung nicht einmal demonstra- bel, viel weniger beweiskräftig vorlegen kann. Das muss im La- boratorium auf genetischem Wege geschehen, und da habe ich noch Jedem Rede gestanden und bedeutende Männer von diesem oder jenem Zusammenhang unter den Thatsachen überzeugt. Gezänke in Versammlungen entscheidet nichts. Herr Dr. Reess entschuldigt die Unrichtigkeiten in seinem Bericht damit, dass er in der ersten Sitzung nicht anwesend ge- wesen und sich nach dem Tageblatt und mündlichen Mittheilun- sen habe richten müssen. Wir sehen davon ab, dass er diese Abwesenheit im Bericht selbst verschweigt. Im Tageblatt findet sich von den oben gerügten Dingen nichts. Hatte Herr Reess, wenn er nicht zugegen war, nicht um so mehr die Pflicht, alles Persönliche und Parteiische bei Seite zu lassen? Konnte er nicht überhaupt von Dingen, die er nicht gehört, ganz schweigen oder war kein erfahrenerer Botaniker anwesend, der den Bericht abfassen konnte? Wir sehen in Alle dem nur Parteiverblendung. Ich bin sehr geneigt, jungen Leuten in ihrem Streben allen möglichen Vor- schub zu leisten und ihnen die mildeste Schonung angedeihen zu lassen, aber die ungeheure Anmassung, mit welcher kaum den Studienjahren entwachsene Jünglinge über die schwierigsten Un- tersuchungen glauben aburtheilen zu dürfen, bedarf der Zurecht- weisung, die freilich oft mehr den Lehrern als den Schülern ge- bührt. Herr Reess meint, er sei fast mit jedem Botaniker im Einverständniss. So viel aber ist gewiss, dass die Schule des Herrn Kollegen de Bary, von der diese Dinge ausgehen, unbeschadet einzelner Irrthümer, denen jede menschliche Forschung unterworfen ist, binnen Kurzem die Hauptresultate meiner Arbeiten anerkennen muss, sie mag nun wollen oder nicht. Die Cholera - Untersuchungen der Engländer in Ost- indien. Von E. Hallier. Es ist in der That ein grossartiges Phänomen, wenn eine Nation, wie die Engländer, welche mit ihren Verbindungen den ganzen Erdball umspannt, sich einer wichtigen internationalen Kurze Mittheilungen. DIRT Aufgabe unterzieht, wie”die Auffindung der Endursache einer epi- demischen Krankheit. Der Cholera gegenüber haben gewiss die Engländer nicht nur das erste Recht, sondern auch die erste Pflicht, an’s Werk zu schreiten, da die Ursprungsstätte in einer ihrer weiten Besitzungen gesucht wird. Indessen sind wir gleichwohl der Ansicht, dass grade bei diesem Werke sich mehre Nationen hätten betheiligen müssen, wenn dasselbe von einem glücklichen Erfolg gekrönt werden sollte. Mag man nun der Parasiten - Hypothese beistimmen oder nicht, jedenfalls ist es durchaus nöthig, zu untersuchen, ob die vorgefundenen Parasiten bei’'m Cholera-Prozess eine Rolle spielen, und welche es ist. Für diesen Theil der Aufgabe hätten aber Gelehrte mehrer Nationen, namentlich Amerikaner, Deutsche, Franzosen und Italiener hinzugezogen werden müssen, wenn man auf irgend einen nennenswerthen Erfolg rechnen wollte. Es hätte sich die naturwissenschaftliche Untersuchung überhaupt nicht auf ein einzelnes Fach beschränken dürfen, vielmehr mussten Che- miker, Botaniker und vielleicht sogar ein Zoologe die Expedition begleiten. Statt dessen sehen wir zwei junge englische Aerzte nach In- dien reisen, um die Untersuchung allein, ohne die Hülfe von Fach- selehrten, zu unternehmen. Am Abend des 21. Oktober 1868 langten die beiden jungen Leute, welche auserwählt waren, diese wichtige Kommission zu übernehmen, bei mir an. Ich fand in ihnen den Herın Dr. Douglas Cunningham und Dr. T. Lewis, zwei noch sehr junge, aber gut unterrichtete, gebildete und liebenswürdige Aerzte. Dieselben waren mehre Monate vorher durch einen Brief des Herrn Professor Parkes an der Army Medical School, Royal Victoria Hospital, Netley, bei Southhampton, bei mir angemeldet, mit dem Bemerken, dass sie in der Cholera-Frage meinen Unter- richt geniessen sollten und dass sie so lange bei mir verweilen könnten, als ich es für gut befände. Es setzte mich daher einigermassen in Verwunderung und entmuthigte die Hoffnung, die ich an diese wichtige Mission ge- knüpft hatte, als die Herren mir in Uebereinstimmung mit einem Schreiben des Herrn Professor Parkes, Secretär des Senates der Med. Militär- Academie, vom 1. Oktober 1868 ankündigten, dass sie höchstens 14 Tage in Jena bleiben könnten, 218 Kurze Mittheilungen. Ich erbot mich, diese 14 Tage dazu zu benutzen, ihnen den srössten Theil meiner Präparate über die Cholera - Parasiten un- ter dem Mikroskop vorzuzeigen. Es gelang mir auch, ihnen we- nigstens die wichtigsten Formen meiner Cholerapräparate vorzu- führen und ihnen zur Erläuterung wie zum Vergleich einige wenige auf verwandte Pilzbildungen bezügliche Dinge zu zeigen, obgleich sie täglich nur etwa zwei Stunden lang das mikroskopische Sehen ertrugen. Die Verständigung hatte gar keine äusseren Schwierig- keiten, weil Herr Dr. Lewis recht gut der deutschen Sprache mächtig war. Dagegen litt das Verständniss an grösseren inneren Schwierigkeiten, weil die beiden Herren, wenn sie auch meine Arbeiten grossentheils gelesen und sich im den letzten Monaten mit mikroskopischen Untersuchungen ein wenig beschäftigt hatten, in der Botanik und insbesondere in der Mykologie völlig Anfänger waren. So ist denn auch ihr Bericht im Lancet *) nicht ganz frei von Missverständnissen geblieben. Einige wenige Unterrichtsstunden, welche sie kurz vor ihrem Eintreffen bei mir bei Herrn Professor de Bary genommen hatten, was sie mir, vermuthlich ihrer In- struction gemäss, sorgfältig zu verheimlichen suchten, konnten natürlich nicht ausreichen **), diesen Mangel zu ersetzen. Ich hielt es unter solchen Umständen gradezu für Pflicht, so- wohl ihnen als der Behörde, welche sie mit dieser wichtigen Mis- sion betraut hatte, offen auszusprechen, dass ich sie so, wie sie jetzt vorgebildet wären, durchaus nicht für befähigt hielte, den botanischen Theil der Aufgabe zu lösen. Da ich für die beiden jungen Herren ein lebhaftes Interesse fühlte, so gab ich ihnen den dringenden Rath, sich bei ihrer vorgesetzten Behörde die Erlaub- niss auszuwirken, ein Jahr oder, wenn das unmöglich, wenigstens einige Monate bei mir oder bei irgend einem älteren Mykologen ihre Vorstudien zu machen. Ich verhehlte ihnen nicht, dass da- von nach meiner Ueberzeugung das Gelingen eines Haupttheils ihrer Aufgabe abhange. Sie sagten mir, dass sie einen solchen Antrag bei ihrer Behörde stellen wollten. Ich selbst schrieb ebenso rückhaltlos an Herrn Professor Parkes, erhielt aber leider in einem Brief vom 2. November 1868 die Antwort: „Ich muss un- „endlich bedauern, dass unsere Anordnungen es diesen beiden *) The Lancet. Vol. I. No. I—IlI. London 1869. **) An ihren Fragen merkte ich sehr bald, dass sie bei de bary gewesen waren, und sagte es ihnen gradezu, worauf sie es zugaben. Kurze Mittheilungen. 219 „Herren nich gestatten, eine längere Zeit bei Ihnen zu bleiben. „Wir hatten gemeint, dass 14 Tage ausreichend sein würden und „haben den Urlaub für dieselben nur für diesene Monat erhalten. „Am 12. December müssen diese Herren von England nach In- „dien abreisen und es ist uns unmöglich, deren Abreise zu ver- „schieben u. S. w. Wenn nun auch zweifelsohne derjenige Theil der Aufgabe, welchen ich nach meiner Stellung zu dieser Frage für den aller- wichtigsten, ja für den eigentlichen Kernpunkt halten muss, näm- lich die Aufdeckung der Beziehungen des Parasiten zum Krank- heitsprozess, durch solche Veranstaltungen nicht gelöst werden kann, so unterliegt es doch andererseits gar keinem Zweifel, dass die beiden Herren durch Einsammlung von allen möglichen Parasiten des Reises und möglichst vieler anderen Gewächse der Cholera- Regionen ein recht bedeutendes Verdienst erwerben würden, wenn nicht um die Cholera-Frage, doch jedenfalls um die Botanik; denn wie auf unseren einheimischen Gewächsen noch so häufig neue Parasiten aufgefunden werden, so ist noch weit weniger vor- auszusetzen, dass die parasitischen Cryptogamen Indiens auch nur annähernd vollständig bekannt sein sollten. Auch diese Bitte habe ich im Interesse der Sache wie der jungen Leute Herrn Professor Parkes vorgetragen, uud derselbe hat mir zu meiner Freude mitgetheilt, dass er den Herren Dr. Cunningham und Dr. Lewis davon Mittheilung gemacht habe. So wird denn ohne Zweifel nicht nur die ärztliche, sondern auch die rein naturwissenschaftliche Seite der Cholera-Frage ihrer Lösung um einige wichtige Schritte näher geführt werden und es steht zu hoffen, dass die englische Regierung bei einer späteren Gelegenheit in Angriff nimmt, was auf diesem Wege nicht erreich- bar ist. Ueber eine Pilzepidemie der Nonne (Liparis monacha) von E. Hallier. Der Magistrat der Stadt Usedom machte mir in einem Schrei- ben vom 20. Juli d. J. die Anzeige, dass in den städtischen For- sten von Usedom in Folge meines Gutachtens tiber die Kiefern- spinnerkrankheit die Vertilgungsmassregeln gegen diesen gefähr- lichen Feind der Kiefernwälder eingestellt worden seien und dass 220 Kurze Mittheilungen. die Raupe, obgleich sie im Frühling noch in grosser Menge vor- handen gewesen, dennoch weiteren Schaden nicht gethan habe. Dagegen habe sich die Nonne in diesem Sommer in so grosser Menge gezeist, dass schon eine nicht unbedeutende Forstfläche kahl gefressen sei. Seit einigen Tagen habe man auch von dieser Raupe zahl- reiche todte und sterbende Exemplare gefunden, so dass die Ver- muthung nahe liege, dass auch diese Raupen von einer Krankheit befallen seien. ich erhielt im Ganzen 325 Raupen; davon waren 231 bereits todt, 85 noch lebend, aber zum Theil mit deutlichen Kennzeichen der Erkrankung versehen, 9 hatten sich verpuppt. Bei der Krankheit der meisten dieser Raupen war der Pilz der Fliegenkrankheit (Empusa muscae) thätig. Ich habe densel- ben einer ausführlichen Untersuchung unterworfen und werde, so- bald dieselbe sichere und vollständige Resultate ergiebt, darüber berichten. Für die Krankheit der Stubenfliege, welcher auch diese Raupen, wenn auch in etwas veränderter Form, unterliegen, möchte ich den Namen Muscine in Vorschlag bringen. Rundschau in der neueren Literatur über Parasiten in und auf dem Körper unserer Haussäugethiere. (Fortsetzung.) A. Thierische Parasiten. Aus der Familie der Strongylidea kommen, nach der bisheri- sen Annahme, in den Dauwerzeugen der Schafe 3 Arten vor, nämlich 1) Strongylus contortus, der gedrehte Pallisadenwurm , welcher im Labmagen, 2) Strongylus filicollis, der dünnhalsige Pallisadenwurm, welcher in den dünnen Gedärmen, 3) Dochmius hypostomus, der Pallisadenwurm mit abwärts ge- kehrtem Munde, welcher im Dünn- und Dickdarm der Schafe schmarotzt. Der letztgenannte Pallisadenwurm wurde früher von Rudol- phi einfach als Strongylus hypostomus bezeichnet, darauf nannte ihn Dujardin Selerostomum hypostomum wegen seines bewatt- Kurze Mittheilungen. 221 neten Mundringes, endlich reihte Diesing denselben in die Gat- tung Dochmius ein und zwar weil das Maui bei diesem Pallisa- denwurm nicht an der Spitze des Körpers, sondern etwas unter derselben, nicht endständig, sondern, am Ende des nach abwärts sebogenen Kopfes, unterständig sich befindet. Baillet weist nun in einem grösseren Aufsatze nach (ef. Recueil de Medecine vetermaire publie sous la direction de H. Bouley, Prof. & l’Ecole @Alfort 1868, 539, Note sur les stron- eyliens et les sclerostomiens de Tappareil digestif des bétes ovines), dass der schon von Creplin angeführte und zwar mit dem Na- men Strongylus cernuus bezeichnete Wurm, der bis jetzt als selbstständige Art von keinem Helminthologen anerkannt worden sei, wirklich im Dünndarm der Schafe vorkomme und als Reprä- sentant einer besonderen Art anzusehen sei. Baillet schlägt vor, denselben Dochmius cernuus zu nennen, führt auch weitläufig aus, wie dieser Dochmius cernuus durch den fehlenden Zahnbesatz am Mund, durch besondere Eigenthümlichkeiten im Bau der Ge- schlechtsorgane sowohl des Männchens als des Weibchens u. s. w., sich vollständig vom Dochmius hypostomus unterscheidet. Mithin kennen wir jetzt vier Arten von Pallisadenwürmern bei Schafen: Strongylus contortus, Strongylus filicollis, Dochmius hypostomus, Dochmius cernuus. In demselben Aufsatze verwirft Baillet den Vorschlag Du- jardins’, den Strongylus contortus und den Strongylus filicollis in eine Gattung zu vereinen. Die Unterschiede beider Arten sind zu sross, als dass dieses möglich wäre. Des Vergleiches halber eine kurze Beschreibung beider Arten. Strongylus contortus Rud. Zwar selten, doch dann in grosser Menge im Labmagen der Schafe vorgefunden. Länge des Männchens 5—8“‘, Länge des Weibchens 9— 18“; Dicke 1/4". Der Körper ist auf beiden Seiten, vorm etwas mehr als hinten, verschmächtigt, ferner etwas gedreht. Eiförmiger, abgestutzter Kopf mit endständigem Maul, ohne Flügel; 2 Papillen in einer kleinen Entfernung vom Mund. Schwanzbeutel des Männchens 2lappig und 12rippig; 2 Spiculae. Das Schwanzende des Weib- chens spitzig, die Geschlechtsöffnung vor dem Schweifende; die- selbe durchbohrt einen kleinen Höcker, an dessen Ende 2 häu- tige Flügel befindlich, zwischen denselben eine dreieckige feine Klappe, die die Geschlechtsöffnung wie ein Deckel verdeckt. Die beiden Ovarien laufen parallel neben einander, den Darm mehr- 222 | Kurze Mittheilungen. fach umschlingend; jedes Ovarium stösst an einen spindelförmigen Uterus, der in einem eigenen Oviduct endet. Die beiden Oviducte der zwei Fruchthälter (-abtheilungen ?) vereinigen sich zu einem semeinschaftlichen sehr kurzen Oviduct. — Aus den reifen Eiern, die in Wasser gebracht werden, schlüpfen Embryonen hervor, die ca. 29 Tage am Leben bleiben, ohne sich zu vergrössern. Strongylus filicollis Rud. In den dünnen Därmen der Schafe nicht selten. Länge des Männchens 4—5“, Länge des Weibchens 5 — 10; 1/4“ dick. Der Körper ist fadenförmig, doch hinten angeschwollen, vorn mehr nach Art eines Halses ver- schmächtigt. Der Kopf ist stumpf, mit zwei sehr schmalen Flü- geln. Schwanzbeutel des Männchens mit zwei länglichen sechs- strahligen Lappen, Schwanzende des Weibchens gerade und stumpf, Weibliche Geschlechtsötfnung nackt. Die Ovarien haben geschlän- selten Verlauf im Innern des Körpers und ringeln sich nicht um den Darm. Die Fruchthälter mehr cylinderférmig. — Rivolta beobachtete als Ursache eines (angeblichen) Herpes, der seinen Sitz am oberen Theile der rechten Halsfläche eines Hundes hatte, Embryonen von Filaria. Die Flechte soll sich als dunkelrothe, feuchte, geschwürige, thalergrosse Stelle dargestellt und die grösste Aehnlichkeit mit einem Herpes excedens (?) ge- habt haben. Beim Druck auf die ergriffene Stelle soll sich Blut und Eiter entleert haben. Die entleerte Flüssigkeit mikroskopisch untersucht, liess ausser Eiterzellen, kleinen Stückchen Hautpapil- len, Blutkörperchen, Haarfragmenten u. s. w. lebhaft sich bewegende Filaria-Embyonen erkennen. Als characteristische Eigenthümlich- keiten jedes dieser Embryonen nennt Rivolta: Nicht deutlich vom Körper: abgegrenzter, runder Kopf mit kreisförmigen Mund; der vordere Theil des Körpers ist dünner als der mittlere; der hintere Theil dünn, schweifartig, soll meist auf der einen Seite - getragen worden sein und durch Hin- und Herpeitschen die leb- hafte Bewegung dieser Filaria-Embryonen ermöglicht haben. Die Embryonen sollen der Filaria medinensis angehören (??). Die Be- seitigung der Krankheit ist durch ca. fünfmalige Einreibung von Unguent. hydrarg. einer. bewerkstelligt worden. (Il medico vete- rinario 1868 p. 300.) Auch von Mégnin ist neuerdings durch Experiment nachge- wiesen, dass die Räudemilbe der Katze (Sarcoptes minor) auf Pferde übergeht. Mégnin band einem Pferde ein Stückchen Haut, das von einer, wegen hochgradiger Räude getödteten Katze ; Kurze Mittheilungen. 223 stammte, auf das Widerriist. Nach 24 Stunden entfernte er das Hautstiick wieder. Erst 11 Tage nach der künstlichen Infection fing das Pferd an sich zu jucken und zu beissen, am 17. Tage fielen die Haare aus und zeigten sich specifische Räudeflecken; am 22. Tage hatten sich die Räudestellen bis zur Flankengegend des Pferdes erstreckt. Die Milben waren leicht aufzufinden. (Bul- letin de la Sociét. centr. de med. etc. 1868.) — Durch J anssen wird bestätigt, dass Hühnermilben (Dermanys- sus avium) auf Pferde übertragen, einen räudeähnlichen Ausschlag hervorrufen können, der sich durch inselartig verbreitete Borken- und Schrundenbildung auszeichnet. Die von diesem Ausschlag betroffenen Pferde zeigten ein starkes Juckgefühl. (Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis im preussischen Staate von Müller u. Moloff. (15.0 Jahrg. 29)) B. Pflanzliche Parasiten. Davaine impfte ein hochträchtiges Meerschweinchen mit Milzbrandblut. Das Thierchen starb zwei Tage nach der Impfung und im Blute desselben sowohl, als im Blute der Placenta fanden sieh in zahlloser Menge Bakteridien. Weder im Biute, noch in einzelnen Organen des Foetus waren Bakteridien aufzufinden. Es wurden nun 4 Meerschweinchen geimpft, und zwar eins mit dem Blute der Placenta, drei mit dem Blut aus dem Herzen, der Le- ber und der Milz des Foetus. Das erste Meerschweinchen starb am Milzbrand, in seinem Blute fanden sich wiederum die Bakte- ridien. Die andern drei Meerschweinchen blieben vollkommen intact und gesund. Davaine glaubt durch diese Experimente unumstösslich erwiesen zu haben, dass die Bakteridien Ursache des Milzbrandes sind und das Contagium derselben repräsentiren.: (Recueil de med. veter. etc. 1868. Davaine, Sur la nature des. maladies carbonneuses 199.) — Professor Leisering in Dresden musste „mit einer gewissen: Verschämtheit (vgl. Bericht über das Veterinärwesen im Königreich‘ Sachsen für das Jahr 1868 Seite 45 Zeile 39) das Geständniss ab- legen, dass er einen neuen Pilz gefunden habe.“ Genanntem Autor kam nämlich das amputirte Stück eines Schweifes zu Hän- den, welches einer Rappstute angehört hatte, die mit einer höchst hartnäckigen und bösartigen Schweifflechte behaftet war. Bei. der Untersuchung zeigte das von den Haaren grösstentheils entblösste 10% 15 224 Kurze Mittheilungen. Schweifstück eine dicke Kruste, welche aus zusammengeklebten Epithelien bestand, ferner noch dicke kurze von abgebrochenen Haaren herrührende Stümpfe aufwies. Die noch vorhandenen Haare liessen sich leicht ausziehen und waren an ihrer Wurzel von einer weichen, weisslichen Masse umgeben; bei den dicken Haarstumpfen war diese Masse am beträchtlichsten. An den weisslichen Massen besonders an denjenigen, welche man mit den Haaren herauszog, fanden sich regelmässig dunkle, fast bräunlich gefärbte Stellen, die sich bei der Untersuchung als Pilzanhäufungen erwiesen. Sie bestanden aus äusserst kleinen Sporen, die sich auch in den übri- sen Epithelialzellen und in den unförmlichen dicken und spröden Haarstumpfen nachweisen liessen. Leisering setzt hinzu, dass eine ähnliche Pilzflechte die Ursache des sogen. Rattenschweifes der Pferde abgeben dürfte. (Bericht über Veterinärwesen in Sachsen, 1868, Seite 39 u. 40.) In demselben Bericht über das Veterinärwesen (S. 43 u. s. w.) verwahrt sich Leisering dagegen, dass Virchow die Ansicht ausgesprochen habe, die im Milzbrandblut sich vorfindenden stäb- chenförmigen Körper seien Bluterystalle. Nicht Virchow, sondern er, Leisering, habe die bezüglichen Mittheilungen gemacht, an denen er noch festhalten müsse. Uebrigens bemerkt er, „dass alle Forscher hinsichtlich der Natur der stäbchenförmigen Körper noch im Kreise gegangen, und dass die neuesten Untersuchungen nicht gerade darnach angethan gewesen seien, das Dunkel zu erhellen.“ Dieses Dunkel wurde eigentlich schon einigermassen aufgehellt durch die Arbeit des genialen Prof. Julius Kühn zu Halle (Zeitschrift des Jandwirthschaftl. Centralvereins der Provinz Sach- sen, Mai 1864, Nr. 5), wenigstens wurde dort nachgewiesen, dass die sogen. Bakterien pflanzlichen Ursprungs sein müssten. Durch die, in vorliegendem Heft der Zeitschrift für Parasitenkunde ab- gedruckte, Arbeit Bender's dürfte leicht kein Zweifel über die wahre Natur der stäbehenförmigen Körper im Milzbrandblute mehr erhoben werden können. Referent glaubt, dass alle Diejenigen, welche die qu. stäbchenförmigen Körper für Bluterystalle ange- sehen haben, sich leicht eines Besseren hätten überzeugen können, wenn sie ihre frisch angefertigten Präparate erwärmt hätten; dann würde sicher eine Bewegung der vermeintlichen Crystalle nicht ausgeblieben sein. Zu der Bemerkung Leisering’s, dass Christot und Kiener „nun auch“ Bakterien bei der Rotzkrankheit aufgefunden Kurze Mittheilungen, 225 haben (l. c. S. 35 Zeile 29) ist zu sagen, dass schon vor Jahren Müller in Wien Bakterien im Blut rotziger Pferde, und vor Christot und Kiener, die ihre Untersuchungen im Recueil de med. veterin. 1868 No. 12 u. 1869 No. 2 publieirten, Zürn Glei- ches (cf. Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht Nr. 25, 18. Juni 1868) nachgewiesen haben. — Uebrigens müssen wir ferner Prof. Leisering vollständig Recht geben, dass, wenn man mit derselben „micrococeischen“ Aufmerksamkeit, mit welcher man bis jetzt pathologische Producte untersuchte, die Theile gesunder Thiere durchgemustert haben wird, man es als eine Merkwürdig- keit wird registriren müssen, wenn man keine Pilze gefunden. Denn unsere unmassgebliche Ansicht, die wir Niemanden aufdrängen wollen, ist, dass Pilze auch bei physiologischen Processen im nor- malen und gesunden Thierkörper eine Rolle zu spielen haben. Wir erinnern nur an Ptyalin, an Pepsin. Damit ist keineswegs zugestanden, dass gewisse specifische, zerstörend auf das Blut u. s. w. des Thierkörpers einwirkende Pilze, die mit physiologischen Pro- cessen nichts zu thun haben, nicht als Ursache gewisser Infections- krankheiten anzusehen seien. — Nach Berichten von Strerath (Mittheilungen aus der thier- ärztl. Praxis im preussischen Staate, herausgegeben von Müller und Roloff, 15. Jahrg. 31) ist die Uebertragung von Herpes tonsurans, welcher durch Trichophyton tonsurans bekanntlich her- vorgerufen wird, von Rindvieh auf Menschen vielfach vorgekommen. (Referent hatte zweimal Gelegenheit, Uebertragung derselben Flechte, welche bei Kühen an der unteren Bauchgegend sich ein- gestellt hatte, auf die Backen fauler Melkerinnen, die beim Melken aus Bequemlichkeit sich an den Bauch der Thiere angelegt hat- ten, zu beobachten.) LORE II. Literaturübersicht. 1) Gährung, Hefebildung, Desinfektion, allgemeine Gesundheitspflege u. s. w. G. Balsamo Crivelli e Leop. Maggi, Intorno alla produzione del Leptothrix. Estratto dai Rendi conti del Reale Istituto Lom- bardo. Serie II Vol. I Fasc. If. Milano 1868. Dieselben, Sulla produzione del Bacterium Termo Duj. e del Vibrio Bacillus Duj. Ebendas. Serie II Vol. I Fasc. VII. Mil. 1868. Dieselben, Sulla derivazione del Bacterium Termo Duj. e del Vibrio Bacillus Duj. dai granuli vitellini dell’ ovo di pollo. Eben- daselbst Serie II Vol. I Fase. IX. Mil. 1868. Dieselben, Intorno alle cellule del Fermento (Hefezellen). Lette nella seduta del 4 giugno 1868 del R. istituto Lombardo di scienze e lettere. Dieselben, Sulla produzione di alcuni organismi inferiori in pre- senza dell’ acido Fenico. Estratto dai Rendi conti del Reale isti-. tuta Lombardo. Classe di scienze matematiche e naturali. Mil. 1867, a Dr. G. Lindener, Königl. Preuss. Oberstabs- und Regimentsarzt, Andeutungen über die zur Verhütung von epidemischen Krank- heiten erforderlichen Maassregeln. Kriegerheil. Berlin, Juni 1869 Nr. 6. Achill. de Giovanni, Assist. alla Clinica Medica nella R. Uni- versita di Pavia,. Sopra il Fermento Morbifero. Fstratto dal Giornale la Rivista clinica del 1869. G. Balsamo Crivelli e Leopoldo Maggi, Sulla Produzione di alcuni Organismi inferiori. Estratto dalle Memorie del Reale Istituto Lombardo. Vol. X. I della Serie HT. Classe di Scienze matematiche e Naturali. Milano 1867. Literaturübersicht. DT 2) Parasiten des Menschen, Infektionskrankheiten u. s. w. B. H. Opitz, Beitrag zur Kaltwasserbehandlung bei Ileotyphus. Inaug.-Dissert. Jena 1869. John Murray, Report on the treatment of epidemie cholera. Calcutta 1869. R. Küchler, Einige Ansichten über die Entstehung der Cholera asiatica. Inaug.-Dissert. Jena 1869. M. A. Zundel, De la nature des Virus dans les maladies conta- gieuses. Resume des decouvertes les plus modernes notamment de celles de M. le Dr. Hallier. Lyon 1869. 3) Parasiten an Thieren. Senator Dr. Kirchenpauer, Neue Bryozoen. Separat- Abdruck aus dem Katalog IV des Museum Godeffroy. Hamburg 1869. R. Hartig, Mittheilungen über Pilzkrankheiten der Insekten im Jahre 1868. Dr. Bail, Ueber Pilzepizootien der forstverheerenden Raupen. Danzig 1869. 4) Parasiten an Pflanzen. F. Thomas, Dr., Oberlehrer an der Realschule zu Ohrdruf, Ueber Phytoptus Duj. und eine grössere Anzahl neuer oder wenig ge- kannter Missbildungen, welche diese Milben an Pflanzen hervor- bringen. Mit 1 Tafel. Sep.-Abdr. a. d. Zeitschrift für die ge- sammten Naturwissensch. Bd. 55. Halle a/S. 1869. M. Reess, Die Rostpilzformen der deutschen Coniferen. Halle 1869. Mit 2 Tafeln. IV. | Literarische Besprechungen, Fr. Thomas, Ueber Phytoptus Duj. und eine grössere Anzahl neuer oder wenig gekannter Missbildungen, welche Milben an diesen Pflanzen hervorbringen. Halle a/S. 1869. Mit 1 Tafel. In dieser fleissigen Arbeit findet man eine genetische Ueber- sicht über die den Gegenstand betreffende Literatur, eine Beschrei- bung der zahlreichen Missbildungen, welche Phytoptus an einer grossen Anzahl von Gewächsen hervorbringt, und einige Angaben über die Form- und Grössenunterschiede der Milben. Die Frage, ob die Thiere, welche so sehr verschiedene Missbildungen erzeugen, einigen wenigen oder sehr vielen Arten angehören, scheint wegen der im Ganzen geringen Formunterschiede noch eine offene zu sein. H. M. Reess, Die Rostpilzformen der deutschen Coniferen. Halle 1869. Mit 2 Tafeln. Wenn diese Arbeit auch noch zahlreiche bedeutende Lücken in der Morphologie, Physiologie und Systematik der betreffenden Rostpilze übrig lässt, so ist sie doch insofern eine recht dankens- werthe, als sie dem künftigen Bearbeiter dieser Pilzbildungen oder einzelner derselben als unentbehrliche Grundlage dienen wird. Man findet eine sorgfältige Benutzung der Literatur und einige neue Angaben über die Sporenbildung und Lebensweise. Die beigefügten Abbildungen von Chrysomyxa abietis Ung., von Aecidium conorum piceae Rss. und von Aecidium strobilinum (Aet. 5.) Rss. sind klar und einfach. \ Ueber den Inhalt geht folgende Uebersicht voran: Literarische Besprechungen. 229 Verzeichniss der Arten und Formen. I. Arten mit abgeschlossenem Generationswechsel. 1. Gymnosporangium fuscum (DC.) Oerst. 2. - clavariaeforme (J acq. DC.) Oerst 3: - conicum (Hedw.) Oerst. Il. Isolirte Teleutosporenformen mit directer Reproduction. 1. Chrysomyxa Abietis Ung. IlI. Isolirte Aecidien noch unbekannter Teleutosporenarten. A. Formen der Gruppe Peridermium Fr. (Rinden- und Nadelnbe- wohner). a) Sporenentwickelung ohne Zwischenstücke. 1. Aecidium elatinum A. et S. b) Sporenentwickelung ohne Zwischenstücke. Aecidium Pini (Willd.) Pers. c) Sporenentwickelung mit Zwischenzellen. Aecidium abietinum A. et S = columnare A. et 8. = coruscans Fr b. ‚Zapfenbevohnende bomen 6. Aecidium conorum Piceae Rss. fie - strobilinum (A. et 8.) Rss. IV. Isolirte Sporenformen unbekannter Teleutosporen. 1. Caeoma pinitorquum A. Br. Dr Abietis pectinatae Rss. Ueber die Einzelheiten sei noch Folgendes bemerkt. Der ab- geschlossene Generationswechsel, den Verf. z. B. für Gymnosporan- sium annimmt, ist natürlich eine blosse Voraussetzung, die an sich wenig Wahrscheinliches hat, selbstverständlich aber nicht ohne zahl- lose Kulturen und Beobachtungen angenommen werden durfte. Die Schimmel- und Hefemorphen hat Verf. ganz unberücksichtigt gelas- sen und einfach vorausgesetzt, dass solche nicht existiren. An Kul- turversuchen fehlt es überhaupt fast ganz. soweit es die Unter- suchungen des Verf. anlangt. Für Jodisoma rehabilitirt Verf., augenscheinlich mit Recht, wieder den älteren Gattungsnamen Gymnosporangium. Er lässt aber ausser Acht, dass seine ganze Nomenklatur nur eine vorläu- fige ist und dass man alle bisherigen Namen aufgeben müsste, so- bald sich herausstellt, dass die Uredineen ebenso wie die Ustilagi- neen Morphen von Sporomyceten oder Ascomyceten sind. dass sie also eine höhere Fruchtform besitzen, als die Uredineenfrüchte. Mit to Ct He 0 230 Literarische Besprechungen. einem näheren Eingehen auf die Systematik, insbesondere auf die Artenbildung und Artencharakteristik, wollen wir den Leser hier nicht behelligen. Wer diese Dinge braucht, der muss jedenfalls die Schrift von Rees selbst nachschlagen. Bei Besprechung der Gattung Chrysomyxa wird der fleissigen Untersuchungen Moritz Willkomm’s in demselben hochmüthi- gen und absprechenden Ton erwähnt, welcher dem Herrn Verf. überall eigen ist. Nicht besser geht es den Herren Professor Mün- ter in Greifswald und Professor Karsten in Wien. Alle Drei sind ältere und zehnfach erfahrenere Beobachter, als Herr Dr. Reess; derselbe hätte sich daher immerhin eines bescheideneren Vorgehens gegen Jene befleissigen dürfen, um so mehr, als in Bezug auf den von Jenen behaupteten Zusammenhang von Chrysomyxa und Arthro- botrys bereits eine eingehende Besprechung und Kritik*) erschienen ist, was Verf. verschweigt. Den Micrococcus der Chrysomyxa, welchen Willkomm ent- deckt hat, verwechselt Herr Reess, sei es in Folge eines mangel- haften Mikroskopes oder mangelhafter Beobachtung, mit Oeltrépf- chen und nun dreht er den Spiess um, indem er Willkomm die- ser Verwechselung beschuldigt. — Der Micrococcus der Chryso- myxa ist bis jetzt einzig und allein durch Willkomm beobachtet worden; wenn daher Verf.**) von »diesen Autoren« spricht, so liegt darin eine tendentiöse Unwahrheit, denn der Leser wird dadurch veranlasst, die angebliche Verwechselung dieser Oeltrépfchen mit Pflanzenzellen auch auf andere Forscher zu beziehen. Jolt A. de Giovanni, Sopra il Fermento morbifero. Estratto dal Giornale la Rivista Clinica del 1869. Diese Arbeit ist im höchsten Grade wichtig bezüglich einiger -darin enthaltenen Thatsachen, und wir wollen uns auch lediglich auf Mittheilung einiger dieser Beobachtungen beschränken, ohne auf die allgemeinen Gesichtspunkte einzugehen. Verf. sah innerhalb der Blutkörper des Menschen winzige zel- lenartige Körperchen, welche zuletzt jene verlassen, dadurch frei werden und stark anschwellen, nachdem sie schon: innerhalb der *) Hallier, Phytopathologie. Leipzig 1868. S. 280—282. **) §, 80 Z. 5-7 v. u. Literarische Besprechungen. 231 Blutkörper ihren Durchmesser bedeutend vergrössert hatten. Zuletzt sind sie zum Theil sehr gross. Sowohl ausgewachsene als auch kleinere vermehren sich kettenförmig. In der Blatternlymphe fand Verf. ebenfalls sehr kleine Körper, welche genau denselben Ent- wickelungsgang durchmachen. Aehnliches beobachtete er bei mehre- ren anderen Krankheiten. H. G. Balbiani, Etudes sur la maladie psorospermique des vers a soie. Extr. du journal de l’anatomie et de la physiologie de M. Ch. Robin. Paris 1867. In mehrfacher Beziehung ist diese Arbeit von der grössten Be- deutung. Verfasser hält die Körper des Cornalia, welche die Gat- tine der Seidenraupe erzeugen, für Psorospermien. Dieselben ent- stehen aus winzig kleinen Cocci oder Zellen von kugelrunder Ge- stalt, welche allmählig anschwellen und sich in die Länge strecken“). Die von Lebert (1858) entdeckte und neuerdings von Pasteur bestätigte Zweitheilung der Körper des Cornalia (des Arthrococcus) wird, offenbar mit Unrecht, von Balbiani bestritten. Der Parasit wird vom Verf. im Ei und durch alle Generationen hindurch nach- gewiesen, es hat daher Balbiani auch in diesem Punkt die Priorität für sich. Sogar im zellenfreien Embryo (Ei) findet Bal- bıani die erwähnten Körper; bis zur Ausbildung des Magens, welche später erfolgt als die des oberen und unteren Darmtheils, sah er die Pflanzenzellen (Psorospermies) nur in den Zellen des vitellus. Dann folgt (S. 6) folgende schöne Beobachtung: „a me- sure que les substances albuminoides et graisseuses du vitellus sont absorbées par les parois de l’estomac, pour les besoins de l’accrois- sement de l’embryon, les corpuscules devenus libres se trouvent en contact immediat avec la membrane épithéliale qui tapisse la face interne’ de cet organe“. Nun dringt der Parasit in die Magenwand ein und vermehrt sich ausserordentlich. Er zeigt sich später in allen Organen, sogar: „dans l’interieur des éléments de la glande sexuelle“. In der Magenwand und Darmwand, besonders in der Epithelialschicht, in der ,,tunique musculeuse‘“‘ hat der Parasit die *) Im Frühjahr 1868 wurde bekanntlich, unabhängig von Balbiani, diese Entstehungsweise des Arthrococcus aus dem Micrococcus nachgewiesen, zugleich aber auch die Theilung des ausgewachsenen Arthrococcus. Vergl. Hallier, Untersuchung der pflanzlichen Parasiten, welche die unter dem Namen Gattine bekannte Krankheit der Seidenraupen erzeugt. 232 Literarische Besprechungen. Gestalt langer Züge oder Ketten, parallel den Fasern*). Schon das Meconium, wodurch die auskriechende Raupe das Laub be- schmutzt und dadurch die Verbreitung der Krankheit durch In- fection befördert, ist oft von Parasiten erfüllt. Seitdem ist be- kanntlich nachgewiesen worden, dass der (pflanzliche) Parasit ausser- dem durch das Futter in die ganz gesunde Raupe eingeführt werden kann**), Mit Recht polemisirt Balbiani gegen Pasteur, wel- cher die Körper des Cornalia- für Formelemente der Raupe hält. Er beruft sich auf die Arbeit von Vlacovich, welcher durch Al- kalien, Säuren und Jod die pflanzliche Natur des Arthrococcus der Gattine nachwies. Abgesehen davon hat aber Lebert schon vor 11 Jahren, unterstützt von Nägeli, die Vermehrung der aus- gewachsenen Arthrococcus-Zellen durch Zweitheilung (Quertheilung). und damit die Pflanzennatur, nachgewiesen. Neuerdings ist der nämliche Beweis von Haberlandt und Hallier geführt worden und Beide haben unabhängig von einander die Entstehung des Ar- thrococcus aus kleinen Kernen (Micrococcus) beobachtet. Bekannt- lich beobachteten Bichamp und Hallier unabhängig von einander die Keimung der ausgewachsenen Corpuscula und Letztgenannter erzog aus den Keimlingen Formen, welche zu Pleospora herbarum gehören. Die Entstehung der corpuscula aus kleinen Kernen wird von Balbiani (S. 16) bestätigt, indem er sehr deutlich sagt: „Ils naissent par genese directe au sein du blasteme germinatif dans lequel se developpent les corpuscules, sous la forme de petites masses trés pales, d’abord arrondies, mais qui passent peu a peu a la forme ovalaire‘“. Das stimmt vollkommen mit den Angaben der deutschen For- scher und Balbiani gehört auch hierin die Priorität. Zu den Psorospermien rechnet Balbiani den Parasiten, weil derselbe bei gewisser Einstellung des Mikroskops eine Längslinie zeigt, welche beide Pole verbindet. Leydig hat dies für einen rein optischen Effekt erklärt und wir glauben ihm beistimmen zu müssen. Die Linie ist, wie Balbiani selbst sagt, sehr schwach sichtbar und kann auf alle Fälle daraus nur eine entfernte Aehnlich- keit dieser Pilzzellen mit Psorospermien erschlossen werden. HH, *) Vergl. Heft 1 Taf. I. xt) Hallver a. 4.20. Literarische Besprechungen. 233 G. Balsamo Crivelli e Leop. Mazzi, Sulla produzione di al- cuni organismi inferiori. Estratto dalle Memorie del Reale Isti- tuto Lombardo. Vol. IX. I. della Serie III. Milano 1867. Diese Arbeit enthält die interessante Beobachtung, dass kleine Cocci, welche Verf. zu Bacterium termo Duj. zieht, aus blasen- formigen Pilzzellen, ähnlich dem Cryptococcus, entlassen werden, sich durch Zweitheilung vermehren, abermals zu grossen Zellen anschwellen und zuletzt wieder ihre Cocci entlassen. Verf. hat einen sehr zweckmässigen Isolirapparat angewendet, welcher statt der Luftpumpe mit einem Gasometer versehen ist. H. R. Hartig, Mittheilungen über Pilzkrankheiten der Insecten im Jahre 1868. Verfasser giebt nach mehrjährigen Beobachtungen wichtige Auf- schlüsse über einige Pilzkrankheiten. Wir heben das Wichtigste daraus hervor. Für Empusa weist derselbe die Keimfähigkeit der grossen schlauchförmigen Zellen (Sporen der Autoren) nach, welche dieser Pilz bekanntlich an der Oberfläche von Insectenleichen ab- schnürt. Die Zellen treiben auf feuchtem Boden an der Luft einen oder mehrere dünne, sich verzweigende Keimschläuche, was Ref. beiläufig bestätigen kann. In einer Flüssigkeit dagegen sah Verf. aus dem Plasma der grossen Zellen Micrococeus hervorgehen. Dieser Micrococcus vermehrt sich durch Zweitheilung. Bisweilen bildeten sich aus den Kernen (Cocci) grosse Hefezellen (Cryptococcus), welche Verf. mehrfach keimen sah. Oft entwickelt der Micrococcus sich bacterienartig, indem die Individuen lebhafte Bewegung zeigten. Zweitens giebt Verf. einen kurzen Bericht über seine auf die Kiefern- spinnerkrankheit bezüglichen Untersuchungen. Ganz objectiv und unparteiisch werden die von ihm aufgefundenen Facta neben die analogen Arbeiten von Bail, Bary und Hallier gestellt. Die Sporen der von den Insecten mit den Nadeln verzehrten Pilze bilden im Darmkanal Micrococeus aus; dieser durchdringt die Darmwand und gelangt so in’s Blut. Im Blute findet man den Micrococcus sowohl frei als im Inneren der Blutkörper. Bei Auflösung der Blutkörper bleibt ein Ballen Micrococcus zurück, „welcher nun die gestreckte Form der Bacterien ammimmt und eine scheinbar völlig willkührliche Bewegung erhält“. Die Krankheit besteht in saurer Gährung, zuletzt Fäulniss. Auch den Arthrococeus beobachtete Verf. („grössere rund- 234 Literarische Besprechungen. und eiförmige Pilzzellen“) und bemerkt‘, dass in diesem Fall (im- mer?) die Fäulniss fehlt. dagegen die Hefezellen unter Oberhaut, auch schon im Blute, keimen und ihre Keimfäden die sogen. Cylin- derconidien abschnüren. Verf. unterscheidet Infection von aussen durch die Haut und von innen durch den Darm. Die Micrococcus-Hefe kann alle Generationen durchwandern und macht dadurch die Krankheit erblich. Auch die Gattine wurde vom Verfasser beobachtet. Er fand Pleospora auf Kiefernadeln. Die Pilze kommen mit dem Futter in den Darmkanal wie bei der Muscardine und der Micrococcus dringt in das Blut ein. Vom Micrococcus im Blut und vom Arthro- coccus (Figg. 28. 29) giebt Verf. einfache verständliche Abbil- dungen. Selten sah Verf. den Pilz auf der Raupe zur Mycelent- wickelung gelangen, fand jedoch bei Lophyrus rufus das Mycel die Haut durchbrechen und Aérosporen sowie Schizosporangien hervor- bringen. Es folgt schliesslich eine Uebersicht über die Verbreitung der verschiedenen Pilzkrankheiten an einzelnen Forstinsekten durch die Forstdistrikte. H. Dr. Bail, Ueber Pilzepizootien der forstverheerenden Raupen. Mit 1 lithogr. Tafel. Danzig 1869. Nachdem Verf. über die bei verschiedenen Raupen auftretende Stubenfliegenkrankheit berichtet hat, kritisirt er Herrn Dr. Har- tig’s Promemoria ,,Ueber einen in den Raupen des grossen Kie- fernspinners schmarotzenden Pilz, Cordyaps militaris.“ Verfasser fand ,,auf den im Freien‘ gefundenen, in Cultur ge- nommenen bepilzten Insekten niemals Botrytis Bassiana und 1855 und 1860—68 auch niemals die von De Bary gezeichnete Vor- form der Cordiceps militaris“. Er hält die von ihm gezogene Isa- ria für Isaria farinosa. Da es ihm niemals gelang, daraus Cordy- ceps zu erziehen,‘ so schliesst er mit Recht, dass die im vorigen und gegenwärtigen Jahr am häufigsten auf dem Kiefernspinner vor- kommende Isaria nicht zu Cordyceps gehöre und dass Hartig, durch de Bary’s Arbeit verleitet, den Pilz unrichtig bestimmt habe. Bekanntlich ist seitdem der Nachweis geführt worden, dass der betreffende Pilz als Stammbildung zu Fumago salicina gehört *). *) Vgl. Heft 1. S. 18—66 dieser Zeitschrift. Literarische Besprechungen. 235 Bail macht auf die Aehnlichkeit der Isaria mit der Stammbildung eines Penicillium aufmerksam, die auch Ref. bezeugen kann. Man hätte nach der alten Nomenklatur diese Stammform mit ebensoviel Recht in die Gattung Coremium einreihen können. Ausser dieser sehr verbreiteten Isaria fand Bail in einzelnen Fällen diejenige der Cordyceps militaris. Die Hefebildungen im Innern der Raupe, welche Hartig und Hallier unabhängig von einander beobachtet haben, hat Bail übersehen und in Folge dessen ist er bezüglich der Schlussfol- gerungen über die Verbreitung und den Ausgang der Pilzepidemie weniger glücklich. Er dehnt sogar die im Regierungsbezirk Dan- zig gemachten Erfahrungen auf Pommern aus, während er Hartig den Vorwurf macht, nur von weither ihm zugesandte, vielleicht unterwegs gestorbene Raupen untersucht zu haben. Hartig und Hallier haben sich aber im Forstrevier Putt im Freien von der weiten Verbreitung der Epidemie selbst über- zeugen können. Ihr eleichlautendes Urtheil ging dahin, dass eine allgemeine Pilzepizootie beim Kiefernspinner vorherrsche, der dieser Raupe früher oder später in der raschen Verbreitung Einhalt thun. würde, ohne dass sich der Zeitpunkt genau angeben lasse. Natür- lich musste das Urtheil für verschiedene Reviere verschieden aus- fallen. Im städtischen Forstrevier Usedom hat der Kiefernspinner in Folge der Pilzepizootie so rasch abgenommen, dass diese Kaupe nach officiellen Mittheilungen im laufenden Sommer gar keinen Schaden mehr angerichtet hat, wogegen in anderen Revieren der Raupenfrass noch mehr oder weniger beträchtlich ist. H. Giornale di Anatomia, Fisiologia e Patologia degli Animali compi- lato da L. Lombardini e P. Oreste dell’ universita di Pisa con laiuto dei professori A Cristin (Torino), S. Falconio (Napoli), G. Generali (Modena). Pisa Tipografia Nistri. Anno I. Fascicolo I—III. Gennaia —- Giugno. 1869. Ein neues Zeichen der wissenschaftlichen Regsamkeit in Ita- lien! Die Zeitschrift scheint vorzugsweise dazu bestimmt zu sein, die deutschen, englischen und französischen Forschungen in Italien einzuführen, denn die Originalarbeiten sind in Bezug auf den Raum und Inhalt nicht grade im Uebergewicht. Von parasitelo-. logischem Interesse enthalten die 3 ersten Hefte Folgendes: 236 Literarische Besprechungen. 1) Originalarbeit: Sul demodex folliculorum e sulla dermatosi che determina nell’ uomo e nel cane. — Lettera del prof. P. Oreste al prof. Schrön. (Im ersten und zweiten Heft.) 2) Literatur: Studj sperimentali sulle trichine e la trichinosi ne’ loro rap- parti con la zoologia, l’igiene e la patologia. Del prof. G. Colin. (Recueil de Médecine Vétérinaire Nro. 10. 1868), p. 30. La malattia da Echinococco nelle pecore, del prof. Dr. May in Veihenstepan (Oesterreich. Vierteljahrsschrift für wissensch. Vete- rinärkunde Bd. 30.) p. 35. Deserizione di una specie di ‘Trematode dell’ Elefante Indiano con avvertenze intorno alle sue affinita. Di T. Spencer Cobbold. (Quarterly Journal of microscopical Science N. 33 Jan. 1866.), p. 47. Ricerche intorno alla setticoemia ed ai caratteriche la distin- guono dalla malattia carbonchiosa. Del Dott. Carlo Davaino. (Comptes Rendus de l’Acad. des science. N. 4. 25. Jano. 1869). p. 49. Sulla virulenza del sangue d’animali affetti da malattie car- bonchiose. Nota del Sig. Lontot. p. 55 (Romles Rendus de l’Acad. des Sciences. 1. Fevr. 1869). Di una nota del Sig. Sanson sopra le condizioni della viru- lenza carbonchiosa. (Comptes Rendus de l’Acad. des Sciences 8 Febr. 1869), p. 56. Porrigo in una vacca: per Anaker. (Der Thierarzt Nr. 1. Genuaio 1869), p Malattia da Echinococei per C. Harms (Wochenschrift für Thierheilkkunde und Viehzucht von Adam und Probstmayr 1. 2. 3. 4 Genuajo 1869) p. 89. Su i Psorospermi del fegato dell’ Uomo e dei Cossigli (Hand- buch der patholog. Anatomie. 2. Lieferung. Berlin 1869. 8. 514), p. 101. Su i psorospermi del fegato per L. Stieda (Gazette médicale de Paris) p. 105. Vi & nel porco una malattia da Psorospermi? per R. Virchow (Archiv für pathol. Anat. ete.) p. 107 Della virulenza e specificita della tuberculosi. Del prof. Vil- lemain (Recueil de Med. Veter. Nov. 1868 e Febr. 1869), p. 118. Malattia da psorospermi nelle pecore per Leisering (Vir- chow’s Archiv), p. 162. Interno alla storia dello soiluppo dei Psorospermi, per il dott. Literarische Besprechungen. 237 Waldenburg (Virchow’s Archiv 40. Bd. 3.—4. Heft, Oester. Vierteljahrsschr. 29. Bd. 2. Heft 1868), p. 164. Un caso’ di malattia da psorospermi nella pecora per il dott. Carlo Dammann (Virchow’s Archiv 40. Bd. 1.—2. Heft, Oesterr. Vierteljahrsschr. 29. Bd. 2. Heft 1868) p. 165. Una Enzoozia fra i bovini fin’ora non conosciuta esattemente, per il prof. Vogel (Repertorium der Thierheilkunde von Prof. Hering. 2. Heft 1859), p. 166. La teoria dei germi dell’ atmosfera del D. Hughes Bennet (The Veterinarian Anno 1868. Nr. 484. 485. 486. 487. 488), p. 177. Ueber die Ausstattung der Zeitschrift sei noch Folgendes be- merkt. Druck und Papier sind gut. Abbildungen spärlich vertreten, aber gut ausgeführt in Steindruck und Holzschnitt. Das Format ist das übliche Octav-Format. Bei fremdländischen, d. h. nicht italienischen Citaten sind zahl- reiche Druckfehler bemerklich. Wir wünschen dem Unternehmen um so aufrichtiger einen günstigen Erfolg, je mehr wir von der Schwierigkeit desselben überzeugt sind. H. V. Anzeigen. Auf Präparate von Pilzen der Infectionskrankheiten sind Be- stellungen in so grosser Anzahl bei uns eingetroffen, dass wir nicht alle haben befriedigen können. Wir werden uns bemühen, allen an uns gemachten Anforderungen nach der Reihenfolge der Be- stellungen zu entsprechen und bitten die Herren Auftraggeber bis dahin um Geduld. Phytophysiologisches Privatinstitut. E. Hallier. J. Zorn i Original - Abhandlungen. Untersuchungen über die Natur der Gährungs- erscheinungen. Von Dr. Oscar Kloizsch. I. Hauptabschnitt. Was ist Gährung? Bei gewissen flüssigen organischen Stoffen wird unter Hinzu- tritt gewisser Bedingungen ein Prozess eingeleitet, den man Gäh- rung nennt. In der Wissenschaft wie im practischen Leben werden mehrere Arten von Gährung unterschieden. Eine der bekanntesten ist die beim Branntweinbrennen vor- kommende geistige Gährung. Um in der Brennerei den Prozess der Gährung hervorzurufen, bringt man die Maische, d. h. ein Gemenge von gekochten, ge- keimten und anders mechanisch veränderten Stärkemehlsubstanzen, vach ihrer Abkühlung in einen Bottig, setzt unter bestimmten Tem- peraturgraden eine entsprechende Quantität Hefe hinzu und lässt die Mischung bei Erhaltung der Temperatur ruhig stehen. Nach kurzer Zeit charakterisirt sich der eingetretene Gährungsprozess in folgender Weise: An der Oberfläche der Flüssigkeit entsteht ein weisser Schaum, der darauf hindeutet, dass sich Gase entwickeln; es beginnt ein lebhaftes Steigen und Fallen der Masse, Substanzen der Maische, die sich Anfangs gesenkt hatten, kommen an die Oberfläche, bilden le, Bi. 16 940 Ooktowsechs eine Decke und der practische Techniker kann aus den Modifica- tionen dieses Vorganges die daraus resultirende Ausbeute an Spi- ritus vorherbestimmen. Langsames Steigen und schnelles Fallen ist eine giinstige Indication; viel Schaumerzeugung deutet auf einen geringen und ein Aufwallen unter der Decke auf einen schlechten Ertrag. : Unter entsprechenden Umständen kann die geistige Gährung erfahrungsgemäss auch in die s. g. saure übergehen. Andere Gäh- rungen kommen bei der Brotbereitung u.s. w. vor. Auch die Fäul- niss und Verwesung ist ein Gährungsprozess. Es unterscheidet sich die Verwesung dadurch, dass bei dieser, die nur langsam von stat- ten geht, Salpetersäure, bei der Fäulniss, die schnell verläuft, Am- moniak entwickelt wird, wie solches Reichardt in seiner Agri- cultur-Chemie gründlich nachgewiesen hat. Als Hauptbedingung aller Gährungsprozesse giebt sich zu er- kennen, dass sie nur durch die Einwirkung der sogenannten Fer- mente (Gährungserreger) hervorgerufen werden können, wenn gleich- zeitig die übrigen Bedingungen ihrer Verwirklichung vorhanden sind. Seit der frühesten Zeit, in welcher man den Ursachen der Gährungserscheinungen nachforschte, glaubte man, eine generatio spontanea annehmen zu dürfen. Pasteur wurde aber durch einen, obschon negativen Versuch darauf hingewiesen, dass sich die Keime der Gährungsmotoren bereits in der atmosphärischen Luft vorfinden. Deshalb konnte auch das, was für die Annahme einer genera- tio aequivoca sprechen sollte, von gelehrten Forschern nicht als begründet erachtet werden. Auf Seiten der generatio spontanea stehen: Pouchet, Notes sur les protoorganismes, végétaux et animeaux, nes spontanement dans Vair artificiel et le gaz Oxygene. Compte rend. T. XVII. 1858 Nr. 25 p. 979—82. Pouchet et Houzeau, Expériences sur les generations spontanées. Ibid. p. 982—84. Gaultier de Claubry, Note relative aux generations spontanées des vegetaux et des ani- meaux. Tit. XIVIL. 1859 p. 334—36. Gaz. med. de Paris 1859 Nr. 9 p. 141—42. Gientowsky, Sur mes preuves en favenr de la ge- nération premiere. Nouy. per T. 10, 1859 p. 286—87. Pasteur stellte seinen Versuch in folgender sinnreicher Weise an: Er nahm 4 Glaskolben, liess längere Zeit Wasser darin sieden und schmolz sie noch während des Kochens zu. Die erste liess er nach erfolgter Eröffnung !/, Stunde hindurch in der Stube stehen; mit der zweiten that er dasselbe auf der Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 241 Strasse, mit der dritten auf dem Felde und mit der vierten auf einem Berge in der Schweiz. Nach dem Verschluss liess er sie einige Zeit ruhen. Bei der Wiedereröffnung fanden sich in der ersten die meisten Sporen, in der zweiten weniger, in der dritten noch weniger und in der vierten gar keine. Mir scheint nun folgender, von mir selbst angestellter Versuch darzuthun, dass die hier erwähnten Gährungstypen durch mikrosko- pische Pilze hervorgerufen werden. Ich nahm 8 Reagenzgläser, in jedem 1 Gramm Fleischextract und 10 Gramm Wasser, liess sie sämmtlich in demselben Zimmer, was nicht zu solchen Culturen diente, offen stehen und besäete sie mit reifen Sporen von Penicillium crustaceum. Zwei Gläser mit gleichem Inhalt an Fleischextract und Wasser stellte ich dort auf, ohne sie zu besäen. Nach Verlauf von 3 Tagen fand ich bei genauer Besichtigung in dem ersten der Gläser grosse Mengen der als Bacterien, Vibrio- nen u. s. f. bezeichneten Formen, die ich für Pilzbildungen halte, auch keimende Sporen, die dann an der Oberfläche fructificirten. Eine dreimalige Wiederholung dieses Versuchs hatte immer denselben Erfolg. Dies geschah aber auch bei den nichtbesäeten, wenngleich erst nach längerem Verlaufe und nicht in dem reichen Maasse, wie bei den besäeten, was sich durch die stets in der Luft vorhandenen Sporen erklärt, wie Duclaux bereits andeutet: Sur la germination des corpuscules organises qui existent en suspension dans l’atmo- sphére. Comptes rendus T. LVI. 1863 p. 1225—1227. In dieser Schrift berichtet der Autor, er habe die Schimmelsporen der atmo- sphärischen Luft in weinsteinsaurem Ammoniak mit Zuckerwasser keimen lassen und verschiedene, ihm unbestimmbare Pilziormen erhalten. Nach Liebig überträgt sich die chemische Molecularbewegung gewisser Substanzen auf andere dazu geeignete, die in einer gäh- rungsfähigen Mischung zugegen sind. Somit scheint ihm die Gäh- rung nur ein rein chemischer Vorgang zu sein. Dagegen behauptet Schwann, dass die atmosphärische Luft von Pflanzenkeimen und Infusorien bald mehr, bald weniger ge- schwängert sei und dass diese, wenn sie einen geeigneten Boden finden, sich in diesem ansiedeln und die mit ihrer Vegetation verbun- denen Veränderungen desselben hervorrufen, ihn in Gährung setzen. Gar 249 0. Klotzsch. Pasteur stimmt insofern mit dieser Ansicht überein, setzt aber das Hauptgewicht auf Infusorien. Bei der Buttersäuregährung entstehen nach ihm gerade Stäb- chen, die oft an ihren Enden gekrümmt sind. Sie bewegen sich sehr schnell und man findet sie häufig zu Gruppen vereinigt. Am schnellsten vermehren sie sich im Zuckerwasser mit einem Zusatze von Ammoniak und verschiedenen Phosphaten; Oxygengas tödtet sie, wogegen sich die Kohlensäure neutral verhält. Er erklärt, dass die faule Gährung erst nach 24 Stunden eintrete, wobei sich nach ihm meist Monas crepusculum (einzellige Gebilde) und Bacte- rium termo (langgestreckte Zellen), die sich zu Gruppen bilden und central lagern, zu erkennen geben. Nach Hoffmann besteht die Hefe aus Wandelformen von Oidium, Monilia, Torula, die auf Früchten vegetiren, weshalb auch Weinbeeren Gährungsprozesse einleiten können. Alle Brandpilze sollen — nach ihm — Hefebildungen veranlassen. Aus Bierhefe soll Penieillium glaucum, aus Branntweinhefe sowohl dieses als auch Mucor racemosus entstehen. Um zu klaren Ueberzeugungen zu gelangen, stellte ich wieder eigene Versuche an. Ich bediente mich stets dazu der Instrumente von Gundlach in Berlin, die ich im Vergleiche mit anderen für die besten halte. Zunächst wurde folgendes Experiment von mir in Ausführung gebracht: Auf den Objecttisch legte ich statt des gewöhnlichen Trägers eine Spiegelglasplatte, auf welche ich einen unten abgeschliffenen Glaseylinder stellte, der oben mit einer dünnen, enganschliessenden, auch den Tubus des Mikroskops umfassenden Kautschuckmembran geschlossen war. Auf die Glasplatte brachte ich von mir selbst destillirtes Was- ser, weil das käufliche für diesen Zweck nicht rein genug ist, dann brachte ich in dieses einige Sporen von Penicillium erustaceum Fr., deckte das Präparat mit einem Deckglase zu und konnte, ohne dass ein Zusatz von Wasser nöthig wurde (bei 600- bis 1150maliger Ver- srösserung mit Immersion), die darauf gesäeten Sporen 8—12 Tage hindurch ununterbrochen beobachten. Die Sporen zeigten sich als runde, lichtbrechende Körper, welche bei einer Zimmertemperatur von 20—30° R. Folgendes manifestirten. Bis zum 2. und 3. Tage quollen sie stark auf und zeigten eine doppelte Contur, dann zog sich der Inhalt derselben zusammen, die Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 245 Hüllen platzten und entleerten eine Menge kleiner lichtbrechender Körperchen, von nicht ganz runder Beschaffenheit. die eine eigen- thümliche. von der Molecularbewegung verschiedene Bewegung an- nahmen. Die Molecwarbewegung wurde 1830 von Robert Brown ent- deckt. Man findet’sie bei microscopischen Körperchen, die in einer für sie geeigneten Flüssigkeit umherschwimmen. Am leichtesten erkennt man sie, wenn man chinesische schwarze Tusche auf einen Objectträger, mit hinreichender Feuchtigkeit verdünnt, auf- trägt. Die feinen Kohlentheilchen nehmen dann eme vibrirende Bewegung an, die zwar den Anschein der Spontaneitat hat, aber durchaus kein Merkmal der Willkührlichkeit kundgiebt, wie es bei den Infusionsthierchen der Fall ist. Die Sporen der Algen und Pilze bewegen sich nach der Aussaat fast planetarisch in con- centrischer Spirale um einen nicht fixirten Punkt, bis sie end- lich zur Ruhe kommen. Dies kann man leicht an den Schwärm- sporen der Vaucheria, des Oedogonium u. s. f. wahrnehmen. Bei einem obenerwähnten Versuche wuchsen die ausgesäeten Sporen im Umfange und nahmen eine mehr eiförmige Gestalt an, die sich nach und nach weiter herausbildete. Später sah ich, dass sich die ovalen allmiihlig abschnürten, theilweise dann noch zusammen- hängend blieben, theils auseinanderfielen: Die abgeschnürten Neu- bildungen waren anfangs rund, nahmen aber in einer durch die Temperatur bedingten Zeit ebenfalls eine ovale Gestalt an. Durch fortgesetzte Theilung entstanden Reihen und selbst an einander sruppirte Verzweigungen. Unter eigenthümlich modificirten Um- ständen, besonders wenn man dem Gährungssubstrate Zucker und Ammoniak oder Stickstoff zusetzt, geht der Prozess nicht so regel- mässig von statten; die Zellen werden bisweilen von einer schlei- migen Masse umgeben, die oft den Charakter einer äussern Mem- bran annimmt, zuweilen strecken sie sich mehr und bleiben in der Zweitheilung. Ihre Bewegung, bei der bald das eine, bald das an- dere Ende vorangeht, ist dann nur von kurzer Andauer. Bisweilen zeigen sich auch Fadenbildungen, während im Innern der äussern Membran Zellbildungen sichtbar werden. Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich, dass hier noch Vieles dunkel ist, was erst von dem Fortschritte der Zeit seine Aufklärung zu erwarten hat; mir scheint aber, dass die hier wahrgenommenen Bildungen identisch sind mit denen, welche Pasteur mit den Na- men Vibrio lineola. Bacterium termo, Spirillum, Monas crepuscu- 244 0. Klotzsch, lum u. s. w. bezeichnet hat und dass diese Formen in einander übergehen, weshalb ich sie stets, wenn ich sie so bezeichne, nicht als Thiere, sondern als polymorphe Pilzformen auffasse. Besonders bei der faulen Gährung sind die Uebergangsformen deutlich wahr- zunehmen. Ebenso sah ich aus diesen Gährungselementen Lepto- thrisebildungen hervorgehen, welche mit obigen in inniger Ver- bindung stehen. Bemerkenswerth scheint mir noch, dass sich bei jeder neuangestellten Penicillium-Aussaat von vornherein, neben den Sporen derselben, schon sog. Bacteriumbildungen vorfanden. Mag sich nun die Sache verhalten, wie sie wolle, so steht wenigstens fest, dass die erwähnten Bildungen mit den zu Tage tretenden Gährungsprocessen im innigen Zusammenhange stehen. Ich verstehe daher unter dem Ausdrucke „Gährung‘ einen Vor- sang, bei welchem durch die Einwirkung von Pilzformen auf or- ganische Substanzen in diesen ein eigenthümlicher Zersetzungsprocess hervorgerufen wird. Dass Fäulniss durch Einwirkung von Pilzen hervorgerufen wird, beweist auch F. Mosler in seiner Abhandlung: ,,Mykologische Studien am Hühnerei“, Virchow’s Archiv Bd. XXIX, 1864, 8.510 bis 525. Dieser fand in einem Ei Pilzvegetation und bewies ex- perimentell, dass diese von Aussen eingedrungen sei. Er spricht ferner die Ansicht aus, dass die verschiedenen Arten der Fäulniss mit den verschiedenen Entwickelungsstufen der mikroskopischen Schmarotzerpilze im Causalnexus stinden. W. M. Gunning et Donders, ,,Over schimmelvorning in eyeren“, Donders Onder- zockingen. Utrecht 1854—1855. p. 287—301, geben eine historische Uebersicht von Schimmelbildungen in Eiern und theilen hierauf ihre eigenen darauf bezüglichen Beobachtungen und Erfahrungen mit. Diese erläutern sie durch eine Tafel mikroskopisch gewonnener Ab- bildungen, und schildern den Erfolg ihrer Ansteckungsversuche durch künstliche Uebertragung von Schimmelbildungen. Schliesslich machen sie noch auf den Einfluss aufmerksam, den die feuchte Atmosphäre auf die Entwickelung der Parasiten ausübt. Um Wiederholungen und eine zu grosse Anhäufung des Ma- terials, als dem Zwecke dieser Schrift nicht gemäss, zu vermeiden, glaube ich hier Vieles übergehen zu dürfen, was in einer grösseren Abhandlung über den qu. Gegenstand erwähnt zu werden verdient. Im Verlaufe meiner weiteren Forschungen fand ich bei Indi- viduen, die von gewissen ansteckenden Krankheiten befallen waren, in der Haut und im Blute stets Hefenelemente verschiedener Art. Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 245 Die Culturversuche, welche ich unter mannigfachen Bedingungen damit anstellte, werde ich später darlegen. Hier will ich nur Fol- gendes anführen: Albers, „Pathologie“. Bonn 1842, definirt das Contagium als denjenigen Krankheitsstofl, welcher, durch Berührung oder Einimpfung auf andere Organismen übertragen. in diesen die- selben Krankheitsprocesse zu Tage fördert. Von den Miasmen unterscheidet er die Contagien dadurch, dass jene unter entsprechenden Bedingungen durch das Medium der at- mosphärischen Luft übertragen werden, was bei diesen nicht der Fall ist. Er hält das Substrat des Contagiums für parasitisch, ins- besondere, da die Möglichkeit, die Evolutionsproducte desselben abwaschen zu können (z. B. bei der Syphilis), vorhanden ist. Natürlich kann ein Contagium den entsprechenden Krankheits- process bei einem Individuum nur hervorrufen, wenn dieses seiner Natur nach für die Ansteckung empfänglich und sein Reactions- vermögen nicht überwiegend ist. Dem Contagium. welches sich nur auf specielle Fälle beschränkt. kann man entgehen, wogegen das Miasma epidemischer Natur ist und um so mehr an Intensivität abnimmt, je weiter es der räumlichen und zeitlichen Ausbildung nach von seinem Ursprunge entfernt ist. Der Ansicht mehrerer seiner Zeitgenossen. dass die Pilze selbst Ansteckungsstoffe sind, kann Albers nicht beipflichten. sondern hält sie mit Anderen nur für die Träger der Krankheitsursachen, wogegen Klencke, dessen Ansicht ich theile, behauptet, dass die miasmatischen und contagiösen Krankheitsformen nur durch die in ihrer Form ausgeprägte Natur der Pilze bedingt werden. Ich fühle mich veranlasst. demnach folgende Bemerkungen hin- zuzufügen: Wir können uns natürlich nur an das halten, was sich dem Auge ‘des aufmerksamen Beobachters bei der Untersuchung wirklich zu erkennen giebt. und müssen daher von allen imaginären, unsicht- baren Krankheitsstoffen völlig absehen, wenngleich nicht zu leugnen ist, dass Krankheiten auch durch rein dynamische Einwirkungen erzeugt werden können. Da aber die einwirkenden Spannungs- intensitäten oder Kräfte wieder von Stofisubstraten ausgehen, so kaun auch hier von abstracten Krankheitsursachen nicht die Rede sein. Selbst der die Verdauung störende Kummer kann so abstract und wesenlos nicht sein. wie es bei einer oberflächlichen Betrach- tung den Anschein gewinnt. Setzen Infectionen nach Albers immer eine Disposition dazu 246 0. Klotzsch, von Seiten des Individuums voraus, so ist diese Disposition bei den sich mehr positiv verhaltenden Pflanzen immer eine der Art und Gattung entsprechende und wenn die Einimpfung gewisser Krank- heitsstoffe (z. B. der Pocken-Lymphe) die Disposition für eine ähn- liche Krankheitsform erfahrungsgemäss oft nur zeitweilig binweg- nimmt, so dass sogar bei Pockenepidemieen die Impfungen wieder- holt werden müssen, so traten doch die Pocken bei schon Geimpften stets in milderer Form auf, wie eine schon ausgegohrene Flüssig- keit die Eigenthümlichkeit zu erkennen giebt, dass bei erneuerten Gährungsbedingungen die Gährung derselben nie wieder so intensiv werden kann, als es zuvor der Fall war. Schliesslich fand Albers, dass bei einer starken Schleimhaut eine syphilitische Ansteckung weniger leicht erfolge, analog dem, dass Kartoffeln mit dicker Schale nicht so leicht von den Sporen der Peronospera durch- brochen werden. Wir gehen nun zu dem über, was uns Mühry in seinem Werke: „Ueber die Unterscheidung der contagiösen und miasma- tischen Krankheiten, besonders über die Contagien der Pest und des Typhus‘“. Zeitschrift für rat. Medicin 1855, VI. Bd. 2. Heft, mittheilt, ingleichen in der Schrift: „Ueber die Natur der Mias- men, als vegetabilische Organismen vorgestellt, aus geographischen Gesichtspunkte. Ebendas. V. Bd. 3. Heft, 1854. Nach ihm ist das Malaria-Fieber an einen humusreichen, thonigen Boden gebunden, welcher undurchlassend oft stagnirendes Wasser führt. Hierdurch wird eine langsame Gährung eingeleitet, welche der Gruppe der Verwesungen angehört. Ob diese und ähnliche Gährungen durch morphologisch ver- schiedene und mit einander im Causalnexus stehende Pilze hervor- gerufen werden, können nur weitere Nachforschungen und Beobach- tungen entschieden darthun. Zu diesem Zwecke empfiehlt Mühry, in der schlimmsten Fieber- zeit den Schlamm des Bodens mikroskopisch zu untersuchen und mit Carmin zu tingiren. Das gelbe Fieber hat nach ihm einen andern Grundcharakter, als die Malaria. Es entsteht aus einem anders modificirten Krankheitsstoffe, welcher an Küstenstrecken und in dem modrigen Holz der unteren Schiffsräume zu nisten scheint. Auch hält er dafür, dass der Cholera ein ähnliches Miasma zum Regenerator diene. Dasselbe tritt gewöhnlich localiter auf, ist an eine bestimmte Bodenbeschaffenheit gebunden und kann mechanisch übertragen werden, Seine Keimstätte ist nicht allein der Erdboden, Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 247 sondern auch das Holzwerk an Schiffen, Häusern, Zimmern u. s. w. Bei der Uebertragung des Miasma auf eine andere Stelle bemerkte er stets eine epidemische Warte- oder Generationszeit von 8— 14 Tagen, ein Zeitraum, dessen das Miasma bedarf, um sich in dem neuen Boden zu regeneriren. Nach alle dem halte ich die Miasmata für Gährungs-Regenera- toren, wie sie die gegebenen Umstände bedingen. Sie werden eben- sowohl durch gewisse mikroskopische Formen erzeugt, die an ge- wisse Pflanzen- und Bodenarten gebunden sind, als sie auch wiederum derartige Pilze erzeugen. Vielleicht giebt uns in unsern botanischen Gärten die Untersuchung der Parasiten exotischer Pflanzen bald gentigenden Aufschluss darüber. Es ist mir sogar höchst wahr- scheinlich, dass die indische Cholera durch eine Pilzart bedingt wird, die auch auf gewissen Obstsorten vegetiren kann. Die Regel, sich dadurch der Gefahr nicht auszusetzen, von der Cholera er- sriffen zu werden, dass man das Obst, welches man ge- niessen will, zuvor abwäscht, oder nach dem Genusse Spirituosa zu sich nimmt, kann leicht in der Natur der Sache begründet sein, nämlich insofern, als durch das Waschen eine mechanische Fortspülung, durch die Spirituosa eine Abtödtung der Keimlinge bewirkt wird. Aus diesem Grunde halte ich auch dafür, dass Obst zu phytopathologischen Versuchsculturen dem Kleister, Fleischextract u. s. w. vorzuziehen sei. Auch will ich einer Ansicht gedenken über die Entstehung der Miasmata im geschlossenen Raume. Römershausen suchte die von ihm selbst näher ermittelten Ursachen miasmatischer Krankheiten, insbesondere des "Typhus, in einer Schrift: „Das Miasma‘‘, Marburg 1865, darzulegen, denn das plötzliche Auftreten des Typhus veranlasste ihn, die Entstehung der Krankheit in geschlossenen Räumen näher zu verfolgen. Während im freien Luftraume alle Ausdünstungen fort und fort in die Höhe steigen, gestaltet sich hier die Sache anders. Im Zimmer steigen die Exhalationen an die Zimmerdecke und bilden dort eine stagnirende Dunstschicht. Nach und nach wird diese so verdichtet, dass sie sich als feuchter Dunst niederschlägt und sich mit den schweren Exhalationsgasen verbindet. Bei längerer Stagnation entwickelt sich auf diese Weise eine luftförmige, in Gährung übergehende Feuchtigkeit von solcher intensiven Beschaffen- heit, dass sie oft schon der Geruch verräth und die Utensilien da- von beschlagen. In dieser kann sich ein die Luft verpestendes Miasma entwickeln und sowohl durch die atmosphärische Luft, als 248 0. Klotzsch, auch durch andere Träger kann sich das Miasma weiter verbreiten. Im Regen niedergeschlagen, kann es auch als Trinkwasser die In- fection bewirken oder sich auf günstigem Boden fortentwickeln und ausbreiten. Besonders fruchtbar für dasselbe sind die Cloaken. In dieser Weise sucht Römershausen den Hergang zu er- läutern. Dass die Cloaken, aber auch alte verfaulte Zäune und Holz- gebäude, wie selbst faule Bäume, die gefährlichsten Brutorte mias- matischer Krankheitsstoffe sind, wird wohl wenig oder gar nicht bezweifelt. Trotz all’ der voraufgegangenen Erörterungen muss aber zugestanden werden. dass. um streng wissenschaftlichen Anfor- derungen zu genügen, der unter mannichfachster Abänderung der Bedingungen auf mikroskopische Beobachtungen vielseitigster und zuverlässigster Art gestützte Beweis für die Richtigkeit der in der Gegenwart herrschenden Ansichten noch nicht zur unumstösslichen Gewissheit gediehen ist. Die Erfahrungen, die ich selbst aber in dieser Beziehung gemacht habe, scheinen mir die günstigsten Re- sultate zu versprechen. Ist erst einmal der morphologische Bau der verschiedenartigen Gährungserscheinungen und ihre ätiologische Entwickelung unter mannichfach abgeänderten Bedingungen zur Evidenz klar geworden, so würden daraus unberechenbare Vortheile, sowohl für die phy- sische Erziehungs- und Gesundheitslehre, als auch für die Heil- kunde und den Betrieb der praktischen Oekonomie hervorspriessen. Sowohl dem Ackerbau als auch dem technischen Betriebe anderer Gewerbe, insbesondere der Brennerei und Brauerei muss eine ge- nauere Kenntniss der Gährungsbedingungen, wie der unter ver- schiedenen Abänderungen derselben auch abgeändert von Statten gehenden Gährungsprocesse und ihrer Resultate von hoher Wichtig- keit sein. Mit Hülfe des Mikroskops würde man z. B. beim Bren- nereibetriebe sofort beurtheilen können, bis zu welchem Stadium die Gährung fortgeschritten und welcher Erfolg daraus zu erwarten sei. Dies würde die Procedur nicht nur sicher stellen, sondern auch bedeutend erleichtern. Dass übrigens bei der Gährung eine Umgestaltung der Hefenform wirklich stattfindet, scheint mir um so einleuchtender, da der von mir mit Penicillium crustaceum Fr. in der feuchten Kammer dadurch andere Resultate ergab, dass ich statt des destillirten Wassers andere Substrate nahm und hierdurch andere Formen erhielt. So z. B. in aufgekochtem saurem Frucht- Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 249 saft die von Hallier mit dem Namen Arthrococcus belegte und von ihm durch Zeichnung veranschaulichte Pilzform. Ist nun auch die durch das Mikroskop zu Tage geförderte Wissenschaft von den mikroskopischen Pilzen als den Erzeugern, Conservatoren und Uebertragungselementen der contagiösen und miasmatischen Krankheiten noch in ihrer Kindheit begriffen, so sind doch gewaltige Geister beschäftigt, sie immer mehr herauszu- bilden und der Vollendung näher zu führen, und wir können wohl der Analogie nach es für wahrscheinlich erachten, dass die Keime derjenigen ansteckenden Krankheiten, welche sich bisher noch jeder Untersuchung unzugänglich erwiesen haben, im Gebiete der Gährungs- erscheinungen aufzufinden sein dürften, zumal da wir bereits wissen, dass der Gährungsprocess ein nicht bloss zerstörender Vorgang, sondern auch ein auf einen neuen Pfad überführender Schöpfungs- act ist. II. Hauptabschnitt. Bedeutung der Pilze im Haushalte der organischen Natur. Niemand kann bezweifeln, dass Schmarotzergebilde den Mutter- boden beeinträchtigen und ihn nöthigen, von seiner normalen Be- - schaffenheit abzuweichen, ihn also erkranken machen. Nicht zu leugnen ist, das die Schmarotzer selbst von einer gewissen Dispo- sition unterstützt werden. Der Einfluss der animalen Schmarotzer auf den Menschen ist bekannt und da der Gegenstand hier zu weit führen würde, ver- weise ich auf das treffliche Werk von Rudolph Leuckardt: „Die menschlichen Parasiten und die von ihnen herrührenden Krank- heiten‘, Leipzig 1863 und Fortsetzung. Mit strictester Präcision, evident und äusserst naturgetreu werden darin diese Verhältnisse an’s Licht gestellt. Das Dunkel herrscht meist noch im Gebiete der vegetabilischen Parasiten, die sich, unter ihrer Natur angemessenen Bedingungen, theils in Pflanzen, theils in Thier- und Menschen - Organismen an- siedeln und die Neuzeit belehrt uns, dass die epidemischen Krank- heiten unserer Culturpflanzen grösstentheils durch Schmarotzerpilze veranlasst werden. Speerschneider entdeckte zuerst das Eindringen eines Pilzes, Peronospora infestans, in gesunde Kartoffeln, nachdem eine Menge 950 0. Klotzsch, Andere, insbesondere auch Schacht, der Ursache der Kartoffel- krankheit mit undenklicher Mühe nachgeforscht hatten. Nähere Aufschlüsse über den Entwickelungs- und Einsiedelungs- process dieser Pilzart gab uns de Bary in seinem Werke über die gegenwärtig herrschende Kartoffelkrankheit, Leipzig 1861. Uns genügt hier die Ueberzeugung, dass die Ursache der Kar- toffelkrankheit ein Pilz sei, dass durch Pilze unsere Culturpflanzen, wie auch wildwachsenden Pflanzen erkranken. Kühn in Halle zieht alljährlich auf dem landwirthschaftlichen Versuchsfelde durch Sporen- aussaat Claviceps purpurea, das in der Pharmacopea bekannte Mutterkorn. Dass Eindringen der Pilze, die Erkrankungen unserer Culturpflanzen herbeiführen, schliesst aber die Mitwirkung besonderer Nebenumstände nicht aus und es wird jetzt kein gebildeter Land- wirth sich noch der Ansicht zuneigen, dass jene Schmarotzerpflanzen möglicherweise nur eine Folge der Krankheiten sein möchten. Uebrigens will ich hier auf Willkomm verweisen, der am 15. März 1867 in der Sitzung der ökonomischen Gesellschaft im Königreich Sachsen einen ausführlichen Vortrag hielt über die Frage: „Sind Schmarotzerpilze der Culturgewächse und gewisser Zucht- insecten als Ursache oder als Folge ihrer Krankheit zu betrachten?“ Er erklärt sich dahin, dass er durch Zusammenstellung der hierauf - bezüglichen mikroskopischen Untersuchungen und andern Forschungen die Ueberzeugung gewonnen habe, dass nur die Einwirkung der Parasiten die beregten Krankheiten erzeuge. Höchst auffällig ist das Auffinden der Pilzparasiten auf Insec- ten, wodurch dieselben erkranken und getödtet werden. So führt u. A. Robinet an, dass sich bei der unter dem Na- men Gattine bei den Seidenraupen vorfindende Krankheit folgende Symptome zeigen: Das Blut der Raupe ist, anstatt hell zu sein, braun oder schwarz. Die glänzend weisse Haut ist mit schwarzen, aus Pilzen bestehenden Schuppen besetzt, die Raupen sind schwach, liegen auf dem Rücken und gehen entweder in der ersten Häutung unter oder erreichen, unter Zunahme der Symptome noch das Stadium der Verpuppung. Nach dem Tode tritt statt der gewöhnlichen Vertrocknung, sofort die Fäulniss ein. } Ebenso beachtenswerth ist die Pilzkrankheit der Fliegen, welche Professor Lebert, Virchow’s Archiv Band 12 beschreibt. Ihm gingen hierin de Geer, Göthe, Nees und Cohn vorauf. * Nach Lebert finden sich die ersten Spuren der parasitischen Untersuchungen über die Natur der Gahrungserscheinungen. 251 Pilzbildung schon im Blute der scheinbar noch gesunden Fliege. Aeusserlich zeigt sich der Pilzanfang erst einige Stunden nach dem Tode, während in der Leibeshöhle durch Einwirkung der Pilze be- deutende Verheerungen stattfinden. Cohn hat ihn mit dem Namen „Empusa“ belegt. Die von Lebert geschilderte Gattine wurde schon 1853 von Leydig im Coccos hesperidum wahrgenommen, ingleichen ein kleiner Parasit im Innern des Lynceus sphaericus und in Polyphemus oculus. Er zeigte sich in der ele der Ovarien, wo er eine weisse Masse bildete. Ganz neu sind die Untersuchungen des auf der Kiefernadel vorkommenden Fumago salicina, durch welche die Phalaena Bombyx pini erkrankt und getödtet wird. Ausführlich beschreibt die Krank- heit Hallier in der Zeitschrift für Parasitenkunde Heft 1, 1869. Nägeli hält jede der von Leydig aufgeführten Parasiten für eine einzellige Alge. Echo med. de Paris p. 116. Von mehreren bedeutenden Naturforschern wurden auch in Vögeln Schmarotzerpilze vorgefunden. Hier speciell darauf einzugehen, würde aber auch zu weit vom Ziele abführen, daher hier nur einige Notizen: Meyer und Emmert, Meckel’s Archiv Band IS. 510, fanden in den Luftröhren und Lungen des Holzhähers haarförmige Schimmel- bildungen. Jäger ebendaselbst Bd. 2 S. 354 machte bei einem Schwane dieselbe: Entdeckung. Theile und Heusinger, Zeitschrift für organische Physik S. 331, fanden bei einem Raben in den tuberkulösen Lungen elon die mit einem blaugriinen Schimmel bedeckt waren. Dr. Longchamp legte im Juni 1841 der Akademie des sciences a Paris eine Eidergans vor, bei welcher sich in den Luftröhren Pilz- bildungen vorfanden. Müller hatte eine an Kurzathmigkeit gestorbene Eule, bei welcher er in der Brust- und Bauchhöhle mikroskopische Pilzbildungen vorfand. Die Luftröhre und ihre Verzweigungen waren frei. Meyer, „Corresp.-Bl. rhein. und westphäl. Aerzte" Nr. 20, fand in der Membrana nictitans des Falco rufus eine conferven- ähnliche Pilzbildung. Dieses Wenige mag genügen, die Auffindung der Pilzparasiten bei Vögeln zu constatiren. 252 0. Klotzsch, Die Zähne. Wir kommen nun zu den bei Caries der Zähne vorgefundenen Pilzen. Wie wichtig eine durch Gesundheit der Zähne bedingte Masti- fication der Speisen für die Verdauung und überhaupt für die Nutri- tion des menschlichen Organismus sei. sollte ein Jeder wissen. Vernachlässigung der Zahnpflege hat eine Menge übler Folgen. Dass auch die Schönheit, ja ich möchte selbst sagen Sittlichkeit durch gesunde Zähne bedingt werden und dass der Mangel der- selben Personen, die durch ihren Beruf in der Oeffentlichkeit auf- treten müssen, z. B. Kanzelrednern und Bühnenkünstlern, oft sehr nachtheilig und beschwerlich wird, ist eine anerkannte Thatsache, die dazu beiträgt. die Wichtigkeit des Gegenstandes in ein klares Licht zu stellen. Wir schreiten somit zu dem, was die mikroskopische Inspection cariöser Zähne ergeben hat, wollen aber auch die bisherigen Meinun- gen über diesen Gegenstand nicht ausser Acht lassen. Letztere gehen insofern aus einander, als die eine Partei che- mische, die andere parasitische Einwirkungen auf die Zähne als Grund ihrer Erkrankung aufstellt und es möchte wohl nicht zu be- streiten sein, dass beide die Zähne beeinträchtigen können. Zur Bekräftigung dessen darf ich wohl nur auf den zerstörenden Ein- fluss der Phosphorsäure in Fabriken, wie auch auf den der ver- schiedensten Säuren aufmerksam machen und es ist noch zu ent- scheiden, ob ein primäres Eingreifen, durch vielerei Ursachen herbei- geführt, der Entwickelung der Zahnpilze den günstigen Boden erst vorbereiten oder ob die Verderbniss derselben nur durch Einwirkung der Pilzparasiten bedingt und erhalten werde. ‘So viel steht nach eigenen Beobachtungen fest, dass in jedem cariösen Zahne ferment- artige Gebilde, nicht immer Säuren, angetroffen werden. Bruck in seiner Zahnheilkunde, Berlin 1856, will den Grund der Erkrankung der Zähne in Atrophie und Hypertrophie finden. Die Desreorganisation soll nach ihm durch Dyserasie und gestörten Chemismus erzeugt werden. Die Natur oder Entstehungsweise so- genannter Dyserasine schwebt aber noch sehr im Dunkeln und selbst der Ausdruck »gestörter Chemismus« hat eine sehr vage Bedeutung. - Nach Bruck kann die Disposition zu Zahnkrankheiten 'an- gezeugt, angeboren oder erworben, aber auch durch tellurische und andere Einflüsse herbeigeführt werden. | ©. Wedl, „Ueber einen im Zahnbein und Knochen keimenden Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 253 Pilz“, Sitzungsbericht der Akademie der Wissenschaften, Wien, 14. Juli 1864, fand, dass an ausgezogenen Zähnen, welche 10 Tage im Wasser lagen, sich in das Cement eingedrungene Pilze zeigten, während das Wasser von den Sporen derselben geschwängert war. Da Wedl keine cariösen Bildungen fand, erklärte er sich für die chemische Theorie. Magitot, ..Memoire sur les lésions anatomiques de l’&mail et de l’ivoise dans la curie dentaire‘“. Journal de l’Anat. et de la Phys. Nr. 6, hat die in der Neuzeit in vielen Gebieten des Lebens besonders vorwaltende chemische Begrifisweise, weshalb ihm auch die Entstehung des Cariöswerdens der Zähne ein chemischer Vor- gang zu sein scheint. Nach ihm reagirt der Inhalt der cariösen Zahnhöhle, wenn sog. feuchte Caries vorhanden ist, sauer, aber neutral oder alkalisch, wenn die Caries eine sog. trockene ist. Er fand im Innern der Höhle Schmelzprismen von dunkeler Farbe, Pflasterepithelium der Mundschleimhaut, Fettkügelchen, Schleim- körper, Leptothrix buccalis und Vibrio lineola. In seinem Buche: „Traite de la carie dentaire‘‘, Paris, ist Magitot der Ansicht, dass der Speichel allein das Cariöswerden der Zähne bewirken könne, wobei die Beimischungen der Crudititen der Mundhöhle ganz ausser Acht bleiben. Er fühlt sich geneigt, die Caries der aus Knochen- massen hergestellten künstlichen Zähne daraus herzuleiten. Lebert und Rottenstein, „Untersuchungen über die Caries der Zähne“, Berlin 1867, widerlegen die Entstehung der Caries der Zähne durch chemische Einflüsse. Sie zeigen. dass die in den ca- riösen Zähnen durch Hülfe der Mikroskopie entdeckten Pilze den Zerstörungsprocess unter günstigen Bedingungen einleiten und zu Ende führen. Dr. Lövinson in Berlin, der sich seit 25 Jahren in seiner ärztlichen Praxis der Erforschung der Ursachen der Krankheit mit besonderem Interesse hingab, erläutert den Evolutionsprocess der Zahncaries in folgender Weise: In den meisten Fällen giebt eine mechanische Verletzung des Zahnschmelzes die erste Veranlassung zum Cariöswerden der Zähne, doch kann dieselbe auch chemisch oder dynamisch stattiinden und ermöglicht dadurch das Eindringen der Pilzsporen. Es sind Lepto- thrixbildungen, die gleichzeitig mit ihrer Vermehrung den Zerstö- rungsprozess einleiten und weiter fortführen. Sind auch Neben- zähne auf irgend eine Weise schadhaft geworden, so verpflanzen sich die Leptothrixbildungen der cariösen auch auf diese, wie man 254 0. Klotzsch, ja auch im gemeinen Leben zu sagen pflest, dass ein kranker Zahn die übrigen ansteckt. Häufig lässt sich im practischen Leben der Nachweis führen, dass nur Pilze, nicht Säuren, die Caries veranlas- sen, wie local auftretende Caries zeigt, wo jene Pilze beim Putzen mit der Bürste mechanisch gleichsam fineingefegt werden und dann schliesslich selbst die so feste Emailleschicht zerstören. Von der Richtigkeit dieser Ansichten habe ich durch mikrosko- pische Selbstschau die Ueberzeugung gewonnen und besitze eine Menge von Präparaten, durch welche ich Jedem, der es wünscht, den anschaulichsten Beweis führen kann, dass obige Erörterung treu der Sache entlehnt ist. Um die Resultate meiner eigenen Un- tersuchungen über die Fermenteulturen cariöser Zähne in’s Licht zu stellen, will ich zunächst die Einrichtung der Culturapparate an- geben, deren ich mich zu meinen Culturen bediene. Ich nahm ein s. g. Einmacheglas, versah es mit einem Kork, welcher gegen die Jahresringe geschnitten wurde, um dichter zu sein, durchbohrte diesen in der Mitte und führte ein nicht zu star- kes Glasrohr vom Kork 2 Zoll aufwärts, bog es und liess dasselbe senkrecht neben den Apparat, bis in die Bodengegend, sich senken. Das äussere Ende dieses Rohres wurde beim Anstellen der Cultur noch mit desinficirter Watte so verstopft, dass ein Luftaustausch möglich war, andererseits die Sporen der Luft filtrirt wurden. Beim Anstellen der Culturen wurde das Cultursubstrat in einen desinfi- cirten porzellanen Schmelztiegel gebracht, der zur Erleichterung der Untersuchung in den Culturapparat gesetzt wurde. (Vergl. letzten Abschnitt: Desinfection.) Hierauf wurde das Glasgefäss geschlossen und äusserlich a der Kork mit Beseler’schem Lack überzogen. Den Hohlcylindern sleiche Apparate, mit offenen Böden auf einem Teller stehend, ziehe ich diese Apparate vor, weil in jene die Pilze der atmosphärischen Luft häufig von unten eindringen, obgleich freilich dieser den Nach- theil hat, dass das Eröffnen mit Schwierigkeiten verbunden ist. Am 11. März d. J. entnahm ich aus einem cariösen Zahne einer Lebenden das Substrat und überzeugte mich, dass darin Dentinröh- ven, Leptothrixbildungen, Schwärmsporen und s. g. Bacterien mas- senhaft enthalten waren. Ich brachte unmittelbar vom Zahne in bereit gehaltene, 24 Stunden lang mit absolutem Alkohol desinfi- eirte Culturapparate auf ein Stückchen Kartoffel u. s. w., welches unter höheren Luftdrucke 20 Minuten gekocht worden war. Am 10. Juni öffnete ich die Cultur. Es war während dieser Zeit in Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 255 derselben, wie ich mich überzeugte, eine Temperatur von durch- schnittlich 26 Grad Celsius und nach August’s Hydroskop eine Feuchtigkeit von 25 Grad erhalten worden. Ich brachte die Culturergebnisse unter das Mikroskop. Die Körner der Kartoffelstiirke nahmen durch Jod noch die blaue Farbe an. Penicillium crustaceum Fr. bedeckte die bereits im Zerfallen begriffene Masse, deren Mycelium vielfach anastomo- sirte. Das Glas war von Innen sehr mit Wasserdunst beschlagen. Auf der Innenseite des Korkes wucherte Penicillium und Eurotium ~ herbariorum. Die Zellen der Kartoffel waren noch lose an einander gefügt, nach der Mitte zu von festerer Consistenz und von Bacte- rium sowie Spirillum umgeben. Der Geruch war dumpf. Eine andere Züchtung wurde auf einem Stückchen Citrone unter gleichen Verhältnissen und in gleicher Zeit ausgeführt. Die ‘Citronenschale hatte behufs Desinfection eine Stunde vorher in ab- solutem Alkohol gelegen. Als Resultat ergab sich, dass von der Impfstelle aus eine Schimmelbildung stattfand. Am 18. Juni war die Citronenschale noch erhalten. Ein brauner, schwach sauer reagirender Saft umgab sie, Spo- renketten von Penicillium enthaltend, ausserdem viele Bacterien und Leptothrixketten, wie man es in cariösen Zähnen selbst findet, und färbten sich letztere durch Jod und Salzsäure violett. Die mit Penicillium und Pleospora herbariorum, Schimmelpilze, welche die Citrone überzogen, bildeten auf derselben einen grasgrü- nen Filz. Mucorformen konnte ich nicht auffinden. In die abge- sonderte Flüssigkeit legte ich einen aus einer Leiche entnommenen gesunden Zahn von recht starker Substanz, und werde ich den Er- folg bei den entsprechenden Versuchen mittheilen. Ein anderer Versuch wurde auf durch 20 Minuten gekochtem Stärkekleister ausgeführt. Die Aussaat geschah am 11. März, die Untersuchung fand am 22. Juni statt. Der Apparat war von jedem höheren Pilzgebilde vollständig frei. Spuren von Dentin fanden sich noch auf dem Kleister, welcher einen angenehmen, aromati- schen Geruch angenommen hatte. Die Stärke wurde durch Jod violett und im Innern des Kleisters fanden sich Sporen mit starker Membran, Sporen mit Vacuolen mit Plasmainhalt in runder und gestreckter Form und Leptothrixbildungen. Einen ferneren Versuch in gleicher Zeit und in gleicher Weise stellte ich auf nochmals eingekochtem Fleischextract an, wozu ich, wie zu allen meinen Versuchen, den Tooth-Liebig’schen Fleisch- I, 3. 17 2356 0. Klotzsch. extract anwendete. Die Inspection ergab auch hier an der innern Korkfläche das Vorhandensein von Eurotium herbariorum und Asper- gillus glaucus. Im Innern des Fleischextracts sah ich einige von Hallier näher beschriebene Schizosporangien und Gährungszellen, die sich durch Sprossung fortpflanzten (Cryptococcus), Faden, welche einen Gehalt von Kernen verschiedener Dimensionen in sich trugen und vielfach unter sich verschlungen waren. Die Reaction des Substrats zeigte sich schwach alkalisch. Zu einem noch andern Versuche am 11. März verwendete ich einen ganzen Apfel, den ich zuvor eine Stunde lang in absoluten Alkohol legte. Auf diesen brachte ich die cariöse Zahnmasse, ohne sie einzuimpfen. Schon nach drei Tagen konnte man mit blossem Auge die vor sich gehende Theilung wahrnehmen. Von der Aus- saatstelle verbreitete sich in peripherischer Richtung ein Mycelge- webe von Penicillium crustaceum, was sich später, gruppenweise von Innen hervorschiessend, ablagerte. Die Hyphen anastomosirten, wie es Hallier in der botanischen Zeitung darstellt, und bildeten Co- remium, deren Stiele wie Bäume auf der Oberhaut des Apfels stan- den. Die innere Korkfläche war mit Eurotium überwuchert. Im Innern des Apfels, der noch am 30. Mai einen aromatischen, am Untersuchungstage — 30. Juni — aber einen dumpfen Geruch hatte. fanden sich durch Sprossung wachsende Gihrungszellen, reife Früchte von Aspergillus glaucus Lk. und keimende Sporen. Kine andere Versuchsreihe wurde in folgender Weise geführt: Ich nahm einen zarten Milchzahn, durchbohrte die äussere Schmelzschicht mit einem scharfen Instrumente und brachte darauf eine frische cariöse Masse. in welcher besonders viel Leptothrix bucealis enthalten war. Den Zahn leete ich in eine Porzellanschale und liess sie im geheizten Zimmer drei Wochen in der Nähe des Ofens stehen. Bei der mikroskopischen Untersuchung fand ich, dass die Leptothrixbildungen den Zahn von der verwundeten Stelle aus angriffen. Ferner steckte ich am 24. März auf einen Kork mehrere sesunde Zähne, nachdem sie sorgfältig gereinigt waren, brachte ihn unter einen der bereits erwähnten Hohleylinderapparate, der einen Luftzutritt gestattete und unten, auf einem Teller stehend, durch Wasser abgeschlossen war. Diesen Apparat versenkte ich zur Er- haltung einer gleichmiissigen Temperatur in ein im Keller dazu eigens angelegtes Mistbeet. Die Zähne selbst wurden mit einem Feilstrich verwundet, um den Pilzen zugänglicher zu sein (Anboh- rungen können zu Täuschungen Veranlassung geben). Ich verband Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 257 carıiöse Zahnmasse mit einem Gemisch von Semmel und Fleischex- tract und belegte damit die Feilstellen. In dem Wasser war ein Thermometer angebracht, um die Temperatur danach beurtheilen zu können. Der Versuch missglückte insofern, als die höhere Tem- peratur des Mistbeetes nur von kurzer Andauer war, in der ersten Woche durchweg 30° Celsius, dann aber auf 15° fallend, später wechselnd und noch tiefer hinabsank. Auf den Zähnen bildete sich nach 2 Tagen Mucor Mucedo, der Früchte trug, die ein äus- serst stacheliges Ansehen hatten. Diese Sporangien platzten, die Sporen wurden zerstreut und keimten auf der Korkplatte. Neben diesen traten Pilzspecies auf, die sich häufig auf Düngerarten an- siedeln. Sämmtliche Sporangien des Mucor Mucedo zeigten sich auf unseptirten Fruchtträgern und verliefen in einer deutlichen Columella. An der Innenfläche des Korkes fand ich Botrytis Jone- sii Berk. und Ascophora elegans Corda, die als Mucor Mucedo ebenfalls zu bezeichnen sind (Woronin). Nach vier Wochen hörte die Mucorvegetation auf den Ansatz- stellen gänzlich auf und die Masse trocknete ein. Penicillium hatte sich gar nicht gebildet und ein Eindringen der Pilze in den Zahn hatte nicht stattgefunden. Um diese Zeit hatte ich Gelegenheit, einen von Dr. Lövinson erfolgreich ausgeführten Versuch zu beobachten. Dieser nahm den einem glaubwürdigen Manne ausgefallenen. noch ganz gesunden Zahn, wie solches bei s. g. usurirtem Zahnfleische vorkommt. Er beleste die obere Fläche desselben, wozu eine Vertiefung der Kau- fläche diente, mit frischer cariöser Masse, welche viel Leptothrix bucealis enthielt, legte ihn in eine Glasflasche, die er zum 12. Theil mit Brunnenwasser füllte, und stellte diese hinter den Ofen. Nach Verlauf von 10 Wochen wurde der Zahn herausgenommen und ma- kro- und mikroskopisch von uns untersucht. Auf der belegten Stelle hatte sich ein halbmondförmiges cariö- ses Loch gebildet, wie dies der wirklichen Caries charakteristisch ist. Nach einiger Zeit ging bei Fortführung des Versuchs die Fort- entwickelung der Caries nicht mehr von statten, erneuerte sich aber, als frisches cariöses Material wieder hinzugefügt wurde. - Es gelang also, in diesem Versuche die Contagiosität der Ca- ries, wie ich sie in allen diesen epidemischen Krankheiten vermuthe, mit zuverlässiger Sicherheit festzustellen. Das Einzige, was sich dagegen einwenden liesse, wäre, dass das Experiment an einem ab- gestorbenen Zahne vollzogen wurde, wobei der Nerveneinfluss nicht 1hrfee: 258 0. Klotzsch. mehr in Rechnung kommt; aber diese Einwendung fällt fort, wenn man sich überzeugt hat, dass Caries auch bei künstlich eingesetzten Zähnen, nicht einmal aus wirklicher Zahnmasse bestehend, von An- deren und uns beobachtet wurde. Hierauf benutzte ich die in jenem Experimente der Cultur auf Citrone ausgeschiedene Flüssigkeit, welche so stark mit Leptothrix- bildungen geschwängert war, zu einem neuen Versuche. Ich legte einen gesunden Zahn in qu. Flüssigkeit und an der Kaufläche, welche angefeilt war, sah man schon nach 4 Wochen ein Cariöswerden, nach 8 Wochen trat sehr deutliche Caries ein und schreitet die Cultur jetzt noch fort. Zur Controle meiner eigenen Versuche that ich noch Folgendes: Ich legte Elfenbein in Zuckerwasser, ingleichen in mit Salzsäure angesäuertes Wasser, dann in reines Brunnenwasser und endlich in mit Wasser verdünnte Kalilauge. Nach 2 Monaten revidirte ich, fand das Zuckerwasserpräparat unverändert. auf der stark sauer reagirenden Flüssigkeit zeigte sich Penicillium crustaceum Fr., wel- ches nach allen Richtungen in die Flüssigkeit vegetative Fäden mit Vacuolen entsendete. Der Salzsäureversuch war dagegen in einer verkorkten Flasche angestellt worden. Ich fand das Elfenbein zum Schneiden erweicht, also völlig entkalkt, das sauer reagirende Flui- dum aber pilz- und fermentfrei. Beim dritten Versuche war der atmospharischen Luft der Zutritt gestattet worden. Das Wasser enthielt Vorticellen, Pilzsporen, Keimungen. Die glatte Seite des Elfenbeines war unverändert, auf der rauhen zeigten sich Pilz- wucherungen, welche das Elfenbein stark angegriffen hatten, doch ohne eine cariöse Form anzunehmen. Beim vierten Versuche hatte die Kalilauge das Elfenbein in Pulver zerlegt. Es fanden sich in ihr weder Sporen noch Pilze vor. Die Caries entsteht also nur, wenn alle zu ihrer Entwickelung vorhandenen Bedingungen vereint sind. Auch ist es zwar auffallend, aber ganz in der Natur der Sache begründet, dass Obst, wie Dr. Lövinson zuerst experimen- tell beobachtete, zu faulen beginnt, wenn man cariöse Massen auf die Epidermis desselben bringt, und dass der Zersetzungsprozess dann von der belegten Stelle ausgeht. Das Mikroskop zeigt deutlich, dass die Pilze vegetative Keim- schläuche in das Innere des Nährsubstrates entsenden, welche die Epidermis an der belegten Stelle durchbohren und sich im Innern vegetirend ausbreiten. Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 259 Die Haare und die Haut. Wir gehen nun zur Betrachtung eines Gegenstandes über, der sowohl als Zierde als auch zur Erhaltung der Gesundheit fast ebenso wichtig ist als die Zähne, nämlich das menschliche Haar. Haut- und Haarkrankheiten stehen erfahrungsgemäss im innigsten Connex mit einander, so dass Abschuppungen der Haut oft mit dem Ausfallen der Haare verbunden sind und gewisse contagiöse Haar- krankheiten auch die Haut krankhait afficiren, abgesehen davon. dass Haarkrankheiten mit innern Krankheiten in Wechselbeziehung stehen können. Wir können daher das Haar und die Haut nicht, wie die speculativen Kosmetiker, als blosse Luxusartikel betrachten, sondern wollen uns durch das Mikroskop wissenschaftlich über ihre Bedeutung unterrichten. Die Anatomie und die organische Morpbologie und die Physio- logie geben uns hinreichende Auskunft über die natürliche Beschaffen- heit des gesunden Haares und verweise ich hier besonders auf das Werk von Sonnenschein, „Handbuch der gerichtlichen Chemie“, Berlin 1869, ferner Pfaff, „Das menschliche Haar in seiner patho- logischen und forensischen Bedeutung“, Leipzig 1869, und bemerke die charakteristischen Unterschiede der Haarwurzeln der Männer und Frauen ja selbst an den einzelnen Körpertheilen im normalen Zu- stande. von welcher Richtigkeit ich mich überzeugte. Beiläufig will ich noch bemerken, dass ich bei meinen Haarunter- suchungen zweimal Körper auf dem Haarschaft fand, welche etwas Pilzähnliches zu sein schienen. Leider vermochte ich es nicht fest zu constatiren. Unter allen Haar- und Hautkrankheiten, weiche durch contagiöse und mikroskopische Pilze hervorgerufen werden, nenne ich zuerst den Favus. Nach Hallier wird der Favus als besondere Fruchtforn vom Penicillium erustaceum Fr. hingestellt, welche Fruchtreihe er mit dem Namen Achorionreihe bezeichnet. Dieser Pilz, Achorion Schoen- leini, nach dem Arzte Schönlein benannt, der ihn 1839 entdeckt hatte, besteht aus ovalen, stark lichtbrechenden. getrennten, oft aneinander gereiheten Pilzsporen. Simon in seiner Schrift. „Die Hautkrankheiten durch anatomi- sche Untersuchungen erläutert“. Berlin 1851, erklärt: „der Erb- srind, Favus Porrigo, besteht aus gelben Krusten, die entweder von einander getrennt, Favus dispersus, oder mit einander ver- schmolzen sind, Favus confectus. Man findet ihn meist auf behaarten. 260 0. Klotzsch, doch, wenngleich selten, auch auf unbehaarten Stellen“. Eingehender beschreibt von Bärensprung, welcher unter Herpes Serpigo alle Hautkrankheiten versteht, welche eine contrifugale Ausbreitung zu erkennen geben, in seiner Schrift Herpes Serpigo, Ringwurm, Annal. der Berliner Charité VI. 2, 1855. Der Favus entwickelt sich nur oberhalb der Talgdrüsenmündung, die ihm den Nahrungsstoff zu liefern scheint, nicht in den Haaren selbst, wuchert dann nach oben über die Haarbalgmündung, sowie zwischen die Lederhaut und Oberhaut und dehnt endlich die Haar- bälge so aus, dass sie durch Druck zerstört werden, die Haare in Folge dessen ausfallen und Kahlheit die Folge ist. Die Entwickelung des Herpes Serpigo beginnt immer auf einem Punkte, schreitet von hier aus theils dadurch fort, dass die ursprünglich runde Eruption die Gestalt eines immer weiter werdenden Ringes annimmt, theils dadurch, dass sich in der Nachbarschaft nach und nach ähnliche Herde bilden, die sich in gleicher Weise ausbreiten. Dieses eigen- thümliche Wandern oder Fortkriechen auf der Körperfläche weist aber auf eine örtlich begrenzte Krankheitsursache hin und unter- scheidet die in Rede stehenden Hautkrankheiten auffallend von den- jenigen, welche für die Folge eines constitutionellen Leidens oder einer Blutentmischung gehalten werden. Nach der hier ausgespro- chenen Ansicht gehört also der Favus mit unter die Kategorie des Herpes Serpigo. Die Exanthemata haben übrigens ein so unreines Gebiet, dass die Naturforscher über diesen Gegenstand nicht so leicht in’s Reine kommen werden. Husemann, dessen Ansicht ich anderweitig entlehut habe, beobachtete bei einem elfjährigen Knaben, anscheinend gesund, mit nur geringer Anschwellung der Cervicaldriisen an der behaarten Kopfhaut dicke, polyedrische, trockene Krusten von unregelmässiger, trockener Oberfläche; auch über dem rechten Auge, von den Augen- braunen zur Glabella und am Nacken waren analoge Krusten in ziemlich ausgedehnter Weise vorhanden. Die Borken hatten nicht die gelbe, charakteristische Farbe der Favus-Borken, sondern waren rein weiss und am weissesten im Nacken. Die mikroskopische Unter- suchung ergab, dass in den Borken die Puceinia Favi die Haupt- masse bildete und das Achorion Schoenleini ganz zurücktrat. Nimmt man hier an, dass Puccinia eine zufällige Einmischung sei, so scheint dech die äussere Abweichung dadurch bedingt zu sein. Die einzige Beobachtung, welche ich hier machte, war die Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 261 Uebertragung des Favus eines Knaben auf den Vater, wo sich bei dem Letzteren die unter dem Namen Mentagra beschriebene Haar- krankheit ausbildete. Das Mentagra ist eine andere exanthematische Form, wie die des Favus. Es bezeichnet einen Hautausschlag, welcher aus noch unbekannten Gründen meist die Haare am Kinne ergreift. Es treten unter stechendem Gefühl und schmerzhaft gerötheter Spannung stellenweise einzelne Pusteln hervor, ein Haar oder mehrere, oft bis über 20 sind Krankhaft afficirt und fallen später aus, resp. lassen sich leicht ausziehen. Anderson in seiner Abhandlung: „Un the pathology of the socalled Sycosis ollenti‘. Glasgow 1868, Jan. Edinburg Rev., fand, dass die Krankheit mit Erscheinung kleiner erythematischer Flecken beginnt. Diese zeigen das Eigenthümliche, dass sie im Centrum ab-, in der Peripherie zunehmen und in Folge dessen erhabene rosen- farbige Ringe, mit kleienartiger Abschuppung bedeckt. hinterlassen. Bei weiterer Entwickelung erscheinen die Haare mit afficirt und können leicht ausgezogen werden, während sich an den Mündungen viele Follikel, Papillen und Pusteln bilden. Auch die innere Structur der Haut wird mit ergriffen und zeigen sich darin kleine Verhär- tungen, welche von Pusteln überragt werden. Bei stärkerer Affi- eirung des Zellgewebes vom Umfange einer Nuss und darüber hinaus ist dasselbe häufig mit Krusten überdeckt, nach deren Entfernung srosse fleischartige Verhärtungen blosgelegt werden. Bei Zunahme des Exanthems werden die Haarsäcke stark afficirt, das Haar wird zerstört und man sieht kahle Flecke; die Haare der Umgebung sind in ihrem Wachsthume zerstört und brechen leicht ab, weshalb die Tuberkeln mit schwarzen Punkten besetzt erscheinen, auch kann man sie leicht ausziehen. Man findet an ihnen weder Wurzel noch Bale. Anderson beobachtete das Vorkommen dieses Exanthems am Kinn, auf der Brust und am Faustgelenke. Eine Selbstheilung hat er nie wahrgenommen. Gruby fand 1842 bei Sycosis eine Pilzart. welche er Micro- sporon mentagraphytis nannte. Bazin und mehrere seiner Landsleute überzeugten sich von der Richtigkeit seiner Angabe und schlossen aus der Form des Pilzes, dass er mit Tinea circinnata verwandt sei. Anderson fand den Pilz in allen Fällen und erklärte, dass Sycosis und Tinea völlig identisch seien. Nach Hallier ist die hier vorkommende Pilzform nichts Anderes als die Gliederpflanze von Penicillium (Oidium lactis). 262 0. Klotzsch, Dr. Lövinson entdeckte bei seiner Untersuchung kranker Zähne, dass angeflogene Partikelchen von cariösen Zähnen auf glattrasirtem Kinne das Mentagra erzeugen, was durch directe Impfversuche bestätigt wurde. Ich selbst fand im Bulbus des Haares bei dieser Krankheit stets ovale Sporen, die, wie eins meiner Präparate zeigt, durch die Markhöhle des Haares einzudringen scheinen. Der Vollbart scheint einen Schutz zu gewähren, wohingegen die Anwendung des Rasirmessers die geöffneten Haarkanäle bloslegt und den Sporen das Eindringen erleichtert. Bei Personen, die lange mit diesem Uebel behaftet waren, fand ich bewegliche Sporen im Blute. Da ich oft Gelegenheit hatte, mit mit Mentagra und anderen Haar- krankheiten behaftete Individuen zu untersuchen, so schien sich mir die Ueberzeugung aufzudringen, dass Beide identisch seien. Bei Männern zeigte sich die Wirkung des Contagiums am Häufigsten als Mentagra, während bei Frauen und Kindern die Anlage zum Favus vorherrschte. Wir kommen jetzt zu der als Porrigo decalvans bezeich- neten Form der Haarkrankheiten, die ich an mir selbst seit 1863 beobachtet habe. Es fallen an einer oder an mehreren Stellen des Kopfes die Haare aus und hinterlassen glatte kahle Stellen, die häufig in ein- ander fliessen und sich allmählig vergrössern. Gruby findet die Veranlassung dazu in der Ansiedelung crypto- gamischer Pflanzengebilde, Erlach v. C. in seinem Buche über eine neue Fructificationsform bei Porrigo decalvans und bei der Behandlung dieser Krankheit, Schweizerische Zeitschrift für Heil- kunde Bd. 2 S. 266, hält den Porrigo decalvans für ein Product von Mikrosporon. Eine von mir selbst oftmals unternommene Untersuchung be- stätigte mir die Richtigkeit der Ansicht, dass ein Pilz die Ursache sei und ist es jedenfalls eine Form unserer gewöhnlichen Schimmel- pilze. Bei zweckentsprechender, pilzvernichtender Behandlung gelang es mir zwar, das Uebel zu beseitigen, leider trat es aber an andern Stellen immer wieder von Neuem auf. Durch frühere Untersuchungen von Professor Hallier angeregt unternahm ich folgendes Experi- ment an mir selbst. Ich nahm Schimmel, der sich mir unter dem Mikroskop als ein Gemisch von Penicillium und Aspergillus zu erkennen gab, rieb mir eine Hautstelle, bis sie geröthet wurde und impfte mir die Sporen obiger Pilze durch fortgesetzte Reibung mechanisch ein. Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 263 Nach Verlauf von 2—3 Monaten merkte ich häufig ein stechendes Gefühl, welches mit Brennen verbunden war, konnte aber selbst durch das Mikroskop an den schmerzhaften Stellen keine äussere Erscheinung wahrnehmen. Ich habe aber noch jetzt, nachdem 2 Jahre darüber verstrichen sind, die Folgen davon nicht überwinden können; endlich gelang es mir, nach langem vergeblichen Suchen nach Sporen, durch Anwendung der Essigsäure an den auf den krankhaften Stellen ausgegangenen Haaren, durch Durchsichtig- machen solche aufzufinden. Ich entdeckte an diesen dieselben Pilz- sporen, welche ich bei Porrigo decalvans vorgefunden hatte, obgleich das Aeussere Makroskopische mit jenen durchaus nicht übereinstimmte. Mit solchen Haaren stellte ich einen Culturver- such an, zu dem ich mich des beschriebenen Apparates bediente. Ich brachte sie am 12. März auf frischgekochten Stärkekleister in den Apparat, in welchem ich eine Temperatur von 18° C. und eine Feuchtigkeit von 24° A. durchschnittlich erhielt. Am 28. Mai fand ich den Kleister mit ovalen Sporen angefüllt, auch war das Innere mit vegetativen Fäden durchwebt und die darauf gelegten Haare mit graugrünem Schimmel überzogen, der sich als Mycel von Aspergillus manifestirte. Aus diesem stiegen Fruchthyphen empor, auch Krystalle waren reichlich auf den Haaren verbreitet. Am Boden des Apparates fanden sich EKurotium-Kugeln und die Haare selbst waren in diesem und im folgenden Versuche an der Wurzel besenartig zerfasert. Ein anderer Culturversuch wurde in derselben Weise und gleichzeitig auf Zucker und phosphorsaurem Ammoniak ausgefiihrt. Bei der Untersuchung war die Flüssigkeit stark verdunstet, enthielt viel Eurotium-Kugeln und Krystalle und die Haare waren vom vorigen Versuche nicht zu unterscheiden. Ebenso wurde ein dritter Versuch auf Fleischextraet gemacht. Am 29. Mai waren die Haare mit Krystallen besetzt, höhere Pilz- bildungen waren nicht vorhanden und im Fleischextract fanden sich Bacterien, die aus den Schwärmsporen unter meinen Augen hervorgingen. Die vielfachen mikroskopischen Versuche und Beobachtungen veranlassen mich zu der Ansicht, dass Eurotium nichts Anderes sei, als die Dauersporen von Aspergillus, wie es überhaupt wahr- scheinlich ist, dass die vielen, von verschiedenen Schriftstellern mit besonderen Namen belegten Pilze nicht wesentlich, sondern nur der Form und Intensität nach verschieden oder nur Ent- wickelungstypen verschiedener Stadien der Pilzmetamorphose sein 964 0. Klotzsch, möchten, Es sind nur Vermuthungen, die sich darüber aussprechen lassen, wie man auch die Vermuthung aufstellen könnte, dass jede Pilzform durch die besondere Modification ihrer Natur auch be- sondere Krankheitsformen hervorrufe oder dass die Verwandtschaft der mikroskopischen Pilzformen in einer innigen Beziehung zur Verwandtschaft der durch sie hervorgerufenen Krankheitsformen stehen. Es scheint mir daher der Sache gemäss, die Lichtung des innern ätiologischen Zusammenhanges all’ dieser Erscheinungsformen noch ein wenig zu vertagen. Eine der allgemein verbreiteten Haarkrankheiten, welche nach den Versuchen von Hallier auf Aspergillus beruht, ist die Pi- tyriasis, das Haar steht meist dünn, die Epidermis schuppt sich in weisser Farbe und sehr kleinen dünnen Blättchen ab, was sich immer in gleicher Weise wiederholt und ein äusseres kleiartiges Ansehen abgiebt. Diese Krankheit ist sehr allgemein verbreitet und wird in vielen Fällen kaum geachtet. Andere und wir sahen in allen Fällen Pilzsporen und Fäden, welche Erstere auf dem Ob- jectträger keimten. Hieraus folgt, dass die Ursache auch in diesem Parasiten zu suchen sei. Auch wurde stets mit gutem Erfolge eine äussere Alkoholbehandlung angewendet. Folgender von Dr. Lövinson behandelte Fall veranlasst uns, anzunehmen, dass die Psoriasis aus der Pityriasis hervorgehen kann, wenn nämlich die dazu erforderliche Disposition vorhanden ist. Qu. Patientin, ein 20 Jahre altes blühendes Mädchen, dessen Haare förmlich wie mit Kleie überschüttet aussahen, zeigte beim ersten Anblick, dass eine Aussaat von natürlichem Herabfallen der Schuppen über den Körper stattgefunden hatte. Am deutlichsten war dieses im Gesicht, dem Rücken, der Brust und den Armen ausgeprägt, während die vor der Aussaat mehr geschützten Theile frei von jeder Ausschlagsform waren. Die untern Körpertheile waren nur hier und da gering befallen. Die Ausschlagsform auf dem Körper, also auf den unbehaarten Theilen, gestaltete sich als Psoriasis. Es waren pustulöse, erhabene Flecke, welche mit weissen Lamellen bedeckt waren, die bei der Entfernung eine ge- schwollene, dunkel geröthete, «darunter liegende Schicht erkennen liessen. Eine kleienartige Abschuppung war stellenweise mehr, anderweitig minder ausgeprägt. Dazwischen unregelmässige, land- kartenartig erhabene Ringformen, die sich theilweise näherten, mit glänzend weisser Abschuppung bedeckten und die von Innen nach Aussen abheilten. Am Rande blieben sie bei der Abheilung längere Zeit stehen. Letztere Form entspricht dem Herpes circina- Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 265 tus. Die ganzen Uebergänge von der Pityriasis bis hierher waren makro- und mikroskopisch auf das Deutlichste zu verfolgen. Startin, Pityriasis versicolor a contagious disease, Med. Tim. and Gaz. 1853 Dechr. Letzterer bestätigt die cryptogame Natur der Pityriasis versicolor in einer Reihe von Fällen, wo diese Krank- heit von einem Individuum auf das andere übertragen wurde. Dr. v. Bärensprung, „Ueber Herpes bei Haussäugethieren und seine Uebertragbarkeit auf Menschen“. Annal. der Charite Heft 1, 8, 74 und Deutsche Klinik Nr. 32 S. 310. v. Bärensprung hat durch Versuche nachgewiesen, dass eine Reihe von Ausschlagsformen, welche von den älteren Aerzten, wegen ihrer gleichsam kriechenden Verbreitungsweise auf der Haut, Herpetes genannt, von Willan als Herpes circinatus, tonsurans, Impetigo figurata, Porrigo scutalata, Pityriasis rubra beschrieben wurden, nicht nur im Wesentlichen überemstimmen, sondern auch durch denselben parasitischen Pilz erzeugt werden. In der vete- rimärärztlichen Literatur ist wiederholt von einer Fiechtenkrank- heit der Pferde und des Rindes: die Rede, die auch beim Men- schen Eingang findet und in runden oder ringförmigen Eruptionen auftritt. Die Pilze, welche diese Krankheit hervorrufen, sitzen in der Regel zwischen Haarschaft und Haarscheide, in einzelnen Fällen auch an Haaren. v. Bärensprung übertrug auf seinen Vorder- arm die von erkrankten Hautstellen eines Kalbes entnommenen Pilze. Nach einigen Tagen trat Jucken ein. Die Untersuchung ergab, dass bereits Herpes circinatus von der Grösse eines Zwei- groschenstückes entstanden war. Dieselben gewannen in 3 Wochen die Grösse eines Zweithalerstückes; in der vierten Woche entstan- den in der Nachbarschaft 3 neue und ein vierter am Oberarm. Aehnliche Versuche wurden von Gerlach ausgeführt. Franzer, W., Remarks ou a Common Herpetis Epizootic affection and ou its Alleged frequent. Transmission to the human subject. Dublin, quaterly Journ. Mag. 1864 p. 294. Franzer berichtet einen Fall, wo ein Kind von 4 Jahren von einem Kalbe, welches mit Herpes circinatus behaftet war, beim Spielen mit dem- selben angesteckt wurde. Dr. Galligo, Osservationi di erpete circinato communicato del cavallo all nomo. Gaz. med. ital. Stati sardi XI Nr. 10. Einen Fall der Uebertragung des Herpes circinatus vom Pferde auf den Kutscher erzählt Dr. Galligo. Der Kranke hatte ein 266 0. Klotasch, Pferd gepflegt, das an der linken Seite des Kopfes und des Halses einen Ausschlag hatte: er war handgross und bestand theils aus isolirten, theils aus grösseren zusammenlaufenden Flecken mit srösseren und kleineren Bläschen, aus denen eme Feuchtigkeit ausschwitzte. Die Haare waren verklebt und das Ganze hatte das Aussehen einer Platte. Bei den Kutscher war auf der rechten Hand eine vasiculäre ringförmige Hauteruption vorhanden. Borgstedt, De Herpete circinato (Diss. inaug.). Berlin 1862. Vom Halse her waren bis zollgrosse begrenzte Flecke, welche landkartenartig zusammenflossen. Die Mitten der Flecken waren gelb, von Epidermisschuppen, die Ränder roth und flammig. Das: Mikroskop zeigte zartschnürige Pilzfäden. Die Uebertragung war durch eine Katze erfolgt und andere Impfversuche auf den Arm erzeugten Trichophyton tonsurans. B. Fonoglio, Osservatione di dermatosi squamosa con epi- crisi. Gaz. med. ital. Stati sardi, 1857, 23. Dr. Fonoglio giebt die Beschreibung einer Mittelform zwischen Pityriasis und Psoriasis, welche er an einem wohlgenährten und bezüglich seiner Functionen sesunden Priester beobachtete. Die Hautkrankheit war über der ganzen Körperfläche ausgedehnt und bestand in meist runden, ein- zeln stehenden, vielfach auch zusammenfliessenden, blassrothen und mit vielen weissen Schüppchen bedeckten Fleckchen. Der orga- nische Charakter derselben war der erythematöse, wie bei der Pityriasis; bei einigen Flecken jedoch, wie z. B. bei denen auf dem Handrücken, war die Haut einfach fleckenweise mit Schüppchen bedeckt und zeigte weder Farben noch Gewebsveränderungen; nir- sends war der Grundcharakter papulös, wie bei der Psoriasis. Wertheim. Ueber die Aetiologie der Psoriasis. Wochen- schrift der kais. königl. Ges. der Aerzte 1863 Nr. 50 und Wiener Med. Wochenblatt 1863 Nr. 51. Wertheim hält die Psoriasis für eine Circulationsstörung der peripherischen Laufbahn, da er vergebens nach pflanzlichen und thierischen Keimen im Blute suchte. Im Urin solcher Kranken fand er Pilzbildungen auf, welche meist Penicillium und nur einmal Mucor waren. Wertheim injieirte Hunden eine Emulsion von Penicillium in die Cruralvenen und nach 24 Stunden entstanden an den Füssen zahlreiche, getrennt stehende, entzündliche Flecken und Knoten, die sich noch bald darauf vermehrten. Einspritzungen mit Bier- hefeemulsionen lieferten gleiche Resultate. Verfasser glaubt dem- nach den Eintritt der Pilzelemente in die Blutbahnen, wodurch ‘ Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 267 die Hauptpapillaren verstopft werden, als die Quelle der Psoriasis ansehen zu dürfen. Hierauf stellte ich folgende Culturversuche an: Ich nahm der an Psoriasis Leidenden von der obern Brust- gegend eine Partie Hautschuppen, abgestorbene Epidermisschuppen, Sporen, Gährungszellen, welche durch ein Gemisch von Jod und Schwefelsäure unter dem Mikroskope dauernd gefärbt wurden und dann ihre Bewegung aufgaben. Nicht wenig wurden wir über- rascht, im Blute dieselben Gährungskörper aufzufinden, worauf wir, da nach einer äussern zweckentsprechenden Behandlung von Innen her wiederholte Nachschübe auftraten, gebracht wurden. Die Methode der Blutuntersuchung wurde von Dr. Lövinson zur bessern Beobachtung in folgender Weise ausgeführt: Mittelst einer Lancette wurde ein tief unter der Haut fort- seführter Einstich in die zu untersuchende Stelle gemacht, nach- dem dieselbe sorgfältig vorher mit absolutem Alkohol abgewaschen und gereinigt war, das Instrument wurde entfernt, der entsprechend reingemachte Objectträger darüber gehalten und so trat das Blut unmittelbar, ohne mit der Luft in Verbindung zu treten, aus der Wunde auf das Untersuchungsglas, wo es mit einem Deckglase geschlossen und verkittet wurde; ein daneben stehendes Mikroskop war mit einem Erwärmungstisch versehen, welcher bereits eine Temperatur von 40° C. enthielt, und welche durch zweckmässige Construction des Erwärmungstisches mehrere Stunden constant behufs der Beobachtung erhalten werden konnte. Weil nun die Haut mehr äusseren Verunreinigungen ausgesetzt ist, zog ich es vor, auf diese Weise gewonnenes Blut zu den Culturen zu ver- wenden und brachte es am 10. März auf die entsprechenden Sub- strate unter die bereits beschriebenen Culturapparate. Als Nähr- substrat wählte ich desinfieirte Citrone, 30 Minuten lang gekochten Kleister, eben so lange gekochte Kartoffeln und endlich Fleisch- extract. Die durchschnittliche Temperatur in der Culturzeit war 22° C. und Feuchtigkeit 23° A. Am 12. Juni war die Citrone mit Pleonospora herbariorum überwuchert. Aus derselben war eine Flüssigkeit getreten, welche mit Gährungselementen angefüllt war, aber nicht sauer reagirte. Ebenso wie jener Pilz war Penicillium crustaceum Fr. vertreten. — Der Kleisterapparat zeigte beim Oeffnen des Korkes, an dessen Fläche Eurotium herbariorum, der Kleister war mit Penieillium überzogen, dessen Sporen den ganzen innern Boden des Apparates überdeckten. Der Kleister war mit 968 0. Klotzsch, vegetativen Fäden durchzogen, die mit einander verwuchsen und sich copulirten. Die Reaction war sauer, der Geruch nicht un- angenehm. Bei der Kartoffeleultur war der Kork auf der innern Seite mit Penicillium überzogen, ebenso das Katoffelstück selbst, welches im Innern braun gefärbt war. Die Zellen derselben waren mit Mycelfäden durchwebt und Jod färbte die geplatzten Stärkemehl- körner nicht mehr blau. Der Fleischextract war sehr unverändert, nur Gährungsfermente darin, in Form der Monasketten, sonst war Apparat und Substrat vollständig rein von jeder Pilzvegetation. Der Fleischextract reagirte schwach sauer. Eine andere Versuchsreihe wurde schon früher, am 12. Januar, in gleichen Apparaten ausgeführt. In mit Salzsäure angesäuertem Wasser, welches als Nähr- substrat dienen sollte, fanden sich am 20. Januar viel gekernte Sporen; die Oberfläche der Flüssigkeit war sehr bacterienreich, während der Boden mit vegetativen Fäden bedeckt war. Eine Cultur auf Zucker und Ammoniak hatte gar kein Re- sultat ergeben. Eine Aussaat auf desinficirte Citrone liess am 27. Januar un- regelmässig geformte, zusammenhängende Massen erkennen, die mit einem Mycelgewebe. verbunden waren. Dazwischen befanden sich massenhafte Sporen. Eine Aussaat auf Kleister, welche, wie die übrigen, am 12. Januar angestellt war, liess am 7. Februar einen Ueberzug von Mucor Mucedo erkennen. Hierzwischen fand sich Penicillium, doch immer auf einem eigenen Mycelium. Der Kleister selbst befand sich in Gährung. | Am 18. März wurde mit dem Blute von der Brust der oben Angeführten, welches die bereits beschriebene Beschaffenheit hatte, einem Kaninchen in’s Ohr geimpft. Am 14. April zeigte sich ein Geschwiir an der Impfstelle des Kaninchens, welches mit Hiter- zellen angefüllt war und in welchem sich stellenweise Sporenhaufen mit plasmatischem Inhalte zeigten, welche aber erst bei einer 800maligen Vergrösserung mit Immersion hervortraten. Dieses Substrat, in Wasser gebracht, zeigte nach 14 Tagen viel Bildungen von Spirillen, die sich ungleichmässig drehten. Am 20. April säete ich von dieser Eitermasse auf Kleister. Der Culturapparat war am 3. Juni ganz rein von höheren Pilzen. Der Kleister war noch sehr feucht und in ihm einzelne Sporen, die stark lichtbrechend waren. Auf sekochtem Apfel hatte sich durchaus Nichts gebildet, Untersuchungen über die Natur der Gahrungserscheinungen. 269 weder höhere Pilzformen noch Pilzfermente waren ausfindig zu machen. Fleischextract reagirte nicht sauer und liessen sich in ihm einige Leptothrixreihen erkennen. Bei noch 3 anderen Kaninchen wurden Impfversuche bei an- deren Körpertheilen. wie in’s Auge u. s. w., ausgeführt, waren aber erfolglos. Diphtheritis. Die Diphtheritis herrschte 1517 in Holland, verbreitete sich nach Basel und erschien später in Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich, wo sie nach Roger mit gangranösen Epidemieen verwechselt wurde. In Amerika ist bekanntlich Washington an derselben gestorben. Dr. Samuel Bond in New-York erkannte zuerst 1771 die Natur dieser Krankheit. Bei der Pathologie der Diphtheritis handelt es sich zunächst um eine genaue Kenntniss des Exsudats. Bei der noch immer epidemisch herrschenden Diphtheritis hatte ich m der Praxis des Dr. Lövinson vielfach Gelegenheit, diese sefährliche Krankheit bei Lebenden und an Leichen zu untersuchen und sei es mir gestattet, sofort den mikroskopischen Befund hier folgen zu lassen. Die Untersuchung des Blutes, welches in derselben Weise, wie bei der Psoriasis gewonnen wurde, ergab eine Sporenanhäufung zwischen den Blutkörperchen, die auf den Blutkörpern selbst auf- trat. Sie waren stark lichtbrechend und meist beweglich. Zwischen den Blutkörpern trat bei dieser Krankheit eine Faserbildung auf, die wie Krystalle anschoss und das Gesichtsfeld des Mikroskopes in dieser Weise überzog und die andererseits erst bei 600maliger Vergrösserung deutlich zu erkennen war. Die mikroskopische Unter- suchung der Rachenhöhlsubstrate ergab auf der Oberfläche einen Complex von Epithelzellen aller Arten, sehr viel Eiter und selbst Blutkörper, auch Schleimkörper waren massenhaft vertreten. Die Epithelschieht war im Ganzen gehoben, zu häutigen Ablagerungen, oft baumartig gruppirt und unter sich durch das Secret verbunden. Ausserdem fand ich die Gährungsformen, wie Bacterien, Monasketten. Leptothrixbildungen, die ich sämmtlich als Pilzbildungen stets ansehe, sehr reichlich vertreten. Einige Male fand ich auf den Spitzen der baumartig gebildeten Epithelablagerungen runde Spo- rangien mit körnigem Inhalt, welche aber in den aufbewahrten Präparaten zusammengeschrumpft sind und wie sie Letzerich Jan. 1869 in Virchow 's Archiv Bd. 45 Heft 3 und 4 vorzüglich abgebildet hat. 270 0. Klotzsch, Ein einziges Mal gelang es mir, in der Rachenhöhle eines diphtheritischen Kindes den von Hallier beschriebenen Pilz Di- plosporium fuscum zu finden. Ein weiteres Stadium der Krank- heit zeigte mir einen Ausschlag der untern Extremitäten, besonders der Schleimhäute, wie die der Scheide, des Afters, von wo es sich auf die Umgegend fortpflanzte. Die Pilzelemente der Gährungs- formen fand ich wie die des Rachens. In einigen Fällen fand ich ungeformte Massen, die mit Mycelfäden verbunden waren und die mit der Pilzbildung der Psoriasiscultur auf Citrone identisch waren. Durch das Auftreten der Diphtheritis glaubten wir annehmen zu dürfen, dass eine Verwandtschaft der Krankheit mit Herpes stattfindet. De Bary zeigt uns beim Brande des Getreides, dass ein und derselbe Pilz, auf verschiedene Pflanzen übertragen, auch ver- schiedene Krankheiten erzeugt. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass eine Pilzart, die in verschiedene Menschen - Organismen ein- dringt, in diesen ebenfalls verschiedene Krankheitsformen hervor- rufen kann. Dr. Lövinson beobachtete, dass Diphtheritis häufig da vor- kam, wo sich, wie ich aus eigener Beobachtung constatiren kann, Herpesformen an Personen vorfanden, die mit den diphtheritischen in naher Beziehung standen. Ebenso wie ich mit Bestimmtheit an- nehme, dass unsere exotischen Pflanzen die Träger von derartigen Pilzschmarotzern sind, so können uns auch die zoologischen Gärten u. s. w. solche zuführen und wäre es der Mühe wohl werth, einmal gründliche Untersuchungen anzustellen. Rhufz, ,,Diphtherite chez les Poules. Bull. de ’Aacad. de Med. Seance du 29 Juillet 1861“. Rhufz legt der Akademie ein Huhn vor, welches im zoologischen Acclimatisationsgarten an Diphtheritis gestorben war. Dr. Regual erinnerte bei dieser Gelegenheit an das massenhafte Auftreten der Diphtheritis bei Hühnern in der Umgegend von Paris, insbesondere bei neu eingeführten. Häring beobachtete dasselbe in der dor- pater Gegend. Bei Kaninchen hat sich trotz der von Hüter ver- öffentlichten Impfversuche bei unsern Versuchen bisher kein po- sitives Ergebniss herausgestellt. Für das miasmatische Auftreten dieser Krankheit spricht G uille- mant, Considerations sur l’angine conneuse ou diphterique d’a- prés une epidémie observée & Lonhaus. These, Paris. Derselbe beobachtete mit semem Vater 2500 Fälle von Diphtheritis in 3 Jah- ren. Begünstigt wurde die Epidemie durch schlechte, dumpfige Lage des Ortes und waren z. Z. ungewöhnlich viele Pflanzenkrankheiten Untersuchungen über die Natur der Gahrungserscheinungen. 271 zu bemerken. Dieser Epidemie ging eine Viehseuche, eine entzünd- liche Maul- und Rachen-Affeetion bei Kühen und Pferden voran. Um zweckentsprechende Culturversuche anzustellen, entnahm ich von einem 1'/,jährigen diphtheritischen Kinde 6 Stunden nach dem Tode das Substrat aus der Luftröhre. Das Kind, ein Mädchen, war in der letzten Zeit, leider aber viel zu spät, einer Alkohol- behandlung unterworfen worden, welche sich von dem, was ich gesehen, am zweckentsprechendsten bewährte, nachdem es vorher entsetzlich mit Höllenstein und anderen Beizmitteln tractirt worden war. Obgleich der Alkohol wirklich entschieden wirkte, war doch bereits die Krankheit zu weit vorgeschritten und der Tod trat ein. Nach Aussage der Eltern hatte sich die Krankheit in diesem Falle an den Schleimhäuten der untern Extremitäten zuerst gezeigt. Auch dieses Kind war mit andern Kindern, die mit Herpesformen be- haftet waren, in innigem Verkehr gewesen. Die Versuche wurden am 1. März in genügend beschriebener Weise auf Fleischextract, Citrone und Kleister, nachdem Alles möglichst gut desinfieirt und mikroskopisch die Gegenwart der Sporen auf dem Aussaatsubstrate constatirt war, angestellt. Nach 3 Monaten wurden die Culturapparate nachgesehen und hatten inzwischen unter einer durchschnittlichen Temperatur von 24° C. und einer Feuchtigkeit von 22° A. gestanden. Der Geruch des Fleischextracts war von dem des gewöhnlichen nicht zu unter- scheiden, in ihm fanden sich Bacterien und runde einzellige Sporen, sog. Luftformen von Pilzen waren nicht vorhanden, wie überhaupt der Apparat sonst rein war. Die Citrone hatte einen gelben Saft ausgeschwitzt, war voll- ständig faul, so dass die Fäulniss die Gefässe derselben theilweise macerirt hatte, während sie äusserlich mit Penicillium, welches Coremium bildete, überwuchert war. Der ausgetretene Saft reagirte sauer und war mit dem von Hallier beschriebenen Arthrococeus angehäuft. Diese Masse beobachtete ich 2 Tage unter dem Mikro- skop auf gekochter, concentrirter Milch, Leptothrixbüsche traten hervor, wie sie stets auf der Zunge des Menschen anzutreffen sind. Der Kleister war vollständig zusammengetrocknet, mit Hyphen durchwebt, welche Penicillium erustaceum Fr. an die Oberfläche sendeten, womit auch der Culturapparat überzogen war. Auch auf dem Napfe des Culturapparats fanden sich Pilzbildungen vor. Die innere Korkseite war mit Aspergillus und Eurotium be- deckt. 1723. 18 272 0. Klotzsch. Eine andere Versuchsreihe wurde gleichzeitig in derselben Weise angestellt, aber das Aussaatmaterial, welches viel Schwärmsporen enthielt, von einem Geschwüre desselben Kindes am Oberschenkel entnommen, welches tief ausgeschält wurde und selbst später. ohne zu faulen, mumificirte. Die Culturen wurden auf folgenden Nähr- substraten vollzogen: auf Kleister, Citrone, Fleischextraet und ab- gekochten Kartoffeln. Der Kleisterapparat liess weder eine Luftform von Pilzen, noch Gährungsformen erkennen. Die Citrone zeigte schon nach 3 Wochen Coremienbildungen von Penicillium. Eine Absonderung der Flüssig- keit hatte nicht stattgefunden. Nach Verlauf von 3 Monaten. wo dieser und die übrigen Apparate untersucht wurden, zeigte sich neben diesen Schimmelbildungen Eurotium und Aspergillus am Korke. Der Fleischextract war mit weissen Flecken bedeckt, die sich als Krystalle zu erkennen gaben und die sich in Salpetersäure lösten. In ihnen fanden sich Bacterien und Schwärmsporen, während im Uebrigen der Apparat rein war. Die Kartoffel war mit Penicillium überzogen, der Kork mit Aspergillus und Eurotium. Die Kartoffel war nicht gefault und zeigte an einigen Stellen Cryptocoecuszellen. die sich. wie ich mich überzeugte, durch Sprossung fortpflanzten. Gleichzeitig mit jener Cultur wurde aus der Luftröhre des secirten diphtheritischen Kindes ein Substrat entnommen und damit ein Impfversuch auf ein Kaninchen gemacht; indem das Substrat Schwärmsporen und Eiterzellen massenhaft enthielt, wurde dasselbe mittelst Impfnadel auf dem Rücken des Kaninchens unter die Haut gebracht. Sechs Tage nach stattgefundener Impfung sah man qu. Kaninchen traurig. wenngleich die Fressluft bis zum Tode nicht aufhörte. Die nähere Untersuchung ergab, dass sich unter der Impfstelle 2 Blutunterlaufungen befanden, die sich später als Ge- schwüre zu erkennen gaben, auch an andern Stellen des Rumpfes und der hinteren Oberschenkel traten solche Geschwüre auf, indem sich kreisrunde, einen Zoll Durchmesser habende haarlose Stellen zeigten. Die Epidermis hob sich mit den Haaren: die Geschwürs- fläche war dunkelroth, missfarbig und die sich aussondernde Flüssig- keit bildete einen glänzenden Ueberzug, unter welchem sich in Zersetzung begriffene Gewebstheile befanden. Am 12. Tage nach der Impfung fand ich auf genannten Geschwürsflächen grosse Massen von Schwärmsporen, die sich in starker Bewegung befanden, grössere Sporen mit Kernen und mit Schizosporangien. Nach 14 Tagen Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 273 * fand man das Kaninchen früh todt auf der Seite liegen. Aeusser- lich hatten sich noch mehrere Geschwüre gebildet. Das Thier hatte weder gehustet, noch sonst einen Laut von sich gegeben. Ich untersuchte sofort die geschwürige Haut und diese zeigte die be- kannten und beschriebenen Gährungsfermente, auch fand ich Schizo- sporangien und Leptothrixbildungen, deren Wände sich unter dem Mikroskop loslöseten, Sporen entliessen, die sich bewegten. Selbst Sporen, die dem Diplosporium ähnlich waren, fanden sich vor. Lunge, Leber, Nieren waren gesund, das Herz war blutreich, hatte Faserstoff abgesondert und enthielt Sporen. Die Luftröhre war makroskopisch gesund, aber mikroskopisch mit einem unseptirten Mycelgewebe überzogen. Einem andern Kaninchen wurde mit vorigem gleichzeitig das Substrat von dem diphtheritischen Geschwüre auf die Conjunctiva beider Augen gebracht, doch blieb dieselbe, wie auch bei andern Kaninchen, in einem spätern Versuche völlig intact. Am 15. März brachte ich sporenreiche Masse von den Ge- schwüren des obenbezeichneten gestorbenen Kaninchens in die Culturapparate und zwar auf desinficirten Fleischextract, Apfel, Kleister und Kartoffeln, welche ich nach 3 Monaten revidirte. Der Fleischextract war mit Aspergillus und Eurotium überzogen, welche auch den Apparat überwucherten. Ein ebenso unsicheres Resultat zeigte sich beim Apfel. Er selbst war in Fäulniss, zeigte Lepto- thrixbildungen u. s. w., Aspergillus, Eurotium und Penicillium. Ein zufällig m den Apparat hineingekommenes Kaninchenhaar war mit Aspergillus überzogen. Dieselben Pilze wucherten auf dem sehr sauern und in Fäul- niss übergegangenen Kleister. Die Kartoffel war im Innern noch gut erhalten, obgleich sich. Leptothrixbildungen massenhaft zeigten und Aspergillus im Innern der Kartoffel fructificirte. Die äussere Schicht war von Aspergillus und Eurotium filzig umzogen, unter welchem sich noch einige Haare vom Kaninchen fanden. Diese waren mit Aspergillus ebenfalls umwunden, stel- lenweise aber mit knotigen Verdickungen besetzt (Sclerotien von Aspergillus), welche bei Wasserzusatz in einzelne Sporen zerfielen. Im Innern des Haares sah man ebenfalls, aber kleinere, längliche und dunklere Sporen mit verdickten Enden, welche beim Wasser- zusatze des Präparates eine Strömung nahmen, wie sie in den Blüthenhaaren der Tradescantia bekannt ist. 18 * 274 0. Klotzsch. » Noch einem andern Kaninchen impften wir auf dem Rücken, welches Substrat dazu wir am 17. Mai von einem 2'/‚jährigen diphtheritischen Mädchen, welches 24 Stunden später starb, ent- nahmen. - Als Impfsubstrat hatten wir hier Blut genommen, das zahlreich mit Sporen angefüllt war. Gleichzeitig stellte ich auch hier eine Culturreihe an und gebrauchte auch hier als Nährsub- strat Kleister, Fleischextract und gekochte Kartoffeln. Nachdem dieselben 2 Monate in den beschriebenen Culturapparaten unter einer mittleren Temperatur von 27°C. und einer Feuchtigkeit von 19° A. gestanden hatten, wurden dieselben revidirt. Der Kleister war noch sehr wasserhaltig, reagirte neutral und zeigte einige Fermente, sonst war der Apparat ganz und gar rein. Ganz dasselbe Resultat lieferte der Fleischextract und die Kartoffel liess gar nichts erkennen. Von demselben Kinde entnahm ich 36 Stunden nach dem Tode aus der Luftröhre schwärmsporenreiche Massen und brachte sie in derselben Zeit und unter denselben Bedingungen auf Klei- ster, Fleischextract und Kartoffeln. Der Kleister war bei der Un- tersuchung trocken und wie der Apparat ganz und gar rein. Fleischextract und Kartoffeln verhielten sich identisch. Syphilis. Ich kann nicht umhin, annehmen zu müssen, dass auch die Syphilis auf einem Schmarotzer beruht, in Folge dessen ich auch hiermit Culturversuche anstellte. So viel steht fest, dass diese Krankheit uns durch Columbus von Amerika herübergebracht wurde, gewiss Grund genug, um annehmen zu können, dass wir es hier mit einem Parasiten zu thun haben. Bei Untersuchung von sorgfältig gewonnenem Blute, unter dem Erwärmungstisch des Mikroskops beobachtet, unterscheidet sich das syphilitische von dem andern. Ebenso wie im Blute fin- den sich die Sporen in der Haut, besonders in den in der Psoria- sis syphilitica bezeichneten Hautexanthemen Syphilitischer. Von diesem machte ich folgende Culturversuche auf Kleister, Fleischextract und auf eine mit Alkohol desinficirte Apfelscheibe, nachdem sie in den vorher beschriebenen Culturapparaten unter einer durchschnittlichen Temperatur von 26° C. und einer Feuch- tigkeit von 21° A. gestanden, waren die Apparate an und für sich vollständig rein, ein Beweis, dass die Apparate die bekannten Ein- Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 275 dringlinge zurückhielten. Der Kleister war noch sehr wasserhal- tig, enthielt Leptothrixbildungen und Sporen mit verdickter Mem- bran. Ganz und gar gleich verhielt sich der Fleischextract. Der Apfel war an der Impfstelle mit einer braunen, glänzen- den Masse überzogen, die sich nicht in’s Innere fortsetzte. Im Innern des Apfels war keine Fermentation wahrzunehmen. Diese braune Masse bestand aus Sporen mit starker brauner Membran, die auf Sporenreihen bei der Bildung deuteten, doch ist es ja be- kannt, dass man nach den Sporen allein die Pilzbildung nicht be- stimmen kann. Hierzu gehören Entwickelungsgeschichten, welche ich, so weit ich sie auch bereits vorgearbeitet habe, mir für eine spätere Arbeit vorbehalte. Ich glaube wohl, dass dies Product das eigentliche Contagium der Syphilis ist und werde ich einem Jeden, der sich für die Sache interessirt, das Präparat vorlegen. Eine entsprechende Culturreihe wurde von demselben Indivi- duum aus den syphilitischen Rachengeschwüren unter gleichen Be- dingungen auf Kleister, Fleischextract und auf mit Alkohol desin- ficirtem Apfel angestellt. Auf dem Kleister und in demselben hatte sich nichts gebildet. Die Stärkekörner färbten sich mit Jod blau. Das Substrat reagirte neutral. Ganz ebenso verhielt sich der Fleischextract und der Apfel. Am 23. Mai erhielt ich von Dr. Lövinson eine höchst aus- gebildete Form einer’ bereits tertiären Syphilis eines 20jährigen Mannes. Von dem Blute machte ich eine Cultur auf Keister. Der Apparat war bei der Untersuchung sonst rein und auf der Mitte der Oberfläche des Kleisters, also auf der Impfstelle, hatte sich eine Membran gebildet, auf der Sporenreihen lagen mit verdickter, brauner Membran, ganz so, wie die auf dem obigen Apfelpräparat eines andern Syphilitischen, und so bestärkte mich dieser Fund noch ganz besonders in der oben ausgesprochenen Ansicht. Masern, Scharlach und Pocken. Am 24. Mai brachte ich Maserschuppen, welche zahlreiche Schwärmsporen enthielten und am 13. Tage der Krankheit ent- nommen wurden, in Culturapparate. Zum Nährsubstrate dienten gekochte Kartoftelstiicke und, Fleischextract. Nach 5 Monaten bei einem durchschnittlichen Einfluss einer Temperatur von 27°C. und 19° A. war die Kartoffel mit Penicillium überwuchert und sehr stark in Fäulniss übergegangen. Ich kann wohl hier anneh- 276 0. Klotzsch, men, dass, da die Luft des Krankenzimmers, welche ich nieder- schlug, massenhafte Schwärmsporen enthielt, welche sich vor mei- nen Augen, unter dem Mikroskop beobachtet, zu Leptothrixformen ausbildeten, jene Sporen sich unberufen eingemischt hatten. Der Fleischextract zeigte zwar nichts, aber wie aus diesem und andern Versuchen hervorgeht, scheint er ein schlechtes Nährsubstrat für Pilze zu bilden. Dieselbe Versuchsreihe wurde mit dem Blute des Maserkran- ken ausgeführt, deren Resultate dem obigen ganz gleich waren. Am 15. Mai hatte ich Gelegenheit, Scharlachblut in der Kran- kenstube am 14. Tage nach Ausbruch der Krankheit aufzunehmen und zu cultiviren, und führte dies auf Kleister, Fleischextraet und mit Alkohol desinficirtem Apfel aus. Leider ergab die 8 Wochen später erfolgte Revision gar nichts, während welcher Zeit sie einer durchschnittlichen Temperatur von 25° C.-und 20° A: ausgesetzt waren. Einmal hatte ich Gelegenheit, schwarze Pocken auf concen- trirter Milch unterm Mikroskop zu züchten, aber auch dieser Ver- such war erfolglos. Zum Schlusse bemerke ich noch, dass die gebrauchten Nähr- substrate für Pilzeulturen nur ausnahmsweise eine Pilzbildung der bekannten Pilze producirten. : Prof. Hallier in Jena, der sich schon seit geraumer Zeit diesen Untersuchungen hingiebt, war es insbesondere, der in der Mykologie Veranlassung zu einer grossen wissenschaftlichen Streit- frage gab, indem seine Ansichten und zwar von sehr competenter Seite, wie De Bary, Hoffmann, Rees, Virchow, beanstan- det wurden. Nach Hallier gehen die Hefenbildungen, welche also die Gährung einleiten, aus Brand- und Schimmelpilzen her- vor. Sie bilden eine Grundform, welche er mit dem Namen Mi- crococcus bezeichnet und sind nach ihm einzellige Sporen, deren Plasmainhalt zu Schwärmsporen verfällt. Dieser Micrococcus lei- tet nach Hallier in einer zuckerhaltigen Flüssigkeit die alkoho- lische Gährung ein, indem sich aus ihm Cryptococcus oder Spross- hefe bildet. Bei weniger Zuckerzusatz des qu. Substrats bildet sich aus ihm Arthrococcus oder Gliederhefe, die nicht, wie jene, sich durch Sprossen, sondern durch Zerfallen vermehrt. Eine andere Behauptung Hallier’s ist, dass höhere Pilze, welche Krankheiten bedingen, besondere Mucor- und Penicilliumfor- Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 277 men haben, die sich morphologisch von einander unterscheiden lassen. Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, mich in diese Streit- frage näher einzulassen und abgesehen von derselben suchten wir Alles aufzubieten, um so unbefangen und vorsichtig wie möglich und ganz und gar vorurtheilsfrei die Sache an und für sich auf- zunehmen, zu welchem Zwecke sogar Dr. Lövinson nach Jena reiste, um sich von den Arbeiten und localen Verhältnissen Hal- lier’s daselbst zu informiren. Die Methode meiner Untersuchung wich von der Hallier’s insofern ab, als ich eine gewisse Zeit feststellte und dann das Resultat entgegennahm, während Hal- lier täglich die Apparate untersuchte, wobei nicht geleugnet wer- den soll, dass auch diese Methode ihre Vortheile bietet. Ich hatte es dabei aber so sehr mit eingedrungenen Pilzen zu thun, dass ich davon abstand. Auch muss ich erwähnen, dass der Cultur- raum meiner Apparate, getrennt vom Arbeitszimmer, mit Erfolg durch eine Luftventilation versehen wurde. Ohne vorgefasste Meinung hebe ich von meinen Arbeiten her- vor, dass diese so eingerichteten Culturapparate bezüglich des Ein- dringens fremder Sporen und der Desinfection sich bewährten, wie besonders daraus hervorging. dass die gebrauchten, unbesäe- ten Substrate nach drei und mehreren Monaten sich in den Ap- paraten weder verändert, noch mit Pilzen überzogen hatten. Die Substrate selbst verhielten sich ungleich. Während sich Kleister und Fleischextract als unzuverlässig bezeichnen lassen, hebe ich hartes Obst besonders als zweckentsprechend hervor. Bei den Zähnen und bei Syphilis habe ich die unbedingte Ueberzeugung gewonnen, dass ich es in den Culturen mit den krankheitsbedin- senden Parasiten zu thun hatte. Die Hallier’sche Ansicht, dass sich aus diesen Pilzen Mucor- und Penieilliumformen von bestimmtem morphologischen Bau un- terscheiden lassen, kann ich nach diesen meinen Untersuchungen nicht constatiren; immerhin sind aber alle dergleichen Unter- suchungen von wissenschaftlichem Werthe. Um jedoch einen durchschlagenden Beweis zu führen, muss eine Schritt für Schritt gehende Entwickelung des Parasiten unter dem Mikroskope und von Tag zu Tag nicht nur, sondern von Stunde zu Stunde aufs Sorgfältigste verfolgt werden. 278 0. Klotzsch, III. Hauptabschnitt. Dies ene e.t10‘n. Wie die Pasteur’schen Versuche zeigen, ja, wie sich Jeder aus eigener Anschauung überzeugen kann, finden sich in jeder faulen Gährung Bacterien, . Vibrionen und Leptothrixbildungen, welche wir als Pilzbildungen unter der Bezeichnung ,,Ferment- körper“ zusammenfassen. Ich habe die Ueberzeugung, dass alle diese Fermentkörper morphe Formen höherer Pilze sind. Sie sind bei der Gährung und Fäulniss die Gährungserreger und sie ver- nichten, heisst „desinficiren“. Die Gerüche, welche bei der Fäulniss und Verwesung eintreten, sind erst Folgen der Zersetzung, chemischer Zerlegungen, welche die Fermente veranlassen, weshalb man fälschlich oft unter Desinfection die Zerstörung dieser Ge- rüche versteht. Nur durch das Mikroskop ist die Desinfeetion zu constatiren, während der Geruchssinn erst in zweiter Instanz Zeug- niss dafür ablegen kann. Flüssigkeiten sind oft geruchlos und doch noch fermenthaltig, wie man dies leicht beobachten kann, wenn einer faulen Gährung übermangansaures Kali zugesetzt wird. — Nach 15 Minuten an- dauerndem Kochen bei 120° C. sind jene Fermente, wie ich mich selbst überzeugte, nicht mehr fortbildungsfahig. Da nun aber eine solche Prozedur nicht überall anzuwenden ist, so suchte ich folgende Versuchsreihen anzustellen, welche erstere ich bei 20° C. Zimmertemperatur und 20° A. Feuchtigkeit ausführte. Es wurden stark mit Penicillium überwucherte Schinkenstücke unter Apparate gebracht, die eine weitere Zufuhr von Pilzsporen aus der Stube unmöglich machten, hingegen einen Zufluss von Luft gestatteten. Jedes Versuchssubstrat wurde 2 Minuten der Einwirkung eines Reagensmittels ausgesetzt und nach 36 Stunden die Revision unternommen. A. Die Pilzvegetation wurde eher befördert als un- terbrochen: 1) Opium unterstützte die Wucherung der Pilze auffallend; 2) Schwefelcyankalium zeigte durchaus keine Wirkung; 3) Ammoniak verhielt sich ebenso; 4) Chromsäurelösung desgleichen; 5) Arsenik äusserte auch gar keinen Einfluss; 6) schwefelige Säure desgleichen; 7) Chlorkalk, die Ausdünstung desselben verhielt sich ebenso. Untersuchungen über die Natur der Gahrungserscheinungen. 279 B. Die Wirkung war eine zweifelhafte: 8) 10°/, übermangansaures Kali liess die Pilze fortvegeti- ren; 9) 40° Spiritus ebenfalls; 10) verdünnte Schwefelsäure beförderte die Leptothrixbil- dung; 11) concentrirte Höllensteinlösung ätzte das Fleisch sofort weiss, wirkte aber gegen jede Erwartung höchst unvollstän- dig, so dass ich das damit behandelte Präparat in meiner Sammlung aufbewahre, welches trotz der Einwirkung des Höllensteins die Fortvegetation der Pilze deutlich zeigt; 12) Alkohol und Schwefeläther zu gleichen Theilen, vernich- teten das Penicillium, aber nicht die Fermentkörper. C. Die Wirkung war eine hemmende: 13) Buchenholz-Creosot bildete eine Haut, aus welcher aber wieder Pilze hervorsprossten ; 14) Eisenchlorid beeinträchtigte die Pilzbildung; 15) Jodlösung in Spiritus desgleichen; 16) Garbolsäure wirkte auch nicht ganz vollständig, denn nach 36 Stunden sah man neue Sprossungen hervortreten; 17) Salpetersäure verhielt sich ähnlich; 18) Kalkwasser liess eine Schwächung der Vegetation wahr- nehmen. D. Eine vollständige Wirkung erzielten: 19) Concentrirte Kalilauge vernichtete die ganze Pilzbildung; 20) verdünntere Kalilauge desgleichen; 21) 96°/, Alkohol desgleichen; 22) concentrirte Schwefelsäure vernichtete Alles. Folgende Versuchsreihe wurde hierauf unter gleichen äusseren Bedingungen unternommen: 10 Gramm Wasser und 1 Gramm Fleischextract wurden in einem Reagenzglase aufgekocht, wodurch eine Lösung stattfand. Nach dem Erkalten wurde etwas von einem faulen Apfel zugesetzt und das Substrat dem Zutritte der Luft preisgegeben. Nach Ver- lauf von 1!/, Tagen sah ich bei einer 300maligen Vergrösserung Reste des Apfels und vegetative Mycelfäden, bei einer 600maligen Vergrösserung zeigten sich Leptothrixbildungen und sich punktför- mig bewegende Körper, die ich als Schwärmsporen bezeichne. Nach 3 Tagen fanden sich keimende Penicilliumsporen und fructi- ficirende Fäden, die zum Theil in Oidiumformen übergingen, Monas 280 0. Klotzsch, crepuseulum, Bacterien und deren Uebergänge. Nach 5 Tagen war die Penicilliumkeimung noch: weiter vorgeschritten, während sich die andern Fermentbildungen noch mehr vermehrt hatten. Bei den Bacterien beobachtete ich hier, dass bei der Bewegung bald das eine, bald das andere Polende vorausging. Ich setzte 1 Gramm Terpentinöl hinzu, welches nach 48 Stunden keinen Einfluss ausgeübt hatte. Frischer Fleischextract, nicht aufgekocht, zeigte bei der un- mittelbaren Untersuchung Leptothrixbildung. Säete man Penicil- lium darauf, so konnte man nach 2 Tagen die Masse mit fructifi- eirenden Hyphen überwebt und durchwebt finden. Mit Anwendung von übermangansaurem Kali, welches an jedem Tage dem Sub- strate zugemischt wurde, konnte die Pilzvegetation nicht unter- brochen werden, im Gegentheil sah man täglich neue Pilzfäden aus der Masse hervorsprossen. Ich nahm nochmals Fleischextract, brachte Gährungszellen einer faulen Birne mit ihm in Berührung und nach 12 Tagen war er sehr stark mit Penicillium überwuchert. Dann wurde jeden Tag, 8 Tage hindurch, 1 Gramm 10°, über- mangansaures Kali zugesetzt. Das Gefäss mit dem Substrate befand sich unter einer Glasglocke, um die Sporen aus der Luft des Zimmers fern zu halten, und nachdem nun der übermangan- saure Kalizusatz 1 Tag unterblieben war, sprosste weisser Schim- mel aus dem Substrate hervor. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass dies Penicilliumpinsel waren, während im Innern eine lebhafte faule Gährung stattfand. welche sich selbst durch den dumpfen Geruch charakterisirte. Uebermangansaures Kali, in Wasser gelöst und mit Penicillium besäet, lässt eine Bacterien- bildung zu, deren schleimige Umhüllung sich braun färbt und welche ihre Lebensfähigkeit durch muntere Bewegung zu erkennen siebt. Dass das übermangansaure Kali nicht völlig desinficirt, be- merkte schon Meyer in seiner Schrift: Untersuchungen über die alkoholische Gährung, den Stoffbedarf und den Stoffwechsel der Hefenpflanze. Heidelberg 1869. 10 Gramm Wasser mit 1 Gramm Fleischextract bis zur Lö- sung gesotten und mit nichtfructificirendem Schimmel von einer Mohrrübe verbunden, blieb 3 Tage in einem offenstehenden Rea- genzglase. Es zeigten sich bei der Untersuchung Gährungsfer- mente, wie bei schwachsaurer Reaction. Wieder nach Verlauf von 3 Tagen sah man theils zur Ruhe gekommene, theils sich bewe- sende Bacterien, durch welche die Flüssigkeit auffallend getrübt Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 281 wurde. Am Rande der Flüssigkeit zeigte sich eine Pilzvegeta- tion. Wieder nach 3 Tagen fanden sich noch weit mehr Lepto- thrixbildungen; nun setzte ich 1 Gramm Arsenik hinzu. Nach 2 Tagen war die Vegetation und die Bewegung nicht gestört worden und wurde ein starker fauler Geruch bemerkbar bei schwach alkalischer Reaction. In gleicher Weise wurden 5 Gramm Fleischextract in 50 Gramm kochendem Wasser gelöst und in 5 offenen Reagenzgläsern dem Einflusse der Luft ausgesetzt. Nach 3 Tagen sah man bei 600maliger Vergrösserung Schwärm- sporen, wieder nach Verlauf von 3 Tagen Bacterienschleim, dessen Bacterien zum grossen Theil in gleichmässiger Bewegung waren. Drei Gläser wurden mit Schimmel einer Mohrrübe besäet, welcher nicht fructifieirte, die beiden übrigen mit Penicillium eru- staceum Fr. von einem Apfel. Nach 3 Tagen zeigten die 3 ersten Gläser Oidiumformen, Vermehrung von s. g. Monas und Bacterien. Zu einer von diesen setzte ich 1 Gramm 98grädigen absolu- ten Alkohol, zur zweiten 1 Gramm Kochsalz und zur dritten 1 Gramm Schwefelkohlenstoft. | Der Alkohol zeigte zwar nach 36 Stunden am obern Theil der Flüssigkeit eine Beeinträchtigung, aber wegen der Verdünnung keine völlige Aufhebung der Vegetation. Einzelne Bacterien fand ich noch in Bewegung. Ein schwacher Fäulnissgeruch und schwach- saure Reaction, die sich am folgenden Tage noch vermehrte und mit welcher die Vegetation zunahm, wurde erkennbar. Das Koch- salz hatte sem Substrat nach 48 Stunden wenig beeinträchtigt, wiewohl die Einwirkung desselben nicht bezweifelt werden konnte. Es zeigte sich ein etwas fauliger Geruch und eine schwachsaure Reaction. Einige der in dieser Mischung vorhandenen Bacterien brachte ich auf eine feingeschnittene, gut desinficirte Korkplatte, die ich in die bereits beschriebene feuchte Kammer unter dem Mikroskop applieirte und bei einer 500maligen Vergrösserung 5 Tage lang ohne Deckglas beobachtete. Ich gewahrte eine Vermehrung durch Theilung, in welcher sich Uebergänge der Leptothrix deutlich aus- sprachen. | Das Ergebniss des Zusatzes von Schwefelkohlenstoff war eine Unterstützung der Vegetation, die sich durch das Auge. durch einen stark fauligen Geruch und saure Reaction zu erken- nen gab. — Die mit Penicillium besäeten beiden Reagenzgläser 282 0. Klotzsch, zeigten nach 2 Tagen massenhafte Fermentbildungen. Dem einen fügte ich 1 Gramm 5°/, Kalkwasser, dem andern 1 Gramm Opium- tinetur hinzu. Das Kalkwasser verursachte zwar neutrale Reac- tion, doch der Geruch war faulig. Bewegung der Fermentkörper war vorhanden und somit keine oder geringe Wirkung. Die Opiumtinctur wirkte entschieden unterstützend auf die Vege- tation ein. Es zeigte sich sehr fauler Geruch, saure Reaction und massenhaftes Zunehmen der Gährungskörper. 11 Reagenzgläser wurden in einer durchschnittlichen Zimmer- temperatur von 24° C. und 22° A. Feuchtigkeit, jedes mit einem Decoct von einem Gramm Fleischextract und 10 Gramm Wasser gefüllt und offen aufgestellt. Nach 2 Tagen fanden sich in dem- selben vereinzelte Sporen und Bacterienbildungen. Der Inhalt sämmtlicher Gläser wurde mit Penicillium vom Apfel besäet. Nach 5 Tagen war die Vegetation sehr lebhaft im Gange und ich setzte folgende Reagenzien a 1 Gramm hinzu: A. Die Vegetation wurde eher befördert als unter- brochen: 1) Schwefeleyankalium zeigte nach einigen Tagen sehr viele Bacterien, die sich durch Theilung, wie ich dies bei einer 600maligen Vergrösserung beobachtete, vermehrten. Auf dem Grunde der Flüssigkeit fanden sich vegetative Fäden und keimende Sporen. An der Oberfläche waren viele zur Ruhe gekommene Schwärmsporen, Leptothrixbildungen, wie sie sich im Mundschleime vorfinden, und die Reaction dabei war schwach alkalisch. 2) Aether zeigte keinen zerstörenden Einfluss. Die vegetativen Pilzfäden mit Vacuolen; die sich bewegenden Bacterien und die saure Reaction, wie der starke faule Geruch sprachen dafür. 3) Chromsäure desgleichen, nur war der Geruch mehr dumpf. B. Die Wirkung war eine zweifelhafte: 4) Buchenholz-Creosot zeigte sich fast unwirksam, indem sich 2 Tage nach dem Zusatze allerhand Gährungsformen und lebhafte Bewegung bemerkbar machten. 5) Essigsäure verhielt sich ähnlich. Leptothrixbildungen wa- ren sehr viele vorhanden und auch Oidiumformen traten auf. 6) Cantharidentinetur gab keinen grossen Finfluss zu er- kennen, wie bei saurer Reaction viel Gährungselemente, zum Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. | 283 Theil in sehr lebhafter Bewegung, und die vegetativen Pilz- fäden bekundeten. 7) Alkohol verursachte einen dumpfen Geruch des Substrates, die Reaction war sehr stark sauer und der der Essigsäure ähnlich. 8) Essigsäure. Leptothrix- und Oidiumformen waren massen- haft vorhanden. C. Die Wirkung war eine hemmende: 9) Garbolsäure. Im Bodensatz fanden sich noch Oidiumfor- men, während sonst im Substrate die Bacterienbildungen in seringer Anzahl vorhanden waren. ° 10) Sublimatlösung wirkte zerstörend auf die Pilzvegetation, doch dieselbe, wie die Bacterien- und Leptothrixbildungen und der saure Geruch wiesen auf eine unvollständige Des- infection hin. D. Eine vollständige Wirkung erzielte: 11) die Kalilauge. Dieselbe gab in dieser ganzen Versuchs- reihe das einzig günstige Resultat, wenngleich ein dumpfer Geruch nicht zu verkennen war. Das Substrat war fast voll- ständig ohne Leptothrixbildungen, deren wenige durch einen nochmaligen Zusatz des verdünnten Reagens vernichtet wurden: Zu bemerken ist noch, dass die Fortentwickelung der Vege- tation in der feuchten Kammer andauernd und oft wiederholt von uns beobachtet wurde. Hierauf wurden folgende Versuche bei 26° C. und 23° A. Feuchtigkeit ausgeführt: 21 Reagenzgläser wurden mit je 10 Gramm Wasser und 1 Gramm Fleischextract aufgekocht. 10 wurden mit Penicillium- sporen und 11 mit Mucorsporen besäet. In beiden Versuchsreihen waren in 24 Stunden Fermente gebildet, doch enthielten die mit Penicillium besäeten mehr Bacterien. Von je einer Aussaat wurde 1 Gramm übermangansaures Kali, 1 Gramm Kalilauge, 1 Gramm Carbolsäure, 1 Gramm Anilinroth (Fuchsin) und 2 Gramm Alko- hol zugesetzt. Nach 4 Tagen, wo ich die Gläser revidirte, fand ich beim übermangansauren Kali nur eine Färbung der keimen- den Mucor- und Penicilliumsporen. Auf’s Entschiedenste. wirksam war die Kalilauge, wo sich in beiden Fällen nur vereinzelte Pilzreste am Boden fanden, deren Sporen noch keimfähig waren. Bei einem nochmaligen Zusatze von je 1 Gramm Kalilauge wurde 284 0. Klotzsch. Alles, wie das Mikroskop ergab, vernichtet. Die Carbolsäure war wenig beeinträchtigend. Das arsenikhaltige Fuchsin hatte die Fermentation unter- stützt, auch der Alkohol zeigte geringen Einfluss und bewirkte eine grosse Ausschüttung von Krystallen. Zu allen diesen Fällen verhielten sich die beiden Aussaaten zu einander gleich. Zu 4 Mucoraussaaten wurden noch folgende Zusätze a 1 Gramm gegeben: Salzsäure, Essigsäure, Glycerin, Eisenchlorid, während das eine Glas ohne jeden Zusatz blieb. Salzsäure beeinträchtigte die Fermentation etwas, doch fanden sich immer noch viele kei- mende Sporen. Essigsäure begünstigte auffallend die Leptothrixbildung. Glycerin wirkte sehr gering, vielleicht nur scheinbar; ebenso verhielt sich das Eisenchlorid. Das Glas ohne Zusatz war in wesentlich fortschreitender Fermentation und Pilzbildung und roch am stärksten faulig. Zu den mit Penicillium besäeten Culturen endlich wurde je 1 Gramm folgender Ingredienzen zugesetzt: „Schwefelsäure, salpetersaure Silberlösung, concentrirtes, in Wasser gelöstes Arsenik, Arsenikseifenbrühe, wie sie zum Ausstopfen von Thieren benutzt wird, und Kalkwasser“. Von den 3 Letzteren je 3 Gramm Zusatz. Nach S Tagen fand ich, dass die Wirkung der Desinfection von Salzsäure grösser als die von Schwefelsäure sei. (Bei einem Pilze auf dem Weinstocke, Erisiphe, hat sich die schweflichte Säure mit sehr gutem Erfolge bewährt. Ein gleich günstiges Resultat be- obachtete Dr. Lövinson bei der Desinfection von Cholera.) Nach dem Geruch zu urtheilen, hatte die salpetersaure Silberlösung "unterstützend, nicht hemmend, gewirkt. Noch mehr war dies, wie auch die mikroskopische Untersuchung deutlich zeigte, beim Ar- senik der Fall. Viel vortheilhafter war das Resultat der Arsenik- brühe, während die Kalklösung fast erfolglos war. Die Fortsetzung all’ dieser Versuche ergab, dass sich die des- inficirende Wirkung nach und nach wieder aufhob. Weitere Untersuchungen mit Chloroform, Perubalsam, Tabaksabsud, je 1 Gramm auf eine Mischung von 1 Gramm Fleischextract mit 10 Gramm Wasser ergaben keine erfolg- reichen Resultate. Unter 23° C. und einer Feuchtigkeit von 22° A. wurden folgende Versuche ausgeführt: Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 285 Provenceröl mit Mucor besäet liess nach 4 Tagen ein Mycelium, durch Sporen gebildet, erkennen, welche derbwandige Sporangien erzeugten, die 4 bis 8 Sporen enthielten und theil- weise schon geplatzt waren. Die Mycelfäden waren zum grössten Theil septirt. Ebenso verhielt sich die Aussaat auf Glycerin. Hier bildeten sich aber bald Schwärmsporen, die dem Oele fehlten. Die Sporen füllten sich mit Vacuolen und keimten. Die Aussaat auf verdünnter Essigsäure zeigte sehr viele Leptothrixbildungen. In verdünnter Höllensteinlösung zeigten sich Bacterienkörper, während sich am Rande keimende Sporen fanden. Jodlösung mit Mucorsporen besäet, zeigte nach 5 Tagen die unveränderten Sporen, welche aber braun gefärbt waren. Aromatischer Essig fand sich in Folge der Aussaat mit Leptothrixbildungen überfüllt; unter dem Mikroskop sah ich Spo- ren in diesem Substrate anschwellen, platzen und Schwärmsporen entlassen. Mucor auf concentrirtes Arsenik gesäet, wuchs ungehindert und ebenso verhielt sich Eisenchlorid, Chrom- säure zog die Sporen zusammen und Keimungen mit ihnen miss- langen. 10°/, übermangansaures Kali mit Mucor besäet zeigte nach 48 Stunden viele Bacterien, die sich bewegten und braun gefärbt waren, auch Kupfer- und Eisenvitriol wider- standen nicht. Hieran schloss ich folgende Versuchsreihe: 10 Stücke Rindfleisch wurden gleichfalls mit Mucor Mucedo übersäet und nach 10 Tagen waren sie damit überwuchert. Jedes der Stücke wurde 1 Minute lang der Einwirkung folgender In- gredienzien ausgesetzt und nach Verlauf von 3 Tagen die Resultate entgegengenommen; während dieser Zeit waren sie frei der Luft ausgesetzt: Carbolsäure liess die Sporen keimen. Zwischen den Fleisch- bündeln traf man Bacterien und Schwärmsporen an, so dass eine Beeinträchtigung, aber nicht völlige Hemmung der Vegetation statt- gefunden hatte. Geschmolzenes und krystallisirtes Chlorcaleium verhielten sich ganz ebenso, doch später mumificirte das Fleisch durch starke Wasserentziehung vollständig. Die Wirkung der Kalilauge war in diesem Falle zweifelhaft. Arseniklösung unterstützte die Pilzbildung und Faulniss. Sublimat vernichtete die Pilze nicht, aber die Bacterien und später stellte sich starke Fäulniss ein. 286 0. Klotzseh. Höllensteinlösung bräunte das ganze Präparat, vernichtete aber weder die Pilze noch die Bacterien. Eisenchlorid schien gar keinen Einfluss zu äussern. Alkohol (98°/,) tödtete die Pilze vollständig, die Bacterien erst bei Abschluss des Präparats von der atmosphärischen Luft. Schwefeläther wirkte sehr schwach. Hierauf brachte ich sämmtliche in der angegebenen Weise behandelten Fleischstücke in eine Feuchtigkeits- Atmosphäre von 40° A. und in eine Temperatur von 27° C. Alle unterlagen der Zersetzung, zerfielen in Muskelbündel, diese in die sogenannten Disks und Pilz und Fermentbildungen nahmen nach und nach zu. Eines Versuches will ich hier noch gedenken, welcher von praktischer Bedeutung ist. Ich legte in einen Keller, wo viele Spiritusfässer lagen und die Luft stark mit Alkohol geschwängert war, ein Mistbeet an, brachte Brut von Agarieus campestris wiederholt hinauf, aber jeder Versuch misslang, weder Champignon noch andere Pilze zeigten sich. Auch muss ich hier eines Resultats Trautmann’s gedenken, einer Schrift, welche erst später in meine Hände gelangte: „Die Zersetzungsgase als Ursache zur Weiterverbreitung der Cholera“. Halle 1869. Derselbe fand das Süver’sche Desinfectionsmittel, aus Kalk, Chlormagnesium und Steinkohlentheer zusammengesetzt, für zweckentsprechend. Wenn auch nicht zu leugnen ist, dass sich besprochene Retorten- versuche anders gestalten, wie die Fermente auf dem menschlichen Körper, so ist doch eine Bezugnahme ganz am Platze und scheint sich, was die Hauptsache ist, im praktischen Leben ein Nutzen ableiten zu lassen. Dr. Lövinson hat mit der Behandlung von absolutem (98 °/o) Alkohol bei Favus, Mentagra, Pityriasis, Psoriasis und Diphtheritis vorzügliche Erfolge gehabt, von welchen ich mich ebenfalls ganz und gar überzeugte. Der Erfolg des Alkohols war stets absolut, wenn er direct auf Pilzbildungen einzuwirken vermochte. Die Wir- kung geschah durch Entziehung des Wassers und Gerinnen des Eiweisses in den Pflanzenzellen. Weniger günstig ist die Wirkung des Alkohols auf die Blutbahn. So beobachtete ich besonders bei äusserer Behandlung der Psoriasis einen glänzenden Erfolg, aber einige Zeit darauf sah man von Innen her neue Exantheme auf- Untersuchungen über die Natur der Gährungserscheinungen. 287 treten, was uns überhaupt, wie oben erwähnt, auf die Blutunter- suchung leitete. Die Anwendung des Arseniks hat sich nicht bewährt und scheint auch nicht pilztödtend, sondern nur den Stoffwechsel beschleunigend zu wirken. Bei der Caries der Zähne ist vor allen Dingen eine Methode, die Dr. Lövinson als Restaurirung derselben übt, und die mit der gemeinhin von den gewöhnlichen Zahnärzten „Plombiren“ ge- nannten Behandlung nur äussere Aehnlichkeit hat, nachdem die infieirten Stellen mechanisch beseitigt und die kranken Zähne desin- ficirt sind, das beste Mittel zur Erhaltung bereits im hohen Grade zerstörter Zähne. Werden die Sporen jedoch unter der Füllung nicht getödtet, so beginnen sie ihre Verheerung von Neuem und schonen weder Füllung noch Zahn. Was jetzt hier die Kunst leistet, ist nicht be- grenzt und theile ich nach den bei Dr. Lövinson gesehenen, über- raschenden Resultaten den von ihm aufgestellten Satz: „Kein Zahn ist auszuziehen, selbst der schlechteste ist zu erhalten uud dann immer noch dem besten künstlichen vor- zuziehen“. An meinem eigenen Körper beobachtete ich die Einwirkung von übermangansaurem Kali auf einen cariösen Zahn als unwirksam. Alkohol geht leicht in Essigsäure über und wirkt dann nachtheilig, indem dieselbe die Pilzbildung unterstützt. Am besten bewährte sich die medicinische Seife, wie auch Lebert und Rottenstein im bereits angeführten Werke constatiren, während aber auch diese das übermangansaure Kali hervorheben, so glaube ich, dass sie sich durch das Entnehmen des Geruchs haben täuschen lassen. Die Behandlung an und für sich muss ja stets dem Arzte überlassen bleiben und erlaubte ich mir nur diese Einschaltungen, da sie in innigster Beziehung zu den vorangehenden, morphologischen Be- trachtungen gehören, Fasse ich nunmehr die gesammten Ergebnisse der obigen Unter- suchungen zusammen, so stellt sich Folgendes heraus: 1) Der Prozess der Gährung wird nur durch niedere Pilzformen eingeleitet und fortgesetzt. 2) Dieselben in der Natur allgemein verbreiteten Pilzbildungen sind es, welche gewisse Krankheiten veranlassen können. I, 3. 19 288 0. Klotzsch, Unters. über die Natur der Gährungserscheinungen. 3) Durch bestimmte Factoren werden diese Pilzbildungen ge- fördert oder gehemmt und vernichtet. 4) Die Hemmung resp. Vernichtung dieser Pilzelemente heisst Desinfection. 5) Die Desinfectionsmittel müssen je nach der Natur der Sub- strate, auf denen oder in denen diese Keime vegetiren, ver- schieden sein. 6) a. Auf trockenem Boden bewährte sich am besten der Al- kohol, b. in Flüssigkeiten zeichnete sich die Kalilauge besonders aus. 7) Es lassen sich Apparate herstellen und Substrate wählen, in denen und auf denen mit Zuverlässigkeit Culturen dieser Gebilde gezüchtet werden können. Ehe jedoch nicht unmittelbar unter dem Mikroskope die Ent- wickelung solcher Fermentkörper bestimmt beobachtet und festgestellt ist, kann die Streitfrage über die Natur derselben nicht endgültig entschieden werden. 8 wa, Ueber das Gift der Maul- und Klauenseuche. Von Herrn Physicus Dr. Bender. „In den Efflorescenzen, welche sich bei der Maul- und Klauen- seuche an verschiedenen Körperpartieen der befallenen Thiere bilden, findet sich constant ein pflanzlicher Parasit und zwar die Anäerosporenform eines Pilzes vor. Die untersuchte Lymphe wurde nicht allein von verschiedenen Körpertheilen (Maul, Klaue, Euter) abgenommen, sondern auch aus verschiedenen Gehöften und selbst Ortschaften beigeschaift, immer ergab sich dasselbe Resultat. Die beobachteten Sporen zeichnen sich durch verhält- nissmässige Kleinheit aus, nichtsdestoweniger ist bei sorgfältiger Einstellung des Mikroskops auch schon bei schwacher Vergrés- serung ein gegittertes Epispor leicht zu erkennen, wodurch sie sich als eine Tilletia Tul. erweisen. Sehr rasch zerfallen sie in ihre Kokken und bilden eine Kernhefe, einen mobilen Micrococcus, welcher die faulige Gährung der Flüssigkeit einleitet; es ist diese Tendenz so ausgesprochen, dass selbst ein beträchtlicher Zusatz von Glycerin den Prozess auf die Dauer nicht aufhalten kann. In den auf den Pusteln sich schliesslich bildenden Schorfen finden sich die Sporen nicht mehr, wohl aber lässt sich aus denselben bei Zusatz von Wasser ein massenhafter beweglicher Micrococcus erziehen, der auf Milch eine sehr zarte Gliederhefe (Arthrococeus) ausbildet. In der Milch der erkrankten Thiere, wenn sie nicht mit Schorf zufällig inficirt worden war, konnte selbst nach Wochen ein parasitäres Gebilde nicht wahrgenommen werden; Blut war zur mikroskopischen Untersuchung nicht zu beschaffen. Bei einer Cultur der frisch aus den Pusteln entnommenen Lymphe auf einer mit gekochtem Zuckerwasser übergossenen Citronenscheibe ergaben sich am 5. Tag nach der Aussaat fleischröthliche Puncte, welche aus Conglomeraten eines kleinen Cryptococcus bestanden, der jedoch in seiner Entwickelung nicht verfolgt werden konnte, | 19* 290 Bender, Ueber das Gift der Maul- und Klauenseuche. da er bald durch zufällig sich auflagernde andere Pilzbildungen verdrängt wurde. Weitere Morphen des parasitischen Myceten der Maul- und Klauenseuche konnten nicht erhalten werden, da die Krankheit im Bezirk plötzlich sehr selten wurde und frische Lymphe nicht mehr aufzutreiben war, so dass die Beobachtungen mit der Darstellung der 3 Hefeformen, Micrococcus, Cryptococcus, u. Arthrococcus aus der Tilletia aphthogenes vorläufig geschlossen werden mussten.“ Camburg, 16. Oct. 1869. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. Von‘ Ernst Hallier. (Fortsetzung vom 2. Heft Seite 117—184 dieser Zeitschrift.) a) Caries der Zähne*). (Fig. 1 Taf. VI.) Im Innern cariöser Zähne und insbesondere im Innern der Dentin-Röhrchen findet sich stets der Micrococcus eines Pilzes, welcher, wie Lövinson und Klotzsch experimentell nach- gewiesen haben, nicht nur die Zahnmasse direct zerstört, sondern auch andere vegetabilische und thierische Substanzen zur Zer- setzung bringt. Ich glaube namentlich schöne Bestätigungen für meine mit ganz anderen Pilzen vorgenommenen experimentellen Versuche über die Fäulniss des Obstes in analogen Experimenten der beiden genannten Forscher mit dem Caries-Pilz zu finden **). Der Micrococeus tritt im Innern der Zahnsubstanz meist in grossen Massen und in einzelnen oder in Theilung begriffenen Cocei auf, nicht in Ketten, wogegen die äusseren Schichten, welche mehr oder weniger mit der Luft in Verbindung stehen, längere oder kürzere Mycothrix-Ketten (in Fig. 1 Taf. VI.) einschliessen. Beide Formen befinden sich innerhalb der Dentin-Röhrchen und zwischen denselben und sind nach vorhergehender Maceration mit Salzsäure bekanntlich unschwer durch Jod blau zu färben. Ich besitze besonders schöne Schliffe von cariösen Zähnen, deren Mi- crococcus durch Jod gebläut ist, durch die Güte des Herrn Pro- fessor Dr. H. E. Richter in Dresden. *) Die hier mitgetheilten Thatsachen machen nach den Arbeiten von Wedl, von Lebert und Rottenstein und ganz besonders nach den neuesten Stu- dien von Lövinson und Klotzsch durchaus keinen Anspruch auf Priorität, beruhen aber auf selbstständigen Beobachtungen. **) E. Hallier, Das Faulen des Obstes. Landwirthschaftl. Versuchs- stationen. Bd. X Nr. 4. 5. S. 386, Chemnitz 1868. 292 Hallier. Die Vorkommnisse sind also im Ganzen denjenigen auf der Oberfläche der Zähne (Leptothrix buccalis auct. vet.) sehr ähnlich. Die einzelnen Cocei erscheinen bei sehr starken Vergrös- serungen mit Immersionssystemen theils kugelrund, theils und zwar meistens in 1 oder 2—3 Schwänze ausgezogen (c. Fig. 1 Taf. VD. Sie zeigen natürlich Molecularbewegungen, ausserdem aber Gestaltveränderungen, welche nur Folge eontractiler Eigen- schaft des Plasma’s sein können. Die längeren Ketten haben oft sehr deutliche Gliederung (m Fig. 1 Taf. VI), während in anderen Fällen die Gliederung auch unter den stärksten Systemen nicht deutlich hervortritt, son- dern sich nur aus dem Zerbrechen in scharfbegrenzte Fragmente von bestimmter Länge schliessen lässt. Zwischen den Ketten fin- det man aber auch wirkliche Keimlinge (k Fig. 1 Taf. VI), welche oft im Durchmesser nicht minder zart sind wie die Ketten, aber meist durch ihren unregelmässig gekrümmten Verlauf und durch ihren Ursprung von einem bestimmten, meist etwas angeschwol- lenen, Coceus leicht erkannt werden. Oft sind die Keimlinge auch mit starken Anschwellungen (a Fig. 1 Taf. VI), ja selbst mit abgesonderten Zellen (2 Fig. 1 Taf. VI) versehen. In den Anschwellungen (a Fig. 1) zerfällt häu- fig das Plasma in eine grosse Anzahl einzelner Cocci. Auch sehr grobe, die Zahnsubstanz durchbohrende und durchwühlende Pilz- keimlinge, wie sie schon Wedl*) aufgefunden hat, sind nicht selten, doch weniger constant als der Micrococcus. Dieser scheint in cariösen Zähnen niemals zu fehlen, wenigstens fand ich ihn jedes Mal in grosser Menge. b) Krankheiten anderer Wirbelthiere. Schafpocken (Fig. 2 Taf. VI). In den Schafpocken fanden Zürn und ich sehr kleine beweg- liche Cocei (Fig. 2 Taf. VD. Ich habe dieselben in meinen para- sitologischen Untersuchungen mit dem System F. von Zeiss ge- zeichnet. Sie erschienen bei dieser Vergrösserung fast kugelig **) und punktförmig klein. Unter dem sehr schönen Immersions- system von Merz (Y,“ System) erscheinen sie nicht genau *) C. Wedl, Ueber einen im Zahnbein und Knochen keimenden Pilz. Sitzungsber. d. K. K. Academie der Wissenschaften. Bd. 50. **) Hallier, Parasitolog. Untersuchungen. Leipzig 1868. Taf. 1 Fig. 4. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 293 kugelrund, sondern länglich, mit einem oder mehren schwanz- formigen Fortsätzen (Fig. 2 Taf. VI). Häufig sind sie deutlich in Zweitheilung begriffen oder haben schon längere Ketten ausge- bildet. Dass sie eine eigenthümliche Bewegung besitzen, haben Zürn und ich bereits früher mitgetheilt. Lungenseuche der Rinder (Fie. 3. 4. Taf. VI). Während für die Untersuchung des Schafpockenparasiten uns ein ausserordentlich grosses Material vorlag, beschränken sich meine Untersuchungen des Parasiten der Lungenseuche auf zwei Fälle in Stuttgart und Berlin, die allerdings eine staunenswerthe Uebereinstimmung zeigen. Zuerst wurde ich auf den Parasiten der Lungenseuche durch Herrn Professor Dr. Weiss in Stuttgart aufmerksam gemacht. Ihm gebührt daher ganz unbedingt die Priorität der Beobachtung, was ich im Folgenden noch weiter ausführe, weil ein zwischen Herrn Professor Weiss und mir vorgekommenes an sich höchst unbedeutendes Missverständniss, von Personen, denen wenig an der Wahrheit, aber viel am Parteiinteresse liegt, in der wider- lichsten Weise literarisch ausgebeutet worden ist. Herr Professor Dr. Weiss schrieb mir unter’m 18. Januar 1868 Folgendes: „Verehrtester Herr Professor, Vor einigen Tagen habe ich einige Tropfen der klebrigen Flüssigkeit, welche sich in grosser Menge aus den hepatisirten Theilen der Lungen von lungenseuchekranken Rindern aus- drücken lässt, mikroskopisch untersucht und gefunden, dass sich darin zahlreiche Gebilde auffinden lassen, welche aus paternoster- formig an einander gereihten kleinen Zellen bestehen, welche mit den von Ihnen in den „Gährungserscheinungen“ Figg. 5. 12 ab- gebildeten Leptothrix-Ketten grosse Aehnlichkeit haben. Andere Geschöpfe, die ebenfalls aus kettenartig verbundenen Zellen zu- sammengesetzt sind, die ich aber weniger zahlreich antraf, scheinen anderer Natur zu sein. Da man in der Flüssigkeit immer viele Blutkörperchen sieht, so lassen sich bezüglich ihrer Grösse die genannten Körperchen leicht mit den Blutkörperchen vergleichen. Letzte sind 3—4mal grösser als erste. Die von mir angewendete Vergrösserung war eine etwa 294 Hallier, 300malige (347 Hartnack). Da man neuerdings bei mehren ansteckenden Krankheiten mikroskopische Organismen aufgefunden hat und, wie Ihnen wahrscheinlich bekannt, die Lungenseuche des Rindes eine sehr ansteckende weit verbreitete und höchst ge- fährliche Krankheit ist, so ist es von grossem Interesse, zu er- fahren, ob wie bei anderen Krankheiten, so auch bei dieser, diese Gebilde in einer Beziehung zur Contagiosität stehen. Ich selbst verstehe von der Pflanzenwelt, zu der diese kleinen Körperchen gehören werden, nichts, deshalb nehme ich mir die Freiheit, Sie darauf aufmerksam zu machen, da Sie sich speziell mit diesem Gegenstande beschäftigen und die Wissenschaft mit den Resultaten Ihrer Untersuchungen in vortrefflicher Weise be- reichert haben. Da die Lungenseuche des Rindes leider! überall verbreitet ist, so wird es Ihnen leicht sein, zu etwaigen Untersuchungen das Material zu bekommen. Hochachtungsvoll empfiehlt sich Ihnen Dr. Weiss, Professor an der Thierarzneischule. Stuttgart, 18. Jan. 1868. In meiner Antwort bat ich Herrn Professor Weiss um ge- legentliche Uebersendung von Lunge lungenseuchekranker Rinder, weil im Jenaischen Saalthal die Lungenseuche nicht häufig vor- komme. Herr Professor Weiss schrieb mir am 22. März desselben Jahres: „Leider bin ich gegenwärtig nicht im Stande, Ihnen das gewünschte Material zur Untersuchung auf Pflanzen - Parasiten schicken zu können, weil die Lungenseuche, die bis vor Kurzem in hiesiger Gegend geherrscht, getilgt worden ist. Ich hoffe aber, mit der Zeit Ihnen Stücke von Lungen lungenseuchekranker Thiere schicken zu können, da die Krankheit überall und stets in unse- rem Lande herrscht. Auffallend ist mir, dass es mir bei meinen späteren Unter- suchungen der aus dem entarteten Lungengewebe ausgedrückten Flüssigkeit nicht mehr gelungen ist, die Parasiten, welche ich bei der ersten von mir vorgenommenen Untersuchung mit grösster Leichtigkeit und in jedem Präparate fand, wieder zu finden, ob- wohl ich stundenlang danach gesucht habe. Eine Selbsttäu- schung kann dabei nicht im Spiel sein, denn ich sah die Gebilde Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 295 oft, bisweilen mehrfach in einem und demselben Präparate und habe sie mit einigen Bleistiftstrichen skizzirt. Dass sie von aussen in die Präparate hineingekommen sein sollten, ist mir nicht denkbar. So weit erinnere ich mich noch, dass die erste Lunge, die ich untersuchte, in einem vorgerückteren Stadium der Entartung sich befunden hat, als die späteren, welche von Thieren stamm- ten, die bald nach Feststellung der Krankheit geschlachtet worden sind. Es ist mir ein Räthsel, warum im ersten Falle Parasiten vorhanden waren und in den späteren fehlten. Für die freundliche Einsendung von Separat-Abdrücken Ihrer Arbeiten über Pilze, welche mich sehr interessiren, sage ich Ihnen meinen besten Dank und empfehle mich Ihnen Hochachtungsvoll Stuttgart, 22. März 1868. Weiss. Eine kranke Lunge erhielt ich etwas später durch die grosse Freundlichkeit des Herrn Professor Weiss. Sie war begleitet von folgenden Zeilen: Geehrtester Herr Professor, (Gestern Abend erhielt ich ein Stück Lunge von einem lun- genseuchekranken Rinde und ich säume nicht, es sogleich an Sie abzusenden, damit es möglichst frisch in Ihre Hände gelange. In den von mir untersuchten Proben der ausgedrückten blutigen und lymphatischen Flüssigkeit vermochte ich abermals nicht Spu- ren pflanzlicher Parasiten aufzufinden. Ob Sie wohl glücklicher sind ? Freundlichst empfiehlt sich Ihnen Stuttgart, 9. April 68. Weiss. Zürn und ich fanden auf zarten Querschnitten das ganze interloculare Bindegewebe der Lunge dicht erfüllt mit den in Figur 3 dargestellten Pilzgebilden. Es fanden sich kleine runde Cocei, in lebhafter Bewegung, ausserdem Ketten von 2 bis 100 und mehr Individuen, alle in lebhafter schlangenartiger Bewegung. Es waren offenbar sogenannte Vibrionen in Form der Vibrio li- neola Ehrenb., aber nicht algischen, sondern pilzlichen Ursprunges. Die längeren Ketten hatten oft knieförmige Biegungen, um welche sie sich im Winkel hin und her drehten. Die Gliederung war bei einzelnen deutlich, bei anderen weniger. Sie waren sehr zart 296 Hallier, indessen mit starkem Immersionssystem immerhin recht deutlich zu sehen. Ich stellte eine beträchtliche Anzahl von Kulturversuchen mit diesen Organismen an und gelangte auch zu einem bestimm- ten Resultat. Da aber voraussichtlich Jahr und Tag vergehen musste, bis ich zur Veröffentlichung desselben kam, so zog ich es vor, einstweilen Zürn um Veröffentlichung des Thatbestandes in der Lunge zu bitten. Ich versäumte dabei, Zürn mit dem Brief von Herrn Professor Weiss bekannt zu machen. Er wusste wohl nicht einmal, von wem ich das Untersuchungsmaterial er- halten hatte und ich war daher die Veranlassung zu einer von ihm ganz unbewussten Vernachlässigung der Priorität des Herrn Professor Weiss, dessen Verdienste ich bei meiner später be- absichtigten Veröffentlichung auf alle’ Fälle vorangestellt haben würde. Zürn veröffentlichte den Thatbestand in einer thierärztlichen Zeitschrift. Darauf erschien ein kleiner Artikel von Weiss, worin er sich über unsere Uebergriffe beklagte. Mir that es ungemein leid, dass er sich nicht zuvor schrift- lich bei mir beklagt hatte und ich erklärte ihm brieflich, wie die Sache zusammenhing. Darauf schrieb er mir: Geehrtester Herr Professor, Eine mehrtägige Abwesenheit von hier verhinderte mich an der früheren Beantwortung Ihres Briefes vom 19. d. M., ich muss deshalb um Entschuldigung bitten, dass dies nicht früher ge- schehen ist. Aus der Art der Mittheilung des Herrn Zürn in der Wo- chenschrift für Thierheilkunde musste ich zu der Ansicht ge- langen, es sei mein Name’in der Pilzangelegenheit absichtlich verschwiegen worden und deshalb sah ich mich veranlasst, die kurze Berichtigung einzusenden; da ich nun aber aus Ihrem Brief ersehen habe, dass es Sache des Zufalls war, so bin ich vollkommen zufrieden gestellt und bitte Sie, wenn Sie Ihre Er- fahrungen über den Pilz in der Lunge der lungenseuchekranken Rinder veröffentlichen, meinen Namen nur in der einfachsten Weise zu erwähnen. Ich habe seither keine Gelegenheit mehr gehabt, lungenseuchekranke Lungen zu untersuchen, sah aber kürzlich Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. 297 im Schleim der Darmschleimhaut des Hundes zweierlei oder drei- erlei Gebilde, von denen die eine Art Vibrionen, die anderen Pilze zu sein schienen und lege eine skizzirte Abbildung (unsere Figur 5) hier bei. Die mit a bezeichneten Formen sah ich schon früher auch im Darmschleim des Pferdes in Unzahl vorkommen; es sind stäbchenförmige Körperchen, welche bald gerade, bald zitternd und auch in wirbelnder Weise sich bewegen, was bei den anderen Geschöpfen nicht der Fall ist. Es scheinen diese Organismen bei ganz gesunden Thieren stets in Menge vorhanden zu sein und es hält nicht schwer, sie ünter den Schleimkörper- chen und Epithelialzellen des Darmschleims herauszufinden. Freundlichst empfiehlt sich Ihnen Stuttgart, 30. Juni 1868. Dr: Weiss. Vorstehendes zeigt, wie harmlos die Berührungen waren, aus denen Leute, welche gern im Trüben fischen möchten, so gehässige Auslegungen geschöpft haben. Der pflanzliche Befund in dem Innern der kranken Lunge, wie er auf zarten Schnitten bei 600facher Vergrösserung hervor- trat, bestand aus einzelnen oder zu zwei bis vielen kettenförmig gereihten Cocci (Fig. 3 Taf. V1). Sie waren sämmtlich in eigenthiimlicher Vibrionenbewegung. Bei den längeren Ketten war bisweilen die Gliederung sehr deut- lich (k Fig. 3), bei anderen dagegen weniger deutlich (b Fig. 3). Diese hatten besonders ein Bacterien oder Vibrionen ähnliches Ansehen und würden auch von Jedem anfänglich für solche Ge- bilde genommen sein. Alle längeren Ketten bewegen sich bald schlangenartig, bald im Zickzack und als ob sich Bruchstücke davon trennen wollten. In diesem Frühjahr erhielt ich durch die Güte des Herm Physikus Dr. Bender zu Camburg Lymphe von einem lungen- seuchekranken Rinde von Berlin. Es fanden sich darin genau die nämlichen Gebilde (Fig. 4 Taf. VI) in nicht minder lebhafter Bewegung. In beiden Fällen schwärmten eben sämmtliche vor- handene Cocci, gleichviel ob einzeln oder in Ketten. Mit Mole- kularbewegung hat diese vibrionenartige Bewegung nichts gemein. Sie kann nur Folge der Lebensvorgänge im Plasma, der Contracti- lität und Saftaufnahme sein. In Figur 5 geben wir ähnliche Gebilde, welche Herr Professor Weiss im Darmschleim des Hundes fand. Ich habe mehrfach gezeigt, dass im Darm des Menschen und der höheren Wirbel- 298 Hallier, thiere und zwar durch den ganzen Nahrungskanal hindurch solche Gebilde vorkommen und dass sie bei der Verdauung von wesent- licher Bedeutung sind. Die von Herrn Professor Weiss gefun- denen Mycothrix-Ketten (Figur 5) sind aber von weit grösseren Dimensionen, insbesondere weit dicker als die bei der Lungen- seuche, denn sie sind bei 300facher Vergrösserung gezeichnet, unsere Figg. 3 und 4 dagegen bei 600facher und dennoch er- scheinen diese weit schmäler als jene. Rotzkrankheit. der Pferde (Fig. 6 Taf. VI). Bei’m Rotz befinden sich im Blut, in der Kehlgangdrüse und in der Stirnhöhlenschleimhaut Cocci von ganz gleicher Beschaffen- heit in grosser Menge. Die einzelnen Cocci (a Fig. 6 Taf. VI) sind fast ohne Bewegung, verändern aber ihre Gestalt. Sie sind nicht kugelig, wie sie bei mässiger Vergrösserung erscheinen, sondern unter dem Immersionssystem unterscheidet man an ihnen bald einen, bald mehre schwanzförmige Fortsätze. Bisweilen findet man die Cocei im Blut in Zweitheilung begriffen. Auf den Schleimhäuten befinden sich stets ausser den einzelnen Cocci zahl- reiche Mycothrix-Ketten, 2—vielgliederig. Es findet das einfach:in dem grösseren Luftzutritt seine Er- klärung und lässt sich von vornherein erwarten. Im Blut sind die Cocci oft zu grossen Ballen, sogen. Kolo- nieen, Nestern oder Gallertstöcken (h Fig. 6 Taf. VI) vereinigt. Selbstverständlich befinden sie sich dann ganz in Ruhe. Die Cocei sind im Ruhezustand, selbst im Blut, häufig in Keimung begriffen (k Fig. 6 Taf. VI). Zu den Blutkörperchen haben sie ganz dasselbe Verhältniss wie bei der Syphilis und beim Scharlach: sie vermehren sich auf den rothen und weissen Blutkörpern dringen in dieselben ein und fahren im Innern derselben fort, sich zu theilen. Wir geben in Figur 7 nochmals eine Abbildung der Blutkörperchen *). Die Figuren a—d bedeuten rothe Blutkörperchen, die Figg. A—F dagegen weisse. Der Parasit ist in Gestalt grösserer oder kleinerer meist einzelner Cocci sichtbar. Beide Arten von Blut- *) Vergl.: Mykologische Untersuchungen von Ernst Hallier. III. Un- tersuchung der Parasiten beim Tripper, beim weichen Schanker, bei der Sy- philis und bei der Rotzkrankheit der Pferde. Flora 1868 Nr, 19 5S. 289—-301 Taf. II. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. _ 299 körperchen sind in ihrer Gestalt sehr verändert. Sie sind oft stark geschrumpft, stets mit Fortsätzen versehen, die entweder lang, fast wimperartig sind oder die Form sehr kleiner Ausbuch- tungen haben (B. C. Fig. 7 Taf. VI). An der Basis der längeren Ausbuchtungen sieht man häufig einen Coccus. Die Cocci bilden stets Vacuolen, die man oft sehr deutlich als umgebende Höfe wahrnimmt (A, B, C, F. Fig. 7. Taf. V1). Amerikanische Rinderpest (Figur 8 Taf. VI). Ueber diese merkwiirdige Krankheit berichtete mir zuerst Herr Professor Elisha Harris in New-York am 22. Sept. 1868 Folgendes: Dear Sir, Permit me the privilege and honour to mention to you a discovery made by my assistant in pathological researches, under this sanitary Board, in the Malignant Score of Cattle that have become infected by Texas herds. This Epizootic suddenly burst forth „par explosion“ in the vast droves of fat beef cattle in the Western prairies about one month af- ter the arrival and intermingling of 40,000 wild cattle from Texas. I my earliest investigations I sought for Phytozoa or micro- phytes in all tissues and the blood and bill of the diseased cattle when slaughtered or dead. My work rewarded in the discovery of a simple form of spore-growth, which at first, we supposed to be a cryptococcus of some kind. And it was necessary to resort to your erudite brochures upon the parasitic Microphytes to ascertain what ground we were upon. I now believe that we have a cryptococcus modified in some Way spices vote It is so important that very exact scientific resear- ches be pursued in regard to this mycological mystery and this deadly epizootic, that I beg you to inform me if any pupil or expert coworker of yours is accessible to me in America that he may assist and advise in this study. All our efforts at culture are yet imperfect. From the rab- bits that have been killed by feeding on the bill of the diseased bullocks I have only obtained the cryptococcus gut. I will endeavour to forward specimens of bill to you. With great regard! Cor. Sec. 40 Reg. Elisha Harris M. D. 300 Hallier, Nachdem ich Herrn Dr. Harris meine Bereitwilligkeit zu erkennen gegeben hatte, eine Untersuchung des fraglichen Orga- nismus vorzunehmen, sandte derselbe mir Galle von einem pest- kranken Rinde und schrieb dabei einen sehr ausführlichen Brief, welcher Folgendes von allgemeinem Interesse enthielt: I must not omit to mention to you how importantly, — per- haps causitively, — this spore — growth seems to be assosiated with the contagium and with the pathological results of this bovine pestilence. The blood is filled with the Cryptococci, ever for days before death as we have found by bleeding an infected bullock before death. And in the bile and biliary ducts the largest and most abundant crops of it are produced: some specimens give us examples that are quite similar to the Cryptococcus guttu- latus; and, by keeping the bill for 24 or 48 hours in a warm temperature, — say 78° Fahr. — we find the quantity in a single minimum of the fresh bile then multiplied manyfold. The unexampled engagement of the liver in this disease and the excessive production of bile when, by acute fatty change, the hepatic cells are half filled by fat and lastly, a beautiful demon- stration of reticular construction of the biliary radicles, — all go to show how important may possibly be the irritant or poi- sonous effect of the Cryptococcus and Micrococcus in bile and blood. The cattle die of acute and overwhelming Cholaemia and its results. The disease incubates during varying periods from 2 to 3 weeks before the explosion or obvious symptoms of it are seen. Then death usually supervenes in about 48 hours. I have re- quested our excellent microscopist and histologist Dr. R. Cresson Stiles of this Board of Health to communicate to you in exact terms the discoverics he has made in this field, especially the results OL MIS ehortsat „Pilzeultur." ys cs) .: Der betreffende Brief war datirt vom 30. October 1868. Herr Dr. Harris übersandte mir zweimal Galle von pest- kranken Rindern in luftdicht verschlossenen Gläsern. In beiden Fällen war der botanische Thatbestand genau derselbe. Es liessen sich zweierlei verschiedene Elemente unterscheiden, nämlich erstens Micrococcus (a Fig. 8 Taf. VI). Dieser war in bei Weitem überwiegender Menge vorhanden, wie er denn im Blut ausschliesslich vorzukommen scheint. Wie die Figur zeigt, Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 301 sind die Cocci meist einzeln, zum Theil in Vermehrung ee oft kleine stabförmige Ketten bildend. Ausserdem kommen in geringerer Menge weit grössere Zellen vor (A Fig. 8), welche der Form nach dem Arthrococeus ähneln, aber, zum Theil wenigstens, sich durch Sprossung fortpflanzen nach Art des Cryptococeus. Hie und da sieht man allerdings auch Individuen, welche sich durch einfaches Zerfallen in zwei Theile vermehren. Es scheint also hier eine Mittelform zwischen Cryptococcus und Arthrococcus vorhanden zu sein, ganz ähnlich, wie man sie an der Oberfläche des sauer werdenden Weines oder Bieres beobachtet. Der Inhalt dieser grösseren Zellen ist bald ein körniges Plasma, bei dem die einzelnen Cocci Vacuolen bilden, bald ein einzelner grosser Plasma-Ballen. Hundswuth (Figur 10 Taf. VI). Das Blut eines in Roda an der „stillen Wuth‘“ erkrankten Hundes bot den schauerlichsten Anblick dar. Fast sämmtliche Blutkörper (sp. Fig. 10 Taf. VI) waren in eine fettähnliche Masse verwandelt, oft zu grossen fettartigen Tropfen oder Ballen ver- einigt, oft in kleinere Fetttröpfchen zertheilt. Hie und da waren nadelförmige Krystalle zerstreut (k Fig. 10 Taf. VI). Ausser die- sen Vorkommnissen enthielt das Blut ausserordlich grosse Massen eines sehr kleinen unbeweglichen Micrococcus (m Fig. 10 Taf. VI), welcher bald einzeln, bald in Kolonieen auftrat. Milzbrand der Rinder (Figur 11 Tafel V]). Bei’m Milzbrand sind bekanntlich zuerst von Brauell, später von mehren Anderen sogenannte „Bacterien“ gefunden worden. Diese Bacterien sind nichts Anderes als Micrococcus, von dem wir jetzt noch dahin gestellt lassen, ob er von einem Pilz oder von einer Alge stammt. Der Micrococcus des Milzbrandes, oder, wenn man will, die ,,Bacterien dieser Krankheit (Fig. 11 Taf. VI) äh- neln durchaus den Vorkommnissen auf den Schleimhäuten bei der Rotzkrankheit und denjenigen im interlocularen Bindegewebe der Lunge lungenseuchekranker Rinder (Fig. 4 Taf. VI). Die stäb- chenförmigen Körper im Blute bei milzbrandigen Rindern (Fig. 11 Taf. VI) haben aber eine sehr lebhafte Bewegung, wodurch sie leicht unterscheidbar sind. Keineswegs sind alle Cocei und Ketten stabförmig, vielmehr sieht man fast kugelige Cocei neben allen 302 Hallier, Zwischenstufen (Fig. 11) bis zu langen meist sehr dünnen Stäb- chen. Die Bewegung, welche so grosse Aehnlichkeit mit derjenigen der Oscillarineen hat, ist lediglich Folge der Lebenserscheinungen des Plasma’s. Die einzelnen Cocei bewegen sich kreiselförmig, die längeren Stäbe sind stets gegliedert, wenn auch die Gliederung oft nur sehr undeutlich sichtbar ist. Natürlich hat jedes Glied, da es ein besonderer Coccus ist, seine Beweglichkeit und theilt sie der ganzen Kette mit. Die Kette (Bacterium) bewegt sich schlangenförmig oder rich- tiger als ein hin und her schwankender Stab, der in Folge der Gliederung hie und da in Folge des Schwankens Einknickungen erhält. Daher ist bei flüchtiger Betrachtung die Bewegung eine schlangenformige. Wer diese Cocci und Ketten mit Krystallen verwechseln kann, der ist überhaupt völlig unfähig, derartige Untersuchungen zu machen. Krystalle kommen wohl hie und da im Milzbrandblut vor, haben aber mit den pflanzlichen Vorkomm- nissen keine Aehnlichkeit. Milzbrand des Schweins (Fig. 12 Taf. VI). Die pflanzlichen Vorkommnisse sind denen bei’m Milzbrand des Rindes überaus ähnlich. Ich fand im Blut Cocci und kleinere oder grössere stabförmige Ketten derselben in ähnlicher Bewegung wie bei’m Milzbrand des Rindes. Die Stäbchen waren in den von mir untersuchten Fällen sehr zart und kleiner als bei’m Rinder- Milzbrand, auch weniger häufig; doch können diese Dinge nicht als wesentliche Unterschiede aufgefasst werden. Das Ueberwiegen der einzelnen Cocci war auffallend. ec) Krankheiten der Insekten. Gattine der Seidenraupen *). Im Frühjahr 1868 wurde mir von Herrn Oekonomierath v. Schlicht in Potsdam die ehrenvolle Aufforderung zu Theil, mich mit dem pflanzlichen Parasiten der berüchtigten Gattine der Seidenraupen zu beschäftigen. *) Vgl. E. Hallier, Untersuchung des pflanzlichen Organismus, welcher die unter dem Namen Gattine bekannte Krankheit der Seidenraupen erzeugt. Extra-Abdruck aus dem Jahresbericht über die Wirksamkeit des Vereins zur Beförderung des Seidenbaues für die Provinz Brandenburg im Jahre 1867—1868. Berlin 1868. Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. 303 Mit Freuden folgte ich diesem Auftrag, überzeugt, dass bei einem so einfachen Organismus wie derjenige der Seidenraupe es weit leichter sein müsse, die Rolle aufzudecken, welche der Para- sit bei der Krankheit spielt, als dies bei den Krankheiten des so komplizirt gebauten menschlichen Körpers der Fall sein kann. Ich wurde bei dieser Arbeit durch Materialsendungen von Seiten des Herrn Oekonomieraths v. Schlicht und des Königlichen Hoflieferanten Herrn Kommerzienrath Heese in Berlin sowie später des Herrn Töpffer zu Töpffer’s Park in Stettin freund- lichst unterstützt und sage diesen Herren verbindlichsten Dank. Meine Arbeit wurde in überraschender Weise.vom Erfolg belohnt, denn wenn auch noch mehre wichtige Fragen unbeantwortet bleiben und Chemikern sowie Zoologen zur Beantwortung empfohlen wer- den mussten, so gab doch der Parasit in Bezug auf die Frage nach seinem Ursprung eine so präzise und bestimmte Antwort, dass sich der Ort und die Art der Einwanderung desselben in den thierischen Organismus genau bestimmen liess, so dass man leicht Mittel und Wege angeben kann, wo und wie dem Uebel zu steuern sei. Später hat sich aus dieser Untersuchung ein be- sonderes Zuchtverfahren hervorgebildet, welches bereits in dieser Zeitschrift *) kurze Besprechung gefunden hat. Um nicht den Anschein zu geben, als wollte ich mir die Prio- ritit für die Entdeckung derjenigen Hefeform vindieiren, welche ' die Gattine hervorruft, bin ich genöthigt, eine kurze Uebersicht über die Geschichte dieser Krankheit zu geben. Dabei kann ich aber nicht umhin, mit der Geschichte der Muscardine zu beginnen, weil man früher beide Krankheiten sehr häufig verwechselte. Krankheiten der Seidenraupe sind schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts bekannt; aber es dauerte 80 Jahre, bevor man die beiden wichtigsten seuchenartigen Erkrankungen der Seidenraupen wissenschaftlich unterscheiden lernte. Von diesen ist die Muscardine früher bekannt gewesen, die Gattine weit spa- ter. Nach Boissier de Sauvages soll eine Seidenraupenkrank- heit vor dem Jahre 1763 aus Piemont durch kranke Eier in Frankreich eingeschleppt sein. Er nennt sie Muscardine und be- schuldigt den Mangel an Lüftung im geheizten Raum als die Ur- sache. Für kontagiös hält er die Krankheit nicht. Der Saft der *) Bd. I Heft 2 8.190: J. Zorn, Ueber die Vorkehrungsmassregeln gegen die Gattine-Epidemie. 1.73; 20 304 Hallier, kranken Raupe reagirt stark sauer. Auch Pomier hält die Krankheit nicht für kontagiös, denn er sieht, dass kranke Raupen, den gesunden beigemengt, diese nicht anstecken. Schon zu Anfang unseres Jahrhunderts hatte sich unter den praktischen Seidenzüchtern die Ansicht verbreitet, dass die Mus- cardine Folge einer Schimmelbildung sei; aber von den Gelehrten wurde diese Ansicht lebhaft bekämpft, so namentlich 1808 durch Nysten, 1810 durch Paroletti, 1816 durch Dandolo und 1818 durch Vincent de St. Laurent. Wahrscheinlich ist in den Arbeiten dieser Forscher mehrfach die Muscardine mit der Gattine verwechselt, worden. Fast gleichzeitig (1820) suchten die Italiener Fosearini, Confligliachi und Brugnatelli die Con- tagiosität der Muscardine nachzuweisen, und die letztgenannten beiden Forscher erkannten in dem Contagium einen Schimmelpilz. Bonafous, weicher im Jahre 1821 noch auf das Lebhafteste die Contagiosität der Muscardine bestritten hatte, gab diese doch 8 Jahre später unbedingt zu. Den genaueren Nachweis, dass die Muscardine durch einen Schimmelpilz hervorgerufen wird, gab zu- erst Bassi im Jahre 1835. Balsamo nannte ihm zu Ehren den Pilz Botrytis Bassiana. Der Name „Muscardine“ entstand in der Provence durch einen Vergleich der Leiche des an der Krankheit - gestorbenen Thieres mit einer Art länglicher Kuchen, während ‘ ‚Gattine“ ein Kätzchen bedeutet. Bei der Muscardine tritt bis kurz vor dem Tode durchaus keine Veränderung in der äusseren Erscheinung der Raupe ein und dadurch unterscheidet sich die Krankheit sehr leicht von der Gattine, wo der Körper ganz ein- schrumpft, missfarbig wird und zuletzt in Fäulniss übergeht. Ue- brigens haben wir bei Gelegenheit unserer Arbeit über die Muscar- dine des Kiefernspinners gezeigt, dass diese Unterschiede nicht streng stichhaltig sind. Vielmehr finden sich die verschiedenen Formen des Erstarrens, Einschrumpfens oder Faulens bei beiden Krankheiten, nur dass bei der Muscardine das Erstarren, bei der Gattine die jauchige Fäulniss am häufigsten ist. Niemals erscheint bei der Gattine der Pilz als Schimmel auf der Leiche. Bassi übertrug die Conidien der Botrytis Bassiana auf ge- sunde Seidenraupen und rief dadurch die Muscardine hervor. Audouine bestätigte und erweiterte diese Untersuchungen. Eine wesentliche Erweiterung fanden dieselben im Jahre 1836 durch Montagne. Dieser produktive Mykolog wies nach, dass Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 305 nach Aussaat der Sporen von Botrytis Bassiana auf die gesunde Seidenraupe sich in deren Körper schon am zweiten Tage eine grosse Menge von Fäden gebildet hat, welche an allen ihren Zwei- gen kurze cylindrische Fortpflanzungszellen abschnüren. Selbst- verständlich folgt daraus nicht, was Herr de Bary daraus hat folgern wollen: dass nämlich der Muscardine-Pilz stets von aussen eindringe. Weit später, nämlich im Jahre 1852, fand auch Vittadini die Abschnürung der zylindrischen Fortpflanzungszellen im Blut der Seidenraupen. Herr Bary hat im Jahr 1867, auf die Angaben Vittadini’s sich stützend, aber offenbar, ohne die Arbeit von Montagne zu kennen, jene Zellen unter dem Namen „Cylinderconidien“ aufs Neue beschrieben *). In der Form der Botrytis mit endständigen Conidien bricht nach Montagne wie nach allen späteren Forschern der Pilz erst nach dem Tode der Seidenraupe aus deren Körper, besonders aus den Tracheenöffnungen hervor. Keineswegs aber ist diese Erscheinung der Schimmelform auf der Leiche bei der Muscar- dine nothwendig. Sehr oft fault die Leiche; dann schimmelt sie nicht, sondern wird jauchig. Sehr richtig hat schon Montagne gesehen, dass die Conidien bald schembar in kleinen Köpfchen, bald in Ketten beisammen stehen. Er sagt aber ausdrücklich, und ich kann das vollkommen bestätigen, dass oft 2—5 Conidien simultan abgeschnürt werden und in kleinen Wirteln stehen. Herr Kollege de Bary, welcher das Gegentheil angiebt, hat hier einmal wieder äusserst flüchtig und unvollständig beobachtet. Turpin beobachtete 1836 den Muscardine-Pilz auf verschiedenen anderen Raupen. Montagne machte die Beobachtung, dass die Hyphen der Botrytis zuletzt wie bei einer Isaria stammförmig zusammentreten. Auch das habe ich vollkommen bestätigt gefunden. In dieses einfache Verhältniss hat de Bary durch seine An- gaben über Isaria auf Raupen eine gräuliche Verwirrung gebracht. Im Jahre 1837 schlug Bérard gegen die Muscardine Waschun- gen mit Kupfervitriol und Räucherungen mit Schwefel vor. Ich will bei dieser Gelegenheit nicht unbemerkt lassen, dass ich das An- *) Botanische Zeitung 1867 Nr. 1—3. 20 * 306 Hallier, brennen von Schwefel nach vollendeter Campagne für das beste Desinfectionsmittel des Zuchtlokals und der Apparate halte Ro- binet erklärte im Jahr 1843 die im Raupenkörper gebildete Säure für Milchsäure. Remak zeigte im Jahr 1845, dass bisweilen die an der Mus- cardine zu Grunde gegangenen Puppen keine Spur der Botrytis Bassiana, wohl aber andere Schimmelpilze erkennen lassen, so z.B. nach der Bestimmung von Klotsch: Trichothecium roseum Lk., Sporotrichum conspersum Fr., Sp. virescens Lk., Eurotium herba- riorum Lk. Unter diesen wurde das Trichothecium häufig, die übrigen Pilze nur je einmal angetroffen und wirklich ist unter allen Schimmelbildungen auf moderndem Maulbeerlaub das Tri- chothecium die häufigste. Eine vortreffliche Arbeit über die Muscardine erschien im Jahr 1847 von Guérin-Méneville. Namentlich die äusseren Verän- derungen der Raupen und Puppen sind durch gute Abbildun- gen erläutert. Vier Jahre später beobachtete Guérin-Méne- ville an den Blutkörpern der an der Muscardine gestorbenen Raupen kontraktile Bewegungen. Das Blutkörperchen sendet kleine Fortsätze aus, verlängert und verkürzt dieselben u. s. w. Diese schöne Beobachtung ist später bekanntlich mehrfach, auch beim Blut des Menschen wiederholt worden, ohne dass man die Arbeit von Gu&rin-M&neville kannte, dem die Priorität zukommt. Eine sehr wichtige Beobachtung machte ferner Guérin- M éne- ville an den Blutkörperchen kranker Raupen. Er sah nämlich, dass dieselben Kügelchen von 0,001—0,002 mm. im Durchmesser einschliessen, welche die Blutkörper als amöbenartige Zellen ver- lassen. Diese Thatsache, welche von vielen späteren Beobachtern übersehen worden ist, habe ich für die Gattine durchaus bestäti- gen können und bekanntlich (Heft I Bd. I dieser Zeitschrift) habe ich später dieselbe auch bei der Muscardine konstatirt. Diese kleinen amöboiden Zellen oder richtiger Cocci, welche Guérin-Méneville ,,Hématozoides“ nennt, sind bei der Gattine, wie ich unten zeigen werde, ebensowohl wie bei der Muscardine der Micrococcus des diese Krankheiten hervorrufenden Pilzes. De Bary verwechselt diese kleinen Körper später mit den von Mon- tagne 1835 entdeckten, von Vittadini 1852 bestätigten, meist zylindrischen oder stabförmigen Fortpflanzungszellen (Cylinder- conidien), mit denen sie keine Aehnlichkeit haben und deren Ver- hältniss zu ihnen wir schon in der Arbeit über die Muscardine Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 307 erorterten*). De Bary ist durchaus unfähig zur Beobachtung sehr kleiner Zellen oder Cocci, sonst könnte er dieselben unmög- lich übersehen haben. Sowohl Guérin-Méneville als auch Robert Hartig und ich haben jedes Mal bei der Muscardine den Micrococcus im Blut der Raupen gesehen; sie werden also wohl ein konstantes Vorkommniss bei dieser Krankheit sein. Sie vergrössern sich nach Guérin-Méneville und vermehren sich ausserordentlich. Auch das habe ich bestätigt, ebenso wie die endliche Keimung der zum Arthrococcus vergrösserten Cocci unter der Oberhaut der Raupe, welche ebenfalls schon von Guérin- Méneville beobachtet wurde. Dass man, wie zahlreiche For- scher schon bald nach dem Bekanntwerden des Pilzes gezeigt haben, die Muscardine durch Uebertragung der Botrytis auf die Haut erzeugen könne, beweist natürlich nicht, dass die Krankheit immer und nur auf diesem Wege entstehen könne und müsse; aber wenn auch wirklich das Eindringen des Mycelium in die Haut der Raupe der einzige Weg der Aufnahme wäre, so lässt sich doch gar nicht absehen, wie ein Pilz in das Innere einer zur Gährung geneigten Flüssigkeit eindringen sollte, ohne Micrococcus oder andere Hefeformen auszubilden. De Bary hat hier, wie überall, wo es auf sehr kleine Körper ankommt, höchst oberflach- lich beobachtet und höchst leichtfertig erklärt. Die kleinen Körper, welche von den Blutkörpern verschluckt -und transportirt werden, sind Micrococcus. Nachdem sie die Blutkörper verlassen haben, schwellen sie nach Guérin-Méne- ville allmählig zu grösseren eiförmigen Körpern, d.h. zu Arthro- coccus an und erregen saure Gährung. Unter der Haut der Raupe keimt endlich der Arthrococcus, die Keimlinge bilden durch Thei- lung und Abschnürung „Cylinderconidien“, welche abermals kei- men u. Ss. W. Robin**) hat im Jahr 1853 die Arbeiten über die Muscar- dine übersichtlich zusammengestellt. Die Gattine kennt er noch nicht als Pilzkrankheit. Später haben Vittadini, De Bary und mehre Andere einzelne Beiträge zur Kenntniss der Botrytis Bas- siana und verwandter Pilzformen geliefert. Noch ist hervorzuhe- ben, dass Montagne schon 1852 in einem Brief an Robin auf *) Vergl. diese Zeitschrift Heft I Bd. I Taf. I Fig. 1—14. **) Chr. Robin, Histoire naturelle des végétaux parasites qui croissent sur homme et sur les animaux vivants. A Paris 1853, 308 Hallier, die grosse Aehnlichkeit zwischen Botrytis Bassiana Balsamo und Stachyidium diffusum Fries (Botrytis diffusa Dittmar und Gre- ville) aufmerksam macht. Wenn auch die praktischen Seidenzüchter schon früher die Gattine von der Muscardine unterschieden, so erregte jene doch die Aufmerksamkeit der theoretischen Forscher erst spät. Selbst Cornalia, welcher die seitdem so berühmt gewordenen Corna- lia’schen Körperchen im Jahr 1856 kannte und beschrieb, hielt sie für das Produkt einer Gewebsmetamorphose und verkannte ihre parasitische Natur. Charrel (1857) kannte die von Spä- teren so vielfach bestätigten sauren Eigenschaften des Saftes der mit Gattine befallenen Raupen und nannte die Krankheit Acéto- trophie. Wir haben aber schon gesehen, dass auch bei der Mus- cardine der Saft sauer reagirt, dass also hiemit gar kein Unter- scheidungsmerkmal für beide Krankheiten gewonnen ist. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass Lebert*) das Verdienst hat, zu- erst (1858) den Parasiten der Gattine m den Körpern des Cornalia mit Sicherheit erkannt zu haben. Lebert wies nach, dass die genannten eiförmigen Körperchen sich durch Theilung vermehrten und diese Beobachtung wurde von Nägeli bestätigt. Chemische Untersuchungen von Städeler zeigten, dass das Blut kranker Raupen weniger Benzin und Harnsäure enthalte als das der ge- sunden. Im Gegensatz zu anderen Forschern wird hiebei angege- ben, dass das Blut gesunder Raupen sauer reagire. Haberlandt hat die Untersuchungen bereits nicht nur bestätigt, sondern in mehren Punkten erweitert. Noch im Jahr 1866 ist er freilich geneigt, die Körper des Cornalia für eine Modification der Blut- körperchen zu halten**), aber 1868 weist er nach, dass es nicht nur mit der von Lebert entdeckten Vermehrung durch Zwei- theilung seine völlige Richtigkeit habe, sondern dass ausserdem diese Körperchen aus sehr kleinen Kernen durch allmählige An- schwellung entstehen können. Ich habe weiter unten zu zeigen, dass diese Beobachtung Haberlandt’s vollkommen richtig ist. In den letzten beiden Jahren haben auch die Franzosen und Italiener sich eifrig mit der Gattine beschäftigt, im Ganzen aber *) Jahresbericht über die Wirksamkeit des Vereins zur Förderung des Seidenbaues für die Provinz Brandenburg im J. 1856—1857. Berlin 1858. **) Die seuchenartige Krankheit der Seidenraupen. Wien 1866. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 309 mit geringem Erfolg, was zum Theil in ihrer gänzlichen Unkennt- niss der deutschen Literatur begründet ist *). Werthvoll ist die Beobachtung von Bechamp, dass die in kranken Seidenraupen vorkommenden Körperchen als Hefe Alko- holgährung, Essigsäuregährung u. s. w. einzuleiten vermögen **). Pasteur bestätigt die Theilung dieser Körperchen, welche schon so viel früher von Lebert und Nägeli nachgewiesen war, und ebenso liefert er den Nachweis, dass die Krankheit durch das Laub verbreitet wird und, was übrigens längst bekannt war, sich auf die Eier vererbt. Keimungsversuche gelangen zuerst Bé- champ. Die keimenden Körperchen des Cornalia brachten ein Mycelium hervor, welches offenbar einem entwickelteren Pilze an- gehören musste ***). Diese Entdeckung ist jedenfalls eine der wich- tigsten in der Geschichte der Gattine. Ueber die interessante Arbeit von Balbiani haben wir bereits im zweiten Heft dieser Zeitschrift (S. 231) ausführlich. Bericht erstattet. Gegen Pasteur und Béchamp bestreitet Balbiani die Vermehrung der Cor- puscula. Schon beim ersten Bekanntwerden der Gattine war in Italien die Ansicht aufgetaucht, dass eine Degeneration des Laubes, namentlich ein zu geringer Stickstoffgehalt desseiben, die Gattine hervorrufe. Nach den Arbeiten von Lebert, Haberlandt und Pasteur verdiente diese Ansicht kaum noch einer Erwähnung, wenn sie nicht auch in Deutschland neuerdings wieder aufgetaucht wire +). Nach dieser Ansicht wäre geringerer Stickstoffgehalt der Blätter die Ursache der Krankheit: Haberlandt hat schon auf das Schlagendste das Unrichtige dieser Vorstellung und der zu ihrer Rechtfertigung aufgestellten Berechnungen nachgewiesen. Er zeigte erstlich 77) durch Zusammenstellung sehr verschiedener chemischer Analysen des Laubes, dass gar kein Zusammenhang zwischen dem Stickstoffgehalte des Laubes und der Gattine nach- *) Es ist erstaunlich, dass Männer wie Pasteur über derartige Dinge schreiben, ohne die Arbeit von Lebert zu kennen. **) Es ist hier von einer scheinbar verschiedenen Krankheit, der „Pebrine“, die Rede, deren Verschiedenheit aber noch keineswegs auf einen sicheren Aus- druck gebracht. | ***) Comptes rendus des seances de l’ac. d. sc. Paris 1867. Tom. 64. +) J. v. Liebig, Ueber die Seidenraupenkrankheit. 1867. Ferner: All- gem. deutsche Zeitschrift für Seidenbau. Bd. 4 Nr. 3. 4. ir) Vgl. dafür besonders: Neue Beiträge zur Frage über die seuchenartige Krankheit der Seidenraupen. Potsdam 1867. Ung. Altenburg 1866. 310 Hallier, weisbar sei und dass die Raupen auch bei dem stickstoffärmsten Laube weit mehr Stickstoff erhalten, als sie assimiliren können und zu ihrer Ernährung bedürfen. Dass der Stickstoffgehalt des Laubes keine ätiologische Bedeutung habe, geht aus meinen unten mitzutheilenden Untersuchungen zur Genüge hervor. Es wird hier, wie so oft, die eigentliche Ursache mit den disponirenden Momen- ten verwechselt. Dass, wenn der Krankheitskeim schon vorhanden ist, die schlechte Beschaffenheit des Laubes disponirend einwirken kann, bedarf kaum der Versicherung. In einzelnen Fällen, näm- lich überall da, wo die Krankheit in Folge der Affection des Laubes durch den Pilz autochthon zum Ausbruch kommt, kann sehr gut Beides, nämlich Abnahme des Stickstoffgehalts im Laube und Erkrankung der Raupen, parallel neben einander gehen. Wer aber das Erste als Ursache des Zweiten ansehen wollte, der würde einen groben Missgriff begehen. Es haben vielmehr beide Er- scheinungen eine gemeinsame Ursache. Ich habe weiter unten zu zeigen, dass der Pilz vom Laube in die Raupen gelangt, dass er das Laub in dieselbe saure Gährung versetzen kann wie den Darm- inhalt der Raupe, dass er oft schon auf dem Laube vorhanden ist, wenn das blosse Auge noch keine Spur von ihm entdeckt. Analysirt also der Chemiker solches Laub, so kann sehr leicht der Irrthum sich einschleichen, als sei das Laub frei vom Pilz und der geringere Stickstoffgehalt die Ursache der Gattine. Solche Vorstellung kann sich aber niemals einschleichen, wenn ein Che- miker und ein Botaniker gemeinsam arbeiten, sondern nur dann, wenn der Chemiker allein an die Arbeit geht ohne Kenntniss der botanischen Untersuchungen und ohne Rücksichtnahme auf die- selben. Eine gewiss höchst anerkennenswerthe Bestrebung unserer Zeit ist die seit 1867 angebahnte Errichtung einer Versuchsstation für Zwecke des Seidenbaues in Oesterreich. Die Station soll nach dem Beschluss des Seidenbaukongresses die Bedingungen zur Ent- wickelung der Seidenraupenzucht überhaupt erforschen, Akklima- tisation fremder Racen vornehmen und die Ursachen der Krank- heiten der Seidenraupen aufdecken*). In Norddeutschland dürfte meine seitdem in’s Leben getretene Versuchsstation für Seidenbau zur Zeit wohl noch die einzige sein. *) Vgl. u. a. Preussische Annalen der Landwirthschaft. 1868. Die land- wirthschaftl. Versuchsstationen, herausgeg. von Prof. Fr. Nobbe. Bd.X. Nr. 1. Die Parasiten der infectionskrankheiten. 311 Wenn es mir nun vergönnt sein mag, ein Wort darüber voran- zuschicken, wie sich meine Arbeit zu den Resultaten bisheriger Forschung und praktischer Erfahrung verhält, so muss ich beken- nen, dass sich auch hier wieder der alte Satz bewährt, dass die Praxis gewissermassen instinktiv ergreift, was die theoretische For- schung als richtig weit später nachweist. Ich habe als Ursache der Seidenraupenkrankheit einen Pilz nachgewiesen, der sich über den grössten Theil der alten Welt verbreitet, also wahrscheinlich auch in China und Japan nicht fehlt. Ich habe zu zeigen, dass dieser Pilz den Maulbeerbaum ebenso gut wie andere Holzgewächse befällt, dass er, von den Raupen gefressen, die Körper des Cornalia im Nahrungskanale zur Ausbildung bringt. Ich habe ferner zu zeigen, dass der Pilz in Folge seiner grossen Verbreitung in der Natur auch in die Zuchten gerathen kann, wenn diese auf irgend eine Weise, so z. B. durch Anhäufung von Laub, durch mangelhafte Lüftung, Feuchtiekeit, Unreinlichkeit u. s. w. die Schimmelbildung begün- stigen. Es folgt also aus dem Allen, dass die Chinesen eben des- halb weit seltener von Seidenraupenkrankheit zu leiden haben als wir, weil sie auf die Kultur des Maulbeerbaumes wie auf die Sei- denraupenzucht überhaupt eine ganz pedantische Sorgfalt verwen- den *). Nun wird es bei einem europäischen Kulturvolke, welches nicht unter dem unabweislichen Gebot pedantischer Lebensregeln und Vorschriften der Etikette steht, wie das chinesische, niemals an Einzelnen fehlen, welche durch Nachlässigkeit, Unreinlichkeit, Unordnung und Unwissenheit sich selbst um die Ernte oder einen Theil derselben bringen, und aus diesem Grunde wird die Krank- heit der Seidenraupen in Europa niemals aufhören. Aber es ist doch schon viel gewonnen, wenn der einzelne Züchter einsieht, dass es einzig und allein von ihm abhängt, ob seine Ernte eine vorzügliche oder eine minder gute sein werde. Es ist schon viel gewonnen, wenn man den Nachweis führen kann, welche Ursachen die Krankheit hervorrufen und durch welche Maassnahmen sie vermieden werden kann. Und auch in Deutschland ist auf manchen Uebelstand, der zu den disponirenden Veranlassungen der Gattine gehört, schon vielfach aufmerksam gemacht worden. Mehrfach hat man auf *) Vgl. E. Reichenbach, Ueber Seidenraupenzucht und Cultur des Maulbeerbaums in China. München 1867. 312 Hallier, kühle Aufbewahrung der Eier und mässige Temperatur im Zucht- lokal hingewiesen ”). Ebenso giebt es für die Kultur des Maul- beerbaums manchen praktischen Wink, welcher allgemeine Befol- gung verdiente **). Ganz besonders muss ich betonen, dass der mehrfach gemachte Vorschlag, nur Blätter von Wildlingen zur Fütterung zu verwenden, welche an emem warmen, sonnigen, wo möglich nach Süden abhängigen Orte, auf mässig schwerem Bo- den stehen, völlig richtig ist. Nicht genug kann ich warnen vor Heckenanlagen, besonders an niedrigen Orten***), denn gerade solche hegen und pflegen den Parasiten. Eine sehr ausführliche Belehrung über den Maulbeerbaum, seine Cultur u. s. w. findet man in einem französischen Werke, welches von Séringe herrührt +). Noch auf einen Punkt in meiner unten mitzutheilenden Arbeit möchte ich ganz besonders aufmerksam machen, weil derselbe nicht bloss für die Seidenraupenkrankheit, sondern für die gesammte Parasitologie, insbesondere für die kontagiösen Krankheiten des Menschen von Bedeutung werden kann. Ich meine die Bestäti- gung der Beobachtung Guérin-Méneville’s bezüglich der Blutkörperchen. Es lässt sich in einem gewissen Stadium der Gattine nachweisen, dass kleine Cocci des Pilzes sich innerhalb der Blutkörperchen befinden, dass sie darin wachsen und sich zu kleinen Arthrococcus-Zellen ausbilden. Es dienen also die Blut- körperchen als Transportmittel der Pilzzellen durch den ganzen Raupenkörper, und nur so ist das Vorhandensein derselben im Fettgewebe, in den Muskeln u. s. w. erklärlich. Diese Beobach- tung gewinnt an Bedeutung im Verhältniss zu ähnlichen Vorgän- gen im Blut und Eiter bei Wirbelthieren, insbesondere bei’m Menschen. Die kleinen Cocci, welche die Wirkung des Speichels hervorrufen, dringen in die Speichelkörperchen ein, vermehren sich in denselben und verlassen diese wieder. Im Blute bei Syphilis fand ich auf und in den weissen Blutkörperchen den Micrococcus des Syphilis - Pilzes (Coniothecium syphiliticum), es fand sich der- *) Vgl. die Veröffentlichung des Seidenbauvereins für die Provinz Bran- denburg vom April 1867. **) Vgl. Allgemeine deutsche Zeitschrift für Seidenbau, berausgeg. von Ed. Wartig. Bd. I Heft. 1—8. =) Vol. ebendaselbst Nr. 5. +) N. C. Séringe, Description des Muriers, leurs especes, varictes, cul- ture, taille. Lyon 1855. Avec Atlas. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 313 selbe Micrococcus in den Eiterzellen bei’m harten wie bei’m wei- chen Schanker. Es kann also nicht Wunder nehmen, dass er in jedem leidenden Körpertheile bei Syphilitischen vorkommt. Bei der Rotzkrankheit der Pferde lebt ein Micrococcus im Innern der weissen und rothen Biutkörperchen, und Zürn nahm an solchen Blutkörpern kontractile Bewegungen wahr. Ebenso belagert der Micrococcus des Typhus-Pilzes die Blutkörperchen der Typhus- kranken. Mag man nun in alien diesen Fällen über das Verhält- niss des Pilzes zum Contagium denken, wie man will, soviel steht jedenfalls fest, dass die Natur sich der Blutkörperchen, Eiterkör- perchen und Speichelkörperchen als Transportmittel des Pilzes durch den gesammten Organismus bedient. Es mag immerhin sein, dass bei der Muscardine bisweilen das Mycelium durch sein Durchwachsen des gesammten Gewebes an der Penetration bethei- ligt ist, für die Gattine fällt jeder Versuch einer solchen Erklärung ganz weg, weil überhaupt nur äusserst selten unbedeutende Mycel- bildungen stattfinden und das jedenfalls niemals in den früheren Stadien der Krankheit der Fall ist. Diejenige Krankheitsform, welche die Franzosen Pebrine nen- nen, ist nur eine Modification der Muscardine und Gattine, die besonders darin besteht, dass Faulniss eintritt und daher die Mi- crococcus- Bildung vorherrscht. = d) Ursprung und Bedeutung der Körperchen des Cornalia. Es waren natürlich die Eier, die Raupen in ihren verschiede- nen Lebensstadien, die Puppen und die Schmetterlinge mit ihren Eiern zu untersuchen. Zur Untersuchung der Eier dienten kranke und gesunde Grains, welche mir der königlich preussische Oekonomierath Herr v. Schlicht gütigst zugehen liess. Erst in diesem Jahre war ich so glücklich, die Eier meiner vorjährigen und diesjährigen ei- genen Zucht und Eier von zehn verschiedenen Raten von Herrn Töpffer untersuchen zu können. Hier muss zunächst unterschie- den werden, was sich an der Oberfläche der Eier und was sich im Innern derselben befindet. Beiderlei Vorkommnisse können sehr leicht mit einander verwechselt werden, wenn man die Eier bloss zerquetscht urd den ausgetretenen Saft untersucht. In die- sem Falle mischen sich natürlich die der Oberfläche des Eies an- haftenden Körperchen mit dem Safte des Embryo. Es ist daher 314 Hallier, durchaus nothwendig, die sorgfältig abgelöste Eischale für sich zu untersuchen. An dieser Eischale sieht man bei Eiern, welche von kranken Schmetterlingen stammen, am Rande häufig anklebende Körnchen von ausserordentlich geringen Dimensionen. Am deutlichsten sieht man diese kleinen, meist kugeligen Körner bei auffallendem Licht, verstärkt durch die Beleuchtungslinse, mit Hülfe starker Immer- sionssysteme. Ganz gesunden Eiern fehlen meistens diese Körn- chen gänzlich, auch sind sie keineswegs immer am kranken Ei sichtbar, man kann sie daher nicht zur Unterscheidung der kran- ken Eier von den gesunden benutzen. Als Unterscheidungsmittel sind sie auch deshalb unbrauchbar, weil sie der stärksten Ver- grösserungen von 1500 —2000fach lineare sowie der besten Be- leuchtung bedürfen, um deutlich sichtbar zu werden. Diese Körn- chen sind höchst wahrscheinlich Micrococcus- Zellen, welche sich im ersten Stadium der autochthon auftretenden Krankheit stets entweder allein oder neben den Cornaliaschen Körperchen im In- nern der Eier vorfinden. Ausser diesen Körnchen finden sich sehr häufig einzelne Spo- ren vor, welche ebenfalls der Aussenfäche der Eischale anhaften. Fig. 13 Tafel VI zeigt verschiedene derartige Vorkommnisse, wor- unter am, häufigsten braune oder blasse, längliche oder spindelige Zellen (Fig. 13 c—e, i, k, p—t) sind, die man unschwer als Glie- der von Ketten eines Cladosporium oder eines sehr ähnlichen Kettensporenpilzes erkennt. Auch grössere einfache (Fig. 13, n) oder septirte (Fig. 13, 0) Sporen mit zierlich punktirt warzigem Epispor sind ziemlich häufig. Seltener sind kugelige Pilzzellen (Fig. 13, a, b, f, g), die man mitunter.in Theilung begriffen findet (Fig. 13, h), und längere Glieder (Fig. 13, I) eines oidiumartigen Pilzfadens. Alle diese Vorkommnisse sind der Beachtung werth, weil sie möglicherweise Aufschluss geben können über den Ort, wo die Raupe inficirt wird, sowie über den Parasiten, welcher die Infection hervorruft. Jedenfalls müssen diese Pilzzellen ja entwe- der schon im Zuchtlokale sich befunden haben, was am wahr- scheinlichsten ist, oder sie sind später auf die Eier gelangt und an ihnen haften geblieben. Was die erste Annahme anlangt, so wird dieselbe schon dadurch im höchsten Grade wahrscheinlich, dass der Aussenfläche der kranken Raupe meist dieselben oder sehr ähnliche Pilzzellen anhaften. Im Saft der kranken Eier befinden sich meist zahlreiche äus- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 315 serst kleine und grössere Cocci, oft in Theilung begriffen (Fig. 14 —16), wobei sich zuerst das Plasma theilt. Zum Theil sind diese Cocei von unmessbarer Kleinheit; Cocei von 0,0005 mm. im Durch- messer gehören schon zu den grösseren. Die kleinsten sieht man noch bei 1200facher Vergrösserung (Fig. 15) punktförmig, während die grösseren bei einer nahezu 2000fachen Vergrösserung den In- halt von der Membran oder Hülle deutlich unterscheiden lassen (Fig. 16). Bewegung sieht man an diesen Zelien anfänglich nicht, ausgenommen die gewöhnliche Molekularbewegung. Auch zeigt die stärkste Vergrösserung (1970 lineare) keine Bewegungsorgane- Sehr leicht kann man den Micrococcus mit kleinen Fetttröpf- chen verwechseln, welche stets massenhaft neben ihm in den Eiern vorhanden sind. Bei dieser Gelegenheit will ich nicht unterlassen, zu bemerken, dass in den unbefruchteten Eiern meist die Fett- masse bedeutend überwiegt, während die befruchteten Eier weit weniger Fett zu enthalten pflegen. So viel steht fest, dass oft die unbefruchteten Eier schon mit Micrococcus erfüllt sind, woraus hervorgeht, dass sie jedenfalls durch die Mutter infieirt werden können. Ob auch gesunde Eier durch den Coitus inficirt werden können, wäre eine sehr interessante Frage, die aber wohl von einem Zoologen an einem Orte gelöst werden muss, an welchem der Seidenbau in Blüthe steht. Ich habe im Sperma niemals Mi- crococcus auffinden können. ; Der Micrococcus ist keineswegs immer der einzige pflanzliche Befund in den kranken Eiern. Befruchtete, vollkommen ausgebil- dete Eier zeigen sogar stets noch andere Pilzzellen, wenn sie von der Krankheit infieirt sind. Diese Pilzzellen (Fig. 17) sind die berühmten Körperchen des Cornalia. Sie sind von verschiede- ner Grösse und in verschiedenen Stadien der Entwickelung. An- fangs sind sie kreisrund, fast kugelig. Im Wachsthum strecken sie sich immer mehr in die Länge, werden eiförmig, lanzettlich, ja stabformig. Im ausgewachsenen Zustand sind sie meist ei- förmig (Fig. 17), häufig an beiden Enden etwas abgeplattet. Sie sind in diesem Zustand niemals ganz stielrund, haben daher mit den von Montagne und De Bary beschriebenen Cylinder-Coni- dien*), welche bei der Muscardine vorkommen, keine Aehnlichkeit. Ist die Krankheit des Embryo noch in den ersten Stadien befindlich, so findet man diese Körper stets nur im Nahrungs- *) Botanische Zeitung 1867 Nr. 1—3. 316 Hallier, kanal (Fig. 17). Erst im weiter vorgerückten Stadium der Er- krankung verbreiten sich diese Zellen durch den ganzen Körper, sehr häufig erst nach dem Auskriechen der jungen Raupe. Diese Beobachtung scheint nicht ganz unwichtig, da sie Aufschluss giebt über den Weg, welchen die Körper des Cornalia durch den Em- bryo und durch die junge Raupe nehmen. Man hatte sich bis- her damit begnügt, die Eier zwischen Glasplatten zu zerquetschen und den so gewonnenen Brei zu untersuchen. Es gelingt aber mit einiger Vorsicht leicht, die Eischale durch Präparation mittelst feiner Nadeln zu entfernen und den Nahrungskanal freizulegen. Demnächst findet man die Blutkörperchen inficirt. Ich sah sehr häufig sowohl in ihrem Innern als in ihrer Oberfläche (Figur 18) Micrococcus von verschiedener Grösse, d.h. in verschiedenen Stufen der Entwickelung. Dass diese Pilzzellen auch im Innern der blassgelben kreisförmigen Blutkörper vorkom- men, kann man leicht durch Einstellung auf die Mitte der Blut- körperchen konstatiren. Es mag gleich hier bemerkt werden, dass weder Jod noch Chlorzinkjod, noch Jod und Schwefelsäure den Micrococcus und die Körper des Cornalia färben. Die Mem- bran dieser Pilzzellen wird durch Chlorzinkjod stark gequellt, ohne dass blaue Färbung einträte und auch die braune Färbung des Plasma tritt nur sehr schwach hervor. Ueber die Grösse der Cornalia’schen Körperchen lässt sich Allgemeines kaum angeben. Man findet alle Mittelstufen zwischen dem Micrococcus und den ausgewachsenen Körpern des Cornalia (Figur 19), welche durchschnittlich etwa 0,002—0,005 mm. Länge haben. Doch sind sie meist kleiner, namentlich im Anfang der Krankheit. Schon Lebert*) hat in seiner Arbeit sehr richtig die eine Entstehung der Körper des Cornalia nachgewiesen. Diese lässt sich leichter beobachten, weil sie nur an ganz oder nahezu ausgewachsenen Individuen vorkommt. Ich meine die Entstehung und Vermehrung durch Theilung schon vorhandener Individuen, wie man sie so schön im Nahrungskanal kranker Embryonen (Fig. 17) beobachten kann. Schon Lebert musste es auffallen **), dass die in Theilung begriffenen Individuen grösser sind als die meisten anderen und dass man meist entweder nur Individuen *) Jahresbericht über die Wirksamkeit des Vereins zur Beförderung des Seidenbaues für die Provinz Brandenburg im Jahre 1856—1857. Berlin 1858. FA. 70 OMe Die Parasiten der Infeetionskrankheiten. 317 ohne Theilungen beisammen findet (Fig. 19), oder dass sich die meisten in Theilung befinden. Eben dieser Umstand war auch der Grund, warum man so lange an der pflanzlichen Natur und an der pflanzlichen Vermehrung der Körper des Cornalia zwei- felte, weil man meist nur die jüngeren Zustände sah, bei welchen noch keine Theilung stattfindet. Da nun diese Jugendzustände der Körper des Cornalia oft nicht minder massenhaft beisammen vorkommen, wie die ausgewachsenen Individuen, so hat offenbar dieses Gebilde noch einen anderen Ursprung. Diesen Ursprung kennen wir durch Guérin-Méneville. Dieser ausgezeichnete Beobachter sah bei der Muscardine und auch bei anderen Krankheiten von Insekten die Blutkörper von kleinen Zellen belagert. Diese drangen auch in die Blutkörper ein, vergrösserten und vermehrten sich in denselben und ver- liessen sie in Gestalt der eiförmigen Körperchen des Cornalia. Diese Beobachtung stimmt völlig mit der unsrigen (Figur 18) überein. Später ist sie durch Herrn Professor Haberlandt vervollständigt worden”). Derselbe sagt: „Sonach entstehen die Doppelzellen aus kleinen kugeligen Sporen, die bei ihrer Fort- bildung entweder die Ei- oder die Birnform annehmen“. Ebenso konstatirte Haberlandt die Vermehrung durch Quertheilung der ausgewachsenen Individuen. De Bary hat dagegen die Kör- perchen des Guérin-Méneville mit den von ihm sogenannten Cylinder-Conidien verwechselt, mit denen sie keine Aehnlichkeit haben. Bei der Muscardine ist der Arthrococcus des Muscar- dine-Pilzes thätig. Es wird auch von Robin**) ausdrücklich hervorgehoben, dass das Blut der Raupen bei der Muscardine sauer reagire und ganz dasselbe ist bei der Gattine im höchsten Stadium der Erkrankung der Fall. De Bary hat also ohne Zweifel den Arthrococcus über- sehen, denn in einer sauer gährenden Flüssigkeit, welche über- haupt Pilzbildungen enthält, fehlt der Arthrococeus nie. Der Vorgang im Embryo des Eies ist also kurz folgender: Zuerst ist der Embryo mit Mierococeus erfüllt und der Saft reagirt schwach alkalisch. Die Alcalescenz des Saftes nimmt ab *) Fr. Haberlandt, Neue Beiträge zur Frage über die seuchenartige Krankheit der Seidenraupen. Wien 1868. Nr. 39. **) Ch. Robin, Histoire naturelle des végétaux parasites qui eroissent sur ’homme et sur les animaux vivants. Paris 1853. p. 569. 318 Hallier, und die Micrococeus-Zellen strecken sich in die Länge, allmählig zum Arthrococcus sich ausbildend. Während dieses Stadiums findet keine Theilung der Zellen statt, man sieht daher nur ein- zelne Arthrococcus-Zellen (Cornalia’sche Körperchen). Erst wenn diese ausgewachsen sind, beginnt ihre Theilung und nun reagirt der Saft sauer. Im Darm des Embryo befinden sich sehr häufig Individuen, welche nicht nur einmal, sondern 2—6mal ein- geschniirt sind. Schon dieser, freilich bisher übersehene, Um- stand hätte die zum Systematisiren so bereitwilligen deutschen Mycologen belehren können, dass man es hier nicht mit einem allezeit einzelligen Organismus zu thun habe, sondern mit der einzelligen Form eines solchen. Wir könnten nun auch unserer- seits der systematisirenden Eitelkeit fröhnen und das mehrzellige Gebilde, mit einem prächtigen Gattungsnamen und einem irgend einen Freund feiernden Speciesnamen versehen in die weite Welt senden, wenn nicht die bescheidene Wahrheit sich uns aufdrängte, dass hier eine sehr untergeordnete Pilzform vorliest, morpholo- sisch von geringer Bedeutung, so gross auch ihre physiologische Wirkung ist. Die ganze Gruppe der Schizomyceten, ein würdiges Denkmal deutscher Systemwuth, besteht aus solchen unvollkom- menen Formen höherer Pilze. Um auf die Untersuchung der Eier zurückzukommen, habe ich noch hervorzuheben, dass man sehr häufig nur das letzte Sta- dium der Entwickelung, nämlich ausgebildeten Arthrococeus in den Eiern antrifit. Besonders ist das stets der Fall, wenn die Embryonen dem Auskriechen nahe sind. Jetzt reagirt der Saft kranker Embryonen stets sauer und die eiförmigen bis stäbchen- förmig-lanzettlichen Arthrococcus-Zellen sind meist schon in Ver- mehrung begriffen. Die ausgekrochenen kranken Raupen zeigen, wenn sie nur sehr schwach infieirt sind, den Arthrococcus stets zuerst und auch später am massenhaftesten im Nahrungskanal. Das Maulbeerlaub ist der Vermehrung des Arthrococcus sehr för- derlich. Die Raupe hat stets sauren Saft, so lange sie krank ist. Nur kurz vor dem Tode geht eine plötzliche Veränderung vor. Der Körper beginnt nämlich jetzt zu faulen und es entwickelt sich auf eine Weise, die ich später ausführlich mittheilen werde, aus dem Arthrococcus wieder der Micrococcus. Bald nach dem Tode des Thieres findet man in demselben nur noch Micrococcus und der Saft reagirt alkalisch. Eben diese starke Fäulniss ver- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 319 hindert die Ausbildung des Mycelium, und auch dadurch unter- scheidet sich die Gattine von der Muscardine. Die Vertheilung des Arthrococcus durch den Raupenkörper dass ich kaum etwas hinzuzufügen wüsste. Ich darf daher auf ihre angeführten Schriften verweisen. Vom Nahrungskanal aus scheinen immer zuerst das Blut- gefäss und die Malpighi’schen Gefässe ergriffen zu werden. Zu- letzt findet man aber den Arthrococcus im Fettkörper und über- all bis unter die Haut vorgedrungen, wo sogar die ersten Stadien der Keimung und Bildung von Gliederfäden vorkommen. Gewisse Krystallbildungen, welche diesen Gliedern sehr ähn- lich sind, verdienen jedenfalls eben so sehr eine gründliche chemi- sche Untersuchung wie der ganze Vorgang der sauren Gährung in dem kranken Insekt überhaupt. Die erwähnten tafelförmigen Krystalle sind übrigens keineswegs die einzigen bei der Krankheit vorkommenden, vielmehr tritt in verschiedenen Stadien eine grosse Mannigfaltigkeit derselben auf, wovon schon mehre von diesem oder jenem Schriftsteller Berücksichtigung gefunden haben. Die Krankheit der Raupen verkündigt sich bekanntlich, sobald sie erst stark zum Ausbruch gekommen ist, durch mannigfache äussere Zeichen. Kranke Raupen bleiben hinter gesunden merklich im Wachsthum zurück, mag die Krankheit nun vererbt oder erst später zum Ausbruch gekommen sein. Oft nehmen die Raupen sogar an Grösse ab, ja, wenn die Krankheit einen tödtlichen Grad erreicht hat, so ist das stets der Fall. Die Raupen schrumpfen dann stark ein, die Haut wird welk, schlaff und gelblich bis braun. Diese Verfärbung hat mit dem Pilz nur indirecten Zusammen- hang, sie ist nämlich lediglich Folge der gestörten Ernährung. Es ist eine einfache Necrose, der Vorgang des Absterbens, wel- cher hier schon am lebenden Thier beginnt. Die Haut scheint einer Oxydation unterworfen zu werden, weil sie von innen nicht mehr ernährt wird. . Der Prozess beginnt bekanntlich sichtbar zuerst am Horn- chen. Unter scharfer Lupe oder unter dem Mikroskop sieht man ihn ausserdem an der Spitze der Haare hervortreten. Diese der WA a. Oy Sem =) Fr. Haberlandt, Die seuchenartige Krankheit der Seidenraupen. Wien 1866. S. 19 ff. I, 3. 21 320 Hallier, Luft am meisten ausgesetzten Theile der Haut bräunen sich, an- fänglich nur schwach, zuletzt immer stärker. Nun nehmen die Oberhautzellen ringsum an der Bräunung Theil und es entstehen bräunliche Flecke, die bald dem blossen Auge sichtbar werden und an Grösse und Dunkelheit beständig zunehmen. Eine regel- mässige Anordnung und Gestalt ist durchaus nicht an ihnen er- sichtlich, nur fiel mir auf, dass sie besonders dann stark zur Entwickelung kommen, wenn sie die Oeffnungen der Tracheen um- geben, was wiederum auf den Einfluss der Luft bei diesem Phä- nomen hindeutet. Uebrigens sind, wie gesagt, die Flecken ledig- lich ein äusseres Symptom der Krankheit, welches freilich schon auf ein vorgerücktes Stadium derselben hindeutet. Solche stark fleckige Raupen spinnen sich selten ein. Man sollte jede fleckige Raupe unbedingt aus den Zuchten entfernen. Auffallend war mir, dass die Krankheit bald im Steigen, bald im Sinken begriffen ist. Sehr oft sieht man Raupen, welche schon ganz im Wachsthum zurückgeblieben, schon vergilbt und schlaff sind, so dass man binnen wenigen Tagen ihren Tod erwartet, wieder zunehmen, praller und weisser werden, ja nicht selten die normale Grösse erreichen. Ich glaube zwar nicht, dass solche Raupen wieder ganz genesen können, aber lehrreich ist diese Thatsache jedenfalls, weil sie zeigt, dass man durch äussere Ein- flüsse stark auf den Gesundheitszustand einwirken kann. Der Krankheitsverlauf ist meist ziemlich langsam, oft aber auch er- staunlich rapid. Die Agentien, welche auf den Krankheitsverlauf am stärksten einwirken, sind: die Temperatur, die Luft und das Futter. Es steht unumstösslich fest, wie wir später sehen werden, dass die eigentliche Ursache der Krankheit die Pilzbildungen, nämlich der Micrococcus und der aus diesem hervorgehende Arthrococcus eines ganz bestimmten Pilzes sind; aber ebenso fest steht es, dass jene drei Agentien gewaltig auf den Krankheitsverlauf einwirken. Schwerlich wird man die einmal infizirten Raupen heilen können, aber sicherlich kann man durch sorgfältige Ueberwachung der Luftzufuhr, der Temperatur und des Futters die Gefahr für die Nachkommenschaft auf ein Minimum zurückführen, wenn nicht ganz vermeiden. Jeder plötzliche Temperaturwechsel verstärkt die Krankheit und beschleunigt ihr weiteres Umsichgreifen. Stagnirende Luft begünstigt die Pilzbildung und damit auch die Krankheit; man Die Parasıten der Infectionskrankheiten. 321 hat daher für möglichst raschen Luftwechsel im Zuchtlokal zu sorgen. Man wird mir hier vielleicht einwenden, dass diese beiden Forderungen sich schwer vereinigen lassen? Ich glaube aber, dass das dennoch möglich ist und zwar einfach dadurch, dass man die Raupen an eine möglichst niedrige Temperatur gewöhnt. Das ist, wie die Erfahrung gelehrt hat, möglich. Nicht die nied- rige Temperatur an sich ist den Raupen so schädlich als vielmehr ein plötzlicher Wechsel, der allerdings in geheizten Lokalen bei der so nöthigen Ventilation schwer zu vermeiden ist. Je kühler aber das Zuchtlokal konstant gehalten wird, um so häufiger wird man lüften können, um so kleiner wird der Zeitraum werden, während dessen man alle äussere. Luft vom Lokal ausschliesst und um so seltener wird man heizen. Das Wichtigste ist aber das Futter. Freilich hat die Verschlechterung desselben oft schon in dem Mangel an Ventilation ihren Grund. In einem schlecht gelüfteten Zuchtlokal häufen sich überhaupt stets Pilzzellen im Staube an, die dann bei dem geringsten Zuge sich in die Luft erheben und auf das Maulbeerlaub niederfallen und unter diesen Pilzzellen stellt sich meistens auch sehr bald der Parasit der Gattine ein. Indessen kann, wie wir später sehen werden, das Laub auch schon am Baum infieirt sein. Am wichtigsten aber ist die mög- lichst häufige und schnelle Entfernung des Laubes, die möglichst häufige Zufuhr frischen Laubes, denn die Anhäufung des Laubes wirkt noch schädlicher ein als der Mangel an Ventilation. Da nämlich Pilzzellen niemals ganz fehlen, so geräth das Laub um so leichter in Vermoderung und Verwesung, je massiger es bei- sammenliegt und je länger es liegt. Ohnediess ist aber das welke Laub den Raupen bekanntlich nicht zuträglich. Unter den Krystallbildungen hebe ich besonders die Harn- siurekrystalle hervor. Diese sind meines Wissens zuerst von Lebert beobachtet und abgebildet worden *). Meist sind diese Krystalle ganz flach scheibenförmig oder tafelformig, so dass sie, auf die hohe Kante gestellt, stabförmig erscheinen. Sie erschei- nen von der grösseren Fläche gesehen parallelogrammatisch, 11/2- —2mal so lang wie breit, an beiden Enden durch sanft konvexe Linien begrenzt, wie es Haberlandt in der Schrift vom Jahr 1866 (Fig. 10) sehr richtig abbildet. Ich erwähne dieser Harn- 2) ING a, [07 Tafel 6 Fig. 96. 322 Hallier, säure-Krystalle, welche ganz denjenigen gleichen, die man in den Exkrementen der Boa constrictor antrifft, deshalb ausdrücklich, weil dieselben von Unkundigen sehr leicht mit den Körpern des Cornalia verwechselt werden können. Sie sind aber weit grösser, meist doppelt so gross als diese, weit flacher und von etwas ver- schiedener Gestalt sowie von weit geringerem Brechungsver- mögen. Der Arthrococcus hat meist ziemlich starken Glanz, diese - Krystalle dagegen sind matt und blass. Natürlich lassen sie sich ausserdem mikrochemisch leicht unterscheiden. Als Erkennungszeichen der Krankheit kann man diese Harn- siurekrystalle gar nicht benutzen. Sie fehlen wohl selten in der. Raupe, wenigstens sind sie mir überaus häufig bei vollkommen gesunden Raupen aufgefallen. Sie finden sich in den Malpighi- schen Gefässen, mischen sich den Exkrementen bei, gerathen mit diesen auf die Oberfläche der Blätter sowie auf die Haut der Raupen. Diesem Umstand ist es wohl zuzuschreiben, dass Haber- landt sie für ein Häutungsprodukt der Raupe gehalten hat. Sie treten gewöhnlich in kranken Raupen massenhafter auf als in ge- sunden, jedoch kann man sie, wie gesagt, durchaus nicht als ein Kennzeichen zur Beurtheilung des Krankheitszustandes benutzen. Ausser diesen Krystallen fand ich noch andere von unregel- mässig tafelförmiger Gestalt, ferner sphärokrystallinische Bildun- gen, welche einem harnsauren Salze anzugehören scheinen, und die von Lebert*) und Anderen für die Muscardine beschriebenen Formen. Auch von Haberlandt sind diese Krystallformen be- obachtet worden”). Uebrigens muss hier ausdrücklich hervorgehoben werden, ‘dass die erwähnten Harnsäurekrystalle grosse Aehnlichkeit haben mit gewissen Pilzzellen, welche im Körper stark erkrankter Raupen niemals zu fehlen scheinen. Diese Pilzzellen (Fig. 29) sind bisher wohl niemals von den Cornalia’schen Körperchen unterschieden worden, noch häufiger mögen sie mit den Harnkrystallen ver- wechselt sein. Sie sind, wie die Figur zeigt, etwas verschieden von Gestalt, durchschnittlich grösser als der Arthrococcus und meist mit einigen kleinen Kernen versehen. Ihre Form ist oft der jener Krystalle sehr ähnlich, wenn man sie von der Fläche betrachtet. *) Lebert a. a. O. Tafel 6 Fig. 29 B. Robin, Atlas, Fig. 5 Taf. VII: **) Die seuchenart. Krankheit d. Seidenr. Wien 1866 Figur 9. d. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 323 Niemals fehlen diese Zellen dem Raupenkörper, wenn man die Raupen durch infizirtes Laub krank gemacht hat, dagegen sind sie gewöhnlich nicht vorhanden, wenn die Krankheit angeerbt ist. Sie entstehen, wie ich später zeigen werde, durch Schimmelbildung desjenigen Pilzes, welcher die Seidenraupen erkranken macht, und sind die Glieder einer oidiumartigen Form. Von den Harnsäurekrystallen lassen sich diese Oidiumglieder nur mikrochemisch sicher unterscheiden, denn die Kerne fehlen bis- weilen und dann ist die grössere Dicke das einzige morphologische Unterscheidungsmerkmal. Ganz besonders schwer unterscheiden sie sich, wenn das In- sekt schon dem Tode nahe ist. In diesem Stadium der Krankheit sind sie nämlich oft ihres Plasma’s beraubt und stellen nun flache, leere, zusammengefallene, blasse Hüllen dar. So lange die Raupe krank ist, sind die Exkremente bestän- dig mit den Arthrococcus-Zellen versehen. Man findet die kleinen Blattstücke meist noch der Form nach ganz unversehrt und zwi- schen wie auf ihnen zahllos den Arthrococcus zerstreut. Erst kurz vor dem Tode der Raupe findet sich im Darminhalt und in den Exkrementen statt des Arthrococcus immer mehr der Micro- coccus ein. Auch die Exkremente reagiren während der Krank- heit sauer, zuletzt aber alkalisch. Die Krankheit verbreitet einen ganz eigenthümlichen, unan- genehmen Geruch, besonders da, wo die Raupen in Masse bei- sammenliegen. Gleich nach dem Tode tritt ein anderer noch hässlicherer Geruch an die Stelle, dem etwas Süssliches und Brenz- liches beigemengt ist. Ebenso riechen faulige Puppen und an der Gattine gestorbene Schmetterlinge. Natürlich mussten auch die etwa in den Exkrementen ausser dem Micrococeus und Arthrococcus vorkommenden Pilzbildungen genau untersucht werden, weil diese ebenso leicht wie die pilz- lichen Vorkommnisse auf der Eischale für die Genesis des Arthro- coceus, d. h. der Körper des Cornalia, von Werth sein können. Im Darminhalt von Raupen, die ich, schon im kranken Zu- stand, durch die Güte des Herrn Heese in Berlin erhielt, fand ich die in Figur 20 dargestellten Pilzbildungen. Unter a sind rothbraune Sporen gezeichnet, welche mit den ähnlichen Gebilden auf der Eischale (i, k, p, q Fig. 13) übereinstimmen. Noch grös- sere Uebereinstimmung zeigen gelbbraune Cladosporium-Sporen (b, e Fig. 20) mit dergleichen Vorkommnissen auf der Eischale 324 Hallier, Auch Sporidesmium-Früchte (Schizosporangien), wie die Figur 20 d und f gezeichneten, kommen auf der Eischale vor, was um so wichtiger, als solche Früchte stets mit einer Cladosporium-Form verbunden vorkommen. Solche Sporidesmium-Früchte (f Fig. 20) zeigen häufig sehr schön das Zerfallen des Inhalts in Micrococ- cus. Das ist namentlich gleich nach dem Tode der Raupe der Fall. Dann sieht man nicht nur in den Exkrementen, im Darm- inhalt, sondern überall im Körper der Raupe den Arthrococcus in Micrococcus zerfallen. Ganz besonders schön pflegt diese Metamorphose im Kopf der Raupe stattzufinden. Man sieht sehr bald sämmtliche Arthro- coccuszellen in dem Zustand, wie ihn Figur 21 a, b zeigen. Vor- her findet man leicht die Entwickelungszustände auf, welche zei- gen, dass das Plasma des Arthrococcus zuerst zu 2 (ce Fig. 21), darauf nochmals zu 2 (d Fig. 21), hierauf zu 8 (e Fig. 21), zu 16 (f Fig. 21) u. s. w. Theilen zerfällt, so dass bald statt der Arthrococcus-Zelle nur ein Haufen sehr kleiner Micrococcus-Zellen von der Form der sich auflösenden Mutterzelle übrig bleibt. Selbst mehrgliedrige Reihen (g Fig. 21) erkennt man noch deut- lich, während der Micrococcus in den Gliedern schon vollkommen entwickelt ist. Zuletzt vermehren sich die Zellen über die Grenze der ursprünglichen Mutterzelle hinaus und man sieht den Micro- coccus sich in’s Unendliche vermehren. Ueber die Art und Weise, wie der Parasit in der Puppe und im Schmetterling auftritt, hätte ich dem von meinen Herren Vor- arbeitern, insbesondere von den Herren Lebert und Haberlandt Mitgetheilten kaum etwas Wesentliches hinzuzufügen. Im Tode seht auch hier die Micrococcus-Bildung von Statten und es ent- wickelt sich der eigenthümliche faulige und süssbrenzliche Ge- ruch. Dass die Krankheit, wenn sie bei der Raupe nicht zum Tode führt, sich auf die Puppe, von dieser auf den Schmetterling und auf dessen Eier vererben kann, ist eine zu vielfältig konsta- tirte Thatsache, als dass sie hier noch besonderer Bestätigung bedürfte. Die Eier werden jedenfalls schon durch die kranke Mutter inficirt. Aber es giebt noch eine andere Infectionsquelle Das sind die der Eischale anhaltenden Sporen. Diese stammen meist von verschiedenen Pilzen her, zum grössten Theil aber immer von demjenigen Cladosporium, von welchem wir weiter unten sehen werden, dass die Cornalia’schen Körperchen durch dasselbe als Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 325 Arthrococeus oder Säurehefe erzeugt werden. Diese Sporen, wie sie z. B. Figur 13, c—e, r—t abgebildet sind, ebenso die Schizo- sporangien (Fig. 20 d) desselben Pilzes kommen aber auch auf ganz gesunden Eiern auf der Schale vor; sie können mithin gar leicht die jungen, völlig gesunden Raupen anstecken, indem sie von ihnen verschleppt und auf das Laub übertragen werden. Wenn die Grains bei Aufbewahrung in einem feuchten kühlen Lokal schimmeln, so tritt ausser Schimmelpilzen, wie Penicillium, Aspergillus u. s. w., stets auch das Cladosporium herbarum Lk. auf, ja dieses bildet sogar den Arthrococcus aus, so dass man solche Grains, wenn man nur ihren Saft untersucht, mit diesen Zellen versehen und erkrankt glaubt. Ob die Grains ein kurzes Eintauchen in eine Lösung von Kali hypermanganicum vertragen können, weiss ich nicht, jeden- falls scheint es sehr der Mühe werth, den Versuch zu machen. Natürlich müssten sie sofort durch Abspülen in destillirtem Was- ser oder reinem Brunnenwasser gereinigt und rasch an der Luft getrocknet werden. Auf die Behandlung des Laubes kommen wir später zu sprechen. Die Voruntersuchung ergiebt also kurz zusammengefasst Folgendes: 1) An der Eischale, auf der Haut u. s. w.. kommen beim kranken Insekt häufig anhaftende Sporen vor, unter denen diejenigen eines Cladosporium am häufigsten sind. 2) Die Körperchen des Cornalia sind nichts Anderes, als der Arthrococeus eines höher entwickelten Pilzes. 3) Der Krankheitsprozess besteht demnach in einer sauren Gährung, deren nähere Beschaffenheit eine chemische Un- tersuchung erfordert. 4) Der Arthrococeus, welcher die Gattine erzeugt, wird ent- weder schon als solcher in die Raupe, in das Ei u. s. w. eingeführt oder in anderen Fällen entsteht er aus vor- handenem Micrococcus. 5) Beim Tode des Insekts tritt stets Fäulniss ein, eingeleitet durch den aus dem Arthrococcus sich entwickelnden Micro- coccus. 6) Der Arthrococcus und mit ihm die Krankheit geht vom kran- ken Schmetterling in das Ei über, von diesem in die Raupe, von der Raupe in die Puppe, von der Puppe in den Schmetterling. 326 Hallier, 7) In jeder der vier Generationen kann durch zu grosse Ueber- handnahme der Krankheit der Tod eintreten. 8) Die Krankheit bewegt sich nicht bloss abwärts, sondern auch aufwärts, es können also kranke Insekten, wenn nicht völlig gesund, so doch weit kräftiger werden. 9) Als Mittel zur Kräftigung der Raupen sind gesundes Futter, Desinfection der Lager, der Eier, ihrer Unterlage, Lüftung und gleichmässige Temperatur zu empfehlen. 10) Als Kennzeichen der Erkrankung sind die Arthrococcus- Zellen, die Flecken der Haut und der Vertall anzusehen; die Krystallbildungen, besonders die Harnsäurekrystalle, kann man nicht als Krankheitzeichen auffassen. Entschie- den kranke Raupen sind aus den Zuchten zu entfernen. Ich muss hier nothwendig einer neuerdings über die Körper- chen des Cornalia erschienenen Schrift Erwähnung thun, weil die- selbe einerseits darauf Anspruch macht, neue Thatsachen über den Ursprung des Arthrococcus der Gattine mitzutheilen und zweitens gegen die von mir nachgewiesene Abstammung derselben von Pleospora herbarum Rab. polemisirt. Im vorigen Jahre hat Haberlandt selbst prophezeiht, dass man auf dem von mir eingeschlagenen Wege die Bedeutung und den Ursprung der Körperchen des Cornalia ausfindig machen würde; es ist also die leidenschaftlich gehaltene Polemik des Herrn Haberlandt in seiner neuesten Schrift: F. Haberlandt und E. Verson, Studien über die Körperchen des Cornalia. Wien 1870. ziemlich auffallend und jedenfalls unvorsichtig, weil die Kaiserlich Oesterreichische Regierung nach dem Erscheinen meiner Arbeit, welche dem K. K. Ackerbauministerium noch unbekannt war, einen nicht unbedeutenden Preis auf die Auffindung und Vermeidung der Ursache ausgesetzt hat, welche die Gattine her- vorruft. Hätte Herr Haberlandt klug geschwiegen und abge- wartet, so würde er sich den Verdacht und Vorwurf der Partei- lichkeit erspart haben. Haberlandt hat Manches nicht gesehen, was ich sah, so z. B. die Entstehung des Micrococcus aus dem Arthrococcus. Wer aber so groben Täuschungen unterliegt wie Herr Haber- landt, dass er die Cornalia’schen Körperchen für Blutkörper hält, der darf sich nicht wundern, wenn ihm diese höchst feinen Gebilde gänzlich entgehen. Herr Haberlandt sieht aus dem Arthrococcus die Cocci, Die Parasiten der Infectionskrankheiten. DD „Kerne“, ausgestossen und sieht in der „Luftblase“ des Schmetter- lings alle Zwischenstufen vom Micrococcus bis zum Arthrococcus. Genau dasselbe beobachtete ich zwei Jahre früher, aber im Blut der Raupe, einem weit reinlicheren Objekt. Trotz der völligen Uebereinstimmung mit der seinigen muss meine Beobachtung auf Täuschung und Verwechselung beruhen. Wer denkt hierbei nicht an die 5000 Gulden der Regierung ? Haberlandt sieht stets in grosser Menge leere Hüllen des Arthrococeus, aus denen das Plasma ausgetreten ist und dadurch 1—2 Oeltröpfchen, „einen oder zwei Kerne in Form heller Bläs- chen“ sichtbar macht. Er missversteht solche Bildungen völlig und sie bleiben ihm räthselhaft. Wenn Herr Haberlandt bisher noch nicht gesehen hat, dass im Innern des Eies der Micrococcus zum Arthrococeus anschwillt und dass man den Micrococcus schon an seiner Theilung sehr leicht von allen im Ei sonst vorkommenden Dingen unterscheiden könne, dann hätte er sich diese Thatsachen lieber recht genau ansehen sollen, bevor er in so verblendeter Weise einen Feder- krieg beginnt. Manche Aeusserungen, so z. B. diejenige (5. 21 a. a. O.), deuten stark darauf hin, dass der Herr Verf. noch jetzt nicht ganz klar ist über die Körper des Cornalia, dass er viel- mehr dieselben häufig mit Krystallen verwechsele, wie er sie früher mit Blutkörpern verwechselt hat. Wir haben diese gewiss srobe Verwechselung früher nicht gerügt, weil wir gern das wirk- liche Verdienst überall anerkennen und über verbesserte Fehler gern mit Schonung hinweggehen. Herr Haberlandt hätte aber unter allen Umständen, seiner groben Beobachtungsfehler einge- denk, bezüglich der Beurtheilung fremder Leistungen vorsichtig sein sollen. Gradezu kolossal ist Folgendes: Haberlandt trocknet die Spinn- und Renalgefässe mit Körperchen im Wasserbade, zerreibt sie so fein wie möglich, dann extrahirt er sie mit kaltem, darauf mit siedendem Wasser. Darauf erschöpfte er sie mit verdünnter Salzsäure und brachte sie in ,,conzentrirte Ammoniaklösung, wel- che, wie wir früher erfahren hatten, die Vermehrung der Körper- chen zu begünstigen schien“. Diese Lösung steht etwa 2 Wochen „in einem zugedeckten Glase“, wird mit Salzsäure neutralisirt und enthält nun eine „Un- zahl verschieden langer Ketten, deren einzelne Glieder sowohl der Grösse als Form nach mit den Cornalia’schen Körperchen 328 Hallier, vollkommen übereinstimmen.“ Mehre andere Pilzgebilde fanden sich ausserdem: Unter zehn Versuchen gaben nur drei diese Gebilde. Es bekundet nun doch wahrlich eine nicht geringe Leicht- eläubigkeit und eine nicht geringe Unwissenheit bezüglich der hier zu beobachtenden Cautelen, wenn Herr Haberlandt diesen Versuch als eine Kultur betrachtet. Für jeden mit solchen Un- tersuchungen Vertrauten versteht es sich ganz von selbst, dass durch die grossen hier stattgehabten Fehlerquellen alle möglichen Pilze in die Flüssigkeit gerathen sind, welche mit der Aussaat gar nichts zu thun haben. Ich habe eine geringe Menge Cor- nalia’scher Körperchen auf dem Objektträger kultivirt und den Zusammenhang mit den verschiedenen Formen der Pleospora her- barum direkt beobachtet. Welche von diesen beiden Methoden, die Haberlandt’sche oder die meinige, die richtige sei, kann ich ruhig dem Urtheil kompetenter Beurtheiler überlassen. Was Haberlandt über die „Vibrionen“ in den Raupen und in Infusionen mittheilt, ist so konfus, dass ich es dem Leser über- lassen muss, diese Dinge mit meinen Angaben zu vergleichen. Herr Haberlandt und sein Mitarbeiter haben Kulturver- suche gar nicht angestellt, denn das, was ich eben berichtet habe, kann nicht als Kulturversuch gelten. Ich habe dagegen nicht bloss aus dem Arthrococcus im Blut der Seidenraupen di- rekt Formen von Pleospora herbarum gezogen, sondern ich erbiete mich auch, eine ganz beliebige Anzahl von Raupen durch Fütterung mit Pleospora zu tödten. Diesen Versuch haben wir auf unserer Versuchsstation wiederholt gemacht. Die von mir aufgestellten Zuchtregeln für den Maulbeerbaum stützen sich auf eine fünfjährige Thätigkeit als praktischer Gärt- ner, wobei gar manche Maulbeerpflanze durch meine Hände ge- gangen ist. ; In unserer Versuchsstation fiir Seidenbau haben Julius Zorn und ich bereits 30,000 Raupen aufgezogen, ohne von der Gattine zu leiden zu haben; wir haben daher die praktische Erfahrung, gewissermassen das Probeexempel, gemacht. Wenn Herrn Haberlandt an der Wahrheit liegt und nicht Interessen ganz anderer Art bei ihm im Spiel sind, so möge er einen gewissenhaften Lehrling in unsere Versuchsstation senden. Wir garantiren ihm, dass dieser in wenigen Monaten durch unsere Methode die Gattine völlig zu vermeiden lernt. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 329 Was hat denn Herr Haberlandt in seiner Schrift Neues producirt? So gut wie gar nichts. Es lässt sich jedenfalls das Neue auf einer halben Seite zum Abdruck bringen. Das war aber auch gar nicht der Zweck seiner Schrift. Die- ser ist kein anderer als der, mich so viel wie irgend möglich zu verdächtigen. Ich kann auf die albernen Anschuldigungen, welche Herr Haberlandt auf jeder Seite der Schrift gegen mich in’s Feld führt, unmöglich näher eingehen. Wer meine und Julius Zorn’s Veröffentlichungen über diese Dinge beachtet, der wird über die Tendenz des Herrn Haberlandt nicht lange im Zwei- fel bleiben. Haberlandt und überhaupt Jeder, dem an der rich- tigen Erkenntniss der Gattine liegt, mag sich zuvor von meiner Beweisführung überzeugen. Ich bin bereit, unter Clausur den Zu- sammenhang der Körper des Cornalia mit Pleospora sowie ähnli- cher Körper der Muscardine mit Fumago nachzuweisen nach einer Methode, welche unwiderleglich und mathematisch sicher ist, . von welcher aber Herr Haberlandt keine Ahnung zu haben scheint. Die Muscardine. Diese interessante und vielbesprochene Krankheit habe ich genauer zuerst am Kiefernspinner zu studiren Gelegenheit gehabt und habe im ersten Heft dieser Zeitschrift Bericht darüber abge- stattet. Bei der Seidenraupe kommt die Krankheit jetzt nur sel- ten vor und konnte ich sie häufiger nur am Eichenspinner: Bom- byx Jama Mayu beobachten. Sie stimmt bei diesen Raupen genau mit der Muscardine des Kiefernspinners überein, mit dem Unter- schiede jedoch, dass häufiger als bei diesem der Pilz von aussen durch die Hant eindringt, ja es scheint das beim Eichenspinner sogar der gewöhnliche Fall zu sein. Im Uebrigen aber hat die Krankheit genau dieselbe Form und denselben Verlauf wie beim Kiefernspinner. Es bildet sich im Darm (seltener von der Haut her im Blut) aus den Sporen und Conidien des Pilzes der Micrococ- cus. Derselbe dringt in’s Blut und in alle Gewebetheile und durchwandert, indem er sich in Arthrococcus umwandelt und saure Gährung veranlasst, den ganzen Körper. Der Pilz, welcher diese Zerstörungen hervorruft, ist ‚Fumago salicina‘, ein Pyrenomycet, welcher als Russthau häufig das Laub der Bäume bewohnt. In Form und Verlauf hat die .Muscardine sehr grosse Aehn- lichkeit mit der Gattine. Selbst das schliessliche Hervorbrechen des Pilzes an der Oberfläche der Raupe ist kein constantes Merk- 390 Hallier, mal für die durch Fumago hervorgerufene Krankheit. Wenn näm- lich die Raupe kurz vor ihrem Tode in Fäulniss gerätl, so ver- jaucht sie unter starker Micrococcusbildung, aber ohne Schimmel- bildung. Tritt keine Fäulniss ein, so wird der Körper im Gegen- theil brüchig (kalkig) und schimmelt, indem die Aéroconidien der Fumago in Form der Botrytis Bassiana sich von der Haut in die Luft erheben. Jene Form der Krankheit, wo nur Micrococcus- Bildung das letzte Stadium bei Muscardine und Gattine bezeich- net, nennt man in Deutschland auch wohl Schlaffsucht. Faulbrut der Bienen. Auf diese Krankheit wurde ich durch die Güte des Herrn Sanitätsraths Dr. Preuss aufmerksam gemacht, welcher im zwei- ten Heft dieser Zeitschrift seine eigene schöne Arbeit über die Faulbrut bekannt gemacht hat. Der Leser wird beim Vergleich leicht herausfinden, wo ich den fleissigen Herrn Vorarbeiter nur bestätige durch meine Arbeit, so dass ich nicht nöthig haben werde, seine Priorität bei jedem Punkt besonders hervorzuheben. Herr Sanitätsrath Dr. Preuss. versorgte mich mit schönen Materialsendungen von drei verschiedenen Bezugsplätzen. Die erste Sendung bestand in einem Fläschchen, in welchem der Inhalt faul- brütiger Zellen mit Glycerin vermischt war. Ich fand darin, ausser den gewöhnlichen Vorkommnissen, namentlich Pollenkörnern von verschiedenen Pflanzen durch die ganze Masse vertheilt, ungeheure Mengen von Micrococcus, wie ich ihn Taf. VI Fig. 36 abgebildet habe. Er ist, wie man aus der Abbildung sieht, äusserst klein. Die Cocci fand ich in keiner andern Bewegung als gewöhnliche Molekularbewegung. Ferner erhielt ich durch die Güte desselben Herrn faulbrütige Wabenstücke von Elbing und von St. Marein am Pickelbach, also von zwei sehr weit von einander entfernten Punkten. „Ausserdem erhielt ich ein völlig gesundes Wabenstück. Einige Zeit später sandte mir Herr Dr. Ottmar Hofmann aus Marktsteft bei Würzburg Wabenstücke aus Dettelbach, also von einem dritteu, von jenen beiden entfernten Bezugsplatz. Da vielleicht nicht allen Lesern dieser Zeitschrift die Faulbrut der Bienen bekannt ist, so verweise ich zunächst auf die im zweiten Heft dieser Zeitschrift befindliche Arbeit des Herrn Sanitätsraths Dr. Preuss und theile hier noch einige briefliche Angaben desselben mit: Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 331 „Die Königin legt die Eier in die Zellen der Waben. Aus „ihnen entwickeln sich die Arbeitsbienen in 19 — 21, die Drohnen „in 24—26, die Königin in 16—17 Tagen. Das Ei entwickelt sich „in 3 Tagen zur Made oder Larve. „Diese wird von den Bienen 6 Tage gefüttert, spinnt sich dann „in der Zelle ein und wird bedeckelt. Wird der Stock faulbrütig, „so sterben die Nymphen, statt den Deckel zu durchbrechen und „als Bienen auszukriechen, ab und gehen in eine leimähnliche „breiige faule Masse über. Höchst wahrscheinlich sind schon die „Maden krank, sterben aber erst im Nymphenzustande ab. Die „Deckel sinken ein; der Stock ist an einem abscheulichen Geruch „erkennbar. Bald geht das Uebel auf andere Stöcke über und ist „dann oft jahrelang nicht auszurotten. „Der ganze Bienenstand geht zu Grunde, oft auch benachbarte „Bienenstände. Bisweilen kommt die Krankheit auf mehren „Ständen derselben Gegend zugleich vor. Die Bienenzüchter sind „darüber einig, dass sie von keinem grösseren Unglück betroffen „werden können und dass es bösartig wie der Rotz der Pferde und „andere höchst ansteckende Krankheiten ist. Durch die Wohnun- „gen, durch die Hände der Bienenzüchter, selbst durch die Blu- „men wird sie übertragen. Im vorigen Jahre fand ich (Dr. Preuss) „in der faulbrütigen Masse neben den ähnlichen organischen Zel- „len der Made einen zur Form des Cryptococcus gehörigen Pilz „und beschrieb ihn in der Bienenzeitung vom 1. October. Später „entdeckte ich (Preuss) Micrococcusformen, die ich bei vielfach „untersuchtem Material constant fand. Dr. Bail in Danzig, dem „ich Faulbrutmasse zuschickte, bestätigte es mir. Es scheint, dass „der Cryptococcus sich mehr in den Fällen von Faulbrut vorfin- „det, welche durch verdorbenen gährenden Honig entstanden, der „Micrococeus in denen, welche durch den Inhalt der Pilzsporen er- „zeugt werden, welche die Bienen mit dem Blüthenstaub und Honig „selbst in den Stock legen.‘ Ueber die eingesandten Waben bemerkt der Herr Sanitäts- rath noch Folgendes: 1) Das -erste erhielt ich gestern vom Lehrer Tobias in EI- „bing. Er weiss keinen Grund anzugeben. Die Krankheit ist nicht „sehr verbreitet. In der Nähe seines Standes befindet sich eine „Abdeckerei und da die Bienen vieles und auch unreines Wasser „aufsaugen, ist dieser Umstand wenigstens nicht ausser Acht zu „lassen.“ 332 Hallier, „2) Das zweite Stück erhielt ich heute aus St. Marein am „Pickelbach bei Graz in Oesterreich. Der Einsender Josef „Weitzl schreibt mir: Die Krankheit ist in Graz, 5 Stunden öst- „lich, im Jahre 1867 aufgetreten, auf mehren Bienenständen, aber „ohne grossen Schaden zn machen. 1868 und 1869 hat sie mei- „nen Stand von 48 Völkern auf 10 heruntergebracht. Es ging 1868 „im Frühjahr mit Riesenschritten vorwärts, so dass im Juli fast „alles faul war. Ich habe in der Mitte ein Volk gesund erhal- „ten, dasselbe hat zwei Schwärme gegeben. Kranke Völker habe „ich in neue Wohnungen gebracht, wo sich aber schon wieder „einige Zellen krank zeigten, von den Bienen aber schnell geputzt „wurden. Auch offene Maden sterben ab.“ Sei es mir nun vergönnt, im Folgenden meine eigenen Beob- achtungen mitzutheilen, welche mit denen des Herrn Sanitätsraths Dr. Preuss bezüglich des Thatbestandes völlig übereinstimmen. Alle diejenigen Zellen, deren Inhalt sich bereits in eine zäh- schmierige übelriechende Masse verwandelt hat, wimmeln von Mi- crococcus, ganz ebenso wie in der Flüssigkeit des vorhin erwähn- ten Fläschchens, nur meist weit dichter (Taf. VI. Fig. 36). Es ist dabei ganz gleichgültig, ob die Bienenzellen noch be- deckelt sind oder ob der Deckel schon zerstört ist. Natürlich lag die Ansicht nahe, als sei die Faulbrut der Bie- nen eine epidemische und ansteckende Krankheit des Insekts sel- ber. Es war daher eine Untersuchung der Bienen nothwendig. Ich durchschnitt zu diesem Zweck die Waben so, dass die bedeckelten Zellen ihres Deckels beraubt wurden und nahm die Bienen aus ihren Zellen heraus. Dabei zeigte sich nun merkwürdiger Weise, dass der Darm sowohl als die Muskeln völlig frei von Micrococ- cus sowie von jeder anderen Hefebildung waren. Bisweilen war das Blut schwach inficirt mit dem niimlichen Micrococcus, dessen ich oben erwähnt habe. Aber, ich hebe es nochmals hervor, nir- sends im Gewebe zeigte sich Hefe. Mitunter waren die todten Bienen aussen beschimmelt und zwar wiederum in noch völlig ge- schlossenen Zellen. Da nun die Umgebung derjenigen Bienen, welche noch völlig frei von Hefe waren, vom Micrococeus dicht erfüllt war, so geht daraus hervor, dass die Biene selbst eigentlich ursprünglich nicht krank ist, sonderndass sie durch Fäulniss zu Grunde geht, weil ihre Umgebung sich in Gährung befindet. Die Made sowie das ent- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. Boo wickelte Insekt sterben durch Fäulniss, welche sie von aussen er- greift. _ Es ist also dieser Zustand von der Gattine und Muscardine der Seidenraupen wesentlich verschieden. Während bei Muscardine und Gattine die Nahrung des Insekts das Gefahrdrohende ist und die Ansteckung durch die Exkremente vermittelt wird, wird die faulbrutige Biene von aussen nach innen in Fäulniss versetzt. Die zutragende Biene kann nur dadurch ansteckend wirken, dass sie den ihr anhaftenden Micrococcus aus einer Zelle in die andere trägt. Es ist also, streng genommen, die Faulbrut der Bienen gar keine Infektionskrankheit, sondern ein Fäulnissprocess ohne speci- fische Bedeutung. Man wird aber in der Folge sehen, dass die Organismen der Fäulniss mit denjenigen der Infektionskrankheiten grosse Aehnlichkeit haben; und dass die chemischen Vorgänge den Fäulnissprozessen analog sind, haben bedeutende Chemiker er- wiesen. 2) Bedeutung und Abstammung der Parasiten der Infektionskrankheiten. Wir schlagen bei dieser Erörterung den umgekehrten Weg ein wie bei der Untersuchung des Thatbestandes. Ich gehe näm- lich hier von den Krankheiten der Insekten aus und schreite rück- wärts bis zu denjenigen des Menschen vor. Der Grund dafür ist leicht einzusehen. Bei zwei Insektenkrankheiten konnte ich Ur- sprung und Bedeutung des Parasiten so vollständig angeben, dass ich ganz willkürlich die Krankheit erzeugen konnte und damit den Beweis führen, dass meine Ansicht richtig sei. Es sind nämlich die Pilze, welche diese Krankheiten hervor- rufen, so bekannte und häufig vorkommende Pilze, dass es nicht allzu schwierig war, ihrem nachtheiligen Einfluss auf den thieri- schen Organismus auf die Spur zu kommen. Weit ungünstiger steht die Sache bei den menschlichen Krankheiten. Hier kennen wir den Ort der autochthonen Ansteckung nicht und selbst, wenn wir diesen kennten, so ist doch das Leben des Menschen ein so verwickeltes, dass wir nicht leicht dem Punkt der Ansteckung genau auf die Spur kommen würden. Da wir nun durch Cultur immer nur untergeordnete For- men des Pilzes erzeugen, so muss uns die Bedeutung und der Ursprung dieser Formen so lange räthselhaft bleiben, bis wir den Zusammenhang derselben mit irgend einer höheren Fruchtform nachweisen können. Dieser Punkt ist einer der schwierigsten in 394 Hallier, der ganzen Parasitologie der Infektionskrankheiten und wir wer- den ihn später genau und ausführlich zu berücksichtigen haben. a) Krankheiten der Insekten. Faulbrut der Bienen. (Taf. VI Fig. 38.) (Vergl. Fig. 36.) Der Micrococcus der Faulbrut lässt sich ganz leicht zur Kei- mung bringen. Man kann denselben in seiner Fortentwickelung in der Camera humida auf dem Objektträger ganz gut verfolgen; es gehört dazu nur grosse Beharrlichkeit und Ausdauer. Die Cocci (Fig. 38 Taf. VI) schwellen allmählig an, bis sie ihren Durchmes- ser um das 8—10fache vergrössert haben (c Fig. 38). Nun ver- mehren sie sich anfänglich durch Zweitheilung wiederholt, so dass sie bald kleinere oder grössere Ketten hefeähnlicher Zellen bilden. Diese keimen dann zu langen Keimfäden (k Fig. 38 Taf. VI) aus. Nach einiger Zeit fruktifiziren die Keimlinge und zwar erhielt ich in jedem der vier von mir untersuchten Fälle einen anderen Pilz. Es waren vier Ascomyceten, deren verschiedene Sporenfor- men durch Modification des angewendeten Substrats leicht gezogen werden konnten. Merkwürdig ist es, dass ich von jedem der Wa- benstücke nur einen bestimmten Ascomyceten erhielt, welche Zelle ich auch zur Aussaat benutzt haben mochte. Es folgt daraus, dass die Ansteckung der Bienenstöcke jedes Mal an nur einer ganz bestimmten Lokalität stattgefunden haben konnte. Dass verschiedene Pilze mit ihrem Micrococcus die Faulbrut hervorrufen, bestätigt unsere Ansicht, dass die Faulbrut keine specifische Krankheit, sondern überhaupt Fäulniss der jungen Brut ist, veranlasst durch Micrococcus, welcher von Bienen in die Zelle getragen ist. Die Beschreibung der durch Kultur aufgefundenen Pilze werde ich bei einer anderen Gelegenheit geben. Muscardine der Raupen. Ich habe im zweiten Heft dieser Zeitschrift gezeigt, dass die Muscardine durch den Arthrococcus von Fumago salieina, einem bekannten, auf vielen Laubhölzern vorkommenden Russthaupilz aus der Gruppe der Kernpilze oder Pyrenomyceten hervorgerufen wird. Ich erinnere daran, dass im Darm der Raupe aus dem Plasma der Sporen sich Micrococcus bildet, dass dieser den Darm Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 335 durchdringt und bei seiner Wanderung durch den ganzen Körper -sich zum Arthrococeus ausbildet. Bisweilen wird die Raupe im Tode trocken und schimmelt, indem der Arthrococcus im Blut der Raupe unter der Oberhaut keimt und, diese durchbrechend, an ihrer Aussenfläche Aéroconi- dien hervorbringt in Form der Botrytis Bassiana. Füttert man Sporen oder Conidien der Fumago oder über- haupt von Fumago belagertes Laub, so bekommen die Raupen die Muscardine, indem sich im Darm der Micrococcus ausbildet. Im Darm der gesunden Raupe findet man niemals Hefe, hier so we- nig wie bei der Gattine. Die Hefe der Muscardine wandert, wenn die Raupe nicht stirbt, durch alle Generationen und das Ei ist vom Schmetterling (Weibchen) mit der Hefe inficirt. So ist die Erblichkeit sowohl wie die Ansteckung und der epidemische Charakter der Krankheit lediglich Folge der Eigen- thümlichkeit des Parasiten, dessen Hefe mit dem Contagium iden- tisch ist. Genau so wie beim Kiefernspinner findet sich die Muscardine auch bei vielen anderen Raupen, namentlich bei der Seidenraupe. Bei Antherea Yama Mai und nach Bary’s Versuchen auch bei Sphinx euphorbiae dringt der Parasit nicht selten von aussen als Schimmelbildung durch die Haut ein und zerstört in diesem Fall die Raupe noch rascher. Es werden nämlich nun im Blut Anaéro- conidien abgeschnürt und ausserdem findet Hefebildung statt, so dass die Raupe gewissermassen durch zwei Vehikel ihrem Unter- sang zugeführt wird. Solche Raupen bleiben niemals am Leben, sie gehen stets vor der Verpuppung zu Grunde. Beim Eichenspin- ner verläuft im Uebrigen die Krankheit genau so wie beim Kie- fernspinner. Die Eier bergen schon Micrococcus oder Arthrococ- eus, welcher dann die Raupe erkranken macht. Oft stirbt schon das Ei ab und man findet nicht selten im Innern der geschlosse- nen Eischale auf dem Embryo den Arthrococcus zum Schimmel- pilz ausgekeimt, welcher Aéroconidien in Form der Botrytis Bas- siana trägt. Fällt die Ausleerung einer kranken Raupe des Eichen- spinners auf eine gesunde Raupe, so geht diese dadurch zu Grunde, dass die Hefe in den Exkrementen keimt und in die Raupe ein- dringt. 103, 99 336 Hallier, Gattine der Seidenraupen. Taf. VI Figg. 13—85. 39. Wir haben nach dem oben Mitgetheilten die Antwort zu su- chen auf die Frage: Welcher Pilz bringt den Arthrococcus der Gattine hervor? Dabei war zunächst zu erörtern: Ist es ein bestimmter Pilz, dessen Arthrococcus die Gattine hervorzurufen ausschliesslich im Stande ist, oder giebt es vielleicht, ähnlich wie bei der Faulbrut, mehre Pilze, welche diesen Krankheitsprocess erzeugen können? Zuerst haben wir nachzuweisen, dass die Hefe der Gattine überhaupt keimfähig ist. Zu diesem Versuch muss man sich noth- wendig der Camera humida bedienen und die Kultur beständig im Auge behalten. So, aber nur so, lässt sich die Keimung leicht und sicher beweisen, wenn auch hier wiederum grosse Geduld nöthig ist. Wer aber diesen zeitraubenden Versuch nicht gemacht hat, der hat kein Recht, mitzureden. Beobachtet man die Hefezelien aus einem Blutstropfen der gattinekranken Seidenraupe wochenlang unter dem Mikroskop, so sieht man noch einige Zeit den Arthrococcus in Theilung begrif- fen; dann aber tritt ein Zeitpunkt ein, wo die Hefezellen sich sehr in die Länge strecken und (Fig. 39 Taf. VI) zu Keimfäden aus- wachsen. Es lässt sich dieser Versuch jederzeit wiederholen und es ist damit unwiderleglich die Keimfähigkeit der Körperchen des Cornalia bewiesen. Uebrigens gebührt die Priorität dafür nicht mir, sondern Béchamp, dessen Arbeit Haberlandt ebenso we- nig kennt wie die von Balbiani. Die zur weiteren Entscheidung der Frage eingeleiteten Zucht- versuche bestanden in Aussaaten der Cornaliaschen Körper oder des Arthrococcus auf verschiedene Substrate, um diese Zellen unter dem Einfluss der Luft wo möglich zur Keimung zu bringen. Die Methode bei solchen Zuchtversuchen, die Art und Weise, wie fil- trirte, also pilzfreie, Luft zugeführt wird u. s. w. u. s. w., habe ich in meinen „Gährungserscheinungen“ *) ausführlich mitgetheilt und muss hier auf jene Schrift verweisen. Zu den Züchtungen wurden die Zellen der Eier, die Raupen und Theile derselben, insbesondere Blut, Excremente, Theile todter Puppen und Schmetterlinge verwendet. *) E. Hallier, Gährungserscheinungen. Untersuchungen über Gährung, Fäulniss und Verwesung. Leipzig 1867. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 337 1) Aussaaten der Hefe aus Eiern auf verschiedene Substanzen. Es wurden als Substrate theils völlig stickstofffreie Substan- zen, wie Zuckerlösung, Glycerin, theils stickstoffreiche Substrate, wie Eiweiss, Kleister, der mit gleichen Theilen phosphorsauren Ammoniaks bereitet war, und mannigfach zusammengesetzte Sub- stanzen, insbesondere Scheiben von Aepfeln und Zitronen ange- wendet. Auf allen Substanzen, welche nass oder flüssig, bildet sich zuerst Micrococcus aus dem vorhandenen Arthrococeus, ebenso ver- mehrt sich der vorhandene Micrococcus ausserordentlich. An der Oberfläche der Flüssigkeit bilden sich Myeothrix-Kettchen, d. h. die Cocei bleiben mit einander im Zusammenhang unter dem Ein- fluss der Luft. Diese Mycothrix-Kettchen (Fig. 22 Taf. VI) sind genau denen gleich, welche man, besonders gegen das Ende der Krankheit, im Darm der kranken Raupen findet. Die Cocci nehmen unter dem Einfluss des Lichtes schwärmer- artige Bewegung an. Diese Bewegung ist streng genommen die der Amöben und in der That haben auch diese schwärmenden Cocci mit Amöben die allergrösste Aehnlichkeit. Ausserordentlich stark wird die Bewegung des amöboiden Micrococeus im Sonnenlicht. Man sieht bei einer nahezu 2000- fachen Vergrösserung (Figur 23), dass die runden Zellen ihren starken Glanz (Fig. 16) verlieren. Sie zeigen deutlich, Contraktili- tät und einen oder mehre schwanzformige Fortsätze (Fig. 23), welche sich verlängern und verkürzen. Bei starker Sonnenbeleuch- tung ist die Bewegung pfeilschnell, sie verlangsamt sich aber im Schatten bedeutend. Bevor die amöboiden Cocei zur Ruhe kom- men, geht mit ihnen unter dem Einfluss des Lichtes eine eigen- thümliche Wandlung vor. Sie bilden nämlich einen Fortsatz (d Fig. 24), selten mehre, bleibend aus, dieser verlängert und verdickt sich (e, f, g Fig. 24) und die ganze zuletzt stabförmige Zelle bleibt contraktil. Sie fährt fort, langsame, aber höchst wunderliche Be- wegungen auszuführen. Solche Gebilde sind unter dem Namen Bacterien bekannt. Sie haben zuletzt oft ganz wunderliche, un- regelmässige, in Folge der Contraktilität veränderliche Gestalten (h Fig. 24). Endlich kommen sie zur Ruhe, verkürzen und ver- dicken sich (a Fig. 24) und schnüren sich in der Mitte ein. So entstehen zwei Gieder einer Mycothrix-Kette (a, b, e Fig. 24), welche an der Luft im Zusammenhang bleiben und den Theilungs- process fortsetzen. Bisweilen sind bei der ersten Theilung die Zel- 22 338 Hallier, len noch contraktil (i Fig. 24). So bildet sich an der Oberfläche der Flüssigkeit eine dichte Mycoderma von Mycothrix-Ketten, wäh- rend im Innern der Flüssigkeit die Cocci nach ihrer Theilung so- fort zerfallen und sich rasch vermehren. Natürlich bilden sie je nach der chemischen Natur des Substrats verschiedene Hefefor- men aus, wovon weiter unten das Nähere. Die Kettenbildung liess sich mit dem starken Merz’schen Immersionssystem mit Hülfe des Sonnenlichts sehr schön verfol- gen (Fig. 25 a—d). Ganz besonders gute Bilder von der Vermeh- rung durch Zweitheilung erhält man nach Anwendung von Chlor- zinkjod. Die Gliederung wird dadurch sehr deutlich. Die Kerne werden nämlich durch das Reagens gelblich-grün und man sieht sie sehr deutlich theils kugelig (d Fig. 25), theils schwächer oder stärker in der Mitte eingeschnürt und länglich (a, b Fig. 25), theils im Begriff, sich zu halbiren (ce Fig. 15). Die Theile letzten Gra- des findet man stets am nächsten beisammen (c, d Fig. 25), die Glieder zweiten Grades (d Fig. 25) sind weiter von einander ent- fernt und die Glieder dritten Grades (Fig. 25 d) am weitesten. Diese sind meistens durch deutliche Scheidewand getrennt, so dass die ganze Kette gewöhnlich in 4gliedrige (2x 2gliedrige) Stäb- chen zerfällt. Diese Bruchstücke sind den Bacterien ähnlich, aber ohne Eigenbewegung. Sämmtliche Kerne sind, wie Figur 25 es andeutet, in eine gelatinöse Hülle gebettet und mit einer solchen ist auch der ruhende Coccus versehen. Die amöboide Form ist also nur ein vorübergehender unter dem Einfluss des Lichtes her- vortretender Zustand des Micrococcus. Der Micrococcus verhält sich in verschieden zusammengesetz- ten Flüssigkeiten ganz analog dem Micrococcus anderer Pilze. In einer sauer gährenden Flüssigkeit bildet sich binnen-Kurzem aus demselben der Arthrococcus, sowie bei geistiger Gährung Crypto- coccus zur Ausbildung kommt. Ebenso geht auch aus dem Arthrococcus Cryptococcus hervor, sobald jener auf einen der geistigen Gährung geneigten Boden geräth. So zeigt Figur 26 die Cornalia’schen Körperchen aus einem Ei, wie dieselben im Fruchtsaft zu sprossen beginnen, also zum Uebergang in Cryptococcus sich anschicken. Bei den Aussaaten sind natürlich, wenn man Reinkulturen des Arthrococcus (der Körper des Cornalia) beabsichtigt, die Ei- schale sowie die Haut der Raupen möglichst sorgfältig zu entfer- nen, denn, wie wir oben gesehen haben, hangen diesen stets Spo- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 339 ren verschiedener Pilze an. Unter den auf den Raupen häufiger vorkommenden habe ich noch kleine zweitheilige Sporen von der Gestalt des Cephalothecium roseum zu erwähnen. Auf den verschiedensten Flüssigkeiten keimen die Arthrococcus- zellen an der Oberfläche und am Rande, sobald man nur wenig Flüs- sigkeit nimmt. Am besten gelingt die Keimung auf einem Tropfen Glycerin oder Zuckerlösung auf dem Objektträger im Kulturappa- rate, der mit feuchter Luft gesättigt ist. Die Arthrococcus - Zelle schwillt zuerst ein wenig an und zeigt einen centralen glänzenden Plasmakern (a Fig. 27), darauf theilt sich diese in zwei Theile (b e Fig. 27), welche sich von einander entfernen, um sich aber- mals zu theilen (ce d Fig. 27). So entsteht ein Faden, der sich hie und da zu Gliedern einschnürt (e, f Fig. 27), bald aber auch zu einem förmlichen Myceliumfaden (g Fig. 27) ausgebildet wird. Die- ser Faden verzweigt sich und bildet an den Zweigenden Ketten von Sporen eines Cladosporium. Diese Sporen sind braun, wie auch der Faden selbst zuletzt sich bräunt; die Sporen sind im unteren Theil der Kette (ce Fig. 28) spindelig und häufig durch eine Scheide- wand getheilt, dann werden sie allmählig kürzer, zuletzt fast ku- selig. Man sieht, da diese Sporen sehr leicht abbrechen, viele der- selben umherliegen, bald kurz eilanzettlich (a Fig. 28) und dann, ab- gesehen von der Farbe, dem Arthrococcus sehr ähnlich, bald spin- delförmig (b Fig. 18) oder schmal lanzettlich*). Das in den Zuchten als Keimungsprodukt des Arthrococcus auftretende Cladosporium ist dem Cl. herbarum Lk. völlig gleich, indessen erfordert die Bestimmung bei der grossen Unbestimmt- heit einer solchen Form doch noch weitere Proben. Ich habe in meinen „Parasitologischen Untersuchungen“ "*) ge- zeigt, dass das echte Cladosporium herbarum Lk., welches, wie Tulasne nachgewiesen hat, der Fungus conidiophorus von Pleo- spora herbarum Rab. ist, nicht nur die beiden von Tulasne unterschiedenen Fruchtformen: Cladosporium mit Sporen in Ketten und Sporidesmium oder Helminthosporium mit Schizosporangien besitzt, sondern dass auch beide Fruchtformen auf einem in Gäh- uns oder Verwesung begriffenen festen Boden je eine Schimmel- a) Was Habentandit von der Aehnlichkeit der Cornalia’schen Körper mit Sporen der Pleospora sagt, zeigt, dass er diesen Pilz nie gesehen hat. Haberlandt’s Abbildungen von Bleosporn haben mit der wirklichen Pleospora von Rabenhorst und Tulasne keine Aehnlichkeit. **) Parasitologische Untersuchungen. Leipz. 1868 >. 8 fi. 340 Hallier, form erzeugen. Dem Cladosporium entspricht ein Penicillium, wel- ches ich Penic. grande genannt habe und dem Schizosporangium entspricht der bekannte Rhizopus nigricans Ehrenb. Ich säete aus diesem Grunde, um nämlich zu erfahren, ob das‘ Cladosporium, welches die Körper des Cornalia erzeugt, wirk- lich Cl. herbarum sei, diese Arthroccus- Zellen auf Fruchtschei- ben, auf Scheiben von Aepfeln und Citronen und auf Kleister mit einer grösseren Menge phosphorsauren Ammoniaks. Diese Aus- saaten hatten durchaus den gewünschten Erfolg. In den Kulturen auf Citronen entwickelten sich schon bis zum sechsten Tage aus den Keimlingen des Arthrocoecus die Clado- sporium -Ketten. Wo diese in’s Innere des Substrats eindrin- gen, da bildeten sie aus stark anschwellenden Gliedern die Macro- conidien, welche keimten und kräftigen Rhizopus erzeugten. Fi- gur 30 zeigt ein Bruchstück vom Rhizopus bei schwacher Ver- grösserung. Man sieht einen Faden, welcher sich stolonenartig über das Substrat fortspinnt, an einem Punkt zwei junge Kapseln, an einem anderen drei reife Kapseln, von denen die eine schon geplatzt ist, auf langen Stielen tragend. So ist die typische, kräf- tige Form des Rhizopus. In schwächlichen Exemplaren, wie sie bei Kulturen nicht selten vorkommen, wird die Verzweigung un- regelmässiger und es müssen noch andere Kennzeichen hinzu kommen. Es giebt eigentlich nur einen Pilz, mit dem der Rhizopus leicht vewechselt werden könnte, das ist der Mucor mucedo Fres. Die Hauptunterschiede sind: Bei Mucor mucedo Fres. langstach- lige Kapseln, deren hornartige Stacheln auch im Wasser nicht sofort abfallen , eiförmig -längliche, farblose oder violette Sporen, septirte Hyphen; bei Rhizopus, kurz-stachlige oder kahle Kap- seln, jedenfalls gehen im Wasser die Stacheln sofort verlo- ren, kugelige oder unregelmässig kantige, braune oder schwärz- liche Sporen, selten septirte Hyphen. Ich habe in meinen „Parasitologischen Untersuchungen‘* eine möglichst genaue Beschreibung dieser Pilzform gegeben, auf welche ich daher hier für das Weitere verweisen darf. Das Resultat der Kulturen mit dem Arthrococcus kranker Eier ist also in der Kürze folgendes: *) K. Hallier, Parasitolog. Untersuchungen bezüglich auf die pflanzl. Parasiten bei Masern, Hungertyphus, Darmtyphus, Blattern, Kuhpocken, Schafpocken, Cholera nostras etc. Leipzig 1868 5. 3—21. Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 341 Die Cornaliaschen Körperchen sind der Arthrococeus von Pleospora herbarum Tul., deren verschiedene Morphen, in’s beson- dere die beiden Schimmelformen: Rhizopus nigricans und Penicil- lium grande man leicht unter günstigen Verhältnissen aus dem Arthrococcus erziehen kann. Diese beiden Formen würden also nach unserer obigen Darstellung als Aéroconidien und Thecaco- nidien aufzufassen sein und bilden die unreifen Morphen der Aéro- sporen und Schizosporangien. 2) Aussaaten von Theilen kranker, getödteter sowie an der Krankheit gestorbener Raupen, Cocons und Schmetterlinge. Diese Kulturen geben mit den vorigen genau übereinstim- mende Resulte. So z. B. entwickelte der Arthrococcus, welcher in frischen Raupenexkrementen vorhanden war, nach der Aussaat auf Citronen- und Apfelscheiben aus seinen Keimlingen das Clado- sporium herbarum Lk., von diesem wurden ebenso wie bei den Eier-Aussaaten die Macroconidien gebildet, welche in 8—14 Tagen Rhizopus nigricans Ehrenb. erzeugten. Ebenso bestand der Rhi- zopus aus dem Micrococcus des Darminhalts einer schon der Krankheit erlegenen Raupe. Hier, schwoll aber der Micrococcus erst zu Sporoiden an, welche keimten und das Cladosporium mit den Macroconidien und aus diesem den Rhizopus erzeugten. Diese Versuche wurden, sowohl mit den Eiern als auch mit Theilen des Raupenkörpers, der Puppen und Schmetterlinge viel- fach wiederholt und stets genau mit demselben Erfolg. Es kann also der Ursprung der Cornaliaschen Körperchen keinem Zweifel mehr unterliegen und es ist nun die zweite Frage zu beantworten: die Frage nach dem Ort der Infection der Raupen mit dem Arthrococeus von Pleospora herbarum Rab. oder genauer von Cladosporium herbarum Lk. Auf welche Weise und in welcher Form gelangen die Kör- per des Cornalia zuerst in das Insekt? Wir haben schon gesehen, dass die Cornalia’schen Körper, d. h. die Arthrococeus-Zellen von Cladosporium herbarum Lk. in dem Seideninsekt gewissermassen einen Kreislauf ausführen. Sie finden sich schon im jungfräulichen Ei, vermehren sich wäh- rend des Lebens der Raupe, gelangen in die Puppe, von dieser in den Schmetterling und endlich wieder in die durch ihre Mut- ter, vielleicht auch den Vater, infizirten Eier. Da nun aber die völlig gesunden Raupen keinen Arthrococcus führen, so muss es doch nothwendig irgend einen Ort und eine Gelegenheit geben, 342 Hallier. wodurch die Raupen zuerst mit dem Arthrococcus versehen werden. Bei der ganzen Lebensweise der Raupen kann man die- sen Ort wohl kaum anderswo suchen als in der Nahrung, also auf dem Maulbeerlaub. Auf dem Laub kann aber der Pilz aus zweierlei Gründen entstehen. Entweder lebt derselbe schon als Parasit auf demsel- ben oder er befindet sich im Zuchtlokal, auf den Lagern, an den Wänden oder in der Luft und gelangt so auf das Laub. Da es sich nun um Pleospora herbarum Rab. handelt, so kann der Pilz in diesen Fall sowohl als Schmarotzer auf dem Laube eingeschleppt werden als auch im Zuchtlokal entstehen, sobald die für ihn günstigen Bedingungen vorhanden sind. Pleospora herbarum Rab. lebt als sogenannter Russthau, als schwarzer Ueberzug, auf den grünen Theilen sehr vieler Pflanzen, namentlich Holzgewächse, aber auch der Gräser und niedriger Kräuter, ganz besonders häufig auf dem Lolchgrase (Lolium per- enne L.). Gewiss durfte man von vorherein voraussetzen, dass dieser Halbschmarotzer, wie Tulasne ihn nennt, auch auf Morus- alba L. vorkomme. Ich berubigte mich indessen heineswegs bei dieser Annahme, sondern stellte nach besten Kräften Nachforschun- gen nach dem Vorkommen der Pleospora auf Morus alba an. Zuerst sandte mir Herr Kommerzienrath Heese in Berlin mit freundlicher Bereitwilligkeit scheinbar krankes Maulbeerlaub ein. Ich fand dasselbe an manchen Stellen missfarbig, gleichsam chlo- rotisch entfärbt. An solchen Stellen liess sich aber nur sehr wenig Mycelium eines Pilzes nachweisen. Auch einige wenige Sporen eines Cladosporium fand ich auf den Blättern, von denen sich we- der die Abschnürung an dem erwähnten Mycelium noch die Iden-. tität mit Cladosporium herbarum Lk. sicher nachweisen liess. Ich nahm solches krankes Laub auf Obstscheiben in Kultur und erzielte kräftige Rasen von Cladosporium herbarum Rab. und Rhizopus nigricans Ehrenb. Demnächst wurden in den kleinen Maulbeerpflanzungen der Umgegend Jena’s Nachforschungen nach dem Pilz angestellt. Die mir zunächst gelegene Pflanzung befindet sich im Garten des Spi- tals und zwar vorzüglich in der Umzäunung des Gartens, mit an- deren zum Theil weit hochwüchsigeren Gesträuchen und Bäumen untermischt. Diese Lokalität und Behandlungsweise ist nun für gegenwärtigen Zweck die allergünstigste, für die Seidenraupenkul- tur dagegen die ungiinstigste. Denn eine solche Lokalität, wo die Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 343 Sträucher und Bäume zum Theil versteckt und dumpfig stehen, wo sie einen starken Schnitt erleiden müssen, ohne dass man darauf Rücksicht nähme, das natürlich massenhaft sich ausbildende dürre Holz zu entfernen —: eine solche Lokalität begünstigt die Ansie- - delung der Pleospora ganz ausnehmend. Es konnte daher auch nicht fehlen, dass ich fast an jedem Strauch diesen Pilz auffand. Als Halbschmarotzer siedelt sich die Pleospora auf dem dürren Holz des vorigen Jahres an. Im Spät- herbst pflegt bei feuchtem Wetter die Aussaat der Pleospora zu geschehen. Im Hochsommer hat sich der Pilz gewöhnlich auf dem Laube der Bäume und niedrigen Pflanzen angesiedelt, diese mit schwarzem Ueberzug bedeckend. Feuchtigkeit und Honigthau be- günstigen seine rasche Ausbreitung. Er bildet dann den Russthau, welcher ganzen Bäumen das Ansehen giebt, als seien ihre Blätter mit Russ bestäubt. Während des Laubfalls zieht sieh der Pilz auf das dürre Holz zurück, wo er überwintert. Auf den dürren Zweigen von Morus alba L. erblickt man den Pilz genau so, wie ich ihn in Fig. 40 Taf. VI*) abgebildet habe. Aus grossen unregelmässigen Schizosporangien oder aus dem Fa- den bricht ein Büschel dicker brauner Keimfäden hervor, welche theils einzeln, theils in Ketten die kleinen keuligen Schizosporan- sien (Fig. 31) tragen, welche früher zu den Gattungen Helmintho- sporium oder Sporidesmium gestellt wurden, bis Tulasne ihre Zugehörigkeit zu Pleospora herbarum Rab. nachwies. Es sind diese Früchte (Fig. 31) genau denen gleich, welche, wie wir weiter oben gesehen haben, so häufig im Nahrungskanal kranker Raupen (Fig. 20) vorkommen. An anderen Stellen der mit dem Russthau behafteten Zweige findet man die vollkommenen Früchte der Pleospora, welche Tulasne so ausgezeichnet beschrieben und ab- gebildet hat **), welche früher von Rabenhorst als Pleospora herbarum, von Persoon als Sphaeria herbarum und Pleospora asparagi beschrieben worden sind. Ebenso fehlen die Pycniden von Tulasne selten, welche Berkeley früher unter dem Namen Cytispora orbicularis beschrieben hatte (p Fig. 40 Taf. VD. Ich habe schon früher ***) gezeigt, dass auf Lolium perenne L., wenn es mit Pleospora behaftet ist, bei anhaltend nassem Wetter Hefe- *) Vergl. Parasitologische Untersuchungen Taf. I Fig. 31. **) Selecta Fungorum Carpologia Tom. II. Vergl. meine „Parasitol. Un- tersuchungen S. 18. 19. *##) Parasitol. Unters. 8: 16. 17 Taf. I Fig. 31. 344 Ä Hallier, bildung und Fäulniss eintritt. Ferner zeigte ich au demselben Ort (Figg. 18, 19, 20), wie der Micrococcus der Schafpocken bei sauer gährendem Substrat Arthrococcus ausbildet. Wer die Figur 20 der ersten Tafel meiner parasitologischen Untersuchungen mit den Cornalia’schen Körperchen vergleicht, der wird an der Identität des Arthrocoecus von Pleospora herbarum Rab. mit diesen nicht zweifeln. Und jene Tafel wurde drei Monate früher gezeichnet, bevor ich zum ersten Mal in meinem Leben der Kör- per des Cornalia ansichtig wurde, ich konnte also damals von dieser Identität nicht die entfernteste Ahnung haben. Wie wir weiter oben sahen, gehen das Laub und die jungen Zweige von Morus alba L. sehr leicht eine saure Gährung ein, sobald Sporen von Pleospora vorhanden sind. Werden nun Sten- gel oder Laub nass, so bildet sich natürlich sehr bald der Arthro- coccus aus dem Sporeninhalt. Die im Nahrungskanal der kran- ken Raupen ihren Anfang nehmende saure Gährung nimmt also ihren Ursprung in der sauren Gährung des gefressenen Laubes. Da nun das im Nahrungskanal vorhandene Futter bekanntlich im Gewicht einen beträchtlichen Theil vom Gewicht der gesammten Raupe beträgt, so kann es nicht Wunder nehmen, dass der Saft der getödteten Raupe sauer reagirt, sobald die Krankheit einen merklichen Grad erreicht hatte. Die Säurebildung des erkrankten, d. h. mittelst der Pleo- spora in saure Gährung versetzten Laubes von Morus alba L. wird der chemischen Untersuchung wohl nicht so schwer zugäng- lich sein wie die Saurebildung im Körper der Raupe, denn das Maulbeerlaub ist ja eine mehr homogene Materie und es muss leicht sein, dieses Material in grösseren Mengen mittelst der Pleo- spora in Gährung zu versetzen. Dass sich die Pleospora auf dem Maulbeerbaum anders ver- halten sollte, wie auf jedem anderen Holzgewächs, kann man nicht annehmen, es ist also mehr als wahrscheinlich, dass bei feuchtem Wetter die Sporen auf dem Laub zur Keimung gelangen und dasselbe infiziren werden. Wenn das aber auch nicht ge- schieht, so fallen doch jedenfalls die Sporen von den dürren Sten- geln auf das Laub und infiziren dasselbe. Es folgt also hieraus die praktische Regel: dass die zur Seidenkultur bestimmten Maulbeerbäume stets ganz frei stehen müssen, dass sie sich in gehöriger Entfernung von einander be- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 345 finden müssen und niemals in den Schatten anderer Holzpflanzen sebracht werden dürfen. Dass man von Hecken kein gesundes Maulbeerlaub gewinnen kann, versteht sich hiernach von selbst. Noch wichtiger aber ist jedenfalls die Behandlung der Maulbeer- bäume. Es sollte das zur Fütterung bestimmte Laub stets mit scharfen Hand-Baumscheeren, wie sie auch zum Beschneiden fei- ner Obstbäume benutzt werden, abgeschnitten, niemals aber ab- gerissen oder abgebrochen werden, denn an solchen Bruchflächen oder Fetzen des abgefaserten Bastes siedelt sich der Russthau nur zu leicht an. Noch wichtiger aber ist das sorgfältigste Ausputzen aller dürren Zweige. Diese sollte zweimal im Jahre geschehen, zum ersten Mal vor dem Laubfall im Herbst oder gleich nach Beendi- gung der Fütterungen, zum zweiten Mal im Frühjahr vor dem Austreiben oder während desselben. Man erkennt dürre und mit der Pleospora versehene Zweige leicht daran, dass sie missfarbig, schwärzlich gefleckt sind und dass der Bast aufgefasert ist. Der Pilz zerstört nämlich stets Oberhaut und Rinde und siedelt sich auf den Bastfasern an. Da ich nun die Ursache der Krankheit der Seidenraupen in dem Arthrococcus der Pleospora herbarum Rab. aufgefunden hatte, so war zunächst durch Infektionsver- suche der Beweis zu führen, ob wirklich die Arthrococcuszeilen von Pleospora zur Hervorbringung der Krankheit genügen oder ob noch Anderes hinzukommen muss. Diese Frage und ihre Be- weisführung musste natürlich ziemlich genau zusammenfallen mit der Frage nach der Art der Infektion der Seidenraupen. Diese Fragen konnten nur durch Uebertragungsversuche gelöst wer- den. Als ich solche Uebertragungsversuche beginnen wollte, war ich zwar schon durch die Güte des Herrn Regierungs- und Oeko- nomieraths v. Schlicht mit gezüchteten scheinbar gesunden und verdächtigen, sowie japanesischen importirten Grains versehen, aber meine Züchtungen waren noch zu jung, um die Uebertra- sungsversuche schon zu einem sicheren Resultat führen zu können. Ich nahm deshalb zunächst verschiedene andere Insekten vor. Den Anfang machte ich mit Maikäfern. Sechs Maikäfer wurden durch einen Stich an den Brustringen mit Arthrococeus aus kran- ken Eiern geimpft und mit Zwetschenlaub gefüttert. Das zur Impfung bestimmte Material wurde durch Quetschung der Eier 346 Hallier, mit etwas destillirtem Wasser gewonnen. Die Impfung nahm ich mit einer Lanzette vor. Am 4. Tage starben 5 der Maikäfer, der letzte starb am 6. Tage. Gleichzeitig unter denselben Bedingun- gen ohne Infektion aufgefiitterte Maikäfer blieben völlig gesund. Im Nahrungskanal der infizirten Maikäfer waren die Arthrococcus- Zellen massenhaft vorhanden und bildeten nach dem Tode sehr rasch Micrococcus aus. Hier konnte an den Tod in Folge der freilich sehr sorgsam vorgenommenen Verwundung gedacht werden. Ich brachte des- halb an drei weiteren Maikäfern die zerquetschten Eier nur aussen an, nämlich dadurch, dass ich den Brei an die Brust strich. Na- türlich beschmutzten die Maikäfer das Laub, über welches sie hin- strichen. Sie lebten die doppelte Zeit wie die geimpften, starben aber dann und ihr Nahrungskanal war dicht erfüllt mit Arthro- coceus und Micrococcus. Das Laub, welches zu ihrer Fütterung verwendet wurde, hatte sich an denjenigen Stellen, wo die Mai- käfer die Materie von ihrer Brust abgestreift hatten, mit einer schönen Vegetation von Cladosporium herbarum Lk., also von dem zu Pleospora gehörigen Kettenpilz überzogen. Ferner wurde eine grössere Anzahl von Raupen des Nessel- falters direkt durch das Laub infizirt. Ich nahm eine Partie Laub von der grossen Brennnessel: Urtica dioica L. in ein reines Glasgefäss. In dieses wurde ausserdem der Darminhalt von an der Gattine gestorbenen Seidenraupen und etwas destillirtes Was- ser gethan. Das Gefäss wurde nun mit einem dicht schliessenden Glasstöpsel geschlossen und tüchtig geschüttelt. Mit dem so in- fizirten Nessellaub fütterte ich die Raupen. Die noch jungen Rau- pen lebten sämmtlich nur noch wenige Tage. In ihren Exkre- menten fanden sich dieselben pflanzlichen Elemente wie bei der Gattine. Man könnte nach diesen Versuchen meinen, dass alle Insek- ten, künstlich infizirt, der Gattine zum Opfer fallen. Dem ist aber nicht so. Eine grosse Anzahl von der schönen blauen Chry- somela, welche auf Mentha silvestris L. lebt, fütterte ich mit in- fieirtem Laube dieser wilden Minze. Das Laub trug schöne Cla- dosporium-Rasen, die Käfer frassen aber monatelang von diesem Laub, ohne sichtbar zu erkranken. Bis zur Beendigung der Versuche mit den Maikäfern und Nesselraupen hatte ich für Anzucht von einigen Hunderten junger Seidenraupen Sorge getragen und war ausserdem mit einigen aus- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. BAT: gewachsenen Seidenraupen durch die Güte des Herrn Kommerzien- rathes J. A. Heese in Berlin versehen worden. Die zu infizirenden Raupen wurden gefüttert: 1) mit Maulbeerlaub, welche mit dem oben erwähnten infi- cirten Zwetschenlaub in einem Glase umgeschüttelt war ; 2) mit Maulbeerlaub, welches mit dem aus an der Gattine gestorbenen Raupen bereiteten Brei geschüttelt war. Ausserdem wurde eine grössere Anzahl Raupen möglichst normal gefüttert und behandelt. Die Fütterung nach den beiden angeführten Methoden hatte sanz den nämlichen Erfolg. Die Raupen erkrankten schneller oder langsamer, heftiger oder schwächer, je nach dem Grade der Infektion des Laubes. Kranke Raupen, plötzlich mit gesundem Laub gefüttert, nahmen wieder zu und wurden bedeutend kräfti- ger, als andere, welche beständig mit krankem Laub gefüttert wurden. Einzelne der inficirten Raupen starben oft plötzlich, ohne dass sich ein besonderer Grund dafür nachweisen liess. Sehr leicht gingen die kranken Raupen, auch wenn sie noch ziemlich kräftig aussahen, kurz vor dem Einspinnen zu Grunde. Der Be- fund der kranken Raupen war stets sowohl äusserlich als im In- nern des Körpers der für die Gattine bekannte, Die nach der ersten Methode gefütterten Raupen führten stets einzelne der Spo- ren von Cladosporium im Nahrungskanal, und nicht selten ausser diesen auch Schizosporangien. Es wird also durch diese Fütterungsversuche zur Gewissheit, dass das mit der Pleospora behaftete Laub die Gattine hervor- ruft und man wird wohl schwerlich nach einem anderen Grunde des Ursprungs der Gattine zu suchen haben, als die Infektion des Laubes mit der Pleospora. Es ergiebt sich aus den früher mitgetheilten Thatsachen eine höchst interessante Folgerung, nämlich diese: Ich habe früher (Parasitol. Untersuchungen) gezeigt, dass in den Dejectionen von Typhus-Kranken stets ein Micrococcus mas- senhaft auftritt, welcher von Rhizopus nigricans Ehrenb. oder in erster Linie von Pleospora herbarum Rab. stammt. Dieser kommt zwar beim Ileotyphus in den Exkrementen eben nur als Micrococcus vor, vom Vorhandensein des Arthro- coceus kann dabei nicht die Rede sein. Ich habe aber in jener mehrfach erwähnten Schrift gezeigt, dass man auf einem der sau- 348 Hallier, ren Gährung geneigten Boden sehr leicht aus dem Micrococcus des Ileotyphus den Arthrococcus ziehen kann. Es muss also auch im Körper der Seidenraupe aus diesem Micrococcus des Typhus der Arthrococcus, d. h. die Körperchen des Cornalia, erzeugt wer- den können. Mit einem Worte, man muss mit den Dejectionen der Typhus-Kranken die Gattine hervorrufen können. Das ist nun in der That der Fall. Ich infizirte mit den Stühlen von einem sehr heftigen Typhus- fall das Maulbeerlaub, mit welchem gegen 100 Seidenraupen ge- füttert wurden. Diese bekamen alle binnen Kurzem die Gattine in sehr heftigem Grade und unter den gewöhnlichen . äusseren und inneren Erscheinungen. Die Entstehung des Arthrococcus aus dem Micrococeus liess sich dabei sehr schön verfolgen. Es findet sich also im Darm des Typhuskranken eine Hefe- form des nämlichen parasitischen Pilzes, weicher mit einer anderen Hefeform die Gattine der Seidenraupen erzeugt. Zunächst wollte ich untersuchen, ob die Leichname der an der Gattine gestorbenen Maikäfer und Seidenraupen nicht aus dem entstandenen Micrococcus wieder irgend eine der Pleospora angehörige Schimmelform erzeugten. Zu diesem Zweck brachte ich die Leichen auf Glastellerchen in einen Isolir-Apparat, wie ich ihn in meinen „Gährungserscheinungen‘“ beschrieben und ab- gebildet habe. Die Maikäfer und die Seidenraupen kamen je in einen besonderen Apparat. Die Leichname trockneten langsam ein und bedeckten sich nach einigen Wochen mit einem zarten weissen Schimmel. Dieser (Figur 33) besteht sowohl bei den Sei- denraupen als bei den Maikäfern aus dem Mycelium, welches an seinen Zweigenden die Macroconidien von Rhizopus nigricans Ehrenb., bald einzeln, bald in Ketten (Fig. 33) trägt. Wir haben also die Frage: Auf welche Weise gelangen die Körperchen des Cornalia zuerst in das Insekt? ohne Zweifel da- hin zu beantworten: Die Infektion findet mittelst des mit Pleo- spora herbarum, mit dem Russthau, behafteten Futters statt. Dieser Pilz kommt hauptsächlich auf schlecht ausgeschnittenen Maulbeerbäumen oder bei dumpfiger, gedrückter Lage der Maul- beerpflanzung vor; er kann aber auch auf ganz gesunden Maul- beerbäumen sich ansiedeln, besonders dann, wenn Blattläuse vor- handen sind, welche Honig absondern (sogenannter Honigthan). Ausserdem kann sich aber der Pilz auch noch im Zuchtlokal auf Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 349 dem Laube ansiedeln, eine Thatsache, die uns schon zur dritten der von uns aufgestellten Fragen führt. 3. Wodurch ist die epidemische Ausbreitung der Krankheit der Seidenraupen bedingt ? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst ge- nauer erwägen, auf welche Weise in den Züchtungen das Laub möglicherweise inficirend auf die Raupen wirken kann. Es ver- steht sich wohl von selbst, dass kein Züchter Laub zur Fütterung in Anwendung bringen wird, welches deutlich mit dem Russthau (Pleospora herbarum Rab.) befallen ist. Und selbst, wenn das seschähe, so wäre es sehr fraglich, ob die Raupen solches ge- schwärztes Laub fressen würden. Aber im frühesten Stadium des Befailenseins sieht man auf dem Laube noch keine Spur des Pilzes mit blossen Augen. Die Blätter sind gewöhnlich etwas hell und missfarbig und man er- kennt unter dem Mikroskop die ersten Anfänge des Pilzmyceliums mit einzelnen Sporen und Sporenketten. Solches Laub wird na- tiirlich die Raupen mit der Krankheit inficiren, sobald es von ihnen gefressen wird. Und grade dieses nur schwach befallene Laub wird man weniger leicht erkennen, denn ausser einer etwas helleren Färbung des ganzen Blattes oder einzelner Theile dessel- ben lässt sich meist mit blossem Auge gar nichts Abnormes wahr- nehmen. Eine Desinfektion des Futters mit Alkohol wird sich aber nur schwer in Ausführung bringen lassen. Es bleibt mithin nichts übrig, als die sorgfältigste Auswahl des anzuwendenden Laubes. Aber auch im Zuchtlokal kann nachträglich eine Infektion des Laubes stattfinden. Die Pleospora nämlich und die von ihr hervorgerufene Schimmelbildung: Rhizopus nigricans Ehrenb. sind ausserordentlich verbreitete Pilze. Die Pleospora herbarum Rab. findet sich z. B. ausser auf dem Baumlaub auch auf der Rinde unzähliger Holzgewächse, auf der Fruchtschale mancher Obstsorten, besonders des Kernobstes, wie Aepfel, Birnen, Zitronen u. s. w., aber auch des Steinobstes, besonders der Zwetschen. Selbst auf feuchten Gegenständen aller Art, auf feuchten Kalk- wänden, feuchtem Holz u. s. w. kann die Pleospora zur Entwicke- lung kommen. Namentlich in der Form des Cladosporium ent- wickelt sich dieser Pilz sehr leicht. Ausserdem bringt er auf faulendem Obst, auf Vegetabilien verschiedenster Art, sogar auf Fett den Rhizopus hervor. 350 Hallier, Es folgt daraus, dass sehr leicht der Luft des Zuchtlokals Sporen von Cladosporium oder Rhizopus beigemengt sein können und dass ein feuchtes Lokal sogar derartige Vegetationen an den Wänden, auf den Lagern u. s. w. erzeugen kann. Ganz ausserordentlich vergrössert wird aber die Gefahr, wenn das Laub länger als höchstens 24 Stunden auf den Lagern liegt. Ich liess bei einzelnen meiner Zuchten absichtlich das Maulbeer- laub sich anhäufen. Hier bildeten sich stets sehr bald verschie- dene Schimmelarten. Dass solche Uebelstände durch Anhäufung der Exkremente kranker Raupen bedeutend vermehrt werden, versteht sich von selbst, denn da diese Exkremente ja niemals von Arthrococcus frei sind, so müssen solche nothwendig das noch so gesunde Laub, auf welches sie fallen, inficiren. Stets findet man in den Exkre- menten kranker Raupen Arthrococcus von Pleospora, fast immer auch die Glieder des Pilzes, die den gewöhnlich ebenfalls vor- handenen Harnsäure-Krystallen so sehr ähnlich sind, sehr oft fin- det man ausserdem Sporen der Cladosporium-Form und Schizo- sporangien. Liegen diese Fäcalmassen mehre Tage auf dem Laub, so überzieht sich ihre Oberfläche mit einem weissen Anflug von Micrococcus und ebenso bedeckt sich das Laub in der Nähe mit Micrococcus. Hier mag noch die Notiz Platz finden, dass auch die Raupen des Bombyx Yama Mai, welche Herr Professor Leuckart mir durch die freundliche Vermittelung des Herrn Dr. Brandt zu übersenden die Güte hatte, mit Arthrococcus erfüllt waren und einer der Gattine ähnlichen Krankheit erlagen. Ich nahm den Arthrococcus dieser Raupen in Kultur und erhielt in 14 Tagen schöne Vegetationen des Cladosporium herbarum Lk. und Rhizopus nigricans Ehrenb. Es ist also der Arthrococcus des Bombyx Yama Mai ebenfalls durch Pleospora herbarum Rab. erzeugt. Ausserdem leidet diese Raupe auch an der Muscardine, wie wir oben sahen. Bei diesen Zuchten, ebenso aber bei mehren der früher er- wähnten, beobachtete ich, dass bei eintretender Gährung und Ver- wesung das Cladosporium die Schimmelform des Penicillium (grande m) annimmt und dass diese bei üppigem Boden ein sehr zierliches, dünnstämmiges Coremium bildet. Ich habe in einer den Stamm- Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 351 bildungen der Schimmelpilze gewidmeten Arbeit*) nachgewiesen, dass das Coremium glaucum früherer Autoren nichts Anderes ist als eine Stammbildung des Penicillium crustaceum Fries. De Bary bestätigt dieses Verhältniss, freilich ohne meiner Arbeit zu erwähnen **). Genau ebenso verhält sich die Schimmelform des Cladosporium, die ich als Penicillium grande von jenem ge- wöhnlichen Penicillium erustaceum unterschieden habe. Hier sind aber die Stämmchen der Coremium-Form weit höher, dünner und schlanker, nicht selten verästelt. Auffallend war mir, dass diese schlanken Stämme sehr starke Krümmungen gegen das Licht aus- führen. Es geht nun aus dem Vorstehenden hervor, dass zwar die Pleospora herbarum Rab. unwiderleglich als die eigentliche Ursache der Gattine anzusehen ist, dass aber die Krankheit ihren epidemischen Charakter durch die Verschleppung des Pilzes durch das Laub erhält. Es folgt ferner aus obiger Darstellung, dass schlechtes Futter, unreine Luft, unreines und feuchtes Zuchtlokal die Seuche verschlimmern, während aus demselben Grunde er- klärlich wird, weshalb die Gattine in nassen Jahren verderblicher aufzutreten pflegt als in trocknen. b) Krankheiten der Haussäugethiere. Hundswuth (Taf. VI Figg. 10. 41). Im Blut des tollen Hundes hatte ich Micrococcus gefunden, dessen Cocci meist überaus klein waren. Ich kultivirte denselben zuerst in der Camera humida, um die etwaige Weiterentwickelung der Cocci zu konstatiren. In den ersten Tagen sieht man den Micrococcus noch häufig in Zweitheilung begriffen, so dass er sich stark vermehrt. Bald aber hört die Theilung an manchen Stel- len auf und die Cocei vergrössern sich allmählig (Fig. 41 A Bat v7). Hat die Aussaat mit der nöthigen Vorsicht stattgefunden, so haben die Zellen zum Theil schon am 4. bis 5. Tage ihre volle Grösse erreicht und ihren Durchmesser um das 10—20fache verdoppelt. Sie vermehren sich jetzt durch Sprossung, wobei die Glieder sich bald von einander trennen oder kettenförmig ver- bunden bleiben. Ihre Vermehrung geht ungemein rasch. Am *) E. Hallier, Die Stammbildung der Schimmelpilze. Botan. Zeitung 1866 Nr. 50 Tafel 13. **) Botanische Zeitung 1867 Nr. 2 8. 11. 1.3; 93 352 Hallier, Die Parasiten der Infectionskrankheiten. 5. bis 6. Tage sieht man das ganze Gesichtsfeld mit hormiscium- ähnlichen Ketten erfüllt, wie Fig. 41 C Taf. VI sie andeutet. Etwa am 8. bis 10. Tage findet eine neue Veränderung statt. Die Zellen hören hie und da auf zu sprossen, wachsen dagegen abermals (C Fig. 41 Taf. VI) so bedeutend, dass sie ihren Durch- messer um das 2—3fache vergrössern. Einzelne strecken sich dabei in die Länge zu Keimfäden (C Fig. 41). (Fortsetzung folgt im nächsten Hefte.) Ueber mehrtheilige und schieftheilige Schizospo- rangien bei Puccinia graminis Pers. Von J3. Zorn. (Figur 42 Tafel VI.) Es dürfte wohl in mehrfacher Hinsicht nicht als überflüssig erscheinen, hier auf eine Erscheinung aufmerksam zu machen, die mir bei der Präparation von diesjährigen Schizosporangien der Puccinia graminis Pers.. von Gerste und Roggen entnommen, recht zahlreich entgegentrat. Man hat bekanntlich die Uredineen, Rostpilze, auch nach der Kammern- oder Scheidewand-Zahl ihrer Sporangien in Gattungen zerfällt, so dass zu Uromyces die un- eetheilten, zu Puccinia die einmal, zu Triphragmium die zweimal und zu Phragmidium die noch öfter getheilten gehören. Demnach nun würden Formen von Puceinia graminis Pers., wie ich sie eben in ziemlicher Häufigkeit fand und von denen Fig. 42 nur etliche wenige vorführen will, schwerlich an die rechte System- stelle zu stehen kommen, denn sie sind nicht nur zweimal, son- dern oft sogar dreimal getheilt, so dass sie, anstatt zwei Kammern (Sporen), deren drei und vier zeigen. Namentlich dann könnte aus der nur zu oft starren Nichtbeachtung solcher Modificationen etwelche Verlegenheit entstehen, wenn eine dieser mehrkammerigen Sporangien, wie das bei mykologischen Arbeiten nicht selten vor- kommt, in ein Präparat eingedrungen ist, dessen Natur erst fest- gestellt werden soll. Will ich nun auch mit diesen Daten durch- aus nicht am Systeme rütteln — denn die nur einmal getheilte Form herrscht unleugbar als normale vor, und zweitens hiesse das da Splitterrichten, wo noch mächtige Balken stecken —, so sind doch jene Modificationen häufig genug, dass der Gattungs- Diagnose der Zusatz nirgends mehr mangeln sollte: gar nicht sel- oO x Dae 354 Zorn, ten auch zwei- und mehrtheilig. Solche Formen nun zeigt die schon aus wenig Präparaten so reichhaltig zusammengestellte Fig. 42 neben der normal einkammerigen a in b, c, d, e und i als zweimal und in f, g, h und k als dreimal getheilte. Wie man übrigens bei i in gestaltlicher Hinsicht und in der Wirklichkeit auch nach dem Färbungsübergange aus dem Braun in’s Wasser- helle — noch geneigt sein durfte, die unterste Zelle noch als Spore und nicht als Basidium mitzuzählen, so dürfte in d und i die Andeutung einer Querwand innerhalb des letzteren gleichfalls noch Beziehung haben zur Ausbildung überzähliger Theilung. Wichtiger nun als die Frage, ob letztere sich in den aber wahrscheinlich nur seltenen Fällen noch höher zu steigern ver- möge, als unsere Figur sie zeigt, bleibt das zweite Moment, das aus dieser sofort in die Augen fällt. Ich meine das Auftreten von winklig zu einander gestellten Scheidewänden. Schon in h sind die Wandebenen nicht ganz parallel, in d und c aber treten entschieden spitze Winkel auf und in c, i und k sogar rechte. Vor allen Dingen sind i und k ganz abnorme Gestalten, die sich an Stelle von Querwänden theilweise entschiedene Längswände gestattet haben. Verräth auch in h und stärker noch in ce, d und e die Verkrümmung der Sporangien den wahrscheinlichen Grund der nun schiefen Wandstellung, nämlich den Mangel an Raum innerhalb des Bildungslagers, des Stroms, so dürfte doch für i und k solch eine Erklärung nicht ohne etlichen Zwang thunlich sein. Wenn man aber auch das zugeben und deshalb und wegen der grösseren Seltenheit für die schiefe Wandstellung keinen Zusatz für die Gattungsdiagnose fordern will, — so wird doch zurückgreifend Niemand versuchen, auch für die Mehrtheilung der Sporangien, Verkrüppelung und Krankheit als Grund aufzustellen. Hier bei dem grösseren Reichthume an Sporen scheinen wir es vielmehr entschieden mit einer ganz normalen Gestaltung zu thun zu haben, hervorgerufen durch einen recht günstigen Nährboden. Wie der von durchschlagender Bedeutung für die Gestalt der verschiedenen Morphen eines Pilzes ist, so muss er auch noch Bezug haben auf die kleinere Wandelbarkeit innerhalb desselben Organs. Wir sind eben im Reiche der grössten Wandelbarkeit! — Vielleicht auch, dass die atmosphärischen Verhältnisse, wie sie das Jahr 1869 allerorten der Pilzwelt geboten hat, der Fülle je- ner Formen besonders günstig war, was freilich mindestens nahe- zu auf ein und dasselbe hinauslaufen dürfte. Ueber mehrth. u. schiefth. Schizosporangien u. s. w. 355 Ausdrücklich hebe ich noch hervor, dass in unserer Fi- gur die Zahl der schiefkammerigen durchaus in keinem Ver- hältnisse zu der der mehrkammerigen überhaupt stehen soll; jene sind, wenigstens in den entschiedeneren Gestalten, seltner als diese. Arbeiten der landwirthschaftlichen Versuchs- station Jena. Abtheilung für zoopathologische und zoophysiologische Versuche. Mitgetheilt vom Medicinalassessor Dr. Zürn. T. Herr stud. oec. M. hatte die Güte, mir einen Kreuzschnabel (Loxia curvirostra) zu überbringen, welcher unter den Flügeln und an der Unterbrust mehrere erbsen- — bohnengrosse gelbliche Cysten sitzen hatte. Machte man eine derartige Cyste auf, so fand sich in derselben eine feinkörnig aussehende, gelbweisse Masse vor, die sich bei mikroskopischer Untersuchung aus Hunderten und aber Hunderten von Krätzmilben und deren Eiern bestehend erkennen liess. Diese Milbe, deren Grösse auffällt, musste als Sarcoptes ni- dulans Nitsch. bestimmt werden. Nach meiner Beobachtung hat dieselbe folgende charakteristische Merkmale: Rundlichen schildkrötenförmigen Körper ; Kopf abgesetzt mit 4 Kieferhälften-Paaren; 2 Palpen, an deren Spitze drei starke nach abwärts gekrümmte, theilweis ausge- zackte, Haken befindlich sind; 8 Beine, 1. u. 2. Paar mit stark gebogenen Krallen versehen. Zwischen den beiden Haken der Kralle gehen vom Fussende aus mehrere feine Borsten, die kammartig gelagert sind. Einzelne Borsten und Haken oberhalb der Fussenden an den Gliedmassen. Tulpenförmige Haftscheiben, wie sonst bei dem Sarcoptes vorkommen, sind nicht wahrzunehmen gewesen; einzelne der feinen Borsten, die zwischen den Krallengliedern her- Arbeiten der landwirthsehaftl. Versuchsstation Jena. 357 vorstehen, zeigen jedoch an ihren Enden keulige Ver- dickung. Die Hinterfüsse (2 hinteren Fusspaare) sind klein, wie verkümmert, mit sehr langen (3—4) Borsten versehen. Haut rillig mit verschiedenen Borsten und und Schuppen besetzt. Längsdurchmesser des Männchens 0,22 Mm. Querdurchmesser desselben 0,18 Mm. — — — desWeibchens 089Mm. —- — — — 0,31 Mm. — —. — der Kier 0,47—0,241Mm. — — -— d. Kier 0,15—0,17 ,, Die Membran der oben erwähnten Cysten war aus Binde- gewebe construirt. Die Milben, welche sich auf dem betreffen- den Vogel angesiedelt haben, hatten die Epidermis durch- und die Cutis ziemlich weit angebohrt nnd dadurch Bindegewebswuche- rung veranlasst. In dem neuerzeugten Balge hatte die Fortpflan- zung der Thiere stattgefunden und waren die Eier gelegt worden. Es wurden verschiedene dieser Sarcoptiden auf die Haut eines Hundes, eines Schafes und eines Kaninchens (die zu anderen Versuchen noch benutzt wurden) übertragen. Beim Schaf und Hund starben sie sehr bald ab, ohne auf die Haut ihrer neuen Wirthe den geringsten schädlichen Einfluss ausgeübt zu haben; beim Kaninchen blieben die Milben länger leben, erzeugten auch eine ziemliche Hautröthung, verursachten weiter — wie es schien — dem Thiere Juckgefühl, doch hielt die Röthung nicht lange an und nach 6 Tagen war keine Spur einer lebenden Milbe mehr zu finden, ebenso wenig war auf der Haut des Kaninchens eine krank- hafte Veränderung zu bemerken. Sonach scheint der bei Vögeln häufiger vorkommende Sar- coptes nidulans bei Säugethieren keine Räude erzeugen zu können. IL. Nachdem Professor Dr. Roloff in Halle im Juliheft der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralvereins der Provinz Sachsen in tiberzeugender Weise darauf aufmerksam gemacht hatte, wie die Traberkrankheit, jene so sehr gefiirchtete, in ihrem Wesen und beziiglich ihrer Ursachen noch so wenig richtig ge- kannte Krankheit der Schafe nicht allein — wie man bisher an- genommen — „nur ein Rückenmarksübel sei, sondern dass beim Traber das Gehirn im hohen Grade mitleide, dass ferner aus vie- len triftigen Gründen als wahrscheinlich angenommen wer- den müsse: Larven 358 Zürn, der Schafbremse (Oestrus s. Cephalomia ovis) seien die erste Ursache der Traberkrankheit. Diese Annahme würde durch Folgendes begründet. Es stehe zunächst fest, dass bei vielen traberkranken Schafen Bremsenlarven in den Stirnhöhlen gefunden worden und man könne annehmen, dass die in der Schleimhaut jener Höhlen vorhandene und durch die Larven verursachte heftige Entzündung sich neben den Riechnerven durch das Siebbein auf die weiche Hirnhaut und von da aus in abnehmendem Grade auf weiche Haut des Rückenmarks und auf die Scheiden der Nervenwurzeln fortsetze, musste man es für geboten halten, Untersuchungen über die Tra- berkrankheit, im Sinne obengenannter thierärztlicher Autorität, anzustellen. Für den Verfasser dieser Mittheilungen war es recht schwer, sich ein traberkrankes Schaf zu verschaffen, einmal weil die Krank- heit in hiesiger Gegend fast gar nicht vorkommt und dann, weil anerkanntermassen diejenigen Herrn Landwirthe, welche in ihren Zuchtschäfereien die Traberkrangheit als constantes Uebel haben, leider nur sehr selten dahin zu bringen sind, überhaupt eine Mittheilung über das Vorhandensein der fraglichen Krankheit in ihrer Heerde zu machen (auch wenn sie überzeugt sein können, dass eine derartige Mittheilung streng als Geheimniss behandelt wird und dieselben sonst bezüglich anderer, doch ähnlicher Vor- kommnisse — wo ebenso gut Discretion nöthig — emem das volle Vertrauen schenken), noch viel weniger gern aber ein traber- krankes Thier zu einem Curversuch oder zu einer Untersuchung abgeben. Nach vielen Bemühungen gelang es endlich, em passendes Thier zu acquiriren. Ein dreijähriger traberkranker Hammel wurde mir durch die Freundlichkeit des Herrn Rittergutsbesitzers B. in P. zur Disposition gestellt. In P. wird eine sogenannte Göllschäferei *) getrieben. Das Gut liegt in der Nähe von kleineren Waldungen und die Weidereviere oft dicht an den Hölzern. Die Bremsenlarvenkrankheit ist in hiesiger Gegend bei Scha- fen nicht selten, auch in P. finden sich oft Oestruslarven in den Stirn- und Nasenhöhlen der Schafe. *) Gelte-Schäferei. Arheiten der landwirthschaftl. Versuchsstation Jena. 359 Der betreffende im leidlichen Nährzustande befindliche Ham- mel befand sich noch nicht in einem vorgerückten Stadium der Traberkrankheit. Meinen Erfahrungen nach sind die ersten Sym- ptome dieses noch vollkommen räthselhaften Uebels: Schreck- haftigkeit bei lauten Geräuschen u. s. w.; 6fteres Zittern an ein- zelnen Körpertheilen (namentlich auch mit den Ohren); Zusammen- knicken und am Boden Liegenbleiben der Patienten, wenn man sie mässig in die Höhe hebt und dann wieder fallen lässt; breit- spuriger, etwas steifer Gang mit den hinteren Gliedmassen, die Thiere vermögen jedoch noch gut zu galoppiren und leidlich zu springen; eigenthümlich veränderte Stimme, ich möchte diese Verän- derung am liebsten „leichtes Heiserwerden“ bezeichnen. Juckreiz, Scheuern und Gnubbern am Hintertheile habe ich nie zu Anfang, immer erst im weiteren Verlauf der Traberkrankheit auftreten sehen, sehr oft kommen sogar vollkommene Traber vor, die nicht die Spur von Juckempfindung im der Kreuzgegend wahrnehmen lassen. Die erstgeschilderten Symptome, zeigte denn auch der Ham- mel, als er mir überliefert wurde. Ich nahm an demselben die Trepanation der Stirnhöhlen und zwar an den gewöhnlichen Stellen vor, ausserdem dann rechter- seits, etwas weiter nach oben, die Eröfinung desjenigen Theiles der Stirnhöhle, welcher unmittelbar unter dem Hornfortsatz des des Stirnbeins liegt. Es fand sich keine Spur einer Bremsenlarve und in keiner Weise eine krankhafte Veränderung der die Stirnhöhlen auskleidenden Schleimhaut. Der betreffende Hammel wurde noch geraume Zeit auf der Versuchsstation gehalten. Die vorgenommene Operation schien denselben nicht wesentlich irritirt zu haben. — Nach und nach kamen auch die bedeutenderen Kennzeichen der Traberkrankheit zum Vorschein. Schwäche im Kreuze, Unvermögen zu galoppiren und zu springen, der charakteristische eigenthümliche Trabgang u. Ss. w. waren zu beobachten. Ferner stellte sich jetzt — wenn auch nicht bedeutend — Juckgefühl im Kreuze ein; der Patient versuchte zuweilen sich an dem Gatter seines Stalles zu reiben, sehr selten habe ich ihn gnubbern sehen. Bei den Scheuerver- suchen sank der Hammel oft auf das Hintertheil nieder und ver- mochte dann erst nach einiger Zeit und mit Mühe sich wieder zu erheben. Auch wenn der Traberkranke aus dem Stall ge- nommen, auf den Hof gejagt und zum schnelleren Gehen ver- 360 Zürn, anlasst wurde, kam es zuweilen vor, dass derselbe — in Folge der grossen Schwäche im Hintertheile — hinfiel. Die Fresslust hatte nur wenig bei dem Thiere abgenommen, doch war das Thier recht mager geworden. Dasselbe wurde endlich durch Oeffnung der Carotiden ge- tödtet. Die Section ergab: das Rückenmark war in seinem hin- teren Theile, da, wo es in den sogenannten Pferdeschweif über- geht, etwas weicher, als der Norm entspricht. Die weiche Haut des Rückenmarkes an derselben Stelle etwas vermehrt injicirt, ausserdem schien mehr seröse Flüssigkeit im kückenmarkskanal zu sein, als man sonst zu finden pflegt. Diese ganz geringen pathologisch-anatomischen Vorkommnisse waren das Einzige, was man vernünftigerweise mit der Krankheit in Zusammenhang brin- gen konnte. Auch die mikroskopischen Untersuchungen sowohl frischer als in Chromsäurelösung erhärteter Präparate liessen mich nichts Besonderes erkennen. Doch räume ich gern ein, dass meine Kenntnisse in der mikroskopischen Anatomie nicht so weit gehen, ganz geringe und winzige Veränderungen an so difficilen Präpara- ten, wie die vom Rückenmark sind, ohne Weiteres herauszufinden. Abnormales war. ausser den genannten Veränderungen, im sanzen Körper nicht vorzufinden, ich müsste denn in dieser Be- ziehung die Kennzeichen der Abzehrung und einen taubeneigrossen Cysticercus tenuicollis (langhalsige Finne), der im Netz des Thieres seinen Sitz aufgeschlagen hatte, als erwähnenswerth betrachten. Jedenfalls aber war weder ein Erkranktsein des Gehirns vorhanden, noch fanden sich Oestruslarven in irgend einer der Kopihöhlen vor, ebensowenig aber Veränderungen an der Schleimhaut der Stirn- und Nasenhöhlen, die auf die frühere Anwesenheit von Bremsenlarven hätten gedeutet werden können. Und doch war das Versuchsthier unzweifelhaft traberkrank gewesen! Es kann mir nun nicht einfallen, aus den gewonnenen Resul- taten dieses einzigen Falles zu schliessen, dass die von Professor Roloff aufgestellte Theorie über Entstehung der Traberkrank- heit falsch sei. Ganz gewiss können darüber nur sehr vielfältige, genaue und sorgsame Untersuchungen endgültigen Aufschluss geben. Ich veröffentliche Obiges auch nur, weil ich annehme, dass — bei der Wichtigkeit der Krankheit, bei dem Interesse, welches jeder Landwirth und Thierarzt für die alle Beachtung verdienende, auf Arbeiten der landwirtbschaftl. Versuchsstation Jena. 361 höchst interessante Beobachtungen und Erfahrungen gegründete Hypothese Professor Roloff’s haben muss — auch Beobachtungen über einen einzigen Fall ihren — wenn auch geringen — Werth haben. Will man aber auf die oben erzählten Thatsachen für oder wider die Roloff’sche Ansicht einen Schluss zu bauen wagen, so ist blos zweierlei anzunehmen möglich, nämlich 1) Die Traberkrankheit wird durch ganz andere Ur- sachen erzeugt, als dureh die Einwanderung von Bremsenlarven in die Stirnhöhlen der Schafe, oder der Hammel, welcher das Objekt obiger Unter- suchungen war, hat (worüber angestellte Recherchen keine Auskunft gaben) die Traberkrankheit ererbt. (Professor Roloff sagt im seinem in der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, Juliheft 1868, publicirten „Zur Entstehung der Traber- krankheit‘ überschriebenen Aufsatz: „Es soll gar nicht in Abrede gestellt werden, dass die bei der Traberkrankheit ursprünglich durch Bremsen- larven hervorgerufenen krankhaften Veränderungen iin Gehirn und Rückenmark sich so zu gestalten vermögen, dass sie weiterhin durch Vererbung fortgepflanzt werden können‘). bo _— BER Nach den Untersuchungen von Pagenstecher in Heidel- berg, von verschiedenen Aerzten in Wien (Wiener Comite zur Erforschung der Naturgeschichte der Trichinen) und von Colin sollen Trichinen auf Fliegenlarven übertragen werden können; doch sollen die durch Verfüttern trichinösen Fleisches an Fliegen- larven übergeführten Trichinen sehr rasch von den Larven ver- daut werden; angegeben wird sogar, dass in einem Falle ein Ka- ninchen, zur Aufnahme trichinenhaltiger Fliegenlarven gezwungen, durch diese vollständig trichinös geworden sei. Herr Dr. Pf. in W. hatte die Güte, der hiesigen landwirthschaftlichen Versuchs- station sehr stark trichinenhaltiges Fleisch von einem Schweine, welches letzteres durch einen Fleischbeschauer in W. als trichinen- haltig aufgefunden und in Folge dessen von der dortigen Polizei confiscirt worden, zu übersenden. Mit demselben wurden 2 Ka- ninchen gefüttert. Das eine derselben wurde 52 Tage nach der 362 Zürn, Fütterung getödtet. Es fand sich, dass die Muskeln desselben hochgradig mit Trichinen durchsetzt waren. In jedem kleinen Präparat aus dem muskulösen Theil des Zwerchfells fanden sich 3—11 Stück der Parasiten. Die Trichinen waren bereits einge- kapselt. — Das Versuchsthier hat niemals eine Spur von Unwohl- sein zu erkennen gegeben. — Der Kadaver des Kaninchens wurde in einen gut vergitterten Kasten gelegt (so dass Katzen und der- gleichen Thiere nichts von demselben rauben konnten) und in’s Freie gesetzt. Zahlreiche Fliegen der verschiedensten Art legten ihre Eier auf den Kadaver und massenhaft bildeten sich Larven aus, die das Fleisch des Kaninchens durchwühlten. Von diesen Larven sind zu verschiedenen Zeiten und zwar sehr genau, in Summa circa 150 Stück mikroskopisch untersucht worden und hat sich in keiner einzigen eine Trichine auffinden lassen! Der etwaigen Finwendung, dass die in dem Kaninchenfleische befindlichen Trichinen nicht so vollständig entwickelt gewesen seien, dass eine Uebertragung möglich (nach Fuchs, Pagen- stecher, Kühn ist eine Infektion durch zu Junge Muskeltrichi- nen nicht zu bewerkstelligen), muss ich gleich jetzt dadurch be- veonen, dass die in den Muskeln des Versuchs-Kaninchens vor- handenen Trichinen ausgebildet waren, was schon ihr Eingekapselt- sein beweist; aber sie hatten auch die Grösse, welche man für ausgebildete Muskeltrichinen als erforderlich hält”), nämlich eine Länge von 0,s—1,0 Mm. und eine Breite von circa 0,045 Mm. — Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf Nachfolgendes noch aufmerksam machen. Durch die sehr interessanten und wichtigen UntersiGnmees vone-Pagenstecher, welche in der Zeitschrift für wissenschaft- liche Zoologie von Siebold und Kölliker XIV. Band 8. 401 veröffentlicht sind, steht es fest: „dass im Inneren der Larve einer Diptere, vermuthlich einer Cecidomyide eine zweite Generation von Larven auf ungeschlechtlichem Wege erzeugt wird.“ Obschon man solche Larven, welche im Leibe ihrer Mutter- larven auf ungeschlechtlichem Wege entstehen (und dieser merk- würdige Fortpflanzungsprocess dürfte auch bei andern Larven *) Vergl. Mittheilungen des landwirthschaftlichen Institutes der Universi- tät Halle. Prof. Kühne: Untersuchung über Trichinenkrankheit der Schweine. Arbeiten der landwirthschaftl. Versuchsstation Jena. 363 als denen einer Cecidomyide vorkommen) nicht leicht mit Tri- chinen verwechseln kann, so kann vielleicht doch dieser Hinweis Die- jenigen, welche weitere Experimente mit Trichinisirung der Flie- genlarven anstellen wollen, vor etwaigen Täuschungen bewahren. IV. Da im Jenaischen Bezirk die Taenia mediocanellata bei Men- schen häufig, hingegen noch nie ein Landwirth oder ein Fleischer u. s. w. hiesiger Gegend bei einem ausgeschlachteten Rinde Cy- sticercen der genannten Tänie gesehen haben will, man sogar hier heftig zu bestreiten versucht hat, dass überhaupt Finnen beim Rind vorkämen, die in Zusammenhang mit dem oben ge- nannten Bandwurm stehen könnten, so fütterte ich am 6. August c. a. ein 3 Monate altes, gesundes, weibliches Kalb mit 57 Pro- . glottiden emer Taenia mediocanellata, die am 5. August von einem Menschen abgetrieben und mir in Folge der Güte des Herrn Geheimen Hofrath Dr. Gerhardt hier übermittelt wor- den war. Ich hatte zunächst die Absicht, ausgebildete Finnen in den Muskeln des Versuchsthieres zu erziehen, einestheils um den sich für derartige Fütterungsversuche Interessirenden diese Blasenwürmer zeigen zu können, anderentheils um Zweiflern ad oculos zu demonstriren, dass es Rinds-Finnen giebt und dass diese mit dem Bandwurm des Menschen, welchen wir Taenia mediocanellata nennen, in (demselben directen Zusammenhange stehen, wie die Schweinefinne mit dem ebenfalls beim Menschen vorkommenden Bandwurm, der Taenia solium heisst. Normaltemperatur des Kalbes war am Tage der Fütterung = 39,2°Cels. Schon am 4. Tage nach der Fütterung, also am 14. August, stellte sich bei dem Versuchsthiere eine höhere Tem- peratur ein, nämlich 40,0° Cels. Das Kalb frass auch an diesem Tage wenig, zeigte einen etwas aufgeregten Puls, einen aufgetrie- benen Bauch, ferner beim Drücken an die Bauchwandung gab es Schmerzempfindung durch Stöhnen zu erkennen. Noch am selben Tage sank die Temperatur wieder auf 39,2°C. Anderen Tages wurde das Kalb wieder munterer, frass auch etwas und zeigte bis zum 15. August ausser Schmerzen beim Drücken an die Bauchwände und ausser leichtem Fieber (mit Temperaturerhöhung bis zu 40,3°C.) keine anderen wesentlichen Krankheitssymptome. Am 15. August stellte sich jedoch stärkeres Fieber ein (Tempe- ~ ratur = 40,7°C., Pulsschläge = 86, Athemzüge = 22 in der 364 Zürn, Minute). Das Thier verlor seine Fresslust, die seit dem 11. Au- gust wieder leidlich vorhanden gewesen war, fast ganz. Es lag viel, stöhnte und ankte. Gewaltsam bewegt zeigte das Thier steifen Gang und sichtlich hatte es Schmerzen bei der Bewegung. Zuweilen sank es bei derselben in die Vorder-Kniee. Das Fieber nahm bis zum 23. August sehr zu (Temperatur bis 41,8°C.), mit ihm die Mattigkeit und Hinfälligkeit des Thieres, welches fast fortwährend lag, sich kaum ohne Hülfe erheben konnte und nur etwas Gesöff (mit Schrot) aufnahm. Durchfällige Entleerungen. Vom 25. August an nahm die Temperatur nach und nach ab, sie sank am Todestag des Thieres — den 29. August — auf 38,2°. In den letzten Tagen seines Lebens war das Kalb liegen geblie- ben, nicht im Stande, trotz aller Mühe die es sich gab, aufstehen zu können, ja es konnte kaum den Kopf erheben, um ein Weniges von dem Gesöfl, welches ihm vorgehalten wurde, einzuschlürfen. Dabei war die Zahl der Herzschläge reducirt, vielleicht um 10 Schläge in der Minute. Am 29. August war der Herzschlag auf- fallend verlangsamt, obgleich deutlich fühlbar und prallend. In den letzten Tagen seines Lebens hatte das Versuchsthier oft Athemnoth gezeigt, am Todestag selbst starke Dyspnoe, der Tod aber trat unter den Erscheinungen einer vollen Herzlähmung ein. — Die Temperatur des Kalbes wurde im After gemessen. 9. August Morgens 39,2°Cels. Abends 39,2 Cels. 10. ” ” 40,0 N „ ” 39,2 ” U Whe; » 39,8° „ „ II LD actus " 40,2° ,, i 39,2° ,, 19% a A 40,4 ° .,; ADO bray 14. 9 99 39,8 R ” bb} 39,0 p 99 15. 99 bP] 40,2 f 99 be} 40,7 Q ” 16. bh) 33 40,8 ° bb) 99 40,6 Y yp) Brenn, fs 40,8° ,, Y 40,4%, 18; i Ad. a; 4 A Lennie 19 A X 41,0% -,, i 40,8° ,, 20. 9 9 40,6 p 99 9 40,8 7 Dis 9 22 40,6 2 94 37 40,8 2 93 22. 99 ” 40,7 19 99 41,4 g 99 23. 9 9? 41,8 ® 99 95 41,6 Y 9” DAyihia ih: ri A190) i 40.609) 25. 9 ” 40,3 n ry) 99 40,0 ® 9 26. 99 9? 40,3 ß er) 9 40,0 h 99 Arbeiten der landwirthschaftl. Versuchsstation Jena. 365 27. August Morgens 39,8° Cels. Abends 39,6 ° Cels. ) Mittags a 28. 9 9 39,9 ° ” \ Abends 39,0 ° 29) ir A 388 Walk St! ved: Todes Die Messungen sind mit einem guten Thermometer, gewissen- haft, einmal wie das andere Mal gemacht worden und haben diese allerdings merkwürdige Temperaturcurve ergeben. Die hauptsächlichsten Sectionsmomente waren ähnlich denen, wie sie von Leuckart, von Simonds und Cobbold, namentlich aber von Mossler*) beobachtet wurden bei Kälbern, die man ge- flissentlich mit reifen Proglottiden der Taenia mediocanellata ge- füttert hatte. Es waren dies die pathologisch-anatomischen Kenn- zeichen der sogen. acuten Cestoden-Tuberculose. In der Bauch- und Brusthöhle etwas röthlich gefärbtes Wasser. Das Unterhaut- zellgewebe serös infiltrirt. Die meisten Muskeln röther gefärbt, als der Norm entspricht, an einigen der weiter unten genannten Muskeln einzelne, vollständig dunkelrothe Stellen. Im Muskel-. fleisch des Herzens zahllose, Tuberkeln ähnliche, rundliche Kör- perchen, 1,5—3 Mm. lang, 1—2,5 Mm. breit, von weissgelber Farbe, zu vielen Tausenden in den Herzmuskel eingesäet. Selbst die Querbalken der Herzkammern, ja sogar einzelne Fäden der Val- vulae trieuspidales und der Valvulae mitrales waren nicht ganz frei von diesen Körperchen geblieben, ebensowenig das Pericar- dium. In diesen Gebilden, die man als Cysten mit einem schmie- rigen, kreidigen, gelben Inhalt bezeichnen könnnte, lagen einge- bettet junge Finnen. Einzelne derselben waren von rundlicher Gestalt, die meisten aber von flaschenförmiger Form, im Inneren rundliche Zellen und Fetttröpfchen haltend, an der Peripherie mit einer Membran versehen, die mir Stäbchenbesatz zu haben schien. Kopfzapfen waren noch nicht vorhanden. Im Durchschnitte waren die flaschenförmigen Cysticercen: 0,557 Mm. lang, 0,326 Mm. breit (grösster Querdurchmesser). Vergl. Taf. II Fig. 43. Das Herz war also am reichlichsten mit den Finnen versehen. In den Respirationsorganen keine Spur von denselben; im Blute vermochte ich ebenfalls keine aufzufinden. 27 *) Mossler, Helminthologische Studien und Beobachtungen. Berlin, Hirschwald. — Die beiden Zeichnungen, welche dem Werkchen beigegeben, geben ein treues Bild von dem Herzen eines mit Cestoden-Tuberculose be- hafteten Kalbes. Ganz so wurde das Herz bei dem hiesigen Versuchsthier angetroffen. — 366 Zürn, Obgleich nun kein Muskel am ganzen Körper ohne diese Parasiten gefunden wurde, so zeichneten sich doch einzelne ganz besonders aus. Je nach ihrem Gehalte an Cysticercen will ich sie der Reihe nach hier anführen: Musc. masseter extern. u. intern. (Innerer u. äusserer Kau- muskel). Muse. complexus. (Riicken-Oberhauptmuskel). Muse. splenius capitis et colli. (Milzförmiger Muskel). Muse. quadratus menti. (Kinnmuskel der Lippe). Muse. stylo-hyoideus. (Grosser Zungenbeinastmuskel). Muse. cerato-hyoideus. (Kleiner Zungenbeinastmuskel). Musc. hyo-glossus. (Zungenbeinmuskel der Zunge). Muse. hyo-thyreoideus. (Zungenbein-Schildmuskel des Kehl- kopfs). Muse. phrenicus. (Zwerchfell). Muse. obliquus extern. u. intern. (Aeusserer und innerer schiefer Bauchmuskel). — Will man aus dem ersten Unwohlsein des Versuchskalbes und der ersten höheren Temperatur, die sich am 10. August ein- stellten, einen Schluss auf die Auswanderungszeit des Bandwurm- embryonen machen, so würden in dem hier beschriebenen Falle — die letzteren also am 4. Tage nach der Verfütterung der Pro- glottiden (unter denen auch gewiss unreife waren) in die Mus- keln eingewandert sein. — Vor Kurzem erhielt ich einen Bandwurm zur Bestimmung zugeschickt, welcher von einem Herrn stammte, der mehrere Jahre in Asien gelebt hat. Dieser Herr behauptet: er könne erst in Asien von diesem Parasiten heimgesucht worden sein. Der Bandwurm wurde ihm vor einiger Zeit abgetrieben. Der Kopf der Tänie fehlte, dennoch konnte und musste sie als Taenia mediocanellata bestimmt werden. Die betreffende Person ver- sichert in Asien, nie rohes Rindfleisch, öfters aber halb gahr sekochtes oder rohes Schaffleisch genossen zu haben. Obschon nun Versuche, Schafe mit Eiern der Taenia mediocan. finnig zu machen, ohne Erfolg vorgenommen worden sind, so slaubte ich doch ein Schaflamm und ein Ziegenlamm mit den Gliedern einer neuen mir zur Verfügung gestellten, frisch abge- triebenen, Taenia mediocan. füttern zu müssen, um so mehr als ja unser grösster Helmintholog — Leuckart — die Vermuthung Arbeiten der landwirthschaftl. Versuchsstation Jena. 367 ausgesprochen hat, dass ausser beim Rinde möglicherweise auch noch bei anderen Wiederkäuern die Finnen der Taenia medio- canellata gedeihen können. Die Versuchsthiere befinden sich jedoch jetzt, 14 Tage nach der Infection, noch ganz wohl und sind vollkommen gesund. Da man oft genöthigt ist, eme vom Menschen stammende Taenia zu bestimmen, von der kein Kopf vorhanden, so möchte ich darauf aufmerksam machen, dass nach meinen Beobachtungen die Taenia mediocanellata am besten erkannt wird und zwar in erster Linie: a) durch die Anfangs-Glieder (der Wurm reisst bei Abtrei- bungsversuchen gern nahe am Hals ab), die wie Rosen- kranzperlen an einem Faden hängend sich zeigen. Es ist ‘ dies ein Vorkommniss, welches wir bei T. solium nicht b) ¢) wahrnehmen können. (Küchenmeister: Articuli anterio- res clarius emarginati, in formam ,,Patris nostri“ dehis- centes, ex forma et crassitie simillimi articulis Taeniae cras- sicollis felium) ; lässt man Proglottiden auf einem Objectträger eintrock- nen, so findet man bei den Gliedern der Taenia medio- canellata viel leichter und schneller die Fortpflanzungs- organe als bei Taenia solium. Der kurze, dicke Penis und die pigmentirte Vagina der T.; medioc. treten nach dem Eintrocknen sofort prägnant hervor; durch die Eier; die bei der T. medioc. sind mehr oval, die der T. solium rund. Erstere meist mit der primordialen Dotterhaut versehen (worauf Leuckart ausdrücklich auf- merksam gemacht hat); in zweiter Linie: a) durch die feisten und breiten unreifen Glieder, die bei der Taen. solium fast niemals so breit sind, nämlich bis zu 12—16 Mm. breit (doch zeichnen sich alte Exemplare der Taen. solium auch durch recht breite und dicke Glieder aus); b) durch die grössere Menge der Seitenzweige des Uterus und die Eigenthümlichkeit, dass diese Seitenzweige meist nur gabelig gespalten, nicht, wie bei T. solium, mehr den- dritisch verzweigt sind. Zwei weitere Fälle von Ohrpilzen. Mitgetheilt von Dr. med. R. Hagen. In Folge der mir vom Herrn Prof. Dr. Hallier gewordenen Aufforderung, ihm wo möglich auch ferner erlangtes Material zur Untersuchung und Cultur zuzusenden, verdoppelte ich meine Auf- merksamkeit auf derartige Parasiten des Ohres und war nach kurzer Zeit in der erfreulichen Lage, dem betr. Wunsche ent- sprechen zu können. Im Nachfolgenden erlaube ich mir zunächst, eine Beobachtung zu veröffentlichen, welche einen von dem im 2. Hefte dieser Zeit- schrift beschriebenen verschiedenen Ohrpilz betrifft, und daran einen zweiten Fall anzureihen, welcher, wie es den Anschein hat, einen mit dem vorläufigen Namen Otomyces Hageni bezeichneten Pilz identischen geliefert hat. Erste Beobachtung. Herr Rerd»L..... , 34 Jahre alt, Chemiker aus Reichenberg in Böhmen, ist schon seit seinem 12. Lebensjahre, angeblich in Folge einer Erkältung bei einem kalten Bade, schwerhörig und wird seit mehreren Jahren von subjectiven Gehörsempfindungen gequält. Patient ist bereits zweimal von einem Specialisten , jedesmal mit einem einige Zeit anhaltenden Erfolge, behandelt worden, und vermochte die später wieder eintretende Verschlimmerung seiner Hörfähigkeit immer einigermaassen durch das Valsalva’sche Experiment aufzubessern, so dass er im geselligen Verkehr nicht wesentlich gehindert war. Der Ausgangspunct des vorhandenen doppelseitigen chronischen Mittelohreatarrhes sollte nach Angabe jenes Specialisten eine be- Zwei weitere Fälle von Ohrpilzen. 369 stehende catarrhalische Entzündung der Rachenschleimhaut sein, welcher Ansicht ich beipflichte. In der ersten Hälfte des August d. J. unternahm Patient, nach- dem er schon seit einigen Tagen von Kitzeln und Jucken in beiden Ohren gequält worden war, per Wagen eine Reise nach Prag. Am Morgen nach seiner daselbst erfolgten Ankunft erwachte Patient zu seinem „grössten Entsetzen‘ mit bedeutender ,,Dumpfheit des Gehöres“ und „Völle, Druck und flüchtigen Schmerzen in beiden Ohren“. „Der Verzweifelung nahe‘ reiste Patient sofort nach hier, um mich zu consultiren. Die am 11. August a. c. angestellte Untersuchung ergab Folgendes: Rechtes Ohr: Kein Ohrenschmalz. Hintere und untere Gehör- sangswand lebhaft geröthet. In der Tiefe des Gehörganges weisslich- gelbliche, die Besichtigung des Trommelfells hindernde, feuchte Massen. Hörweite: für die Repetiruhr Null, für laut gesprochene einzelne Worte 7“. Durch Ausspritzen werden losgestossene Hautlamellen ent- fernt. Hierauf sind die Hammertheile angedeutet und die Gegend derselben geröthet. Auch der obere, hintere und untere innerste Abschnitt des knöchernen Gehörganges ist lebhaft geröthet. Die hintere Hälfte des Trommelfelles ist sichtbar geworden, der hintere untere Quadrant gelblich, der obere grauweisslich, die vordere Trommelfellhalfte grauröthlich gefärbt. Nach ausgeführtem Cathe- terismus war die Hörweite auf 3° Repetiruhr und auf 14” laute Sprache gestiegen. Linkes Ohr: Der Gehörgang zum grössten Theil mit Ohren- schmalz und losgestossenen weisslichgelblichen Hautlamellen an- gefüllt. Hörweite: Repetiruhr beim Andrücken an die Ohrmuschel, 7 für laut gesprochene einzelne Worte. Nach Ausspritzen ist das Trommelfell bis auf den vorderen unteren Quadranten sichtbar geworden; es ist mattglänzend, grau- weisslich und fast undurchscheinend. Die Hammertheile sind sicht- bar, die Hammergefässe stark injicirt, die Wände des Gehörganges lebhaft geröthet. Der Catheterismus ändert das Aussehen des Trommelfelles und die Hörweite nicht. Obschon der Befund des Inhaltes beider Gehörgänge den Ver- dacht auf eine Pilzwucherung in denselben lenkte und ich diese meme Ansicht dem Patienten aussprach, wollte ich doch, bevor 24° 370 R. Hagen, ich zur Beseitigung des Leidens schritt, in dieser Hinsicht noch eine grössere Gewissheit erlangen und übertrug deshalb die aus den Gehörgängen entfernten Massen auf verschiedene Apfelsinen- scheibchen. Patient, welcher sich ganz der Ansicht hingab, dass sein Leiden nur durch den vorhandenen Rachencatarrh bedingt sei, der durch eine vermeintliche Erkältung während der Reise eine Steigerung erfahren habe, suchte hierauf durch anhaltendes Schwitzen sein Leiden zu mildern, jedoch ohne allen Erfolg. Bei der am 13. August wieder vorgenommenen Untersuchung hatten sich im rechten Gehörgange und auf dem Trommelfelle wieder weisslichgelbliche, feuchte Auflagerungen gebildet. Sie hafteten sehr fest an den betr. Stellen und liessen sich durch Aus- spritzen nur zum Theil entfernen. Da, wo sie sich abgelöst hatten, erschien der Grund lebhaft geröthet. Das Trommelfell liess sich von der Auflagerung nicht befreien. Die Hörweite war für die Repetiruhr wieder auf Nuli und für laut gesprochene einzelne Worte auf 7 gesunken. Im linken Gehörgange und am linken Trommelfelle sah man nur stellenweise einen ganz dünnen, weisslichgelblichen, fast trocken erscheinenden Beleg, welcher indessen ebenfalls sehr fest anhaftete; an den von einem solchen Belege freien Stellen war eine lebhafte Röthe bemerkbar. Patient, immer noch von seinen oben angegebenen Beschwerden gequält, blieb, trotzdem dass ich die Existenz eines Pilzes bestimmt aussprach, seiner vorgefassten Meinung über den Grund seines Leidens treu und liess sich noch nicht zu der von mir vorgeschla- genen antiparasitischen Behandlung bereden. Er benutzte, wie ich später von ihm erfuhr, die beiden nächsten Tage dazu, öfter heisse Wasserdämpfe — wiederum ohne jeden Nutzen — in beide Ohren einströmen zu lassen. Am zweiten dieser beiden Tage hatte ich die Existenz eines ‚Aspergillus in beiden Ohren auf den zur Aussaat benutzten Pro- ducten mikroskopisch erkennen können. Als ich gegen Abend dieses Tages, von dem Kranken in seine Hötelwohnung gerufen, die Ohren desselben nochmals untersucht und beide Gehörgänge min- destens bis über die Hälfte mit weisslichgelblichen feuchten Massen - erfüllt gefunden, ihm das Ergebniss meiner makro- und mikro- skopischen Untersuchungen mitgetheilt und mit grösster Entschieden- heit, wenn er nunmehr meinen Anordnungen nicht folgen wolle, Zwei weitere Fälle von Ohrpilzen. 371 jede fernere Behandlung abgelehnt hatte, versprach der im höchsten Grade Verzweifelte, Alles zu thun, was ich von ihm verlangen würde. Noch hatte ich zu damaliger Zeit keine Kenntniss von Med.- Rath Dr. Hassenstein’s*) Empfehlung der Alkoholbehandlung des Aspergillus glaucus im äusseren Gehörgange erlangt. Ich ver- ordnete, eine wässerige Lösung von Kali hypermanganicum noch am selbigen Abend zweimal, und am Vormittag des nächsten Tages dreimal einzuträufeln. Am Nachmittag des letzteren Tages fand ich die Wände des rechten Gehörganges frei von Pilzwucherung, aber von der Ein- träufelung dunkelviolett gefärbt, und nur in der Tiefe noch eine gelblichweissliche Masse dem Trommelfell auflagern. Durch Ein- spritzen gelang es mir, die letztere in Gestalt einer Handschuh- fingerspitze zu entfernen. Hierauf war das Trommelfell deutlich sichtbar geworden, weisslichgrau getriibt; die Hammertheile waren nur angedeutet. Im linken Ohre sah ich nur Niederschläge des hypermangan- sauren Kali, aber nichts mehr vom Pilze. Durch Ausspritzen lösten sich die Belege meist ab und hierauf erschienen die Gehör- gangswände viel weniger als anfangs geröthet. Auf dem Trommel- felle haftete der Niederschlag so fest, dass er nicht vollständig entfernt werden konnte. Zwei Tage später sah ich den Kranken wieder. Im rechten Gehörgange war nichts Krankhaftes mehr und am Trommelfelle waren nur noch die Zeichen eines chronischen Catarrhes wahrzu- nehmen. Vom linken Trommelfell liessen sich die Reste des Nieder- schlages leicht entfernen und zeigte dies ebenfalls nur die Zeichen eines chronischen Catarrhes; der Gehörgang war gesund. In beiden Ohren waren die oben angegebenen subjectiven Be- schwerden verschwunden. Hörweiten: rechts: 5” Repetiruhr und 20” für mittellaute Sprache (einzelne Worte und kurze Sätze); links: 2” Repetiruhr und 14° für mittellaute Sprache. Patient reiste hierauf überglücklich über den Erfolg der Be- handlung, frei von Kitzeln, Jucken, Völle und Dumpfheit in den Ohren, und mit der Versicherung, den früheren Zustand seiner Hörfähigkeit wieder erlangt zu haben, wegen seiner nahe bevor- stehenden Vermählung eiligst nach Hause ab. Sieben Wochen später stellte sich mein ehemaliger Patient *) In dieser Zeitschrift S. 111—113. 372 R. Hagen, mir nochmals vor und sprach wiederholt seine volle Zufriedenheit mit dem Curerfolge aus. Der Zustand des Hörvermögens war der zuletzt angegebene geblieben. Eine Ursache für die Pilzbildung in den Ohren dieses Kranken liess sich nicht nachweisen; vielleicht dürften Einträufelungen von Olivenöl, welche vor der letzten Erkrankung öfter gemacht worden waren, zu beschuldigen sein. Hatte im vorliegenden Falle schon das makroskopische Bild einen Unterschied von dem im 2. Hefte dieser Zeitschrift von mir beschriebenen gezeigt, so liess mich auch die Cultur des Pilzes auf Apfelsinenscheibchen, auf welchen er blassblaugrüne Rasen bildete, unter dem Mikroskop eine wesentlich andere Aspergillus- form erkennen. Herr Prof. Dr. Hallier, welchem ich die Objecte überschickt habe, stimmt mir in dieser Hinsicht bei und wird die Güte haben, die Ergebnisse seiner Culturen und Untersuchungen beizufügen. Während in dem früher a. a. O. mitgetheilten Falle der Pilz unter dem einfachen Gebrauche des warmen Wassers allein gänz- lich verschwand und nur ein Ohr (das linke) von demselben er- griffen war, haben in diesem Falle, wo beide Ohren gleichzeitig erkrankt waren, sowohl das Schwitzen als auch das Einströmen- lassen von Wasserdämpfen die Pilzwucherung offenbar begünstigt und ist letztere erst dem, wenn auch nur kurzen, Gebrauche einer wässerigen hypermangansauren Kalilösung in wenigen Tagen völlig und auf die Dauer gewichen. Zweite Beobachtung. Herr Ge Rss; , 49 Jahre alt, Fabrikant wollener Waa- ren aus Reichenbach im Voigtlande, hatte sich mir bereits am 11. und 20. Mai d. J. wegen einer schon seit mehreren Jahren bestehenden und in der letzten Zeit verschlimmerten beiderseitigen Schwerhörigkeit vorgestellt. Nach Entfernung eines Ohrenschmalzpfropfes aus dem rech- ten und eines Wattenpfropfes aus dem linken Gehörgange zeigten sich beiderseits die deutlichen Zeichen eines chronischen Catarrhes der Paukenhöhle. Die Tuben waren durchgängig. Der Rachen gesund. Die Hörweite hatte sich rechts für die Repetiruhr nicht ge- bessert, sie war und blieb 4”; links dagegen, wo die Repetiruhr anfangs nur beim Andrücken gehört worden war, wurde sie nach Zwei weitere Fälle von Ohrpilzen. 373 Entfernung des Pfropfes und Anwendung des Catheterismus 5” weit gehört. Rechts hatte die Horweite für laute Sprache anfangs 2!/,° und links 6” betragen; nach Entfernung der Pfröpfe und der Anwendung des Catheters war sie rechts auf 5° und links auf 8° gestiegen. Patient, mit diesem Erfolge zufrieden, gab die weitere Behandlung auf. Am 2. October d. J. jedoch stellte er sich wiederum vor und gab an, seit ca. 8 Tagen ohne bekannte Ursache im linken Ohre Jucken und Kitzeln gehabt und seit 2 Tagen etwas Absonderung wässeriger Flüssigkeit bemerkt zu haben. Die angestellte Untersuchung ergab Folgendes: Rechtes Ohr: Der frühere Befund. Hörweite: 9“ Repetiruhr und 8° mittellaute Sprache. Linkes Ohr: Hörweite: 5‘ Repetiruhr und 1° laute Sprache. — Der Gehörgang ist zum grössten Theile mit einer weisslichen, seidenartig glänzenden, filzartigen Masse angefüllt, so dass vom Trommelfell nichts zu sehen ist. Von einer Absonderung flüssiger Art war nichts zu entdecken. Mit einer Pincette liess sich nur wenig der eben beschriebenen Masse, welche auf mich mit Be- rücksichtigung des ähnlichen Befundes bei dem im 2. Hefte dieser Zeitschrift mitgetheilten Falle sofort den Eindruck eines Pilzmy- celiums machte, entfernen. Erst durch wiederholte Einspritzung gelang die vollständige Entfernung der betrefienden Masse. Die vorher von dem Pilz bedeckt gewesenen Theile des Gehörganges und das Trommelfell erschienen lebhaft geröthet und geschwellt. Die Epidermisschicht des Trommelfelles war so aufgelockert, dass von den Hammertheilen nichts zu erkennen war. Die Aehnlichkeit des Befundes in diesem und dem früher a. a. O. beschriebenen Falle war so gross, dass ich mich ohne Bedenken für das Vorhandensein eines Pilzes im Gehörgange ent- schied und demgemäss zu Instillationen mit einer wässerigen Lö- sung von Kali hypermanganicum (0,05 ad 30,0 Aq. dest.) entschloss. Nach zweitägigem Gebrauche dieser Lösung und erfolgter Ausspritzung waren der Gehörgang und das Trommelfell frei von Pilzwucherung, Proc. brevis und Manubrium mallei waren ange- deutet und das Trommelfell erschien weissgrau und ohne Licht- kegel. Die Hörweite war für die Repetiruhr unverändert, für laute Sprache aber auf 5° gestiegen. Das Kitzeln und Jucken waren verschwunden. Patient reiste hierauf in seine Heimath ab, mit dem Ver- 374 R. Hagen, Zwei weitere Fälle von Ohrpilzen. sprechen, wenn in seinem Zustand irgend eine Verschlechterung einträte, sofort wieder nach hier zu kommen. Da seit der Ab- reise des Patienten von hier drei Wochen verstrichen sind, bin ich wohl berechtigt, ein Recidiviren der vorhanden gewesenen Affeetion auszuschliessen. Die aus dem linken Gehörgang dieses Kranken entfernten weissen Massen hatte ich zur Kultur auf ein Stückchen gekoch- ter Kartoffel ausgesäet und unter passendem Verschluss aufbe- wahrt. Nach 48 Stunden konnte ich mit unbewaffnetem Auge deutlich auf einem Theile des dem Kartoffelstückchen aufliegenden Versuchsmateriales ein weisses feines Filzgeflechte (Mycelium) sich entwickeln sehen. Nach weiteren 24 Stunden waren alle Theile desselben mit Mycelium bedeckt und bald darauf stellte sich eine fast grasgrüne Färbung des gezogenen Productes ein, sehr ähn- lich derjenigen, welche Herr Prof. Dr. Hallier in der Notiz zu meinem ersten von mir im 2. Heft dieser Zeitschrift veröffent- lichten Falle beschrieben hat. In diesem Zustande sandte ich das Object dem Herrn Prof. Hallier, welcher die Resultate seiner weiteren Culturen und Untersuchungen später mittheilen zu wollen, mir gütigst zugesagt hat. Wird durch die Culturversuche des Herrn Prof. Hallier nachgewiesen, dass der in diesem vorliegenden und in dem zuerst veröffentlichten Falle beschriebene Ohrpilz identisch ist, so lässt sich aus dem Vorkommen desselben an räumlich weit von einander entfernt wohnenden Patienten wohl mit Recht der Schluss ziehen, dass der diesem Ohrpilz zugehörige Ascomycet eine sehr grosse Verbreitung haben muss. Der Nachweis des Vorhandenseins einer oder der anderen Aspergillusart im Gehörgange mag allerdings dem Öhrenarzte zur Bestimmung seines therapeutischen Handelns genügen; es erübrigt aber noch, durch Culturversuche und fernere Untersuchungen festzustellen, welchem Ascomyceten diese verschiedenen Asper- gillusarten angehören. Eine Lösung dieser Fragen hat Wreden in seiner Arbeit gar nicht versucht. Ich werde fortgesetzt den Ohrpilzen meine ganze Aufmerk- samkeit schenken und, so oft es mir unter gütiger Mithülfe des Herrn Prof. Dr. Hallier möglich ist, über etwaige fernere Funde Mittheilung machen. Vorläufige Notiz zu vorstehender Arbeit. Von Ernst Wallies. Bei dem ersten von Herrn Dr. Hagen mitgetheilten Fall von Herrn F. L. fungirt die Aéroconidien-Morphe eines Pilzes, höchst wahrscheinlich eines Ascomyceten. Man würde sie nach der antiquirten Nomenclatur in die Gattung Aspergillus gestellt haben. Derselbe bildet blaugrüne Rasen. Die Fruchthyphen sind verästelt, olivengrün-blassbraun und selbst in’s Violette spielend, die Basidien bilden eine ziemlich plötzliche kugelige Anschwellung der Hyphen. Sie sind mit dunkelolivenbraunen Sterigmen besetzt, welche Ketten ziemlich kleiner, kugeliger, fast glatter Conidien tragen. Der Pilz spaltet, wie alle Aspergillen, auf nassem Boden seine Hyphen und wird dadurch einem Penicillium, bei ganz magerem Boden einem Acrostalagmus ähnlich. Die Form ist mir ganz unbekannt und lässt sich ein sicheres Urtheil über den Pilz erst durch eine Reihe von Culturversuchen gewinnen. Dieselben sind bereits eingeleitet, aber noch nicht zu einem befriedigenden Abschluss gelangt. Der zweite Fall, welchen Herr Dr. Hagen beschreibt, zeigt einen Pilz, welcher allerdings bis zur Ununterscheidbarkeit dem im zweiten Heft beschriebenen Otomyces Hageni ähnlich ist, je- doch liegt nur die Aéroconidien-Form zur Beobachtung vor, von welcher allein noch kein sicheres Urtheil sich gewinnen lässt. Es sind daher auch mit diesem Pilz Culturversuche eingeleitet. Parasiten bei Haematuria brasiliensis. Mittheilung von Dr. J. B. Umersperger in München. Wir haben bereits in Nr. 9 des Bayr. ärztl. Intelligenzblatts (vierte literar. Beilage vom 4. März 1869 S. 14) Bericht erstattet über ethnische Pathologie der Haematuria intertropicalis nach den Beobachtungen des Dr. Otto Wucherer in Bahia aus der Gazita medica da Bahia Nr. 57 vom 15. Dezember 1868 S. 97. Nr. 76 vom 50. Sept. 1869 S. 39 setzt uns nun in den Stand darüber genauere weitere Mittheilungen zu machen, welche gleich- zeitig als ein interessanter Beitrag „zur ethnopathologischen Parasitenkunde“ dienen können. In seinen ersten Notizen über Hematuria no Brazil, deren wir oben erwähnten, sprach sich Dr. Wucherer dahin aus, dass die in Brasilien beobachtete Krankheit von der in Afrika be- obachteten verschieden sei — ferner, dass Distomum hematobium ein Trematoide durch Bilharz bei der in Egypten vorkommenden Hämaturia beobachtet und auch von weiteren Beobachtern nach- gewiesen, bei Hämaturien in Brasilien nicht vorkomme (d. 1. Bilharzia haematobia von Cobbold, Gynaccophorus haematobius von Diesing). Diesen Ausspruch wiederholt und bestätigt nun Dr. Otto Wucherer durch nachstehende Beobachtung: Im Februar 1. J. begegnete er auf der Strasse Herrn J. N. P., weissen Brasilier, Kaufmann, verheirathet, gross, aber mager, von sanguinischem Temperamente, wohnhaft in Bahia, welcher ihm klagte, dass sein Urin seit einiger Zeit eigenthümlich trüb sei. Er gab ihm den Bescheid, ihm den Urin zuzuschicken. Er war früh Morgens seinen Geschäften nachgegangen im Zustande voller Gesundheit, musste aber, Beschwerden wegen, Parasiten bei Haematuria brasiliensis. rer heimkehren und sich zu Bette legen, da er in seinem Comptoir angekommen, Fieberfrost und Schmerzen in der Lendengegend und im Hodensack empfand. Auf diese Angaben hin hatte Wu- cherer geglaubt, es mit einem Erysipelas scroti thun zu haben. Dem war jedoch nicht so. Der Urin, welchen Patient vor der Visite gelassen hatte, und welcher aufgefangen worden war, nachdem er ein Bad mit Brannt- wein genommen hatte, war hell und blass. Der Kranke klagte über heftige Schmerzen in den Lenden, einem neuralgischen Schmerz im Hoden und der rechten Hüfte. In keinem dieser Theile zeigte sich Geschwulst. Man leste Sinapismen in die Lendengegend, die bis Abends zwar die Schmerzen vermindert hatten, allein das Gesicht des Kranken war roth, der Puls frequent, die Hautwärme vermehrt, er hatte Urin gelassen, der mit viel Blut vermischt war. Die Verordnung war Ricmus-Emulsion. Der sehr früh am Morgen des andern Tags gelassene Urin war sehr bluthaltig, jedoch ohne geronnenes Blut. Wucherer nahm zur Untersuchung unter dem Mikroskope etwas Blut aus dem Gefässe, in dem es sich zu Boden gesetzt hatte. Schon bei dieser ersten Untersuchung entdeckte er einige Würmer, wie er sie bei früheren, an Hämaturie leidenden Kranken entdeckt hatte. Sie waren noch am Leben und machten sehr kräftige wellenför- mige Bewegungen; W. war genöthigt, seine Untersuchungen zu unterbrechen und konnte sie erst gegen 4 Uhr Abends wieder fortsetzen. Bis dahin hatte sich das Blut zu Boden des Glas- Gefässes gesetzt, und der darüberstehende Urin hatte die Farbe von trüben Molken. Ein Tropfen des herausgenommenen und unter das Mikroskop gebrachten Blutes, zeigte noch lebende Wür- mer; allein deren Bewegungen waren weniger lebhaft. Neben den Würmern zeigten sich noch Cylinder von Eiweiss, vollkommen durchsichtig und ohne alle Epithelial-Zellen, als Ab- lösungen der Tubi uriniferi, welche auf eine Nierenaffection hätten schliessen lassen. W. entleerte allen Urin mit dem Blute in ein Filter, und von dem Riickstande auf demselben untersuchte er mehrmals einen Tropfen unter dem Mikroskope. Stets fand er eine grosse Menge von Blutkügelchen, die oben schon erwähnten Eiweiss-Cylinder und jene Würmer. Das Filtrum mit seinem In- halte wurde getrocknet. Der filtrirte Urin hatte ein specifisches Gewicht von 1011, 378 Umersperger, eine Temperatur von 29° Centigr.— erhitzt und mit Salpetersäure lieferte er ein dickes Eiweiss-Coagulum. Ohne Erhitzung und ohne Salpetersäure coagulirte er weder an diesem noch an den folgenden Tagen. Es war dieses eben der erste Fall von „Hematurie“, wobei der Urin nicht freiwillig coa- sulirte. In jenen anderen Fällen, wo freiwillige Coagulirung statt- fand, brachten Hitze und Salpetersäure noch stärkere Gerinnungen zu Stande. Der Urin des Kranken blieb hier mehrere Tage bluthaltig, — der Kranke ward sichtlich anämisch, empfand jedoch, Schwäche ausgenommen, keine besondere Beschwerden. Man verordnete ihm (3. März) Tet. perchloret. ferri zu 15 Tropfen 3mal täglich. Am 5. d. M. schickte der Kranke Dr. Wucherer Urin zu, der ein Coagulum in Form eines langen Cylinders enthielt. Es hatte sich dieses in der Harnröhre gebildet und grosse Schmerzen und Beschwerden beim Abgange veranlasst. Seitdem gerann der Urin freiwillig und ward sehr milchig. Allmählig nahm er so- dann sein natürliches Ansehen an und die Würmer verschwanden darin gänzlich. Vom getrockneten Filtrum schnitt Wucherer am 2. März kleine Streifen ab und tauchte sie in eine kleine Portion Wasser ein. Er beabsichtigte damit, zu ersehen, ob die Würmer, wenn setrocknet, dennoch wieder durch erweichende Befeuchtung zur Untersuchung dienen könnten, um sie sodann in diesem Falle an Prof. Leuckart zu schicken. Nach einigen Stunden, nachdem die Papierstreifen gut in Wasser waren geschwemmt worden, nahm man sie heraus und liess die es trübmachenden Substanzen zu Boden setzen. Tags darauf nahm Wucherer vom Sedimente etwas heraus, um es unter das Mikroskop zu bringen. Dabei zeigte sich, dass die Würmer sich gut erhalten hatten, nur waren sie welk und klein geworden. Ein Stück dieses Filtrum, getrocknet und gefärbt wie Wein- hefe, sandte nun Wucherer an Prof. Leuckart. Am 28. August erhielt er hierauf eine Antwort datirt d. d. 26. Juli 1. J., worin derselbe schreibt: Ich kann Ihre Beobachtungen über Haematuria brasiliensis vollkommen bestätigen. — Keine Spur von Distomum haematobium — wohl Embryonen von Nematoiden- Art, die mir aber unbekannt ist, wahrscheinlich der Familie der Parasiten bei Haematuria brasiliensis. 379 Strongyliden angehörig, den einen oder andern Theil der Harn- wege bewohnend. Ich vermuthe, dass dieses in den Nieren der Fall ist, und dass die beigemischten Eiweiss-Cylinder auf ein Lei- den dieses Organs hindeuten. So viel ist gewiss, dass der Wurm zur Zeit noch unbekannt ist — Autopsie muss ihn weiter an’s Licht bringen. Uebrigens glaube ich, dass die Harnwege ihres Hämaturisten noch einen „zweiten Parasiten‘ beherbergen. Wenigstens entdeckte ich einige Eier, die von einem andern Nematoiden, gleichfalls unbekannt, herstammen müssen. Sie sind sehr klein (1/30 Millim.) — die Hülle, kastanienbraun, und ihre am einen Pole abgeplattete Form charakterisiren deutlich diese Eier. Nur weitere Autopsien können uns hierüber Aufschluss geben, wozu Ihnen, wie ich hoffe, in kurzer Zeit Gelegenheit geboten wird. Die Eier, wovon Prof. Leuckart spricht, glaubt Wucherer schon bei einem Kranken, den er mit seinem Collegen Patersen beobachtete, gesehen zu haben (Mai 1866). Aus diesen Beobachtungen geht hervor, 1) dass die Haematuria brasiliensis nicht von Distomum haema- tobium begleitet ist; 2) dass die hematuria do Brasil mit einer Wurmart zusam- menfällt, welche von der vorigen ganz verschieden ist. Il. Anzeigen. Der Wintercursus in meinem phytophysiologischen Institut hat seit einiger Zeit begonnen und empfehle ich das Institut aus- wärtigen Naturforschern, Aerzten, Land- und Forstwirthen, Gärt- nern und Technikern zu geneigter Benutzung. Es wird Unter- richt im Gebrauch des Mikroskops bezüglich auf alle phytophysio- logischen und phytomorphologischen Untersuchungen ertheilt und nehme ich Anmeldungen (Leutragasse 110, Phytophysiologisches Privat-Institut) jederzeit entgegen. Ernst Hallier. Verkäufliche Präparate. Die bisher an mich gerichteten Bestellungen auf Präparate von Parasiten der Infectionskrankheiten sind nun sämmtlich be- rücksichtigt worden und es ist bereits auf’s Neue ein kleiner Vor- rath vorhanden. Zunächst biete ich die folgende Suite an: 1. Micrococcus im Cholera-Stuhl. 2. Cholera-Pilz auf dem Reis. 3. Cholera-Pilz mit Macroconidien. 4. Micrococeus im Ruhrstuhl. 5. Arthrococcus des Leiosporium dysentericum. 6. Mycel desselben. 7. Febris recurrens. Blut mit Micrococcus. 8. Thecaconidien des Masern-Parasiten. 9. Micrococcus der Syphilis. 10. Arthrococcus und Mycel aus demselben bei’m harten Schan- ker. 11. Blut vom Tripper-Rheumatismus mit Micrococcus. Anzeigen. 38] 12. Micrococcus des Tripper-Rheumatismus, in Vermehrung be- griffen. 13. Mycelium des Parasiten bei’m Tripper-Rheumatismus. 14. Aéroconidien desselben Parasiten. 15. Thecaconidien desselben. 16. Coniothecium gonorrhoicum. 17. Thecaconidien vom ‘Tripper-Pilz. 18. Aéroconidien und Anäeroconidien desselben. 19. Macroconidien der Tilletia scarlatinosa. 20. Thecaconidien derselben. 21. Wurstgift-Anäerosporen. 22. Rotzparasit. Anäeroconidien. 23. Rotzparasit. Thecaconidien. 24. Micrococcus der Hundswuth. 25. Lungenseucheparasit. Thecaconidien. 26. Parasit der Schafpocken. 27. Rhizopus nigricans, d. h. die Thecaconidien von Pleospora herbarum, dem Schafpocken-Pilz. 28. Monilia, d. h. Anäeroconidien desselben. 29. Pilz der rothen Butter. 30. Raupenblut mit dem Micrococcus von Fumago salicina, dem Parasiten der Muscardine. Ausser dieser Suite sind noch zwei ähnliche vorhanden. Da ich die Freude gehabt habe, meine Präparate auf der so reichen Lehrmittelausstellung zu Carlsruhe primiirt zu sehen, so schöpfe ich neuen Muth in meinem Streben, den Parasitenpräpa- raten eine grössere Verbreitung zu geben. Herr J. Zorn sorgt ausserdem für Phytoparasiten, von denen wir bis jetzt die folgenden, meist in zahlreichen Exemplaren, an- bieten können: Tilletia caries Tul. Ustilago carbo Tul. 5 urceolorum Tul. Puccinia graminis Pers. a. Schizosporangien. b. Stylosporen. Puceinia coronata Cd. a Syngenesiarum Lk. Ki discoidearum Lk. 382 Anzeigen. Puccinia compositarum Sch. senecionis Lib. galiorum Lk. umbelliferarum D.C. violarum Lk. LE glechomatis D.C. polygonorum Schl. redo polygonorum D.C. ra beige IL. Te. Uromyces euphorbiae. Uredo leguminosarum Lk. Phragmidium incrassatum Lk. Melampsora populina Leo. Cystopus candidus Leo. Erysibe guttata Fr. humuli D.C. aceris Tul. N communis Fr. Fumago salicina Rab. Pleospora herbarum Rab. Claviceps purpurea Tul. Stysanus stemonitis Cord. Cephalothecium candidum auct. Stachylidium auf Getraide. Pilz, in Weizen eindringend. Wir stellen den Preis einer Folge von 30 Präparaten nebst Kastchen und Emballage auf 6 Thaler und versenden dieselben fiir diesen Preis innerhalb des Postvereins portofrei. Einzelne Prä- parate können nicht abgegeben werden und bei Auswahl der Herren Besteller treten natürlich erhöhte Preise ein. Wir ver- senden nur gegen Baarzahlung oder Postvorschuss. Ernst Hallier. 9 99 Verzeichniss der Abbildungen. V. Tafel. Penicillium crustaceum Fr. Auf Apfel gezüchtet. Conidienträger mit Conidien. Gr. 600 mit Immers. Mucor mucedo Fres. auf Milch geziichtet. Stacheliges aufplatzendes Sporangium. Gr. 275. Sporangiolen tragendes Aestchen vom selben Mycelium des voran- gehenden Sporangiums. Gr. 275. Entleertes aufgesprungnes Sporangium. Gr. 275. Sporen. Gr. 450. (Nach Hallier sind diese beiden Formen Penicillium und Mucor identisch.) Fig. 3. Asperpillus glaucus Lk. auf Milch gezüchtet. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. a. b. SU 3 Conidientrager mit Conidien. Gr. 275. Mycelium, wo sich obiger Conidienträger abzweigt. Gr. 275. Sterigma des Conidienträgers. Gr. 450. Conidie. Gr. 450. intensiv gelbe Schlauchfrucht von Aspergillus, gewöhnlich als Eurotium herbariorum Card. beschrieben. Gr. 275. Pleospera herbarum Rab. auf der Epidermis gesunder Nadeln von Pinus sylvestris L. Gr. 275. Dentin mit Leptotrixbildungen und Schwärmsporen aus einem cariö- sen Zahne. Oidium Schönleinii von Favusborken eines 40 jährigen Mannes. G. 375. Bruchstücke von Haaren bei Mentagra (parasitäre Sycosis). Wurzel und Schaftansatz. Die Wurzel ist, wie gewöhnlich bei diesen Haaren, fächerartig aus einander gebreitet. Gr. 9. zeigt ein ähnliches Bild, die Wurzel ist mehr geschlossen und im Canal sieht man deutlich die Sporen. Gr. 95. stellt die Rasirschnittfläche eines Haares dar, in dessen Canal sich eine Spore eindrängt. Gr. 9. Bruchstücke gebrochner Barthaare. Bruchstelle eines Sehaftes, welcher auf 3 Centimeter Länge 7 solcher Stellen zeigte. Gr. 9. Erkrankte Stelle, noch nicht aufgetrieben, welche beim Durchschnei- den beiliegende Sporen austreten liess. Gr. 275. 25 384 Verzeichniss der Abbildungen. Fig. 9. Haare, welche durch künstliche Impfung mit Schimmelpilzen auf dem Körper zerstört wurden. a. Unteres Ende des Schaftes eines solchen Haares. Gr. 9. b. Der Haarsack ist noch vorhanden und sind die sich dort findenden Sporen mit Essigsäure aufgehellt. Gr. 275. Fig. 10. Keimende Sporen auf der Epidermis bei Pityriasis. Gr. 450. Fig. 11. Psoriasis. a. Blut einer Psoriasisleidenen. r. rothe Blutkörper. w. weisses Blutkörperchen. sp. Sporen. b. Hautschuppen von Psosiaris mit zahlreichen Fermentbildungen. Gr. 600 mit Immers. Fig. 12. Diphtheritis. a. Vom Belag der Rachenhöhle eines diphtheritischen Kindes, welches einige Stunden später starb. e. Epithelzellen sind baumartig geschichtet. p- einzelne Epithelzellen. spg. Sporangium, ungefärbt und bei Wasserzusatz platzend. b. Sporangien mit starker brauner Membran, ebenfalls, aber nur einmal auf diphtheritischem Rachenhöhlenbelag gefunden. (Diplosporium fuscum.) Fig. 13. Syphilitisches Blut. r. rothe Blutkörper. v. desgleichen, durch Verdunsten der Flüssigkeit sternförmig werdend. w. Weisses Blutkörperchen. rsp. rothes Blutkörperchen mit einer Spore. sp. Sporen, welche in einer feinkörnigen Mssse liegen. VI. Tafel. Fig. 1. Vorkommnisse im cariösen Zahn, c verschiedene Cocci, bei m zu längeren oder kürzeren Ketten vermehrt, bei k Keimlinge der Cocci, bei a Keimlinge mit starken Anschwellungen, in deren Innerem sich Micrococcus ausbildet, bei z Keimling mit deutlicher Zellenabschnürung. Fig. 2. Micrococcus in der Schafpocke, zum Theil einzeln, beweglich, kon- traktil, zum Theil in Zweitheilung. Fig. 3. Pflanzliche Vorkommnisse im interlokularen Bindegewebe der Lunge vom lungenseuchekranken Rind aus Stuttgart. Fig. 4. Gleiche Vorkommnisse in der Lymphe von einem lungenseuchekran- ken Rinde aus Berlin. Fig. 5. Aehnliche Vorkommnisse, welche Herr Professor Weiss im Darm- schleim des Hundes fand. Originalzeichnung von Herrn Professor Weiss. Fig. 6. Vorkommnisse im Blut eines rotzkranken Pferdes; bei a einzelne Cocci von verschiedener Gestalt, beweglich, bei h eine Kolonie von solchen, durch schleimige Hüllen zusammengehalten, bei k verschiedene Keimlinge. Verzeichniss der Abbildungen. 385 Fig. 7. Blutkörper aus dem Blut eines rotzkranken Pferdes, a—d rothe Blut- körper. A—F weisse Blutkörper. In allen Blutkörpern ist Micrococcus, grösstentheiis in Vacuolen, welche besonders deutlich sind bei A. B. C. F. Fig. 8. Vorkommnisse in der Galle eines mit der texanischen Rinderpest be- hafteten Rindes. Bei a Microccus, zum Theil sich zu grösseren Zellen aus- bildend, so z. B. bei b. Bei A die ausgewachsenen grösseren Zellen, durch Sprossung und Theilung sich vermehrend. Fig. 9. Pflanzliche Vorkommnisse im Scheiden- und Uterus-Ausflusse einer an Metritis septica leidenden Wöchnerin. Originalzeichnung von Herrn Pro- fessor Dr. v. Hessling in München. Fig. 11. Pflanzliche Organismen aus dem Blut eines am Milzbrand erkrank- ten Rindes. Fig. 10. Blut eines tollen Hundes mit Ueberresten der Blutkörper (sp), Kry- stallen (k) und Micrococcus (m). Fig. 12. Desgleichen aus dem Blut eines am Milzbrand erkrankten Schweins. Fig. 13. Pilzzellen, welche bisweilen der Schale der Seidenraupeneier aussen anhaften. Fig. 14. Micrococcus aus dem Saft kranker Eier der Seidenraupe. Fig. 15. 16. Dieselben bei sehr starker Vergrösserung (1200 lineare und 1270 lineare). Fig. 17. Arthrococcus aus dem Nahrungskanal kranker Embryonen, in Ver- mehrung durch Theilung begriffen. Fig. 18. Blutkörper der Seidenraupe mit schwellendem Micrococcus. Fig. 19. Micrococcus im Blut der Seidenraupe, zum Arthrococcus heran- wachsend. Fig. 20. Pilzzellen und Früchte im Darm der Seidenraupe. Fig. 21. Arthrococcus im Darm der Seidenraupe, Micrococcus ausbildend. Fig. 22. Micrococcus aus dem Blut der kranken Seidenraupe, zu kettenförmi- gen Reihen (Mycothrix-Kettchen) sich vermehrend. Fig. 23. 24. Micrococcus bei sehr starker Vergrösserung (1970) in amöben- artiger Bewegung. Fig. 25. Micrococeus, in Theilung begriffen, bei derselben Vergrösserung. Fig. 26. Sprossende Arthrococcus-Zellen aus einem kranken Ei, in Crypto- coccus übergehend. Fig. 27. Keimung des Arthrococcus, d. h. der Körperchen des Cornalia. Fig. 28. Endzweig des aus den Keimlingen hervorgegangenen Cladosporium herbarnm (Aérosporen). Fig. 29. Glieder zerfallener Pilzfäden aus dem Innern des Darmes einer kran- ken Raupe. Fig. 30. Keimungsprodukt der Körperchen des Cornalia (Arthrococeus) mit Thecaconidien. Fig. 31. Früchte der Keimlinge im reifen Zustande: Schizosporangien. Fig. 32. Arthrococeus, gezogen aus dem Microccus von Pleospora herbarum. Fig. 38. Macroconidien von Pleospora herbarum Rab. Fig. 34. Eine reife Anäerospore derselben. Fig. 35. Verschiedene Formen von Schizosporangien derselben. Fig. 56. Microccus aus einer faulbrütigen Bienenzelle. 386 Verzeichniss der Abbildungen. Fig. 37. Resultat der Kulturen mit dem Parasiten der Cholera. Keimung der Cocci, nachdem dieselben stark angeschwollen sind. Fig. 38. Keimung des Micrococcus der Faulbrut. Die Cocci schwellen zu Sporoiden an (c), diese vermehren sich ketienförmig und keimen zuletzt (k). Fig. 39. Keimung der Körperchen des Cornalia aus dem Blut einer an der Gattine erkrankten Raupe. Fig. 40. Pleospora herbarum Rab. auf Bastfasern von Morus alba L. Bei a Aérosporen in Form des Cladosporium herbarum, bei sch Schizosporangien, bei p eine Pycnide, im Begriff, ihre Conidien (c) zu entleeren. Fig. 41. Keimung des Micrococcus der Hundswuth. Bei A Anschwellung der Cocci. Kettenförmige Vermehrung der vergrösserten Glieder, bei B weiter fortgeschrittene Vermehrung, bei C Beginn der Keimung. Fig. 42. Abnorme Schizosporangien von Puccinia graminis. Druck der Friedr. Mauke’schen Offiein in Jena. Ten 2 2 4 E.Hallier del G Muller lith ned en " ny a eee R.Hallier del ER we er ge re fs e a e b a ES 5 51.c00 AL le Dr Ze oe aah Br 5 Dey Koh _ a, u CA i& 6, __Penicillium crustaceum Fr. Eurotium // herbariorum Aspergillus ‘élaueus L K. Mo N 6) poren bei Pityriasis N Bruchstücke gebrochener Barthaare) NN Syphilitisches Blut, = Diphtheritisbeleg der Rachenhöhle. Bruchstüoke von Haaren, welche durch Pilzvegetation zerstört sind. ie see 3 6. £00 Rotz. m Go & 10. 20 Hundswith. A Parasit. B.Blut. Sp ; 9. 0 Metrilis soptiva. 2206922800099 8 oof fy 13. Gattine. ——_ IM 34. ı 40. Pleospora herbarum. j ; Kk» f = == 14-35 Gattine der Seidenraupen. age 5301 37. 2% cholera lithv.C. Miller i a ee a i Q Q LE \e ‘JO