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HARVARD COLLEGE LIBRARY

ZEITSCHRIFT

FÜR

VERGLEICHENDE SPRiCHFOESCHÜNG

AUF DEM GEBIETE

DE«

; DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN und LATEINISCHEN

1

HERAUSGEGEBEN

D". THEODOR AUFRECHT,

PRIVATDOCEWTEN AS DKR UNIVEBS1TABT ZV BERLIN, UND

D«. ADALBERT KÜHN,

LEHRER AM COBLH. GTUHASIUM * EBENDASELBST.

ZWEITER BAND.

^ BERLIN.

FERD. DÜMMLEr's YERXAGSBUCHHAIfDLUlfG.

1853.

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UNIV.kslTY

LIBRARY i

Namen der bisherigen mitarbeiten

Dr. Th. Aufrecht, jetzt io Oxford.

Prof. Th. Benfey io Göttiogen.

Prof. Ag. Benary io Berlin.

Sophiis Bugge in Christiania.

Dr. Corssen in Pforte.

Prof. 6. Curtius in Prag.

Prof. A. Dietrich in Pforte.

Dr. Lorenz Diefenbach in Frankfurt a. M.

Dr. Ehe 1 in Filehne.

Dr. Forste mann in Wernigerode.

Hofrath Prof. Jacob Grimm in Berlin.

Hofrath. Prof. Holtzmann in Heidelberg.

Adjunkt Dr. Kirchhoff in Berlin.

Dr. K. v. Knoblauch in Tubingen.

Dr. A. Kuhn in Berlin.

Prof. H. Leo in Halle.

Prof. A. F. Pott in Halle.

Prof. R. Roth in Tübingen.

Prof. A. Schleicher in Prag.

Prof. H Schweizer in Zürich.

Dr. H. Steinthal, jetzt in Paris.

Dr. Strehlke in Danzig.

Dr.'A. Weber in Berlin.

Prof. Weinhold in Grätz.

Dr. Westphal in Tübingen.

Fr. Woeste in Iserlohn.

Prof. Zyro in Bern.

Inhalt

Seile

Ueber die formen und bedeutungen des namens Mars in den ita- lischen dialckten, von Corssen' 1

Numerische lantbeziehungen des griech., latein. and deutschen

zum sanskrit, von Förstemann 35

Akmon, der vater des Uranos, von Roth 44

Rednplicirte aoriste im griechischen, von Ebel 46

Bemerkungen über deutsch - slawische Wörtergemeinschaft, von

Diefenbach 48

Eine oskische inscbrift aus Pompeji, von Aufrecht . . . . 55

(Misch es, von Ebel 58

Homerisches glossarium von L. Döderlein, angezeigt von

Schweizer , . . 63

Köne, werthung der fremdwörter in der deutschen spräche, an- gezeigt von Ebel 74

wÖQoptoq von Aufrecht 79

loxicuqa von Ebel 80

ava, von Weber 80

Vokale der niederdeutschen mundart in den kreisen Iserlohn und

Altena, von Woeste 81

Metaphern, vom leben und von körperlichen Verrichtungen herge- nommen, von Pott 101

Ueber das alte S und einige damit verbundene lautcntwicklun-

gen, von Kuhn 127

Ueber einige seltnere suffixe, von Aufrecht 147

Seile

casnar, cascus, Casinum, canus, höss, von Aufrecht . . 151

vitare, in vi tos; jod zwischen vokalen im griechischen ; nrjytalficd-

Xoq, von Gnrtins 153

Germani, von Schweizer 156

Das auslautsgesetz des gothischen, von Westphal . . » 161

Vokale der niederdeutschen mandart in den kreisen Iserlohn and

Altena, Ton Woeste . . 190

Die lateinischen suflue ceus und eins, von Aufrecht . . . 210 Die sufflxe t?/, tu (4te decl.) sammt &tu; tu (2te decl.) und 6tu; dov, din (nom. do); tiidin (nom. tüdo); ta, -ny, von

Benfey 215

al*»>y aevum, aivs, von Kuhn 232

kravya, x^f'a?, hraiva, von Kuhn 235

munu, skulu, mundu, skyldu, von Aufrecht 240

Ueber den inßnitiv, von W. v. Humboldt 242

Walhen und Deutsche, von Leo 252

Ueber das alte S und einige damit verbundene lautentwicklun-

gen, von Kuhn 260

Grund rifs der grammatik des indisch -europäischen sprachstamraes

von M. Rapp, angezeigt von Steinthal , . . . 276 Homerisches glossarium von L. Döderlein, angezeigt von

Schweizer ... 288

Bemerkungen zu Försteniannl. 412, von Zyro 306

Stcura, ripa, von Benfey 308

Namen der milchstrafse und des höllenhundes, von Kuhn . . 311

Die sufflxe maya, neus, nus, eus, «o« von Kuhn 319

Die aspiraten der indogermanischen sprachen, von Curtius . . 321 Die diphthonge im verbrüderungsbuch von St. Peter zu Salzburg,

von Försiemann . . - 337

De titulo Mummiano; de miliario Popilliano und de epigrammate Sorano; de Aletrinatium lapide; drei akademische gele- genheitssch ritten von prof. dr. Fr. Ritschi, anzeige und entwicklang der sprachgeschichtlichen ergebnisse, von

Schweizer 350

Zur erklarung der oskischen Sprachdenkmäler, von Bugge . . 382

Die wurzel ci, t*, qui, fi von Kuhn 387

Ueber' die durch nasale erweiterten verbalstämme, von Kuhn . 392

Lateinisches f Cur altes dh, von Curtius 398

r im altdeutschen präteritura, von Schweizer 400

Seite

Numerische lautyerhaltnisse in griechischen dialekten, von

Förstemann 401

Benennungen des regenbogens, yon Pott . . . 414

Proben eines bernischen idiotikons mit vergleichung der yer.

wandten mnndarten, von Zyro 434

Ueber die durch nasale erweiterten yerbalstSmme, yon Kuhn . 455

Ueber zwei lateinische prSpositionen, yon Kuhn 471

Frigg, Fiörgjn und rodor, yon Leo 477

Wechsel der labialen und gutturalen, yon Woeste . . . . 479

cena, yon Schweizer ; 480

Um irrthümer zu vermeiden lassen wir hier noch die von uns befolgte Umschreibung des sanskritalphabets folgen:

Vokale.

Einfache: a, ä, i, i, u, ü, r, r Diphthonge: e, ai, o, au

Consonanten : Gutturale: k, kh, g, gb, u

Palatale: c, ch, j, jh, 1' |

Linguale: t, th, d, dh, 11

Dentale: t, th, d, dh, n

Labiale: p, ph, b, bh, m

Semivocalen: y, r, l, v Sibilanten: $, sh, s$ h.

Aousvära m, Visarga h. ' #

I. Abhandlungen.

lieber die formen und bedentongen des namens Mars in den italischen dialckten.

Die vorliegende Untersuchung stellt als ihr ziel die erkUrung weniger, namensformen hin, bezweckt aber in der that nicht so« wohl das nackte ergebnifs, als die begründang desselben aas der lautlehre and wortbildangslehre der italischen dialekte. Da diese aber weder erschöpfend erkannt noch allgemein anerkannt sind, so bedürfen sie einer sorgfältigen prüfung, and so mag die anter* suchang selbst ihre ausfuhrlichkert rechtfertigen.

1) Verschiedene ableitangen des namens Mars.

Schon die alten leiteten die namen Mars und Mavors auf verschiedene weise ab. So erklärt Cicero (Nat. Deqr. II, 28.): Iam qui magna verteret Mavors. Cedrenos (Corp. Bjs. Nieb. 1. 1, p. 295, 21 ff.): on tot MaQrep ol 'Pwfiaioi fiOQtefi ixdXov* oiovel ödraror, rj xivt]rq9 reo? rar*»«*, ij zbw nag* ä$#*pmw xai pormv tifAeipepor. Varro. (L. L. V, § 73 ed. O. Maell.) Mars ab eo, qood maribus in bello praeest, aut quod ab Sabinis ac- ceptus, ibi est Mamers. Von heueren hat Heffter (religion der Griechen and Römer p. 434) die Varronische ableitung verworfen wegen des auslautenden t des Stammes nnd leitet den namen des gottes her von martos, mors, mareeo. Allein das t beweist nichts gegen Varros ableitung von mas; denn es könnte ja wie bei den sabstantivischen stammen mor-t, for-t, ar-t, do-t, men-t, gen-t das t erat an eine wnrael mar herangetreten sein, und das ist ja

11. l. 1

2 Corssen

auch in martus und mors geschehen (Pott etym. forsch, p. 221). Da ferner bei der Heffterschen ableitung die formen Marmar, Mar- mor, Mavors, Mamers gar nicht in betracht gezogen sind, so fehlt der beweis für die behauptung, dafs Mars der vernichtende be- deute. Nach Härtung (religion der Römer II, 15$) sind die for- men Mannar, Mamers und Mavors desselben Stammes wie lat. arma, griech. fatog, sanskr. warayami (schütze) und Mars aus Ma- vors zusammengezogen. Diese ableitung aber erscheint aus meh- reren gründen als unhaltbar. Denn erstens ist es ohne beigpiel, dafs im lateinischen anlautendes m vor einem worte, wie arma, wegfiele und bei dem andern desselben Stammes, wie Marmar, sich hielte. Das dafür angeführte beispiel mox neben ocius ist kein beispiel dafür. Denn lat. ocius, griech. o>xt/, skr. äcu hatte kein anlautendes m (Pott etym. forsch. II, 278). Wäre also m-ox wirklich mit ocius zusammenzubringen, dann wäre m ein prfifix, das jedenfalls erst zu erklären wäre, damit diese Verwandtschaft glaublich erscheinen könnte (Pott das. II, 338). Zweitens aber gehören lat. ar-ma (waffen) ar-mus (bog), griech. og-oi, goth. ar.ms (arm) zur sanskritwurzel ar, haben also weder mit wara- jami noch mit ^tJqmq etwas gemein , die von der sanskritwurzel war stammen (Pott I, 222. II, 593 u. 230. Vgl. Höfer: zur laut- lehre p. 236 anm. 92). Ueberdies bleibt bei der Hartungschen ab- leitung das lautliche verhältnifs von Marmar, Mamers und Ma- vors zu einander ganz unerklärt

Pott erklärt (I, 124) Mavors: qui mares vertit i. e. hostes fugat und Mars aus Mavors durch zusammenziehung entstanden, nimmt aber (I, 222) diese ableitung zurück und erklärt Mavors: Mavor-tis d. h der mannsschützende, indem er vor wie griech. ßAiftS f&QMtog auf die sanskritwurzel war (bedecken) zurück- führt Auch bei Mamers schwankt Pott, ob mers durch assimi- lation des v zu m aus vors entstanden, oder wie lat. mor-ior auf die sanskritwurzel mar zurückzuführen sei, so dafs Ma-mers men8chenmörder bezeichnete. Aber auch gegen diese zweifelhaft hingestellten ableitungen erheben sich bedenken. Die altlateini- schen formen des namens: Marmar, Marmor, die sich im Arval- liede finden, und die davon gebildeten adjectiva: Mamurius, Ma- mnralia sind nämlich von Pott nicht in die betrachtung gezogen Mag sich nun auch der zweite bestandtheil in Marmar aus der wurzel mar oder war erklären lassen, so liegt es doch gewifs näher, so lange nicht gründe dagegen sprechen, Mar -mar für eine

formen and bedon langen des namens Mars io den ital. dialekten. 3

reduplicirtc wortform so halten, als den beiden völlig gleichlau- tenden silben grundverschiedene abstammung beizulegen.

Eine solche reduplication nimmt auch Mommsen (die unter- Haiischen dialekte p. 276) an, denkt sich aber Mar-mar als das rednplicirte Mart, und dieses wieder zusammengezogen aus Ma- vort, das aus einem unerklärten M und avortere zusammengesetzt sein soll. Gegen diese ansieht mob eingewandt werden: Erstens ist die ableitung Mavort von M(?) -f- avort eine unbegründete ver- muthung, solange die bedeutung des m nicht erklärt ist Zwei- tens kann Mar-mar nicht entstanden sein aus M-a-vort -f- M-a- vort, denn dafs ein doppelt zusammengesetztes wort noch redu- plicirt würde, ist unerhört im lateinischen, das wie die verwandten sprachen nur einfache stamme reduplicirt Drittens, auch wenn man Mart nicht als compositum falst, kann Mar-mar schwerlich aus Mart-Mart entstanden sein, wie dies weiter unten nachgewie- sen werden wird. Dafs endlich auch die von C. Schmidt (Ber- liner jahrb. no. 35. 1834) aufgestellte ableitung unhaltbar ist, nach der Ma-vors ans skr. maha (grofs) und war (schützen) zusammen- gesetzt sein und «grofser Schützer » bedeuten soll, beweist das erste r in Marmar. Denn dafs und wie Mavors aus Marmar, Marmor entstanden sei, wird weiterhin dargethan werden.

2) Die lateinischen formen Marspater, Marspiter, Maspiter. Es liegt nahe aus dem bisher gesagten zu folgern, dafs man bei der erklärung der vorliegenden namensforroen nicht von Ma- vors oder Mamers ausgehen könne. Die für den zweck dieser Untersuchung zunächst in betracht kommenden formen sind dem- nach: Marspater, Marspiter, Maspiter. Unter diesen ist natürlich Marapater ebenso wenig eine eigentliche organische wortcompo- sition wie Neptunuspater, Saturnnspater, Januspater, Dispater, da das erste wort derselben das nominativzeichen s gewahrt hat, und im zweiten das a nicht zu i geschwächt ist, wie dies z. b. in Jupiter, Diespiter, Opiter und bekanntlich auch sonst in latei* nischen compositen geschieht und durch das zurücktreten des Jo- nes veranlaßt scheint. Die beiden Wörter mars und pater sind also nur zusammengeschrieben, weil man sie oft und unmittelbar nacheinander sprach wie jusjurandum, respublica, Ususfruktus, me duisfidius u. a.

Die form Marspiter ist vielleicht überhaupt nur ein schreib-

1*

4 Corsseii

fehler9); da sie sich nun aber einmal vorfindet, so fragt sieh, wie sie zu erklären ist. Ist das s nominativzeichen, dann hat diese form in der abschwächung des a zu i ein wesentliches merkmal einer ächten Zusammensetzung und im Widerspruch damit einen nominatiy als erstes glied derselben. Für eine solche Zwitterbil- dung giebt es im lateinischen kein beispiel. Denn dafs in Dies- piter das s nicht noniinativzeichen ist, zeigt der accusativ Diespi- trem (Macrob. Sat. 1, 15) und der genitiv Diespitris (Priscian VI. Patsch, p. 695), da man doch wie usumfructum, reipublicae auch Diempitrem Dieipitris erwarten sollte. Pott erklärt daher (II, 210) das dies in Diespiter au* skr. diwas in dem compositum diwas- pati (tages-herr). Noch weniger beweist Ju- piter für Mars -piter. Noch in neuester zeit ist nämlich (Weifsenborn lat. schulgramm. p. 15 anm. 3) Juppiter für die richtige Schreibart erklärt, die aus Jus -piter durch assimilation des s zu p entstanden sein soll. AI* lein die grofse menge von lateinischen Wortbildungen, die sp, st, sc im anlaut oder inlaut haben, zeigt, wie wenig s vor einer te- nuis noch einer assimilation bedurfte. Ja das s hält sich in der Zusammensetzung vor p, c, t sogar stets, wo es z. b. vor f assi- miltrt wird, z. b. diffido, difFero, diffugio u. a., hingegen displiceo, disputo, distnli, discerno. Also kann auch Juppiter nicht gegen alle analogie ans Juspiter entstanden sein. Ebenso wenig ist es durch assimilation des v zu p aus Jov- piter zu erklären, die auch ohne beispiel wäre; sondern wie ju-cundus aus jov-cundus, nu- per ans nov-per so ward Ju- piter aus Jov -piter, indem das v sieh in folge des herantretenden consonanten zu seinem vocal u erweichte und als Vertreter des so entstandenen diphthongen ou nur u geschrieben ward. In ganz analoger weise ward aus Av- piter Au-piter und ebenso erging es den stammen nav, av nach abfall ihres ableitungsvocals i in den compositis nau-fragium1 au- spex, au-gur. Indem nun o bekanntlich oft im lateinischen als Vertreter des diphthongen au auftritt, wird aus Aupiter Opiter.

*) Bei Varro steht an drei stellen: L. L. VIII, § 26. IX, § 46. X, § 65 Maspiter; an einer: L L. VIII, § 33 Marspiter; bei Priscian findet sich nur Maspiter an zwei stellen: XII, p. 1284 bei Putsch. Bei Gellias N. A. V, 12, 5 Marspiter, doch ist hier auf die Zuverlässigkeit der handschriften nicht eben viel zn bauen, da die texte der römischen grammatiker überhaupt sehr verdorben sind. Doch hat auch eine auf dem palatinischen hÖgel gefundene Inschrift Marspiter. Oreüi. Corp. Inscr. 1360.

formen und bedentungen de» namens Man in den ital. dialekten. 5

Man vergleiche lava*tum, lau- tarn, lo-tum. Ich kann daher in der Schreibart Jappiter nnr eine anorganische, mißbräuchliche Verdoppelung des p sehen, und mnfs in den compositis Jn-piter, O-piter den ersten bestandtheil für den stamm ohne flexionsen- dung halten, sowie in Dies-piter das s jedenfalls nicht für da» nominativzeichen. Ist dem so, dann erscheint es bedenklich in Marspiter gegen alle regel lateinischer wortcomposition das s als nominativzeichen anzusehen. Es fragt sich also, ob sich dasselbe anders erklären läfirt.

Man könnte Mars für den blofsen stamm Mart ansehen, so dafs das t wegen des folgenden consonanten p in Marspiter zu s herabgesunken wäre. Allein dagegen spricht, dafs die auf rt auslautenden nominalstämme im lateinischen ihr auslautendes t in der Zusammensetzung gegen Zerstörung durch den anlautenden consonanten des «weiten Wortes mittelst eines bindevocals i schützen z. b. part-i-ceps, art-i-fex, sort-i-legus, mort-i-ferus. Danach müfste man auch ein compositum Mart-i-piter erwarten. Mars- piter aus Martpiter zu erklären ist also ebenso mifslich als das s als nominativzeichen zu fassen. Weiterhin wird sich ein anderes auskunftsmittel darbieten; doch mufs zuvor die form Maspiter in die Untersuchung gezogen werden.

Es fragt sich, was ist Maspiter für eine Zusammensetzung. Ist Maspiter aus Marspiter entstanden, oder umgekehrt? Man könnte geneigt sein, für die erste annähme zu entscheiden, denn dafs r vor 8 unter umständen schwand, beweisen advosem für advorsum, prosa für prorsa (pro-vorsa), retrosum ffirretrorsum (retro-vorsum), susum für sursum (sub-vorsum). So könnte ja auch Mas aus Mars geworden sein. Dagegen spricht jedoch zweierlei: 1) dafs aus dem simples Mars nicht Mas wurde, dafür sprechen die no- minative aller auf rt auslautenden stamme, die nach abfall des t vor dem nominativzeichen s ihr r stets gewahrt haben, z. b. ars, pars, sors, fors, mors; 2) dann müfste also in dem compositum Maspiter das an rs herangetretene p den vernichtenden einflufs auf das r geübt haben. Doch das ist nicht glaublich, da sich sonst in der composition das r vor s mit folgender tenuis stets hält, wie in perscribo, perstringo, perspicio, während doch das, beispiel pejero neben perjurium zeigt, dafs das r von per zerstö- rende einflösse durch einen folgenden consonanten erleiden kann. Ich mufs daher in advosem, prosa, retrosum, susum es vielmehr der Stellung des rs zwischen zwei vocalen zuschreiben, dafs das

6 Corssen

t schwand. Bekannt ist, daft die Stellung zwischen «Wei vocalcn im lateinischen das s, mag es der wursel, der Wortbildung oder der wortbiegung angehören, so schwächte, dafs es zu r sank, wie ara, Lares, arena, foederum, honoris ans asa, Lases, asena, foede- stun, honoris entstanden sind. Dafs ein r in der Stellung «wi- schen zwei vocalen ganz sehwinden konnte, dafür geben die alten formen speres, speribns und das verbum spero neben spe-s (aus sper- es spe-es) spe-i ein freispiel. Es ist wohl nicht grundlos, auch bei rs zwischen zwei vocalen eine ähnliche schwächende einwir- kung dieser Stellung anzunehmen, so dafs rs zu 8 schwand. Die beispiele advosem susum u. s. w. beweisen also für Maspiter nichts. So erleidet z. b. bv in sursum aus subvorsum zwischen zwei vo- calen dieselbe Zerstörung wie das v allein in retrorsum rursus u. a. Die alten genitire Maspitris und Maspiteris*) zeugen jeden- falls dafür» dafs mas ein stamm ohne flexionssilbe ist, und die weiterhin erörterten reduplicirten formen Marmar Marmor werden dafür den beweis bieten, dafs in diesem stamme die ursprüngliche form des namens der gottheit enthalten ist.

3) Die formen Marmar, Marmor, Mamuri Veturi in alt- lateinischen priestergesängen. Im liede der fratres Arraks finden sich neben Mars die bei- den benennungen des gottes Marmar und Marmor, alle drei durch dreimalige Wiederholung vollständig verbürgt**). Von diesen be- spreche ich zuerst die form Marmar. Diese kann nicht aus Mart- Mart entstanden sein, denn : 1) nie werden solche auf rt auslau-

*) Priscian, VI, Putsch p. 695. Inreniuntnr tarnen apad veiastisei- mos haec ancipiüs genitivi : hie aeeipiter, hujus aeeipitris et aeeipiteris, Opiter, Opiteris et Opitris, Maspiter, Maspiteris et Maspitris. Diespi- ter, Diespitris et Diespiteris; sie etiam Jupiter Jupitris et Jupileris, ut Caesellio Vindici placet, debuit declioarL

••) Ich habe Origenes poesis Rom. p. 92 den tezt genau nach Ma- rin! gli Atti e monumenti de' fratelli Arvali tab. XL1 gegeben; behan- delt ist das gedieht auch Lanzi Saggio di lingua Etrusca I, p. 144. Herrn, elem. doctr. metr. p. 613. Claosen de carmine fratrum Arva- lium p. 23 sq. Grotefend, lat. gramm. p. 286 (ed. 3.). Egger, lat. serm. vetnst. rel p. 68 sq. , cum theil mit ongenauigkeiten und nnnöthigen änderungen des textes. Auch die yon mir gegebene erklirang enthalt manches unrichtige und nnerklSrte, was ich anderen orte« zu berichti- gen und zu ergingen denke.

formen und bedeuLungen des namens Man in den ital. dialelcten. 7

tende stamme, deren t nicht wurzelhaft ist, sondern der Wortbil- dung angehört wie part, mort, sort u. a. redoplicirt; 2) ein auf rt auslautender stamm bitte das nominativzeichen bewahrt, wie pars, so», mors, Lars (wenn in den namen Lars Tolümnius, Lara ' Porsenna, Lars Herminins für Lars aneh Lar steht, so beruht das wo nicht auf Schreibfehlern, auf einer Verwechselung de» tusd- sehen Vornamens Larth, lat Lar(t)s, mit dem namen des hausgot- tes Lar). Marmar ist also die reduplication eines nackten auf r auslautenden Stammes wie murmnr, fnrfur, tortor, caroer, an die in farfar-ns farfer-us (hoflattich), qnerquer-a (febris) so wie in den aabinischen eigennamen Farfar-ns (amnis) und Gurgur-es (montes) noch ein suffix getreten ist Der vocativ Marmar in dem arvalliede zeigt wie der nominativ und vocativ aller auf li- quiden auslautenden stamme im lateinischen nur den reinen stamm. Dies Marmar ist nun eben nichts anderes als die Verdoppe- lung jener ursprünglichen form Mas, die sich nur im compositum Mas-püer gehalten hat, deren s in der reduplicirten form aber an beiden stellen zu r herabgesunken erseheint. So wird ja im lateinischen auslautendes s jeder" art zu r geschwächt So war-

zelhaftes s in Lar für Las, das s des nominalsuffixes os (or) in honor, Janitor, arbor, robor für honos, Janitos, arbos, robos, s des comparativsufffees ios (ior), griech. 10*, skr. ijas in melior für melios, endlich s des verbalsuffixes in der lateinischen passiv» bildnng, d. h. des pronomen reflexivum se z. b. in amant-u-r, amat-u-r für amant-u-s, amat-u-s. So sank im jüngeren um- brachen dialekt der 6ten und 7ten Iguvinischen tafel das s im auslaut fast durchgehend^ bis auf wenige ausnahmen zu r herab. *) An der ersten stelle in Marmar könnte man das sinken des 8 zu r dem einflufs des folgenden m zuschreiben, wie in Car- menta, Carmena, carmen neben Casmena. Ebenso wirkte folgen- des n und v auf das s in ornamentom aus osnamentum, veternus aus vetus, furvus verglichen mit foscus (Pott et. forsch. I, 132 ff.), da sich s mit einem folgenden liquiden oder halbvocal im latei- nischen überhaupt so wenig verträgt, dafs die Verbindungen sm,

*) Der nachweis daffir ist zu finden bei Aufrecht and Kirch hoff: die umbrischen Sprachdenkmäler I, § 29, 5. Ich werde noch öfter Im verlauf dieser Abhandlung auf die ergebnisse dieses Werkes zurückkom- men, die durch gründliche spraebkeontnifs, feine beobachtuog and be- sonnene methode der Untersuchung gewonnen sind.

S Corssen

§1, SD, sr. sj, sv9 die sich in anderen italischen dialekten verein- seit finden, wenigstens dem classischen latein fremd sind. Wer sich das erste r in Marmar aus s so entstanden denkt, mute an- nehmen, dafs eine reduplicirte form Mas-mas wirklich vorhanden war. Dagegen spricht aber zweierlei: 1) die erscheinnngen der rednplication im latein., soweit sie die Wortbildung angeht und nicht als flexionsmittel des verbum dient. Denn am häufigsten redoplicirt finden sich wortstämme, die auf liquida ausgehen, und unter diesen wieder am häufigsten auf r auslautende: populns^ ulula, gurgulio, Fulfulae, curculio, tutulus(?); cucumis $ tintin- nire, tintinnare, cincinnus, ciconia; memor (von sanskritwnrsel amar?), marmor, murmur, furfur, turtur, Gurgures, Farfarus, far- farus, farferus, carcer, querqüera, perperam, susnrrus. Seltener sind vocalisch auslautende stamme reduplicirt: cacare, lalare, pap- pare, papas, taia, mamma, papilla, papaver, pipio, titio(?), gingiva gingrire, gingrina, cuculus, bubo. Sehr selten verdoppelt finden sich auf muten auslautende stamme: Cucurbita, upupa, titubare, cicindela; und kein beispiel findet sich für die Verdoppelung eines auf s oder einen anderen Sibilanten auslautenden Stammes.

Deshalb erscheint es angemessener sich das herabsinken des auslautenden s von Mas zu r schon vor der Verdoppelung einge- treten zu denken, so daft also eine form Mas-mas nie existirt hat. Dann gilt also für das erste r in Marmar dasselbe, was oben für das zweite bemerkt ist; 2) ein sinken des s zu r im einfachen stamme ist auch deshalb anzunehmen, weil die form Mar-t nicht nach dem herantreten des t ihr s hätte zu r sinken lassen kön- nen. Denn nie findet diese abschwächung des s statt vor den scharfen lauten p, c, t, die mit dem scharfen zischlaut sich leicht verbinden. Man vergleiche nur fuscus furvas, Etruscus Etruria, vetustus veternus, haustum haurio, gestum gero, tostum torreo, moestus moereo, festus feriae, hesternus heri, questus queror, ustus uro, nefastus nefarius, tempestas tempero. In diesem laut- gesetz liegt also der grund, weshalb sich in Mas-piter neben Mar« mar die ursprüngliche form des Stammes hielt.

Auch die in den auguralbüchern der Römer gebräuchliche form quirquir für quisquis (Varro 1. 1. VII, § 8), ein beispiel wo einmal im lateinischen, wie gewöhnlich im neuumbrischen, das s einer flexionsendung zu r sank, läfst sich nur so erklären, dafs dies sinken schon vor der reduplicaüon am simples eintrat So findet sich in eben jenen auguralbüchern veter für vetus, wo das

formen and bedentangen de» namens Man in den ital. dialekten. 9

sinken des s zu r noch die Schwächung des a tu e nach sich zog wie in Venera, sceleris, generis, foederis u. a. neben Venös, scelns, genas, foedas. Diese beiden formen qairqair and veter aber in den alten auspicialformeln neben Marmar, Marmor in dem arvalliede zeigen, dafs schon im altlateinischen aaslautendes s zu r sinken konnte, was dann im nenlateinischen weiter nm sich gegriffen hat.

Neben Marmar findet sich im arvalliede die form Marmor, in welcher die betonte silbe ihr a wahrte, die zweite hingegen, die durch die redaplication ihren selbständigen ton verlor, ihr a zu o herabsinken liefs. Ohne hier die falle beizabringen, in denen die vergleichende Sprachforschung gezeigt hat, dafs ursprung- liches a im lateinischen sich zu o trübte, mag es genügen, hier nur ein nahe liegendes und schlagendes beispiel dafür abzuführen, nämlich marmor, das im verhältniis zum griech. pdQpaQ-og (der glänzende stein) in der zweiten silbe durch die redaplication ganz dieselbe ton- und lautschwächung erlitt, wie Marmor im verhalt» nüs su Marmar.

An die form Marmor schliefen sich zunächst zwei adjectiv* bildaagen Mamuralia und Mamurius. In diesen ist wie in den beiden anderen reduplicirten formen dieses namens, die zur ver- doppelang des Stammes noch ein sufibt fügen: Mavors und Ma- mers das s, welches in Marmar und Marmor zu r herabgesunken war, vor m ganz geschwunden nach der anaiogie von Casmena, Carmena (Carmenta, Carmen) Camena. Ohne den durchgang durch r schwand wohl das s vor m in Casmilus, dusmosas, osmen, res- mus, postmoerium (wo erst das t dann das s schwand), die spä- ter nur in der gestalt Camillus, dumosus, omen, remus, pomoe» rium erscheinen» Da nun in Mavors und Mamurius das a lang erscheint, so ist wohl anzunehmen, dafs nach ausfall des s sich in allen formen dieses namens das ursprünglich karze a des Stam- mes mas längte wie in remus verglichen mit dem griech. iqerfiog. In den adjectivbildungen Mamur-ios und Mamor-alia von Marmor verdunkelte sich nan das o zu u, als die suffixe io und ali heran* traten in der art wie aus praetor, quaestor, praetura, quaestora gebildet ist, oder wie das partidpialaffix turus (actoros) sich, aus tor (actor) entwickelte.

Es ist nun die bedeutung der beiden adjectiva zu erörtern. Mamuralia heilst die festfeier des Mars am 14. März (vgl. Gutber- leth de Salus Martis sacerdotibus : Opusc. t. IV, p. 84. 85, Origin.

10 Corsaen

poes. Rom. p. 25) and ist mit demselben suffix vom Hamen des gottes gebildet wie z. b. Qiürinalia, Terminalia, Iaberalia, Robi- galia* Floralia, Volcanalia, Saturnalia und ähnliche festnamen. Ma- marias nennt die römische sage bekanntlich, den etrurischen künst- ler, der auf Numas befehl nach dem bilde des einen vom* Jupiter Elicius aus dem himmei herabgeworfenen Schildes 11 ähnliche an« cilia gefertigt haben soll. Auf diesen deutete man den aasruf Harn uri Veturi, der in den alten gesangen der Salier gehört wurde. Allein wenn schon Varro (1. 1. VI, § 45) diese worte ganz anders erklärt, nämlich veterem memoriam, so ist klar, dafs die sage aus jenem ausruf die person eines künstlers gebildet hat Was bedeu- ten nun also die beiden worte? Dafs Veturi eine bildung von ve- tus sei, hat Varro gesehen. Vetos aber ist ursprunglich dasselbe wie griech. jhog und bedeutet annus (Pott I, 108) und davon ist Veturius mit dem sufhx io gebildet, wie Annius von an- nus, bedeutet also soviel wie annuus d. h. jährlich wiederkeh- rend.*) Mamurius ist von Marmor mit demselben suffix io ge- bildet, wie Martius von Mars; da nun Marmor dasselbe wesen bezeichnet wie Mars., so bedeutet auch Mamurius ursprünglich dasselbe wie Martius. Die vocative Mamuri Veturi! haben also den sinn: Marti annue!

Es fragt sich nun, wie dieser sinn zu der bedeutung der an* cilia und der ganzen gottesdienstlichen feier der Salier vom lsten bis 30sten März stimmt. Dais die sage recht hat pelasgischen Ur- sprung des saliercultus anzunehmen, indem derselbe in den pelas- gischen städten Veji, Falerii, Tibur, Tusculum wie in dem latini- schen Alba bestand, dafs er zugleich mit der etrurischen blitzsühne, mit der neuen eintheilung des Jahres nach dem Sonnenlauf und mit manchem anderen ritual aus Südetrurien nach Rom kam, ist durch übereinstimmende Zeugnisse verschiedener art verbürgt**) Nun ergeheinen bei dieser festfeier zwölf priester mit zwölf hei- ligen Schilden. Dafs diese nach der zahl der zwölf italischen mo- nate eingesetzt sind, sagt Lydns (de Mensib. IV, 2.) ausdrücklich,

*) Gic. Nat. D. II, 39: Idem annuas frigorum et caloram facit va- rietates. Tib. II, 1, 48: Deponit flavas annua terra comas.

**) Die beweise dafür habe ich zusammengestellt Origg. Poes. Rom. 21 sq. und: Nene jenaiache allgem. littz. jahrg. 6 no. 200, p. 798 800. Ebenda siod auch die beweiaatellen für das übrige hier Über den cultus der Salter gesagte zu finden.

formen und bedeotangen de» namens Mars in den ital. dialekten. lt

Die sehüde bedeuten also die zwölf monate. Jupiter Elicins durch elrurische blitzsühne versöhnt wirft den ersten sehild vom hinv» mel herab; d. h. der mildere himmel bringt den ersten frühiings- monat Martius. Dem ersten ancile werden elf ähnliche nachge* bildet: d. h. dem März folgen elf ähnliche monate in der Jahres« eintheilnogi auf Nomas auftrag werden sie nach der sage verfer- tigt, da dieser könig es ist, dem die neue jahreseintheilung nach dem Sonnenlauf zugeschrieben wird. Ein etrurischer künstler ver- fertigt sie, denn etrnritch ist diese jahreseinLheilung und etrurisch alle kunst im ältesten Rom. Diese bedeutung der ancilia und der ganzen festfeier wird durch eine inschrift bestätigt, in der die an- cilia arma annalia genannt werden (Orelli 2244). Est ist also na* türlich, dafis die tanzenden priester des Mars bei ihren aufzügen im März den dem gotte geheiligten monat mit dem anruf Mamuri Veturi d. h. Marti annue begrüfsen. Aus dem Martius, der nach alter jahreseintheilung die reihe der monate eröffnete, macht dk sage dann einen künstler Mamurius, der die elf schilde nach dem musler des ersten verfertigt. Auch da nach dem neuen kalender der Januarios der erste der monate ward, blieb die feier des Mar« Uns als anfang des natürlichen jahres mit dem frühling, und die volksthümliche sage bleibt in ihrer daroteUung bei der alten ein* heimischen 6itte und fafst auch den Numa als begründer der al- ten, nicht der neuen jahreseintheilung.

Wie nnn in Rom die sage den gründer des saliercultus Ma- murius nennt, so bei den Vejentem Morrins (Serv. Virg. Aen. Ylil, 285). Diese latinisirte form eines etrurisehen namens scheint zu dem einfachen stamme Mar in demselben Verhältnis zu stehen, wie Mamurius zu dem reduplicirten Marmor. In Morrins schwächte sich das a nach herantreten des affixes an den stamm zu o, wie in do-(t)-e do-nnm vom stamme da und wie in portio von part. Ein name Maris findet sich auf etrurisehen götterdarstellun- gen als bezeiehnnng eines starken Jünglings (Gerhard, zeitschr. für alterthumsw. 1847, no. 85). Dafs auch dieser den stamm maa, mar enthält und mit dem sinne: der männliche, der starke ein dem römischen Mars ähnliches wesen, oder Mars selbst bezeichnet habe, liegt zwar nahe, kann aber erst vollständig erwiesen werden durch das verständniü der etrurisehen spräche, das uns noch verschlos- sen ist Jenen könig Morrius aber für gleichbedeutend anzusehn mit Mamurius d. h. ebenfalls als eine bezeichnung des monats Martius, dafür spricht die ähnlichkeit des namens wie der sage.

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Es bleibt nun noch zu erwägen, welche bedeutung die redu- plioation für den namen Marmar, Marmor, Mamurius hat, und dazu genügt es, ohne zu wiederholen, was die vergleichende Sprach- forschung über die redoplication bereits festgestellt hat, an ein- zelnen erscheintragen im lateinischen die bedeotnng desselben zu beobachten. Am natürlichsten bezeichnet zunächst die Wiederho- lung des Wortstammes die Wiederholung der Vorstellung, die im sprachlichen laut verkörpert erscheint, indem die spräche die sinn- liche Wahrnehmung malend nachahmte. So bezeichnet lalare das trällern des Wiegenliedes, tintinnire und tintinnare klingeln, nlu- lare heulen, susnrrare flüstern, murmurare murmeln, titubare stot- tern, pipire, pipare nnd pipilare piepen, bubire das dumpfe schnar- ren der rohrdommel, bubulare das schreien des uhu's, gingrire das schnattern der gänse, baubari das klaffen des hundes, cncurire das kikriki des hahnes, cuculare den kukukschrei. Von diesem einförmigen klang ihrer stimme sind dann die reduplicirten namen von vögeln abgeleitet: pipio der junge vogel, turtur, turturilia die turteltaube, upupa der Wiedehopf, ulula die eule, cuculus der kukuk, bubo der schutra, cicirrus der haushahn. Was die Wie- derholung gleichartiger töne nacheinander für das ohr, ist die Wiederholung gleichartiger färben nebeneinander für das äuge. Daher dient die redoplication auch zur bezeichnung solcher dinge, die dem äuge als eine menge gleichartiger einzelheiten nebenein- ander erscheinen z. b. furfur kleien, papaver mohn, cincinnua lockengekräusel, populus volk. Auch der schimmernde und flim- mernde glänz, der dem äuge als eine schnell wiederholte lichtbe- wegung erscheint, wird in einzelnen Allen durch reduplicirte Wör- ter bezeichnet z. b. titio(?) der glimmende feuerbrand, marmor der glänzende marmorstein, cicindela das funkelnde Johanniswürm- chen. Man wiederholt den satz in der rede, das wort im satze, das man besonders hervorheben will, und doppelt gesagt ist stär- ker und eindringlicher gesagt. So scheint in den ersten benen- nungen der lallenden kindersprache mamtna, papas, tata, die das lateinische mit vielen sprachen gemein hat, die Wiederholung des wortstammes die eindringlichkeit und Innigkeit der noch mit mühe gestammelten anrede auszudrücken. So scheint auch in dem gebet der alten feldpriester die reduplication des gottesna- mens die eindringlichkeit und Innigkeit des anrufes auszudrücken.

formen and bedeotnngen des namens Mars in den ital. dtalekten. 13

4) Die lateinische form Mars und die umbrischen Marte, Marti, Martier. Es -kommen nun diejenigen bildungen des gottesnamens in bet rächt, bei denen ein t an den einfachen oder reduplicirten stamm herangetreten ist. Indem dies t im lateinischen an den stamm herantrat, entstand die gangbarste benennnng des got- tes: Mars» Es ist also zu untersuchen, wie ein solches t als affix oder als rest eines affixes im lateinischen erscheint Von geringerer bedentnng sind für den vorliegenden zweck die falle, in denen das t zur bildnng eines abstrakten substantivum aus einem verbalstamm verwandt erscheint, wie inmor-t, for-t. ar-t, do-t, men-t, gen-t, weil sie die bedeutung des t in Mars nicht aufklären. Besser für diesen zweck passen schon die beispiele, wo das t an die verbalwurzeln sta, da, i herantritt: Prae-sti-t-es (Lares), Anti-sti-t-es, super-sti-t-es, Sacer-do-t-es, com-i-t-es, denn hier bezeichnet das t offenbar die person. Von derselben art ist das t, mittelst dessen aus Ortsnamen namen von personen d. h. einwohnern oder umwohnern gebildet erscheinen: Tuder-t-es, Tibor-t-es, Picen-t-es, Fiden-t-es, Fucen-t-es, Nar-t-es. Am genausten pafst aber für Mars ein beispiel, wo das t dazu dient, von einem vorhandenen personennamen einen neuen zu bil- den, nämlich von dem namen des hausgottes Lar den Vorna- men Lar-(t)-s. Dieser vorname stammt bekanntlieh aus Etru- rien, wo ihn die könige Porsenna und Tolumnius fuhren. Die etrurischen formen desselben sind Larth, Larths, Lart*) Aus Etrurien wandert der vorname nach Rom, wo ihn ein consul Lars Herminius fuhrt (Liv. III, 65). Von dem Vornamen ist der geschlechtsname Lartii gebildet, der einem ursprünglich etruri- schen geschlecht gehört, das seit Porsennas zeit in Rom auftritt Das beispiel Lars fär Mars kann aber deshalb vollständig als ana- logie aas dem lateinischen gelten, weil die Römer alle ursprüng- lich etrurischen namen, die sie sprachen, nach den gesetzen ihrer lautlehre, Wortbildung und wortbiegung gestalteten, sobald sie zu derselben nicht stimmten. So wird Lanchme zu Lucumo, Arnth

*) So am häufigsten auf den grabinschriften des geschlechtes der Fete Lanzi Sagg. di ling. Etrasc. II, 73 ff. Mit anderen Suffixen gebil- det finden sich von demselben stamme Laris und Larce.

14 % CoMMIl

zu Aruns, Tarchofiu zu Tarqumius, Cfelne zu Ciloius u. a.*) So muß auch Lara neben den etruskischen formen Lart, Larth, Larths als römische Wortbildung gelten. Sind doch auch die na- men der Etrusker Porsenna und Tolumnius in der gestalt, in wel- cher wir sie haben, römische Wortbildungen.

Der gebräuchlichsten römischen form Mars entspricht die umbrisehe, von der auf den Igavinischen tafeln nur die dative Marte, Marti vorkommen in folgenden opfer Vorschriften:

Tab. Ig. I, a. 12: (Aufr. und K. II, p. 186) Marte Krapuvi fetu ukripe Fisiu tutaper Ikuvina d. h.: Marti Grabovio facito pro monte Fisio, pro civitate Iguvina.

VI, b. 1: Marte Grabovei in demselben zusammenhange.

I, b. 2: Marte Hurie fetu popluper tutas Ijuvinas, tutaper Ikuyina d. h. Marti Hodio facito pro populo civitatis Iguvinae, pro civitate Iguvina. (A. u. K. II, 234). Ebenso

VI, b. 43: Marte Hone fetu . . et d. h. Marti Hodio faeüo. Endlich:

II, a. 11 : Ahtn Marti abrum perakne fetu, von welcher for- met mit Sicherheit die worte Marti aprum facito erkennbar sind (A. u. K. II, 379ff.).

Aufserdem findet sich ein dem lateinischen Martins entspre- chendes bei wort auf den Igavinischen tafeln, namentlich häufig anf der Vorderseite der siebenten als bejwort eines gottes Cerfua, der durch dasselbe dem Mars in irgend einer weise angehö- rig oder untergeordnet bezeichnet wird. Davon finden sich der vocativ Gerfe Martie, der dativ Cerfe Martie und Cerfe Marti und der genitiv Cerfe[s] Marlies und Cerfer Martier (vgl. Aufr. und Kirchh. II, 265). Aufserdem findet sich der genitiv in der Verbindung piquier Martier, wahrscheinlich in der bedeutung pici Martii, wodurch umbrisch wie lateinisch der specht als heiliger vogel des Mars bezeichnet scheint (das. II, 367).

Ein anderes beispiel dafür, dafs im umbrischen ein t unmit- telbar an eine nominalwurzel herangetreten erschiene, findet sich nicht, wie auch auf den umbrischen Sprachdenkmälern kein auf

*) Eine Zusammenstellung etrurischer namen findet sich bei G. T. Grotefend: Neues archiv für pbilologie und pädagogik 1829 p. 107—112. Die frage, welche von den dort aufgeführten geschlechtsnamen von Etrurien nach Rom und welche von Rom nach Etrarien gewandert seien, ist noch nicht gelöst. Ich habe daher nnr einige von unzweifel- haft ctrurischem Ursprung angefahrt

formen und bedeutnngen des namens Mars in den ital. dialekten. 15

rt auslautender nominalstamm vorkommt. Es zeigen aber die nrnbrisefaen ableitungssuffixe: men, no, ro, to, klo (lat. clo, colo), flo (lat bulo), feie (lat. bilis), tur, ter (lat. tor); ari, all, ano, ino, asio (lat. ario) all, itia, io, iio (ejo), ko (vgl. Anf. u. K. I, 162 L) eine solche Übereinstimmung mit lateinischen suffixen, dafs anbezweifelt Mart im umbrachen ganz dieselbe Wortbildung ist wie im lateinischen. Da£s auch im nmbrischen vor herantreten des affixes t das s zu r sank, erhellt daraus, dafs sich selbst im neuumbrischen gerade wie im lateinischen ursprüngliches s hielt, wo es durch eine folgende tenuis gestützt ward z. b. esis- co (cum his), esunes»co, pesondris-co, veris-co (das. I, 104) und die 2te pert. sing, fut II. fust (faerit), benust (venerit) verglichen mit den pluralformen ambre furent (ambiverint), benurent (venerint). Dafs schon im altumbrischen frühzeitig auslautende! s zu r sinken konnte, zeigen passivformen wie terkantur, emantur, wo das t aus dem s des reflexivpronomens entstanden, und der nominalstamm pir (m>Q) neben (vorauszusetzendem) sanskrit puvas (Aufr. und K. I, 36. 105)').

Im lateinischen wie im nmbrischen ist also das t an den aus Mas entstandenen stamm Mar unmittelbar herangetreten zur be- zeichonng einer bestimmten persönlichkeit.

Hit derselben bedeutung erscheint das t auch in namen, die mit den suffixen ati, iti (oder at, it?) et gebildet sind. Hierher gehören die zahlreichen völkernamen auf ati wie Arpinates, Fide- nates, Attinates u. a., mit denen die adjectiva summas, primas, infernas supernas in suffix und örtlicher bedeutung des grundwor- tes stimmen. Umbrisch haben dasselbe suffix die völkernamen Atiieriate, Kureiate, Museiate, Tarinate u. a. Namen mit dem suf- fix iti sind Samnites, Quirites, Caerites, Curitis (Juno) aus Samni» ites, Quiri-ites, Caere-ites, Curi-itis von curia = hasta, woher das i lang im gegensatz zu coelites, alites, equites u. a. Pott (etym. forsch. II, 559) erklärt das a wie das i in diesen beiden Suffixen für die sanskritwurzel i und ya (ire). Möglich, dafs auch das suffix et in dem götternamen Indig-etes so zu erklären, dafs das e desselben nur eine abschw&chung jenes i ist, und dafs, wie

*) Dafs nmbr. utur=ador aas alas entstanden, bleibt zweifelhaft, da ein adjectivam adosiosos fÖr adoriosas im lateinischen sich nirgends findet, sondern von Th. Bergk Comment de carm. Saliarium relL pregr< 1847—1848 p. 3 aus den bachsUben o dori eso gebildet ist.

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Pott annimmt, in Tiburtes, Camertes, Fidentes u. a. dieses i ganz geschwanden ist Für Mars und Lars gilt dies aber deshalb nicht, weil hier das grnndwort kein Ortsname, sondern ein personenname ist; hier ist das t ebenso anmittelbar an den stamm getreten wie in iners, exspers, demens u. a. In allen diesen namen aber be- wahrt das t, mag es nun mittelst einer verbalwurzel an das grund- wort angefügt sein oder nicht, die demonstrative kraft der hin- weisung auf eine bestimmte person, wie in den griechischen Suf- fixen rrjgf ny(>, tOQ. Ob jene Suffixe auf dem boden der italischen dialekte die gestalt at, it, t oder mit vokalischer deklination die gestalt ati, iti, ti hatten, ist nicht mit Sicherheit zu erkennen. Die ablative sing, auf e in Arpinate, Samnite, Marte, parte spre- chen für die erste, die genitive auf ium in Arpinatiam, Qairitinm, partium für die zweite annähme.

Nachdem somit das simplex Mars erklärt ist, mufs die erör- ternng des compositum Marspiter, die oben nicht zu ende gebracht, wieder aufgenommen werden Dafs und warum dieses eine mi£s- bildong sei, ist bereits nachgewiesen. Es steht wesentlich auf einer stufe mit solchen schon im sogenannten silbernen Zeitalter der lateinischen spräche hervortretenden Wortbildungen wie ra- muscnlos, domuscula, lacoscalus, wo das suffix ganz anorganisch an die nominative ramus, domus, lacus gehängt ist. Zu diesem mifsgriffe verleiteten Wortbildungen wie corpuscalum, mnnuscu- lam, musculus, pluscalum u. a., wo dasselbe suffix culo an den wortstamm trat, den man falsch als norainativ fafste. Man kann also Marspiter, wenn es nicht blofs verschrieben ist, nur ansehen als eine art erklärende form für Maspiter, in der statt der alten ans dem sprachbewufstsein geschwundenen form Mas die gebräuch- liche Mars eingeschmuggelt wurde, um die bedeutung des wortes wieder deutlicher zu bezeichnen. So entstand zwischen Maspiter und Marspater die zwitterform Marspiter. Aus dem bestreben be- deutung und abstammung eines compositum wieder zu verdeutli- chen scheint es hervorgegangen r wenn spätere Schriftsteller die organische abschwächung des a zu. e oder i in der Zusammen- setzung von verben mit präpositionen unterlassen, wie in deha* beo, desacro, in&rcio, obcanto, peranno, praecarpo, praejacio u. a., eine sehr übel angebrachte etymologische reflexion, welche die unmittelbare sprachschöpfung meistern wollte ohne einsieht in das wesen derselben.

formen und bedeutungen des namens Mars in den itai dialekten. 17

5) Die lateinische form Mavors und Mavortius pater. Was über die bildung der formen Marmor und Mars gesagt ist findet bei der erklärung der form Mavors anwendung. Wie an den einfachen stamm Mar das suffix t herantritt, so ist es an den redaplicirten stamm Marmor gefugt, und nach dem herantre- ten desselben schwand das r vor m ebenso wie in Mamurius. So entstand die vorauszusetzende form Mamors und durch sinken des zweiten m zu v Mavors. Doch die möglichkeit dieses consonan- tenwechsels bedarf noch eines beweises. Für ein unmittelbares umschlagen des m zu v im inlaut lateinischer Wörter weifs ich kein beispiel. Daher nehme ich an, dafis zunächst das m zu b ward wie in hibernus ans hiems, skr. hima, griech. ^etpcoV (Pott I, 141) und in der von Festus aufbewahrten form dubenus für dominus verglichen mit sanskr. dama, griech. dopog, depoo, goth. timrjan (Pott I, 261). Dann erweichte 'sich das b zu v. Die Verwandtschaft dieser beiden laute ist bekanntlich so nah, dafs sie in der schritt älterer Sprachdenkmäler häufig verwechselt wer- den (Schneider lat. gramm. I, 227). Für den vorliegenden zweck genfigt es einige sichere fälle beizubringen, wo b zwischen zwei vocalen im inlaut zu v sank. So steht Fovii neben Fabii (Fest.), Sevini neben Sabini, Sabus (Plin. H. N. III, 12) Avella neben Abella aus Aperula d. h. Eberstfidt, wie Atella aus Aterula (osk. aderl . . . Mommsen: die unteritalischen dialekte p. 245) d. h. Schwarzburg, Stovenses neben Stobenses Stobi. Im späteren la- tein findet sich auch lavor statt labor, manu via statt mannbia (Schneider a. a. o.) und ähnliches*). Dafs also in Mavors das ursprüngliche m durch die mittelst ufe b zu v abgeschwächt wer- den konnte, wird man wohl zugeben. Es läfet sich auch ein grund dafür angeben, nämlich die auch im lateinischen nicht sel- ten hervortretende neigung der spräche gleichen coosonantischen anlaut zweier auf einander folgenden silben durch dissimilation der consonanten zu vermeiden**) Im lateinischen trifft diese Wandlung den consonanten entweder an der ersten oder an

*) Bei rabula, ravas, Cebenna, Cevenna, loberna, Iaverna, Sabio, Savio wage ich nicht zu bestimmen, ob b oder v ursprünglich war; ebenso bei fribolns, frivolos.

**) Pott, etjm. forsch. II, 66 ff. hat die ausgebreitete Wirksamkeit dieser dissimilation in den indogermanischen sprachen durch eine reiche beispielsammlnng erhärtet

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der aweiten stelle; dann schlägt derselbe entweder in einen an- deren consonanten derselben lautföhigkeit um. So tritt tennis für tenois ein in Otricoli für Ocricoli (von ocris=mons), me- dia für media in Bedriacom für Bebriacam (vergl. Ligures Be- biani und bebra wurfspiefs), liquida für liquida in Parilia für Pa- lilia (fest der Pales), caerulens für caelnlens (von caelnm). So tritt ein and dasselbe suffix in der gestalt alis an die auf r, in der gestalt aris an die auf 1 auslautenden nominalstämme z. b. con- sularis, collaris, talaris, oeuiaris, alaris u. a., hingegen rnralis, rau- ralis, augaralis, corporalis, pectoralis, am den gleichen anlaat der beiden letzten silben zu vermeiden. Oder der eine der beiden consonanten trübt sich zu einem anderen desselben organes. So wandelt sich der Zungenlaut in meridies für medidies und deli- cavit für dedieavit (Fest. p. 73); der kebllaut in jugulum für gu- gulum; der lippenlaut in dem flulsnamen Fab&ris neben Farförus (indem das r wie in pejero, susum, Mavors u. a. schwand). Einen beleg für die dissimilation des m zu b und v bietet ein aus dem lateinischen in andere sprachen übergegangenes rednplicirtes wort, nämlich Iah marmor, franz. marbre, engl, marble, ungarisch mär- väny (Pott II, 97). So ist also auch das v in Mavors aas m durch dissimilation entstanden. In derselben bedeutung wie Marti patri steht auf einer römischen inschrift auch Mavortio patri (Orelli €. I. 1348 vgl. 1347). Die in einer restituirten Tnscula- nischen inschrift: M. Fourio C. F. Tribunos militare de praidad Mavrte dedet (Mommsen p. 276) vorkommende form Mavrte ist schwerlich mehr als verschrieben für Mavorte. Der aasfall des o und das herantreten des v an den folgenden consonanten ist wenigstens lateinischen lautgesetzen nicht gemäfe. Denn in com- positis schwindet das v zwischen zwei vocalen vor folgendem o z. b. de-orsum, se-orsnm und dann verschmolzen die vocale in der regel wie z. b. in malo, prorsus, rursus u. a. Jedenfalls ist jene inschrift nicht zuverlässig genug, am auf sie Schlüsse zu gründen.

6) Die form Mamers im oskischen und sabinischen dialekt. Die oskische form des gottesnamens ist Mamers (Fest. p. 131 Muell. Diod. XXI, p. 493 Wess.) und von ihr gebildet sind die osk. adjeetivformen papegzwo =Mamertiua, /ua^TwotTi' =Mamer- tinorum (Mommsen p. 276), der name der bruttischen stadt Map%Q- rwr (Strabo VI, l. 9) und der osk. vorname Mamercos. Es ist

formen und bedentungen des namens Mars in den ital. dialekten. 19

klar, daÜB man auch bei der erklärung von Mamers auf die redu- plicirte grundform Mannar zurückzugehen hat, und ea fragt sich, ob auch nach oakiachen lautgeaetzen 1) das sinken des a zn e, 2) die abschwächang eines ursprünglichen s za r, 3) das gänz- liche achwinden desselben vor m, 4) das herantreten des Suffixes t erklärt werden kann. Um den ersten pnnkt zu erläutern muls die lateinische lautlehre zu hülfe gezogen werden. In Mamers liefae sich die abschwächang des a zu e in der zweiten ailbe nach lateinischem lautgesetz auf doppelte weise erklären, je nachdem man sich dieselbe vor oder nach dem herantreten des aüßxes t an den stamm eingetreten denkt. Im letzten falle bewährte sich auch an Mamers die bekannte abschwächung des a zu e in geschlosse- ner silbe, wenn durch reduplication oder compositum das wort einen vorsalz erhält und somit eine Verminderung des tones der Stammsilbe eintritt z. b. in der compositum mit pronomen expers, coerceo, condemno, Antemnae (d. h. ante amnem sitae) mit der negativen partikel in: inermis, iners, indemnis, ineptus, mit Zahl- wörtern: biennium Iriennium u. s. w. und in der composition von zwei Substantiven: Lup-ercus (Lupum-arcens); ebenso bei der reduplication von verbalstämmen z. b. fefelli peperci. Es lädt sich aber zweitens auch denken, dafs das a in Marmar sich vor dem herantreten des t an den stamm zu e schwächte, da auch in offener silbe vor oder nach r in der lateinischen composition und reduplication dasselbe statt findet z. b. Gradior ingredior, pario, reperio, peperi. Die besten belege dazu geben zwei reduplicirte auf r auslautende stamme, nämlich farfarus (der huflattich), wo- für auch farferus vorkommt, und lat. carcer neben griech. xctQxa- qov. Die neigung den vorhergehenden vocal zu e zu schwächen zeigt das r auch sonst im lateinischen. So erscheint es aus u ab- geschwächt in Veneris, generis, foederis u. a. neben Venus, genus, foedus und in der composition pejero neben perjurium, aus i ent- standen in teg-e-ris (aus teg-i-s-i-s) neben teg-i-tur. Dieser Zuneigung des r zu e ist es auch zuzuschreiben , wenn das e in zusammengesetzten verben vor r unverändert bleibt z. b. congero, aufero, desero, detero, während es sich sonst zu i schwächt z. b. diligo, adimo, erigo, contineo u. a. Da auch in Marmor die vo- calschwächung der zweiten silbe vor herantreten eines t-suffixes eingetreten, so scheint es angemessener, auch für Mamers die zweite der beiden angeführten erklärungen anzunehmen und sieh das t erst an die form Marmar herangetreten zu denken.

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20 Corasen

Da sich nun aber auf oskischen Sprachdenkmälern kein schla- gendes seitenstück zu Mamers findet, so müssen die fälle in be- traeht gezogen werden, wo das oskische e als abschwächang an- derer vocale, namentlich eines ursprünglichen a erscheint*) Wur- zelhaÜes a ist im oskischen zu e gesunken in folgenden fallen: ofik. mefiai entspricht umbr. mefa, griech. t**Gog, lat. medius, skr. madhja. Osk. Vereorei, lat. Versori, als beiname des Jupiter, steht neben voraus (ein oskisches ackermafs) wie lat. vertere ne- ben vortere, umbr. ku vertu, junger coverto, = convertito neben kuvurtust = converterit von der sanskritwurzei vart Osk. petora ist umbr. petur (in petur pursus = quadrupedibus) lat, quatuor, skr. catur; osk. dekmanniois = deenmanis und der oskische name Decimius sind adjeetive von der oskischen zehnaahl gebildet. Dem entsprechen umbr. desen-duf=:duo-decim, tekuries, jünger de- qurier = deenriis, lat. decem, griech. dexa, goth. taihun, skr. da- $an; osk. knmbened = convenit, cebnust = venerit, umbr. bennst, benurent, benuso, latein. venire, goth. quiman stammen von der sanskritwurzei gam (Pott I, 260), osk. estud = esto von sanskrit* wurzel as (sein), vgl. umbr. est; anter ist lat. inter, skr. antar. In em-bratur imperator ist die oskische praposition en, zu em as- similirt, gleich umbr. en (z. b. en-tentu), griech. «V und dra, goth. ana. In per-temust ist die osk. praposition per, latein. per, umbr. per (z. b. ahtis-per, per-naiaf) auf sankr. pari zurückzu- führen.

Ursprüngliches a eines Suffixes wird oskisch zu e in folgen- den fallen: das comparativsufGx skr. tara sinkt osk. zunächst zu türü (d. h. toro) z. b. puturuspid = uterque und putiiru . . ., dann weiter zu tero, wie in osk. potereipid und lat. al-tero, griech. i-t8Q0. Schliesslich fiel das e in der deklination ganz aus z. b. osk. alttrei = alteri, alttram = alteram , minstreis, mistreis, der form nach = ministri, dem sinne nach minoris, wie im lat utrius, neutrum u. a., umbr. e-traf, hu-tra, mes-tru, pu-tres (Aufr. u. Kirchh. I, 67). Griechisches a von 'HQcudijg ist oskisch zu e ge- sunken in Herekleis, Herekloi; lateinisches a von Italia ist oskisch zu e gesunken in Vitelio, name der stadt Corfinium zur zeit des

*) Dies ist um so mehr nöthig, da Mommsen in der oskischen lautlehre diese und ähnliche Untersuchungen nicht angestellt hat Die erkenntnifs der ambrischen laullehre ist in dieser hinsieht durch Aufr. und Kirchhof? schon viel weiter vorgerückt durch masterhafte Unter- suchungen über die genesis der vocale, sowie über die pathologie der vocale und consonanten.

formen, and bedeatangen des namens Mars in den ital. dia leiten. 21

bundesgenossenkrieges (Mommsen p. 260). In der flexion des ver- bum sinkt ursprüngliches a zu e in folgenden fällen: In der oski- schen 3ten pers. sing. conj. präs. sta-iet entspricht das ie dem ja des skr. potent ialis der zweiten conjogationsklasse, das sich im nmbrischen ia bewahrt hat z. b. aseria-ia[m], porta-ia[t] =s portet, eta-ians=i itent (Anfr. n. K. I, 141), während im oskischen wie im lateinischen sies, sient, siet das a zn e sank. Aus a ab- geschwächt ist das e im oskischen, wo der wurzelvocal a war, in der redaplicationssilbe, so in deded = dedit neben dat von Wur- zel da, fefacust = fecerit (fnt. II), fepaeid = fecerit (perf. conj.??) neben faetnd = facito. Umbrisch findet dasselbe statt in fernst = dederit von wnrzel da, 8estu=sisto, sesnst = stiterit von sanskrit- worzel sthä lat. sta, pepnrknrent von sanskritwurzel prach n. a. bei Aufr. u. K. I, 43, vgl. 146; im lateinischen ebenso cecidi, te- ligi, pepigi n. a. von den stammen cad, tag, pag.

Auf dem boden der italischen dialekte tritt e vor liquiden, meist in suffixen, im oskischen nicht selten neben oskisch, latei- nisch, umbrisch u und o anf, und ist dann ab abschwächung dieser vocale anzusehen. So osk. famel, famelo neben lat famu- lns (familia), zicel neben zicolom, zicolois, ziculud, comenei ne- ben comonei, comonom, comono. Aehnlich steht nmbr. ti$el, ka« tel neben lat. catolus (Anfr. u. K. I, p. 43). Die 3te pers. pass. zeigt im osk. ter als affix, wo im lat. tur, tor, nmbr. tur. So osk. vinkter = vincitur oder vincitor, sakarater = sacrator (nicht res sacra fit, wie Mommsen bei erklärung der weiheinschrift von Agnone p. 128 übersetzt), sakahiter 3te pers. sing. conj. präs. von einem osk. verbam saka-nm, der a-conjugation angehörig, dem der form nach ein lateinisches sancare entsprechen würde, der bedeutung nach sancire entspricht Umbrisch 3te pers. plur. conj. präs. pass. terkantur, emantur. Da die erklärung dieser oskischen formen insofern noch nicht zweifellos ist, als bei ein- zelnen noch nicht erwiesen, ob man sie als indicative oder als imperative anzusprechen hat, so mufs die frage hier noch ruhen, in welchen von ihnen ein ursprüngliches a erst zu u oder o und dann weiter zu e geschwächt ist. Die oskische o - declination bil- det ihren genitiv auf eis und den locativ auf ei. In beiden fäl- len ist der ableitungsvocal ti=o, der sich in den übrigen casus dieser declination erhalten hat zu e gesunken. Vgl. suveis=sui, tereis= terrae, terei=in terra mit hortoi=:horlo (dat), aragetud = argento, degetasios=dictatores (nom. pl.)9 abellanum=Abeiia- norum, abellanois=:Abellanis.

22 Corssen

Ans i entstanden ist e in amfr-et = anibit; hier gestaltet sieh die wurzel i gehen osk. zu e wie im Iat. eo, eunt und im nmbr. fast immer z. b. etu = ito, eneto = inito, upetn = obito, amprehtu, apretn = ambito, etaians = itent. Dafs im oskischen wie im la- teinischen ein folgendes r ein vorhergehendes i zu e schwächen konnte zeigt die form Ninmeriis = Nnmerins neben Niumsieis = Nnmerii. Ans der ursprünglichen form des namens .Niumiaiis ward nämlich entweder durch sinken des s zu r zwischen zwei ▼ocaten Ninmeriis oder das i ward vor s unterdrückt etwa wie in Pupdiis neben Pupidiis, und dann bekam das s halt durch das vorhergehende m und blieb in Niumsieis.

Die häufige abschwächung eines ursprünglichen a zu oskisch e bewährt sich also auch in Mamers neben den lateinischen for- men Marmor, Mavors, Mamurius, wie in den oskischen passivfor- men auf ter neben den lateinischen und nmbrischen auf tur und tor. Oben ist gezeigt, wie im oskischen das comparativsufißx tara sich erst zu toro dann zu tero schwächte und wie auch sonst das oskische e als Schwächung eines italischen u und o erscheint. So wird man auch das oskische e in Mamers als eine stärkere ab« Schwächung des ursprünglichen a von Marmar anzusehen haben wie das lateinische o und u in Marmor, Mavors, Mamurius.

Es sollte zweitens untersucht werden, ob ein sinken eines auslautenden s zu r, wie es oben für das lateinische Marmar, Marmor nachgewiesen ist, auch nach oskischen lautgesetzen ge- rechtfertigt werden kann. Es ist behauptet worden, im oskischen sänke s nie zu r. Wäre dem so, dann müfste man annehmen, dais der oskische dialekt den ursprünglichen stamm von Mamers Mas nicht gehabt, sondern ihn erst in der gestalt Mar oder re- duplicirt Marmar überkommen habe. Denn dafs namen in einem dialekt nach dessen besonderheiten gebildet und in schwesterdia» lekte fertig übertragen werden, ist nichts seltenes. Aber jene be- hauptung ist unrichtig*) und um das darzuthun, ist es nöthig

*) Mommsen; die unterital. dial. p. 236, 359 behauptet, der rkota- cismu8 sei dem osk. völlig fremd, p. 225 mufs er doch alle anerkennen, wo er eingetreten ist, und dann schliefst er, da der rhotacismus dem oskischen fremd sei, so könne im oskischen so wenig wie im lateini- schen das schließende r der passiv formen aus dem 8 des reflexivprono- mens 3ter person entstanden sein. Schwerlich wird jemand dieser schlnfsfolge beistimmen, um darauf hin ein sicheres ergebnifs der ver- gleichendes Sprachforschung zu verwerfen.

formen und bedeatangen des namens Mars in den ital. dia leiten. 28

das oskische s an den stellen zn beobachten, wo es im lateini- schen zu r sinkt, nämlich im inlaut zwischen zwei vocalen und im anslaut.

Für alle fälle, wo sich oskisches s zwischen zwei vocalen gewahrt hat, finden sich analogieen aus dem lateinischen und um* brischen. Für wurzelhaftes s in dieser Stellung findet sich nur ein beispiel nämlich osk. aasai (dativ), dem altlat asa, altumbr. und neuumbr. asa entspricht Im suffix bleibt das s zwischen fcwei vocalen in FJu-usai = Florae und flusare = florali. Hier hat das lateinische das ursprüngliche s nur im auslaut von flos ge- wahrt, wo das nackte thema als nominativ steht, sonst zu r sin* ken lassen. Das oskische adjectivsuflix asio in degetasis, vereha- sioi, purasiai, fluusasiais findet sich im altombrischen kurclasiu, plenasier, sestentasiarum, urnasiarnm nnd auch im lateinischen, wenn auch selten: Vespasius Vespasianus, amasins, amasio.

Ursprünglich zwischen zwei vocalen stehendes s hält sich im oskischen wie im neuumbrischen und neulateinischen, wenn einer der beiden vocale ausfällt und sich das s nun an einen consonan- ten anlehnt. Daher hat sich das 8 von der dten pers. conj. des verbum substantivum set = sit gehalten, wo bei der verbalbildung das e hinausgedrängt ist z. b. fu-st« dicu-st. hipu-st, pruhipu-st, während es im lateinischen in den entsprechend gebildeten for- men fuerit, dixerit, habuerit, prohibuorit zu r sank, weil die bei- den vocale sich hielten. Ganz auf einer stufe mit diesen oski- schen formen stehen die neuumbrischen singularformen fu-st, benu-st, covorta-st, während die pluralformen wie benu-rent, faku-rent, ambrefu-rent schon im altumbrischen aus demselben gründe wie die lateinischen venerint, fecerint, ambiverint ihr s zwischen zwei vocalen zu r sinken lassen. Eine entsprechende oskische pluralform ist uns leider nicht aufbewahrt. Jene» oski- sche a konnte vor einer tenuis ebensowenig zu r sinken, wie oben im lateinischen und umbrischen nachgewiesen ist. Daher bewahren es oskisch und lateinisch minstreis = ministri aus min- us-tero. mit doppeltem comparativsuf&x gebildet neben lat. minor und oskisch kvaisstur = quaestor neben lat. quaero.

Wie der folgende consonant oft der rettungsanker des s ge- worden ist, so konnte es im oskischen auch ein vorhergehender werden, wenn der vocal zwischen diesem und dem s wegfiel. So bewahrte osk. opsannam (aus opsandam) =lat. operandam das ursprüngliche s von opus* indem sich nach dem ansfall des vor-

24 Corssen

hergebenden e das s an das p lehnte. Dafs dies richtig ist, ja dafs das oskische in einem und demselben wort beide wege ein* schlagen konnte, zeigt die schon oben erwähnte form Niumsieis neben Niumeriis, von denen die erste von der ursprünglichen form Niumisio das s rettete, indem der vorhergehende vocal ausfiel, die zweite das s zwischen zwei vocalen zu r sinken liefs, welches, dann das vorhergehende i zu e schwächte, wie das lateinische Numeriu8 aus Numisius entstanden ist. Auch das lateinische athlägt denselben doppelten weg ein. In den alten perfektformen faxint = fac-sint, axint = ag-sint hielt sich das ursprüngliche s von sint an den vorhergehenden consonanten gelehnt, in den ge- wöhnlichen formen fecerint, egerint sank das s zwischen den bei- den vocalen zu r.

Dafs das s auch im oskischen zwischen zwei vocalen leicht eine Schwächung erleidet, zeigt sein Übergang in z in fallen, wo es umbrisch und römisch zu r sank. So im oskischen pronomen izik, umbr. erek, altosk. eiso, neuosk. eizo, umbr. eru, so in der form der a-conjugation censazet, dessen zet aus set geworden ist = lat. censuerit. Der gen. plur. der a-declination ist aus einem ursprünglicken asum osk. zu azurn, umbr. und lat. zu arum ge- worden. Bei Aufrecht und Kirchhoff (1, 108) ist vortrefflich nach- gewiesen, dafs in diesem sinken des s zu z das oskische mit dem gothischen gleichstehe und dafs das z einen sanfteren laut ge- habt haben müsse, der den Übergang des s in r vorbereitet habe. In der form Niumeriis zeigt sich, dafs dieser Übergang wirklich erfolgen konnte.

Dafs auch im auslaut s zu r sinken konnte, zeigen die pas- sivformen vincter, sacarater, sakahiter, lamatir, deren r wie im latein. passivum und in den umbr. passivformen emantur terkan- tur aus dem s des pronomen reflexivum dritter peroon entstan- den ist, wie die vergleichende Sprachforschung überzeugend dar- getban hat. Weiter unten wird auch aus dem sabinischen dialekt ein beispiel einer ähnlichen passivbildung beigebracht werden. Hier ist also pronominales s im auslaut zu r geschwächt; dafs wurzelhaftes s dasselbe erlitten, dafür geben die oskischen denk- mäler kein beispiel, aber auch ebenso wenig eines, in welchem ein solches s sich gehalten hätte.

Da man also zugeben mnfs, dafs das sinken des s zu rsich im umbrischen, oskischen, lateinischen und sabinischen dialekt unter denselben lautlichen bedingungen findet, nur dafs es im

formen and bedeutungen des namens Mar* in den ilal. dialekten. 35

neuumbrischen am weitesten am sich gegriffen hat, weniger im altombrisehen und lateinischen, am wenigsten im oskischen und sabinischen , dafs ferner in jedem dieser dialekte sowohl bei ver- schiedenen Wörtern zu derselben zeit als bei demselben wort zu verschiedenen Zeiten Schwankungen statt gefunden haben, so ist auf dem boden des oskischen die entstehung einer form Mar aus Mas erklärlich, obgleich man aus den wenigen auf uns gekomme- nen oskischen sprachdenkmalern nur das sinken auslautenden pro- nominalen 8 zu r durch beispiele belegen kann.

£s wäre drittens ein beispiel aus dem bereich der oskischen spräche nachzuweisen, wo t als suffix oder rest eines Suffixes an einen auf r auslautenden stamm so tritt, wie in Mamers anzu- nehmen, und oben für Mars erwiesen ist. Ein solches beispiel bieten indefs die oskischen Sprachdenkmäler nicht. Allein mau überblicke nur die oskischen suffixe, die hier nur nach ihrer äafse- ren gestaltung übersichtlich zusammengestellt werden mögen: a, o* i; men (in mento), imo; no, ano, ino, inio, onio; ulo, clo, ilio; ro, ri, erio, irio, erno; asio, isio, ivo, iio = aiio = eia (lat~ ejus, eja, vgl. Aufr. u. K. I, 24, 163 umbr. iio) io; co, ico$ to, tur, ter, iio, toro = tero, ati, ato, atio, atu, eta, etio, itio. Jedes dieser einfachen oder mehrfaltigen suffixe findet sich im lateinischen. Man ist daher berechtigt anzunehmen, dafs auch das herantreten eines t an einen stamm wie mar der oskischen Wortbildung ebenso angemessen ist wie der lateinischen.

Von dem Wegfall eines s oder daraus entwickelten r vor m, der in Mamers anzunehmen ist, findet sich zwar kein weiteres beispiel; aber dafs der oskische dialekt die Verbindung sm rm nicht liebte, geht daraus hervor, dafs sich für dieselbe ebenfalls kein beispiel findet*). Es wird also wohl nicht gewagt erschei- nen auch für das oskische Mamers den Wegfall eines aus s ent- standenen r ebenso anzunehmen wie für die lateinische form des namens Mamarias und Mavors, zumal da reduplicationssilben über- haupt leicht Verstümmelungen und abschwächungen ausgesetzt sind.

Auch bei den Sabinern war die namensform Mamers hei- misch, ebenso wie der name Mamercus (Varro 1. 1. V, § 73.)

*) Mommsen liest tab.Bantin. 16 posmom, doch die lesart ist sehr unsicher, da Lepsius Inscr. Umbr. et Ose. Commentat. dos mo XX liest and die erklärong des Zusammenhanges der stelle noch im argen liegt.

26 Cornea

Denn Mamercus heifst ein söhn des Sabinen Numa, von dem die Mamerci Aemiiii ihren namen herleiten (Plut Numa 8.). Wenn aber die Marcii ein satanisches geschlecht genannt werden, (Plut. Num. 21) so kann man daraus schliefsen, dafs aach die namens- form des gottes, von der das sabinische adjcctiv Marcius gebildet ist, nämlich Mars, bei den Sabinern gebräuchlich war. Daher wer- den die Marcier denn auch bald von dem Mamercus, dem söhn des Numa abgeleitet, bald von Marcius einem vetter desselben (Plut. 1. c. Säet. Caes. 6, Ovid Fast VI, 803 ff.). Wenn vom sa- binischen dialekt uns nichts erhalten wäre als der name Mamers, so würde wohl niemand bedenken tragen, diese sabinische Wort- bildung mit der oskischen zu identificiren. Nun sind uns aber einige wenige bruchstucke des sabinischen dialektes erhalten, also müssen diese auch befragt werden, namentlich über die abschwä- chung des s zu r und das sinken des a zu e in Mamers.

Ein ursprüngliches wurzelhaftes a sinkt im sabinischen dia- lekt zu e in folgenden fallen: der beiname Ner-on bedeutet sa- tanisch der starke. Von demselben stamme mit dem suffix ia gebildet ist der name der göttin Neria (Martis) der gemahlin des Mars. Dieser name lauiet nach herantreten eines neuen affixes on: Nerio(n) wie aus amasius amasion oder aus Jov-na Ju-n-o(n). Nerio bedeutet fortitudo und bildet den accusativ Nerienem, indem das o sich zu e schwächte wie in Anienem vom stamme Anion. Die vocativbildung Nerienes setzt einen eben solchen nominativ voraus, in welchem das nominativzeichen s mittelst des vocals e an das zu en geschwächte suffix on trat (Gell. N. A. XIII, 22) *). Desselben Stammes ist das umbr. ner-f = viros und griech. a-rsg, Ist. ner-vus von der sanskritwurz. nar (Pott I, 106.)

ver-na ist ein sabinisches wort (Fest. p. 372) und ist wie der latein. name der göttin Ves-ta und der voücische Ves-une (dativ auf der bronzetafel von Antinum : Mommsen p. 321) und der name der sabinischen Stadt Ves-bula von sanskritwurzel was = habitare herzuleiten (Pott I, 279). Die verbalformen f er enter, feret (auf der bronze von Rapino, Mommsen p. 336. 341) wie lat. ferre, umbr. fertu, fertuta, ferest, arfertur, jünger arsfertur, anferener u. a. sind auf die sanskritwurzel bhar zurückzuführen. Der name der alten stadt im sabinerlande Mefula**) scheint gebildet aus

*) In der form NfiQtvrj bei Lydoe de mens. IV, 42 scheint Nerienes verwechselt mit Nerine = Nereis , denn das e in Nero n. t. ist kurz. **) Dion. Halle. A. R. I, 14 steht MqyvX*. Das y läfet hier eben

formen and bedeutungen des namens Mars in den ital. dialekten. 27

einem sabinischen adjectiv, das identisch ist mit oskiseh mefiai, nmbr. mefs, lat. medius, skr. madhya. Denn dafs der sabinische dialekt Vorliebe für die labiale aspirata f hatte, zeigen die formen fasena, fedus, fircns f&r harenä, hedns, hircos. In Mefula ist dann das j nach dem f verschliffen wie im umbr. mefa. Mef-ula ist also dem sinne nach soviel wie Medi-ola-num d. h. mittelstädt. Auch der name der stadt Medullia ist wohl ans Medio -villia ent- standen und bedeutet dasselbe. Einem griech. a entspricht ein sabinisches e wahrscheinlich in lepestae = griech. lenaata. *) Das sabinische Cnpencus soll nach Servias (Virg. Aen. XII, 539) sa- cerdos bedeuten. Dieses wort scheint ein compositum zu sein, dessen beide bestandtheile sich noch nachweisen lassen. Der erste bestandtheil Cup erklärt sich aus Varros notiz (1. 1. V, 159): nam cyprum Sabine bonum. In Picenum finden sich zwei städte: Cu- pra montana und Cupra maritima, deren name also eiuen ähnli- chen sinn hat wie Bononia, Beneventum, und eine Dea Cupra = Dea bona (Mommsen 350, Grater insc. 1016, 2). In Rom heifst der Vicus Cyprius (vielmehr Cuprius, wie Sulla nicht Sylla zu schreiben) = Vicus bonus nach demselben sabinischen wortstamm, unweit des vicus sceleratus gelegen. Der zweite bestandtheil von Cupencus : encus ist nichts arideres als ancus = minister (Fest. v. ancillae 19.), das in dem sabinischen vornamen Ancus erhalten ist. Davon heifsen gewisse gottheiten Ancuii, Anculae d. h. die- nende gottheiten, und ancnlare oder anclare bei den alten so viel als ministrare. Daher ist anciabris = mensa ministeriis divinis aptata (Fest. p. II) eine Wortbildung wie salu-ber, cele-ber, can- dela-brum, deren suffix ber nichts anders ist als der verbalstamm fer, durch welchen das compositum die bedeutung des mittels oder Werkzeugs enthält, das dem ersten bestandtheil des Wortes dient. Daher heifsen auch die opfergef&fse, quibus sacerdotes utuntur (Fest, a. a. o.) anclabria. Vom stamm anc ist ebenfalls gebildet anc-He, wie von hast : hastile. Ein calendarium bemerkt beim 2. März: arma ancilia movent, das heifst also: arma ministeriis divinis ap- tata oder arma, quibus sacerdotes utuutnr, movent Ancile heifst also nichts als: geräthschaft zum heiligen dienst, wird aber

sowenig einen richtigen schlufs thnn auf die qnantitlt des e wie in der griech. form NqQhn neben Nero, Neriene u. a.

•) O. Müllers lesart Varro L 1. V, 123 scheint unzweifelhaft.

28 Corssen

besonders von den schildeu der Salier verstanden.*) Wie nun im lateinischen minister und ministra häufig den priester und die priesterin bedeuten, die den gottesdienst verrichten, so heifst sa- binisch ancas der gottesdiener oder priester, anclabria und ancilia gottesdienstliche geräthschaflen. So wird auch Camillus und Ca- milla, der knabe und das mädchen, das beim opferdienst zur hand ging, administer und administra erklärt (Varro 1. 1. VII. 34.).

Sehen wir nun auf die form, weiche die beiden bestandtheile des compositum Cupencus in der Zusammensetzung gewonnen haben. In Cup haben wir den nackten stamm, an den das ad- jectivum cup-ro sein suföx ro gehängt hat. Das a von ancus hat sich in geschlossener silbe zu e geschwächt wie in Lup-ercus, Ant-emnae, Ma-mers. Cup-encus ist eine Zusammensetzung wie lateinisch mali-corium, sacri-portus, aogi-portos, pleni-lunium, veri-verbium, vivi-radix und, was wegen des vocalischen anlauts des zweiten wortes am besten herpafet, cav-aedium. In allen die- sen Zusammensetzungen enthält das erste wort rein eine eigen- schaftsbestimmung des zweiten, wie sie ein adjectivum seinem substantivum beilegt, Cup-encus heifst also wörtlich: guter die- ner und bezeichnet den geheiligten priester. Solche composita zur bezeichnung von priestern nach ihren Verrichtungen sind ge- bräuchlich. So sacerdos der opfergeber, antistes der Vorsteher (d. h. caerimoniarum et sacrorum Cic. Dom. 39 oder templi Liv. XXIII, 11), Salisubsuics heifsen die nachtanzenden Salier, im ge- gensatz zum Praesul, dem vortänzer (vgl. succentores und prae- centor), Pontifices die br&ckenbauer, bekanntlich vom bau des pons Sublicius benannt, Luperci die wolfsabwehrenden priester. Wenn in Cupencus der priester der gute zubenannt ist, so ge- schieht dies wohl boni ominis causa. So heifst die dienerin der Vesia in der priestersprache Amata.

Das herabsinken des a zu e in Mamers ist also auch nach sabinischem lautgesetz gerechtfertigt.

Es bleibt zu untersuchen, in wie weit eine abschwächung des s zu r im sabinischen dialekt nachweislich ist. Stammhaftes

*) ancile von amb-cidere herzuleiten ist nicht rathsam, denn es wäre seltsam, dafe im lateinischen vom suffix ili das erste i wegfallen und in folge dessen der auslautende consonant des verbalstamm es weg- fallen sollte. Gegen die erklSrung in-cid-ile von inctdere macht sich ganz dasselbe bedenken geltend.

formen und bedeutnngen des namens Mars in den ital dialekten. 29

s bleibt sabinisch zwischen zwei vocalen in Casinam (d. h. alt« stadt, wie cas-cus alt, cas-nar greis), ausuin = aurum (Fest. p. 8), Auselii = Aurelii*), fasena = arena. * Diese formen stehen also auf einer stnfe mit den altlateinischen asa, Lases. Auch in sabi- nischen suüQxen ist das s zwischen zwei vocalen erbalten in Va- lesii, Valesus wie im altlateinischen Leucesie, in Libasius = Liber und dem städtenamen Vespasia, wie im lat. amasius, amasio(n), in Papisius wie in lat. Calvisianus, Numisius. Es ist also klar, dals das sabinische in der bewahrung des s zwischen zwei voca- len mit dem oskischen und alilateinischen auf einer stufe steht. Doch scheint ein sinken des s zu r in sabinischen Wörtern eben- so wenig ohne beispiel wie in altlateinischen und altumbrischen. Yarro sagt 1. 1. VI, 5: Secundum hoc dicitun crepusculum a cre- pero. Id vocabulum sumpserunt a Sabinis, unde veniunt Crepusci nominati Amiterno, qui eo tempore erant nati, ut Lucii prima luce. Nach diesen Worten ist creperus sabiniscb, wie crepuscu- lum und Crepusci und von da ins lateinische übertragen; crepus- culum aber setzt ein sabinisches crepus voraus, wie lat. mnnus- culum, corpusculum, musculus: munus, corpus, mus. In dem von crepus gebildeten adjectiv creperus = dämmerig, zweifelhaft (vgl. Yarro 1. 1. VII, 77) sinkt zwischen den vocalen das s zu r und dann schwächt das r das vorhergehende u zu e ab. So sind lat.

*) Aus der notiz (Fest. p. 23), dafs die Aurelier vom sonnendienst den namen hätten, nimmt Mommsen eine sabinische form ansei = sol an. Allein dafs die Sabiner die sonne sol nannten, sagt Varro 1. 1. V, 27 mit dürren worten: Sol, vel qnod ita Sabini, vel solns ita lucet, ut ex eo deo dies sit. Die gloase des flesychius: avxtjlwq (wofür M. richtig avarfloi^ oder ouVijA schreibt) %mq vno TvQfarwv beweist nichts weiter, ab dafs derselbe stamm ans wie im lat aurora", griech. *«? auch etrnskisch die morgenröthe bezeichnet, und das und nichts mehr bezeich- net der name nsil auf elrnrischen metallspiegeln neben Gguren der Aurora nnd des Sonnengottes. Dafs von diesem stamme ans der name Anrelii herzuleiten, dafür spricht der in diesem geschlecht einheimische sonnendienst allerdings. Dafs aber dieser stamm keinesweges, wie Mommsen ganz ohne beweis annimmt, derselbe ist wie so], ist von Pott bewiesen, der I, p. 131 sol von dem sanskritstamm swar (coelnm), hingegen anrom und aurora vom sanskritstamm nah = nrere ableitet. Varro erklärt daher richtig VII, 83: aurora dicitur ante solis ortum, ab eo qnod ab igni solis tum anreo ae> anrescat, freilich ohne e6 zu wissen.

30 # Corssen

von genus tempus, opus, Venus: genero, tempero, opera, Venereos gebildet.*)

Vor einem liquiden im inlaut sinkt wurzelhaftes s zu r in ver-na9 wie schon oben gezeigt von sanskritwurzel was (habitare) wie im latein. veter-nus, or-namentum, während es vor der te- nnis c in crepnscos, crepasculnm sich hielt wie im latein fuscus, Etrnscus.

Dafs im auslaut sabinisches s zu r sinken konnte, dafür giebt es ein bebpieL Auf der bronze von Rapino sind die schon er- wähnten Wörter ferenter und feret unzweifelhaft richtig von Mommsen als verbalformen erkannt. Ferenter kann nicht feren- tes sein, da in der declination das auslautende s auf jener bronze- tafei stets gewahrt ist, wie in aisos pacris, asignas, aviatas, joves pa- tres ( jovis patris), ocres (vgl. osk. ocris=lat. mons) und da überdies ein verbum finitum für deu satz erfordert wird, während weiter keine verbalformen erkenntlich sind. Also beweist ferenter, mag es nun feruntur, ferantur oder feruntor bedeuten, dafs das sabinische dieselbe passivbildung hatte, wie das lateinische, umbrische und oskische, d. h. dafs das auslautende r aus dem s des pronomen reflexivum dritter person entstanden ist. Sehen wir also hier sa- binisches s im inlaut und auslaut unter gleichen bedingungen wie im lateinischen zu r werden, so wird es wohl nicht zweifelhaft sein, dafs auch das sabinische wie das lateinische, umbrische und oskische den stamm mas'zu mar wandeln konnte, wenn sich auch unter den wenigen sabinischen worten keine analogie für wur- zelhaftes s im auslaut findet.

Das herantreten eines t zum zweck neuer Wortbildung an einen auf r auslautenden stamm findet wie in Mamers statt bei den namen der sabinischen gottheit Fors und Fortuna vom stamme fer skr. bhar, deren gestalt im sabin. dialekt mit der lat. form überein kommt. Für den wegfall oder das verbleiben eines aus s

*) Varro sagt 1. 1. V, 74: Et arae Sabinam Hnguam olent, quae Tati regia voto sunt Romae dedicatae. Dann nennt er «anter den gott- heiten, denen sie geweiht sind: Florae, Larandae, Laribas, und setzt schliefslich hinzu : E qais nonnnlla nomina in atraqae lingna habent ra« dices. Dafs jene drei namen, in denen ursprüngliches s zu r gesunken erscheint, in sibirischer form mitgetheilt wären , ist 'mindestens sehr zweifelhaft. Wahrscheinlich ist die lateinische form gegeben; ich baue also keine schlösse darauf

formen and bedeatangen des namens Mars in den ital. dialekten. 31

gewordenen r vor m nTst sich ans den den dürftigen satanischen sprachresten kein beispiel anfahren.

7) Das wesen des gottes Mars im verhältnifs zu seinen namen.

Nach den bisherigen Untersuchungen stehen also in den ita- lischen dialekten die formen Marmar, Mavors, Mamers hinsicht- lich der ablautong ihrer vocale neben einander wie innerhalb des lateinischen pars, expers, proportio, wie griech. daQ&dro) neben lat. dormio und dermio, griech. t«(><7öV, ta^gog neben lat. terra, extorris, wie sanskrit vas, acc. dat. gen. d. 2ten pers. plnr. des pron. personale, neben lat. voster, yester, sanskritwurz. vart neben lat. vortere, vertere, sanskritwurz. bhar neben lat. fero, fore; sanskritw. man neben lat mens, moneo. Ursprüngliches a sinkt in allen fäl- len, die hier vorliegen, zu o und e im latein, theils in folge von tonschwächung, wenn das wort vorn einen zusatz- erhält, theils wenn sich die wurzel im latein. mit einem suffix bekleidet.

Nachdem somit die entwickelung der verschiedenen namens- formen aus dem stamme mas nachgewiesen ist, wird es nothig sein, sich nach der ursprünglichen bedeutnng der wurzel omzu- sehn. Potts ableitung des Stammes mas von sanskritwurzel man (cogitare) hat viel ansprechendes, ist aber nicht zweifellos. Mas hätte nach derselben den vocal der wurzel gewahrt, den auslau- tenden consonanten derselben aber verloren, und das dem suffix »gehörige s in dessen rechte eintreten lassen (etym. forsch. II, 206). Sonst wahrt umgekehrt diese warzel im lateinischen den auslautenden consonanten, Ufst aber den vocal a zu e sinken in mens, der dann nach lateinischen lautgesetzen weiter zu i und o wird iu memini, moneo. Aber selbst wenn jene erklärung die richtige ist, so wäre es sehr fehlgeschossen danach Mars als den denkenden gott zu erklären. War vor der Sprachtrennung mas wirklich eine bildung von wurzel man, so ist doch die bedeutung des denkens nach derselben auf dem boden des lateinischen ganz ans dem bewufstsein dieser spräche geschwunden. Denn mas masculus u. a. bezeichnen bekanntlich im lateinischen nicht blofs von menschen und thieren, sondern auch von pflanzen, wie von epheu, cypresse, eppich, Weihrauch das männliche, das im ge- gensatz zum weiblichen das erzeugende ist. Wo die bedeutung der wurzel man, denken, im bewufstsein der lateinischen spräche geblieben ist, erscheint sie, wie oben bemerkt ist, in der gestalt

32 Corssen

men, min, mon. Wer keine andere zweifellose ableitung von mas zu geben weifs, der niufis sich an jene faktische bedeutung von mas, masculus u. a. halten.

Die bedentang von mas: mann, erzeugender geht nun also in den goltesnamen über, wird aber durch composition, reduplication und affix verschiedenartig ausgeprägt. So giebt das compositum Maspiter den sinn mann vater oder erzeugender vater. Die reduplicirte form Marmar, Marmor enthält den begriff von mas intensiv verstärkt: der sehr erzeugende. Durch da» herantreten des sufnxes t an den stamm mas wird, wie oben gezeigt, die persönlichkeit des gottes als solche bestimmter bezeichnet, und Mars heifst also der männliche oder der zeugende gott. Die for- men Mavors und Mamers haben sowohl die intensive Verstärkung des begriffe von mas durch die reduplication, als die bezeichnung der bestimmten persönlichkeit durch das t-suffix an sich, bezeich- nen also den sehr männlichen oder sehr zeugenden gott.

Es bleibt noch übrig zu erwägen, ob diese bezeichnung des gottes auch zu dem wesen desselben, wie es in italischen gottes- diensten und sagen sich darstellt, übereinstimmt. Die beinamen des Mars: Silvanus und Campestris zeigen, dafs wald und feld sein bereich war (Cato R. R. 23, Orelli corp. inscr. no. 3496. 1355), daher behütet er die rinder auf der weide und zwei thiere des waldes sind ihm heilig, der wolf und der weissagende specht: picus Martius (umbr. Piquier Martier), durch den er in der alten Aborigenerstadt Tiora Matiene Orakel gab (Dion. Halic. 1, 14). In dem gebete bei dem opfer der suovetaurüia wird er angerufen (Cato R. R. 141): dem landmann, seinem hause und gesinde gnä- dig und gewogen zu sein, sichtbare und unsichtbare krankheiten, mifswaclis und Verwüstung, hagelschlag, Unwetter abzuwehren, feldfrüchte, getraide, weinstöcke und gesträuche wachsen und gut gedeihen zu lassen, hirten und heerden unversehrt zu erhalten und dem ganzen hausstand gut gedeihen und gesundheit zu ver- leihen. Den Marmar und die Laren rufen die feldpriester im Carmen arvale vor beginn der ernte im monat Mai um schütz und segen an; dem Mars opfern umbrische priester für volk und gemeinde der bergstadt Iguvium im Apennin (Aufr. u. K. II, 486), wie die schon oben mitgetheilten Opfervorschriften der priester- schaft bezeugen. Nach ihm war der erste frühlingsmonat, mit dem das altrömische jähr begann, Martius genannt, in dem ihm geweihten frühlingsmonate feiern ihn und andre himmels- und

formell and bedeotangen des namens Mar» in den ital. dialekten. 33

jahresgoitheiten zu Rom die Salier mit gesängen, tanzen und schmausereien. Ihre Schilde bedeuteten, wie oben gezeigt ist, die zwölf monate, ihr verfertiger ist eine personification des März selbst, und wenn bei ihren umzögen ein mann ein herging, dicht eingehüllt in feile, auf den alles mit Stangen loshieb (Joh. Lydus: de mens. HI, 29. IV, 36), so sieht das bei einer feier zu frühlings- anfang einem austreiben des winters sehr ähnlich. In den altpe- lasgischen städten Tibur, Tusculum, Veji, Falerii wie in dem la- unischen Alba war seit den ältesten zeiten eine ähnliche feier heimisch, wie die nmzüge und feste der Salier zu Rom. Dem Mars oder Mamers weihten sabellische, launische und oskische Völker das ver sacrum, die erstlinge des frühlings von pflanzen, thieren und menschen, von allem was zwischen dem 1. März und dem 1. Mai geboren war (Serv. Virg. Aen. VII, 796. Liv. XXXIV, 44. Fest. v. Maniertim p. 158. v. ver sacrum p. 379), wenn pest oder andre schwere noth das land bedrängte. Das -Sinnbild des Mars war vor alters, ehe Rom gölterbilder kannte, die hasta pura, ein friedlicher stab, sabinisch curis genannt (Pellegrino: andeu- tungen über d. urspr. religionsnnterschied d. röm. patricier und plebejer p. 49 ff.), der gute friedensfurst Numa soll ihm einen Ha- men eingesetzt haben.

Mit dem wesen des Mars erscheinen eine anzahl weiblicher gottheiten von untergeordneter art eng verbunden. Gattin des Mars ist bei den Sabinern Nerio oder Neria, d. h. die starke göt- tin, die in einem alten alliterirenden gebete von der sabinerin Hersilia um frieden und glückliche eben angerufen wird (Gell. N. A. XIII, 22, 13); die in römischen priesterbuchern genannten Molae Martis sind mahlgöttinnen, als töchter oder begleiterinnen des gottes zu denken, der das getraide grofs wachsen und gut gedeihen läfst.*) Here Martea hiefs eine göttin (Fest. h. v. p. 100), welche die alten nach übernähme einer erbschaft verehrten und sich als eine der begleiterinnen des Mars dachten, der ja acker und vieh, haus und gesinde, das ganze hab nnd gut des Sandmanns schützte. Von umbrochen priestern werden drei gottheiten, eine

*) Aach bei den Griechen gab es solche mahlgottbeiten. Zeus hatte deu beinamen MvXth Lycophr. 435; zu Rhodos ward ein Teichine Mylas verehrt als erfinder des müh Isteines, der*zu Eameiros heiligthfi- mer der mahlgötter (i*Q<* MvXarcewv) errichtet haben soll (Hesych. v. Mvlus). So hat Härtung relig. d. Rom. II, 172 die Molae Martis be- reits richtig erklärt. - IL 1. 3

34 Corssen

männliche; Cerfos Martins nnd zwei weibliche: Praestota Cerfia Cerfi Martii nnd Tursa Cerfia Cerfi Martii, jedenfalls dem Mars untergeordnete gottheiten und seinem wesen verwandt, in wie- derholten gebetformeln angerufen, volk nnd gemeinde der stadt Iguvium gnädig und gewogen zu sein. Insbesondere beten jene priester zur Prestota Cerfia Cerfi Martii volk und gemeinde von Iguvium ungefährdet zu erhalten, und alles was iguvinisch heifst, menschen und vieh, äcker und saaten zu behüten.*) Aehnliche anrufungen wiederholen sich auf den Iguvinischen tafeln; aber von einem kriegsgott Mars ist in den Opfervorschriften und- gebe- ten derselben nirgends die rede.

Anch in der einheimischen römischen sage tritt das wesen des gottes bedeutsam hervor. Juno, ab göttin des mondenwech- sels und mondenjahres Covella, als göttin der begattung und der geburten Caprotina, Juga, Fiuonia, Opigena, Lncina benannt, er- zeugt den Mars, den gott des ersten Jahresmonats ohne zuthun eines mannes mit hülfe eines wunderthatigen krautes der blumen- göttin Flora, durch dessen berührung die unfruchtbare ferse träch- tig wird (Ovid. Fast. V, 229 ff.). Anna Perenna, die alte Jahres- göttin, tritt dem Mars, dem gott des ersten frühlingsmonats, mit verhülltem antlitz wie eine neuvermählte neckend entgegen, als er mit der Minerva buhlen will (Ovid. Fast. III, 678 ff.). Bei dem jahresfest der Anna Perenna im März, wo man nach alter sitte allerhand lockere spSfse trieb und lüsterne liedchen sang, da dachte man auch dieser sage. Derselbe gott erzeugt mit der jung- fräulichen priesterin der heerdgöttin Vesta die gründer Roms, welche von den ihm geheiligten thieren wolf und specht gesäugt und gefuttert werden.

Dafs dieser gott, dessen bereich wald und feld, dessen jah-

*) Ich führe als belege ans den Iguvinischen tafeln nur zwei ge- betsformeln an, deren erklSrung am zweifellosesten ist: Tabb. Ig. VI b, 6lff.: £erfe Martie, Prestota £erfia £erfer Martier, Tursa £erfia £erfer Martier, fututo foner, pakrer pase vestra pople totar Ijovinar, v. Aufr. und K. II, 263-275 erklärt und übersetzt: Cerfe Marti ctt. estote volentes propitii pace vestra populo civitatis Iguvinae, civitati Iguvinae. T. Ig. VII a, 16 ff. u. 29 ff: Prestota QerGa §erfer Martier salvo se- ritu popler totar Iovinar, totar lovinar nonie, nerf, arsmo, viro, pequo, castrno, frif; von A. u. K II, 285 übersetzt: Praestita Cerfia ctt. sal- vam servato populi civitatis Iguvinae nomen, principes(?) os, viros, pecua, praedia, segetcs.(?)

formen und bedeutangen des namens Mars in den ital. dtalekten. 3&

reszeit der erste frühlingsmonat ist, von dem man wachsthnm, gedeihen und erzeugung für pflanzen, thiere and menschen hofft, Mars, der männliche oder eraengende heilst, ist somit gerechtfer- tigt, eine bedeutnng wie: vernichter oder mensehenmörder pafst zu solchem wesen nicht.

Aber mit dem wiederkehrenden frühling mnfste der mann nicht nur zn Viehzucht und ackerbau, sondern auch zn kriegszü- gen ins feld; die durch ein ver sacrum dem Mars geweihte jagend zog mit frübiingsanfang von der heimischen flur aus, am sjch mit dem Schwerte neue Wohnsitze zu erkämpfen; in dieser Jahreszeit pflegte der römische consul, bevor er ins feld zog, in den tempel des Mars zu treten, und die heiligen wafTen des gottes zu rütteln mit dem ruf: Mars vigila! (Serv. Virg. Aen. VIII, 3). So war Man der männliche gott auch vor alters schon der kriegsgott, und je mehr sich Rom zu dem kriegerstaate ausbildete, wie er sich schon zu Servius zeit im heerbanne auf dem campus Mar- tins darstellte, desto mehr ward diese bedeutung des gottes die hervortretenäste. Die römische gelehrte dichtung übertrug dann auf ihn die eigenschaften nnd benennungen des griechischen Ares und verwischte die ursprunglichen und volkstümlichen züge die* ser fichtitalischen gottheit

Corssen.

Rmnwisehe hatbeziehuDgen des griech»* latein. und deutschen zom sanskrit*

Nachdem ich im ersten bände dieser zeitschr. s. 163ff. einige bemerkungen ueber die in zahlen auszudrückenden lautverhält- nisee zwischen griech«, lat. und deutsch niitgetheilt habe, gehe ich hier einen schritt weiter und betrachte diese sprachen im Verhältnis zum sanskrit. Meine methode ist hier ganz dieselbe wie dort und ich mufs in dieser hinsieht, nm Wiederholungen so weit es irgend angeht zu vermeiden, hiemit durchgängig auf je- nen aufsatz verweisen. Fuer die angaben aus dem lautsystem des sanskrit ist zu bemerken, dafs jede das resultat einer wenigstens fünfmaligen zaehlung ist, da eine geringere anzahl von zaehlungen bei der grofsen menge der sanskritbnchstaben und der daraus

3*

36 Förstemann

hervorgehenden kleinheit der zahlen nicht genug bfirgschaft faer genaaigkeit gegeben hätte. '

Das Verhältnis der consonanten zu den vocalen ist unter hun- dert lauten in den vier sprachen folgender: skr. griech. lat. goth. voc. 42 46 44 41 cons. 58 54 56 59 Folgerungen:

1} Auch im skr. treten dievocale gegen die conso- nanten zurück wie in den andern sprachen.

2) Das skr. ist weicher als das goth., härter als lat. und griech.

3) Das skr. steht hinsichtlich des mischungsver- hältnisses der voc. und cons. dem goth. am naechsten, dem lat. ferner, dem griech. am fernsten.

In unbestimmterer weise macht diesen eindruck schon das laute vorlesen eines jeden beliebigen Stocks sanskritischer rede.

Folgendes ist die uebersicht der verhältnismaefsigen Verwen- dung jedes consonanten unter 100 consonantischen lauten, wobei ich der klarheit halber in der sanskritischen reihenfolge der laute nur die Veränderung eintreten lasse, dafs auf die aspirirte tenuis jedes organs die aspirirte media unmittelbar folgt:

skr. griech

.lat.

goth.

skr. griech. lat. goth.

anusT. 4

t 8 t 15 1 16 t 4

risarga 3 k 2 x

6

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sh 1

n 2

s 6 <r 21 s 15 s 12

numerische lautbeziehungen des griech., lat. u. deutschen zum skr. 37

skr h 2

. griech.

CO) v> 0

ut.

hl

goth.

skr,

griech.

11

. lat.

xO

qu3

goth.

quO z2

100 100 100 100 Folgendes ist hienach das Verhältnis der mutae und liqnidae zu einander:

skr. griech. lat. goth. mut. 38 42 39 35 liqu. 62 56 58 63 Folgerungen:

4) Alle vier sprachen brauchen die liquidae weit häufiger als die mutae.

5) Das skr. bevorzugt die liquidae mehr als das lat. und griech., aber weniger als das goth.

6) Das Verhältnis der beiden consonantenklassen im skr. ist dem goth. am aehnlichsten, steht vom lat. ferner ab und dem griech. am fernsten. Vergl. zu diesem satze oben no. 3.

Zunaechst ist nun das Verhältnis der gutturalen, dentalen, la- bialen mutae zu einander zu erwaegen, die skr. palatalen und lin- gualen sind hier bei sehe zu lassen, da ich nur die äufserlich (phonetisch) nicht die innerlich (etymologisch) übereinstimmen- den laute vergleiche. Hier gilt folgende tabelle: skr. griech. lat. goth. gutt. dent. lab. Folgerung:

7) Die gutturale sind im skr. und griech., die lab. im lat. und noch auffallender im goth. die seltensten, die dent. ueberall die häufigsten, so dafs sie in allen vier sprachen häufiger sind als gutt. und lab. zusam- men. Was die dem skr. im Verhältnis zu den drei andern spra- chen fast eigenthuemlichen palatale und linguale betrifft, so ist ihr vorkommen gegenueber den drei gemein 'indogermanischen organklassen ein sehr beschränktes. Man sieht statt 32 guttura- ler, dentaler und labialer mutae nur 6 palatale und linguale. Die Verhältnisse .der tenues, aspiratae und mediae gestalten sich wie folgt:

6

8

9

12

18

22

22

20

8

12

8

3

38 Fftroteniann

skr. griech. lat. goth. ten. 20 30 28 5 asp. 7 6 1 22

med. 11 6 10 8

Folgerungen:

8) Das griech., lat. and skr. bevorzugen die ten., das goth. die aspir., keine von allen vier sprachen die media e.

9) Die aspiraten treten im skr. bedeutend gegen die beiden andern klassen zurück, noch auffallender aber im lat., waehrend das goth. die tenues zurück- setzt. Im griech. findet gleichmaefsigkeit zwischen aspir. und med. statt.

10) in keinem punkte sind sich alle vier sprachen so unaehnlich wie in der vertheilug dieser drei laut- klassen.

YerhSltnismaefsig die geringsten Schwankungen finden bei den mediae statt.

Gehn wir jetzt von den muten zu den liquiden, und zwar zuerst zu den nasalen ueber, so finden wir in ihnen folgendes Verhältnis:

skr.

griech. lat.

goth.

gutt.

0

0 0

0

pal.

0

ling.

2

dent.

9

18 14

18

lab.

6

4 12

9

11) Wie bei den muten, so ueberwiegen auch bei den nasalen in allen vier sprachen die dentale; dann folgen die labiale, die gutturale dagegen sind ueberall fast ganz verkümmert.

Nur das skr. hat noch ein besonderes zeichen fuer gutturale nasale, die drei europaeischen sprachen haben dafuer nur noth- dttrftige Stellvertreter, 77, yx, 77, yj; ng; gg, gk.

Die hiufigkeit der Zischlaute (d. h. skr. $, sh, 8, griech. 0, lat. s, goth. s und z) ist folgende:

skr. griech. lat. goth. 12 21 15 14

12) Am meisten bevorzugt die Zischlaute das grie- chische, am meisten setzt sie zurück das sanskritische;

7

0

6

9

7

10

8

1

6

4

3

7

2

7

den

m litis

und

bei

numerische lautbeziehungen des griech., lat. u. deutschen zum skr. 30

das gothische und lateinische stehn «wischen beiden sprachen.

Die bevorzogung der Zischlaute im griech. ist eine folge der Verwandlung zahlreicher z in #*), die Zurücksetzung im skr. geht aus mannigfachen lautregeln hervor, aus der Verwandlung des s zu visarga am ende, zu u vor toenenden consonanten, dem aas- fall des s nach ä vor denselben consonanten u. a. m.

Es bleiben nun noch von den consonanten (indem ich das h und die doppelcons. uebergehe) die semivocale uebrig: skr. griech. lat. goth. gutt. j

dent.j'

lab. v

13) Das bei den mutis und bei den nasalen be- merkte bevorzugen des dentalen organs findet sich in allen vier sprachen bei den semivocalen wieder.

Bemerkenswerth ist, dafs alle vier sprachen zwei dentale in dieser abtheilung haben**), dagegen hoechstens nur je eine gut- turale oder labiale. Doch auch die gutturale ist im latein. sehr selten; im griech. sind sowol guttur. als lab. untergegangen.

14) Ueberall ist dasr der häufigste der semivocale; zugleich stimmen in seiner häufigkeit die vier spra- chen merkwürdig ueberein.

15) Im skr. spielt das 1 eine bedeutend geringere rolle als in den europaeischen sprachen.

Daran mag die in den letztern sprachen nicht selten vorkom- mende entstehung eines 1 aus frueherem r ßchuld sein.

Wir kommen nun zur numerischen ueb ersieht der vocal Ver- hältnisse, die aus folgender tabelle hervorgehn:

skr. griech. lat. goth. skr. griech. lat. goth.

k lg «17 al6 i 1 *7 l27

*) Die angebliche abneigung der Griechen gegen den Sigmatismus (s. die citate bei Pott etym. forsch. II, 18) ist deshalb durchaus keine allgemeine (wie etwa die des lat. gegen aspiration), sondern reducirt sich auf einzelne fälle.

**) Es darf hier unberücksichtigt bleiben, dafs die indischen gratu- raatiker das r zur lingualen (cerebralen) Hasse rechnen.

40

Försteuunn

«kr. u 7 ü 1

griech. v 6

lat goth. «16 U9

skr. ai 1 au 1

griech.

(XV 1

lat. goth.

ail2

au 1 au 11

e 5

el9

n 13

eM ki

£4 4 04 2

ei 6

6 3

ol3

oo 6

014 *4

.

SV 1

ov 5

r 0

ae2

r 0

iu 1

100 100 100 100

Sehn wir zuerst auf das Verhältnis der einfachen vocale zu den diphthongen. Die beim skr. in parenthese gesetzten zahlen ergeben sich, wenn man £ und 6 zu den diphthongen rechnet; die ohne parenthese geschriebenen, wenn man der gleichmaebig- keit halber e und 6 zu den einfachen vocalen zaehlt. skr. griech. lat. goth. einf. voc. 98(90) 81 97 70 diphth. 2(10) 19 3 30

16) Das skr. steht dem diphthongenarmen lat., das griech. dem diphthongenreichen goth. naeher.

Der zweite gegenständ der beachtung ist das Verhältnis der kürzen und längen zu einander.

17) In allen vier sprachen sind die kürzen bedeu- tend häufiger als die längen.

Man betrachte folgende gleichungen:

skr. a -I- i -I- u = 70 goth. a + i + u = 62 skr. ä -f- i -f- ü = 20

skr. £ -f- 6 =8 goth. e -f- 6 =8 griech. fi -f- o := 32 griech. tj -f- od == 19 Hit dem uebergange der organischen kürzen in die anorga- nischen längen hängt das allmäliche schwinden der drei urvocale a, i, u, im Verhältnis zu den jungem e und o zusammen. Hier gilt folgende uebersicht:

skr. griech. lat. goth. ältere voc. 90 30 59 62 jüngere voc. 8 51 38 8 Folgerung:

18) Dem skr., das den alterthuemlichsten vocalis-

numerische lautbeziehungen des griech., lat. n. deaUcben zam skr. 41

mus aufweist, steht am naechsten das goth., ferner das lat.$ am fernsten und entartetsten ist das griech., bei dem im gegensatz zn den drei andern sprachen die jun- gem vocale sogar ueberwiegen. Vgl. oben no. 3 und 6.

Endlich zeigt sich das Verhältnis des hellen e + i zum dun- keln o -fr- u folgend efmafsen:

skr. griech. lat. goth. helle voc. 16 39 51 22 dunkleroc.il 35 30 13

19) In allen vier sprachen stehn die hellen vocale zu den dunkeln etwa im Verhältnis von 3 : 2.

Hierin liegt jedenfalls eine der merkwürdigsten uebereinstim- mungen in unserm sprachstamm. Wenn ich uebrigens band I. s. 174 fuer das skr. statt 16 und 11 die zahlen 15 und 10 ange- geben habe, so liegt diese kleine, fuer das Verhältnis unbedeutende ab weichung daran, dafs ich dort das lange i und ti mit in an- schlag zu Dringen vergessen hatte.

Endlich kommt es mir besonders darauf an die unterschiede der lautmischung zwischen je zwei der verglichenen sprachen im allgemeinen zu fixiren. Dieser letzte und hoechste punkt solcher betrachtungen wird durch jede neu zur vergleichung herbeigezo- gene spräche um vieles fruchtbarer; denn waehrend sich zwischen zwei sprachen nur eine Unterschiedszahl zeigt, ergeben sich fuer drei sprachen schon drei, fuer 4 schon 6', fuer 5 sprachen schon

10, oder allgemein fuer n sprachen —- (n 1) sprachenpaare und

2

unterechiedszahlen.

Die Unterschiedszahlen sind nun bei den hier verglichenen

vier sprachen folgende:

cons.

griech. u. lat. 46

skr. u. goth. 74

lat. u. goth. 78

griech. u. goth. 80

skr. u. lat. 84

skr. u. griech. 92 120 212*)

voc.

summa

64

110

78

152

96

174

102

182

112

196

*) Es ist anziehend hiemit die durchschnittlich kleineren unter- schiedsuhlen von vier sprachen desselben sprach zweig es zu verglei-

42 Förstemann

Folgerungen :

20) Der unterschied des vocaüsmus ist stets groes- ser als der des consonantismus.

21) Das sanskrit steht in seiner allgemeinen laut- mischung dem griech. am fernsten, dem lat. etwas nae- he r, um ein sehr bedeutendes am naechsten dem goth.

Wie in meiner frueheren abhandlung sich mehrfach dasselbe abstandsyerhältnis zwischen griech., lat. und goth. bestaetigte, so bestaetigt sich hier in meinen Sätzen 3, 6, 18 und 21 auf merk- würdige weise die groefsere oder geringere naehe des skr. von den drei andern sprachen. Sowol im Verhältnis der consonanten zu den vocalen, als in dem der muten zu den liquiden als in dem der altern vocale zu den Jüngern als endlich in dem allgemein nen unterschiede der lautmischung tritt die groefsere naehe des skr. und goth., die grofse entfernung des skr. und griech. und die mittlere entfernung des skr. und lat. hervor. Man darf sich an* naehernd die drei abstände durch die zahlen 7, 9, 10 veranschau- lichen. — Wer meine angaben scharf ins äuge fafst, wird mir freilich einwenden können, dafs meine sätze 6 und 18 nicht ganz unabhängig von 21 sind und schlagende bestaetigungen eines satzes durch einen andern nur solche heüsen können, die auf einem ganz verschiedenen (unabhängigen) wege gewonnen sind. Allein selbst dies zugegeben, so hängen doch die sätze 6 und 13 nur theilweise von 21 ab, sind unter einander ganz unab- hängig und alle drei haben endlich nicht die mindeste abhängig- keit von dem satze no. 3.

Aus der tabelle der Unterschiedszahlen geht ferner hervor:

22) Wo bei zweien der vier verglichenen sprachen der unterschied des vocalismus groefser ist als bei zwei andern, da ist auch der des consonantismus b e-

chen. Folgendes ist die tabelle ueber die abstände des goth., ahd. (Ot- fried), mhd. and nhd. von einander:

cons. voc. summa.

mhd u. nhd. 16 35 51

ahd u. mhd. 44 64 108

goth. a. ahd. 44 85 129

ahd. u. nhd. 46 89 135

goth. u. mhd. 60 101 161

goth. a. nhd. 58 113 171 * Eine vergleichung, die zu manchen anziehenden folgerangen veranlagt.

numerische lautbeziehungen des griech., lat u. deutschen zom skr. 43

deutender; wo jener geringer ist, da ist auch dieser kleiner.

Wir sehn nämlich in der letzten tabelle sowol in der ersten als zweiten rnbrik eine fortlaufende scala von der niedern zur hoeheren zahl. Dies ergebnis ist mir unter allen mitgetheil- ten resultaten das ueberraschendste und erfreulichste gewesen. Denn es läfst sich wol denken, dafs zwei stammverwandte spra? chen z. b. im consonantismus weiter von einander abstehn ab zwei andere, dagegen im vocalismus sich naeher beruebren ab jene. Der fall kommt gewiß vor und wird sicher in Zukunft, wenn anders solche Untersuchungen weiter gepflogen werden, ans licht treten.*) Bei den vier sprachen aber, von denen ich hier rede, findet mit dem" groelseren divergiren des consonantismus zugleich ein groefseres des vocalismus statt. Das heifst mit an- dern worten: die Sprachveränderung ist auf diesem gebiete eine harmonische gewesen; es hat nicht in der einen hälfte des laut- lichen Sprachorganismus eine bewegung stattgefunden, waehrend die andere hälfte in todesachnlicher erstarrung blieb, sondern das sprachleben hat gleichmaefsig den ganzen Organismus dieser spra- chen durchzuckt und ihn gleichmaefsig umgebildet.

Am klarsten tritt diese schoene harmonie des sprachlebens hervor, wenn man die erste und letzte zeile der untersehiedsta- belle vergleicht. Das lat. steht dem griech in seinem vocalismus genau halb so fern ab das griech. dem skr. (46 : 92) uod fast eben so genau (64 : 120) steht der consonantismus bei jenen bei- den sprachen sich halb so fern ab' bei diesen.

Es giebt in aller menschlichen spräche zwei arten von laut- wechsel, von denen die eine hervorgeht aus dem Verhältnis zweier laute im lautsystem, die andere aus der Stellung zweier laute im worte**). Auf aehnliche weise kann auch die numerische

*) Ein wenig auffallendes bebpiel findet sich schon in der tabelle, die ich oben in der anm. mitgetheilt habe.

**) Es gebricht meines wissens an hinreichend klaren ausdrücken, um den einen und den andern lautwechsel zu bezeichnen. Es ist mifs- lich, jenen den etymologischen oder lexicalischen oder systematischen, diesen den grammatischen oder euphonischen lautwechsel zu nennen. Vielleicht darf man die worte esoterischer und esoterischer lautwech- sel vorschlagen, so dafs man unter jenem die aus der innern natur der laute an sich, unter diesem die aus ihrer Sufseren Verbindung hervor- gegangenen Veränderungen begreift.

44 Roth

betrachtung der lautverh&ltnisse eine zwiefache sein, indem sie entweder von dem wesen der laute an' sich oder von ihrer Ver- bindung mit einander handelt. Ich habe bisher nur den ersten punkt erörtert, der zweite kann sicher nicht minder fruchtbar gemacht werden; forderliche Vorstudien data finden sich bei Pott etym. forsch. II, 292 ff.

Ich wünsche diesen Untersuchungen, die ich im dränge an- derer Studien wol fuer lange zeit werde bei seite legen müssen, einen rüstigen forderer; sie sind muehsam aber lohnend. Nur ist enthaltsamkeit bei den folgerungen anzuempfehlen ; sonst beginnt der boden unter den fuefsen zu schwanken.

Wernigerode. E. Förstemann.

Akmon, der vater des Uranos.

Akmon, sagt Eustatbius comm. 1154, 23 heifse der vater des Uranos, und es ist nur ein irrthum, wenn er ihn in einer früheren stelle 1 1 50, 59 den vater des Kronos nennt ; das ergiebt sich aus den eigenen worten des gelehrten erzbischoffc in der erst- genannten stelle. Und er glaubt das wort mit «unermüdlich" deuten unf die nie ruhende himmelsbewegung beziehen zu müssen.

Allerdings bietet die griechische spräche für sich allein nicht die hand zur erklärung dieses mythologischen namens, welcher aus der geläufigen götterfabel gänzlich verschwunden ist, wiewohl er dem Hesiod selbst als ein söhn der Gaea bekannt war, wenn wir den'scholiasten des Simmias glauben dürfen. Es scheint bei- nahe unmöglich akmon den ambos und Akmon den vater des Uranos in einer grundbedeutung zu vereinigen. Mit leichter mühe aber löst man den knoten, wenn man die verwandten sprachen zu hülfe ruft, bei welchen man schon zum voraus um so eher rath hoffen darf, als es sich hier um einen offenbar alten begriff handelt.

Das sanskritwort äeman msc, buchstäblich übereinstimmend mit axfiMv und in der alten spräche sehr häufig gebraucht, hei&t wie dieses sowohl ambos oder hammer als himmel; enthält aber aufserdem noch den im griechischen verlorenen mittelbegriff, von welchem jene beiden beiden bedeutungen nach zwei verschie-

Akmon, der vater des Uranos. 45

denen Seiten ausgehen, den begriff fels, stein. Es bedarf keiner besondern beispiele, am diese bedeutung zu belegen, sie ist so- wohl dem Weda als dem späteren sanskrit geläufig. Aas ihr entspringt die bedeutung des himmelsgewölbes, welches man hienaeh zu einer gewissen zeit als steinern sich dachte. Wäh- rend das wort in diesem sinne nicht gerade häufig im Weda ge- funden wird, tritt es um so entschiedener in den iranischen spra- chen auf, wo im zend agman, im neupers. äsmän stehende be- zeichnungen des himmels sind, doch so dafs dem zend auch die bedeutung stein noch ganz geläufig ist.

Auf der andern seite aber ist agman das felsstück oder der stein in bestimmter form, zu bestimmtem gebrauche: 1) schleu- derstein als ein ihm ähnliches wurfgeschofs, donnerkeil, und 2) der zum hämmern gebrauchte harte stein, am bog oder ham- mer, und weiterhin dasselbe geräthe auch von anderem Stoffe.

Wie nahe diese beiden Vorstellungen einander stehen, mag man daraus ersehn, dafs bald keil, bald keule, bald hammer aus des deutschen gewittergottes hand fliegen (s. Schwartz, der heu- tige Volksglaube s. 16). So trägt und schleudert fndra den agman (Rv. IV, 3, 1, 1. 1, 18, 1,9); so entsendet Zeus den ehernen ax- fioov (Hesiod Theog. 722) , welcher zehen tage vom himmel zur erde und andere zehen von dieser zum Tartaros zu fliegen hat; und es erklärt sich damit das von dem dichter für die gröfte der entfernnng angeführte beispiel.

Die bedeutung des Schleudergeschosses ist rar das wort mit die gangbarste im Weda, es fehlt aber auch nicht an belegen für die zweite, wenn wir z. b. IX, 7, 9, 2 lesen:

jaratibhir oshadhibhih parnebhih cakunänäm, | kärmäro acmabhir dyubhir hiranyavantam ichati|| wo die mehrzahl des wortes die verschiedenen Werkzeuge be- zeichnet, die zum schmieden dienen. «Mit zerbrechlichen reisern, mit vogelfedern, mit hammer und ambos, mit funken (d. h. mit den dingen, die zum verfertigen von pfeilen und anderen waffen dienen) sucht der Waffenschmied die reichen anzuziehen.»

Nach diesen zusammenhängen ist also Akmon des Uranos vater, und akmon der ambos wirklich ein und dasselbe wort; und jener mythologische name ist ein beleg dafür, dafs die Grie- chen das wort in der bedeutung himmel, himmelsgewölbe gekannt haben, in welcher es nur in den iranischen sprachen auf die dauer sich gehalten hat. Gewagt aber wäre es, wie mir scheint,

46 Ebel

hieraus weiter zu schliefsen, dafs auch die indische sage ihrem Varuua einen vater Acman einst gegeben habe, wie die griechische dem Uranos den Akmon.

Die nächsten verwandten des indischen wortes sind: acan (m. oder n.) stein, wurfgeschols; äcna m. stein z. b. zum soma- ausschlagen; acani f. keil, spitze des Speeres, wurfgeschofs , die des zendischen acna and acan (wie im sanskrit), die des griechi- schen axfioop sind axan> (entsprechend dem skr. Acan) Wortspiels and vielleicht 0x0*17, Schleifstein.

Tübingen. R. Roth.

Redaplicirte aoriste im griechischen.

Von einer reihe scheinbar anomaler aoristformen im sanskrit hat Bopp (kl. sanskritgramm. s. 214) nachgewiesen, dafs sie ur- sprünglich der siebenten, reduplicirenden bildung angehören; am einleuchtendsten ist dies von apaptam statt apapatam and von avdcam = a + va + ucam statt avavacam. Ein gleiches läfst sich von mehreren griechischen aoristen darthan, die sonst keine er- klärung ihrer form zulassen.

~ Zunächst dasjenige wort, welches dem skr. avöcam entspricht, erfror, hutov. Curtius (bildung d. temp. s. 150) stellt es mit egootOTior und invtvov zusammen, sieht es also der form nach als ein imperfect an «da es eine dem aoristos fremde lautsteige- rung enthält, die nicht für augment gehalten werden darf, weil sie alle modi durchdringt.» Dafs das « kein augment enthält, ist unzweifelhaft richtig, and wird noch zum uberflufs theils durch das homerische iemor, theils durch das digamma bestätigt; eben so wenig ist aber mit der auffassung der form als imperfect die angebliche lautsteigerung erklärt. Eine lautsteigerung könnte u überhaupt nur in zwei fällen heifsen: entweder, und nur dann mit vollem recht, wenn es guna von i wäre, das ist aber hier nicht möglich, da j:elnov mit jrenog, jrmp zur würzet jrm := skr. vac, lat voc gehört, also zum wurzelvocal nicht t, sondern s = skr. a hat oder wenn es ein umgestelltes j enthielte, was be- kanntlich in der regel nur bei liquidis stattfindet (wie tsfrw ss rsVjoo, ibIqco =. vs'qjw). Wir müssen folglich annehmen, dafs das £i in ünov durch contraction entstanden sei, and zwar in unserm

redaplicirtc aoriste im griechischen. 47

falle aas -#- e, da die wurzel kein i kennt. Demnach wäre die ursprüngliche form ivnov oder vielmehr jrdsnop, welches sodann in jutzo* ganz in derselben weise zusammengebogen wäre wie is%ov in zlfpv. Da nun das digamma in der mitte der Wörter viel leichter schwindet als am anfange (finden wir doch bei Ho- mer oio? neben oi'og, ja neben dem nur durch ein sehr stark ar- ticulirtes digamma zu erklärenden Sieg d. i. ojrfiegl), so hat es durchaus keine Schwierigkeit, ßeinov=j:ienov statt jrijrenov als redupücirte aoristform anzusehn, wodurch sich genügend sowohl das durchgehn des et durch alle modi, als auch das vortreten des augments in kjremap (vgl mcpQadov und im'cpQadov) rechtfertigt. Interessant ist hierbei besonders der umstand, dafs dieselbe Wur- zel hn skr. wie im griech. ihren aorist auf gleiche weise bildet :

avöcam : avavacam =. ipetnov : ifd(jr)enov ein fall, der bekanntlich eben nicht allzuhäufig eintritt.

Eine zweite aoristform von entsprechender bedeutung, die auf griech. boden keine genügende erklärung findet, ist inner 8. Offenbar gehören fomco, incnslr, innere oder innere unter sich zusammen, nicht aber mit einew, wie man gewöhnlich, durch die ähnlichkeit der bedeutung getäuscht, angenommen hat Es kann nämlich keinem zweifei unterliegen, dafs das <s in hinneXv ebenso wurzelhaft ist, wie das f in jemeZv. Was also bd. I. s. 352 vom lateinischen insece gesagt ist, das gilt ebensowohl vom griech. ivene (iwene kann sein doppeltes v eben so gut einem ausgefal- 0 verdanken, wie einem digamma). Die wurzel von ivinto, in- sece wie von inopcu, sequor ist in=aen9 seq = skr. sac. Aus dieser entwickelt sich der syncopirte aorist aneiv, ivtaneiv, wie nrea&cu von netz- und <5%w von l%~ statt <reg; rpusnov steht mit r\\mi<5yoy ganz auf einer linie. Das i in innere oder innere kann aber nur eine reduplicationssilbe sein, wie in Inrrifit und inrqxa statt ninrypi und ninrrjxa. Die analogie läfst also nicht lnnere9 sondern innere erwarten, welches ganz übereinstimmend mit ne- <pvot> gebildet ist.

Damit erklärt sich zugleich eine dritte derartige form: enno- firjr. Auch hier ist der spir. asper. nicht unorganisch eingedrun- gen, wie Buttmann meinte*, sondern der sprachgemäfse Vertreter eines ursprünglichen o\ Wir erkennen somit auch hierin einen rednplicirten aorist inn&pqv = nenniya^ analog mit xexMprjv, da- her innapcu u. s. w. in den modis; wogegen innSpqv mit injpv fibereinstimmt, also conj. nnäpeu u. a. w. In vollständiger ana-

48 Diefehbach

logie mit den aoristen ianete and ianofiyr stehn dann auch die präsent ia feg od und iJod, jenes aas 4<rjra> =: <r/<r(fi)^o) , dieses aas ia(e)dci> = al<j(e)doo entstanden, also formen wie fiifwm und nintta entsprechend.

Eine vierte form ist zwar immer als redaplicirt anerkannt, jedoch für ganz anomal erklärt worden: yvinanov. Nimmt man indessen die nach form und bedeatung trefflich passende ab- leitung Pott's (I, 181) aus h-ianrao an, (man vergleiche die skr. zusammenziehungen von vac in uc, yaj in ij), so erscheint die ano- malie durchaus nicht so stark. Abgesehn von dem verschobenen augment, das sich auch in qvianov und r\\mi<5ypi> wiederfindet, erklärt sich vielmehr r\vincuiov aus iv-)dn-ctnov wie mqoqov, ijyayov (das im schwinden begriffene j mochte die attische redu- plication nicht hindern) ganz befriedigend; die länge des l ver- dankt wohl zunächst der contraction, dann vielleicht dem stre- ben, die reduplicationssilbe zu verstärken, ihre entstehung. In der andern form ivivlnov ist dagegen das bewüfstsein der Zu- sammensetzung schon gänzlich verloren.

Schliefslicji erwähne ich noch irerpov, um zu bemerken, dafs ich darin wirklich nichts anderes erkenne, als einen redu- plicirten aorist von r«pra>; vergl, unser «treffen, auf jemand sto- fsen» und ähnliche ausdrücke. .

H. Ebel.

Bemerkungen über deutsch -slavische wSrtergemeinschaft.

(Zu den abhandlungen der hm. Fö'rstcmann und Weinhold in heft 3 n. 5 dieser Zeitschrift.)

Zu den an den a. o. verhandelten Wörtern versuche ich hier niclit etwa, erschöpfende erläuterungen , sondern nur einige Zu- sätze und hauptsächlich citate reichlicheren Stoffes aus zugäng- lichen buchern zu geben, welche leicht vermehrt werden können, aber hinreichen mögen, um ein endurtheil über die fraglichen Wörter zu begründen. Ich lehne sie zunächst an Förstemanns Sammlung. Abkürzungen: W = Weinhold a. a. 05 BM. = Be- necke— Müller (mhd. wb.)$ Sm. = Schmeller (bair. wb.); Fr. = Frisch (iat. wb.)$ Br. W. = Bremer Wörterbuch; B. = Bernd

bemerkungen über deutsch -sUritche wörtergemeinschsft.* 49

deutsche spräche in Posen; GW. = mein vergl. Wörterbuch der gothischen spräche.

balge (kufe) ist allgemein germanisch, besonders nl. nd. nord., zugleich aber auch allg. keltisch s. 6. W. I, 270; die dort mangelnden Wörter lett. balla, balje «balge, zuber» lith. bald« f. wanne, poln. balia f. waschfafe a. d. d.

baranken auch posenisch B. 14. 377»

blöd (koth) = din. blöde, altn. bleyta, vergl. G. W. I, 306 ff., wo ich aslv. blato palus, wol mit recht, nicht augezo- gen habe.

brag'en (formen bei B. 218), braken (schwätzen) sind deutsch, vergl. u. a. mhd. breglen, braht o. deriv. Sm. 1, 256. B. M. 1, 235. 269; G. W. B. 9 nebst nachtraegen. Dagegen gehoert poln. bredzid zu würz, brd, s. G.W. 1,269.

braken (ausschielsen) ist a. d. d. ins slavische uebergegangen, wie schon die form der slav. Zeitwörter andeutet; vgl. G.W. 1, 233. 234 ff. 321. 2, 746. Das echte slav. brak bedeutet nuptiae.

britsche poln. bryczka dim. von bryka großer wagen, echt slavisch, nicht a. d. lat., wie B. 30 annimmt.

bruddeln (mischen) bedeutet sonst nd. pfuschen, vgl Br. W. 1, 145; poln. brud schmutz; vgl. prudeln bei B. 222. 413.

chappen, chapsen (greifen) = nd. happen, hapsen Br. W. 1, 694.

nd. drummeln u. drömken (Br. W. 1,254) schlummern sind echt deutsch und gehören zu dröm somnium.

dubs (podex) auch bei B. 46, der auch deutsche Wörter vergleicht.

d watsch ist aUg. nd. (vgl. u. a. Br. W. 1, 283. 3, 359. ne- ben nd. nl. dwas nd. dwatzig, dwatje (fatua).

flaken (durch herden düngen) = poln. flakowal, das nach form und namentlich unslawischem f nebst seinem stamm- worte flak a. d. d. entlehnt ist, nicht umgekehrt, am mindesten d. fleck a. d. sL, das auch in bhm. flak» wend. fljak (sloven. flika) übergegangen ist, wenn auch nicht in der bedeutung in- testinum (dis8ecatum et comestibile) , welche es dagegen längst und vielfach im deutschen besitzt, vgl. Fr. 1, 273«; Sm. 1, 584. G. W. 1* 480 (nach sinne und stoffe ähnliches ebendas. 384), An- ton oberlaus. id. h. v., österr. flecke, flock, pl. eJabare einge» weide.

f lunder (pleuronectes) ist deutsch, englisch, nordisch, i

IL 1. 4

80 Diefenbach

altn. fiydra, and am wenigsten slav. Ursprungs, vielmehr das, mialayisch anlautende, poln. lehn wort vereinzelt. Anklingende formen haben mehrere andre sprachen. Für die grundbedeutung vgl. nL v linder papilio, woher auch der vlindervisch schmet- terlingfiaeh blennina ocellaris benannt ist.

galupe (xaXvßt], poln. chalnpa), in andern d. mundarten kalnppe, kalnpje, s. B. 111. Anton h. v., mnaechsta. d. slav.

giebsen (schwer athmen), auch bei Fr. 1, 348 •. B. 392; bei B. 75 giepsen «von giepen», echt deutsch (ahd. gewön u. a.).

glnpen, glupsch W. oberlaus, glubschen, Anton h. v. nl. gluipen; gluip f. kleine Öffnung; daen. glnbsk, glnbende (heimtückisch, bissig). S. n. a. Fr. 1, 358; Br. W. 1, 520. 3, 380.

hutui (luderlich) lautet mehr wie ein schall wort ohne or- ganische bildung, wie sie in volksmundarten häufig fuer aehnliche begriffe vorkommen. Indessen erinnert es auch an oberlaus, hut- tig, hottig bei Anton (stück 1. 8.) vgl. Fr. 1,471 v. hndel; Sm. 2, 153. 256.?

kabacke = poln. rnss. kabak schenke.

kaddik (juniperus), in andern d. mundarten kaddig, kat- tich u. s. w. (Nemnich Fr. 1, 495 % 503«), in Esthland kaddak allerdings aus esthn. kaddakas, kommt in mehreren finn. spra- chen vor und mag ans diesen in die lithauische gelangt sein, da es ihren Schwestern fehlt, obwol slav. kaditi suffire ein etymon bietet.

nd. kaldunen, kalden Fr. 1, 162b, hamburg kalunen, klnnen Br. W. 1, 812. mit. caldnna gloss. man. daen. kal- dun, kallun (pl. -er) n. poln. kaldun, kaldon m. (mehrdeu- tig, doch ohne etymon) sorb. kaldunaf., boehm. kaldounm., fehlt den suedslav. sprachen.

kantschuh vgl. B. 112.

karbatsche geht durch die meisten deutschen (incl. nordi- schen) und lituslavischen sprachen, so wie durch mehrere roma- nische und erscheint auch im türkischen und persischen. Vergl. n. a. B. 115; Fr. 1,501«.

kate ist schon altdeutsch; ausführliches 6. W. 2, 546.

katsche (anas) =r pos. gatsche B. 71. 392.

koddern, bei Nesselmann ein kodder sing. = lith. kud- duris, kndderis m., vgl. verkoederte kleider Fr. 1, 530 b, hat mit poln. koldra, d. kolter ans lt. culcitra nichts ge-

bemerlcuogen ober deutsch -slavfcche wörtergemeinschaft. 51

k omst, kompost etc., in voce, des 15. jh. hd. compost chrautt, chuemmost, kumpost, cupest kraut, eunpipist, gumpst u. s. ni. ans dem gib. d. mit. compoaitam; wogegen schon ahd. kabuz, spaeter kappes, gabia u. s. w. mit. capiata o.a. w., slav. kapuata, lith. kopustas, lett. k&pösts ans lt. caput, braaaica capitata (vgl. n. a. Sin. 2, 10), obgleich auch Finnen, Torken n. a. Völker bis nach Asien hinein den namen entlehnten.

komurke, bei W. knmurke, bei B. 112 kamarke, ge- fangnift, loch.

kracke, auch bei W., dessen nebenform kricke so Irans, criquet stimmt, kommt auch in Mitteldeutschland häufig vor, besonders in der zs. schindkracke f., bei Fr. 1, 541 b krack, schinderkrack m., bei B. 141 kracke, sejiingerkracke £, daen. krak, krakke c. lett. krakkis (virgnl. k). W. vergleicht mit unrecht galisch gragh, greigh (=lat grex, greg).

kretscham haben auch Lausitzer nnd Obersachsen von den Slaven überkommen; alt nhd. kretschem caapona Fr. 1, 547% vgl. B. 142 339.

kraschke, grantschke, W. , bei Nemnich u. a. krnt- schen pyrn8 comm. sylvestris, ist allgemein slavisch, aslv. grnsha pirus neben krushyka pirum; lith. krauszef.

kukkel bedarf naeherer bestimmuhg, poln. boehm. kakla cucullns a. d. lat., wie d. kogel u. s. v.

kamt, kämmet (helcium) ist ein in Deutschland sehr ver- breitetes wort; vgl. noch G.W. 2, 526.

kutte vulva, podex, sehr verbreitetes d. wort, vergl. n. a. B. 367 ff.

Inlke, zwar = poln. lnlka, vergl. üiyr. lulati tabak ras- chen, törk. 1«16, ngr. lalig tabakspfeife, pfeifenkopf; aber vgl. auch nd. nl. lullpipe etc. Br. W. 3, 98, hd. lullen sugere Fr. 1, 627 °; Sm. 2, 464 ; Stalder 2, 184.

mangeL, mange, zw. mangeln, mangen auch im Main- lande, in Posen (B. 167), der Lausitz (Anton st. 2) und anderswo in Deutschland nebst Niederland und Nordland seit ahd. mango machina verbreitetes wort, wenn auch vielL lehnwort; vgl. meine Celtica 1, 75; die nebenform mandel bei Fr. I, 638«; Anton st. 2.

manschen auch in Mitteldeutschland (Wetterau u. s. w.) u. Lausitz, vgl. Sm. Fr. h. v. Anton st 2. 15, s. 20; B. 168. 496; bei AltenstaJg menschen conrandere.

4*

82 Diefenbacb

margelle, auch in Ostprenfsen maedchen; aber in Posen vetula B. 168.

nug'eln (conctari) hat viel deutsches zubehoer, s. G; W. 2, 95ff.

palte ist nach mehrfacher analogie das sonst läppen bedeu- tende nd. wort; vgl. indessen das znbehoer lett. paltas blutku- eben, lith. paltis f. Speckseite.

parowe von polnisch parowa, parow schlucht, abzugs- graben.

pas, auch bei B. 202; darueber und ueber pojas s. G. W. 1, 344. 29 756ff.

pisakken, auch in Br. W. 2, 323, doch unerklaert.

plauze bedeutet in andern deutsch -slawischen lSndern lunge und eingeweide (wetter. gelänge), auch schlechte betten; s. B. 212; Anton st. 3. 11.

pomadig, pomade (otium gratum) wol in ganz Deutsch- land, namentlich in der Studentensprache; posen. pomale; andre formen s. bei B. 206.

pofs (basium) gehoert zunaechst zu schwed. pufs m. id., zw. pussa, und demnaechst mit busserle bei W. (mit oberd. dim. suff.) zu oberd. engl, bufs id. (Fr. 1, 159; Sm. 1, 211; Anton st. 7), gewifs nicht zu kufs. Exoterische vergleich, s. G.W. 1. 266.

präm nhd. nnd. nnl. u. s. w. aus gr. mgapa. Vgl. u. a. B. 218; Br. W. 3, 358; Pott lett. I, 59.

qu&sen, quafsen schon mhd.; s. G. W. 2, 602.

schabe), pos. schabbel, B. 248, auch in schabelmoeh- ren scandix pecten bei Nemnich?

schände, schanne, kommt in hd. und nd. mundarten vor, s. Fr. 2, 161 e; Br. W. 2, 605. Slavisch kenne ich nur niederlaus, (sorb) schandaf. achselband, vgl. schaut m. bindetuch.

schick ist echt nd., vgl. Br. W. 2, 652.

schlammpeisker stammt nebst vielen andern d. formen vermutlieh aus slav. piskar (pfeifer) s. G. W. 1, 269. 362.

schmackoster, schmeckostvr f. (vergl. W.) heilst die osterpeitsche auch bei den deutsch redenden Lausitzern s. Anton st. 12 und steht den deutsehen Wörtern schmacke, smicke u. s. w. für peitsche naeher, als dem poln. smagad. oster ist wol nicht suffix, sondern das, etwa mit einem imper. (zw. schmicken Fr. 2, 208*; B. 268; vgl Br. W. 2, 864), zsgs. hauptwort

schmor nicht zu pln. czmyr (pruritos), sondern zu schmor

bemerkuDgen über deutsch -slavische wörtergemeinschaft. 53

voll nl. versmdrt (tranken Fr. 2, 209 ff.), smördronken ma- xime ebrius, d. i. benebelt! vergl. G. W. 2, 275 ff.

schrägen ist echt deutsch und bedeatet eigentlich schrae- ges gesteil, vgl. Sm. 3, 609; Br. W. 2, 689.

schrobben, schrubben, ein echt deutscher stamm (vgl. u. a. Br. W. 2, 098), entspricht dem poln. skrzyb, skrzyp (s. G.W. 2,421), nicht aber szorowa6, das als gemischtes lehn-^ wort d. schoren, scheuern und schirrren zu enthalten scheint s. G. W. 2, 248. 250.

schubchen ist nach form und bedeutungen eher deutsch als slavisch; vgl. G. W. 2, 250, besonders die Schweiz, bedeotung.

stepke (vll. Spitzname des gefurchteten gertchlsboten?) ist formell = stepchen, was in Mitteldeutschland in der formet « dafs dich das stepche!" den teufel vertreten soll.

st ritz el, strützel ist ein schon altes deutsches wort für ein back werk, s. Fr. 2, 348; Sm. 3, 091 ; Anton st. 4. 13; Schwenk d. wb. 088 und erscheint auch in roman. und slav. formen. In der Wetterau kommen die nebenformen strützen u. sprützen gebackenes, bei Emmelins a. 1592 spruetzen gebachens, vor.

tangnet vermutlich zunaechst aus poln. tandeta (nicht tandela) troedelmarkt = mit. tendeta, oberd. tändelmarkt (woraus boehm. tarmark id. entstellt), vgl. Fr. 2, 301 c; Sm. 1, 448; mit. tenda bedeutet in Spanien = span. tienda bude, eig. zeit, wie dieses häufig in Deutschland.

timf, bei B. 315 timpf | thaler.

wildschur, vgl. B. 351.

w rucke kommt auch bei Nemnich vor und heifst wirklich brücke (brassica napobrassica) bei B. 30; poln. brukiew, russ. brjukva lauten eben so slavisch, wie wrucke sächsisch.

zergen ist echt deutsch, s. G. W. 2, 055. 001 , wo poln. targal zur nebenwurzel tr zu stellen sein wird.

zuk, vgl. zauke bei W., ist ein von suckel (G. W. 2, 359) grundverschiedenes, echt und alt deutsches wort = ahd. zoha, mhd. zohe u. s. w. Sm. 4, 248.

zuprine, schibrine W. , oberlaus, schttprine Antonst. 12; andre formen B. 254. 415; G. W. 2, 257.

kollat8chen scheint zweierlei Wörter zu vermischen; vgl. Ft. 1, 532»- B. 138. 398; Sm. 2, 290.

54 Diefenbach

stadel kam aas deutschen sprachen in lituslavische, s. 6. W. 2, 302.

tartsche ist in occident und Orient verbreitetes wort, s. m. Celtica 1, 152. und kommt im deutschen schon lange vor Luther vor.

traben (W.), s. ausfuehrliches in G.W. 2,636.

Ich komme nun noch zu folgenden nach Weinhold (heft 39 8. 252ff.) aus dem slavischen stammenden Wörtern der schlesisch- deutschen mundart.

gab s che gehoert zu einer vielgestalteten, hohlhand und was diese (meist die beiden zusammen) fafst, bedeutenden menge deut- scher Wörter, von welchen ich einige nennen, für den rest citate geben will: nl. gaps f. nd. göpse u. s. m. nordengl. gaupen, goupen, ahd. coufan, mhd. goufen, gouf u. s. w.9 ä. nhd. gauf* m. gebsei (Fr.), altn. norweg. gaupn, norw. gauvn f., schwed. goepenm., daen. gioevn c. wetterau. westerw. ganversch. Vgl. Fr. 1, 325 b; 327*; 346b; Schmidt westerw. id. 64; Maaler 158; Stalder 1, 429; Br. W. 1, 528; Outzen gloss. 91; Sm. 2, 17 ff; Graff 4, 177; Grimm gr. 1 3, 193; BM. 1,559*; Leo rect. angl. (ueber ags. geöf); G. W. 2, 402.

halas = pos. hallafs B. 87.

kadel bedeutet nach Anton st 9. laus, kienkamin, schles. Idenrufs und mag deutschen Ursprungs sein; vergl. Fr. 1^495e; Oberlin 749; Ziemann 175. Poln. kadzil und kazic* gehoe- ren ganz verschiedenen wurzeln an.

kaenigt = laus, kaenig, bei Anton st. 9. hat echt deutsche bildung.

leduche (vgl. leidak bei Förstemann) = laus, ledicher Anton st. 9. s. 16; vgl. G. W. 2, 557 ff.

leschak, bei Förstemann leg'ak, wird in deutsch Öster- reich scherzhaft von sehr wohlbehalten aussehenden menschen ge- braucht; boehm. lezak faullenzer.

1 us che (palus) auch pos. u. lausitz. B. 160. 401; Anton st. 9.

nusche (schlechtes messer) ebenso B. 193; Anton st 2.

paerschen = poerschen u. s. w. bei B. 216; Anton st 2. 11. die es mit d. (em-) por verbinden.

schleifserin = laus, schleufserin, Anton st. 4, sicher deu Uch , wie hd. s c h 1 i e f s e r , nd. s 1 u e t e r dispensator Fr. 2, 199*; hd. beschliefserin dispensatrix.

gabsch (ru8ticus, stultus) ist deutsch, s. Sm. 2, 9; G. W. 1, 92.

bemerkungen über deutsch -slaviscbe wftrtergemeinschaft. 65

bisein (laus. Anton st 1) geht bis in den germ. norden hin- ein, vgl. B. daen. bisse; Tgl. u. a. Graff 3, 216: Richthofen afrs. worterb. 620.

grabschen ist aaeh pos., laus., wetteraa. n. s. w.; vgl. B. 79. 392; Anton st. 8. s. 15; G. W. 2, 430.

grätschen u. s. w., auch pos. B. 80, ist ein vieldeutiges deutsches wort; vergl. u. a. ergretschen prehendere bei Alten- sUig; Fr. 1, 368 k; Sm. 2, 125; G. W. 2, 432.

jechen, auch pos. nnd laus. B. 80; Anton st 2. 9; vgl. u. a. jachen u. dgl.; Fr. 1, 483 b; Stalder 2, 71.

müdeln (cunctari) ist vielleicht deutsch; vgl. G. W. 2, 10.

rabatzen, in Mitteldeutschland rabastern u. s. m.; viele formen dieses schwerlich ursprünglich slav. Wortes s. bei B. 231; Br. W. 2, 413. 3, 444.

raegern (coaxare) auch laus. Anton st 12. In der Wetteraa heilst der den fruehlingsanfang intonirende frosch raeling («die raelinge singen»), verschieden von dem fischnamen regling u. dgl. und von roerling rana portentosa.

Frankfurt a M. Lorenz Diefenbach.

Eine oskische üuehrift ras PomjMgi.

Der freundlichkeit des hr. dr. Hensen in Rom verdanke ich . die mittheilung der folgenden mit oskischem alphabete eingegra- benen inschrift, welche gegen ende des vorigen jahres bei auf- deckung eines thores an der sudmauer in Pompeji gefunden wurde. Sie lautet:

. nuttiis. m. n. punüis..

. idilis. ekak. viam. terem . .

. tens. ant. pünttram. staf . .

anam. viu. teremnatust per 5) . . iussu. via. pümpaiiana. ter

eranattens. perek. III. ant. ka .

la. iuveis. meelikiieis. ekass. vi

ass. ini. via. iuviia. ini. dekkvia

rim. medikeis. pümpaiianeis 10) serevkidimaden. uupsens. iu . .

au. aidilis. prufattens

56 Aufrecht

Ich glaube sie etwa in folgender art konstitoiren zu können : . Siuttiis M., N. Ponliis ., aidilis, ekak via mteremnattens ant pontram stafianam Vio teremnatost per[ek.]. Jnssn via pom- paiiana teremnattens perek. III ant ka[i]la Ioveis Melikiieis. Ekass viass ini via joviia ini dekviarim medikeis pompaiianefe serevkid imaden opsens, joasu aidilis profattens.

and übersetze: . Suttius M. f., N. Pontius . f., aediles, hanc viam terminaverunt ante portam stabianam. Via terminata est pertieis. Jnssn viam pompejanam terminaverunt pertieis (?) III ante cel- lam(?) Jovis Meilicbii. Has vias et viam joviam et decialem med- dicis pompejani in -i -a fecerunt, jnssn aediles probaverunt.

Sprachlich bietet die inschrift mancherlei neues. Sintiis ist ein neues beispiel zu den bd. I, 87 zusammengestellten, wo einem u ein i vorgeschlagen ist; die vermuthung, als habe die folgende liquide darauf eingewirkt, wird freilich dadurch widerlegt. Aidilis ist das erste beispiel eines notn. pl. der i-deklination und lehrt, dafs wie im lateinischen nnd wahrscheinlich auch im nmbrischen derselbe durch blöke vokalverlängernng bei hinzufn- gung des pluralischen s gebildet wurde, während die konsonan- tische deklination dieses unmittelbar an den stamm anfügte (med- diss aus meddik-s). Ekak ist der acc. sg. f. für ekam-k und erscheint ebenso bei Mommsen T. X, 24. Teremnattens und das späterfolgende opsens, profattens sind 3. pers. perf. pl., deren sg. wir in profatted und opsed haben. Die oskische per- fektbildnng in der a-konjugation bietet mir bis jetzt unlösliche Schwierigkeiten. Einerseits sehen wir in ämanaffed, aikdafed das- selbe durch antreten der wurzel f u gebildet, während in profat- ted, profattens, teremnattens (vergl. noch tribarakattins, tribara- kattuset) von den stammen profa, teremna iu dem doppel-t der tempuscharakler zu liegen scheint; opsed, opsens, proffed entbeh- ren vollends scheinbar ganz eines solchen. Bemerkenswerth ist auch der Übergang des alten t in s bei der indicativendung ens. Pontram, welches wohl irrthümlich mit tt geschrieben ist, trage ich kein bedenken der örtlichkeit gemäfs, wo die inschrift gefunden ist, mit porta zu übersetzen, mit dem es freilich etymo- logisch nichts gemein hat. Vielmehr stelle ich es mit pons, nov- togt narog, skr. panthin (via) zusammen und glaube, dafs aus der allgemeinen bedeutung des gangs sich die besondere des durch - gangs, wie bei pons des Übergangs gebildet habe. Terem- natost ist eine für prosaische rede bemerkenswerthe zusammen-

eine oskische inschrift aas Pompeji. OT

Schmelzung von teremnato est. -~ Per[ek]. Der stein ist hier sehr abgenutzt, so dafs man in den Überresten des k eine X hat erken- nen wollen. Für die buchstaben ek und X bietet sich indefs kein räum, so dafs ich bezweifle, dafs hier überhaupt eine zahl vor- banden gewesen. Perek., offenbar eine abkürzung, habe ich willkürlich mit pertica übersetzt, ein längenmafs ist darin Jeden- falls enthalten. Vielleicht täusche ich mich nicht, wenn ich m perek das umbrische perca wiederfinde. Das letztere konnte bei der bekannten Vorliebe des oskischen für einschiebnng eines vo- cals hinter einer liqoida sich kaum anders gestalten. Perca aber scheint anf den iguvinischen tafeln (vgl. nmbr. sprd. II, 107) einen stab zn bezeichnen, der leicht auch ein maäfs vorstellen konnte. Demnach ergänze ich perek an beiden stellen in perekais. iussu ist jedenfalls aus dem römischen entlehnt; für den ab- fall des d im abl. giebt es im oskischen kein beispiel. Via pompaiiana sind acc. sg. mit abgefallenem m, wie gleichfalls das folgende ka[i]la, und via jovia. Nimmt man hiezu den abfall des d vor Joveis, so darf man die inschrift in ziemlich späte zeit setzen. Ka[f]la. Hinter ka ist eine kleine lücke für einen buchstaben; sehr einfach ist die ergänzung des Wortes in kaila = cella; doch bleibt die diphthongische natur des e in cella noch nachzuweisen. Ekass vi aas zeigt, dafs auch in der a-dekli- nation die endung -s ans ns entstanden zu denken ist, wofür auch das äolische -aig spricht Dekvian'm, wofür der stein dckkviardn liest, ist der acc sg. eines adj. auf ari-s, das wahr- scheinlich von einem subst. dekvia abgeleitet ist. Dem entspricht tekvia auf tab. iguv. IIb 1, leider unbekannter bedeutung. Em Zusammenhang mit dem eigennamen Decius, Dequius liegt auf der hand. Medikeis pompaiianeis hängt von serevkid ima* den ab. Von diesen letzteren Wörtern ist nun soviel klar, dafs serevkid das subst , abl. sg. der i-deklination weibl. geschlechts, und im ad das adj. ist, en ist die sufQgirte präposition wie in exaiac-en, eisuc-en, censtom-en auf der TB. Auch sachlich sind in der inschrift mancherlei dunkdheiten, die ich an einem anderen orte hervorzuheben beabsichtige.

A.

58 Ebel

Oskisches*

1) Die dritte pers. plur. zeigt im oskischen, soweit wir es bis jetzt kennen, zwei verschiedene formen, in denen es nach zwei Seiten von der analogie des lateinischen, wie der meisten europäischen sanskritsprachen abweicht. Fassen wir diejenigen stellen zusammen, in denen lesart und constrnction unzweideutig erscheint, so erhalten wir folgende formen: 3. sing. ind. ist C. A. 12. 15. 31. 33. 34. 49. 56, (eit XXIX.

b. ?) faamat XXIX. a.b. anglt, upsed IV. aikdafed V.

prdffed XVIII. prüfatted XXI. XXIV. aamanaffed

XXI. XXII. kümbened C. A. 10. deded XX. XXIV. he-

re8t, pertemesi, didett, fusid C. A. 19,/usf, urwt, hipust^/e-

facust, cebnutt, pertemust, dewast, conj. stait Ag. 48, fuid^ hipid, pruhipid, fefacid, deivaid, imp. estud, factud, deivaiud^ Ucüud, 3. plnr. indic set C. A. 16. Ag. 1. TB. 25, ovnaw XXXIX.

amfret C. A. 33. 46. fufans C. A. 10. tribarakattaset

C. A. 39. 42. e est int Ag. 26; conj. staiet C. A. 58, . errins C. A. 54, tribarakattins C.

A. 48, patensins C. A. 50. 51, deicans, imp. eituns XXIX a, deivatuns.

Wir finden also die ursprünglichere form auf -nt mit aus- nähme eines einzigen Falles nirgends, sondern durchgängig entwe- der -ns mit Verwandlung des t in s, oder -et mit vertust des na- sals. Das verhältnifs zwischen beiden formen scheint folgendes zu sein: wo die endung -nt an den vocal der wurzel (fufans) oder des tempus- oder moduscharacters (ovrtaerg, patensins, eituns) unmittelbar antreten konnte, blieb der nasal, nur t ging in s über; wo dagegen ein bindevocal nöthig wurde (set, staiet), fiel der nasal fort, und t blieb unverändert. Das oskische steht also in dieser beziehung in ziemlich genauer analogie mit dem griechischen, wie mit dem skr., nur dafs es in der consequenz einen schritt weiter gegangen ist, als beide sprachen; denn wäh- rend sie im medium zwischen vrcu, vro, nte, nta, ntäm und arou, ato9 ate, ata, atäm wählen, hat das griechische im activ durch- weg sein v oder dessen nachwirkung (ä<rt = am, ovai = orti) bewahrt, das skr. das n nur in den reduplicirten formen (bibhrati aufgegeben. Die einzige form im oskischen, die das -ntganz un- verändert behalten hat, ist eestint; den grund davon vermag

oskisches. 59

ich freilich ebensowenig anzugeben, ab den des eigenthümlichen umlaute. Räthselhaft erscheinen zwei formen der TB censuxet 19 und angeiuxet 20, die man nach der obigen Zusammenstellung für plur. halten sollte, während die construction in beiden fällen auf sing, hinzuweisen scheint.

2) Das iu in tiurri, diumpais, eitiuva, niumsis hat Mommsen mit dem neapolitanischen ie verglichen; mir scheint eine andere analogie noch näher zu liegen. Wie nämlich zwi- sehen dem u der übrigen roman. sprachen und dem ü des franz. das engl, iu in der mitte liegt, so erscheint mir dies osk. iu als eine Vermittlung zwischen dem lat. u und dem gr. v. Man be- rücksichtige dabei den Übergang des * in <r, der vor v bisweilen, vor t fast regelmässig eintritt, die ahd. Schreibung iu nicht blofs für den ahd. diphthong eu, ie, sondern auch für den umlaut des u, endlich die griech. Schreibung des oskischen Nivpaduitg z= Nium- sieis gegenüber dem Annülovvtit, nmt u. a. Sollte etwa iu gar nur bezeichnung des ü- lautes sein?

3) C. A. 20—23 wird umbr. sprachd. 1, 167 folgendermaßen ergänzt: eiseis sakarakleis i[nfm] terefs fruktatiuf fr[uk- tatiuf] müinikü putüru[mpid estu]d, dem sinne nach ge- wifs vollkommen angemessen. Nur befriedigt uns die lesang des letzten Wortes insofern nicht vollständig, als der stein, wenn die Zeichnung bei M. richtig ist, unzweifelhafte spuren eines i zeigt. Ebenso unzweifelhaft ist es aber, dafs M.'s ergänzung fusid falsch ist, selbst angenommen, dafs der stein fusid gestatte; denn so oft formen auf -sid (oder -«/) vorkommen, zeigen sie nicht im- perativbedeutung, sondern die eines fut. oder fut. ex. Wenn ich deshalb vorschlage, die noch unbelegte form fuvid zu lesen, so mag das auf den ersten blick sehr kühn scheinen; die kühn- heit ist indessen nicht so grofs, wenn man bedenkt, dafs das eituas, eituam der TB. in den älteren inschriften als eitiuvas, eitiuvam erscheint, folglich das fuid der TB. im altoskischen fuvid lauten mufste. Ein anderes bedenken, welches man daraus entnehmen könnte, dafs fuid immer nur in Verbindung mit der negation mit imperativbedeutung vorkommt, wird wohl hinrei- chend durch die augenscheinlich Imperativisch gebrauchten con- junctive patensins CA. 51, [hjerrfns 54, staiet 58, statt Ag. 23 wiederlegt.

4) C. A. 16. pai tereräenniü A. wird umbr. sprachd. 1, 167 übersetzt: ubi terniinalia-probata sunt Einfacher scheint mir, in

60 Ebel

pai die zu teremenniü gehörigen n. pl. n. za suchen: quae ter- minalia-probata sunt. Wie im lateinischen den mehrsilbigen foi> men auf -a die einsilbigen haec, quae sowohl im neutrum pl. wie im fem. sg. gegenüberstehen, so hat wahrscheinlich auch im osk. den mehrsilbigen auf -ü, -o in beiden fallen das einsilbige pai gegenübergestanden. Der locativ wird nicht nur entbehrlich durch das adv. puf, sondern man sieht auch nicht ab, auf welches fe- mininum pai sich an unsrer stelle beziehen sollte. (Einem qua, was man allenfalls voraussetzen könnte, würde wohl eher ein osk. päd entsprechen).

5) Die demonstrativpronomina im oskischen (und umbrischen).

Ueber die oskischen demonstrativa ist mit ausnähme einiger andeutungen in den umbr. sprachd. noch nichts einigermalsen be- friedigendes gesagt worden. Bei Peter stehn fetc, eixuc, toc, idic in buntem gemisch neben einander; Mommsen hat zuerst in den oskischen Studien wenigstens die verschiedenen reihen im ganzen richtig herausgefunden, indessen irriger weise theils eks- und eis- gleichgestellt, theils sämmtliche andere formen nur als ergfin- zungen zum stamme i angesehn, wie er denn in den unterit. dial. alles wieder durcheinander wirft; bei Corssen läuft neben einigem wahren noch viel falsches unter. In den umbr. sprachd. I, 134 ff. finden wir zuerst einen unterschied der bedeutung zwischen den verschiedenen stammen bemerkt; leider ist jedoch dabei den verf. ein versehn begegnet, welches sie verhindert hat, die richtige ana- logie zwischen den umbr. und osk. pronominalformen zu verfolgen.

Ganz richtig wird nämlich ab eigentliches substantivprono- men = lat. is mit dem umbr. erek das osk. %%ic zusammenge- stellt, von dem uns aber nur folgende formen bekannt sind: n. sg. m. izic TB (1?) 7. 14. 29. 30. überall subst. gebraucht, f. iük G. A. 39. 42. adjectivisch (iük tribarakkiuf inim uittiuf), n. idik G. A. 17. 18. adj. = idic TB. 6. 9. 30. subst., acc. m. tone TB. 12. 17. 26. subst, n. a. pl. n. ioc TB. 5. adj., sämmtlich mit an- gehängtem k. Zu demselben stamme würde exum als g. pl. ge- hören (TB. 10), falls es wirklich pron. wSre, sowie ip C. A. 34. (26?) = ibi und isidum XXIV. (XX. XXI.) = idem ebenda. herstammen; ex aiscen ligis TB. 25. ist aber falsche abtheilung st exaUcen (es müfste vielmehr iaUcen lauten).

Unrichtig erscheint dagegen die vergleichung des osk. eisti

oskisches. 61

mit umbr. esu, sobald man die bedeutung genauer verfolgt, in der sich deatlich ein gegensatz knnd giebt. Gerade so wie näm- lich im umbr. hie und iüe durch esu und eru bezeichnet wer- den, finden wir im osk/eksu und eku dem eisü entgegenge- setzt, wie folgende Zusammenstellung der betreffenden stellen zei- gen mag. Das nächstliegende (hie) ist bezeichnet durch: ekss adv. = sie, C. A. 10. ekss kümbened mit beziehung auf das unmittelbar folgende, TB. 7. piei ex comono periemesi mit bezog auf das eben angeführte; ekkum (st. ekdum?) €. A. 27. 41. offenbar = item; abl. m. n. eksuk (st. eksudk) XXIX. a. b. ek- suk amyianud dem durch die inschrift bezeichneten; abl. f. in poei exae TB. 8. 23. = posthac, deutlich unterschieden von posi elxuc 29. 30. (dort ist von der zeit, nachdem das gesetz erlassen ist, die rede, hier von der, nachdem jemand i acutum nerumfttst); abl. pl. f. in exaiscen UgisTB. 25. (das vorliegende gesetz); end- lich conirud exeic TB. II. 17. 26. syntactisch zwar nicht ganz klar (etwa contrud mit dem loc?) wohl aber in seiner beziehung auf das nächstliegende. Ebenso die formen ekask Ag. 26. n. pl. f.; ekik V. (acc. n. zu sakaraklüm, oder adv. = hie?); ekak XX. XXIV. (abl. f. statt ekadk?), ekaXIV. und ekhadXXVI. werden wir also wohl auch so fassen müssen.

Hingegen beziehn sich auf das entferntere (ille): eis eis g* sg. n. in C. A. 20. eiseis sakarakleis, m. (subst.) in TB. 22» pari elzeis fusi; eise! oder es ei loc. m. n. €. A. 46. 49. 51. und mit c TB. 7. elxeic xicelei (in jenem gebiet, in jenem schätz, an jenem tage)» sahst TB. 21. in eixeic vincier (wenn er dabei ertappt, dessen überfuhrt wird; t= et in eo (con)vincitur oder vincitur?); abl. sg. eisud sakarakludC A. 13., eisucen ziculud TB. 16., posi eiMuc TB. 29. (s. oben, was zu post exae bemerkt ist), auch wohl TB. 30. eizuc Miculuä"! und XXXVI. ecot; abl. pl. op eizois TB. 23. subst. = coram Ulis; eizasc TB. 9. (gen. f. zu iangineis oder acc. pl. zn ei/wo*?); loc. fem. eisai viaiC. A. 67.; abl. eisak eitinrad XXIV. auf das eitiuvam paam A. znrückbezogen, eizac egtnad TB. 10., gen. pl. eizazunc egmazum TB. 24. Endlich das adv. esuf TB. 19. 21. (man sollte eisuf er- warten) dort in Bantia (man könnte also schon aus dieser stelle folgern, dafs die inschrift nicht in Bantia, sondern in Rom abge- faßt sei).

Man sieht, überall deuten die formen mit eks- oder ek- auf ein hie, die mit eis* oder ei*- auf ein ille hin. Die heransge-

02 Ebel, oskisehes.

ber der umbr. sprachd. hätten sich deshalb in der I. 108. aasge- sprochenen vermuthung, dafs mit dem umbr. eru das osk. eisu zu vergleichen sei, nicht sogleich wieder durch umbr. es n sollen irre machen lassen. Aufser der bedeutung weisen vielmehr auch die lautverhfiltnisse beider sprachen ganz entschieden auf eine solche identität hin. Das umbr. eru hat dieselbe Verwandlung des s in r erfahren, wie der inf. eru, erom = esse, der gen. pl. hapina-ru, das pron. erek, das osk. eisu im neuosk. denselben fibergang des s in z, wie in exum = esse(?) , im gen. pl. egma- »um, im pron. i*ic; kurz, die analogie kann nicht vollkommener sein, zumsd da umbr. e auch sonst dem osk. ei, ei entspricht (vgl. den gen. k apres und senateis). Danach hätten wir also das skr. £sha nicht in esu, sondern in eru == osk. eisu wieder- zufinden. Es liegt uns nun nur noch ob, umbr. esu mit osk. eksü lautlich zu vermitteln. Auch das durfte nicht schwer sein, wenn man bedenkt, dafs in umbr. x nur in dem einzigen worte fratreks, fratrex sich findet, wogegen dem röm. dextro ein umbr. te8tru, destru entspricht (1,81); nimmt man dazu, dafs sich auch esst«, issoc findet, so wird es sehr wahrscheinlich, dafs ks sich in der mitte zu ss assimilirt und nur nach der gewöhn- lichen umbr. Schreibart (I, 70) einfach s geschrieben ist. Schwie- riger ist die erklärong der osk. doppelform eks- und ek. An assimilation zu denken, verbieten formen wie meddiss aus (und neben fjieddet%*) ; eher mag also in eks- eine doppelte Zusammen- setzung stecken, sodafs ek- auf skr. eka (vgl. per, das mit pia und fiopos stammverwandt erscheint, und de aus djre v. ovo; eka wurde also einen, d. h. den ersten, den einen bezeichnen), eks- auf eka-hsa (wie tüvtiks aus tuvtik-ä-s) zu beziehen wäre; doch will ich das nicht für gewifsheit ausgeben. H. EbeL

*) Wo kk sonst im osk erscheint, lfifst es sich in dk, kd oder kt (?) auflösen, wie pukkapid (pocapit) = pudkapid, ekkum = ekdum (? merkwürdig neben afkdafed, lfganakdfkef, maakdiis) tribarakkiuf etwa = trfbaraktiuf? Dagegen konnte ks wohl nur in ss übergehn. Was das verhällnifs von ks und ss im osk. belrifft, so scheint ks sich zu assimiliren, wenn es ursprünglich zusammenstiefs wie im nom sg -ined- dfss XVIII., meddfs XVI., oder der vocal der endnng abfiel wie im nom. pl. meddfs 8 XV. (pedtiaS XXXIX. vielleicht nur bezeich nung des ss, wie tt des f) auch estfnt mag sich so ans eekstfnt erklSren(?) hingegen unverändert zn bleiben, wenn ein vocal am ende des Stammes abfiel, wie in tuvtfks. Das x in prumedixud weifs ich nicht zu erküren.

Schweizer, anzeige. 63

II. Anzeigen.

Homerisches glossariom. Von I, Dßderiein.

(Erster band. Erlangen 1850. X n. 260s. s.)

Hauptzweck dieses längst vorbereiteten und angekündigten buches ist dem verehrten herausgeber Interpretation, und die etymologischen und grammatischen Untersuchungen sind ihm zu- nächst nur ein notwendiges mittel zu diesem zwecke. Wo aber die spräche Homers gegenständ der Forschung und deutung ist, da müssen wie von selbst etymologische und grammatische Prü- fungen oft in die breite und tiefe gehen, und so nehmen diesel- ben sehr naturgemäfs auch in dem vorliegenden buche einen an- sehnlichen räum ein. Doch darauf verzichtet D. die letzten wur- zeln der Wörter zu verfolgen, was freilich nicht ohne einigen schaden für die richtige anschauung und deutung abgeht; er ver- sammelt, eingedenk seines obersten Zweckes, auch nicht sämmt- liche aus einer und derselben würzet hervorgegangenen Wörter um die fruchtbare mutter, was kaum zu tadeln ist, ist nur aus dem ganzen das einzelne richtig ausgesondert. Aber warum nicht einmal die Wörter eines Stammes, sofern sie doch home- rische sind und D. sie sicher für stammgenossen hält, um densel- ben sich einreihen und aufstellen sollen, ist uns zur stunde nicht klar, vielleicht damit dem leser, welchem die interpretation die hauptsache ist und dem der verf. sein buch besonders gerne nahe legen will, die überschau des mäfsig gehaltenen bildes ermög- licht sei. In der vorrede giebt D. einige hauptgrundsätze seines Verfahrens an: das streben der spräche in ihrer fortentwicklung gehe auf kürzung der wortgestalten, aber diese Operationen seien von änderungen im interesse des Wohllautes begleitet, endlich werde dem geknickten und gekürzten worte nicht selten Scha- denersatz geleistet durch assimilation und metathese des lautes. Der erste dieser sfitze dürfte im allgemeinen kaum noch bestrit- ten werden, nachdem die historische grammatik besonders im be- reiche der deutschen dialekte die sinnliche formengewalt der alten zeit der verhältnifsmäfsigen schwäche und dünnheit der neuesten gegenüber gestellt hat. Aber nur im allgemeinen gilt dieser satz. Denn abgesehen von solchen sprachen, in denen eine entstehende literatur sichtbar auf vielen punkten die vollkommenere form erst

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wieder hergestellt bat, wie im sanskrit und römischen, sachten sich gar oft matt und anscheinbar gewordene oder zu allgemeine formen namentlich durch eine innig anschliefsende Zusammen- setzung, durch reduplication, durch entwickeluiig von nasalen im innern und im auslaute wie neu zu beleben und zu kräftigen; ich erinnere nur an die Zusammensetzung von magern verbalwur- zeln mit dh, gr. #, lat. d; bh u. a., oder auch mit sc, <S; and oft rettete eine spräche eine schöne perle aus dem nicht hinläng- lich verwendeten Überflüsse der Vergangenheit hinüber in die mehr intellectuell ordnende and verarbeitende zeit, and nun erst erhielt dieser edelstein den rechten glänz und trug zur veredelang der rede bei. Solche gebilde sind im griechischen der conjunctiv und der aorist, im lateinischen die reichen formen des locativs und der ablativ, dem man sein gutes alter nicht abgesprochen hätte, hätte man weiter nur auf italischem boden am sich geschaut. Dafs nun bei Verkürzung und alterirung der Wörter auch Wohllaute- gesetze mitwirken, ist natürlich nnd noth wendig; aber ob der Verfasser mit seiner ihm offenbar wichtigsten und mit einem gro- fsen aufwände von Scharfsinn durchgeführten ansieht über den gar verschiedenartigen ersatz der laute durchzudringen vermöge, das ist gröfsern zweifeln unterworfen, und wenigstens läfst nicht eine kleine reihe von fallen einfachere deutung zu. Die er- klärungen sind mit recht möglichst auf die weit hinaufrei- chende tradition durch die alten grammatiker gegründet. Doch ist diese an manchem orte durch schärferes eindringen und auf dem umfassenden gründe neuerer fbrschung durchbrochen wor- den; wie könnte der seeptische deutsche anders? Um wie vieles gefährlicher es anderwärts sei der Überlieferung blindlings zu folgen, hat neulich R. Roth auf lichtvolle weise gezeigt. Die an- Ordnung des Stoffes ist nicht eine innerlich, etwa durch die ety- mologie bestimmte, sondern Döderlein folgte mehr dem Vorgänge Buttmanns; aber Buttmann schrieb eben nicht ein umfassendes homerisches gl ossär, und gerade bei forschungen der art hätte unstreitig die alfabetisch- etymologische ordnnng den vorzug ver- dient. — Dieses werk wird jedem, der sich näher und durch- gehends damit beschäftigt hat und nicht nur einzelne stücke, de- ren allerdings manche nicht gerathen sind und die vereinzelt ge- wifs mehr blöfsen bieten, herausgreift, als eine frucht .rüstiger und munterer emsigkeit, einem grofsen theiie nach nicht rasten- den eindringenden Scharfsinnes erscheinen, überall aber, auch wo

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es mifslungen oder weniger gelungen ist, als eine grundsätzlich durchgeführte und gleichmäfsige, durchaus nicht tumultuarische arbeit sich erweisen. Von sei teil der vergleichenden Sprachfor- schung ist das buch einer nicht blofs oberflächlichen Betrachtung werth, da es jedenfalls seinerseits ihren stoff um etwas mehrt, oder wenigstens oft, wo er versprengt ist, ihn zusammen fafst, und da es durch seine weise entschieden auf eigentümliche wege der forschung hinweist. Auch tritt der Verfasser gar nicht etwa feindselig gegen diese junge und jugendlich kräftige richtung in der philologie auf, sondern legt an mehrern stellen unumwunden seine volle achtung für dieselbe an den tag und fiberläfst ihr be- scheiden ein sinniges gebiet, das der wurzelforschung im engsten sinne, ganz und gar. Denn mifsachtung wollen und können wir es doch nicht nennen, wenn er zuweilen ihre nothwendig küh- nen geberden ein wenig anstaunt. Wir wagen es Lobecks merkwürdigen aussprach: si natura nobis concederet viwg Hg zfoai xal ytQwrtag ov nakiv, du plicata vitae spatia quoniam simplex vix unius linguae cognitioni suppetit, divideremus utrisque, d. h. dem sanskrit und der vergleichenden Sprachforschung einer- seits und der griechischen Specialforschung anderseits, auch herrn Döderlein in mund und feder zu legen. Ist nun auch in der formeolehre der sogen, klassischen sprachen und ihrer töchter und erbinnen kaum ein ganz sicherer sehritt möglich ohne bei- zieh an g der nächstverwandten sprachen und namentlich des in seiner sinnlichen dnrchsichtigkeit und seiner unverwelklichen ju- gendfalle beneidenswerthen und anstaunenswürdigen sanskrit, so- bald es auf erklärung der gebilde und nicht nur auf ihre kriti- sche sichtung und feststellung abgesehen ist; so steht es uns an- derseits nicht zu zu läugnen, dafs in griechischer Wortforschung im engern sinne sich von eiuem begabten und mit reichem ma- terial ausgestatteten forscher auch dann immerhin erkleckliche und fördernde resultate erwarten lassen, wenn er nicht in jenen weitern kreis hinaustreten will oder kann. Ja, der verf. scheint uns wirklich mehrmals zu weit hinausgetreten zu sein; denn nicht selten irrt er bedeutend, wenn er heimische ausdrücke äl- terer ond neuerer zeit zur vergldchung heranzieht.

Wir waren gesonnen in unserer besprechung dieses reichen buche« zunächst dessen ergebnisse für die griechische lautlehre vorzulegen , dann in derselben weise prüfend auf die leistungen einzugehen, welche der Wortbildung zu gute kommen sollen und

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endlich einzelne deutungen kritisch zu verfolgen. Aber wir dür- fen uns nicht erlauben unsern befand in extenso darzustellen und begnügen uns mit der aushebung von einzelnem und wenigem in diesen verschiedenen richtungen; anderes werden wir in eigenen, arbeiten späterhin besprechen können.

Nicht selten kommt in diesem buche die angleichung und anähnlichung zur spräche, wie z. b. opßQog aus apvQog, 6nX6- tSQog ans äaaXorsQog, vntQonXog aus vnsQaaaXog , attiog aus avdrtog, durch angleichung; xopt/fa, xoGfMvXpa, xvdoipog u. a., dann formen wie fnjyeaipaXXog, ferner odovg u. a. durch anfthn- lichung erklärt werden. In opßgog hat das vor ß aufgestiegene p sicher eben so grofsen antheil an dem dunkeln o als folgendes o; denn aufgestiegen und unorganisch ist p, wenn wir Ofißgog an skr. abhra halten dürfen, welches gerade in den alten ve- dischen glossen nicht nur als name der wölke, sondern auch des wassers erscheint, gleicher bedeutung mit abhva, ambha und ambu(?). Nicht uneben vergleicht Weber V. S. spec. I. s. 18. mit abhra griech. äcpQog; vergl. denselben in seinen ind. stnd. I, s. 183. In onXoreQog ist freilich ein altes aber nicht ein griechisches a in o geschwächt, doch nicht aus dem streben nach anglei- chung verwandelt; denn kaum ist die wnrzel eine andere als skr. sac, lat. seq. griechisch m und* dasselbe gilt von vxe'(>o- nXog. Die w. w. x6gv£a und xofffwXfia sind entschieden unrich- tig als Zusammensetzungen mit xata angesehen, unsicher sind die übrigen, in denen v aus a hervorgegangen sein soll eines fol- genden oi wegen. In Zusammensetzungen wie fn^yeaifiaXkog u. a. soll a eines folgenden t wegen in s fibergehen, während in der- selben art von Zusammensetzungen das a blieb, sobald <s ausge- stofsen und der vokal mit * zu einem diphthongen verschmolzen ward. Vielmehr erscheint hier eine fortgehende trubung und Verdünnung des alten lautes; denn den genannten formen liegen sicher nicht, wie D. annimmt, durchaus nur v. v. intensiva auf a£ö> zu grnnde, sondern den ersten theil der Zusammensetzung bilden entweder wie Pott et. f. II, 381 annimmt, subst abstr. auf <k=t«, oder, was uns richtiger scheint, einfache part. präs.? Rosen zum RV. XXII; vergl. die sanskrit. vididvasu «reich- thnm spendend» u. a., Aufrecht de accentu compos. p. 16. Dafs ein solches e nicht durch ein folgendes i hervorgerufen sein müsse, beweisen uns formen wie dq-fita Pott et. f. II, 39, Ebel in dieser z. f. s. 298. In altiog, wäre auch diese etymo-

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logie richtig, konnte ebensowohl ^r als a in i übergehen. Ganz ohne grund ist aber deutsches irdisch neben er da verglichen, da hier gerade i der ursprüngliche deutsche laut ist, der sich bei fol- gendem i erhielt, während er durch nachfolgendes a gebrochen ward. In odovg für odovg sehen wir das o lieber als mildere Schwächung des alten a denn als Verstärkung von * an ; das alte a findet sich noch im skr. ad «edere», in latein. ador, in goth. atisk; es wurde daraus o, e oder es konnte völlig sehwinden. Das griechische ist hier wie im verb. ei/u im vortheile nicht nur gegen das lateinische und deutsche, sondern auch gegen das sanskrit durch zäheres festhalten eines donnern oder festern lautes. Auch über das schwanken von av, ov, ev lassen sich kaum so bestimmte sätze aufstellen als D. zu thun versucht. Nicht sicherer sind die Alle der dissimilation, die D. gelegentlich bespricht, so dafs z. b. aloXog für ein älteres aivXog stehen soll, was durch eine schein- bare analogie des lateinischen nicht begründet ist; denn in filiolus, alveolns ist das ursprünglichere des vorausgehenden i oder e wegen eben nur geblieben. In didvpog wird di für djri stehen, die etymologie von Xtypvg ist nicht sicher gestellt. In ansog und eaper stiefsen wohl diese vokale von anfang gar nicht zusam- men, und wie ansog ist auch ohÜQeov aus oivOQBßov zu erklären. In diog hat Benfey mit recht vorausgegangenes guna angenom- men, wie in oveidog von wnrzel nid u. a. Der vokal a, e soll zu * 'werden in einer durch syncope entstandenen position, z. b. in ia&fiog, cxigrär u. a. Wenn auch axiQtäp fast unzweifelhaft einen solchen fall bietet, so mufs es für sehr kühn gelten ia&fiog nach analogie von faux aus ia&ipog entstehen zu lassen, so dafs es gleich yaarriQ eigentlich der esser wäre. Eine ableitung aus w. t würde dem sinne und der form nach sicherlich erwünschter sein, sobald über <r vor 0 auskunft gegeben werden kann; will herr D. die von Lobeck nnd Curtius beigebrachten beispiele für einen blofs euphonischen einschob nicht gelten lassen, so steht noch immer die w. ish zu geböte, die in iog gleich einem skr. *isha9 gew. ishu unverkennbar auch im griechischen wirksam ist. Umgekehrt entsteht nach D. « aus i in äQtepijg = äQttfxarog, «vfohlgemuth» und JJQtapig, dürfen wir es dazu rechnen, würde uns sogar ein a an der stelle des alten i zeigen. Angenommen, Dftderleins ableitung von aQTefiijg sei die richtige, so dürfte denn doch immerhin in OQrs das volle oqtio stecken. Wir halten übri- gens aQjSfiijg für ein einfaches wort von im griechischen aller-

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dings seltener bildung, indem wir es gleich artamant od. rtamant nehmen; Jägiepig oder J^gtauig aber scheint ans das femininum einer kürzern form artama, wie skr. arnava für arnavant, arvan für arvant und yahva für yahvant steht. Unbegründet, so weit wir sehen, ist auch der satz, es müsse ein inlautendes v zu o werden, wenn im anlaute <r zutrat, in wtoXiog, in Grifpg. Dage- gen, dafs Gtoypg von tei%(o komme, spricht manches und nament- lich die daneben bestehenden dcra^vg u. s. f. , die auf eine modi fication der wurzel sta führen, der wohl auch atonog, ronog an gehört, wie tabula = stabula ist. Ohne weitern ersatz soll o ab- gefallen sein in öaxew für odaxetv. Im skr. haben wir die Wur- zel dag, goth. tahjan, lat. lac in lacer u. s. f. im griech. ddxQV, lacruma, goth. tagr, unser «zähre». So wird ebenfalls aphärese angenommen in yqmevg, lateinischem gerere, in yc&Qog, ydwG&cu, pvew, hd&ö&cu, paco, fiuffl, vortex u- a., meistens nachweisbar unrichtig;, der verf. ward oft von dem streben irre geleitet, kür- zere gestalten neben vollem immer als die spätem zu erklären, möglichst selten zusätze im anfange der wurzeln zuzugestehen. Als ein beispiel solcher art soll auch der name jttjtoi gelten «die umherirrende0. Gegen eine solche deutung spricht 6tark, was wir als ursprüngliche anschauung dieses götterwesens ansehen müssen; denn ihre Irrfahrten sind doch grofsentheils nur ethische ausflösse, wie sie erst entstehen konnten, als einmal Here ihre ansprüche mit allen mittein durchsetzen wollte. Aristo scheint ursprünglich ein nacht wesen, sie könnte aber in ihrem namen ebenso gut als gattin und geliebte des himmelsgottes aufgefafst sein; deute man, wie man wolle, so dürfte man nicht ungereimt an w. ram denken, von der I, 359. geredet ward, vergl. beson- ders ratri f. und rämjä als bezeichnungen der nacht. Rücksicht- lich des inlautenden vokales verhielte sich Arjroi zu indischem rati, volnptas, wie iirjng zu mati. Wenn ovta wirklich gleich ovrace steht, so läge hier ein ähnlicher fall vor, wie wenn im sanskritaorist im st. isham, und im lat. perf. -ei, i für dasselbe sich findet. Die apocope von a in dvd kann niemand läugnen, aber darum ist Döderleins erklärung des d intensivum nichts weniger als sicher. Ganz verfehlt ist die deutung von acrv aus darvy von crdyeiv, wie sich jeder durch die einfache Zusammen- stellung der verwandten überzeugen kann, welche auf w. vas, goth. visan zurückleiten. Einiges eigentümliche bietet auch die behandlung der consonantcn dar. Döderlein nimmt altes j: an in

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idup wegen des lateinischen vesci, erklärt afiaa&at aus ehemali- gem affieip für aftfuip, svimman. Noch verkehrter ist die gleich- Stellung von w. *<x mit goth. visan, also skr. vas, und hog soll dann gleich einem ^ecetov sein. In gataro?, #e£a*ra>p, ayandto, ßlmm aus angenommenen ßoldfon soll n aus jr entstanden sein. Hier erwächst schaden daraus, dafs Döderlein nicht mit dem wurzelvermehrenden p bekannt ist, und die ableitung und deu- tung von ßkmm wird auch sonst nicht befriedigen. Noch freier springt unser verf. mit tJem armen latein. um, so dafs es nicht einmal mehr eine palcra filia pulcrioris matris bleibt. S. 109 werden eigentümliche ansichten über diese spräche offenbar, die aufs deutlichste widerlegt werden könnten. Unter anderm wird feba aus ag><wy(?) gedeutet, während es seine schöne und einfache ableitung in w. bhaksh, gr. cpay findet, also eigentlich «die zum essen seiende1* aussagt, wie dieses Grimm in seiner abhandlung über die diphthongen und in seiner neuen über die entstehung der spräche so sinnreich ausgeführt hat. Die deutung von latei- nischem serus, sero aus fjSQog, ijQog ist weder dem laute noch dem begriffe nach recht begründet. Erwägt man Potts Erklärung, etym. forsch. 2, 174, der das lateinische wort wie Bopp zu skr. aaya stellt, so wird dessen etymologie keine besondere Schwie- rigkeit machen. Wie das verschwinden des s und sein Wechsel mit dem blofsen hauche für die griechische grammatik besonders wichtig ist, so zieht auch seine vorsei zung vor dem anlautenden konsonanten und seine entwicklung wieder vorzüglich im grie- chischen inlaute unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das vorgesetzte 8 ist sicher nicht allenthalben desselben Ursprunges und bedarf einer weit gründlichem vergleichenden Untersuchung als sie ihm der verf. werden liefs, der auch einzeln, wie z. b. im ags. sciran mit unrecht ein späteres s annimmt Die entwicklung des a im griech. inlaut ist uns noch nicht recht klar; aber dessen sind wir mit Benfey überzeugt, in den bildungen auf -0/*at und - <y&i}v u. a. -ist dieses hinzutretende o weit eher eine bestimm ung und füllung der endung als ein Überbleibsel von sogen, intensiv- formen, wie sie von Döderlein massenhaft angenommen worden. Ein Hofs lautliches und brückebildendes s nimmt der verf. auch an in den deutschen w. w. fest = pactus, inast = mactue, tasten von einem taetare, börste = (pQixroe, mist = mictus, fuxtog und last = gelegt (lectus). Diese vergleichungen fast alle zu wider- legen müfste zu weit führen: zu fest vergl. die alte gotli. form

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]>vaste, über matt vergl. Diefenbach g. w. 11,57; gehörte börste zu der w. <vouc, was wir sehr bezweifeln, so wäre es von der form bhrsh abzuleiten, mist goth. maihstus ist anmittelbar von der wäre, mih gebildet, last von hladan, goth. blasen heilst im ags. hütet, hatte also in seiner w. gnttoralen aulaut, dentalen anslant. Recht schön und oft treffend erklärend sind die hier dargestellten ge- setze der einwirknng eines a auf verbundene consonanten, die Assi- milation u. s. f., nur durfte auch hier, nicht alles über ein mafs geschnitten werden, wie z. b. taacuv nichts anderes sein soll als *rd£eip d. h. ein intensivum von tarn, während die ganze fa- milie dieses wortes uns auch nicht einen augenblick darüber zwei- feln läfst, dafs die betreffende wurzel auf g auslaute, unangetastete präsensform wohl ray\m wäre; auf diesen einflufs eines einstigen j, der sogar in ganzen abhandlangen nachgewiesen ist, achtete überhaupt D. zu wenig. Ueber das ausgefallene j im griech. fin- den wir eine willkommene bemerkung s. 240 f.; über den Wech- sel von p und ß s. 67 und s. 209; r läfst D. zur Verstärkung eines p eintreten im perf. vasprijpvxa, freilich sind die als beläge angeführten beispiele nicht so sicher als von dem verf. angenom- men wird. Dem lautersatze wird eine tiefeingreifende bedeutung gegeben. Nicht allenthalben findet ersatz statt, und, wo er statt- findet, gar nicht auf gleiche weise. Zuweilen finden sich in der spräche nur leise andeutungen, dafs ein vocal geschwunden sei, wie wenn sich darum ein spir. a. in einen lenis verwandelt in acfitrog für qadftevog, oder wenn sich eines ausgefallenen * we- gen ein o der vorhergehenden silbe in v umsetzt in igvfipog für OQoqitvog, oder ein e in * in xiQnjfii für xeQawvfii. Sonst wird ein ausgefallener voeal oft ersetzt durch aspiration, und dieser hauch sucht sich im worte verschiedene stellen, besonders aber auf dem vokalischen anlaute, so in aiQeia&at=deiQeladtti, ev^eiv = äf8QW, 0H(pi=Hl(ni, fang =.y8Q<ß7og, iader=idadeir, adgoe =ddijQog u. s. f. vgl. a. 65 und s. 181 «wftw; die aspiration kann sich aber auch einem konsonanten verbinden, in lpd6&Xtj = lpa- araXri, ü»x/ucfc=u»xtpoff, in ftXox(Mg=itX6xapog9 dxax(ie*og = äxaxtiiMvog, dtda&cdog =z einem dra<j&X6gz=: aramaUg\ vergl. auch anm. 114. Auch ausgefallene konsonanten sollen in einzel- nen fallen nach anm. 38 und 65 durch spir. a auf anlautendem vocale ersetzt werden, selbst mit überspringung von silben z. b. in dficcQteTv von dfiegozog, äfUQdta. Zuweilen leistet j: ersatz, so in evxtjlog, Zxqlog und yeyxaXog und 8. 182 scheint D. ijraöep,

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evaöev für idadev zu nehmen. Ein geschwundener vocal wird häufig durch längung einer frühem kürze ersetzt, nud auch in dem falle finden wir nicht selten ein überspringen zwischenlie- gender silben angenommen, weil «ein durch euphonische oder andere rücksichten verdrängter laut, so oft er kann, sich in irgend einem winkel desselben Wortes rette.» So ist ftdacar ■=i*a%*chov9 niiywpi-=.nayi9*v\uy nhjpfxeXijg^inXairopehjg, Äjf- fAog=dapaog, (pevyazzzyvyso), qdeipzzzadssiir, <riinzwz=.Gwniz%,vy r{kvl = ahmtog , nQOffl&ijg = nQopd&rjTog , dXq&ijg = dld&ytog, d<Jxtj^ijg = d(Jxäüjetog, £axQipjg=:CaxQdeTog (anm. 101. s. 120). So erklärt der verf. auch xijqvI; z=xctQvxT6gy den eigennamen 7Y- ra9=Jirarr6g; aiyhj=dyaXitj und cdxd)Aeiv=:dxaliXew. Um- gekehrt wird ein weggefallener anlaut durch längung des Inlau- tes ersetzt in Xirjv dXianog, mänes = dfAevugy q>ä(>og=v<paQQgy da<mXiJTig=da<mehirTig oder daidofreXdtig , dptjrog, dfiij<Jig=da- fiarog, ddpaag, xtjXeir—dxaleWy voo{hjg=dpo&8Tog, rrjpe(>Tijg= drapdQTfjrog , rtjTä<y<&cu =: äratäa&eu, vergl. anm. 161. s. 228. Wir wollen nicht läugnen, dafs in diesem verfahren Wahrheit enthalten ist, müssen aber auch hier rügen, dafs alles über ein raafr gelegt ist So ist darauf keine rücksicht genommen, dafs so gut als in andern sprachen, im lateinischen und deutschen, einerseits ein unechter spir. a. vor vocalen antrete, ein echter ver- haucht sei, dafs ein haucher als halbvocal fortexistiren oder auch in einen nahestehenden vocal umgewandelt sein kann, dafs die natur folgender consonanten wesentlichen einfluft ausübt u. dgL In aapsvog ist sv untergegangen, wie in e&co, e7h'£o> neben sue- sco u. a. und <r ist aus d entstanden, igvpvog ist wohl nur des accentes wegen, der sonst nicht selten von D. wenig berücksich- tigung findet, so erklärt, dafs es als eine zusammenziehung au8 dem langen ogoyivog erscheinen soll; denn sonst ist die deutung aus jreQv-fierog bedeutend einfacher und durchaus sprachgemäfs; dürfte es- aber nicht für jreQv^og stehen und dann der unge- wöhnliche accent erklärbarer sein? In xiQnjpi ist die Ursprung* liehe form erhalten; denn kaum steht xsQdvwfii, wie Grimm in seiner gesch. d. d. spr. sinnig vermuthete, mit xiqag «dem trinkhorn» in Verbindung, sondern liegt zunächst an der indischen w. <;ri ««mischen, kochen». Die ableitung von cuQsia&at und ebQtlv ist sehr fraglich. *H(pi und tjQwg sind in neuerer zeit mehr- mals von andern und auch von uns anders erklärt und wir mei- nen mit gröfserer Sicherheit an die ursprüngliche ansebauung ge-

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halten worden. Here, die gattin des himmlischen lichtgottes be- zeichnete bestimmt anfänglich nicht nur die dichte laft, tjqwg nach- weisbar nicht den luftigen; sondern in jenem namen ist die eigen- schaft der Zensgattin ausgedrückt, in diesem die hervorleuchtende heldenkraft. Wie wir, legte auch J. Sonne in seinen epilog. 8. 21. die wurzel svar «leuchten, glänzen» zu gründe und erklärte "Hqu als «die leuchtende" und fJQag ist nichts anderes als eine participialform derselben wurzel, wie nach anderer denk- und auffassungs weise das vedische süri den «weisen» und «priester» benennt. Dahin gehören auch die ZeXkoi, die "EXkrjveg, aeXqrq, 'Eldvri u. s. f. Wie in der vorigen wurzel so auch in avbavv* u. 8. f. ist der ursprüngliche volle anlaut sv, womit so ziemlich alle Schwierigkeiten sich lösen lassen. Sehr bedenklich ist die an- nähme, dafs ein ausfallender vocal als hauch sich einem conso- nanten verbinde, oder will uns D. auf dieselbe weise oq&qo?9 ßd&QW9 teißti&QOv, ols&Qog u. s. f. deuten? Es scheint uns da Bopps meinung (vergl. gr. s. 1140) viel wahrscheinlicher, dafs sich besonders vor halbvocalen die tenuis gerne erweichte, und auch das lateinische bietet uns hier nicht selten beispiele; zu- weilen könnte ein ursprüngliches s eingewirkt haben. In apag- tavm ist der spir. a. um so mehr ein unsicheres gebilde, als er nicht die -ganze conjugation des verbums durchzieht. Der kompa- rativ &o6G(ov ist entschieden falsch aus ragscrtW gedeutet, was nicht weiterer ausfuhrung bedarf, sobald man diese komparativ- bildung auf iW im griechischen, iyas im sanskrit und ior, alt ios im lateinischen scharf ins äuge faist, oder woher darf zwischen stamm und endung ein so erwartet werden? In nijyrvfii, in ofao*, in yevya u. a. wird kaum jemand, der sich mit den resultaten der vergleichenden grammatik bekannt gemacht hat oder den schö- nen Untersuchungen von J. Grimm gefolgt ist, mit D. eine blofse Versetzung des vocals aus der endung annehmen wollen, anstatt darin eine schöne theilweise aus der bedeutung entsprungene und auf die bedeutung einwirkende architektonische Verstärkung der wurzel zu sehen. Ueber die ableitung von Öijpog sind wir nicht ganz sicher, aber so viel ist ausgemacht, dafs seine ursprüngliche anschauung nicht das gebändigte aussagt. Ueber die adiect. auf qg können wir erst bei der behandlung der Wortbildung näher ein- gehen, hier bemerken wir nur das, dafs die Wörter dieser art jedenfalls eher an das part. präs. als an das part. perf. gehalten wer- den müssen, wie dieses aus Kuhns abhandl. über S klar hervor-

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geht. Und wie oft mofs mit gewalt ein park perf. pass. oder ein sogen, adiect. verbale erst gebildet, eine schwache form statt einer starken angesetzt werden, so auch in dem beispiele, welches D. neu hinzubringen wird : PB&Qyg aus viOQtjrog oder veogsrog für das gebräuchliche vioQrog. In formen wie * Tnav und ttjräa&at u. a. sehen wir einfach intensiva ; in ofuftfco u.a. ist doch die meta- thesis des wurzelvocales in anschlag zu bringen, dann finden wir genug analogieen der hervorgerufenen vocallänge in den ver- wandten sprachen. Am wenigsten aber befriedigt uns die erklä- rnng des lateinischen mänes aus griechischem aptreig: form und bedeutung sprechen dagegen. Denn nach den alten grammafikern,' welche wir denn doch nicht ohne alle gründe beiseite schieben können, ist die alte und ursprüngliche form für manis manus und bedeutete dem alten Römer positiv gut, xQ7}<n6g. Es ist ferner keine hinreichende Ursache vorhanden immänis von manis zu tren- nen und etwa als unermefslich zn deuten, nun ist es aber höchst sonderbar immanis aus einem dvafievqg entstehen zu lassen. Wir meinen, die alten römischen grammatiker haben uns über dieses wort ganz vernünftig und wahr berichtet; seine form erklärt sich wohl durch die annähme von consonantenausfall nach a; aber welcher consonant ausgefallen sei ist unsicher. Schwenk meinte g oder h, so dafs manus am ende gleich magnns wäre, was frei- lich noch nicht dem griech. pdxaQ entspricht. Wir ziehen eine etymologie vor, die uns das zweideutige im worte erhält. Es ist nicht zu läugnen, dafs gar nicht selten in einer konsonantengrappe r ausfällt und wir sind also nicht unberechtigt eine wurzel mit anlautendem mr anzusetzen, also eine w. mra mit irgend einem schliefsenden consonanten, vielleicht mit d. Von wurzel mrad oder skr. mrd wäre nun manus für mradnus eine participialform wie magnus, vanus u. a. und würde in der bedeutung ziemlich zusammentreffen mit mollis, skr. mrdu, mild; manes wären dann «die hingewelkten M wie «die guten*. Die deutung Benfey's, der manus zweifelnd von wurzel ma «messen» also «gemessen, be- scheiden, gut» ausgehen laust, wird als name der todten kaum befriedigen können. In formen, wie aiylrj, alxdXlco u. a. wird eine Zusammensetzung mit präposition zur erklärung verhelfen: denn dafs gh oder skr. bh im griechischen oft als 9 oder % wie- der erscheint, ist noch kein grund anzunehmen, es dürfe nicht auch dieser buchstabe spurlos wegfallen. Wir bekennen in be- ziehung auf diese ganze darstellung des lautersatzes freimüthig,

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dafs nach unserer ansieht zwar ein ersatz sehr richtig angenom- men wird, wenn be\ ausfallenden consonanten, besonders aber vor ursprünglicher posifion, der unmittelbar vorausgehende vocal gedehnt wird, dafs uns aber ein solches freies spiel der laute, wie es herr Döderlein annimmt, der Wahrscheinlichkeit in hohem grade zu ermangeln scheint; offenbar hat hier die lost des Ver- fassers eine einmal gefalste ansieht mit allen mittein der gelehr- samkeit und des Scharfsinnes durchzufuhren denselben oft irre gefuhrt, wovor ihn ein umfassenderer blick in die werkstätte der sprachen überhaupt leicht hätte sichern können. ( Fortsetzung folgt )

H. Schweizer.

KSne, werthung der fremdwörter in der deutschen spräche.

(72 s. in 4. Münster 1849 )

Ein mit eifer und begetsterung geschriebenes büchlein, das des trefflichen und anregenden gar viel enthält, und das gelesen zu haben niemand gereuen wird, so weit er auch im einzelnen von den ansiebten des verf. abweichen mag. Es beginnt in her- kömmlicher weise mit einem lobe der deutschen spräche und einer klage über ihre jetzige entstellung namentlich durch die fremd- Wörter, deren zahl auf mehr als 10,000 geschätzt wird, und geht dann auf die gründe dieser erscheinung über. Wenn der verf. aber alle gründe, die zur vertheidigung der fremdwörter vorge- bracht sind, kurzweg für nicht stichhaltig erklärt, und mit Ver- werfung auch «der ausländischen Wörter, die von altersher ein- gebürgert sind, oder deren begriff ein deutsches wort nicht voll* ständig bezeichnet, oder die auf etwas geschichtliches hinweisen, endlich aller sogenannten kunstwörter» die wahren gründe dieses Unwesens nur in unkenntnifs der muttersprache, eitelkeit, tücke und unbewafster gewöhnnng dnreh häufige beschäftigung mit fremden sprachen findet; so hat er damit ein etwas gar zu ra- sches urtheil gefällt in einer frage, die noch nicht in allen bezie- hungen spruchreif ist. Jeden kunstausdruck werden wir schon so lange beibehalten müssen, bis ein passendes und hinreichend bestimmtes deutsches wort dafür gefunden ist, was in den meisten fallen sehr schwer, oft unmöglich sein dürfte; die weiter unten

anzeige. 75

als moster aufgestellten umlaut und ablaat sind nicht Verdeut- schungen, sondern neue Wörter für einen neuen begriff, mit dem sie gleichzeitig eingeführt sind, beweisen also nichts in der vor- hegenden frage; J. Grimm, den der verf. gewifs nicht der frenid- sncht bezüchtigen wird, hat sein grofses werk mit absieht nnd bewufstsein «deutsche grammatik genannt, und herr K. selbst hat «mathematik, Substantiv, adjeetiv, verbum, gymna- sinm» den bekannten Verdeutschungen vorgesogen. Noch miß- licher steht es mit der ausmärzung der «von altersher eingebür- gerten» ausländischen w. Schon Ulphilas hat eine gar nicht un- beträchtliche anzahl lat. nnd griech. w. aufgenommen (z. b. prau- fetus* apawiaulusi aivaggeljo, cfat'monar/t«, /tiAartt, atfrkeis, arka, kaupon, kapillon), und bei dem wegen seiner reinen spräche mit recht gepriesenen Luther lesen wir z. b. prophet, psalm, ka- pitel, tyrann, pfaffe, tempel, lampe, specerei; die aus- drücke kirche, bischof, bibel, pries ter wird herr K. selbst nicht verwerfen wollen. Vor allen dingen kommt es eben darauf an, ob ein fremdes wort eingebürgert ist (lehn wort) d. h. deutsches gewand angezogen (uhr, körper, sicher, bisthum, prüfen, preisen, pferd, kirsche, almosen, armbrust, wildschur) und sich den gesetzen der deutschen lautwandlung, wortbeugung und -bildung gefügt hat (form, formen, förmlich; punkt, pünktlich), oder ob es (fremd wort im engern sinne) starr und steif im ausländischen kleide einherwandelt (wie religion, interesse). Die Unterscheidung ist aber nicht immer so leicht, da die behandlung des entlehnten sprachstoffes (auch in endungen, wie -ei in maie- rei neben -ie in harmonie) die mannichfaltigsten stufen zeigt; während z. b. über zuber und eimer selbst die gelehrten in zweifei sind, (s. Graff III, 148., Benary röm. lautl. 256) preisen sogar starke beugung angenommen hat, stehn andre Wörter wie das von hrn. K. angefochtene natur auf der äufsersten gränze zwischen lehn - und eigentl. fremdwörtern. ' (Hinsichtlich des um- laut« steht natürlich mit bischöflich für das deutsche Sprach- gefühl auf einer stufe; übrigens ist die s. 62 aufgestellte behaup- tung, dafs der umlaut nie die endung treffe, falsch, wie ahd. -ari, mhd. -aere, nhd. -er zeigt). Diese bemerkungen mögen dem verf., mit dem wir im ganzen einverstanden sind, daran erinnern, dafs, wer zuviel beweist, nichts beweist.

Nachdem im folgenden zum theil an schlagenden beispielen gezeigt ist, wie die fremdwörter in den untersten kreisen des ge-

76 Ebel

wohnlichen leben«, in der kirche, in den Wissenschaften, im cu- rial- and kanzleistil, in den gymnasien, endlich in den Zeitungen wuchern, wird zur beantwortung der frage geschritten, welche mittel und wege, welche mächte und kräfte dagegen anzuwenden seien. Der verf. empfiehlt zunächst als quellen des ersatzes die als veraltet bezeichneten Wörter des nhd., das ahd., die mundarten, die Wörter des gemeinen lebens, zuletzt nea- bildungen. Dafs manches schöne wort theils aus der älteren spräche, theils aus den mundarten hervorgeholt zu -werden ver- dien 1, unterliegt keinem zweifei, doch möchten wir zu grober vorsieht rathen, damit nicht dadurch ein der mehrzahl ebenso unverständliches deutsch entstehe, wie durch die fremden Wörter; die entlegneren gebiete der spräche sollte man nur in der gröfsten noth betreten, namentlich aber abgestorbene stamme vermeiden. Wir können den ablaufenden ström nicht bergauf führen, und werden, so sehr wir es bedauern mögen, manches wort vor dem veralten nicht retten können, also auch nicht anwenden dürfen, wenn wir nicht blofs den gelehrten, sondern dem volke verstand« lieh sein wollen; dies trifft selbst die öfters eingetretene änderung der bedeutung. (Bekanntlich ist das goth. sauhts, ahd. suht gleich- stämmig mit siuk, siuh, siech und siukei, siuchi, seuche, heifst also nichts anders als krankheit, und doch lesen wir s. 11. «die krankheit an der sucht nach fremdwörtern », sehen also, dafs auch hr. K. sich der im volke gewifs allgemein gewordenen ableitung von suchen*) nicht entziehen konnte). Am dankenswertesten ist die Untersuchung, die den folgenden theil der schrift ausfüllt, wie man die bisher bei den Verdeutschungen begangenen fehler zu vermeiden hat. Gewifs findet das fortwuchern der fremdwör- ter viel weniger in böswilligkeit und nachlässigkeit der sprechen- den und schreibenden**), (mit wenigen ausnahmen, worunter frei- lich das grobe heer der Zeitungsschreiber obenan steht), als in

*) Vergl. Förstemann über Volksetymologie, in bd. I, d. Zeitschrift. **) Das beweisen theils das leicht zu vermehrende verzeichnils deut- scher Wörter aas den Zeitungen der letzten jähre auf s. 12. 13., theils sonstige beispiele aus dem gemeinen leben zur genüge. Ich selbst kam aus einer schule, wo unter andern hälft en für halbiren eingeführt war, aufs gymnasium, und wurde zuerst von meinen mitschOlero aus- gelacht, als ich das wort gebrauchte, fand aber schon in der nächsten stunde nachahmer.

anieige. 77

der Verlegenheit wegen eines ersatzes Unterstützung, und den mei- sten schaden haben offenbar die ungeschickten Verdeutschungen angerichtet, von denen es seit Campe in allen fremdwörterbuchern wimmelt. Der verf. verlangt Vollkommenheit in der ge- stalt und vollk. in der bedeutung der neuen Wörter, fuhrt aber nur das erstere weiter aus. Als Vollkommenheiten des laut- standes werden Wohlklang im einzelnen und in der lautfolge (namentlich Vermeidung der Zischlaute, der unmittelbaren berüh- rnng der stimmlaute und harter Zusammenstellung der mitlaufe) nnd deutliche Verschiedenheit von andern Wörtern gefordert und beides mit beispielen erläutert, die nur mitunter zu sehr ins ein« zelne gehen ; bei aufstellung der regeln c. d. (auf s. 26.) hat sich der verf. offenbar übereilt, denn Wörter wie lachtaub e, stock- taub, ho ft hör enthalten sicherlich keine «mundwidrige» Verbin- dung von mitlauten (der auslaut hätte ebenfalls berücksichtigung verdient: gracht, schrift). Bei betrachtung der Vollkommenheiten der fällung (declination) ist manch treffendes wort gesagt, über wähl des gesohlechts (echo, mode), unbefugtes verwerfen der ein- oder mehrzahl (bnnd, Alpen); wenn aber die w. ganz äufser- lich nach der zahl der fallendungen .in «stocke» abgefeilt werden, so verliert sich die Untersuchung theils ins kleinliche, theils ins unwissenschaftliche. Vom. Standpunkt einer wissenschaftlichen Sprachbetrachtung aus werden wir weder die Wörter, deren mehr- zahl ein -er annimmt, als erste stufe anerkennen können, da die Sprachgeschichte zeigt, dafs -er ursprünglich eine ableitungssilbe ist = griech. og, die mit zunehmender Schwächung der spräche und des sprachbewufstseins immer weiter um sich gegriffen hat; noch den u miaut so unbedingt vorziehen wie der verf. s. 40, so willkommen er uns als unterscheidungsmittel ist (wissenschaft- liche Sprachforschung wird formen wie hünde z. b. unbedingt ver- werfen, da wir aus dem goth. und ahd. sehen, dafs der stamm ursprünglich auf -a endigte, also der umlaut gar keinen geschicht- lichen grund hat). Zuletzt wird mannichfaltigkeit, also «thale» neben «thäler» für berechtigt erklärt. In der spellung (conju- gation) wird aus demselben rein aufserlichen gründe die gemischte form der starken ebenso vorgezogen, wie diese der schwachen (wer übrigens sehen will, wie weit dergleichen eintheilungen füh- ren können, der lese die abhandlung des verf. im museum des rhein.-westph. schulmännervereins bd. III. heft 1 s. 1—29). Mehr Zustimmung wird der verf. für das finden, was über den wort-

78 Ebel

wuchs (Wortbildung) gesagt ist. «Jegliches wort mufs an sich und in sich die fahigkeit tragen, dafs es neue Wörter von sich erzeugen läfst.» Als muster wird hier mafs hingestellt, weil aus einer wurzel entspringen:

s. mafs a. mäfsig v. messen

a. mäfsig s. mäfsigkeit s. messer y. messen v. mäfsigen a. mefsbar; sodann minder vollkommene stamme nach den fehlenden Wortar- ten aufgeführt. Aus diesem gesichtspunkte werden dann s. 55 einige vorgeschlagene Verdeutschungen geprüft, und an beispielen nachgewiesen, wo man sich mehr oder weniger streng an jene forderung zu binden hat (gesichtskreis für horizont z. b. gut be- funden, weil horizontal in einen andern begriflskreis übergeht, also ganz wohl durch wagerecht wiedergegeben wird, ebenso die Übertragungen von officiell, resultat, weil diese Wörter im deut- schen einzeln dastehn). Endlich wird darauf aufmerksam gemacht, dafs man, wenn die deutschen bezeichnungen schlecht sind, des- halb nicht das fremde wort für unentbehrlich halten, sondern nach bessern deutschen suchen müsse. Beispiele, die mitunter vortrefflich gewählt sind, erläutern auch hier die sache (wie fahn- den für vigiliren). Bei der ableitung erklärt der verf. die form für die vollkommenste, die durch die meisten und kräftigsten merkmale vom stamme unterschieden ist, läfst sich jedoch durch die Vorliebe für den umlaut auch hier zur bevorzugjung mancher nicht zu rechtfertigenden form verleiten. S. 61. Vollkommen stimmen wir ihm bei, wenn er das kürzeste wort für das beste erklärt, folglich das einfache dem zusammengesetzten {stock dem Campe'schen wort für capital, bug für prora dem Vossischen Vor- schiff), weniger zusammengesetzte den mehrfach zusammenges. (geschrift bei Auerbach dem Schriftwerk, bahn wart dem bahn- wärter) vorzieht. Endlich wird auch hier mannichfaltigkeit ver- langt, also eichbaum neben eiche nicht verworfen.

Betrachten wir zum schlufs noch die von hrn. K. vorge- schlagenen oder gelobten Verdeutschungen, so werden wir man- ches vortreffliche darunter finden, wie reichsbole für reichsdepu- tirter, dienstlich und amtlich für officiell, sondern für privat = und particulär, vertrieb für debit, ertrag und ergebnifs für resul- tat; anderes vermag uns weniger zu befriedigen, wie das schlep- pende ahnherrlich, fremdländisch, Vereinbarung, das übelklingende sfaafsfeger, (wir sagen schlotfeger ohne den mißliebigen Zischlaut,

miscellen. 79

brauchen übrigens das neue wort gar nicht, da wuhler viel kür- zer and allgemein verständlich ist), behördlich, das zweideutige fuge s. 25. (das sonst im andern sinne gebraucht wird) meute (statt meuterei, welches letztere der deutlichkeit wegen vorzuzie- hen ist). Das hergebrachte Schriftsteller möchte trotz seines Ungeschicks schwer zu verdrängen sein, jedenfalls aber besser durch Schrifter (wie im holländ.) als durch schriftner. Wun- derlich nimmt sich s. 13. trubel als «deutsches wort*1 aus, wel- ches der verf. von treiben abzuleiten scheint; auch die ableitung von volk aus folgen s. 15. durfte sich schwerlich rechtfertigen lassen. Doch wir wollen die gränzen einer anzeige nicht gar zu weit überschreiten ; wir scheiden daher von dem verf. mit dem wünsche, dafs er aus den gemachten ausstellungen die theilnahme erkennen möge, mit der wir seine bestrebungen begleitet haben.

H. Ebel.

III. Miscellen*

dvdQOfieog.

Kein zweites wort ist im griechischen mir bekannt, das in der bildung mit dem obigen übereinkäme. Ich theile es in Avöqo- fieo-g und erkenne in fiso ein affix, das im sanskrit namentlich in der späteren zeit häufig, aber auch schon in den veden er- scheint Das sekundäre in£ya bildet eigenschafts Wörter, welche bezeichnen, dafs entweder aus einem stoffe etwas bereitet, oder von einem stoffe etwas erfüllt sei: vgl. ayasmäya eisern (Yv. Av.), tejomäya glanzvoll. Das gr. dvÖQopeog heifst freilich dem men- schen angehörend, wie in dvögo/xeov cupa, aus menschen beste- hend, wie in dvÖQopeog opiXog, auch stimmt der accent nicht, beides hindert nicht diese affixe für identisch zu halten. Ich bin übrigens mit Pott etym. forsch. 11,474 geneigt maya als eine verbalableilang anzusehen und von der wurzel = mi facere, creare, die ja auch im gr. durch fUfieiö&ai (= thunthun == noch einmal thun) vertreten ist, abzuleiten. A.

80 miscellen.

lo%£aiqa.

Zu den seltensten Suffixen im griech. gehört -ccq. Wenn man von den secundären bildungen der neatra auf -oq absieht, (s. Kuhn über das alte S) bleiben nicht viel Wörter dieser endung übrig; doch findet sich [idxaQ, pdxaiQa, mit doppeltem sufQx fjidxcuQa (ähnlich bq in TtQecßsiQa, metga, iöeiga'! (idyeiQogl). Offenbar gehört io%iaiQa mit den erwähnten femininen in eine kategorie. Bei der alten, noch von Benfey wiederholten erklä- rung «die pfeilfrohe» bleibt das 6 völlig unerklärt; alles löst sich aber befriedigend, wenn man das doppelsuffix -ag -ja darin er- kennt. Als wurzel bleibt dann ge-, d. h. %ef-, also guna von XV- übrig, und io-%i-aiQa heifst die pfeilausgiefsende, (oder, wenn man es wie Nicander (Ath. 111,99) von der schlänge braucht, die giftausgiefsende), ein bei wort, welches der ver- sinnlichenden plastik des alten epos gewifs viel angemessener ist, als die pfeilfrohq, H. Ebel.

ava.

ava ist au, ab, a : es fehlt aber vor der hand im lateinischen theils an ableitungen, theils an formen, wo sich diese präposition in ihrer ursprünglicheren gestalt zeigt: nur auster, der südwind, hat mau schon als avastara erkannt. Ein anderes dgl. wort ist Avernus, das sich zu avara wie infcrnus zu adhara, internus zu antara u. s. w. stellt Die Griechen haben dafür %OQvog, dessen ableitung aus ogvig natürlich nichts gelten kann. Auch averran- cus mit seinem denominativnm averruncare scheint mir hieher zu gehören, und zwar zu ava-runc, nicht zu averrere, denn runcare ist ganz das s. runc, lunc: im griechischen haben wir von dieser wurzel kixog*), das weder mit vrika noch mit lupus zusammen- zustellen ist, mit letzterem höchstens insofern, als die wurzel lump, rumpere, mit lunc, runc runcare ursprünglich identisch ist.

A. Weber.

*) Im skr. wird lunc recht eigentlich vom zerreifsen des wolfes gebraucht, s. ind. sind. II, 36.

Gedruckt bei A. W. Schede in Berlin, erttnetrefee IS

I* Abhandlungen.

Vokale der niederdeutschen mnndarten in den kreisen Iserlohn und Altena.

YV as das westfälische niederdeutsch anziehend macht, ist, aufser vielen eigentümlichen Wörtern und flexionsformen, vornehmlich auch die reiche tonleiter seiner vokale. In letzterer hinsieht ste- hen die in der Überschrift genannten mundarten mit in erster reihe. Wir gedenken hier die vokal Verhältnisse derselben so ab- zuhandeln, dafs wir die mundart der landgemeinden um Iserlohn mit ihren 30 vokalischen lauten*) in den Vordergrund stellen, das abweichende aber, was die sogenannte iserlohner alte stadt, die grafschaft Limburg, die Stadt Altena und die gegend um Lüdenscheid zeigen, nebenbei berücksichtigen.

Ueberflüssig ist es, den nutzen einer solchen arbeit ausein- anderzusetzen, und hoffentlich auch, die ausfuhrlichkeit zu recht- fertigen, welche einer mundart gewidmet wird, die sich kaum über H geogr. geviertmeilen verbreitet. Wir verweisen auf Grimm gramm. I, s. 228.

Wie allenthalben die niederdeutschen mundarten mehr und mehr von ihren eigenthümlichkeiten verlieren, so ist das auch bei denen der fall, von welchen hier gehandelt werden soll. Manche Wörter leben nur noch in dem gedächtnisse älterer leute, die uns zu sagen wissen, dafs jene einst gangbar waren; andere werden

*) die nur in wenigen Interjektionen vorkommenden 6, ü und fi nicht gerechnet.

D. 2. 6

g2 Woeste

zusehends seltener gebraucht. Die starken unterschiede, welche noch vor 40 Jahren zwischen mundarten ganz nahe liegender Ortschaften auffielen, verschwinden vor und nach. Der iserlohner dialekt z. b. zeigt schon nicht häufig mehr nnd nur im munde ganz ungebildeter leute ein ui für y; ebenfalls selten ist ihm ein für a geworden, und wahrscheinlich werden die noch sehr ge- bräuchlichen eäu und äi (= altem ä) allmählig den oa und öä der umgegend platz machen. Auf dem lande lassen sich die laute und iu durch und Su verdrängen, ebenso mildert sich eau häufig zu iu und äu. Auch in Altena gewahrt man, dafs der ältere tief herauf gegurgelte dialekt in schneller ab- nähme begriffen ist. Ueberhaupt haben seit 1814 der ungleich gröfsere verkehr, die schulen und die allgemeine Wehrpflicht tüch- tig an der Vermischung, milderung und Zerstörung unserer mund- arten gearbeitet. Dem einen oder mehreren dieser umstände ver- danken wir auch die barbarische mischsprache vieler unserer jun- gen kerle und dirnen, welchen um ein bild unserer «fabriker»» zu gebrauchen der rauhe gufs zu schlecht däucht, während doch ihr messing nicht politur genug erhalten hat, um blank zu sein. Trotz dem ist die zahl der in aller munde verderbten for- men nicht eben grofs. Ein verdrängen der echten formen durch platthochdeutsche, wie biusse bufse, buissen büfsen, griufs grufs, gruissen grüfsen, ist sehr selten.

Ehe wir uns zur darstellung der einzelnen laute wenden, wird es passend sein, eine übersieht derselben nebst angäbe ihrer numerischen Verhältnisse aufzustellen.

Unter 500 aus fünf verschiedenen texten genommenen voka- lischen und konsonantischen lauten fanden sich 189 vokale und 311 konsonanten; mithin nahezu 38| vokale.

Unter 500 ebenso gewählten vocalen ergaben sich;

1) an kurzen einfachen:

52 14 7 190 46 25 3 19 6 aftääe ioöuü

2) an zusammengesetzten von verschiedenem zeitmafse:

15 6 3 1 7 4 ie ue üe üä

3) an langen einfachen:

15 5 7 2 ä » oa öä i

vokale der niederdeutschen mandarten. 83

4) an langen zusammengesetzten:

10 10 12 8 1 11 8 13 ai äi y elu äi iu ui au aü. Wahrscheinlich hat hier der zafall den ö, ü, ie, üe, ii und zum yortheile der ä, o, n und an zu niedrige verhfiltnifszah- Jen angewiesen.

I. Knrze einfache vokale.

Sie stehen mit wenigen aasnahmen nur vor verstärkter kon- sonanz.

Die meisten alten a vor einfachem consonanten worden a; einige, selbst vor mehrfachem, rückten eine stufe weiter, nach oa. Vor ld und lt ward a wol ohne ausnähme zu ä.

al all; balhöärich schlecht hörend; galten stöhnen; palm, m. bachsbaum; galpern heulen, yelp; swalfte schwalbe; spalken bände und fufse heftig bewegen, geräusch machen, schwed. sparka; kwalster baumwanze, vgl. qualster und engl, knolster; gram heiser; ram widder; hamme, f. sensengriff; ampele lampe; ampelte, hampelte ameise; swampen schwanken, von sumpfigem boden; gamfen, hamfen stehlen, ?a:>a; an an; wanner zuweilen; an- vera antworten; länver landwehr, Verbindung des hinterwagens mit dem vorderwagen, vgl. ahd. Jantjan; mangest zuweilen; sik orangen ringen; sik klaoken sich winden, ahd. gaklankjan; mankse, manskau unfruchtbare kuh; pant paar; gante gansert; schransen fressen, vgl. hofschranze; barwes barfufs; targe Untersatz eines bienenkorbs; sark, n. sarg; harke rechen; awe ab; babbe va- ter; drabbe, f. trSber, vergl. ags.; gribbelgrabbel rapuse; habbeln schnell und undeutlich sprechen; knap> m. absatz, anhöhe; schap schrank; knappen knacken; tappen zapfen, Züchtigung, cla- des; grapsen raffen, ahd. hraspön, engl, to grasp; af ab; alal allen vor; graf grab; laf fade; slaflitk flfigel; haggen un tag- gen streiten und zanken; plaggen tuch; plak fleck; snak schlank; dacken laufen; kracke schlechtes pferd; shicker langbei- niger mensch; mach mag; prachen abdringen; lachter klafter; sachte sanft; smachten hungern; wachten warten; badde nützte, radde schweinchen; smadder weicher koth; vadder gevatter; at als, dafs; gat, n. loch; glat; schat Steuer; watbroae wade; pratten aus trotz etwas nicht thun; spatteln zappeln, ahd. spra-

6*

84 Woeste

talön; talte, täte vater; batsen, m. hinterbacke; as, aase ab, wie; a jäs a jas pfui; plas platz; was war; was wachs; a jasses pfui; krassen kratzen; tassen (tasten) fohlen; sik vrassen sich balgen; raspe lattengekäuse über grabhügeln ; aske asche; wasken waschen; bast bast; hast fleisch, ?== barst zu harstjan.

An merk. 1. Dem hochd. gegenüber sind in qualit. oder quantit. hinsieht zu erwähnen: faste fest; trappe treppe; lam- mer lämmer; kalwer kälber; Warren Werden a. d. Ruhr; karsberte kirschbeere (Johannisbeere); sal soll; sas sollst; van von; dach tag; gaf gab; gaflfcl gabel; gras gras; spas spafs; spassen spafsen; spat spath (krankheit). Die hiesige ausspräche des hochdeutschen zeigt in gras, spafs, spafsen, spath und oft in vater kuuzes a.

2. Für a vor einfachem konsonant tritt mit Verlängerung des Wortes gewöhnlich a ein: dage, gräsich. Umgekehrt verlangt die Verlängerung durch komparation eine Verkürzung des vokals.

Meist umlaut von a, selten = i, ist weniger häufig als a.

1) = a. balle; knalle, schlage; lällebek (lallemund) laffe; sälme psalme; hälfken, n. halbes mafs; waskehält waschkufe; ramme, Schafböcke; stamme; rämler raminler; krampe krämpfe; slampämper schlammpeizker; man aber, nur; männer; bännich wild, böse, mnd. bendig, Grimm r. a. s. 570, Cläws B. 616; hän- nich bequem, dienstfertig; gängesk oft oder gern gehend; tänges* ken zängelchen; mär aber (Limburg); närrisk leicht gereizt; sik kabbeln in Wortwechsel sein;.schäbbich häfslich; knappe absätze; läpper dicker, pfuscher; päppe frauenbrust; schräppelse schabsei; knäpsk spröde; gäffelken gäbeichen; kä'ffen husten; däftich gediegen; käfter verschlag; kräfte; täggesk zänkisch; föggeln, umherfahren ; kwäkkeler quacksalber; näcken zerbre- chen, tödten; pläckich fleckig; min säks! alte betheuerung des Sassen bei seiner national waffe (sahs); kacheln keifen; ächter hinter; nachte; pachte; sachten sänftigen, to soften; bläddern meckern; plädder weiche masse; slät, n. stück, sorte, ahd. slaht; siät schlägt; nätter nasser; tätteln schwatzen; prätsch maulend; pässer zirkel; passet passt; wäsket wäscht.

2) =i. rächt recht; säs sechs; pfui; fräch frech. Anm. £rwähnenswerth ist noch das hier so häufige vlätsich,

schmutzig, häfslich in jedem sinne, vläts hälslicher mensch, vgl.

vokale der niederdeutschen mundarten. 85

ags. vlaetan foedare. Der Wechsel von anlautendem w und v (f) ist in unserer mundart nicht selten, vergl. vi, verhaftich, vräseo, vrensken, vräit, vringen, vrymen, vrieweln, vruntsel, vlitse.

ä.

Mittellant zwischen a and o, gehört nur einer geringen zahl von Wörtern an. Altstadt Iserlohn spricht dafür zuweilen eau. Unsere mnd. erkunden drucken ihn häufig durch o, bisweilen durch ae aas.

1) = a vor ld, 1t; vgl. das mnd., engl, und schwed.

alt alt; aller alter; balle bald; gewalt gewalt; hallen halten; kalt kalt; kältkntte espe; mall malz; maller malter; mlllerse (= maldersede) maltersaat; salt salz; sälterich salzig; schalle (schalte) riegel; opschallen aufschalten; smält schmalz; falle falte; fallen falten; verhallen verstauchen, lähmen; verhalt aufenthalt, dauerhaft! gkeit; verhaltsam dauerhaft; verkallen durch kälte zer- stört werden; walt wald; wällemai gemeinhude im walde.

2) = a vor andern konsonanten. ach ach; ädder, ar oder (= ander); awer aber; katterlysebät Katharina Elisabeth.

3) = 4 vor der tonstelle, kaficke (= quade ficke) schlech- tes loch, hütte; ästuirich frech, polternd.

4) = ä (a) im plur. präs. mancher verba. gat geht, gehen; ISt lassen; rät rathen; slät schlagen; versmät verschmähen.

6) = o vor der tonstelle in fremdwörtern , z. b. kämysich verächtlich (wie ein commis des ehemaligen königr. Westfalen).

0

ä Umlaut von ä, ist sehr selten und wird bisweilen ö gesprochen, aller älter (neben eller); alle, aide (elde) alter; käller kälter; källe (kölde, kelde, kelle) kälte; wäller wälder; nägger (nöäger,

O0<0 0

nseger) näher; nachte, nägede nähe; Kätte Käthe; kättentoieh ge- siodel. '

e. Das hier gemeinte e der Stammsilbe entspricht öfter altem a, denn altem i, seltener entspringt es aas 6 oder iu. In allen fallen ist die ausspräche geschlossen (suono stretto). Einige fälle von offenem e, s. unter ä. Dem mhd. e gegenüber ist unser e (i) besonders durch und ie beschränkt. Vor 1, m, n hegt sich i weniger, als im hochdeutschen.

86 Woeste

1) = a. me man; helle hölle; elwen elfen; schem fufs- brocke; klemmen klemmen; smennen abrahmen (smant); lan- gen verlängern; der da; wliberte heidelbeere; hewen ha- ben; webbe gewebe; scheppen schöpfen; leggen legen; »egge sage; recken ausdehnen; verpecken wegpacken ; gemechte, n. ingaina; wechelte Wacholderbeere; bedde Stratum; wedde wette; met fleisch; sik leiten sich aufhalten; Hessen flach- sen; mesten mästen.

2) = i. he er; te zu; fei feil; inbellen einbilden; wellen; klemmen klimmen; stemme stimme; krempen krimpfen ; prem- pcn (= prenten*), to print) fraktur schreiben; renne rinne ; brengen bringen; blenken blinken; schenken schinken; weuken winken; grendel riegel; grensen grinsen; vrensken wiehern, vom hengste, dän. vrinske; klepper glockenklöpfel, ags. clipur; ef ob; weggebry weckenbrei, vgl. häitewigge; blek blois,

Tgl. blicke blofser h ; siecht schlecht, einfältig; flechten;

et es; met mit; swetten schwitzen; es ist; bessern besen; geste hefe.

3) = e. bredder breiter (bräit); bredde breite; edder eiter; emmer eimer; ens, es einmal; ledder leiter; mester meister; wen- nich, wainich wenig.

4) = iu. denst dienst; depper tiefer (daipe); depte tiefe; lecht licht.

Anm. 1. In einigen reduplic-voc. steht e zunächst aus e verkürzt: hei hielt; fei fiel; genk gieng; henk hieng; fenk fieng. Daneben gelten o- formen.

2. Dem hochd. gegenüber haben sich nicht selten geschwächte bildungsvokale erhalten, z. b. menske, daipe, faste.

ist ungeachtet seiner Verluste an ä, e, u, ü, &?, äi, und ie ein häufiger laut. Es steht gewöhnlich = altem i, zuweilen = i.

1) = i. dril drillich; hille boden über stallen; gilpern schreien, von jungen vögeln; mute milz; slim schlau; tim- mern zimmern; alimp Schlauheit; timpen zipfel; in in; pin pflock; tin sinn; sinner schlacke; vringen ringen; ink euch; krink

*) Man vgl. fiir diese Umwandlung: Letmete, arkdl. 1276 Letpraete, jetzt im volkamande Lepmte; Dortaun (Dortmund), Dortpman, jetzt beim volke Düfipm

vokale der niederdeutschen mundarten. 87

kreis; kiokel fleisch-, speckstreif; linken schwach sein, nachlassen, vgl. links; pinken in die höhe werfen; winkel kramladen; inkst dinte; lint band; finsen spotten; flinse streif fleisch; Hinsehen liebkosen; schirm, n. schirm; schirpen' zirpen; swirken rund sagen; hirts hirsch; kiwe schweinchen; gibbeln lachen; knib- beln abkneipen; libberich gallertartig, weich; libbers&i (Lüden- scheid: liewersei) gemeines nostock, vgl. holi leverzee, lebermeer; ribbe rippe; kip, fip spitze; kippen schwach anhauen; siippe, f. schoofa; snippeln schnitzen; kips angeschlagen; griffel ga- belspaltiges; gift, m. zorn; knifte abgekniffenes theilchen; slik schlämm; sprik dörre« reis; hickeln wackeln, von messerklingen; pricken dürrer ast; sticke! stecken; swickel zwickel; flickern flim- mern; wicken wahrsagen; fiks schnell; flikstern flimmern; lichte, £ tragband; inlichten einspannen; iutlicbten ausspannen, vgl. Claws B. 58; plichtich unterworfen; schiehtich gescheid t; bidden bitten; widdeman wittwer; widdefrau wittwe*); bit bis; wit beraubt, leer; hitte ziege; hitte und hitse hitze; pitten- patten und papenpitten arum macul.; litte zitze; tittentäiwen Ze- henspitzen; — pis, m. nenis; dissel distel; gisse menge; gissen vermuthen; hiegedissel eidechse; kisse Werkzeug der böcker; ris- sen ritzen; wispelich unruhig; wispelte mispel; wispeltuite Wir- belwind; hisken fohlen; fisk fisch; wiskeldauk taschentuch; bistetv bin irrweg.

2) = i. fi! fia fi! fi tane ß! pfui; kicken*1) hauchen, vgl. keichen; bichten beichten; lichte leicht; widder weiter (wyt); widde weite; wit weifs; witter weifser; wittein tün- chen; — im präsens st. v. 2 u. 3 sing, und ganzen plur.: bis, bit (byten beifsen); kris, krit (kry gen kriegen) ; kint (kynen kei- men); schint (sehynen scheinen). Besonders zu erwähnen sind die i vor gg, welche meist hochd. ei (i) entsprechen, brautbigge brutbiene (neben bymeaur); diggen gedeihen; kligge kleie; riggen reihen, lose nähen; siggen seihen; sniggen schneien; sniggelgäise schneegänse; spiggen speien; tiggen trachten (zeigen), zeihen; Tig- ges Matthias: friggen freien; frigge frei; wiggen weihen; ligge (leihe) windel.

Anm. 1. Alte kürze hegen: liggen liegen; nigge neu und

*) Zusammensetzungen mit wit = wid, beraubt leer, vgl. hai es wit er ist seiner habe beraubt

•Ä) Seilen LS hiät nit dervan kicket Adder atmet =* nichts gesufcert.

88 Woeste

niggelik neugierig, seltsam, vergl. alt«, nigi; figgent fand, vergl. fich abgeneigt sliggen bretterzaun ist assimilirt ans mnd« dingen.

2. Das i in sinitte schmiede wie im ahd., das in bibbel ent- spricht biblia.

3. Quantität und qualität änderten: hillich (httag), griddich (grädag), twintich (tuentig).

4. Qualität änderten: kricken krachen, woraus sich krik des däges morgendämmerung erklärt; bicken backen; illerbest allerbest.

5. Hochd. e steht i gegenüber in: gistern gestern; «kwiksilwer quecksilber; windeltrappe Wendeltreppe; wirkelich (wirkerich) welk; finster fenster.

6. Je nach betonung gelten mi, di, vi, i, bi (bei) neben my, dy, vy, y, by; min, din, sin neben myn, dyn, syn; ik und it (ihr) neben iek, ieke (ahd. ihha) und iet; finner und fyner lau- tet der komparativ von fyn schön.

Meist = altem n, zuweilen 6, a, ä. Die zahl der o ist be- sonders durch uä, öä vermindert.

1) = u. mol locker; knolle, f. kartoffel; molle, f. maul warf, mulde; fäimolle, f. bunter molch; stollen starr werden, vgl. twe- lan; tolle reis; molm mulm; kolk, m. wasserloch; golt; holt; korre (kürre) schweinchen; dop schale; top wipfel; trop trupp; koppel haube eines vogels; soppe suppe; profien pfropf; roggen roggen; bok bock; plok flocke; klocke glocke; doch- ter tochter; locht luft; kodde seh weinchen; vgl. holl. kudde; dot darm, eiogeweidetheil, vgl. dotter; pot topf; fos fuchs; osse ochse; kost kost.

2) = 6, hoddel hode; los los; pos pauste; wos wuchs; wosk wusch.

3) = a, ä, krop haken*), ahd. krapho; lobbe (läppen) kra- gen; sik noppen und sik gnappen sich stofsen; -skop -schaft; trotten trotzen; mondach montag.

Anm. 1. Kurzes o statt eines ehedem langen vocals zeigen

*) Bei unsera lan dienten ein kleiner kesselhaken (hoal) von holz, zum warmhalten von speisen dienend, neben dem grofsen eisernen. Da- niel s. 25 bezeichnet benkomen nnd krop nicht «Unterkleid und kragen», sondern auskommen (nahrang) und hahl (synekd. = herd, wohnung).

vokale der niederdeutschen mundarten. 89

die aas redaplication entstandenen präteritformen hol, fol, gonk, honk, fonk; s. e.

2. Verkürzt ist o in prät. schw. v.: hoch (hochte), kof (kofte), soch (sochte) strof (strofte) von hangen hauen, kelupen kaufen, saüken suchen, straipen streifen.

3. Je nach betonung steht ok und eluk auch, so und seäu so.

Meist umJaat von o = u, entspringt zaweilen ans nd. 6, sel- tener ans a oder in. Altena zeigt kiö für küe, z. b. kiönech = knenink könig.

1) = u. döllern lärmen; dölwen prügeln; hölter hölzer; röls hitzig, von sauen; sik schrömpen sich scheuen, vergl. schrumpfen; können können; körsink (pelzrock) rock, vgl. ahd. crusina und kurschner; döppen ausschälen; kröppen kröpfen, köpken tasse; söpken suppchen; köfferken köfferchen; söffi sollen wir; bocke bocke; klöksken glöckchen; fröchten furchten; födder furder; dötte einge weide; ötteken koh- chen; pötte topfe; össen den ochsen begehren; köster küster; kosten kosten.

2) Aus ö entsprungen, gösset gänschen (geäus); grötter grö- ßer (greäut); högger höher (belüge); höchte höhe; löslik lose; mödder tante, base (von meäuder, wie vedder von väder).

3) = a. mömme mama; pöppelkriut malve, alts. pappila.

4) = iu. lochten leuchten; söchten seufzen; frönt freund; vöttich vierzig, aus alts. iiortig, vgl. engl, forty aus ags. feövertig.

Anm. 1. In swödder, swögger schwerer (swoar) und swödde schwere ist ö aus öä (= ä) verkürzt.

2. Das o sing, prät indic. wird im plur. prät. ind. und im ganzen prät. conj. zu ö. So vi gongen wir gingen; hai fönge er finge; it pössen ihr pafstet; hai söchte er suchte; sai möchten sie mufsten; sai holte sie müfste.

u.

Meist altes u, vor 1 und n oft da noch, wo andere dialekte schon froh o zeigen; seltener =: i, iu, u.

1) = u. dultoll; ful voll; bulle stier; bullern poltern; swul- len geschwollen; wulle wolle; wulf wolf; bulkenbeäum wilder Pflaumenbaum; grummeln kl&mpern, leise donnern; kummer erdreich, abraum; kump, m. napf; rump weste; humpeln hinken;

90 Woeste

un and; nanne nonne; schrannen geschrunden; staune stände; sunne sonne; tanne tonne; wanne wonne; bange kästen (mit lein wand umzogen); dünge düngang; kungeln heimlich tauschen und verkaufen; ungel, n. talg, auch ags.; ungern mittagsruhe hal- ten, vergl. alts. undarn; spunt eater; vruntsel runzel; grunselte gründling; harken wärmen, brüten; korken quaken; rabbel Unebenheit; schrubben scheuern; slubbert schlucker; happen zurufen (auf der jagd); kluppe scheere, gespaltenes holz; nuf stofs; pufmauge bauschärmel ; jufler Jungfer; knuffen die faust ballen, faustschläge geben ; knuffel falte; sluffen pantoffel ; mi schruggelt mir schaudert, vgl. to shrug; sluk mark der ge wachse; hacke, f. kröte; häitmucke grasmücke; muckel holzmark; muckelholt holunder; hukstern sich hockend fortbewegen; hucht staude; klucht zange, gespaltenes holz; schucht schulter; tucht zucht; uchte morgenfrühe; puddek wurst, vgl. pudding, boudin; rud- dek räudiger hund, unansehnliches geschöpf; fuddek stinkender gegenständ; fuddentach; but plump, grob; butten bauth; but- telte hagbutte; matte mutterschwein; putse posse; bus, kus kufs; lust, m. blumenstraufs; lustern horchen, flüstern.

2) = i. spaggen gespien; vul viel (berg. völ); wüste, was wafste.

3) = iu, u. drubbel traube; buggen bauen; bugget ärate; bruggen brauen; truggen trauen; facht fachtich feucht

Anm. 1. Ahd. a entspricht u in kurmel durcheinander lau- fende und sprechende menge, ahd. carmula.

2. Im prät. sing. st. verba ist u neben a gebräuchlich; halp, hulp; sank, sunk; span, spun; sprank, sprank.

3. Je nach der betonung wechselt u mit iu in bu wie, du du, na nan.

4. Zaweilen ist neben u mit geminate ein ue mit einfachem konsonanten in gebrauch: hubbeln, huebeln hinken; tusseln, tue- sein schütteln.

ü.

Meist = mhd. ü, selten = i, wi, iu.

1) = altem u. krüi scheitelhaar; lül bierart; mül staub; düllen, m. beule; prallen pl. Siebensachen; fülle schöpf gefäls; pülf pfühl; sülte sülze; sülten eingemacht (sülten maus Sauerkraut, Bal- ten raüwen u. s. w.); bülster Samenschale der erbse; um am; krümme krümme; dümpel löschhorn; kümpel tümpfel; bünne

vokale der niederdeutschen mundarten. 91

schale, rinde; dünne dünn; dünninge schlafe, ahd. dunwengi; pün- gel last; sehüngen anhetzen; dünken; bünde Verpflichtungen; münte münze; fiinter drahtabfall; lünse achsnagel; prünsel ver- kümmerte pflaume; dürpel (auch düärpel) schwelle; würpel (wüärpel) würfet; hürker, der durch hurken und besprechen heilt; lübben verschneiden; lübbestiek liebstöckel, ahd. lubestical; schrübber bürste zum schrubben; knüp knoten; dröppel, tropfen; düppen irdener topf; hüppe erdfloh; schuppe spaten; büffel grobian; knüffeln mit fausten schlagen; küfle schlechte mutze, vgl. ital. cuffia; muffen nach Schimmel riechen; snüffeln schno- bern; snüfken prise; brügge brücke, erdrücken, butterbrot; mügge mücke; rüggen rücken; flügge flfick; lük (= luttic) ein wenig; bücken; drücken; glücke glück} krücke; nücke tücke; plücken; fücke scherze; bükse hose (?vonbiuk); tüchtern er- zeugen; tüchtlink züchtling; müdde getraidemafs; schüdden schütten, schütteln; püt Ziehbrunnen; schüt schutzbrett an schleusen; bütten ausweiden; büttein den bauch aufschneiden; hütte winkel; nütter nützer, vielmehr; schütte schütze; schütten- spiel Schützenfest; stütte stütze; * süs so; büsse büchse, auch im sinne von Daniel 8. 98: de buffen (1. bussen) dregen se alle vele = corpore quaestum faciunt; küssen küssen; büske büsche; lösten gelüsten; rüstern säubern.

2) = i. ülmen dampfen; ülk (neben illekatte) iitifs; bülte pilz, vgl. jedoch boletus; krübbe krippe; drüdde dritte; düt dies; bus bist; -nüs und -nis -nis.

3) = wi. sül schwelle; süster scjiwester; tüsken zwischen.

4) = iu (ü). ümmer immer; nümmer; ümmes jemand; nüm- mes. Hier sind einige Wörter mit ügg ' besonders aufzuführen: grüggel greuel, mhd. griuwel; grüggeln gespenster fürchten; klüg- gen, n. knäuel, ahd. kliuwa; schüggen scheuen, ahd. sciuhan; trügge treue, ahd. triuwa; strüggen streuen, ahd. streuuan; süggel ahle, ahd. suila.

Anm. 1. ü entspricht manchen ahd. o nhd ö, z. b. gtillen golden; wüllen wollen; hülten hölzern; gönnen gönnen; snürkel Schnörkel; rüggenbry roggenbrei; süs sonst.

2. sünte = sanctus.

3. Wo sing, prät indic. st v. u hat, zeigt der plur. und das gan^e prät. conj. ein ü, z. b. vi gewüanen wir gewannen; sai spönne sie spönne.

92 Woeste

II. Zusammengesetzte vokale von verschiedenem

zeitmafse.

( Brechungen, )

Während viele dieser laute wahre kürzen vorstellen, sind andere deutliche längen, und wieder einige werden bald lang, bald kurz gebraucht. Sehen wir hiervon so wie von dem um- stände ab, dafs ein kleiner theil zu den. Schwächungen gehört, so berechtigt uns die unter konsonantischem einflösse liegende ent- atehung der meisten, sie b rechungen zu nennen. Im allgemei- nen läuft dieser einflufs auf das hinaus, was wir schwache konsonanz nennen, wohin aufser den einfachen konsonanten ge- wisse Verbindungen zweier liquiden fgeminaten nur rr) und der liquiden mit muten gehören. Man suchte der silbe, die sich schwach fand, durch brechung, wenn nicht Verstärkung des zeit- msüses, doch gröfseres gewicht zu geben. Obgleich in mär- kischen Urkunden, so weit wir solche durchzusehen gelegenheit hatten, bis in die ersten jähre des 17. Jahrhunderts nur ie-bre- chungen gefunden werden, so glauben wir doch annehmen zu dürfen , dafs die ältere volksmundart die jetzigen = i und (üä), wenn auch leise, wenigstens andeutete. Ihre wahrschein- lich ehemals dem monophthonge näher stehende ausspräche wird Ursache sein, dafs urkundenschreiber keine derselben in nieder- deutsche Schriftstücke einfliefsen liefsen, wie ihnen das nun und dann mit anderen mundartlichen eigenthümlichkeiten begegnet ist. Das kräftige hervortreten der alten, so wie die bildung der neuen brechungen, worunter sogar unentwickelte umlautungen (iä = a), beginnt in der zeit, wo durch den überhand nehmenden einflufs des hochdeutschen die herrschaft des schriftniederdeutschen gebro- chen und so die volksmundart ihres bisherigen zügels entlas- sen war.

iä, iae.

Altena spricht ia, iä; Herscheid und Valbert zeigen ie. Am häufigsten ist der laut iä; erscheint bei ausgefallenem d, ein- fachem r und g, vor w schwankt die ausspräche. Entsprungen sind diese laute theils aus altem i, theils aus altem a. *

1) = i (mhd. i und e), nicht selten = ags. eo (ie), in eini- gen = altn. ia, und goth. ai. Die brechung zeigt sich vor je-

Totale der niederdeutschen mnndarten. 93

dem einfachen consonanten, einmal vor rr (assimilirt ans rd), vor rm, bei folgenden Verbindungen der liquida mit mnta : lg, lk, (lh), rw, rp, rf, rg, rk, (rh), rch (= ansl. rg), rd, rt, rs, rak, rat, endlich vor ps.

sik biaeen beten; biaeen gebeten; trisoen treten; giäl gelb; miäl mehl; schiäl scheel; wiäldäge Wohlleben; wiälmaut ausge- lassenheit; ^efiälen befehlen; kiäle kehle; kwiälen quäl leiden; stiälcn stehlen: wiäiich wohlig; wiälgen ausgelassen sein; miälke milch*); iäm ihm; niämen nehmen; wüeme pastorat; iän ihn; siäne sehne; sliänen lehnen; bia^r birne; di&r (difir) der, ahd. d8rä; hiser her; iser (iä/) ihr; liaer leder; liärbek (weichschna- bel) laffe; smiaer schmier; tiaer theer, ags. teoru; twiserwint Wir- belwind; fiaer feder; ?fiaer über jährig; ?wiaer, f. bewegung, arbeit, vgl. wßre praestatio; wiarr wetter; wiaerwnlf (häufiger wärwulf) werwolf; giaered gähren; gebiaeren gebären; schiaeren scheeren; tiaeren zehren; Hiärmen Hirmin**); piärre pferde; biärwe bieder, , sanft; gewiärwe ge werbe; kiärwen kerben; schiärwel Scherben; stiärwen sterben; verdiärwen verderben; schiärpe schärpe, ags. sceorp; kiärf kerbe; verdiärf verderb; wiärf ge winde; biärgen bergen; hiärbiärge herberge; iärgens irgendwo; tiärgen necken, ags. tirigan; biärke birke; kiärke kirche; piärk eiterstock (wenn = piderik), vgl. ags. pitia medulla; stiärke junge kuh, ags. stire; twiärk zwerg; twiärk (Rheda: twiälk) taumellolch; wiärk werk; biärch berg; hiärt herz; hiärtebok hirschbock; piärtpferd; smiärt schmerz; stiärt sterz, ags. steort; diärtich dreifsig; biärsten ber- sten; giärste gerste; wiärste rist, frtes. wriost; diärsken dreschen; hiaewen himmel; iaewen eben; Jäwert eberhard; iäwai ephen; kiaewe, f. käfer; kliaewen kleben; 1 iaewen leben; liäwer leber; ?swiaewe deckbrettchen auf gemüsetonnen; swiäwel schwefel; wiaewen weben; riäp gerippe; driäpen treffen; piäper pfeffer; iäpsken stofsen, necken (= tiepsken); ?striäf stark ; diaegen degen; liaegen gelegen; pliaegen pflegen; bliak blech; gebriäk gebrech; piäk pech; briäken brechen; yskiäkel eiszapfen, ags. isgi- cel; priaeke predigt; riäken rechen; riäke herd; spriäken sprechen, stiäken stechen; wiäke woche; stiäch sieg; verpliäeh pflege; wiäch weg; biädeln betteln; brtät brett; gebiät gebet; iät

•) Iserlohn millke, Altena mialke, Herscheid mielke, Halver mälke, Schwelm mälk, Barmen melk.

**) in mvth. redensarten hiesiger gegend.

94 Woeste

(= it) es; iSten essen; miäten messen; siäten gesessen; vergiäten vergessen; friäten fressen; diässen indessen; liäsen lesen; Gase fese; wiäsen gewesen.

2) = a (a), zuweilen = ags. ea. Sie erscheint in verben, im sing, und plur. von subst. und adjeck, in komparativen, im pronomen, Zahlwort, adverb and in folge der Zusammensetzung. Wir finden sie vor jedem einfachen oder vereinfachten konsonan- ten, vor rr (=rd), bei der Verbindung ungleicher liquiden: ml, rl, rm, bei liquida mit muta: lw, mp, mst, rw, rp, rft, rg, rk, rs, rt, nk, nd, endlich v^r ks, kst.

a. Verba. infiämen einfädeln; scjjuämen schämen, ags. sceam- jan; swiämen Schwaden verbreiten ; tiämen zähmen; hiämpeln sich begatten, v. vögeln, vgl. himphamp verwickelte sache; hiämstern arbeiten, prügeln; briänen brennen; niaeren nähren; swiss-. ren schwören; verhiasren verheeren; wiaeren wehren; wiärmen wärmen; iärwen erben; fiärwen förben; schiärpen schärfen; iär- gern ärgern; miärken merken; ?kwiärken widerlich schreien, vgl. quarren und quirren; ?8niärken-=ansnauen; swiärken = swarken (swalken) rauchen; hiärschen rösten, schwach gefrieren, vgl. ahd. harotjan und verharschen; dringen tragen; sik verhisegen sich verbergen; siädigen (siärgen) sättigen; hiät hat, riäteln (ras- seln) schwatzen; sniätern (schnattern) schwatzen; hiäs hast.

b. Subst. und adj. sing, diäle tenne, vergl. dal (verschieden ist diele); iäle eile; iälerte eller; siälich selig; hiämplink hänfling; kiämerken kämmerlein ; schiämlik beschämend ; hiln- ken hähnchen; tiänken zähnchen; fifinken fahnlein; wiände ge- wöhn nng; miaer stute; pliaermius fledermaus, vgl. plaren flat- tern; vulschiärich vollständig; iärle erle; iärmel ärmel; wiärre insel; hiärwest herbst; iärfte erbse; miärgel märgel; miärgenblume marienblömchen (bellis perennis); hiärkelse harksel; stiärke stärke; fiärken seh wein; swiärte (swätte) schwärze; ?schriäf mager; driäf (derbe) stark; driäwel (derbe) stark; miägerlink hunger- blume; iäkereichel; miäker macher; fliäke seitenbrett an mist- wagen; iäkse, f. axt; iäkster (iäster) eist er; driäch bürde; iädel edel; miäder mäh er; schiädelik schädlich; hiäseken has- chen; hiäselte hasel; kiäsek (käsek) Strunk; niäseken naschen.

c. Subst. und adj. plur. stiaee (stat) städte; hiämel (hä- mel) hämmel; hiämer (hämer) hämmer; fiäme (fam) fäden; tiäne (tan) zahne; bliaer und blär (blat) blätter; riaer und rar (rat) räder; diärme därme; iärme (arm) arme; swiärme schwärme;

yokale der niederdeaUchen mandarten. 95

siärke (sark) sarge; visers (vär) väter; griäwer (graf) gräber; griäwens (gräwen) graben; schiäpe (schap) schränke; miae- gede~(mäget) mägde; niägel (nägel) nägel; slisege (stach) schlage; sniägel (snägel) schnägel; miaekes mädchen; riaekes rädchen; fiäte (fat) fässer; wiäters (wäter) gewässer; gliäser und gläser (glas) gläser; griäser (gras) gräser.

d. Komparative, biäter besser; iärmer (arme) ärmer; wiär- iner (wärme) wärmer; schiärper (scharp) schärfer; iärger (arch) ärger; stiärker (stark) stärker.

e. Pronomen, diäm dem; diän den.

f. Zahlwort, twiälwe zwölf.

g. Adverb, jiä ja, ags. gea.

h. Komposita, giaerkammer Sakristei, vgl. gär, giärwen; giaer- kauken pfefferkuchen; Hiärguat herrgott.

Wohin gehört hiaer räum über dem herde? Es scheint nicht = hert, wofür wir haert (häirt) oder riäke gebrauchen. Sollte es eirifrlei sein mit hiaer in hiaerbrant (auch hiaewenbrant) feuri- ger drache, hiaerreäuk höhenrauch? Ist kwiärder schleim, hchd. koder eins mit querdar, queldar köder? Ist swiärder in «dat häl der swiärder!» auf swSrt zurückzuführen?

ie, ie.

Häufiger ist ie als ie, letzteres steht in der regel vor w und g.. Sie finden sich fast immer vor einfachem oder vereinfachtem koiisonanten. Dem Ursprünge nach sind sie öfter = i, als = i, hi, a. Die ausspräche läfst beide vokale hören. Zu beachten ist ihr vorkommen in niederd. Schriftstücken und im nhd.

1) = i (£). Es .erscheint vor jedem einfachen konsonanten, r ausgenommen, vor verstärkter konsonanz nur selten (mp, mst, ps, ft), es sei dejm, dafs ein s oder t der flexion auftritt.

spiel spiel; stiel stiel; viel viel; diele diele; kielen schreien; kwiele federkiel; miele milbe; smiele schmiele; swiele schwiele; ?wielen wellen, vgl. ahd. willan; spielt spielt; stiels stiehlst; hiemel himmel; kriemeln krimmein; schiemern schimmern; siemel semmel; striemel striem, streif; wiemein wimmeln; pänwiemel mistkäfer; siempel einfältig; niemt nimmt; se kienen sie keim, ten; se schienen sie schienen; schienen geschienen; schrienen schrinnen; et schrien t es brennt (die wunde); schrienich kalt bitterkalt; verkwiehen verkümmert; wiebelbeäune wibbel- bohne; biewen beben; biewer biber; vi bliewen wir blieben;

96 Woeste

driewen getrieben; giewen geben; giewen gegeben; giewel giebel; liewern liefern; niewel nebel; sie wen sieben; schiewe flachssplit- ter, Tgl. geschiebe; stiewel Stiefel; tiewe (tifte) hündin; vriewen gerieben; griep griff; kniep kniff; schiep schiff; se griepen sie griffen; kniepen gekniffen; riepe riffel; riepen flachs riffeln; swiepe peitsche; tiepsken stofsen, necken, ahd. zispjan; drief stofs; gief gib; klief anhöhe; sief sieb; krieft krebs; diege, dieger, diegel tüchtig, schwed. diger; iegel igel; niegen nenn, alts. nignn; fsiege ziege; Siegel siegel; s wiege schwiege; sieget roggensense; iek ich; kiek blick; siek sich*; stiek stich; striek strich; bie- ker becher; blieken bellen (== bilken, birken, ags. beorcan); kwieke sorbos auc, ags. vice; priekel Stachel, ags. pricele; prie- keln prickeln; siekel sichel; sieker sicher; stiekedaister stockfin- ster; kiekst ern kichern; kniedern knittern; knieder zorn; lie- dich (liech) ledig; wieder gegen; biet bifs; driet sordes ven- tris*); glietgtied; iet ijir; iet ifs; mietmifs; smiet schmifs; smiet schmied; spliet splifs; vergiet vergifs; wiet wiede; bieten* gebis- sen; se drieten, von dryten cacare; kieteln kitzeln; niete nifs; schieten, v. schyten; verplieten versessen auf; wieten wissen, ge- wufst; biesen rennen; grieselik dämmernd, furchtbar, ags. gri- slic; kiesel kiesel; piesek (ochsen)ziemer; fiesel f äserchen, vergl. fiser; wiese wiese; wiesei wiesei.

2) = i. biese regenschaner, vgl. ahd. bisa; griemeln und gry- men dämmern, vgl. ags. grima; riedern zittern, vgl. ahd. ridön; schiene schiene, ahd. sei na.

3) = iu. prienken stechen, vgl. prain ahle, ags. pre6n; sie- mern sickern, vgl. ags. seöm rima; vriemeln zu riemen reiben, vgl. alts. riomo; wiete, f. unkraut, ags. veod.

4) = a. ?hie1wiäch hellweg (todtenweg), milchstrafse, hietnt hemd; der diene von dannen; wiene (berg. wenj geschwulst, pocke, ags. venne; brient brennt; hie wen heben; hiewich schwer- fällig, ags. hefig; griewel dachs; griewet gräbt; kniewel knebel ; stic wich stämmig, vergL stäwen; drieget trägt; giegent gegend; hiege hecke; hiegedissel (heckenläuferin) eidechse, vgl. dy[h]sen laufen; lege egge; iegemöäner (eggenkäfer) hirschkäfer; ingiegen hingegen; ?kriegel munter; flieget flegel; wiegen wegen; dieke decke; diekel deckel; hiekel hechel; riekel männlicher hund;

*) noch driet noch schiet nicht das geringste, so Cllwa Bor 683.

vokale der niederdeutschen mundarlen. 97

liepel ldffel; schiepel scheffel; kietel kessel; nietel nessel; wietke (waddeke) käsewasser; lese! esel; gienssyt jenseits.

Anm. 1. Zam nhd. vergleiche man: bieke baeh, alts. biki; kieper köper, vgl. kippen kerben; piekel pökel, engl, pickle.

2. Hochd. ei entsprechen: stieget steil, ahd. Steigal; triesel krcisel.*)

3. Aus zwei silben zusammengeflossen oder durch consonan- tenausfall entstanden: nienkein; tienzehn; tiegen gegen; hiekst er (hagelfiter) häher; liet liegt; siet sagt

4. Wohin gehören smieder, smiederich schmächtig, dünn, schwach; fiekeln schwach stolsen, züchtigen; hannerfiekel höh« nersitz?

ue steht vor einfachem oder vereinfachtem consonanten, vor mehr- fachem nur bei na, cht, ts und in fallen der verbalflexion. Zu- weilen wechselt ue vor einf. consonanten mit u oder o vor ge- minate, z. b. dueseln, huebeln, tuebeln (tobbeln). Der laut ist nicht selten von unbestimmter quantität, entschiedene länge hat süege schwein. Er entspricht gewöhnlich altem u, zuweilen nihd. o. Die brechung wurde offenbar nur durch schwache consonanz hervorgerufen, welchem dann einige geminatenfälle folgten.

tuele altes weib; druem endchen garn; kuemen kommen; suemer sommer; se kuemt sie kommen; suen söhn; duene (ge- spannt) enge, nahe; dnener donner; wuenen wohnen; wuent wohnt; buebel, f. Wasserblase, engl, bubble; huebeln hinken, to hobble; schuebeln schütteln, schieben; tuebeln zerren, zobeln; huep, m. hafte; huep Wiedehopf; stuepen junges pferd, ahd. stolin; stuepen abhauen, stutzen; kuegel kugel, kappe; vuegel vogel; bueke viehglocke; hänenpuekel, f. giebeljoch, hahnen- balken; unduecht . Untugend, taugenichts; buedel ganze masse, plunder, alts. bodal; snueder rotz; sueder unreine flössigkeit; flae- der zerrissenes kleidungsstück, vgl. holl. floddern ; fluederich zer- lumpt; kluedern und suedern sich umbcrtreiben, vgl. ags. loddere nebulo; sluedern schlottern; smuederich (= smuldcrich) drückend warm; smuederlachen schmunzeln, vgl. alts. smultre; kniet, n. nachtheil; nuet nufs; suet süd; fuet, f. podex; bueter butter; knuetern murren, schwed. knota; rueteln rütteln; tueteln schwaz-

*) Wechsel von k und t auch in taärk kork. IL 2.

98 Woeete

seil, undeutlich sprechen, engl, twattle; stuetern stottern; faetse schelte für mädchen; dneseln düsseln; knneseln zusammendrücken, faltig machen. Tgl. ahd. farknnsjan; kuese mutterschaf, altes thier; knesel unreinliches frauenzimmer; kueselich unsauber. Alts. 6 entsprechen: guenstach mittwoche, guet gut. Zu huedel (berg. hoddel) zerrissener läppen vgl. mhd. hadel; zu druedel zerrissenes kleidungsstück, vgl. trödel.

üe.

Umlaut von ue, vor jedem einfachen consonanten, vor mehr- fachen bei cht, st und in flexionsfallen. Der umlaut hat hier wei- ter gegriffen, als im mhd.,' da namentlich auch plur. prät. ind. st. v. ihn zeigen.

jüe vorwärts! höelen (höhlen) wühlen; müele mühle; müeler muller; füelen füllen; hüelt wühlt; küem kümmel; drüeme trumme; drüemeln schläfrig zu werke gehn, to drumble; küemt kommt; büen bühne, Zimmerdecke; düener enger, nä- her; düenen häufen; küenink könig; müenek mönch; süene söhne; gedüent vnl gehäuft voll; düent häuft; drüewen dürfen; hüe-

wel hobel; hüewelhügel; schüewe schöbe; üewel übel; süep soff; vi krüepen wir krochen; stüepel kluthenne; rüef kruste, ahd. hruf; schüef schub; düegen taugen; düegenich (düenich) tugendhaft; lüege lüge; müegen mögen; slüegen schlugen; brüek bruch; jüek juck; rüek geruch; brüeken brauchten, ags. brucun; jüeken jucken; knüekel knöchel; küeke kücbe; nüekel hügel; nüekels augenknochen ; slüeken schluckten; sprüeke spräche ; rüekleaus sorglos; büech bug; tüech zog; düecht tugend; büedeker, büeker böttcher; güet gufs; schüet schufs; flüet flu£s; güeten gössen; genüeten genossen; flüeten flössen; küetel koth; prüeteln protzein, murren; schüetel schüssel ; slüetel Schlüs- sel; spüetern spützen; knüesel und nüesel lichtschnuppe; rüe- teln rütteln; knüestern künsteln. Mhd. uo entsprechen: drüe- gen trugen; güeder guter; föeren fuhren. Für i stehen: düese dieser, düet dies.

uS steht vor jedem einfachen oder vereinfachten consonanten, außer- dem vor lg, nk, rr, rm, rn, rw, rp, rf, rg, rk, (rh), rch (= ausl. rg, rt, rst, rsk, lest, ss, st. Vor einfachem r, g und bei ausge-

vokale der niederdeutschen mundarten. 99

stofsenem d ist es lang. Wir finden anter meist mhd. o, sel- ten n. Die Übereinstimmung eines theils dieser brechungen mit golh. aü, sowie das vorkommen der lesarten gnod (=: god), daok (~ thoh) im Heliand, lassen vermuthen, dafs dieser laut wenig- stens theilweise alt und nicht erst ans o hervorgegangen ist. nS scheint ein umgesetztes aü, wie einzelne umgedrehte ai. Be- nietkenswerth ist, dafs einigemal dem goth. ein Verdichtetes oa gegenübersteht.

buSe böte; duSer dotter; luSe lote, schöfiding ; bu£l hohl; buäl- wifirken wühlen; huäl loch; kuäl, m. kohIenmeiler;.wual wohl; buäle bohle; kusle kohle; suSle sohle; uSlge oel; bufim boden; nuämen genommen; hnänech honig; ruänken ger&usch machen, holl. ronken; bulr bohrer; bnär hob; duär thor; muär möhre, ahd. moraha; geboiren geboren; kuSren kosten; smolren schmoren; fuarm form; wuärm wurm; hnärnte hornisse; schuirwet schorf, vgl. skorbut; stuärwen gestorben; duärp dorf, stuSrpeln stolpern; kuärf korb; schuärf schorf ; tuSrf rasen; buärgen borgen; mulrgen morgen; suSrge sorge; luSrk lorch (schelte); stuark storch; stuSr- kein straucheln (v. Steinen schrieb vor 100 jähren stulkeln); tuärk kork; beswuärken bewölkt; liuhuärken aufmerksam horchen; fuärke gabel; buärch borg; buärch bürg; kuärt kurz; fuärt furz; duSrte, duärtke dröhne, geschwätziges, sich überall aufhaltendes weib, vgl. ahd. drozjan; wuartel würzet; uärtswiärk obstwerk; fuärsk frosch; buarst brüst; duärst durst; klarste kruste; fuhrst frost; buawen oben; luawen geloben; stuSwe stube; tuäwen stark dampfen (? tuärwen torf, rasen verbrennen) ; uiwen ofcn; uäwes obst; doabel kubus; duSbeln (dobbeln) würfeln; druä- pen getroffen; druäpen tropfen; kruäpen gekrochen; kuSper kupfer; suäpen gesoffen; grusf grob; huSf hof; luSf lob; stuSf staub, stoß; buagen bogen; tuägen gezogen; tuSge tau; kuik koch; luäk loch; tuäk zuck; bruäken gebraucht; brüsken gebrochen; knuSken knochen; kuäker kocher, kdcher; nuiken harter gegen- ständ; ruSke rabe; schulken knochen, bein; sluäkern schlottern; apruken gesprochen; stiiaken anschüren, heizen, vergL stochern; flnäkster flatterhaftes mädclien; druSch trug; doich doch; nuäk noch; tru&ch trog; flu Seh flog; wintfuSke dem winde aus- gesetzte stelle; gebult gebot; guat gott; puSt setzling; schuat (schofs) Schublade, verschlag; schuat schufs (von gewachsen); schulten schössen; ?schu5tstäin Schornstein; schuitschuir schieb- bares Schutzdach für garben; schuätsypen quersiepen; slutt schlofs;

7*

100 Woeste

sultbriänen Sodbrennen; guäte gösse; gutlen gegossen; kalten, m. kleines haus, kleine ackerwirthschaft, ags. cot; slypkuaten schleifrolle; pulten setzen, pflanzen; schulten geschossen; stalten geschlossen; spralte sprosse; stralte kehle, ags. Jvote, italien. strozza; yerdrnlten verdrossen; dultern zittern, schwatzen; drua- teln schwatzen; halse strumpf; dralssel drossel; dralst drost, bodensatz; rnlst ferrago.

Anra. 1. Aus I hervorgegangen und für altes a stehend: btiarch verschnittener eber (urk. borgellswin) , ags. bearg; nuar- ken weinerlich, eigensinnig sein; snulrken schnarchen; slulrwen zerrissener (schlotteriger) schuh; slulrwich schlotterig, schwed. slarvig; slulrpen, slulrps tiefe Schnittwunde; smuärren schmarre, schnitte; wult etwas.

2. Aus wi entstanden: tulrsak quersack; tulrt quere, nach- theil (in te tuarte dauen).

3. Aus 6: duale dohle, vergl. ags. de!hl = deagol; kolwen kofen, ags. cofa.

4. Wir fügen ohne bestimmung noch folgende hinzu: blulte, plulte, bluete, pliute (berg. plute) altes messer; plulden (berg. plüten) geringe habseligkeiten; druanen stöhnen (mechten), vom vieh, vgl. dröhnen; knolen (knuaden) festtreten.

üä.

Umlaut des vorigen, steht im ganzen unter denselben bedin- gungen. Die Wörter düär und vüär haben als präpositionen kur- zen, als adverbe langen vokal.-

lüäern pl. (windeln) bauch, ahd. ludra; hüälen höhlen; küa- len dampfen, schwelen; hüälerte holunder, ahd. holer; düär durch; düär thür; küär wähl; müär mürb; stüär, f. starkes weibs- bild, vgl. ags. stör; stüärwllt der sich überall kräftig durcharbei- te l*); fuär für; vüär vor; büären heben, ahd. burjan; glüären schimmern; glüärerseken leuchtkäfer; spüären spüren; stüären sich kräftig bewegen, ags. styrjan; verduärwelink verdorbene sache; düärpel (dürpel) schwelle; wüärgen würgen; wüärgel band am dreschflegel; alts. wurgil; snüärgel eine nörgelnde pfeife; spüärkel februar (auch spüärkelsche , Petersen schrieb spörkel Eisken); güärdel = wüärgel; büärtich gebürtig; güärte grülze; küärter kür-

*) Witte H. A. Sax. p. 535: bombarda raaxima quam volgari auo stfirwalt nominabant

vokale der niederdeutschen mnndarten. 101

zer; schüärte schürze 5 stüärten stürzen; fuärte fürze; küärsk wäh- lerisch; büärfel bürste; düärsten dürsten; grüäwer grober; gftä- weln (göbbeln) vomieren, vgl. altn. gubb; üäwer über; küäpern w Sil- lerisch, vgl. ags. cop pretiosus; lüäfte gelübde; tüSger draht- licher; büäken rülpsen, to boke; güäke (godeke) admater; prüä- keler stocher, von pruäkeln; schüäkern beinern; stüSkern stochern; tüäkstern laut gejagter amselii? küäter kleiner ackerwirtli; müätich mürbe, vom holze; püäter setzer; rüäts morsch, vergl. alts. roton; süätern = dualem; strüäten würgen; strüätebiaeren wörgbirnen; rüästern rosten. Wir fügen noch hinzu: slüär schlechtes gel rank, schlotteriges frauenzimmer ('ne slüär vanner däirne); slüären schlendern, langsam sein; tüärre, tüärhäken thflr- angel; sik trüägen zanken (se trüäget sik um kaisers boart). Iserlohn. Fr. Woeste.

Metaphern, vom leben and von körperlichen lebensyer- richtungen hergenommen.

Es ist hier nicht meine absieht, aus A.L.Z. oct. 1847 no. 233—234 die klage über gegenwärtig zu arge Vernachlässigung sprachlicher figuren and den, an vielerlei beispielen geführten be- weis zu wiederholen, von wie hoher Wichtigkeit sich dieselben nicht nur zum behufe der poetik, sondern auch für den endlichen aufbau eines, wenn gleich noch ungeschriebenen, doch dringend nöthigen theiles der Sprachwissenschaft, d. h. der «bedeutnngs- lehre" erweisen. Jede spräche nämlich ist, in rücksicht gei- stiger beziehuD gen, nach Jean Paul's treffendem ausdruck, «ein Wörterbuch erblasseter metaphern ", d. h. metaphern nach un- serer, mit verstandesmäfsiger schärfe unterscheidender, nur in exaltirteren augenblicken z. b. vom dichter verlassenen Vorstellung. Denn sehr wahr setzt derselbe Jean Paul in § 50 seiner ästhetik, die auch von guten, der Sprachbeobachtung nützlichen winken strotzt, hinzu: «Der bildliche witz kann entweder den körper beseelen, oder den geist verkörpern. Ursprünglich, wo der mensch mit der weit auf einem stamme geimpfet blühte, war dieser doppeltropus noch keiner; jener verglich nicht unähnlich- keiten, sondern verkündigte gleichhcit; die metaphern waren, wie bei kindern, nur abgedrungene synonymen des leibes und geistes.*

102 Pott

Mit hülfe solcher, anderer figuren jetzt zu geschweige!!, me- taphern d. h poetischen (von der einbildungskraft erst geschaf- fenen) identificirungen des an sich zwar ungleichen, was aber die spräche gleichwohl im bilde für gleich nimmt, oder anch auffindungen des wirklich, nach dieser oder jener rück* sieht gleichen nur in verschiedenem, hierdurch erweitert sich, und zwar keineswegs immer zugleich unter aufbietung neuer lautlicher mittel*), die spräche ins unendliche hinein, und ver- leiht so den meisten ihrer körpergebilde auch eine innere gei- stes fülle, die, bei aufmerksamer anwendung derselben, in un- endlich geringerem maafse durch Vieldeutigkeit verwirrt, als man sich sonst vorstellen möchte. Dazu halte man auch eine stelle W. v. Humboldt 's (versch. des sprachb. s. 383), welche statt meiner sprechen mag: «Die er Weiterung der begriffe und der sprachen mufs darauf leiten, neue gegenstände durch verglei. chung mit andren, schon bekannten, zu bezeichnen, und das verfahren des geistes bei der bildung ihrer begriffe in die sprachen überzuführen. Diese methode mufs allmfilig an die stelle der frü- heren treten, den eiu druck durch die in den articulirten tönen liegende analogie [also bei der wurzelschöpfung, indefs demnächst auch ferneren Weiterbildung der spräche mittelst Zusammensetzung und ableitung] symbolisirend wiederzugeben. Aber auch die spätere methode tritt bei Völkern von grofser lebendigkeit der einbildungs- kraft und schärfe der sinnlichen auffassung in ein sehr hohes alter zurück, und daher besitzen vorzugsweise die am meisten noch vom Jugendalter ihrer bildung zeugenden sprachen eine grofse anzahl solcher malerisch die natur der gegenstände darlegenden Wörter. » Es gilt in Wahrheit der schon in Valck. et Lennepii libro de anal. 1. Gr. p. 41. 253. ed. 2 gethane aussprach: Paucissimas re-

*) Die mehrsinnigkeit oder Vieldeutigkeit der wörter ist gewisser- mafsen das umgekehrte von jener definitioa zweier freunde: «Eine seele in zwei leibern», nämlich: mehrere befreundete seelen in einem körper (worte); also eher entsprechend den tria corda, der sich Ennios rühmte, weil er drei sprachen verstand. Vergleichung stellt das zweien dingen gemeinsame, also ein allgemeines, worin sie sich berühren und decken, d. h. mehr nach dem charakteristischen gewichte als nach der blofsen zahl der merkmale und unter fallenlassen ihres bleibend oder momentan unwesentlichen Überschusses im besonderen, zusammen. Unterscheidung von Wörtern durch den accent z. b. im englischen. Fiedler graoim s. 157.

metapbern. 103

vera esse proprias verborum significationes etc. Die spräche, weil durch und durch symbolisch, liegt insofern zu einem grofsen theile im gebiete der phantasie. Der verstand hat keine Wörter. Er ist beständig gezwungen, sich und seine thfitigkeit in bilder hüllen zu lassen. Erst da, wo das bewufst- sein über den Ursprung und wahren werth sprachlicher gebilde verdunkelt oder ganz geschwunden, nimmt man viele ausdrücke so, als wären sie von haus aus verstandeswörter. Wer denkt noch bei verstand selbst, bei vorstellen u. v. a. an ihre etyma, d. h. an ihre ursprungliche Wahrheit?

Viele Übertragungen, darf man anders nach obigem diesen aus- druck des gewöhnlichen Sprachgebrauchs beibehalten, gehen vom lebenden auf das unbelebte über; eine Scheidung, die freilich wieder aufzuheben, mindestens einzuschränken eine neuere natur- betrachtung (Fechner Nanna, Zendavesta) allen ernstes sich an- schickt. Jedenfalls behält für die Sprachforschung der dichter (Lamartine, werke von Herwegh IL 68., vgl. auch Auerbach schrift und volk s. 32 mit bezug auf Hebel; oder selbst Heine reisebilder I. 126. ausg. von 1840) recht, wenn er sagt: »Das le- ben ist überall wie der geist! Die ganze natur ist beseelt, die ganze natur fühlt und denkt! Wer das nicht sieht, der hat noch niemals über die unversiegbare fruchtbarkeit des schöpfe- rischen gedankens nachgesonnen! Er durfte, er konnte nie stille stehen; die ganze Unendlichkeit ist bevölkert; und überall, wo leben ist, ist auch empfindung; der gedanke hat ohne zweifei ver- schiedene grade, nirgends aber fehlt er ganz." Ueber die spräche aber als «System von zeichen für die selbständigen Vor- stellungen [wahre oder auch falsche, dunkle und deutliche u. s. w.] in der einheit mit den freien anschaunngen» siehe das ausführliche kapitel über spräche in Daub's vorles. bd. I. s. 245ff.

Wie das grammatische, d. h. eigentlich wider die na- tur (qtvaig) anlaufende und blofs übereinkünftliche (posi- tione, face*) geschlecht auf einer grofsartigen metapher beruht, mittelst deren der charakter geschlechtlicher geschiedenheit auch auf das an sich ungeschlechtliche ausgedehnt und übertragen, dieses also abseiten des sprachschöpferischen geist es unter eine ihm von natur fremde uud blofs von dort entliehene beleuch- tung gebracht, ja durch eioen akt der freiheit gleichsam in ein, durch die phantasie geschaffenes reich von anderem aussehen

104 Pott

als die Wirklichkeit versetzt wird, so gilt auch dem inneren sinne oft über die strenge naturwahrheit hinaus für lebend und le- bendig, was dem leben analoge erscheinnngen (und womit wäre das nicht der fall?) zeigt

In der spräche des nordamerikanischen Indianerstammes, der Delaware, «werden alle nomina in zwei allgemeine klassen ge- sondert, belebte und unbelebte. Zn der ersteren gehören thiere, [und, gewifs wegen ihrer größeren langlebigkeit] bäume, alle gröfseren gewächse, während jährliche, [also nicht perennirende] pflanzen und kräuter in die letztere klasse ge- rechnet werden1» Talvj, indian. spr. s. 18., Tgl. Fechner, Nanna s. 18; eine eintheilung, die sich nicht nur bei deminutiven,*) z. b. lenno-tit das männchen, aber wikwam-es ein bauschen, beim pronomen s. 19 , sondern sogar beim verbum s. 22 kund giebt. Z. b. nolhatton und nolhalla bezeichnen beide im Delaware: ich besitze, allein ersteres wird nur vom besitze unbelebter Sa- chen, letzteres von dem lebendiger geschöpfe gesagt. (Also gleich- sam ein analogon zur Unterscheidung zwischen persönlichem und dinglichem recht; und wie das neutrum nur im gefohle des gegensatzes vom unpersönlichen, ja geschlechtslosen sächli- chen zu seinem antipoden, in bewufsterer form wohl allein in- nerhalb des indogermani8mus und aller Wahrscheinlichkeit nach auch hier erst spät aus dem masc. sich empor rang, so gehört scheiden des unbelebten vom belebten jedenfalls schon einer periode, mit kälterem blute reflectirenden Verstandes, an.) Auch im Cree (Howse gramm. p. 41) z. b. Wunnehayoo He loses him, aber Wunnet ow (inan.) He loses if, or them. Desgleichen p. 181. Unterscheidung einer lebenden und unbelebten klasse beim nomen.

*) So auch persisch bei belebtem demin. auf {&, z. b. kentz-ek puellula, aber bei unbelebtem &£», z. b. mäh-tscheh lunnla Wil-

V

ken inst p. 86, also mit der, wie im deutschen wer, was, auch im pronomen p. 30. zwischen keli, knrd. ke (qui), ki (quis) einerseits, und tscheh (ans tscfais im zend = aliquis, oder zu skr. kiutscfait), knrd. ce, ci (qnod, quid) auf der anderen Seite, indefs nicht allznstreng beobachteten Unterscheidung, so dafs man mit diesen pron. das dem. componirt zu glauben geneigt wird. Im pers. plur. desgleichen -In bei tbieren und menschen, -hl bei leblosem, bei sacken p. 10, auch je- doch zuweilen mit freierem gebrauch. Siehe weiter Bindseil s. 503.

meUphern. 105

Wir wenden uns zu beispielen, die auch anderwärts über das animale leben hinaus noch einen unterschied zwischen le- bendigem und todtem festhalten. Lebendig heifst die noch wachsende hecke (viva sepes Colum.) gegenüber dem zäune von (todtem, bereits geschlagenem) holze; und lebendiges holz, wel- ches, wenn es abgetrieben worden, von neuem ausschlägt. Im welsch co edwryc, A quiekset hedge; a hedge, von coed wood und gwryc A hedge -row, auch the bristles of the neck of swine (also auch eine Übertragung, jedoch von unbelebtem auf belebtes). Engl, quick ist auch: lebendig. Frz. haie vive, Schweiz, grün- hag. Adelungii gloss. I, 754: Practici Galli Boscum vivum, seu Bois vif appellant arbores et virgulta nemorum infruetifera, ob idque mortuum boscum, Mort bois dieunt, quod fruetus non fe- rant: boscum vero mortuum, seu Bois mort [also in umgekehr- ter Stellung] appellant, qui revera mortuus, id est, siecus est. Vivi igitur bosci usus est ad aedificaudum, mortui vero ad arden- dum. Bei Richelet mort- bois c'est tout le blanc bois, commc le saule, le peuplier et Forme. Bois mort cest le bois qni est abatu, ou qui etant debout est sec, et ne peut servir qu'ä brüler. Dict. de Facad.: On appelle dans les arbres, Bois vif, Le bois qui pousse des branches et des feuilles. Et Bois mort: Les branches qui ne reeoivent plus de seve. On appelle aussi: Bois mort: Tout arbre seche sur le pied. Mort-bois: Certaines Sor- te» d'arbres de peu d'usage et de service [also todt, als nutz- oder brennholz unbrauchbar]; comme Marsau?, Epines, Ronces, Genäts u. s. w. Vgl. deutsch weichholz z. b. pappel, eller, weide. Mulieres quando nubunt volunt lectum delignissiccis, sed de arbore vivente. Odofredus in 1. legata digest. de supellect. leg. bei Grimm myth. s. 662. ausg. 1. In welchem sinne? etwa nur von bäumen, die noch im kräftigen lebenswuchse gefällt wor- den? — Engl, quick-grass, quecken, heifsen so als ein schwer vertilgbares und immer rasch wiederwachsendes unkraut. Ebenso frz. dartre vive, qui revient toujours, et qui parait extremement enflammle. Vgl. ferner die compp« mit goth. quius (vivus) Grimm II. 638., z. b. ags. evic-beäm (juniperus), ich weife nicht ob seines immerwährenden grün wegen, aber altn. quik-tre (sta- ticulum) eig., als eine person vorstellend (äfdgeixelov) s. v. a., lebendiger bäum. Engl, quick-match ist die brennende lunte. Umgekehrt spricht man von todt en kohlen; holl. doove (d. i. taube) koolen, cen doof hout (eig. ein taubes holz), ein aus-

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gelöschter brand. Vergl. De Groot, Javaansche spraakkunst p. 45: maar in het Javaansch zegt man ook dooden (matenai) voor doovcn, uitdooven, uitblusschen. Welsch marwar pl. aggr. Embers. Adj. Dying like embers. Glo marvar Dying coal. Die kohle stirbt, la chandelle se meurt, das leben er- lischt, gleich einem lichte, wefshalb man auch auf sargen, ehe sie mit der leiche fortgetragen werden, aus symbolischem gründe pflegt lichter niederbrennen zu lassen. Das lebenslicht jemandem ausblasen. Noch weiter gehen die Caraiben, indem, zufolge Rochester p. 363. no. 32: Qm te beteykenen dat een ding ver- loren is, of dat het is gebroken, seggen sy gemeenlijk dat het d o o d is. Für den gesichtssinn todt : Frz. couleurmorte, sehr blasse (also keine lebhafte, couleur vive) färbe; ein ding von todtem aussehen, wie auch mourant matt, schwach, it. bleich, als bleichblau, woher bleu-inourant, bei uns verdreht zu: blü- merant. Holl. eenedoodschekleur, eine bleiche dunkle färbe, todtenfarbe, doodsche lippen (frz. levres mortes. C'est a dire, levres päles et defaites. Richelet), doodverw blasse färbe, erdfarbe; it. bei den malern, der erste abrifs, die erste Zeichnung eines gemäldes. Der ort des wiederhalls heifst im Vaskischen oyarzuna, arribicia (lebender stein). Mith. IV, 303. Hil veut dire mort, obscurite; de hil arguia, lumiere des morts, pour designer la lune. Der mond als nachtgestirn scheint also nur gewissermafsen den dann wachen todten, s. in Oihenart, prov. Basques p. 284. ; Engl, dead drink das schale [also für den geschmack todte, unwirksame] getränk. Dagegen dead water (holl. dood water) die lache, also stehendes wasser, entgegen- gesetzt dem lebendigen quellwasser, frz. ea u v i v e quell wasser, it. hartes wasser (als weich gilt z. b. das regenwasser), lat. aqua viva d. i. fliefsend. Mare mortuum, franz. mer morte, das todte meer, aus anderem gründe, nämlich weil alles leben in seiner nähe erstirbt, wie, wenigstens angeblich, Averaus aus &oq- pog. Celtisch Morimarusa bei Plinius, wieder aus anderem gründe, als eismeer. Skr. maru m. 1) a region or soil desti* tute of water^ sands, a desert; 2) a mountain; 3) the province Marwar. Et. mri to die (where) bei Wilson ist allerdings fakch, wenn man es als eine gegend fafst, worin man hungers sterben mufc; man dachte vielmehr an eine öde, unfruchtbare und deshalb unbelebte, gls. todte gegend; wahrsch. damit in Zusammenhang zend. Möuru (eig. le desert depourvu d'eau), name der stadt Merw,

meUphern. 107

Brodelt, s. 385. Damit vgl. man z. b. t o d t e, unbelebte t r a f s e, dgt. Fra. on ditqu'un attelier est vif, quandily abeaud'ouvriers (leb- haftes, flottes, d. i. nicht auf dem gründe sitzendes, geschäft); et qu'une foret est vive, quand il y a de beaux et grands ar- bres. Les chasseurs disent aussi, qu'une foret est vive, pour dire, qu'il y a beaueoup de betes fauves; qu'une garenne est vive cet So ist ghösha (sound) wegen des lebhaften viehge- schreis auch im skr. a Station of herdsmen, wogegen eng), nach Ray, Collect p. 20: Deafely; lonely, solitary, far from neigh- bors ; mithin so zu sagen : taubartig, der geräuschlosen stille we- gen. Hoil. het is dood stil, es webet nicht ein luftchen; den zeil dood aanslaan, ein segel dicht anschlagen, so dais dazwi- schen und der raa nicht der geringste räum gelassen wird. Welsch marwlanw m., the dead water, or turn of the tide, von llanw fullness, copiousness; the flowing in of the tide. Ebenso im Bundo (deutsche morgenl. zeitschr. II, 157): Minna mäffui aguas mortas (aestus languidiores), aber die flut heilst menha ma muenhu (wasser des lebens). Frz. eau morte sumpfiges, stehendes wasser; morte eau wird die ebbe und flut genannt, wenn sie zur zeit des ersten und letzten mondviertels am schwächsten ist. Vif de Teau. C'est la haute eau d'une maree. C'est le plus grand aecroissement de la maree. Engl, quicksand flugsand, triehsand, altn. quiksandr (syrtes), aber quiksyndi (palus impervia) wegen seiner zu grofsen beweglich- keit. Von dieser eigenschaft nicht minder frz. vif argen t mit voraufgehendem vif, engl, quicksilver quecksilber. Quick- lime, frz. chaux vive, der frische, ungelöschte (noch im was- ser aufbrausende) kalk. Soufre vif, lat. vivum sulphur, natür- licher, gediegener schwefel; ags. quic-fyr (sulfur). Lat. vivus lapis feuerstein, als gewissermaisen lebensfunken von sich ge- bend. Vgl. das vom feuerstein mit hergenommene argument der Indianer, wie es einen feuergott geben müsse, in Williams, key to the Indian lang. 1827 p. 110. Tete morte, in der chemie caput mortuum. Holl. dooding (eriodtung) , in der chemie zernichtung der äufseren gestalt, z. b. wenn dem quecksilber sein flufs und bewegung genommen wird; es heifst auch so eine mäfsi- gung der schärfe in den geistern und salzen. Theol. tödtuug des fleische«/ Vif m. Chair vive. II a fallu couper beaueoup de chairs mo rtes (wildes fleisch; engl, dead flesh, das faule fleisch); avant qne de trouver le vif. Der gesunde und empfindliche theil

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an thicr- nnd pflanzenkörpern (den haf bis auf das leben aus- wirken d. h. bis auf den fleischigen theil des pferdehufes; einen dürren ast bis auf das leben abschneiden; daher: es geht oder dringt bis aufs leben, d. h. ins innerste, durch mark and beia. Lat. ad vivum resecare sehr tief einschneiden; bildlich: zu ge- nau nehmen.) Im oldenbnrgischen heifsen, sagt Goldschmidt, Der Oldenburger s. 42., «leben sehr bezeichnend die geschlechts* theile», nämlich als leben gaben d, wie frz. nature (von nasci).

Chevenx vif 8 (jetzt gewöhnlich eh. naturels) haare, so wie man sie vom köpfe eines menschen abgeschnitten bat, ohne sie vor dem gebrauch zn kochen und zu backen. Im deutschen hutm., grüne haare, gern, grüne haut d. h. unzubereitet, noch nicht zugerichtet. Grün für saflvoll, frisch, entg. dorr, trocken, z. b. grünes holz; grüner aal, lachs u. s. w. entg. dem geräucherten, gesalzenen n. s. w. ; mithin hier eine Übertragung von der pflanze auf lebendiges oder vom lebenden stammendes. Lat. nicht nur viridis aetas, senectus d. h. noch frisch und blühend, sondern auch limus, caseus, wie griech- %XcoQog von rvQog gebraucht, nicht etwa grünen kräuterküse, sondern fri- sche n kfise anzeigt, und dasselbe epitheton von frischem, nickt eingesalzenem oder eingepökeltem fleisch, frischen fischen dgl. gilt. Engl, to he green, neu, noch unerfahren. Frz. Oeuvres vives (m ort es) die theile des schiffes, so unter (über) dem was- ser gehen. Fonds vif, guter und fester grund, zu bauen. On appelle röche vive, une röche qul a ses racines fort pro- fondes cu terre, qui n'est point melee de terre, et qui n'est point par couches commes les carrieres. Todtes kapital, frz. argen t mort (vgl. oben vif argent), das keine zinsen trägt, nicht, so zu sagen, kinder (toxoi zinsen) erzeugt. Dat de lucro: nihil detraxit (reseeavit) de vivo d. h. er gab nichts weg vom (noch wucher- föhigen) kapital. Todtes, unlebendiges und unfruchtbares wis- sen. Frz. saison morte d. h. ohne verdienst. Todte hand in juridischem sinne, z. b. eine gemeinde, ein stift, weil wirklich nur eine fingirte moralische, keine in physischer Wirklichkeit vor- handene person. Viva vox, frz. de vive voix, mündlich, im gegensatze schriftlicher mittheilung (muti magistri, bücher), weil in ersterem falle die lebendige gegenwart einer person vonnöthen.

Aufserdem nicht nur z. b, une personne a les yeux vifs, sondern nun auch mit Übertragung auf geist und geistiges: Avoir l'esprit vif, Timagination vive, wie avoir le sen-

metaphern. 109

timent vif et les sens vif 8, ja das Geistesleben überhaupt. Welsch inarw-vis (marw-mis) m., the dead montb, orthat part of winter, when vegetable is dormant (Winterschlaf; der schnee, das leichen- oder doch betttuch). Evehito luna silenti eig. schweigend, verstummend, statt sich nicht zeigend, unsicht- bar, d. i. am ende des monats. Silens sarmentumu. s. w. auch bildlich für: ruhend, noch nicht ausschlagend. Mutum forum, muta solitudo, bei Ovid muta silentia noctis, bei Sil. It. caeca si- lentra i. e. nox, weil in der nacht schweigen sowohl als finster- nifs stattfindet. Dafür engl, dead of night, bei Shakesp. dead of darkness ( todtenstille ). Im Leipz. Appendix io Shakesp. 1826. deepest darkness erklärt, mit dem höchst unpoetischen und zugleich sprachlich unüberlegten zusatze: Perhaps by paronomasti- cal abuse of language from totus, as in dead drunk (so be- trunken, dafs man einem todten gleicht), dead lift (schwäche), dead-dull, d. h. bis zum äufsereten, welches etwa vom tode vorgestellt sein kann, albern. Vgl. indefs auch dt liebe lange- weile*. Im Yoruba bei Crowther kuh v. n.$ to die, to whi- ther; to be blunt. Oku-ye a person of a doli memory (iye mind); auch sühn v. n. to sleep; to congeal, as oil (weil es nicht mehr in lebendigem flösse bleibt). Im beet juanischen sjoä (todt) Lichtenst. IL 626., ieetshaatsi sfula sonne stirbt (geht unter), während wir höchstens sie sich zum ausruhen niederle- gend (se coucher) denken. Unter gleichem bilde, Bundo bei Can- necatf im : Porse o sol (sol oeeidit), rieümbi aeubdea, oder r i - cumbi uäffuf oeeidente (occasus) bandu quiaeuffila o ri- eümbi [seite der untergehenden sonne]. Sol posto (sol in 00- casü) ri cumbi uäffu; vgl. apagada coosa. Acabada cousa, i. e. morta, ou, extineta (exstinetus) q u i m a q u i ä f f u. Im Kongo m a- fua, füa morte, affua, Bundo cüffua expirar, morrer (animam efflare). So auch Cong. affu&dia esquecer (in oblivionem ve- nire), wie holl. die zaak is lang dood, die sache ist lange todt, d. h. vergessen. Bei Tuckey, Narr. p. 389. Malemba me- sou-mafoa (von mesau eye, m'foa die v., Embomma foi dead) blind, also eig.: »mit erstorbenen äugen», skr. nasht'atshak- sh u 8 Bopp, malay. spr. s. 63, sodafs mafoi im £mb. nicht fög- lieh, wie angegeben wird, auch schon für sich allein: blind be- sagen kann. In beiden dialecten matoomafoo deaf, was nicht eig, wie Tuckey meint, ear blind, sondern: mit todten ohren, welche Mal. cooto-matoo (d. h. eig. die form dafür sowohl

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im sg. als plur. angegeben), Emfo. matoo (ear) heifsen. Im wa- lachischen ist orbu (zunächst verwaiset, beraubt) für blind in aofnahme gekommen, ohne den zusatz laminis bei Ovid. -

Ferner sinnesthätigkeiten nnd spräche, deren abwe- senheit oder mangelhaftigkeit man durch übertragen vom belebten auf sonstige ähnliche fehler oder mängel des unbelebten in anwen- dung bringt. Auch findet häufige Vermischung von beziehungen statt, die eig. verschiedenen sinnen zukommen, im generalsinne jedoch, so zu sagen, einander wieder begegnen müssen, theils unter sich, theils der äufseren sinne mit dem inneren. Zu- dem hält die spräche den unterschied nicht immer fest zwischen dem beschauenden, sinnlich aufnehmenden subject, und dem beschauten, auf das subject einwirkenden object, indem ihr die beiden endpunkte der linie von diesem zu jenem und umge- kehrt (d. h. aktivität und passivität) in einen sinnlichen eindruck ▼erschwimmen. Z. b. sieht der himmel grau (aus), stellt sich so, in dieser färbe, dar (speciem, d. h. eig. anblick, prae se fert) dem äuge, des ihn anblickenden beschauers, er wird aber nicht blofs so gesehen, nein, er schaut wirklich selber drein. Male audire (schlechten ruf haben), in übelem geruche stehen. Ich, dieser mensch, schmecke, rieche die sache, aber auch letztere schmeckt, riecht u. s. w.

1) Blind: a) mit schein ohne sein, also blendend, blind ma- chend, täuschend; z. b. blinddarm, ein darm ohne Öffnung im menschlichen körper; blind kohle, nicht hinlänglich ausgebrannte kohle. Dänisch blind aveugle, fig. faux, feint. Blindt skud (conp sans balle), blinder schuf s, wie blinder lärm, blinde ta- schen, fenster u. 8. w. Engl, a blind story, ein mährchen (unwahre, kernlose geschichte). Blind -wall spanische wand.

b) Caeci rami ohne äugen (knospen), caecare oculum, ein äuge (an der pflanze) verderben. Span, ciego se dit d1un pain, d'un fromage qui n'a pas d'yeux. Griech. ta tvcpXd nicht nur die (augenlose, mithin) rttckenseite des menschen, wie bei Sallu6t caecum corpus (rücken; vergl. caecum vulnus rücken wunde), sondern auch am hause: rückseite ohne fenster zum heraus- schauen. In diesen fallen steht «blind» noch mehr eigentlich für: augenlos (frz. aveugle, DC. abocellus, aboculis, exoculatus).

c) activ: nicht sehend, z. b. caeca honorum cupido, o pectora caecal Blinder gehorsam, eifer, glanbe dgl. d) passiv: unge- sehen, nicht sichtbar, wie blinde klippen, griech. rvcplog von

metaphern. 111

ttmlddeg, caeca vada, caecae fossae, caecuni vallum und in ähnlicher weise gr. xaxpog für verschollen, surda lyra, die nicht tönt, also weniger taub ab stamm ist, mntum aevum, unbe- sprachen, onherühmt. Ital. cieco aach verborgen, verdeckt, z. b. ana fossa cieca, wie engl, blind staircase die verdeckte treppe. Ferner unmerklich, z. b. ciechi ondeggiamenti delF aria, unmerk- liche bewegungen der luft. Dunkel, finster z. b. chiuso gran tempo in questo cieco legno (in diesem finstern schiffe, eig. in diesem blinden holze, eingeschlossen) cpravi. Port cego aveugle; obscur; combte (d. h. wohl blind durch einander, ohne Ordnung), (fig.) imprudent. Umgekehrt in Cornwallis (Treenoodle p. 93.) Durk, dark, blind, und bei Grose gloss. of prov. Words p. 44. dark blind; quite dark, stone blind [wir: stockblind]. North. e) durch Übertragung auf das gehör bei Virgil: Murmure caeco, wie gr. tv(plbg ?d cJto (stumpf auf den ohren). Natürlich auch geistige blindheit, blödsinn, wie blöde äugen, aber auch Müdig- keit nur so viel als Schüchternheit. Eine menge sonstiger

nüancen übergehend, gedenke ich nur noch des skr. andha blind, als n. darkness (vergl. lat. caeca nox, caligo; skr. andhatamas great darkness, bei der man nichts sehen kann), auch andha- kära (eig. blind machend, weil sie die ßbigkeit des sehens mo- mentan aufhebt). 2. water; etwa nur, Wenn es tief ist, so dafs man nicht auf den grund sehen kann? Andhaküpa a blind well: one of which the mouth is hidden. Andhälaji s. a blind boil, one that does not snppurate, von alaji inflammation of the eye, at the edge of the coraea; dagegen franz. dartre vive hitzige, feurige seh winden (impetigo). Andhamüshä a small covered crucible, with a hole in the side. Wie es scheint, aus ähnlichem gründe (in derchemie) tuy au, alembique aveugle röhre,kolbeu, der nur eineöfraunghat (mithin höchstens einäugig), vgl. TvyXocrofiog. 2) Taubheit. Taube d. h. kernlose, mithin unnütze nufs (Cornisch deef, rotten, as a bad nut is said to be deef, engl. deaf, taub, dumpf), taubes gestein. Taube, d. h. ausgebrannte und gedämpfte, kohlen. Taub-gerste, «hafer, -roggen, taiub- korn als hordeum murinnm, denn als lolium temulentum vielm. f. betäubend; taubtrespe (bromus sterilis) s. Nemnich, natur- historisches wb. 8 590 ff.; den beigesetzten getraidearten ähnelnde, aber keinen nutzbaren samen tragende kräuter. Surda tellus für die kultur taub, d. h. unempfänglich. Taube (nicht brennende) nessel (laminm. galeopsis. stachys), im welsch danadien [a

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nettle] zall (aus dall blind, Uh. aklinai), vud (aas müd mute, dumb) oder varw (mar w dead) dead nettle, or archangel. Dan. döv (tanb)mit neide (ortiemorte); mitkniv: Couteau emoasse. Vgl. griech. xaqpö* ßelog als gegensatz von o£v; ferner stumpf auch von alten, schwachen, ihres körpers and der sinne nicht recht mehr mächtigen leaten. Ein glied ist taub (gefühllos, ohne empfindung). Taub, thöricht (also, för guten rath taub), schwäb. nach v. Schmidt, aber zornig, toll and rasend (viell. ab einer, der sich durch kein reden besänftigen läfst; doch vergl. toben) Schweiz, bei Stalder. Hamburgisch bei Richey doof, a) taub, b) betäubet, erstickt: doove eyer, wo keine küchlein auskom- men; doof für, ein feuer ohne glut; doove emern (engl, em- bers), ausgebrannte asche, s. ob.; c) trübe, unscheinbar: doove n tafft, der keinen glänz hat (vgl. obentodte färbe); doof sül- ver, silber, das matt und nicht polirt ist; vgl. frz. sourd (von edelsteinen) dunkel, so keinen rechten glänz hat, aber lat. cae- cae genimae, undurchsichtig, dunkel. Lat. surdus vom geruch, gesiebt, gefühl (also mit synkretistischer Vermischung jener sinne), zudem noch stumpf, schwach, dumpf, plump u. dgl., z. b. color; spirant cinnama surdum. Dahin gehört auch einigermafsen die redensart: up'n dooven dunst (auf blofses gerathewohl, ich weifs nicht ob mit hmblick auf den sich zerstreuenden und da- her leichter treffenden vogel-dunst, oder in die blaue luft hin- ein, blindlings); d) seicht, untief: vadosus, von wasser und kanfr- len, z. b. de doove Elve, «in seichter arm der Elbe, der so heifat. Frz. sourd fig. (von laut, schall) dumpf, nicht hell klingend, wie auch latein. z. b. vox surda, engl, deaf zuweilen dumpf, oder (von gemurmel, schmerzen) heimlich. Bruit sourd, heimliches gemurmel, heimliche sage. Die blendlaterne, diebesla- terne unstreitig aus gleichem gründe laterne sourde, um das versteckte dabei anzudeuten, während sie, nur mit dem allerdings näher liegenden bezug auf das gesiebt im ital. lanterna cieca heilst. Sourdes pratiques, sourdes menees (vgl. luv. 13, 191 surdo verbere, still, geheim). Von zahlen und linien, so nicht in gleiche theile kann getheilt werden. Nombre sourd irratio-

nalzahl. Vgl. noch gr. xmqtog stampf; stumm, sprachlos;

überhaupt geräuschlos, still, ruhig. Bei jüngeren: stumpf an den sinnen a)taub, ß) blind, z. b. die Schlangenarten rvqifopog, xw- Cpiag b lindschleiche, y) stumpf an geist: dumm, thöricht u. s. w.9 d) eitel, nichtig, leer, vergeblich. TvqtXog (wie man meint, zu

uietaphero. H3

Tvquo und dann eig. vom rauche geblendet, jedoeh was freilich nicht röcksichtlich der lahtverschiebung recht pabt, goth. daubs taub, verslockt, neruaQtaiävog, af-dobnan verstummen a)ipov<rtta<): blind, aber auch von andern sinnen und vom verstände. Bei Sopk. rvylog rd t cot«, töV re tovv, zd 7' oppeeza. rdla tvqtlovtat die milch bleibt aus. Auch oijqoq an einem gtiede gelähmt, ge- schädigt, yviotg, ofipaai; blind, taub, stumm, lahm (naturlich je in verschiedenem zusammenhange); stumpfsinnig, sinnlos. Skr. badhira, bandhura (deaf) Hemachandra s. 80. ed. ßdhtlingk, angeblich von bandh (to bind), das wäre also: gebunden, ge- lähmt, impediiu8 (aure), in ein klang mit dem tropus für stamm- heil: mit gebundener zunge s. Lassen's zeitsehr. Itt. 37. Dem be- gegnen, trotzdem dafs der vocal in letzteren sich nicht recht mit dem ersten a des sanskritwortes in emverständnifs setzen will, doch gewüs welsch byddar oder byzar (a deaf pereon), ir. nnd gael. bodhar, auch bei Armstrong baoth Pict p. 11. 108. Bopp, kelt spr. s. 9. und goth. bau]>8, Dief. goth. wb. f. 279. Daran reiht sich

3) zunächst spräche und Sprachlosigkeit. Sprechend ähnlich, als sei der gemalte er selbst und brauche nur den mond aufzuthun, um als lebendig zu erscheinen. Beredte blicke; ansprechend; entsprechen (ehemals: antworten, tat. respon- dere, gleichsam ein abbild des hinüber und herüber im dialog). Nach Heyse stumm, niederd. auch f. matt, ohnegeist; z. b.: zu stark geschwefelter wein ist stumm, was ungefähr so heraus- kommt, wie «wenn das salz dämm wird.** VgL stumm wie ein fisch, und dumm wie ein Stockfisch (wohl wegen stockdumm), Hippels lebensl. I, 473. Mhd. tump unerfahren, ohne weit- und men8chenkenntnisse; ahd. tumb bei Graff V. 425. dumm, stumm, taub, mutus, surdus, bratus, hebes, stultus. Goth., angels., alln. dumb, stumm, mutus, wie noch gegenwärtig im engl. Viel!, damit verwandt ahd. taub surdus; absurdus, absonus; hebes, sto- Iidus351. (tobän insanire 348.)? ja möglicherweise rvylog, doch s. oben. Im übrigen vgl. man die, wie immer, reichen art. goth. daubs in Dief. goth. wb. II, 613ff- und dumbs 635 ff 'Elld- öog q>o*räg xwyog, der kein griechisch sprechen kann, fragm. Pythag. nuiyXtocooq y urspr. zungenlos * nach Sophokles (Trachin. V. 1049 ed. Herrn.) und anderen, auch für nichtgriechen, fremde, gleichs. eine unartikulirfe spräche redend, was )a auch ßaQßaQog ursprünglich heilst » Frennd, verh. der 7. philoL-vers. 1845. s.72. II. 2. 8

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AyXwGGov JSocpoxXijg tov ßaQßaQOP dne, sagt Pollux 1. 109. Epi~ curaei nostri graece ferc nesciunt, nee "graeci latine. Ergo hi in illoram et Uli in horura sermone surdi cet. Cic. Tusc. 5, 40, 116. «Stammer handel," wo käafer and Verkäufer sieb einander nicht durch worte verständlich zu machen im stände sind. Frfiho, Ihn Foszian s. 227. OBrien, irish. dict. ' hat Briotach and Briot-bhalbh, lat. Brito-balbus, stammering, like a Brittain; beeaase the Brittons seemed to the Irish to speak in a stammer- ing and awkward manner. Briotainis, tbe British tongue. Briotaire a stammerer, or stuttering person. Im frz. c' est du bas Breton pour moi, dies ist eine unverständliche spräche. VSp barbarus, peregrino sermone utens. Rabbinis barbari sunt graeci, romani, reliquique omnes, qui non loquuntur lingua saneta seu Ebraica. Stockii clavis hebr. Ich habe indogerm. sprachst. 8. 44 und zig. II, 339 gezeigt, wie, indem kein voik als volk eine fremdzüngige spräche versteht, vielen Völkern ihnen gegenüber, wo nicht alle, doch dem besonderen sprachgebranche nach, ge- wisse Völker für stumm gelten und danach benannt werden. Vgl. auch Miklosich Radd. p. 10: RncHan yellifa* balbu- tire. Huc refer Bjiaxi», slavi enim homines latine loquentes BjiaxM (balbos), germanos plane HfcMbija (mutos), se ipsos CjiOB^Hbi^a {loyiovg, distineta loquela praeditos) appellabant. Cf. tarnen Schaff. Staroz. 6*. 10. et 14. 8; und Herrn. Müller, Germ, und Teutonen s. 3: «Wenn aber der Slawe den Deutschen nje- metz nennt, so bezeichnet er ihn wol als stummen, verstummen- den, seiner slawischen spräche nicht kundigen (Grimm I. s. 20. ausg. 3.), und ich möchte glauben, dafs wir den Slawen nicht anders behandeln, da slavan gothisch schweigen heifst; die Sla- wen selbst ziehen aber eine andere erklärung vor.» Doch blie- ben dabei mancherlei etymologische bedenken, z. b. die mögliche beziehung von wlach zu wälsch, woher wälschen u. s..w., erst noch zu beseitigen. Deutsch, deuten, deutlich (verständ- lich, selbst etym. populär) s. Grimm gramm. I, ausg. 3.

4) Sodann von eigenschaften, welche den sinnen sich in objeeten offenbaren, z. b sufs, herb, bitter, sauer zunächst vom geschmack, aber auch von anderem, insbesondere geisti- gem. Z. b. bitterkalt, bittere armuth, saurer schweifs (nicht um- gekehrt), herbe erfahrungen, bittere ironie, saures gesiebt ma- chen, süfse worte, süfse melodieen, süfser lohn. Aesthetischer ge- schmack; mann von geschmack; geschmackvolle kleidung, schwäb.

metaphern. 115

g'schmack hübsch, angenehm, von kleidang, häuslicher einriclt- tung, Witterung, äufserlieh vom betragen, v. Schmid s. 469; oder zu schmuck? Abgeschmackt. Sapere, weise sein, eig. schmecken. Für das gefühl, z. b. wärme und kälte. Warmes gefuhl, kaltes benehmen, wärme des danks, der darstellung, wie xpvxgog, frigidus in vielerlei anwendung. Eisige kälte des henkers. Vom geruche: wittern, feine nase haben, obesae, emunctae na« ris. Odorari und sentire öfters als ein tieferes, wenn auch un- bestimmteres eindringen in das innere. Sagax canum vis. Oft ist schwer zu ermitteln, von welchem sinne ursprünglich die bedeutung eines wortes gilt: so sehr verlaufen oft verschiedene 8i dd es Wahrnehmungen sprachlich in einander. Galt z. b. hell, lat. clarus früher (und das ist mir allerdings etymologisch wahr- scheinlicher, vgl. hallen, xatei*) von heller, klarer stimme oder vom hellen lichte, wassern, s. w.? Dann heller verstand, ein- sieht, scharfsichtigkeit (ph)sisch und intellectuell) u. s. f. Weil im ganzen das äuge treuer ist und minderem irrthum ausgesetzt als das ohr, wird hören zwar öfters für: in erfahrung bringen, ferner für: seinen willen von fremdher bestimmen lassen (auf rath, befehl) gebraucht, kaum aber je von intellektueller thä- ligkeit. Schmecken, noch im sebwäb. (v. Schmid s. 470) 1) riechen, subj. und obj., 2) nach fäulnifs riechen, 3) in einer öffentlichen rede aus dem coneepte kommen. Schmecket f. blumenstraufs. Schmecker m. nase. Frz. sentir v. a. und n. fühlen, empfinden; riechen; einen geruch von sich geben: nach etwas schmecken; übel riechen. Auch die starke kälte brennt: frigore uri. Vgl. auch thränen der freude.

5) Gebrechen in der fortbewegung. Lahmes thürschlofs, lahme entschuldigung. XwXiccfißog, wegen seines hinkenden oder hüpfenden (Scazon) rythmus; lahme verse. Claudicat hie versus, ingenium. Clauda fides. Stabilia probant (aures), clauda [schwan- kend, unsicher] deprehendunt. Der vergleich hinkt. X(aX6g über- tragen: hinkend, ungleich, sowie lahm, stumpf vom gebte.

6) Zusichnehmen von speise und trank: Baum im skr. oft: fufstrinker geheifsen. Arena, Charta bibula, holt, zuigpapier (saugend); die trockene erde durstet; thatendurst; geld-durst; auri sacra fames. Etwa daher im Yoruba : yeh to eat, to dine; to owe; to gain? Yiell. weil sich das hauptint eresse dieser neger um das essen drehen mag, besteht bei ihnen die schuld wirklich in verzehrten und darum nur ungern wieder zu erstattenden

8*

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nahrungsmitteln, und auch der er w erb stellt sich unschwer als vorzüglich der ernährung dienend dar. Der rost frifst das eisen ; fressendes geschwur; der zahn der zeit. Der kummer nagt, frifst ins herz hinein. Köder, lockspeise u. s. w. «Türkisch: Je min etmek. And i6mek qs. juramentum bibere, pro quo Persae di- cunt comedere, sewgiend khorden» Clodii lex. turc. p. 312, und ebenso im kurdischen (Garzoni p. 155) nur in entstellterer form: Giurare. Sund bokum, sundboköi, sund boköt, pret. Sund koar (mit aufrech thaltung des etym. wichtigen r), neg.

Sund nakum aus Giuramento, sund (pers. OJS2»J) und bo- kum cet. Mangiare p. 182. Also gewissermafsen: einen eid hin- unterschlucken, als etwas, was man bei sich behalten, mit seinem selbst assimiliren muß.

7) Zeugen und gebähren im thier-, pflanzen-, ja (z. b. sich erzeugende krystalle) im mineralreiche. Auch : geisteserzeug- nifs, geistige Wiedergeburt; skr. dvig'a (zweimal geborenes z. b. ei, aber auch als einmal physisch, einmal spirituell geborener : der brahmane). Samen der ge wachse, z. b. ontgiiariag samengurke, gegens. €VPOv%iag. Spado auch von unfruchtbaren, samenlosen pflanzen. Semen virile; aus Abrahams samen; leibesfruchh Lat. satus 1) saat , 2) erzeugung. Engl, race aus frz. race (lat. radix), verschieden nun von dem hinten erweiterten racine (wur- zel). Stamm, zweig (linie von abtheilungen der familien s. luv. VIII. in stemma, d. i. guirlande, virga), sprofs, soboles, pul- lus, oQGog, poaxos, von abstammung (selbst von stamm) ge- braucht*). Gael. bei Armstrong: Siol seed; com 5 issue; children;

*) Der grobe gegensatz des morgen- und abendlandes bewährt sich auch in dem bilde ihrer geschlechtsabtheilong, sagt hr. v. Ham- mer, sitiungsber. der österr. äkademie, 5 heft. 1849 s. 39. Der abend- länder versinnlicht dieselbe durch einen bäum, dessen wurzel der zu- erst bekannte gründer des geschlecbtes ist Aas ihm erhebt sich der stamm, der sich in äste verzweigt und seine sprossen von allen Seiten in die luft emportreibt. Die terminologie des europäischen genealogen kennt nur die vom bäume hergenommenen benenn ungen der wurzel, des Stammes, der zweige und der nebenzweige ohne Zahlbeschränkung dieser eintheilung; der arabische geschlechtskundige hingegen (das thun übrigens auch, wie ich meinerseits hinzufugen will, die alten Deutschen, s. Grimm R. A ) nimmt seine bilder nicht vom bäume, son- dern vom menschlichen Icörper (der somit gewissermafsen ver- wandtschaftliche gliederung vertritt) her; und, während jener von der

metaphern. 117

a tribe, a clan. Viele ehrbare und (s. Priapeia) anehrbare aasdröcke von befruchtang nicht blofs des ackere, sondern auch des weibes. Muliebria conserere arva Lucret. IV. 1103., onei- Qtir, im aaidwv yvr\ai(av ooöVro, auch oQWQa (mutterschoofs). Salcns, xijnog, taqtow von der weiblichen schäm; and sanskr. längala, ihe plough; 2)thepenis, wie engl, share pflugscbaar; das schamglied, die rothe. Desgleichen castrare a) menschen, thiere; b) pflanzen. Tropisch c. vina saccis, durchseihen und da- durch der schärfe berauben. (Wein verschneiden, frz. couper, d. h. verschiedene weine mischen, also: sie durch andere theilen, beruht nicht, scheint es, auf der gleichen Vorstellung). Siligo campana, quam vocant castratam, d. i. gereinigt (des gröberen beraubt?). Span, castrar, a) chatrer, b) laver, nettoyer une plaie. Vgl. lat. putare, reinigen, patzen (was, unstreitig daher stammend, dann auch die bedeatang positiven ausschmückens annimmt), z. b. den bart abputzen, bäume von schlechtem holze reinigen, ausschneit ein; amputiren. c) Emonder un arbre. d) Castrar las colmenas, chatrer les ruches, öter une partie des gaufres est le miel. Lat. castrare alvos apum. Castrirte Schul- ausgabe.

Nach diesem allen, um hierauf zurückzukommen, kann es uns nicht befremden, dafs, wo sich mikro- und makrokosmos, d.h. mensch nnd weit, in einander spiegeln und wechselseitig das eine vom anderen ein, nicht gleiches, aber analoges abbild zurückwerfen, dafs da die große Scheidewand der geschlech- ter, welche von der spitze der erdenschöpfung anhebend durch thier- und theil weise pflanzen weit sich hindurch zieht, gleichfalls in vielen, beiweitem nicht allen sprachen sogar in den lautlichen abdruck alles dessen trennend eingreift, was an sich, und dies ist namentlich mit allen abstrakten begriffen*) der fall, jeglichen geschlechtes ermangelt.

wurzel zum giebel aufsteigt, beginnt dieser vom Scheitel des kopfes, herunter zu steigen and beschränkt die stamniabtheilungen auf die beilige sieben u. s. w

*) Bilden wir doch beute noch die spcs, fania, fides, themis, bygica u s. w., selbst nike oder victoria unserem mannhaften siege zum trotz, die vir tos (von vir!) u. a. weiblich. Für eins der beiden geschlechter mufs sich die kunsl, im fall der daratellung, ohnedies ent- scheiden.

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«Hat man, schrieb ich im jähre 1839 (A. L. Z. März s. 428.. vergl. Okt. 1847 s. 711 ff.) gelegentlich einer beurtheilung von Bindseil's gprachvgl. .abh., deren zweite «die verschiedenen be- zeichnungsweisen des genus in den sprachen» bis jetzt am weitgreifendsten erörtert es begriffen, dafs die spräche, gelenkt von den faden der ähnlichkeit und ideenverbindung. es liebt, auch . das unbelebte in den kreis des lebendigen zu ziehen, und dem. was ohne ödem ist, diesen dennoch einzublasen, dann wird man keinen augenblick über den grund in zweifei kommen, warum in vielen sprachen das grammatische geschlecht weit über .das natürliche hinausragt. Es ist eine grofsartige prosopopoiie (vgl. etym. forsch. 11, 402 ff.), welche der gedanke vorgenommen und in der spräche verwirklicht hat. Ein manne r- und wei- berreich von dingen und begriffen ist auseinander und sich ge- genübergetreten ; und, mag die folgezeit diesen, die rede schmücken- den und belebenden unterschied, weil nicht produkt des reflek- tirenden Verstandes, noch diesem fafsbar, in Verwirrung gebracht, ja einzeln wieder aufgegeben haben, er ist im kindlichen, dem scheine als Wahrheit sich unbefangen hingebenden gemüthe und in der schöpferischen poetischen kraft der vorweit tief und fest begründet.»

Gebt man doch in Übertragung menschlicher Verhältnisse auf das unbelebte ohne alles bedenken oft noch weiter als in blofs grammatischer andeu tu ng von g es cht echt 8 unterschieden; näm- lich — in ganz bestimmten worten und bildern. «Das wort Jung- frau ist so edel, dafs wir das beste und schönste damit bezeich- nen, und jungfer-erde (gereinigte), -blei, -silber, schwefel (ge- diegene) haben, Jungfern -honig, -öl, -pergament, -vitriol, -tabak, selbst Jungfern- bienensch wärme» u. s. w. Weber, Demokr. II, 382. Vgl. Freund v. Virgo. Maritae arbores. Ulmi vitibus mari- tantur. Freytag lex. arab. I, 54. ^f mater. Tum: radix,

principium, quod in quavis re praecipuum est cet und aufserdem viele bildliche Verbindungen damit, wie mit of pater. Vgl. auch z. b. MrjiQonoXig routterstadt in bezug auf ihre töcktei;"dann überhaupt grofse stadt. Wekch mam-drev a cbief town. Mam- cglwys a mother-church; a cathedral. Vergl. mutterloge, filial dergl. Balk, called by tue natives omm-el baldan or «mo- ther of cities» Palmer memoir p. 59. Braut (a'rus) oft bei ismae- litischcn Völkern für: hauptstadt eines landes s. Hosen, buch des

melaphern ] 19

Sudan s. 3., also gleichsam die vor allen andern städten des laa- des als jungfräuliche braut vom volke erkorene. Und so auch im hebräischen ähnliche bilder von städten, wie z. b. wenn der feind, welcher eine stadt besiegt and sich unterwirft, als mit ihr buhlerei treibend dargestellt wird. Auch PßTT (meretrix, scortum) vom abgöttisch gewordenen jüdischen volke oder Jerusalem, auch Tyrus wegen seines wuchere. Hebr. g)fett (adulleravit , moechatus est) metaphorice notat idololatriam exercere, idola colere. Ebenso bffl Jer. 3, 2. Wundert man sich noch, wenn der Römer seine gleichsam mütterlich schützenden städte als frauen- gestal|en in der kunst darstellt und lange zuvor in der spräche ata weiber auffafste? Ostermeyer, lith. gramm. § 25. hat eine der bedeutung gewisser begriffsklassen entnommene, d. h. in Wahr- heit, da grammatische endung nur folge, nie Ursache des erwähl- ten geschlecht 8 sein kann, allein vom gründe solcher wähl etwas aassagende geschlechtsregel, die, trotzdem dafs sie nicht ohne hin- blick auf das latein hingestellt worden, hiedurch nichts an werth einbüfst, und durch ungewöhnliche Übereinstimmung mit dem la- tein in dem zum theil übereinkunftlichen geschlechte doch einen gewissen drang der natur bekundet. Masc. sind aber da- nach im lith. nicht nur 1) mannspersonen, sondern 2) die inonate, die freilich als eig. ad]., z. b. kowinnis (krähenmonat d. i. februar) zu ihrer ergänzung das männliche menfi (monat) verlangen, 3) die windenamen (mit hinzudenken von wejas m. wind). Hingegen fem. I) weiber, 2) bäume (vergl. die bäum* nymphen), 3) städte, allein auch 4) abweichend vom latein, wenigstens der hanptregel nach, flüsse.

Eine schöne bemerkung von O. Jahn, archäol. beitr. Berl. 1847 s. 291 lehrt, wie sich die alten bei künstlerischen darstel- lungen nur höchst selten in einen naturwidrigen Zwiespalt setzten mit dem philologischen geschlechte, jitpog erscheint un- ter gestalt einer frau, weil das wort auch fem. rdpog ist ein gott, nicht göttin. Es finde sich nur ein beispiel, wo XQvaog einer weiblichen figur beigeschrieben worden. Die winde hat, wie die spräche, so auch die kunst am thurm der winde zu Athen (s. Stuarts werk) nur als kräftige manusgestalten, jedoch verschiedenen alters und verschiedener stärke, darzustellen für gut befanden; und zwar in durchaus naturgemäfser art, indem das volksbewufstsein der Griechen und Römer sie sich als männliche persönlichkeiten (Mehlhorn, griech. gr. s. 126) auch wirklich vor-

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stellte. In dem aufsatze: Ueber die windscheiben der alten (Wolfs lit. anall. IV. s. 461 ff.) wird z. b. s. 463 bemerkt: «Es war ein- mal die allgemeine art des grauen altertbums, die erscheinungcn in frei lebende individuell umzuschauen» und: «Nicht der punkl am horizonte, von woher wind jedesmal wehete, wurde beson- ders verzeichnet, sondern der daher wehende wind bekam, als besonderes wescn betrachtet, einen persönlichen namen, dVr von seiner eigenschaft als charakter gedacht oder etwa von dem nächsten sichtbaren gegenstände der erde, über welchen er zu ihnen kam, gleichsam als von seinem Wohnorte entnommen wurde. »* Im germ. sogar windisprüt (venti conjux) Grimm III. 391. Bei den bergen, Aussen, bäumen, landschaflen, inseln und städten giebt es im lat. freilich der ausnahmen viele (Schneider III. s. 1 1 ff.), und auch im griech. darf man vom weiblichen geschlechte des- gleichen nur bei «den meisten der bäume, städte und länder» sprechen. Nicht ganz unrecht aber hat Johannes Diaconus, Allegor. Thcog. Hesiod. p. 442. ed. Gaisf , wenn er das gramma- tische geschlecht oft nach stärke oder schwäche der benann- ten gegenstände gewählt glaubt, wie z. b. p. 467. bei den Aussen das masc. und bei einigen dementen (p. 457.). das femin., vergl. Lersch, sprachphilos. I, 20. 23. Freilich wird der satz nicht umgestofsen werden können, dafs kein volk den kategorieen von männern oder w eibern dinge und begriffe im allgemeinen je an- ders als nach dem ersten eindrucke einordnete, den diese, sei es nun in gröfserer Übereinstimmung mit dem männlichen oder weib- lichen charakter entweder einzeln oder klassenweis, auf sein ge- müth hervorbrachten. Indem wir hierbei jedoch stets an die subjeetivität eines dunklen und Jeickt fehlgreifenden, oft durch widersprechende momente bestimmten gefühls gewieseu sind, dürfen wir uns auch nicht wundern über häufige Verschiedenheit des geschlechts des an sich ungeschlechtlichen in verschiede- nen sprachen, ja mitunter sogar ungeschlechtlichkeit oder schein- bar unpassendes geschlecht an der stelle des richtigen, z. b. das weib, huhn, pferd u. s. w. Ferner z. b. im skr. die bäume der hauptregel nach masc. (freilich auch neutr. und fem.) Benfey, sanskritgramm. § 708. wahrscheinlich nicht unter dem gesichts- punkte baumbewohnender nymphenoder fruchttragender mütter, obsebon die fruchtnamen neutra, wie im lat., sondern als die stär- keren, mächtigeren im gegensatz des (so zu sagen weiblichen § 709) gesträuchs (vgl. ob. indianisch); auch Aüsse fem.

metaphern. 121

Man kann sich aber über den wirklichen eindrnck, den ein gegenständ auf uns ausübt, aufserordentlich leicht selbst täuschen, und daher möchte ich nicht unbedingt unterschreiben, die von Weber Demokritos II, 283. gemachte bemerkung: «Selbst unsere spräche ehrt das weib mehr als andere sprachen, alles was stärke, gewalt, macht, furchi barkeit bezeichnet, ist der; was mit anmuth, wohlthun, stiller Wirksamkeit und selbstbeschränktcr macht waltet, ist eine die, z. b. der geist, die seele; der arm, die band; der tag, die nacht; der steril, die luft; der berg, die höhe; der wald, die wiese; der bäum, die blume; die liebe u s. w. Das schöne wort frauen kommt von freuen, frohma- chen (? ahd. frawa i. e. domina GrafFIIf, 805), nur die sonne und der raond ist eine anomalie.» Eine oft gemachte bemer- kung, welche freilich durch das masc. sunna und vielleicht neutr. saull neben fem. sunnö im goth. u. s. w. einschränkung erleidet, worüber s. Grimm III. 349. Selbst der Indianer Wenebea (ein Sank) glaubte in dem monde ein weibliches, in der sonne ein männli- ches wesen zu erkennen, prinz v. Wied, reise I, 241. vgl. A. L. Z. 1849. s. 434. Ich gehe absichtlich nicht weiter ein in dies uner- schöpfliche thema, sondern breche ab mit der bemerkung, wie der- artige personificationen nicht nur verglichene ganze in ihrer ganz- beit treffen, sondern auch oft weiter in ihre einzelnheiten (kör- pertheile gliedmaafsen u. dgl.) eindringen; z. b. «the hüls in Wa- les are generally denominated by metaphors from some part, of the body" Ray, collect, p. 127. Welsch: Ael theeye-brow; ael bryo the brow of a hill: also, the skirt or border of a garment, as, ael man teil; ar ael nigh, by near to. Frz. z. b. sourcilleux von bergen. Nach acht mönchischen ideen ferner heifst eine weinart ihrer milde, die andere ihrer herbigkeit wegen, jene lieb- frauenmilch (nach der madonna), letztere lacrimae Christi! Die baierische pfalz gebraucht desgleichen nach v. Klein, aller- dings frivol genug, vom busenpaar (sororiare Plant.) des mäd- chens: Peter und Paul, die, auch im kamtschatka'scben hafen Petropawlowsk vereinten apostelnamen , wie der gemeine Ham- burger (Ricbey s. 369.) sich nicht des dualistischen ausdruckes schämt: Pingsten un paschen wysen, pfingsten und ostern weisen, für: sich hinten und vorne entblöfsen.

Wie wegwerfend immer der phantasielose verstand über den, schneller Spracherlernung nichts weniger als förderlichen unter- schied blofs grammatischen geschlechts, als eine unnütze last, ab-

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zuurtheilen geneigt sei, auch ihm wird sich begreiflich macheu lassen,, dafs geschlechtsunterscheidung noch aufserhalb der gren- zen der natürlichkeit als eine qualitative bestimmung der Sub- stanz neben der quantitativen nach zahl (numerus) oder um- fang (ampliativa, deminutiva) und relativen (Verhältnisse, ca- sus anzeigenden) nicht blofs phantastischen, sondern auch we- sentlich seinen kühleren zwecken diene.

Abgesehen nämlich von der monotonen einfarbigkeit oder vielmehr todten farblosigkeit, welche, über sprachen hingebreitet., denen aus bezeichnung grammatischen geschlechts keine wohl- thuende, ohr wie inneren sinn erfrischende abwechselung ent- springt, diese für immer zu dem aussehen so zu sagen dürrer bei- den verurtheilt; hievon absehen genommen, entgeht den ge- schlechtslosen sprachen jener, aufgelöster red^ wie dichtung gleich sehr zu statten kommende vortheil eines nach sogar noch mehr als zwei rucksichten (numerus, casus) beobachteten zusammeuhal- tens von Substanz und attributiv in mindestens so inniger weise, als der schatten den körper begleitet. Aufserdem entwickelt sich aus geschlechtsverschiedenheit sonst etymologisch verwandter substantiva auch selbst von leblosen gegenständen nicht selten eine der motion bei belebten analoge begriffs Unterscheidung. So schon in älteren sprachen, wie z. b. deutsch röhr, röhre; der muth, hochmuth, aber die grofsmuth, demuth, wehmuth u. a. Diefenb. deutsche sprachl. s. 122.; latein. tubus, a; animus a- genius, in gen i um; dies als leuchtender tag im gegensatze der nacht (daher auch meridies nur masc.) männlichen, dagegen im abgeblafsteren sinne von termin, frist, also mehr zeit überhaupt, weiblichen geschlechts; pomus, -um u. s. w. Schneider lat. gi*. III. 49ff.. 4 66 ff.; griech. 6 tyyog joch, rb £vyov wage; 6 deöpo*; band, y deofiij bündel aa. Härtung, griech. gr. s. 31. Aber auch bis in die jüngsten sprachen, wie die neulateinischen, hinein. Bei- spiele von letzteren in menge bei Fuchs romanische spr. s. 133 ff. Nach bemerkenswerter neuerung aber wird «in den romani- schen sprachen, übereinstimmend mit dem deutschen, der bäum (aber nicht im deutschen die baumarten, wie eiche, buche, birke, weide, erle, ulme u. v. a. Grimm III. 369.) als das grofse, kräftige, zeugende, die frucht als das kleine und schwache betrachtet», sodafs letztere im gegensatze der hier männlichen bäume als weiblich gedacht und bezeichnet werden. Anders bekanntlich im lateinischen, wo die frucht als produkt, als kind (rsxvov) rieh

metaphera. 123

durch neutrales geschleeht von dem sie gebärenden, gleichsam als matter*) vorgestellten bäume unterscheidet. Darüber später. '£. O'C. Gaelic (i. e. Irish) gr. p.20. sagt: Names of countries. towDs, diseases are feminine. Im gaelischen nach Armstrong pref. p. VI: Names of trees are commonly masc; aggregate names of trees are feminine; as dar ach, oak-wood. Ferner sind fem.: Names of countries, especially those ending in achd, or which have a sfaort vowel in the last syllable, as, Gaidheal- tacfrd, tbe highlands; Eirin Ireland. The names of districts have their gender commonly regulated by their termination. Auch fem.: names of mosical instruments, as, piob, a pipe; cruit, a harp. Endlich: Names of diseases, as buineach, a diarrhoea. Ausführlicheres im dict. der.highl. soc. vol. I, p. 6\, wo z. b. na- mes of such kinds of trees as are natives of Scotland; as 'darach' oak, 'giubhas' fir, 'uinseann' ash ab masc. angegeben werden, mithin abweichend vom welsch und latein. Auch als fem. names of the heavenly bodies; as 'Grian' sun, 'Gealach' moon. Bei Richards p. 11. heifst es vom welsch: The proper names of men, winds, months (wie im lat.); also qualities of good and bad; metals (weil hier das nentrum fehlt, nicht neutral, wie s. b. im skr., germ. und lat.); and the inf. mood of verbs, when used substantively (im germ. neutral, wie skr. subst. abstr. auf -ana; griech. to bei inf.) are known by their signification to be of the masc. gender. The names of wo men, coun- tries, cities, rivers (die letzten abweichend von den gewöhn- lich masc. lat.); also appellative of trees (also wie lat.) and stones, are of the fem. gender. The appellatives of birds, beasts and fish es, are of the epicene gender, that is, some masculines, otbers feminines. Yer under the same gender are both sexes comprebended (d. h. man legt, ohne riicksicht auf ihre ge- sehiedenheit in zwei geschlechter, sexüs, der thiergattung ein, d. h. grammatisches geschlecht bei); and are distinguished only, by adding gwr-ryw (from gwr a man; a male; a husband, and rhyw a kind or sex, a kind or sorl), to signify the male,

*) Mehrere wildwachsende, wie piraster, oleaster, sind masc, rer- muütlich nicht sowohl der gröfseren stärke, wie es Reisig vorl. s. 140. heifst, als der Unfruchtbarkeit wegen. Vgl. &rjkvq von edlen, fracht- tragenden, aber a<teV TOn wilden bäumen, die keine oder schlechte f nicht haben. Mehlhorn, griech. gr. s. 127.

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and b eil yw (a female, properly a woman), to signify the feciale, whatever gender the Substantive is of; as eryr gwr-ryw, an he eagle; eryr benyw a she eagle; colommen wr-ryW a he-pigeon; colommen fenyw, a she pigeon. Ever giving the additional words gwr-ryw and benyw an initial proper to the gender the welsch word for the animal is of. Die Wörter auf -es sind Richards zufolge fem., und so bemerkt man denn auch viele roo- tionen mittelst - e s , als b a n w - e s (a young sow), the fem. of b a n w. Häufige vergleiche zwischen mensch und bäum*) s. zähl- methode 8.234 ff. Franz. mere-branche hauptast heifst so im gegensatze von den kleineren zweigen und nebenästen; und ähn- lich bat span. higo (filius) zuweilen den sinn von chose produilc par une autre, rejeton d'arbre cet. Auch werden im armenischen einige ordinalia nach Peterm. s. 168. mittelst filius gebildet, was, viell. mit ausnähme von filius primi und f. primorum, für primus, das erst später den anderen nachgebildet scheint, vielleicht so zu verstehen ist, dafs filius duorum, trium, quatuor pro secundus, tertius, quartus gewissermafsen den söhn oder jüngsten, d. h. auch letzten unter zweien u. s. w. (vergl. ähnliches im Galla zählmeth. s. 224 ) bezeichnen. Was wunder, wenn, wie z. b. aus mehreren negersprachen A. L. Z. sept. 1849 s. 435. dargethan worden, eine baumfrucht geradeweges « k i n d des baumes » ge- nannt wird, und. im sanskrit dafür eine patronymische form, nur mit neutralem geschlechte, Bopp gr. crit p. 269. zur anwen- dung kommt? Neutra sind auch im poln. die deminutiven be- zeichnungen von thierjungen auf e und o, wie im deutschen : das knäbchen, mädchen, das junge, das füllen u. aa., allein nicht min- der die augmentativa auf ysko, isko Bandtke gramm. §41. Es bedeuten aber, um ein beispiel anzuführen, bei Schoen, vocab. of the Haussa lang, in dieser spräche: Yaya, pl. of yaru, and

*) Dichterische vergleiche der pflanzen, insbes. der blmnen, bald mit kindern bald mit frauen. Fechner, Nanna oder über das Seelenle- ben der pflanzen s. 347. Desgleichen s. 82: «So wird die rose mit dem blühenden mädchen, und das blühende mädchen mit der rose ver- glichen [«erröthendes mädchen» hat man sogar eine rosenart getauft}; die lilie steht wie ein weifser engel anter den blamen, und das reine engelgieiche mädchen vergleichen wir gern wieder der lilie; bo erin- nern die eitle dame und die tulpe, ein bescheidenes kind und ein veilchen, ein starker mann und eine eiche [vgl. baumstark] leicht und gern aneinander »

metaphern. 125

shiriri, and dab, s. Boys, children, ofTspring; fruit«, i. e. of trees. Skr. z. b. ainguda n., tbe fruit of tbe plant called in- gada m., ingudi f., aber eben so auch wird iäutika m. (tbe pearl oyster) als nentram zum prodakt der perlmatter, näm- lich die perle selbst, weshalb sich auch im lat. vinum (jedoch gr. oho& m.) als prodakt der reben (vites) in neutraler form zeigt. Etym. forsch. II, 427. In gleicher weise entstehen im skr. collec- tivneutra, wiez. b. aus vrikshachayä1 f., the shade of a single tree das neutr. -yam, the shade of many trees, or a grove*

Zu mann nnd frau stellt sicfy als tertium das geschlecht- lich noch anentwickelte and ans diesem gründe nebst den demi- nutiven häufig neutral hingestellte kind. Ich führe anderwärts aas (s. vorläufig A. L. Z. a. a. o.), wie vermöge der kleinheit des kindes auch sein name in vielen sprachen zu bezeichnung von deminutiven dient, selbst bei unbelebtem, und erinnere jetzt nur an das wort Adelung's Mithr. I, 76.: «Wie das chinesische dsu, so ist auch hier (im barmanischen) das wort, welches kind bedeutet, ein gewöhnlicher anhang anderer subst., und bildet fast deminutiva; ein kleines gewicht heilst daher gewicht -kind.» In anderem sinne bei DC. caseus infans, i. e. recens, Gallis fro- mage mou. Das vergleichsdritte liegt nämlich hier nicht in der gröfse, sondern im alter, wie z. b. auch bei jungem weine u. dgl. Vergleiche werden bald nach dem sab;, sinne der Wörter, bald nach der weiteren entwickelang ihres objektiven sinnes gemacht. Vergl. zählmeth. s. 231. Das zweite ist hier der fall, indem es auf die benennung des kleinen kindes nach seiner « Un- fähigkeit zu sprechen» bei obigem vergleiche so wenig ankommt, dafs man sogar diese etymologie vergessen mufs, um nicht in eine Ungereimtheit zu gerathen. Bei menschen und thieren, nament- lich den dem menschen vertrauteren hausthieren pflegt man auüser den geschlechtlichen auch unterschiede des alters hervorzuheben, wie kind, knabe, jungling, mann, greis, oder kalb, rind. ochs u. s. w. Dieser altersabstufung entsprechend bildet sich dann auch in andern dingen eine gröfsen-scala von deminutiven und ampliativen, denen sich ferner öfters moralische förbun- gen, wie die liebkosung, verächtlichen spottes u. s. w., na- mentlich häufig im italienischen und lithauischen beimengen. Be- griffliche nfiancen in dem. und augm., die noch aufserhalb des reinen gröisenunterschiedes liegen, z. b. im poln. bei Bandtke §36.37. z. b. stöl der tisch, stolek der schemel; kley der leim,

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klcjek schleim der perlen, oder hafergraupensuppc. Szabla der säbel, szabelka das säbelchen, szablislco ein plumper, alter oder häfslicher säbel, szablina ein armseliger schlechter säbel. Eine der weitest verbreiteten erscheinnngen ist ein von der spräche durch ganz verschiedene aasdrücke für die brüder und Schwestern ungleichen alters festgehaltener unterschied, der auch, wie die erstgeburt im erbrecht, oft sehr ceremoniös, und gleichsam als handele es sich um specißsch verschiedene gattungen, beobachtet wird. Siehe z. b. Bindseil s. 536. In Europa ung. bätyam mein älterer, öts£m mein jüngerer bruder, Farkas s. 49. In Hinterasien z. b. chinesisch, vergl. Zig. IL 384, Darfur in Afrika Vater, pro* ben s. 327. In Amerika Huasteca und Cora s. 323. und sonst Duponceau, mein. p. 355. Endlich im fünften welttheile kawi- werk H, 248. Sogar mit noch feinerer Spaltung brasilianisch (v. Murr, journ. VI, 204): Nde rykyyra, frater tuus, natu maxi- mus; nde rybyra, frater tuus natu minor; nde ryb y kyra, natu minimus, si ad maremfiat sermo: si vero ad feminam, dicitur: Nde kybyra, generaliter, vel si de fratrum omnium minimo, nde ky- bykyra. Soror tua dormit; oker [dormit] nde rendyra, si ad marem; si autem ad feminam sermo fit; nde rykera, sciiicet natu major; vel nd6 pykyyra, soror natu minor.

Zuletzt, um hiermit den schlufs zu machen, werde eines wechseis der bedeutung gedacht, den nicht blofs in quantitativer (z. b. mortes todes- arten, vgl. tot consularium caedes, tot fe- minarum exsilia et fugas Tac. Agric. 45.; nives schnee-flockcn) und intensiver (z. b. irae, animi) des grades, also auch schon in nicht mehr rein arithmetischer, sondern selbst in qualitativer rücksicht ein wort durch die mehrheitliche sprachform zu erhal- ten im stände ist. Vgl. Reisig's Vorlesungen s. 130 ff. Dahin gehört z. b. der sog. pl. aggreg. im welsh, der als collective einheit sich mit den distributiven einzelnheiten in Widerspruch setzt. Man vgl. auch Basbreton bei Legonidec gramm. p. 44. z. b. die singuliers deterjnines auf -en z. b. kaolen, chou, gegen- über ihren angeblich gekürzten plur. (eig. primitivformen von collectiver bedeutung) z. b. kaol, des choux. Gwenanen, abeille, gwlnan, des abeilles. Noch mehr andere, wie pol- nische Bandtke § 155. z. b. woda (aqua), aber pl. wody, wie lat. aquae für gesundbrunnen. S'rebro, silber, pl. srebra sil- berne gerät be (im latein. blofs argentum, auch mit factum, vergl. aurifex, im gegens. von sign a tum), zelazo das eisen, pl. zelaza

metapliern. 127

eisernes gerSthe (deutsch die eisen z. b. für fesseln). Chleb das brod coli., aber pl. chleby wecken brod. Auch öfters die frocht z. b. owies hafer, bnrak eine rothe rübe, unterschieden von den saaten z. b. pl. owsy hafersaaten, buraki die rothen ruhen auf dem felde, auch ein gericht. Aehnlich im lat aedes sg. ten> . pel, pl. haus; copia, ae; opera, ae u. s. w. Krüger latein. gramm. 8. 231. 534 ff. Mit verschiedener bedeutung der doppelte plural loci, loca und derartig viele doppelformen in romanischen spra- chen, Fuchs s. 137 ff. Bei Lithauern, Letten, Esthen sind viele benennungen von fruchten und Werkzeugen entweder nur im plur. in gebrauch, oder der sg. z. b. lilh. ruggys (ein rog- gen-korn), pl. ruggei (roggen) hat einen anderen sinn. Vergl. hierüber comm. lith. II, 31. Viel ähnliches, aufser dem dort schon bemerkten ital. z. b. i segali, noch im englischen bei Wagner, engl, gramm. s. 102—109, als: Sands (lat. arenae Reisig s. 131.), rains, snows, dews, bloods, aber auch fears (timores, ein- zelne äufserungen der furcht s. 132, aber graduell: magni ter- rores Nep. Att. 9.), heats (hitze, vgl. etwa gluthen, nimii solis ardores Cic. Sen. 15.), slumbers (schlummer), leaves (abschied, wohl der gegenseitigkeit oder mehrmaligkeit wegen; vgl. nup- tiae; dapes, epulae von der mehrheit der speisen, aber epu- lnm mehr collectiv; vgl. aber auch die mehrheit der gaste und die athroistischen partikeln in convivinm, avpaoaior, cvaakiov)n apprehensions (besorgnifs), cries (geschrei; also eig. mehrere aufschreie) , understandingsu. s. w. Wegen der mehrgliede- rigkeit esthn. kärid scheere, wie franz. les ciseaux, forces (latein. forfex), engl, scissars, pair of bellows, franz. une paire de ciseaux, lunettes, mouchettes u. s. w., deutsch ein paar hosen, d. i. eine hose, wegen ihrer, freilich nicht wie bei einem paar stiefel getrennten dualität.

Ostern, 1852. Pott.

Heber das alte S und einige damit verbundene laotent- wickelungen.

Dritter artikel.

In den beiden ersten artikeln -wurde das häufige entstehen eines s aus vorangegangenem t entwickelt und gezeigt, wie sich

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dieser Übergang nur aus dem antritt eines hauche* an den dental erklären lasse, weshalb auch die natur dieses s nur die eines scharfen Zischlautes, entsprechend unserm sz und dem gotbischen s gewesen sein könne. Dieser schlufs drängt sich denn auch bei einer betrachtung der form der Wörter, denen ein ursprüngliches 8, anlautend und inlautend, im griechischen zukam, auf; denn wir sehen hier, dafs ein altes s zwischen zwei vocalen sehr häu- fig von der spräche aufgegeben ist, während es vor mehreren consonanten so wie im auslaut in der regel erhalten blieb. Da- gegen hat der anlaut dasselbe gleichfalls verloren, zeigt aber an seiner stelle fast durchweg den spiritus asper. Wenn dessenun- geachtet sowohl im inlaut zwischen zwei vocalen als im anlaut zahlreiche <r erscheinen, so läfst sich dies nur daher erklären, dafs die spräche entweder den ursprünglich scharfen laut gemildert habe, ihn gewissermafsen in die media habe übergehen lassen, wie dies in den deutschen sprachen mehrfach der fall gewesen ist, oder dafs sie bereits in .alter zeit neben jenem scharfen laut den weicheren besessen habe. Die erstere annähme wird in den meisten fällen, wo ein a unter den angeführten bedingungen auf- tritt, als regel aulzustellen, die letztere dagegen wird nur als aus- nähme gelten dürfen und meist durch Verbindung mit anderen lauten zu erklären sein. Es dürfte zweckmäfsig sein, einen blick auf diejenigen Wörter zu werfen, die nach fast übereinstimmender annähme ein c im griechischen sowohl anlautend als inlautend verloren haben.

Betrachten wir zuerst den einfachen anlaut mit s, so gehö- ren hierher folgende Wörter (vgl. Grimm gesch. d. spr. 1. 299 ff.)

aXloficu, lat. salio.

alg, sal, salt, sara.

apa, dfiog, simul, goth. sama, skr. sama, wobei zu bemerken, dafs apa dor. dpa (Ahr. dial. dor. § 4. 11.) und dpa dem vedi- schen samäyä entspricht, welches zusammen heifst und inslr. 8g. des feminini von sama ist; da nun in den Veden der instrumen talis im feminin um nicht selten statt ayä auf ä ausgeht (z. b. de* vata, manishä, parushatä, bandhutä, vacasyä, päkyä, dhirya, tväyä, kaxya)) so wird auch das Sä. V. II. 2. 1. 2. 4. stehende sama als ein solcher instrumental aulzufassen snin, zumal auch das prono- men sama (all, jeder) wie es scheint immer enklitisch und dies sama' ebenso wie samäyä den accent hat. Das zurückweichen des accents auf die erste silbe im attischen dialekt erklärt dann

über das alte S o. einige damit verbundene lautenlwickclnngen. 129

wohl die bewahrung des a, die im dorischen der neigung dieses dialekts für die Tolleren vocale zuzuschreiben sein möchte,

d . . d . . skr. sä- z. b. in ddeXyeog, ddsXcpog skr. sagarbhya (Vaj. S. 4. 20; 6. 9. bhräta sagarbhyah der leibliche bruder), sa- garbha.

oLQnr\> sarpere (Grimm gesch. 302.); da auch ahd. sarf neben scarf offenbar hierzu gehört, des altsächsische, angelsächsische und nordische (scarp, scearp, scarp) aber übereinstimmend den guttu- ral hinter dem s zeigen, so könnte der spiritus asper im griechi- schen auch aus der gutturalen spirans hervorgegangen sein; wir werden auf die ableitungen dieser wurzel noch zurückkommen.

eXixtj, lat. salix. ahd. salaha.

iXog, ndd. soll, sei, skr. saras.

wog, lalein. senex, senior, Senium, semper, goth. sineigs, si- nista, sinteins, ahd. sin, skr. sana lauge dauernd, alt, bis jetzt nur in compositis z. b. säna^ruta allberühmt und in den adverbien sa- na t, sana, (verkürzter instrumental) nachweisbar sowie in den ableitungen sanäj von ewigem dasein, sanaya alt, sanayü ewige dauer wünschend, sanäyate ewig sein. Die verwandten sprachen zeigen hier durchweg den begriff von langer dauer, alter, den auch die überlieferten alten erklärungen zunächst für das attische inj xal via zur bezeichnung des tages, an welchem der neumond eintritt, bestätigen; ivtj bezeichnet demnach das alte licht oder den letzten tag des monats wie des Pheidippides worte (Arist. nub. 1179 1180 ov ydg ia&' onaog \u TJfisga yivori av y/MQcu ovo und 1182 1183 nvg yaQ; ei pij neQ y' dpa avtij yivotxo ygavg re aal via yvnj.) deutlich ergeben, nach dessen Sprachge- fühl in evt] der begriff der ygavg damals noch vorhanden war. Wenn nun aber evij den letzten tag des monats bezeichnete und dieser in 3 theile den iozdfievog, psGoiv und qt&ivtov zerfiel, so ergiebt sich hieraus die entwickelung des begriff* ivq für über- morgen, als den dritten tag von heute, wie sie Göttling, jedoch auf grund einer andern etymologie zu Hes. i. x. r\. 410 angenom- men hat. Wenn Proclus übrigens bei erklärung der letztgenann- ten stelle lg r evvqqiip als ig ttjv ia%drriv tov pqvog, trjv tqia- xäda auffafst, so möchte nach unserer auffassung auch diese er- klärung zu rechtfertigen sein, indem ig ?' IvvTjqnv unserem «bis auf die letzt» entspräche. Was die episch -ionische und äolische Form hvr\ mit spir. lenis und doppeltem v betrifft, so ist der er- stere diesem dialekt angemessen , das w weist auf assimilation

IL 2. 9

180 Kuhn

und stützt sich wahrscheinlich auf eine nebenform aVjo, die sich an das obige skr. sanaya, latein. seniam anschliefsen möchte. Bei dieser zurückführung auf den stamm san sen iv erklärt sich nun auch das bei Aristophanes Ach. 610. vorkommende inj aufs trefflichste, wozu der schoüast bemerkt: ovrag iv tolg aHQiße- <ndtoig hy, ha Isyrj ix noTlov. Das ist genau das obige indi- sche sana, welches die bedeutung «immerfort» hat. Endlich mag noch erwähnt werden, dafs das in der bedeutung «vorjährig»* vorkommende bog, da es stets in dem ausgesprochenen oder ge- dachten gegensatz von viog in bezug auf fruchte und sprossen steht, sich genügend aus der für erog bisher entwickelten bedeu- tung erklärt, doch mag ein von den grammalikern und lexiko- graphen bezeugtes i*og, bog das jähr zur fixirung des begriffes auf die vorjährige frucbt beigetragen haben. Dieser in baevog, dürog, TQisvog unzweifelhaft bewahrte stamm hat übrigens mit dem unseren keine gemeinschaft, sondern ist gleich dem indischen in samä das jähr, dem lateinischen in bimus f. bismus enthalte- nen; das p hat den im griechischen inlaut nicht seltenen Über- gang in v erfahren, wie er sich z. b. in tfria : ijfiSQog, sanskritwur- sel yam u. a. w. zeigt Benfey hatte früher GW. W. 1. 306 &? f. mit skr. amä the day of conjunction or new moon zusammen- gestellt, ist aber selbst schon 2. 367 über diese ableitung wegen des w der äol. form zweifelhaft geworden; aufserdem ist amä in dieser bedeutung nicht belegt, das gewöhnliche wort dafür ist istamäväsya, wovon amä vielleicht nur eine spätere Verkürzung sein möchte; auch der Spiritus asper, dessen unorganisches auf- treten Benfey hier wie so oft annimmt, möchte schon bedenken erregen. Dagegen wäre Zusammenhang eines anderen vedischen vrorts mit unserem stamme möglich, nämlich von siniväli; dieses bezeichnet nach Yäska Nir. 11. 31. die erste bälfte der amäväsyä, während die zweite knhü heifst*). Die siniväli ist demnach gleich der griechischen üny und da Yäska den zweiten theil des worts (vält) auf väla zurückfuhren will, so könnte in dem dun- keln sini ein mit sana verwandtes wort stecken. Uebrigens er- klärt Yäska das wort väla in diesem fall durch parva n inler- luoium, während es bis jetzt in den Veden nur in der bedeutung

#) In einer von Weber mitgeteilten stelle des ShaoMncabr. (ind. stud. I, 39.) wird dagegen der neomond knhd, der zunehmende sintvlti genannt, wahrend der Vollmond r£kä nnd der abnehmende annmati helfet.

ober das alte S o. einige damit verbundene lantentvrickel tragen. 131

schweif belegt ist (z. b. Väj. S. 19. 88), weshalb erst weitere bestft- tigong für jene bedeutung abzuwarten ist; einstweilen mag indeb auf einen deutschen aasdruck für die mondphasen hingewiesen werden, der gleichfalls die bedeutung schweif hat, nfimlich nhd., mhd. wadel, wedel, ndd. waal (Grimm d. myth. 674;) allein ob hier etymologische Verwandtschaft vorhanden sei, mufs jetzt noch zweifelhaft bleiben. #

ifndj Septem, sibun, sapian.

incoj lat. sequor, skr. sac; neben der letzteren wdrzel steht in den Veden noch eine mit ihr aus muthmaislichem sakv = lat. sequ entstandene, nämlich sap, sequi, colere, die sich der griech. form sowohl in laut als bedeutung noch näher anschliefst, indem es mit dem activcn inm (namentlich in Verbindung mit nsqi, dpcpi u. 8. w.) die bedeutung besorgen gemein hat; in dieser wird es besonders häufig mit Harn angetroffen.

*EQiV9vgy skr. Saranyü'.

'Egpeiae, 'EQ/uje, skr Särameyas.

#£*raj> lat. serpo, goth. sliupa, skr. srp (präs. sarpämi).

*£, lat. sex, goth. saihs skr. shash.

h°>y ^») ^<Tc°> fox°*> ehor> 8^r* 8an-

tjfti. lat. semi, ahd. sämi, skr. sämi.

*f(o, ?£opat, edog, lat. sedeo, goth. sita, skr. sad, pr. st- dämi, sbst. sadas n.

ipag, skr. 8 im an, simanta, alts. simo, altn. sim.

o. v, alt?, sim, sam, sos, goth. sa, so, skr. sa, sä.

oXog, ion. cilog, osk. sollus, d. all, skr. sarva.

vXrj (v durch umlaut vgl. I. p. 515), lat. silva, saltus, ahd. holz, ndd. holterberg sallas, ags. holt lucus, altn. holt aspre- tum, saltus.

vpvog, skr. s uro na* n.

V7ZSQ, vttbiq, super, ufar, upari.

in 6, sab, uf, upa.

ig, ovg, lat. sus, amhd. sei, nhd. sau.

&r, ortog, lat. -sens, skr. 8 an, gen. satas; fotSg, skr. satya

Wir sehen demnach fast durchweg den spiritus asper das s der verwandten sprachen vertreten, während der lenis nur in ein paar einzelnen fallen auftritt; einmal, nämlich in vg neben ovg, tritt auch noch der ursprüngliche Zischlaut neben dem starken hauche auf. In einem andern falle scheint sogar der lenis neben dem <t zu stehen, nämlich in sf£o>, wenn es mit attQa von einer

9*

132 Kuhn

wurzel stammt, was lat. sero, series, goth. sail, sanskritwurz. si binden (cf. Pott 1. 206. 225) wahrscheinlich machen. Auch noch in einigen anderen fällen hat sich anlautendes <r erhalten, allein hauptsächlich nur da, wo hinter demselben ein anderer consonant, namentlich ^r, geschwunden ist. Ein unzweifelhaftes beispiel der art ist tfiyjf, aydco neben ahd. s vi gen, ags. svigan, 8 v ig jan; fast eben so sicher wird man mit Benfey 1. 466 tfifljy- Qog zu d. schweifsen, schmieden stellen und auf lat. sudare, skr. svid id. zurückfuhren, und endlich auch in <?o/fy, ooßew ne- ben (poßrj wurzelverwand Ischaft mit goth. sveiban und noch nähere mit alte, svipan, altn. svipa, ndd. swipen peitschen swipe f. (vergl. Diefenb. GW. 2.358.360) anzunehmen haben. Hat demnach das digamma zu einer längeren erhaltung des <x im anlaut beigetragen, während es selber zuletzt verschwand, so ist auch anzunehmen, dafs in den fällen, wo der spiritus «asper an der stelle von sv der verwandten sprachen auftritt, er mehr ein Vertreter des ersteren, als des letzteren sei. Diese annähme be- stätigt sich auch noch dadurch, dafs im allgemeinen das digamma im anlaut häufiger durch spiritus lenis als asper ersetzt wird; eine Zusammenstellung hierhergehöriger beispiele wird das nähere er- geben. Ich stelle die mit anlautendem einfachem digamma voran und lasse die mit ursprünglichem <Tf folgen.

acrrv, skr. västu.

Ioq, 1. ver, skr. vasanta.

eixoaiy skr. vin$ati, lat. viginti.

eimXv, inogy skr. vac aor. avavacam, contr. avocaro (vgl. oben 2. 46), vacas.

sxrjlog, äol. evxtjXog, ixw? altes particip der wurzel va$, das sich zu dem erhaltenen skr. particip ucat ebenso verhält wie sag (?«'$) zu ushas; für beide ist deshalb eine ursprünglichere form mit anlautendem ^re vorauszusetzen, auf welche auch das äolisch- epische svxTjlog führt.

ifiim, lat vomo, skr. vam.

irrvpi, lat. vestis, goth. vasti, d. weste, skr. vas. Von dieser wurzel stammt eavog, als Substantiv mit kurzem a sich an skr. vasana n. clothes, clothing, an Ornament worn by women round the loins anscbliefsend. Das adjectiv mit langem a ist eigentlich altes participium und gleich sanskr. vasäna sowohl «umhüllend, bedeckend» als «umhüllt, angethan mit etwas. » Das

ober das alte S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 133

i in der epischen uebenfonn elavog ist ersatz der ausgefallenen spirans, ebenso wie dpa, Sol. sfipa = skr. vasman.

fyyov, ahd. wer ah nhd. werk.

iQyoo, isQyoi), etQyco, eijp/a», sanskr. vrj pr. vrnakti pf. va- varja, cause, varjayati beide in der bedeutung «ausschliefsen, abhalten», goth. vrkan u. s. w., vgl. Diefenb. GW. I. V. no. 75 79; besonders gehören, da vrj auch die intransitive bedeutung («yenneiden, entfliehen M hat, hierher ags. vringan (Diefenb. no. 79) n. s. w.; an den gegensatz des engl, right und wrong schliefsen sich vollkommen die von gleicher wurzel stammenden vedischen rju und vrjina, recht und unrecht, gutes und böses; man vergl. z. b. R. 4. 8. 11. 2. «surah rju marteshu vrjina ca pa- $y an die sonne, die gutes und böses unter den sterblichen sieht" Ebenso R. 3. 4. 15. 2. stiryah rju marteshu vrjina ca pacyan.

Üpcn/., itQGtj, skr. varsha.

SanzQog, (Sol. (pfonegs Alnvdiall. 1.32.) tane^a, lat. vesper.

wog, skr. vatsa, ved. das jähr.

iy, lat. ve, skr. vä.

log, lat. virus, skr. vis ha.

*|o?, lat. viscus

lg, lat. vis; der stamm von lg ist durch r erweitert wie der von rig.

irdkog. lat. vitulus, skr. vatsa kalb.

Itvg, ire'a, lat. vitis, d. wida, skr. vitikä the betel plant, a tie, a fastening.

olda, laper, taaai, etoiü, sideiTjr, ia&t ferro», efomg. skr. ve- da, vidmä, vidus, vidam, videyam, viddhi, vittat, vid- vas. In bezug auf die dritte pl. praes. ist- zu bemerken, dafs die mediale form in sanskrit sowohl vidate als vidrate lautet; die letztere form ist aber eine periphrastische, deren r wie das der formen auf ran und re seinen Ursprung dem s des verbi substan- tivi verdankt, so dafs vidrate für älteres 'vidsate steht, welches sich dann in überraschender weise an das griechische laaci des activs anschlief8t, das in gleicher weise periphrastisch gebildet ist, und für id-aarzi steht.

olxog, lat. vicus, goth. veihs, skr. ve<ja.

ohog, lat. vinum, d. wein, skr. vena.

o%og n., orä», lat. veho, d. wagen, skr. vah, vahana wagen.

134 Kuhn

$%f>, lat. vox, skr. väc.

vda>Q, lat udor, goth. vato, skr. udan.

wog, lat. ven um.

Während in den hier aufgeführten beispielen, wie bereits ge- sagt ist, der spiritns lenis überwiegend als Vertreter des digamma auftritt, zeigt sich fast nur spiritus asper bei den mit ursprüng- lichem üf anlautenden Wörtern:

dvddrooy lat. suädeo, skr. svad undsväd; die grundbedeu- tung der wurael ist «sflb, angenehm sein, schmecken» und im adj. tjdvg, suävis, goth. sutis, ags. svete, skr. svädu der be- griff der söfeigkeit und des Wohlgeschmacks erhalten. In den Veden ist das reihum svad häufig: svadasva havyä lafs dir die opfer schmecken, sie mögen dir wohl gefallen R. 3. 3. 27. 7. havyä te svadantäm die opfer mögen dir gefallen Väj. S. 6. 7. asmabhyam svadantu die mögen uns süfs, angenehm sein. Väj. 4. 12. svadäti yajnam er möge das opfer schmackhaft ma- chen Väj. 20. 45. n. s. w. atdivuv ist daher eigentlich schmack- haft sein, gefallen, später auch transitiv ergetzen, s uadeo schmack- haft, annehmlich machen; rathen. Grimm gesch. d. d. spr. p. 303 bezweifelt wohl mit unrecht die ursprungliche Zusammensetzung des worts aus su und ad essen, die wenn auch unbewufst in der flexion von avdavn im aorist evadov noch durchbricht.

ixvQog, lat. socer, goth. svaihra, ahd. svehor, sanskr. cya$ura.

rjliog, lat. sol, altn. söl, skr. sürya, ved. sura und sur, zend. hvare; als gemeinsamer stamm ergiebt sich urspröngliches svar, das in den Veden auch noch mit der bedeutung «licht, sonne, himmel» auftritt, aber bereits die beugungsföbigkeit verlo- ren hat.

y&oc, iQog, goth. sidus, ahd. sito, skr. svadhä, eigentlich «selbstsetzung, Selbständigkeit» in den Veden mehrfach «eigner wille, wünsch, kraft* ,aber auch entschieden in der bedeutung ge- wohnheit, namentlich in der Verbindung anu svadhäm und in dem daraus entstandenen adverbium anushvadham. Man ver- gleiche R. 1. 6. 4: äd aha svadhäm anu punar garbhatvam erire. R. 3. 3. 16. 6. (M. 3. 51. 11.): yas te ame svadhäm asat sute niyacha tanvam dem trank, der wie du ihn gewöhnt bist, sein möge, gieb hin deinen leib w mit R. 1. 81. 4 kratvä mahän anushvadham bhfma ävävrdhe cavah und Väj. S. 7. 38 = Nir. 4. 8: pibä somam anushvadham madäya. Inder

ober das alte S u. einige damit verbundene lauten t Wickelungen. 136

letzten stelle pafst die von Yaska und nach ihm an den übrigen stellen von den commentatoren gegebene erklSrung durch anu annam gar nicht, denn ich entsinne mich keiner stelle in den Veden, wo dem Indra andere als trankopfer gebracht worden; nehmen wir aber anushvadham als «nach gewohnheit», so ist dies mit dem ganzen charakter Indra's in bester Übereinstimmung, der bei seinen kämpfen mit den dämonen sich stets erst muth za ihrer Vernichtung trinkt Ebenso pafst Vaj. S. 17. 88: anus- vadham ävaha die bedeutung «führe nach deiner gewohnheit (die götter zum opfer) herbei» augenscheinlich viel besser als die gewöhnliche erklSrung. Dazu vergleiche man noch die von We- ber Vaj. Sanh. spec II. p. 149 angeführten stellen, in denen s vadha mit der bedeutung gewohnheit, sitte häufig einen viel besse- ren sinn giebt.

tdoofff, lat sudo, sudor, ags. svät, ahd. sveiz, skr. svid, svidyämi, sveda m.

oAxo?» lat. sulcus, ags. sulh die vokale o, u deuten wohl auf zosammenziehnng aus va.

ov, ol, e, lat sui, sibi, se, goth. seina, skr. svayam und off, v, or, so?, 09. «oV, lat. suus, goth. seins, skr. sva.

vnpos, lat. somnus, altn. sv£fn, skr. svapna.

t/pa|, lat. sörex.

Wenn sich in den bis jetzt betrachteten Allen ergab, dafs altes s im griechischen anlant zwar meist aufgegeben wurde, an seiner stelle aber, wenigstens im gemeingriechischen, in der regel der spiritus asper sich entwickelt hat, so ergiebt sich daraus, was wir im aofang behaupteten, dafe nämlich das alte s die na- tur eines scharfen sauselauts gehabt haben müsse, dessen natür- liche Schwächung zunächst der einfache starke und demnächst der schwache hauch ist. Dieser entwickelung gemäfs zeigen denn auch noch dialektische formen ganz dasselbe verhältnifs, indem sie das 0 der übrigen dialekte auch im inlaut in den spiritus asper verwandeln und endlich auch diesen aufgeben; die Überlieferun- gen der grammatiker über diesen punkt werden durch alte Inschrif- ten bestätigt und lassen deshalb keinen zweifei an der rieht igkeit ihrer angaben aufkommen. Man vgl. Ahr. diall. dor. § 9. Auf diese weise ist denn auch unzweifelhaft der aasfall des 0 im in- laut zwischen zwei *ocalen zu erklären, dem in älterer zeit ein inlautender spiritus asper vorangegangen sein imifs; letzterer schwand dann allmählig entweder ganz oder wurde, namentlich

136 Kuhn

im ionisch -epischen dialekt durch t ersetzt, wie dies-z. b. in slag, eia*6g = iaQ, iavog and anderen Wörtern geschehen ist. Dieser aasfall des 6 zwischen zwei vocalen ist bereits so vielfäl- tig besprochen, dafs es nur der kurzen Zusammenstellung der Wörter, in denen er zweifellos ist, bedarf.

Aus den flexionen gehören vor allen die des epischen geni- tiv's auf 010 = skr. asya, sowie des plur. auf aa)? = skr. äsäm, lat. arum hierher, sowie aus der dritten declination die neutralen stamme auf og, nebst den adjectiven auf tjg, egl An die letzteren schließen sich die davon abgeleiteten abstracta auf sia9 c&ij&8icc n. a. an , die mittelst des femininsuffixes von dem adjectiv- stamme gebildet sind, welches im epischen dialekt die länge (oAj?- &rjiq) bewahrte; im sanskrit sind vacasyä, varcasyä dergleichen bildungen und zu äXföeia stellt sich, nur mit dem neutraten snf- fix, rahasya geheimnifs. Ferner gehört dahin die endung des fem. part. pf. act. auf via =: skr. ushi. In der verbalflexion zeigen be- kanntlich die zweiten personen in den formen auf rj und ov diese erscheinung, während doch auch, namentlich in der conjugation auf jtu, sich das 6 von cai und ao noch daneben erhalten hat. In gleicher weise ist das <r des futur. u. aor. in den verbis puris, wohl wegen der eingetretenen Verlängerung des themavocals geblieben, wie es auch aus gleichem gründe in der sg. pf. und plusqpf. pass. derselben sich erhielt; wie der aus fall des c in den verbis auf X9 p, p, o zu erklären sei, werden wir später besprechen.

Von nominal- und verbalstämmen, welche den ausfalJ des g zeigen, gehören hierher:

ywoftcu, yev<a, 1. gus-tus, gustare, goth. kiusa, sanskr. jushate kosten, erkiesen.

YQaw, yodGTig, ypa<mCa>, lat. grä-men, d. gras.

flfit/co benetze, färbe, skr. dush, dushyati sündigen,- fehlen, dushayati beflecken, verderben, dann auch sündigen. Davon dos ha m. sünde, fehler, aber auch doshä f. die nacht, als die das dunkel herbeiführende; die bedeutungsent Wickelung ist die- selbe wie in rajas, welches sowohl dunkel, als wasser und licht bedeutet und auf w. ranj tingere zurückführt, ebenso wie ahd. tunkal auf tauchen, tunken.

iavog t iävog, skr. vasana und vasana, vgl. oben p. 132.

iaoy elcLQ wird von Eusthatius und anderen in der bedentung cdfuz nachgewiesen; dazu stimmen lat assir, (Fest assaratum apud antiquos dicebatur genus quoddam potionis ex vino etsan-

aber das alte S u. einige damit verbundene Iantent wickelangen. 137

guine temperatum, quod latini prisci sanguinem assir vocarent) skr. asan, asrj ohne dafs ich jedoch eine sichere etymologie zu geben vermöchte; lal. sanies und sanguis hat bereits Pott l. 275 als wahrscheinlich ebenfalls dazu gehörig herbeigezogen; $oq, {toyarriQ avnpiog und iogeg, nQogrtxoneg, evyyeviig Hesych. scheint auch wohl demselben stamme zugewiesen werden zu müssen.

evcoy evto, avto, lat uro, skritw. ush.

w. ia. Wie das anlautende <x in den formen des verbi sub- stantivi, welche den wurzelvocal verloren haben, demnächst sel- ber gewichen ist (tu? u. s. w., eist, irsog), so hat dasselbe auch das inlautende <r überall aufgegeben, wie die ionischen formen &», ioifiiy imv sowie die dorischen CAhrens diall. II. 321 ff.) zeigen.

C«o>, ahd. jesan, gerjan, nhd. gären, nbd. gisht, ndd. j es cht, ags. gist, e. yeast, skr. yas operam dare, adniti mit nir to exude (Wils.), mit pra ptc. prayasta überwallend (vom kochenden topfe) R. 3. 3. 23. 2, vgl. Roth z. lit. des Weda. p. 109.

yoig, img, lat. aurora, skr. ushas.

fhog, lat. tu 8.

log, skr. ishu.

16 gy lat. virus, skr. visha.

iotj/u, gehört zu sanskritw. ish cf. Pott 1. 269.

pvg (jivog), 1. mus (muris), ahd. müs, skr. müsh.

fAvco, (WGTrjg, pvovyQiov; skr. mish liegt der form und bedeutung nach der griechischen wurzel sehr nahe, doch stimmen die vocale nicht, man möfste denn im sanskrit Übergang von u in i annehmen wollen, wofür ich keine sicheren beispiele wüfste.

vhfiai, roatog, skr. nas, nasate gehen. Nigh. 2. 14. aufge- führt als gatikarmä Nir. 7. 17. ghrtasya dhäräh samidho na- santa von Yäska durch äpnotikarmä namatikarmä erklärt R. 2. 6. 18. 3. «te sumatibhih sam patnibhir na vrshaao n^asimahi deine gnade mögen wir erlangen wie der stier die kuh», hat es eigentlich die bedeutung zusammenkommen, zusam- mentreffen durch die präposition sam, vgl. auch noch R. 2. 5. 5. 2. ta im giro janayo na patnih surabhishtamam naram nasanta; in jedem falle scheint die identität mit vdopai unzweifelhaft.

wog, ivrvog, lat. nurus, ahd. snur, snura, snora, sanskr.

8DUshä.

wag, äg9 lat. auris, goth. auso.

ndog, lat. pe-nis (f. pes-nis), ndd. pis m., skr. pasas.

jQew9 skr..tras.

138 Kahn

cpdog, skr. bhäsas.

Endlich gehöreu zu den verbalst ämmen, welche den ausfall von <x zeigen, noch die meisten derjenigen, welche den kurzen vocal im futurum behalten und das ihnen ursprünglich zukom- mende 0 zum theil noch in ableitungen, zum theil noch in den nominibus, von denen sie selber stammen zeigen. So £eo>, |s0?o?? {«'ctyta, yeldo) neben yelaaeioo, yeldcifiog, yekacwog, yeXaafiau. 8. w. von einem alten stamme yeXag, 'dessen nebenform oder Schwächung das äoi. yikog (vgl. $Q(og und fyog, vömq, vdar und vdog) ist, das aber auch im attischen dialekt vorhanden gewesen sein mufs, wie yelotog zeigt (yeXotog : y&og =r yeQcuog : (yeQag) ytjgag\ wegen des unorganischen rj vgl. noch yeQ<ov. Ferner at- deofjicu, TfiAea), veixew neben uidzaiiiog, aiöeaig, aideörog, aidoiog, itkog, vsiHog u. s. w,; wie in ytXam das ausgefallene <r an stelle eines früheren r getreten sein mufs, so werden sich auch ärvm, aQvm neben denen arvico, aQvim stehen aus einer zwischen bei- den formen liegenden mit <J erklären. Das neben Korsu, norao- pai, fut. xoTEGGopai stehende xoteivog deutet auf einen nicht vor- handenen stamm xorog n., der auch im futurum auftritt, zu dem es sich wie oqeivoq zu ogog u. 8. w. verhält, vgl. Benf. gött. gel. anz. 1852. 55 st. p. 543.

Die zahl dieser Wörter, welche den ausfall eines o zwischen zwei vocalen zeigen, wird sich noch namhaft vermehren lassen, doch genügen die gegebenen beispiele vollständig um den umfang der er- scheinung im griechischen einigermafsen zu zeigen. Im allgemeinen wird man das gesetz aufstellen dürfen, dafs der ausfall überall nach kurzen vocalen eintritt, und in vielen der dagegen scheinbar strei- tenden fölle wird sich, wenn auch vielleicht jetzt noch nicht im- mer mit entschiedenheit nachweisbar, doch mit Wahrscheinlichkeit das haften gebliebene <r als durch einflufs eines vor oder nach ihm geschwundenen consonanten gewahrt erklären. Ein solcher fall wenigstens zeigt sich in ÖQoaog, welches Benfey (gl. zum Sam. V. 8. v. drapsa) mit skr. drapsa tropfend, thauend; m. der tropfen (besonders mythisch : der befruchtende thautropfen, welcher dem himmel bei der umarraung seiner tochter der morgenröthe auf die erde entfällt) zuerst zusammengestellt hat. Nur ist seine ablei- tung mittelst einer alten causalform drapayämi wohl etwas zu künstlich. Die würzet, aus welcher das wort entsprang, ist drav (daraus dram = tyop, ÖQsp, tyop), laufen, fliefsen; causa, drä- vayämi fliefsen machen, schmelzen (R. 4. 5. 3. 4), dravi der

Aber das alte S u. einige damit verbundene lauten Urickelungen. 139

goldschmied ib. u. s. w. ; durch autritt des s verhärtete das v im »kr. zu p, da keine Verbindung vs vorkommt; aus demselben gründe ging v im zend in f vor der scharfen sibilans sh über (drafsha) und fiel ß vor dem c im griechischen aus, welches jedoch eben durch das wahrscheinlich längere haften des f vor dem Unter- gang gerettet wurde. Das hochdeutsche tropfen, ahd. tropfo, tropho scheint das ps durch pf, ph zu ersetzen, obgleich anch formen mit der einfachen aspirata f daneben stehen, oder es hat das 8 aufgegeben, was aus ags. dropa, alts. dropo, ndd. drä- pen, droppen, engl, drop hervorzugehen scheint; doch braucht man im scherz auch noch ndd. drops. Wie ÖQoaog die erhal- tung des <r dem ehemals vor ihm stehenden f verdankt, ist das <x in vocog wahrscheinlich aus gleichem gründe geblieben, wie man wohl aus dem epischen fovaog schliefsen darf; die würzet möchte trotz des ff dieselbe wie in vexvg nämlich skr. nag lat. nee- (nex, necare) goth. na-us und die ursprünglichere form nagva (skr. nagvara verderbenbringend) gewesen sein; über die gleichstellung von $ mit a soll noch in einem späteren arti- kel gesprochen werden, hier will ich nur ein entscheidendes bei- spiel geben, nämlich <Ji£a>, fut. <J«£a>, perf. aiatya zischen, pfeifen; bei Homer (Od. i. 394) von dem pfähle gebraucht, der dem Po- lyphemos zischend ins äuge fährt, bei späteren vom geräusch beim braten, vom pfeifen des winde« und dem tone der drossel (xotpi- %og)y sowie von den dem hunde pfeifenden jagern. Daher die schol. zu Od. i. 394 es auch durch icvQ^e erklären (2i£ev dttl rov iavQt&v jjroi qxDPtjv dnetüsi oig im tov ßccnropepov cidt(Qov). Die unmittelbare Zusammenstellung mit öfyfia, wogegen sich schon Lobeck parall. 407 ausgesprochen hat, ist sicher unrichtig. Die* sem tfi'f« entspricht offenbar skr. cjn j, welches das geklingel der schelle, das summen der bienen und zwitschern der vögel be- zeichnet und bereits in den Veden vorhanden ist, wo der klang der bogensehne der feinen stimme der frauen mit den Worten «yoshe'va ginkte vitatä *dhi dhanvan wie eine frau singt sie ausgespannt an dem bogen» verglichen wird (Nir. 9. 18.); da- her heifst auch noch im späteren sanskrit $injä f. und ginjini die bogensehne. Mit dieser wurzel hat schon Diefenbach GWB. 2.206., goth. siggvan verglichen, dessen Vertreter und ableitun- gen in den übrigen deutschen dialekten mehrfach gleiche bedeu- tungsentwickelungen wie die indische und griechische wurzel zei- gen; uns singt noch heute das wasser im kessel so gut wie der

140 Kahn

vogel und die schwedische oder deutsche nachtigal. Jenes ge- räusch des bratenden fisches in der pfanne (oi&w), und dieser singende kessel zeigen dann auch ahd. seng an, nhd. sengen, ags. saengan, e. singe in klarer Verbindung mit singen, aber die sinnreiche vermuthung J. Grimm's, dafs siggvan mit siu- jan zusammenhange (über diphthongen nach abgef. cons. p. 24.)? wird dadurch zweifelhaft.

Ich knüpfe an diese Untersuchungen noch einige nachträgli- che Bemerkungen über die neutra auf as, da herr Benfey in einer ausführlichen recension des dritten und vierten heftes dieser Zeit- schrift (Gott. gel. anz. st. 52 58 mehrere bedenken gegen ein- zelne meiner aufstellungen erhoben hat.

Was hr. B. über die bildung des accusativs ushäsam sagt, ist eben nur eine andere auffassung des lautlichen Vorgangs und eine bestimmte entscheidung für das eine oder andere ist hier jeden- falls schwer; wenn aber hr. B. einen widersprach darin findet, dafs ich ushäsam aus ushantam erkläre und doch eine erklärung von ma- häm als syncope für mahäntam nicht wolle gelten lassen, so habe ich bereits in meinem aufsatze (p. 275) die analogieen angeführt, die mir für die gröfsere Wahrscheinlichkeit meiner auffassung zu sprechen scheinen. Den kontrahirten accusativ ushäm erklärte ich aber gerade nicht für eine unmittelbare zusammenziehung aus einem vorauszusetzenden ushantam, sondern aus dem wirklich vor- handenen ushäsam, ushäsam und der bis jetzt nicht nachgewiesene ausfall von nt zwischen zwei vocalen hindert mich noch immer die form mahäm für eine contracüon aus mahäntam anzusehen und die von hrn. B. angenommene blofse möglichkeit einer sol- chen contraction kann mich vorläufig nicht vermögen von der erklärung nach analogie anderer contractionen abzugehen.

Was hr. B. gegen meine auffassung der deklination neutraler stamme auf as, neben denen ich für die schwachen casus stamme auf an annahm, vorbringt, hat mich ebensowenig überzeugt Hr. B. will, wie es scheint, nur die Überlieferung der indischen gram- inatiker gelten lassen, die doch anerkanntermafsen für die vedi- sche spräche nicht überall ausreichend ist. Wenn nun hr. B. sagt, diese themen seien an und für sich einer vollständigen flexion nach beiden Seiten fähig, so mag dies für die declination einzelner Wörter richtig sein, doch wird man für andere entschieden be- haupten dürfen, dafs sie in der declination zwischen beiden for-

aber das alte S o. einige damit verbundene lauten twickelaogen. 141

schwanken; ich stutzte mich bei der annähme einer declination nach doppelten themen auf die erscheinung, dafs z. b. udhas in den Veden vom stamme udhas nur nom. acc. sg. und plur. bil- det, dagegen von üdhan die übrigen casus zu bilden scheint, weil die sonst nur noch vorkommenden locativ sg. und inst. pl. mir bis Jetzt nur in der form üdhani üdhabhis erschienen sind. Bei dieser gelegenheit bemerkt hr. B., dafs es ihm nicht recht begreiflich sei, wie ich ahan als schwache form von ahas ausge- ben könne, da es fast eher umgekehrt der fall sei, indem z. b. von dirghähan der acc. 6g. dirghähäiiam u. s. w. heifse ; doch ge- rade dies beispiel beweist doch wohl für meine annähme, da die letzten glieder der composita häufig für die declination ein schwä- cheres thema annehmen. Hr. B. mufs daher meinen ausdruck, der von der deutschen declination hergenommen allerdings nicht ganz passend ist, mifsverstanden haben, indem damit nur das in der declination dieser stamme auf as und an allmählig überwie- gende thema bezeichnet werden sollte. Man könnte jene vielleicht passender die alte, diese die neue form nennen, da jene die für die flexion offenbar im absterben begriffene ist ; doch wollen wir uns bei diesen, blofse namen betreffenden differenzen nicht wei- ter aufhalten, da in der that jede weitere auseinandersetzung darüber überflüssig wäre. Einem ähnlichen mifsverständnifs ent- springt eine andere bemerkung hrn. B's, wenn er nämlich p. 635 seiner anzeige sagt: « Bezüglich der form des neutr. nom. voc. acc. sg. des ptc. pf. act. bemerke ich, dafs die form vat belegt ist, aber selbst wenn sie nicht belegt wäre, wäre dies kein fall, wo man Pänini's autorität zu bezweifeln hätte.» Ich hatte mich ja gerade auf Päninfs autorität gestützt und hinzugefügt, wie ich nicht zweifelte, dafs sich derartige formen wirklich finden wür- den. Hr. Benfey hätte uns deshalb mehr verpflichtet, wenn er derartige belegsteilen wirklich angeführt hätte; ich kenne übri- gens bis jetzt nur die eine form tatanvat (R. 4. 6. 11. 3 = Nir. 5. 15), welche demnach Pänini's regel bestätigt.

In betreff meiner ansieht,. dafs das q in den griechischen for- men auf oQy mg aus t in at auf rein phonetischem wege entstan- den sei, entwickelt hr. B. eine andere, nach welcher die grundform dieser stamme auf arnt oder rant ausgegangen sein soll, und setzt zunächst diejenigen gründe auseinander, welche ihm gegen meine ansieht zu sprechen scheinen. Wenn er dabei geltend macht, dafs die vedischen laulgesetze in vielen punkten ab weichungen

142 Kahn

von denen des späteren sanskrit zeigen, so kann ich ihm darin natürlich nur beistimmen, und wenn ich der annähme Lassend, dafs die Wandlung von as in o durch die mittelstufe von ar hin- durchgegangen sei zustimmte, so kann ieh natürlich die von hrn. B. angeführten beispiele svo roh&va f. svar rohäva und Avo ar- cishä f. Avar arcishA nur ganz in der Ordnung finden; wenn hr. B. dagegen auch aus RV. If. 6. 2. 6 ein sahasAnas varena nachweisen will, so scheint dies auf einer falschen lesart zu be- ruhen, da die zwei besten von mir benutzten handsehriften (cod. chamb. no. |44. 67.) das richtige sahasano varena haben; da herr B. diesem beispiele jedoch die worte: «und viele a. a." hinzufügt, so bleibt abzuwarten, ob diese vielen anderen beispiele nicht vielleicht auf gleichen falschen lesarten beruhen. Dafs übri- gens das r der von mir besprochenen sanskritstämme sich nicht immer aus den allgemeinen phonetischen gesetzen des sanskrit erklären Ififst, zeigen die beispiele vanarshad, aharpati (vgl. das gebliebene r in svarpati und vlrkarya) von denen ich p. 371 ge- sprochen hatte, und wenn sich hr. B. darüber wundert, dafs diese stumme auf r im sanskrit allein so unfruchtbar geblieben sein soll- ten, während sie in den verwandten sprachen das r auch in den übrigen casus und seeundairen ableitungen bewahren, so wäre an und für sich eine Verwunderung über eine derartige er- scheinung ebensowenig am orte, als wenn es jemand wunderbar finden wollte, dafs nur die deutschen sprachen eine schwache declination in vollem mafse ausgebildet haben; andererseits ist die behauptung aber auch geradezu unrichtig. Lobeck sagt Parall. p. 207. Quum autem magna pars horum nominum indeclinabilis sit, eorum vero quae declinantur, pleraque in genitivo pro rho ex affini terminatione ag suseeperint litteram tau v. Anecd. Bekk. p. 1174 non mirandum est, compositorum numerum esse exiguum etc. Unter den von ihm gesammelten Wörtern auf oq sind, wenn wir die einsilbigen die nicht deutlich dnreh contraction aus boq in rjg entstanden sind, unberücksichtigt lassen, die folgenden in- declinabilia oder solche, bei denen casus aus dem stamme auf q nicht nachweisbar sind: ovoq nom. acc. (bildet seine übrigen casus aus dem durch o erweiterten stamme ovsigog und ovtiQOv), re'x- ficcQ, rtHfia>Q9 /jioSfiaQ, friJzaQ (ftygoff), &a>qp<z£, vttoQ, 'bvoq (nwog), avq>OQ, pv&OQ, XvpaQ (töpa) mag, ninaq, nanaq, adfioQ, xrjdaQ (xrjdog), iyftaQ (ijfiog), akxaq nom. acc. (das Efym. m. führt den sonst ungebräuchlichen genitiv aXkaQog an). Der flexion der

über das ahe S a. einige damit verbundene lantentwickelnngen. 143

stimme auf ar folgen qpos'og, erioQ, ovMOQy vyeaq, t*vpaQ> ottioQ, (ansog), miqoq (neigog), ovöctQ, deleag, xxiaQ, altiaQ, Moq (deog), zldaQ, ijrtaQy ijitaQ, xdqt}aQ, xvoq, xatag; den stamm mit q bewahren dagegen auch in der flexion nur xfjg (xbolq), ?<o- xoq (?), axifciQ, iaq (j/(>) und ft'xrog, welches letztere aber schwerlich mit dem affix ag gebildet ist; ob dies bei v<ohoq und <rxiW{> der fall sei, wage ich nicht zu entscheiden. Wenn daher hr. Benfey fragt, wie es komme, dafs diese stamme auf ar im skr. so unfruchtbar geblieben seien . während in den verwandten spra- chen themen auf q> welche mit themen auf t und s auf dieselbe weise zusammenhängen, z. b. nioQ, #a#, wazar, über u. aa. das r auch in den übrigen casus und secundären ableitungen bewah- ren, so sind die letztgenannten fünf beispieie, von denen eigentlich nur iaQ sicher hierher gehört, die einzigen des griech., in denen der stamm auf q flexionskraft behielt, während die ganze masse der übrigen gegen seine behauptung steht, denn die secundären ab- leitungen beweisen nichts für die flexionskraft des q, da sie gewöhnlich den aolritt eines neuen stammvocals zeigen. Das in- declinable moQ kann wohl nur aus versehen von hm. B. mit iaq zusammengestellt sein. £s stehen demnach in hezug der de- clination dieser stamme das griechische und sanskrit ziemlich auf derselben stufe, wogegen im lateinischen und deutschen die stamme mit r volle entfaltung gewonnen haben, ganz in überein. Stimmung mit den übrigen erscheinungen dieser sprachen, welche ans das hervortreten der stamme auf r auch anderweitig zeigen. Dies führt mich denn zu dem anderen einwände des hrn. B., der gegen meine annähme eines Überganges von t (besser d) in v ge- richtet ist. Da ich voraussetzen konnte, dafs der Übergang der dentalen in r namentlich für das lateinische und deutsche keiner Anfechtung unterliegen würde, hatte ich denselben nur für das sanskrit in den vermittelnden consonanten der cerebralen klasse nachgewiesen ; dafs das sanskrit allein diese zwischen r und d lie- genden laute auch durch besondere buchstaben ausgedrückt hat, liegt in der schärfe seines schriftsystems, dafs aber nichts desto weniger dieser lautwechsel in den italischen und deutschen dia- lekten ebenso häufig vorhanden sei, zeigt sowohl das umbr., des- sen aiphabet den mittellaut (rs) besonders bezeichnet, als auch das latein. z. b. in den bekannten meridies, arbiter, wie in dem über- gange in das in ältester zeit mit r fast ganz zusammenfallende 1 (z. b. impelimenta f. impedimenta, olfacit f. altes odefacit hei

144 Kahn

Fest.)- In niederdeutschen dialekten ist der Wechsel zwischen d mit r und 1 fast regel, so dafs wedder, werrer, weller = hd. wieder, hadde, harr (auch im göttinger dialekt vgl. Grimm d. myth. p. 434. z. 12 v. u.), hall = hd. hatte, drüdde, drürre= dritte, bedde, berre = hd. bett und andere zahlreiche beispiele auftreten ; andererseits zeigen aber auch hochdeutsche dialekt e dieselbe er- scheinung z. b. der fränkische, aus dem ich einige beispiele her- ausgreife: Firmenich germ. völkerst. II. p. 93 101. düre = todte, rerre= retten, freizeirig frühzeitig, mer em mit ihm Wearrera Wetterau, haaelwerrer hagelwetter, brouerbra- der, lair e liegt ein, wairer weiter, gir c geht ein, oarrer oder, gerore gerathen, gir ach geht auch, gir alls geht immer, wirrer wieder, se horr'n ir leabte sie hat in ihren lebtagen, laurer lauter, reatzerure grellrothe, gräre an genau, horr e hatte ein u. s. w. Diese beispiele werden genügen, um zu zeigen, dafs der Übergang aus t, d in r in den italischen und deutschen dialekten kein auffälliger sei und dafs auch hier der Übergang durch jenen cerebralen laut vermittelt werde kann man, in den niederdeutschen dialekten wenigstens, taglich hören. Für das sanskrit und griechische, wo diese erscheinung von t = r seite- uer ist , hatte ich auf die form avabhari = avabhäti und von ari = gr. oqi, igi aufmerksam gemacht. Jenes liefs sich nicht be- zweifeln, da die zweite form in einer andern recension des textes daneben steht, dies hält herr B. für mehr *als zweifelhaft, ich glaube aber kaum, dafs arigürta (R. 2. 5. 4. 3.) und aridhä- yas (R. 2. 1. 11. 5.) anders erklärt werden können. Wenn herr B. p. 551 sagt, dafs es ein irrthum von meiner seite sei, wenn ich gesagt habe : « Ferner bilden in den Veden viele adjeetiva mit suff. van ihr femininum auf vari. » und dann behauptet, dafs diese bildung nicht blofs vedisch, sondern allgemein sanskritisch sei, und mich t viele adjeetiva betreffe, sondern allgemeine regel sei, so genügt es wohl herrn Benfey's seitdem erschiene sanskrit- grammatik zu citiren, um zu zeigen, dafs solcher irrthum einigen grund habe, denn § 699. 5*) heifst es: «Die auf primäres van no. 1. 2. 3. hinter vocalen oder harten consonanten 7. 3) haben im fem. vari; vedisch bisweilen auch hinter weichen consonan- ten und nach der hauptregel vani; in der gewöhnlichen spräche dann gar kein fem. char.; in bahuvrihi's kann diese regel oder 4, 2. eintreten u. 8. w. "

Nachdem herr Benfey dann im ferneren verlauf seiner an-

über das alte S u. einige damit verbundene lantentwickelnngen. 145

zeige noch mehrere dankenswerthe beitrage zu einer vergleichung der stamme auf t, r, 1 beigebracht hat, geht er zur begründung seiner eigenen ansieht über, indem er dabei von den sanskritthe- men yakrt, cakrt, lat. jeeur, ynctQ, gxojq ausgeht; der umstand, daf8 diese noch ein r neben n und t zeigen, welches in dapaQz in der ganzen flexion auftritt, veranlafst ihn in allen diesen stam- men als ursprüngliches sufGx derselben die form arnt oder rant anzusetzen, für welche er eine anderweitige bestätigung in den 3plur. einiger sanskritverba findet, die auf rate f. rante, rata f. ranta ausgeben, indem er sich dabei auf die auch sonst hervor- tretende analogie der 3 plur. mit dem partic. präsentis stutzt, dessen suflix ant ja auch das der hier betrachteten nomina sei. HeiT Benfey befindet sich auch hier im widersprach mit seiner sanskritgrammatik, wo er § 813 anm. 4 das r dieser formen aus organischem s, das er der wurzel as zntheilte, erklärt und auch das ran in iran mit dem griechischen aav im optat. und plusqpf. zusammengestellt hat. Spricht schon dies aav gegen seine jetzige annähme, so wird die Schwierigkeit noch durch die ionisch -epi- schen formen auf aiai, aro vermehrt, denn dem von ihm angeführ- ten gerate entspricht ja genau xearai, xsiarat, in welchem der aus- fall eines a anzunehmen ist, ebenso wie in ri&saai, dtdoaai u. s. w. Hier müssen wir also offenbar bei der alten annähme einer aus dem verbum as angetretenen endung stehen bleiben und da- mit föllt wenigstens diese stutze der ansieht des herrn B. Es bleiben aber noch die allerdings auffälligen themen yakrt, cakrt u. s. w., die sich aber, so lange wir, wie bis jetzt, ihre wurzeln nicht kennen, zur aufstellung von regeln über die bildung aller übrigen wenig eignen und daher am besten vorläufig als ausnah- men stehen bleiben. Die erheblichsten gründe für herrn Benfey's ansieht liefern noch 1) die Verlängerung des vocals in vücoq, tdx- ft(oQ die noch am ersten auf den ausfall eines schliefsenden con- sonanten schliefsen läfst, obwohl sie doch auch als blos lautliche erweiterung begreiflich ist und 2) das griechische dapagr neben cakrt, yakrt} allein ehe wir zu den etwas monströsen formen da- paQvr gakarnt yakarnt unsere Zuflucht nehmen, werden wir doch lieber nach anderen erklärungen suchen. Eine solche möchte we- nigstens für eins dieser Wörter, nämlich gakrt, axoiQ in der Wur- zel zu finden sein. Wie hr. B. nehme ich c, in cakrt für ursprüng- liches s, das a dagegen für einen einschub, da sk eine im skr. unbeliebte Verbindung ist, wie in einem späteren aufsatze gezeigt O. 2. 10

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werden soll. Danach würde sakrt, skrt = gxoqt sein, das angel- sächsische skeani sich davon nur durch die nebenform desselben suffixes mit n unterscheiden. Die wurzel kr ausstreuen, ausgie- fsen hat nun im skr. in Zusammensetzungen mit mehreren prfipo- sitionen ein s im anlaute Pän. 1. 3. 21. anm., 6. 1. 142. Vopad. XXIII. 6. und Benfey sanskritgr. § 241 bem. 5. Diesen zeigt sie z. b. in der Zusammensetzung mit apa, wo sie von hund, hahn und stier gebraucht wird, die resp. um sich ein lager zu machen (kul&yakarane, v&seche, andere Boehtlingk u. Benfey), um nahrung zu suchen und vor freude mit den juTsen scharren; ebenso zeigt sie ihn in dem subst. avaskara m. 1) a privity, a part to be con- cealed; 2) ordure, faeces; 3) dirt, 4) sweepings Ws.; ferner nach prati in der bedeutung verletzen und nach upa in der bedeu- tung abschneiden, skr ist daher hier zweifellos die ursprüngliche wurzelform und gleich unserm ahd. sceran scheeren, einschnei- den und ahd. sc er ran scharren, denn scharren ist eben nur eine besondere entwickelung der bedeutung schneiden, nämlich die des einschneidens in den erdboden. Davon leite ich denn c,akrt für sakrt, 0X0)0 und ags. scearn, indem es zunächst den in der erde verscharrten unrath der thiere zu bezeichnen scheint, doch möchte vielleicht der begriff des vom körper ausgeschiedenen, sich trennenden ebensowohl denkbar sein, wie erge^o* und 0j*C<»> ahd. seeidan und seizan nahe verwandte wurzeln sind und exerementum denselben begriff zeigt; und damit wäre das r wenigstens in einem dieser schwierigen Wörter erklärt, während sich das aufgeben des 0 in der declination von 0x0)0 durch die analogie von vdag erklären möchte. Sollte stercus wirklich durch Umstellung aus scertus und antritt eines neuen suffixes us entstanden sein, wie h. B. p. 562 annimmt , so würde es auf dieselbe wurzel wie 0x0)0 u. s. w. zurückzuführen sein.

Anmerkung. Oben ist p. 134 z. 5 v. u. der druckfehler ame sva- dham st ann svadham stehen geblieben; dabei bemerke ich 1) dafs die Zusammenstellung von ij^oq, f&oq mit ftvadh* schon von Weber in den ind. stud. gemacht ist; 2) dafs doch dem Indra zuweilen auch andere als blofse trankopfer gebracht erscheinen, wie namentlich h. 52 des 3. man4ala zeigt An einer anderen stelle R. m. 5. 29. 8. heifst es: »tr? ya'chatä' mahishi'nam 6gho mtfs trt airafisi maghtfv* somytfp&h als du das fleisch von drei- hundert stieren verzehrt, trankst du drei ströme soma's, o Maghavan.« und auf ähnliches wird sich die auslegung, welche die scholien von anu svadham geben, gründen; nichts desto weniger scheint mir die oben gegebene erkla- rung dieses Wortes aber festzuhaken.

A. Kuhn.

misceUea. 147

II. Hiseellen.

Einige seltnere safflxe.

1) Bildungen auf nus, rog, nas. Bekannt ist, dafs sowohl im griechischen als lateinischen vor dem neutralen affixe us og za weilen ein n sich findet.*) Einsein tritt sogar inns, svog anf. Die hierher gehörigen Wörter sind: facinus. Es ist bei diesem worte schwer zu entscheiden, ob man fac-inos oder fac-i-nns abzutheilen habe. Ferner.* fenus, welches mit recht auf die wurzel fe als das hervorgebrachte, ge- tragene zurückgeführt worden ist Bei jecinor- glaube ich nicht, dafs das skr. yakrit d. i. yakart so maßgebend sei, dafs man das schliefsende r als dem r von art entsprechend halten müsse. Ich theile es in jec-in-or und glaube das or aus us hervorgegangen, so dafs, wie auch Düntzer Wortbildung p. 184 will, in jecua-cu- lum die ältere gestalt erhalten wäre. Munus mit Benfey g. wl. II, 36. 368 anf man zurückzuführen wird wegen der allbekann- ten älteren form moenus nicht angehn; ich theile es moe-nus und erkenne in mce die gesteigerte form der wurzel ml, einer neben- form von ma. Pig-nus von pango, vul-nus von vello. Zu Tergleiehen sind noch it-in-er, dessen er jedoch gewifs nicht aus es hervorgegangen ist, und penas, insofern die von Gellias IV, 1, 2 angeführte genitivform pen -it- er- is wirklich vorhanden war. Etwas gröfser ist die anzahl der aus dem griechischen hie- her gehörigen Wörter. Zunächst ayevog Bei diesem worte kann ich weder der von Benfey gr. w. II, 267 gemachten Zusammen- stellung mit skr. dhdna (divitiae), noch weniger der von Butt- mann mit aqt&ovog beitreten, acp-erog scheint mir auf die wur- zel af zurückzuführen, die wir in dem vedischen abh-v£ (als adj.: grols, stark, ab neulrum : gröfse, stärke) treffen. Gewils treffend hat damit, wenn ich nicht irre, Schweizer zuerst das goth. ab-r-s (stark), ags. ab-al, altn. af-1 (stärke) zusammengestellt. Diebe- griffe stärke, macht und reichthum laufen gar häufig neben ein- ander. — ytijvog ist schon längst mit Xda>t mit skr. glau (mond) von Benfey zusammengestellt, es scheint aus ylaf-evog zusam- mengezogen. — ÖTjvea ist sicherlich auf dafjvcu, dq& zurückzu-

*) vergl. Pott etjm. forsch. II, 609.

10*

148 Aufrecht

leiten. Diese verben scheinen zu dem zendischen das sciens zu stimmen, welches sich zu ende von kompositen findet z. b. hudao bene sciens. Brockkaus Vend. Sade p. 369. ÜQavog von dgdoo.

Für fovog weifs ich keine befriedigende ableitung, eQpog ist von Pott mit einiger Wahrscheinlichkeit aus §QÖ-vog gedeutet, d. h. auf die wurzel ardh (rtdh) wachsen zurückgeführt worden.

fyvog würde sich namentlich der ableitungen willen genau an die sanskritwurzel ih (gewöhnlich petere) anschliefsen, wenn sich die bedeutung ire (Yäska Nigh. 2, 14 var.) belegen liefse. Vor- läufig ist es rSthlicher das wort an die wurzel inkh, ikh ire anzulehnen, von der freilich bis jetzt nur die causalform in der bedeutung bewegen, treiben bekannt ist. Dafs skr. kh durch griechisches % vertreten wird, läfst sich mehrfach nachweisen. So ist cankha* = xoyxWi nakha = owjf-, mdkha (mund) = [*vx°Gi kfta (höhlung) = gd-0£. xrrjvog von nta-opai, Xijvog aus Xax-vog, vgl. Xccxnj. cxijvog wird von Pott etym. forsch. I, 243 (Gxtjrq) auf die skr. -wurzel chad = skad zurückgeführt; vgl. vedisch cha- dis haus. Zu opijvog, GTQtjvog weifs ich nichts genügendes. Hingegen sind klar ze'p-evog von repvG), ztQx-vog (Benfey wl. I, 95) von einer wurzel tarh, trah), die wir auch in r^tg-, altn. ]>rö-a-st (wachsen, gedeihen), ags. )?rogen (validus) an1 reffen.

Auch dem älteren sanskrit fehlt es nicht an gleichen bildun- gen, obgleich auch hier ihre anzahl sehr beschränkt ist. Ich zähle dazu folgende Wörter: äp-nas werk oder reichthum von yap perficere, adipisci. ar-nas wasser, meer von j/ar ire. Die speciellere bedeutung dieser wurzel hat sich im deutschen rin- nan erhalten, deren n höchst wahrscheinlich nur konjugationszu- satz ist (vgl. skr. rinäti und rinoti), so dafs scheinbar das ags. irnan die ältere gestalt behauptet hat. 6-nas sünde scheint mir mit £h-as sünde auf die gleiche wurzel ih cupere zu füh- ren, also für ih-nas, eh-nas zu stehn. drav-inas reichthum, habe, von dru currere bedeutet eigentlich: laufendes, bewegliches, «farende habe.» pär-inas findet sich meist als adjektiv in der bedeutung reichlich. Auf die wurzel par füllen zurückge- führt wurde das wort zuerst richtig von Weber, ind. Studien I, 66. bhär-nas, eine ableitung von der wurzel bhar ferre, scheint nur in dem kompositum sahasrabharnas vorzukommen. Das wort findet sich Rv. raand. IX. 60, 2 ab attribut des soma, ebendaselbst 6-1, 25. 26 von der stimme desselben und ist wol mit «tausendfältige geschenke bringend» zu übertragen. rlk-nas

mtscellen. 149

reichthum von ric linquerc etwa das hinterlassene?*) Zu er- wähnen bleiben noch zwei masculina: dam- Anas der bewältiger von w. dam, ein beiwort des Agni und Savitri, und U^-anas n. pr. von w. vac.

Soll ich zuletzt über die natur unseres affixes meine meinung äufsern, so glaube ich, dafs darin eine verdunkelte Zusammen- setzung zweier primären ableitungselemente vorliegt. Zwar in dravinas, parinas, damünas darf i und u nur als bindevocal ge- fafst werden, das gleiche läfst sich aber bei ucanas nicht anneh- men und bei ayevog, tifupog bleibt man Ober das « mindestens im zweifel, da pv, q>v im griechischen gewöhnliche Verbindungen sind. Mir ist das wahrscheinlichste, dafs in dem n uns der Über- rest des primären masc. und neutra bildenden affixes skr. an, griech. ov, lat. en vorliege. Vgl. skr. äh-an dies, £9 -an stein, ux-an ochse, tax- an Zimmermann, rex-rair, af-cor, ingu-en (vgl. skr. anj-ipudenda Yv. XVII, 97. XXI II, 21), pect-en, ungu-en. Curtius de nom. graec. formatione p. 49.

2) it. Die stärkere abschwächung der participialendung ant in as hat Kuhn in dieser Zeitschrift 1,372 besprochen, eine geringere, aber schon im sanskrit nachweisliche ist die in it. Sie findet sich aufser den Substantiven tad-it blitz, sar-ft flufc, ro-hit, harit rofs in zwei formen, die nur in den Veden vorkommen, div-ft und bodh-ft. Das erstere findet sich in der ableitung di- vitmat glänzend, hell, laut. Jedoch finde ich es auch alleinste- hend Rv. X, 76,6:

bhurdntu no yacäsah sötur Andhaso gr&'v&no vädk' divitä

divitmatA wo divitä divitmatatä etwa «mit strahlendem glänze* zu übertra- gen ist. Bodhit findet sich nur in dem kompositum bodhinma- nas. Dies ist Rv. V, 75, 5 den Acvinen, VIII, 82, 18 Indra bei- gelegt und bedeutet: wachen geist habend, wachsam, aufmerk- sam. Ich erwähne noch die gleiche Schwächung von at zu it in

*) Was bedeutet amnas oder amnar, welches Pin. VIII, 2, 70 er- wähnt und das auch im gaita svarädi vorkommt. Ich finde das wort Albarw. VIII, 15, 9:

je amnar jätin märayanti satiki anucerate | strlbh&gän pingo gandharvan vlto 'bhram ivl)atu||

150 Aufrecht

dem nentr. des pari perf. cikitvat, zu cikitvit, Rv. IV, 52, 4 in derbedeut. « aufmerksam»*, und in dem comp, cikitvi'nmanas. £s wird nun gerathener sein die lateinischen bildungen auf es, itis, die das i durch alle kasus mit ausnähme des nom. sg. durch- fuhren wie dives, divitis; tudes, tuditis (Festus) den obigen bei- spielen anzureihen- Im griechischen wüfste ich nur x*Qni ^cr form ganz gleich jenem harit, und das etymologisch noch dunkle fMXn als sich anschliefsend zu nennen.

3) asAna. In den Veden finden sich eine anzahl adjectiva mit der en- dung asäna, die mit seltener ausnähme oxytona sind. Ich kenne folgende: ar^asanä Rv. I, 130, 8. II, 20,6. VIII, 12, 9. X, 99, 7. schädigend, verderblich; vgl. ärcas n. hämorrhoiden Yv. XII, 97. ördhvasanä emporgerichtet von ürdhvä dass. Rv. X, 99, 7. rinjasäna* Rv. I, 58, 3. 96, 3 gepriesen von w. rinj schmücken, rühmen. jarasanä mensch Un 11,83 wörtlich: alternd, hinfällig; vgl. jaräs f. alter. jrayas&nä Rv. ^^669 5. kräftig, siegreich; Tgl. jrayas n. kraft dhiyasänd weise Rv. V, 33, 2. X, 32, l; vergl. dhi f. verstand; namas&na, verehrend Av. VI, 19,6; vgl. namas n. Verehrung. mandasanä freudig Rv. I, 10, 11. 100, 14 Av. XIV, 2, 6 von w. mand gaudere. yamasana Rv. VI, 3, 4 in einem verse an Agni:

tigm&m cid ema maiii v£rpo asya, bhasad £cvo yama- säna äsä' | «scharf ist sein gang, grofe seine gestalt, wie ein gezögeltes rofs*) mit dem munde f rillst er», von w. yam frenare. rabhasänä robustus Rv. VI, 3, 8; vgl. rabhas adj. fortis, rabhäs-vat kraftvoll. vfidhasänä von w. vridh wachsend. Das fem. in der be- deutung «pflanze9 (wohl mit ergänzung von öshadhi) finde ich Rv. II, 2, 5: hiriciprö vridhasänä'su jarbhurat «der gelbrachige (Agni) frifst die wachsenden.» gavas&n* stark, mächtig Rv. I, 62, 1. 2. 13. VIR, 46, 6; vergl. cävas n. kraft. sahasän* mächtig Un. 11,84; Tgl. sahas n. macht. Abweichend im ac- cenle ist:bhiy£sana furchtsam Av. IV, 2, 3 ; vgl. bhiyas f. furcht*).

*) wahrscheinlich: in das gebifs beifst **) Hr. Benfey nimmt als thema bhiyrfsa an; so lange indefs nur die von keinem adj. begleiteten instr. bhiyas'« and der acc. bhiyasam belegt sind, halte ich es gerathener mich an die auctoritlt von Slyaaa

miscellen. 151

Schon vom sanskritischen Standpunkte aus wird man ober die natur der vorgeführten bildungen in zweifei bleiben. Von den beigebrachten 14 Wörtern haben 8 neben sich neutra oder fem. anf as und wer kann dafür stehn, dafs uns Wörter wie rinjas, mandas, vridhas nicht noch bekannt werden. Dazu kommt, dafs ürdhvasanä eine offenbare denominativbildung ist äna ist freilich gewöhnlich nur pariicipialafüx, doch haben es die Veden einzeln auch sekundär (vgl. Benfey sanskritgr. p. 98). Anderer- seits liegt nichts näher als in asana das pari med. von as (esse), also in unsern bildungen aoristbildungen zu erkennen. Das wird wol die richtige erklärung sein, da in den meisten bildungen die verbale natur noch zu stark hervorleuchtet. Das zusammentreffen mit formen auf as wird zufällig sein, da von jedem verb eben- sowohl eine solche, als ein particip gebildet werden kann. In dieser ansieht bestärkt mich das griech. airetjvog, die einzige form, welche man mit bestimmlheit hieher ziehen darf und die einem skr. patasänä entsprechen würde. Mit minderer Sicherheit ziehe ich hieher das homerische &\uvrpo$, das für Ap&vtriv6$t afisve^ö)^- vog steht, welche letztere form vielleicht nur deshalb nicht erhal- ten ist, weil die anfangenden drei kurzen im verse nicht zu ver- wenden waren. Von pivog darf dieses wort auf keinen fall ab- getrennt werden, doch ist wenig unterschied zwischen : nicht den- kend, nicht lebend und : nicht leben habend. Hingegen wollen formen wie ßke[t£aw<v, pir«<uVa>> &afißaiv<a, xtQdcu?w im Zusam- menhang mit den übrigen bildungen auf aivm behandelt sein nnd sind denominativ. A.

casnar, cascus, Casioum, canus, hUss.

Varro ed. Müller VII, 28: «<ln carmine Priami quod est:

Veteres Casmenas cascam rem volo profan

Et Priamum; cascum significat vetus; ejus origo Sabina quae usque radices in Oscam linguani egit. Cascum vetus esse significat Ennius, quod ait:

Quam prisci casci populi tenuere Latini.

zu halten, der das wort mit dem afßxe -as ableitet Herr Benfey fuhrt in seiner sanskritgrammatik p. 150 ji'yasAna als Kv. ma«rf. II, 9, 5 vorkommend an, dort steht aber jä'yamlna geboren.

152 Aufrecht

£o magis Manilius, quod ait:

Cascum duxisse cascam non mirabile est, Quoniam Caron eas conficiebat nuptias, etc. Item ostendit, quod oppidum vocatur Ca sin am; hoc enim ab Sa« binis orti Samnites tenuerunt, et dudc nostri etiam nunc Casinam forum yctas appellant. Item- significant in Atellanis aliquot Pap- pum senem, quod Osci casnar appellant.»

Dafs etymologisch die drei von Yarro zusammengestellten Wörter zusammenhängen ist offenbar, nur die art der ableitung nnd die aufdeckung der würz, bedarf einiger worte. Das af&x co, wel- ches in cas-cus auftritt, ist sonst primär sehr selten. Damit gebil- det sind im lat. einige noch immer zweifei lassende Wörter: sic- cus, Tgl. zend. hush-ka gegen skr. $ush-kä), buc-ca (skr. bhu j edere), paueus (vgl. nav-gog, aber goth. fav-a), gr. öijxtjj &a>-xo?, yXav-xog, skr. 6t -ka, £ush kä, c,lo-k£. In betreff der bildung von cas-n-ar kann ich mit Pott etym. f. II, 109, der darin eine Zu- sammensetzung von casco -j- skr. nri (= alter mann) erkennen will, nicht übereinstimmen. Mir ist casnar eine ableitung von casnus d. i. canus mit dem aflix äri, äli, vgl. Caesar, laquear. Freilich wissen wir vom osk. nicht, dafs es hinter r wie nach 1 den ab- leitungsvocal sammt der casusendung im notn. abwarf (die von Mommsen beigebrachten beispiele censtur, kvaistur, einbratur sind natürlich keine), das liegt aber daran, dafs uns überhaupt keine themen auf ro, ri vorliegen. In betreff des-umbr. vgl. umbr. spr. I, 67. Beachtenswerth ist der eigenname Casnasius (vgl. Momm- sen unterital. dial. p. 268), eine Casnasia steht Orelli 2429. Ueber Casinum vgl. Mommsen a. a. o. p. 349. ca-nus erkläre ich wieCurtiusin dieser zeitschr. 1,33 aus cas-nus, die entsteh- ung dieser form aus cad-nus kann ich aber nicht zugeben, da der Übergang von d vor n zu s nicht erwiesen ist. Ich führe alle vier lat. Wörter auf die w. kas zurück, die in der bedeutung «glänzen» bekannt frühzeitig die modificirle von «weifs oder grau sein» erhalten haben mufs, so dafs «alt» erst aus der bedeutung « weifs, grau» nach meiner meinung sich entwickelt hat. Eine be- stätigung dieser ansieht finde ich in einem deutschen worte. Das altn. höss, ein seltnes wort, mit dem wahrsch. auch der eigenname Hösvir Edda 63* zusammenhängt, hat zum thema has-va (das schliefsende a ist für das altn. richtig, goth. könnte das wort eben- sowohl hasv-s als hasvu-s gelautet haben) und bedeutet «grau.» ülfr inn hösvi heifst im Eiriksmal der Fenriswolf. Das genau entspre-

miscellen. 153

chende ags. haso, d. i. has v, gen. hasves vereinigt die bedeutangen: schön (d. i. glänzend) und dunkel (grau?). Im cod. exon. er- scheint das wort mehrfach: 206, 4 heilst der phönix se hasva fag el (Thorpe «the variegated fowl»), 208, 10 derselbe hasvigfettra («variegated of feathers», hasvig ist eine weitere ableitang), 381, 6 recas stigaft hasve ofer hröfum (the smoke mounts dusky o'er the roofs>0t 392, 23 hrägel is min hasofäg («my garment is party-co- lour'd»), 394,26 hasve blede («variegated leaves,» flores?), 406, 21 j^pe hasvan earn («the dusky eagle»)- Andere stellen bei Et! muller ags. wörterb. p. 459. Ich bemerke nur noch, dafs das ahd. adject. has an Graff IV, 1047 einmal auch mit «venustus" glossirt wird. Auch unser hase wird besser als «der graue" ge- fafst, denn mit skr. $ac,a zusammengestellt, das seiner form nach nur «den Springer» bezeichnen zu können scheint. A.

Vermischtes, i.

vitare, invitus.

Fleckeisen bespricht in seinen »beitragen zur lateinischen grammatik im rhein. mns. jabrg. VIII. s. 221 ff. eine reihe latei- nischer Wörter, in welchen sämmtlich eine zusammenziehung mit ausstofeung eines consonanten statt gefunden hat. Wie es dort sehr wahrscheinlich gemacht wird, dafs con-vi-tiu-m aus con- vic-i-tu-m, in-vi-ta-re aus in-vic-i-ta re (skr. vac, gr. j:m*) entstanden ist, so möchte noch in zwei andern fällen langes i aus ici zusammengezogen sein.

Deutlich liegt das in vitare zu tage, das wir unbedenklich als frequentativ der w. vic, also = vic-i-tare ansetzen dörfen. Die w. vic aber ist natürlich dieselbe, welche dem gr. «xoj zum gründe liegt ; denn das digamma von eixrn ist durch das von He- sychius angeführte yi^ai %cqqti6(u (Ahr. dial. äol. p, 171) und durch deutliche spuren beim Homer (Hoffman» quaest. Hom. § 116)

*) Bei gelegenbeit des skr. vac mag hier bemerkt werden, dafs die von hm. Ebel s. 46 dieses Jahrgangs der zeitschr. f. sprachf. auf- gestellte erklSrung von ftinov =s ^t^mov = a-yöc-am schon von Sonne in seinen epilogomena zu* Benfey's wurzellexikon (Wismar 1847) s. 39 und von mir in der berl. zeitschr. f. gymnasial wesen 1848. s. 218 anerkannt ist.

154 Curtius

sicher gestellt. Auch von Seiten der bedeutung läfstsich gewifs kein einwand erheben, denn meiden, vermeiden ist ja in der that ein wiederholtes und ängstliches ausweichen. Wir dürfen nun ferner mit dieser w. vic auch altn. vikja, ahd. wichu (Grimm d. gr. H, 161) und mit Bopp (gloss.) skr. vic (separare) verbinden, obwohl die bedeutung des letzteren etwas abweicht, während das verhältniiB des lat. vici-s mit seinen nahen verwandten ahd. weh-sal und goth. vikd (series) zu dieser wurzel noch manchen zweifeln unterliegt. Uebrigens sagt schon Döderlein (l^syn. und etym. bd. VI. s. 407) in seiner weise «vitare frequentativ von ausweichen M, macht aber die vergleichung dadurch wieder zwei- felhaft, dafs er eine andere vermuthung, welche er ebenfalls für zulassig hält (videre), hinzufügt.

in -vi tu- 8 ist man auf den ersten blick geneigt aus w. vel (volo, velle) abzuleiten, also als in-vil-tu-s zu deuten, was Dö- derlein a. a. o. s. 178 nebst anderen vermuthungen vorbringt. Für die entstehung des i aus il liegt die analogie von vi-s aus vil-s nahe. Allein formen wie eultus, adultus, sepultus, pulsus (vgl. Alb. Dietrich Commentat. gramm. duae p. 47) würden von w. vel vielmehr in-vul-tus oder des v wegen in-vol-tu-s erwarten lassen. Es dürfte daher sich mehr empfehlen in -vi -tu -8 auf in- vic-i-tu-s zurückzuführen das heilst, das wort von jener wurzel abzuleiten, die im gleichbedeutenden d-e'x-cop d. i. d-/«x-wi', oax^-rt d. i. a-jrfix-jyrt und im skr. vac, wollen, steckt. Die entstehung des i wäre dann der in in-vi-tare ganz gleich, wo ebenfalls ein aus a geschwächtes i in folge der zusammenziehung zu i ward.

2. Jod zwischen vocalen im griechischen. Herr Benfey zieht in den gdttinger gel. anz. 1851 s. 1407 fl., die von mir im ersten bände dieser Zeitschrift s. 25 ff. aufgestellte deutung des sogen, ersten passivaorists in erwägung. Der Vor- schlag, öy-r in &e-t]-v in der art zu zerlegen, da£s &s die be- kannte w. = skr. dhä, r^-v aber = skr. yä-m sei, scheint ihm deshalb nicht annehmbar, weil «yy-? = skr, yä-m die organi- sche form» sei, das y falle zwar «im griechischen mit leichtigkeit hinter consonanten spurlos aus, allein zwischen zwei vocalen würde es sich nach der allgemeinen analogie in i umgewandelt haben.» Eine anzahl unzweifelhafter falle beweist aber das ge-

raiacellen. 155

gentheil, nämlich dafs ursprüngliches y gerade zwischen vocalen im griech. sehr oft ausfiel. Die verba auf aw, sa>, ooj wird doch auch hr. B. wohl mit den sanskritischen auf ayami, die stofiad- jectiva auf eo-g (hom. bisweilen eio-g) mit den sanskritischen auf eya-s, die genitive auf ov durch ©o und hom. oio mit den sanskri- tischen auf asya vergleichen. Das sufßx peo-g führt er selbst (wurzelt. II, 32) auf skr. maya-s zurück, wird also auch mit Anfr. (8. 79 dieses Jahrganges) dasselbe in drÖQOfuog anerkennen. Die form dei kaon auch h. B. nicht umhin durch aiei dem skr. äyus näher zu bringen (ebenda 1,8.); freilich erklärt hr. B. die ionische form aiei für «die gewöhnliche", woraus etwa die ungewöhnliche? dei entstanden sei und nimmt für diesen Über- gang eine besondere veranlassung an. «Aus der dor. form diig ent- steht dig, aus der gewöhnlichen dei durch ausstofsung des t; in beiden fallen um den zu ähnlich klingenden ton der beiden Sil- ben aufzuheben.» Es gehört nun aber ein ganz besonderes ohr dazu, um den diphthong cu zugleich einem s und dem diphthong ei zu «ähnlich klingend» zu finden. Die Griechen scheuten sich nicht im mindsten, die diphthonge cu und et, welche nur moder- ner mifsbrauch gleich spricht, neben einander zu stellen. Nicht blofs ist aiei die ionische und überhaupt poetische form und warum sollten wir denn gerade den dichtem weniger sinn für wohllaut zusprechen? sondern formen wie xaiei, xlaiet, raiei, nakaiet, maust finden keinen anstofs, so wenig wie der bakchi- sehe ruf evoi, ja nicht einmal otoi, toloi, rtoioi, nanoloi, Hxaieu, veqaiai, veixeiuv. Wenn die Attiker an die stelle von aiei, xaim, xXaim dei, xdeo, xkdea setzen, so geschah das nicht aus eupho- nischen gründen, sondern aus eben jener weit verbreiteten nei- gung t zwischen vocalen zu unterdrücken, wonach schon beim Homer neben xeiatai xiwtai und neben nketov nXeov sieb ein- stellt, um hier auf entlegnere dialekte z. b. äol. Xa%6i}v == hv/pitj^ (Ahr. de dial. äol. p. 100 ff.) gar nicht einzugehen. Diese bei- spiele, welche sich ohne weiteres suchen gleich auf den ersten griff darboten, werden die von mir aufgestellte erklärung von lautlicher seite als hinlänglich gerechtfertigt und hrn. B.'s ein- wand als völlig unbegründet erscheinen lassen.

3. nfiysGipaXXog. S. 461 des ersten Jahrganges dieser Zeitschrift weist Kuhn

156 Cartiae

sehr schön den Ursprung des Wortes nqya<so-g aus päjasa-s nach. Ein griechisches wort, das noch mehr ab das adjectiv nr\yoq mit skr. p&jas (kraft) verglichen werden kann, hat sich in nriyBül-fioXko-g erhalten. Gewöhnlich wird dies homerische com- positum zu Wörtern wie ihwai-nmXogy TO{ie<ji-xQme> dXyeai-ßoia gestellt; allein dazu pafst die bedeutung schlecht. In jenen Zu- sammensetzungen hat der erste bestandtheil verbale kraft, nicht so in mjyeöCfiodlog dickflie&ig. Richtiger fuhrt daher schon Damm in seinem lexicon homericum das wort auf ein freilich' von ihm erdachtes ro ni\yog zurück, das eben jenem päjas entsprechen würde. So betrachtet vergleicht sich 7TrjyeatficüJ.og mit bildungen seltnerer art wie drd-eG-i-xQMSy (taxeo-l'XQarog (Hesych., wie Lob. Paralipp. p. 19 vermuthet aus Aeschylus), fiaxea-i-dQOfiog, noEG - i-iQoyog (kräuternährend), nosa-i-xQOog, bei denen stamme auf g entweder zu tage liegen oder vorausgesetzt werden müssen. Dafs bei diesen Wörtern mit der annähme eines dativ plur. nicht auszukommen ist, hat schon Lobeck (Phryn. p. 687. Prol. Pathol. p. 144) von seinem Standpunkte aus gezeigt Wir werden in die- sen Wörtern t als bindevocal zu betrachten haben, wie denn in mehreren Zusammensetzungen vom stamme wxr (wxr-i- /uog-qpog, wxz-i-nolog), in den weniger deutlichen m>x- t-pijdtjg, dgy-i- novg> aQy-i'XSQiwvog i die stelle des gewöhnlichen o übernimmt, hat man sich einmal überzeugt, dafs diese und ähnliche formen nicht dative enthalten, so wird man auch manchen andern lieber ein bindendes als ein flexi visches t zusprechen z. b. dovQixXvTOg, XSQiOQäv (rsxrovcop Pind. Pyth. V, 53), iyxeG-i-fAMQog. Wiesich in dem letzteren und den vorhin angeführten Zusammensetzungen mit stammen auf g das stammhafte sigma unversehrt erhalten hat, so schwand es anderswo zwischen zwei vocalen, wodurch dann der diphthong ei entstand: iyxeiMQcwpog, iyx^OQyog, OQBißdttjg, oQBiyevqg, OQEivopog, OQuneXoQyog. G. Curtius.

Germani.

Wir gehen nicht darauf aus etwas neues zu finden, wir wol- len nur musterung halten über einige und die wichtigsten mei- nungen , welche in älterer und neuester- zeit über diesen namen und seinen sinn laut geworden. Unter ihnen ist besonders eine näherer prüfung und Widerlegung werth, da sie von hervorragen- den Vertretern der Wissenschaft aufgestellt noch jetzt von man-

miscellen. 157

cheo aiwehiflicheD deutschen rechtslehrern angenommen wird; an- dere fordern zur Untersuchung auf, weil sie noch in den neusten erläuterungsschriften ober des Tacitus Germania und in geschichts- werken sich wiederholen. Das resultat unserer Sichtung wird am ende dasselbe sein, welches durch J. Grimm und Leo begrün- det worden.

Der name Germani kommt zuerst, wenn auch nicht ganz sicher und unbezweifelt in den fasti triumphales capitolini vom jähre DXXXI U. C. vor (bei Baiter s. CLVI); Plinius 3, 4. über- liefert von den Oretani in Hispania, dafs sie Germani zubenannt wurden; am wichtigsten sind'aber die stellen Cäsars d. b. g. 2, 4. und 6 , 32. , welche zusammenzuhalten sind mit denjenigen des Tacitus, in welcher der Ursprung und die weitere Verbreitung des namens bezeichnet werden. Trotz nicht unbedeutender geschicht- licher hindernisse suchte man, durch verkehrten Patriotismus ver- leitet, das wort Germani aus deutschen Sprachelementen zu deu- ten. Die meisten, welche dieses ziel verfolgen, nehmen an, -mi- nus sei unser mann; und unmittelbar an den göttlichen Mannus, den söhn des erdgeborenen Tuisco, hält diesen zweiten theil Middendorf im koesf eider programm von 1848. Dagegen ward z. b. von Ritter der einwurf vorgebracht, es müfste dann Ger- mani heifsen, ein einwurf, der kaum viel zu sagen hätte; denn die form mit doppeltem n ist nicht nur etwa eine gothische, sondern, wie sich aus Mannus schliefsen läfst, auch eine vor- taciteische, und so unecht die Verdoppelung sein mag*), sie mufs doch schon sehr früh angehoben haben. Es dürfte demnach -roänus für mannus stehen und der doppelte consonant durch die länge des vocales ersetzt sein, ja es ist auch erlaubt anzunehmen, dafs die Römer ihrer spräche zu liebe -mänus statt mannus sag- ten, zumal da sie den namen sogar lateinisch zu deuten versuch- ten. Wichtiger ist, wie man nun den ersten theil aufheilte. Ein- mal stellte man ihn zu dem ahd. ger, so noch der wenigstens des angelsächsischen nicht ganz unkundige Greverus im olden- burger programme von 1850. «Was den namen Germania betrifft, so stammt er in seiner ersten silbe, wie auch allgemein angenom- men ist, von dem ahd. worte ger, ags. gär, d. i. Speer, als einer charakteristisch deutschen waffe. Demnach bedeutete also

*) Vgl. J. Grimm gesch . d. d. spr. s. 853. Nur scheint uns da der einfache laut in sune noch nicht ausgemacht, welches wort seiner etymologie nach höchst wahrscheinlich einen zweiconsonantischen In- laut hatte.

158 Schweizer

der name Germ an 8. v. a. speermann, kriegsmann a. s. f.» Diese erklärung ist sprachlieh unmöglich; denn 1) dürfte kaum in so alter Zusammensetzung der bindevocal, oder sagen wir lieber der themavocal, des ersten wortes fehlen, 2) ist die alte form des wortes nicht ger, sondern gais, und es mfifste erst bewiesen wer- den, dafs ein deutscher dialekt schon in dieser zeit solches s in r vergröberte Wie lange sich aber in Zusammensetzungen zu eigen- namen gerade in gais das ursprungliche s erhalten, das lehrt den- jenigen, der lernen will, Wackernagel im ersten hefte des schweizerischen museums für histor. Wissenschaften, s. 103 ff. Speermannen hiefsen demnach Gaisamanni oder Gajsomani. Nach andern, z. b. Gutmann in seiner lesenswerthen Übersetzung des Tacitus ist ger = franz. guerre. Dieses ist entstanden aus alt- deutschem werra (Graff I, 945). Wollen wir nun auch anneh- men, dafs sich nach analogie keltischer mundarten aus w ein gw entwickeln konnte, so wäre doch kaum der inlaut so sehr ge- schwunden, dafs er auch keine spur seines einflusses zurückge- lassen, etwa e in u oder o umgewandelt hätte. Dann fehlte auch hier der themavocal des ersten gliedes, und überdies scheint rr des wortes werr aus rs entstanden zu sein. Gleiche gründe ma- chen eine ableitung der silben ger von wari, weri = wehre un- möglich, aufserdem dafs bei dieser erklärung auch der umlaut nicht in anschlag gebracht wäre. Schon Goldast und einer der berühmtesten rechtsieh rer unserer tage wollten in den Germanen heermannen sehen, d.h. freie, heerfähige männer, welche spä- ter he er mannen, langob. arimannen, hiefsen. Das anlautende g sollte dann durch ein dickes fränkisches ch hindurch entstan- den sein. Aber damit ist nur ein sehr geringes sprachliches be- denken gehoben, während die wesentlichen unberührt bleiben. Heer heifst im gothischen harjis (thema harja), und bei der an- genommenen deutung ist man gezwungen, einen für jene zeit un- erhörten umlaut zu setzen und nicht nur den themavocal, son- dern die ganze ableitungssilbe des ersten wortes schwinden zu lassen, etwas nicht minder unerhörtes. Zu gutem. glücke sind uns noch eine reihe von eigennamen erhalten, die uns auf die rechte fährte leiten. Vgl. Wackerna gel a. a. o. s. 100 ff. Heer- mann konnte zu Tacitus zeit nur Hariomannus oder Ariomannua lauten. Aber überhaupt ist eine Zusammensetzung in diesem na- men nicht recht wahrscheinlich; Grimm, deutsche gramm. 3. auü. s. 11: «nur kein zusammengesetztes Her -man, Ari-man darf man sich einbilden.» Wichtiger ist eine frühere deutung von Jac

miscellen. 159

Grimm 1. 1. «Unfern von Germanus zu liegen schiene unser alterthfimliches Irman, Ermao, Herrn an, ags. Eormen, Geor- men, das in frohen Sprachdenkmalen noch eine gewisse allge- meine und heilige bedeutung verräth, und gar nicht mehr für sich, blofs in der compositum als überbleibsei der vorzeit dasteht. Auffallend gemahnen irmingot, irminman, irmindiot, irminsöl, zu- mal in den eigennamen Irmanrih, Irmanperaht u. a. m. an die ähnlichen diotgot, Diotrih, Diotperaht; das präfix irman verstärkt wie diot.» Nach J. Grimm 's, Müllenhoff's u. a. forschungen steht es nun so ziemlich fest, dafs Irman, goth. Airman, Erman ein persönliches göttliches wesen bezeichnete, wenigstens beiname von göttera oder eines gottes war.*) So worden wir freilich, wären Germani etwa Verehrer oder angehörige des Irmin, statt dieser form eher Germinones erwarten, mit derselben schwachen declination, die uns in Herminones deutlich genug entgegen tritt, oder Germanisci wie Cherusci od. ä. Dafs aber schwache form oder deutliche ableitung dabei nicht unumgänglich noth wendig, das lehren uns die volksnamen Marsi und Chatti (Grimm gesch. d. d. spr. s 577 ff). Aber bedenken macht das anlautende g, die daneben stehenden Herminonen, und besonders der Umstand, dafs «die benennung Germani nimmer unter das volk gedrangen.» Götzinger und nach ihm Wackernagel in seinem wörter- buebe s. CCC1X leiten Germanus ebenfalls von Irmin und erklä- ren g aus einer uralten Zusammensetzung mit der präposition ga, so dafs g'ermanos ein Volksgenosse wäre. Gegen diese er- klärung gelten dieselben gründe, wie gegen die J. Grimms, und überdies ist völlig unbewiesen, dafs irmin je «volk» bedeutet habe. Wie wenig das aus den Zusammensetzungen mit irmin zu erschliefsen sei, zeigen uns die mannigfachen compositionen mit ags. tir, nordisch ty. Grimm mythol. 177. Was über die deu- tung von Germanus aus dem lateinischen, die auch keinen genü- genden aufschlufs bieten, zu sagen ist, das hat Grimm in seiner gramm. 3. aufl. s. 10. trefflich zusammengestellt Alles drängte zu einer herleitung aus dem keltischen hin, aufser sprachlichen gründen auch die Germani in Hispanien und die bekannte stelle des Cäsar und des Tacitus, welche letztere hier in möglichster kürze auszulegen ist. Die hauptschwierigkeit in dieser stelle

*) Das wort scheint gebildet mit man, wie akman, hliuman, blo- man usf. aus der wurzel ar, skr. r «gehen». An eine zusammen lie- hung aus indischem Aryaman su denken, erlauben wir uns noch nicht.

160 Schweizer.

(Germania c. II.) verursachen die worte ut omnes primum a Victore ob metum etc. Ob metum kann nacb lateinischem sprachgebrauche nichts anderes bedeuten als «aus veranlassung der furcht;» oder «durch die furcht veranlafst,» «aus furcht;» nur in bestimmten formein, wie ob rem, nimmt ob eine bedeutung an, welche auch durch ad wiedergegeben werden durfte. Die stelle, welche Do- der lein beibringt, um wahrscheinlich zu machen, dafs ob metum gleich ob metum incutiendum sei, hat Hand Tursellinus IV, 360 feiner gedeutet; sie bewiese aber schon wegen des beigesetzten moderandas nicht, was sie beweisen soll. Darf dieses als festste- hend angenommen werden , so kommen nun einzig noch die w. w. a victore in frage. Sie können heifsen: «von dem sieger» oder «nach dem sieger.» Die letztere auffassung ist die von Hand Türe. IV, 360: Primum Galli vocabant omnes eilra Rhenum ha- bitantes nationes Germanorum, qui se vicerant, nomine, postea hae naliones sibi nomen virtutis ipsi arrogabant. Und kaum wurde gegen diese erklärung Widerspruch erhoben worden sein, wenn nicht unmittelbar non a se ipsis invento nomine folgte. Um ab nicht in so grofser nähe und in anscheinender beziehung des einen auf das andere verschieden auslegen zu, müssen, zog man es in neuerer zeit vor auch a victore «von dem sieger», so dafs er die handelnde person wäre, zu deuten. So Orelli, D öd er lein u. a. Damit gerieth aber Orelli, der ob metum nicht als ad me- tum incutiendum fassen will, in einen sonderbaren Widerspruch; denn sein nomen metum ineutiens sagt doch wieder nichts ande- res als eben ad metum incutiendum. Es ist also entweder die deutung Hand's anzunehmen oder die stelle ist zu ändern, und zwar in der weise, wie Grimm wollte, dafs statt a victore a victo

§elesen wird. Erkläre man aber so oder so, in beiden fällen ist ie entstehung des namens, in welchem an und für sich et- was schreckhaftes gelegen haben mufs, aus dem keltischen wahrscheinlicher. Grimm und Leo, denen auch Ische r bei- stimmte, gaben ihm die bedeutung schrei er, und bringen das wort geschickt nnd ungezwungen in Zusammenhang mit Wörtern, welche heute noch in den keltischen zungen fortleben. Die ww. gairm, garm werden unter die sanskritwurzel gr einzureihen sein, unter welcher Bopp in seinem glossare gairim clamo beigebracht hat. Einer anderen sinnreichen deutung des namens Germani aas dem keltischen, die in Schmidts Zeitschrift für geschiente zu le- sen ist, will ich nicht weiter gedenken. Sie hat denselben werth, wie die deutungen des sonst sehr verdienten herrn schulrath Gro- tefend, der in Idistavisus campus eine eidgenössische ebene, in Istaevones, idstaeven, eidstaeven «eidgenossen» findet u. s. f. Auch Zeufs, die Deutschen, s. 59 ff. nimmt einen keltischen Ur- sprung des wortes Germani an, seine scharfsinnige hypothese aber, es hange mit einem *germ = sanskr. giri «berg» zusammen, ist sprachlich zu unsicher. H. Schweizer.

Gerockt bei A. W. Schade in Berlin, GrSnstrato 18.

I. Abhandlan^en.

Das auslantsgesetz des gothischen«

JUie sprachen des indogermanischen Stammes suchen gewisse laute und lautverbindungen, die dem Sprachgefühle hart erschei- nen, zu vermeiden. Aus diesem gründe mufs bekanntlich in einer inlautenden consonantengruppe oft eine Veränderung des einen oder des anderen der zusammenstehenden consonanten statt fin- den. Noch zarter ist die spräche im auslaute; consonantenver- bindungen, die im inlaute geduldet werden, scheinen hier aostö- fsig; selbst mancher einfache consonant gilt hier als härte and wird nicht geduldet.

Durch dieses euphonische princip geschieht der alten ur- sprünglichkeit der flexionen eintrag. Consonanten, welche zur bezeichuung von begriffsbestimmnngen und beziehungen dienen, müssen abfallen, weil sie nach den im verlaufe der spräche ein- getretenen euphonischen gesetzen im auslaute nicht stehen können.

In den sprachen unseres Stammes ist der lateinische ans- taut von dem euphonischen principe am freisten geblieben, daher hier am meisten die ursprünglich auslautenden flexionsconsonan- ten sich zeigen. Jeder consonant kann auslauten; kein anderes gesetz gilt für den consonantischen auslaut als für den inlaut. Dem lateinischen steht das zend am nächsten. Hier wird nur der auslaut nt auf n beschränkt Das sanskrit duldet im auslaute bis auf wenige falle nur einen consonanten ; von zweien mufs daher der zweite, von dreien der dritte abfallen. Das griechische duldet hier nur eine solche Verbindung zweier

n. 3. 11

162 Westpiial

consonanten, deren letzter ein 8 ist, £, \p. Auch an vg und qs nehmen wenigstens einzelne dialekte keinen anstofs. Ferner kann auch nicht jeder einfache consonant als aaslaut stehen bleiben, t und d mufs stets abfallen, eXeyer mufs zu tXaye, rod zu ro wer- den, nur g, Q, v widerstrebt dem griechischen organe nicht; in ovx und ix erscheint auch x als auelaut. Mit dem griechischen kommt in den meisten fallen das altpersische überein, wo ein auslautendes t und d sich ebenfalls nicht behaupten kann. Im altslavischen ist die Weichheit des auslantes am weitesten vor- geschritten; hier ist jede doppelconsonanz unstatthaft, und von einfachen consonanten mufs nicht blofs, wie im griechischen t, d abgeworfen werden, sondern auch r und s wird nicht gedul- det; der einzige consonantische auslau t, der sich behaupten kann, ist der nasal.

Zu diesen sprachen steht der aus laut des gothi sehen wie überhaupt der germanischen dialekte in einem auf- fallenden gegensatze. Während dort eine jede harte doppelcon- sonanz und mancher einfache consonant vom auslaute entfernt wird, kommen hier im gothischen die härtesten consonaotenver- bindungen vor, welche vielleicht je eine spräche aufzuweisen hat. So hilms, balgs, halbs, vulfs, hul]>8, blinds, brunsts, bansts, fram- aldrs, spaiskuldrs, bairhts, fingrs, tungl, smair)>r, vaurstv, usbeisns, garehsns, röhsns, haifsts, matyms, sköhsl, svumsl und svumfsl. Die härtesten kombinationen von drei und vier consonanten hat die gothische spräche nicht zu vermeiden gesucht. Jede consonanten- verbindung ist möglich, mit der einzigen beschränkung, dafs das singulare nominativzeichen s hinter einem vorhergehenden s und oft auch hinter r nicht gesprochen werden kann, obgleich ein auf andere weise entstandenes ss wie in qviss, viss, stass im aaslaute geduldet wird. Selbst die ausgänge, die am wenigsten den eindruck der härte machen, wie blinds, salbönds wären in keiner anderen indogermanischen spräche möglich; sogar die lateinische, welche am wenigsten empfindlich ist, kann diesen auslaut nicht dulden und muGs nts in ns verwandeln wie in mens, amens. Gröfsere ursprünglichkeit in erhaltung der flexionen kann nicht als grund dieser consonantenhärten geltend gemacht werden, vielmehr ist unter den angeführten Wörtern kein einziges, in welchem nicht ein flexionslaut abgefallen ist. Auch die übrigen sprachen be- wahren nicht immer ihre flexionslaute, aber wo ihnen ein sol- cher fehlt, da haben sie denselben, wie wir oben bemerkten, meist

das auslantsgesetz des gothischen. 163

iin streben nach Weichheit aufgegeben. Im gothischen hingegen hat der verlust des flexionslautes keinen euphonischen grund, sondern vielmehr der spräche gerade jenen harten Charakter des auslauts verliehen; wäre sie hier iin festhalten der flexionen zä- her gewesen, so wurde sie jene auffallenden Härten nicht dar- bieten.

Es versteht sich von selbst, dafc früher in der gothischen spräche ein anderes auslautsrerhältnis gewaltet haben mufs; die Sprachvergleichung vermag mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit den ursprünglichen auslaut herzustellen. So hat J. Grimm in seiner geschichtc der deutschen spräche (s. 912) die ursprünglichen en- dungen aufgestellt, aus denen sich die jetzt vorliegenden ent- wickelt haben müssen. So lassen sich auch die cenjugationsen- dungen auf ursprünglichere formen zurückführen. Damit ist aber die geschichte des gothischen auslautes nicht erledigt. Denn es drängt sich die frage auf, ob das gothische auf einer früheren stufe nicht ein gesetz des auslautes gehabt habe wie das griechi- sche und die übrigen sprachen, ob nicht auch einmal im gothi- schen ein streben nach Weichheit des auslautes bestanden hat, welches auf kosten der ursprünglichkeit der endungen gewisse einfache consonanten und consonantenverbindungen am wortende nicht duldet?

Die form des gothischen, welche im Ulfilas vorliegt, zeigt eine reiche zahl von eigentümlichen erscheinungen , welche uns rieht blofs nöthigen, jene frage im allgemeinen zu bejahen, son- dern uns auch in den stand setzen, das frühere Verhältnis noch im einzelnen zu erkennen. Ich will bei der darlegung dieser Verhältnisse nicht den analytischen weg einschlagen, welchen ich bei der aufßndung derselben zu gehen hatte, sondern es mag mir gestattet sein, das resultat meiner Untersuchung, die gesetze des gothischen auslautes, voranzustellen und sie dann an dem flexions- systeme nachzuweisen. Hierdurch wird zugleich die prüfung mei- ner arbeit erleichtert.

L

Von ursprünglich auslautenden doppelconsonan- ten hat das gothische blofs diejenigen geduldet, deren zweiter consonant ein s ist; von allen übrigen mufs der zweite abgeworfen werden.

Von auslautenden einfachen consonanten, mögen

11*

164 Westphal

sie ursprünglich oder auf die eben angegebene weise aus einer doppelconsonanz entstanden sein, hat das gothische blofs s und p, aber keine muta und keinen nasal geduldet. Jeder andere consonant als s und n erscheint dem gothischen am ende der Wörter als härte und wird auf zwei weisen vermieden:

entweder wird er abgeworfen,

oder: er wird durch annähme eines auslautenden hülfsYoeales a zum inlaut. Das gothische steht hierin ungefähr auf derselben stufe, in welcher das griechische uns vorliegt. Die auslautenden doppel- con8onanten werden in beiden sprachen auf gleiche weise behan- delt. In beziehung auf den einfachen ist aber das gothische noch weicher als das griechische, da nicht blofs die auslautende den- tale muta, sondern auch der dentale nasal als härte erscheint, während das griechische blofs die dentale muta i oder 8 vom laute entfernt, dagegen an dem nasale v keinen anstois nimmt. Auch in der art, wie die härte des auslautes vermieden wird, zeigen beide sprachen einen unterschied, da das gothische hier nicht immer abfall eintreten zu lassen braucht, sondern auch durch annähme eines hülfsvocales die ursprünglichen endconsonanten er- halten kann.

II.

Hierzu tritt nun noch folgendes gesetz über die behandlang1 von flexionsvocalen.

In ursprünglichen endsilben mehrsilbiger Wörter wird kein ursprünglich kurzes a und i geduldet, son- dern es tritt apokope oder aphäresis ein, je nachdem der vocal den auslaut bildet oder ein einfacher con- sonant darauf folgt. Auch der diphthong ai kann, wo er ursprünglichen auslaut bildet, in den meisten fäl- len sein i nicht behalten, sondern mufs zu a werden. Dagegen bleiben u und au, und ebenso auch a und i, wenn diese letzteren aus ä oder ja, ja entstanden sind.

Das zweite gesetz scheint mit dem ersten im Widerspruche zu stehen. Jenes wirft consonanten ab und fügt vocale hinzu, um Weichheit des auslautes hervorzurufen, dieses verlangt aus- und abfall von vocalen und bewirkt hierdurch härte, die in an- deren sprachen unerhört sind. Die nach dem ersten gesetze ein-

das außlautsgesetz des gothischen. 165

tretende euphonie wird durch das zweite aufgehoben, dessen re- sultat eine grofse zahl schwer auszusprechender und man darf wohl sagen, auslautender consonanten Verbindungen ist Wie kommt es, dafs in derselben spräche zwei so entgegengesetzte principien neben einander bestehen?

Die antwort darauf ergiebt sich von selbst. Beide ge- setze sind nicht neben einander, sondern nach einan- der aufgekommen, das erste ist das frühere, das zweite das spätere. Auf einer früheren stufe hat auch die gothische spräche dem in jeder indogermanischen spräche auftretenden stre- ben nach euphonie und Weichheit des auslautes die ursprünglich- keit mancher endungen opfern müssen. Das streben nach kürze kann um so weniger der grund dieser erscheinung sein, als nicht blofs abfall des consonanten, sondern auch hinzufugung eines hülfsvocals statt findet.

Erst auf einer spätem stufe hat sich das zweite auslautsge- setz entwickelt. Dieses ist lediglich hervorgegangen ans dem streben nach kürze der formen, welches früher oder später in einer jeden spräche eingetreten ist und die flexionen verdrängt oder abgestumpft hat. Während andere sprachen in ihrem wei- teren verlaufe hauptsächlich die flexionsconsonanten einbüfsen, wie das prakrit und das italienische, hat sich im gothischen diese Verkürzung der formen besonders auf die kurzen positionslosen vocale bezogen und dadurch jene dem gothischen eigenthümliche härte des auslauts veranlafst. Die Weichheit des auslautes, welche sich auf einer früheren stufe entwickelt hatte, ging unter, und nur aus einzelnen erscheinungen läfst sich das frühere Verhältnis verkennen.

Wir haben jetzt die aufgestellten lautgesetze am auslaute der einzelnen gothischen Wörter nachzuweisen und zu dem ende die nominal- und pronominalformen, die verbalformen, endlich die Zahlwörter und partikeln ihrem auslaute nach einer Untersuchung zu unterwerfen.

1.

Auslaut der nominal- und pronominalformen.

Bei einer nominalform haben wir zwischen der casusendung und dem stamme zu scheiden, der in den germanischen dialekten stets aus einer wurzel und einer an dieselbe tretenden ein- oder mehrsilbigen stammcndung (slammsuffixe) besteht. So ist in den

166 Westphal

pluralen accusativen vigans, matins, fotuns das gemeinschaftliche ns die plurale accusativendung, viga, mati, fötu sind die nominal- stämme, welche in die wurzeln vig, mat, fot (vah, mad, päd) und die stammsaffixe a, i, a zu zerlegen sind, und in einer compo- situm ohne casusendung erscheinen : viga-deina, mati-balgs, fotu- band. Bei weitem die meisten nominalstämme des gothischen ha- ben ein vocalisches oder wenigstens vocalisch auslautendes stamm- suffix. Es giebt stamme auf a, i, u, ä. Die auf a sind masc. oder neutr. (Grimm's erste starke masculin- und neutral-deklina- tion), die auf i masc. oder fem. (Grimm's vierte), die auf u masc, neutr. oder femin. (Grimm's dritte), die auf ä femin., (Grimm's erste femininal-deklination); das a der letzteren ist sowohl in compositionen als auch im nom., acc, voc. sing, zu a verkürzt worden. Von consonantisch ausgehenden stammen kennt das go- thische blofs stamme auf an und tar, wie naman (nomen), guman (homon), auhsan (sanskr. uxan). fadar (pater), bro)>ar (frater). Stämme mit anderem consonantischen auslaute giebt es nicht, denn die in den verwandten sprachen vorkommenden auf ant, ijas sind im gothischen durch einen vocalisch en zusatz in die vo- calisch auslautenden stamme auf anda, iza und öza umgewandelt worden. Die pronominalstämme zeigen keinen anderen auslaut als a, ä, i 5 sonst gilt auch von ihnen das über die nominalformen gesagte.

Nur in einer composition, im singularen vocativ und für einige fälle auch im singularen nominativ erscheint der reine stamm, sonst ist an denselben immer eine casusendung getreten. Die im germanischen gebräuchlichen casusendungen gehen entwe- der auf einen vocal oder auf n, s, t aus. Da nun der stamm, wie oben bemerkt, keinen anderen consonantischen auslaut als n und r darbietet, so können für die nominal- und pronominalfor- men entweder nur vocale oder nur die consonanten n, s, t, r als ursprünglicher auslaut erscheinen.

Auslautendes t. Die dentale media ist in den verwandten sprachen die sin- gulare aecusativ- und nominativendung der neutralen pro- nomina. Skr. ta-d, eta-d, zend. ta-t, lat. istu-d, i-d. Im grie- chischen und slavischen wird eine dentalis als auslaut nicht ge- duldet, daher zeigen hier die genannten formen den blofsen stamm, griech. to ti statt rod, rid9 altslav. to, ono statt tod, onod. Im

das auslautsgesetz des gothischen. 167

gothischen mufs das casuszeichen d zu t, hochd. zu fs werden; der gebrauch desselben ist von den pronominaistämmen auch auf die neutralen adjectivstämme ausgedehnt, wie überhaupt in den germanischen dialekten die adjectivdeklination mit der pronomi- nalen identisch geworden ist. Das gothische kommt nun darin mit dem griecb. und altslav. überein, dafs es eine dentale muta im auslaute nicht stehen läfst, aber es bedient sich zur Vermei- dung dieses lautes nicht blofs der apokope, sondern auch der hin- zufugung eines auslautenden hülfsvocals a. )>at, hvat kann im go- thischen eben so wenig gesprochen werden, wie im griech. rod, im slav. tod; es mufs der auslaut entweder abfallen oder durch zutritt eines hülfsvocals a zum inlaut werden. So entsteht aus hvat ein hva, aus J>at ein J?ata, aus it, dem Iat. id, ein ita. Im enteren falle schwindet bei mehrsilbigen stammen aufser der en- dung auch der vocal der endsilbe nach dem unter II. aufgeführ- ten gesetze: allat, mikilat sinkt nicht blofs zu alla, mikila, son- dern zu all, mikil herab. Beide behandlungsarten des auslauten- den t können in den meisten fällen willkürlich neben einander angewandt werden; so stehen allata und all, mikilata und mikil, wair]?ata uud vair]>, juggata und jugg, svaleikata und svaleik ne- ben einander. Während die Vermeidung des dentalen auslaute unverbrüchliches gesetz ist, bleibt der spräche die freiheit, von jenen zwei mittein das eine oder andere nach belieben anzuwen- den. Wenn das neutrum J?ata mit folgender kopula ist verbun- den in der form }>at erscheint, und dies ist der gewöhnliche fall , so haben wir darin wohl kaum eine ausnähme von un- serem gesetze zu erblicken; ist scheint sich hier in ähnlicher weise wie nh in }>atuh als enklitika mit dem pronomen verbun- den und die einfache form desselben veranlafst zu haben.

Auslautendes u oder m.

Der nasal bildet« den ursprünglichen auslaut in den enduogen des accusativ. sing, und genitiv plur., sowie für einige formen der stamme auf an.

I) Als endung des accus, sing, erscheint der consonant n in den masculinen und femininalen nominalstämmen der meisten indogermanischen sprachen, nur die neutralstämme auf i und u sind endungslos, während die auf a ausgehenden der accusaiiv- bildung der masculina und feminina folgen und auch für den nom. sing, sich dieses Casuszeichens bedienen. Mit recht hat Grimm

168 Westphal

a. a. o. auch für den gothischen accusativ sing, der vocalischen stamme die endungen an, in, un als die ursprünglicheren aufge- führt. Aber das auslautende n schien dem gothischen sprachor- gane von nicht minder unerträglicher härte, als die auslautende dentale muta; es mufs wie diese entweder abfallen oder durch annähme eines hülfsvocales a zum inlaute werden. Wo abfall eingetreten ist, da ist in mehrsilbigen Wörtern auch der vor dem n stehende vocal a und i geschwunden, während sich u unver- letzt erhalten hat. Apokope und annähme des hfllfsvocals sind aber für das accusativzeichen nicht willkürlich bei demselben worte gebräuchlich, wie dieses bei dem neutralen t der fall ist, sondern die apokope ist auf die substantivstämme und die weib- lichen pronomina und adjectiva die annähme des hülfevocals auf die männlichen pronominal- und adjectivstämme beschränkt. So wird J?an, hvan, gödan zu )>ana, hvana, gödana, die substantiva giban (statt giban), sunun, handun zu giba, sunu, handu; stdlan, ▼aurdan, munin, mahtin zu stol, vaurd, mun, mäht, indem hier aufser den auslautenden n auch der kurze vocal a und i abfallen mufs. Auch in den übrigen germanischen dialekten scheint die- selbe behandlung des accusativzeichens stattzufinden. Dafür spricht wenigstens der altsächsische und angelsächsische dialekt, wo das männliche pronomen und adjectivum im acc. sing, auf na oder ne auslauten. Nächst J?ana, )>ena, J>ane, ]>ene, blindana, blindane, ags. ]>one, J?äne, blindne.

2) Die endung des genit. plur. ist am oder säm, jenes im nomen (skr. uxanäm, gr. Ttaregoop)^ dieses vorzugsweise im pronomen (skr. t£shäm, täsam). Ebenso sind auch im gothischen diese endungen unter die nomina und unter die pronomina und unter die damit gleich flektirten adjectiva vertheilt; ihr langes & ist zu e und bei femininalstämmen auch zu 6 geworden. Aber von den so entstehenden endungen cm, 6m, sem, söm oder en, 6n, sen, sdn wird der auslautende nasal nicht geduldet, daher die for- men stöle, godaize, gibo, gödaizo, mune, mähte, sunive, handive, bröj?re, auhsne, abne\ Die Vermeidung des basalen auslautes durch annähme eines auslautenden hiilfsvocals findet hier nicht statt $ vielleicht ist die gröfsere schwere der langvocalischen endung der grund davon.

3) Die stammendung n zeigen die mascul. auf an im nom., voc. sing., die neutr. aufserdein auch im accus. Im voc. and im nom. -accus, der neutra kann hier niemals ein flexionszei-

das auslautsgesetz des gothischen. 169

chen gestanden haben , und auch der nom. des masculinums' bie- tet bis auf das griech. fi&ag and rakag (statt ptlav-g, idlav-g) in keiner der verwandten sprachen eine nominativendung, so dafs dieselbe, wenn sie hier ursprünglich bestanden hat, schon in der nrzeit aufgegeben sein mufs, and dafs also von dem Standpunkte des gothischen aus in allen genannten formen der an -stamme der consonant n als ursprunglicher auslaut anzusehen ist. Ein ur- sprungliches n wird aber im gothischen auslaut nicht geduldet, und daher ist der abfall des n, der in manchen der hierher ge- hörigen formen auch für das griech. und latein. und überall im skr. statt findet (homo neben nomen, ovopa neben rt'xTcw, näma, taxä) im gothischen durchgehendes gesetz. So werden die stamme guman, auhsan im nom. voc. sing, zu guma, auhsa; naman, augan im nom. acc. voc. zu namo, augö. Die Verlängerung des a zu 6 in den neutralen stammen ist eine dem gothischen eigen thümliche erscheinung, welche von der analogie aller anderen sprachen ab- weicht. Denn diese lassen die Verlängerung vielmehr in den männlichen stammen eintreten, bewahren dagegen in den neutra- len die kürze des vocals. Wir vermögen diese erscheinung nur so zu erklären, dafs wir für das gothische eine ausdehnung der vocalverlängerung auf alle an -stamme annehmen, sowohl auf die neutralen als die männlich en ;. es mufs im goth. einst gumä und namä gesprochen worden sein. Das lange ä ist bei neutr. zu ö, bei masc. zu a geworden, ähnlich wie die auf ä auslautenden fe- minina diesen vocal bald zu a, bald zu 6 verändert haben. So- mit ergiebt sich auch der grund, weshalb in guma, ausha das a der endsilbe nicht abgeworfen ist: es ist wie in giba aus ä ent- standen und wird deshalb beibehalten; denn nur das ursprünglich kurze a mufs' in einer endsilbe weichen.

Auslautendes s.

s erscheint in den ursprünglichen endungen des nom. sing., genit. sing., nom. plur., acc. plur., dat. plur.

1) Die endung des nomin. sing, ist s bei den männli- chen a-, und den männlichen und weiblichen i- und u -stammen, in Übereinstimmung mit den verwandten sprachen. Auslautendes s wird im goth. geduldet, weshalb sich in den genannten stam- men das nominativzeichen erhalten kann. Es fehlt in einigen pro- nominal8iämmen wie sa, J>u, wo auch die meisten übrigen spra- chen den casus unbezeichnet lassen, o, skr. sa, lat. tu, cv. Von

170 Westphal

den cd dangen as, is, us behält aber nur die letztere ihren vocal z. b. sunus, handus, fotus; as und is müssen nach dem oben ge- nannten lautgesetze den vocal aufgeben und daher wird vigas, stölas, matis, mahiis zu vigs, stöls, mats, mahts synkopirt. Nur in dem einen falle kann a nicht synkopirt werden, wenn es mit einem vorhergehenden j zu ei oder ji sich vereinigt hat: hairdeis, bökareis, harjis stalt hairdjas, bökarjas, harjas. Tritt durch diese synkope das nominativzeichen mit einem vorhergehenden s in un- mittelbare Verbindung, so wird anstatt des ss nur einfaches s ge- sprochen, also ans, drus, hals statt anss, druss, halss. Derselbe wegfall des nominativzeichens tritt auch oft bei vorhergehendem r ein: vair, gabaur, stiur, hva]>ar, unsar statt vairs u. s. w. Wir können die durchgängige Übereinstimmung nicht unerwähnt las- sen, worin das gothische in seiner singularen nominativbildung mit dem qmbrischen, oskischen, zum theil auch mit dem latein. steht, o (aus a) und i lallt aus vor s: Pompaiians, horz, cevs, Ikuvins, pihaz, fons statt Pompaiianos, hortos, cevis, Ikuvinos, pi- hatos, fonis, aufser wo j vorhergeht: Aadiriis, Trutitis statt Aadtr- jos, Trutüjo«. Hinter r schwindet auch das s-: pacer. Ebenso im latein. mens statt mentis, vir statt virus.

Stämme auf ä, an, tar haben im goth. kein nominativzeichen. Der grund davon ist nicht in den lautgesetzen des gothischen zu suchen, da dieser mangel des nominativzeichens auch in den übri- gen sprachen sich findet, und mithin der Standpunkt des gothi- schen als ein ursprünglicher sich darstellt. In den übrigen spra- chen zeigt der singul. nominativ dieser stamme Verlängerung des vocals; griech. %&Qa, tifiij, noiprjv, daificov, narriQ, qt^wq^ das gothische hat die länge nur bei den neutralen stammen auf an bewahrt, während sonst Verkürzung des a zu a eingetreten ist: giba, guma, fadar wie im griech. Möoa, Xeaiva. Die ursprüng- liche länge zeigt sich darin, dafs der vocal nicht verschwunden ist; denn ursprünglich kurzes a hätte in der endsilbe apokope erleiden müssen.

2) Endung des genitiv sing, ist s sowohl für vocalisch als consonantisch auslautende stamme. Meist unterscheidet die Verstärkung des vorhergehenden vocals oder einschiebung eines a den genitiv von dem nominativ: skr. nom. aris, pa$us, gen. ares, pacos, in den Veden auch aryas, pagvas, griech. nom. nolig, nrj- yyg, gen. nokemg und noXiog, »^«ws, iyx&vog. So unterscheidet

das auslantsgeselz des gothischen. 171

anch das gothische den genit. anstais, sunaus, bandaas von dem nomin. anst(i)s, sanas, handos. Das nordische schiebt hier wie das griech. und die angeführten veda formen ein a ein: belgjar, son(v)ar, wobei j häufig and v durchgängig ausfällt. Weibliche stamme auf ä behalten im genit. ihren langen vocal: gibös. Die konsonantisch auslautenden müssen die endung as zu s werden lassen, weil kurzes a sich in der endgilbe nicht halten kann: fadrs (nargog), namins (nominis). Die stamme auf a haben im gothischen die endung is, im sächs. as : ambahtas, nithas. Grimm gesch. d. d. spr. s. 647 setzt für das gothische dagis hiernach ein älteres dagas voraus. S. 914 verwirft er diese annähme, weil wenn der genitiv ursprunglich dagas gelautet hätte, er sich vom nomin. sing, dagas nicht unterschiede. Wir glauben mit unrecht, vielmehr mufs sich der genit. dagas von dem für den nominat. anzunehmenden dagas durch ursprüngliche länge der endsilbe un- terschieden haben, so dafs hier dasselbe verhältnifs gewaltet hat, wie in sunus und sunaus. Die ursprüngliche länge der genitiv- endung ist zugleich der grund, dafs hier der vocal nicht synko- pirt werden konnte, während das kurze a im nomin. dagas sich nicht zu halten vermochte. Auch für das gothische dagis müssen wir eine ursprüngliche länge der endsilbe voraussetzen, weil sonst das i hätte synkopirt werden müssen. Doch lassen wir es dahin gestellt, ob dagis aus dem im s. erscheinenden dagas hervorgegan- gen ist, oder ob das i hier einen ähnlichen Ursprung hat, wie im lat. illiu8, umbr. puples, gr. ifieio. Dasselbe gilt auch von dem genitiv der männlichen i- stamme, die hier den a stammen analog ein is darbieten.

3) Endung des nomin. plur. ist s für männliche und ' weibliche stamme, vor welchem wie im genit. sing, entweder verlängerter vocal oder eingeschobenes a erscheint: stölos, gibös, muneis, sunjus, skr. pädas, sünavas. Consonantisch auslautende stamme haben die endung as: skr. uxänas; im goth. kaun aber der kurze vocal der endsilbe nicht bleiben, daher die form auh- sans. Statt des hier zu erwartenden fadars finden wir aber fadr- jus, indem die tar- stamme im plur. meist nach analogie der u- stämme flektirt werden.

. 4) Die endung des accus, plur. ist ns bei männlichen und weiblichen i- und u- stammen: stölans, munins, mahtins, su- nuns, handuns. Lang vocalisch auslautende feminina haben s wie

172 Westphal

im skr.: gibos; consonantisch auslautende stamme nehmen vor s den bindevocal a an, skr.uxanas, der aber im gotb. als kurzer endsilbenvocal sich nicht halten kann.

5) Die endung des dativ plnr. war im germanischen ursprünglich mis, entsprechend den litauischen instrum. plur. ran- kömis, avimis, sunumis. Im altslavischen erfährt diese endung apokope des auslautenden consonanten, daher die formen gostimi. slugami, im golhischen synkope des kurzen vocals, und so ent- steht hier die endung ms, die sich im altnordischen tveimr und ]>rimr erhalten hat. Sonst ist im nordischen und überall im gotb. das ms zu m verkürzt: fiskam, gödaim, giböm, munim, sunnm; bei stammen auf an mit bindevocal a: abn-a-m, valn-a-m. Der abfall des s scheint vielmehr in dem allgemeinen streben der spräche nach kürze der formen, als in einem bestimmten lautge- setze seinen grund zu haben, da eine auf s auslautende doppel- consonanz in stolans, saihs, gibats sich findet. Eine spur der ur- sprünglicheren endung ms haben wir in dem beharren des kur- zen vocals a und i; denn in einer endsilbe kann sich kurzes a und i, wie es in fiskam, munim und besonders in abnam, vatnam sich zeigt, nur dann erhalten, wenn dieselbe auf eine doppelcon- sonanz ausgeht oder ursprünglich nicht endsilbe war, sondern hin- ter ihr eine andere endsilbe verschwunden ist.

Auslautendes r. r begegnet uns im nomin. und voc. sing, der stamme auf tar: brö)>ar, fadar, r ist neben s der einzige consonant, wel- cher im auslaute stehen bleiben kann, daher ist auch hier die volle endung }>ar und dar bewahrt. Nur insofern hat diese die ursprünglichere form verloren, als der lange vocal ä, welcher hier wie bereits oben bemerkt, seine stelle hatte, zu a verkürzt ist. Die frühere länge ist der grund, weshalb das a keine synkope erlitten hat, denn ursprünglich kurzes a hätte nach gothischem lautgesetze aus der endsilbe weichen müssen.

Auslautende vocale. 1) Wo ein stamm auf a, i, u als erstes glied eines compositums erscheint, ist das auslautende a, i zum inlaute ge- worden und daher findet hier das lautgesetz vom abfall der end- vocale keine an Wendung. Nur ausnahmsweise tritt synkope ein: gu]>bl6strei8 statt gu)>abl6streis , gudhus, veindrunkja, ]?iumagus, allvaldans, hauhhairtei, bru)?faj?s.

das anslautsgesetz des golhischen. 173

2) Der vocativ sing, ist bei consonantisch auslautenden Wörtern und bei adjectiven und pronom. dem nominative gleich, wie diefs auch mehr oder weniger in anderen sprachen der fall ist. Bei substantivstämmen auf a, i, u sind nom. und voc. von einander unterschieden, indem der letztere das casuszeichen des nominativs nicht annimmt. Daher erscheint hier bei den genann- ten stammen vocalischer aaslaut a, i, u, von welchem der letz- tere ähnlich wie im skr. zu au verstärkt werden kann, so dafs z. b. sunu und sunau mit einander wechseln (Luc. 18, 38 und 39). Die Wörter auf a und i können ihren endvocal nicht be- halten, daher stöl, vaurd, mäht statt stola, vaurda, mahti.

3) Nomin., voc. sing, der feminina auf ä. Das lange ä erscheint nur in so und hvö, sonst wird es zu a verkürzt, das aber seines Ursprungs wegen keine apokope erleiden kann.

4) Nomin., accus, plural. der ueutra hat überall a zur endung, vaurda, göda, ija, }>rija, namna, hairtöna, gödöna. Das beharren des a weist auf ursprüngliche länge hin, und diese wird bestätigt durch die pronominalform ]>6.

5) Der instrumentalis sing, hat die endung ä, welche im althochdeutschen zu u wird. Im goth. erscheint der instru- mental nicht als besonderer casus, sondern nur iu einigen adver- bialformen mit modalitätsbedcutung wie }>£, sve, hve, svare, simle. Aufserdem sind hierher noch eine reihe anderer formen zu rech- nen, welche sich zu den genannten verhalten wie die griechischen dat.-locat. anf cpi zu denen auf «. Zwischen die stamm- und in- 8trumentalendung ä ist hier der dem griechischen g> entsprechende consonant b getreten. Der auslaut ä ist zu a verkürzt: abraba, bairhtaba, bal)>aba, hauhaba, vair]>aba, agluba, harduba.

6) Den dat. sing, hält Bopp vergl. gramm. s. 190 für ur- sprünglich identisch mit dem instrumental und sieht demnach in vulfa, sunau, ahmin, br6J>r, gibai, ^izai keine eigentlichen dative, sondern instrumentale, als deren ursprüngliche formen er vulfä, sunavä, ahminä, gibaiä, )>izaiä aufstellt. Wir können hiermit be- sonders aus dem gründe nicht übereinstimmen, weil das ahd. und skr. beide casus, den dativ und instrumental, für die minnlichen stamme durch besondere formen unterscheiden, dat. fiska, palka, instrum. hskü, palkü. In diesen dialekten wird man doch sicher nicht den dativ als ursprüngliche instrumentalform auffassen und den vedischen und zendischen formen wie savjä, bhräträ, bähavä, pacvä, mit dem griechischen na.vtr\% mj, dorisch ftawa, na iden-

174 Westphal

tificiren wollen, da diesen instrumentalformen der verwandten sprachen vielmehr das ahd. und sächs. fiskü, palku nicht blofs der form, sondern auch der bedeutung nach entspricht. Für den ahd. und skr. dativ mufs eine andere erklärung gesucht werden. Da nun aber der dativ des gothischen mit dem ahd. und s. dativ identisch ist, so dürfen wir auch den gothischen dativ nicht als instrumental aufTassen.

Wir haben in den dativen des gothischen und seiner dialekte vielmehr den vocal i als ursprüngliche casusendung anzunehmen, dessen sich auch das griech. als dativzeichen der meisten stamme bedient. Diefs geht aus dem altnordischen hervor, harmi, gammi; barni, fati; syni, megi; belg; femin. giöfu, grönu; tonn, hönd; ast(u). Wie verhalten sich zu diesen nordischen dativen die go- thischen? In den a-deklinationen tritt dem nordischen armi, stoli, Jriofi ein arma, stöla, ]>iuba, dem neutralen barni, orfJi ein barda, vaurda gegenüber. Grimm gesch. d. deutsch, spr. s. 915 setzt dem nordischen zufolge auch für das gothische eine ursprünglichere casusendung i an. Aber wie soll aus i ein a hervorgegangen sein? Grimm selber findet diefs auffallend. Wir müssen sagen, es steht im Widerspruche mit allen bis jetzt bekannten lautgesetzen, welche man zu gunsten einer erklärung umzustofsen kein recht hat, wenn die form auf anderem wege gedeutet werden kann. Einen sol- chen weg zeigt die nordische form. Grimm erklärt am a. a. o. das nord. dativzeichen i für ein achtes, also für ursprüngliches i und findet hierfür den beweis in dem umlaute, welcher ausnahms- weise in degi erschiene. Wir können uns dieser neuen ansieht Grimms nicht anschliefsen und müssen vielmehr zu der zurück- kehren, welche er d. gr. I, 651 aufgestellt hat. Hiernach ist das dativ -i unorganisch, weil es keinen umlaut bewirkt; ursprüngli- ches i hätte noth wendig die dative hermi, gemmi, hlynni, doemi hervorgerufen; statt dessen lauten sie ohne umlaut harmi, gammi, hlunni, ddmi. Die ausnähme degi statt dagi rechtfertigt Grimm durch den auch bei anderen a -stammen vorkommenden Übergang in die u-deklination. Es fragt sich nun, woraus dieses nicht umlautende i hervorgegangen ist. Zunächst vergleicht es sich dem i präsentischen Optativs, fari, farir, galli, blasim, blötirj, gioti. Auch hier bewirkt i keinen umlaut, während von den gleichlau- tenden endangen des optativischen perfecta der umlaut eintritt: foeri, foerir, gyti, gytim u. s. w. Diese verschiedene geltung des i hat ihren grund in der verschiedenen entstehung desselben. Das

das aaslaotsgeeetz des gothi sehen. 175

umlautende ist ursprungliches i (gothisch ei, ahd. i: föreis, föreima, fuorimes, fuoris), das nicht umlautende ist aus dem diphthongen ai hervorgegangen (vgl. farir mit goth. farais, ahd. fares).

Nach dem gesagten kann kein zweifei sein, dafs auch das i jener nordischen dative der a-deklination aus ai hervorgegangen ist, und dafs wir demnach für stöli, harni, ]>iofi ein älteres sto- lai, harnai, J>iofai anzusetzen haben. Das nordische hat hier das ai wie in optat. präs. zu i kontrahirt, aber in dem fehlende um- laute die reste der früheren form erhalten.

Die form ai stellt sich demnach auch für das gothische als die ursprüngliche endung der männlichen und neutralen a-stämme dar; sie ist in der uns vorliegenden gestalt ihres i verlustig ge- gangen und zu a verkürzt, stölai, barnai, vaurdai sind zu stöla, barna, vaurda geworden. Ebenso sind auch die pronominal- und adjeetivformen )>amma, gödamma aus ]>ammai, gödammai hervor- gegangen. Entsprechen diese gothisch en dative ihrer form nach den griechischen lokativen otxoi, pt^o*, noX, 'Ia&poi, oder den dativen otxwi, fiv%(oif ftrffyiwt? Ist das a in stolai ein ursprüng- lich kurzer dem griech. o analoger, oder ein ursprünglicher langer dem griech. o> analoger vocal? Das letztere haben wir wenigstens für die pronominalen dative anzunehmen. Die dative von hva, hvarja, hva)>ara und aina lauten nämlich mit folgendem h und hun verbunden hvammöh, hvarjammeh* ainummehun, hva]>aram- meh, ohne zweifei ursprünglichere formen als die einfachen hvam- ma, hvarjamma, ainamma, da auch in anderen fällen vor diesen Partikeln die ältere form gehalten ist*). Hiernach müssen die pronominalen dative auch im isolirten zustande die endung amind oder ammä statt amma gehabt haben, und somit ergiebt sich nicht ammai, sondsrn ammäi als ursprüngliche dativendung, welche ge- nau mit der pronominalen dativendung des skr. asm&i überein- stimmt Ob auch die dativendung der substantiva ein ursprüng- liches ai statt ai gewesen ist, mögen wir nicht entscheiden.

Ist aber wie wir erwiesen haben das masculine )>amma, imma mit dem skr. tasmäi, asm&i seiner endung nach völlig iden- tisch, so hat auch das femininale }>izai, izai mit dem skr. tasjäi, asj&i ein und dieselbe endung. Das skr. äi ist also im goth. fem. zu ai, im masc. und neutr. mit abfall des i zu a oder ö gewor- den. Bei )>izai, izai kann von einem abfall eines casuszeichen,

*) vergl. aina und ainohnn, hweila und hveildhun.

176 Westphal

welchen Bopp anzunehmen genöthigt ist, eben so wenig die rede sein wie bei dem sanskr. asjäi, tasjäi. So stimmt auch der gothi- sche geniiiv {uzos, izos durchaus mit dem sanskritischen tasjäs, asjäs.

Diese folgerang führt ans auf die erklärung des dativs der substantivischen a -stamme. Hat in dem pronominalen J>izai, izai kein abfall eines Casuszeichens statt gefunden, so darf diefs auch nicht für gibai statuirt werden, sondern wir haben vielmehr in ai die cotnbination des Casuszeichens mit dem stammsuffixe zu sehen, gibai, godai entspricht demnach dem griech. axiäi, dya&rji, dem latein. aolae, aulai.

Für die gothischen a- und ä- stamme besteht die dativendung also in dem vocale i, welcher mit dem stammsuffixe zu ai zu- sammentritt. Die a- stamme haben die dativendung ai unverletzt bewahrt, die a -stamme dagegen das i eingebüßt und somit den für den dativ charakteristischen laut verloren. Eine gleiche apo- kope hat bei den consonantisch auslautenden stammen statt ge- funden, gumin, namin, fadr steht statt gumini, namini, fadri, ent- sprechend dem latein. homini, nomini, patri, dem griech. najqL, noifievi. Nach gothischem lautgesetze mufste das kurze i in der endsilbe abfallen. Hiernach ist auch in sunau der abfall eines i zu statuiren. Nur dem anscheine nach ist es dem skr. locaL sunau identisch, wie bereits Bopp vergl. gr. s. 191 bemerkt hat. Doch können wir seiner annähme von dem abfalle eines ä nicht beistimmen, da nach analogie von gibai vielmehr die form sunavi vorauszusetzen ist, eine dativbildung , welche dem griech. aaret, mjxei statt aarepi, mfaifi gleich kommt. Hier hat den lantge- setzen der spräche gemäfs synkope des /-, dort apokope des i statt finden müssen. Für das ursprüngliche Vorhandensein des i im dativ der u- stamme legt das nordische syni unabweisbares zeug- niffl ab, welches ebenso aus synvi, wie der genitiv sonar aus son- var entstanden ist.

Wie verhält es sich endlich mit dem dativ der femininalen stamme auf i, denn die entsprechenden masc. können hier anbe- rücksichtigt bleiben, da sie im ganzen goth. Singular nach analo- gie der a- stamme flectirt werden? Wir glauben nicht, dafs vistai, mahtai, dedai u. s. w. einen abfall des dativzcichens erlitten ha- ben, sondern stellen die form mit dem genit. plur. viste mähte, dlde zusammen. Hier ist von der genitivendung e der stamm- vocal i verdrängt, dede steht statt dedie oder wie Grimm will

das auslautsgesetz des gothischen. 177

(gesch. d. d. spr. s. 912), statt dedije. Ebenso hat auch im da- tiv eine synkope des stammvocals statt gefanden, vistai ist ans vistiai oder yistjai hervorgegangen und mit dem skr. dat. vastjäi identisch.

Fassen wir das gesagte zusammen, so ergiebt sich folgendes resultat. Die gothische dativendung ist ai oder i. Nach den lantgesetzen aber mufe i weichen, daher die formen fadr, gumin statt fadri, giimini; sunau statt sunavi. Auch in ai weicht das i bei männlichen und neutralen stammen, stola, vaurda, }>ainma statt stolai, vaurdai, )>ammai, bleibt dagegen in den weiblichen auf a und i unversehrt: gibai, )>izai, dedai.

7) Den abfall eines auslautenden vocals haben wir endlich noch in einigen pronominalformen mis, ]>us, yit, jut, mik, }>uk, ik anzunehmen, mis und }>us ist, wie Bopp nachgewiesen hat, eine Verstümmelung von mismai and J?usmai. Das t in vit und jut ist der anlaut des Zahlwortes tvai< wie Grimm in seiner gesch. d. d. spr. dargethan hat. mik und J>uk ist eine kombina- tion von den accusativen mi and Bu, die ihr kasuszeichen n ver- lieren mufsten und einer enklitika, welche im griech. mit auslau- tendem vocale ya oder ye lautet: ifiivya, avye, iycoye. Die form ik verhält sich zu dem skr. aham in beziehung auf ihren auslaut ebenso, wie die konsonantisch auslautenden accusative sing, der gothischen a- stamme zu den auf am auslautenden des sanskrit; wie im accusativ stöl mufste auch in ik die endung am nach den lantgesetzen verloren gehen.

2.

Auslaut der verbalformen. Die reine verbalwarzel erscheint in den germanischen dia- lekten niemals isolirt; conipositionen wie tibicen sind denselben fremd. Daher lassen wir hier den auslaut der wurzel unberück- sichtigt und wenden uns blofs den flexionsendungen des ver- bums zu.

Präsensendungen.

1) sing, u. 3. plür. prfis. Dem gothischen sind im Vorzüge vor den übrigen germanischen dialekten die endungen des me- diums mit meist passivischer bedeutung und des activen duals verblieben. In einigen wenigen formen aber steht es dem hoch" deutschen an treuer bewahrung des ursprünglichen nach. Hierher

D. 3. 12

178 Westphal

gehört die endnng von 1. sing. Nor in dem einzigen im hat das gothische das rar diese person charakteristische m festgehalten, im hochdeutschen dagegen erscheint m noch In einer reichen zahl von beispielen, indem nicht blofs die wurzeln bi (bu), ga, stä, ta (dha) in 1. sing, pim, gäm, stäm, tnom bilden; sondern alle verba der zweiten und dritten schwachen konjugation auf 6m und em ausgehen. Auf einer früheren stufe mufs auch die ahd. bindevocalische starke und die erste schwache die endung um und jum statt u und ju gehabt haben, und somit ist auch für das gothische das m als allgemeine endung der 1. sing, voraus- zusetzen, giba, satja, salbo, ]>aha sind aus gibam, satjam, salböm, )>aham hervorgegangen, aber nur der bindevocal ist geblieben.

Die 2. und 3. sing, und 3. plur. haben hinter dem bindevo- cale ihr personal- und numeruszeichen erhalten: gibis, gibi)>, gi- band, ahd. gibis, gibit, gibant. Wie diese formen uns vorliegen, scheinen sie den oben aufgestellten auslautsgesetzcn , die sich für die deklination überall bewährten, zu widersprechen. Das m der ersten person, das ]> nnd d in 3. sing, und plur. sowie der binde- vocal i müfste abgefallen sein. Denn es kann als consonantischer auslaut nur s oder r und als vocal der endsilbe nur u oder ein durch quantität oder position langer vocal geduldet werden. Die- ser Widerspruch fuhrt notwendig zu der annähme, dafs 1. 3. sing, und 3. plur. ursprünglich einen anderen auslaut als m, ]>, nd und dafs namentlich 2. 3. sing, einen anderen endsilbenvocal als den bindevocal i gehabt haben. Die vergleichung der verwandten sprachen ergiebt sofort die form des ursprünglichen auslauts, denn diese aHe zeigen in den genannten präsensformen des aktivs ein auslautendes i hinter dem personalzeichen. Skr. tudämi, tudasi; tudati, tadanti. Griech. didapi, ical, Mdwai and didoaai, dorisch didmri und didorti, Ijecn oder fyofTi. Altslavisch dami, dasi, dastt, dadanti, vezeshi, vezeti, vezonti. Litauisch dumi, dudi, dusti, dusti. Auch in den latein. präsensformen hat einst der vocal i im auslaute seine stelle gehabt, wie das in den frgm. der salia- rischen gesänge erhaltene tremonti beweist.

Hiernach lauteten einst die gothischen präsensformen in den genannten personen gibami, gibisi, gibij>i, gibandi, aber das schlie- fsende i fügte sich dem gothischen lautgesetze, welches kein kur- zes a und i in der endsilbe duldet. Dagegen brauchten weder die consonanten der endungen, noch die ihnen vorhergehenden bindevocale zu weichen, weil jene ursprünglich nicht auslautend,

das auslautsgesetz des gothischen. 179

sondern inlautend waren, und diese nicht die letzte, sondern die vorletzte silbe bildeten.

Eine gleiche apokope des i wie im aktiv hat auch im me- dium stattgefunden. Die verwandten sprachen haben hier den ausgang ai, diÖopat, ftidorai, didowcu, skr. mit contraction des ai zu c: tud6, tudase, tudate, tudante, und fast ebenso auch das zend. Das gothische hat von dem diphthong ai das i verloren und somit statt azai, adai, andai die endungen aza, ada9 anda. Die gothischen medialen präsensformen stehen mit den dativen stola, J?amma, die aktiven mit den dativen gumin, fadr auf der- selben stufe. Wie gumini und fadri, so haben ligisi, ligtyi, H- gandi, wie stolai und J>ammai, so haben ligazai, ligadai, ligandai ihr i verloren.

2) 2. plur. u. dual. präg. J)iese enden im skr. auf tha and thas, im griech. auf re und rov. Auch alle übrigen sprachen, welche plural und dual unterscheiden, haben für den plural eine vocalisch auslautende, dem tha und re analoge endung, der man- gel an einem auslautenden consonanten bezeichnet den unterschied des plurals vom dual. Das lat. bedient sich der endung tis so- wol für dual als plural, nachdem hier die Unterscheidung beider mehrheitsformen durch besondere endungen aufgehört hat. Das gothische hat sich in diesen endungen völlig dem skr. angeschlos- sen; dem indischen tudatha, tudathas entsprechend mufs das go- thische die formen gibfya und gibaf>as gebildet haben, aber we- der das auslautende a des plur., noch das inlautende des dual konnte im gothischen geduldet werden, und so mufsten die vor- liegenden- formen gibij> und gibats entstehen. Ebenso ist auch das ahd. gebat zu erklären, nur dafs dieses den bindevocal nicht zu i geschwächt, sondern in seiner ursprunglicheren form a be- wahrt hat.

3) 1. plur. u. dual. präs. Die pluralendung der ersten person hat das ahd. treuer bewahrt als das gothische. Das ahd. zeigt die endung mes oder mit bindevocal atnes, entsprechend dem dorischen opes, skr. ämas, lat. imus. Das gothische dagegen hat die numerusbezeichnung verloren und blofs das personalzeichen mit dem bindevocale: am erhalten. Die entstehung dieses am ist ähnlich wie die der pluralen dativendung am, im, um. Hier war die ursprüngliche form amis, imis, umis; das kurze i der endsilbe mufste ausfallen, und so hat auch das kurze a der ersten perso- nalendung amas eine synkope erleiden müssen, während dasselbe

12*

180 WesLphal

im ahd. durch Verlängerung zu e geschützt war. Von den so entstehenden formen gibams, st 61a ms hat das goth. auch das s abgeworfen; im verbum ist es durchgängig vom ahd. (gebames), im nomen wenigstens einzeln vom nordischen (tveimr, J>rimr) erhalten.

In der ersten person wird der dual vom plural durch den Wechsel des personalzeichens m mit v unterschieden, die ursprung- liche endung ist vas, mit bindevocal avas; skr. ävas, lit. ava, siav. eve und eva. Das v ist im goth. optat. ligaiva bewahrt, im präs. dagegen finden wir statt der zu erwartenden endung avas ein ös: ligös. Das a der endsilbe in avas mufste nach den lautgesetzen ausfallen und so zunächst Äie endung avs entstehen, av aber geht vor folgendem consonanten in au über wie im nom. sing, die aus J>ivas synkopirle form ]>ivs (vgl. gen. ]>ivis, plur. J>ivos) zu }>iu8 werden mufs. Der dipbthong au endlich ist zu 6 kontrahirt und so die endung 6s gebildet worden. Die Über- gänge avas, aus, 6s haben an tavida, taujan, tojis ihr ebenbild. Diefs ist die entsteh ung der gothischen dualendung 6s, wie sie den gothischen lautgesetzen und namentlich dem gesetze des auslautes gemäfs ist. Unrichtig ist Bopps annähme (vgl. gr. s. 637), welcher die ursprüngliche endung avas mit ausfall des v zua-as und dieses zu 6s werden läfst.

Aus der Umgestaltung, welche 1 pl. und dual im gothischen erfahren haben, zeigt sich, dafs amas und avas, nicht aber amasi und avasi die ursprünglicheren gothischen endungen gewesen sind. Auf frühster stufe mufs natürlich auch das gothische wie die ve- densprache und das zend. jene volleren formen mit auslautendem i gehabt haben, aber der abfall geschah im gothischen viel frü- her in 1. pl. und dual, als im sg. und 3. plur., wie ein gleiches auch namentlich für das sanskrit nachzuweisen ist. Zu der zeit nämlich, als die auslau tsgesetze in der gothischen spräche auftra- ten und den abfall eines kurzen vocals der endsilbe verlangten, zu der zeit hatte amas und avas sein schliefsendes i bereits ein- gebüfst, wogegen dieses in ami, isi, i)>i, andi noch fortbestand. Daher mufste hier das auslautende i, dort das inlautende a wei- chen und die Verstümmelung zu ams und avs (6s) eintreten; hät- ten die auslautsgesctze das schliefsende i in erster plural- und dualperson noch angetroffen, so würden uns auch jetzt noch die formen amas und avas vorliegen.

das auslantsgesetz des gothischen. 18t

Optati yendungen.

1. sing, und 3. plur. optat. Die optativendungen un- terscheiden sich von den indikativen präsensendungen nicht bloe durch den modusvocal i, welcher vor dem personaizeichen er- scheint und mit dem bindevocale in den diphthongen ai übergeht, sondern auch in der form des eigentlichen personalzeichens. Am deutlichsten tritt dieses im sanskrit hervor. Das auslautende i der präsensendungen fehlt hier durchgängig; dem mi, si, ti, anti steht im optativ ein jäm, jäs, jät, jus, dem ämi asi, ati, anti ein ejam, es, et, ejus gegenüber. Aehnlich im griechischen, dem (pijpi, cprjg, (ptjGh gpaffi im optativ <fair\v, yaiqg, paiy, yaiev.

Derselbe unterschied findet auch im gothischen und den übri- gen germanischen dialekten, namentlich dem althochdeutschen statt. Ahd. salpöm, salpös, salpot, salpont, opt. salpoe, salpöes, salpoe, salpoen; goth. gibis, gibij>,' giband; opt. gibais, gibai, gi- baina. Um von 1. sg: zunächst hier abzusehn, so zeigt die 3. sing, und plur. im präsens ein J>, im optativ kein personalzeichen, im präsens ein nd, im optativ ein na. Nur die 2. sing, hat sowohl im präsens als im optativ ein s. Der unterschied dieser form beruht auf demselben principe, welches in den präsens- und den optativendungen des sanskrit und griechischen waltet. Im gothi- sehen hatten jene, wie wir gezeigt, ein schliefsendes i, diese hin- gegen einen schliefsenden consonanten. Dort griffen die auslauts- gesetze den schliefsenden vocal, hier den schliefsenden consonan- ten an. Denn kein anderer ursprünglicher consonant als s und r kann am ende stehen bleiben, und somit kann von den in rede stehendem optativformen blos die 2. sing, ihre ursprüngliche volle form behalten: ligais, ahd. liges, wie im griech. Xiyoig, skr. tu- des. Die 3. sing, ging auf \ aus, skr. tudet. Im gothischen und den übrigen germanischen dialekten konnte dies so wenig, wie im griech. und slavischen geduldet 'werden, daher ist das ur- sprüngliche ait in allen diesen sprachen seines consonantischen personalzeichens verlustig gegangen, gothisch gavigai, griech. fyo*, altslav. vezi statt gavigait, ejotr, vezit.

Die 3. plur. endet im griech. auf sv: (paievy Xe'yoiev. Im gothi- schen mufs hier derselbe auslaut bestanden haben, aber die aus- lantsgesetze beider sprachen differiren darin, dafs sich dort ein schliefsendes v behauptet, während es hier ebenso wie schliefsen- des t, \ als härte erscheint und deswegen vom auslaute entfernt wird. Dazu stehu dem gothischen zwei mittel zu geböte * es

132 Westphal

lSfet den consonanten entweder abfallen oder durch hinzufügung eines hülfsvocals a zum inlaute werden Bei dem n der 3. plur. ist das letztere geschehen, die endung ain ist zu aina geworden wie ]>an zu ]>ana, wie ]>at zu ]>ata. Zu den medialendungen ada, aza, ända steht der optativ aina in keiner bezieh ung; dort ist das a das ursprüngliche, den verwandten sprachen gemeinschaft- liche medialzeichen, hier eine blos euphonische entwicklung, die dem gothischen eigenthümlich ist. Bopp läfst (vgl. gr. s. WQ eine doppelte möglichkeit gelten, einerseits dafs a in aina unor- ganisch sei, andererseits dafc aina durch Umstellung aus aian, griech. ow entstanden sei, «zieht aber die letztere ansiebt vor, weil sie besser mit der urgrammatik stimme. Wenn wir daran festhalten, dafs das gothische ein ursprüngliches schliefsendes n ebensowenig duldet als ein auslautendes ]>, so kann a nur für einen unorganischen, d. h. erst später hinzugetretenen dem gothi- schen eigentümlichen laut erklärt werden. Das sächsische und angelsächsische hat wie bei ]>ata, blindata, so auch in der vor- liegenden verbalform den hülfsvocal wieder aufgegeben, während es denselben hinter dem aecusativzeichen n bewahrt hat, ]>ana, )>one, blindana, blindne. Ebenso auch das hochdeutsche.

Aus der beschaffenheit der 3. pluralperson haben wir noch ein weiteres resultat für die gothischen ausiautsgesetze zu ziehen. Die ursprüngliche endung mufs aint gelautet haben, wie im la- teinischen legent ament. So sollte man auch für das gothische nicht die form ligaina, sondern ligaind-a erwarten. Aber ehe im gothischen das gesetz über den auslautenden einfachen conso- nanten auftrat, und den abfall desselben oder die annähme eines hülfsvocales verlangte, hatte sich bereits das auch im skr. und den übrigen sprachen vorhandene gesetz über die zulässigkeit oder unzulässigkeit einer auslautenden doppelconsonanz geltend ge- macht, vermöge dessen nur solche doppelconsonanten geduldet wurden, deren zweiter ein s war, dagegen jeder andere den zwei- ten consonanten verlieren mufste. In Übereinstimmung mit dem skr., zend., griech., slavischen mufste das gothische nt sein t auf- geben und ligaint zu ligain verkürzt werden. Das hierin sich kundgebende streben nach Weichheit des auslautes, ging aber im gothischen noch weiter und griff auch einen auslautenden ein* fachen consonanten an. Auf dieser stufe wurde nur schliefsen- des s und r geduldet, jeder andere endeonsonant und somit auch

das auslautsgeseta des gotbischen. 183

das aus nt hervorgegangene n mnfste durch abfall oder annähme eines a vom auslaute entfernt werden.

In der 1. sing. opt. hat das ahd. die endung e, welche ohne zweifei wie es, emes aus ai hervorgegangen ist. Hier zeigt sich kein m als personalzeichen, welches im präsens indikativ noch ziemlich häufig bewahrt ist. Man vergleiche salpom und salpoe, hapem und hapee. Im präsens bildet nicht m sondern mi den ursprünglichen aaslaut, daher fiel der endvocal ab und m konnte bleiben; im optativ aber mufsle em zu e werden, weil m hier wie skr. tudejam im auslaute stand. Auf die entsprechende go- thische endung an können wir hier ebensowenig wie auf die medialen endongen aidao, aizan, aindau eingehn und behalten uns eine Untersuchung über deren Ursprung und stellang im gotbi- schen flexionssysteme für eine andere gelegenheit vor, da wir den bis jetzt darüber aufgestellten theorieen nicht beipflichten können.

Es bleiben uns hier von den optativformen noch die endung ai)> übrig, welche in bairai]> (Gal. 5, 10), tiuhai]) (1. Thess. 4, 14), 8vignjai]> (Col. 3, 15) statt ai als dritte sing, erscheint. Gabe- lentz und Lobe, welche zuerst auf diese formen aufmerksam ge- macht haben, sehen sie 1,315, 111,86 und 150 als entwickelun- gen einer spätem zeit an. Allein in späterer zeit konnte ein j> wohl abfallen, aber nicht antreten. Die geringe anzahl der bei- spiele weist keineswegs anf spätere bildung, wohl aber auf reste einer einst allgemeiner gebräuchlichen form hin. Für die 3. sing, opt. müssen einst die endungen ai und aij? neben einander be- standen haben. Wie ai auf aij>, so ist ai]? auf aij>i zurückzufüh- ren. Hier zeigt sich also eine optativform mit präsensvocale. Auch in andern sprachen kommen derartige btldungen vor. So im medium des zend büidhjoimaidhe mit dem ausgange des me- dialen präsens. Im griechischen, wo 1 . sg. act. in der bindevocal- losen conjugation die endung ir\v darbietet ohne auslautendes i, in Übereinstimmung mit dem skr. jam, tritt uns in derselben en- dung der bindevocalischen conjugation die endung aipi mit dem i des präsens entgegen, und nur in wenigen formen wie TQtyoiv zeigt sich hier die endung oi?, die wir hier nach analogie der sonstigen optativbildung erwarten sollten. In demselben Verhält- nisse wie igecpoiv zu rQeyoifu steht im gothischen bairai, tiuhai zu bairai]», tiuhai}) ; denn bairai]), tiuhai)? sind aus bairai]>i, tiu- haij>i, dagegen bairai, tiuhai aus bairai]), tiuhai]) hervorgegangen; von jenen mufste ebenso wie im präsens der kurze endvocal, von

184 Westphal

diesen der schlickende dental abfallen. So gehen im skr. .auch conjunktivformen mit schliefsendem i nnd ohne schließendes i nebeneinander her; neben asi steht äs, neben Ali die endung 4t- Hiernach ist die gewöhnlich aufgestellte regel, dafs der conjunk- tiv durch die personalendnngen des präsens, der optativ durch die des präteritums gebildet würde, zu beschränken. Auch fin- den conjunktiv erscheinen präteritumsenduugen wie für den Op- tativ auch präsensendungen. So gehören das skr. patäl, patas, das griechische *Qiyoii>, das gothische tiuhai der präteritumsklasse, dagegen patäti, patäsi, rpeipoipi, tiuhai]>, der präsensklasse an.

Man möchte versucht sein, in tiuhai]», bairai]> die letzten reste des sonst nach den lautgesetzen ablallenden }> zu sehen, allein diese annähme ist unstatthaft, da wir einerseits den principien, die sich überall als richtig bewährten, alle einzelnen vorkommen- den fälle unterwerfen müssen und da sich andererseits eine mit diesen principien völlig übereinkommende erklärung ergeben hat, die uns zugleich einen blick in den frühern formenreichthum der gothischen spräche thun läfirt. Wie uns oben der mangel des umlauts die ursprüngliche dativform erkennen liefs, so ist auch hier das J> ab letzte erinnerung an eine frühere mannigfaltigkeit gothischer formen übrig geblieben. Weswegen sollen wir end- lich dem gothischen weniger consequenz zutrauen als dem grie- chischen, welches neben Xiyoi in keinem einzigen beispiele das ursprünglichere Isyoii, neben ikeye kein ikeyet duldet? Weshalb soll dieses auslautsgesetz im gothischen nicht völlig durchgedrun- gen sein, da doch gerade das gothische in der beschrankung der auslautenden consonanten noch weiter gegangen ist als das grie- chische, und nicht blos die muta sondern auch den nasal im aus- laute verdrängt hat?

2) 1. und 2. plur. und dual opt. Im plural und dual der zweiten person kommt der optativ bis auf dem verschiede- nen modusvocal mit dem präsens indik. überein, wie dies auch im griechischen der fall ist. Vgl. ligt)> und ligai}>, ligats und li- gaits, Ufere und Xe'yoire, Uyerov und isyonor. Das hochdeutsche zeigt auch in 1 . plur. ideutität zwischen optativ und präsens Ke- gamta und legemes. Dagegen macht hier das gothische im plu- ral sowohl als im dual einen unterschied, indem es sich für den optativ der endungen aima, aiva bedient. Auffallend ist der aus- lautende vocal. Wir können nicht umhin, denselben für einen ursprünglich langen zu erklären, denn ein kurzes a hätte dem

das auslautsgesetz des gothischen. 185

lautgesetze zufolge, welches diesen vocal in der endsiibe nicht duldet, verschwinden müssen, wie dies in der tbat im indikativ geschehn ist, wo der dual avas zu avs und dieses zu 6s gewor- den ist. Im optativ mufs einst die endung aimas und aiväs ge- lautet haben; nur aus diesen langvocalischen endungen konnte sich ein aima und aiva entwickeln. Um so mehr grund haben wir für diese annähme, da auch das hochdeutsche in seinem plu- ral »ames und eines ein dual wird hier nicht gebildet die länge der endsiibe festgehalten hat. Das lange e ist hier ebenso als ein verlängertes a anzusehn wie im nominativ der adjectivi- schen a- stamme: guoter, plinter. Einen grund für die Verlänge- rung vermögen wir nicht anzugeben*), doch glauben wir an die entsprechende Verlängerung in dem skr. tudätäm, dem griech. Xeyoirrjv erinnern zu müssen, dem gegenüber die präsensendang unverläogerten vocal der endsiibe darbietet, tudatas liyvzov. Nach unserer oben aufgestellten ansieht hat das gothische einen solchen Wechsel zwischen kurzem und langem vocale, je nach dem prä- sens und optativ in 1. plur. und dual eintreten lassen.

Perfektendungen. Die 1. und 3. singularperson des perfekts ist in allen

*) Bopp (vgl. gr. s. 635) nimmt mit Graff einen nähern Zusammen- hang zwischen dem althd. mes und dem vedischen masi an; das am ende weggefallene i soll durch Verlängerung des a ersetzt oder in die vorhergehende silhe zurückgetreten sein und mit dem a sich zu e ver- einigt haben. Allein hiergegen spricht die thatsache, dafs das vedische masi nur im prSsens indik., nicht aber im optat. vorkommt; das alt- hochdeutsche rnds dagegen steht auch im optat , und so könnte nur fär das indikativische, nicht aber för das optativische mes ein Zusammen- hang mit masi statuirt werden. So würde hierdurch nur das indikative meW erklärt werden, nicht aber das optativische, ungeachtet in beiden formen das lange d denselben Ursprung haben mufs. Aufserdem ist aber auch jeder der beiden wege, auf welchen Bopp sich masi zu rnds entwickeln läfst, im althochdeutschen ohne analogie. Kein beispiel zeigt, dafs ein am ende weggefallener vocal durch Verlängerung des vorhergehenden ersetzt wurde. Was ferner die epenthese des i in die vorhergehende silbe betrifft, so wäre diese andern sprachen wie dem zend. und griechischen angemessen, aber im hochdeutschen besteht an deren stelle das umlautsgesetz, wonach der vocal i das a der vorher- gehenden silbe in kurzes e verwandelt, während doch im vorliegen- den falle ein langes 6 steht

186 Westphal

germanischen dialekten endungslos, die zweite hat im gothischen und nordischen t, in den übrigen dialekten t oder i (e) zur en- dung, und zwar ist hier i das gewöhnliche, t steht nur in den perfekten, welche präsensbedeutung angenommen haben. Alle diese perfektformen haben apokope erlitten, wie die vergleichung mit den verwandten sprachen, namentlich mit dem skr. ergiebt. Im gothischen ist überall ein a abgefallen, frah, fraht, frah aus fraha, frahta, fraha, vait, vaißt, vait aus vaita, vaista, vaita, wäh- rend das sanskrit papracha, papraktha, papracha, das griechische ofö«, ofo&a, olde, den auslautenden vocal erhalten hat. Im go- thischen mufste derselbe nach den lantgesetzen abfallen; der wur- zelauslaut sowohl wie das t der zweiten person war ursprüng- licher inlaut, und deswegen konnte hier kein consonantenabfall stattfinden. So läfst sich das ehemalige Vorhandensein eines end- vocals in den gothischen perfektformen schon durch die lautge- setze nachweisen, wenn sich gleich nur durch die Sprachverglei- chung bestimmen läfst, welcher vocal hier seine stelle hatte. Dasselbe gilt auch für die übrigen dialekte, soweit diese mit dem gothischen übereinstimmen. In dem althd. säßi, sächsisch 6&ti, ags. saete kann das kurze i (e) nicht ursprünglicher auslaut ge- wesen sein, denn sonst hätte dasselbe ebenso wie das a der 1. und 3. person abfallen müssen. Das nähere verhältnifs ergibt sich hier aus dem sanskrit, in welchem für die 2. singularperson neben tha auch die endung itha erscheint. Wie das ahd. t in weist dem skr. th identisch ist; so kann auch das i in saßi nichts anderes sein als das skr. itha in s6ditha. Das verhältnifs des wurzelvocals vor den endungen itha und i macht diese annähme zur gewifsheit Bopp vergl. gr. s. S4S.

Die übrigen endungen des perfekts sind bis auf den verschiedenen bindevocal mit denen des präsens identisch, nur J. plur. zeigt ein. n statt nd. Aber auch hier mufs einst die en- dung ndi bestanden haben, nicht die endung nt oder n, weil sonst die perfekte s&tun, et an u. s. w. entweder zu sätu, etu oder seluiia, etuna hätten werden müssen.

Imperativendungen.

Im plural und dual ist der imperativ mit dem präsens

identisch; die 2. sing, zeigt in der starken conjugation weder

personalendung noch bindevocal. In dem mangel der personal-

endung kommt das gothische mit den übrigen sprachen überein,

das auslantsgesetz des gothischen. 187

griech. Xiye, latein. lege, skr. tuda. Die Übereinstimmung der sprachen deutet darauf hin, dafs dies verhältnifs ein sehr altes ist, und wir müssen daraus auch für das gothische den schlufs ziehen, dafs der abfall der personalendung in das höchste alter- thum hinaufreicht.

So stellt sich uns für 2. sing, des gothischen Imperativs keine andere endung entgegen als der bindevocal. Dieser hat sich aber nur in der schwachen conjugation gehalten, wo er mit dem vor- hergehenden ableitungslaute zu einer länge vereinigt ist. So in sökei, läget; ei mute auf gleiche weise entstanden sein wie in sokeis sokeij? d. h. durch Vereinigung des j mit dem bindevocale i; sokeis sökei)? steht statt sdkjis sökjij>, so mufs auch der im- perativ sdkei aus sokji hervorgegangen sein. Das nach dem j erscheinende i ist der bindevocal des Imperativs, identisch mit dem e des griech. liye, des latein. lege, mit dem a des sanskr. tuda.

Gemäfe der imperativform der schwachen conjugation haben wir auch für die starke die 2. sing. imp. ligi, fari, giuti als ur- sprunglich vorauszusetzen; das i kommt hier mit dem bindevocal von ligis, faris überein, wie auch die plural- und dualpersonen des imperativs und präsens in der form des bindevocals überein- stimmen. Den lautgesetzen gemäfs mufste ligi, fari, giuti apokope des kurzen endvocales erleiden.

Infinitivendung.

Die Infinitiven düng an, die in der schwachen conjuga- tion ihr a mit dem ableitungsvocale zu 6 und a (e) kontrahirt hat, mufs als substantivendung und somit als bestimmter casus ge- fafst werden. Wahrscheinlich haben wir in dem infinitiv den accusativ sing, eines neutralen Stammes auf ana zu sehen, sodaüs giban den lautgesetzen gemäfs aus gibanan, wie vaurd aus vaur- dan hervorgegangen wäre. Von demselben stamme bedienen sich einige dialekte auch des genilivs und dativs zum ausdrucke des infinitiv Verhältnisses, indem zu an die genitivendung as, es oder die dativendung a, e hinzutritt, gewöhnlich mit Verdoppelung des n. Man könnte auch in der infinitivendung an eine dativbildung wie in namin u. s. w. erblicken wollen , aber dann müfste auch im infinitiv statt an die endung in auftreten.

188 Westphal

3. Aaslaut der Zahlwörter und partikeln. 1) Die gothischen Zahlwörter sibun, niun, taihun schei- nen sich dem lautgesetze nicht gefügt zu haben ; denn es ist hier der auslautende nasal geblieben, welcher dem lateinischen Septem, novem, decem, dem skr. saptan, na van, dacan zufolge hier ur- sprunglicher auslaut sein und deshalb apokope erleiden mufs. Aber es ist die frage, ob nicht das gothische seinen conso nautisch endenden Zahlwörtern einen vocali sehen ausgang gegeben hat, wie dieses auch bei den meisten consonantischen stammen ge- schehen ist (vgl. ant und ijas). Auch in andern sprachen sind jene Zahlwörter in vocalische stamme verwandelt worden. So hat das litauische, welchem das germanische überhaupt in seinen Zahlwörtern näher kommt als den älteren sprachen, aus catvar, saptan, ashtan und dem hier statt navan gebräuchlichen davan für. das maskulinum ein keturi oder ketveri, septini, ashtoni, de- vini, für das femininum ein keturös oder ketveres, septinos, ashtö- nos, devinös gebildet, welche wie regelmässige plurale adjektive flektirt werden. Dafs dasselbe auch im gothischen geschehen sei, unterliegt keinem zweifei. Denn von taihun wird ein dativfimf taihunim, von niun ein genitiv niune, von fidvör ein dativ fid- vörim gebildet. Dies sind deutlich plurale casus der i-deklina- tion, nicht der an-deklination, wie wir sie für niun, sibun, tai- hun erwarten. Das thema an ist also zu ani erweitert worden wie die participialendung and zu anda, fem. andi. Nomin. und acc. lauten sibun, niun, taihun, fidvör, aber auch hier mufs wie im genitiv und dativ vocalisch auslautender stamm gesprochen worden sein, sibuni, niuni, taihuni, fidvöri, dessen i dem auslauts- gesetze zufolge weichen mufste. Zwischen dem lateinischen Sep- tem, novem, decem, quattuor und den gothischen formen besteht danach dasselbe verhältnifs wie zwischen dem lateinischen tot, quot und dem skr. tati kati, accus, tati kati, dativ tatibhjas ka- tibhjas, instrument. tatibhis katibhis, loc. tatishu katishu, gen. ta- tfnäm katinäm. Mit diesen sanskritformen stimmen die obigen Zahlwörter des gothischen in der endung und flexion vollkommen, soweit die Übereinstimmung bei Verschiedenheit der sprachen mög- lich ist. Die vollständige flexion liefse sich danach folgenderma- fsen bestimmen:

nom. sibuni, niuni, taihuni, fidvöri

das auslaotsgesetz des gothischen. 189

acc. sibuni, niuni, taihani, fidvori

dat. sibuniin, niunim, taihunim, fidvörim

gen. sibung, niune, taihune, fidvori.

Das auslautende i des nominativ und accnsativ mnfste nach gothischem lautgesetze ausfallen. Auf die althochdeutschen for- men, welche unsere ansieht noch weiter bestätigen würden, kön- nen wir hier nicht eingehen.

Das zahlwort fimf scheint von den übrigen abweichend be- handelt worden zu sein, wie auch das lateinische quinque sich von septem, novem, decem entfernt. An den abfali des vocals a hinter fimf (vgl. skr. panca) brauchen wir kaum zu erinnern. Dagegen verbietet die vergleichung, in dem zablworte saihs einen frühem vocalischen auslaut zu statuiren, da es auch in den ver- wandten sprachen auf einen zisch laut ausgeht: sex, ££, zend. khshvas, skr. shash. hs konnte sich im gothischen halten, da eine auf s ausgehende doppelconsonanz vom aüVaute nicht ent- fernt zu werden braucht. Das litauische hat freilich auch dieses zahlwort ebenso wie die oben genannten zu einem vocalisch aus- lautenden stamme gemacht und flektirt sheshi, sheshös wie sep- tini, septinös.

2) Der zweck dieser abhandlung erlaubt nicht, sämmtliche partikeln einzeln nach ihrem auslaute durchzunehmen. Wir müssen uns hier auf einzelne bemerkungen beschränken, nament- lich bleiben diejenigen adverbia und con junetionen , welche sich deutlich als casus eines nomens oder pronomens darstellen, hier unberücksichtigt.

Die präpositionen af, at, and, und, uf, in, mi)> mufsten ihren kurzen vocalischen auslaut schwinden lassen, denn es bedarf kei- nes nachweises, dafs diese Wörter einst in ihrem auslaute dem skr. und griechischen apa, ano, adhi, upa, ana oder in, pera gleichgekommen sein müssen. In compositionen hat sich noch bisweilen der auslautende vocal erhalten, weil er hier im inlaute geschützt blieb. So anda in andanei]>s, andanems, andas&ts, uo)>a in un}>a]>liuhan. Die präposition bi (griech. ini) ist durch aphä- resis des anlauts einsilbig geworden und« konnte daher des i nicht verlustig gehen.

Die conjunetion uh oder h, welche als enklitika mit dem vorhergehenden worte zu einer einheit verwächst, ist wie das lateinische que, mit dem sie in gebrauch und bedeutung gänzlich übereinkommt, auf ein ursprüngliches ka, skr. ca zurückzuführen.

190 Woeste

Vgl. hvasuh quisque, hvoh quaeque, hvah qaodque, nih neque. Das kurze auslautende a mufste wegen mehrsilbigkeit der so ent- stehenden form verloren gehn. Ebenso ist es auch mit hun, lat. cunque, skr. cana: hvashun kaccana quicunque. Auch hier hat das auslautende a apokope erleiden müssen.

Wo in mehrsilbigen Wörtern auslautendes a erscheint, raufs entweder langes ä oder auslautender consonant bestanden haben : ana, faura, vij>ra, ufta, aftra, alja, sunja , vaila u. s. w. Eine an- zahl anderer, die in ihrem vorliegenden auslaut eine dentale muta, einen nasal oder a zeigen, wie daiaj), alja]?, hva}>, sama]>, J>an, hvan, aftana, utana müssen hier übergangen werden, da das er- kennen ihres ursprünglichen auslautes von der noch nicht ange- stellten Untersuchung abhängig ist, welche Stellung diese Parti- keln in dem flexionssysteme einnehmen. Eine solche aber hier vorzunehmen, würde uns zu weit führen.

Tübingen. Dr. R. Westphal.

Vokale der niederdeutschen mnndarten in den kreisen Iserlohn nnd Altena.

( Fortsetzung ) III. Lange einfache vokale, ä findet sich vor ch und f nur, wenn sie ausl. = g und v, sonst vor allen einfachen und vereinfachten konsonanten, ausserdem vor rl, rm, rn, rt. Es umfafst, ein paar i ausgenommen, wol nur alte a.

1) = a. baen baden; läen laden; sael sattel; släe, slade, sledtie, f. schmales thal, ags. släd; säl, n. saal; smäl schmal, jedoch a in smalle-kuk magere speise; tal zahl; fäl fahl; halen. Lüdensch. huälen holen; malen molere, ahd. malan; slälen, m bein, von tisch u. s. f.; stalen, m. musler (täikenstaJen) , model bes. von zeugpatronen;*) läm lahm; rämbeäum gränzbaum

*) Vorzeiten galt stalen namentlich auch von probemünzen, die bei behörden niedergelegt worden, um falsch engen leichter zu entdecken;

vgl. Seib. W. urlr. no. 401 'moneta qoe dicitor in vnlgari stal«' ;

ähnlich 'gelt vor staF, Cl. Bar 438.

vokale der niederdeutschen mundarten. 191

vgl. goth. hramjan; swäm = swadem dunst; fäm = fadem faden; hämel, .hämer*) hammel; hämer hammer; näme namen; rämc, m. krampf, ags. hramma; räuien rahmen; swän schwan; tän zahn; wän ausgezeichnet, grofs; häne hahn; ?kränek kranich; ? krauen, m. hahn an gefäfsen; ?krukränen kraniche; mäne, f. mahne; mänen mahnen; fäne fahne; bar baar, aber barwes; bar, f. bahn; gar gekocht; gewär gewahr; kär, f. karre; pär, par paar; schär, n. p flugschar; vär, zuweilen väder vaterj'wär, f. waare; plären flattern; waren beobachten; Karl Karl; arm arm; wärm warm; ärn narbe; ärt, m. und f. art; hart, n. eisen zum sensen- scharfen; Hart und Här, f. namen zahlreicher anhöhen; märt, n. raarder, alp, ags. mearö; tärt und tsärt zart; tärte torte, engl, tart; häwek habicht; käwe, f. selten kaf spreu, ags. ceaf; kawekuärf flacher länglichrunder gartenkorb, eig. bestimmt, spreu von der hilde zu holen; näwel nabe, nabel; räwe, f. rabe; schäwe, f. Schabeisen; spräwe, f.-slaar; säp saft; kläpert rhin. crista g.**); stapeln langsam (am stabe) gehn, aufhäufen; bräf brav, viel;

bläge f. kind, ?vgl. wechselbalg; dägen tag werden; knägen, gnägen nagen, ags. gnagan; mäge magen; mägetmagd; ragen ra- den, lych. gith.; sägen sägen; wägen sich bewegen; wägen cur- ins; däk, m. dach; snäk spafs, spafsmacher; swäk schwach; fäk fach; äke, äkeldruft abzucht, aquadukt; bräken flachs bre- chen; kräken krachen ; läken, n. tuch; mäken machen; näkenich nackend; räken in gewalt bekommen, ags. racjan; säke sache; smäken schmecken; fäke (für fäken vicibus) mannigfach, oft; wä- ken wachen; ächterbäks rücklings, vgl. alts. bac; ädel adel; swäden stark prügeln, to swaddle; pät pfad; bäte, f. hülfe; bäten nutzen, helfen; läte spät; pläte lamina (platte stirn, Schei- tel); rätel rassei; wate sensen eisen, vgl. alts. huat; wäter wasser;

bäs gut***); gräsich unreif; häse hase; kwäse gerte; vräsen rasen, ahd. waso.

Ferner folgende praet. sg. st. v.: ät afs; bat bat; befäl, be- faul befahl; bräk brach; dräp traf; gebär gebar; kwäm kam; las, laus las; mät mafs; näm nahm; pläch, plauch, plochte pflag; räk

*) Daher ostfr. belhämer glockenhammel, leithammel = rSdelsführer. **) -ort aus altem wurt geschwächt; so in golvert, grannert, lan- kert, moadert, rainert.

***) Inflexibles subst., adj. und adv.: 'n hfiilen bis ein ganzer held (spanisch); en bis kaerl ein trefflicher mensch; ne bU saisse; dat mes snit bis; vgl. holl. baas.

192 Woeste

rechte, rechnete; sät safs; spräk sprach; stak stach; stäl, staul stahl; vergät vergafs; frat frafs.

2) = i (e): bar bär; wärwulf werwolf.

3) Fremdlinge, aufser den schon eingereihten: prame presse; prämen obst zu mus pressen, lat. premere.

vertritt in mäfsiger zahl das st. iserlohner äi, wodurch Verwechse- lungen wie baer eber, bäir bier; haer herr, häir hirt; kserne kerne, käirne kirne; saer sehr, säir hautkrankheit; steern stern, stäirn stirn; faer fern, väir vier; waert werth, wäirt wirth ver- mieden werden. Es giebt in unserer mundart wol kein beispiel für umlautung des ä in ae auf dem wege der deklination und Steigerung, da hier dient Dem Ursprünge nach sind die ae = alten ä, e, a, i.

1) = ä. i.Hieher gehören vorab praet. plur. st. v., wo goth. e, ahd. alts. ä, ags. meist ae: aetenafsen; baeten baten; be- faelen befahlen; braeken brachen; draepen trafen; gebaeren geba- ren; kwaemen kamen; laesen (lausen, lüesen) lasen; macten ma- fsen; naemen nahmen; plaegen (pluegen, plöchten) pflegten; rae- ken*) rechten rechneten; saeten saften ; spraeken sprachen ; staeken stachen; staelen (stüelen) stahlen; traten traten; vergasten ver- gafsen; fraeten frafsen; waeren (wöären) waren. In folgenden beispielen steht das ae theils regelrecht zu obigen verbalformen, theils erklärt es sich aus der neigung unserer mundart öä mit ae zu vertauschen: aeren, m. geschäft, anlafs, vorwand, ahd. ärunti; baegelich vermessen, vgl. verboach, alts. bäg; bekwaem bequem; daeen thaten, alts. dädun; grcwe brauchbar, gesund; alt gebaeren wie ein alter sich gebarend, verständig**); genaem was das nies- ser annimmt, weich; kraemer krämer; schscper schäfer; verretlik* böse, gefährlich; fraetich gefräfsig; wuärmaetich wurmfräfsig.

2) = alts. £, ags. ä, meist vor r oder dem entsprechenden 8: aer früher; aere ehre; aeker, aeken messingener kessel***); baer eber; Draschen schreien (v. kind, esel) = bräiren, raren, mnd.

*) Lüdenscheid se rÄken sie rechneten. **) pfc. praes., zn alts. gibarian se gerere, vgl. berg. beaeren aus- sehen. Das d abgeschliffen wie bei aeren.

***) = aerker und wie byker (byken) mit caf gefäfs zusammenge- setzt, vgl. ags. ärfät Man unterscheidet aeker von knlpern kietel.

yotale der niederdeutschen mnndarten. 193

brescheir; brachen; gaese, bcrg. gäre aegop. podagr.; haer hcrr; kaer, f. mal; kaeren vertere; laeren lehren, lernen; maer mehr; neren br allen, schreien, ags. rärjan; sser-noa beinahe. ksese käse.

3) = a, bisweilen mit konsonantenansfall: ?kwsel, n. docht, borte; faele feil, ags. fäle; spsenen entwöhnen, ahd. bispenjan; aer, n. m orgenfruhe, vgl. alts. adro; aers podex; gluäraers Aafurovotg; mser meer; meerte, f. märz; haepe, f. Strauchmesser, ahd. happa; baester stock, prögel; pldestern platzen, heftig regnen.

4) = i, meist goth. ai: oeren irden; aernst ernst; aerde erde; gaerne gern; harrde herde; haert herd; inaer, Jserl. inhäir, n. ein- geweide, ahd. inniherdar; kaern kern; ksertse kerze; staern stern; faer fern; faerste ferse; waeren, waerden werden; met waeren, met gewaeren in frieden, ruhe; waert werth; ik dae ich tbat, gab, alts. gideda; schraeken schreien, von hühnern, alts. scricon.

Anm. paelen schlagen dafs es schallt (versch. von pöälen pfählen) scheint engl, to peal, ags. pilan zu entsprechen.

oa Gndet sich vor allein einfachen oder vereinfachten kousonanten, aufserdem vor m, rd, rt, sk. st, ks. St. Iserlohn zeigt dafür ein, so dafs hoar haar, noaht naht, troan thran wie heäur hure, nelut noth, treaun thron lauten. Wie beinahe der ganze vorrath un- serer a aus alten a besteht, so hat sich oa fast aller alten a be- mächtigt, woraus sich auf hinneigung auch das altwestf. ä zu u schliefsen läfst, wie Grimm gramm. I, 543 solches von der aus- spräche des ahd. und altn. ä vermuthet. Aufser den alten ä sind einige 6, a und o hieher getreten.

1) = ä: bloa blau; boa wo; doa da; droa schnell, ahd. dräto groa grau; noa nah; bloaer b latter, ahd. plätara; broaen braten roaen rathen; schoaen ertrag geben*); veremoaen verschmähen watbroae wade; kwoal quäl; moal mahl; oal aal; woal wähl moalen pingere, alts. malon notare; proalen schwatzen, prahlen sproale staar; stroalen strahlen; Westfoalen Westfalen; broame, £. besenginster, ags. brom"); joamer Jammer; kroam kram, wo-

*) 3. 8g prSs schSt; prfit. schalt; ptc. schoaen; in Lüdenscheid schwach: prät. schildere; vgl. ags. scÄdan tribaere, rond. schaden zins. (ark.). S. unten schoanen secernere.

**) Dagegen fähren brlmmen brombeerstaaden , brammerte broin- beere anf altwestf. brama rnbus.

IL 3. W

194 Woeßte

chenbett; oam ahm, mhd. äme;'oam athem; oame funken, altn. äma; oames, n. mittagessen; ?äma muos; oamaetich asth- matisch; — goan gehn; spoan epan; stoan stehn; moane, f. mond; moane f. mobn; oane ohne; schoanen laichen*); boar, f. bahre; gefoar gefahr; hoar haar; joar jähr; swoar schwer, alts. sn&ri; woar wahr; koarde vertebat**); goawe gäbe; oawent abend; schoap schaf; sloapen schlafen; woapen waffe, alts. wäpan; groaf für groawe graf; stroafe strafe; swoager schwager; vloage, f. stein und luflschicht, anflug, gemuthstim- mung, mnd. vläge***); froage frage; woageu audere; broak sterilis; koak, m. pranger, mnd. kaekf); loak gränze, mnd. laekeff); sproake spräche; troach träge, ahd. trägi; woach tiefes wasser, alts. wäg; groat faden vor einer schneide, vgl. mhd. grät; kwoatböse; loat, m. bienenschwarm ; noat naht; roat rath; soat saat; schoat laich; snoat gränze, mnd. snäde?.sn6defff); loaten lassen; moate, f. mafs; noatel nadel; roate, roatel, f. wabe, alts. rata; soaterdach samstag; Kloas Klaus; oas aas; bloasen blasen; roasen rasen. ?boase, f. stengclbundel (vom rübstiel); ?kroasen sich unreinlich oder unordentlich beschäftigen; ?kroas- seln dichten (von jungen vögeln).

2) = 6: oar ohr; schroaen schroten, gerinnen; hoarde hörte.

3) = a.

a. vor r, w und ch: snoar schnell; goaren garten; goarn garn; boart bart; schoart scharte; swoartel, f. schwarte; woartel, f. warze; kloawe klaue, ags. clavu; kloawer, m. kiee, ags. cläfer; geschoach geschah; soach sah; toach zähe, ahd. zahi; toaster sehne, vgl. toach.

*) = schoaen aus allvvestf seäthan secernere, excernere, vergl. schoat, schöänert. Dies wort, wie vielleicht auch'groane gräte, scheäune " schote, liefert ein beispiel des seltenen wechseis von d und n; vgl. Grimm gesch d. d. spr. s. 355.

**) aber kiaerde (kiajren verrere), I©rde (lasren docere); vgl. Grimm gr. I, 254.

***) setzt altweslf. wliggian = liggian voraas.

t) eigentl. knebel, wie denn unsere landleute ihre thurknebel so nennen; vgl. ags caege, engl. key.

tt) vgl alts. lähan, ahd. Iah incisio; noch immer dienen eingekerbte oder theilweiae geschlichtete 'loakbäime' zur beslimmung der waldgränzen. ttt) so snoatbeaum, snoalstäio, ?nach einem altwestf. snÄthan; dage- gen Seib. W. urk. n.616 'arbores que dieuntur snetbome'.

vokale der niederdeutschen mnndarten. 195

b) vor vereinfachtem konsonant: schroam, in. schramme; groane, f. gräte, vgl. granne; woafel waffel.

c) in folge einer zusammenziehung: stoal stahl; sloan schla- gen; troan thran, vgl. ahd. trahan; oar, n. ähre, vgl. ahd. ahir.

4) = o(u). Ausnahmsweise entspricht dem goth. au unser oa vor rn und rd (oder ausl.. rt = rd); vgl. mnd. a (k) för un- ser uä.

inoaren, moarne cras*); doarn dorn; hoarn hörn; koarn körn;

noarden nord; boart breit; oart ort, anfang; woart wort. Vereinzelt steht miuloapen (maulafTen) Ins germanica.

5) Fremdlinge: poarte pforfe; poawe, f. pfau; poawes papst; toafel (afel; toaks frwy.og; slroate strafse; das zwitterwort win- noatel winbrief, vgl. mnd. nottel, lat. notula; poas knabe; poas- ken ostern; pl oasler pflaster; kanoal; spitoal; altoar; saldoate; siloat salat.

öä,

umlaut von oa, ist wie dieses zu beurtheilen. St. Iserlohn spricht

dafür ai. Manchmal sieht ae für öä, andere male gilt sc neben dl.

dröälcn langsam sein, die worte ziehen, holl. dralen, engl.

to drawl; nöälen säumen, zögern, dän. nale; pröäler Schwätzer;

öämen athmen; möänken möndchen**); schöänert und gröäner rogener; spöäne späne; höären hören; vi wöären wir waren; döärne dörner; göärner gärtner; höärne hörner; öärden orten (den schuh); pöärtern wiederholt ein und ausgehn; du wöärs du warst; klöäweken kleine klaue; slöäpken kose- form des v. sloapen; söädinge sämerei ; nöätler nadler; hai blöäset er blaset.

wenn auch nicht ganz reines, haben die mundarten des limbur- gischen und des kreises Altena für das um Iserlohn und jetzt meist auch in der stadt herrschende y. Iserlohn und umgegend zeigen aber ein reines i statt i vor ausgefallenem d, namentlich im plur. prät. und ptc. prät. st. v. Der kreis Altena, welcher

*) aber subst mnärgen; tin inoaren muargen=to morrow morning. *•> im kampfspiele 'Sännken «der Möänken', arspr. vielleicht eine drtmatisirte mythe, mit der hübschen sangzeile 'daiit de gfkldne poarte Danen f

196 Woeste

gern gutturalen ausstofst, bietet dabei Ähnliche erscheinungen; z. b. gniel = iserL gnickel grobian.

1) Verbalformen: gliSn glitten, geglitten; lien litten, gelitten; rien ritten, geritten; schrien schritten, geschritten; snfen schnitten, geschnitten; Strien stritten, gestritten; verlien vergangen, neulich, v. alts. farlithan.

2) kiel kittel; lferwäik sehr weich, schwach, vgl. ags. litta- vac; slifcn schütten; smfen schmieden; verstriens schrittlings; vli- ren angenlider, ahd. hlit (altweslf. wlid); flirenblaumen flieder- blüthen; fri€n frieden.

Anm. Zu der Verschiebungsreihe i, 2, y, IserL ni halte man die Ähnliche a, a, oa, Iserl. ein.

IV. Lange zusammengesetzte vokale.

ai steht vor allen einfachen konsonanten mit ausnähme des r nnd und ch, ausserdem vor ss, sk, st und entspricht altem &, a nnd a, ia, i, iu (io), uo.

1) = alts. 6, hchd. ei = ai, und zwar so, dafs zuweilen ü daneben gebräuchlich ist: rai = raide bereit, fertig; sprai, f. spreite; haie haide; haien = haiden brutus*); raien = raiden su- recht machen; schaie scheide, alts. scethia; spraien spreiten; waie Viehweide; gail geil; Hahnen, pl. = Elwen, heimchen, elbe; gemain gemein; klein (kompar. kienner) klein; rain (komp. renner) rein; gaine, gai, gäi gang zwischen gewächsrei- hen, Schwaden; vgl. ahd. geinen; hainken insekt (schriep-, muir-, biärguala-); mainen meinen; rainert rainfarn; wainich wenig; saiwer, säiwer geifer, ahd. seifar; raiger reiber; faige dem tode nahe; aike, äike eiche; baide beide; haide beide, zi- geuner; -hait -heit; halten heifsen; waiten walzen; raise reise, mal; raisen reisen, erziehen **); raisen, pl. krämpfe der kin-

•) einzig epitheton von dyr und v*i, z. b. 'n k»rl as 'n haien v«; lat den raien goan, et es j5 mSn 'n baien dyr! die kirche griff dies adj. einst auf, um die Unvernunft der gfttzendiener zn bezeichnen, indem sie passend ihr paganas daneben stellte. Die begriffe campester (pa- ganus), brutus, idolatra folgen sieh so natürlich, dafs das längere haf- werdet J*lde?lhuni8 aof dem landc «ar nicbt in ^schlag gebracht zu

) cde Irinner im duarpe sit nit so gerätst as dai inner stat.»

vokale der niederdeutschen mondarten. 197

der, ahd. freisa; snaise, f. stange zum raucbfleisch, vergl. altn

811*8*).

2) = & oder a mit konsonantauflösung.

a) eines folgenden .w (h, j), und zwar ao9 dafs zur fullung des hiatas ein g eintritt: bälgen bähen, ahd. bäwan; blaige, f. blase, ags. biegen, vgl. ags. blävan; daigen regelari, ags. )>avan**); draigen drehen, ags. >rävan; düärnaigen durchtrieben, schlau, vgl. ahd. duruhnoht; haigen heu machen; iutnaigen wegeilen, ahd. nähjan; kraige krähe, ags. cräve, alts. cräia; kraigen krähen, ags. crävan; laige, f. steiles felsgehfinge, alts. leia, ags. hläv; maigen mähen, ags. mävan; naigen nähen, ags. na van; saigen säen, ags. van. Anm. Im Ludenscheidschen sagt man ssegen, msegen, aber kraen; in Herscheid säggen, mäggen, kräggen.

b) eines folgenden g: ai ei; aier eier (im köln. Suderlande noch ägger); aisen grauen, vgl. alts. egiso; aisich graunhaft, ags- egesig; aislik graunhaft, alts. egislic; baise f. = bagese binse (? verlorn, bagan, wie juncns zu jüngere); saisse, f. sense, ags. sägese ensis; taierwieten ;= tager (tage!) wieten schwanzunkräu- ter, queckenwaizen.

3) = a, erweitert bei konsonantausfall : ?haien von werrig; noa kailen entstellend nachsprechen, vgl. berg. kallen***); kaimen kämmen; kaimer jedes in seiner art grofse und feiste thierf); slaite, f. latte für Strohdächer, ?= statte, nordam. slat. Anm. In aisk turpis, flofs ai mit ausstofs von w aus zwei silben zu* sammen, wenn es = ags. aevisc saecularis, turpis; vielleicht aber ist es = a^isk, vgl. die kindersprache 4dat es a (&), Äks; Äks könnte ein verdichtetes a-isk mit umgesetzten sk sein, wie sich

*) 'siewen es 'ne snaise vul* sprichw. **) daigewiser thauwetter; versch. ist dauen rorescere. ***) da bei ans kallen (sprechen) sonst durchaus nicht vorkommt, so dürfte noa kailen anf ähnliche weise wie franz. habler u. a. in Um- lauf gekommen sein. Die alte Stammeseifersucht zwischen diesseitigen rheinfranken und sassen zeigt sich in mehr als einer erscheinnng der spräche; so sei hier noch erwähnt, dafs bergische in nnserm *min aäks!' eine 6 finden wollen und es durch 'min sdwen!' zu überbieten suchen.

t) Die Volkssprache, welche überflüssige epith. orn. lieht, setzt oft noch dücbtich hinzu. Das wort gilt besonders von basen, rehen, Schwei- nen and dürfte ursprünglich den eher bezeichnet haben.

198 Woeste

dergleichen Umsetzung im ags. findet, bei uns umgedreht lask, pl. leske lachs.

4) = ia in ehemals redupl. prät: laip lief; raip rief; slaip schlief; brait briet; lait sah aus, liefs; rait rieth; schalt brachte ertrag; schreit gerann; stait stiefs (häufiger stodde); biais, blaus blies. haif hieb ist verfehlte analogie des hochd., erträg- licher haich, pl. haigen, gebräuchlicher hochte, hoch.

5) = i: dai der; hai er; vai, Tai vieh; gaitlink, m. drossel*). wir fuhren noch folgende hier auf, für die vielleicht besser alt- westfälische io- formen anzunehmen wären: waige cunae, ahd. wiga; waigen wiegen; waike, wäike docht, ags. vecce, veoca (?veoca), draisk nicht flöfsbares heuland, ?ahd. drisc.

6) = iu(io), was in ia übergegangen und umgestellt ist. Zuvörderst gehören hiebe r der inf., die 1 8g. und der pl. präs. st. v. (ai; elu, üe; uä) mit dem Charakter h, g, d, t, s: geschaien geschehen; saien sehen; taien ziehen; bedraigen betrügen; läi- gen lügen; flaigen fliegen; baien bieten; gaiten giefsen genaiten geniefsen; schalten schiefsen; slaiten schliefsen; spraiten spriefsen; verdraiten verdriefsen; flaiten fliefsen; -kaisen kiesen; verlaisen verlieren; fraisen frieren. An in. Die verba geschaien, saien (urk. mnd. gescheyn, seyn) sind hier aufgeführt, weil die formen geschult, suis, suit, sui, die nomina gesuine, unsuine deut- lich genug auf altwestf. gisciohan, siohan hinweisen. Die v. mit dem eh. d, t haben 2. und 3. sg. präs. ü z. b. bös, büt; die übri- gen ui z. b. fruises, fruiset. Statt slaiten kommt auch sliutcn vor. Ferner fallen unter iu (io): dai die; knai knie; sai sie; maien miethen; wallen rotare, mit der waile (windelholz) festdre- hen, vgl. ags. hveöl; raimen rieinen; prain pfriem, ags. preon, mnd. pren; dainen dienen; daiwen stehlen; daip tief; daif dieb; laif lieb; staifvär Stiefvater; laifde liebe; snaigen = smaigen stehlend umher schleichen, vgl. ags. smeögan, dän. snage; snaigesk diebisch. lait lied; rait, n. rieth; verdrait verdrufs; baitel, m. meifsel, ags. beötul; lais liesch; baist biest, ahd. biost; ?knaisten kränkeln, stöhnen, holl. kniezen.

7) = au. Die ausspräche der laute ai uud steht sich so

r) andere mark, formen sind: gallink (auch urk. eigenname), giet- link, gillink, getlink; berg. gilde, gelde, vgl ags gidd, giedd canlüena. Sprich wörll. redensart: 4dat es rai ok de r Ächte gaitlink' (von einem schlechten menschen).

vokale der niederdeutschen inandarten. 199

nahe, dafs in einigen fällen ai für au völlig eingetreten ist: blai- gen blühen, ags. blovan; draise drüse; faien nähren, alts. födian; faikalf zuchtkalb; waiste wüste. Die formen wuiste, druise sind platthochd.

8) Fremdlinge: braif brief; kraike kriechpflaume; raister ra- st erbrett, ahd. riostar; spaigel Spiegel; taigel ziegel.

äi steht vor allen konsonanten. Der kreis Altena spricht dafür ei. Es ersetzt altes e, ei (= ai), i, iu (io), a. Vgl. ae.

1) = alts. e, ahd. e und ei: näi nein; räi reh; räiskop ge- räthschaft; säi see; släi stumpf; snäi schnee; twäi zwei; faimolie bunter molch; wäi weh; schalen scheiden; däil theil; häil ganz, heil; sail seil; siile seele *) ; häime heimat; läimen lehm; verhäimen verheimlichen; äin ein; bäin bein; Ifiinen leihen; swäine hirt; häirnietel eiternessel, ahd. hcitirnezila; kwoatsäir, n. kopfräude; äirst erst; äiwelt einfach, alts. ewald; iuträi- wen leichen entkleiden; läiwerk, m. lercbe, ags. läverce; -räip seil; släip schräg; gläipe, f. spalte, vgl. mbd. gleif; gläipen klaf- fen; mistgräipe mistgabel; säipe seife; släipe, f. diagonale; schäif schief, ahn. skeifr; släif, slaif grofser löffel, altn. sleif; äigen verdienen; läige, läge schwach, leidend; fläige wohlgenährt, schön (von thieren); bläik bleib; st räi k sireich, Werkzeug zum streichen; wäik weich; äiken, n. eichhörnchen ; räiken reichen; säiken seichen; täiken zeichen; däich teig; wiaerläichen welter- leuchten, vgl. ahd. leih ludus; äidem, Lüdensch. eidum, eidam, ahd. eidum; äit eid; bräit breit; häit, m. haidekraut, ags. haeö; •häit heifs; häitraännken waldgeist der aufhockt; läit leid; mäit ziel, dän. meed; swäit blut, schweifs; swäitwuärst blutwurst; vräit strenge, böse, ags. vraö; häis heiser, alts. lies; mäise meise'; wäise waise; fläisk fleisch j gäist geist; mäist meist; haister junge buche (sonst und anderwärts auch = äikentelge); läiste leisten. Hieher gehören auch folgende prät. sg. st. v. (y; äi, ie; ie): bäit bifs; blaif blieb; däis lief; dräif trieb; dräit cacavit; gläik glich; gläit glitt; gräin weinte; gräip griff; käik guckte; käin keimte; knäip kniff; kräit schrie, weinte; kvväik quiekte; läit litt; mäich minxit; näich neigte; päip pfiff'; präis pries; räit

*) die alts. formen eeola und siola sind in unsern säile und 'min sail!' vertreten.

200 Woestc

ritt, rifs; räip pruina adparuit, maturuit; räis fiel, pfropfte; schäm schien; schäit cacavit; schräit schritt; schräif schrieb; säip troff; släik schlich; släip schliff; släit schlifs; smäit schmifs; snäit schnitt; späichspie*); spÜit splifs ; stäich stieg; sträit schritt, stritt; sträik strich; swäich schwieg; verkwäin verkümmerte; verwäit ver- wiefs; vräif, räif rieb**); wäik wich; wäis wies; praterito- prses. wäit weifs.

2) = i, vor r, h und dem das letztere vertretenden w; man vgl. die goth. brechang ai: ?äirgake wildgänse, kraniche, ?äir = caterra***); äir heftig, scharf, ags. irri; häir hirt; schäirlink schirlingf); häirn hirn; twäirn zwirn; käirnen buttern; stäirne stirn; wäirt wirth; väi vieh; gäiwen gähnen, ahd. giw&n; täiwe zehe. Vereinzelt steht jäider jeder, aus gihueder.

3) = iu (io): däirne dirne, schon alts. tberaa; väir vier.

4) = a bei konsonantausfall: ?häie, f. werrig; späir, n. Spar- ren; späiren sperren.

Anm. Besondere erwähnung verdient beswäigen, prät. be- swäigede (Lüdenscheid beswaien, prät. beswaiere); vgl. beswau- wen, prät. beswauwede (Marsberg), alts. suogan, ags. svögan und svegan rauschen, engl, to swoon. Daneben erhielt sich in der gegend von Soest ein st. v. beswäigen (ai; eäu [Soest au], üe; uä). War es die empfindung des rauschens im beginn einer Ohn- macht, was zu dem jetzigen begriffe des Wortes führte, oder däuchte un8ern alten gleich dem träume (s. alts. drdm drohtines) die ohnmacht ein seliger rausch, ein sein bei gott, wie denn in unsern redensarten für 'ohnmächtig sein9: 'bi der geüus sin, geausen, im geausehiemel sin9 ein god oder Gwöden stecken durfte?

5) Fremdlinge: bäist vieh; däiwel teufel (st. IserL); mäile kornschaufel; ?päigen im sterben sein; präi, n. aas, ?preeda; pläi- ten prozessiren, mnd. pleiten v. placitum; täike waarenschrank,

*) 8pigg«n speien hat auch schw. prät. spuchte und spiggede; ptc gpnggen und spigget.

**) die beiden formen werden unterschieden; vom reiben mit einem reibeisen sagt man niemals vrSif.

***) oder ist fiir as goth. alras: anseres nuntii sc. nirium (sniggel- gSise)?

f) von 8carno -wird weder unsere form, noch die nhd. stammen.

yokale der niederdeutschen raundarten. 201

y

lautet e mit nachgeschlagenem i. In Iserlohn und mehr noch in Menden hört man auch dafür ui. Kreis Altena und das limburgi- sche ersetzen es durch i. Es ist in der regel altem 1, selten = i. iu, ia.

1) = i; bymeäur weisel, ags. beömodor*); bly blei; bry brei; hyroat heirat; fry frei; glyen gleiten; lyen leiden; snyen schnei- den; stryen streiten; gyl hals (v. vieh); kyl keil; pylricht senkrecht; gylen keichen; yle eile; pyler p feiler; spyler speiler, stütze; tyle zeile, 20garben; wyle weile; lym leim; rym reim; slym schleim; kwymen kränkeln; kwymelich kränklich, schwächlich; kyn keim; lyn lein; sehyn schein; swyn seh wein; fyn fein; begynealbernesweib, verschnittenes weibliches seh wein**); begynen verschneiden; grynen weinen; kynen keimen; kwynen kränkeln, ags. dvinan; sehyr rein, hell, alts. sein; spyr, n. kdrnchen, hälmehen; myre ameise (selten), ags. mire; myre miere; sik opsehyren heiter werden, vgl. to cheer up ; ankly wen an- hangen; bly wen bleiben; drywen treiben.; ywer eifer; knywe dicke schnitte; rywe verschwenderisch, ags. rif frequens; rywe rankendes unkraut, vogelwicke; schywe scheibe; schrywen schrei- ben; stywe stärke, amylum; twywel zweifei; vrywen reiben; ryp pruina; grypen greifen; knypen kneifen; nype angedrängt, nah"*4'); pypen pfeifen; rype maturus; rypen reifen; slypen schlei- fen; strypen, m. streif; lyf, n. leib; styf steif; wyf weib; gygen keichen; krygen kriegen; mygen mingere; nygen neigen; syge (kompar. sigger) niedrig f); styge zahl von 20; swygen schweigen; dyk teich; spyk Stauung, dämm; kyken gucken; kwyken quieken; lyke leiche; lykem, lychem. n. leichnam; lyke gerade, gleich; lyken zielen; ryke reich; slyke schleiche, regen- warm; slyken schleichen; spyken aufstauen; spyker Speicher; ßtryken streichen; wyken weichen; krych, krich nimm; stych steig; swych schweig; syde seide; smydich geschmeidig;

*) man vgl. jedoch bigge biene, frigge frei.

**) ein mendener hexen protokoll von 1592 hat schon 'eine witte begine' znr bezeichnnng eines solchen Schweins.

***) vgl. das verwaiste ptc. beniepen compressas, bumilis, verküm- mert, v. pfl.

f) in sigge-lo wald im thal, opp. ho-lo, ist das i wol folge der Zusammensetzung.

202 Woeste

kwyt los; tyt zeit; flyt flcifs; wyt un syt weit und breit, ahd. sito; byten beifsen; dryte, f. dreck; kryte kreide; kryten schreien*) ; nyterich begierig; ryten reifsen; schyten cacare; slyten schleusen; verwyten exprobare; gry8 grau; ys eis; rys reis; wys kun- dig**); dysen laufen; wyse weise; wysen zeigen; dryste dreist; lyste, f. leiste; rystcn, m. flachsbündel, vgl. ags. vriSan.

2) = i.

a) gyr* f- g*crJ nywer genau, ags. neovol pronus; ?knyste eingetrockneter schmutz, vgl. ags. gnidan, ahd. knistjan; knystich.

b) mit vereinfachter konsonanz: ?kyle trinkgefä fs ; myle meile; pyle, häufiger pille ente jeden alters***); tryle rollenzug, Scheibe in der butterkirne; trylen aufziehen, dän. t rille; yme biene; ymen, m. bienenschwarm ; Myne Minna; geschyr geschirr; kype trag- korb; — fywe fünf; spyse speise; dysten, m. Spinnrocken f); spyt trotz, vgl. despectusff ). Eigentümlich ist wymen, m. = widern jugamentum, gebälk, woran das raucbfleisch hängt; vgl. ahd. widamo, welches sonst zur bezeichnung geistlicher Stiftun- gen in wieme verändert wird. Analog ist lykmen neben lykem, balsmen für baisam.

3) = a: kye kette, in der westlichen Mark kiete.

4) = in: dyr thier; ?pyr fischlein; ?schyr schnell, stark, scharf; nyre niere; kywe mund winke!, kiefer; nyschen niesen.

5) = ia mit ausgefallenem h: byle, f. beil; fyle f. feile.

A n m. ni wechselt mit y in nuisgyrich, nysgyrich neugierig Einige Wörter haben je nach betonung y und i; man vgl. i.

ein, äu. Um Lüdenscheid und t heil weise im limburgischen spricht man dafür ou; Altena zeigt in einzelnen fällen au, z. b. brauer bruder; die stadt Iserlohn hat eäu für oa. Märkische Urkunden

*) krytsiuer schreiend sauer, = so einer at et kril (3 sg. präs.); vgl. hnnsrück. ritze roth greUrolh. **) he es dat nit anners wys. ***) vgl. den lockrufpil pil! wie tüksken bahnchen zu tak tuk! kürre schweinchen zu kür kür! misken katzchen zu mis mis! Soester Daniel s. 68 sind die pylen keine 'junge enten*, sondern wie s. 92 pyle pfeile. f) = dihs-ten (ags. tan), vgl. ags. distaf für dihestat Die dysse (umgewickelter flachs) des östlichen Westfalens heifst bei uns klanke. tt) ein anderes spyt erklärt sich dnrch das daneben gebräuchliche spint, flachsfaser.

vokale der niederdeutschen mundarten. 203

geben den laut oft durch ou, oy, au. fcr stattet mhd. 6 und ou, weniger uo, u, u und a.

1) = mhd. 6 und ou: reau roh; sein so; smeäu weich, ge- schmeidig; streau stroh; fleau floh; freäu froh; beäum bäum; dreaum träum ; eaum ohm, ags. eam ; seäum säum ; teaum zäum ;

leäun lohn; treäun thron; beaune bohne; krelune kröne; scheäune schote; scheaunen schonen; fleä unken met schmeicheln, vgl. Höhnen H. Sachs*); gleäuwe glaube; reauwen rauben; ?schreäuwe, f. schlacke, griebe; teauwen zaubern; heäup, m. häuf; kneaup knanf, knöpf; deäupe taufe; leäupen laufen; deauf taub; leauf laub; reauf raub; eänge äuge; Beäuge hoch seäuge jauche, ahd. souwe; eauk auch, leäuk Jauch; reauk rauch

keaucheln gaukeln; bleäut blofs; breaut brot; deSut tod greäut grofs; kleaut hode, rube; neiut nolh; rcaut roth; seaut brunnen; scheäut schöfs; sleäut steifs; vleäut flach, seicht**); beluten, m. pack flachs, ahd. bözo; keäuten köthe. ags. ceät; peäute pfote; steinten stofsen; reäuse rose; eäusten osten; kleäuster kloster; treäust trost.

Ferner folgende prät. sing. st. v. (ai und iu; eSu, üe; uä): beäut bot; bedr^auch betrog; breäuk brauchte, ags. breac; geäut genelut genofs; heäuf hob; heäuk hockte; kreäup kroch; leiiuch; log; reäuk roch; scheäut schofs; schreäuf schrob; seäuch sog; se^up soff; sleäuk schluckte; sleäut schlofs; sneäuf schnob; spreäut sprofs; steäuf stob; teäuch zog; verdreäut verdrofs; verleäus ver- lor; fleäuch flog, fleäut flofs; freäus fror; [weäuch wog;] prä- teritopra's. ha deäuch er taugt, zu duegen.

2) = mhd. uo, in kleiner zahl vor 1, m, r: peäul pfuhl, ags. pol; reäura rühm; breäur bruder; heäur hure; meäur mutter; meäur leib, ahd. muodar; reäur rührte; sneäur strick; sweäur schwur; feäur fuhr; feäur futter.

3) = u vor r: eäur hirtengehilfe***); eäursäke Ursache; weäur

*) verb. diminutivum (koseform) vonfleäunen; vgl. slöäpken, läip- keo zu sloapen und leäupen.

**) von bach, ackerkrume, teller; es ist ags. leä't pronus, setzt also ein altwestf. wliolan niedrig sein voraus.

***) Lödensch. oah&r, Firm. V. st p. 182 auheere. Man sagt you einem dem dorfshirten beigegebenen knaben 'liä gait eäur' und 'ha es eäur = eäur- klir anfaogshirte; denn er hilft nur bis die schweine oder kühe 'vrennt sind'.

204 Wocete

wurde; teäurn tharm; deaurt trespe, alt«, dufth; heSrt geflecht; Keärt Kurt, Konrad*); feaort fürt.

4) = u; elurhäne auerhahn; eSurosse auerocbse,

5) = a, mit konsonantausfall oder auflösung: geSus gans, eisengans; speäuken spuken, ?= spalken, berg. mundart ver- wendet spöken für speSuken und spalken.

n,

umlaut des vorigen, klingt im ludenscheidschen und limburgschen fast wie öi. In Iserlohn fallen die öä hieber. Urkunden des 14 16 jahrh. drucken den laut nicht selten durch oi aus, z. b. Oisteryk (dorf), koiper.

1) unäi ungern, difficulter, vgl. alts. unöthi; äimcoheim; dräimen träumen; täimen zäumen; bäinken böhnchen; taine ladentisch; räir, n. robr, röhre; säir dürr, trocken* ags. sear; säiren austrocknen, ags. searjan; haiwet haupt; klaiwcn spal- ten; läiwen glauben; schäiwen stroh zum dachdecken aussondern, vgl. scheäuf; däipen taufen; läipen, n. gefafs, ags. leäp (kau- laipen handfafs, 6oatläipen samenkorb); sträipen streifen; Sigeln äugeln; klaite rüben; baise böse; trüisten. trösten.

2) bräirs brüder; fäirken futterchen; rliren rühren; snairen schnüren; fairen fuhren.

3) bair bürde; häir hurde; wahren wurden; täirne thurme.

4) dräige trocken, ags. dryge, berg. druch; draigen trocknen.

6) gäise gänse; späike gespenster.

Anm. Wohin gehört mäine tante? muoma und mnd. möme will schlecht passen. Es liegt so nah, in den Wörtern für oheim und tante den begriff des 'liebevollen, zärtlichen7 zu suchen, dafs man zu maine das alts. munilic, wie zu eäum schwed. öm hallen möchte. Erwägt man zu letzterem die Verhältnisse der bäuerli- chen erbfolge, wie sie waren und oft noch sind, so findet sich in dem elum auf dem hofe des erstgebornen bruders oder neffen in den meisten fällen auch ein anmr (miser).

*) auch = verächtlicher kerL In der südl. Mark ist kouert eich- hörnchen, wie denn voroamen zuweilen thieren beigelegt werden. So gilt bei ans aafser Hiarmen für bock and pferd, Makolwe ( Marco lf) fttr näher, Gehannes, Hans von vielen thieren, sogar vom holz warm: Sai! sagte der schreiner einen schrank auseinander nehmend, sai! Gebannes woarm es derane.

vokale der niederdeutschen mundarten. 205

iti, eu.

Kreis Altena and das Limburgsche haben dafür ü. Es steht gewöhnlich für alts. ü und iu, seltener für u and wi, misbräuch- lieh für uo, 6.

1) = ü und iu: diudissel dudistel, sonchus, ags. )>üfe)>istel ; ria rauh; liuen lauten; mini maul; fiul faul; iule eule, weit- halsiger krug*); kiule, f. grübe; Schiulenstäin name der klausen- steiner höhle, vgl. ahd. scülinge latebra; kium kaum; rium räum; schium schäum j diume daum; priuine pflaume; briun braun; tiun zäun; liune laune; biur bauer; niur, n. euter**); schiur, schiul regengufs; schiur gesichert, vgl. schiul und schuir; siur sauer; stiur stark, alts. stiuri; triuren trauern; diuwe taube; driuwe traube; driuwe fafsdaube; siu wer sauber; siriuf straobig, alts. strüf; biuk bauch; sliuk Speiseröhre, schlauch; ?kiuken schwach sein, kränkeln; ?miuke, moeke***), murke maunkel, obsthort der kinder; piuke kind, schweinchen, altn. pükif); fiuke spitzer binsenkorb zum fischen, altfr. fuke; jia- chen jauchzen; hiudelte, f. Hasche von hast; ?smiuden, smiu- ren druckend warm sein; briut braut; hiut haut; iut aas; kriut kraut; Hut, liu licht, laut ff); hinten draufsen, alts. biütan; kliote, f. und kliuten, m. schölle, klumpen, ballfff); liute fla- ches netz; Hüter nur; schriute, f. truthenne; stiuten, m. feineres brotffff) tiute düte; tiaten ein hörn blasen; hius haus; krius kraus; lius laus; mius maus; diusent tausend; riuse, f. und riu-

*) das alts. wort für X/ßtjq, olla Ps. 59, 10 ist vielleicht besser ula als ula zu schreiben. Unsere iule, ein topfähnlicher kmg, mufa von der enlengestalt benannt sein.

**) nicht aus üder entstellt; wir haben aiterbock «witter. **•) stimmt zu fries. muke. t) ygl- jedoch liuse-purk, was auf porcus führt, ft) liut-saiget = clair-sem& ftt) kliutentri©er schollen treter = bauer, Infanterist, vergl. engl clodhopper.

•f-f-ff) für die sbleitnng dieses Wortes erwSgc man die wahrscheinli- che urform des gebScks (rnnd mit einer kerbe), wie sie bei unsern banern noch die gewöhnliche ist, ferner die Wörter stuitken kleiner Stuten, stoitink börzel und die gleichung kliuten: kleäut = stiuten: steint (steifs, stiuz). Wie, wenn hier der name die form bezeichnete, und diese gleich dem brot piepen (Gr. myth. s. 453) und dem feige zeigen ein Signum averruncandi wSre?

206 Woeete

sen, m. klumpen, schölle*); driust, m. zweig, strauch ; kniust, m. klumpen, knorren; piust banch; fiust faust; piiisten hauchen, blasen.

Ferner im in f., 1. präs. und imperat. st. v. mit. dem. ch, w. p, k (vereinzelt siugen), deren 2. und 3. sg. präs. ui hat: briu- ken brauchen; hiuken sitzen; kriupen kriechen; riuken riechen; schiuwen schieben; schriuwen schrauben; siugen saugen; siapen saufen; sliuken schlucken; sniuwen schnauben; stiu wen stauben.

2) = u, bei konsonantausfall.

a) gliume, f. funken, vgl. glummern; linke luke, vgl. luckc; kriuke, f. krug, ags. crucce; stinken wurzelende eines baum- stamms, vgl. stock; tiufel pantoffel.

b) diust, m. geschwulst; hiuk, m. zäpflein, vgl. ags. hole, dän hulke; siuden Süden ; stiuf stumpf; triuf trumpf.

3) wi: kiusen, m. keule, kolbe, vgl. ags. cvfsan; tiuwer zuber.

4) = uo und 6: liuder luder; swiul schwül; karniutc genösse, mnd. cornote.

Anm. iu und u wechseln je nach betonung; m. s. u.

ui.

Kreis Altena und Limburg ersetzen es durch ü. Ein Theil der bevölkerung von Iserlohn und Menden zieht das y hieher. Mark. urk. des 15. und 16. jahrh. zeigen das ui schon häufig, z. b. betuige, luide Es ist in der regel umlaiit unseres iu, manch- mal der eines alte, oder ahd. iu, einigemal reine Umsetzung des alten in, andere male Verlängerung und umlautung des u bei konsonantausfall.

1) Umlaut: lui leute; luilink sperling; buien verbergen**), ags. hydan; luien läuten; buil beutel; kuilink kaulquappe; muilen maulen; bruimer bräutigam ; ruimen räumen, von stat- ten gehen; pruimken pfläumchen; gesuine, gesui gesiebt, alts. gisiuni; huine, Werdohl hune hüne***); tuine zäune; unsuine un- sauber, mnl. onsiene; duir theuer, alts. diuri; schuir scheuer, vgl. schiur; ungehuir ungeheuer, alts. unhiuri; nuiren schwellen

*) von klumpen, die aus unsern grofsen Schwarzbroten fallen; von erdschollen; vgl. ags. hreösan. **) pr. hndde, ptc. hut. "**) vgl. Grimm myth. s. 489.

vokale der niederdeutschen mundarten. 207

(v. eater); stairen steuern, ahd. stiurjan; dairde theurung, alts diuritha; sairte Sauerampfer; duiwel, alts. diuvil neben diu-. *al; schuiwer Schieber; struiwesk straubig; huipen, huipenich gehäuft, vergl ahd. hüfo, mnd. hupen; kruiper zwergbohne; schuifeln schaufeln; luik klaffend; stuik steif; suike seuche; kruider kraut er; nuitlik niedlich, vgl. alts. niudlico; bui- terst äufserst; guite giefskännchen ; kluiten mit Schneebällen wer- fen; sluiter brauerknecht , schliefser; snuiten schnauzen; stuitink bfirzel; stuitken kleiner stuten; duitsk deutsch, alis. thiudisc; huiser häuser; muise mause; fuirmuiser roth wangiger mensch, fenermauser, nuiseken kühchen; puiseken kätzchen, schfilzeben, vgl. engl, puss; duister finster, alts. tbiustri; knuiste knorren knö chel; pluisterich faserig, zerzaust, von pliuse; puister blasebalg; hieher gehören ferner 2. und 3. präs. sg. st. v. iu; eau, ue; uä, sowie von den ai; eäu, üe; diejenigen, welche den eh. g, h, s haben; z. b. bruikes brauchst; bruiket braucht; fluiges fliegst; suis siehst; fruiset friert. Anmerkenswerth ist hier das verein- zelte hä druiget sik op afficitur (sc. laetitia), wobei sik dat. ethic. Der infin müfste sik draigen op lauten, mnd. findet man sik dryghen uppe, vgl. alts. dreogan, ags. dre6gan pati. Daneben läuft mnd. ein sik dragen up, s. Spil f. <L upst. 168

2) Umsetzung eines alten iu: fuir feuer, alts. fiur; die imperative aller st. v. ai, eau : sui, tui, fluieb, guit, schnit, verluis.

3) Verlängerung und umlautung eines u bei konsonan laus- fall: buie = budde bulte, wanne, s. Dan. badbudde s. 16*9; bruien = brurden plagen, ags. bryrdan; kruich -= krudig kümmerlich; ruie = rudde hund jeder art, ags. hryööa.

4) Aufgelöstes w mit Verlängerung durch konsonantausfall und umlaut: kuiern sprechen, kaudern, vgl. alts. quethan; tuiern zaudern, vgl. alts. tuedon dubitare; kuiken, n. hühnchen = kuk- ken, dimin. von alts. quic*); kuiksken küchlein (doppelte dimi- nutivform).

5) Auflösung eines wi und umlaut scheint in kuim engbrü- stig, vgl. kwymen.

6) Auffallend sind muir, f. mauer, alts. mura; ruiter reiter. Da sich gar kein ryder mehr in unserer gegend findet und rui- ter schon mnd. galt,* so möchte ich nach mnd. (met rufen unde

*) vielleicht stammt das wort gar nicht von quic, sondern von un- serm Iciuken schwach sein.

208 Woeste

rdven' urspr. einen grassator darin sehen, der sein handwerk ja am besten zu pferde trieb"). Vgl. ahd. (?) rüt6n saevire.

au steht theils für ahd. uo, theils für ahd. aw, mhd. ou(w). Mark, urk. des 15. und 16. jahrh. zeigen zuweilen au und ou für altes uo, z. b. Blavaut**) n. eines hörigen (urk; v. 1419; in urk. v. 1396 noch Blavot); daue thue; Gosebrauk; behouf.

1) z= uo, nur nicht vor r: dau thau; kau kuh; schau schuh; tan zu; waukiaewe maikäfer, vgl. ags. wöh; blauen bluten; haue hütung; kaul kühl; staul stuhl; waul Schwein***); schaule schule; spaule spule; blaume blume; vlaum trübe, eigentlich von fluthwasser, vergl. luomi frequens; haun huhn; grauner t grummet; au wer ufer, hügel; grauwe grübe, schacht; raupen rufen ; grauf grub ; häuf huf ; rauge ruthe; fau'ge fuge, facultas; bauk buch; brauk hose; brauk brüch; dauk tuch; klauk klug, rauk corvus; snauk hecht; flauk fluch; kauken ku- chen; wauken wuchern; draueh er trug; genauch genug; plauch pflugf); slauch schlug; f rauch frag; blaut blut, blüthe; glaut gluth; haut hut; häimaut heimat, mhd. heimuot; maut muth; laut lud; raut rufs; faut fufs; flaut fluth; kraus trink- krag; maus gemüse; bausem kappe eines herdes, busen; grausen auspressen, grüsen; aust und naust knoten, ausgangspunkt eines astes, ags. öst; Saust Soest, Suäsaz; hausten husten.

2) = aw(ouw): au schafmutter; dau thau; gau = glau schlau; glau klaren auges, scharfen obres, alts. glau, ags. gleav; getau, f. Webstuhl, ags. getav; nau genau; vlau übelwerdend, ahd. law; frau frau; baügen selten für buggen pflügen; klauen scharren, ags. clavjan; krauen kratzen; ?mauen miauen; sik tauen sich beeilen; wärschauen warnen, vgl. ags. scavjan und to shew; mauge Srmel, mhd. mouwe; haugen hauen; kaugen kauen.

*) solche ruiters frafeen auch auf ihren fahrten das fletsch 'ruitcr g^r' halbgar; vgl. H. Sachs im Landsknechtsp. **) vgl. Grimm myth. p. 633*. ***) nur als Schelte 'du waul! zu lindern, die säuisch essen, durch dick und dünn laufen; ad], waulich säuisch; waulepiäpcr säuischer brei, säuischer mensch. Zusammenhang zwischen ags. vala aper und ahd. wuolfan ! vgl. Grimm myth. p. 948.

t) ▼gl- plauch prät. von plisegen; plauch (pflüg): pl'utgen (colcre) = sträik (wetzstein): stryken (streichen).

vokale der niederdeutschen mundarten. 209

3) Erwghnenswerth sind noch: saul schmutzig, rufeig, ags. salu, vgl. goth. saul jan; kraume, f. krume, *gs. crume, altn. krumr, kraumr; bau, m., baude, bauget, bauert, bugget, m. u. f. ärnte; vergl. urk. 4n dem bouwede (ärnte)', buwet (ackerland), alts. beo, bewod*).

au, umlaut des vorigen, häufig ai gesprochen; um Lüdentch. spricht man !i9 z. b. fallen fühlen. Unsere urk. zeigen dafür oi, oy, oe z. b. genoige, beboyvet, woeste. Auflallend, dafs faür (fair) fu. der hieherfallt.

1) brauen brüten; glaüen glühen; hauen hüten; kaue kfihe; roaüe muhe, müde; faulen fühlen; staüle stuhle; kaülunge külilung; naumen (naimen) nennen, mnd. nomen, vgl. Grimm gesch. d. d. spr. s. 848; vlaütnen trüben; graün grün; haün- ken (hainken) huhnchen; auwen (aiwen) vexieren, ahd. uob- jan; draüwe trübe; hau wen nöthig haben, müssen, ags. behofjan; raüwe rübe**); tau wen warten; raupet ruft; plaügen pflügen; vi slaügen wir schlugen; baüken (seltener bücken) buchen; bäaker bücher; haüken, n. (für haudeken v. haut hui) weiber- roantel der zugleich den köpf bedeckt, mnd. hoike; klaüker klü- ger; aaüken suchen; snaüke hechte; wälthaüch hauende eines ge- fällten hauuies; gemaüt gemüth; se haül = se haüwet sie müs- sen; bauten heizen; maüten müssen; maüte, f. begegnung; maü- tich müfsig; saüte süfs; faute fufse; aüste astknorren.

2) haüget er haut; maügesken kleiner firmel; fraüken kleine fran.

*) unser wort gilt (od mit vorgesetztem roggen-) von der rog- genSrnte mit einschlnfs des neuen umbrechens. Es dürfte daher einen rückblick auf die Verhältnisse des alts. ackerbaus gestatten. Man baute vorzugsweise roggen (da man durch andere feldarbeiten nicht behindert war, gleich nach der ärnte zur neubrache zu schreiten). Ohne ein sol- ches Verhältnis konnte bewod (vgl. buggen pflögen, buggemann pflüger) nicht schlichthin die bedeutung messis» erhalten. Vergl. Grimm gesch. d. d. spr. s. 74.

**) Redensart« 'raüwen guet maus sin loaten' = sich um die weit keine sorge machen ; es gehen lassen, wie's gebt. Denselben sinn ge- währt: 'rdven bfcren (birnen) sin täten', Burch. W. verl. söhn 666. Iserlohn. Friedr. Woeste.

II. 3. 1*

2io Aufrecht

Die lateinischen suffixe cens und eins.

Das seeundäre suffix lat. eo (eu-s), gr. eo (eo-g) bilden be- kanntlich eigenschaftswoi-ter, dnreh welche in der regel bezeich- net wird, dafs das zu bestimmende wort aus einem gewissen Stoffe bestehe, ihm ähnlich, damit versehen sei: argen- teus, laneus, vimineus, igneus, sidereus, doyvgeog, ioeeog, %Qv<5eog9 xvdveog. Pott etym. forsch. II, 502 nimmt mit vollem rechte als die erste bedeatung von eo, eo die «von etwas abstammend» an and stellt es lautlich dem skr. eya gleich. Nun ündet sich im lateinischen ganz zu demselben zwecke auch das suffix ceo (cen-s) verwendet, antretend an a-, o- und konsonantische stamme. Ge- wöhnlich geht dem suffixe ein langes a voraus. Beispiele l)^von a -stammen: alutaceus (eins) , ampullaceus, amygdalaceus (vergl. amygdaleus), argillaceus, belaceus, chartaceus (vgl. charteus), cre- taceus (vgl. creteus), gallinaceus, herbaceus (vgl. herbeus), lappa- ceus, membranaceus (vgl. membraneus), resinaceus, rosaceus (vgl. roseus), testaceus (vgl. testeus), tiliaceus, violaceus; 2) von o -stammen: furnaceus, helvaceus, hordeaceus, miliaceus, papyra- cens, sebaceus, vinaceus, vinacea (vgl. vineus); 3) von konso- nantischen stammen: arnndinaceus (vgl. arandineus), mellaceum (vgl. melleos), pavonaceus, und das ofienbar mit zweifachem suffixe gebildete erinaceus (vgl. ericius). Statt des vorausgehen- den a zeigt ein ü das einzige pannuceus. Da nun sowohl En- nius nach Charis. I, 6, als auch Pomponius bei Nonius p. 488, 30 den dat. abl. pannibus brauchten, so darf man nicht zweifeln, dafs pannus auch nach der u-deklination flektirt wurde, u -stamme aber widerstehen fester als anderweitige den einflössen der fle- xion und ableitung.

Zwei fragen sind bei diesen bildungen auf aceu-s zu beant- worten: wie man das ä zu erklären, und ob man ceo als ein- faches oder zusammengesetztes suffix zu betrachten habe, oder endlich ceo nur als eine Variation von eo und das c als lautli- cher Vorschlag zu fassen sei.-* Jenes ä finden wir ebenso in einer ganzen reihe lateinischer sekundärer affixe: änus, äneus (circum- foraneus, momentaneus, praesentaneus, subitaneus), aris, älis, arius == äsius, atis = ät, aticus (aquaticus, dapaticus, pulveraticum), ätilis (aquatilis, fluviatilis, umbratilis). Irrig war1 es meiner Über- zeugung nach dieses a als bindevocal oder als Verlängerung des themavocals (was im besten falle nur auf die a- und o- stamme

die lateinischen suffixe ceus and cius. 211

passen wurde) zu fassen. Vielmehr hangt es mit dem ableiten- den ä der a-konjugation (sogen, ersten) eng zusammen. Da dem Römer geläufig war von jedem beliebigen worte ein verb nach jener konjugation zu bilden, so lag es ihm nahe analog auch bei snffixen die ableitung durch dasselbe ä ku bezeichnen, ohne dafs die betreffenden suifixe aus ihrer sekundären natur heraustraten d. h. für niomentäneus, momentärius, fhiviäticus, fluviätilis ein auch nur gedanklich vorangegangenes momentane, fluviare (oder -Sri) vorauszusetzen wäre, und ohne dais praesentäneus, praesen- Urins, umbräticus, umbrätilis zu praesen tare, umbrare in dem verhältnifs der Unterordnung ständen. Der bedeotong nach ganz ▼erschieden ist das a vor den primärsuffixen bulu-m, cnlo-m, iu-s. Mir steht es fest, dafs kein acetabulum, desidiabulum, se- naculum, consulatus, tribunatus ohne ein vorhergegangenes ace» tare, desidiari, senari, consulari (oder consulare, vgl. magistrare und dominari in aktiver und passiver bedeutung), tribunari ge- bildet werden konnte.

Schwieriger ist die zweite frage. Dais ceo kein einfaches suffix sei, l䣻t sich wenigstens dadurch erweisen, dafs weder ein griechisches neo noch skr. kaya, caya, caya vorhanden ist. Hingegen läfst es sich nicht geradezu verwerfen, wenn man, wie Pott es thut, aceo in äco + eo zerlegt. Dafs co mit verschie- denen vorausgehenden vocalen im lateinischen sekundäre ablei- tungen bilde, kann man bei Pott etym. forsch. II, 510 ersehn. Für äco bringt er die beispiele: linguläca, porciläca (portuläca verbenäca (vgl. noch pastinäca, scanduläca) bei Bei der grofsen anzahl der adjective auf äceus muß es aber befremden, dafs Pott nur das einzige meräcus anzuführen wufete, dem ich nur noch ebriäcua beigesellen kann, und dafs diese beiden adjektiva ganz verschieden von jenen wieder von adjektiven (merus ebrius) ab- geleitet sind. Dieses sowohl als der umstand, dafs neben äceos so oft das blofse eus einhergeht, bestimmt mich das c als blofs lautlichen Zuwachs anzusehn, über dessen natur ich mich im fol- genden ausspreche. v

Mit den adjektiven auf ceus stelle ich die auf cius unmit- telbar zusammen. Sie zerfallen in zwei hauptklassen: 1) solche, die von einem part. perf. pass. abgeleitet sind. Diese zeigen vor dem affixe stets ein langes i*); 2) solche, die von einem ander-

*) mich befremdet, dafs selbst Freund in seinem in vieler bezie-

14*

212 Aufrecht

weitigen namen abstammen und vor dem affixe ein kurzes i, sel- ten einen anderen vocal haben. Ehe ich näher anf sie eingehe, habe ich einige werte über die Orthographie «i sagen. Bekannt- lich schwanken sowohl die handschriften als die Inschriften zwi- schen der Schreibung cius nnd tius. Priscian. IV, 6, 31 (ed.

Krehl) sagt darüber: « exceptis in cius desinentibns: illa

enim assumunt, si sint nomina ex quibus derivantur vel partici- pia seeundae declinationis, genitivo: sin tertiae, dativo eins, i tarn penultima quam antepenultima correpta, ut advec- tus advecti advecticius, commendatus commendati commendaticios, faber fabri Fabricius, pigneratus pignerati pigneraücius, tribunus tribuni tribunicius, pater patri patricius, aedilis aedili aedilicius, gentilis gentili gentilicius.» Dem widerspricht bei einzelnen eigen- namen die Schreibung alter Inschriften und es wird um zur Sicher- heit in diesem punkte zu gelangen kritischer sichtung sowohl der Schriftsteller als der Inschriften, wobei naturlich die vor- augusteischen zu gründe zu legen sein werden, bedürfen, umsomehr als auch sprachgeschichtlich cius und tius zwei ihrem Ursprünge nach völlig verschiedene suftixe sind. Mir standen zu wenige hülfsmittel zu geböte um diese Untersuchung anzustellen ; ich kann nur insoweit sondern, als ich es fär die gegenwärtige Untersu- chung bedarf. 1) icius. Suppositicius, surrupticius schreiben in den in der obigen anmerkung citirten Plautusstellen alle hss.*)

hang bis jetzt unübertroffenen wörterbuche bei der angäbe der quan- tität dieses i schwankt. Unter der grofsen anzahl der hierher gehöri- gen bildungen finde ich anter den von mir gekannten beispielen nur translaticias , adscripticius , adventicius (aber conventicins f) mit dem richtigen längezeichen versehen. Hätte der lezicograph die von ihm citirten Plautosstellen angesehn, er wäre dem irrtham entgangen. In den 6 von Ritschel bis jetzt herausgegebenen stucken kommen nur zwei Beispiele vor, nämlich Pseudolus IV, 7, 72:

tixploratorem hünc faciamns lüdos suppositfeium and Menaechmi prol. 60:

Adöptat illaui päeram sarruptfeiam ibid. 68:

Is fllic habitat glrainus eurrnptfeius. Vgl. ibid. arg um. v. 7. subreptteius. In den übrigen stucken kommen noch mehrere beispiele vor. Wahrscheinlich beruht der irrtham auf der mitgetheilten stelle des Priscian, dann bleibt das schwanken aber noch immer unerklärt.

*) missicias steht in einer sehr spaten inschrift Or. 3582; conla-

die lateinischen saflixe ceus and eins. 213

2) adjeetiva auf Icius. Tribunicius steht konstant auf münzen der gens jalia (vgl. Gennaro Riccio, le monete delle antiche fa- niiglie di Roma. Napoli 1836. Erste aufläge p. 74. 96 etc.) und so auch in der regel auf Inschriften. Patricius, aedilicius, quaesto- ricius sind durch Inschriften verbürgt. Das meiste schwanken fin- det sich bei den eigennamen auf cius: Minncius Riccio a. a. o. p. 116. 117, Poblicius p. 135, Sulpicius p. 161, Sulpicianus p. 146, Vinicius p. 176. Durch die gewöhnliche Schreibung der inschrif- ten verbürgt sind Aniciu6, Caedicius, Castricius, Castrucius, Fa- bricius, Fußeins, Minicius, Numicius, Septicius, Vestricius. Nicht geringes gewicht legen in die wagschale die oskischen formen: Vestirikiis, Yiinikiis und das urobr. Kastrucjis. Bei anderweitiges namen wiederum wird die Schreibung mit tius festzuhalten sein, so bei Tarquitius Riccio p. 16. 163, Cossutius p. 59 (vgl. Cosuties auf der tabula veliterna), Domitius p. 62. Bei den namen auf atius (wie Lutatius, Minatius) wird sich, glaube ich, das t als überall allein richtig erweisen.

Durch das affix icio (iciu-s) wird bezeichnet, dafs einem dinge das primitiv als besondere eigeuschaft anhaftet: aes colla- ticium ist geld, welches die eigenthümlichkeit hat, dafs es colla- tum ist. Kürzer ausgedrückt: das affix individualisirt die schon durch das primitiv ausgesprochene eigenschaft. Mit «angehörig» läfst sich die bedeutung von i-cio am schärfsten ausdrücken. Bei- spiele sind: reeepticius, cessicius, oecupaticius, dediticius, profec- ticius, feneraticius, ficticius, congesticius, agnaticius, collaticius, tran8laiicius, commendaticius, commenticius , missicius, emissi- cius,multaticius(?), adoptaticius, pigneraticius, suppositicius, abrep- ticius, subrepticius = surrupticius, adscripticius, insiticiusj-adven- ücius, conveniieius. Ihrem langen i nach gehören anomal hier- her auch caeslcius und novicius. Was dieses i betrifft, so er- kenne ich darin, wie ich oben das ä von äceo als an das k der ersten abgeleiteten konjugation sich anschliefsend gefafst habe, das i der dritten abgeleiteten (sogen, vierten konjug. wieder). Das kann um so weniger befremden, als ja diese mehrere verben auf- weist, welche von o- stammen herrühren: superbio, saevio, iuep- tio, blandior, largior. Das c betrachte ich auch hier als späte- res einschiebsei und als eigentliches affix io, das sich am besten an

ticius hat Dtintzer lat. wortbild. p. 41 bei Or. 3730 gelesen, dort steht conlatilios.

214 Aufrecht

das skr. iya wird anschliefsen lassen. Vergl. über dieses umbr. sprachd. I, p. 147 anm. 2.

Die adjeetiva aaf lcio Otciu-s) haben a) gleiche bedeutung mit denen auf äceo, aus einem Stoffe bereitet: caementi- cius, caespiticius, craticius, latericius, sarmenticius, stramenticius, oder feinem dinge angehörig, eigen: aedilicius, clibanicius, compitalicius, curatoricius, duumviralicius, gentilicius, nataiieias, nuptaücius, patricius, praetoricius, quaestoricius, qoinquennalicius, tribunicius, venalicius, vernalicius. Ericius scheint wie erinaceus erst durch ergänzung eines adjeetivbegriffs die bedeutung von er angenommen zu haben. Seinem wesen nach ist dieses suffix von a-ceo und i-cio kaum verschieden: man kann es auf skr. eya oder iya zurückfuhren, da ja diese beiden im erhaltenen zu- stande des lateinischen sich gar nicht mehr sondern lassen, über- diefs von hause aus nicht verschieden sind.

Die eigennamen auf Tcio, die mit Sicherheit hierher zuzie- hen sind, habe ich bereits oben zusammengestellt. Sic sind sämmt- lichpatronymika: Publicius ein abkömmling des Publius*), Fufi- cius von Fufius, Fabricius von Faber, Vinicius von Vinius. Fftr die geschichte der entstehung dieser namen sind die oskuchen formen mit doppeltem ii wichtig: Vestiriküo, Viinikiio. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich alle diese formen dem skr. eya mit vorgeschlagenem c gleichstelle, namentlich da io (osk. iio) auch allein ganz gewöhnlich patronymika bildet.

In der ansieht, dafs in den bisher besprochenen suifixen ein lautlicher zusatz sei, bestärkt mich das vorkommen derselben er- scheinung im sanskrit. ayani ist ein gewöhnliches zur bildong von patronymici8 dienendes suffix: Kaitav- ayani ist ein abkömm- ling des Kitava, Saindhav-ayani des Saindhava. In einigen Wörtern (P. IV, 1, 158. 159) tritt aber vor ayani noch ein k an, nämlich in V&Jdna-k- ayani, Gaudhera-k- ayani, Kärkashakäyani, Kaka- kayani, L&nkäkäyani, Carmakayani, Värmakäyani, G&rgiputrakä- yani von Väkina, Gandhera, Kärkasha, Kaka, Lanka, Carniin, Varmin, Gärgiputra. Dasselbe geschieht in einigen Wörtern bei antritt des adjeetiva bildenden äff. iya (P. IV, 2, 91), nämlich bei: na{ja-k*iya, plaxa-k-iya, vilvakiya, venukiya, vetrakiya, yetasa- kiya, ixukiya, k&shtbakiya, kapotakiya, trinakiya, kruncakiya,

*) dafs man nicht an eine ableitung von publicus za denken hat, zeigt Pabliliue.

die lateinischen suffixe ceus and eins. 216

taxakiya von nad«, plaxa, vilva, venu, vetra, vetasa, ixu, käshtha, kapota, Irina, krunca, taxau.

Meine ansieht über das behandeile c, k ist folgende. Es gab eine zeit, und die rhythmen der Vedeu zeigen noch frische spu- ren davon, wo vocalische flexions- und ableitungsend ungen auch an vocalische stamme unmittelbar ohne gegenseitige Veränderung antraten. Um ein beispiel zu geben, so gut senatu-os und mili- tia\-i erhalten ist, mufs auch bono-2 und Fabri-ius bestanden ha- ben. Im laufe der zeit wurde aber der hialus auf dreifache wehe beseitigt 1) durch zusammenziehung beider vocale, 2) durch ausstoisung des ersteren, 3) durch einschaltung em& consonanlen. Der gangbarste consonant für diesen fall ist jod, das sanskrit und das deutsche wenden vielfach ein n an. Gleiches recht nehme ich nun auch für k in ansprach.

Erweist diese darstellung sich als richtig, so werden vielleicht noch einige andere lateinische bildungen sich auf gleiche weise erklaren lassen. Namentlich habe ich hier die deponentia auf cinor im äuge, die zu weiterer betrachtung hier aufgezählt wer- den mögen: alucinor, latrocinor, lenocinor, niantiscinor, patro- ciaor, ratiocinor, sermocinor, tuburcinor (?), vaticinor, denen sich das Substantiv tirocinium anschliefst. Immer wird bei annähme solcher hülfslaute mit gröfster vorsieht zu verfahren sein, denn wie neulich F. Berger in seiner ihres materials wegen schätz- baren schrift (de nominum quantitate. Gotha. 1852. 4.) alle mög- lichen consouanten au wachsen Iäfst, wobei er freilich der Vor- gänger viele hat, bringt in die schwierige lehre von der Wort- bildung nicht licht, sondern höchste Verwirrung.

Im August. . A.

Die suffixe tv; tu (4te Ml.) sammt &tu; tu (2te dekl.) und £tu; dov; din (norain, do); tüdin (nom.tddo); ta; r/y.

Im sanskrit finden sich drei zusammengehörige sekundäre, d. h. aus nominalthemen neue nomina bildende, abstractsuffixe tvana*), tvan, Iva**). Wenn wir gleichlautende affixe, sowohl

*) diesem entspricht das prakr. ttana, wonach Lassen 1. L. Pr. § 89, I zu berichtigen.

**) 8. meine sanskrilgniuiu). s. 236 § 603.

216 Benfey

zu sekundären ab auch zu primären, das letztere heilst zu Bil- dungen aus verbalthemen*), in wesentlich gleicher bedeutuug verwendet finden, so haben wir keinen grund an ihrer identität zu zweifeln. So dürfen wir denn das zendische thvana, weiches wesentlich in abstractbedeatung erscheint, in anähigterethwana (vom verbum ctere = skr. str, griech. özoq , lat ster u. s. w.), wenn es unbedenklich ist**), mit dem erwähnten skr. tvana iden- tificiren. Bedenklicher kann man über die identification des skr. tvan in prertvan und prac,attvan, beide mit der bedeutuug «ocean» (eigentlich jenes «der vorwärtsgehende» (pra-ir-tvan), dieses «der vorwärtsfallende» (pra-cad-tvan)), mit jenem tvan sein, da diese beiden Wörter ursprünglich nomina agentis sind. Allein, dafs in den indogermanischen sprachen keine so bedeutende kluft zwi- schen abstractis und nominibus agentis ursprünglich lag, als wir uns in unsern der entstehung dieser categorieen so fern liegen- den sprachzuständen zu denken pflegen, zeigt schon das verhält- nifs vieler klassen von abstractis zu entsprechenden von nomini- bus agentis. So sind im allgemeinen die primären, nominalthe- men auf man (verstümmelt aus organischerem mant), wenn gen. msc, nomina agentis (z. b. dar -man von dr «zerstören11), wenn gen. ntr., abstracta (z. b. jan-man von jan «gehurt»), Dasselbe verhältnifs zeigt sich im griech. reflex dieses Suffixes pop = man und par (=der schwachen form des zu gründe liegenden mant) im ntr. Ebenso sind die vielen abstracta auf suff. skr. as, wie schon a. a. o. bemerkt (sanskritgr. s. 149, Kuhn in d. zeitschr. I, 531 ff.) ursprünglich neutra des ptc. präsentis. Endlich kann im skr. das ptcp pf. pass., wenn es im ntr. gebraucht wird, das abstract bezeichnen (sanskritgr. § 333), während seine bildung

*) dafs in den indogermanischen sprachen alle primären nominal- bildungen ans verben (nicht aus wurzeln) hervorgegangen seien, werde ich an einem andern orte zu beweisen Sachen.

**) der Zusammenhang der stelle (im Afrin Zoroaster bei Barnonf Yacna 433) legt nämlich sehr nah in anlhicterethwanem das letzte a zu dehnen, oder fiir Verkürzung eines früher gedehnten a* anzusehn (vgl. vehrkananm==vrkä/iära). Dann erhalten wir das vedische absolutiv (sans- kritgr. § 914, V, 3) in der gewöhnlichen construction mit dem verbum skr. bhu, um die dauer eines verbalbegrifls zu bezeichnen. Die stelle würde, abgesehn von dem dankein ahi, im skr. lauten : crtram (ved. für gewöhnlich cltlam) kalpam an. .strlvänam bhaväsi valli* «mögest dn un- befleckt am heiligen körper verharren, gleichwie» u. s. w.

suffixe. 217

gar keinen passivcharakter aufweist, sondern nur das verbalthenia selbst mit sufGgircmg des pronomen demonstr. la oder des diesem bedeu tangsgleichen na. Man kann zur erklärung dieser nur durch die geschlechtsverschiedenheit (oder genauer: den gegensatz des persönlichen und nichtpersönlichen) bestimmten kategorieendiffe- renz sagen, dafs das abstractum aus dem nomen agentis durch entziehung des demente der persönlichkeit entstanden sei, gerade wie auch bei uns z. b. «das glänzende » ohne persönliche beslim- mung wesentlich identisch ist mit dem abstractum «der. glänz * und analoge erscheinungen sich in allen dem skr* verwandten sprachen, wiederholen. Allein ich mache sogleich hier darauf auf- merksam, dafs selbst diese geschlechtliche differenz eine unter- geordnete ist und dafs die unendliche mehrheit der primären ab- 8tracta obgleich auch sie meiner ansieht nach zum gröfsten theil aus dem ptep. präs. entstanden ist (vgl. bezuglich des skr, meine sanslyilgr. s. 192 § 381) gen. masc. (ebenso meine sanskritgr. §325 ff., insbes. noch §343) ist, wie denn auch das oben erwähnte suffix man in der gestalt iman (d. h. mit binde- vocal angeknöpft) sowohl im primären als sekundären gebrauch abstraeta gen. msc. bildet (sanksrgr. s. 167 § 416 und § 554 Vf, vgl. mit § 708, £). Man wird daher sagen müssen, dafs der indo- germanische Sprachgeist in primären abstractis den zustand des verbalbegriffes als etwas durch die Selbsttätigkeit desselben ent- standenes ansah, wie ja auch das sekundäre abstract nicht blofs den zustand, sondern im allgemeinen auch die handlung (thätig- keit) des damit versehenen nomens bezeichnet (s. bezöglich des skr. meine gr. § 554).

Wir werden demnach unbedenklich die erwähnten tvan mit einander identificiren ; nicht minder das tva in dätva «der ge- bende» und jan -i- tva «der zeugende, der gebärende» mit dem erwähnten sekundären tva. Mit noch unbez weifelbarerem recht das Iva, welches, zur bildung des absolutivs dienend, in der ge- wöhnlichen spräche im alten instrumental (tvä sanskritgr. s. 427 n. 1 *), in den Veden auch bisweilen im dativ (tväya) erscheint. Denn der bedeutung nach, ist das absolutiv ganz eigentliche bezeichnung des zustandes oder der vollfuhrung (vergl. die er- wähnte bedeutung der sekundären abstraeta, sanskritgr. § 554),

*) es ist daselbst von: (vgl. s. 236.) bis zu ende der note zu streichen.

218 Benfey

des verbalbegriffs, welche durch den gebrauch im instrumental als eine andre, handlung begleitend (ihr vorausgehend oder mit ihr gleichzeitig*)) dargestellt werden; bhuktvä vrajati z. b. heifst wörtlich; «mit dem vollendeten- zustand oder der handlung des (bhuj) essens geht er», das heifst: «nachdem er gegessen hat (oder aucht jedoch seltener, «essend») geht er.«

Eben so unzweifelhaft identificiren wir mit dem zuerst er- wähnten tva das gleichlautende suffix, welches in den Veden und in) zend das ptep. fut passivi bildet (z. b. ved. stotva = zend. ctaothwa sanskritgr. § 902), obgleich die themengestalt des verbi davor im allgemeinen eine andere ist, als vor dem suff. des absolutiv. Denn diese gestaltung hängt nicht vom suffix ah, son- dern vorwaltend von der accentuation oder, jedoch seltner, an- deren phonetischen einflössen. Wir haben nicht nöthig, um den begrifflichen Zusammenhang zwischen dem abstractsuffix tva und dem des ptc. fut. pass. nachzuweisen, uns auf selten überzeugende deduetionen aus den Übergängen der bedeutuug einzulassen; wir haben hier vielmehr das unläugbar analoge verhältnifc des gewöhn- lichen ptc. fut. pass. tav-ya zu dem infinitivsuffix tu zur seitc; denn dafs jenes aus diesem durch hinzutritt des suff. ya (d. h. des pron. relativ.) entstanden ist (genau nach der reget in sanskritgr. § 585, II) , wird wohl von niemand bezweifelt. Aber auch die- ses suffix tu werden wir bei der nahen Verwandtschaft von va und u und der identität der bedeutung nicht von tva zu trennen wagen. Im gewöhnlichen sanskrit dient sein aecusativ zur bil- dung des infinitivs ( tum = dem lat. supinum auf tum ) , in den Veden aber auch sein dativ (tave und. tavai, letzterer wohl un- zweifelhaft gen. fem/*)) und genitiv oder ablativ (tos, vgl. den

*) nach den indischen grammatikern drückt es auch eine nachfol- gende handlang aas, and in der Wirklichkeit treten die in den (skrgr. § 911 B) angefahrten beispielen im absolutiv aasgedrückten handlangen erst nach Vollziehung der handlung, welche sie ergänzen, ein. Allein so wenig wie wir, wenn wir sagen, ««er schläft mit offnem munde» «er lacht mit zugekniffenen äugen» daran denken, dafs das schlafen, lachen den daneben ausgedrückten bestiminungen vorhergeht, eben so wenig geschah dast wenn der Inder sagte mukham vy^cUva svapiti, netre ni- inilya hasati. Dem sprach gebt gegenüber, welcher nicht so haarscharf sondert, als die, insbesondere indischen, grammatiker thnn, sind es gleichzei tige handl ungen.

**) vgl. sanskritgr. § 727, 111. Die gunirung ist zwar gegen die regel

soffixe. 219

•blativ im lat. supinum auf to). Mit diesem tu werden wir end- lich das tu identificiren, welches fast nur primäre nominalthemen im msc. and ntr. bildet (sanskritgr. s. 162), aber in bildungen wie dusbtaritu «c schwer zu übersteigen» sucrotu «schön zu hören» seine adjectivische natur (vgl. z. b. Rv. IV, 4, 35, 1) und wesent- liche Verwandtschaft mit dem ptcp. fut. pass. bekundet (vergL. sanskritgr. s. 421 n. 1, vgl. mit § 324).

Wie sich endlich das suffcc as zu dem ebenfalls aus dem ptc pras. (in der organischeren form ant) durch abstumpfung hervorgegangene suffix an verhält (sanskritgr. s. 152 bem. 2), ganz ebenso könnte sich tvas in pi-tväs «trank (Yv. 19, 56)*) zu dem besprochenen tvan verhalten.

Ueber das genetische verhältnils dieser verwandten suffixe kann ich zu keiner sichern Überzeugung gelangend In meiner sanskritgr. habe ich tvana für die organischere form und tvau tva für stufenweise Verstümmelungen derselben angesehn. Jetzt scheint mir ein analoges verhältnifs, wie das zwischen den suf- fixreihen van va vana, an a ana, at a ata und deren verwandten (in Gott. gel. anz. 1852 s. 552) aufgewiesene, wahrscheinlicher, so dafs von diesen drei formen tvan die organischste, tvan-a durch ein sekundäres a weiter formirt, tva verstümmelt wäre.

Dem skr. tu in abstraktbedeutung stellt sich im griech. tv zur seile. Dafs es hier nur als femininum erscheint, hat nichts auffallendes* denn im indogermanischen sprachstamme dient das

des gewöhnlichen sjcr.; aber auch vor e ist sie nicht dynamisch, son- dern nur phonetisch, fehlt vedisch oft, and im zend, wenn ich nicht irre, ganz, auf jeden fall vorwaltend. Als sich diese phonetische Ver- änderung geltend machte, konnte sie auch die formen mit ai ergreifen und sich in einer derselben, welche durch den gebrauch im infinitiv ganz ans ihrer flexivischen analogie losgelöst war, anch in die zeit hinüber erhalten, wo die spräche für den dativ feminin i anf ai die gu- nirung wieder aufgegeben hatte. Man könnte nach die aa. ff. für femi- •nina halten; darüber lafst sich, soviel ich sehe, nicht sicher entschei- den, zumal da wir im grieeh dieses suff. als abstrakt nur im fem., im latein aber fast nur als msc. (selten als ntr.) auftreten sehen werden.

*) das skr. pa* «trinken« ist hier gegen sanskritgr. § 154, 2, 3 nach analogie der ausnahmen dazu (f. b. sthi-tvä') behandelt. Diese aus- nähme gilt in der lexikalischen etymologie auch für a-verba, z. b. ebenso (zugleich gegen sanskritgr. s. 162 § 403) von «beherrsche« » pi-tr «vater».

220 Benfey

femjninum in demselben, vielleicht in noch gröfserm umfang als das ntr, zur bildung von abstractis (vergl. für skr. bezüglich der primären meine gramm. § 331. 334; bezüglich der sekundären § 554 und s. 235 tat = trjr lat. tat und tut). Mit ausnähme eini- ger zahl wörterabs tracte bildet es nur primäre (z. b. ßgtarv yqanrv otoxro), welche bezuglich der themenform der analogie folgen, nach welcher die auf ro (eigentlich ptc. pf. pass.) gebildet wer- den, oder, wenn diese für ein bestimmtes verbalthema nicht existi- ren, gebildet werden worden*). Die sehr vereinzelt stehenden und höchst unorganisch gebildeten Zahladverbien ixaroarv, %CUo- <m/, fAVQioarv, tqittv folgen, vielleicht durch einflufs jenes Ver- hältnisses von tv zu ro, der analogie der ordiiialia ixaroaro u. s. w. tQirto (organischere form von. tqito für lafein. tertiu skr. trtiya durch assimiiation aus tQiryo (= zend, thritya**)), vergl. vedisch (und analog im zend) vasyas für vasiyas und ähnliche (8anskritgr. s. 228 § 599, IV); terQaxrv läfst mehrere deutungen zu; am wahrscheinlichsten ist mir, dafs es aus rsTQaxig gebildet ist. Wie im sanskrit vor vocalisch oder mit j anlautenden Suf- fixen***) überhaupt oft, fällt im griechischen, bei ableitungen von indeclinabilien von letzteren der letzte vocal sammt den ihm etwa folgenden consonanten ab (vgl. z. b. von adyaevas durch ina: adyagvina) z. b. von dpoißadop: dfioißdöw^ ßdötp ßadt£a); di%a dix&<*i T£*Za TQlX^^ TtTQaxa rw^a^tfa ****); %&*$ (skr. hyas) X&i£6 (für organischeres x&*'too) jedoch auch ohne vertust jteff- ivo. Dieser abfall erklärt sich dadurch, dafs die indeclinabilien der indogermanischen sprachen, mit ausnähme der ächten (nicht aus begriffe Wörtern entstandenen) interjeetionen, flexivische zum

) vgl. z. b. /fyuxo?, yQamöq, Jiwxroc; yikamöq: tv$; dxtaioq; tvq; xiiGToq: rvq; dyoQtjrvc; nach analogie von ti^to?; dkavrvq nach ^lm- to? u. s. w. Da diese bildungen ionisch, so schliefsen 6ie sich auch au verbaltbemcD, welche in der xoivti nicht existiren z. b. ßakXrjTvq als ob ein ßakXiu exUtirte.

**) Bopp vergl. gr. §322. ***) danach ist sanskritgr. § 587 zu verbessern. ***•) das verhältnifs von <fc/»s nivraxuq u. s. w. , so wie die acceut- differenz zwischen <ft*e* <fc**d spricht wohl entscheidend dafür, dafs &* ein neues saffix sei, nicht #, wie in /fra/cedo Im verhältnifs zu xaftat (von Wa = skr. kshrol) x*k im verhältnifs zu skr. hyas, lat hes in hes-ternu, eingeschoben (wie z. b. in ktoX* noU = sanskr. purt u. a.).

saftixe. 221

ailergröfsten theil casusformen sind (bez. des skr. vgl. meine gr. § 782), in welchen der theil vom letzten vocal an entweder nur oder vorwaltend flexivisches dement ist, so dafs in der abschei- dung desselben vor neuen suftixen die Sprache ihr eigentliches princip: suffixe nur an thematische formen zu schliefsen, bethä- tigt. Wenn sie hierin zu weitgehend auch den auslautenden the- matischen vocal einbüfst, so erklärt sich diefs vor vocalisch an- lautenden sufGxen durch den einflufs des anlautenden vocals, vor coneon an tisch anlautenden ist es eigentlich anomal, hat aber in allen sprachen analogieen in der ausstofsung von, zumal kurzen, vocalcn zwischen beliebten consonantengruppen, vgl. z. b. nintta für nmitta (ner = skr. pat) und unserm fall wesentlich ganz ana- log von quinque ne'fuie (eigentlich allgemeine, nicht blofs äolische nebenform von areVre, da dem skr. c auch n entspricht) für or- ganischeres quinquem ntpnav (= skr. pancan) qu intus (für quinc- tus), nifuttog für organischere quinquetus m^nhog (= skr. ved. pancatha sanskritgr. s. 329 n. 3), da vor dem consonantisch an- lautenden sekundären suffixe eigentlich nur das, das thema aus- lautende, n hätte eiogebüfst werden dürfen (vgl. skr.-gr. § 83, 2*). Aus dem lateinischen (vgl. Pott etyni. forsch. I, 551) ent- spricht dem skr. tu in abstraclbedeutung ebenfalls tu, fast nur im mascul. (vgl. oben)**), zunächst unmittelbar an verbalthemen so- wohl primäre als derivirte antretend z. b. or-tu vic-tu (aus g(v)i(c)v = skr. jiv) ic-tu (=jac-tu aus ja(c)v-i = skr. cyävi causale von cyu «fallen») par-tu, quaes-tu (quis = skr. cish aus- suchen, ausscheiden, auszeichnen) ques-tu (ques = skr. «jvas «seuf- zen») casu (für cad-tu) sexu (sec-tu « abtheil ung») cur-su (für curtu***), von cur = skr. hvr nach der skr. 4. conj.-kl. also cur-ro für cur-jo «ich drehe mich») u. a. ****); ferner vena-tu, bala-

*) anch im zend ist der vocal eingebüßt; es entspricht pukhdha aas panc(a) -H tha, indem zuerst c zu k ward (vgl. sanskritgr. § 66, 1) wie in khtöirya (ans organischerem catuirva = skr. tfirya für catürya (sanskritgr. s. 329, insbes. n. 2) «vierte»), welches nor hinter der prM- position ä bewahrt. Der vocal a hat sich alsdann dem' labial p assi- milirt.

**) nur artu und sexu sind auch nentr.

***) anch cor-ru (genififs der Verwandtschaft zwischen den abstra- cten und nom. ag., wovon oben) mit assimilation. ****) dafs vom-i-tn skr. vam-a-tha gleich sei (demnach nicht hieher gehört) ist schon von Pott (etyra. forsch. I, 93) bemerkt. Vielleicht ge-

222 Benfey

ta u. a. Weiter erscheint es in der gestalt ä-tu hinter nominal- themen (den zustand oder die bandlang derselben bezeichnend) z. b. magistr-ä-ta, coelib-a-tu*), bim -a- tu, tribun-a-tu, consul- ä-tu, von denen bald entsprechende denominativa, z. b. magistrare, durch welche sie ganz in analogie mit venätu, balätu treten, exi- stiren, bald nicht, z. b. kein bimare neben bimatu. Wir haben wohl nicht nöthig für jede einzelne Formation dieser * art anzu- nehmen, dafs ehe sie formirt ward, ein entsprechendes denomina- tiv existirte; denn nachdem sich diese categorie durch eine reihe aus ihr hervorgetretener bildungen von denominativen dem sprach-

hören auch andere auf itu zu skr. athu; denn es ist nicht wahrscheinlich, dafs des letzteren gebrauch überhaupt so beschränkt war, als wir ihn im skr. (meine gramm. § 343) finden

*) beiläufig bemerke icb, dafs in coe in coe-lib (org. coelub) wohl unzweifelhaft der loc. des Zahlworts für «eins» skr. eka zu erkennen ist, mit derselben Verstümmelung, wie (nach Bopp vgl. gr. s. 431) in c-oclit (synkopirt, wie ich jedoch hinzufügen mufs, aus c-ocli-vat wörtlich: «mit einem äuge versehn», vgl. Gott. gel. anz. 1852 s. 544); also coe ss skr. eke (nach der uominaldeklination) nach analogie von griechisch ^foCxot, =s gkr. vece. In Zusammensetzungen diente gerade der locattv gern als vorderes glied (sanskritgr. 8. 246 IL) statt des thema, hier diu so natürlicher, da er adverbiale bedeutung hat; coelebs hiefse demnach wörtlich «für sich (eig. «allein») es liebend» = einer, der es vorzieht allein zu leben (a single man wie die Engländer sagen). Ich wei6e demnach Potts erklSrung (etym. forsch. 1,263) dieses coe aus dem pronomcn interrogativum ab ; dagegen glaube icb, dafs er letzteres ganz richtig in caecus erkannt hat (etym. forsch. I, 166, II, 397) und erlaube mir nur die genaueren bestimmungen , welche hatten hinzugefügt wer- den müssen und insofern von interesse sind, als sie selbst in sehr ver- einzelten erscheinungen die grofse Übereinstimmung der indogermani- schen sprachen unter einander zeigen. Im skr. tritt in der Zusammen- setzung für akshi «äuge» (= griech. 6a<n) vorwaltend, in der relativ- zusammen8etzung (bahuvrfbi) immer, aksha (=lat ocu) ein (sanskritgr. § 624 und 669). Vor diesem tritt das fragpronomen, wenn es veracht- lichtkeit ausdrücken 6oll, nicht, wie sonst im allgemeinen in der gestalt ku, oder, wie sonst vor vocalen, in der gestalt kad auf, sondern als kA (sanskritgr, s. 248, XI B) also kä+aksha «schlechte äugen habend»; im lat. würde cl-ocn entsprechen, oder mit der fast durchgebenden schwüchung von o zu i in Zusammensetzungen (vgl. co-ip von co und op in op-timu op-to = ap in ap-to = skr. Ip-i causale von i, wel- ches nach analogie von sanskritgr. § 199 bem. 2 auch ap-i lauten dürfte und in nominalableitangen wirklich lautet), ci-icu = caecu.

saffixe. 223

geist gegenüber fixirt hatte, konnte sie sich von ihrer basis los- lösen nnd auch ohne die brücke eines zwischen liegenden deno- minativs aus einem nomen von welchem ja znmal jeden äugen- blick in der lebendigen spräche ein denominativ aasgehen konnte anmittelbar dieses abstractam bilden*).

Nah verwandt mit dem abstract ist die categorie des colle- ctiv. Jenes drückt die begriflsmäfsige (ideale) einheit ( pries ter- thum als das einheitliche wesen aller priester), dieses die zahlmä- fsige (nnmerale z. b. «gebirg», menge von sich wesentlich gleichen gegenständen, welche «berg» genannt werden). Das coUectiv ist gleichsam die Vorstufe des abstracts; es bezeichnet die gegenstände nur erst als im allgemeinen gleiche und zusammengehörige, während das abstract das in ihnen gleiche, ihre Wesenheit, ausdrückt. Wir finden daher auch in allen sprachen abstractbildungen auch zum ausdruck des collectivs verwendet, indem die höhere stufe auch die niedre vielfach auszudrücken vermag. So z. b. dienen im sanskrit mehrere abstracta auf in collect ivbedeutung (sanskritgr. §460 und vergl. überhaupt die coüectivbildung in §457 461 mit der abstractbildung in § 554 , wo sich noch mehr Überein- stimmungen zeigen), und im lateinischen und deutschen u. s. w. sehn wir nicht selten abstracta, wie die grammatik sagt, statt des plural ihrer concrete, z. b. nobilitas, adcl, statt nobiles «adliche» Juventus «Jugend* statt juvencs «Jünglinge», d. h. in collect ivca- tegorie gebraucht. Wir werden demnach auch die collectiva auf Atu, z. b. peditätu, comitätu, equitätu, senätu, hierherziehen und sie für wesentlich gleiche und auf dieselbe weise entstandene be- dangen, wie cohsulata u. s. w., erklären.

Nachdem wir das tfbstractsuffix tu im lateinischen collccfiv- bedeutung haben annehmen sehen, werden wir es auch nicht auffallend finden, wenn ein.reflex von skr. tva (ntr.) in dieser bedeutung erscheint. Mit diesem tva glaube ich nämlich lat. tu

*) ich will jedoch das lange & im skr jtv-aMu msc. and ntr. and dem red. infinitiv jivfttare (dativ dieses themas) von jfv, so wie die dareli i oder I anknöpfenden ff. (z. b. car-i-tave, srav-i-tavai, hav- t-tave (sanskritgr. §919) nicht nnerwShnt lassen, ohne jedoch mit be- stimuitheit daraas zn schliefsen, dafs wir in dem A in Ita nur binde- vocal zu erkennen haben; man vgl. ein gleiches Ä in skr. jaivätrka, wel- ches ein jtvAtr voraussetzt nnd überhaupt möchten die anlautenden lan- gen I in primären saf fixen, wie z. b. skr. Akt »lat Ic, griech. ijx in betracht zu ziehen sein.

224 Benfey

und etu (ntr. nach der 2ten) identificirea zu dürfen. Pott (etyrn. forsch. II, 546) sieht es bekanntlich als ptc. fut. pass. an; gegen diese ansieht entscheidet aber sein gebrauch als sekundäres nomi- nalsuffix in formen wie arbus-tu, salic-tu, carec-tu u. s. w. Das v ist ausgefallen, wie z. b. in can-i gegenüber von skr. evan griech. xvov (im nom. xvwv). Als primäres suiT. erscheint es in vire-tu (vireo), ole-tu, glabre-tu, ace-tu, zwar mit stärkerem hervortreten des abstracten demente, jedoch mit anklang an die collectivcategorie , indem es örtlichkeiten bezeichnet, an denen die Substanz des verbalbegrifles sich in fülle zeigt. An diese leh- nen sich der form nach die eigentlichen collectiva auf etu, wie arbor-etu, frutic-etu, ros-etu, vin-etu, sax-etu, rud-etu, soric- etu, über deren etu im verhältnifs zu tu in arbus-tu u. *. w. we- sentlich ebenso zu urtheilen sein wird, wie über tu in or-tu u. 8. w., zu atu in consul-atu u. s. w.

Dafs dem skr. tvana griech. Gvvq entspricht, ist schon von Aufrecht (in dieser Zeitschrift I, s. 4SI) bemerkt; dafs die- ses abstractsuffix als femininum im griechischen erscheint, wäh- rend es im skr. wohl sicher als neutr. gebraucht ward, findet seine nächste analogie in den sekundären abstractis auf ya im skr., welche sowohl fem. als msc. sind*). Zu einzelnen dieser abstraeta stehn adjeetiva auf avvo (vgl. a. a. o. 482) in genauster beziehung,

*) beiläufig bemerke ich, dafs mir die primären abstraeta auf ti, welche Feminina sind, in demselben verhältnifs pu dem ntr. des ptep. pf. pass. zu stehen scheinen, insofern dieses als abstract dient (skrgr. § 333). Diese themen aar ti sind nämlich fast ohne ausnähme und diese aasnahmen finden stets darin ihre erklär ang, dafs die bildung einst auch nir das ptep. erlaubt war, z. b. fifjt'i neben fiaxo (in avxofiaro) yon pav (worüber weiterhin) nach denselben regeln formirt, wie das ptep. pf. pass. und mir ist daher kein Zweifel, dafs sie eigentlich feminina dieses ptep. sind, in welchen aber nicht, wie sonst in the- men auf a im allgemeinen, im fem. der aaslaut gedehnt ward, sondern, wegen der substantivischen bedeutung der femininalcharakter ! antrat. Dieser wurde dann im weitern verlauf der spräche verkürzt. Ich habe diese Verkürzung schon an rltri im verhältnifs zu dem ved. ritrt (Gott, gel. anz 1852 s. 547) aufgewiesen und werde sie an einem andern orte in groTserem umfang begründen. Die differenz der accentuation (die ptc. pf. pass. sind oxytonirt, die themen auf ti paroxytonirt) erklärt sich (nach sanskritgramm. § 899) daraus, dafs die auf ti nicht mehr die partieipbedeutung haben, sondern substantiva geworden sind; man beachte jedoch die oxytonirt gebliebenen (sanskritgr. s. 162 no. 2. 3).

soffixe. 325

siedrücken ans «das habend, betreffend, was das abstract besagt» and stimmen genau mit den formen des abstravts überein, auch wo diese mehr oder weniger anomal sind, z. b. deanoüvrt] (von decm&ia) nnd fcoWowo, (accwogvit] (von parti) nnd °roöt>*o, «paxrvVj?*) und °a>owo, so dafs man wohl nur die wähl hat, entweder anzunehmen, dafs sie durch ein sekundäres suflfct aus den entsprechenden abstracten gebildet sind, oder dafs das suff. tvana avvo einst dreigeschlechtig "war und sich das abstract nur durch geschlechtliche fixirung zur Substantivkategorie erhob. Die letztere ansieht hat das für sich, dafs sich mit bestimmtheit in dem indogermanischen sprachstamme ein zustand erkennen lfifst, in welchem die categorieen des Substantiv und adjeetiv noch nicht geschieden waren, sondern das Substantiv gewissermaßen nur ein beziehungsloses adjeetiv oder selbst ptep. (z. b. serpens) war und nur an diesem mangel einer beziehung als Substantiv erkannt wurde. Für solche beziehungslose eigenschaflswörter fixirte sich ein bestimmtes geschlecht und diese fixirung vorzüg- lich wirkte dahin, dafs der categorische unterschied des Sub- stantiv und adjeetiv zu vollem bewufstsein hervortrat. Aehn- lich sahen wir oben tu im griech. als fem., im lat. als mascui, selten nentr., jedoch in den behandelten fällen nur als abstr. fun- giren. Schwerlich ist aber davon das skr. tu zu trennen, wel- ches oft ein msc. nom. ag. bildet, z. b. bhä-tu (der leuchtende) m. «sonne», man- tu m. (der denkende) «mensch», fem. «ver- stand»; eben so bildet das sogleich zu besprechende suffix dor zwar vorwaltend abstraeta, jedoch auch mehrere nomina agentis (z. b. 7tef*<pQTjd6t> u. a.) Diese frage läfst sich mit Sicherheit wohl nicht eher entscheiden, als bis wir die entstehung des Suffixes tvana nachweisen können; dieser nachweis würde uns auch über die eigentliche bedeutung desselben belehren**).

*) IfQüHjlyri °roc, wenn wirklich von Itgö, steht mit seinem <n in dieser reihe von bildnngen ganz vereinzelt nnd die Übereinstimmung in beiden formen wlrc , desto auffallender. Sollte es aber nicht an Uqäx in UqaTtxo n. s w. zu schliefsen sein? in Uq*t ist wohl unbe- denklich ein schwaches ptep. prite. einer activform von Itqao-fAju mit vielleicht dialektischer (hier dorischer) contraction von ao zu S (da ein wort für priester wohl ans einem dialekt in die *o*wj dringen konnte); Ugmvt wSre die regelmaTsige form (auch oMärr ntltxävx könn- ten aus dialekten eingedrungen sein).

*•) hr. Aufrecht betrachtet tvana als eine Zusammensetzung der IL 3. *5

926 Benfey

Mit dem eaff. skr. tvan identificire ich öor, wobei ich die Schwierigkeit nicht verkenne, welche darin liegt, dafs sich gar kein sichres beispiel eines reflexes von skr. tva dnrch griech. do nachweisen läfst. Dagegen ist aber der erweichende einflufs einer nachfolgenden liqutda auf t, specieü eines y*), und auch eines r**) nicht selten zu erkennen , so wie denn überhaupt t biswei- len zu d sich herabsenkt ***) (ähnlich wie n sehr oft zu b und selbst v) ****)• Ferner ist zu beachten, dafs phonetische Übergänge

suffixe tva und ana; er glaubt für diese hypothese eine stütze in dem vedischeu absolativ tvänam zu erkennen; in dem mit diesem gleichbe- deutenden tYtnara sieht er das 1 als Schwächung von ä an; allein Schwä- chung von Ä zu 1 findet im sanskrit immer unter einflufs einer unmit> telbar auf die silbe, welche das 4 enthält, folgenden aeuirten silhe statt (z. b. pfi+ta* wird pt-U, H-y^te p2-ya*te); hier haben aber tvä und tvi den acut. Da nun die Veden neben dem gewöhnlichen absolutiv tvä' auch die fonn tvt' zeigen, so liegt es wohl näher anzunehmen, dafs zu bei- den formen accentloses nam treten konnte, wodurch also tvä'-nara, tvf-nam entstand. In diesem nam dürfen wir wohl unbedenklich den (adverbial gebrauchten) accus, gen. neutr des sekundären Suffixes na erkennen, welches an indeclinabilia (zu denen auch das absolutiv ge- hurt) tritt (z. b. purä purä/ta , vgl. sanskritgr. s. 238 und z. b. latein. hes *ter-nu, in welchem tcr zunächst dem skr. tar in prAtar entspricht). *) z. b. sanskr. soff, tya schon im skr. dya (in ava-dya) und im griech. <ho und do (vgl. G. W. L. II, 232); ferner ist Stv in dtvpo, St vre mit dem skr. pronominalthema tya zu identificiren; <ho ist Stv gewor- den, ganz nach derselben analogie wie am; attv&e aus ar*o (in ötru; statt anoiq) = skr. anya entstand und im lat. iens (= skr. yant) im genitiv eunt-is ward; ötit-Qo ist = skr. tya-tra «hier», d«»-T« = skr. tya-tas «von dort»; in qo für tqo ist % wohl erst assimilirt, dann ab- sorbirt; die endung tqo erscheint mit verkürztem aaslaut, gerade wie * im skr. hinter pronominallhemen, während hinter nominalthemen die organischere form trd bewahrt ist, wie im latein auch hinter prono- minalthemen und präpositionen.

**) vgl. sanskritgr. s. 237 u. 133, wo man noch handra = hintra hinzufüge.

***) z. b. in den Suffixen Saro 6ro (welche Pott et. f. II, 563 wie ich glaube mit unrecht mit <W verbindet), welche den skr. primär- und seknndär- Suffixen Una und tna (skrgr. s. 161. 163. 233) entsprechen. ****) z. b. pa* «trinken», die Specialthemen nach analogie von tishth aus sthä formirend, müfste eigentlich pip werden, wird aber ved. pib und im latein zugleich mit assimilirung des reduplikationsconsonaitten

suffixe. m

oft sehr einsam stehn and dennoch unbezwetfelbar sind, so z. b. wird niemand eßdopo oder oydoo wegen der ganz einzeln ste- henden erweichung der ursprünglichen tenues zu mediae von lat. septimo (skr. saptama) octävo zu trennen wagen. Was mich aber neben der bedentung dieses Suffixes insbesondere bestimmt, es mit trän zu identificiren , ist die phonetische gestalt, welche auf nasale auslautende themen davor annehmen.

Wir finden im skr. themen auf nasale vor gewissen suffixen, zu denen auch das von uns mit tvan verbundene tva des absolu- tio gehört, auf dreierlei weise behandelt: entweder wird der vo» cal vor dem, nasal gedehnt (in allen bekannten beispielen nur a z. b. von cam c&ntvä), oder der nasal zugleich eingebfifst (auch in allen bekannten beispielen nur hinter a z. b. von khan khät- va), oder der nasal wird eingebfifst und der vocal (in den be- kannten beispielen a, i, r z. b. von gam gatvä) nicht verän- dert (sanskritgr. § 154, 2, 4). Im gewöhnlichen sanskrit ist im allgemeinen je in den einzelnen fallen nur eine dieser Umwandlun- gen zulässig; nur san kann vor suff. ti auf drei weisen sich for- miren (sänti säti nach den zuerst angegebenen, oder ganz ohne Veränderung santi). Allein schon in den Veden sehen wir in man «denken» vor ti, wo die gewöhnliche spräche nur einbufse des nasals vorschreibt (also mati) auch dehnung eintreten (abhi- mati), wie im griech. fflii. Vergleichen wir aber die ver- wandten sprachen, so kommen wir zu dem schiufs, dafs einst alle drei Umwandlungen und als vierte die unveränderte form nebeneinander galten (vergl. auch Gott. gel. anz. 1851 s. 1969), so dafs wir bei erklärung der hieher gehörigen formen für den der Sprachtrennung vorhergegangenen zustand alle vier weisen als gebräuchlich ansehn dürfen. •). Wenden wir diefs auf bil-

bib; map-i cansale von ma (nach sanskrilgr. § 199 nach analogie von bem. 2 auch mit kurzem a denkbar) io der bed. «gehn» (meare eigent »durchmessen»), also «gehn machen» «= «bewegen« lautet im latein mob in möbili (Tgl. griech. d-pitßopa» for org. sa-//a/r-#jo-^cM «sich mit einander wechselseitig bewegen», mit ptß; dann trat das j =»* in tjo in die Torhergehende silbe, und wurde sammt dem t an seiner eigentlichen stelle eingebfifst; vgl. s. 231 und ßdlXta for ßuX)m org. ß<*X- «)-«, catts. von ßaX es skr. «gal fallen») m&v in möv-eo skr. m«p- ayl-mi; vgl. griech. *-piv-ta neben fifitß) und ähnlich unzählige.

*) so, um ein interessantes beispiel hier anzumerken, bildet das gewöhnliche sanskrit von man denken das intensiv so, dafs das pri-

228 B«»*«!

dangen auf tvan an, so würde vom intensiv von bhram (wel- ches im gewöhnlichen sanskrit xwar «herumiircn» heifst, ursprftng- lich aber (= lat. frem-cre) den ton bezeichnete, welchen insek- tenschwirme bilden (vgl. G.W.L. II, 112), nämlich «schwirren»): bambhram (sanskritgr. § 109) griech. m(*<pQ*Pi wenn tvan an dasselbe, nicht nach analogie von <;am, wie im gewöhnlichen sanskrit, sondern von khan trat, durch dieses suffix bambhratvan gebildet sein mit der bedeotung eines agens, im fem. «die heftig oder wiederholt schwirrende» ; diesem entspricht aber, abgesehn von ö = tv und dem abweichenden reduplicationsconsonanten, laut för lant mpyw&ov. Gans eben so wurde vom intensiv von skr. dhran «tönen»: dandhran, griech. verfner, nach dieser analo- gie dandhratvan, griech. wtf^Wr*) entstehn (wozu auch dr&Qij- oor gehört, entweder mit einbufse des anlautenden t, vgl. ved. inaksh für ninaksh, iraj für riraj und ähnliche, oder mit prafix if för ard). Ebenso wurde skr. kshan = xrsv und 2?ar «scha- ben1* (G. W. L. F, 180) kshätvan bilden, welchem xrtjdov «kämm* (der abschabende) entspricht (vgl. xrsv anmittelbar ohne suffix und

mirc verbum unverändert bleibt, also mamroanya; wäre die analogie von khan n. s. w. (sanskritgr. § 178) dafür erlaubt, so wurde es auch maroaya lanten. Diesem entspricht aber laut für laut, abgesehn von dem speciell griechischen reduplikationsdiphthong, ^«*uaw fiir organi- scheres f(cuf*a)<», woraus wir schliefsen dürfen, dafs diese Verwandlung einst hier auch für man erlaubt war.

*) da ich hier das verbum dhrait erwähnt habe, so bemerke ich, dafs da*u griech. &Qrjroc; (wegen -rj vgl. skr. v&s-as von vas) gebort, sowie ahd. tren-o (dröhne) trän im denominativ trinjan, welches zu irahan «thrSne» zerdehnt ist, und goth. drun-jus «der ton«; ferner $y4» för saftskr. dhraya (nach der 4. konj.-kl indem a vor y eingebufst und a gedehnt ward (wie in dem eben erwähnten /<cu//aw oder in skr. jAya von jan); nach ausstofsnng des y ist der vorhergehende vocal vor dem nachfolgenden verkürzt. Eben so ist &qoo entstanden ; es liegt ein ekr. *dkrlya zu gründe, ganz nach analogie von jüyi «gattin» von jan. Endlich gehört dazu tovO-qv; dieses ist aus dem intensiv xqv&qov (mit o för skr. a , wShrend in lev&qtv das gewöhnlichere * erscheint) durch suff. v = skr. u gebildet, vor welchem nach analogie von in Zusammen- setzung auslautenden gu, gu und bhru aus gam bhram (sanskritgr. s. 1»8 n. 156) der themenauslaut vom letzten vocal an eingebufst ist Danach ist G. W. L. II, 263 z. 2 v. u. bis 264 z. 21 v. o. zu verbessern. Als eigentliche bedeutung von dhran ist «summendes (klagendes) tönen» aufzustellen.

snffixe. 229

pe-cten von demselben verbum in derselben bedentung). Endlich bildet das verbum anav (= abd. span-nan für span-jan*) G.W.L. II, 360) nach analogie von gam : gatvä, tan : tatvä , onabov. Die hier behandelten, augenscheinlich sehr alten bildungen, beru- hen auf verbaithemen, welche alle auf consonanten enden; xr& entschieden innerhalb des griechischen selbst und &<>er wenig- stens noch deutlich in &Qrj*-og$ es ist daher schon defs wegen (jedoch auch aus vielen andren gründen, z. b. wegen des ent- sprechenden lat. din, nom. don) die annähme eines zur Vermin- derung des hiatus vorgeschobenen 6, wie sie hr. G. Curtius auf- stellt (De gr. nom. form. 50) weder speciell hier zulassig, noch überhaupt in. irgend einem falle nachweisbar.

Nicht, wie schon bemerkt, verkennend, dafs die annähme eines reflexes von skr. tv durch d Schwierigkeiten hat, erlaube ich mir auf die Zusammenstellungen, welche ich in den Gott, gel anz. 1852 s. 115 gegeben habe, aufmerksam zu machen, denen gemäfs die nebcnform des absolutivs tvä, welche in zusammengesetzten (ved. und episch, auch in unzusammengesetzten) verben auf kurze vo- cale**) erscheint, nämlich tya durch Übergang von v in y und die in indeclinabilien so gewöhnliche Verkürzung auslautender langer vocale***) entstanden wäre. Durften wir diese analogie

*) anaw und skr. sphäy (G.W.L. I, 540) stehn fär org. anar-fa sphan-ja (vgl. phani päni, gr. anav-öq «spannend = eng = wenig», u. s. w. G.W.L. 11,360) und sind ursprüngliche themen der 4. conjaga- tionsklasse (formirt nach analogie von jlya aas jan u. a), welche die grSnze des specialtbema's überschritten und sich zn generellen erwei- tert haben (vergl. för jetzt sanskritgr. s. 47, 1 ; an einem andern orte genauer).

**) nach analogie dts Verhältnisses, welches z. b. das griech. bei der bildung von nominalthemen aus verben durch t zeigt, indem na*m- lich x hier auch an verba auf lange vocale tritt, wahrend t im skr. nnr hinter knrz auslautenden erscheint, z. b. a-yv&% von yvta = skr. jnl (vgl. G. Curtins De nom. gr. form. 10), dürfen wir wohl unbedenklich annehmen, dafs sowohl in diesem fall als in suff. van, im ptc. rat. pass. ya (vgl. das entsprechende ved. tva), und im absolntiv ya, in denen allen hinter kurzen vocalen ein t erscheint, das t zur organischen ge- stalt des suff. gehöre und weit entfernt hinter kurzen vocalen einge- schoben zu sein, vielmehr hinter langen abfiel (wegen des ausdrncks «abfiel» vgl. skr. e für me, dna für mäna u. a.).

***) z. b. im skr. suff: tra statt tri, welches noch hinter nominalthemen, z. b. deva-trä und im lat. auch hinter partikeln und pronominallhemen

330 Benfey

«ach für tvan geltend machen, so würde die äqualisation von dov mit dem sich alsdann ergebenden tyan absolut keine Schwierig- keit haben.

Mit ausnähme der angeführten nom. ag., sowie etwa itQrjdor und des etymologisch dunklen %tkld6v (von dem man also auch nicht weifs, ob darin dov oder ov suffix ist), sind alle übrigen auf dov eigentliche abstracto oder haben bedeutungen, die aus abstractbedeutung hervorgegangen sein konnten. Auch in teQtjdov scheint die bedeutung «knochenfrafs», wenn man iont^dov «das kriechen» und «schleichendes um sich fressendes hautgeschwür» vergleicht, nicht aus dem nomen ag. «(hörender) holz wurm », sondern aus dem zu gründe liegenden abstract' hervorgetreten su sein. Bezüglich des Verhältnisses der nom. ag. zu den abstracten auf dov erinnern wir an die schon vorgekommenen ähnlichen er- scheinungen, mögen aber zugleich der in den Veden so häufigen Verwendung von abstractis als nom. ag. gedenken (z. b. dveshas «feindschaft» für «feind»).

Die bildungen auf dov sind fast ohne ausnähme primäre (d. h. aus verben abgeleitet). Für xX&jöop dürfen wir wohl unbe- denklich annehmen, dafs einst ein denominativ xleso (für xXeftajo == ved. cravasya aus xXe/eg = cravas) existirt habe. Will man nicht wagen auf ähnliche weise bei xotvXtjdov ein denominativ von xotvIij (vgl. xotvXi£co) zu gründe zu legen, so ist es wohl erlaubt anzunehmen, dafs, nachdem sich diese formationen aus denominativen (vgl. äXytidov, ajtfjyfloV, re^döV und weiterhin die lat. auf din) fixirt hatten, auch die brücke, welche vom nomen zu ihnen überleitete, nämlich das denominativ, bisweilen über- sprungen wurde. Auf den ersten anblick könnte man auch ge- neigt sein ignrjdov durch eine ähnliche suppoeition erklären zn wollen; allein dieses sowie Uagntjöav . ist eher, nach analogie von xaiQtidov (vgl. xaiQV6<°) idqdov (vgl. idtjtvg) aus dem primä- ren verbalthema zu deuten, wenn gleich diese sonst nur * als bindevocal zeigen (uQned6v, Xaxedov, Xapneöov, hftedov, fishdSv, aqnedöv, otQEvyedov, trjxedov, Tvysdov).

Da wir in yayeduiva eine bedeutung hervortreten sehn, wel- che ganz der von 8Qm]d6v9 teQijdov analog ist, so werden wir keinen anstand nehmen, es für ein femininum von dov zu halten,

erscheint; ferner in tha in atha gegenüber von organischcrem ihi in yathA u s. w.

snffixe. 231

gebildet ganz nach analogie von rex?oj>, rAttaiva d. h. zunächst (nach sanskritgr. §698, 1,2) durch hinzutritt von 1, dann auf speciell griechischem boden durch unorganisches a mit übertritt von i" in die vorhergehende silbe (assimilation rexjaina, vgl. die gröfste ausdehnung dieser assimilation im zend) und dann einbufse desselben an seiner eigentlichen stelle (texreupa). Diesem gemäfs wage ich auch ähnlich iizk&öuvq aus peXedwv zu deuten, nur dafs hier (ähnlich wie im skr. nach gr. § 691) tj (= skr. ä) als femini- nalcharakteristikum und zwar, indem sich, wie nicht selten (ins- besondere im griech. und lat.9 jedoch auch schon im skr. und zwar vorzuglich ved.) die starke form an die stelle der schwa- chen drängte, an die starke (vgl. sanskritgr. § 754, III) trat

Dafs das lat. abstractsuff. din (nom. do) gleich dem eben be- handelten dop sei, ist natürlich von allen anerkannt. Dieses tritt zunächst an derivirte verbalthemen auf e (für organischeres aya aus derivativem i, sanskritgr. §206,208,223) z. b. albedin, fri- gedin, rubedin, muleedin, mucedin, putredin; ferner an verbal- themen der sogenannten 4. conjugationsklasse im sanskrit., in- dem deren charakteristisches ya zu i ward und gegen die allge- meine regel in die generelle formation (vgl. cup-i-o (=sanskr. kup-y&mi), cupivi, griech. id-i-w (= skr. svid-yämi) Idiaco) über- trat, wobei im lat. speciell vielleicht eine identification dieses i mit dem aus aya (von i) entstehenden derivirenden i (vgl. z. b. sop-i-o = skr. sv&p-ayämi, causale von svap = sop in söp-or) mitwirkte. So cnp-i-do, lub-i-do (skr. lubh-yämi) form-i-do (skr. bhram-yaini also eigentlich «Verwirrung»). Für dulcedo, nigredo, pinguedo, gravedo mögen wir wohl berechtigt sein, aus den inchoativis dulcesco u. s. w. auf die einstige existenz eines dulcere n. s. w. zu schliefsen. Fühlt man sich dazu nicht berech- tigt, so wird man für diese, so wie für absumedo, capedo, inter- capedo, uredo, oscedo, und auch turpido, acredo, salsedo, wie oben bei fttu annehmen dürfen, dafs, nachdem diese formation durch umfassenden gebrauch zu edin idin erstarkt war, sie auch an andre als die obigen verbalthemen, und an nominal themen ohne brücke eines denominativ unmittelbar antrat.

Dasselbe suffix din steckt unzweifelhaft endlich in dem ab- stractsuffix tüdin (nom. tüdo). Im skr. haben wir aufser dem sekundären abstractsuffix tva noch ta, nur im feminin um in der gestalt gebraucht (sanskritgr. § 554). Beide suffixe finden wir verbunden in purusha-tvä-tä (Rigv. 111,8,5,3). Diesem t A ent-

232 Beofey

spricht augenscheinlich lat. ta in juven-ta, senec-ta und konnte unzweifelhaft so gut wie im sanskr. mit tva, so im lateinischen mit din verbunden werden, wobei ä durch ü reflektirt ward, (juventu-din, senectu-din), so dafs also, wenn die gegebene entwickelung richtig ist, z. b. latein. inulti-tü-din genau einem sanskr. *pürta-ta-tvan «fülle, menge» von skr. pr «füllen» ent- sprechen würde. Natürlich ist an ein suff. udin nicht zu denken; sondern consuetudin und die analogen formen sind, wie schon von anderen gesehn, aus consuetitudin u. s. w. zu deuten. Wenn aber unsere erklärung von tu -din richtig ist, so entspricht in* vali-tü- dinmskr. vara-tä-tvan, vali-tu = vara-tä dem griech. a^s-nf, so dafs hier auch rtj = skr. ta ist. Dasselbe ta werden wir auch unbedenklich in, fiele -tij erkennen dürfen. Bei andern treten einige bedenklichkeiten hervor. Th. Benfey.

II. Miscellen.

aliüv, aevum, aivs.

Bopp hat (vergl. gr. s. 550) das gothische aivs zu dem zeo- dischen zahlwort aeva eins gestellt, indem eres als «all derzeit d. h. ewigkeit» auffafst, das der zendischen schwesterform, als logischer gegensatz oder wie ein andres dem dieses gegen- übersteht.» Diese Zusammenstellung liefse sich, sofern man nur innerhalb der beiden verglichenen sprachen bliebe, begrifUich wohl rechtfertigen und hat auch, wenn man über dieselben hinaus die lateinischen und griechischen Wörter zur vergleiehung herbeizieht, noch manches für sich, da auch aevum und uiciv die begriffe «zeit, lange zeit, ewigkeit» enthalten. Aber schon das letztere wort muCs, wenigstens von Seiten der form, bedenken über die Zusammenstellung erregen, die sich noch vergröfsern, wenn auch alig, atir, am und dei herbeigezogen werden. Diese so wie aevum und aloiv hat Bopp daher auch weder am oben angeführ- ten orte noch im gl ossär s. v. eva verglichen, aber sie lassen sich doch auch wiederum nicht von dem gothischen worte trennen. Dazu kommt nun, dals auch im nordischen aefi neben der be- deutuug aevum, aeternitas die von aetas, vita wie im lateinischen und griechischen bei aioiv und aevum auftritt, und man demnach eine beschränkung des ursprünglichen begriffs annehmen müfste, die schwer denkbar ist, da wohl die ausdehnung des begriffe vom

misceiien. 233

leben des einzelnen auf das der ganzen gattong, und von da auf die datier der weit und des alls sich denken läfst, aber nicht umgekehrt das zurückschreiten von diesem zu jenem, wenn man nicht etwa in dem begriffe der einheit, wie ihn das zen- dische aäva bietet, bereits beide als gesetzt annimmt.

Aber wie schon oben gesagt, liefse sich wenigstens alolv nebst aiig n. s. w. in diesem falle mit den angeführten Wörtern nicht unmittelbar verbinden und wir halten uns für sie nach einer andern etymologie umzusehen. Polt hat nun (etym. forsch. 1. 114) aioir, aiig bereits mit skr. äy us verglichen und später (2. 306) auch goth. aivs und lat aevum dazu gestellt und hat damit im allgemeinen das richtige, wie ich glaube, getroffen4); denn skr. äyus verhält sich zu einem vorauszusetzenden stamme evan wie- dhanus : dhanvan, yajus : yajvan, parus : parvan (s. 1. 376 dieser zeitschr.), nur ist bei der auflosung von ev zu aju das anlautende ä wegen des folgenden y verlängert, was nach dem was Bopp (vgl. gr. s. 628) über diese erscheinung gesagt hat, nicht befremden kann. Zu äyus stimmt dann formell aiig mit herabsenkung des u zu e, und aiir verhält sich zu aiig und äyus wie die 3 plur. opt. tvntouv zu derselben form des skr. pot. tu« peyus oder wie die endung der ersten plur. fiev zu fteg u. mas, wobei die frage nach der'natur dieses *, die von Polt 2. 302 ff. ausführlich erörtert ist, unerledigt bleiben mag; aisi sowie das durch ausfall des i daraus entstandene asi hatte Pott bereits (a. a. o. 1. 114) für den dativ* sowie aiig für den aecusativ dieses Stammes erklärt.

Wenn nun aber zn dem skr. neutrum äyus eiu msc. evan sich voraussetzen läfst, so würde zu diesem genau das griech. aiwv stimmen, da das in den casibus obliquis haftende co nicht etwa dem skr. a wiederstrebt, sondern nur die durch den aus- fall des vorangegangenen und vocalisirten digamma hervorgeru- fene länge statt o ist, gerade wie wir sie z. b. auf dieselbe weise in ßacildoig für älteres ßaadifog finden. Freilich ist nun aber ein solches evan aus dem sanskrit bis jetzt noch nicht nachge- wiesen und die Zusammenstellung mit hypothetischen formen, mögen sie auch noch so theoretisch richtig sein, hat immer ihr

*) seiner über die bildnng von aiwr, aevutn (etym. forsch. 1.201.) ausgesprochenen ansieht kann ich mich nach dem im folgenden gesag- ten nicbt anschlielsen.

234 Kuhn

mifsliches; doch findet sich ein wort, welches diese hypothese in hohem grade wahrscheinlich macht, zumal es sich in seiner form ganz an die des lateinischen and goihischen thema's an- schliefst. £s ist dies das vedische eva; ursprüngliches adjectiv mit der bedeatung gehend, wandelnd, besonders rasch, sturmisch, von w. i mit snff. va abgeleitet, hat es auch substantivbedeatung erhalten (und zwar als masculinum) und bezeichnet hier die stür- mischen Maruts, dann als abstractum «lauf, wandet.» So heilst es z. b. R. a. 2. 4. 1. 4. von den Maruts:

a ye" rajänsi tävishibhir avyata pra va eväsah svayataso

adhrajan | «die ihr die luft erfüllt mit eurer kraft, hervorstürmt ihr selbst- gelenkten laufes. " und an einer andern stelle schliefst es sich fast genau an den begriff von aia>r, aevum, aivs, wenn es (R. a. 4. 8. 11.2) heifst:

rju märteshu vrjina ca pä<;yan abhicashte suro ary£ evan | «rechtes unter den sterblichen und unrechtes erblickend, schaut die sonne auf der menschen wandel.» Berücksichtigen wir nun, dafs släm nie auf man und van sich häufig zu solchen auf ma und va geschwächt haben (z. b. dharman zu dharma und rkvan zu rkva, vibhävan zu vibbava u. s. w.) und nehmen dazu noch die oben als mit evan in genauem zusammmenhang stehend nachge- wiesene form des neutr. äyus, so werden wir aloip mit dem vor- ausgesetzten evan m. unbedenklich zusammenstellen dürfen; dafs aber latein. aevum n. goth. aivs in. als jenem eva m. formell gleich keines beweises weiter bedürfen, ist klar. Was aber die bedeutung der drei verglichenen Wörter betrifft, so darf man nur nicht von dem naturgeroäfs zuletzt entwickelten begriffe der ewig- keit ausgehen, sondern mufs sich hier an den zunächst entstan- denen des wandeis, lebens wandeis, der lebenszeit halten um sie auch hier mit dem sanskrit in bester Übereinstimmung zu fin- den, wovon Wendungen wie al&va teiveiv Eur. Jon 627. Ire- qop alcSva xai fiolgav olxTJao^ev lph. Aul. 1482. TSfinttgia. . . noui tov aiwva tjugov aoQeve<y&cu xata tiyvrp Plat. Gorg. 448. C. toiovTos ai<bv Big dofiovg Z8 xdx dopav top arÖQ* me/me Soph. Trach. 34 sowie lateinische wie aevum ducere (quare sollicitam potius aevum ducitis Phädr. 1. 31. 6), traducere, agere, agitare, degere, aevum sempiternum (beati aevo sempiterno fruantur Somii. Scip.) u. 8. w. den besten beweis liefern. Das gothische frei- lich zeigt fast allein die abstracte bedeutung von zeit, ewigkeit

mitteilen. 235

aber das ahd. £wa, mhd. ewe, ^ mit den bedeutungen sitte, gesetz, recht, ehe, weist ebenso deutlich darauf hin, daft der begriff des lebenswandels auch hier die Grundlage aller dieser entwickelungen sei und was speciell die bedeutung yon sitte and gesetz betrifft, so zeigen latein. mos zu meare (vergl. Pott etym. forsch, f. 1. 136. 201), skr. äcära sitte, Torschrift zu car gehen, wandeln dieselbe entwickelang aus einem begriffe der be- wegung

Wenn nun aber die besprochenen substantiva in ihrer als ur- sprünglich vorausgesetzten form evan mit dem griechischen aiig und aUi in nahem etymologischem zusammenhange standen, so wird man auch die indischen und deutschen partikeln eva, evam, goth. aiv, ni aiv nunquam, altn. ae, ags. ä, ä va, ahd. io, ieo semper, je nicht von dem bisher betrachteten nominalstamme trennen dürfen. Der begriff der zeit ist nur im griechischen und deutschen, ganz entsprechend der bedeulungsentwickluug von aitov und aivs in den Vordergrund getreten, während in den in- dischen partikeln eva, (ved. evä alter instrumentalis) und evam (accus.) die grundbedeutung von weg, wandet mehr hervortritt; evam ist so, auf diese weise, genau das englische in this way, während eva vedisch theils dieselbe bedeutung hat, theils blos verstärkt oder erweitert. A. Kahn.

krovya, xgfag, hraiva.

Bei betrachtong der neutralstämme auf as, an u. s. w. haben wir schon mehrfach gelegenheit zu der bemerkung gehabt, dafs das sanskrit nicht immer die relativ älteste form im verhältnifs zu den übrigen sprachen erhalten habe; das verhältnifs von xgeag zu skr. kravya n. giebt gleichfalls zu derselben anlafs.

Pott hatte (etym. forsch. I. 85) kravya n., xgeag, lat caro (carn-) f., ahd. hreo (gen. hrewes) n. cadaver zusammengestellt, aber zugleich (a. a. o. 2. 611) die Übereinstimmung auf den stamm, beschränkt, allein man darf weitergehen und mit beiseitelassung von caro, das wenigstens nur mittelbar dazu gehört, die ursprüng- liche gleichheit der themen von kravya, xn/o?, hreo behaupten und als gemeinsamen ausgangspunkt aller ein thema kravyat aufstellen. Dies hat sich im griechischen in betreff der endnng

236 Kulm

am wenigsten geschwächt, indem der epische gcnitiv xqbuSv auch das y des Stammes im i erhalten hat, mithin einen stamm xgetaz für vorangegangenes xQejriat zeigt. Das sanskrit ist aber mit auf- gebang des t in die a-declination übergetreten, hat jedoch das t in anderer gestalt bewahrt Wie nämlich neben dhanvan, yaj- van, parvan die formen dhanus, yajus, parus stehen und ihre erklärnng aus einem ursprünglichen stamme auf vant Gnden (vgl. oben 1.376) so stehen in den Veden neben kravya und bavya, die neutra kr a vis und ha vis, die mit hinzuziehung des griechischen xgeiar keinen zweifei lassen, dafs sie aus kravyat havyat in derselben weise entstanden seien, wie dhanus aus dhanvat. Für havis n. das opfer bedarf es keiuer weiteren beläge; kravis findet sich R. 2. 3. 8. 4: y£d dcvasya kravisho maxika'ta was von des rosses fleisch die fliege genossen u. s. w. (vgl. Vaj. S. 25. 32). An die spätere sanskritform kravya, die sich übrigens auch schon in den Veden findet, schliefst sich dann das goth. hraiva (hraiva-dubo) ahd. hrdo fast genau an, nur dafs das j in die vorangehende Stammsilbe übergetreten ist; die entwickelang des begriffes ist aber " dieselbe wie im franz. cha- rogne aas lat. caro. Da die begriffe von blutendem fleisch und blut einander nahe liegen, wie z. b. auch skr. asrj blut und das nahe verwandte adg% zeigen, hat Grimm (gesch. d. d. spr. 1010) auch cruor nebst litlhauischen , slavischen und celtischen Wör- tern zu den unsrigen gestellt, unier denen namentlich litth. krau- jas 6ich ganz an dieselben anschliefst; auch cruor scheint mit berücksichtigung des dazu gehörigen cruentus und dessen, was I. p. 379 bei der Zusammenstellung von udor nud vdtßQ gesagt ist, sich gleichfalls dem ursprünglichen stamme mit auslauten- dem t anzuschliefscn , während caro, carn-is, mindestens der endung nach, ferner liegt. A. Kuhn.

dhanvan, done, frivag.

Das skr. dhanvan n. hat die bedeutung «bogen, land und besonders trocknes flach- und wüstenland» und Roth hat bereits in seinem so eben erschienenen commentar zum Nirukta (zu 5. 5. p. 57) die vermuthung ausgesprochen, dafs das wort auf w. tan dehnen zurückgeführt werden müsse und ursprünglich nur das ausgedehnte bezeichnet habe; bestätigong dafür hat er in den zen-

miseellen. 237

(Tischen formen thanvare, thanvaretan bogenschütze, than- van gefunden. Allerdings ist nun das wort mit derwurzeltan in etymologischem Zusammenhang, doch schon eine selbständige bildung, deren ableitungen auch anderen indogermanischen spra- chen nicht fremd sind. Das auftreten der aspiration im anlaut erklärt sich durch ein dem dh vorangegangenes und später abge- fallenes 3, von dem das sanskrit und griechische noch einige reste, aber naturlich ohne die aspirata, in stana die brüste, eoter (die gespannten, strotzenden) stanämi töne, seufze, stanayämi don* nerir, stanayitnu donnernd, orevog, <mVo), arotog u. s. w. er- halten haben. Ich werde in den Untersuchungen über das alte s auf diese erscheinung zurückkommen und bemerke nur, dafs auch in diesen Wörtern der begriff der weiten ausdehnung, denn der seufzer hallt lange nach wie der donner, sowie der Spannung und Wölbung sich findet. Die bedeutung von dhanvan betref- fend ist aber noch zu bemerken, dafs die alten ausleger dem worte auch die von «antarixa luft» geben (Naigh. 1. 3, Nir. 5. 5). Die von Yäska am angeführten orte dafür citirte stelle läfst aber auch eine andere erklärung zu, vgl. Bcnt gl. s. v. dhanvan.

Was die ableitung des wort es betrifft, so stellt es sich zu dem in den Veden nicht seltenen verbum dhanv mit der bedeu- tung «eilen»», trans. schnell herbeiführen» und sofern dieser be- deutung die der ausstreckung, des gespanntseins vorangegangen zu sein scheint, liefse es sich als geschwächte participialform des- selben für älteres dhanvant der gespannte ansehen. So wird es denn auch wahrscheinlich, dafs dhanv und dhanvan nur er- Weiterungen des der conjugation der specialtempora von tan zu gründe liegenden thema's tanu griech. zarv sind, da ähnliche er- weiterungen der verbalthemen mehrfach vorkommen und z. b. inoti, invati, riioti, rnvati auf dieselbe weise neben einander stehen, sobald wir von der oben berührten Veränderung des an- laute absehen. Dazu kommt, dafs auch ein adj. dhanu mit der bedeutung «schnell, rasch11 vorhanden gewesen sein mufs, von dem ich jedoch nur den comparativ dhanutara (schol. cjghra- gantr) nachweisen kann RV. (m.) 4. 35. 5, vgl. Neve: mythe des Ribbavas p. 451.

Wenden wjr uns nun zu den andern indogermanischen spra- chen, so stellen die deutschen einige Wörter dazu, die sich so- wohl in form als bedeutung eng anschliefsen. Das nhd. done entspricht ganz jenem dhanvan, m. n. neben dem auch eine ne-

238 Kahn

benform dhanva n. steht, insofern nicht allein die schlinge, son- dern auch zugleich der sie haltende bogen damit bezeichnet wird $ das wort ist zwar in der älteren spräche nicht nachzuweisen, in- dessen weist das mhd. mehrere Wörter auf, die sein alter ver- borgen. Diese sind zunächst don stf. Spannung, gedon belästi- gong, besch werde, gewalt, überdon tuch oder leinwand zum einhüllen eines leichnams, gedon adv. eifrig, schleunig? (daz guot si vil gedon santen an ir gemach BM. mhd. wb. p. 381.; don swv. (ahd. ih doneta) ich bin in Spannung, aufgeregt von Sehnsucht, schmerz, freude; du nee adj. aasgespannt, grofs. Wenn ferner skr. tanyatu geräusch, schall, donner von der w. tan ohne an- lautendes s stammt, während die formen mit s vorzugsweise »die spezielle beschränkung des begriffe der ausdehnung auf den schall zeigen, ebenso griech. rorog, lat. tonus, tonare; ferner aits. }>unor, ahd. donar, mhd. doner, donre, dun re stm. entschie- den nicht entlehnt sind, auch im mhd. dunte von swv. dnn donnern noch vorhanden ist, so sehe ich keinen hinlänglichen grund das mhd. don stm. weise, ton, gesang mit Müller (BM. wb. p. 381) aus dem lat. tonus stammen zu lassen; auch Grimm zieht (gr. 2. 48) dasselhe zu einem verlornen goth. }>iunan? J>aun, }>unun, und sieht, da bereits im angelsächsischen dynja strepere, alts. dun jan, altn. du na tonare, du na tpnitru die media er- scheint, keinen anstofs in der neuhochdeutschen tenuis von tö- nen. Selbst im gothischen trat vielleicht schon die media auf, da wenigstens dauns f. dunst, geruch fast eher zn den obigen mhd. Wörtern als zu skr. dhüma, ahd. daum zu stellen sein möchte.

Auch im niederdeutschen finden wir denselben stamm in donne, dickedonnesatt vollgepfropft satt, dün enge, fest an- liegend, westf. donne stramm, aufgedunsen, donne bi, wang. dun an nahe bei, nl. dön neben, nahe, schnell, sogleich, dunen, nl. duynen schwellen, strotzen und in dem fast allen ndd. diall. gemeinsamen dune trunken, vergl. «besoffen wie eine bombe» d. i. bis zum platzen voll, vgl. Diefenb. goth. wb, d. 23' th. 7. 17.

In allen hier besprochenen formen ist der vocal o oder u durch den einflufs des geschwundenen v zu erklären, welches das wurzelhafte a zu au umlautete, aus dem dann die Verenge- rung zu o, u stattfand.

Aus dem griechischen ziehe ich öivaQ zudhanvan mit ans* fall des /•, während das q des Suffixes nach der oben 1. 368 ff. besprochenen weise entstand ; öevaQ gehört nämlich eben so wenig zu Owen, ödrew schlagen wie skr. dhanus, dhanvan zu dem

miscellen. 239

bisherr irrthömlicb dazu gestellten sanskr. dhan f. han tödten. Schon der umstand, dafs übvolq nicht allein die hölung der hand, sondern auch des fufses nach Hesych. bedeutet, mufste bedenk- lich machen, mehr noch dafs &*vaQ auch die biegung zwischen daum und Zeigefinger bezeichnet. Wenn das wort auf #*V« zu- rückging, würde Pindar (Pyth. 4. 206) weder die Vertiefung des altars. noch den grund des meeres (Isthm. 4. 74) durch Obvoq haben bezeichnen können. In betreff der letzteren bedeutung verdient noch erwäbnung, dafs nach Wilson auch dhanvan n. die bedeutung a firm spot, land, ground hat; ich kann dieselbe jedoch nicht belegen, will indefs nicht unterlassen an «samu- drasya dhanvan ärdrasya päre" RV. 1. 116. 4 zu erinnern, wo samudra freilich das luftmeer zu sein scheint.

Nierenberger pat.

In den norddeutschen sagen (gebr. no. 4*25) habe ich nürn- berger pat als bezeichnung der milchstrafse mitgetheilt und daran in den anm. die vermuthung geknüpft, dafs damit ein pfad zum nornenberge gemeint sein möge. Die erste mittheilung des namens war uns von einem hochdeutschredenden geworden, später habe ich sie öfter und zwar stets in ndd. form nieren- berger pat gehört. Sie ist deshalb auch aus dem niederd. und speciell aus dem westf. dialekt, dem sie angehört, zu erklären. Nun bezeichnet aber westf. nierendör, auch nieendör, diegro- fse eingangsthür der bauernhäuser, d. h. sie ist die untere thür im gegensatz zu den zu beiden seiten des berdraumes gelegenen oberen, also hd. niedenthur. So ist denn auch nierenberg der unterberg, und über seine bedeutung kein zweifei. Panzer hat (beitr. z. d. mytb. p. 299. 301.) einen berg als anfenthaltsort der toten in der unterweit nachgewiesen und gerade der unserem nierenberg im namen gleiche salzburger unters berg mit sei- nen holen, der eisernen thüre, in welchen die wilden frauen hau- sen und Kaiser Karl verzaubert sitzt, giebt das deutlichste bild jener Vorstellung. Wenn die milchstrafse aber der zu diesem berge leitende pfad genannt wird, so kann sie hier nur als Verbindungs- weg zwischen himmel oder erde und unterweit angesehen werden; das letztere ist mir das wahrscheinlichere und es liegt nahe zu vermuthen, dafs damit die strafse bezeichnet werde, auf welcher die abgeschiedenen in der Uel reich gelangten, da der name hei weg, h i 5 1 w e g, gleichfalls westf. die milchstra fse, daneben steht. A. K.

240 Aufrecht.

manu, skula, mundu, skyldu.

Die beiden verben man (ich werde) und skal (ich soll, werde) bilden in abweichung von allen anderen im inf. munn, skulu. Man könnte annehmen, dafs das a des entsprechenden gothiscben mnnan, skulan sich vor abfall des n zunächst zu u gestaltet hätte, etwa so wie in den weiblichen abstraktis auf an die endnngen an und un neben einander herlaufen (iBran, iörun reue, eggjan, eggjun antreibung) und auch sonst oft an und un mit einander wechseln 5 wahrscheinlicher ist mir, dafs in munu, skulu Überbleibsel einer älteren infinitivform vorliegen. Ich ergänze beide in mun-um, skul-um und erkenne darin den acc. sg. der reinen, natürlich hier ehemals reduplicirten, wurzeln mun,skul. Diese einfachste alier infinit ivformen, bei welcher jede wurzel zum abstrakten Substantiv erhoben und durch alle obliquen casus durchflektirt werden konnte, hat im weitesten umfange sich nur in den Veden erhalten, auf den accusativ beschränkt finden wir sie als allein bestehende im umbrischen und oskischen z. b. umbr. er-om (esse), fer-om (ferre) osk. censa-um (censere), molta-um (multare). Vgl. umbr. sprachd. I, §60. Im lateini- schen dagegen findet sich keine spur mehr davon.

Wie verhalten sich nun dazu mundu, skyldu, die gleich- falls als infinitive gelten? Beide, in der prosa häufig, kommen schon in der älteren Edda vor. So 91 b:

hafa kvazk hon Helga hylli skyldu. «sie sagte Helgi's huld wolle sie haben.» 143 a:

hana kvaö hann öskmey verda skyldu. «sie sollte wunschmaid werden hiefs er.» ibid.

en mik Atli kvaB eigi myndu

Ifii räöa ne löst gera. «aber Atli sprach, nicht würde ich schände begehn, nicht laster üben.» Ganz am unrechten orte wäre, auch in diesen formen infi- nitive, etwa dem latein. supinum auf tum, der skr. infinitivendung tum entsprechende, suchen zu wollen. Aus n -f- t, l -h t mufste goth. n]>, 1]>, altn. nn, 11 werden. Vielmehr scheint mir liegen hier alte indikativformen des schwachen präteritum zu gründe, welche in mifsbräuchlicher analogie mit munu, skulu (ganz gleich- lautend mit der 3ten pers. plur.) später als neue infinitivbildung verwendet wurden. A.

Gedruckt bei A. W. Sek ade in Berlin, Grtiuir. 18.

W ie die naturwissenschaften erst seit der zeit zu reichster ent- wickelang gelangt sind, seitdem das experiment in die einzelnen dieciplinen derselben eingeführt wurde, so wird die Sprachwissen- schaft erst dann zu wahrem gedeihen gelangen, wenn mehr und mehr das erfahrungsmSfsige in derselben zum bewufstsein ge- bracht sein wird. Apriorische theorien haben von jeher die Wis- senschaft nicht gefördert, sondern sie zuweilen ganze Jahrhun- derte gehemmt. Wenn unsere Zeitschrift sich bisher vorzugsweise mit dem etymologischen theile der spräche beschäftigt hat und dessen behandlang auch fernerhin zu ihrer hanptanfgabe machen wird, so geschah dieses nicht in Verachtung der philosophischen seite, welche die spräche als ansdrack des geistes hat, sondern weil wir die betrachtung derselben in den meisten stücken für verfrüht halten. Gleichwohl lag es uns fern dieselbe ganz aus- znschliefsen, und es gereicht uns zu besonderer genugthuung als erste gröfsere probe die arbeit eines mannes mittheilen zu kön- nen, der, wie kaum ein anderer, mit der gründlichsten kenntnifs des etymologischen Stoffes durchdringende philosophische aufTas- sung desselben verband. Veranlafst ist der von frau direktor Schmidt in Halle uns freundlichst mitgetheilte brief durch das 1826 in Ratibor erschienene sehr gründlich gearbeitete programm «de infinitivo» von Max. Schmidt, worin dieser gegen' einzelne ansichten von W. v. Humboldt ober den infinitiv (in der ind. bibl. I. 432. U. 72 ff.) auftrat. Mit Bernhard! ist: Bernhardt anfangs- gründe der Sprachwissenschaft, Berlin 1805, gemeinl.

Die redaction.

II. 4.

242 W. v. Humboldt

I. Abhandlungen«

Heber den infinitiv«

Ich bat ew. wohlgeboren in meinem letzte briefe um erlaub- nifs, ihnen noch ausführlich über ihre gehaltvolle schritt schrei- ben zu dürfen, und schiebe dies um so weniger auf, als ich die- selbe eben wieder vollständig und genau durchgelesen habe.

Ich habe mich aufs neue an dem belehrenden reichthmn scharfsinniger bemerkungen erfreut, den ew. wohlgeboren mit einer interessanten aus wähl von stellen, welche eine ausgebreitete und sorgfältig benutzte belesenheit in den alten Schriftstellern bewebt, über den theil der grammatik und vorzüglich der syn- taxis, in welche der infinitiv einschlägt, zusammengestellt haben.

Ihre abhandlung mufs schon dadurch jedem, der sich mit Sprachstudium beschäftigt, um so wichtiger werden, als Sie über- all auch aus anderen sprachen beweise beibringen, und ihre ver- schiedene constructionsart vergleichen. Ich übergehe indefs die- sen ganzen theil und wende mich nur zu demjenigen, gegen den ich wünschte, Ihnen meine abweichende meinung vorzutragen. Die punkte, über die wir verschiedenen ansichten folgen, beru- hen auf so feinen, ja, ich möchte sagen, spitzen gründen, dafs man sehr leicht darüber immer uneins bleiben kann; aber sie berühren auch sehr nahe die ersten grundsalze der grammatik und schon darum, wenn es nicht überhaupt immer angenehm wäre, seine ideen da gegenseitig auszutauschen, wo allein das reine interesse an der zu suchenden Wahrheit vorwaltet, scheint es mir wichtiger, den gegenständ noch einmal zur spräche zu bringen.

Ich werde dabei eigentlich mehr Bernhardi, als mich zu ver- theidigen haben. Denn die zweifei, die ich ew. wohlgeboren vortragen möchte, betreffen, noch aufser der Streitfrage über den infinitiv, Ihre theorie der momentanen merkmale und der satzr- bildung überhaupt, so wie das, was Sie über die tempora sagen. Allein auch in absieht des Infinitivs ist Bernhardi, wenn er ihn gleich ein substantivum nennt, dennoch mehr meiner, als ew. wohlgeboren meinung. Denn er befafst 64 no. 5) den infini- tiv unter das verbum, wie Sie 20) nicht zu thun geneigt sind,

aber den infinitrr. 243

und nennt ihn, ungeachtet er ihn zum Verbalsubstantiv macht, 47 no. 5) ein mittelglied zwischen participium nnd Substantiv, was ich nicht logisch richtig finden kann. Denn wenn das Ver- balsubstantiv nur mittelglied, also ann&herung zum Substantiv ist, so mnfs es auch vom Substantiv selbst ausgeschlossen werden.

Dem begriff des participiums den des momentanen merkmals unterzuschieben, scheint mir, wenn ich meine meinung frei sagen soll, nicht zulässig, vielmehr der philosophischen herleitung des begriffe des verbum und der ganzen bildung des satzes wesentlich entgegenzustehen.

Zuerst bestimmt der ausdruck momentan, dem dauern- den entgegengesetzt, durchaus nicht das, was wesentlich im par- ticipium liegt, sondern begreift, streng genommen, auch blofse adjectiva unter sich. Denn ist nicht das grün der blätter ein undauerndes und momentanes merkmal, da sie im herbste gelb sind ? Und doch ist hier aller begriff von verbum und participium entfernt. Doch will ich hierauf kein gewicht legen. Aber auf jeden fall vermisse ich in ausdruck und begriff die schärfe, die klar und rein das wesen des participiums anzeigt. Ew. wohl- geboren nennen momentanes merkmal dasjenige, was man sich nur als vorübergehend an einer sache denkt. Hierbei bleibt man nun ongewifs, ob das charakteristische dieser merkmale in der zeit ihrer dauer, oder darin liegt, dafs sie eine energie (han- deln, leiden, sich befinden) sind. Es scheint sogar, als erklärten Sie sich für das erstere, da Sie, (s. 6) die thätigkeit nur erst an die zeit anknöpfen.

Hieraus entsteht nun aber, meiner meinung nach, eine wahre Verdunkelung des scharf aufzufassenden begriffs der partieipien. Denn das charakteristische dieser liegt gerade in der energie und die zeit knüpft sich nur an diese an. Ja, genau genommen, ist es nicht einmal die zeit, insofern sie aus gegenwart, Vergangen- heit und zukunft besteht, welche beim participium mitgedacht wird. Es sind nur die drei, bei jeder energie nothwendig zu un- terscheidenden punkte, die aber freilich successiv, also in der zeit wirklich werden, wie Bernhardt mir sehr gut 43 no. 8) zu be- weisen scheint. Jene als Vergangenheit, gegenwart und zukunft gedachte zeit gehört der copula an, und bei ew. wohlgeborcn begriff eines momentanen merkmals entsteht nun wieder, wenn ich nicht ganz irre, daraus eine Verlegenheit, dafs dieselbe gleich- sam alle zeit an sich reifst, was, vorzüglich bei der erorterung

16*

244 W. ?. Humboldt

der lempora sichtbar wird. Ueberhaupt hätte ich gewünscht, ew. wohlgeboren hätten sich auch über die copala erklärt. Soll diese nichts als das gleichheitszeichen der mathematik sein, so kommt, wie es mir scheint, niemals ein satt zu stände. Ist sie aber das synthesirende sein, so wird man, dünkt mich, von selbst darauf geführt, das momentane merkmal in ein wahres energisches participium umzuschauen.

In Bernhardts definition ist dagegen das participium in sei- nem eigentlichen wesen aafgefafst, und vielleicht ist nur sein ausdruck in $ 40 no. 7 zu tadeln, wobei ich jedoch bemerken mute, dafs derselbe in der citation in Ihrer abhandlung (s. 5. z. 8) durch den druckfehler eines ausgelassenen comma's zwischen kräftig und wirkend, unangemessener erscheint, als bei ihm, wo er sagt: sind kräftig, wirkend u. s. f. Er hätte bei den Worten: energisch, sich bewegend stehen bleiben sollen, und hin- zusetzen, dafs das leiden ebenso eine bewegung im leidenden er- heischt, der ja das leiden ertragen, d. h. gegenwirken mufs. Im gründe ist das aber nicht nothwendig, denn das participium pass. deutet ja ebenso gut eine handlung aus, nur von Seiten dessen, auf den sie geschieht. Auch die verba, wie uraCsir, albere, bilden, dünkt mich, gar keine ausnähme; sie sind nur metaphern, wie die spräche so viele hat- Das adjectivum gleich wird, als wäre es eine handlung des gegenständes, in das participium gleichend umgebildet, und so entstehen mit dem begriff des sein« jene verba. Auch scheint Bernhardi selbst den zweifei, den er in der 1801 erschienenen Sprachlehre hierüber hatte, 1805 aufgegeben zu ha- ben, da er in den in diesem jähre herausgegebenen anfangsgrün- den bei seiner ersten definition bleibt

Ich bin nun zwar gar nicht der meinung, dafs man schlech- terdings hier Bernhardi's behauptungen ängstlich folgen müsse. Wäre eine andere art der darstellung lichtvoller oder bestimmter, so würde ich sie mit freuden ergreifen. Allein, in Ihrer herlei- tung durch den begriff eines momentanen merkmals scheint mir das, was die hauptsache beim participium ist, dafs gehandelt wird, in den schalten gestellt, und der begriff der zeit, der nur inso- fern in das participium kommen darf, als er von jener haupt- sache gefordert wird, als das wesentliche und unabhängig von jener beschränkung, hineingebracht zu sein. Ich will auf keine weise läugnen, dafs man den begriff von allem dem, was nicht wesentlich zum participium gehört, reinigen kann; dann wird er

Aber den infinitiv. 245

aber auch auf dasselbe mit der Bernhardi'schen definition hinaus- kommen und momentan and vorübergehend sind, meinem gefähl nach, immer zu sehr zwischen blofser successiver abwechse- lang and wirklicher handlang schwankende begriffe.

Die spräche ist doch nichts ab ein bild der Wirklichkeit, wie wir sie in uns aufnehmen. Nun aber ist Alles, was wir se- hen oder erfahren Substanz (sache), oder beschaffenheit, oder handlang, im weitläufigsten sinne des worts. Das handelnde ist sichtbar das participium und nachher verbum. Jede bandlung ist nun allerdings momentan und vorübergehend, aber das möchte ich nur nebensache nennen. Die hauptsache ist, sowie im ver- bum, die kraftäufeerung. Das vorübergehende läfst sich aas die- ser natürlich herleiten und bestimmen, allein die kraftäufserang aus dem vorübergehenden nicht mit gleich gebietender nothwen- digkeit.

Dies hat nun aach auf den begriff des infinitivs einen un- verkennbaren einflofs, da derselbe eigentlich nichts anders enthält als die specifische kraftäafeerang des verbum, verbunden mit der richtung derselben, und ihrer bestimmung auf einen Zeitpunkt oder Zeitraum.

Dafls der begriff des inGnitivs in seiner reinen form, wie ew. wohlgeboren § 9 sagen, zu einem abgeschlossenen ganzen zusammengefafst werde, ist das was ich eben läognen mufs. Er scheint mir kein substantivom eben darum, weil in ihm die Ver- knüpfung zur einheit fehlt, die Bernhardi mit recht, wie auch Sie ihm beistimmen, im substantivum fordert Wenn ich sage: ich sehe den menschen gehen, sondere ich allerdings das merk- mal des gehens an dem menschen ab, allein ich füge nicht den zweiten zur bildung eines substantivum noth wendigen akt, das zusammenfassen dieses merkmals in eine einheit, hinzu. Dies thue ich dagegen wenn ich sage: ich sehe das gehen (den gang) des menschen. Jedes substantivum mufs immer auf eine Substanz hinauskommen. Damit fängt auch Bernhardi seine erklärung des Substantivs 35 no. 1 ) an. Nan aber sträabt sich, wie gern ich meine ansieht gegen die von ew. wohlgeboren aufgeben möchte, durchaus mein gefühl dagegen, in den worten: ich will essen, das letzte als eine Substanz anzusehen. Es enthält gar nichts, was nicht schon im attributivum lag, aber es ist ihm das, was das attributivum zu solchen macht, das anklebeu an einer Sub- stanz genommen. Ew. wohlgeboren nennen s. 9. diese vorstel-

246 W. v. Humboldt

lungsart verwerflich, weil sich logisch dafür kein Substrat finden lasse. Ich habe auf diese einwendung (s. 84 anm.) selbst auf- merksam gemacht Allein ich glaube noch heute keine Widerle- gung darin zu finden. Der infinitiv ist die darstellung des rei- nen bewegens in der zeit; er gehört gar nicht zu der gattung, welche sich durch die eintheilung in Substanz und attribut er- schöpfen läfst.

Ew. wohlgeboren nennen den infinitiv ein absfractum, Bern- hard! trennt ihn gerade von diesem frei geschaffenem substanti- Tum 45. no. 10). Ich kann mich nicht enthalten, hierbei eine bemerkung zu macheu, die in meiner abhandlung nicht vorkommt. Dem begriff und der sache nach mochte ich den infinitiv eher eine blofse, allgemeine und vage ausgedrückte Wahrnehmung nen- nen. Hitze ist ein abstractum, hei f 8 es eisen zusammenzufü- gen ist schon bestimmte sprachart, aber eisen heifs zu sagen, ist der unmittelbare und unverbundene ausdruek der Wahrneh- mung. Wie nun da heifs steht, so scheint mir der infinitiv zu sein, nicht das abstractum des participiums, sondern der Stoff, aus dem es erst kunstlich gebildet wird. Daher sagen die kin- der, wie auch ew. wohlgeboren anführen, anfangs alles im in- finitiv. Die chinesische spräche kennt meiner ansieht nach (ob- gleich unsere chinesischen grammatiken es anders nehmen) vom ganzen verbum nichts, als diesen infinitiv. Im sanskrit sind alle Wurzelwörter der verba da, u. s. f. wirkliche infinitive, nur dafs sie in der verbundenen rede nicht vorkommen. Aber sie bezeichnen handlungen und tragen gar keine art der bestimmung in sich. In einigen amerikanischen sprachen kaun man substantiva und verba an sich nur nach ihrer bedeutung unterscheiden, aber beide untermischt gebrauchen und durch hinzufügung gewisser Partikeln zu diesen oder jenen stempeln. Man könnte dies aller- dings einen vorgrammatischen zustand nennen, allein auch in un- seren gebildetsten sprachen kann ich im wahren infinitiv nicht mehr sehen. Es scheint damit nun im Widerspruch zu, stehen, dafs der reine infinitiv eigentlich nur in wenig sprachen vorhan- den ist und die ungebildeten sprachen, namentlich die amerika- nischen so grofse Schwierigkeiten finden, redensarten in denen er vorkommt, nachzubilden. Diese Schwierigkeit aber ist mehr eine syntaktische, da nun der infinitiv so gestellt werden soll, dafs seine abhängigkeit sichtbar wird, und die redeverbindnng ist gerade das, worin diese Völker am meisten zurück sind. Wo

über den infinitiv. 247

es auch einmal ein flektirtes verbum giebt, da wird es schwer, es wieder von aller flexion zn entblöfsen, und es doch noch in der verbalform, abgesondert vom Substantiv, festzuhalten. Da tritt wirklich die nothwendigkeit einer abstraction ein. Aber sehr für meine ansieht spricht es, dafs, wie ich auch angeführt, gerade diese, sich ihrem natürlichem gef&hle fiberlassenden Völkerstämme mehr verbal- als substantivformen zu Surrogaten des Infinitivs ge- brauchen. Es ist zwar unläughar, dafs, wie ew. wohlgeboren 8. 8 sagen, jeder regierende theil eines satzes, für sich allein ge- nommen, einen unvollständigen begriff giebt. Allein, da sich hierin doch grade unterscheiden lassen, so scheint mir der infini- tiv ganz unvergleichbar enger als ein nomen, mit dem worte, von dem er abhängig ist, zusammenzugehören. Es liegt dies auch darin, dafs nicht blofs der regierende theil des satzes unvollstän- dig, ist, sondern der infinitiv, seiner natur nach, gar nicht dem geiste auf ibm, wie doch auf einer Substanz möglich ist, zu ruhen erlaubt. Dieser unterschied zwischen substantivum und infinitiv zeigt sich auch darin, dafs gewisse Wörter wie müssen, dür- fen, können gar nicht ein substantivum' als regiert nach sich nehmen können. Sie verbinden sich auf diese weise, aufser dem infinitiv blofs mit pronomina und einigen diesen gleich kommen- den adjeetiven (wie alles, einiges u. s. f.) und thun das letztere vermuthlich nur deshalb, weil dabei immer ein nur ausgelassener iufinitiv mitverstanden werden kann.

In absieht des artikels glaube ich keine inconsequenz zu be- gehen, wenn ich sage, dafs er beim nomen als bestimmter, im gegeusatz des unbestimmten, beim infinitiv als kennzeichen, dafs er substantivirt wird, steht. In dem einen oder andern fall thut er auch meiner meinung nach dasselbe, er bestimmt. Dafs aber sein bestimmen verschieden wirket liegt in der natur des nomen und infinitivs. Das nomen kann unbestimmt (men- schen) und bestimmt (der mensch) genommen werden. Der ar- tikel entscheidet hierüber. Der infinitiv verliert mit der bestim- mung auch unmittelbar seine infinitivnatur und ist Substantiv, so wie er bestimmt ist. An sich ist er nicht, wie das nomen, zu- gleich der be8timmtheit und Unbestimmtheit fähig.

Es hat aber auch aus einem anderen gründe eine andere bewandnifs mit dem aiükel beim infinitiv als beim nomen. Ew. wohlgeboren nennen den artikel ein ideales pronomen demon- strativum, Bernhard i, der ungebührlich kurz über ihn ist 62*

248 W. v. Humboldt

no. 4) ein determinative«. Ich gestehe, dafis ich mit beiden nicht ganz übereinstimmen kann. Meiner meinung nach ist der artikel gar kein pronomen, sondern gehört in die kategorie der Zahlwör- ter, die Substantive können sich nämlich auf ein individuum, auf durch zahl bestimmte, auf unbestimmt gelassene, endlich auf alle Individuen der gattung, oder was dasselbe ist, auf den allgemein gefafsten begriff der gattung beziehen, und der artikel ist der redetheil, welcher diesen verschiedenartigen umfang bestimmt Wenn daher ew. wohlgeboren § 7 no. 1 sagen: der artikel zeigt an, dats der von uns ausgesprochene begriff von uns auf ein in* dividaum bezogen und in der Vorstellung als ein bestimmtes ge- dacht werde, so pflichte ich hiervon dem letzteren vollkommen bei, aber das erste erschöpft meines erachtens den begriff nicht. Zwar werden ew. wohlgeboren wohl meinen, dafs der allge- meine begriff, der mensch, das thier, ein ideales indivjduum sei und dann allerdings kommt es auf dasselbe hinaus. Doch weifs ich nicht, ob man bei dieser vorstellungsart an deutlichkett ge- winnt Als pronomen kann ich den artikel nicht anerkennen, weil das pronomen ein repräsentativer redetheil ist, und der ar- tikel das nomen nicht reprasentirt, sondern begleitet. Dies thun zwar die pronomina demonstrativa auch (dieser mensch), allein sie können doch allein stehen, der artikel nicht, und wenn sie das Substantiv bei sich führen, sind sie im gründe auch nur in adjeetiva verwandelte adverbia loci, nicht mehr wahre pronomina. Im deutsehen unterscheiden wir auch sehr deutlich durch die ausspräche der, wenn es pronomen demonstrativnm und wenn es artikel ist, obgleich im plural diese Unterscheidung freilich hin- wegfällt. Es kommt indefs hierauf nichts an. Will man auch den artikel als pronomen ansehen, so bleibt immer gewifs, dafs jenen umfang der bedeatung der substantiva zu bezeichnen sein amt ist. Wendet man nun dies auf den infinitiv an, so könnte er sich zwar auch auf eine handlung, mehrere handlungen unbe- stimmt und die gattung der handlungen überhaupt, erstrecken. So wie er aber das thut, betrachtet er die handlungen als Sub- stanzen, ist die darstellung derselben und wird Substantiv. Auf diese weise sagt man im deutschen, ein, mehrere, das essen, auch ein gehen, einiges gehen, und das gehen. Beim verbum finitum kann die frage des umfangs nicht vorkommen, da es immer einen individuellen fall ausspricht, und da der infinitiv meiner Vorstel- lung nach, die ganze verbalnatur beibehält, so kann in den wor-

über den Infinitiv. 249

ten : ich sehe blitzen, niemand veranlaßt sein, nach dem umfang dieses ausdrucks zu fragen. Jeder fohlt, dafs sie heifsen sol- len, dafs es blitzte, und ich es sah, and es ist also hier weder von einem bestimmten noch unbestimmten artikel zu denken. Wie. ein artikel hinzukommt, ist der infinitiv nicht mehr Infini- tiv. Dafs wie ew. wohlgeboren s. 15 sagen, jeder mit substan- tiva zusammengestellte infinitiv den artikel haben müfste, sehe ich nicht ein. Es dient vielmehr, wie in der von Ihnen ange- führten stelle Anacreons, zur abwechslung, wenn auch auf ein* ander bezogene begriffe, die einen als dinge, Substanzen, die an- dern als blofse energien, bewegungen dargestellt werden.

So gestehe ich, kann ich mich von meiner ansieht, den infi- nitiv streng zum verbam zu rechnen, und ihn als etwas von at- tributivum und substantivum verschiedenes anzusehen, nicht tren- nen nnd wenn ich die von ew. wohlgeboren aufgestellten ver- balsubstantiva betrachte, so weichen sie auch fast in allen din- gen von anderen Substantiven ab.

Ich wurde indefs ew. wohlgeboren geduld zu ermüden furch- ten, wenn ich hierin weiter einginge; ich will mich daher darauf beschränken, nur noch des § 16 über die tempora des infinitivs zu erwähnen.

Zuerst möchte ich bemerken, dafs Bernhard! gar nicht die theorie der relativen zeiten annimmt, die auch mir aus gründen, die hier zu entwickeln, zu wehMäuftig sein wurde, nicht die rich- tige scheint. Bernhard! leitet die neun, nicht aoristischen tem- pora, nach der bessern alten, Harris, Reiz und Wolfs Vorgang ans der beziehung der Vergangenheit, gegenwart und zukunft (nicht wieder, wie bei der theorie der relativen zeiten geschieht, auf eine andere Vergangenheit, gegenwart und zukunft) sondern auf den anfangs-, mittel- und endpunkt der einen Zeitraum durch- laufenden energie oder handlung her.

Diese drei punkte nun gehören dem partieipium an, die drei zeiten aber der copula, dem verbum sein, und daraus folgt nun schon unmittelbar, dafs der infinitivus, der blofs aus dem parti- eipium entsteht, anch aufser den aoristen, nur drei tempora ha- ben kann.

Ew. wohlgeboren haben sich nun freilich nicht genau dar- über erklärt, ob Sie die tempora, wie es scheint, blofs in dem zeitbegriff) der im momentanen merkmal enthalten ist, oder zu- gleich in der copula finden. Da aber die copula doch auch eine

250 W. t. Humboldt

zeit ausdrücken maus, so würden doch auch in ihrem momenta- nen merkmal nur drei Zeitpunkte aufser den aoristen liegen, und der infinitiv nicht mehr haben können.

Es scheint mir dies aber auch aus einem anderen gründe zu folgen. Der infinitiv ist immer von einem anderen verbum ab- hängig. Selbst wenn ihn ein nomen regiert, ist dies doch mit einem verbum in einem salze verknüpft. Dies verbum mufs ein verbum finitum sein, und also in irgend einer zeit seine aussage machen. Nehme ich nun relative Zeiten an, so habe ich hier die eine reihe der drei möglichen Zeiten und es kann daher im infi- nitiv nur noch eine zweite liegen. Hätte der infinitiv für sich zwei reihen, als soviel sechs tenipora erfordern würden, so kä- men drei reihen in contact, was wohl denkbar wäre, allein zu keinem neuen resultate führen könnte.

Denn ich gestehe, dafs ich auch in den von ew. wohlge- boren angeführten beispielen den unterschied nicht finden kann. 6 natg d-QipnjosTai rervy&cu und rervxpeo&ai scheinen mir ganz dasselbe anzudeuten. Data der knabe noch nicht geschlagen wor- den ist, liegt in dem futurum ^Q^n/aetai. Hätte er die schlage schon bekommen, könnte sein weinen nicht erst künftig sein. Die erste redensart heifst: er wird weinen, dafs er geschlagen worden ist, die andere, wenn ich rervipsadai als futurum exactum übersetzte, dafs er wird geschlagen worden sein. Wenn einzu- schieben, scheint mir die redensart nicht zu erlauben, die worte sind hier freilich anders, aber die sache ist dieselbe, das 2te fu- turum, das im infinitiv liegt, kann, da schon eines vorhanden ist, nichts hinzufügen. Das weinen ist zukünftig, die schlage als des- sen Ursache, werden als vergangen vorgestellt, an sich sind sie auch wie das weinen, noch zukünftig und es ist gleich, ob man diese zukunft mit ausdrückt oder nicht. Anders, gestehe ich, die sache nicht einsehen zu können. In Xenophons Anabasis ([, 5. 16) et yaQ ttva ctilqloig ^xrlv <watt>e«, rofii^sre, «V rgfoe ry VP*Q$ e7*e' xatcutexoysa&ai x. r. X. scheint mir dieser letzte in- finitivus keinen anderen sinn zu geben, als der iniinitivus des nicht reduplicirten futurum thun würde.

Man könnte zwar eine rhetorische Verstärkung darin finden, dafs Cyrus nicht sagt, dafs, sowie sie kämpfen werden, auch er werde niedergemacht werden, sondern dafs er dadurch eo ipso schon werde niedergemacht sein. Allein diese nüance der bedeu- tung ist hier aufs mindeste nicht nothwendig und ich fände sie nicht einmal passend, weil der gebrauch des futurum exactum,

über den infinitiv. 251

wenn er auch die behauptang des niedermachend verstärkt, den Zusammenhang dieser .niederlage mit dem zu verhütenden kämpfe weniger sichtbar macht, da, indem die niederlage als schon ge- schehen dargestellt ist, sie ja auch einen anderen grnnd, als den kämpf gehabt haben könnte. Das zweite von ew. wohlgeboren angeführte heispiel ist mir noch weniger klar. Welch ein infi- nitiv auch schlagen sein mochte, kann ich in den Worten im- mer nicht mehr sehen, als dafs die velleität des schlagens hier in die vergangene zeit der währenden handlang gesetzt ist, and ich finde nicht, dafs, wenn der infinitiv nun auch eine vergangene zeit einer währenden handlang anzeigte, daraus der sinn hervor- ginge, dafs das schlagen mit dem wollen vorüber sei. Denn die phrase: sie hatten beschlossen, dafs sie mich schlügen, wo beide verba im imperfectum stehen, scheint mir kein grofseres licht über die sache zu geben, als die mit dem infinitiv.

Das sogenannte paulo post futurum der Griechen scheint mir kein gültiger einwurf gegen eine behauptang, die meiner Überzeu- gung nach so streng und evident aus den allgemeinen begriffen folgt. Wie den sprachen formen fehlen, so können sie deren auch mehr haben, als nöthig ist. Dies ist umsomehr möglich, als wir die geschiente keiner spräche genau genug kennen, um zu wissen, ob nicht ursprünglich gewisse formen ganz anders ge- braucht worden sind. Ich erinnere mich nicht, ob man wohl die stellen gesammelt hat, in welchen der infinitiv dieses tempus vorkommt, und deren wol nicht viele sein würden. Dies müfstc auf jeden fall belehrend sein.

[Eigenhändige naebschrift des Verfassers.] Ew. wohlgeboren werden entschuldigen, dafs ich nicht mit eigner hand geschrieben habe. Die fremde ist leserlicher und ich wünschte mein coneept zu behalten. Ich bitte Sie zu glauben, dafs ich es zu schätzen weifs, in Ihnen einen mann gefunden zu haben, der diese grammalischen gegenstände, die, jetzt leicht mit dem namen philosophischer Spitzfindigkeiten gebrandmarkt wer- den, gern einer neuen Untersuchung unterwirft. Mein halten an Bernhardi müssen Sie mir verzeihen $ ich bleibe gern bei dem bis- herigen, bis es sich als nicht mehr zu vertheidigen erweist. In- dem ich den forschungen ew. wohlgeboren zu ihrer genugthuung und zum allgemeinen nutzen der Wissenschaft ungestörten und glücklichen fortgang wünsche, wiederhole ich Ihnen die Versiche- rung meiner ausgezeichneten hochachtung.

Tegel, den 28. October 1826. W. v. Humboldt.

252 Leo

Walhcn und Deutschet

1) Walh.

Der alte name, welchen die Deutschen ihren keltischen und romanischen nachbarn gaben : W a 1 h im althochdeutschen, V e a 1 h im angelsächsischen, womit auch das altnordische Valland, Neostria d. i. Italien oder Frankreich zusammenhingt, ist noch unerklärt. Mone hat zwar ganz richtig ausgeführt, dals er nicht mit Gallus, Gallia zusammenhängen könne aber die beziehung, in welche er den namen mit Witzen, Wolga u. s. w. bringt, macht die sache nur dunkler nicht heller. Die bedeutung des namens ist aber sehr einfach, denn es ist dasselbe wort in deutscher form, was längst als indisches wort in der form mle- cha bekannt ist, und ursprünglich wohl etwas «undeutliches», «nicht in richtigem umrisse sich zeigendes» bedeutet daher in der that: «ein undeutlich redender, ein nicht arisch lebender fremder, ein barbar*), ein sunder» bedeutet. Das Stammwort ist: ml Sech oder mlech «undeutlich reden, eine nicht arische spräche reden M welche bedeutung nach Yates auch mlaksch hat, zugleich mit der nebenbedeutung : vermischen, unter ein- ander mischen.

Dals die sanskritischen palatalen buchstaben im deutschen meist in gutturalen übergehen, ist so bekannt,, das nur der über gang des vor 1 stehenden m in ein deutsches w nachgewiesen zu werden braucht. Wir haben hier drei unter diese analogie fallende sanskritische stamme zu beachten: mlai, ml et oder mied und ml£w.

Mlai bedeutet nach Yates: to fade, to be faint, to yawn : wie Bopp angiebt: flaccescere, marcescere, languescere, fati- gari. Yates fuhrt auch noch die damit zusammenhängenden Wör- ter: mläna, faded, foul, weary, und mläni, fading, weariness, filth, slander an die grundbedeutung scheint also: schwach werden; seinen glänz, seine kraft verlieren; die weitere: ein häfs- liches, schmutziges ansehen bekommen; schlecht, schmutzig, ver- leumdet, matt, müde werden.

Trümmer dieses Stammes finden wir wieder in den althoch- deutschen Wörtern: wali, tepidus, weih (aus: wali-ah ent-

*) das wort barbaros hängt ja wohl auch mit balbus und balbutire zusammen? Das indische barbara oder varvara klingt wohl nur zufällig an barbaros an. [Vgl. I. 381 wo beide Wörter besprochen sind. A.fL]

Walhen und Deutsche. 253

standen), lepidus, marcidus, labef actus; weihen, marcescere; wul- lon iiauseare und wullöth, nausea. Dafs hier zwischen wund 1 ein vocal getreten ist, und die ältere form dieser Wörter mit wl anlautete, wie der sanskritische stamm mit ml wird deutlich durch die angelsächsischen correspondirenden ausdrucke, welche auch die zusammenhinge der bedeutungen recht deutlich machen: vlä-c, remissus, tepidus; v lad an, remissum esse, tepidum esse; vlä-eta, vlä-tta, vlss-ta, deformatio, nausea ; vlse-tan, defor- mare, foedare; vlä-tian nauseare (aufser diesen aus viäc = ahd. weih entstandenen Wörtern hat die angelsächsische spräche auch veallorian, arescere). Gerade wie das althochdeutsche schiebt auch das altnordische zwischen w und 1 den vocal, denn dem angelsächsischen vi Sc entspricht altnordisch volgr und dem angelsächsischen vlaetan (aus vlä-ctan entstanden) entspricht velkia, con laminare.

In diesen Wörtern, deren Verwandtschaft auf der band liegt, auch von Bopp durch, die Zusammenstellung von mlai und wel- ken bereits erkannt war, entspricht also deutsches wl oder wal ganz deutlich sanskritischem ml. In den slawischen sprachen ist dies ml in bl übergegangen, denn es gehören hieher: russ. bl£knut', verwelken und blewät', sicherbrechen; lausitzisches blec und blowa6, sich erbrechen ond bloto, koth; sloweni- sches bljovati, sich erbrechen und bloja oder blato, koth; poln. biahy, schwach, gering, schlecht; bind, speien, sicherbre- chen und blö t o, koth welche slawische Wörter erst in dem rech- ten zusammenhange ihrer bedeutungen erscheinen, wenn man die verwandten lithauischen hinzunimmt: biogas, schwach, gering, schlecht, von krankheit angegriffen; blogti, schwach werden; blukti, schwach werden, welk werden, verwelken; blukszti, schwach, welk werden; verwelken; blusti, niedergeschlagen, traurig werden.

Wir führen diese slawische parallele an, weil sie uns für den folgenden stamm ml 3t oder.mUd ab Wegweiser dienen mufs. Die .bedeutung dieses Wortes ist nach Yates: tobe mad; nach Bopp: mente captum este^ insanire; nach Westergaard: in- sanire, delirare. Wir stellen hier der bedeutung wegen das slo- wenische blesti, irre reden, phantasieren voran, womit weiter im slowenischen blazen, der Wahnsinn, frevel, blöd, derirthum, das irsein, das versehen, die unzucht und bloditi, irre sein, fehlen, sich herumtreiben, unzüchtig leben zusammenhängen. Der

254 Leo

Zusammenhang dieser Wörter weiter mit rosa. blaslT, abge- schmacktes zeug; blasen, der narr, hanswurst, blashit, math- willig, wild sein and bludit', irren, herumschweifen; mit poln. blazen, der narr, bla,d, der irthum und bla^dzic, irren; mit litthauischem bloznas, der thor, schalk, schelm; bluda, die thor- heit und bluditi heramschwärmen, irren, thorheiten begehen, ist klar. Deutsch gehört zu diesem stamme: wild d. h. in der irre gehend, nicht gezähmt, unvernünftig und wald, die weglosig- keit, die irre. Schon gothisch begegnet vilj>eis, ayqiog im gegen- satze gedacht von domesticus, cultns, domatus das altnordi- sche zeigt die ursprüngliche bedeutung noch am klarsten auf: villiz, errare; villa, in errorem inducere; yillr, errans, rudis, sylvestris. Weniger geschwächt tritt der vocal auf in wald (ags. veald, altn. vaullr, völlr).

Steht uns nun die correspondenz von deutschem wal, wil und sanskritischem ml schon durch zwei beispiele fest, so wer- den wir auch keine mühe haben in dem sauskritischem mUw den stamm unsres althochdeutschen wola oder wela, was als Substantiv: opulentia, felicitas und ab adverbium: satis, bene be- deutet zu erkennen. Yates giebt als bedeutung von mlew an: to serve, to please; Westergaard: colere, ministrare und ganz der früher von uns beobachteten analogie gemäfis haben wir im slawischen: russ. blago, das heil; blagaja, der reichtbum; slow, blag adverb. wohl; adj. edel, gut; blags, der reichtbum; poln. blogo adv. wohl, glücklich, selig; blogi adj. glücklich, selig. Diesem slowenischen blag correspondirt sowohl buchstäblich als dem sinne nach deutsches adjectiv welag, wolag, walag d. i. di- ves und das adverb oder vielmehr die interjection welago, wel- che bedeutet: enge! gerade wie bulgarisches bloze! Die grund- bedeutung von wola, wela, welag und welago ist offenbar: dienstsam, forderlich, angenehm. Im bulgarischen hat blago eine ganz enge bedeutung in bezeichnung von etwas angenehmen, för- derlichen angenommen; es bezeichnet das fleischessen im gegen- satz des fastenspeise- essens und der accent nur unterscheidet die factitiva bläze, rühmen, glücklich preisen und blaze, fleisch- speisen essen.

Nach diesen so vollkommen einschlagenden vergleichungen zweifelt wohl niemand mehr, dafs althochdeutsches Walh, an- gelsächsisches Vöalh dem sanskritischen mlech entspricht*).

*) zusammenhangend mit griechischem ßXijXdofta<;, ßltixrj, ßka$9 = lateinischem balare, blaterare, and vielleicht balbos.

Walheil und Deutsche. 255

Indessen beschauen wir doch auch noch die slawische parallele da begegnet ans also zunächst rassisch: blekotschat', stam- meln, stammelnd reden; polnisch: blekot, der Stammler, ble- kotac, stammeln; slowenisch: blekotati stammeln, bleknuti, meckern; blejati blocken. Dazu litthauisch: blauti, blocken; bluwanti, brüllen.

Einen störenden einwand könnte noch das polnische (anch in anderen slawischen dialekten sich findende) wloch, der Italie- ner, und slowenische Vlah, der Wallache, bilden, denn dafs dies dem deutschen Walh verwandt ist, ist deutlich indessen schon die beschränkte, enge bedeutung, in welcher das wort blofs auf einzelne länder angewandt wird, dürfte für die spätere, fremde einschleppung dieses Wortes zeugen. In urverwandter form dürf- ten wir nicht wloch, sondern mü£sten blek finden in der später entlehnten, aus dem deutschen Walh übertragenen form Wloch findet sich dagegen dies deutsche Walh bis auf die im slawischen so häufige consonantenversetzung vollkommen wieder. Demnach stimmt überall deutsches wal, wil, wel zu sanskr. ml und Walh bedeutet wirklich ursprünglich dasselbe wie mleeh d. i. peregriuus, barbarus» einer der unverständlich spricht und nicht nach reiner, bestimmter, heiliger sitte lebt. Das ungarische olafz (italienisch aus wlafz, wlah entstanden) u. s. w. ist offenbar erst wieder von den Slaven an die Magyaren gelangt, und ebenfalls nicht urgemein sondern neu übertragen.

2) Deutsch. Dasgothische ]>iuda, gens (nahe verwandt mit }>iu}> bonum und ]> i u \ i a, benedico) ; althochdeutsche d i o t a, gens ; altnordische J>y8i gens; angelsächsische ]>eöd, gens, ist, wie aus dem Wech- sel des letzten consonanten in \\u\ hervorgeht, eine bildung von einem stamme ]>iuan oder }>ivan. Sonstigen analogien gemäfs haben wir dafür einen sanskritischen stamm zu suchen: tu und dieser existirt. Yates giebt seine bedeutung an: to go, to tbrive, to become füll, to hurt Westergaard: ire, crescere, eligere, implere, laedere. Bopp giebt nur die bedeutung crescere an, wohl weil sich für sie allein belege in Schriftstellern finden. Letzterer bringt das wort auch mit zendischem tav (posse, fieri posse) in Verbindung. Vielleicht gehört noch das sanskri- tische wort töka, proles, a child, offspring und sicher tavishi oder tavisha die kraft, strength (zendisch: tevishi, Icnergie),

, /

266 I*o

endlich tavisha, himrael, gold zu diesem stamme, dessen hanpt- bedeutung also wohl: «wachsen, organisch sich fortentwickeln, zunehmen» war.

Die slawischen sprachen haben von diesem stamme nar eine bildong mit causativer bedeutung nämlich litthanisch twerti, schaffen, gestalten, formen, mit grenzen versehen, einzäunen; da- her: festhalten die erste bedeatung des formens, gestalten*, Schaffens, zeugens, wachsen machens tritt besonders in dem com- positum sutwe-rti hervor; das simples wird mehr nur in der bedeutang des eingrenzen«, einzäunens, festhalten* gebraucht; da- her twora, der zäun aber es ist noch eine andere abieitung derselben wurzel im litthauischen vorhanden, nämlich: twarka, das mafs, die Ordnung, zucht. Wir werden sehen, wie sich im Deutschen eine ableitung ähnlichen sinnes findet.

Im russischen gehört hieher: twar1, das geschöpf und twerd', fest; tworit', schaffen, zeugen, gestalten, kneten; im slowenischen tvor, das werk; tvoriti, schaffen, bilden, machen und tverd, hart; im polnischen tw6r, das geschöpf, tworze, ich schaffe, forme, bilde und twordy, hart, fest; im lausitzer wendisch: twariö, bauen, bilden und twerdy, hart, fest für schaffen findet sich hier wieder vornämlich das dem litthauischen satwerti entsprechende compositum: stworiö.

Von den deutschen sprachen gewährt die angelsächsische die breiteste entwickelung des Stammes; der stamm selbst in seiner einfachen gestalt ist in allen mundarten verloren; }>ivan begeg- net weder gothisch noch J>eoan angelsächsisch; (wohl aber )> co- li an, wachsen, gedeihen, in schöner weise grob werden*). Die- ser stamm mufs die grundbedentung gehabt haben: wachsen aber nicht einfach zunehmen, sondern zunehmen, so dafs das hinzukommende in dem wachsenden individunm organisch auf- geht, dessen Individualität in angemessener weise erweitert, ver- gröbert, ihm gegenüber seine individualität aber nach angemeste-

*) hier greifen überginge und contractionen ein. Theohan ist eigent- lich ein andrer stamm, nfimlich tbihan, der wie überhaupt im angel- sächsischen die verba mit t im stamme gern thun, in die andere ab- lautsreihe (e6, ea\ n) übergeht. Dies ththan «gedeihen», hangt wohl eher mit skr. f tk zusammen. In der form the6han zog es sich aber in the6n zusammen eine form, die auch ftlr theöan gelten konnte, and so absorbirte theöhan bei seiner nahe Hegenden bedentong theo an praktisch ganz.

Walhen ond Deutsche. 257

nem gesetz verliert also organisch wachsen, zusammen* wachsen, einem anderen individuum organisch verbanden wer- den. Zunächst bietet das angelsächsische ein vom präsens und ein vom präteritum abgeleitetes Substantiv: ]?e6v, der sklav, der diener, der nur einen Zuwachs des heim bildet, keine eigne per- son dem herrn gegenüber ist; und )>e£v, das mafs, die Ordnung, zucht, sitte das was verschiedene individuen zu einem neuen individunm verbindet. Daher heifst weiter ]?eödan, ligari; ge- )>eöden, adha$ens; ge^eöded, adhibitiis; ]?yddan, pangere (on- )>yddan, impingere) analog dem altnordischen ]>yda, adaptare und ]>ydaz, adhasrere, amplecti; endlich ge]?eöd, das menschen ver- bindende, das volksthum, die spräche. Von J>ea> ist auch noch ein factitivum abgeleitet J>yvan, zur Ordnung, sitte, zum mafs anhalten, unordentlich aufstrebendes niederhalten, comprimere, in Ordnung halten, leiten, fuhren. In vergleich mit dieser angel- sächsischen entwickelang der würzet stehen alle andere mundar- ten zurück. Altnordisch sind aufser den schon angeführten Wör- tern noch ]?i6d, gens, )>iön, servus, ]>y, mancipium zu merken, und J^Bskr, ]>yskr, germanicus. Althochdeutsch begegnen: gadiuti adj. was in guter Ordnung, in guter gestalt, verständ- lich, dentlich ist, zugleich als gegensatz von ungadiuti oder walh, walah d. i. barbaros letzteres in specie: gallicus, ro- manus; diutian, in gute Ordnung setzen, deutlieh machen, deu- ten; gadiot, snbjectus; dio, servus; diwa, aneilla; diwjan, ab knecht behandeln, hnmiliare; dion6n, knecht sein, servire und ein durch seinen ableitungsconsonanten (nämlich r) dem sla- wischen typus sich näherstellendes wort: diorna, famula, puella. Ferner als ableitungen des präteriti: dou, mos, ritus, lex; dou- bdn (der sitte, dem gesetz unterwerfen) domare endlich diutisc, deutsch, germanicus.

Betrachten wir nun beide Wortfamilien schliefslich noch ne- beneinander, so findet sich also, dafs wälsch und deutsch den gegensatz bezeichnen des unorganisch zusammengeworfenen, ge- mischten, undeutlich redenden, ungeordnet, ohne die heilige sitte lebenden einerseits und des organisch und nach festem gesetz wachsenden, dentlich redenden, geordnet, mit heiliger sitte le- benden andrerseits es ist genau derselbe gegensatz, der uns in Indien als mlexha und Ärya oder äryawrttta begegnet. Dafs der ausdruck Walch unter diesen umständen den Deut-

II. 4. "

258 Leo

sehen zunächst einen mann keltischen Stammes dann weiter (da in Gallien, Italien und Thracien die reste der Kelten mit Römern zu Romanen verwachsen) einen Romanen bezeichnete, mag darin ^seinen grund haben, dafs die Kelten, wie ihre sprachen beweisen, auch aus Indien entsprossen, sich durch misehung des geschlechtes und trübung und änderang des götterdienstes and der spräche den vordringenden noch reiner den arischen typus in spräche, glauben und sitte bewahrenden Deutschen als ein un- deutlich gewordenes mischvolk mit unreinen sitteA darstellten während dagegen die nachdringenden Slawen noch länger und sichtbarer mit arischer lebensföhrung zusammenhängen mochten als die Deutschen selbst, ein Slawe dem Deutschen also nicht als mlecha erschien, wohl aber ein Kelte oder Romane.

Der name, welchen die Deutschen von den Slawen erhalten haben, und der dann auch an Magyaren und Türken übergegan- gen ist (russ. njemez'; slowenisch nemec; bulgarisch nemec; polnisch niemiec; laositzisch njemc), würde dieselbe tiefere bedeutung haben wie mlech^, wenn er wirklich mit einem worte, welches undeutlich redend oder stumm bezeichnet (russ. njemo, undeutlich, njemyi, stumm; slowenisch nem, stumm; bulgarisch nem, stamm; polnisch nieaiy stumm; laus, njemy stumm) zusammenhinge. Möglich aber ist es wohl auch, da Jahr- hunderte lang die Slawen im Gotfcenrekhe und wohl noch frü- her von deutschen herren regiert wurden, da der slawische name für fürst, herr (kniäs) eine Umbildung unseres deutschen Wortes kunig ist; da der slawische name für adel (slachta) ebenfalls un- ser deutsches wort slahta ist dafs jenes wort niemec aus sanskritischem namata, a lord, a master; namita, reverenced, worshipped, bowed to, entstanden und nur zufällig dem worte, welches stumm bezeichnet, so ähnlich ist.

Es ist schade, dafs das litthairische gerade diese Wörter nicht besitzt; durch dessen vollere formen würden wir über das ety- mologische verhältnifs vollständige aufklärung erhalten, es kömmt aber weder ein wort: nelmmamas (nicht vernehmbar, undeut- lich, was sich nicht äufsern kann) für «stumm» vor, noch für « deutsch » ein ähnliches wort, sondern «deutsch» helfet im gegen- theil cookiszkas, was sicher mit wökti « verstehen » zusammen- hängt und also eher: «deutlich, verständlich» als grundbedeutung hat; oder: tautininkas ein Deutscher mit Tautä Deutsch- land und dies mit deutschem diuta wohl zusammengehörig.

Wallten und Deutsche 269

In den keltischen sprachen erscheinen die oben betrachteten vier stamme einerseits den sanskritischen formen näher, inwiefern sie das anlautende m bewahrt haben, aber andererseits ferner in- dem die keltischen sprachen (aufser in der composition mit an- dren stammen oder bildungssilben) nach dem 1 nicht leicht einen zweiten consonanten dulden sie aber durch die einrückung eines vocals zwischen m und 1, den letzteren consonanten zu einem schlufsconsonanten machen. Dem sanskritischen mlai, deutschem waTi nnd weih, slawischem bleknuf und blewat' ist in den keltischen sprachen verwandt, a) in gaelischer reihe: mall, slow, dilatory, tardy, tedions; maillighim I slacken, I delay b) in kymrischer reihe: mall, void of energy or com- pactness, soft, insipid, blasled; mallu to become soft, insipid, blasted; melli, softness, insipidity.

Dein sanskritischen mlet oder mied, deutschem wild, wald, slawischem blesti, bloditi ist in den keltischen spra- chen verwandt: a) in gaelischer reihe: mil, a beast; millim I spoil, ruin, mar b) in kymrischer reihe: mil, that is void of understanding. a beast-, milain brutish, cruel, froward, stillen, stnbborn; milns, brutal. In die kymrischen sprachen hat sich fibrigens von den deutschen nachbarn her, wie es scheint, wald und wild eingedrängt in der form gwyllt, welches als Substan- tiv bedeutet: a wilderness, a place covered with brakes, und als adjectiv: wild, »avage, rabid, mad. Wäre das wort ursprunglich keltisch, m mufste ihm auch ein gaelisches feald oder feall entsprechen, was sich aber mit keiner irgendwie beziehbaren be- deutung als parallele findet.

Dem sanskritischen mlew, deutschem wo lag, slawischem blag ist in den keltischen sprachen verwandt: a) in gaelischer reihe: meall, good, pleasant; meallach, fat, rieh; meallaim I enjoy b) in kymrischer reihef mael, gain, profit, ad van tage, work und maela to get ad van tage, to gain. Auch bei diesem stamme ist das deutsche wela, wola in der form von gwell, welches «better» bedeutet, eingedrungen.

Endlich dem sanskritischen mlech, deutschem walah, sla- wischem blekotati entspricht in keltischen sprachen: a) in gae- lischer reihe maol, dessen grundbedeulung ist allayed, daher heifst maolaighim, I allay aber auch: I make blunt und von der grundbedeutung allayed (legirt, gemischt, in seiner eigenthfimlichkeit und schärfe aufgehoben) aus entwickeln sich

260 Kahn

auch fite maol die bedeutangen: blant, obtuse, hamblc, and end- lich 'sogar: bald; b) in kymrischer reihe ist nur die letzte beden- tung festgehalten: moeli, to grow bald. H. Leo.

Anmerkung. Ich erlaube mir zu dem vorstehenden aufsatze die bemer- kung, dafs auch herr prof. Stenzler bereits vor einiger zeit brieflich die ver- muthung ausgesprochen hat, dafs der name Wlach zu w. mlax, mlech gehö- ren möge. Die letztere findet sich Übrigens bereits in einem brahmana, wo es heifst „tasmad raja na mlechet, defshalb soll der konig nicht undeutlich re- den." — Rttcksichtlich der hier ausführlich entwickelten Verwandtschaft von thiuda sei bemerkt, dafs dasselbe von mir ebenfalls auf w. tu zurückgeführt worden ist in dem vermehrten abdruck der abhandlung „zur ältesten geschickte u. s.w." bei Weber, indische Studien bd. 1. 881. A. K.

lieber das alte S und einige damit verbundene lautent- wickelungen«

Vierter artikel. Die Verbindung des a mit liquiden bueltsteben.

Wir haben im letzteu arlikel die falle betrachtet, wo das alte S im griechischen anlaut und inlant, wenn es einfach oder in Verbindung mit/- stand, geschwunden war; derselbe ausfall tritt aber auch zuweilen ein, wenn das s in Verbindung mit an- dern consonanten stand, nnd wir müssen diesen deshalb hier einer näheren prüfung unterwerfen.

Der abfall des g nach * im nom. sg. der nomina ist eine bekannte erscheinung und so sehr regel, dafs Wörter wie tkfu*ef Tvqivq als seltene ausnahmen dastehen, in denen das g eher auf rechnung der davor ausgefallenen dentalis zu schreiben als reines nominativkennzeichen sein mochte, zumal auch die stamme auf 9t entweder das * bewahren und t nebst g aufgeben oder das wahrscheinlich aus r entstandene g erhalten und den vorangehen- den vocal zum ersatz des v verlängern. Bereits Bopp (vgl. gr. § 299.) und Pott (etym. forsch. 1. 116) haben ferner die compa- rationssufhxe *or und skr. iyans für identisch erklärt und den ausfall des a nach v für das griechische angenommen \ in der that ist letzteres denn auch einer Verbindung der liquidae mit er in hohem grade abhold, zum theil sogar in föllen, wo andere spra- chen, z. b. das lateinische und deutsche (prehensus, pransus u. s. w.; linse, binse u. s. w.) gar keine Schwierigkeit in der Verbin- dung dieser laute machen. Das griechische hat solchen beispie- len nur äufserst wenige zur seite zu setzen und formen wie ni- ynraai u. s. w. stehen vereinzelt; es ist daher nicht zu verwun-

über das alte S u. einige damit verbundene lantentwickelnngen. 261

dern, dafs nach analogie des comparativsuffixes auch ein paar an- dere nomina dasselbe lautverhältnifs zeigen. Das unbestrittenste derselben ist ^iyV, das im verhältnifs zu skr. hansa, lat. anser, d. gans denselben abfall des g, den es bereit« im nora. sg. erlit- ten hatte, auch durch seine ganze flexion hiodurchföhrte, den ausfall aber durch Verlängerung des stammvocals zu y ersetzte. In gleicher weise zeigt ftrjt, fflvog verglichen mit skr. mas, latein. mens-is diesen ausfall, wenn gleich wir oben (I. p. 274) wahr- scheinlich zu machen suchten, dafs das <s hier erst eine seeun- daire entwicklung sei. Ebenso zeigt sich ein geschwundenes <r in <upo£ verglichen mit skr. amsa, lat. hnmerus (alt umerus f. umesus [bd. I. p. 283 zu vgl.]), goth. amza und auch hier tritt wie bei ' jjqv die Verlängerung des der liquida vorangehenden vo- calsein; ob diese Verlängerung auch hei pqv statt gefunden habe ist schwer zu entscheiden ; die lesbische form ptjvrogf welche von Ahrens diall. I. p. 51. 61. 62. besprochen ist, zeigt ungeachtet der aus vc hervorgegangenen doppelten liquida, den langen vocal; das skr. hat mit ausfall des n langes a, was aber auch der wurzei schon zusteht, ebenso zeigt eB sich im ndd. mand ; die ursprüng- liche länge möchte daher das wahrscheinlichere sein, obgleich wir später sehen werden, dafs auch in anderen fallen, wo er- satz des c in anderer art eingetreten ist, dessenungeachtet sich vocalrerlängerung zeigt. Endlich tritt der ausfall des c nach liquiden im futurum und aorist der verba liquida ein und zeigt hier zugleich in den dialektischen nebenformen deutlich die ent- wickelung dieses laut wandeis, indem in den aoristen iyerrato, irtfifiaro, (SteXkAfUvaiy xrevvou, 6$$<krw die doppelte liquida aus ursprunglichen Xa, papvc, hervorgegangen ist, während wie- der aus jenen formen diejenigen mit einfacher liquida und vor- angehendem langen vocal also iyuyaxo u. s. w. sich entwickelten. Uebrigens können Xa , po, va, qc unmöglich unmittelbar in IX, Hft, *99 $$ übergegangen sein, sondern sie werden durch dazwi- schen liegende X\ fif *, Q vermittelt, die zwar nicht nachweis- bar, aber wie sich später zeigen wird, mit allem fug zu erschlie- fsen sind. Was das futurum betrifft, dessen allgemeinen aus- gang auf atco u. s. w. Pott bereits (etym. forsch. I. 33. 115.) an- genommen hat, so könnte es auffällig erscheinen, dafs hier bei den verbis liquidis weder gemination der liquida noch Verlänge- rung des vorangehenden vocals eintritt, kurz dafs sich weder for- men wie <JieXX<o noch areddä zeigen; allein der grund dieses gegensatzes gegen die aoristformen liegt offenbar im accent, der

26*2 Kuhn

im futurum durchweg auf der endung liegt und so eine Verstär- kung der wurael nicht zuläfst, während er im aorist entweder auf das augment oder auf die wurael fällt und so alles, was sich derselben anschliefet, schützt.

Sehen wir in den bisher betrachteten fällen die abneigung der griechischen spräche gegen die Verbindung der liquiden mit einem folgenden 0, so zeigt sie dieselbe im allgemeinen nicht minder gegen eine Verbindung mit einem vorangehenden o\ Doch läfst sich nicht allgemein behaupten, dafs das er abneigung gegen eine Verbindung mit jeglicher iiquida habe, sondern es sind vorzugsweise nur X, ?, Q, die meist kein a vor sich dulden; deshalb stehen iaXog neben ia&Xog, ftdaXtjg f. fid<?&X*jQy valog neben v&Xog und va&Xog (doch vergleiche Lobeck parall. p. 436) ganz vereinzelt, und nur in den compositis wie e&Utfc- nto, elgteca, eigQtoo sehen wir a mit diesen liquidis zusammen- treffen; hier bleiben sie unverändert, weil das aneinander- rücken in der compositiotf keine so innige Verbindung hervorruft, wie flexion oder ableitung, aber beim eintritt dieser beiden er- scheint, soweit wir die ursprüngliche Verbindung dieser lante im Inlaut noch verfolgen können, assimilation des a an die folgende Iiquida oder ersatz desselben durch vocallängung (wie bei <orog, . venum gegen skr. vasna) oder durch t. So bilden z. b. die von ursprünglichen stammen auf a abgeleiteten adjeetiva auf vog entweder evvog oder eivog, wie ooevvog, ooeivog; ydewog, cpaet- vog, in denen Ahrens (diall. I. p. 52) den Ursprung der form durch assimilation aus av richtig erkannt hat. Bopp, welcher diese bildungen in der eben erschienenen letzten lieferung seiner vergleichenden grammatik p. 1181 gleichfalls bespricht, sieht die endung eivog als aus eawog mit ansfall des c entstanden an, wo- zu ihn wohl die accentuation auf der schlufssilbe veranlafst hat; doch darf man die äolischen formen auf ewog doch wohl schwer- lich von denen auf eivog trennen und das 1 erklärt sich hinrei- chend als ersatz des * oder unmittelbar des er. Den accent haben die äolischen formen auf der Stammsilbe, während die auf eirog oxytona sind, weshalb mir diese erst der analogie anderer adjee- tiva auf wog, wie sie Bopp a. a. o. bespricht, gefolgt zu sein scheinen. Hierdurch würde sich auch ein etwaniger einwurf ge- gen die obige annähme über die bildung des futuri durch einfa- che Iiquida und kurzen vocal erledigen, denn wenn einst oqeivoq wie ooevvog accentuirl wurde, so stehen diese formen in analo- gie mit der bildung des aoristi und nicht mit der des futuri.

über das alte S a. einige damit verbundene lautentwickelnngen. 263

In anderen fällen, wo einst 0 im inlaut mit liquiden in Verbin- dung stand und später gemination der letzteren eingetreten ist, läfst sich jetzt nicht mehr beurtheilen, ob diese gemination aus assimilation hervorgegangen sei, da wir diese gemination in der epischen spräche auch in einigen fällen hervortreten sehen, wo an ein ursprüngliches 0 schwerlich zu denken ist, wie z. b. in HlXccße, Zfipa&e. Gleichwohl ist es auffällig, dafs diese doppelung doch immer nur auf bestimmte fälle beschränkt bleibt (vgl. Mchl- horn gr. gr. p. 72) und bedarf dieser punkt noch genauerer Un- tersuchung. So nahmen z. b. einige der alten diaskeuasten an der doppelung in erveov 11. 9. II anstofs (vgl. Spitzner zu die- ser stelle), statt dessen sie nfrorr' in den text nahmen, während doch gerade in diesem worte, dessen würze! dem skr. snu iden- tisch ist, die gemination ganz am orte sein möchte. Eben so we- nig «ist eine entscheid ong über die ableitungen von (fc'a möglich, da hiev das allgemeine lautgesetz der doppelung des q nach dem augment und nach kurzem vocal in der composition hindernd einwirkt; daher finden sich bei den epischen dichtem ßa&vgQoog, ßaüv^geicov, ßa&v$foht}g, äxaXafäeirtjg, iv$QOog, xcdXifäoog, KaX~ XiQQoy immer mit der doppelung, während nur selten des metri halber KcdXiQse&Qog y xcüÜUQOog, KoXXiqot] daneben stehen; auch hier könnte die doppelung, da die dem griechischen (>4<a entspre- chende indische würzet sru ist, ans assimilation hervorgegangen sein. Im anlaut treten <jX, 0?, cq gar nicht auf nnd auch das sanskrit und lateinische zeigen sie dort entweder gar nicht oder wenigstens nur selten; sn und sr sind noch verhältnifsmäfsig im sanskrit am häufigsten, dagegen zeigen die deutschen sprachen zahlreiche beispiele aller drei Verbindungen. Man hat daher ge- wöhnlich angenommen, dafs das s hier kein ursprungliches sei, was schwerlich in den meisten fällen richtig .ist; freilich fehlt der beweis dafür, dafs goth. snaivs, ahd. sneo gegenöber dem griech. viya, vicpdg, lat. nix, nivis die ursprünglichere form sei, aber bei ahd. snor, skr. snushä stimmen schon diese beiden sprachen gegenüber dem griech. wog, lat. nurus in dem anlau- tenden 0 überein; dafs auch das griechische einst diesen anlaut hatte zeigt ivvvog, welches uns Pollux erhalten hat und offenbar für iawog steht; die scharfe ausspräche des 0 hatte ein e her- beigezogen, wie wir es in den romanischen sprachen zahlreich bei mit s anlautender consonanz (espada, epee u. s. w.) finden.

In auffallendem gegensatz zu der eben besprochenen abnei- gung des griechischen gegen eine Verbindung des 0 mit folgen-

264 Kuhn

dem A, ?, q steht das häufige auftreten von <x/k, denn sowohl in der verbal- ab in der nominalbiidung sehen wir es erscheinen und sogar in Allen, wo es in dem verbalthema nicht vorhanden ist, wie z. b. in neyaafAcu und anderen formen.

Was zunächst den laut dieses a betrifft, so ist zu bemerken, dafs er nach analogie der Verwandlung von x nnd % in y vor den mit n beginnenden endungen des perf. pass. als der weiche laut, die zischende media, von dem oben II. p. 128 gesprochen wurde, an* zusehen ist; aus diesem gründe ist es dann aber auch erklärlich, dafs er geblieben ist und die grofse zahl der bildungen, in denen (J vor ft aus ursprünglichem dental entstand, lassen es dann auch weniger auffällig erscheinen, dafs zuweilen sogar statt eines ans v zu erwartenden \k vor p formen mit <r wie mq>*o/MU u. a. er- scheinen. Dergleichen formen sind der analogie anderer ablei- tungen von verbis auf v<o gefolgt, wie z. b. Herod. 2. 39. daa»pf. pass. aeaijfiaapcu hat, wo sich das a aus dem r des alten Stam- mes erklärt, wie ja vielfältig bei den mit dem suffix mant ge- bildeten stammen und ihren ableitungen die formen mit par, par und fiov neben einander herlaufen. Wenn dagegen auch die- jenigen verba, welche wie reXeco ursprüngliche denominativa von substantivis auf og sind, das a im perf. pass. vor dem p bewah- ren, während sie es, im falle es einfach stand, zwischen .zwei vocalen] aufgegeben haben, so möchte dies für die oben II. p. 128 aufgestellte annähme sprechen, dafs das <x zuweilen auch bereits in alter zeit den weichen laut angenommen habe, denn es zeigen sich andererseits erscheinungen, die beweisen, dafs dasselbe sowohl an- al* inlautend auch vor p geschwunden ist und somit den schar- fen, allmählig in den einfachen hauch übergehenden laut gehabt nahen mufe.

Zunächst steht eine anzahl von bildungen in den verschie- denen dialecten neben einauder, von denen die einen mit oyt, und zwar vorzugsweise im attischen dialekt anlauten, die andern das- selbe aufgegeben haben, es sind dies apaQayva, fiaQayva <J/*o- QCtuaco, ftaQacam <W£*/$, MQiy% afiiJQtv&og, ptJQir&og

CfllXQOg, fUXQÖg GfAMQOTTjg, fllXQOTtjg ÖfJUXQVVm, IMXQVVG)

<7fiiXa£, iuka% CfwytQog apofBQog, poyeQog aiw(>vat fWQ^a afiOiögf porig <r/w£aw, fw^mv apvQaiva, fUQcaira apvQiZo), pvQitco. Hierzu stellt sich ferner petdaa», psiduia*, wel- ches bereits von Bopp im gloss. mit skr. smi, ahd. smilan, e. smile zusammengestellt ist; die zu psiddw gehörigen formen fieikog, [itiXipog, petlixog, fcerJUgio? sowie das neben mhd. smie-

über das alte S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 205

len stehenden smieren (in gleicher bedeatong) machen die all* gemeine erweiterang der wnrzel durch ursprüngliches d, wie sie im griechischen auftritt, das in 1 und r fiberging, wahrscheinlich, wodurch auchBopp's Zusammenstellung mit lateinischem miror an bestätigung gewinnt. Wenn er dagegen das 1 der deut- schen stamme aus dem y der indischen präsensform smayämi erklären will, so kann ich ihm darin nicht beistimmen. Er stützt sich zwar dabei auf das verbältnils von skr. yakrt zu ahd. ie- bar, allein dieser Wechsel von d, y und 1 scheint mir unmittel- bar nicht gut möglich : yakrt möchte vielmehr wie auch andre mit ya anlautende stamme und wurzeln im sanskrit ursprüngli- ches da im anlaut gehabt haben: man vergleiche namentlich sanskr. ya$as neben da$asyati, diyasyati und lateinisch de- cus. Ein letzter rest des ursprünglich anlautenden a in fieidd<o möchte noch das doppelte fi in cptXofifieidijc sein, denn wenn auch die doppelung der liquidae in einzelnen Allen auftritt, wo an keine assimilation zu denken ist, so bleibt sie doch immer nur auf bestimmte themen beschränkt und ist bei einzelnen, wie z. b. bei «Wen« entschieden als assimilation nachzuweisen, vergl. Mehlhorn gr. gr. § 71. Eine zweite hierhergehörige wurzel, die das anlautende c verloren hat, ist fUQ in peQfieQa, (idQipvcL> l&(>fU(>i£<o, iaoqtvq u. 8. w., welche bereits von Bopp (gloss.) Pott etym; forsch. 1.225., Benfey gr. wl. IL 39. mit skr. smr sich erinnern, sinnen zusammengestellt sind. Andere beispiele eines bereits frühzeitig im anlaut vor p gewichenen c werden sich vielleicht noch aus einer genaueren vergleichung griechischer und deutscher stamme gewinnen lassen; denn im sanskrit ist anlau- tendes sm selten und im lateinischen fehlt es ganz.

Gehen wir zum inlaut über, so treten uns hier mehrere falle entgegen, in denen <r vor p verwandelt oder geschwunden ist. Ahrens hat bereits (diall. I. p. 51.) diejenigen zusammengestellt, in vf eichen a dem folgenden p assimilirt ist, es sind Ippi = aipi, iwurai = eheu, i^Moe = aipcfoff, l^fia = elpa, %qi^a = ZQicrpa, %QW<*~> appeg = ijpeis, vpiug = v/uig. Was den laut- abergang selbst betrifft, so ist auch hier zunächst ein wandel zum starken hauche und dann eintretende assimilation anzunehmen,

' aber es fällt sogleich auf, dafs während icfd unerträglich schien und in ififAi, eipi überging, der plural sVrpsV beslehen blieb, und

% doch auch wieder dieselbe person im impf, das a abwarf i^w. wie auch der dorische inf. tjtiev, l\yaq dasselbe verlor, den ausfall aber durch längung des vocals ersetzte, wie in lacon. WV*

266 Kuhn

elfia st. ßiayMy vgl. lacon. nrjQecporsia st. negasydrsia (Ahrens diall. H. 112.*). Wie es scheint, beruht dieser gegensatz von eipi zu iofiiv in einer wahrscheinlich älteren verschiedenen accentua- tion beider, denn im sanskrit hat asmi den acut auf der ersten silbe, während das verkürzte smas, ved. smasi denselben accent auf dem a hat, aber auch in seiner volleren, nicht mehr vorhan- denen form asmas, den regeln seiner conjugationsklasse gemäfs, den acut auf der endung haben würde. Diese vermuthung ge- winnt um so mehr an Wahrscheinlichkeit, als noch die 3. sg. den ursprünglichen accent &m =z skr. dsti bei intensiver bedeu- tung, sobald es nicht biofse copula ist, bewahrt hat. Ferner steht diesem vorausgesetzten properispomenon elpi st. eipi das in glei- cher weise sich entwickelnde elfia zur seile, welches äolisch epfut lantet und auf älteres ^fapa = skr. v äs man (RV. 3. 5. 13. 4.) zurückgeht; diesem schliefsen sich ippevog, etpevog sowie mit gleichem Übergang vor v emfii und siwfii an. Bei dieser gele- genheit entsteht die frage, ob das sich an der stelle des ursprüng- lichen er zeigende i ein allgemeines ersatzmittel auch für den aus- fall anderer consonanten sei oder ob es hier specteil einen aus dem <r entwickelten laut, nämlich jenen starken hauch vertrete und sich aus ihm unmittelbar hervorgebildet habe.

Auf den ersten blick könnte es den anschein gewinnen, als sei das * nicht auf die letztere art entstanden, da es sich auch in fällen zeigt, wo ursprüngliches digamma gewesen sein mufs, wie in dWa>, xaioo, xAaia», xXsloo (rühmen), %d<Q (gsa))? allein eine unmittelbare ent Wickelung aus dafco oder dwifo u. s. w. zu daioo scheint mir physiologisch unmöglich und es möchte richti- ger sein, den Übergang von dopco zu dahoo zu setzen und dann haben wir dasselbe lautverhältnifs, welches wir beim eintritt des < für ursprüngliches <r voraussetzen*). Eine solche annähme fin- det aber ihre Unterstützung durch zwei gründe; einmal sahen wir nämlich (oben p. 132 34), dafs das einfache digamma im anlaut zwar gewöhnlich ohne ersatz ausfällt, zuweilen aber auch

*) In einzelnen fällen mochte übrigens auch der präsensstamm der obengenannten verba ein y als characteristicum haben,, so dafs das t auch daraus erklart werden könnte. Wenigstens tritt bei einem nomi- nalstamme, nämlich bei v4o^ vtloq die möglichkeit dieser erklärang ein, •da sich im älteren sanskrit sowohl na>a als ntfvya in gleicher be- deutuDg finden.

ober das alte S u. einige damit verbundene lantentwickelongen. 267

durch den spiritus aaper ersetzt wird, daraus ergiebt sich aber, daß es wenigstens in einzelnen fällen wirklich in den starken hauch überging und es ist wohl nicht zu viel gewagt, diesen ubergang für die ältere zeit auch im allgemeinen anzunehmen und dafs sich daher das sich in diesen fällen vorzugsweise nur noch in der epischen spräche findende * schreibe. Zweitens aber tritt das digamma auch im dorischen bei £§ (Ahrens diall. IL p. 43.) und seinen compositis auf, wo die verwandten sprachen einen Zischlaut an seiner stelle aufweisen } indefs könnte dies digamma der rest eines ursprünglichen v in dieser zahl sein, den wenig- stens das zendische csvas (Bopp vgl. gr. p. 443) in abweichung von allen übrigen indogermanischen sprachen aufweist, wonach was Abrens a. a. o. sagt zu berichtigen ist; allein auch opog zeigt ein digamma (vgl. Pott etyin» forsch. I. 129.) und dies wird man schwerlich von skr. sama trennen können; ebenso erscheint in einer neuerlich aufgefundenen Inschrift der genitiv auf ao mit demselben, und Aufrecht's in dieser Zeitschrift I. 121 geäußerte ansieht über die bildung desselben, wonach der nackte stamm des reflexive sva ohne irgend ein flexionszeichen angetreten sein soll (man dürfte etwa * aus neutralem m wie in skr. as mitkam erwarten) scheint mir doch zu gewagt, um nicht lieber bei Bopp's annähme, dafs auch diese genitivform aus altem asya hervorge- gangen sei, stehen zu bleiben, so dafs wir auch hier digamma statt eines alten s oder vielmehr statt seines Stellvertreters des h hätten. Dazu kommt dann die nachricht des Priscian und Me- lanoms, dafs die Aeoler überall digamma an die stelle des Spiri- tus asper hätten treten lassen (Ahrens diall. I. p. 30.), welche, so unrichtig sie an und für sich sein mag, doch die nahe Ver- wandtschaft beider laute zeigt und somit auch die umgekehrte entwickelung des Spiritus asper aus digamma wahrscheinlich macht. Dafs aber in den von den grammatikern mit digamma aufgeführ- ten Wörtern einzelne wirklich dessen Ursprung einem vorange- gangenen, inlautenden spiritus asper verdanken, zeigt das äolische (pavog, pamphylisch (pdßog dem skr. bhasas zur seite steht; äol. ävwg, lak. dßoig f. rjoig, lag ist aber schwerlich hierher zu rechnen, da lat. aurora wahrscheinlich macht, dafs sich das an- lautende digamma vocalisirt und umgestellt habe, somit skr. ush- as ebenso aus älterem *vasas hervorgegangen sei, wie uväca ans noch in den Veden vorhandenem vaväca. Diese gründe sind, wie ich glaube, ausreichend, um die entwicklung eines *

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im inlaut digammirter Wörter aus vorangegangenem spiritus aaper wahrscheinlich zu machen und damit erledigt sich denn auch die oben gestellte frage dahin, dafe dasselbe mit gleicher Wahrschein- lichkeit für i an der stelle eines alten <r anzunehmen sei, dats mithin z. b. elpa für ein vorangegangenes ahfia stehe, ebenso wie sich ippa ans ihfia assimilirt habe, wobei anzunehmen setD durfte, dab dieser inlautende spiritns einen wo nicht gleichen doch sehr ähnlichen laut wie unser palatales ch in ich, sich gehabt habe. Bei mehreren Wörtern, deren wurael oder stamm unzweifelhaft ein ursprüngliches tr zeigt, mnüs es übrigens dahin gestellt bleiben, ob das * ans tr oder einem etwa noch hinter die- sem folgenden i hervorgegangen sei, solche sind namentlich iqbmh, tqim; £tM>, £*o>, deren wurzeln sich im sanskrit bald nach der vierten (trasyati), bald nach der ersten conjogationsclasse (trasati) flectirt finden ; dasselbe gilt für XiXcuopai, insofern die bereits von Pott (etym. forsch. I. 271. II. 75.) damit verglichene sanskrit- wnrzel lash wünschen, begehren, bald lashati, bald lashyati bil- det Das ursprünglichere s dieser wurael ist übrigens in dem in- tensiven l&lasa ardent desire; regret, sorrow, missing, wishing for any person or objeet absent; soliciting, asking; the longing of pregnant women erhalten; unser last, gelüste, goth. lustus, ahd. Ins ton, ags. lystan gehören derselben würzet an; Grimm stellt sie unter no. 254 zu altn. liosta ferire, tundere. Ebenso zweifelhaft bleibt der Ursprung des 1 in öaia theile, pafopot, rai<o, (pQein (i^ecpQBtOfuv) so lange ihnen keine sichere Verwandt- schaft nachgewiesen ist; in den sich ab denominativa kundgehen- den ieleia>, veixeiu, pags/opai, dxelopai, xeQcua, xsdcuo) wird das 1 ebensowohl auf rechnung des <y, als des einst dahinter vorhan- denen y zn schreiben sein, für dessen dasein die analogie zahl- reicher vedischer denominativa spricht, denn teleiw ist aus dem neutrum rskog auf dieselbe weise gebildet wie tapasyämi aus dem neutrum tapas. Dagegen tritt es unzweifelhaft an der stelle eines alten 0 auf in eiarog, wobei beachtung verdient, dafs das wort mit 1 immer Substantiv ist, also dem skr. vasana mit dem accent auf der ersten entspricht, während iavog als adjeetiv desselben entbehrt, was dafür sprechen möchte, dafo auch üatog einst pro- paroxytonon war und der accent so das aus h für a entstandene * geschützt hat; ebenso zeigt es sich in sIoq = cdfia (vgl. oben p. 136.) so wie in elaQ, bolq ver (vgl. I. p. 378.), im pf. med. von Irpvfu ist es beim simplex überall durchgedrungen, dagegen ist

über das alte S n. einige damit verbundene laotentwiclcelangen. 299

im compositum ffpawapat das <x geblieben; eine sg. des plusquam- perfectum 8optj*y welche Kühner anfuhrt, existirt nicht, dagegen sind 2. u. 3. sg. foffo, icto regelrecht, in der 3. plur. ilaro aber tritt wieder i ein, desgleichen in eiaxcu, elato von tj/acu (^crnu = skr. Aste) in welchen formen zugleich die Verkürzung des wurzelvocals aus 9 in s beachtung verdient, denn stara«, eorai verhält sich gerade so zu äsate wie elog, img zu yävat, woraus unsere obige annähme, dafs auch digamma in h übergegangen sei, und dies sich in i vocalisirt habe, weitere bestätigung gewinnt, si ist eben in beiden fällen aus <h hervorgegangen; die Schwä- chung des langen vocals ä zu e hat einigermafsen analogie an dem gothischen ai vor h, das aus a hervorgegangen ist; von dem spiritus asper in elataiy der gleich besprochen werden soll, möge man einstweilen noch absehn. In einigen flllen steht das i an der stelle eines zungenbuchstabs, dessen Übergang in <x und von da in der besprochenen weise zu i anzunehmen ist, solche sind «rb. xattvfiai aus Wurzel xad und eltra für id-aa. Wir keh- ren nach dieser abschweifung zur betrachtung von op im inlaut zurück.

Hier kommen zunächst noch einige fälle zur erörterung, in denen a vor p- gleichfalls ausgefallen, dafür aber der vorange- hende vocal verlängert ist, so erscheinen namentlich qpeig, vp$tg gegenüber dem skr. asme, yushme, während in den äolischen formen apps?, vpfug das erste p auf dieselbe weise durch assi- milation entstanden ist, wie in Ifi/u für altes iöfit. Was nun das auftreten des spiritus asper in fjfietg und vpeig betrifft, so hat man ihn im enteren falle bisher gewöhnlich als einen unor- ganischen zusatz erklärt, im letzteren dagegen ihn aus dem skr. y entstanden angesehen. Hat gleich das letztere weniger beden- ken, da ich auch der ansieht bin, dafs zuweilen skr. y durch ihn im griechischen vertreten werde, obwohl in neuerer zeit manche zweifei dagegen erhoben sind, so ist es doch gerade in diesem falle auffällig, dafs der äolische dialekt denselben in äppeg nicht zeigt, während er ihn doch im relativ, in äyvog (wurzel yaj) sowie in cJoa (gojth. je>) vgl. Ahrens diall. I. p. 24. 25. be- wahrt hat. Dazu kommt ferner die annähme des spiritus asper als unorganischen Zusatzes jn w*ei;, denn eine solche darf man nur, wenn gar kein anderer ausweg bleibt, zulassen. Ich glaube daher, dafs der spiritus asper in beiden fällen eine durchaus or- ganische entwicklang sei, dafs er nämlich aus dem a von dcfiW,

£70 Kuhn

vopeeg durch spiration entstanden and diese so entstandene Spi- rans durch metathesis in den anlant getreten sei, welche dann zugleich die längung des vocals herbeigeführt habe*). Ich nehme also für dapeegy vapBeg die entwicklung zu ahpeeg, vhpeeg and von da zu jjpeig, vpeig an. Diese auffassung findet ihre stütze noch in anderen erscheinungen des griechischen, wohin zunächst auch die bereits I. p. 185. 186. besprochene gehört, dafs eine in- lautende spirans oder aspirata ihren hauch auf den anlant über- trägt, worauf entere ausfällt, die letztere dagegen sich zur me- dia* oder tenuis wandelt. Näher aber an unseren fall rückt schon, wenn wir im boötischen iofp = iyciv (Ahrens diall. 1. 168. 206.) sowie in aiqito statt des äolisch- dorischen ayqito (Ahrens diall. 2. 112.) an die stelle der inlautenden media den anlautenden Spi- ritus asper treten sehen, wobei im letzten beispiel wieder das nach unserer annähme ans inlautendem h sich entwickelnde i auf- tritt. Betrachten wir zunächst ta>y, so hat Ahrens (diall. I. § 45. 1.) zweifei an der richtigkeit des überlieferten spiritus aspet» ausgesprochen, die mir aber nicht gegründet scheinen, da Apollo- niüs an der von ihm citirten stelle ausdrücklich sagt: cüÜLa py* xcu idaavrfh], itrei daavvetai yurtferra iv talg drrmrvpiaig, ore nqo g^oo^eWojy ri&evrai, sog, eovf iarr<p, ictvtbv, ioi x. r. X. Die thatsache, welche Apollonius hier anführt, fallt noch nicht mit der angäbe seines falschen grundes, sondern er suchte nur die ihm unerklärliche in die analogie anderer Dille zu bringen. Steht demnach diese thatsache fest, so fragt sich wie das verhält- nifs von icip zu iyc&v aufzufassen sei. Hier ist zu bemerken, dafs griechisches y mehrmals indischem h und gh zur seite steht, wie piyag, mahät, yd, gha, ys'rvg, hanu, iyyvg, anhd zeigen, und es fragt sich ob hier die skr. aspirata oder die griechische media das ältere sei, da für letzteres die regelrechte herabsenkung znr gothischen tenuis in mikils, kinnus, für ersteres die gothische media in aggvus spricht, dem doch aber auch latein. angustus gleichfalls mit der media zur seite steht, während auch das zum selben stamme gehörige ay%i die aspirata hat. Bei der geringen

') In ähnlicher weise bildet das praJcrit seinen plaralis der ersten and zweiten person in amhe and tumhe,'wo das aas 8 entwickelte h statt in den anlant hinter das m getreten ist, tumhe aber noch aufser- dem in dem anlautenden t vielleicht den ursprünglichen charakter die- ses pronomens erhalten, wo nicht, ihn aufs neue prodacirt hat.

ober das alle S u. einige damit verbundene laotenlwickelangen. 271

zahl der hier gegebenen beispiele möchte deshalb die entscheid düng für das eine oder andere mifslich sein und derselbe fall tritt für das pronomen erster person ein, wo neben dem griech. iycS einerseits* latein. ego, goth. ik9 dagegen skr. ah am, send, azem, altsl. az, litt, asz mit einer spirans stehen. Wie aber auch das verhältnifs sein, ob der stamm ah, oder der stamm ag der ältere sein möge, die form iciv ist jedenfalls nur erklärbar durch ein vorangegangenes iW*) und diese inlautende spirans h ist entweder anlautend geworden oder auch »spurlos ausgefal- len, wie das aristophanische ico (Acharn. 864) und im Etym. Af. sich findende icivya zeigt (Ahrens. diaU. L p. 206). Was aber das verhältnifs von cuqbm zu ayqiao betrifft, so muis man aller- dings zugeben, dafs beide vielleicht nur gleiche bedeutung haben, in ihrem Ursprung aber verschiedene Wörter sind, da die annähme, dafs aiqito mit skr. hr, nehmen, identisch sei, mancherlei ein- wendungen zuläfst, weshalb wir es hier ununtersucht lassen wol- len und andere sicherere Wörter, die für unsere annähme spre- chen, betrachten wollen. Dahin gehört zunächst Innog; das skr. a$va zeigt bereits den erweichten guttural, oder genauer die pa- latale spirans an seiner stelle und das zendische a$pa hat dann auch die labiale spirans in die tenuis übertreten lassen; nun scheint es mir kaum anders möglich, als dafs auch im griechischen einst dem späteren Innog ein frohes ihnog vorangegangen sei und dafs dies mit doppelter Vertretung des h in Innog fibergegangen sei, weshalb denn auch das dialektische ixxog, da es aus ixjrog durch assunilatio* entstanden ist den Spiritus asper nicht zeigt. Eine ähnliche doppelvertretung des inlautenden h, wie sie sich hier zeigt, sahen wir aber auch oben bei rjfMig und vpsig, wo die länge des vocals als ersatz des ausgefallenen h auftrat, dasselbe sich aber dennoch als spiritus asper in den anlaut gerettet hatte. Man könnte gegen die hier aufgestellte ansieht vom Ur- sprünge der form Innog einwenden, dafs bisher das einstige Vor- handensein eines dem skr. c gleichen oder ähnlichen lauts im griech. nicht nachgewiesen sei, dagegen an der stelle desselben meist griech. x sich finde, wie z. b. in vixvg gegen nag. Ohne hier aus- führlicher auf die Vertretung von skr. c. im griechischen einsu- gehn. will ich indefs doch einige formen anfuhren, welche dafür

*) in gleicher weise ist novppa tf xijq **<v<K nvyfttf flesych. aas xovhfta durch assimilaüon za erklären; vgl. Ahr. diaU. II. 102.

272 Kuhn

sprechen, dafs auch das griechische in älterer zeit jene palatale erweichung der gutturalen tenuis gekannt haben müsse. Bereits oben habe ich die Übereinstimmung von sanskr. (inj mitgriech. <iifa> nachgewiesen, wo aber auch die deutschen sprachen ein s im anlaut zeigten, so dafs es zweifelhaft sein kann, ob das c. der indischen wurzel nicht vielleicht erst aus dem dentalen s entstan- den sei. In der Verwandlung der themen mit x, % und einem folgenden 1 (y) zu <x<x dagegen, wie &mQy<saa> von &<oQr]Z (-pipc), raQaaaoa von ragaffl, iJggoov (fjxi<?rog), yXvGGwv von yXvxvg, nacGvn von naxvg, iXdatrwv von iXcyvg haben wir den deutli- chen beweis, dafs hier in filterer zeit zunächst eine assimilation der gutturale an das palatale y statt gefunden habe und erst ans dieser etwa durch fj auszudrückenden form kann sich die mit dem doppelten dentalen a entwickelt haben. Daus aber der vor y stehende guttural wahrscheinlich in % übergegangen sei, zeigt sich auch darin, dafs stammhaftes x zuweilen in % übergeht, so steht ivvi%iog neben (n/xr) wie skr. nig, nigä die nacht (Pan. 6. 1. 63.) neben dem volleren stamm nakt und naktä, ferner Xv%vo$ neben htxSqxog, dfxcpiXvxrj u. s. w., Xsvxog und skr. ruc leuchten neben ruc.at leuchtend, ebenso entspricht wie ich glaube griech. i^ffi (VZ0*) Senüu dem skr. aca die himmelsgegend. Die Vermittlung der begriffe ergiebt sich aus der deutschen my- thologie; Grimm hat (myth. p. 421) gezeigt, daüs das echo alt- nordisch dvergmäl (sermo nanorum) heifse, nun finden sich aber unter den im altnordischen aufgeführten zwergnamen gerade die vier haupt winde Austri, Vestri, NorBri, Suöri; die» ihnen bei- gelegte spräche, das echo, wurde daher zu einer bezeichnung der weitgehenden, in denen sie als hüter sausen. Ein anderes bei- spiel der Vertretung des skr. 9 durch griech. % ist die wurzel nag, nang, welcher mit dem Wechsel von n und 1 (wie ihn auch dXXog, any£, &t]Xvg dhenu zeigt) das griech. Xay%af& (Xctx) entspricht. Ebenso zeigte ft(5v in älterer zeit wahrscheinlich den starken hauch im inlaut, wie skr. pagu, goth. faihu, lat pecu wahrscheinlich machen und somit dieselbe entwickelung aus der gutturalen tenuis, die wir in den vorangehenden beispielen be- sprochen; den ausfall derselben ersetzte das 00. Wenn wir aber XJ zu ac werden sehen, wenn j: entschieden zu h wurde, so zweifle ich auch nicht, dafs dem skr. c,v auch griechisches aa und daraus einfaches <x gegenüberstehen könne. Einen solchen fall sehe ich in foog, welches ich dem sanskr. vic,va all, jeder,

über das alle S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 273

jeder vergleiche; dies ist von vic, der stamm, das geschlecht, plur. die menschen abzuleiten, vic,va ist das ihnen zukommeude, ge- meinsame, daher im griechischen worte der begriff der gleichheit und Ähnlichkeit. Die lautverhältnisse betreffend, so wird das einst anlautende digamma, welches sich auch noch im epischen ei'ffog als e erhalten hat, und im hesychischen ßiag, hcog ogiflöV sldxmveg. als ß bewahrt ist, nicht bezweifelt; dafs es auch inlau- tend ein solches hatte, zeigt des Hesychius glosse yiayov, laov; Ahrens erklärt (diall. II. p. 52) das in dieser und anderen glos- sen anlautende y als irrthümlich durch ^ entstanden, worin ich ihm beistimme, nur sehe ich anch das zweite y als auf dieselbe weise entstanden an (vgl. auch Pott etym. forsch. I. 272) und lese j:icpov*)\ so erhalten wir eine fast genau, selbst im accent mit skr. vievam übereinstimmende form, zu der sich das äolische iggoq, das gewöhnliche iaog grade so verhält wie das littauische vissas, altsl. vis? zu vigvas, über welche man Schleicher (die Formenlehre der kirchenslawischen spräche p. 98) vergleiche.

Aber auch ein inlautendes ay welches nicht in Verbindung mit andern consonanten stand, sehen wir in gleicher weise als spiritus asper in ein paar Wörtern in den anlaut treten und auch hier ist ein Wechsel desselben zunächst mit h anzunehmen, wel- ches dann, da es im inlaut unerträglich schien in den anlaut rückte; in ganz ähnlicher weise sehen wir den anlautenden Spi- ritus aaper des Stammes in imogxem in einigen füllen sich mit der muta der praeposition verbinden und sie zur aspirata wan- deln in der form iyiOQxea, welche von Ahrens (diall. II. p. 83) besprochen ist; ihr zur seite stehen die oben (I. p. 184) bespro- chenen iyiakrrig und yidXkca ; die hier gegebene erklär ung denke ich genügt, um die vereinzelte erscheinung, welche Ahrens (a. a. o.) wunderbar schien, aufzuhellen. Solches in der form des spiritus asper in den anlaut getretene a zeigt aber deutlich ev<u, welches dem skr. oshämi (w. ush, lat. uro) entspricht; bei ihm haben wir in dem von Poilux (6. c. 13 § 91.) bewahrten evaava, iyxavpara das inlautende a auch wirklich noch bewahrt. Ob die bacchischen zurufe evoi, evdv, eviv von derselben wurzel stam- men, was das skr. adverbium osham feurig, schnell (Nigh. 2. 15.

*) Ahrens läfet sich über das zweite y nicht aus]; es mufsie ihm um so rSthselhafter erscheinen als er (diall. I. 66.) Xoaos aus .ftfoog erklärt hatte.

II. 4. 18

274

Kuhn

R. a. 8. 6. 27. 3) einigermafsen wahrscheinlich macht, kann dahin gestellt bleiben, jedenfalls hatten sie selbst noch in späterer seit oft den inlautenden spiritns statt e nach lakonischer weise (über ihn Ahrens diali. II. §9.), denn das Etym. M. sagt p. 391- 12. Eviog xal Evtiog 6 JtonHfog, xal ro eig avtbv InUp&wm ev*ot xal wo! xatä A&xwag. Schol. Dionys. in Bekk. Anecd. p. 051. Tb tvoT bHp aLoymg öaaeTav fywaiv h r<p rAsi, ante irra, ti ffl ng t'nrj rb (jyoÖQor ftrevfxa roig ßaxxiaZwaiv a?f*o£t<r. Theogn. in Crameri Anecd. Vol. II. p. 158. 21. ilcwr^ov^ ya* rindig ij &tax6qw vnb oirov ovotjg aloyoi tylovori xal ai ixqrm- ryaeig avrijg' dtb xai in* airwr fo&' ors ro daav nve&pa «lo- ymg h rrj tyywoji ovÜLctßrj ogarat, dg f%M tb wo!, evär, ei'tr. Die thatsache, dafs in diesen Wörtern der inlautende spiritns as- per stand, scheint mir demnach festzustehen, dafs er aus <r her- vorgegangen zeigt die stelle im Etym. M. und Hesychios s. v. evaapa, dracpwnjfjia evaartxot xal ßaxxtxbr iniy&eypa. Ein zweites der besprochenen lant entwickelang angehöriges wort ist ItQog, das ich mit sanskr. ishira1 zusammenstelle. Der eintritt des e vor q erklärt sich aus der natur dieses consonanten, and ebenso das dialektisch statt desselben eintretende a im dorischen iaQog, 'Idgar (Ahrens diali. II. p. 37). Was aber die bedeatung betrifft, so heifst ishira" rege, rüstig, stark, und in leQog hat sich daraus die des göttlichen und heiligen entwickelt, weil diese begriffe in der das menschliche mafs der stärke und kraft weit überragenden macht der götter wurzeln. Wie UQog aus ishira entwickelt sich unser heilig, ahd. heilag aus dem begriffe der unverletzlichkeit (goth. hail, nord. heil, ags. häl, ahd. hail saivus, sanus) also gleichfalls aus dem gegensatz der menschlichen ohnmacht gegen die göttliche Vollkraft. Wie Ugog aber nicht allein von den göttern sondern auch von menschen und mensch- lichen dingen, die weit hervorragen, gebraucht wird, so wird auch dies ursprünglich die allgemeinere bedeutung der stärke and kraft gehabt haben; das zeigen solfehe Verbindungen wie /*£o» örgatog, hgbg M(pQog9 Uq?j ig Trjlepdxoto, Uqov fxe'rog J4lxt*6oto; namentlich dem letzteren gleich ist ishira auch ein beiwort zu manas, Nir. 4. 7. ishirena temanasa sutasya bhaximahi mit starkem geist wollen wir von deinem tränke geniefsen, ebenso findet es sich aber auch grade als beiwort der götter, so ishira ädityah die starken Aditya's (R. a. 2. 7. 11. 1.), ishira devAh die starken götter (R. 3. 56. 8.), ishirah parijmä der starke

über das alte S u. einige damit verbundene lautentwickelungen. 275

schnelle umwandler (d. i. Väyu, der wind R. a. 4. 2. 15. 2), ishiro vätah der starke, schnelle Väta (wind Väj. S. 18. 41.) und wie im Homer länder und städte ieQcu heifsen, so wird auch in den Vedcn die erde ishirä bhümih genannt (R. a. 3. 2. 2. 4). Wei- teres vordringen wird uns die begriffliche Übereinstimmung bei- der Wörter vielleicht noch in höherem mafse zeigen, sie dürfte aber auch jetzt schon dem, welcher etwa noch zweifei wegen des laut wechseis hätte, genügen um die identität beider Wörter als festgestellt anzusehen.

Kehren wir nach betrachtung dieser verwandten erschein un- gen zu jjpsig und vpelg zurück, in denen wir den anlautenden spiritus aus dem im inlaut ausgefallenen a erklärten, so stellen sich zu diesen der offenbar in gleicher weise zu erklärende spi- ritos asper in ypcUy den man, das wort mit skr. äs sitzen ver- gleichend, auch hier bisher als einen unorganischen zasatz ansah. Die 3. sg 7<xrat, tjato könnte freilich damit im Widerspruch zu stehen scheinen, da sie neben dem spiritus asper auch das o zeigt, allein wenn man berücksichtigt, dafs das <x in allen übrigen for- men ausgefallen und jenen ersatz gefunden hatte, so wird man den spiritus asper hier unbedenklich durch die macht der anale- gie der übrigen formen eingedrungen ansehen dürfen; nicht zu übersehen ist übrigens doch auch, dafs im compositum xd&qficu die 3 sg. impf, ixd&qro neben ixd&tjaro lautete, zu dessen bil- dung' doch aber auch das mißleitete Sprachgefühl, welches gleich- sam ein präsens xadi'co setzte, beigetragen haben mag. Endlich stelle ich noch das neuerlich von Grimm besprochene l(MQog hier- her; es stimmt mir zum skr. ishma m. frühling, liebesgolt (Boeht- lingk Un. affixe 1. 143.), indem diesem, wie den substantivis auf raa so häufig, ein volleres suffhc man (vgl. z. b. dharman und späteres dharma u. a.) zugestanden haben wird ; zu dem so vor- ausgesetzten ish^man verhält sich aber IfMQog gerade so wie tfttag zu fj[A*QO>, wobei wir auf den im zweiten artikel besprochenen Wechsel der stamme auf t und r, zugleich aber anch auf das von Benfey in seiner recension desselben (Gott. gel. anz. 1852. stück 55 u. 56) beigebrachte, material, welches viele dankenswerthe er- weiterungen bringt, verweisen können. Die länge des t in IfieQog erklärt sich auf dieselbe weise wie das y und v in rjfisk und vpeig-

A. Knhn.

18*

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II. Anzeigen.

Grundrifs der grammatik des indisch -europaischen sprachstammes von ffl. Rapp.

(Erster band. Stattgart u. Tübingen. J. G Colta'scher verlag. 1852. Xlls. und 255 s. in 8°.)

«Eine übersieht» zu geben «über das was der sprachgeist im ganzen mit nnserm sprachstamme erstrebte und wollte» (s. 16), ist die aufgäbe, welche sich der verf. gestellt hat. Die lö- sung derselben ist naturlich nicht möglich ohne eine gewisse theo- rie über das wesen der spräche und ihre entwickelungs weise überhaupt. Ja der verf. legt das gröfste gewicht gerade auf seine theoretische ansieht. - So mufs es wenigstens scheinen, wenn er sagt: «niemand wird aber meinem buche das zeugnifs verweigern, dafs hier wenigstens eine ansieht durchgeführt ist, und das ist vor der band die hauptsache.» Die durchfuhrung einer an- sieht ist gewifs ihr bester oder einzig wahrer prüfstein, doch nicht das prüfen, sondern das geprüfte, die bewährung desselben, ist die hauptsache. So wollen wir denn den inhalt des vorlie- genden buches darstellen, und dürfen hoffen, dadurch des Verfas- sers ansieht nicht nur deutlich hervortreten, sondern auch ge- wissermafsen sich selbst objeetiv prüfen zu lassen. Wir werden dem Verfasser nicht seite für seite folgen, sondern vom mittel- punkte der sache ausgehend', uns so weit verbreiten als nöthig scheint, und diese gelegenheit erlaubt.

Diesen mittelpunkt des buches haben nicht wir zu bestim- men, sondern der verf. selbst bezeichnet uns denselben, und zwar liegt er in folgendem (s. 17): «Bopp nimmt neben den verbal- wurzeln besondere pronominalwurzeln an, mir aber sind die pro- nomina abgerissene verbal- und nominalendungen. M Dieser pnnkt ist aber auch wirklich der angelpunkt der grammatik $ es han- delt sich hier um die entstehung der grammatischen form und formelemente, um alle lautgebilde, welche an und neben der ver- bal- oder stoffwurzel erscheinen, also auch die der wurzel zur bildung gewisser tempora hinter angefügten silben oder laute (s. 121): «Jeder dieser silben, sagt der verf., scheint in unsern spra- chen eins der ältesten verba zu entsprechen, und zwar verba,

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welche immer sehr absiracte begriffe, wie sein, thun, geheu u. s. w. ausdrücken. Hier ist nnn der punkt, wo die theoretische ansieht der sache in die reinen extreme auseinander fuhrt. Bopp oder die agglutinationstheorie sagt hier, das verbum sein in der wurzel as oder pa wird an die verba gehängt, um die sehwa- chen tempora 'zu bezeichnen. Gleichwie Bopp die flexion aus einer angehängten pronominal wurzel erklärt, mufs er also hier verbum mit verbum verbinden.. Meine theoretische Hypothese über diesen punkt lautet so: «Aus einer seeundären flexionsthä- tigkeit des verbum» (aus der primären gingen die persona lendun- gen und alles was man starke flexion nennt hervor) «sind den verbal wurzeln diese derivationselemente angewachsen, die als ein- zelne Wörter vorher in der spräche nicht vorhanden waren, so wenig als die pronomina, denn die älteste spräche nahm die no- mina selbst statt der pronomina und bedurfte keiner abstracten verbalformen, um die an sich schon fertige" (was heifst das?) «flexionsform zu ergänzen. Was aber die starke flexion durch reduplication nicht mehr erreichen konnte, suchte die seeundäre bildungskraft in diesen suffixen zu fixiren» (dies Wortspiel scheint beabsichtigt?). «Wie aber die flexionsendungen sich später als pronomina von dem mutterboden abgelöst haben und selbständige Wörter wurden, so sind diese abstracten verba sein, thun, gehen aus diesen abgerissenen sufßxen erst hervorgegangen.» Drit- tens endlich, wenn die beiden genannten punkte die eigentlichen formelemente, person und teinpus mit modus, betrafen, ziehen wir nnn auch den namen selbst in betracht und unterscheiden eine längere und eine kürzere form desselben. Es entsteht zu- nächst die frage, welche form ist die ursprüngliche, xvnx oder zvn. Wäre die längere form die spätere, so fragte sich, woher der Zuwachs des r? Mit der betrachtung dieser drei punkte wird die ansieht des Verfassers hinlänglich dargelegt und geprüft werden. Wir beginnen mit dem dritten.

Der Verfasser gliedert den abschnitt über die flexion des ver- bum folgendermafsen: «1) persona Ibildung; 2) genusbildung: ge- gensatz des verbum activum, neutrum und passiv um; 3) niodus- bildung; 4) tempusbildung. » Hier vermifst man die erörterung über die Verstärkungen des Stammes . und die cintheilung der verba in conjugationsclassen. Diese ist beim verf. unter 4. mit begriffen, welches kapitel folgende untcrabtheilungen hat: «tem- pusbildung. Gegensatz des präsens, futur und präteritum. Gegen-

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salz der verschiedenen präteritalformen. A. Das primäre und das secundäre verbum. B. Reduplication: Begriff und bildung der- selben. C. Ablaut. D. Nasalverhärtung. E. Augment. F. De- rivationssuffixe: Gegensatz der primären und secundären verbal- bildung. G. Flexionsverba. Sie sind abgerissene flexionselemeole» (hier werden sie aber erst als suffixe betrachtet, erst später in der selbständigen form; also:) «1) vocalelement i; 2) consonant- dement s; 3) p; 4) t$ 5) k; 6) nasalconsonantelement. »

Aus dieser blofsen inhaltsangabe geht schon hervor, dafs der verf. tempusbädung und stammbildung mit einander- verschmilzt und zwar so als suche die spräche die tempora durch die mo- dificirte wurzel zu bezeichnen. Hieran mufs man denken, um in des Verfassers disposition nicht alle logik zu vermissen. Tre- ten wir nun näher.

S. 109. «A. Das primäre und das secundäre verbum . . . Die verbalform gibt einerseits ursprunglich primäre verba, welche Grimm mit dem bequemen namen der starken ausgezeichnet hat, dagegen aus den damit ebenbürtigen nominalformen entwickelt sich durch Vermittlung eines ableitungsvocals oder einer ablei- tungssiibe die secundäre verbalform, welche bei Grimm die schwa- che heifst. Beide arten von verben flectiren nun mit denselben personalzeichen, die schwache form aber ist ursprunglich um eine, die ableitungssilbe, reicher, welche zwischen wurzel und flexion inne steckt. Die spräche hat aber überhaupt dreierlei mittel, um die temporalbildnng auszudrücken. Das erste mittel ist die reduplication und wo dieselbe abstirbt, als subsidiäre bildungsform der ablaut; diefs ist die wesentliche bildung der primären flexion. Dazu mufs noch die nasalirung der wurzel als ein verhärtungsmittel angeführt werden. Zwischen primärer und secundärer flexion in der mitte steht das augment. Entschie- den der secundären bildung angehörig ist die temporal bildung durch ableitungsconsonantenM (wie das a des griech. aor. I., das b des lat. und das t des deutschen imperf.), «die man darum derivativsuffixe nennen kann.» Dies ist, um es kurz zusa- gen, eine Verwirrung secundärer temporalbildung mit secundären Stammformen, die aber dadurch begreiflich wird, dafs der verf. die tempora durch einen wandel der wurzel entstehen läfst, durch eine derivation. Der verf. unterscheidet an der verbalform nur stamm und person; ersterer ist entweder primär oder deri- virt und secundär. Der primäre stamm gibt die starke flexion, der

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derivirte die schwache. Nach dem verf.- verhält sich rvxp-ay zu xvn wie tvW-w zu tvn oder Xanßavm zu iap. Innerhalb der starken und schwachen flexion gibt es nun freilich grade. Schon der ablaut ist subsidiär; das augment hat nach dem verf. schon die bestimmt ausgesprochene neigung zur schwachen flexion, bahnt den Übergang zu ihr. Ebenso hat diese ihre stufen. «Der binde- oder bildungsvocal» gehört noch der starken an. «Dieser hat mit der derivationsoperation nichts zu schaffen, er ist nur das euphonische medium, das ursprünglich die consonantenreihe vermittelt» (s. 119). Wir hätten diese rein euphonische geltung des bindevocals wohl begründet gewünscht. Bopp war anderer meinung. Schwartze ebenfalls; dieser sah in dem Ihemavocal der verba und nomina den speeifischen unterschied der indoeuro- päischen sprachen von den semitischen und ägyptischen. Der Verfasser scheint in der that die entschiedenheit, mit der er den bindevocal für «nur euphonisch erklärte» bereut zu haben. Denn gleich darauf lenkt* er ein: «Theoretisch aber zweifle ich, dafs wir jemals das rätbsel des bindevocals anders werden lösen kön- nen, als durch den satz: der bindevocal ist ein ursprünglicher theil der flexion, der in den ältesten verbalwurzeln ausgestofsen worden.» Hiermit ist aber nicht blofs das räthsel gar nicht ge- löst ; sondern es wird auch die vorliegende thatsache sogleich in einer auffassungsweise ausgesprochen, die, wenn sie auf anerken- nung ansprach macht, zuvor durch geschichtliche thatsachen be- gründet sein mufste. Die geschiente unserer sprachen aber lehrt gerade das gegen theil, nämlich ein allmähliches Umsichgreifen des bindevocals. Das skr. zeigt darin vorzüglich eine alterthfimlich- keit, dafs es am meisten die bindevocallosen formen bewahrt hat. Die demente aber, «welche die seeundäre flexion produci- ren, sind vocale oder consonanten oder ganze silben. Es sind hiermit die kennzeichen der conjugationsciassen gemeint: «die volle diphthonggilbe ai», welche mit dem bindevocal verbunden skr. aya giebt, und griech. alsaoo, eco, oco erscheint; ferner skr. u, woraus gr. verba auf vpi, lat. uo; als consonantische ableitun- gen sind die laute n und t am wichtigsten, die den stamm er- härten, wie rvmm, daxyo»;» vocal und consonant skr. nu, gr. rv. «Sodann einer indischen silbe na oder entsprechen griechische verba auf njpi, vielleicht auch durch Umstellung die in avea ge- bildeten. Diese nu- und na-ableitung kann aber auch im ver- stärkten stamme stehen und in formen, die die leichte würzet

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verlangen, wieder aasfallen, wie das griechische eXaßov neben ^afißcivco zeigt oder das indische bhinadmi, latein. findo im pcrf. bibheda, lat. fidi. Weitere griechische ablcitungen gehören in die Specialgrammatik.» Hier fragt man sich aber erstaunt, in wiefern wird denn wohl durch diese eingeschobenen consonan- ten und silben nur im mindesten eine schwächere flexion gebil- det als durch den blofsen bindevocal. Wird etwa deixvvfiiy wird findo, jungo schwächer flectirt als lego? Und wenn man sagt: «diese nu- und na-ableitung kann aber auch im verstärkten stamme stehen» heifst das nicht, einen unterschied zwischen ableitung und Verstärkung, indem man ihn ausspricht, auch so- gleich wieder verwischen? Wenn endlich der verf. ausdrücklich hinzusetzt: «Ein wesentliches gesetz ist aber, das schwache ver- bum setzt immer ein nomen voraus, aus dem es derivirt ist», so fragt man, wo ist denn das nomen, welches von tvtztw voraus- gesetzt wurde, von dem es abgeleitet wäre? Wir lassen aber diese fragen fallen, indem wir uns an des verf. Verwirrung se- eundärer flexion mit seeundärem stamm erinnern.

Endlich: «Vom bildungsvocal und vom schwachen verba 1- suffix aber völlig verschieden ist eine dritte classe von derivativ- silben, welche die schwache temporalbildung bewerkstelligen.» Aber worin Hegt denn diese völlige Verschiedenheit? beide be- wirken derivation! «Wie das starke verbum seine präterita durch reduplication und ablaut bildet, so bilden die seeundären verba ihre das präsens negirenden tempora durch besondere derivativ- silben, die zum theil auch wieder auf die ursprunglich starken verba übertragen werden können.» Was zu dieser Übertragung einer ausschliefslich auf deutschem gebiet heimischen erscheinung auf den ganzen indoeuropäischen stamm zu sagen sei, müssen wir dem leser überlassen. Wir berichten weiter: «Diese silben nun erscheinen uns wie gesagt als derivationen,» (also alle aoriste auf g, auf & derivata!) «d. h. als demente, die wir nicht wie etwa die flexionssilben » (d. h. die personalendungen) «unmittel- bar aus der bewegung der subjeetivität des verbalbegriffs erklären können.» Des verf. «theoretische hypothese über diesen punkt» haben wir schon im beginn dieses aufsatzes mitgetheilt.

Der unterschied zwischen seeundärer temporalbildung, ablei- tung und Stammverstärkung ist vom verf. gründlich verwischt, und selbst die gelegentlichen erinnerungen an denselben haben nicht die kraft, das grau dieser ansieht durch sonderung der ele-

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mente aufzuheben. Ja noch mehr, selbst die betrachtung der präsensformen ging spurlos an des verf. Verwirrung vorüber. Der leser hat vielleicht schon gefragt, wo denn beim verf. vom prä- sens die rede sei, da bisher, wie schon aus der angegebenen dis- position hervorging, nur von den «das präsens regierenden» Zei- ten gesprochen wurde. Der abschnitt «F. derivativsüffixe» aber, mufs, wenn er nicht völlig unlogisch seine coordinirte Stellung zwischen «E. augmeut» und «G. flexionsverba» einnehmen soll auf tempusbildung, natürlich auf das präsens bezogen werden, ebenso wie «D. nasal Verhärtung» und «A. das primäre und sc- cundäre verbum.» Nach des verf. ansieht aber liegt die bezie- hung auf das präsens in allen diesen mittein der tempusbildung; denn sie alle bilden eine «das präsens negirende» form. Und ebenso verhält es sich rucksichtlich des futurs. «Futur- und präteritalformen gehen sowohl in der primären als in der seeun- dären form hand in hand, die spräche betrachtet darin nur das nichtgegenwärtige» (s. 1Ö3.). Der ganze procefs der tempusbil- dung besteht also darin «differenzen» (s. 114.) der wurzelform auszubilden, so dafs mit einer form das präsens, mit der andern das nichtpräsens bezeichnet werden könne. Reduplication , ab- laut und nasalirung des .wurzelvocals bilden die primäre flexi cm ; denn sie bewirken «innere qualificationen der wurzel» (s. 117.), wogegen die übrigen mittel, welche in einem an wachs an die wurzel bestehen, nur seeundäre flexion erzeugen. Fragen wir aber, wie kommt der verf. zu dieser theorie, die tempusbildung, durch wurzelwandel vollbringen zu lassen, so ist die an t wort, dafs der verf. neben der personalflexion ein anderes mittel als den wandet der wurzel nicht kennt, nicht kennen will, wie sich besonders klar aus seiner bei rächt ung des präsens ergiebt.

Der verf. bespricht das präsens in « einer kleinen voebetrach- tung ober formen und begriffe (s. 100.), welche er dem kapitej über tempusbildung voranschickt. Wir müssen sie uns näher ansehen: «Hegel» (schaudre nicht, leser!) «spricht irgendwo von den drei dimensionen der zeit, Vergangenheit, gegenwart und Zu- kunft. Er macht aber oft genug darauf aufmerksam,, dafs was wir -gegenwart oder das jetzt nennen, eigentlich ein nicht fixir- barer, verschwindender, mathematischer punkt ist» (es bedarf keines geistes aus der unterweit, um solche Wahrheit zu lehren!). «Die grammatik scheint es nun nicht so genau zu nehmen, wenn sie von einem tempus präsens spricht; allein wahrscheinlich bleibt

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es doch, dafs die spräche zuerst keineswegs das präsens fixirte», sondern die erzählform und die sollforni, aorist und futur. «Am meisten licht in diese materie scheint uns aus der geschiente des griechischen verbum zu fallen. Bei den filtesten starken griechi- schen verben, zumal denen mit liquidalcharakter, hat es wenig- stens für diejenige theorie, welche in der spräche vom einfachen auszugehen liebt» (damit ist die als mechanisch gescholtene agglu- tinationstheorie Bopps gemeint) «sehr viel einleuchtendes, dafs aus wurzeln wie ßaX, top zunächst die futura ßctkm, tafim and die aoriste eßalov, erapov sich bildeten, und dafs die verschie- denen Verstärkungen der grundform zur bildung des präsens, wie die gemination im präs. ßdXkoo, das eingeschobene n in f/pro, das eingeschobene t in tvntto oder die erschwerung durch den diphthong wie in xteiva theiis als derivation, theils als ablaut auftreten, immer aber als jüngere formen denn jene grundform angesehen werden können. Die spräche fixirt also in diesen fal- len das präsens zuletzt. " Und warum hat dies für den Verfasser nicht eben so viel einleuchtendes? Er meint (s. 102): «Diese ganze ansieht der sache führt aber auf ein unseliges dilemma. Ist die einfache form die älteste, so kommen wir mit Bopp auf die agglutination hinaus, und gehen wir mit Grimms satz, im verlauf der zeit kann die spräche nur verlieren, nichts gewinnen, vom ursprünglichen vollen Organismus aus, so müfsten wir for- men wie das griechische Xapßdva) für ursprünglicher halten, als die einfachen Xaß<a> eXaßov. Will man einmal die wesentlich- sten buchstaben eines worts seine wurzel nennen, so wäre sie in diesem falle Xaß\ denn wäre das p ein wesentlicher theil, so könnte es in elaßov nicht fehlen, es ist also ein eingeschobener nasal. Endlich müfsten wir aber auch complicirte formen wie TvcpthjcofAcu für älter halten als die wurzel rwr.»

Hiernach wären wir eigentlich mit dem verf. schon fertig und zwar ganz in der weise, wie wir es dem leser versprochen haben. Nicht wir haben die theorie des verf. widerlegt, picht wir haben ihn auf das dilemma geführt: entweder Bopp oder ab- surdität; sondern er selbst hat es sich gestellt, er selbst hat sich gerichtet. Doch ist es immerhin interessant, ihn weiter in ein- zelne! ten zu verfolgen und besonders zu sehen, wie er sich der Vollstreckung des eigenen urtheils zu entziehen und bei seiner theorie zu beharren sucht Er sagt (das.): «Aus dem Zwiespalt der einfaebheit und fülle des Sprachanfangs können wir nur durch

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folgende methode herauskommen . . . Die Wurzel erseheint uns in einem dualismus, in einer verstärkten und erleichterten gestalt, diese differenz können wir nicht mehr auflösen» (d. h. nach mei- ner theorie löse ich das räthsel, indem ich zugestehe, dafs es unlösbar ist; oder mit andern worien: ich behalte meine theo- rie, obwohl ich gestehe, dafs sie durch eine thatsache offen- bar umgestolsen wird); « wir müssen in vifttm, irvarov die stär- kere, hvnofy rvnm die leichtere wurzelform anerkennen ; in rin* zeig und rvnug haben wir also dasselbe fl ex ions dement, nar ver- schiedene warzelqualität. In lapßdvco erscheint uns eine dop- pelt verstärkte, in Haßov also eine doppelt erleichtertere?) « wür- ze!» («verstärkt» setzt die einfache form als ursprünglich, «er- leichtert« dagegen wieder die entwickeltere, d. h. auf beiden seiteo hinken, den Zwiespalt aassprechen, nicht aus ihm heraus- kommen). «In erwpa aber nennen wir das ableitende s eine se- eundäre oder schwache form, ohne darum darin eine compositum' zu sehen. Wir nennen es die seeundäre organisationsthätigkeit der grundforni.» Du erkennst an, du hast, dir erscheint, du nennst, das mag sein, aber erklärt, erkannt hast du nichts.

Wie in der physiologie die annähme der lebenskraft so we- nig zur erklSro ng der lebenserscheinungen diente, dafs es viel- mehr die Untersuchungen derselben abschnitt, so verhindert auch den verf. die der spräche zuerkannte « flexi onsbewegung und or- ganisationsthätigkeit» an der eigentlichen erforsch ung der tem- pusbildung. Man denke nur, was dabei herauskommen kann, wenn z. b. unter den derivativsoffixen angeführt wird «4) con- sonantelement t", und nun, da t = t ist alle t- laute welche, ab- gesehen von der personalbildung , in der verbalflexion vorkom- men, für dasselbe formelement genommen werden. Der verf. sagt (s. 126.): «Die zweitwichtigste, wo nicht die wichtigste die- ser ableitungen ist das dement t. Sie kommt zwar am frühe- sten als bildung8element der nominalen verbalformen vor, näm- lich des iufinitiv und partieip, und dringt erst später in die ver- bale flexion ein. Der Indier bildet seinen infinitiv und einen theil seiner participien.mit t, der Grieche das verbaladjectiv und einige partieipien, aufserdem aber den aorist (irÜhf*) und mit dem s-ele- ment verbunden das futur (rdty'ffOfiai). » Weiter heifst es dann: «Wir müssen jetzt untersuchen, wie sich das dement t in un- sern sprachen als einfache wurzel» (d. h. als selbständiges, abge- löstes wort) «gerirt. Der ursprungliche begriff scheint die ab-

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stracte form, die unsre Volkssprache durch etwas wohin t Lud, der Franzose durch niettve, der Engländer durch to put ausdrückt. » £iue solche abstraclion, wie sie in den modernen sprachen auf- tritt, wird als der anfang gesetzt! Und wie hängt dieser begrifl mit der anwendung des t in den verbalformen zusammen? davon kein wort. Der verf. fahrt fort: «Es ist höchst wahrscheinlich, dafs das element ta sich in mehrere grundformen in den ältesten Zeiten gespalten hat; der Indier hat neben dhä, wovon dadhami und ii&rjfju stammt, ein weicheres da, das dadämi did<ofii liefert ; diese wurzel ist die erweichung(?) der andern, der begriff ge- ben fliefst leicht aus der grundbedeutung und die formen flie- fsen früh zusammen. » ndvta gell Uns aber kommt es auf feste hestimmtheit an. Doch nicht genug; der verf. meint noch: «Es wäre immerhin denkbar, dafs die wurzel sta, indisch sthä, in vorhistorischer zeit sich aus einer reduplication des ta entwickelt hätte, so dafs das erste t sich aspirirte.»

Ehe wir zur betrachtung des abschnittes über die personal- en du ogen gehen, müssen wir einige bemerk un gen des verf. über etymologien ansehen, welche mit seiner theorie von den stammen zusammenhängt. Wiewohl nach dem verf. «die wahrhafte» grammatik erst mit der flexion beginnt, so schickt er ihr doch als «vorbetrachtung» einen abschnitt voraus «von den dementen der spräche, nämlich den lauten nach ihrer phone'tischen geltung, wo zugleich ihre etymologische bewegung angedeutet werden mute.» Und warum nur angedeutet? «Weil es uns in der gram- matik vorzugsweise um die flexion zu thun ist, wiederholt der verf., so stellen wir die etymologische betrachtung hier voran, um uns nachher ungestört der hauptuntersuchung widmen zu können.» Um dies zu können, hätte die laut! ehre ausführlich gegeben werden müssen. Selbst wenn wir zugestehen wollten, der verf. habe auf wenigen Seiten das wesentliche über den laut- wandel zusammengedrängt, ist etwa mit der betrachtung der ein- zelnen laute die lautlehre erschöpft? Wie viel bleibt noch übrig zu sagen über die weise der Zusammenstellung der laute, über die möglichen an- und auslaute, über die processe der assimila- tion und dissimilation u. s. w.! Wie sehr hängt von solchen eigen- thümlichkeiten der sprachen in der lautbehandlung die gestalt ihrer flexion ab! Doch das ist tausend mal gesagt!

Dagegen zieht nun der verf. in diesen abschnitt über die «etymologische ansieht der sprachlaute» mancherlei über wurzel-

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forschung. An unsere obige betrachtung schliefst sich folgender satz (s. 30.)'- »Das bestreben des etymologen mufs durchaus nicht auf lautarme Wurzelwörter ausgehen, im gegentheil die lautvollste wurzel ist die wahrscheinlichste, nach dem Grimmischen satz. die Sprachgeschichte kaum die Wörter nur abnutzen, die zeit kann der spräche nichts geben, nur nehmen." Wir wollen den verf. nicht drängen, anzuerkennen, dafs dann auch nicht jvn> sondern vvcp&tiQ als wurzel aufgestellt werden müfste, sondern wollen nur bemerken, dafs, wenn man für das latein. frango und goth. brak, brikan eine ursprüngliche wurzel prank annimmt, wie der verf. als beispiel angiebt, man gar nicht die historischen gestal- ten physiologisch davon ableiten», sondern nur als mechanisch darin enthalten nachweisen kann.

Das verfahren des verf. überhaupt theoretisch postulirte grund- formen hypothetisch zu construiren, wie die grundform prank für brechen, takam für das zahlwort zehn, ist nicht nur meist un- nöthig, sondern auch ohne nutzen und höchst gewagt. Es ist dabei vom verf. vorausgesetzt, dafs aller lautwandel nur Schwä- chung sei ; alle in den indoeuropäischen sprachen vorkommenden formen für zehn lassen sich als Schwächungen aus takam anse- hen, d kann in der urform nicht gewesen sein, obwohl sanskrit und zend, griech., latein. und lithauisch übereinstimmend d zei- gen! Denn im gothischen erscheint t, und das kann nie aus d entstanden sein. Dies giebt den ausschlag für die construetion der urform. Wäre uns das gothische unbekannt geblieben, so hätte der verf. sicherlich dakam construirt. Oder vielleicht doch nicht; denn bei dieser ansieht fallen überhaupt alle schwachen laute als unursprünglich fort, und das ganze aiphabet schrumpft bis auf die drei tenues k, p, t zusammen. Ja der verf. hat sich (8. 35.) selbst schon gefragt: «wenn die natur die laute k in p und t abschwächen läfst, folglich die drei grundlaute sich auf einen reduciren, so ist am ende gar nicht abzusehen, wie die spräche nur es überhaupt zu einer differenz gebracht hat. Darauf ist zu erwidern, dieser Wechsel der grundlaute ereignet sich nur in der ältesten anläge unserer sprachen. Zur zeit, wo unsere sechs hauptsprachen sich für sich entwickelo, kommt dieser Wech- sel eigentlich gar nicht vor." Ist das nun wohl eine erwiderung? Thut es etwas zur sache, dafs heute, oder schon seit langem, k nicht mehr in p übergeht? und als dieser Übergang statt fand, da entwickelten sich eben die sprachen für sich.

286 Steiothal

Das Grimmsche lautverschiebungsgesetz erhält nun natürlich nach dieser ansieht vorschreitender Schwächung eine andere ge- slalt (s. 38.): «Nicht alle sprachen sind der aspiration auf gleiche weise geneigt, und nie bewegen sich alle in einer richtung nach der aspiration. Sie entwickeln vielmehr darin ihren inneren Wi- derspruch, dafs sie denselben grundlaut in verschiedenen wurzeln aspiriren.» Das klingt nun ganz, als wenn sich die sprachen gegenseitig zum ärger lebten. Weil die eine hier aspirirt, thut es die andere nicht; sondern thut es gerade da, wo die andere es unterlassen hat. Weil der Römer pro sagt, so sagt der Gothc fra; weil aber jener fer sagt, spricht er ber. Uebrigens wacht der verf. mit ungemeiner eifere u cht darüber, dafs jenes geseiz nicht verletzt werde. So billigt er z. b. nicht, dafs Grimm lat. habere mit goth. gaban, haben, zusammenstellt. Um in diesem falle das gesetz zu retten, construirt er ein paar «Zwillings wur- zeln, worunter er den fall versteht, «wenn eine Wurzelsilbe sich unter einem grundbegriffe entwickelt, sich aber von vorn herein in zwei seilen spaltet und nun in dieser doppelgestalt durch die mundarten fortwuchert.» Solche zwillingswurzeln haben wir schon kennen gelernt in da geben und dha thun, legen, welche beide nur zwei seiten oder auffassungen der ursprünglichen Wur- zel ta sein sollen. So soll es auch eine doppelwurzel kap ge- ben mit denf grundbegriff des besitze«, der sich einerseits im Lat. capio näher als ergreifen, fassen bestimmt, und andererseits im geschwächten habere als besitzen, haben, halten. Mit ersterm hänge unser haben zusammen, mit letzterm unser g£ben; «denn geben ist nichts als haben machen, also das factitivum der Wur- zel." Aber warum ist unser geben, giban ein factitivum?

Von diesen zwillingswurzeln geschieden sind «geschwisterwur- zeln», worunter der verf. den fall versteht «dafs eine grundform von anfang an verschiedene bedeutungen ausdrückt'», was man also gewöhnlich richtiger, wie uns scheint homonyma nennt. Als beispiel führt der verf. drei wurzeln pat auf. 1) Sanskr. pa- tami, mww, wozu auch unser fallen gehören soll, dessen 1 ano- mal aus d erweicht sei; ferner lat. petere, einen anfallen, dann bestürmen, bitten. Unser bidjan, bitten aber sei von Grimm schlecht mit diesem petere zusammengebracht, da es vielmehr mit einem andern pat zusammenhinge, woraus das latein. fateor ent- standen wäre. Dieses pat bedeute nämlich sagen, gestehen (sein bedurfnifs), bitten. Wenn nun aber fateor, wie es doch wahr-

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scheinlich ist, mit fari zusammenhängt, was soll oder welches recht hat die wurzel, fat oder pat? Der verf. stellt noch ein pat auf für das lateinische potis, auch possidere. Wenn nun aber pos die Präposition wäre, and potis, wie geschehen ist, mit skr. pati, nötig auf die wurzel gebracht würde? Des verf. con- structionen sind also doch zu luftig, um nicht lieber als auf sie tu bauen, anzuerkennen, dafs das lautverschiebungsgesetz gele- gentlich eine ausnähme erleide. Will man sie meiden, so mufe man sie wenigstens in anderer weise wegzuschaffen suchen.

Der verf. ist überhaupt zuweilen sehr ängstlich. Er billigt nicht, dafs Bopp unser schlafen, goth. slepan mit skr. swap ver- bindet, weil daneben im deutschen noch formen mit v sind, wel- che zur genannten sanskritwurzel gehörten. Unser wort soll mit dem lettischen sljepti zudecken, sl. slepu blind, zusammenhängen. Schlafen sollte dann wohl bedeuten: die äugen bedecken? So passend und sogar poetisch die Übertragung des verdeckt, ver- hüllt seins auf den blinden scheint, so wenig spricht uns dieselbe auf den schlafenden an; und sljepti dürfte eher zu xqvtttm und xalv7TT<x> zu ziehen sein.

Wir kommen endlich zu den personalendungen. Wirkliche aufschlösse über noch unerledigte punkte wird man wohl nicht mehr erwarten: im gegentheil ist für den verf. da noch dunkel- heit, wo wir schönes licht haben. Die endung der 1. pl. mas ist ihm unerklärlich, obwohl er die vollere vedenform masi kennt. Hierin aber wich und du» sehen, das hiefse vielleicht die agglu- lination anerkennen. Der Charakter der 2. sg. soll st sein; nach der besprochenen theorie, dafs die vollste wurzel die ursprüng- liche sei. Wir müssen aber ein beispiel geben, wie der verf. die pronomina aus den personalendungen entstehen läfst. Nicht alle pronomina sind so entstanden, z. b. gleich nicht ego, aham. Dies sei vielmehr ein flectirtes verbum, ich sage. Diese erklärung des ego will der verf. Lassen zu verdanken haben. Aber z. b. unser ihr läfst der verf. nach seiner zerschneidungstheorie entstehen (s. 66.). Nämlich die Altfranken hätten gebames in raes gebam, dann in mer geben zerschnitten, und ebenso gebates in tis gebat. Die übrigen deutschen stamme «aber haben die form gebates, gebeter so zerschnitten, dafs neben gebet die endung blofs er, ier lautete, und daher stammt unser deutsches pronomen ir, ihr»!

Nach alle dem, denke ich, haben nicht wir den verf. wider- legt, sondern er hat es selbst gethan. Dafs er trotzdem seine

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ansieht nicht aufgiebt, kommt daher, dafs er trotz des entgegen- gesetzten Scheins doch kein gewicht auf eine ansieht legt. Er ineint (s. VHL): «In der grammatik tröstet hei allem antagonis- mos der meinungen, dafs facta, welche hei einer ansieht der sache räthselhaft sind, es meistens auch bei jeder andern bleiben. » Wir schweigen zu diesem trost des verf. ebenso wie zu seiner anfforderung, andere möchten ihre ansieht gleich unverhohlen wie er die seinige zu tage legen. Von den arbeiten unserer jün- geren Sprachforscher, wie Kuhn, Curtius kennt der verf. nichts. Sie mögen sich trösten; denn, es mufs hier schliefslich als curio- sum bemerkt werden, auch der name Wilhelm v. Humboldt ist dem verf. völlig fremd geblieben.

Paris, im october 1852. Dr. H. Steinthal.

Homerisches glossarium. Von L. Diiderlein.

Erster band. Erlangen 1850. (Fortsetzung von band II. 8. 63 ff.)

In diesem zweiten artikel werden wir an ausgehobenen bei- spielen resultate prüfen, welche Dö4erleins glossarium für die innere erkenntnifs der griechischen Wortbildung bietet und end- lich nur wenige einzelne deutungen noch besonders besprechen.

Gehen wir vom verbum aus. Was schon beim flüchtigen durchgehen dieses buches in die äugen springt, ist, dafs D. eine menge von sogen, verba intensiva mit dem ausgange -fco als heischeformen annimmt, theils um minder einfache verbal themata, wie die mit verdoppelter liquida im auslaute oder mit inlauten- dem diphthongen vor einfacher liquida, theils um gewisse formen in der conjugation nicht nur die mit -Gfi im perfectum, mit - a& im aor. I. pass., die adiect. verbalia auf -Grog, die futura mit kurzem vocale vor der endung <tö>, sondern selbst aor. IL wie cfvyuv u. s. f. aufzuhellen, theils endlich um über einzelne scheinbare verbalableitungen und Zusammensetzungen rationellen aufschlufs geben zu können. So setzt er für aioXXco ein <uW£o>, für yeXaaw ein yeXdtco, für pawdg ein pa<?a£a), für nfjyeaifiaXkog ein ntjydtoo voraus. Aber statt dieser formen auf -fo> können nach der meinung des Verfassers (A. 16 u. s. f.) nicht nur, worü-

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ber kein zweifei ist, einzelne solche anf - «ht», sondern nicht min- der häufig die auf -#a> eintreten, ja sogar einigemal formen anf fta> sich entwickeln , indem f in die blofse media übergehe. Was zunächst diesen Wechsel betrifft, so müssen wir bestimmt laug* nen, dafs alle oder auch nur der gröfsere theil der v. v. auf -#o> diejenigen auf •£a> voraussetzen. Wie uns die vergleichende. Sprachforschung (namentlich Benfey und Gurtius) gelehrt hat, bil- den diese formen auf -&o* eine ganz eigene und selbständige art, welche offenbar auf einer innigen Zusammensetzung der wurzel oder des themas mit einer zweiten wurzel, nämlich mit der W. #e, wovon wftypi, beruht. Wir machten oben und sonst mehr- mals darauf aufmerksam , dafs ursprünglich einfachere wurzelge- stalten schon sehr frühe sich aufs neue kräftigten und gleichsam versinnlichten durch composition mit frischen bedeutsamen de- menten, die eine nicht besonders modificirte thätigkeit bezeich- nen: und niemand wird heute noch läugnen wollen, dafs skr. cudh und cubh beide aus der w. cu für cvi entstanden oder dafs yudh, wozu v<5\ilvr] gehört, nur ein durch dh verstärktes yu sei. Zuletzt hat sehr scharfsinnig, aber leider, weil das der nächste zweck so erheischte, zu knrz und fragmentarisch Ben- fey in seiner sanskritgramm. s. 141 über solche neuen bildungen gesprochen. Im griechischen ist dieser znsatz -#- oft unmittelbar an die wnrzel getreten und aufs engste mit ihr verwachsen, oft bildete der conjngationsvocal ein recht geschicktes band. Wir möchten unter diese klasse auch Wörter wie latein. fundo, goth. giuta rechnen, weiter gebildet aus hu, fy\ für tendo nimmt Dö- derlein allerd!ngs eine heischeform revi^co an; aber dazu zwingt nichts. Vergl. auch Potts etym. forscti. II, 667 ff. Dafs v. v. anf -<r<rw oft solchen auf -fo> gleichstehen, ist unläugbar, aber ein durchgang durch letztere formen nicht ohne weiteres zu sta- tuiren, und überhaupt theilt sich die masse der v. v. auf -tftxo) in mehrere zweige, die sorgfältige Sichtung erfordern. Znm beweise, dafs - £- oft unmittelbar in die media ö übergehe, werden in dem buche mehrfache beispiele angeführt, und auch in Lob eck 's reichem rhematicon finden wir darüber winke und andeutungen *, aber jedenfalls sind nicht alle diese beispiele treffend und andere werden durch analogieen auf einem weiteren Sprachgebiete min- destens sehr zweifelhaft. So sollen fiBldew aus dpaki&i* und fydeiir aus (teffiw entstanden sein: das skr. nun schon? dem eine bildung auf -£ci? in dieser gestalt völlig fremd ist, bietet ein mrd II. 4.

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in der bedeutong terere, fricare, und dieser w. entsprechen so genau als möglich slav. mlad, ags. meltan, und ahd. melzan steigt sich in malz. Nicht so leicht ist allerdings die erklärung von Iq6<o neben <5e?a>. Ahrens in seiner j Angst erschienenen auf •feine und tiefe Forschung gegründeten griechischen formenlehre nimmt hier ein igadew und ausfall des ff an; aber die Lösung der frage ist darum unbestimmt, weil ein unmittelbarer Übergang von gutturalen in dentalen nicht unerhört ist, ^egd also auch aus ^EQy entstehen konnte. Die eigentliche würzet von <fo'£sir ist eben unzweifelhaft jreQy = skr. vrj, woher ürj «die stärke»; und fyyto ist nicht, wie der verf. meint, erst aus Iq^oi abgeleitet. Jedenfalls durfte D. dieses verbum £*£> und ihm ähnliche als $t£w «färben», xqu&w u. s. f. nicht auf eine liste mit seinen in- tensiven setzen: wie denn überhaupt von ihm nirgends mit rech- ter schärfe geschieden ist zwischen den denominativen auf -fco und denen, welche unmittelbar aus der wurzel mit den endun- gen -d£a> u. s. w. entsprungen oder das f, <xa, wie ?«£«>, ?*'£«>, ttgacam u. s. w. durch einen ganz eigentümlichen procefs sich entwickeln liefsen. Die annähme von v. v. intens, auf - zur erläuterung von v.v., deren themaauslaut eine doppelte liquida oder die im stamme einen diphthongen «*, ei u. s. f. zeigen, ist völlig unnöthig und unwahrscheinlich, indem sich solche formen aufs einfachste durch Versetzung oder assimilation eines der wür- zet ursprünglich nachschlagenden i, j, erklären lassen, eines i, das ganz ähnliche funktionen hat als # und ebensowohl denomi- nativa als unmittelbar abgeleitete neue verbalstärame bildete. Wurde dieses i consonans, so wird es zugleich damit ein im aus- gebildeten griechischen vermiedener laut, wird darum in seiner eigentlichen gestalt verdrängt und irgendwie am gleichen orte oder durch Verschiebung ersetzt. Ueber sämmtliche verschiedene arten dieses ersatzes zu sprechen haben wir nicht nöthig, da aufser andern Schleicher in seinen sprach vergleichenden Unter- suchungen I, s. 36ff. dieselben sehr einläfslich behandelt hat. Na- mentlich häufig ist nun der fall, dafs sich j einer liquida assi- milirt oder dieselbe überschlägt und einen diphthongen bewirkt: so entstehen dann formen wie aioUw, cuxdXkoo', ?eiVa>, xzetV«), ßaipco, q>aiP(of cnaiQto u. a. Ueber dieses i oder j, welches sich unmittelbar an verbalwurzeln anschliefst oder denorainativa bildet, vergl. aufser Bopps vergleichender grammatik s. 1057. auch Ben- fey's behandlung in seiner sanskrilgrammatik s. 105. Nur inso-

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fern schlügt des verf. deu längs versuch nicht ganz fehl, als die- ses i. j nicht sehr weit abzuliegen scheint von demjenigen, wel- ches in wirklichen v. v. intens, and einigen denominativen anf -£o> zu gründe Hegt, sofern Bopp recht hat, sie auf die zehnte conjugationsklasse des sanskrit zurückzufahren and also das griech. C auch in diesem falle dem skr. y gleichzusetzen; ein hauptun- terschied aber liegt darin, dafe die in frage stehenden v. v. ihren Zusatz nicht über das imperfectuin hinaus spüren lassen. Ein sol- ches i. das , wie in tdXcura, j^geipa u. a. über die liqnidae hin- weg in den stamm eingedrungen, sehen wir nun auch in deiQa und in aiQOfiai, welche verba nicht, wie der verf. thut, mit ein- ander vermengt werden dürfen. Das et in tjsiQa ist natürlich nicht dasselbe als im präsens; sondern im aoristus ist e nach all- gemeiner regel und zum notwendigen ersatze für das ausgefallene <r, das echte zeiehen dieses tempus, verlängert, wie in JqyyeiXa u. a. Ahrens gr. f. s. 226., a. 1. Wir nehmen von anm. 16. anlafa hier noch einige andere wortformen zu besprechen. Na- mentlich unbefriedigend erscheinen un6 die beiläufigen Bemerkun- gen aber lateinische Wörter, wie denn überhaupt Döderlein6 an- schaunng und urtheil über diese spräche uns nie gefallen wollte. Plectere, dietare, lacessere, prensare dürfen nicht ohne weiteres unter einen hat gebracht werden. Plectere, nectere, t/xt*w, xQVTtretp u. 8. f. haben scheinbar nur zur stütze und zur ffillung des themas im iraperfectum ein t angenommen, ein t, welches kaum schon ursprünglich bedeutungslos war, noch weniger aber, wie das Ahrens und andere annehmen möchten, aus dem oben besprochenen j hervorgegangen sein wird, sondern wohl als zei- chen eines nominellen dementes übrig geblieben ist, aber als sol- ches sehr zeitig aus dem bewufstsein der spräche verschwand. Vgl. Benfeys sanskritgr. s. 144; dietare, prensare u. a. , das sind echte intensiva, und diese bedeutung ist auch für uns noch klar in der form ausgedrückt; denn wie Pott längst richtig gesehen hat, sie bezeichnen, abgeleitet vom part. pass., «die schon vollen- dete thätigkeit noch einmal ausüben. » Die v. v. auf - essere nen- nen wir immer noch am passendsten mit dem alten namen der meditativa. da sie ganz auffallend verwandt sind mit dem indi- schen und griechischen futurum auf sj und kaum weit abstehen von den gewöhnlichen desiderativa auf tii-rio, sü-rio. Latei- nisches terrere wird in derselben reichen anmerknng unmittelbar aus raQdöaeiir gedeutet und soll sein gedoppeltes r einer syncope

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verdanken. Aber ra^dacco ist offenbar eine Weiterbildung und zunächst gleich ra^a^-jo>, während terrere einfach dem causati- vum der sanskritwurzel tras «tremere°, griech. tqb(c)co entspricht, rr also, wie mehrfach im lateinischen, ans rs hervorgegangen ist: so in torreo, causativum von jegaopai, skr. trsh, and in horrere skr. hrsh. Ob ans nicht diese und andere beispiele berechtigen, sogar currere ähnlich zu deuten, d. h. ein cars, eure vorauszu- setzen? Doch kehren wir zu unserer aufgäbe zurück, Döderlein nimmt wie gesagt oft v. v. auf -£a> an, um gewisse themata und formationen in der conjugation zu deuten. Am auffallendsten ist uds in dieser beziehung die s. 138 gemachte bemerkung. «Aus den v. v. auf -fco entwickelt sich häufig im aor. ein -yeir; denn nach meiner ansieht ist cpvyelv von neq)v£<6g, <5xvyüv von <rrv£eir, öTv^aifAi, (paystv von cpd&ir, oq>d&w, xQayeiv von xQa&w, ixQa^a, &iyeit> von ori&iv, <m1;cu, iqvyuv aus qv&iv9 ebenso demnach von *rd^eip = OQsyea&ai der reduplicirtc aoristus rerayoiv gebil- det. «Und in der beigegebenen anmerkung 107. wird dann qpet/- yeiv durch metathesis aus yvyeew, iqsiyuv aus igvyssiv erklärt. Andere scheinbare belege für solche ent Wickelung des aoristes finden sich s. 193 n. a. a. o. Bis anhin nahm man, und wie es weitere analogieen namentlich im sanskrit bezeugen, mit allem rechie an, dafs der sogen, aor. 11. die einfachste und der wurzel am nächsten stehende gcstalt des conjugationslhemas darbiete, während das imperfecta m seiner bedeutung völlig angemessen, dieses thema strecke oder innerlich kräftige. Vgl. Curtius in sei- nen beitragen und besonders in der zeitschr. für vergl sprachf. 1. s. 259 ff. Die würzet cpvy (aor. cpvyetv) entspricht lautlich und

' dem sinne nach vollständig dem skr. bhuj, goth. bug (biuga) und •£- des präsens ist entstanden aus gj, wie sich das in fugio noch klarer erhalten hat. Und yayeiv werden wir kaum geneigt sein vom skr. bhaksh zu trennen. Ist von dieser selben würzet auch die buche arbor frugifera um der ekern willen benannt, wie das kaum im ernste angefochten wird, so ist der g-latit derselben als uralter in den verwandten sprachen vollends erwie- sen. Ob &iyew mit ari&iv zusammenhange ist überhaupt sehr zweifelhaft; aber diese Zusammenstellung als richtig zugegeben, so ist eben auch in atiy die gutturalis eine recht feste, erstreckt sich über das lateinische (stinguo) und die germanischen spra- chen (slSchan etc.). Dasselbe gilt von BQsiym , dem die wurzel

$vy, skr. ruj zu gründe liegt, dasselbe von ray reraymp, wie das

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latein. tango ond gothiscbes tlkan sattsam zeigen. Wie aber, angenommen, Döderleins meinang über diese aor. II. auf -yeip wäre stichhaltig, wie soll nun aus qwye'eit (eine form, die über- dies nicht die ursprüngliche ist, als welche vielmehr apvyhv an- zusehen ist) ein cpevyco entstehen, in welchem dann der bindelaut oder conjugationsvocal doppelt enthalten wfire? Denn es existi- ren eben nicht nur die infinitive cpsvyew, igevyeiv u. s. f., sondern auch qptv/oo, cpevyoipi, cpevywv, welche nach diesem für cpovy<o u. 8. w. stehen müfsten. Oder sollte gar der infinitivus, dieses nominelle dement des verbums, diese abstraction, dominirenden einflufs über die conjugation erhalten? Doch wollte man auch noch zugeben, der diphthong ev stehe eben in einigen formen für ov, wie das allerdings die sprachvergleichende forschung im per- fectum myevya wird annehmen müssen, so widersprechen immer noch laut die germanischen verwandten; denn für ein gothisches biuga müfste man einen hilfsaorist erst noch schaffen oder gar so unpatriotisch sein zu behaupten, es seien solche formen im germanischen dem griechischen erst nachgebildet. Endlich dürfte man auch die vollendete sanskrlä gegen D. ins feld rücken las- sen. Kurz die vergleichende Sprachforschung hat uns gelehrt die formen hübsch fein aus einander zu scheiden und wir dürfen mit voller Überzeugung bei dem durch die umfassendsten Unter- suchungen begründeten und bestimmten zulaute festbleiben. Es sind aber besonders die futura mit kurzem vocale vor der en- dung - (Jco, die perfecte mit cr/tt» die aor. mit o&, die adiect. verb. auf - orog, die fast jederzeit ein verbum auf - £a> voraussetzen sol- len. Diese annähme ist in manchen fällen sehr unsicher, d. h. es treten ihr andere wenigstens gleichberechtigte hypothesen zur seite, in vielen entschieden falsch. Der verf. achtete leider nicht darauf, dafs eine gar nicht so seltene Wurzelgestaltung die ist, dafs den ursprünglichen einfachen elementen ein s zutritt, dessen natur wir hier nicht näher untersuchen, oder dafs eine wurzel schon von anfang an mit s schlofs, welches 8 aber im griechi- schen nach dessen eigentümlichen lautgesetzen zwischen zwei vocalen leicht verschwand, dafs endlich die fraglichen v. v. gar nicht selten denominativa von Substantiven auf og, eg sind. Das alles ist für das griechische durch Ahrens mit grofsem Scharf- sinne ins licht gesetzt worden. In andern Wörtern mag aller- dings, wie das schon Pott im zweiten theile seiner etymologi- schen forschungen angenommen, -f- eingewirkt haben, oft aber

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auch andere Zahnlaute, wie sie gar häufig als wurzelfeatigendc vorkommeD. Ob jedoch das hier erscheinende a immer aus einem elemente des Stammes erklärt werden müsse, das ist eine noch ungelöste frage: und wäre es sicher, dafs das nicht absolut erforderlich sei, dann müfste erst noch der zweifei gehoben wer- den, ob <r eine rein lautliche einschiebong wr Stärkung der silbe, wie 1/obeck und Curtins es sUtuiren, oder ob es ein bedeutsames und wesentliches element sei, wie Bopp, Benfey und Ahre&s, je- der in etwas verschiedener weise, aber alle mit dem gedenken an würzet as, eg9 «sein» es aufstellen.

Döderlein setzt ferner solche formen auf - £» voraus für eine weitere Wortbildung, zunächst für die bildung neuer verbal- stamme, wie wir das theiiweise schon oben berührten. Hier er- wähnen wir nur noch, dafs er auch die stamme auf -gm in die- ser weise erklären mochte, (X/iifj«w, rffjpiy, <sxtpcqti¥ u. s. f. und zwar so, dafs sie durch ein adiect. verbale atficottog u. s. f. hin- durchgegangen seien, in welchem falle wir denn doch eher ein opj/yocD au erwarten hätten. Uns dünkt diese annähme, die Döderlein mit dem gewohnten Scharfsinne aufstellt und «i be- gründen sucht, zu kühn; eher liefsen wir uns sagen, % sei in die- sem falle aus 0 entstanden; aber vor allem ist uns am wahrschein- lichsten, das seien eigentlich inchoativformen, so dafs % für <fx stehe, wie dieselbe omwandelung von <rx in % in deminutiven auf -go? nicht zu läugnen ist. Unter den adiect. kämen zunächst die adiect. verb. auf - arog und unter den Substantiven die mit <r vor der endung in frage; diese hangen so nahe mit schon bespro- chenen verbalthemen zusammen, dafs wir sie hier füglich über- gehen dürfen. Nur dafs sei erwähnt, dafs das griechische in die- ser einschiebung des 8 nicht allein steht; vgl. Bopp's vgl. gr. 1124. anm. *** Aber Döderlein dehnt das reich seiner inten- siva viel weiter aus, indem er sie nicht nur Substantiven auf -oft, -td, -rox, ~jr\$ zu gründe legt, sondern auch einzeln denen auf -01 und «, also nicht nur dfioißdg, paivag, dxig, Vertex, son- dern auch rdotg und fiijtig so zu erklären versucht; und eben- falls aus einem solchen v. auf -afco soll ürjyaaog entsprangen sein. Verbaladjectiva von formen der art werden Substantiven auf ~X*Hog nnd X'M &k Voraussetzung gegeben, ähnlich wie den v.v. auf -/o», und auch cdyaviti wird auf dixtog von dtaam == <M> zurückgeführt. Aus dem gebiete der adjeetiva fuhren wir noch an, dafs selbst tavg(v) unter ein icw&ir gebracht wird. Wir

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dürfen uns nicht vergönnen alle einzelnheiten in verfolgen and begnügen uns damit nur wenige bebpiele zu besprechen. S. 88 sagt D.: der stamm pao», pspoo»? bildet von seinem verbale *IAaer6g ein intensivum * fiqTiXso&cu, und davon fiijTig. Hier be- darf freilieh die vergleichende Sprachforschung keiner, heischefor- men. Dieses suffix ti, si kommt im sanskrit, im slawischen, im lateinischen, im deutschen wieder vor, und überall ohne eine spur von solchen v. v. auf t'fo>: ^ujtig steht vom skr. mati und vom lateinischen menti nur durch seinen langen vocal ab, dessen deutung gerade in diesem worte nicht schwer lallen wird. Als ganz dasselbe wort mit fAtjüg sehen wir pdrrig an, und hier fin- det sich nun av der wurzel statt des 9. Die Vedenforschung hat uns gelehrt, daß das sufüx -ti nicht durchaus auf abstracta be- schrankt ist, und gerade matl heilst in den helligen liedern bei- des: «geist, gedanken» und daneben «weiser». Vergl. unter an- dern Benfey's glossar. zum Sämaveda u. d. w. oder Weber Väjasaneya-Sanhitae specialen etc. part pr. s. 11. Sehr gezwun- gen scheint uns dagegen die deutung, welche Döderlein diesem worte gibt s. 90: «von dem verbale pcuterog (sie) entspringt das substantivum pdvtig, syncopirt aus patron??, wie rtjavig au6 ny- dhyg.» Mehr schein für sich hat es, wenn die doch fast durch* gehends weiblich gebrauchten substant. auf -ag (aö)> - ig (tu) etc, von v. v. auf -*£«» -ata> hergeleitet werden; aber wir meinen, das sei in der that nur schein. Um z. b. \utivig zu erklären, schafft der Verfasser vorerst ein ftawd&iv, abgeleitet von dem präsens- stamme ficuropai, der nach seiner theorie selbst schon ein fiavl- £ew voraussetzte. Ob D. auch zur erläuterung von naiQid ein jrttr(u£a>> zur deutung von avtyrQid ein avhjTQit<a9 von dlexro- $id ein dlsxtOQita annehmen will? kaum, und es müssen wohl auch die lateinischen feminina auf -tric ohne solche verba beste- hen können. Laugst hat die vergleichende Sprachforschung er- kannt, dafs im griechischen häufig -ad und -i# den skr. femini- nen auf ä und i entsprechen, wenn auch das zugesetzte d und Utein. c noch einer vollständigen aufklär ung harrt Unsers Wis- sens hat die sacke am ausfuhrlichsten Curtius behandelt in sei- ner reichen erstlingsschrift de nom. Graec. formatione p. 6 seqq. Selbst lateinisches Vertex wird aus einem aeora&i? gedeutet und imbrez. aus dfiagd^eip. Endlich wollen wir noch, um mit den beispielen von Substantivbildungen aus solchen verba abzuschlie- ßen, erwähnen, dafs auch Ilnyaoog von ir^yafw kommen soll.

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Aber am vieles wahrscheinlicher ist die ansieht Kuhns und Cur- tius', von denen ersterer mit Zustimmung des letztern dasselbe in dieser Zeitschrift I, 461 aus einem neutrum nijyag gleich skr. pä- jas. stammen läfst, wie etwa rabhasa im sanskrit von rabhas sieh bildete. Dieser erklärung steht das nicht entgegen, dafs päjas in den veden, was der umsichtige Roth behauptete, nie etwas an- deres bezeichnet als die «fufsspur». Ueber das adiect. vavg heilst es 8. 132 bei Döderlein: «das adiect. rcaig, fieyag, nokig im He- sychins ist von rav£eip, ravoag.» Allererst ist zu bemerken, dafs tavg jedenfalls nicht so unmittelbar mit tdeiv und reivew zusam- menhängt als Döderlein annimmt. Schon Curtins in einem auf- satze über die neuesten oskischen forschnngen in derzeitschr. f. klass. alterthumsw. 1847. no. 49 ff. brachte dieses adjektivnm zavg ganz richtig unter die weitwirkende sanskritwurzel tu crescere, augeri, zend. tav «können» und setzte es in Zusammenhang mit dem lateinischen tötus, welches ein partieipium des causativums scheint (vgl. diese zeitschr. I, 560). Man durfte zunächst tavg mit skr. tavas «macht, gröfse» in dasselbe verhältnifs setzen, iu welchem ijdvg zu qdog für ijfiog, ÖQaavg zu öodoog, evqvg zu WQog stehen nach Ahrens gr. f. s. 143. Aber damit ist nicht viel gewonnen, während die sache schon klarer wird, wenn wir diese adjeetiva mit den gleichgebildeten im sanskrit vergleichen, wo sie ebenfalls oxytonirt sind. Benfey in seiner sanskritgramm. 8. 157 erklärt dieses u gewiüs mit recht als ein gröfstentheils aus uvat entstandenes.

Wie einer menge von nominalbildungen verba auf -£<» oder ihre adjeetiva verbal, zu gründe gelegt werden, so wird von Dö- derlein, nur in etwas beschränkterem umfange, auch in der er- klärung anderer Substantiv- und adjeetivformen verfahren: so sind ihm Ipag (ipavr) von *ifiaiv<a, adapag {ädafiavt) von *da- fiaivco gebildet, anaiva von einem *axaiveiv, ^eyoivtj von einem *fA6veiPt» gleich psveeuvew und daraus contrahirt mit ausfall des mittelsten yocalesj SdfioQ kommt ihm von *dafiaiQeu>y alecoQy von *dXecuQeu> u. a., kurz auch hier tauchen eine masse von heischeformen auf, die uns völlig unnöthig scheinen und, wären sie da, als denominativa gelten mufsten, wie die ähnlichen ver- balgestalten schon längst von Bopp gedeutet sind. Vgl. Bopp's vergl. grammatik p. 1057. Ueber die einzelnen Wörter treten wir nicht ein, weil sie zum theil in dieser Zeitschrift, zum theü anderswo schon genügend behandelt sind, besonders machen wir

anzeigen. 297

noch aufmerksam auf Benfeys einläfsliche recension dieser zeit- scbrift in den gdttinger gel. anzeigen vom jähre 1852, p. 513 ff.

Von den übrigen Substantiven and adjectiven erhalten man- che eine eigentümliche erklärung, und auch da ist der Scharf- sinn und die umfassende gelehrsamkeit des Verfassers nicht zu verkennen; aber auf vielen stellen eröffnete die vergleichende Sprachforschung neue blicke und nöthigt uns Düderleins resultate für ungenügend zu erklären. Die neutralen substantiva auf -og und die adjectiva auf -tjg erklärt er fast durchgehende aus einem oft erst neu geschaffenen adjectivum verbale, so aXyog aus äXs- yetov von oU/st?, fievog aus fievstov, de'og aus desrov, tjdog aus yderov, ddog aus daetop u. s. f., vgl. besonders anm. 103, über die adjectiva auf -yg aufser den einzelnen manigfachen beispielen auf s. 77. 96. 98. 144. 150. 151. besonders note 101. Und für die erklärung dieser reichen gebilde wird eigentlich nur ddxsrov ne- ben ddxog angeführt. Dagegen spricht vor allem die bedeutung der substantiva und die nothwendigkeit wieder eine gewaltige masse von heischeformen anzunehmen, heischeformen , in denen darchgehends recht willkürlich ein bindevocal eingefügt wird. Die bildung auf -wog hat sonst im griechischen andern sinn; sie drückt, wie die entsprechende sanskritische auf -ata ein fut. pass. aus: so hat Rosen in seiner ausgäbe des Rigveda p. VIII. sehr passend bei skr. darcata an griech. aQideixerog gemahnt; vergl. Benfeys sanskritgramm. $. 144, XVII. Die form ddxsrof statt Ödxog ist zwar wohl dieselbe mit noch nicht bestimmt modificir- ter bedeutung; denn im gründe scheint -ata, -ero nur ein in die vokaldeklination übergegangenes participium imperf., also nur eine andere gestaltung des vollen -anta (bei Benfey 147. XXXV.). Aber eben dieses, dafs auch die seltenen formen auf -ezog keine adjectiva verb. im gewöhnlichen sinne sind, dafo das einzige zum beweise angeführte beispiel eigentlich nur ein erweitertes part. imperf. ist, spricht für eine ganz andere auffassung der substantiva auf -off, skr. -as, latein. -us, goth. -is in rimis, sigis, für die auf- fassung nämlich, dafs sie aus dem suffixe -at ihren Ursprung ge- wonnen. Das hat denn auch Kuhn in seiner trefflichen abhand- lung «über das alte S und einige damit verwandte lautent Wicke- lungen» in dieser Zeitschrift mit gewohnter klarheit und mit einer fülle von material ausgerüstet durchgeführt. Sind aber diesubst. auf -off nicht aus adj. verbal, entstanden, dann auch nicht die adj. auf -qff. Denn im ältesten sanskrit existiren nicht seltene

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einfache adjectiva auf -as, nentr. -as, die nur durch den acceni indem sie wie im griechischen oxytona sind tob den gieicb- gebildeten Substantiven sich nntencheiden: so finden wir neben apas = opus ein apis, neben sahas, goth. sigis, ein sah** n. dgL, und im latein. ist ein schönes beispiel für dieselbe eotwickeAnng venös, eris neben skr. vanas (vgl. in dieser zeitschr. I, 321), und wohl auch Ceres, Cereris, was, wie ich eben bemerke, schon Ebel « starke und schwache formen griechischer und lateinischer nominan in dieser Zeitschrift 1,292 so gedeutet hat. Wie iui griechischen, so sind nun allerdings auch im sanskrit diese adjec- tiva auf -aa, -as mehr in Zusammensetzungen üblich, aber in so- genannten composita possessiva, die am einfachsten mit «habend" aufgelöst werden, indem man eben einem persönlichen oder per- sönlich gedachten . wesen eine näher bestimmte eigenschaft beile- gen will. Dafa aber namentlich im griechischen za den adiect. auf ijg bei weitem nicht mehr alle snbst. auf -og existiren, ist einer- seits nicht von so hoher bedeotung, anderseits darf man ge- wifa nach den analogieen im sanskrit annehmen, dafa dieselben einst in viel reicherem mafae vorhanden waren. Auch abgesehen von der ansieht ober die bildungs weise dieser Wörter irrt Döder- lein bei einzelnen in ihrer dentung. In anm. 103. will er räpotf aus picpetog erklären, also vitpog von riqxo herleiten: das ist eine möglichkeit, wenn piyog, skr. nabhas, slav. nebo einst mit s an- lauteten; denn dafa dieser anlant in ytqx» n. s. w. geschwun- den ist, bezeugt uns gothisches snaivs, unser schnee, welches hier das griechische und lateinische an alterthumlichkeit über- trifft, wie in «schnür», wog und nurus u. s. w. Aber gesetzt auch fiyog habe einst apeepog geheifaen, wie porog, aporog, (uIq- tfiva GfMQifiya u. s. f., so ist jedenfalls in riqxo die ursprüngliche wurzelgestalt ganz anders modificirt als in teqiog. Das wort Ireg soll von elrai, ic/ii stammen und gleich laog9 iaezop sein. Aber Stog ist ja anerkannt digammirt, während die wurzel as keine spur solches anlaute« bietet; denn wenn sie Döderlein für die- selbe hält mit vas, visan, vesan, so beruht das auf einen irr- thum. 'Piog für GQSfog stimmt ganz trefflich mit dem partidpinm <Wb* för $eovr, aber schlecht mit gvtov u. s. f. Auch die endung -ti\g soll unmittelbar aus adjeet. verb. enstanden sein. S. 20 wird, von einem adjeetivum verbale curog ein aitrjg' ntm%6g gebildet, 8. 71. aus dXqrög aX^rtjg und so hin nnd wieder. Ueber das suff. ~ti\q äufsert sich unsers wissens Döderlein in diesem buche nicht,

anzeigen. 299

wenigstens ans ist nicht klar, in welches verhältnifs er 8. 14. doQTtJQ zu doQJtjfaie bringt. Der weg, wie -rtig ans' -ttjq ent- standen sein könnte, ist von Bopp sehr scharfsinnig gewiesen worden, und seine meinnng, es sei •«/£ aus dem alten t6, dem nominativ von tar, hervorgegangen, haben Gurtios und Ebel als richtig angenommen. Dürften wir durchaus zustimmen, dann raüfete Döderleins ansieht über diese bildung ohne weiteres ver- worfen werden, da sich diese suffixe tar, lat tor, ter, Tcoq, triQ u. 8. f. sehr ungekünstelt auf eine verbalwurzel zurückführen las- sen, nämlich auf die w. tar, tr, vergl. Aufrecht Kirchhoff in den umbr. sprachd. s. 162. Man kann wohl dafür, dafs riyv ttjq sein könne, die form fMQzvg neben fidgrvQ anführen 5 aber in diesem vereinzelten beispiele sind nicht beide gestalten durch- gedrungen, sondern mischen, sich , wie die sanskr. krdshtu und kröshtr; anderseits ist es auffallend, dafs nur -iijg, nicht aber -tijq, -ig>q verwendet wird bei der ableitang aus einem nomen, am meisten bedenken aber, beide bildungen als die gleichen an- zusetzen, machen. uns die von Pott in den etym. forsch, ange- führten analogieen in anderen sprachen. Diese lassen uns aller- dings in -ttjg ein dem suffixe -rog, mit dem das adjeet. verbale gebildet, verwandtes sehen, berechtigen uns aber durchaus nicht ersteres unmittelbar aus dem letztern, und zwar aus dem letztern in dieser bestimmten bedeutung abzuleiten. In anm. 63. sagte D. : Dieses wort (dh]ttjg) erkenne ich in dem lat. velites wieder, einem gegensatze der milites statuarii; denn dhjrtjg lautet in di- chotomischer form veles, wie optXfjTijg miles. Dasselbe dltj- tijg veles stimmt zu wild. Dafs die eigentliche würze! von oAtf- Ttjg und velites dieselbe sein könne und zwar im lateinischen in ursprünglicher form erhalten, wollen wir nicht läugnen, und das haben auch schon andere angenommen, aber sicher ist das sufßx des wortes nicht dasselbe; it im lateinischen ist entweder nnd in gar vielen fällen schwache form des part. praes. oder als ur- sprüngliches vit schwache form des suffixes vat, vant, jnp*9 /w, wie in dives, vielleicht in einzelnen fällen theil einer verbalwur- zel, wie Bopp scharfsinnig ai-it, ped-it, equ-it von einem substan- tivum und würzet 1 ableitet. Zwar bei alit, equit und milit, welches ans mille «der in, mit tausenden geht» entstehen könnte (denn 11 mufis nach dem Lachmannischen gesetze vor einem i, das nicht caausendung ist, in 1 übergehen) hat Benfey erhebliche beden- ken vorgebracht und versucht dieselben als alvat, atvit, equat,

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equit, milvat, milvit zu deuten, was uns nicht ungereimt erscheint. Jedenfalls brauchen wir dem lateinischen miles nicht seine Selbstän- digkeit zn rauben, und ebensowenig den velites, die wir wirklich als volvites, velvites erklären möchten, wodurch auch das lange e in velites seine begründung findet. Endlich bestreiten wir auch nicht, dafs unser deutsches wild derselben* wurzel als dlqTtjg angehöre, nur wird auch hier das suffix ein verschiedenes sein. Wir schliefen diesen schon fast zu lang gewordenen abschnitt mit einigen bemerkungen über die dichotomische und tri- chotomi8che declinationsform oder vielmehr über einzelne beispiele, die in note IL unter diesem gesichtspunkte erklärt sind. Viele dieser beispiele sind nnläugbar richtig, andere durch- aus unrichtig. So können wir durchaus nicht annehmen, dafs substantiva auf -v, wie top?? aus adjectiven auf -vqo verkürzt seien, so wenig als man wird statuiren wollen, skr. -vas, vat sei aus -vara hervorgegangen und nicht umgekehrt. Lux (lue) wird aus Xevxq, vox aus oaca, rex aus agyo? gedeutet, d. h. es soll die ein- fachste substantivbildung, in der die Wurzel allein genügt, nament- lich dem lateinischen entzogen werden; aber die Sprachforschung, die weiter um sich sieht, schützt das ehrwürdige latein hinrei- chend: rex ist ganz dasselbe wie skr. raj, vielleicht goth. reiks, vox entspricht vollständig einem skr. väc, und so wird es erlaubt sein auch lux als einfach zu erklären. Aber woher die langen vocale? Kuhn in seinem gediegenen aufsatze «zur ältesten ge- schiente der indogermanischen Völker» hat das gesetz begründet, dafs indische wurzeln mit einfachem consonantischen auslaute (wie es scheint hauptsächlich der gutturalen und palatalen klasse) ein inlautendes a verlängern, sobald sie ohne suffix sowohl selbstän- dig als am Schlüsse von compositen substantivisch gebraucht wer- den, und etwas ähnliches findet sich oft im lateinischen. Gens soll eine Verkürzung von yewnj sein, während es nach hundert analogieen unmittelbar aus der wurzel mit -ti abgeleitet ist. "Oqoq «der berg» wird als verkürzt aus og&6g (anderswo anders) angegeben, wog aus apaaca, aes aus al&ov, mos aus modus. Bei OQog gilt dasselbe, was wir schon mehrfach bemerken mufs- ten, es ist möglich und nicht unwahrscheinlich, dafs es mit Sq&o? die wurzel theilt; aber es ist sehr unwahrscheinlich, dafs es unmittelbar daraus entstanden sei. 'ÖQ&og ist nach dem skr. ürdhva und lateinischem arduus schon um einen laut verkürzt und hieb ursprünglich ifdj:6g\ vgl. diese zeitschr. I. 160. Wenn

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herr D. ava& aus avatnra dentet, tf^flf ans &Qiaaa, so kommen wir mit ihm ip einen ähnlichen widersprach, wie bei der bildung des verbnms, wir müssen umgekehrt behaupten, avacaa und #0100« seien durch das femininsufßx ta aus den wurzeln mit gutturalem auslaute abgeleitet; denn dafs xi, %i zu oa wird, das ist Jüngst anerkannt. Auch lateinisches mos darf seiner Selbständigkeit nicht beraubt werden; es gleicht auffallend dem sanskr. mäs «mond», «nionat» d. h. das mafs, und ist vielleicht nur eine mit s erwei- terte wurzelform, wie bhäs gleich bhä vorkommt Am wenig- sten geht es wohl, aes gleich al&ov zu fassen* wobei dann die formen ahenus, aenus ganz unberücksichtigt bleiben ; oder woraus erklärt denn Döderlein das hier auftretende h? Aes ist vielmehr eines und dasselbe mit skr. ayas, ahenus, aenus gleich ajenus. Denn nach der schönen auseinandersetzung von Aufrecht -Kirch- hoff in den umbr. spr. I, s. 79. bei anlafs des umbr. ahesnes müfste es ein starker Zweifler sein, der nicht glauben wollte, dafs im inlautc zwischen zwei vocalen j in h übergehen durfte. Diese formen ahesno, aheno sprechen am stärksten gegen die sinnreiche deutung des verfassen, der damit Grimms und M& 1- lenhoffs Vorstellungen über das fragliche wort nahe kommt. Grinim sagt in der gesch. d. d. spr. 1, 13: « für unser gold bö- ten sich deutsche Wörter mit dem begriffe des glanzes dar. Läge die nämliche Vorstellung in der wurzel, welcher aes, aurum eisen entstammen, (und unser is, eis glacies verbürgt es) würde ich mich sträuben wider die deutung von ajas aus ajamas. " Aber mit aar um , wie aufser Grimm auch Müllenhoff wollte, können wir aes, ayas auch mit den feinsten sprachkünsten kaum zusam- menbringen. Das lateinische scheint uns einmal zu unverdienten ehren zu kommen, wenn aus penitus nag, aus venti aimg ge- worden sein sollen. Aber penitus heifst ja nur «der innere oder innerste », von der Oberfläche am entferntesten liegende; soll nun nag heifsen «der bis ins innerste?" Vergleichen wir totus, was .kaum vom umbrischen töta getrennt werden kann und demnach von einer wurzel tu crescere abgeleitet ist, so wird uns Benfeys deutung von anag und nag, die auch Grimm anzunehmen scheint, weniger abenteuerlich vorkommen. Damit ist nun aber nag ein echtes partieipium imperf. geworden und sein suftix -at, ant. S. 1. sagt D.: Im latein. erkenne ich den stamm ätjvai blofs in ventus, wind, welches sich zu dem part. delg d. h. apivg, eben so verhält, wie argentum zu äQyrJBig. Aus allem diesem müssen

an Sehweiter

wir den schlaf« liehen, daft D. Oberhaupt die endung -at, ant im imperf. fftr eine abkünung aus -ata, ania hält, eine ansieht, wel- che jedenfalls noch umsichtiger prüfung bedurfte. Es scheint aller- dings auch uns, veutus, skr. Tita, wind seien tobi parte imperf. der wurzel abgeleitet, aber für einmal sagen wir eben lie- ber abgeleitet mit suffix a. Anderer ansieht ist J. Sonne epilogomena s. 6., der aus eine neue wuraelform vat sich bil- den läfst, die sich dann in vant erweiterte und nun skr. rata und lat. ventus als verschieden gestaltet auffassen will. Es sei übrigens beiläufig gesagt, dab argentum nicht gleich dgpjeig ist, sondern mit dem oskischen arageto unmittelbar dem skr. rajat* entspricht, also auch von einem partieipium imperf. abgeleitet ist und zunächst eine erweitern Dg von aQp}r9 aqyk heifsen kann. Eber lassen wir es uns gefallen, wenn der Verfasser adprjg und antoig als verkürzt aus adfirjr.og und anroatog ansieht, da sich da- für sehr interessante analogieen in den italischen dialekten zeigen. Umbrisches pihaz ist pihats d. b. piatna , termnas = terminatus, latein. damnas = damnatus und campans, campas = campanus n. 8. f.

Sehr reich sind auch die bemerkungen über die bildung von adverbien. Einzelne derselben sind in anm. 11 besprochen. Be- sonders häufig werden sie aus den stammen so abgeleitet, dafs von diesen noch der auslautende stammvocal weggeworfen wird; €tQti von Slqtioq, rjqi von fjQtog , ayav von ayavog , ddo| VOB odaxr, Ity*, Xia» von aXianog für äXiatt, dvg von övatog for dvaz, yxa von dxaXog für axak, nayjy von na-jvvog für najwt u. s. f. Die auf -dor, -fyi> u. s. f. sollen verba auf -fo> voraus- setzen, digfot gleich faxddtp sein. In der rege! können wir auch auf diesem gebiete dem verf. grofse röhrigkeit und einen nicht gemeinen Scharfsinn nachrühmen, aber diese eigenschaften verlei- ten ihn nicht selten zu kühnen griffen, denen wir eine rechte Wahrheit absprechen müssen. So gerne wir auch diese partie einer nähern prüfang unterwerfen würden, wollen wir uns doch beschränken, um diese anzeige nicht allzu umfangreich werden zu lassen; dieselbe rücksicht verbietet uns auch einzelne wort- deatungen in grösserer zahl zu untersuchen, und nur, um unserer im anfange gegebenen verheifsung nicht untreu zu werden, fugen wir noch einige kleinigkeiten der art hinzu. Eine der auffallend- sten etymologieen in diesem buche ist diejenige von ravQog, wel- ches D. aus reevg entstehen labt, wie iiaQTVQog, vsxqoq aus ftagrvg

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und vixvg u. a. Dafs aber hier das deutsche den ursprünglichen anlaut gewahrt, das griechische ihn verloren, wie das sanskrit in tärä für stara u. a. , bezeugt indisches sthörä, Aber welches in dieser Zeitschrift schon mehrfach geredet ist. Ipag wird hier (s. 25) auf ein ifcoiVco und dieses auf ipa zurückgeführt und Ifta mit vimen zusammengebracht. Aber namentlich durch die veden- literatur ist uns eine wurzel si bekannt geworden in der bedeu- tung «binden», und ist die quelle einer ziemlichen anzahl von Wörtern, zu denen auch das mit ipag wörtlich übereinstimmende siman gehört;, vgl. diese Zeitschrift I, 374. Ilrflyg wird s. 33. aus nijxrvg gedeutet, dieses nach analogie von raQaxrog, t^fjyg gebildet. Schon längst hat die vergleichende Sprachforschung, die auch *(wxvg nicht aus tuq anzog entstehen läfst, griechisches nrjxyg mit dem skr. bahn verglichen und die Verwandlung von b in p hinreichend erklärt; vgl. Kuhn in dieser zeit sehr. I, s. 184, wo auch nwjfvg eine andere und wohl richtigere deutung findet. S. 97 wird v(5\iim\ als vnopopii] gedeutet; es ist aber eine einfache participialableitung von sanskritwurzel yudh, welche wir oben als aas yn hervorgegangen erkannten. Aus dieser wurzel abge- leitet finden wir im sanskrit yudh, yuddha, äyddhana in der be~ deutang von «schlachte. Dadurch werden alle künsteleien un* nöthig. S. 103 finden wir eine sehr weitläufige ableitung der par- tikel üvg. Von devea&ai wird ein dv&tv gebildet, dessen adjeet. verbale Övarog ist: aus Ovar nun wird dvg. Und in einer note fragt D. noch: Ob dvg- mit zu, engl, too identisch ist? Diese ableitung fällt, sobald wir wissen, dafs dieselbe partikel im skr. dus lautet, was unmöglich aus dv&w hergeleitet werden kann. Dafs aber auch für dvotog und dvartjvog ein öv&iv unnöthig ist^ bezeugt uns laut genug skr. duhstha poor, ill conditioned. Dieses wort ist zusammengesetzt aus dus und w. sthä «schlimm ste- hend» etc.; und bvGTTjtog hat Benfey mit bestem rechte auf skr. dus -f- sthäna «stand» zurückgeführt. Man bedenke dabei nur, dafs die wurzeln für «stehen» und «sitzen» sehr leicht den all- gemeinen begriff des «seins» annehmen, dafs höchst wahrschein- lich as selbst ursprünglich eine bestimmte sinnlich wahrnehmbare thätigkeit bezeichnete. Das wort vprog kann allerdings von der wurzel su oder ve stammen und eigentlich ein gewebe oder ein zusammengewobenes bezeichnen, denn auch schon in den alten Vedaliedern kommt dasselbe bild wie bei Pindar vor; aber sehr beachtenswert h bleibt immer das vedische sumnä eig. «freude».

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dann «opfer, hymneN. S. 140 wird rajvtf aus raxt6g « gestreckt - erklfirt, and damit wäre ein neue» analogon zu na^ig etc. gefun- den. Aber auch dieses beispiel wird unsicher, wenn wir das skr. daghyati und daghnoti «er lieft" vergleichen; denn «Pott und nach ihm Benary haben überzeugend dargethan, dafs das griechische nur aspiration der tenues kenne, das gleichgewicht der laute die Verwandlung der anlautenden media in die tennis herbeigeführt habe». Am ende ist dagh selbst nur eine andere form yon TQt'xiOi wie ja auch bahu, nayyg von brh stammt. S. 158 wird ala durch vermittelung einer form aviog auf aiog trocken zurückgeführt und von yala lautlich und dem sinue nach genau unterschieden. Jedenfalls zeugt für des verf. ansieht nicht die von ihm angeführte stelle II. 111,244: cpvai£oog ala, wo die erde gerade als zeugende erscheint. MüCste ala von yala getrennt werden, was wir übrigens nicht annehmen möchten, so wäre eine mögliche ableitung diejenige von wurzel av «nützen, för- dern M, heifsen ja doch himmel und erde, die beiden gütigen ei- tern, in alten vedenliedern oni «die beiden hüter*. Mit geringerer Sicherheit würde deutsches aue, ahd. awa, owa verglichen, welches D. in unmittelbaren Zusammenhang mit dem griechischen worte zu bringen scheint; dieses hat offenbar im inlaute eine guttnralis eingebüßt und steht nicht ferne ab von aqua, ahva, bezeichnet also gerade das gegentheil von dem, was D. in ala hineinlegt. Mit yala selbst sind wir noch gar nicht so ganz im reinen, als es dem verf. scheint, und um der fehlenden lautverscbiebnng willen wird nun auch daran gezweifelt, ob gothisches gavi mit yala dasselbe wort sei. Wie D. leitet zwar auch Ahrens in sei- ner gr. lautlehre s. 154 yala als ya-ia unmittelbar aus wurzel ja ab; aber skr. macht das bedenklich; oder ist es erlaubt yala von skr. kuh, erde zu trennen, oder dieses selbst zwiefach abzuleiten, etwa die kuh von gu = gam «gehen1*, erde von einem freilich nur erschlossenen ju = jan, was aller- dings nicht ohne analogie wäre, kommt doch auch ein khu ne- ben khan vor? Für das sanskrit dürfen wir wohl fast ohne zwei» fei annehmen, als erde sei eine symbolische benennung; grie- chisches yala müfate, stimmte es damit überein, das femin. zu gavya sein und eigentlich «die irdische» bezeichnen, Ähnlich wie suein im gothischen eigentlich adj. von su ist u. a., also ydjria nicht yala wäre die Urform. Vgl. über diese ausdrücke und ihre wurzel Weber's VAjas. S. spec. part. post. p. 164.,' wo zu den

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aufgeführten beispielen noch beizufügen sind dru neben dram und yu neben yam, welche' beiden wurzelformen so ihre einfachste deutung finden. Und so wird sich nun auch goihisches gavi am leichtesten zu yala fügen, wenn auch allerdings die lautverschie- bung dabei nicht gehörig eingetreten. Wollte man dieses nicht zugeben, so hätte man goth. gavi zu griechischem gcc/tac, vielleicht humus und %&<6f zu stellen, und das hat Grimm in seiner rei- chen abhandlung «über die diphthongen und ausfallenden conso- nanten» gethan; nur darf man nach dem skr. kshmä von w. ksham nicht annehmen, dafs in der w. von %afxa und X&°*v ein auslau- tendes d gewaltet habe, sondern man müfste aus ksham wieder ein auch wohl vorkommendes kshu sich entfalten lassen, und die übrige entwickelung wäre dieselbe als in yala. Wenn D. teüus als «die erzeugende» deutet und es unmittelbar an azaXko* hält, so ist wenigstens das letztere sR-her unrichtig; das wort wird, wie Benfey es in seiner mehrfach erwähnten recension erklärt, mit terra von der wurzel ter herkommen und mehr nur die «fläche» bezeichnen. Unter die w. ßaXkco bringt Döderlein sehr verschiedenes zusammen, so ßXe'neiv, entwickelt aus einem ßo- Xajreiv und ßXdyaQa, dessen wurzel auch Lobeck besser erkannte und ebenso ßlefitaipei* und ßXdßeir. Die irrthümer rühren hier wesentlich daher, dafs D. keinen Übergang von y in ß annehmen wollte, einen Übergang, der schon mehrfach erwiesen ist und ganz gut begründet werden kann. Und wie unter ßdJAsiv mit grofsem Scharfsinne das unvereinbare geeinigt ist, so noch an andern stellen unter andern wurzeln und stammen, wie unter XaiQSw u. 8. f.

Wir schliefsen unsere anzeige mit herzlichem danke gegen den uns auch persönlich lieben Verfasser, mit herzlichem danke für viele unbestreitbaren resultate, die wir seinem fleifse und sei- nem Scharfsinne verdanken, aber auch für das, was uns irrig scheint, weil in ihm manigfache anregung zuterneuerter prüfung und zu weiterer forschung liegt. Hätten wir alles gelungene auf- zählen nnd alles zweifelhafte abwägen wollen, unsere recension wäre zu einem kleinen buche angewachsen.

Zürich. H. Schweizer.

11. 4. 20

306 Zyro

III. Mlscellen.

Bemerkungen zu Ftirstemann 1, 412.

Herr Förstemann, dem der unterzeichnete für seine man- cherlei sprachlichen mittheilungen besten dank weife, erlaube sie- gen einzelnes bescheidene ein Wendung!

Schande oder schanne (= das zum tragen zweier eicner dienende ausgehölte achselholz) ist er geneigt auf das poln. szalny (=r wagschalen!) zurückzuführen wenn nicht das vorkom- men des wortes im harze im wege stände! Allein es findet sieh eine viel nähere erklärung in der vergleichung mit schiadel (f. lat. scindula, von scindo), schiene, bernisch scheie, ver- schineln. Grundbegriff: ein durch spalten (seindere) entstan- denes flaches, weder breites noch dickes stuck holz von m&fsiger länge. Dafs man auch von eisenschienen spricht, kommt von der ähnlichkeit in breite, dicke und länge. Mit schindeln wer- den bekanntlich hänser bekleidet, mit scheien werden wiesen und äcker eingefriedet; ein gebrochener arm dgl. wird eingeschienelt.

Auch schick ( = Ordnung) soll von dem poln. szyk (= acies dgl.) herkommen. Ich glaube es richtiger von schicken (= fugen, ordnen) herleiten, und schicken einerseits auf scindo (tfl'Ctt)) andererseits (wegen k) auf seoo zurückführen zu sollen. Vgl. sägen und sagen, welches in berner mundart umgekehrt gesprochen wird: sagen ( - ^ ) = secare (scier), sägen ( - ^ ) = dicere, für welches letztere an etgco, sero (sermo, ordnen) zu er- innern ist. Weiter will ich in vergleichungen nicht eintreten. Es erhellet, dafs ans dem begriff des theilens, scheidens der des ordne ns herkömmt vgl. qui bene distinguit, bene docet; divide et impera. Daher :- geschickt = wer zu scheiden and zu ordnen, somit die sache gut anzufangen weifs; vgl. gescheit, richtiger gescheid, bemisch gschyd (von schyden=holz spalten). So auch sagt der Berner: «er hat einen gut schick gemacht» = durch kluge berechnung oder durch glück einen günstigen handel dgl. geschlossen. Ferner bedeutet im kanton Bern ein gschickli = ein klein landgut oder heimwesen, dessen grund- begriff ist: einheitliches stück, kleines ganze.

Anders verhält es sich mit schicken in der bedeutung «sen- den». Dieses leite ich von der würzet ab, welche in ge-schehen

miscellen. 907

(geschiente) liegt von scaihan bezeichnet ein werden, und schicken ist dessen eausativ in besonderer richtung daher k. Vgl. wachen (so altbernisch: geschlichen), wecken u. a.

Schlappen (= stampfe) soll herkommen von slap (= sänle), weil so ein schlappen oder stumpen (bern.) einer säule gleich sehe. Vielleicht läge aber doch das bernische schlüüfen (= serpo) näher, dessen wesentliche grundbedeutung ist: un- scheinbare, langsame bewegung, welcher innere oder äufsere hin- dernisse entgegenstehen gegens. des kräftigen, aufstrebenden. Daher sagt man bei ans von einem knaben, der noch nicht viel zu bedeuten hat: du bist nur noch ein schlüüfer «e chlyna schluunT.»

Bei schmor (= betrunkenheit, rausch) wird an das poln. czmyr erinnert. Ich will den Zusammenhang der poln. form mit der deutsch, keineswegs bestreiten, vielmehr ist gewifs, dafs slavi- sche demente sich überall, besonders auch in der Schweiz, finden; aber dieses besagt nicht, dafs nun das deutsche (in casu) vom slavischen stamme, sondern dafs germanisches und slavisches eine gemeinsame mutter haben, von welcher ich fetzt nicht weiter reden will. Genug, holld. bedeutet smor = rauch (vgl. rausch), and mhd. smoren= welken. So nun sagt der Berner: die blumeist verschmuret; das gekochte (lange auf heifsem ofen gesessene zuge- deckte) fleisch ist geschmuret wovon weiter schmürzelen (karg thun, geizen, begriff des Zusammenziehens) und schmürzen (= nach feuer riechen auch dann = schmerzen = ein bren- nend gefühl verursachen). Wie nun die welke blume ihr licht, ihren glänz, ihre Schönheit verloren, so der betrunkene mensch. Der rausch benebelt, macht trübe, dafs man sich des lichtes nicht mehr frenen und bedienen kann, ungefähr wie im rauche.

Schrägen fleischerschragen soll, schon nach Tren- delenburg, von dem poln. szragi (= zwei säulen, die ein quer- bolz tragen! also ein galgen!) kommen. F. bemerkt, dafs das wort in Danzig verschwunden sei, aber noch in Pommern vor- komme. Ich kann ihm melden, dafs es im kanton Bern noch bestens üorirt, und zwar in uneigentlicher wie in eigentlicher weise. Nur ruht der schrägen auf vier beinen, und dient zur Schafschur, oder zum schlachten von schafen, kälbern und schwei- ften. Uneigentlich sagt man: auf dem schrägen liegen (unedel) = krank liegen, machtlos, kraftlos sein. Was nun das etymon betrifft, so möchte man vielleicht am ehesten an schräg denken;

20*

3*8 Zyro

aber gewifa richtiger wird es zurückgeführt auf strecken, welches in beroer Tolksmnndart lautet: schrecken wie von strecken kömmt %. b. stracks, so von schrecken schrägen = ein hölzernes gestell, anf welchem das »schmal vieh» ausge- streckt wird.

Aach schnbehen (durch Umstellung der laute schab nnd busch(!) = federbfischelchen an bohnern u. s. w.) soll vom poln. czub (= federbasch) herstammen. Allein tsch up (= haupt- haar) ist auch in Bern bekannt «einen bim tschaup nfih« = bei den haaren packen. T vor seh kann nicht befremden, da es bei uns häufig vorkömmt, z. b. tschudern = schaudern, tscheebes = käppi (chapeau), ein tscheeg =s geschecktes thier n. a. Schup scheint mit Huppi (frz. la huppe, conf. Wiedehopf)? haube, haapt (capat) verwandt schwerlich mit schanb, schübel wohl aber mit schuppen schöpf; vergl. tschopen, tschöpli (- w) -— weibliches oberkleid, von capia. Das bern. schöpf = schoppen und das deutsche Schopfs caput

Pudel ss geflÜs auch im bern. oberland = 1) milchge- f&fg welche bedeutung sich jedoch verloren zu haben scheint sie kömmt noch vor «in milch pudla [nicht: pudla, puudla] = milch essen oder trinken; 2) bauch «er hat e grofea pudl.» Dieses pudl nun scheint einfach diminutiv von pud und dieses gleich pot (ss topf) su sein wie la hotte und bern. hutte (art von korb oder geftfs aus flechtwerk, das auf dem rucken ge- tragen wird.)

Petschaft - in Bern sagt man büttschaft scheint al- lerdings (mit Schwenk) auf das böhm. petschati (ss drücken) zu- rückgeführt werden zu müssen; aber woher die endung aft oder schaft? Non liquet

Bern, im August 1852. Zyro.

öiaiva. ripftt

Zu den interessantesten etymologien gehören unzweifelhaft diejenigen, wo sich in, wenn gleich dem Ursprung nach ver- wandten, doch durch geschichtliche entwickelung einander sehr entfremdeten sprachen Übereinstimmungen zeigen, welche weder mit dem regelmässigen bau der einen noch der andern in voll- ständiger harmonie stehn, sondern zu den anomalien, oder wenig-

miscellen. 309

stens auf den ersten anbliek ganz individuell scheinenden eigen- thümlichkeiten, zu rechnen sind. Ein beispiel der art bot die 8. 222. gegebene elymologie von caecus dar; zwei andre sind die in der Überschrift rnbricirten Wörter.

Dafs dicuta zu dem sanskr. verbum jiv «leben» gehöre und einer auf griechischem boden durch verstummeluog von J (= ad) zu S aus dem regelrechten reflex desselben ft>r entstandenen ne- benform oif entstamme, ist schon von Pott wenn gleich zwei- felnd bemerkt (etym. forsch. I, 265, vergl. mein gr. wl. I, 684). Eine genauere erläuterung dieser bildung wird jeden zweifei he- ben. - An jiv wird gegen alle sonstige analogie im sanskrit das mit t anlautende primäre suffix tu in mehreren bildungeri durch ä geknüpft jiv&tu und aus dem durch secundäres, Wandlung eines i der ersten silbe in ai bedingendes, ka gebilde- ten jarv&trka dürfen wir unbedenklich auf ein thema jivätr schlie- fen, in welchem auch das ebenfalls mit t anlautende primäre suff. tr durch ä angeknüpft ist. Wie dieses ä zu deuten sei, wollen wir hier nicht untersuchen, da es für unsern nächsten zweck völlig indifferent ist. Nach diesen analogieen liegt schon an und für sich die vermuthung nah, dafs auch das gleichfalls mit t be- ginnende primäre abstractsuffix ti einst an dieses verbum durch ä geknüpft sei, also jiväti gelautet habe; sie erhält aber eine un- zweifelhafte bestätigung durch das zendische jyäiü «das leben»; denn dafs dieses einem skr. jiväti entspreche, ist wie man auch über die phonetischen Umwandlungen entscheiden möge unbestreitbar; das ä ist durch die assimilirende kraft des i in der folgenden silbe, nach einem im zend durchgreifenden gesetz, zu äi geworden; die Umwandlung von jiv zu jy betreffend, so scheint mir, dem für das sanskrit (in den Gott. gel. anz. 1852. s. 114.) nachgewiesenen Übergang analog, zunächst v in y über- gegangen zu sein; dafür spricht mit höchster Wahrscheinlichkeit das shiyäti des altpersischen der keilin Schriften, welches Holzmann, wie mir scheint, mit recht jenem zendwort gleich gesetzt hat Die lautverwandtschaft von i und y endlich bewirkt die einbufse des enteren. Dem diesem jyäiti zu gründe liegenden jiväti ent- spräche im griech. zunächst dtfäti oder, ohne jrt diäri. Die er- wähnte im zend durchgreifende assimilation erscheint in gröfse- rem oder geringerem umfang auch in den übrigen indogermani- schen sprachen, insbesondere im griechischen; durch sie würde dicuti entstehn. Nun ist es bekannt, dafs im griechischen an

310 Benfey

femininalthemen gerne a tritt, augenscheinlich in folge davon, dafs die ungeheure masse der feminina auf a bewirkte, dafs die spräche sich gewöhnte, in diesem voeal das eigentliche charakte- risticum des feminin um zu erblicken; so wird skr. patni im grie- chischen notpta, pivari Fliegia^ wenn aber das i auf die oben angegebene weise in die frühere silbe hinüber assimilirend wirkte, fällt es an seiner ursprünglichen stelle aus, z. b. meiga für nuQia ebenfalls = pivari; so mnfste dann auch dicun, wenn dieses a hinzutrat, diatta statt diaitia werden.

Beiläufig erlaube ich mir eine bemerkung bezüglich der be- deutung. Sehr mit unrecht habe ich diaira in der bedeutung «sprach, amt des diaiTtftqg von dioura «leben» u. s.w. in mei- nem gr. wl. trennen zu müssen geglaubt. Die Übergänge sind «leben, lebensweise, lebensbrauch, gewohnheit im juristischen sinn, der der rechtsgewohnheit entsprechende sprach, amt des den der rechtegewohnheit entsprechenden sprach findenden.»

Ein noch interessanteres beispiel der Wiederkehr anomaler eigenheiten in chronologisch und geographisch weit von einander getrennten sprachen ist ripa. Im skr. heifst ap «wasser», wel- ches in den starken casus äp wird. Ab hinteres glied einer zu- sammensetzung wird es apä (oxytonirt). Sobald sein vorderes glied aber eine präposition aufser auf a, ä ist, wird es, mit Schwächung des wahrscheinlich organischeren ä zu i, durch ein- wirkung des accentes auf der folgenden silbe (vergl. s. 226), zu ipa (sanskritgramm. § 624), z. b. antaripa «zwischen wasser = insel» (vgl. lat. interamnus). Im lateinischen wechselt nun be- kanntlich das d in der präposition ad mit r, z. b. in dem schon von Pott aus ad und unda gedeuteten arundo. Dieses mit ap zusammengesetzt, würde also nach jener im skr. herrschenden eigen thümlichkeit aripa «am wasser = ufer» werden. Der abfall von a, wodurch ripa entstand, bedarf natürlich keiner bemerkung. Beiläufig mache ich darauf aufmerksam, dafs wenn in dieser Bil- dung, wie im skr1, unzweifelhaft, das 1 durch einflufs der accen- tuirung herbeigeführt ist, was mir kaum zu bezweifeln scheint, auch dem latein. ein noch erkennbarer sprachzustand vorherging, in welchem seine accentuation der des sanskrits und des gemein- griechischen im allgemeinen homogen war.

Th. Benfey.

miscellen. 311

Namen der milchstrasse und des hollenhunds.

In den norddeutschen sagen (gebr. no 426) kommt unter den namen der milchst rafse auch die niederdeutsche bezeicknnng kan- pat, kuhpfad vor, in bezug auf welche ich bei der nahen Ver- wandtschaft, in welcher milchstrafse und regenbogen stehn, in den an merkungen zu dieser stelle die vermuthung ausgesprochen hatte, dafs sie ihren namen von einer beim Weltuntergang über die himmelsbrücke zu fuhrenden rothen kuh erhalten habe, wel- cher die holsteinische sage von der grofsen einst statt findenden schlacht erwähnt (Mullenhoff schles w. - holst, sagen no. 509). Da- bei hätte ich noch erwähnen sollen, dafs unter den slowenischen benennungen der milchstrafse sich mävra, mävriza findet, was sonst eine schwärzlich gestreifte kuh bedeutet, Grimm myth. p. 695. - Andere niederdeutsche bezeichnungen der milchstrafse näm- lich Nierenberger pat und Heiweg sind kurzlich von mir bespro- chen (oben p. 239) und aus ihnen der schlafs gezogen worden, dafs die milchstrafse unserm alterthum als der Verbindungsweg zwischen himmel und unterweit gegolten habe. In der sich uns immer mehr in den Veden erschliefsenden fülle indischer Vorstel- lungen zeigen sich hier mannigfache Übereinstimmungen, die be- sonders dazu dienen, jene oben angeführte benennung kaupat zu erhellen.

In den vedischen liedern werden mehrfach pfade der götter genannt (panth&no devayänäh), auf welchen dieselben zu den opfern der menschen zu kommen angerufen werden, ohne dafs Jedoch bis jetzt eine nähere bestimmung der läge derselben zu geben wäre. Ebenso wird R. 1. 38. 5 ein pfad des Yama ge- nannt, den die Maruts angerufen werden den sänger nicht wan- deln zu lassen (mä vo jaritä pathä Yamasya gäd upa); Yama ist aber der könig des reiches der väter und die bitte geht also dahin, dafs der sänger Yauia's pfad nicht wandeln, d. h. nicht sterben möge, oder wenn dies der fall sei, wenigstens nicht, wie es im folgendenden verse heifst Nirrtis, die herrscherin im Na- raka, dem Tartarus, ihn verderben möge (mo shu nah Nirrtir durhana vadhit). Zu ihr gelangt, wer den göttern keine opfer bringt oder frevelthat begeht, denn in der Väjasaneyi-Sanhitä 12. 62 IT. wird sie mit folgenden worten angerufen:

asunvantam äyajamänam icha stenasye' tya'm änvihi taskarasya |

312 Kuhn

anyam asmad icha sa' ta ityl' namo devi Nirrte tubhyam

astu || 62 1| namah ad te Nirrte tigmatejo 'yasmayam vi'crita bandhim etam | Yamena tvam Yamya' samvidanö 'ttame nä'ke adhirohayai-

nam||63|| Den nicht spendenden, den nicht opfernden ergreife, dem wan- det des diebes, des räubere folge; einen andern als uns ergreife, das sei dein gang! Ehrfurcht sei

dir o göttin Nirrti! Hohe ehrrarcht sei dir o Nirrti mit scharfem strahl, löse diese

eherne fessel; erhebe da ihn (den opfernden) mit Yama and Yami im ein- verständnifs zum höchsten himmel! Aas diesen versen ergiebt sich, dafs Yama and Yami mit der -Nirrti in gemeinschaft über den toten richten and die letz- tere das aasgesprochene strafartheil vollzieht. Yon Yama'« pfad ans müssen deshalb zwei andere, der eine zu ihr hinab, der an- dre aufwärts zum himmel gehen.

Dies ergiebt sich auch aas einer anderen stelle des Rigveda (7. 6. 26. 1 vgl. Vaj. S. 35. 7.), wo es heifst: param mrtyo anu pärehi pdntham yas te sva* itaro, devaya'nät | cakashmate criivate' te bravimi ma' nah prajä'm ririsho motu virä'n || «Einen anderen pfad gehe entlang, o tod, der dir eigen ist und ein anderer als der götterweg; ich sage es dir, dem hörenden und sehenden, schädige ans nicht ansre kinder, nicht unsre man- ner.» Ob hier Mrtyu, der tod, dem könige der toten Yama gleich oder einer seiner boten sei , läfst sich Tür jetzt nicht ent- scheiden, doch möchte das letztere wahrscheinlicher sein; jeden- falls geht er zu Yama's behausung and der weg dorthin ist von dem zur götterweit verschieden.

Ehe wir weiter gehen noch ein paar worte über Yama's bo- ten. Der todte wird mimlich, wie ein lied desselben baches aas- weist, von zwei handen, zu Yama's reich abgeholt, denn anders kann man doch wohl die stelle (a. a. o. v. 12): «yamasya ddtao öarato janan anu des Yama boten gehen sie za den menschen» nicht verstehen. Damit scheint im widersprach za stehen, dafs es im vorhergehenden verse heifst:

yau te cvänau yama rasitarau caturaxau pathiraxi nrcaxasao | tabhyäm enam paridehi rajant svasti ca 'smä anamivam ca dehi ||

miscellen. 313

«Den beiden banden, o Yama, deinen Wächtern, den vier- äugigen, des pfades hütern, den der männer kundigen, ihnen über- gieb ihn (den toten), o könig, heil und befreiung von schmerz verleihe ihm!» Denn es liefse sich einwenden, dafs wenn sie den pfad zn Yama's behausnng bewachen, sie nicht als seine bo- ten zu den menschen gehen können, doch läfst sich annehmen, dafs sie entweder nur einer um den andern ihr geschäft vollzie- hen, oder dasselbe nur in besonderen fällen üben, wie auch vom Yama ans der epischen poesie bekannt ist, dafs er sich aufmacht um den frommen Satyavän selber abzuholen. Diese letztere auf- fassung möchte um so mehr für sich haben, als dem Yama aueh noch andere boten dienstbar gewesen zu sein scheinen, denn R. 1. 29. 3 heifst es in einem Hede an Indra «ni shväpayä mithüdrcä sastäm abudhyamäne schläfere ein die wechselsweis gesehenen, nicht aufwachend mögen sie ruhen» Säyana erklärt diese bei- den als botinnen des Yama, ohne jedoch weheres über diese Vor- stellung anzugeben; folgen wir daher seiner autorität, so sind je- denfalls noch zwei weibliche dienerinnen des Yama aufser jenen beiden hunden anzunehmen, da aus dem fem. abudhyamäne, das weibliche geschlecht der hier genannten sich unzweifelhaft er- giebt. Damit stimmt denn auch die Vorstellung der epischen zeit, wo, wie wir eben sahen, Yama allerdings den Satyavän selber zu holen kommt, er doch aber von einem diener (kimkara) be- gleitet wird (Mah. 111. v. 16696) und Sävitri zu ihm sagt (ib. v. 16760): «man sagt, dafs deine boten (plur. dutah) zu den men- schen kommen, warum kommst du ihn selber zu führen?» worauf ihr Yama antwortet (ib. v 1.67.62.): «nicht verdient er es von meinen I enteil (matpurushaih) geführt zu werden.»

Kehren wir nnn aber zu Yama's pfad zurück, so zeigt sich, dafs die beiden Wächter die behausung Yama's vor unbefugten eindringlingen bewahren, wohl auch namentlich wie der Kerbe- ros niemanden hinauslassen, weshalb es gefährlich zu sein scheint, bei ihnen vorüberzugehn, denn in dem angeführten liede (R. 7. 6. 15. 5.) heilst es «ati drava särameyau cvänau sädhunä pa- thä lauf vorüber an den Särameya-hunden auf richtigem pfade» und Yama wird aufgefordert den toten ihnen zu übergeben (s. oben); der, wenn er bei ihnen vorüber ist, zu den weisen Pitr's gehen und mit ihnen beim Yama ewige freude geniefsen soll. Den richtigen pfad kennt aber nur der fromme; den gottlosen, der von ihm abirren wird, werden sie zerreifsen, oder er wird

314 Kahn

in den Schlund des Naraka hinabstürzen, weshalb es Nir. 1. 11. heifst: «n£j jibmä'yantyo narakam pätäma dafs wir nicht ab- wärts eilend in den Naraka stürzen. » Der ort, wo sich die beiden pfade zur holle und zum himmel trennen, scheint daher erst hin- ter demjenigen zu liegen, wo die beiden hunde als Wächter stehen. Ehe wir in der entwickelang dieser Vorstellungen weiter vorschreiten, müssen wir noch etwas bei den beiden banden ver- weilen. In Haupts zeitschr. f. deutsche alterth. VI. 125 habe ich, was mir damals über sie zugänglich war bereits mitgetheilt und die identität ihres namens Särameya mit dem griech. 'Egpua* nachgewiesen, die ich sowohl auf die lautlichen Verhältnisse als auf die nahe Verwandtschaft des wesens derselben begründete. Weber hat nun neuerdings (indische Studien 1 1.-295 ff.) nachge- wiesen, dafs dieselben auch cyäma-cabala d i. der schwarze und der scheckige genannt werden, und dafs der 6choliast der Väjasaneyi-Saiihita -sowie andere erklärer das zuletzt angeführte, wort gewöhnlich durch karbura erklären. Er hat ferner daraus, dafs neben cabala die form cavara und neben diesem karvara mit gleicher bedeutung bestehen sollen, geschlossen, dafs der griechische xe^ßegog wie er sich jenen hunden als unterwelt&hü- ter im wesen anschliefst, so dem einen auch im namen entspreche. In betreff des wortes karvara hat Weber indefis hier geirrt, da dasselbe an der von ihm angeführten stelle (R. a. 8. 7. 2. 2. vgl. ib. 4. 6. 17. 5) neutrnm ist und die im Naigh. 2. 1. angegebene bedeutung «that» hat. Nichtsdestoweniger glaube ich, dais jene gleichstellung Weber's des Cavala und KegßeQog richtig ist, inso- fern karbura nur eine andere bezeichnung des cavala genannten hundes gewesen sein wird. Denn ans dem Wörterbuch des Amara geht hervor, dafs zu seiner zeit wenigstens das wort karvura = karbura, wofür sich auch karvara findet (Am. K. ed. Lois. 1. 1. 5. 26.) das gebräuchlichste für die bezeichnung des bunten gc- misches der färben gewesen sei, denn er stellt die Wörter citra, karmira, kalmäsha, cavala unter diesem hauptbegriff zusammen. Uebrigens scheint karvura besonders den begriff eines gemischs heller färben gehabt zu haben, da es in den Unädi's auch durch eveta erklärt wird. Aufserdem findet es sich bei Amara 1. 1. 55. auch in der bedeutung «riese* und auch hier findet sich daneben die form karbara; ebenso zeigen die Unädi's I. 41 u. II 117. so- wohl für karvura als für karvara diese bedeutung, doch wird für letzteres wort zugleich noch die bedeutung «tiger», offenbar we-

miscelleo. 315

gen seines gestreiften feiles angegeben. Die bedeutung der färbe sowie die von a demon, an imp, a gobiin hat auch Wilson s. v. karbura. Ob nun karbura, karbara nicht vielleicht ein bestimm- tes wesen des riesengeschlechtes bezeichnet habe, nach dem dann die gesammtheit genannt sei, mufs die zukunft lehren; {edenfalb will ich eine notiz Wilford's (Asiatic res. III. p. 409.) nicht un- erwähnt lassen, welcher sagt: Yama, the regen t of hell haa two dogs, according to the Puranas: one of theoa named Cerbura or varied; the other Syama or black; the first is also called Triciras or with three heads and has several other epithets signifying stainedor spotte d. Er vergleicht dann Cerbura mit Cerberus. Wilford's angaben sind nun freilich nicht immer die zuverlässigsten, und sein pandit erklärte ihm vielleicht nur £avala durch karbura, worauf er karbura ohne weiteres als namen des hundes nahm; doch läfst sich nicht läugnen, dafs die angäbe doch nach dem bisher angeführten viel innere Wahrscheinlichkeit für sich hat. Aber auch ohne dafs jener Qabala genannte hund ausdrücklich karbura genannt wird sind wir, wie ich glaube, be- rechtigt, xeQßeQog mit karbura gleich zu setzen ; freilich finde ich über die färbe desselben keine angäbe, allein in den scholien zum Nicander (AI. 576.) findet sich die notiz, dafs xsQßeQog auch o ay&oyyog ßdigaiog s. tpQvrq genannt werde; die kröte hat nun aber sowohl einen unebenen gefleckten rücken, als auch nament- lich einen mit schwärzlichen flecken gezeichneten weifsen bauch, so dafs dadurch auch die annähme der bedeutung des gefleckten für xsQßegog als unbedenklich erscheint. Wenn wir schliefslich die laute betrachten, so ist für das sanskrit als ältere form das noch als nebenform vorhandene karbara anzunehmen; von da ist sowohl das h zu v, wie dies häufig geschieht, als das dahinter stehende a wegen des folgenden r zu u herabgesunken; für beide Übergänge sind im sanskrit so zahlreiche beispiele nachzuweisen, dafs es keiner besonderen belege bedarf; dieser form karbara ent- spricht aber das griechische xdgßeQog aufs genauste, indem im griech. s aus a gern vor q einzutreten pflegt.

Wenden wir uns nun von den das totenreich bewachenden hunden weiter, so erscheint nach der in den epischen gedichten erhaltenen Vorstellung wie bei den Griechen auch bei den Indern ein ström an der gränze des reiches der lebenden, welcher den namen Vaitarani führt; in seinen kochenden salzigen fluten ver- sinken die bösen und gelangen in die darunter befindliche weit

316 Kuhn

des Yama mit ihren verschiedenen hölienstufen, während die Pitr's, die frommen väter, an ihrem jenseitigen ufer.ein seliges leben fuhren; das ausführlichere über diese Vorstellung sehe man bei Weber indische Studien I. 398 99 nach. In den vedischen liedern hat sich zwar bis jetzt keine erwähnung dieser Vaitarani gefunden, doch tritt sie in den brahmaga's mehrmals auf, und wird namentlich eine kuh, anustarani, geopfert um dem toten über diesen ström zu helfen ; so in einer in den indischen Studien I. 39 mitgetheilten stelle aus dem Shadvincabr., wo der scholiast sagt, dafs diese kuh vaitaraninadyuttärik& über die V. hinüber- fahrend sei. Aus einer schritt über totenopfer (Chamb. no. 1020) theilt mir Weber mit gewohnter bereitwilligkeit eine andere stelle mit, wo es heifst: « Yamad värapathe ghore ghorä Vaita- rani nadi | täm tartnkämo yacämi krshnäm Vaitaranim tu gäm || dazu ist noch bemerkt: «krshn&bhäve 'nyavarnü 'pi deyä go- rabhäve dravyam deyam Am grausen pfade zu Yama's thor, ist der grause ström Vaitarani, ihn zu überschreiten begehr1 ich, drum geh1 ich die schwarze kuh Vaitarani. Wenn keincschwarze kuh da ist, gebe man eine anderfarbige, wenn man keine kuh hat, ein dravyam.» Dazu vergl. man Colebrooke misc. ess. I. p. 177., ebenso wird diese kuh erwähnt Ait. Br. 3. 32, Käty&y. 25. 7. ohne dafs hier viel mehr ersichtlich wäre, als dafs sie zu den totenopfern gehört Eine andere noch wichtigere stelle ver- danke ich gleichfalls Weber's freundlichkeit; sie ist dänischen missionsberichten (bd. IV. Halle 1742. p. 1251 94) entnommen, in welchen angeblich der Yajurveda mitgetheilt wird, es sind aber nur auszüge aus einer späteren schritt über das opfercere- moniell. Hier heilst es über das Vaitaranigogeschenk: «Am zwölften tage nach dem absterben wird noch ein andres kuhge- 8chenk gemacht und dabei eine formel recitirt, kraft welcher die seele, die bis dahin noch in dieser weit gewesen, von einer kuh aus der götterweit über den rothen blutflufs Vaitarani in den pitrloka gebracht wird, zu welchem ende er in seinem letzten den schwänz einer kuh ergriffen hat.»

Diese nachrichten führen uns zu dem punkte, von welchem wir ausgingen, nämlich zur milchstrafse zurück; schon Colebrooke hatte misc. ess. I. p. 182 die vermuthung ausgesprochen, dafs unter dem indischen götterpfade die milchstrafse gemeint sei. Der gewöhnlichste ausdruck für denselben ist devayänanl, oder de- vayftno panthAh , in der epischen poesie suravithi (Indral. 2. 12.)

mitteilen. 317

götterweg, welches als der thierkreis, oder vielmehr besser der weg durch die mondhäuser (naxatram&rgah) erklärt wird; nach dieser Vorstellung fuhrt diese strafse durch den eigentlichen svar- galoka hindurch, während der siddhamärga (Indral. 1. 40.) zu die- sem hinauf führt. Während Arjuna dort die Sädhya's, Maruts, A$vinen und andere niedere gottheiten erblickt, sieht er dort auf dem von den menschen ungesehenen pfade die vollbringer guter thaten räjarshi's und siddha's sowie im kämpfe gefallene helden, die in sternengestalt glänzen, wobei noch zu bemerken ist, dafs er auch tausende von wunderbar gestalteten wagen sieht (Indral. 1. 35 39.). Wenn schon die erwähnung der in sternengestalt glänzenden from- men und helden, die Arjuna am wege erblickt, Colebrooke's ver- muthung, dafs der gdtterpfad die milchstrafse sei wahrscheinlich machen müfste, denn dieser ist nur die fortsetzung des siddhamarga, so geht dies aus dem Vishnupurana unzweifelhaft hervor, (wo Wil- son Vishnup. p. 227) gesagt wird, dafs er nordlich von der Näga- vithi (sternbilder des stier und widder) und südlich von den sieben Rishi's (dem grofsen baren) liege; zwischen beiden zieht nun aber grade die milchstrafse hin und wenn nun in obiger nachricht gesagt wird, die Vaitaranikuh komme aus der götterweit, um den toten ober den flufs zu setzen, so scheint sich daraus die im eingange erwähnte niederdeutsche bezeichnung der milchstrafse durch kaupat oder kuhpfad aufs beste zu erklären. Vielleicht finden wir den namen gopatha, der damit identisch wäre, noch einmal auf, denn in Webers Vorlesungen über indische literatur- geschichte p. 145 (vgl. Colebr. misc. ess. 1. 91.) findet sich ein Gopathabrähmana, das zum Atharva gehörig ist, erwähnt

Zeigt diese indische Vorstellung von der milchstrafse als dem götterwege das hohe alter der bei uns noch im volke vor- handenen bezeichnungen für dieselbe genugsam, so möchte doch auch die von der himmelsbrücke des regenbogens als des pfa- des zur götterweit, wie sie die Edda zeigt, anspruch auf glei- ches alter haben. Im Vrhadaranyaka (ed. Pol. III. 4. 7 9) heifst es nämlich die unsterbliche seele gehe, den toten körper wie eine schlangenhaut abstreifend, zum Brahma ein:

tad ete ylokä bkavanty anuh panthä vitatah puräno mansprshsto 'nuvitto mayai 'va | tena dhira api yanti brahmavidah svargam lokam ita ürdhvam

vimuktäh|j8|| taamin chuklam nta nilam ähuh pingalam haritam lohitam ca |

318 Kuhn

esha panthä brahmana ha 'nuvittas tenai 'ti brahmavit punyakrt

taijasa^Ga || 9 1| «Das sagen diese verse: ein schmaler pfad, ein uralter, dehnt sich hin, vom lebendigen nicht berührt*), von mir gekannt; auf ihm gehen die weisen, Brahma -kundigen zur Svargawelt hinauf; von hier befreit. Auf ihm ist weifs, sagt man, und blau und braun und goldgelb und auch roth, und diesen pfad kennt Brahma auch, auf ihm geht der Brahmakundige, reines thuende. glanzvolle.» Die philosophische auslegung dieser Vorstellung, die dem einfachen wortsinn verkehrt (nach ihrer auffassung inüfste statt uta und ca des texte« -va stehen) sehe man in der ausgäbe von dr. Roer p. 877. nach; der umstand, dafs hier nur fünf färben statt der gewöhnlich angenommenen sieben ge- nannt werden, wird wohl niemanden stören. Uebereinstimmend findet sich nun auch in unserem Volksglauben die Vorstellung, dafs die seelen der gerechten von ihren Schutzengeln über den regenbogen in den himmel geführt werden (Ziska östr. Volksmär- chen 49. 110. bei Grimm myth. p. 696). Dabei mag noch er- wähnt werden, dafs sich eine dem fegefeuer ähnliche Vorstellung in Verbindung mit dem himmelswege im Qatapatha- Brahmana findet, indem prap. 1. 7. 4. 2. gesagt wird: «Das ist dieser pfad, auf welchem die götter oder die väter wandeln; zu seinen bei- den seilen stehen zwei zusammenschlagende flammen, sie versen- gen den, welcher zu versengen ist, von dem weichen sie zurück, der rein ist (von dem zurückzuweichen ist)».

*) Sankara erklärt inAüsprshtaA in seinem commentar durch roayA labdhaA. Das kann es aber schwerlich heüsen, das vorange- hende 6 läfst auf ausgefallenes a im anlaut schliefsen und so lese ich amätisprshfo nicht vom fleische d. i. von lebendigem berührt So wird auch der vers besser, wenn auch das a von anuvitto wieder- hergestellt wird. Ueber die nebenform mÄiis für mAüsa, vgl. Benfey z. S4mav. s. v. mäiigcatu. Eine noch kürzere form ohne den nasal findet sich R. V. a. 4.1.24.3. «trf yrfcchaU mahishäitlm igho ma"h als du das fleisch von dreihundert büffeln verzehrtest». Vergl. R. 3. 7. 1. 4. bei Neve, le mythe des Ribhavas p. 439. 4. Ueber den ausfall des s vor s mit andern consonnnten wie er in amansprshfa sich zeigt, vgl. Benfey vorr. s. Sta. gloss. p. XLIV. XLV.

A. Kuhn.

misccllen. 319

Die sofflxe inaya, neos, nus, eus, eog.

Ueber eine griech. bildung mit dem suff. psog = skr. maya hat Aufrecht oben p. 79 gesprochen und nur den begriff des letz- teren etwas zu eng gefafst, obwohl er die gewöhnlichste seite der bedeutung genügend hervorgehoben hat, nämlich die bezeichnung des Stoffes, aus dem etwas gemacht oder hervorgegangen ist. Ohne uns weiter auf den ganzen kreis der mit diesem suff. gebildeten Wörter einzulassen, dürfen wir doch nicht übergehen, dafs es auch zur bildung von zahladjectiven dient, um die sovielmalige Verviel- fachung, als das zahl wort ausdrückt, anzuzeigen, z. b. dvimayam udacvid yavanäm, wörtlich: doppelte buttermilch der gerste d. i. doppelt so viel gerste als buttermilch, oder dvimaya ya- vah gerste in doppelten theilen zu geben statt eines theiles x; diese adj. sind aber nur anzuwenden wo eine vertauschung eines Stoffes gegen den andern stattfindet, wie die schollen und värtika's dies näher erläutern, vgl. Pan. V. 2. 47. mit der au in., II. p. 213. und Benfey sanskritgr. §557. II. Wilson übersetzt dvimaya durch made or coosisting of two (parte of any thing). Benfey (a. a. o. p. 290) sieht wie ich glaube mit recht das suff. vaya, welches bis jetzt nur in caturvaya nachzuweisen ist (R. 1. 110. 3., vgl. R. a. III. 7. 7. 4.); aus maya durch Wechsel von m und v (wie bei mat und vat) entstanden an; die bedeutung ist auch offenbar dieselbe, denn tyara cit camasäm ekam cit san- tam akrnutä cäturvayam heifst «und jene schale, die eine war, habt ihr zu einer vierfachen d. i. aus einer habt ihr vier gemacht n welchen sinn die parallelstellen, wo dieser mythus er- wähnt wird, deutlich ergeben z. b. R. 1. 20. 1. tydm camasäin äkarta catürah vcl. R. a. 2. 3. 4. 2, ib. 3. 7. 1. 5. ib. 3. 7. 5. 3. Säyana erklärt an den beiden angeführten stellen vaya durch avayava glied, scheint an der zweiten auch an vaya zweig zu denken.

Wenn wir die ziemlich grofse ausbreitung, welche das suff. demnach in der Wortbildung gewonnen hat, sowie den umstand, dafs es in den Veden, namentlich in den brähmana's, in mehreren bildungen auftritt, berücksichtigen, so ist es einigermafsen auffäl- lig, dafs sich auf den ersten blick aufser jenem dfdQOfieog den indischen Wörtern keine anderen der übrigen sprachen zur seite stellen; indefs glaube ich andere nachweisen zu können. Ich gehe dabei von einem wie mir scheint schlagenden beispiele aus; unter den mit suff. maya gebildeten Wörtern ist auch ayasmaya ehern (R. 4. 1. 28. 5. Vai. S. 12. 63 u. s. w.), an dieses schliefst sich nun fast genau das umor. ahesnes = aheneis, aeneis an, mit h für y (vgl. Aufr. u. Kirchh. umbr. sprachd. I. p. 79.) und m für n. Nur der letztere Wechsel könnte zweifei erregen, aber wenn sich auch nicht gerade zahlreiche beispiele desselben im Iatein. nachweisen lassen, so weist doch venio, umbr. ben, griech. ßfuveo = skr.

320 Kuhn

gam, goth. quiman unzweifelhaft auf dieselbe erschein ung, und auch in den übrigen sprachen kommt ähnliches vor, so bildet skr. gam sein pic. perf. jagmivas und jaganvas, ebenso 1. pl. jaganma f. jagamma, ferner hatte skr. budhna der boden ur- sprunglich ein m (die vollständige form mufs budhman gewe- sen sein) wie griech. Trv&pqv (statt nv&pEv) zeigt; die griechische tenuis im anlaut ist, wie mehrfach gezeigt worden ist, regel- recht, das m ist auch im ahd. bodam, ags. botm, a bottom, bytme (stamm bytman) a keel of a ship, alts. bodm fundus erhalten, während altn. botn, nhd. boden, bereits n zeigen, was auch im lateinischen vorhanden gewesen scheint, aber in die Wurzelsilbe getreten ist in fundus; für den auslaut bieten die deutschen sprachen bekanntlich zahlreiche beispiele des her- Vorgehens von n aus m; ich erinnere nur an bin, nd. ek sin, besen, busen u. s. w. Aus dem griechischen gehört hierher rivia gegen rjpeQog beide zu skr. yam, ferner wog das jähr ge- gen skr. samä f. id. Diese beispiele werden sich leicht mehren lassen, sie genügen um den Übergang aus m in n in aheneus = ayasmaya zu begründen; diesem aeneus stelleu sich aber dann auch die gleichfalls einen stoff anzeigenden ad), ebur-neus, ficul - neus, ilig- neus, quer- neus, salig-neus zur seite; neben ihnen stehen aber die vorzugsweise poetischen formen ohne e, eburnus, quem us u. 8. w. und so werden auch die übrigen ebenso gebil- deten adjectiva wie larignus u. s. w. hiehergehören. Sehen wir aber bei den ebengenannten adjectiven nus für neus und dies für skr. maya auftreten, so scheinen mir auch die distributiva bini, terni, quaterni u. s. w., ebenso mit jenem dvimaya u. s. w. ursprünglich identisch zu sein, namentlich wenn mau den sehr über den ursprünglichen begriff der distrib. hinausgehenden latei- nischen Sprachgebrauch berücksichtigt, vergl. Zumpt § 119. bina vibrans hastilia , bina millia u. s. w. und campus fertilis centena quinquagena fruge. Wenn sich im zuletzt angeführten beispiel der gebrauch von centenus ganz an das oben besprochene sanskr. caturvaya anschliefst, so darf man noch einen schritt weiter sehn und den Übergang von m zu v und demnächstigen ausfall des v auch bereits rar das älteste griech. und lateinisch annehmen, so dafs die adj. auf eiog, sog, lat. eus derselben bildung angehören und z. b. äyvQtoQ) argenteus einem aus rajatamaya hervorgegangenen rajatavaya rajatvaya entspräche. Wem die annähme solcher Ver- stümmelung zu kühn erscheinen möchte, der möge bedenken, dafs auch skr. hiranmaya schon für hiratiyamaya steht und statt dessen selbst schon in den Veden hiranyäya gebraucht wird; gerade so häufig gebrauchte Wörter wie dieses werden zur einfuhrung der neuen suffixform wesentlich beigetragen haben.

A. Kuhn.

* .

Gedruckt bei A. W. Seh ad« in Berlin, Orfinetrafre 1*.

I. Abhandlungen.

Die aspiraten der indogermanischen sprachen«

Das bestreben, die vergleichende erforschung der indogermani- schen sprachen immer vollständiger von dem gebiete der vermu- thangen und versuche auf den sichern boden der klar erkannten thatsachen zu bringen, fahrt wovon diese Zeitschrift den be- sten beweis liefert so viele die sich mit diesen Studien beschäf- tigen, jetzt mehr und mehr auf die lautlehre hin. Die lautlehre kann aber vorerst nur in den engeren kreisen der einzelnen spra- chen oder sprachfamilien, obwohl naturlich mit steter rücksicht auf die schwestersprachen, ausgeführt werden. Und so bin ich nach der besondern rieht ung meiner Studien mit einer griechi- schen lautlehre beschäftigt. Indefs gibt es doch auch für die Untersuchung der lautverhältnisse einer einzelnen spräche gewisse allgemeinere Vorfragen, ohne deren beantwortung der besondern forschung innerhalb des engeren kreises die grundlage fehlt. Wenn wir von der einen seite zu einem klaren bilde des lautbestandes unserer sprachen vor ihrer trenn ung erst nach ausführung der lautlehren der einzelnen sprachen gelangen können, so schwebt andererseits doch die lautlehre der einzelnen sprachen in der luft, wenn nicht gewisse grundzöge über jenen zustand gewonnen sind. Auf den roh entworfenen fundamenten mag die einzelforschung dann ihre besondern gebäude auffahren und es einer spätem zeit überlassen, wieder mit bessernder hand zu jenen fundamenten zu- rückzukehren. Von solchen betrachtungen ausgehend unternahm ich als Vorarbeit für die griechische lautlehre eine Untersuchung II. 5. 21

322 CurtiuB

über die aspiraten der indogermanischen sprachen, worin ich zur ' klarheit aber das alter der aspiraten überhaupt und über die so verschiedenartigen Umbildungen zu gelangen suchte, welche diese laute in den einzelnen sprachfamilien und sprachen unsres Stam- mes erfahren haben. Ich verkenne* nicht, dafs ich mich mit die- sem versuch auch in solche gebiete wage, die, wie namentlich das zend nnd die keltischen sprachen, mir wenig vertraut sind. Ich fufse für diese ganz auf dem von andern zusammengetragenen material. Allein ganz übergehen konnte ich diese sprachen nicht ohne meinen zweck zu verfehlen,- und in zweifelhafte einzelnhei- ten glaube ich mich nicht eingelassen zu haben. Die Untersu- chung ist überhaupt von der art, dafs ich öfters zu hypothesen und kühneren combinationen getrieben wurde. Allein diese wird unsere Wissenschaft in. fragen so allgemeiner art nicht entbehren können, und nur das darf, glaube ich, streng gefordert werden, dafs wir zwischen hypothesen und sichern Schlüssen aus gegebe- nen thatsachen scharf unterscheiden. Ueberans erwünscht wäre es mir, wenn ich namentlich durch das hier über die deutsche lantverschiebung gesagte eingehendere erörternngen hervorrufen sollte, da ich selbst, was ich hier gebe, für nichts anders halten kann als für andeutungen.

Die echten aspiraten sind doppellaute, welche ans einem cha- rakterisirten stummlaute und dem hinzutretenden hauche beste- hen; man hat daher mit recht gesagt, sie wären anter den con- sonanten was die diphthonge nnter den vocalen sind. Beide ar« ten von doppellau ten gleichen sich auch darin, dafs sie wie alles zusammengesetzte den meisten Veränderungen aasgesetzt sind ; bei beiden hatte der sprachgeist, der sich an der gestaltnng und Umwandlung der laute freut, ein reiches feld. An beiden lantarten ist die griechische spräche reich, die lateinische beson- ders arm; die entatehung beider ist für die deutschen sprachen ein gegenständ sehr schwieriger Untersuchungen; beide fehlen der slawischen sprachfamilie fast ganz.

Wir lassen jetzt die diphthonge bei seile und beschäftigen uns nur mit den aspiraten. Die vergleichende grammatik lehrt, dafs im allgemeinen der sanskritischen media aspirata oder dein weichen hanchlaut die aspiraten der verwandten sprachen ent- sprecheu, ohne dafs sie' daraas bisher ausdrücklich den schlufs gezogen hätte, jene weichen hauchlaute gh, db, bh seien die alte-

die aspiraten der indogermanischen sprachen. »323

steo und ursprünglich einzigen hauchlaute und was ihnen in den verwandten sprachen entspräche, sei aus ihnen hervorgegangen. Die frage der priori tat wurde hier wie in vielen andern fallen und das war für den anfang ganz naturlich unentschieden gelassen. So ganz einfach ist auch die entscheidung nicht, denn die thatsächliche Übereinstimmung eines griechischen %j 9 mit skr. gh, dh, bh liefse sich wohl erklären, ohne dafs wir jene griechischen laute aus den sanskritischen hervorgehen liefsen. Es sind namentlich zwei andere erklärungen denkbar. Erstlich nämlich konnte man behaupten, der griechischen tenuis aspirata gebühre als dem kräftigeren laute die priorität, die sanskritische media aspirata sei daraus abgeschwächt; eine annähme, welcher das Vorhandensein wirklicher, von jenen verschiedener tenues aspiratae im sanskrit nicht widerspräche 5 denn das könnten nach- wüchse aus einer viel späteren zeit sein. Zweitens aber könnte man glauben, die aspiraten wären alle erst in der zeit nach der sprachtrenriung entstanden, und jene Völker welche wie die Sla- wen und Letten gar keine ursprünglichen aspiraten besäfsen hät- ten -den ältesten sprachzustand bewahrt. Die erste meinung ist meines Wissens bisher nicht, die zweite neuerdings zweifelnd von Förstemanu in dieser Zeitschrift Jahrg. I. s. 169., entschiedener von Schleicher in seiner formenlehre der kirchenslawischen sprä- che s. 92 ff. ausgesprochen. Versuchen wir zur gewifsheit zu ge- langen. Als grundsatz dürfen wir dabei wohl den hinstellen, dafs jene annähme den Vorzug verdient, aus welcher sich auf die einfachste und ungezwungenste weise die thatsäch liehen er- scheinungen erklären lassen.

J. Grimm in seiner geschieh te der deutschen spräche s. 420 sagt: « reihenweise scheint die anlautende media vieler zendischer, persischer, litthauischer, slawischer und keltischer Wörter mit der gothischen einzustimmen. " Man könnte diese thatsache, auch ab- gesehen vom anlaut, dahin erweitern, dafs in den erwähnten sprachen im allgemeinen an der stelle der indischen gehauch- ten media die hauch lose media sich findet. Der satz, wenn auch in dieser allgemeinen fassung gerade noch nicht ausgespro- chen, ist eigentlich anerkannt und bedarf keines beweises mehr; es werden daher hier einige wenige beispiele genügen:

skr. bhrätar = zend. ) brätar, goth. bröthar, kirchenslaw. altpers. ) bratr", lit. brolis, irisch brathair;

21

324 Curtios

skr. w. dharsh = altp. darsh, goth. ga-dars, Ht. drasus, irisch dasachd (fierceness, Bopp gl ossär);

skr. rudhira-s = alts. rod, kirckenslaw. r"djeti (erröthen), lit. raud-a (röthe), welscb ruaid;

skr. gharma-s = zend. garema, goth. [g]varmja, kircbensl. grjeti (calefacere), ir. garaim;

skr. dirgba-s = goth. lang, kircbensl. dlwg", lit. ilga-s. Ich bemerke noch, dafs diese Übereinstimmung in bezug auf das zend und, jedoch weniger, in bezog auf das altpersische mo- dißcationen erleidet, indem sich dort allerdings, von der hystero- genen 6pirans f abgesehen, zuweilen an der stelle der sanskriti- schen media aspirata ebenfalls media aspirata zeigt (Bopp vergL gr. s. 36 ff.), was aber für unsere Untersuchung wenig austrägt, zumal das auftreten der aspirata hier wie in den keltischen spra- chen theilweise von cigenthümlichen gesetzen der lautverbindung abhängig ist. Das slawische ch ist ein spirant, der skr. sh ent- spricht und völlig bei seite gelassen werden kann. Ebenso we- nig kummern uns hier die mancherlei besondern Veränderungen, z. b. in Zischlaute, welche die erwähnten laute in den einzelnen sprachen erlitten haben. Wir hallen uns an die thatsache im ganzen und da ist es klar, dafs diese der annähme ursprünglicher tenues aspiratae wenig günstig ist. Wäre der laut eine tenuis aspirata gewesen, warum sollte sich dafür in fünf, oder wenn wir slawisch und litauisch als eine zählen, in vier familien eine media finden. Das griechische allein mit seinem %> #> <P kann offenbar gegen dies übergewicht nicht aufkommen, es mufs zu- rückstehen, zumal doch eben auch die sanskritische media aspi- rata eine media keine tenuis ist. Dazu kommt nun aber auch das lateinische. Wenigstens im inlaut schliefst sich das der nörd- lichen schwestersprachen in der regel an; so steht longo -s auf einer stufe mit goth. lang, slaw. di"g", lit. ilga-s, das b in can- dela-bru-m ist dasselbe wie das von altp. bar, goth. baira, slaw. bero, irisch beirim, für das dh des skr. madbja-s haben wir das d von mediu-s wie im goth. midja, serb. medju, lit. widus. Ganz besonders lehrreich aber ist das verhältnifs von mihi zu tibi; die beiden endungen vermitteln sich nur durch bhi, das wir im skr. tubhjam finden und ein mibhi können wir mit gleicher Sicherheit wie skr. mabhjam annehmen, folglich auch ein tibhi, woraus dann durch vertust des hauches tibi ward. Endlich findet sich im griechischen selbst bisweilen die media an der stelle der skr.

die aspiraten der indogermanischen sprachen. 325

media aspirata, nämlich im inlaut, wo die spräche weicher zu sein pflegt, so in iyaiv, ego, skr. aham statt agham gegenüber, wo freilich goth. ik auf ein hohes alter der blofsen media hin- weist, in fiiyag, magnu-8, skr. mahat st. maghat, wo ebenfalls das gothische mikils eine Störung hervorbringt, öfter in der labia- len klasse z. b. in >kaftßdiHo (neben Idcpvgov) neben skr. labh, in ofißgo-g wenn dies, wie lat. imber, richtig mit skr. abhra-m ver- glichen wird. Durch diese Zusammenstellungen möchte vor der hand das gewonnen sein, dafs wir den engen Zusammenhang der ursprunglichen aspiraten mit den hauchlosen mediis erkennen und den gedanken an ursprungliche tenues aspiratae aufgeben.

Aber wenn man eben die zeugen nur zählen wollte, so könnte man nur jene* thatsachen, dafs drei sprachfamilien durch- gängig, eine wenigstens überwiegend im inlaut, eine bisweilen im inlaut die media statt der media aspirata haben, für das hohe alter dieses zustandes anführen, man könnte diesen zustand eben als den ursprünglichen betrachten und die entstehung der aspira- ten in die zeit nach der sprachtrennüng verlegen. Sehen wir zu, wohin wir mit dieser annähme kämen. Wir hätten dann ur- sprünglich blofs g und k, d und t, b und p. Das klingt glaub- haft. Scheint es doch, als ob auch sonst in den sprachen durch Spaltung und Verfeinerung gewisser einfacher laute allmählich eine gröfsere mannigfaltigkeit sich gebildet habe. Unstreitig ist das zum beispiel mit den palatalen consonanten und mancherlei Zisch- lauten der fall. Diese haben sich sicherlich erst nach der sprach- trennung innerhalb der einzelnen sprachfamilien gebildet. Woll- ten wir nun ein gleiches von den aspiraten behaupten, so müfs- teu wir annehmen, dafs jener unterschied, welcher in historischer zeit zwischen w. dha und da, zwischen ghan und jan (statt gan), vadh und vad, labh und lab (lamb) stattfindet, ein späterer sei, dafs das lateinische b von candela-brum ama-bam wider die allgemeine analogie, dafs einfacher inlaut eher als einfacher anlaut sich verändert älter sei als nicht blofs die spirans f in fero, fui, sondern auch die echte aspirata von gr. (pego), skr. bharämi. Es wäre zafall, dafs gerade in denselben Wörtern die Inder und die Griechen eine aspiration hätten eintreten lassen und zwar so häufig. Denn eine Zählung sicherei* fälle, die ich aber nicht für vollständig halten darf, liefert das ergebnifs, dafs griech. % in 14 wurzeln und 12 fertigen Wörtern sanskritischem h oder gh, & in in 9 wurzeln und 4 fertigen Wörtern, aufserdem in mehreren

326 Curtins

flexionsendungen sanskr. dh, <p in 12 wurzeln und 8 fertigen Wör- tern und in dem casussuffix (pi(v) =. bhi dem skr. bh enispricht. Das macht schon reichlich 60 fälle. In allen diesen müfste sich eine alte media zufällig so ganz in Übereinstimmung mit dem sanskrit aspirirt haben; es wäre ebenfalls zufällig, dafs in vielen dieser fälle das lateinische oder seine italischen scbwestermund- arten f und h haben. Dazu kommt, dafs die griechische aspirata eine tenuis aspirata ist; wie konnte diese so leicht und so häu- fig aus ursprünglicher hauchloser media hervorgehen? und wie käme es, dafs dieser Übergang von y in %, d in #, ß in qj sonst in der griechischen spräche fast gar nicht vorkommt? Für die italischen sprachen erhöben sich neue Schwierigkeiten. Wir sa- hen schon, dafs tibi und mihi sich nur durch sanskr. bbjam ver- mitteln und tibhi, mibhi voraussetzen, das umbrische hat tefe; lat. media und osk. mefiu kommen wieder nur durch skr. madhjä zusammen. Wir müssen also für die italischen sprachen jeden- falls eine aspirata annehmen. Wäre nun aber b immer älter als bh, so müfsten wir schon behaupten, ursprüngliches bi sei und zwar zufällig bei Indern und Italern zu bhi geworden , um dann später wieder zu bi herabzusinken; das d von medius sei zugleich der älteste und jüngste laut, zwischen beiden liege eine zeit, in der es sich zufällig wieder bei Indern und Italerh ospirirtc, aus dieser zeit stamme durch umspringen des Organs osk. meßu. Ebenso bedenklich ist die hypothese für die germa- nischen sprachen. Denn wie seltsam, das gothische erhebt die media zur tenuis ; aber die media, welcher im sanskrit und grie- chischen eine aspirata, in den italischen sprachen häufig ein f oder h gegenüber steht, läfst sie unverändert. War kein unter- schied vor der Sprachtrennung, warum ward aus w. gan gotb. kuni, während griechischem %alv(o das ja nuu auch auf gan zurückgeführt werden müfste altn. gin gegenübersteht; warum steht skr. dha altsächs. dorn, skr. danta-s goth. tunthus gegen- über? Schleicher vergleicht a. a. o. dies nach jener ansieht zu- fällige übereinstimmen so vieler sprachen in bezug auf die aspi- ration mit dem auftreten palataler laute statt der ursprünglichen gutturalen, welches auch in verschiedenen sprachen bei denselben Wörtern eintrete und doch etwas späteres sei. Allein schon nu- merisch möchte die sache hier ganz anders stehn; Schi, selbst zählt s. 99f. nur ganz wenige fälle auf, in denen slaw. k' (c) skr. k' entspricht und räumt dabei nachbarliche lauteinwirkungen

die aspi raten der indogermanischen sprachen. 327

ein; wenn slav. z oder z, skr. j in einzelnen fällen entspricht, so kann das. noch weniger eine Übereinstimmung genannt wer- den, da der laut ein verschiedener ist und da überdies beide laute auch in wurzeln und stammen sich finden,- die im sanskrit ein g, gh oder h haben; umbrisch c, ist nach Kirchhoff (allg. monats- scbrift f. Wissenschaft und literatur 1852 s. 808) aus k, zum theil allerdings in Übereinstimmung mit dem sanskrit, nur vor e i und j entstanden. Auch das zusammentreffen von slaw. s mit skr. c statt altem k ist (Schi. s. 98) sporadisch und aufserdem schon dadurch von geringer bedeutung, weil s ein dentaler, c, aber ein palataler zischlaut ist, folglich .hier doch keine vollständige Über- einstimmung statt findet. Die fälle, in denen. was Schi, eben- falls anführt -*- in mehreren sprachen gleichmäfsig p aus k her- vorging, sind wenig zahlreich und unier einander verschiedenar- tig. Eine so durchgreifende Übereinstimmung wie bei den aspi- raten, welche doch nur ein zufälliges prodoct späterer lautum- wändlung innerhalb der einzelnen sprachen wäre, finden wir sonst schwerlich.

Geben wir nun jene hypothese von dem späteren Ursprung der aspiraten auf und nehmen einfach an, dafs vor der sprach- trennung mediae aspiratae vorhanden waren, so scheint plötzlich alles licht und einfach zu werden 4 vier sprachfamilien würden dann von dem doppellaut gh, dh, bh den einen minder bezeich- nenden aufgehen, das griechische würde die media aspirata zur tenuis aspirata erhoben haben, die italischen sprachen stünden gleichsam zwischen beiden in der mitte. Ehe wir aber von die- ser grundlage aus zu den einzelnen sprachfamilien und ihrer be- sondern behandlung der ererbten aspiraten kommen, müssen wir noch einen einwand in's äuge fassen, den Schleicher gegen diese, wie wir glauben, einfachste und bestbegründeie ansieht erhebt S. 90 sagt er: «Es ist ein aus physiologischen Ursachen entsprin- gendes gesetz der sprachengeschichte, dafs die aspiraten im histo- rischen verlaufe einer und derselben spräche wohl in Spiranten übergehn, nicht aber in unaspirirte zurücksinken, hätte also das slawische ursprünglich aspiraten besessen, so würden sie sich, falls sie verschwunden. wären, ebenso' zu Spiranten entwickelt haben wie im neugriechischen, hochdeutschen u. s. w.» Der all- gemeingültigkeit dieses gesetzes stellen sich denn aber doeh in deu deutschen sprachen erhebliche ausnahmen entgegen. Aus brotbar ward do*.h sicherlich bruder, und für diesen Übergang

328 Caritas

von th in d hat Räumer (aspiration und lautverschiebang) den mittellaut dh aus altsächsisclien quellen nachgewiesen, so dafs wir aus anthar durch odher deutlich oder werden sehen, und lat. tibi ist wie wir sahen unleugbar aus tibhi entstanden. Also hat es für uns auch keine Schwierigkeit anderswo als niederechlag einer aspirata einen stummlaut und zwar von einer media aspi- rata die media anzunehmen, und das um so weniger, als sicher- lich die aspiraten jener uralten zeit vollständige doppellaute waren. Ueberschauen wir nun von der. wie ich glaube, festen grund- lage aus die mancherlei verschiedenen Umgestaltungen, welche die aspiraten erfahren haben, so werden wir danach die indogerma- nischen sprachen in fünf klassen etntheilen können.

1) Die erste klasse bildet das sanskrit für sich allein. Hier finden wir den ursprunglichen zustand in fast ungetrübter, klar- heii; die drei gehauchten mediae gh, dh, bh sorgfältig geschieden von g, d, b. Indefs eine art von entstellung treffen wir doch auch hier an. gh wird sehr oft, ja in der regel, durch blofses h ersetzt: ltti für altes ligh, gr. Aeigo), lat. lingo, goth. leigön, ein Vorgang, der uns im lateinischen wieder begegnet, wo h ein verstümmeltes gh ist und ähnlich im gothischen, wo h auf einer stufe mit 1h steht, folglich für kh, endlich in einer neugriechi- schen mundart, wo z. b, X^Qa w'e uora gesprochen wird (Rofs im rhein. muß. jahrg. VIII, heft 2). Der Vorgang ist durch assi- milation zu erklären; der hauch assimilirt sich das naheliegende stumme element so sehr, dafs dies endlich ganz verschwindet, etwa wie wenn aus dn nn und endlich blofses n wird. Wir dürfen aus dieser entstellung wohl auf einen kräftigen hauch in den aspiraten schliefsen; und eben darauf fuhrt uns auch die Ver- wechslung der aspiraten bh und dh mit blofsem h: w. bhr und br, dhi und hi in der endung. Dies sind ansätze zur Verstüm- melung der aspiraten zu blofsen Spiranten, welche aber nicht durchgeführt sind. Auch dafür treffen wir analogieen im neu- griechischen: \pahiv statt rpa&iof auf Cypern (Rofs a. a. o.).

2) Der zweiten klasse gehören alle die sprachen an, wel- che durch aufgebung des hauches den unterschied der media aspi- rata und der media aufheben. Voran zu stellen ist das zend, das, wie wir sahen, m gewissen fällen noch die aspirata erhält, in andern aber sie schon zur media schwächt; dies also bildet gewissermafsen die brücke von dem sanskritischen zu dem zu- stande, den wir, wie es scheint, fast vollständig im all persischen,

die aspiralen der indogermanischen sprachen. 329

entschieden aber in der keltischen und in der slawisch -lettischen familie entfaltet finden. Wenn wir es als den Vorzug einer sprä- che betrachten müssen, durch eine gröTsere mannichfaltigkeit von lauten auch eine gröTsere fülle von Vorstellungen deutlich ge- schieden bezeichnen zu können, so ist der zustand dieser spra- chen in bezug auf die aspiraten der unvollkommenste. Wurzeln, welche die aspirirenden schwestersprachen schon durch die Ver- schiedenheit des anlants unterscheiden können, wie skr. dha und da haben hier denselben anlaut, indefs weifs sich die slawisch- lettische familie in dem erwähnten beispiel doch zu helfen: sie vermeidet das zusammenfallen der wurzeln, durch Unterscheidung der vocale: kirchenslaw. dam", lit. dumi = dYoaipi, aber sl. djejo, lit. demi = ?t#7fu, ähnlich wie es die irische spräche machte, wenn wir mit Bopp (gloss.) ir. genim I beget, generate mit skr. jan für gan und ir. gonaim I wound, stab mit skr. han für ghan vergleichen dürfen. Wir nehmen hier den überall wiederkehren- den trieb der spräche zu unterscheiden wahr, wodurch *o oft in späteren perioden des sprachlebens mängel ersetzt werden, wel- che sich in früheren einstellten.

3) Au diese zweite klasse schliefst sich nnn unmittelbar die dritte an, welche die germanischen sprachen bilden. Diese stim- men nämlich augenscheinlich mit der zweiten klasse insofern zu- sammen, als auch in ihnen auf ihrer ältesten im gothischen, niedersächsischen und skandinavischen erhaltenen stufe für al- tes gh dh bh g d b sich findet. Aber dadurch unterscheiden sie sich von jener, dafs dies neu entstandene g d b nicht mit dem alten sanskritischen g d b zusammenfallt. Und so gelangen wir, dankt mich, durch diese betrachtungen zu einer neuen auffassung der wichtigen eigenthürolichkeit unseres Sprachstammes, der laut- verschiebung. Schon Grimm hat in seiner geschiente der deut- schen spräche s. 421 bemerkt, man könne auch den Zwiespalt zwischen der skr., griech. und lat. muta auf einer, und slawisch- litthauischen auf der andern seite, eine lautverschiebung heifsen, nur eine unvollkommnere als die deutsche. Aber das gesetz der deutschen lautverschiebung entwickelt er doch nicht auf grund dieser unvollkommneren , sondern auf ganz anderem gründe, in- dem er immer die griechischen aspiraten, die er mit ph ch th bezeichnet, als vorfahren von deutschem b g d hinstellt und aufser- dem die ganze lautverschiebung mit der erhebung der media zur tenuis beginnen läfst. Das erste verrückt den wahren Vorgang,

330 Cortius

wenn wir mit. recht bh gh dli als die ursprünglichen aspinten annahmen. Aber auch der ausgangspunkt Grimms ist kaum rich- tig gewählt. J. Grimm sagt 8. 416: «die lautverschiebung hebt mit der media an, von ihr senkt sich der laut zur tenuis, too der tenuis zur aspirata : in der media liegt gleichsam seine natür- liche kraft, die sich zur tenuis verdünnt und hernach wieder rar aspirata verdickt. Aus der aspirata mufs darauf die einfache me- dia abtropfen und dann der nmlauf neu beginnen. » Danach wäre der gang der laut Verschiebung theils hebung, theils Senkung, theils Verdünnung, theils Verdickung. Rud. v. Raumer fafst die lautverschiebung wesentlich als eine Verstärkung auf. Als solche mag in der that die erhebung der media zur tenuis, der tenuis znr aspirata gelten und man begreift es, wenn J. Grimm s. 437 sagt: «hegt nicht ein gewisser muth und stolz darin, media zur tenuis, tenuis in aspirata zu verwandeln!» Aber die verwandlang der aspiraten in mediae, nach unserer weise also von gh dh bh in g d b ist und bleibt eine Schwächung, indem ja der eine theil des. lautes weggefallen ist. Wir hätten also einen Vorgang, der zu zwei drittheileu Verstärkung, zu einem drittheil Schwächung wäre und wenn wir den muth unserer vorfahren in der erhebung von d in.t, t in th verehrten, so müfsten wir ihren klein muth in der Senkung von dh in d bedauern. Aber seien wir nicht un- gerecht-, diese Senkung ist ja, wie wir sahen, gar nichts spezifisch germanisches. Diese Senkung, diese «unvollkommne lautverschie- bung» ist ja den gesainmten Indogermanen des nördlichen Europa, und aufser ihnen auch, wenn gleich in geringerer aosdehnung den Persern eigen. Diese lautverschiebung, die Vorstufe für die germanische, gehört unsrer zweiten klasse. Auf ihr blieben die Perser, Slawen, Letten und Kelten stehen. Das was die Germa- nen hinzu thaten ist reine Verstärkung. Wir werden auch hier wieder auf den unterscheidungstrieb als wichtigen factor im sprach- leben geführt. Im dunkeln gefühl, dafs das. alte gjn der würzet gal (skr. jala-in, lat. gelu) nicht dasselbe sei, wie das neu aus gh entstandene in der ursprünglichen wurzel ghal (gr. x6\o$> lat fei), ward das alte g allmählich denn mit recht nimmt Raumer hier überall ein allmähliches vorrücken an zu k gekräftigt: goth. kald-8, während das neue g blieb: altnord. gall; das junge d von goth. deths (sanskritw. dhä, sl. djejo, lit d£mi) verschob das alte d von w. dam (skr. damjämi, gr. dapdo), lat. dom(a)o) zu t im .goth. tamja. Offenbar war nun dies der anstofs zu neuer ver-

die asniraten der indogermanischen sprachen. 331

Schiebung. Das alte k t p konnte es steh nicht gefallen lassen mit dem neuen auf einer stufe zu stehen. Ihm stürzte ein dicker hauch nach, der anfangs sicherlich wahre aspiraien: kh th ph erzeugte, von denen jedoch kh und ph zu h und f sich verflüch- tigten. So betrachtet erscheint nun die eigentlich germanische lautverschiebung durchaus als Verstärkung, sie erscheint als ein wesentlicher vorzug unsrer spräche zwar nicht vor dem sanskrit und griechischen , wobl aber vor den sprachen der grofsen völ- kermassen, welche von Asien' aus in den norden Europa's zogen. Denn durch dies mittel wurde es wieder möglich laute zu unter- scheiden, welche bei jenen zusammenflössen. Anders stellt sich freilich das urtheil, wenn es sich um alterthumlichkeit handelt, da sind die germanischen sprachen gegen jene ihnen zunächst verwandten im nachtheil, und allerdings ist auch wohl ein ge- wisser schaden der spräche damit verbanden, wenn sie allzusehr von den lauten abweicht, welche gleichsam in der intention des sprachbildenden menschengeistes lagen. Das band zwischen laut und Vorstellung wird dadurch gelockert. Es ist aber die art that- kräftiger Völkerstämme ihre kraft auch an der spräche zu versu- chen und solche jugendliche rustigkeit, solch keckerer unterschei- dungstrieb tritt nun nach unserer auffassung der sache in der laut- verschiebung der Germanen auf das deutlichste zu tage. Wenn wir nun diese auffassung als gesichert betrachten, gewinnen wir damit auch eine relative Zeitbestimmung für den eintritt jener er« scheinung. Die lautverschiebung mufs zu einer zeit begonnen haben, da man noch fühlte, daß zwischen altem und neuem g d b ein unterschied sei, da man sich gleichsam des ursprünglichen gh dh bh noch erinnerte. Denn sonst wäre es ja unbegreiflich, warum die spräche gerade immer nur . das alte, niemals -das neue g d b verschoben, und umgekehrt, warum sie immer nur das neue, nie das alte g d b unversehrt gelassen habe. Es mufs also, so xu sagen, die masse der stummlaute damals noch nicht eingero- stet und erstarrt, sondern bis zu einem gewissen grade flössig ge- wesen sein, als die deutsche lautverschiebung aus dem slawisch- lettisch-keltischen zustand sich hervorhob. Auf die entstebung der zweiten lautverschiebung innerhalb der deutschen sprachen, wodurch der hochdeutsche stamm sioh kennzeichnet, brauche ich hier nicht einzugehn. Denn offenbar ist auch hier nur die Ver- wandlung von th in d eine Schwächung und zwar eine ganz ähn- liche wie die, welche wir bei der zweiten klasse in einer weit

332 Curtius

früheren periode eintreten sahen und die sich aus «der Schwierig- keit erklärt, welche die ausspräche wirklicher diphthonge macht. Diese Schwächung theilt die hochdeutsche mundart mit vielen niederdeutschen und den skandinavischen. Das alte th von bro- thar hat sich in seinem vollen klänge nirgends erhalten. Aber das eigentümlich hochdeutsche ist wieder die erhebung von d in t, yon t in z, minder stetig zeigt sich der ganze Vorgang bei den andern Organen.

4) Die vierte klasse weisen wir der griechischen spräche an. Die Griechen stehen mit ihren aspiraten ganz vereinzelt da. Denn statt der alten mediae aspiratae haben sie tenues aspiratae. Alle griechischen dialekte stimmen darin fiberein. Dafs % & <p = kh th ph sind, beweist aufiser den uns überlieferten nachrich- ten und der lateinischen Schreibung die alte wenigstens für KU, TIH feststehende Schreibweise, die Verdoppelung durch die tenuis: 2anq>oi, der ersatz durch die tenuis bei der reduplication : rühmt und bei einem hauchverlust afure^o), sxegsi^ia, die entstehung aus der tenuis durch hinzutritt des hauches &olndriov, dq>* ov. Die erhebung von gh dh bh zu % & <P ist a^° ebenso eine Verstär- kung wie die deutsche lautverschiebung, und könnte auch eben so gut wie diese mit dem namen lautverschiebung, aber weil sie nicht weiter um sich griff, mit dem einer partiellen lautverschie- bung bezeichnet werden. Auch in ihr können wir eine that der rüstigkeit, der kraft des volksstammes erkennen. Auch sie hat den alterthümlichen lautbestand merklich verändert; aber es ge- lang dadurch den Griechen die alte neunzabl der mutae unge- schmälert zu bewahren und, im Vorzug vor der zweiten und drit- ten klasse, den hauch, wo er von alters her seinen sitz hatte, zu erhalten. Nur in verhältnifsmäfsig wenigen Wörtern gewahren wir media statt der aspirata und in diesen schwankt die spräche zum theil selbst: XQVCpa und ixQvßqv, atgscpco und <JT(>dßo)t>, oder die einwirkung eines nasals ist im spiele: xvpßr] = skr. kumbha.

Die vierte klasse scheint von der zweiten und dritten durch eine unausfüllbare kluft geschieden zu sein, sie ist zu beiden, so zu sagen, das gegenstück. Dennoch können wir vermuthungs- weise die beiden k lassen mit der griechischen durch einige uns erhaltene notizen über die mundart der den Griechen nördlich wohnenden Völker in Verbindung bringen. Jacob Grimm betrach- tet als vorfahren der Gothen die Geten, die er mit den Thrakern eng verbunden sein labt, und die Thraker werden ihm wieder

die aspi raten der indogermanischen sprachen 333

mit den Griechen durch die Makedoner vermittelt (s. 214). Ist es nun nicht merkwürdig, dafs wir von den Makedonern eine, so zu sagen, nordeuropäische aspiratentilgung glaubhaft überlie- fert finden? Freilich wissen wir davon nur in bezug auf die den- tale und labiale klasse (Sturz de dialecto Macedonica et Alexan- drina p. 31). Aber hier steht die thatsache fest; die Makedoner sagten: Bikmnog, ßaXaxgog, Bsqevmt] statt <Ptkmnogy (palaxQog, <I>eQerixt], freilich lauter griechische Wörter; allein es ist wahr- scheinlich, dafs sie ihre volkstümliche ausspräche auf die grie- chischen Wörter übertrugen. Für echt makedonisch darf dßgovreg = 6<pgvg (skr. bbrü, kirchensl. br'V, zend. brvat, ahd. präwa) gelten, vielleicht xeßlij = xeyaXq (goth. hanbith) und wahrschein* lieh ddvog = ödvarog (vielleicht goth. dauthus). Dürfen wir hier- nach vermuthen, dafs die Griechen von der masse der thrakisch- phrygischen Völker sich in ähnlicher weise ablösten, wie die Ger- manen von ihren nachbar Völkern?

5) Endlich kommen wir zu den italischen sprachen, welche die fünfte klasse bilden. Diese sondern sich von allen übrigen dadurch, dafs sie nur zwei hauchlaute h und f besitzen, die den- tale aspirata aber ganz aufgegeben haben. Aber auch h und f sind keine aspiraten mehr, sondern Spiranten. Der stumme be- standtheil in ihnen ist so gering, dafs f nicht die kraft hat n in m zu verwandeln: impono aber inficio^ im gegensatz zu ifMpaivoy, wie wir ja denn auch durch oft angeführte Zeugnisse von der grofsen Verschiedenheit" zwischen f und <p hinlänglich unterrich- tet sind. Durch den starken hauch von f und h ist es erklär- lich, dafs sie vielfach unter einander nach mundarten und zeit wechseln: sabinisch fircos = hircus, fasena = harena und dafs wir auch ursprünglichem gh gegenüber f finden: skr. gharma-s, lat. formus. Besonders aber ward der ursprüngliche bestand durch den mangel eines dentalen hauchlauts getrübt. Im erhaltenen zu- stande aber finden wir, dafs f im anlaut die stelle von dh sehr oft mit übernimmt: fores = folget, fera = &iJq. Das umspringen in das labiale organ ist etwas den italischen sprachen ganz eigen- thümllches. Uebrigens gehen diese gerade in bezug auf diese laute verschiedene wege. Das lateinische duldet nur selten f und h im inlaut, in der regel finden wir im inlaut altes gh durch g, dh durch d, bh durch b vertreten: skr. lih für ligh, Aergo), goth. laigön = lingo, skr. madhja-s, lat. mediu-s, skr. abhi, gr. a/tiqp/, ahd. umbi = amb. Dagegen tritt uns im umbrischen und oski-

334 Caritas ...

sehen ein f im inlaat entgegen z. b. für ursprüngliches, hh in der endung -fast = fuerit (ampr-e-fust = amb-i-verit Aufr. und KirchhoiT I. 8. 146), umbr. alfer = lat albis (ib. s. 91) vgl. gr. alcpog, durch umspringen für altes dh in umbr. mefa osk. mefia (vgl. sabin. Mefula) = media skr. madhja, umbr. rufra = latein. rubra, griech. igv&Qci, skr. rudbirä. Ganz consequent ist übrigens das umbrische nicht in der behandlung der aspiraten, denn in der präposition ampr- später ambr- ist im unterschied vom osk. amfr- vielieicht durch den einflufs des'nasals die aspiration verloren ge- gangen. Aus dem vorkommen eines f an der «teile eines ur- sprünglichen dh können wir uns das lateinische b deutlich ma- chen; f sowohl als b setzen älteres bh voraus; denn der spirant konnte kein b erzeugen, wohl aber die echte aspirata. Also wie ans

nrital. tibhi (skr. tubhjam)

umbr. tefe lat. tibi, so ward aus

ursprüngl. rndhra (skr. rudhira)

i .

urital. rubhru

umbr. rufru lat. rubro. Wir gewinnen dadurch die sprachhistorische thätsache, dafs die aspirata früher aus der dentalen klasse in die labiale umsprang, als sie sich zur media erweichte. Wahrscheinlich ging ako die dentale aspirata der italischen sprachen schon in einer sehr alten zeit verloren, in welcher die labiale aspirata noch nicht zum spi- nnten herabgesunken war. Die bis zu einem nachweisbaren Zeit- punkt anhaltende existenz von mediae aspiratae in den italischen sprachen mufs uns übrigens für eine grofse alterthümiichkeit gel- ten, und es stimmt dies ganz mit dem allgemeinen charakter der italischen sprachen überein, welche auch andre laute mit beson- derer treue- bis in die historische zeit bewahrt haben, welche in vielen der schwestersprachen schon viel früher mancherlei ent- stellungen ausgesetzt waren. In solchen stücken bilden die itali- schen sprachen das widerspiel zur griechischen, die überall zeitig ihre neuen ganz besondern wege ging. Uebrigens hat diese lange erhaltung der mediae aspiratae sich mannichfaltig gerächt. Denn eben dadurch ist jene Verwirrung in bezug auf die organe und vollends im lateinischen jene verschiedene behandlung der aspi-

die aspiraten der indogermanischen sprachen. 335

rata im an laut und im inkut eingetreten. Wir können es im allgemeinen als regel annehmen, dafs nur inlautendem gh g, bh und dh b entspricht, woraus sich unter anderm das verhältnifs von fac-io, f-io zu dem do von con-do, cre-do erklärt (vergl. Zeitschrift för alterthumsw. 1849. heft 4. und diese Zeitschrift I. s. 26). Indefs wird eine nähere Untersuchung festzustellen haben, inwiefern es einzelne ausnahmen von dieser regel gibt. Ein wort, in welchem g unverkennbar für altes gh steht ist grand-o, das Schleicher (kirchensi. forml. s. 105) mit skr. hräd-ini flumen fulmen, sicherer noch mit gr. y,oAa£tt (für gcuLaft-ja) und kirchensi. grad" vergleicht. Ohne zweifei liegt der grund dieser ab weich ung im einflufs des r, welcher sich auch in einigen andern wortstammen geltend gemacht zu haben scheint. Eine ausnähme anderer art wäre es, wenn, wie Benary (lautlehre s. 194) annimmt,, einem griech. 0 gegenüber im lateinischen auch t, an der stelle eines qp auch p eintreten könnte. Dies einzuräumen sind wir um so weniger geneigt, weil wir ja auf italischem boden selbst spuren der media aspiräta gefunden und überhaupt wahrgenommen ha- ben, dafs die alten aspiraten oft durch tnediae nicht aber durch tenues ersetzt werden. In. der that möchte auch Benary's ver- zeichnifs einer sorgfältigen sichtnng ' bedßrfen. So ist die ver- gleichnng von cap-io mit w. grabh mehr als zweifelhaft, da wir vielmehr cap-io mit gr. hcoVj? (vgl. capulum) und xdnri und mit goth. hafjan zu vergleichen haben, linquo hat Bopp (gl ossär) richtiger zn skr. rik' als Benary zu rah gesetzt. Dagegen hat es in patior, lateo, puteo, rutilus allerdings den anscheid, ab ob sie von na&M, Xa&eiv, tev&siv, iqv&Qog nicht getrennt werden könnten. Indefs ist auch hier noch nicht alles ganz ausgemacht. So fuhrt uns das griech. wo?, lil. puwu, goth. .fuls für puteo and ttv&g) auf die kürzere wurzelform pu, und das t von puteo könnte wie das von poenitet, oportet, fatcor, foeteo (w. dhü Polt etym. forsch. I. 211) ein eigentümlich lateinischer von. dem griech. 0 ganz verschiedener zusatz sein. Bei rutilus steckt der stamm viellefcht nur in ru für rub und tilu-s könnte suffix sein wie in mutilus, scutilus (Fest. = tenuis, macer), wie tili-s in fu-tili-8 (w. fu = gr. %v)- Vielleicht aber hat sich doch eine oder die andere aspiräta in eine tenuis verwandelt, indem ja die italischen sprachen, wovon das umbrische im echtumbrischen aiphabet, aber auch das altlateinische c für g das deutliche zeug- nifs gibt, eine, periode durchmachten , in der die tenuis vielfach

336 Caritas

die media mit vertrat. Aus solcher zeit könnten jene verhärteten t statt d für dh übrig geblieben sein.

Nachdem wir auf diese weise die verschiedenartige gestaltung der ursprünglichen aspiratae überblickt haben, müssen wir noch die besondere klasse der tenues aspiratae im sanskrit in's ange fassen. Dafs diese erst nach der Sprachtrennung sich gebildet haben, kann im allgemeinen nicht wohl bezweifelt werden. Al- lein es gibt doch einzelne fälle, in denen der skr. tenuis aspirata die griechische aspirata entspricht: khalina-s =^cxilw'Otf, cankha-s z=x6yxO'$y w. phull, gr. cpvXXo*. Von der entetehung sanskri- tischer tennes aspiratae aus tenues ist die w. sthä ein besondere deutliches beispiel, da alle verwandten sprachen die form sta ha- ben. Solche Alle sind mit dem übergange griechischer tenues in aspiraten zu vergleichen, wie in w. lip, lat liq, gr. Xina ne- ben dXsi(poi)9 lat. sap-io neben griech. ooq>6g9 coupijg. Zu diesem Übergang liefern auch die persischen sprachen eine analogie, in denen p vor gewissen halbvocalen zu f wird (fra = pra, vergl. cpQOvdov z= tiqo dflotT); freilich ist das f spirant und daher nicht dem griech. qp gleich, aber es setzt wohl ph voraus 5 ähnlich wird th aus t. Bisweilen scheinen aber die sanskritischen tenues aspi- ratae aus mediis aspiratis sich verhärtet zu haben. Jenem phull entspricht nicht blofs awLlo?, sondern auch folium flos, ags. blö- van, goth. blöma, welche auf die form bhul hinweisen; mit skr. nakba-s vergleicht sich wie gr. ow| (st. öVfjf), so ungui-s, ahd. nagal, litt, naga-s, kirchensl. nog"t'*), wonach der ursprüngliche stamm gh gehabt haben mnfs. Mit der tenuis auf der einen und der media aspirata auf der andern seite berührt sich das th in den endungen der zweiten person: tha gr. #*, thas, the, thäm (vgl. dhi, dhve, dhvam und ta). Hier ist die aspirata offenbar unter dem einflufs des v von tva also nach persischer analo- gie — entstanden. Bemerkens werth ist immerhin, dafs es im sanskrit wie im griechischen tenues aspiratae gibt, welche nicht ganz aufser berflhrung mit einander stehen. Es möchten eben zu der eigentümlich griechischen behandlung der hauchlautc schon im osteo sich ausätze finden. Namentlich aber bieten sich uns die persischen sprachen gleichsam als mittelpunkt für die ver- schiedenen Verzweigungen dar. Diese haben fast von allen ge- stalten der aspiraten etwas: mit ihrem erhaltenen dh z. b. in der

*) ist ein versehen! das kirchenslaw. zeigt k in nok'V, Schleicher kirchensl. formenl. p. 99. anm. d. red.

die aspiraten der indogermanischen sprachen. 337

imperativendung dhi weisen sie nach Indien, mit der media b z. b. von bu (skr. bhu) nach norden zu den Slawen, Letten, Germanen, Kelten und erinnern an den inlaut der Römer; nach Griechenland mit ihrem f und th für p und t. Sie vermitteln also den ursprünglichen, im wesentlichen vom sanskrit erhaltenen lautbestand sowohl mit dem des grofsen nordischen vöikerstro- roes als mit dem der sudeuropäischen Völker.

Prag im november 1852. G. Curtius.

Die diphthonge im verbraederuegsbuch voo St. Peter zu Salzborg.

Das Salzburger verbraederungsbuch , welches so eben die Wiener presse verlassen hat, sichert seinem herausgeber v. Kara- jan ein neues unvergängliches verdienst, denn seiner unendlich muehsamen arbeit verdanken wir ein denkmal unseres alterlhums, das 80woI für historische als linguistische Wissenschaft von ge- waltigem, fuer den augenblick noch kaum zu ueberschauendem einflösse sein mufs. Karajan hat in seinen umfassenden erläute- rn n gen zuerst nur die historische seite hervorgehoben, und dazu hatte er ohne zweifei vollkommenes recht, denn eine er- schöpfende sprachliche betrachtung hätte den umfang des Wer- kes bis ins uebermaefsige ausgedehnt und ueberdies Vorstudien erfordert, die jähre lang planmaefsig grade auf dies ziel hätten gerichtet werden müssen. Um so mehr müssen aber gerade des herausgebers mitforscher in deutscher Sprachwissenschaft auf den ruf hoeren, der an sie ergeht, zu allseitiger ausbeute dieses köst- lichen Schatzes mit hand anzulegen. Denn es handelt sich hier um eine der allervorzueglichsten quellen althochdeutscher spräche, fuer die kenntnis altdeutscher eigennamen, ich ueberlreibe nicht, geradezu um die erste.

Mehr als 8100 eigennamen, darunter sicher 7000 echt deut- sche linden sich hier verzeichnet, mit geringen ausnahmen nur persoenlichc; der zeit nach grofsentheils dem S. und 9. Jahrhun- dert, in geringerer anzahl dem 10. und 11., nur ausnahmsweise spaeterer zeit angehoerig; in hinsieht auf die mundart fast sämmt- lich bairischem boden entsprossen. Und von allen diesen nameu ist der ort ihrer aufzeichnung ganz bestimmt ; der ort ihrer her- kunft ist bei sehr vielen bekannt; die zeit der aufzeichnung sehr

IL 5. 22

338

Förstcmann

oft bis aafs jahrzebend anzugeben; ueber alles dies ist der abdruck bei allen, so weil menschenmacbt reicht, diplomatisch genau*)

Wir müssen es uns an diesem orte versagen, auf die bedeu- tung des buches fuer den altdeutschen Sprachschatz naeher einzu- gehen und dürfen nur auf denjenigen theil der grammatik unsern blick richten, der durch namensverzeichnisse vornehmlich neues licht empfängt, nämlich die lautlehre; und auch diese in ihrem ganzen umfange an der band unseres buches zu durchwandern ist unmoeglich, wenn man nicht den plan hat ein umfängliches werk ins leben zu rufen. Beschränken wir uns daher hier nur auf eins der feinsten gebiete althochdeutscher lautlehre, auf das verhältnifs der diphthonge.

Historischer Sprachwissenschaft steht es wohl an, wenn sie ausgeht und fortschreitet, ohne die hand der geschichte, ihrer fackel und fuehrerin, loszulassen. Und so liegt es uns hier zu- naechst am herzen, davon meidung zu thun, dafs es Karajans eisernem fleifsc gelungen ist, von 78 verschiedenen Schreibern, deren bände sich im verbruederungsbuche unterscheiden liefsen, eine nicht geringe anzahl, 32 naemlich, der zeit nach zu festigen. Ich fuehre diese 32 hier einzeln mit den buchstaben auf, durch die Kar a jan ihre handschrift bezeichnet hat, und merke bei jedem die chronologischen grenzen an, innerhalb derer nach fast immer untrueglichen mcrkmalen eines jeden thaetigkeit als schreibet* fallt. Dieses hier folgende Verzeichnis, ueber dessen naehere begrundung das werk selbst nachzusehn ist, mufs die gr und läge fuer alle sprach- liche Untersuchung ueber das Salzburger verbruederungsbuch bilden:

a 780—800

A 1000—1020

W 1110-1120

b 780—810

H 1000

G

1120—1140

1 780-820

ü 1000

C

1130—1180

r 780

V 1000—1020

ß

1130—1140

x 800

a 1000—1050

P

1150

d 820—870

y 1010

0

1150—1200

i 820

J 1030—1090

N

1180— 1220

q 820—800

£ 1050—1090

X

1210—1220

k 830—870

K 1050—1110

R

1350—1370.

qq 860—930

B 1060—1100

o 900

D 1110—1120

*) ich rede hier nur von dem texte selbst; in das register hat sich leider eine nicht geringe anzahl von fehlem, besonders in den ci- taten eingeschlichen.

die diphthonge im verbruederungsboch von St. Peter. 339

Ich wferdc in der folge diese 32 chronologisch fixirlen Schreiber vor den andern durch fettere echrift unterscheiden, damit das schon bestimmte vor dem noch zu bestimmenden nach gebuehr hervorge- hoben werde. Nur bei den drei gr. zeichen <* ß y mufs ich wegen mangels an dergleichen typen auf diesen unterschied verzichten.

Ich schlage nun den weg ein, dafs ich die lautlich zusam- mengeh oerenden diphthonge in eine betrachtung zusammenfasse und hei jedem dieser laute bemerke, in wie vielen beispielen er bei jedem Schreiber vertreten ist. Man halte es mir zu gute, wenn ich auch hier die numerische methode walten lasse, zumal da zu meiner in frueher Jugend begründeten neignng fuer diese richtung eine immer fester werdende ueberzeugung von deren erspriefslichkeit kommt. Ohne ganz feste bestimmtheit und an- schaulichkeit, wie sie kaum anders ab von zahlen zu erwarten ist, verliert namentlich der ohnehin schon ziemlich verfliefsende ahd. vocalismus allen halt.

I. AI, EI.

a b c d e g h

i

iL

1

m

©

P

4 r s

t

u

ai

54 6 1 1

1

2

1

*—

3

1

i

ei

17 10 1 9 3 1 4

3

9

5

1

1

3

8 13 1

4

3

v tl y bb cc dd ee

ff

66

hh

ii

11

nn

oo 44 rr

A

B

ai

3 1 -

1

2

ei

1 11 4 1 2 2 1

1

7

1

1

1

7 1 3

4

1

C JE FCML5P

9

U

V

a

ß

7

* f n

&

t

ai

1

ei 2 3 113 12 2 2 12 14 5 5 22411

Hieraus ergiebt sich:

1) am ende des 8. Jahrhunderts waltet ai noch bedeutend vor, doch gehoert ei schon keineswegs zu den Seltenheiten, ja ein echreiber des 8. Jahrhunderts (r) hat sich schon mit entschie- denheit vom ai ab und dem ei zugewandt.

2) beim beginn des 9. jhderts (to, 1, jl) hat ei schon den vorrang, doch schwanken die Schreiber noch.

3) um die mitte von sec. 9 ist ai schon ausgestorben; nur drei beispiele um das jähr 900 und eins um 1000 sind archaismen, die ge- gen die uebrige masse so gut wie gar nicht mehr ins gewicht fallen.

Ich bemerke ferner aus meinen Zusammenstellungen, die ich hier nicht in vollem umfange wiedergeben kann, dafs aufser dem regelmaefsigen diphthong auch noch der aus a umgelautete vor- kommt, denn a schreibt Aigil, Maiginpret, Eigilperht, Eigino,

22*

340 Förstemann

* hat Eigilfrid, h Eingilpald und Eingilscalh, 1 Eigilperht und Eingilpirc, o Eingiluorht, q Eingilscalch, x Eigil, dd gleichfall« Eigil, rr Eingil, B Eigilbert, a Eigil, Eingilhilt, n Eigil. Alle diese formen gehoeren zu der ursprünglichen gestalt Agil-, Angil-, Magin-; ueberall also ist hier das dem i auch sonst so befreun- dete g im spiel* nie findet sich im ganzen verbruederungsbuch z. b. ein einziges Hairi-, das doch sonst bekanntlich nicht gan* selten ist, vgl. z. b. Hairibold pol. Irm. s. 13, Hatriberta ebda. s. 23, Heiriman im necr. Aug., Hairiveo pol. Irm. s. 7, woran sich dann die häufigen bildungen Hair- und Air- anschliefsen.

Dagegen ist ein anderes aus a umgelautetes ei, soviel mir bis jetzt bekannt, der Salzburger Urkunde eigenthuemlich; ich meine die formen Eillanperht bei 4 und l&, Eillanger bei r, Eil- lanperht, EillanhiU und Eillanmuot bei oo. Waehrend ich in allen uebrigen quellen altdeutscher namen diesen stamm nur in den formen Ellan-, Ellin-, Ellen- nachweisen kann (bei den West- franken mangeln sie ganz), so erscheint in unsern bäurischen na- men in dem ei plötzlich noch eine willkommene spur vom j des gothischen aljan (wovon andere spuren im altn. elian, ags. ellean) und es ist interessant dieses j oder i sogar auf ahd. gebiete selbst, wo es bisher unbelegt war, nachweisen zu können. Man liest naemlich im verbruederungsbuche noch (neben vielen Ellan-, El- lin- und Ellen) Ellianpurc (41,i4 bei «1 und 77,a« bei r), fer- ner aber noch sogar die unumgelauteten formen Alyan (93, io bei i) und Alljanmot (90,48 bei x). Jeder fund mufs uns freuen, der dazu beitraegt, die kluft zwischen gothischer und ahd. spräche zu verkleinern und so diese locke in unserer Sprachgeschichte allmaelich auszufüllen.

II. lü, EU, 10, EO, IA, IE. »licdghiJlLlniopqrs tu

iu 24 13 19 11 3 1 43— 5 113 7 5

eu 2 1 1 1— l

io i i i 2— 1— 1

eo2111 1—1 2 2

ia- 2 1

ic- 1 - 1 1 1

vw x y aa bb cc dd ff gg hh ii jj kk 11 nn oo rr iu 24 6 212213833111132

ea

i0 1

die diphthonge im verbrtiedernngsbuch von St. Peter. 341

v w x y aa bb cc dd ff gg hh ii jj kk 11 nn oo rr

eo - 1 1 1— 3 2 2

ia l

ie 3 1 1 1 1_ 1

ABCBEFHIlLVPfTETWX

ia 2 13 2 1 11113 10— 152

eu -

io - 2 2— 4

eo

ia

ie 319121113—224—1113

« ß r * C n *

iu 18 13 7 2 3 2 4 2

eu

io31

eo

ia

iel4 8 7 12 2 5-

Man erkennt hieraas mit einem blick, dafs nur zwei dieser diphthonge, naemlich ia und ie, in anserm denkmal eigentlich heimisch sind; die andern vier, eu, io, eo, ia erscheinen nur aus- nahmeweise und machen fast nur den eindrack Ton entlehnten formen aus andern mundarten.

Betrachten wir daher zuerst iu und ie, so ergiebt sich, dafs letzteres hier unmittelbar ans ersterem, ohne eine Zwischen- stufe (io oder ia) erwächst. Und zwar gilt bis zum jähre 1200 (spaeter haben nur fiufserst wenige eintragungen ins verbrucde- rungsbuch statt gefunden) iu immer als die regel. Bei allen mit lateinischer minuskel bezeichneten, d. h. bei denen, deren eintra- gnngszeit vor das jähr 1000 fällt, ist ie in unserer quelle nur eine lioechst seltene ausnähme; nach dem jähre 1000 erreicht es nahezu, doch nicht völlig, die ausdehnnng des iu. Man betrachte als hauptrepraesentanten des 11. Jahrhunderts den Schreiber or,' als solche des 12. C, ß und Q. Lautliche gründe, die bei die- sem schwanken zwischen beiden diphthongen die wähl des einen und die Verwerfung des andern veranlagten, lassen sich nicht angeben, wohl aber ist es zu ersehen, dafs »ich in gewissen Wortstämmen der gebrauch fuer den einen laut entschieden hatte; vgl. was ich unten bei eo sage.

Eu finde ich im ganzen buche nur sechs mal oder, da Eunat

342 Förstemann

bei a und Leuan bei q nicht ganz sicher zu beurlheilen sind, mit gewifsheit nur viermal, naemlich Leuto (a), Theatbert (b), Leutbcrt (r) und Deutperbt (t). Nimmt man nun hinzu, dafs selbst von diesen vieren zwei, naemlich Theutbert und Leutbert, nicht Baiern, sondern Franken aus Troyes sind, wie die angaben des verbruederungsbucbes nachweisen, so dürfen wir auch in den beiden andern fremdlinge vermuthen und können mit Sicherheit der bairischen (wenigstens der ostbairischen) mundart des 8. 12. Jahrhunderte das eu vollständig absprechen; eu hat seinen eigentlichen sitz bei Alamannen und Westfranken.

Io lesen wir etwas häufiger als eu, nämlich in 20 beispie- len, aber trotzdem doch immer nur als ausnähme; kein einziger Schreiber zeigt eine Vorliebe fuer diesen diphlhong. Dafs er durch lautlichen einflufs, z. b. durch ein a der folgenden silbe erzeugt sei, giebt sich nirgends kund. Merken wir aber etwas genauer auf diese 20 io-/ormen, so sehn wir unter ihnen 18 mal die stamme diot und dio, nur ein oder zwei mal ein liod , kein ein- ziges mal liob, obwol zu liob und liod anlafs genug gewesen wacre. Nun aber kommt grade den beiden st 5 01 inen diot und dio, wie wir gleich sehn werden, in unserer quelle von rechts- wegen ein eo zu und es bat daher hier io keine weitere bedeu- tung als die, eine blofs ausnahmsweise gebrauchte nebenform je- nes selbst nur ausnahmsweise stattfindenden eo zu sein. Auf ein bestimmtes geographisches gebiet das io unserer quelle zu be- schränken will nicht gelingen, denn von den betreffenden 20 per- sonell sind 13 ihrem Wohnsitze nach nicht angegeben (d. h. sehr wahrscheinlich sind es Baiern), die andern 7 sind sfimmtlich si- cher Baiern, 3 aus Altaich, 3 aus Neuburg am Inn und einer aus Salzburg selbst. Auch abgesehen von unserer quelle macht die räumliche und zeitliche bestiuraiung dieses diphthongs besondere Schwierigkeit, da er nur so äufserst selten als regel erscheint.

£0 zeigt sich etwa in demselben umfange wie io, im ganzen nur 22 mal, darunter kein einziges mal in den mit lateinischer raajuskel und den mit griechischen buchstaben bezeichneten Schrei- bern; es ist also nach dem jähre 1000, ja wahrscheinlich schon nach 900 um Salzburg ausgestorben. Aber auch unter jeuen 22 formen sind mehrere auffallend und unsicher und einige unter ihnen mocgen sogar nicht einmal germ. Ursprungs sein, so dafc auch selbst diese zahl sich sehr reducirt und eo keineswegs im bairischen dialekt eigentlich heimisch gewesen sein kann.

die dipbthonge im verbruederungsbuch von St. Peter. 343

Bei erwaegung dieses diphthongs habe ich eben so wie in der obigen uebersicht die beiden formen Theod- and Deo- (-deo), die zu goth. thiada und thios gehoeren, aufser acht gelassen, denn ihr zusammenwerfen mit den uebrigen würde die ganze ueber- sicht im hoechsten grade getruebt haben. Grade die beiden for- men theod und deo finden sich aber in den namen des verbraede- rungabuches ungemein häufig (z. b. bei dem Schreiber » allein in fünfzig beispielen). Ein thiuda, thiudo oder sonst eine form mit iu iu diesem stamm kennt unsere quelle gar nicht*), ein diu, tkiu, tiu nur zuweilen auslautend, nie anlautend. Genug, wir haben hier eine sloerung der lautverhältnisse , die ihren grund nur im anklänge an die häufigen mit griech. &eog, lat deus ge- bildeten namen haben kann. Da nun diese griech. und latein. namen das Theo- Deo- meistens am anfange, seltner (wie in Ama: deo) am ende haben, so ist das iu der in rede stehenden deut- scheu stamme nur da ganz ausgerottet, wo sie ein wort begin- nen; am ende des namens mufste der einflufs des griech. und lat. wortes weniger durchgreifend sein. Uebrigens haben fast alle mundarten der ahd. spräche eben diese stoerung erlitten, deren ganzer zeitlicher und räumlicher umfang wol einmal einer beson- dern Untersuchung werth waere, denn grade diese erscheinung ist wie meines wissens keine andere der spräche dazu geeignet, das eindringen des christlichen dementes bis ios innerste lebens- mark der deutschen spräche, d. h. bis in den laut, zur anschauung zu bringen. Wie viel weniger energie gehoert dazu, einer sprä- che neue begriffe, Wörter, gedanken und Wendungen in masse einzuimpfen, als dazu gehoert, auch nur eine einzige bedeutende stoerung der lautverhältnisse zu verursachen!

la zeigt sich aufser in dem zweifelhaften wahrscheinlich un- deutschen Diacl) nur auf einer einzigen seite unseres verbruede- rungsbuches, wo 77,is und 77,i9 Liafburc und Thiadgund von derselben band und nicht weit davon 78,34 ein auffallendes Pas- cuuuialh von einer andern hand geschrieben vorkommen. Ueber das letzte dieser drei Wörter wage ich kein urtheil; Liaiburc und

*) dergleichen formen sind ueberhanpt selten; ich kenne nur Tiulo urk. v. 800, 815 Neug., Tiude trad. Corb. 398 (viel!. Tiade zu lesen?), Diudecha urk. v. 1057 (N. 756) Dronke, Thiodemer mon. German. Vllf, 307, 310 (Sigeb. ebron.), Diudolf urk. aus sec. 9 bei Meichelb. Zuwei- len stehn daneben formen mit ui, die vielleicht nur Schreibfehler sind.

344 Förstemaun

Thiadgund können dem vocale nach SSchsinnen eder alaman- nische fraaen aas dem elsafe sein; die consonanten sprechen mehr faer das erstere. Den Baiern ist also unser ia ganz abzu- sprechen.

III. OA, UA, UO.

Ich darf diese drei diphthonge nicht zusammenstellen, ohne den einfachen vocal, aus dem sie entstanden sind, naemlich das 6 mit aufzufuehren. Doch bemerke ich ausdrücklich, dafs in der folgenden nebersicht nur diejenigen 6 in ansehiag gebracht sind, welche sicher einem goth., alts., ags., altn. 6 entsprechen. Un- sicheres ist nicht mit aufgenommen, eben so wenig natuerlich das aus goth. au entsprungene spaetere ahd. 6. Das ua dagegen kann ich hier fueglich uebergchen, da es dem dialekte des ver- bruederungsbuchs ebenso wenig angehoert als ia; Puantun 66, is enthält nur zwei aneinandergerückte vocale, keinen diphthong.

alicdegh ijltlmnepqrs

6 82 29 2 22 3 4 2 9 3 1 8 11 9 20 1

oa 2 1 1

no 12 11 46222213 142751

t u w x y bb cc dd ee ff gg ii jj kk 11 nn oo pp

6 2 5 25 12284 1122212

oa 2 4 2

uo 24364451- 3—1—2—3

«irres ACBEFIIKIP9T TW1

6 2 1 1 1—2

oa .

uo— 113 10 2721372773731

a ß 7 e C V & 6 2 111

uo 19 20 15 1 9 3 4

Also nur 6 und uo kommen unserer bairischen mundart zu, oa sehn wir nur 13 mal. Auch von diesen fallen Droant und Droan aus, die nur scheinbaren diphthong haben. Hazoaeha (I00,i o) ist offenbar misbräuchlich geschrieben, denn der name lautet sonst Hazacha (urk. aus sec 11 mon. Boica VI), Hazaga (urk. aus sec. 11 mon. Boic. X), Hazech* (urk. v. c 1070 bei Lacombl. N. 221), Hazzecba (mon. Germ. X. 214 in der vita Conradi), Hazega (mon. Germ. XI, 223 im chron. Benedictobur.), Hacecha (urk. v. 1028 bei Guden). Von den nun noch uebrig

die diphthonge im verbraefkrongsbuch von St. Peter. 345

bleibenden formen ist Oadalgaoz (70,2 g) ein fremder bischof, möglicherweise yon Troyes, obwohl mir das unwahrscheinlich ist, Oadalheri (110,io) nnd Oalger (110,29) sind beide weiter westlich im bairischen Moosbarg zu banse, nnd es bleiben also nur hoecbstens 7 namen, die Salzburgern eigen sein könnten, was nach allem hoechst unwahrscheinlich ist Es wird also die- ser alamannische diphthong, der auch noch weit ins bairische ge^ bW^ hinein galt, dennoch die geographische grenze seines ge- brau fehs schon westlich von Salzburg gefunden haben müssen. Ich habe bereits an einem andern orte dargethan, dafs sich als zeit der geltung von oa mit ziemlicher genauigkeit das Jahrhun- dert von\750 850 angeben läfst; damit stimmt auch sein vor- kommen bei den durch Karajan in diese zeit gesetzten Schreibern » (780— 8ty)), b (780—810) und x (800), und wir werden des- halb zwei v>pn Karajan unbestimmt gelassene Schreiber, nämlich dd (der OadaJger, Oadalhilt, Oadaluuih und Oadilolf hat) und oo (der Oatilo und Roacheri schreibt) mit grofser Wahrschein- lichkeit in die zeit von 750—850 oder da das verbruederungsbuch erst 780 beginnt, beide Schreiber aber nicht zu den fruehsten ge- hoeren , genauer in die zeit von 800 850 setzen. Noch eine sprachliche bestaetigung dieser bestimtnung finden wir darin, dafs beide Schreiber auch noch den diphthong ai kennen, der wie ich oben bemerkte, um die mitte des 9. Jahrhunderts um Salzburg schon verklungen ist*).

Da hienach fuer unser gebiet ein unmittelbarer uebcrgang ans 6 in uo ohne Zwischenstufe oa anzunehmen ist, so liegt es uns ob, den Zeitpunkt dieses ueberganges zu fixiren. Es ist zwar nicht zu leugnen, dafs sich uo schon am ende des 8. Jahrhunderts gebildet hatte und in denselben wortstämmen wie ö galt (so z. b. schreiben a und li neben hröd und möt schon hruod und muot), indessen ist bei den nm das jähr 800 herum schreibenden a U * x das 6 durchschnittlich noch viermal so häufig als uo. Um das jähr 850 schrieben die Schreiber dkq; bei ihnen ueber- wiegt 6 noch um mehr als das doppelte. Um 900 sehn wir bei und qq noch immer vorherrschen des 6. Es ist schade, dafs

*) nachtraeglich sehe ich, dafe in col. 96 unserer quelle oo da su schreiben beginnt, wo X (800) aufboert, und dafs q (820-860) erst in die von oo gelassenen lücken eintraegt, was mit obiger sprachlicher bestlmmung schlagend uebereintriflV

346 Foretemann

sich im 10. Jahrhundert selbst keine genau zu bestimmende und zugleich häufig eintragende band im verbraederungsbuch findet, sonst wurde uns der in diesem Jahrhundert geschehende um- schwung noch deutlicher vor die äugen treten. Um 1010 traegt y ein, er kennt nur noch ein 6 (Rotpurch), aber fünfzehn uo. Im 12. jahrhund, z. b. bei C, Q und ß sind die 6 vollends nur ganz sparsame erscheinungen und es ist fast mit gewifsheit anzu- nehmen, dafs die traeger der dahin gehoerigen namen nicht um Salzburg zu hause waren, was sich auch von mehreren derselben nachweisen läfst. Die zeit des ueberganges ist also zwischen 900 und 1000 zu suchen.

IV. AU, AO, OU.

Hierher mufs ich das spaetere dem goth. au entsprechende 6 ziehen, da es zu unsern lauten etymologisch gehoert. Die uebcr- sicht sämmtlicher vier zusammengehoerigen laute ist folgende:

abcde fgh 1 jltlmnepqr

au 6 5 1— 1

ao 66 12 9 i 3— 8 2 2 5 45

6 32 17 4 11 1 1263434 11357 11 ou 1 1 1

8 t u v w x bb cc dd ee ff gg hh ii 11 nn oo pp i^q^ rr

au— 1 1 1

ao 1 3— 2— 6 1 2 2 32

6—2133 Ii 1 1—38 2 2 25—2—2 l ou 1— 3 1

ss C E F «H I BTP Q VWX a ß y d e f n

au 1— l

ao

6 1 10 1 2 1 1 1 1 5 2 2 1 13 10 5 1 2 2 2 ou

Au, der eigentliche stammlaut der drei andern, erscheint nur noch bei den Schreibern ft und b, d. h. gegen 800, einige male, aber auch bei diesen nur ganz ausnahmsweise; aafserdem finde ich ihn in der ganzen Urkunde nur sieben mal, von welchen Gaunno bei hh eine unsichere lesart ist, Maurus bei t als undeutsch gelten mufs und Hyrsaugia bei TL ein seh waebi scher ortsname ist. Wirkliche geltung hat also der diphthong um Salzburg von ende sec. 8 an nicht mehr.

Ou hat nur in dem einzigen Outpurh sicher seine eigentlich ahd. bedeutung, vielleicht auch in dem zweimal erscheinenden

die diphlhonge im verbruederungsbuch von St. Peter. 347

Oato. Ia den uebrigen formen Hartmoat, Roudpirc, Oudalpirc, Oudalperht, Oudalheri, Oudaluuar, Hroucholf steht es, wie das auch sonst in Damen nicht selten ist, ganz unorganisch fuer ge- meiuahd. no. Dies schwanken mehrerer mundarten zwischen uo und ou, die spaeter ganz verschiedenen lautgruppcn angehoeren, verdient fuer die Zukunft einmal genauere erwaegung. Ich be- merke hier, dafs ich nur diejenigen formen iu anschlag gebracht habe, in denen die handschrift deutlich ein ou liest; wo das u ueber dem o steht, schien mir öfters eine Verwechselung mit dem blofsen längezeichen vorgegangen, häufig auch erweist sich der wiener abdruck grade in diesem punkle als ungenau; text und regisfcr weichen darin oft von einander ab. Daher mufste ich jene uebergeschriebenen u ganz aus dem spiele lassen, bemerke aber, dafs auch in den 40 50 fallen, in denen sie sich in der handschrift zu zeigen scheinen, meistens unorganisch fuer uo ste- hende ou anzunehmen sind.

Nach aussonderung des au und ou als ungebräuchlicher diph- ilionge bleiben uns nun in dieser gruppe noch ao und 6 als re- gelrechte laute ueb r ig, jenes als der aeltere, dieses als der jüngere. Bei dem Schreiber a ist ao noch doppelt so oft vorhanden als 6; er braucht aber beide laute ganz ohne unterschied; so lesen wir bei ihm Aotmar neben Otpald, Adalgaoz neben Mahalcöz, Caoz- perht neben Gözperht; sogar Schwankungen in demselben worte begegnen, wie in Aostargöz. Merkwürdig ist es, dafs der schrei- bet' i* (nach Karajan 780), der schon oben das ei dem ai im Wi- derspruch mit seinen Zeitgenossen vorzog, auch hier sich dem jungern laute zuneigt; ist es vielleicht moeglich ihn in jüngere zeit zu versetzen, zumal da seine lebeuszeit nur durch ein ein- ziges datum festgestellt wird?

In der zeit von 800—850 (vgl. die schreiber d, I, 1&, q) halten sich ao und 6 ziemlich genau das gleichge wicht, doch mufs bald darauf das 6 ueberwogen haben, denn gleich nach 1000 ist der ältere laut schon bei den Schreibern II, V, «, y gar nicht mehr zu finden, auch bei allen spaeteru erscheint er nicht mehr ein einziges mal.

Ein spalten des goth. au in zwei verschiedene laute je nach dem folgenden codsonanten , das sich sonst in den ahd. mundar- ten bemerken läfst (vgl. Grimm gramm. I), ist in den namen des verbruederungsbuches durchaus nicht nachzuweisen. Stämme, bei denen auf das au ein b p f m g k ch folgt, welchen eigentlich

348 Förstemann

ein längeres festhalten des alten dipbthongs zukommt, finden sich in den eigennamen selten, so dafs die wenigen der art ganz in die regel der uebrigen masse (wohrlndti folgen) hinueber- gezogen werden.

V. AE.

Folgendes ist die uebersicht dieses lants: » r ilh lklsp 4' s uxeeggnnoopp 58 12 6 1 2 2 3 1 1 3 4 1 2 4 1 1 2 1 l

Es waehrt also das ae nur bis ums jähr 900, spaeter ist es gänzlich untergegangen. Seiner bedeutung nach ist es in den meisten fallen deutlich nichts weiter als ein umlaut von a, z. b. Aengilscalh, Aengilperht, Aengüheri, AengUgaer, Raegindrud, Rae- ginfrid, Raeginolf, Raegino, Haerirount, Aegilperht, Aeti, Uuaern- haeri (Warinhari), Aernold (Arinold). Nach dieser analogie leite ich das im verbruederungsbuche sehr häufige Gaer-, -gaer ans der form Gari her, die sich in altern bairischen, fränkischen, langobardischen Urkunden öfters findet (Garibald, Garibert, Gari- fus, Gariard, Garimar, Garimund, Garivald), nicht aus Gair-, ' welches namentlich im westfränkischen dialekt des 8. Jahrhun- derts erscheint und erst aus Gari (wie Hair aus Hari ) transponirt ist Freilich weist jenes Gari— selbst auf ein älteres

Gairi (Gairu ) zurück, das indessen in ahd. namen nicht

ueberliefert ist (wol aber in den nordischen auf geir). Mir scheint die folge dieser formen diese:

Gairu

Gairi .... altn. Geir

Gäxi .... ags. Gar

Gair Gaer Ger

Emitaerc fasse ich als Emithari und vergleiche wegen des ersten theils Amathildis urk. v. 656 (N. 327) bei Pardessus. Amadildis pol. Irm. s. 15, Amatlaicus pol. Irm. s. 126, Emita urk. v. 822 (N. 396) Dronke.

Die form Naothaert ist zwar auf den ersten blick auffallend, doch begegnet in diesem stamm auch sonst umlaut, z. b. in Hert- ger urk. v. c. 1080 (N. 242) Lacombl., Heredrich fuer Herdrich urk. v. 1033 (N. 169) Lacombl., Hertwin urk. v. 1090 (N. 239) Kausl., Haertwich mon. Germ. XI, 552 (auetar. Cremifan.), Hert- wic urk. v. c. 1030 mon. Boic (VI) u. s. w. Aehnlich zu beur- theilen sind in unserer Urkunde auch Meginraet und Selphraet

die diphthonge im verbraederungsbucli von St. Peter. 349

Aas alle diesem geht hervor, dafs sich im verbruederunga- buche keine spur des fuer ursprüngliches ai stehenden und aus demselben unmittelbar hervorgegangenen ae findet, das sonst zu- weilen, aber selten, in älteren handschriften vorkommt. Es steht vielmehr dem unorganischen spaetern ei gleich, das selbst aus a umgelautet ist, wovon ich oben einige beispiele angefuehrt habe.

Die betrachtung dieses ae kann hienach erst bei einer um- fassendem Untersuchung der umlautsverh&ltnisse recht fruchtbar werden, und einer solchen Untersuchung ist unsere quelle sicher auch werth, so dafs wir sie ihr fuer die zukunft wünschen müssen.

Am Schlüsse' dieser diphthongenuebersicht finden noch einige auffallende formen ihre stellen. Ich 'lese im text des verbruede- rungsbuchs 69,3 von verschiedener hand die beiden namen Perht und Roeda, woraus das register ein Perhtroeda macht; fast das einzige ahd. beispiel eines oe, wenn die lesung wirklich sicher sein sollte. Feylhart 24,7 zeigt ein ey; den ersten theil des Wortes kann ich nirgend sonst in ahd. namen belegen; eine aehnliche form scheint Feilgon 71,ie; beide formen, die kaum zu feili ve- nalis gehoeren können, seien fernerer aufmerksamkeit empfohlen. Triphthonge im ahd. entstehen meines wissens immer (worauf sonst noch nirgend geachtet ist) aus Vermischung zweier diph- thonge, zwischen denen der Schreiber schwankte; so lese ich in unserer quelle ieo (io eo) in Dieotpreht und Dieoza, aei (ai ei) in Aeino, Aeingtnger, Haeilnit, Staeinahenses, ieu (iu eu) in Lieupurc. Hiltikiaer scheint reiner Schreibfehler. Das sonst be- kannte uoa (uo oa) begegnet im verbruederungsbuche nirgends.

Fassen wir die regel der diphthonge des suedoestlichen Baierns (denn fuer ganz Baiern ist sie nicht genau dieselbe), wie sie sich aus unserer quelle darstellt, in eine uebersicht zusam- men, so ist diese folgende:

ao 6

sec.

8.

ai

iu

6

sec.

9.

iu

6

sec.

10.

ei

iu

uo

sec.

11.

ei

iu

uo

sec.

12.

ei

iu

uo

o

d ö

Wenn es gelungen sein wird aehnliehe uebersichten ueber eine groefeere menge von gegenden aufzustellen, dann werden sich aus deren vergleichung allem vermuthen nach nicht uner- hebliche resoltate ergeben. Namentlich wird sich zeigen, dafs in

350 Schweizer

den eroberten ländern der deutschen dieselben lautverhältnisse ueber weit groefsere strecken landes gelten als in dem muttcr- lande. So finde ich durch ganz Frankreich vom Rhein bis zum Westen hin (mit ausnähme eines schmalen alamannischen Strei- fens) fucr das 8. und 9. jhd. kaum einen erheblichen dialektun- terschied, und eben so scheint die iangobardische mundart Italiens durch das ganze land ziemlich dieselbe zu sein, wa ehrend um dieselbe zeit in Schwaben. Baiern und am Main durchaus meh- rere oft stark unter einander abstechende schattirungen derselben hauptmundart angenommen werden müssen. Doch gehoeren zur auffind ung dieser schattirungen noch immer bedeutende vorarbeiten. Um aber schÜefslich zum Salzburger verbruederungsbuch zu- rückzukehren, so ladet grade seine natur noch zu manchen ein- zelforschungen ein. Gebrauch oder abfall des h im anlaut vor consonanten, Verhältnis der tenues und mediae zu einander, um- laut oder nichtumlaut, vocalabschwächung, namentlich die der thematischen vocale, und so manches andere, was in die lautlehre einschlaegt, in bezug auf den Wortschatz aber eine Zusammenstel- lung der um Salzburg in namen heimischen und nicht heimischen wortstamme, alles das sind fuer die Zukunft noch lockende auf- gaben.

Wernigerode. E. Förstemann.

De titolo Mummiano. De miJiario Popilliano ud de epigrammate Sorano. De Aletrinatium lapide.

(Drei akademische gelegenheitsschriften von prof. dr. Fr. Ritschi. Bonn 1852)

Für eine sichere künde der echten gestalt lateinischer sprach- formen und vorzüglich für eine genauere bestimmung der zeit, in welcher gewisse von ihnen auftreten, ist im einzelnen beson- ders während der letzten jähre sehr bedeutendes geschehen, da sich einige der ausgezeichnetesten, durch ihre gründlichen auf breiter grundlage aufgebauten forschungen und durch kritischen Scharf- blick vor allen berühmten philologen Deutschlands mit eigen- thümücher Vorliebe derlei Untersuchungen zugewendet, mochte dieses auch nur einzeln mit dem gedanken daran, das fundament

de titolo Maroraiano. 351

einer lateinischen Sprachgeschichte zu legen, in den roehrern fal- len zunächst zu dem zwecke geschehen, möglichst reine und wahre texte von römischen Schriftstellern herzurichten oder anderweitige historische resultate zu erreichen. Wir nennen als männer, wel- che auf diesem felde thätig gewesen, vor andern Bergk, Fleck- eisen, Mommsen, Ritschi; in anderer weise und mit besonderer methode bewegten sich Aufrecht, Curtius, Kirchhof? u. a. auf dem- selben gebiete. Die resultate dieser mühevollen und eindringenden Forschungen, auch der forschungen derjenigen, welche den x<xt' f±°X*iv sogenannten philologen angehören, sind selbst unter den engern fachgenossen bei weitem nicht genug und nach verdienen bekannt und gewürdigt; und eben so hat sie die vergleichende Sprachforschung noch lange nicht in dem grade in ihren kreis aufgenommen, als es wünschbar und nothwendig ist. Wir glau- ben demnach nichls nnnützliches zu thun, wenn wir einen Iheil derselben und wohl so ziemlich die neuesten hier zur spräche bringen; ein andermal ist es uns vielleicht möglich ihren gesamin ten vorrat h übersichtlich zusammen zu stellen. Am wichtigsten müssen uns die resultate sein, welche aus den vcrhältnifsmäfsig lautersten und untrüglichsten quellen geschöpft sind, zumal wenn sie durch eine ansehnliche zahl von belögen erhärtet werden kön- nen; nnd das ist vorzüglich mit denjenigen der fall, welche in den oben bezeichneten abhandlungen über mehrere von den inter- essantesten lateinischen Inschriften geboten werden. Wir versu- chen es, diese crgebnisse in die betreffenden fächcr der gramma- tik einzureihen, und gelegentlich wollen wir einzelne bemerk un- gen hinzufugen, welche uns anderswoher gewonnenes material an die hand gibt, oder zu denen uns die Sprachvergleichung veranlafst undbefähigt. Ritschi verfolgte in diesen Schriften mit grofser Virtuosität und mit trefflichem erfolge eine sichere methode: mit ausgezeichneter künde des Stoffes und mit wahrhaft beiieidenswcrthein Scharfsinne wird das grofse material der In- schriften gesichtet und alter nnd dauer der einzelnen spracher- scheinungen ermittelt; auch in die werkstätte der gleichzeitigen römischen dichter und gramraatiker werden uns da lichte blicke geöffnet und in überzeugender weise die auffallenden Wirkungen aufgezeigt, welche ihre bestreb ungen ausübten. Es ihut uns leid um unsere nächsten Zweckes willen und des charakters dieser Zeitschrift wegen hier absehen zu müssen von Ritschis schöner und überraschend einfacher darstellung des saturnischen verses,

352 Schweiier.

von seinen feinen bemerkungen Ober die ersten auf Inschriften erscheinenden lateinischen hexameter und über die gestalt derarti- ger carmina Oberhaupt n. s. w.

Der gewinn, den wir auszulegen haben, scheint wesentlich ein orthographischer; aber die Orthographie oder besser die Schreib- weise, die jedesmalige Schreibart des Wortes weist uns ja immer auf die ausspräche hin, und diese ist wesentlich zur forschung über die entstehung, wenigstens über die nationale anschanang der sprachlichen formen.

I. Zur lehre von den lateinischen vokalen. Die doppelung des Zeichens zur andeutung eines langen vo- kales ist weder so alt, noch war sie so vielfach gebraucht, als gewöhnlich auf unkritische nachrichten hin angenommen wird. Ritschi hat durch eine scharfe und strenge vergleichung der In- schriften erwiesen, dafs dieser gebrauch kaum vor 620 U. C. be- gonnen und bald nach 680 wieder aufgehört*), dafs er aber auch innerhalb dieses Zeitraums durchaus nicht allgemein war. Wie R. in der zweiten seiner oben bezeichneten Schriften s. 22 ff. durch eine feine Untersuchung darthut, ist diese Schreibart erst durch den dichter und grammatiker Attius (584 670) ins lateinische eingeführt worden. Dafs die neuerang nicht weiter um sich ge- griffen, davon liegt die Ursache theils gerade darin, dafs es eine plötzliche neuerang war, theils aber ward sie von dem geistrei- chen dichter Lucilios, welcher, wie auch andere römische dich- ter, namentlich ein Ennius, ebenfalls der grammatik pflegte, ernst- lich angefochten. Die gemination war aber auch von Albus nicht auf alle vokale ausgedehnt worden, sie betraf nur a, e, u, nicht aber i und o. Als zeichen für i fand er schon £1 vor, welches allmählich neben dem noch frühern E (c) aufgekommen war; und oo für 6 konnte er von den Oskern, denen dieses zeichen mangelte, nicht aufnehmen. Denn Ritschis ansieht, dafs A. diese Schreibart nicht willkürlich erfunden und rein aus seinem köpfe geschaffen, sondern sie von den unstreitig gebildeten und in der bezeichnung der laute recht feinen Oskern entlehnt habe, ist

*) VV im accus, plur. der vierten declination scheint .eine beson- dere ausnähme zu machen. Mominsen weist es uns mehrfach bis ins erste und zweite jahrh. nach Chr. hinein nach,' freilich immer hinter c, PORTICVVS, LACVVS etc.

de titnlo Mammiano etc. 353

wohlbegrundei. Uebrigens ist bekannt, dafs die gemination der vocale auch im oskischen «nur in beschränktem mafse zur an- wendung kam." Und ebenso kam die umbrische weise, lange vocale durch doppelung mit zwischengesetztem h oder mit hin- zufügung eines h zu dem einfachen vocale anzudeuten, wenig- stens nicht durchweg zur geltung; aber hier fehlte ihi. ih für i und oho, oh für 6 nicht. Aehnliche versuche wurden, wie wir wissen, im althochdeutschen schon und zwar in dessen frühesten denkmalen gemacht (Grimm d. gr. 1,90). «Doch solche Schrei- bungen blieben ausnahmen und Seltenheiten.»

Stalt des dipht bongen AI oder später AE erscheint auf dem miliarium PopilHanum (a. u. 622) einmal die form AEI in CON- QVAEISIVEI. Aufserdem weifs sie R. nur noch zweimal aufzuwei- sen Caeicilius auf einer inschrift vom jähr 613 und dann auf einer münze, welche die ältere Schreibart länger erhielt. Das können wir doppelt fassen: es soll damit entweder der einflufs des fol- genden i auf a hervorgehoben werden, so dafs ae zusammenge- hört und i nachschlägt, wie in althochdeutscher Orthographie ver- einzelt ai st. e sich zeigt; oder aber ei ist = oskischem i, wie denn osk- ai gerade in dem worte kvaistur auftritt, so dafs da- mit ein mittellaut zwischen e und i bezeichnet wird. Wichtiger aber scheint uns, dafs auf alten denkmalen und bis nach 640 IL C. in vevbalen Zusammensetzungen noch ae sich findet statt des später gebräuchlichen i, während umgekehrt um dieselbe zeit in gewissen compositis i erscheint, statt des nachher gangbaren ae. So finden wir conquaero und exaestumo, und neben ihnen pertisum, distisum, deficaiam. Ueber pertisum und distisum hat Dietrich I. 8. 550. gesprochen, und nach seiner auffassung ist dieses statt des spätem -taesum leichter zu verstehen als conquaero, exquaero, exaestumo st. conquiro, existumo. Wir sehen daraus, dafs eine geringere oder bedeutendere hervorhebung des verbalen thciles der composition zu verschiedenen zeiten verschieden stattfinden konnte; vielleicht läfst sieh in der folge auch die widerstehende kraft eines folgenden consonanten oder einer consonantenverbin- dung aufspüren.

E, e für ein später consequent auftretendes i ist altert hum- lich, und sein gebrauch auf Inschriften hört im ganzen mit dem jähre 620 U. €. auf, so dafs R. aus der folgenden zeit nur drei giltige beispiele beizubringen weifs. Auf den hier behandelten inschriften finden sich mereto, mereta, semol, soledas, calecandas;

IL 5. 23

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die drei spätem beispiele sind : Decluninebus, posedet f. possidet, oppedeis. In einigen dieser Beispiele ist e entschieden ans ur- sprunglichem a geschwächt den aasdrack brechung vermeide ich hier absichtlich , so in posedet f. posidet, ans pot und der würzet sad, sed, ed, in oppedeis, dessen zweiter f heil sicher dem skr. padam, griech. nidov entspricht, und in semol. Offenbar stammt dieses adverbiam von skr. sama, griech. 6po9 gotli. sama etc., wie auch das gleichbedeutende, aber nicht gleich gebildete simitu: dieses scheint uns einem skr. samatha zu entsprechen) während simul ein samatra, samatra voraussetzt, wie cor ein cutra und -eul in proeul ebenfalls ein kutra. So ist auch in soledus e zuletzt ans einem a, o hervorgegangen und darf nicht eigent- lich als bindevocal aufgefafst werden; denn soledus ist = solodos «grund, boden verschaffend oder gebend, fest.» Calecandam st. calicandam zeigt ein vom lateinischen Standpunkte aus ein- geschobenes e, über welches im verfolge besonders zu sprechen sein wird. In mereto o. s. f. mag der bindevokal in älterer form erhalten sein, jedenfalls können wir nieht behaupten, dafs hier c einem alten i entspreche; und eben so wenig läfst sich das für e in tempestatebus aufstellen. Auch dieses e ist vom römischen Standpunkte aus kaum anders denn als bindevocal zu fassen, so sicher es auch ist, dafs -tat and griech. rtjr ein altes Uli vor- aussetzen; der genetivus -ium, der in solchen bildungcn auftritt, zwingt uns nicht anders zu entscheiden. Schwerer ist es, die auf den tafeln von Heraclea erscheinende form habetabetur zu recht- fertigen, wenn wir darin nicht einen idiotismus erblicken wollen, der in einer Verwirrung, auf die wir später zurückkommen, ge- gründet ist. Doch im gründe ist auch in dieser form e, 1 binde- vocal and nicht altes 1; ja wir wollen es nicht als eine Unmög- lichkeit ausgeben,. dafs e in bet aus beit, bet hervorgegangen sein könnte, da das fut. conjunetivisch gebildet ist und bo aus bjo entstanden scheint. Viel seltener als vor consonanten findet sich auf Inschriften e st. 1 vor vocalen, 60 auf der Ficoron. cista, deren sprachliche eigen thürn lieh keiten von nnserm treffli- chen Mommsen zusammengestellt und erörtert worden, iilea f. filia, und wie dieser gelehrte angibt, auf einem recht alten steine Feronea st. Feronia : dieses e offenbar ein altes i oder j scheint uns besonderer art zu sein, und wir möchten es fast dem ahd. 5a für ja, ia dem gr. e in ya/«ö}, noUtog vergleichen. Gehen wir nun auf die Schreibart der besten codd. über, so sind da e und

de titolo Mmiimiano clc. 355

i als bindevocal oder themavocal ununterschieden gebraucht in den formen gemebundus, tremibundus n. a. Anderseils bieten in einigen vv. auf -sco, weiche von stammen der zweiten conju- gation ausgehen, die vorzüglichsten manuscripte des PJautus, Ci- cero nnd Livius i als bindevocal, in conlicisco, delitisco; für. lu- ciscit spricht die handschriftliche autorität im Terenz, und als altertümliche form für flaccescit wird uns flacciscit ange- fahrt; umgekehrt erscheint bei Attius fragesco, welches aber viel- leicht nicht unmittelbar von frango herkommt. Ob da die grieeb. evQiaxco etc. eingewirkt haben? Oder ist das geschichtliche verhälhiifs das, dafs auf ein ursprunglicheres -esco -isco giltig ward und dann die reflectierende grammalik wieder zu trennen und zu ordnen strebte? Auffallend und uns noch nicht ganz klar ist der Wechsel, von e und i in den fällen, welche Lachm. ad Lucret I, 1 besprochen hat Den beispielen filca und Peronea entsprechen die handschriftlichen labea neben labia und labeones neben labiones. Andere erscheinungen übergehend führen wir hier noch an, dafs nach einer im rhein. mueeum niedergelegten Unter- suchung Ritschiff, welche mit auf die vorzüglichsten handschrif- ten basiert ist, ein ursprüngliches e oder ein e, dessen einstige

länge aus dem volksbeWofstsein völlig verschwunden ist in

der Zusammensetzung vor consouanten in 1 übergeht. Ein ge-

schwächt«* ursprüngliches a ist dasjenige e, welches ßr älteres lat. o, u im part. fut. pass. etc. erscheint. Die formen auf -endus sind gar nicht so überaus jung, wie gewöhnlich angenommen wird; schon im S. C. de Bac. findet sich sogar faciendam, und im siebenten jahrb. halten sich auf den Inschriften die formen auf -endus und -undus so ziemlich das gleichgewicht. Fassen wir alles zusammen und bedenken- wir, dafs selbst die besten codd. auch in dieser beziehung nur relative geltung haben, so dürfen wir mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dafs vom nationalen Standpunkte aus lat. e für älter und stärker gelten mufs als das später für dasselbe eintretende 1; übrigens zeigen sich abge- sehen vom auslaute und von den. endungen auf schriftlichen denkmalen wohl nur selten spuren von einem e für stamm- oder wurzcjhaftes, in den verwandten sprachen wohlbegründetes 1, und e wird weit aus in den meisten fallen die bestimmt erkannte übergangsstufe von a zu i bilden. Ein unorganisch aus 1 gebreite- tes 8, wie es allerdings in den -übrigen ital. dialekten nicht an deren- vortheil häufig auftritt, bricht also im lateinischen seltener

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hervor, d. b. ein fcssura f. fissura, «in Ted« f. «des, ctn da f. ita wird wohl nicht auf denkmaien erscheinen; erschienen sie aber, so müfsteu «ie vom nationalen Standpunkte ans als die 5llr- ren formen aufgefafst werden. Ob em rar im, enm eine solche bildung »ei, ist mir noch nicht ausgemacht, da mm sanskr. im (wie kirn, «im) zu entsprechen scheint, üeber auslautendes e in mare, mage, pole, levc, amabare etc., e in den endungen, wie aediles, im Schlüsse von Zusammensetzungen, wie in-dcx, vin-dex. comes sprechen wir ein andermal.

Langer als £ tiir i dauert auf inschriften der gebrauch von E, e filr und neben Ei, I (R. bringt dafür ein beispiel vom j. 656 U. C. bei), so in IVRE DEICVNDO, im inlaote (aber vor r) in PAPER1VS u. a. Besonders heben wir hier den unten weiter su besprechenden fall heran*, wo ES für späteres EIS im nomi- nativus plur. von o -stammen erscheint, als QVES, CONSCRIP- TES, DVOMVIRES u. a. Solches ES verschwand lange vor der sullanisclien zeit aus den denkmaien. In dieser Verwendung des E und überhaupt im gebrauche dieses lautes und buchstabens be- rührt sich das altlateinische aufs engste mit dem umbrischen, und wir dürfen darum ohne weiteres auf die so gediegenen forschon- gen von Aufrecht und Kirchhoff verweisen. Auf e für i in der bauernspracke gehen wir hier nicht ein.

EI ist, wie in den italischen dialekten überhaupt, so auch im lateinischen durchaus nur Vertreter des langen !, aber jeden- falls diesem in der ausspräche so wenig ganz gleich, als das go- thische EI, da wir es in einzelnen feilen ganz bestimmt als uber- gangsstufe von ai, oi, e zu i finden. El wurde nicht richtig in einzelnen fällen auch für 1 verwendet, so in eidem ious in der sent. inier Genuat; und Ritschi selbst bringt im rhein. museum FACEIVndum und SE1BI bei. Sollte es nicht auch zuweilen ein oskisches i d. h. ein zu e hinneigendes i ausdrucken, wie es umgekehrt etwa im ahd. ein durch i afficirtes ä bezeichnet? Als Attius seine neuerung in betreff der langen vocale einführte, stellte er für i nicht ein ii auf, sondern verwendete au dessen stelle das hergebrachte EI, welches nun seit 620 U. C. besonders häu- fig auftritt. Diese bezeichnung fand auch um so eher aufnähme, weil Lucilius in dem stücke nicht durchaus anderer ansieht war; nur wollte er die beiden möglichen Schreibweisen 1 und EI zu sicherer ausscheidung sonst zusammenfallender formen benutzen. Erst gegen das ende der Augusteischen herrschaft ward wieder

de litulo Mumniiano elc. 357

durch eine neue thcorie das grofse oder lange 1 für ii eingeführt, während die Verlängerung der übrigen vocale durch ein accent- zeichen angedealet ward. In der abhandlung über den tit. Mnnim. pag. XVI. bespricht R. einzelne formen, welche £1 zeigen, wäh- rend für spätere zeiten die kürze der betreffenden siJben feststeht oder neben der länge auftreten kann. Als falsche und nicht recht beglaubigte erschein ungen werden QVEIBVS nnd SEINE aufge- führt. Aber es scheint uns nicht unmöglich, dafs die erste silbe von SEINE, sine wirklich einst lang war: seine scheint gleich- gebildet wie pone (ans posne), dene in denique aus de u. a. d. h. es scheint zusammengesetzt aus sed, se, dem ablativus von se, sva, der auch selbst schon in dieser bedeutung vorkommt, und ne, dem locat. von na eine bildung, die, wie in den italischen, griechischen und ^germanischen sprachen, so auch im sanskrit nicht selten auftritt. Wir wagen freilich nicht für diese Verkür- zung des inlautenden e, ei nisi anzuführen, das z. b. Freund aus u ei, ni -si entstehen läfst. Wohlbegründet ist die länge in SEIT. Die echte gestalt dieses conjunctives im. lateinischen ist si£t, ent- sprechend dein sanskritischen syät, eigentlich « er möge gehen zu sein», und dem griech. ety z=.iairi(t)\ ja und ie wurde nach vie- len analogieen in i, e, ei zusammengezogen. Die Verkürzung vor t ist nach den forschungen Ritschis und Fleckeisens erst eine spätere, wie in allen ähnlichen formen. Nicht weniger gesichert ist durch den gebrauch der alten römischen dichter das i, ei in der ersten und dritten person singul. des perf. indic, und EI in POSEDE1T, REDIEIT u. a. darf nicht mehr als falsche Schreibart angefoch- ten werden. Das faktische ist von Lachmaun zu Lucretius und von Ritschi und Fleckeisen zur genüge nachgewiesen. Und die länge des i wird wenigstens für die erste person überdies durch das umbrische pihafei, piavi als alt bestätigt. Ein redieisti, re- dieiinus, redieistis aber werden sich nicht aufweisen lassen. Wie erklärt sich dieses e, ei, i? Dietrich in seiner interessanten beur- theilung der Sprachvergleichen den beitrage von Curtius sucht die länge in der ersten person durch die beobachtung zu begründen, dafs im lateinischen auslautendes i und u selbst unorganisch ver- längert werden was sich etwa aus ihrer halbvocalischen natur erklären dürfte. Aber umbrische« pihafei denn im umbrischen scheint Dietrichs beobachtung nicht giltig zu sein, und ei in der dritten person erweisen diese erklärung, die sonst schon besser be- gründet sein müCBte, als durchaus ungenügend. Und eben so we-

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nig wird sich nun die dentung von Curflius halten lassen, wel- cher meint, ei in der ersten person sei eine Verlängerung zum ersatze für weggefallenes m, das ei vor t aber noch nicht kannte. In der nmbrischen formenlehre von Kirchhof! Aufrecht §.66 le- sen wir: «Nachdem einmal die aoristnatur des römischen perfec- tnms erkannt worden, machen wir darauf aufmerksam? dafs die vedensprache uns erste personen des aoristes, wie badhim f. aba» dhisham «ich tödtete» erhalten hat. Auf dieses im möchten wir jenes 1 zurückführen etc.1* Die zurückfuhrung des lateinischen perfectums auf den sanskritischen und griechischen aoristus in beiden formen, der einfachen und sigmatischen, ist freilich keines- wegs eine abgemachte sache und wird z. b. von Curtius * nicht ohne grund bestritten ; wie das deutsche präteritüm zeigt, ist sie auch nicht um derbedeutnng willen nothwendig. Noch bedenk- licher dürfte es manchen erscheinen anzunehmen, es sei mit der reduplicierten form oder mit der schon sigmatischen noch eine zweite sigmatische verbunden worden: dedeit, posedeit, umbr. rere, dessen auslautendes e so gut lang sein kann , als im latein. dedet, standen für dadishat, dadit, posedishat, posedit, scrlpsi f. scripsisham, scripsim u. a. Und doch, da das i als organisches i fast erwiesen ist, wüfste ich keinen andern ausweg zu finden- man müfste denn auch in der dritten person die länge durch an- nähme eines ersatzes für eine, verkürzte endung vertheidigen wol- len. Auf diese . weise erklären sich auch am einfachsten die zweite person sing, und plor. mit dem sonst immer räthselhaften und durch keine lat. - analogieen erklärlichen s, welches vor m der endung mus ganz regelrecht und ohne weitem einflufs ge- schwunden wäre, wie in Camena , Camillus u. s. f. An der Zu- sammensetzung der dritten person plur. hat noch niemand, der beobachtete, gezweifelt. Composition reduplicierter formen mit einem hilfsverbum überhaupt und durch alle personen findet sich aber auch im sanskrit (Benfey sanskritgr. §.836), und vielleicht im griecli. perfectum, dessen xa uns sonst unerklärlich bleibt. Von andern längungen in endsilben lateinischer Wörter, vor r, s, t, die von beschränktem Standpunkte aus als unorganisch erschei- nen könnten, sprechen wir in einer künftigen abhandlung ausführ- licher. — Aufser diesen perfeetformen bringt R. aus Inschriften TIBEI, SIBEI, IBEI, VfeEI , NISEI bei, welche er bereits in den prolegg. zu Plauius p. CX1X. besprochen hatte. Man könnte an- nehmen, in diesen formen und so auch in VTEI sei rein der um-

de tituio Muumiiauo clc. 359

stand Ursache der länge, weil hier i in den auslaut kommt, ge- kürzt aber seien sie worden als jambische wortformen; und - man durfte allerdings nicht behaupten, dal« das bewufstsein der spräche geschwunden, wenn auch bei hinzutretendem enclitischem que die alte länge fortdauerte. Ist es aber möglich £1, i ratio- nell' zu erklären, desto besser. Am sichersten dürfen wir i als alt und echt ansetzen in nisi, quasi u. a, da uns hier die übri- gen italischen dialekte treulich zu hilfe kommen; denn si ist = umbrischem sve (nisi = nosve), oskischem svai. Die silbe -bi in ubi, ibi, tibi, sibi, hi in mihi scheinen dem sanskr. -bhyani, ~fjyam zu entsprechen, neben welchem auch schon mit abgestofee- nem m -bhya vorkommt; aus bja konnte -be, -bei werden, wie im sanskrit ans kavjas kaves. Eine ähnliche erklärung gibt, wie ich eben sehe, auch Bopp iu seinem neulich erschienenen letzten hefte der vergl. grammatik. VTEi hat jedenfalls orga- nisch langen austaut, mag es nun nicht nur dem sinne nach, son- dern auch in der fonn==umbr. puze, oder mag ei eine ersatz- delniung sein, sofern ein schliefsendes d abgefallen wäre, wie. dasselbe im ablativ, im imperativu«, in red u. s. f. geschwunden ist. Viel auffallender als all dieses ist uns die länge in suaveis, hostis, quisquis , für welche Ritsch! in seiner ersten abhandlung 8. XVI. beweise aus hexaui eiern auf iuschriften beibringt Wir gestellten, dafs uns ein innerer grund dieses £1 nicht klar ist: snavis ist mit formen. wie tenuis, brevis u. s. f. zu vergleichen, es ist griech. jjovs, sanskr. svadu, wie tenuis = einem *rarvs^ skr. tanu und brevis = ßgaflig, d. h. diese adjeetiva auf u gehen im lateinischen in die i-declination über, wie ähnliche Übergänge auch auf dem germanischen Sprachgebiete statt finden und z. b. goth. hardus = griech. XQaivSi skr. kratu, im genitiv bardjis, inj daliv hardjamma lautet u. s. f. Hostis entspricht so genau als •möglich dem deutschen gast, goth. gasts für gastis und ist mit dem affixe -li gebildet, welches ursprünglich nicht bloß und al- lein abstraeta gestaltet. Und quisquis ist doch nichts anderes als eiu wiederholtes quis=:skr. ki-s. Im oskischen und uinbriseken linden wir umgekehrt den genitiv in der i-deklination verstärkt und das hat seinen guten grund, d. h. wenigstens seine bestimm- ten analogieen. Dürften wir annehmen, das sei auch im lateini- schen so gewesen und der genitiv habe auf die bildung des schon sehr ähnlich erscheinenden nominativs zurückgewirkt, oder wol- len wir solchen einüufs dem nominativ plur. einräumen ; oder ist

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gar die vermuthung erlaubt, die reine i-dekiination sei überhaupt im lateinischen verkümmert, und gar viele i-themate, namentlich die adjectivischen, seien eigentlich ja-themata, wofür nicht nur die analogie des gothischen, sondern auch innerhalb des laleini- sehen die Übergänge zwischen dritter und fünfter declination xu zeugen schienen, dann die w.w., die im nominativua -es und -is neben einander zeigen wie ?olpes uud volpis, feles und felis. Beiläufig bemerke ich noch, dafs wir nach den schönen Untersu- chungen Westphals mit ziemlicher Sicherheit annehmen dürfen, dafs das gothische sutis, tjdvg, snavis für sut jas oder suteia steht. Sollte keine dieser vermuthungen stich halten, dann sind wir freilich genöthigt, dem schliefsenden s zuweilen verlängernde kraft einzuräumen, wie sie freilich unsers Wissens bei Eunius nnr in der Arsis vorkommt, in den beispielen Ritschis zweimal in der thesis wirkt. Ueberdies ist eine der Ennianischen stellen, in wel- cher diese erscheinung sich im dat. plur. auf -bus zeigt: praepe- tibus hilares etc. nicht auf gleichen fufs mit den übrigen zu setzen ; und sanguis, pulvis haben ganz andere berechtigung, so dafs am ende nur populus als belag für diesen rein lautlichen einflufs übrig bleibt. Als reine dichterlicenzen , denen man auf durchaus kei- nem rationellen wege beikommen könnte, mögen wir die obigen quisquia, hostis, suaveis noch nicht ansehen.

O, o erscheint bekanntlich auf alten Inschriften häufig an stellen, wo später statt seiner ein ü auftritt, d. h. es verhält sich zu u, wie e zu i. Zunächst kommt es so vor für ein früheres & in den flexi onsendungen des nomens und verbums und, dürfen wir auf ein beispiel schlösse bauen, länger im letzleren. Die formen -os, -om statt der gewöhnlichen -us, -um reichen, anfser bei vorausgehendem v, kaum bis in den anfang des 6. Jahrhun- derts hinein; denn ANT10CO auf einem denkmale vom j. 688 hat seine entschuldigung und begrün düng als griechischer name. SONT erscheint noch um 620, während die übrigen belöge auch für verbalformen DEDRO, DEDROT, COSENTIONT sämmtlich nicht über das 5. Jahrhundert hinausgeben. Sonst bleibt o län- ger 1) in Stammsilben, wie poplucus und poplicus; publicus ge- winnt über poplicus und puplicus erst nach 643 ein ganz ent- schiedenes Übergewicht, obgleich PVBLIVS sich schon auf einer alten Scipioneninschrift zeigt. Die form nontiare st nuntiare erscheint noch ums jähr 643 neben consulere; detolerit neben dctulerit. In nontiare und poplicus ist freilich dieses o eigenthüm-

de titulo Mommiano etc. 361

lieber art, wie sich unten ergeben wird. 2) In nicht slaminbaften silben oder solchen, die es wenigstens dem nationalen sprackbe- wnfstsein nicht mehr waren, erhielt sich ein solches o ebenfalls lange hinaas: Hercules statt Hercoles findet sich zuerst nm 608 und populus um 620. Ein ganz anderer fall, wie schon gesagt, ist es, wenn o sich nach vorausgehendem u oder v erhielt, da die Römer es möglichst vermeiden, gleiche oder so ähnliche laute sich unmittelbar folgen zu lassen. Vor beginn des 8. jahrh. oder vor dem ende des siebenten werden daher kaum auf einer inschrift vivus, arduum, confluunt, vivunt zu treffen sein ; ja nicht einmal suus, tuas, suum, tuum, welche etwa als ausnahmen betrachtet zu werden pflegen, haben irgend welche stutze in den Inschrif- ten. — Die besondere form ollei för illei findet sich nicht ein- mal auf denkmalen des 5. und 6. Jahrhunderts, und doch er- scheint sie zweimal auf solchen, die dem ende des siebenten an- gehören, da zuweilen ganz alterthumliche formen absichtlich her- vorgezogen worden. Scbömann (zeitschr. für die Wissenschaft der spr. 1, 259) hat in einer übrigens sehr beachtenswerthen ab- handlang offenbar einen mifsgriff gethan, wenn er ollus von ille ableitete, mit Verdunkelung des i in u, o. Er fährt dann fort: «Auch die adv. uls, ultra «jenseits» gehören entschieden zu ille, wie eis. citra « diesseits» zu hie, dessen h aus c geworden ist.» Von uls und ultra sehen wir ab und bemerken nur, dafs die herausgeber der umbrischen denkmale gewifs nicht ohne grund umbr. hufra, hondra und griech. voreQog damit zusammengestellt haben. Olle aber kann um so weniger = ille, wenigstens gram- matisch nicht ans diesem entsprungen sein, da im oskisdien allo = olla, illa vorzukommen scheint. Pott etyra. forsch. II, 134. möchte beide w.w. als deminutive ansehen, ollus von an, wel- ches auch in alius, alter u. s. f. sein n mit 1 vertauschte, ille von 18 (besser wäre zu sagen von id); er stellt also ollus, ille mit ullus n. s. f. der bildung nach auf eine linie. Aber viel größer ist die Wahrscheinlichkeit, dab hier composition vorliege, die freilich nicht bis zur evidenz zu erweisen sein wird. Denken n wir daran, dafs lat. sollus oskisches sollo, deutsch all anerkannt und ausgemacht = salvus, skr. sarva, griech. olfog, dafs aber schon skr. sarva aus satravat (mit dem « zusammen» versehen, beisammen seiend) verkürzt sei, so wäre es nicht eine durch nichts gerechtfertigte kuhnheit, al in allo, ollus aus atra, ar (vom pronominalstamme a), il von ille aus itra, ir vom (pronominal-

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stamme i) herzuleiten und dann -lus und -le entweder aus va, ve oder aus ja, je entstehen zu lassen, in derselben weise assi- miliert, wie in sollus. Gegen die deutung aus arva, irva spricht jedoch das d des neutrums, so da£s wir jedenfalls ja = skr. ya «qui»=:griech. og als zweiten theil fassen mufsten. Vgl. golh. hvar-jis wer? eig. «der wo seiende»? Wir lau gnen jedoch nicht, dafs die pronomina auch unmittelbar aus zwei stammen zusam- mengesetzt sein können, so dafs man in -lus, -le eine «atslellung von -tya, -dya sieht und ollus das umgekehrte deiva, goth. jains wäre.

Ol. Auf den altern denkmalen erscheint nie die form OE st. Ol in ploirume, oino, oinvorsei, foiderati, comoinem, oitile; in curare und dem in den lauten ähnlichen moros zeigt sich u nicht vor 643 U. C, und coerare, welches selbst im 8. jahrh. gebräuchlich war, kam erst nach 640 in gebrauch, wie foedere, oetantur, loedos, moerum. Aber neben OE dauert Ol bis nach der mitte des 7. Jahrhunderts. Von den genannten Wörtern ent- spricht oinus dem skr. ehas, dem goth. ains, nicht aber, wie Heffter in seiner an mancher stelle ganz bodenlosen geschiente der lat. spräche meint, dem griech. dgzztvgL <sevg. Denn we- nigstens die ersten zahlen werden im indogermanischen sprach- stamme sicherlich durch pronominalstämme ausgedrückt, wie ja auch skr. eka , unus im oskischen als pronomen wiederkehrt Foidus, foideratus sind offenbar mit zulaut (skr. guna) gebildet aus fidere, nefaoficu, cf. ne'noi&a* Comoinis möchte sich am leichtesten ebenso deuten lassen aus co und moinus Ton w. rai, einer nebengestalt von mä, eig. «messen», aus welchem begriffe eich schon im sanskrit auf den. ersten blick- gar fremdartig er- scheinende entwickelungen zeigen; eben dahin gehören ntöeuia und moenire; und moerus , " inurus unterscheidet sich nur durch das affix. Das oskische miuniku etc. beweisen uns das alter die- ses zulautes; unverwandt aber damit ist osk. comono, welches freilich eben so wenig mit xoo'p? in Verbindung stehen wird. Renfey stellte im gl ossär zum Samaveda das wort murus falsch mit skr. mür «festung, mauer» (ursprunglich wohl omringung. einzäunung von w. vr) unmittelbar zusammen, da sein mürus eben nicht lateinisch ist; und sollte moirus, murus mit irgend einer berechtigung mit skr. mür verglichen werden, so mü&ten wir wenigstens eine weitere bildung aus derselben würzet an- nehmen, und oi ähnlich erklären wie e in 6kr. ceru, kern u. s. f.

de titulo Mummiano etc. 363

Oitile, oitier u. 8. f. finden ihren verwandten im osk. nittiuf; aber aber die etymologie des Wortes sind wir nicht im reinen. Pott fragt, ob aus vi-yat, Benfey denkt an skr. yut für yu und lä'fst die form oilier aufsei* äugen; wir wollen nicht eine dritte eben so unsichere vermuthung hinzufügen. Ob coira, cöirare zu- sammengesetzt sei oder einen zulaut enthalte (sie mit quaeso, quaero zusammenzubringen scheint uns nicht gerathen), sein oi ist gesichert genug. Wir denken bei diesem worte an die Wur- zel kr, kar, und vergleichen mit oi das oben erwähnte skr. e, d. i. ai in kerus und ceru. Loidere, loidus wollen einige, indem sie freilich dabei nur die form ludus erwähnen, an skr. hläda halten; andere (Bopp) nehmen als wurzei div «spielen» an, da dieses auch in (d)jocos zu gründe liege. Wer diese ansieht sprach- lich rechtfertigen will, wird aber etwas anders zu werke gehen müssen, als es bisher geschehen; am wenigsten schwierig ist da- bei der Übergang Von d in I, der auch in lacrima neben oaxgv, goth. tagr, in lautia für dautia u. s. f. vorliegt. Vielleicht ist vor -das ein consonant eingebüfst. . .

Fast noch schwieriger als Ol ist die lautverbindung OV. Solches OV kommt um die mitte des 7. jalirh. nicht mehr vor, aofser in den w.w. 10 VS, IOVSSI und ähnlichen. Das sind gleichsam legalisierte formen, welche bis in den anfang des 8. jahrh. hineinreichen, doch nicht unumschränkt, so dafs schon um 619 OV und V in denselben wechseln. Sonst tritt OV auf in NOV- CERIAM für NVC. oder NOC, LOVCINA, LOVCANA, NOVN- DINVM, PLOVS und PLOVRVMA, FOVRIO, DOVCERE, PO- LOVCTA, POVßLICOM, ADIOVTA, CLOVACA, TOVTIA, FOVLVIVS, CLOVLEl, SOVOS, SOVOM., FLOVlOS, CON- FLOVONT. Mommsen hatte in seinem köstlichen werke über die italischen dialekte s. 218 geäufsert: «Vielleicht läfst es sich erweiseu, dafs in allen lateinischen wirklich alten inschriften ou nicht u, sondern ov sei»; und Ritschi sagt in der abhandlung de miliario P. p. 34: iam confidenter amplector, quod modeste Momm- senias coniecit de diall. p. 217. seqq., non unius simplicis vocalis loco illam esse OV scriptnram, sed o vocali et conso- nanti composüam syllabam. In sehr vielen fällen ist dieses be- stimmt richtig, dafs ov nicht nur nicht = u, sondern dafs es über- haupt nicht, rein vocalisch ist, in conflovont, so vom, clovaca , über- haupt *>ei folgenden vocalen; aber kaum fand dasselbe auch im lateinischen vor dem consonanten statt in DOVCERE, und es will

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uns fast scheinen, als sei der Übergang von ov in ou in NOVND1- NVM, IOVS, PLOVS u. s. f. der grund gewesen, waram ein ur- sprünglich folgender vocal ausfiel Eine ganz andere frage ist nun die, ob OV ein zeichen für u (für ü sicher nirgcn<J) gewesen sei. wie man das gewöhnlich annimmt. Den ersten grund gegen diese annähme sieht R. darin, dafs neben ov auf demselben denkmale sehr häufig ein ü vorkomme, und dafs gewisse w.w. uur ov, an- dere nur ü haben. Zweitens erscheint, wenn sich die Wörter «i ändern anfangen, in ihnen o vor dem späteren u. Drittens geht aus CLOVL1VS nicht ein Clolius oder Clulius hervor, sondern Cluilius oder Cloelius. Die von Ritschi angefahrten fälle sind gar nicht alle gleicher art. In flovins und conflovont könnte man zulaut annehmen, wie in Qtfog, (>(fG>, rrksfo), aXo/og^ aber ab- solut notliwcudig scheint das nicht zu sein : wie in pluvia, wohl alt ebenfalls plovia, so durfte auch in flovius und in conflovont das v nur eine lautliche brücke bilden, d. h. aus u v in dersel- ben weise sich entwickeln ab im sanskrit und deutschen; uv, uu aber vermeidet das lateinische um des mifstons willen, ob- gleich dieses in uva wohl sehr frühe bestanden hat*). Dieselbe deutung würde auch für cloaca passen, welches wort jedenfalls eine w. clu, sei diese nun einfach oder selbst schon componiert, voraussetzt. Die namen CLOVIVS, Cloventius u. sr f. aber schei- nen uns zwar mit ausnähme vielleicht von Clovatius dem- selben bildungsgesetze zu folgen, sind aber kaum auf dieselbe Wur- zel, wenigstens kaum auf denselben sinn der würzet clu zurück- zuführen, sondern gehören wohl der wurzel clu an, die in skr. era «hören», griech. xAi/a>, goth. hliu-man ihre bestimmten und sicheren genossen findet. In sovos, sovom liegt uns ein zweiter fall vor. Entweder ist hier, wie es Aufrecht -KirchhofT annehmen, sva zuerst in su zusammengezogen worden und daraus mit gunie- rung oder zulaut ein sava, sovo entstanden, oder aber es ist, wie im althochdeutschen oft, die gruppe sv durch einen vocal ischen laut, der sich unwillkürlich entwickelt, getrennt worden; und das ist uns darum nicht unwahrscheinlich, da sva im sanskrit schon adjeetivisch ist, während aus tva, tu mit tava, tovo, tuo erst ein adjeetivuni gebildet wird, obgleich nicht verhelt werden darfc

*) übrigens scheinen in u?a diese laute nicht von jeher an einan- der gestoben zu haben, da uva wohl == ugva «die feuchte, saftige» ist und auf w. ukshv grieth. in 1790« zurückgeführt werden mufs.

de titulo HniDDiiano etc. 365

dafs im gotb. sveins seins ans, wie in svein zu sus, ebenfalls eine neue adjectivischc bildung vorliegt. Endlich ist beachten*- wert)), dafs im lateinischen sovos, saus zuweilen einsilbig gelesen werden mufs, ja dafs statt snas geradezu sas f. svas sich geschrie- ben findet, ein umstand, der freilich an sich nicht entscheidend wäre. Sicher ist der zulaut in LOVCINA, LOVCANA, DOVCO, POLOVCTA, ADIOVTA, TOVTIA, welchen durchweg wurzeln mit dem vocale u zu gründe liegen werden. Denn die beiden er- sten durften am ungezwungensten als ableitungen von w. lue, Xvh (XevööOy tawco?) ru6 zu betrachten sein. Wollte man allzu ängst- lich doueo von skr. döhmi (w. duh) trennen, so wäre der zwei- fei geradezu unsinnig, welcher es nicht als dasselbe wort mit goth. tiuha, ahd. ziuhn «ziehe», dessen wurzel tuh ist, ansehen wollte. Ueber POLOVCTA vermögen wir nicht genügenden aufschlufs zu geben. Will man poUucere mit porricere zusammenbringen, so darf man dieses jedenfalls nicht von projicere herleiten, sondern man hätte dann etwa an skr. rc zu mahnen, und porricere, pol- lucere zunächst in der bedeutung «verehren», dann «zur ehre darbringen» aufzufassen. Die prosiciae lassen uns aber bei porri- cere noch immer am einfachsten an prosecare denken. Und ist es nicht möglich pollucere irgendwie aus lucere «leuchten» zu deuten, so denken wir auch bei dem worte an eine wurzel, die ..schneiden" bedeutet, nämlich an die wurzel, die im lat. lucrum erscheint. Im sanskrit finden wir sie freilich in der erweiterten form lunc* nur mit der bedeutung vellere, evellere; aber ihr ur- sprunglicher sinn kann immerhin «schneiden» gewesen sein. Wie sich das auch verhalte, es ist jedenfalls das OV dieses wort es eine frncht des zulautes, wie in DOVCO, LOVCANA u. s. f. Noch gewisser ist dieses in TOVTIA, welches von der in dieser Zeitschrift schon mehrfach besprochenen w. tu crescere, augeri abstammt, mit welcher aber tävat, was Mommsen und Ritschi dazu stellen, nichts zu thnn hat, da es vielmehr =tad-vat ist, wie mävat = madvat. Auch über OV in ADIOVTA können wir nicht zweifeln, dafs es ein durch a, o erweitertes u enthalte. Denn iuvare heilst eigentlich «erfreuen, ergötzen, heiter machen» und ist causativum von dyu, yu. Bei allen diesen formen haben wir guten grund, gnua oder znlaut anzunehmen: wie in ADIOV- TA steckt wohl auch in TOVTIA ein causativum, wie das schon die herau8geber der umbr. denkmale für lat. tötus annahmen; in DOVCO und den übrigen wäre es schon darum nicht möglich

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ein blofs überleitendes V zu finden, da ihrem u-laut nie ein vo- cal folgte. Zweifelhafter mögen manchem die formen PLOVS und PLOVRVMA, für welches Ritschi mit vollem rechte ein PLOVISVMA voraussetzt, erscheinen. Doch nach analogieen der verwandten sprachen ist es wenigstens nicht ungereimt hier wirk- lich zulaut anzunehmen, man möfste denn lieher metathesis auf- stellen und begründen wollen. Skr. puru (wegen des r ffir paru). oder pulu, griech. nokvg (nicht fur.mdtfc, sondern für nahog), goth filu (alle eig. «füllend") mufste im lateinischen *pol vis oder *plovis lauten und sein comparativus *plovius, 'plovjns, PLOVS. Es ist uns aber erlaubt anzunehmen, dafs aus nolv, polu durch syncope ein plu, nXv entstanden sei, wie aus skr. jÄnu, gou, aus yowy ywt und griech. nXhgy welches wir nicht als verstüm- melten comparativus ansehen möchten, scheint uns das geradezu zu beweisen. Schon im positivus kann eine lateinische form plvis oder pluis nicht leicht, bestehen , sondern würde plovis werden; und wollten wir auch plu für den comparativus voraussetzen, so könnte dieser ganz auf ähnliche weise . mit guria oder zulaut gebildet werden, wie im skr. bhayiyas neben bhüyas von bhü = balm. Sollte auch diese deutung für die griechischen formen nXei(ov> nltwv darum nicht genügend erscheinen, da allerdings in dieser spräche in der regel jedes affix vor der comparativenduog gänzlich schwindet (ylvxv ylwuW) , und da auch nordisches fleiri und . liest vielleicht für eine unmittelbare bildung des com- parativs von der wurzel sprechen möchten, so ist sie für das la- teinische, das sein brevior, levior aufzuweisen hat, fast gewifs. Das aus den liedern der Arvalbruder angeführte pleorcs darf uns nicht stören das wohlbeglaubigte PLOVS aus sich selber auszu- legen; ist pleores ein gesicherter comparativus von multus, so folgte seine gestaltung andern gesetzen, d. h. es lag pla = pra zu gründe. Aus PLOVISVMA, das nicht einen superlativus neben einem comparativus in sich enthält, entsteht aufs einfachste einer- seits mit syncope des v ploisima, plisima, anderseits mit aussto- fsung des i PLOVRVMA, plürima, wie aus brevima brüma. Ursprüngliches OV findet sich in NOVCERIA und in NOVND1- NVM. Denn in dem ersten ist NOV unzweifelhaft aus novo ge- kürzt, dieses aber gleich skr. navas, der ad jeeti vischen form von nu, w «nun», griech. *«>o<r, goth. niujis; in NOVNDINVM aber ist NO VN gekürztes novem, d. h. es fehlt nur der vocal des äff., welches eigentlich Superlative bildet. Der zweite theil dinnro

de tilulo Mommiano etc. 367

entspricht möglichst genau dem skr dinam «tag**, welches sich auch im goth. sin-teins zu finden scheint. Schwer zu deuten sind FOVRIO, FOVLV1VS* POVBLICOM and die ableilung IOVBEO. Der oame Ffirius lautete früher Füsius, und das natürlichste scheint ihn mit fuscas zusammenzustellen, so dafs eine wurzel fus zu gründe läge; denn fus- konnte in für- übergehen, z. b. in fur- vus, (was nicht von würz. &eg kommt), nicht aber für in fus. Diese wurzel fus betrachtete. Pott, ctym. forsch. 1,269., gewifs mit bestem rechte als eine Zusammensetzung und zusammen- rücknng aus bh(i) vas (ush) urere; das präfix abhi, wie andere mit a anfangende, erscheint mach im sanskrit, im got bischen und deutschen nicht selten in so verkürzter gestalt. Wie nun FOVRIO - von dieser wurzel abgeleitet sei, unmittelbar oder durch ein no- men hindurch, sein OV scheint entschieden als zulaut gedeutet werden zu müssen. Vgl. noch den namen Foslius. Und wie steht es nun mit FOVLVIVS? Sicher scheint es derselben wurzel und bildung zu sein mit fulvus, welches Kuhn I, 200 zu skr. babhru von einer wurzel bhru stellt, an einem andern orte aber durch metatheais aus flavus entstehen läfst. Ohne hier zu entscheiden, werfen wir hier nur die frage auf, ob nicht auch im lateinischen ein v der ableilnngssilbe in der Stammsilbe seinen wiederschein erzeugen konnte, wie das einzeln im zend, im altnord. und hier freilich mit wegfall des einwirkenden lautes * im griech. sich zeigt. Vergl. auch Kuhn I,1 516. Das wort populus haben Aufrecht Kirchhof! in der umbrischen lautlehre auf w. pr «fül- len» zurückgeführt und es anmittelbar an ein skr. *papura gehal- ten, welches dnreh reduplication ähnlich gebildet wäre, wie pa- puri «nährend, füllend.» Begrifflich läfst sich gegen diese deu- tung gar nichts einwenden. Allein wir finden nun zwar nicht ein povpulus, aber POVBLICOM, welchem dann poplicus, po- blicus, puplicus, publicus folgen, ein OV, welches nur dann dem adjectivnm besonders und allein gegen populus zukom- men dürfte, wenn die annähme begründet werden könnte, dafs n von populus jedenfalls die ursprünglichere gestalt als po- plos — in die erste silbe übergetreten sei, eine annähme, die um so leichter cingang finden möchte, wenn man bedenkt, dafs die älteste form des adjeetivums POVBLVCV war, also vollständig POVPVLVCO gelautet hätte. Dem einwürfe, dafs eine solche Versetzung gewöhnlich nur eintrete, sofern eine liquida dazwischen stehe, dürfte man nicht ohne grund die gleichartige natur von

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u, v und p entgegensetzen. Wir sind aber am eine andere cr- klärung nicht verlegen und gestehen, dafs uns diese besser zusagt POPVLVS kann als intensivform gedentet werden und hat als solche eine gunierte oder mit zulaut versehene reduplicatioos- silbc, welche aber im substanlivum mit auflösung des n in v ge- gekürzt ward, im adjectivum blieb. Beide erklärungen sind je- doch nur dann in sich genügend, wenn als älteste form des Wor- tes populas vorausgesetzt werden darf, welchem dann poplos, popolus und endliclt wieder populus folgten. Um nichts unberührt zu lassen, was zur aof hellung dieser form beilragen kann oder könnte, sei noch eine drille deutung versucht Die herausgeber der umbrischen Sprachdenkmale lassen im glossar s. v. PLE, pu- plns, poplo aus polpolo entstehen. Ist es nun möglich, dal« l entweder ausfiel oder aber, um mich so auszudrücken, dem p als v sich assimilirte, d. h. in den ihm verwandten und dem p am nächsten stehenden halbvocal übergieng? Vgl. faustus mit w. bhand und die auflösung von 1 in u in den romanischen sprachen. Was das B in POYBLICOM gegen- p in populus betrifft, so ist es sicher wieder jünger als p und durch ähnliche erweichang vor 1 entstanden, wie in quadraginta etc. d vor r; auch der vor- ausgehende weiche halbvocal v mag auf p eingewirkt haben; die- ses p aber kam wieder auf, als man die elyinologie besser her- vortreten lassen wollte. Auch die form IOVBEO hat bedeu- tende Schwierigkeit. IOVS leitete Pott, etyra. forsch. I, 213, wie uns scheint, vortrefflich aus der w. yu, die auch in jüngere vor- liegt, und erklärte es aus javas, jovus «das bindende, band.» IOV- RARE heifst dann «ein band machen, sich binden, schwören,» 10VDICARE, IOVDEX stehen für iousdicare u. s. f. So weit hat die sacbe keine Schwierigkeit; aber IOVBERE wird kaum ein denominativum von IOVS 6ein, dafs es für IOVSBERE stände. Dieses würde ein IOVSBVS, IOVBVS voraussetzen mit demsel- ben affixe, welches in morbus, in verbum u. s. f. sich findet, und welches von Aufrecht Kirchhof trefflich aus w. bhü abgeleitet wird; aber -bus, soviel uns jetzt vorschwebt, tritt nur an wur- zeln, nicht an nomina an, und überdies würde wohl aus IOVS- BVS, IOVBO eher ein IOVBARE zu bilden sein. Wir sind demnach zur deulung Von IOVBERE an die wurzel selbst gewie- sen, und da sind, so weit wir sehen, zweierlei deu langen mög- lich. Entweder entfaltet sich aus dem einfachen yu ein erwei- tertes — eigentlich ein zusammengesetztes ynbh, jub wie im

•de litufo Mommiano etc. 369

sanskrit aus $vi, cu, gubh u. a. und IVB wurde durch zulaut IOVB; oder aber 10 V, die ganierte form von ju .wurde zu IOB, wie manuviae zu. manubiae, ferveo zu ferbeo etc., es blieben aber der erzeugende und der neu erzeugte laut neben einander stehen, wie im. ahd. ouu, docli so, dafs bald die Verkürzung eintrat. Am ende dieser, wir fühlen es. wohl, oft kühnen und kaum immer treffenden auseinandersetzungen fuhren wir noch an ,' dafs nicht nur. in den italischen dialekten ein au, ov, 6 in a übergehen kann, sondern derselbe fortschritt auch im sanskrit bemerkbar ist, so in ijri «hülfe», von w. av, in sthüra f.sthäura, sthavira, taurus, umbr. toro, turo, goth. stiurs, in rüpa von *rüpay, cau- sa livum von ruh für ropay.

V, ü scheint älter als t in dem adj. POPLVCVS für po- plicus, d. h. der themayocal a, o scheint sich da noch nicht bis zur letzten stufeTcrdünnt zu haben. Ebenso steht ein u im gen. sg. der dritten declination in nominus, Venerus, necessus für frü- heres a, o, späteres i und im gen. sing, der vierten declination, in domuus, exercituus etc. für früheres as, os (letzteres im S- C. de Bac. in senatuos), späteres es, is. Endlich erwähnen wir, dafs. V sehr, üäufig neben .dem selten so gebrauchten I fqr Y verwendet wird/ ,

Y, y. Dieser fremde buchstabe gelangt zu allgemeiner gel- lung nicht yor dem beginn des 8sjahrh., d. h. kurz nach der. aufnähme der aspirierten consonänten, welche dem altlateinischen nicht minder fremd sind. Die wenigen dieser behaup tu ng schein- bar widerstreitenden freispiele finden ihre erklärung darin , dafs sie in denkmalen auf griechischem boden erscheinen; und sollte uns auch die 'stelle des alten Victorinus, wo er von y.und z spricht, richtig überliefert sein, sie' kann 'gegenüber einer solchen masse von belägen kaum ein gewicht haben. Für y brauchten die Römer fast durchgängig u: das bezeugen uns nicht' nur die inschriften; bei dem dichter Plautus würden mehrere treffliche Wortspiele ihre ganze kraft und bedeutung verlieren, setzten wir statt u ein y oder i ein. Die einzelnheiten zählen wir hier nicht auf (sie finden sich reich ausgelegt in der zweiten schrift von R. 8. 26 ff.), sondern bringen nnr noch die beobachtung Ritschis bei, dafs aufser Siria (erst um 724 so gefunden) i noch einmal auf einer, nach den übrigen formen zu schliefsen, viel altern in- schrift in Sisipiis st. Sisupus erscheint.

IL 5. 24

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Syncope der vocale. Es handelt sich liier vor allem um die vocale in gewissen aföxen. R. stellt den satz auf, dafs im ganzen und grofsen diese syncopierten oder hartem formen älter seien ab die nicht syn- copierten weichen, oder vielmehr scheint er geradezu anzuneh- men, die rauhen formen seien im lateinischen -die ursprünglichen, ftie annähme, sie seien die relativ frühem, wird durch die In- schriften bestätigt, unter denen vorzüglich die ältesten und filtern dieselben bieten. So findet sich da DEDROT und DEDRO für de- deront, dederunt, LEBRO f. Libero, LeIBREIS SOVEIS, VI CESMA, TVRPLEIO = Turpilio, LICNIA, FOSTLVS, NVMSius, OFDIVS, ja auch FECT für fecit, also für FEGET, FECEIT. Ueberbleibsel solcher art, wie TABLEIS, IVGRA u. a. erben sich vereinzelt bis in die spätem Jahrhunderte hinein fort. Der binde- vocal fehlt in SENATORBVS und der themavocal des ersten wortes in OINVORSEl des S. C. de Bacanal. Demnach schei- nen auch die formen piaclom, vinclom, Herdes etc. einem piacu- lum u. s. f. vorausgegangen zu sein , wie denn auch Plautus nur ausnahmsweise die milden formen zuläfst. Die weichen, nachdem sie einmal aufgekommen, konnten nun fortdauern und nachher im ganzen allein gebräuchlich sein, oder aber es konnten in einer dritten periode die harten wieder die oberband gewinnen, wie in dextra f. dextera. Nach diesen sind Alcumena , Alcumaeo, Tecumessa, Patricoles, drachuma, techina u. s. f. älter und jün- ger zugleich als Alcmena u. s. f. Auch mittelgeslalten wie supera neben supra, INFERA für infra, INTERET f. intret steigen auf, und ebendahin sind die Piautinischen columen für colmen, cul- men, balineae für balneae (vielleicht neben balneator), BALI- NEARIÜM und CALECANDAM f. calcandam auf der Alatr. In- schrift zu zählen; und ein calicatus dauerte noch längere zeit fort. Nicht ganz gleich mit diesen fallen sind diejenigen, die Ritschi in der abhandlung über den titul. Mumm. s. IL u. s. XIV. besprochen hat. Er nimmt da an VOVERAT müsse vovrat oder vorat, FAC1LIA faclia gelesen werden, obgleich die schrift dem laute nicht nachgekommen sei; dafür, dafs voverat so habe lau- ten dürfen, bringt der verf. schlagende beispiele bei. Ritschis auffassung der aufeinanderfolge dieser formen wird nach beson- nener prüfung kaum angefochten werden können, und auch seine ansieht, die harten formen seien die ursprünglichen, ist gerecht-

de titalo Mammiano etc. 371

fertigt, sobald man nur die speciell lateinischen Sprachdenkmale ins äuge fafst. Doch schon das oskische zeugt dafür, dafs die- ser stufe wieder eine vollere vorausgegangen sei, und vollends macht es nns die Sprachvergleichung klar, dafs der dreifachen gliederung ein viertes glied vorantritt, welches mit dem zweit- letzten so übereinstimmt, wie das dritte mit dem letzten : dextera, dextra, dextera, dextra u. 6. f. Wir nehmen im folgenden keine rücksicht auf die fremdwörter Alcumena u. s. f. wollen auch dies mal nicht alles lateinische der art abthun. Was zuerst die formen auf -tera und -tra betrifft, so kann kein zweifei darüber walten, dafs die ursprüngliche gestalt dieses einen comparativsuffixes nicht -tro, sondern tara, toro, tero war: das bezeugt uns nicht nur die etymologie, wie wir diese fassen mögen,, es wird bestätigt durch die bestimmt vorhandenen gestalten skr. -tara, gr. -rcpo, goth. - thar (a), ahd. - dar (o). Nur das ist zuzugeben, dafs diese form namentlich im adverbialen gebrauche gewisser casus schon in ur- alter zeit Verkürzungen zugelassen, ja in solchem falle adch das t einbüfsen konnte, wie skr. nicht seltener beispiele zu ge- schweigen in dem r des latein. cur und des goth. thar ein. überbleibsei von tr anzunehmen sein wird. Ebenso wenig dürfen wir daran zweifeln, dafs die formen -culo (culus, culum) cula; bulo (bulus, bulum), bula u. s. w. älter sind als clo, blo etc. Das' 1 der erstem ist so viel darf als angenommen vorausgesetzt werden aus r entstanden, und culo ist gleich einem skr. kara von w. kr, kar «machen»; die letztern sind entweder aus -bhara oder bhava hervorgegangen. Der form liberi ging loebeset voraus, wahrscheinlich auch der form Liber, Loebeso Diese bei- den scheinen uns nämlich mit den skr. adi. auf -asa, von neutren auf as, lat us, goth. is etc. verglichen werden, also mit dem lat. w. aurora zusammengestellt werden zu müssen, nur dafs dieses eine lange aufweist, die wir hier nicht weiter erklären wollen. Ist diese ansieht die rechte, dann ist der vocal vor r ein wesent- liches und ursprüngliches element, der im lateinischen, wie zu- weilen im gothischen schon im Substantiv um ausfiel. Turplejus, eine uns äufserst wichtige form, setzt ein Turpil(o) oder viel- mehr ein Turpido voraus, zu dem es das patronymicum ist; im stammworte ist nun aber sehr wahrscheinlich i, e themavocal, wie dieser auch in Fostlus syncopiert erscheint, Fostlus wird = Fostulus, Faustulus oder Foustulus sein. Sein Stammwort scheint ein pari. perf. von der skr. w. bhad, bhand, der auch goth. bats,

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unser bafs, besser entspringt. - Im umbriscken finden wir davon foni aus fonnl, fondi; fons,* fos etc. Ist etwa aus Fostulus Foslius herzuleiten für Fostlius?" VICESMA ist sicher eine superlativform; diese zeigt aber durchgehend nach dem ursprunglichen t einen vocal -lama, -tuma, -tima, -sima efc. Aber schwieriger sind die formen, wie DEDRO, DEDROT und besonders FECT. Ware das lateinische perfectum entschieden derselben bildung mit dem- jenigen des sanskrit, die formen DEDRO, DEDROT würden uns nicht eben besondere mühe- machen. Wir hätten dann E vor R als ursprünglich. kurz anzunehmen und' dürften seine syncdpe'mit der des sanskrit in (yi)vjdre c= (vi)vidire, nunudre etc. vergleichen. S. Benfey sanskritgrammatik' s. 377. .a. 3. *2.)*). Wir sagen, wir dürften dann E unbedenklich für ursprüng- lich kurz nehmen, denn dafs es nicht' selten kurz gebraucht wurde, ist uns" wohl bekannt, und Curtius mufste eich in seinen

' treulichen beitragen nicht darjiber beklagen, dafs solche beispiele nicht reicher gesammelt seien, da- er deren im Vossischen Aristar- chiis (ed. Foertsch. I, 195 ff.) genug finden konnte. Es ist aber .bekannt, dafs nicht selten alte längen geradein zusammengesetz- ten verbalformen gekürzt wurden, wie ja im perf. fut. -ritis ne- ben rltis vorkommt u. s. f. Doch auch bei der annähme, dafs 'das lat. perfectum dem skr. aor. entspreche, liegt keine noth wen- digkeit vor, dieses E als von anfang an lang zu fassen. Viel auf- fallender ist FECT für feeeit, da der.vocai vor t sicherlich laiig. war, und nicht einmal eine liquida mitspielt. Denn der ein- •flufs der liquidae bei diesen syncopen unverkennbar; bei ihnen

"ist vocaleinsatz. und vocal Wegfall gleich leicht, da sie seihst halb-' vocal isch sind.

Apooope des vocals. Es handelt sich hier um einen höchst interessanten fall, nem- lich um das demonstrativ hervorhebende ce, c in hice, hie etc. Was ist dieses ce? Benfey in seinen griech. w.w. II, 187 sieht darin ein verhärtetes gha = ha = im griech. Bycoye, = ha im ahd. ih-ha u. s. f. Der Übergang von gh in c hat sein bedenkli- ches und liefse sich wohl in hice u. s. f. als .beabsichtigte dissimi- lation rechtfertigen, nicht so leicht in istic(e), illic(e) n. s. f. Ge-

*) vgl. weiter Benfey sanskritgramm. § 813. II. u. IV. S. 376, n. 4., s.376 u. 383 n> %

de tilulo MauimiaDO etc. 373

wohnlich entspricht dem gh im lateiu. Ji oder f oder die media g; so pafst zu ghi, gha vortrefllich hi in hice und lio in hoce. So schön also auch hi-ce etc. zu skr. sa gha, griech. oye der bedeutung nach stimmten, so. sehen wir. uns doch genöthigt um der laut Verhältnisse willen für das c der italischen sprachen eine andere erklärung zn suchen. Und wir stimmen den herausgebe™ der umbrischen denkmale zu, wenn sie s. 139 ihrer lautlehre die- ses ce einem skr. ka, ca gleich setzen und in ihnen den stamm des pronom. relat. sehen; hie liefse sich so mit skr. sya verglei- chen. Im oskischen finden wir. zwei gestalten dieser partikel: -cen in aiscen und eisucen, und k, nicht aber ke; im umbri- schen zeigt sie sich nur als k. Was ist- nun ihre geschieh te im lateinischen? Nach Ritschis eindringlichen Forschungen bieten die ältesten monumente nur -c st. ce. So steht auf der allerältesten Scipioneninschrift HONC OINO, wo ohne Störung HONCE ge- schrieben werden konnte. Aber im S. C. de Bacanal. findet sich nur die zweisilbige form HAICE, HOCE, welcher nun jedoch t ür einen Zeitraum von ungefähr sechszig jähren wiederum die einsilbige folgt und herrschend ist. Um das jähr 620 treffen wir dann beide gestalteu untermischt gebraucht und es erscheint uns liier offenbar eine Übergangsperiode. Die lex Bantina stimmt im gebrauche von hice wieder vollständig mit dem S. C. de Bacaii. und das zweisilbige pronomen ist nun allein üblich bis in die mitte, des 7. jahrhd. Da wiederholt sich dieselbe Übergangspe- riode, wie um 620, und in wenigen jähren dringt die einsilbige form so durch, dafs sie von da an allein gültig ist. Wie wichtig ' diese Ril schliche entdeckung, welche ihm erst bei der ausarbei- tung der zweiten abhandlung zur gewifsheit ward, verbunden mit andern ebenfalls von diesem gelehrten chronologisch bestimmten erscheinungen, zur feststellung des alters sonst ungewisser in- schriflen sei, leuchtet von selbst ein. Sehr wichtig ist auch für die geschiente der römischen grammatik und für die Schätzung ihres einflusses die frage, welche in derselben abhandlung p. 33. aufgeworfen wird: Operae pretium est quaerere: num non in scripturae tantum, sed etiam in formarum mutatione tanta vis artis et diseiplinae efficacia fuisse videatur, hinc ut ipsius vi- tae usus regi potuisse credatur. Quod qut concesserit, habebit qui iüud esse factum dicat, quod per aliquod tempus abolitas HANCE HACE-forinas bisyllabas denuo prodiisse et tan quam erupisse circa annum 620 supra vidimus. Ego in hac quoque

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re Attii quasdam partes fuissc nee affirmabo confidenter nee perti- nacius negari patiar.

Consonanten.

Vor allem ist hier wichtig der genaue aufschlufs Ritschis über die Verdoppelung (gemination) der consonanten and über das aufkommen der aspiration der consonanten. Sehr einlafslich spricht sich R. über die gemination aus in seiner abhandlung de lap. Aletr. p. IV. Da stellt er vier perioden auf: es ward nicht geminiert vor Ennius; die einzige ausnähme INNAD hat eine be- stimmte entschuldigung als griechisches wort; 2) es wird bald ge- miniert, bald nicht geminiert ungefähr von 580 U. C. an ; 3) öfter geminiert als nicht von 620 an; 4) fast immer geminiert nach 640. Wenn in einem denkmale, welches, sofern es das alte ist, näm- lich im S. C de Tiburtibus, der zweiten periode angehört, die gemination herrscht, so dürfte dasselbe von einem manne herrüh- ren, der sich die grundsätze des Ennius angeeignet und sie con- sequent durchführte. Sonst finden sich die ältesten beispiele der gemination neben mehr nicht geminierten auf dem elog. Scipionis um 580. Wie wesentlich auch diese bestimmungen seien, nm das alter unsicherer Inschriften festzustellen, leuchtet von selbst ein. Im umbrischen finden wir da dieselben Verhältnisse wie im altrömischen, und die gemination kam hier eigentlich nie auf. Wohl aber scheint das oskische die consonantenverdoppclung von jeher zu bieten, und wir dürfen wohl annehmen, dafs Ennius, der oskisch verstand, sie daher ins lateinische einführte.

Ueber die aspiration der consonanten stellt Ritschi eine si- chere Zeittafel auf, de m. R p. 27 in der anm. Aufser in sehr vereinzelten beispielen ward nicht aspiriert bis 660 U. C. , bald aspiriert, bald nicht von da bis 700, immer, aufser in sehr weni- gen fällen, aspiriert nach dem ausgange des siebenten Jahrhunderts. Das erste beispiel eines aspirierten consonanten findet sich auffal- lender weise schon auf dem lit Mummianus (nach 608 U. C), nemlich triumphans. Der nächste beläg nach diesem fallt mehr als dreifsig jähre später; in der lex agraria steht Corinthiorum.

Einzelne consonanten. D. Auf dem lapis Aletr. kommt adque vor; aber dieses darf nicht für atque genommen werden. Die altern Inschriften kennen ebenso wenig adque für atqne als umgekehrt die Schreibweise at für ad, aput, set, haut, it, illut, welche erst durch die grammatiker nach der zeit der republik

de titulo JMuuihiiano etc. 375

eingeführt worden; d. h. die italischen sprachen, das lateinische, das umbrische und oskische, erweichten überhaupt auslautende tenuis gerne in die media; wir dürfen ja wohl annehmen, um- brisches r sei erst aus der media d hervorgegangen. So nun id = skr. it, goth. itha, sed f. svat, sub neben skr. upa, gr. vni u. s. f. Wir denken at in atque, zuweilen adque geschrieben, steht überhaupt mit der präpos. ad in keinem engern zusammenhange ; es ist wohl dasselbe wort mit dem gewöhnlich adversativ vor- kommenden at, welches dem skr. atha sed, tunc, deinde aufs genaueste entspricht, während die form ast ein attha voraussetzt. Die erkiärungen von Klotz, der in at ein verkürztes ait, in ast ein aislu sieht, bedürfen keiner Widerlegung.

F tritt statt b auf in der präposition AF. Darüber handelt K. in der zweiten schritt (de m. P.) pag. 7. Worauf Cicero, Velius Longus, Priscian hinweisen, dafür weifs R. bis jetzt fünf beläge aus Inschriften zu bieten: AF VOBEIS im S. C. de Tibur- tibus, welches in den ausgang des 6. jahrhdrts. fallt; AF MVRO auf einer Prä d estinischen inschrift vor 620; AF CAPVA auf dem mil. Popill. um 622; AF SOLO auf einer nicht viel Jüngern Fe- rentinischen inschrift; alterthümelnd AF LYCO in einer Laodi- censischen, ungefähr vom j. 670. Aber ab ist nicht nur das herr- schende im 7. jahrh., sondern es ist auch die gültige form im S. C. de Bacanalibus. Mommsen in den unterital. dialekten 8. 225. sagt allgemein , wie im altlateinischen f öfter für neulat. b stehe und umbrisches f für lat b, so sei auch im oskischen dasselbe gesetz zu erkennen: uf = obus u. s. f. Aber die von ihm angeführten beispiele, so weil wir darin auf eine sichere ctynio- logie gelangen können, sind solche, in denen dem osk. f eine aspirata in den verwandten sprachen gegenübersteht. Und eben so verhält sichs im umbr., wie die Untersuchung von Aufrecht Kirchhof! deutlich genug beweist. Sollten wir demnach auch für lat. af eine form adha, adhi (in den Veden mit ablativ), oder abhi zu gründe legen? Es widerstrebt dem natürlichen sinne, es von skr. apa, gr. ano, goth. af, ahd. ab u. s. f. zu trennen; viel- mehr scheint uns iit af die mittelstufe zwischen apa und ab er- halten, so dafs p zunächst in ph, bh übergegangen ist, nach dem- selben processe, der im germanischen nur viel consequenter und umfangreicher wirkte. Denselben hergang müssen wir in sub gegen vno, upa voraussetzen und in ob, wenn dieses nicht viel- mehr abhi istu. s.f. Dafs die folgenden consonanten V, M, C,

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L, S auf die erhaltung des vorausgehenden F eingewirkt hätten wüfste ich nicht recht zu begründen. M. Dieser buchstabe *s( bekanntlich so weich, dafs er in der altern zeit, in welcher mek nach dem laute geschrieben ward, nicht selten auch in der schrift nnausgedrflckt blieb. Nach einer kritischen übersieht (de tit- M. p. VII. und de m. P. p. I.) kommt Ritschi zu dem wichtigen re- sultate, dafs der wegfall des auslautenden m in der schreib web« der Inschriften nicht viel über das erste jahrzehend des T. jahrh hinausgegangen sei. Uebrigens findet derselbe auch in den altern Inschriften nicht mit irgend einer consequenz statt. R. Snfsert in seiner zweiten schrift s. 32 die ansieht, dafs die durchgehende Wiederherstellung des m im auslaute ebenfalls ein verdienst de» Attius sei. Im. willkürlichen wegwerfen des m stimmt da« latei- nische mit dem nmbrischen, während auch in dieser bczlehung sich das bskische durch seine gesetzmäfsigkeit vorlheilhaft aus- zeichnet. Es ist übrigens unläugbar,. dafs das lateinische viele in für immer verloren hat, freilich das schon in der vorhistorischen periode. Im oskischen gieng auslautendes m zuweilen in n über, Mommsen berichtet uns (unterital. diall. s. 228) , dafs sich auch auf dem originale der lex Thoria Q VAN finde. M für N, durch assimilation an einen lippenlaut entsprungen, ist nicht sehr früh eingeführt; es findet sich aofser dem sihgulären beispiele im tit. Mummianus (1MPERIO), erst gegen die mitte des 7. jahrh häu- figer. Also INPERIVM u> s. f. sind die echten alten formen; hatte ja die präposilion in, wie uns die verwandten sprachen beweisen, von jeher n, nicht in. Umgekehrt verhält es sich mit COM, des- sen nenere form CON ist; doch schon im S. €. de Bacan. findet sich CONVENTIONS neben COM VOVISE. Für oumquam zeigt sich NVNQVAM zuerst auf der neuesten Scipioneninschrift, für tantumdem TANTVNDEM in der lex agraria. Dafs auch in umquam das m von um ursprünglich sei, ist nicht zu bezwei- feln, ist es doch eine locativform ganz derselben art als quam, cum.

N. Hier ist nur sein aus fall vor t besprochen. Bekanntlich schwindet N im lateinischen nicht selten vor S in COSOL etc. (von Aufrecht— Kirchhoff, umbr. sprachd. I, s. 97., begründet), dann in COIVNX und QVICTILIS; aber im anfange des 7. jahrh. wenigstens nicht mehr vor T, wie früher in DEDROT, DEDRO. Im umbrischen und oskischen zeigt sich dieser ausfall vor t nicht selten , doch im umbrischen wie im lateinischen , meistens aar

de titulo Mararaiano etc. 377

in der altern sprachperiodc. Rücksichtlich des LVBETES in dem cpigr. Soranum möchten wir Ritschi nicht widersprechen', wenn er annimmt, es habe auf dem steine einst LVBENTES gestanden, obgleich nicht zu längnen ist, dafs auch im lateinischen, wie im griechischen, der schwachen participialformen, die von anfang an kein n enthielten, etwelche bestanden.

Q findet sich nicht selten für vor V in jenen denkmalen, welche hinter dem jähre 620 liegen, so in QVM, QVRA, DEQVS, PEQVNIA, PEQVLATVS, und das scheint eine erfindung oder neuerang des Attius.

Z. Ueber diesen buchstaben vergl. Mommsen unterital. diaL p. 33 u. 216.

Zuletzt kommen wir noch zurück auf die' syncope von V nach T und S. Höchst wahrscheinlich war es Ennius, der offen- bar auch für die gram mal ik thSlig war, welcher für TVOS und SVOS die formen ohne V einführte, also SIS für S VIS, SOS für SVOS, SAM für SVAM nicht nur zu sprechen, sondern auch zu schreiben wagte. TIS lesen wir auf einer alten inschrift, bei Orelli no, 4847. In grofsem Widerspruche mit der ausspräche steht in einem sehr alten verse SOVEIS, wo SVEIS gelesen wer- . den mufs, wie micis in einer Scipioneninschschrift einsilbig zu sprechen ist. (R. de tit. M. p. XV sqq.).

Zur Formenlehre. Aus der formen lehre sind in diesen schriflen noch viel mehr nur zerstreute cinzelheiten behandelt.

I. Zur deklination.

Ueber den nominativus singularis der Wörter auf is haben wir oben schon gesprochen. Ueber den gen. sing, der vierten deklination spricht R. de lap. Älatr. p. VII. Es findet sich auf die- ser inschrift: DE SENATV SENTENTIA, was mau nicht etwa leichthin in DE SENATVS verandern darf. Die früheste gestalt dieses genet. ist offenbar VOS, und SENATVOS findet sich noch auf dem S. C. de Bac. Wie nun nach und nach statt nomin as, nominos, noininus ein nominis 'eingetreten, so hier ein V-IS, ein . VIS, das sich wieder doppelt umsetzen konnte in V oder I, cf. die und dii; die zusammenziehung VS für VOS gehört nicht der alten latinität an. Die häufigsten formen des genetivs der vierten deklination sind die auf VIS und I , welche vom 6. jahrh. an

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und während des gröfsten theiles des siebenten herrschten, so je- doch, dafs aufsei* bei Varro I wieder häufiger ist als VIS. R. deutet, da er von diesem genetivus spricht, deutlich genug an, dafs er dieselbe bildung dieses casus auch für die erste und zweite deklinalion voraussetzt: er erklärt populi wie senali und wird auch fabulai, fabulae gleich fabulais nehmen. Dafs ursprünglich auch in zweiter deklination s für den gen. sing, wesentlich war in der ersten blieben aus dem altlateinischen selbst noch bei- spiele übrig , das scheinen die übrigen italischen sprachen zu bezeugen: im umbrischen und oskischen tritt uns hier das s der verwandten sprachen mit vorausgehendem verlängertem thema- vocal uoch deutlich entgegen. Als beläge der ersten deklination sind im umbrischen tutas, aus der spätem zeit totar, aus dem oskischen eituas u. s. f. aufgeführt; Beispiele der zweiten sind im oskischen suveis u. s. f., im umbrischen zeigt sich statt dieses eis ein es, er, e. Als gen. sg. msc. erster deklination im oskischen stellt Mommsen mafai, d. i. maräi auf, eine form, die bekannt- lich auch im lateinischen nicht nur in femininen, sondern, wie Ritschi in seinen prolegomena nachgewiesen, ebenfalls in mascu- linis oft genug wiederkehrt. Bergk vermuthet nicht ohne grand, dafs diese genetivbildung im lateinischen erst durch Ennius auf- gekommen sei, welcher sie aus dem Messapischen hereingebracht hätte. Wir lassen sie bei der vorliegenden frage unbeachtet. Der einzige umstand, der Ritschis auffassung, es sei in allen fünf de- klinationen des lateinischen dieselbe bildung des gen. sg. anzu- nehmen, ai, ae in der ersten, oi, i in der zweiten und ei in der fünften, seien durch apocope des s entstanden, bedenklich macht, ist das, dafs uns sonst keine beispiele für den abfall des s in la- teinischen flexionsendungen vorzuliegen scheinen, kein -ti für tis in legitis u. s. f. Dieser umstand führte die vergleichende gram- matik zu dem satze, es sei im lat. die bildung des locat. auch in den genitiv gedrungen, äs und ae der ersten, uis und i der vierten, es und ei der fünften deklination, seine geschiedene formen. So- nati und dgl. konnten um so eher als Übergänge in die zweite de- klination aufgefafst werden, als im oek. senateis vollständig eine gestalt der zweiten vorliegt. Kann aber Ritschis auffassung noch durch andere analogieen erhärtet werden, so verdient sie ent- schieden den vorzug. Auf ollen der Vigna Somaschi las man, sagt Mommsen untcrital diall. 230., P. CLODIS; L. RAGONIS; C. REMIS; L. ANAVIS; er fragt dann: Sollten dies derartige

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oskische genetive sein, die sieb auch in der lingna rustica der Rö- * mer gefunden hätten? Wohl nicht nur in der lingua rustica, wir lesen auch bei Plautus tis statt tui (vergl. oben sis st. suis etc.), und tis entspricht aufs genaueste dem oskischen suveis = latein. sui. Da so viele Überbleibsel: familias, Clodis, tis, senatuis, per- nieiis etc. und die analogie der übrigen ital. dialekte für Ritschi sprechen, stehen wir nicht mehr an ihm beizustimmen. Und der abfall eines auslautenden s, wenn er auch nicht in wirklichen fl ex ionsend ungen eintritt, ist doch in gleichberechtigten bildungen nicht unerhört, im verbum passivum re für res, ris, in pote, mage o. s. f.

Nom. plur. der zweiten deklination. In der zweiten schritt p. 18. stellt Ritschi die beispiele dieses nominatives auf EIS, ES zusammen: EEIS, QVES, conscrIPTES, EIS, ITALICEIS, HISCE finis, MINVCIEIS RVFEIS, VITVRlfcS, VITÜRIS, CAVATVRI- NEIS und CAVATVRINES, MENTOVINES, VIREIS, GNATE1S, FACTEIS, PVBLICEIS, POPVLEIS, LEIBEREIS u. s. f. Diese endung Gndet sich vom jähre 668 an bis einige jähre nach der mitte des 7. jahrh., wie man sieht, gar nicht selten. Bei Plautus und Terenz darf und mufs sie oft hergestellt werden. Für den nom. plur. der ersten deklination liegt uns kein sicheres beispiel der endung AS vor; denn das berühmte laelitias insperatas ist mit unrecht als solches aufgefafst worden. Auch hier bieten uns die übrigen italischen dialekte, so weit sie verglichen werden können, überall ein 8, oder im umbrischen dafür ein r, und auch hier kann nur der einzige grund, dafs s in den flexionsendungen, namentlich nach langen vocalen, im lateinischen nicht wegfalle, gegen die natürliche erklärung von ae, oe, i im nom. plur. an- geführt werden. Bopp hielt in der vergleichenden grammatik lat. ae, oe, i an die sanskritendung e (=a i) im pronomen und nimmt au, es sei die form des masculinums dann mifsbräuchlich aufs femininum übergegangen, er fafst also in populi iz=ot toi etc. Und das ist schon zuzugeben, dafs bildungen, die sonst in den verwandten sprachen wesentlich dem pronomen angehören, im griechischen und lateinischen auch in der deklination des sub- stantivnms erscheinen, so die bildungen des gen. plur. auf -rum u. s. f. Doch stimmen wir auch hier zu der ansieht, welche die Ritschlsche zu sein scheint, es seien uns in diesen formen der zweiten deklination auf EIS, ES, IS die ursprünglichem erhalten, aqs denen EI, I erst hervorgegangen. Will man dieses nicht zu-

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geben, dann mufs man mit Pott annehmen, es sei der alten eu- dung Ef, E nach analogie der drei folgenden deklinationen ein plurales s erst später zugesetzt worden. Aeufserst interessant wäre EVS für EEI auf dem aes Gen. (p. 18. der zweiten schritt), wenn es ganz sicher überliefert ist, da es merkwürdig genau mit der umbr. endung -us, -ur, mit osk. -us übereinstimmt; und lal. eus wSre vollständig dasselbe mit umbr. eur-ont.

Zuletzt noch ein wort über eine anzahl von verben mit ein- geschobenem N oder IN, welche R. no. 2. p. 17 ff. bespricht. Es sind die formen DANVNT auf dem epigr. Soranum, danunt bei Plautus, nequinont, .inscrinuntur (interserinunlur) bei Livius A., prodinunt, redinunt bei Ennius, ebenso carlnans, carjnantibus, bei Plautus noch coquinatum; von Fest us werden angeführt exple- nunt, obinunt, ferinunt, solinunt. Alle diese beläge gehen nicht über die grenzen des 6. Jahrhunderts hinaus; fruniscor braucht Lucilius. Ritschi nimmt hier überall als eingeschobene silbe in an, dessen i nur mit vorausgehendem wurzelvocale zu einer lauge zusammenschmelzen konnte, daher fruniscor = fruiniscor, exple- nunt = exple-in., nequinunt = neque-in, prodinunt = prode oder prodi-in etc. aber cariuans, inscrinuntur u. s. f.

Allererst scheint uns, müssen hier coquinarc und carinare ausgeschieden werden. Sie scheinen uns ebenso bestimmt denomi- nativa als absiinare, destinare n. a. Auch fruniscor weicht sicher insofern aus, als es nicht auf die dritte person pluralis beschränkt ist und nicht in die angegebene periode hineinfällt. Eben darum weil uns von solino = consulo die erste pers. singul. aufgeführt wird, ist es wohl ganz zu trennen von solinunt = solent, sofern nicht auch in jenem etwa die erste person blofs beispielsweise überliefert ist. Bleiben uns aber nur dritte personen plur. dieser art übrig (danc und danam bei Plautus bestreitet auch Ritschi), dann möchte es doch fast scheinen, als sei hier nicht ein IN ein- geschoben, sondern als sei die endung wiederholt. Und analo- gieen dieses processes fehlen uns nicht: in der vedensprache findet sich im nomen die pluralendung as gar häufig doppelt z. b. de- väsas st. deväs u. dgl. , und im ahd. sindun , sintun sunt vermö- gen wir nicht 8 anderes zu sehen als sintun t, also nur das umge- kehrte von danunt für dantunt, dantun etc. Dafs es danunt heilst, das zeugt uns ja gerade dafür, dafs hier keine zusammenziehung statt fand aus da-inunt. Explenunt konnte aber doch nicht an- ders lauten, da dor wurzelvocal in ple e ist, nicht c, das. lehrt

de titulo Mummiano etc. 381

uns skr. prä und lal. plenus. Sehr naturlich scheint es uns, dafs auch prodinunt u. s. f. ein I bieten, da der zuläut der wurzel 1, wenn nur- diese im lateinischen anzunehmen ist, in der römischen conjugation sein gebiet auch sonst überschritten in Imus gegen skr. imas, gr. ipev etc. Und danach richtet sich nequinont, wenn wir nicht gar auf. eine älteste form nequicnont schliefsen wollen. In inscrinuntur.ist eine Schwächung des ersten a, o in i einge- treten, in ferinunt die zusammenziehung' von iö, it in ij über so- linunt ist uns keine sichere entscheid ung möglich, da wir nicht einmal wissen, ob sein i lang oder kurz war, und da soleo selbst ebenso wenig ein reines verbum der zweiten conjugation zu sein scheint, als dare eines der ersten. Früniscor aber schliefst sieb an die gewöhnlichere verbalbildung in cerno, sino, lino u. s. f. an und die länge seines u ist eine frucht des ausgestofsenen con- sonanten. Denn fruges, fruetus, skr. bhuj, deutsch «brauchen» zeugen uns doch stark genug dafür, dafs fruor für frugor steht, früniscor also für frugniscor stehen kann. Ob unser erklär ungs-. versuch richtig sei, scheint uns lediglich davon abzuhängen,' ob ein soltno für consulo wirklich vorgekommen und ob es dann ein verbum der dritten starken conjugation . gewesen ; denn ein sölinare wurde unter dieselbe categorie fallen als carinare«rc d. b. es. wäre ein denominativum. Sollte aber auch unsere deu- tnng nicht annehmbar erscheinen, so ist es immer noch sehr dem zweifei unterworfen, ob, wie R. behauptet und schon Scaliger angedeutet hat, ein solches IN, griech. etwa -av- mit IN in itiner, jeeinoris u. s. f. in irgend welchem engeru zusammenhange stehen, lieber dieses IN im nomen geben uns Kuhns treffliche abhandlun- . gen ««über das alte und Aufrechts auseinandersetzung «über einige seltnere affixe im sanskrit, griechischen und lateinischen» sehr fruchtbare andeutungen.

Zum Schlüsse unterlassen wir nicht dem heran prof. Ritschi aufs herzlichste zu danken für seine reichen gaben. Wir aner- kennen seinen ausspruch vollständig, wenn er sagt: Uli (qui a multiplici linguarum inier se comparalarum apparatu instrueti bene mereri de his lileris volent) plus nostra sententia in eis pro- öcient, si, quid tandem instituisse atque probasse'antiquitas curiose pervestigata deprehendatur, «a philologis discere, quam fastidiosius carillari philologos maluerint, e Schneiden rivulis suos inigare agellos contenti. Nur trifft der ausspruch nicht. blofs.4ie sprach-, vergleicher, sondern wenigstens so sehr, wir wissen nicht, ob

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nicht noch mehr die Verfasser der lateinischen grammatiken, wel- che meist zum erstaunen wenig von der geschiente der lateini- schen spräche wissen. An den dank schliefst sich die bitte, männer, wie Momnisen, Ritschi nnd ihre genossen mögen die oft wirkliche, oft nur anscheinende kühnheit der sprachvergleicher nicht von vorneherein für ein unsinniges gehahren erklären: diese kühnheit hat schon mehrmals zur Wahrheit geführt.

Zürich im october 1852. H. Schweizer.

Zar erkKrang der oskischen spraehdenkmtter.

Einige verbalformen.

1) Cipp. Abell. 31. 44. kommt die form amfret vor. Dafe diese «ambeunt» nicht «ambit» bezeichnet, ist von Aufrecht und Kirchhoff (umbr. sprachd. I, 165) dargelegt worden; doch fugen sie hinzu: «eine Schwierigkeit, welche dieser erklärung sich ent- gegenstellt, dafs nSmlich auch der bindevocal, wie er im röm. e-u-nt, skr. y-a-nti erscheint, fehlt, verkennen wir nicht» Diese Schwierigkeit wird durch folgende annähme weggeräumt: in am- fret ist r.e» nicht stammvocal, denn dieser mufste als «i» (vgl. ioc, ionc) erscheinen, sondern bindevocal (vgl. set = lat. sunt); der stammvocal ist ausgefallen, folglich amfr-e-t statt amfr-i-e-t, vgl. famelo = lat. familia, herest = umbr. heriest, tat. pa- rentes statt parientes u. m. d. (Pott etym. forsch. I? 116), umbr. mefa statt mefia u. m. d. (umbr. sprachd. I, 21).

2) Tab. Baut. 19 ff. pon censtur bansae tovtam censa- zet pi8 cevs bantins fust censamur esuf in eituam poi- zad ligud ..s. censtur censaum angetuzet. Die aasleger behaupten einstimmig, dafs sowohl censazet als angetuzet singulare verbalformen seien, wie es scheint durch das subjeet censtur, welches sie als unzweifelhafte singularform fafsten, ver- leitet. Aber aus vergleichung mit den pluralformen tribarakattu- set (s. umbr. sprachd. I, 168), umbr. benurent den singuiaren di- cust, umbr. benust gegenüber erhellt, dafs angetuzet 3. per*, plur. fut. exaeti ist; auch ist cenzazet, was die vergleichung mit umbr. staheren (statt staherent) gegen deivast, umbr. pehast lehrt, ohne zweifei 3. pers. plur: fut. simpl. Folglich mufs gleich- falls das sobjeet censtur nomin. plur., nicht singuL, sein, was

zur crklärnng der oskischen Sprachdenkmäler. 383

auch nicht auffallen kann, wenn man sich erinnert, dafs umbr. frater (vgl. Aufrecht und Kirchhoff umbr. sprachd. K. 310) so- wohl nomin pltir. als sing, ist; vgl. noch osk. meddiss (nom. sg. und plur.)

3) Tab. Bant. 23. pr. svae praefueus fust, 30.: fa- cti s estud. Mommsen übersetzt: «praetor si praefectus erit;M «factus esto», und gewifs richtig; wenn er aber meint, dafs fa- cus und praefueus nomin. sing, der stamme faco und prae- fueo seien, und dafs man hier zwei durch das suffix «o» gebil- dete partieipien habe, ist dies falsch und bereits von Aufr. und Kirchh. (umbr. sprachd. I, 169) widerlegt. Meiner meinung nach sind facus und praefueus nomin. sing, von facuo, praefu- eno (vgl. nom. sg. degetasis, stamm: degetasio), die von der wür- zet fac durch suff. uo gebildet sind, vgl. lat. individuus, perspi- cuus u. a. (Pott etym. forsch. 11,505); prae-fueuo ist durch vocalassimilation aus prae-facuo entstanden, vgl. pertumust = pertemust, umbr. kumultu = fcumaltu (umbr. sprachd. I, 60), während dagegen das einfache facuo diese lautschwächung nicht erlitten hat. Demnach mufs wohl auch sipus T. B. 5, 14. als nom. sg. von einem stamme sipuo angesehen werden; vielleicht kann es den lateinischen Wörtern «pal am luci" auf der kchrseite der tafel entsprechen und von einer wurzel sip =r goth. saihvan (vgl. Aufrecht in dieser Zeitschrift I, 352) gebildet sein.

4) censamur, Tab. Bant. 19 ist von Curtius (zeitschr. f. d. alterth. 1S49 s. 346) und Aufrecht (in dieser zeitschr. I, 189) als «censetor» richtig, gedeutet und mit den nmbrischen passiv- imperativen auf mu zusammengestellt; nur die entstehung der formen ist noch zweifelhaft. Die umbr. sprachd. I, 142 gegebene vermuthung befriedigt nicht, und Aufrecht scheint sie auch selbst in dieser zeitschr. I, 189 zurückzunehmen. Ich vergleiche mit umbr. mu statt mud (wie tu statt tud) lat. imper. pass. mino, wozu es sich, wie lit. ptep. mas zum sanskritischen mäna-s, ver- hält, im osk. mar, statt dessen man mud erwarten möchte, mufs dann das passive «r» nach falscher analogie zugefugt sein.

5) tribarakavum, Cipp. Abell. 36. Mommsen (unterital. dial. 8. 238) betrachtet mit gutem rechte gegen Curtius diese infinitiv- form als präsentisch; aber seine auffassung des «v» ist entschie- den falsch und schon von anderen abgewiesen. Das «v» ist hier nur euphonisch; es ist nämlich eine nicht seltene spracherschei-. nung, dafs v sich aus einem folgenden u (oder o), theils im inlaute,

384 Bugge

um hiatus zu vermeiden, Iheiis im anlaute, entwickelt; so provenc. avultro = aültre, lat. adulter {Diez roman. spr. I, 164); fr. dial. vou = ou ; ags. wutau = utan, Wuffa = Uffa : altpreufs. wusch* s rsuscbts.

6) Hier nur einige andeutungen und vermuthungen von der bildung des futurums; viele dunkle punkte bleiben unerörtert. Im oskischcn fut. simpl. act. wird an den präsensstamm in der 3. pers. ging. est oder (in den auf a und u auslautenden stammen) st, plur, zet (in dem einzigen beispiele censazet) gefugt; im umbrischen entspricht 3. pers. sg. est, —st,, pl. reu (insla- heren statt staherent). Wegen der umbr. form fuiest (erit) neh- men Aufrecht ü. Kirchh. (umbr. sprachd. I, 144) überall eine ur- sprüngliche endung iest ( jest) an, die eine Verbindung. der würzet I (gehen) mit dem conjunetiv präs. der wurzel ES (sein) , sei. Dies ist mir aber aus verschiedenen gründen unwahrschein- lich.; besonders spricht dagegen, dafs dann das fut. simpl. in sei- ner bildung vom fut. exaet. ganz verschieden wäre; ich vermuthe. dafs «i» int umbr. fuiest, wie in fuia = sit (anders umbr. sprachd. I, 141, Curtius in zeitschr. f. d: alterthuinsw. 1849. s. 345) prä- senscharakter sei, und stutze mich hierbei, auf .die äol. form qivita = qpt/w. ' :

' Ferner scheint es unrichtig, wenn Aufrecht u. Kirchhoff in .st, plur. zet, wo doch offenbar .jede modusbezeichnung fehlt, den conjunet. der wurzel ES (sid, sins) Beben. Ich vergleiche mit den erwähnten osk. und umbr. futuren die alten lat. levasso, . axo, capso u. a., die wahrscheinlich mit Mad wig und Böpp als ursprüngliche futura simplicia angesehen werden müssen; in allen diesen formen hat mau eine Zusammensetzung mit dein fut. der wurzel ES, eso, erd zu sehen. Nun ist wie ich vermuthe und was wohl nicht die formen dederitis, capsimus u. a. (vgl. Curtius temp. u. modi s. 321) widerlegen, ero ein ursprüngliches präsens. nur so weit von sum, est u. s. w. als lat. eo vom griech. dpi, verschieden; wir finden also hier die auch sonst nicht seltene er- schein ung, dafs die spräche zwei ursprüngliche' gleichbedeutende formen im lauf der zeit zur bezeichnung verschiedener begriffe angewendet hat. Eine überraschende analogie bietet uns in be- treff der form das litauische dar, wo im prfis. indic. des hulfs- verbs neben esmi, plur. esme das neuere essu (statt esu, wie le- vasso statt levaso), plur. esam sich findet; die Übereinstimmung offenbart sich auch darin, dafs essu zur bildung des fut. ange-

zur erklärung der os Irischen Sprachdenkmäler. 385

wendet wird; so entspricht lit. suk-ku dem lat. cap-so, osk. did- est, deiva-st. Meine vermuthung, dafs ero ein ursprüngliches präsens sei, wird noch durch Übereinstimmung neugebildeter prä- sensformen in den roman. sprachen bestätigt, denn merkwürdig und kaum zufällig stimmt ßpan. eres (es) zu lat. eris, ital. essere (esse) zu impetra-ssere. Auch -bo (statt -fuo), wodurch das gewöhnliche zusammengesetzte fut. simpl. im lat. gebildet wird, ist, wie schon Pott vermuthet, ein ursprüngliches präsens (vgl. ags. beo) ; so er- klärt sich die präsentische bedeutung der participien auf -buudus. Zu fust verhält sich offenbar fusid Cipp. Abell. 19, wie lat. sit (osk. sid?) zu est (ist), und ist also mit lat. faxim, ausim zu vergleichen; mit fusfd gleichartig scheinen auch die formen paten- sins Cipp. Ab. 50. 51. und tribarakaitins Cipp. Ab. 48 (statt tri- barakat-sins? vgl. umbr. sprachd. 1, 168).

Wort erklär ungen. 1) Auf einer pompeianischen inschrift bei Mommsen no. XXEXa. findet sich: anter. tiurri. XII. ini ver || sarinu. statt des- sen no. XXIXb: anter. tiurri. XII. im'. || verusarinu. Mommsen überträgt: «inter turrim XII. et deversorium?» und gibt im glos- sar folgende erklärung: «ver || sarinu XXIX a. verusarinu XXIXb. subst. 2 decl. acc. sg.? verusa- scheint eine vocalisirte form von versa versarinu mufs eine localität in Pompeji sein, wobei wohl nicht an den Sarnns zu denken, sondern vielleicht = dever- sorium «wirthsbaus». Diese letzte erklärung kann aber aus meh- reren gründen . nicht gestattet werden: im oskischen findet sich keine spur eines 8 uff. -anno (das lat. suff. ario lautet asio), fer- ner bleibt so der eingeschobene vocal «un völlig unerklärt; end- lich ist es die Zusammensetzung mit de, die dem lat. deversorium seine bedeutung gibt. Ich lese «veru sarinu» als zwei Wörter; auf XXIX a. mufs folglich am ende der zeile nach «r» ein «u» verschwunden sein, was um so wahrscheinlicher sein kann, als , auch die fünf vorhergehenden buchstaben , als Mommsen die in- schrift sah, verschwunden waren. Ferner mufs als stütze mei- ner lesung angeführt werden, dafs ßonuccis abschrift von XXIXb. zwischen veru und sar- räum läist. Demnach mufs man wohl veru, wie sarinu, als aecusativ fassen und der Wortstellung nach in jenem ein Substantiv, in diesem ein adjeetiv vermuthen. Die be- deutung des veru betreffend, liegt es nahe, umbr. verus pl. masc, das, wie Aufr. u. Kirchh. (umbr. sprachd. II, 123 ff.) gezeigt ha- ll. 5. 25

386 Bngge

ben, «tnor» bedeutet, zu vergleichen; denn, dafs dies wort im umbr. plur. tant. ist, kann dieser annähme wohl nicht hinderlich sein. Dunkler ist mir sarinn; doch scheint es dasselbe suffix, das uns in herukinai, nuvkrinum, sidikinud begegnet, zu enthalten, weshalb ich auch .die Schreibung mit «i" vorziehe*, vielleicht ist, wie auch Mommsen andeutet, das wort von einer kürzeren form •statt Sarnus, die- in Sarrastes (vgl. Mommsen gloss. v. [s]arasne£m]) erscheint,, abzuleiten. Uebrigens mufs in diesen zwei Wörtern der .vocal u statt o im accus, bemerkt werden.

2) Tab. Agnon.9. 27. anafriss. Das wort ist, wie ligis« dat. abl. plur. 3. decl. Gegen die erklärung «inferis», die auch nicht von seite der bedeutung sich empfiehlt, spricht die verschie- dene declination. Ich übersetze «imbribus»; in anafriss ist der ursprüngliche vocal a und die spirans f im Vorzug gegen lateib. imber, griecfa. ofißQog bewahrt, wodurch das wort sich dem skr. abhra (vgl. Benfey gr. wurzelle?, II, 341) näher stellt. Für die einschiebung des a (a, da derselbe vocal vorhergeht) zwischen n und f, also in einem falle, der von Kirchhoff (in dieser zeitschr. I, 36 ff.) nicht berührt ist, vergleiche ich wetterau: finef = goth. fimf, altfries. kenep = altnorw. kampr.

3) Tab-. Baut: 20 *.s.. .ceüst-ur. Mommsen liest zweifelnd asc und übersetzt «hie censor». Oben habe ich aber gezeigt, dafs censtur nomin. plur. sein mufs; folglich niufs auch das vorhergehende wort, wenn es, wie Mommsen annimmt, ein dazu

- gehörendes pronom. demonstr. ist, plur. sein. Die lesung Momoi* *sens asc und Lepsius's aisc scheint sinnlos; ich -halte mich an die Variante* Marinis iüae, nur lese ich wegen der bemerkung Mommsens, der letzte buchstab sei eher c als e, iusc. Dies deute ich «ii"; von izic mufs man nämlich nach nom. sg. fem. ioc, acc. sg. msc. ionc und umbr. eur-ont nom. plur.' masc. ioso vermuthen; aber auch sonst wechseln auf der bantinischen tafel n und o (z. b. acc. -om und -um); vgl. noch nom. piur. fistlus.

4) Tab. Bant. 22 ff. in amiricatud allo famelo in ei siuom paei eizeis fust... tovtico .estud. Die deutuug Mommsens der Wörter in ei (wofür er in ei corrigirt) siuom bedarf wohl keiner Widerlegung. Ich vermuUie in diesen Wör- tern eine Verstümmelung aus: in eituo = et peeunia.

5) carneis, Tab. bant. 3. 6. gen. sg. fem.: Aufrecht und Xirchhoff (uinbr. sprachd. II, 332ff.) haben scharfsinnig dies wort, wie das umbr. kam, als «pars» gedeutet, doch ohne diese an-

zur erklSrung der oskischen Sprachdenkmäler. 387

nähme etymologisch zu bestätigen. . Ich gebe hier eine vermu- thnng, die nur als solche betrachtet werden soll; man hat darin eine wurzel kar zu sehen, welche ich mit skr. kr, kalay = dis- jicere, dispergere, die, wie Benfey gr. wurzellex. II, 172 zeigt, in einigen ableitungen, in den participien kalila, kirna u. a., die bedentnng «theilen» hat, vergleiche; zu derselben wurzel stellt Benfey gael. crann (loos), das dem angeführten osk. .und umbr. worte nahe zu stehen scheint.

Christiania. - Sophus Bugge.

Die wurzel ei, ™, qui, fi.

Benfey hatte schon in seinem griechischen wurzellexikon II. 233 für die sanskrit wurzel ci die bedeutungen strafen und ehren erschlossen, für jene auf zend. citha (so ist dort zu lesen) strafe* für diese auf skr. apaciti f. worship, reverence, apacita ho- noured, saluted sowie auf einige slawische Wörter sich stutzend. Von den zuletzt genannten sanskrit Wörtern, die bisher nur durch Wilson^ . Wörterbuch nachgewiesen waren, findet sich Jenes Vaj. S. 21. 58. und wenn schön dadurch obige annähme bestätigung erhält, so geschieht dies andrerseits auch' für die bedeutung stra- fen, die bisher nur nach dem zendischcn citha aufgestellt war. Roth fuhrt nämlich in seinen erläuterungen zu Nirukta 4. 25. aufser der im text enthaltenen stelle noch zwei freispiele; an, in welchen die wurzel ci und zwar im ätmanepadem Ister conju- gationsklasse die bedeutung «verfolgen, bestrafen'1 hat. 'Das erste derselben (RV. VII. 3. 19. 2. mä' tat karma väsavo yac cäyadhve) isV wenn das citat richtig ist (was ich im augenblick 'nicht be- stimmen kann) einer stelle im sechsten mandala (RV. 6. 50. 7) gleich, m welchem die Äditya's verherrlicht werden und es heifst:

yüyam hi stha rathyö nas tanü'näm yüyam däxasya väcaso

babhüvd || 6 [|

mä' va eno .anyäkrtam bhujema mä' tdt karma vasavo yäc -

ciy.adhve |

vicvasya ht xäyatha vigvadeväh svayam ripus tanvam riri- .

shishtaH7||. . .

«Denn ihr seid die lenker unserer leiber, ihr seid es* der kraft und der rede; dafs wir nur nicht die sünde, die andere an euch

25*

388 Kulm

gethan, büfsen müssen, nicht die that*), die ihr o Vasu's, strafet ; denn des all's hemcher seid ihr o allgötter, den eignen leib möge der feind (sonder, ef. ripram and ripas) schädigen.»

Die zweite von Roth angeführte stelle steht ebenfalls in einem liede an die Aditya's und lantet (RV. 2. 27. 4):

dhäräyanta Adityä'so jägat sthä' deva' vicvasya bhuvanasya

gopa h | dhirghä'dhiyo räxamänä asuryäm rtä'vänac cäyamänä rnä'ni

II 4 1|

A

«Wandelndes und festes erhalten die Aditya's, die göttlichen schatzer der gesammten Schöpfung, die in dauerndem frommem werk des lebens quell bewachen, die wahrhaftigen, welche die schuld rächen.» Die stelle im Nirukta, zu welcher diese citate entnommen sind, ist dem ersten mandala des Rigveda entnommen (t. 190. 5) und lautet vollständig.

yc tvä devo' srikam mänyamänah päpa' bhadram opaji'vant

pajrä'h |

na* dudhye anu dadasi vämäm Brhaspate cayase it piyä-

rum||5|| «Die dich o gott für gering**) achten, die durch dich treulichen leben, die bösen Pajra's (oder: die bösen reichen), nicht gewährst du den gottlosen ihren wünsch, sondern du strafst o Brhaspati den 8cbmäher.» Hieran schliefst sich noch die stelle R. 1. 167. 8:

pä'nti miträ'värunäv avadyä'c cäyata im aryamö äpracastän | «Mitra und Varutia schützen vor der sünde und es straft Arya- man die ruhmlosen.»

Diese stellen zeigen deutlich die bedeutung strafen, die sünde

*) so scheint mir richtiger, wegen sv. ripus u. 8 w. zu übersetzen, doch läfst sich auch Süyana's auftassung hören, der das allerdings ac- centlose und deshalb schon von den grammatikern als verbum gefafste karma durch kärshma umschreibt; indefs wäre in diesem fall doch wohl karAma zu erwarten.

**) usrikam bringt Süyana im Zusammenhang mit usriyä, gönfima und erklärt es durch kutsitfm alpaxtrotsravinfm gä/n jtritam »narfrüham vä; also die Pajra's oder die reichen halten den Brhaspati für eine fast milcblo8e kuh oder für einen altersschwachen stier, der ihnen ihre wünsche nicht gewahren kann, sie beten nicht zu ihm. Ob die Pajra's als stammnamen zu fassen seien, und der Verehrung des Brhaspati, deV einer der jüngsten vedischen götter ist, vielleicht längere zeit wider- strebten, mag dahingestellt bleiben.

die wurzel ci, t«, qui, fi. 389

verfolgen für das verbuni cayate and sie wird uocli weiter durch das Substantiv rnacit der sündenstrafer, zu dem noch rnayä' und rnayaVan der süudenlöscr zu nehmen sind, welche beiwörter des Brahmanaspati aber auch andrer götter sind, bestätigt. Demnach kann es dann aber auch weiter nicht zweifelhaft sein, dafs Ben- fey's Zusammenstellung mit rlea&ai (a. a. o.) vollkommen richtig ist; r entspricht dem c wie in ?€, ca; reaaaQeg, catur, catväras u. s. w,, und der ohne gunirung beibehaltene wurzelvocal, der jedoch in der epischen spräche meist verlängert auftritt, hat nichts auffalliges, da sich auch andere fälle zeigen, wo dem gunirten vocal des sanskrit blofse länge (oder selbst kurze) in den alten sprachen gegen übertritt, man vergleiche z. b. das altrömische dou- eit, später ducit mit skr. dohate, goth. tiuhith. Die Zusammen- stellung ist daher lautlich nicht anzufechten, und ist auch inso- fern interessant als die Übereinstimmung sich bis auf das genus verbi erstreckt, indem cayate wie tietcu medial ist. Dies führt uns zu der begriiTsentwicklung zurück.

Benfey hatte am angeführten orte aus dem in den slawischen sprachen sowie auch im indischen compositum vicinoti enthalte- nen begriffe des zahlens, die bedeutungsentwicklung zu zahlen, dann zu: jedem das gebührende geben, ehren und strafen angenom- men. Abgesehen von dem sonst nicht weiter in dieser bedeutung nachgewiesenen vicinoti (im Rigv. wird es vom einstreichen des ge- winn es beim spiel gebraucht vgl. Roth z. Nir. 5. 22) scheint eine andere begriiTsentwicklung die richtigere; wenn nämlich der grund- begriff der wurzel sammeln ist, so hängt damit aufs natürlichste der begriff des suchens zusammen, den ci ebenfalls zeigt; das suchen ist aber einer sachc nachgehen, sie verfolgen, so wird ci namentlich von Verfolgung des pfades gebraucht (yämam acidhvam R. a. 5. 8. 18. 2 ib. 20. 4.) und namentlich in Zusammensetzung mit vi, wo es zunächst aussuchen, auswählen bedeutet. Daraus leitet sich dann aber die des ehrens nnd strafens sowie rächens am besten ab, indem beide freundliches und feindliches verfolgen sind und ehren wie strafen ein aussuchen und auswählen sind; daher denn auch für das strafen, rächen die mediale form, weil die thätigkeit eine mehr subjeetive ist.

In dieser medialen form stimmt denn auch das gothische, wenn auch nur in einer einzigen form, nämlich in der 3. pl. präs. faianda, welche sich Rom. 9. 19 findet: qithis mis im. ath- tban wa nauh faianda. unte viljin is was anstandi dicis mihi

390 Kahn

igitur: at quid adhuc vituperant, nam voluntati eius quis resistaf? Was zunächst die form betrifft, so stimmt f zu skr. c, griech. t wie in' panca niviz fimf, catur catväras tiaaoQtg fidvor, und auch im übrigen kpnnen sich die formen cayante und faianda nach allen gesetzen kaum genauer entsprechen; daher scheint es mir besser diese form als medium denn ab passivum zu fassen, wie v. d..Gabelentz Lobe schliefsiich gethan haben (grammat § 177 anm. 5, vergL 178. anm. 1.); was' aber die bedeutung be- trifft, so gränzen tadeln und strafen so nahe an einander, dafs es keines weiteren bedarf. Dafs auch Gjan hassen nebst fijands feind fijathva feindschaft (welche Bopp vgl. gr. p. 123 zu skr. bibbemi fürchten stellt, das aber schon durch beben vertreten ist) zu derselben wurzel gehören, ist wohl unzweifelhaft; nur ist der wurzelvocal in ihnen un verstärkt. Die weitere Verwandtschaft in den deutschen sprachen sehe man bei Dief. goth. wb. 1. F. 37. Dem skr. c entspricht regelrecht lateinisches q, demnach hät- ten wir hier unsre wurzel in der form qui zu erwarten, und es scheint mir kaum zweifelhaft, dafs dieselbe in queo auftrete, wel- ches bekanntlich sich in seiner flexion ganz an eo anschliefst und demnach das wurzelhafte i deutlich zeigt. Freilich liegt die be- deutung von den bisher betrachteten begriffen fern, doch möchte sie sich an die bereits als grundbedeutung aufgestellte des sam- melns anschliefsen, und daraus die des Wachsens, stark, vermö- gend, seins sich entwickelt haben. Uebrigens mufs man wohl berücksichtigen, dafs es in seiner flexion, wie es bei veränderter bedeutung natürlich scheint, von den bisher betrachteten verbis abweicht, indem es der bindevocallosen conjugation folgt. Doch scheint es in älterer zeit noch ein anderes thema, nämlich mit n , flectirt zu haben , da uns Festus aus Liv. Andron. die form nequinunt=nequeunt aufbewahrt (Struve lat. dekl. u. conj. p. 206 anm. 7.). Ich kann mich hier nicht dabei aufhalten, nachzu- weisen, dafs diese form mit n hauptsächlich bei solchen verbis vorkommt, die im sanskrit nach der fünften und neunten oder auch nach der siebenten klasse conjugiren, sondern werde dies unten ausführlicher nachweisen. Genug queo tritt durch diese form auch in die zahl der verba, die ursprünglich nach der fünften klasse conjugirten, aber im griechischen und lateinischen mehr- fach in die bindevocalische conjugation, jedoch mit beibehaltung des n, übergetreten sind. Nun folgt aber skr. ci in der bedeu- tung colligere sowie in den meisten übrigen der 5. klasse und

die wurzel ci, t«, qui, fi.. . 391

bildet das präsens cinomi, ebenso zeigt das griechische ueben Tiiw noch rivto und ri'wfit und diese Übereinstimmung auch der flexton scheint um so mehr dafür zu sprechen, dafs auch queo zu dem kreise der aus dieser wurzel entsprossenen bildungen gehöre.

Die Schreibung von. jiwpi mit einfachem oder doppelten r sowie die quantität des i bedarf jedoch noeh einiger erörterung. Buttmann gr. gr. II. anm. 19. wollte immer iLvwpi schreiben, wo- gegen Lobeck in dem zusatze zu dieser anmerkung wegen der analogie von rtVa> zu rirvfii wie av<n zu awfii nur einfaches v anerkennt; unsere zurückfuhrung auf wurzel ci sowie der um- stand, dafs diese aufser der ersten, namentlich auch der fünften klasse der sanskritverba folgt, zeigt das Lobeck allein im recht ist. Jedenfalls lautet die wurzel nur Vocalisch aus und der ge- brauch bei Homer und Hesiod, wo immer die länge auftritt, zeugt dafür, dafs diese älter sei als die kürze, die sich bei den Attikern zeigt. Dafs sie im gegensatz zum sanskrit in der Wurzelsilbe er- scheint, rührt vom accent her, welcher im cinomi, cinöshi, cinöti sowie in den meisten andern formen des Singulars act. der spe- cialtempora auf der conjugationssiibe ruht und so deren gunirung hervorgerufen hat, dagegen in den übrigen formen auf die endung tritt, während er in den entsprechenden griech. formen meist die Wurzelsilbe trifft und so deren vocal Verstärkung hervorruft, wie dsixvfii, oiywpi, ^evywpiy cuwpai zeigen. Dafs diese vocalver- slärkung sich aber bei rirvfu nicht in der gestalt des diphthongs, sondern der einfachen Verlängerung zeigt, steht in analogie zu der oben besprochenen erschein ung, dereu normale entwickln ng nachzuweisen eine dankenswerthe aufgäbe wäre. Es ist übrigens eine auffallende Übereinstimmung, dafs das zu dem goth. faianda, fi jan u. s. w. gehörende fein an sich erbarmen, also ebenfalls eine bildung mit n, die ich formell für vollkommen identisch mit rt- rvpi halte, ebenfalls den langen vocal (ei = i) und zwar im wi- dersprach mit andern bildungen zeigt, so dafs Grimm (gr. IV. 26') die frage auf warf warum nicht kinan, infinan, vielmehr keinan, iufeinan gebildet wurde und die verinuthung aufstellt, da£s ur- sprungliches i der wurzel ein j vor vocalisch anlautenden endun- gen eingeschoben habe, dies ij aber in ei übergegangen sei, wie sonst ji gleichfalls in ei übertrete (sokjith, sökeith). So wahr- scheinlich diese vermuthung übrigens an und für sich ist, so wird sie doch um so mehr in gleicher weise wie die länge in riwfii erklärt werden müssen, als dieselbe auch in nequinont er-

392 Kahn

scheint (vergl. oben p> 3S1 und unten p. 397), vorausgesetzt, dafs meine obige annähme richtig ist.

Auf den ältesten begriff der wurzel geht endlich noch ein althochdeutsches und angelsächs. wort zurück, welches Grimm in seiner abhandlung «über das verbrennen der leichen» p. 32. bespricht, nämlich fin. rogus, strues bei Otfried fina. Im sanskrit kommen von der wurzel ci die substantiva cita, citi (Käty. 25. 7. citim cinoti er errichtet einen Scheiterhaufen) cayana, welche alle drei den zur Verbrennung des todten errichteten Schei- terhaufen bezeichnen, und an das letztere schliefst sich deutlich dies ahd, fina, ags. fin an, dem ein goth. feina entsprechen würde, dies setzt aber skr. cena voraus, wie goth. beitij? = skr. (ved.) bhedati (statt des gew. bhlnatti, bhindmas, findit, findimus), goth. hveits = skr. evetas. Jenes skr. cayana entsteht aber aus der gu- nirten wurzelform von ci nämlich ce -f- ana und die beiden wor- ter sind demnach nur im aftixanlaut und auslaut unterschieden, da cayana neutrum, fina dagegen femininum ist, also ursprüng- lich langes ä im skr. voraussetzt.

Dies ahd. fina, fin leitet dann aber auch dahin, das andere fin, welches ahd. nur als adv. finliho tenere, aber in mhd. vin mit der bedeutung dünn, zart, artig, schön vorkommt, vgl. auch engl, fine schön, fein, auf unsre wurzel zurückzuführen; denn der begriff des auserlesenen oder der bunten mannichfaltigkeit scheint der ursprüngliche des wortes zu sein. Diese- vermuthang gewinnt noch einiges gewicht durch skr. citra, weiches mannich- fach, bunt, schön, bewundernswerth bedeutet, von w. ci mit affix tra abgeleitet wird (BoehtJiogk Un. IV. 165) und in den schollen gewöhnlich durch cayaniya, darcaniya sammelns-, sehenswerth erklärt wird. A. Kuhn.

Ueber die durch nasale erweiterten verbalstlimme.

Unler den durch consonanten oder vocale erweiterten ver- balstämmen sind bekanntlich diejenigen von nicht geringem um- fang, welche die wurzel, sei es durch einfügung eines nasaig in dieselbe oder durch anfügung einer mit einem nasal beginnenden silbc an dieselbe erweitern und von diesem stamme sei es nun blos gewisse oder alle tempora bilden. Das sanskrit zeigt die weiteste ausdehnung dieser erscheinung, indem es 1) der wurzel

über die durch nasale erweiterten verbalstämme. 303

nur einen nasal in einzelnen fällen einschiebt wie labh, welches z. b. neben labhante auch lambhante und andere formen bildet; 2) den nasal in den specialtemporibus überall eintreten läfst, worauf einige stamme wie munc nach der sechsten, andere wie yunj nach der 7. klasse gehen, letztere aber, der conjagation ohne bindevocal folgend, in den formen, wo die nasalirtc silbe den ac- cent erhalten möfste, diesen zu der silbe na erweitern, 3) der wurzel die silbe nu, 4) die silbe anhängt, 5) in den special- temporibus die Silben nu oder na anhängt, in den übrigen dem wurzelauslaut einen nasal vorschiebt wie z. b. dabhnoti und da- dambha, woneben doch aber auch vedische formen wie dabhanti auftreten, oder crathnäti, cacrantha u. a.

Diese mannichfachen verbalstämme stehen, wie leicht ersicht- lich ist, in enger beziehung unter einander, das allen gemeinsame ist der an der wnrzel erscheinende nasal, welchen Curtius (tem- pus- und modasbildung p. 53 ff.) als eine rein lautliche Verstär- kung dargestellt hat. So unzweifelhaft und treulich er dies auch für viele fälle nachgewiesen hat, so ist es doch immer noch nicht ohne bedenken für andre; Curtius selbst hat (a. a. o. p. 58) ge- sagt: «Die griechische spräche fügt aber ihren nasal nicht blofs nach vocalen, sondern auch nach consonanten ein. Es scheint auf den ersten blick unwahrscheinlich, dafs in xa/wo), ripvm das v blofs verstärken sollen u. s. w.» Er führt aber darauf fälle an, in welchen ein v nach p sich unorganisch eingeschlichen haben soll, sncht in den latein. sperno, cerno, sterno das n durch frü- here metathesis des r zu erklären, wonach sie also aus spre-o o. s. w. hervorgegangen wären und erklärt ddxvo) durch Umstel- lung des nasals, wie sie auch im übrigens bis jetzt noch nicht belegten däcnöti s. däsnöti (occidere, ferire, laedere) statt gefun- den habe. Allein in den für den einschub des v beigebrachten fallen ist doch für einige eine andere erklärung wahrscheinlicher, denn vobwpvog geht durch öVopat auf einen stamm mit ursprüng- lichem nt zurück und diese zeigen bald das n bald das r, dre- Qapvog hat das attische äteQdpaHr neben sich, aus dem es durch erweiternng gebildet ist und auch dndlapvog wie nalaywaXog geht wohl auf ein älteres ttaXdpav für naldfirj zurück, da so- wohl das lateinische in palmus als auch das angelsächsische in folm masculina neben den gebräuchlichen femininalformen zeigen, und diese masculina auf mus, m indischen auf ma entsprechen, die fast durchweg aus solchen auf man hervorgegangen sind.

394 Kuhn

Aebnlich lassen sich auch wohl die übrigen falle, nämlich di: dvpvog, vneQepnjpvxe, IloXudapva erklären, und es bleiben, dann nur noch die lateinischen verba nebst öanvm übrig, Jene hat Curtius selbst nur als «vielleicht» durch metathesis entstanden bezeichnet, und dieses schliefst sich, das Vorhandensein des the- mas däcnu vorausgesetzt, mit der skr.- nebenform danc, an die oben unter no. 7. gestellten fälle an. ddxr<o tritt mit tfwco wahr- scheinlich ganz auf eine linie und wie diesem das skr. dhunoti als ältere form vorangegangen ist, so möchte auch ödxtxo aus einem älteren doxy^/u oder öaxwpi entstanden sein. Ich mufs übrigens noch erwähnen, dafs auch Pott bereits (etym. forsch. II. 687) gesagt hatte, dafs das v in den stammen dapva u. s. w. zwi- schen fi und a eingeschoben scheinen könnte, da neben da^vt^u ein dapaw stehe, dafs jedoch diese beiden stamme in einem an- deren zusammenhange stehen, soll sogleich gezeigt werden.

Ohne für jetzt auf die frage, ob der im stamme sich, zei- gende nasal stets eine rein lautliche Steigerung sei oder einen an- deren Ursprung habe, einzugehen, wollen wir hier einige erschei- nungen, die sich gleichfalls dem kreise dieser nasalirenden themen anschliefsen , betrachten. Die spräche der veden zeigt nämlich in der conjugation derjenigen verba, welche der 9ten klasse fol- gen, wie z. b. manth, präs. mathnäti , ein nebenthema , welches der wurzel die silbe äy anfügt und der ersten conjugation folgt also z. h. das jenem mathnäti gleichstehende mathäyati bildet, neben welchen dann noch die dritte. form manthati herläuft; alle drei sind aus den vedischen liedern nachweisbar, ohne dafs sich för jetzt ein wenigstens erheblicher unterschied der bedeutung herausstellte. Die einer solchen doppelten flexion folgenden wur- zeln hat Benfey bereits in seiner sanskritgrammatik § S05. VIII. zusammengestellt, es sind manth, skabh, stabh, grabh, prush, push, mush pri; zu diesen stellt B. noch rdh, welches sonsi der öten klasse, sowie vas,. welches der 2ten klasse folgt, aufserdem noch krp cl. 10, cubh cl. 6. u. a.; bleiben wir zunächst bei den der 9ten klasse angehörigen wurzeln stehn, so sind ihnen noch a<;, crath hinzuzufügen und es stehen demnach bei den genannten wurzeln die formen mathnäti, mathäyati, skabnäti, skabhäyati, stabhnäti, stabhäyati, grbhnäti, grbhäyati, prushnäti, prushäyati, pushnäti, pushäyali, mushnäti, mushäyati, prinäti, priyäyati, acnati, acäyati, crathnäti, crathäyati neben einander. Nun zeigt aber so- wohl der pada- als auch zuweilen der samhitatext an. der stelle

über die durch nasale erweiterten wortsWnime. 395

von äy die Verkürzung zu ay, so dafs z. b. cratbaya neben $ra- thäya,* grbhaya neben grbhäya steht and danach wird es keinem bedenken unterliegen, dafs wie die themen mit nasal sich neben griechische auf rqpi und dvo) stellen, so diese sich den neben- themen der letzteren auf £<x> anschliefsen^ und zwar in der art, dafs während sich- in den themen auf «*<», akr. nämi nur. nahe verwandte themen gebildet haben (mathnati, manthati, pav&am) in mathayati (ia&da> (fia&ijaofiai) vollständig congruente formen neben einander stehen. Dabei sei nebenher bemerkt, dafs die hier verglichenen beiden Wörter auch begrifflich identisch gewesen sein mössen, was sich am sanskrit, wo manth am gewöhnlichsten schütteln, erschüttern, dann durch erschütterung herausbringen heifst, noch genauer nachweisen läfst. Im griechischen hat sich der ursprüngliche begriff offenbar neben dem später blos geistigen ' noch am deutlichsten in IlQOfArj&evg erhalten, der wie der indi- sche Mätarigvan das fener vom-himmel bringt; diesen nannte da- her Roth bereits (zu Nir. 7. 26) einen zweiten Prometheus, ich glaube indefs, dafs er -der erste und einzige 9 d. h. dem griechi- schen identisch sei, was mir namentlich das verbum beweist, wel- ches zur bezeichnung der thätigkeit des M&taricvan,"der den in der wolkenhöle verborgenen Agni herausbringt, gebraucht wird, denn dies ist gerade mathayati, und nQoptftevQ wäre aufs ge- nauste ein skr. pramathayüs. Ich werde diese ganze Vorstellung nächstens ausfuhrlicher entwickeln und kehre zu unsern verbal- stämmen zurück.

In gleicher weise wie dem skr. mäthäyati die von fia&ew gebildeten formen zur seite stehen, reiht sich nun auch dem ve- dischen priyäyati, das neben prinäti steht, das griech. cptUo) an, denn wenn es kein zweifei ist, dafs priya und cpdog iden- tisch, freilich aber in folge verschiedener lautgesetze einander sehr unähnlich geworden sind, so gehören auch jene zusammen; dafs beide .auf den ersten blick denominatiya zu sein scheinen, ist einleuchtend, und ich glaube auch, dafs sie es sind, worüber denn auch das goth. frijon keinen zweifei mehr Üffst. *

Wie aber qpuU'a», priyäyati neben dem skr. pritiati nach der 9ten - klasse stehen , so steht wieder lat. pleo . neben skr. j>rnäti (erfüllen) während nifinX^fii sich an das gleichfalls vorhandene piparmi anschliefst; dagegen stimmt das in des Paul. Diac auszü* gen aus Festus erhaltene explenunt für expient wieder zu prnanti: die mit Wahrscheinlichkeit Vorauszusetzende länge des e erklärt

396 Kahn

sich durch den lateinischen accent, der. wie er in inius die länge des i herbeiführte gegen skr. imas, griech. ifiat (vgl. oben Schweizer p. 381) so auch hier genügende anfklfirong für die Verlängerung giebt. Auf die übrigen lateinischen stamme, die, gewöhnlich vocalisch, in der 3. pers. plur. die cndung innnt zei- gen, kommen wir unten zurück. Zunächst wenden wir uns zu der ähnliche erscheinungen bietenden 5. klassc der sanskritverba.

Wenn nämlich eine ziemliche zahl dieser verba ihre special- tempora auch zugleich nach der 9. klasse bilden können (acnäti, acnoti, stabhnäti, stabhnoti, skabhnati, skabhnoti, skubhnäti, sku- bhuoti, krnäti, krnoti (laedere occidere), slrnati, stynoti, vrnäti, vrnoti (doch hier mit meist festgehaltenem unterschied der bedeu- tung),rnäti, ritoti, dhunäti,dhunoti,skunäti,skunoti,drati8:ti, drunoti, minati, minoti, sinäti, sinoti, xiriäti, xirioti), so erklärt sich daher zur genfige, dafs unter den oben aus Benfey's grammatik ange- fahrten formen ein rdhäyati vorkommt, während die w. rdh nur nach der 5. klasse flectirt, ebenso hat Benfey a. a. o. mit vollem rechte zu yasäyali das griech. JWv/u in parenthcse gestellt. Allein auch die 6. klasse scheint in alter zeit ein nebenthema gehabt zu haben, welches dem der 9. analog gebildet war, nämlich statt -noti auf -üyati flectirte, wenigstens läfst sich dies aus dem ne- ben stabhnoti in den veden vorhandenen ptc. stabhuyat und sta- bhuyamäna schliefen; in vollkommen entsprechender weise steht neben rnomi OQWfii (deren aoristformen ärta, arta, wqto, ränta, oqopto sich fast noch gleich stehen), das griech. oqovco für das 6qv<d zu erwarten stände; das ov statt des v scheint dialektische besonderheit, wie sie Böotern und Lakonen eigen ist (Ahr. diall. I. §41, H. § 18). Vielleicht läfst sich auch ytj(wm, so zu dem skr. grnäti stellen, indem es zu einer nebenform grnoti gehörte. Die länge des r\ entspricht ganz der von yijqag im verhällnife zu skr. jaras, die ältere kürze des v wäre analog der Verkürzung von äyati zu ayati, «oo. Das daneben stehende ytJQvg wäre kein hindernifs solcher annähme; denn freilich scheint yijQvco dazu denominativ, aber in dieser weise scheinen sehr viele dieser for- men erklärt werden zu müssen.

Standen schon vasäyati, rdhäyati neben erwpt und rdlinoti nnd bildet oQvvpi eine nebenform des aorist aus einem thema auf ta, nämlich OQeovtoy so zeigt sich darin wieder der nahe Zusam- menhang der 9. und 5. klasse; wenn wir daher oben explenunt f. cxpleut zur 9. klasse stellten, so gehören auch die von Schwel-

über die durch nasale erweiterten yerbalsUmme. 397

zer p. 380. 381 besprochenen obinunt, redinunt, prodinunt unbe- denklich zu derselben. Bereits im sanskrit verläfst nämlich die wnrzel * mehrfach die zweite conjugationsklasse, und bildet, in die erste übergehend, ein dem latein. eo entsprechendes ayanri oder in die fünfte eintretend inomi, das in seiner meist transiti- ven bedeutung gehen machen (zu jmd»), umfassen, nehmen, greifen genau dem medialen curvficu (wegen ai s. oben s. 391) entspricht, doch auch intransitiv (gatikarmä Nigh. 1, 14), gebraucht wird und auch mehrfach in einer erweiterten form invati auftritt, die ganz der analogie der verba auf -vuv folgt. Wenn nun sternunt gleich skr. strnanti, so entsprechen ob-, red-, prod-inunt einem skr. inanti, welches bei der besprochenen nahen berührung zwischen 5. und 9. klasse vorauszusetzen ist; eben so erklärt sich nequi- nnnt; die von Ritschi (de epigramm. Sor. p. 18) für prodinunt nachgewiesene länge macht es wahrscheinlich, dafs auch ob-, red- inunt, nequinunt dieselbe zeigten, und sie erklärt sich aas dem was oben von Schweizer p. 281 und von mir p. 391. gesagt ist. In gleicher weise wie jene formen ist danunt zu erklären, dessen kurzes' a eben so wenig bedenken erregen kann, als das dem skr. a der feminina entsprechende kurze a des nom. der 1. lat. dekl., als das des sup. datum u. s. w. Die erweiterung des thema's hat ihr analogon in dem cretischen azarvm : larrjfjtu Die erweiterung von fruor zu frumscor setzt einen stamm fruni voraus; fruor ent- spricht wie Schweizer bereits oben dargethan dem skr. bhüj , d. brauchen; die flexion der sanskritw. folgt aber der 7. klasse, bil- det also bhunakti, bhunjanti; ganz wie yuj yunakti, yungit im griech. nach 5. klasse flectirte in £evypvfii, so ist fru[g] in die 9te übergetreten, hat aber den themavocal wie punio (skr. pu- nami, punimas) bewahrt; im umbr. ist persni, pesni (skr. prehämi, aber goth. mit n fraihna, vgl. skr. pragna) ein thema derselben klasse und das ptc. persnis (f. persnitus, Aufr.-Kirchh. umbr. spr. II. 167) schliefst sich genau an frunitos, punitus an. Was co- quinatum und carinans betrifft, so ist jenes unsicher, in diesem mindestens die quantität des i zweifelhaft; jedenfalls sind sie von den genannten verbis; die alle nach der dritten gehen, zu tren- nen. Von diesen bleiben dann nur solino (consulo), solinunt (so- lent), inserinuntur, ferinunt übrig, von denen sich solinunt als nach der analogie von prodinunt gebildet darstellt; über solino sind wir der conjugation, über inserinuntur (Ritschi will inter- serlnuntur lesen), ferinunt der quantität nicht versichert; wäre

388 Kuhn

das i lang, so möchten sie sich wie oomw, äol. dgiVtw, "Eqipvg 'EQirrig aus stSmmen auf inno f. iojo erklären und sich an die analogie der indischen wie saranyati u. s. w. anschliefsen, also denominativa sein; ist das i kurz, so scheinen sie analoge erwei- terungen des thema's wie sie sich in aiG&dvopai : j<s&6fit^y apao- rdr&> : tjpaQtov u. s. w. zeigen.

Bricht schon in den bisher betrachteten themen mehrfach der enge Zusammenhang zwischen nominalthemen und verbalihe- men durch, so zeigt er sich im gothischen bei den mit n gebil- deten stummen klar und unbestritten, denn die von yerbis stam- menden haben den participialablaut, andere sind von adjectivis abgeleitet, doch so dafs ihnen zugleich meist ein transitivum des- selben Stammes zur seite steht, vgl. Grimm gr. IV. p. 23 ff. So hat sich hier denn auch eine feste, nämlich passivische bedeutung, für diese form- herausgebildet, von der nnr fraihnan eine aus- nähme macht, während dies im sanskrit, griech», latein. nicht im gleichen, mafse der fall ist. Der räum gestattet mir diesmal nicht ausführlicher auf diesen punkt, sowie auf den Zusammenhang der verbalthemen mit .nominalen in den letztgenannten sprachen aus- führlicher einzugehn nnd so mögen denn diese formellen Zusam- menstellungen vorläufig genügen. A; Kuhn.

II. Miscellen.

Lateinisches f für altes dh.

Auf die bekannte Vertretung eines ursprünglichen dh durch f im lateinischen habe ich oben (s. 333.) in dem aufsatze über die aspiraten hingewiesen. Hier mögen einige Wörter ihre stelle finden, in denen man f als Vertreter von dh bisher entweder noch nicht erkannt oder doch nicht anerkannt zu haben scheint.

1) fingo ~&iyyJiva). Die wurzel &iy mit skr. tij acuere zusammenzustellen, wie Bopp (gloss.), Pott (I, 235), Benfey (II, 246) es thun, ist sowohl wegen des anlauts als wegen der be- deutung mifslich; selbst ^yca dürfte kaum mit recht zu tij ge- zogen werden. Vollends tango, das in tstayoiv und goth. telta seine ebenbilder hat, gehört weder zu öiyydtK» noch zu tij. Aber fingo kann mit &tyyi*m in jeder beziehung verglichen werden. Zunächst, in bezug auf den nasal, der ja, wie ich sprachvergl.

. miscellen. 399

beitr.-s.56fF. gezeigt habe, in den verschiedenen sprachen unsers Stammes denselben wurzeln anzuhaften pflegt. . &iyyiv<s> verhält sich zu fihgo wie Xtfjutavw zu linquo wie (pre) hendo zu %av-. davon. Die kürzere wurzelform tritt in &iy-eip wie in fig-ulus, fig-ura hervor. Die bedetttungen sind freilich nicht ganz diesel- ben; aber wenn wir bedenken, dafs öiyydpeiv in der regel mit dem getoitiv, fingere aber als transitives verbum mit dem aecusa- tiv verbünden wird, so gewinnen 'wir für beide verba die ge- meinsame bedeutung tasten. &iyyavßw nvog heilst aber an etwas tasten, fingere aliquid etwas betasten, ertasten, tastend gestalten. Daher ist ja fingere, figulns, opus ficlile der eigentliche ausdruck von der töpferarbeit; aber auch von anderweitigem kneten ward es gebraucht, daher fictores kuchenbäcker (Ennius bei Varro de 1. 1. VIIr -44 ed. Müller) mit der erklärung fictores dicti a fin- gendis libis, auch hieis nach Isidor fictor qui capill'os mulierum linit et pertraetat et ungit et nilidat

2) furere tfopsfr. Benfey's vergleichang von sanskr. tvar festinare (II, 251) mit &oquv ist wenig gesichert. Die bedeutuh- gen furere und &ogelt kommen sich am nächsten in &oi>Qog j4qh$, &ovQig ähf.r\ verglichen mit furor bellicus und -ähnlichen aus- drücken. . Ob övQGog mit dieser Wurzel zusammen hänge, lasse ich dahin gestellt.

3) f ol lis = OvXklg (Hesych.). övllig ist gleichbedeutend mit -ffvXaxog sack, das durch das suffix , wie follis durch den anlaut . dem goth. balgs, altn. belgr, ahd. pale näher steht (vgl. J. Grimm gesch. d. d, spr. I. s. 398). Benfey trennt diese Wörter, indem er follis ans sfollis entstehen läfst (I, 572), tivlaxog aber in den schoofs der w. Qjrvi aufnimmt (II, 278). Aber die bedeutung stimmt zu sehr überein, als dafs wir die Wörter trennen könn- ten; das o von follis verhält sich zur w. &vl wie das von tollo zum. altlat. tul-o; das doppelte 1 scheint. aus assimilation entstan- den zu sein, ohne dafs ich darüber eine weitere vermuthnng wage.

4) for-nix ist wohl stammverwandt mit dem gleichbedeu- tenden #öX-off. Das suffix erinnert an cor -nix, wo doch' auch wie cor-vus, x6q-oc£, >coq:(6vtj beweisen,, die wurzel nur auf die erste silbe sich- erstreckt. Das ähnlich gebildete fornax gehört, natürlich nebst fornus, furnus, formus zu ferveo, dessen wurzel im skr. ghar, grieeb. &eQ lautete

5) fr au -8 (st. fraud, altlat. frud)* stelle ich, wie schon Pott

400 miscellen.

(II, 61) vermuthet hat, mit gr. &Qav-a> zusammen. Die sinnliche bedeutung zerbrechen, verletzen tritt klar hervor in &Q(tvooy &qcbö- apa, &QCtv<n6g, dessen neutrum mit frustnm zu vergleichen ist; die geistigere, deren auch dgavoa nicht entbehrt z. b. in &Qaveir olßov, Unitia, hat sich in frans festgesetzt, das erst aus der be- deatung Verletzung zu der von trug, betrug gelangte, die auch in frustra steckt. Was das d des lateinischen Stammes betrifft, so scheint es accessorisch zu* sein, wie das von ten-do (w. tan, gr. w), fundo (vgl jv jahrg. I. s. 120), claudo (vergl. clav-is, joUt-co), vädo (vgl. w. g&, griech. ßa, ßaiva =(g)venio). Wie sich in ahd. giutan ein solchem d entsprechendes t zeigt, so ver- gleicht Pott (a. a. o.) mit frud altn. brut frangere. Anhang- weise mag hier des an fraus unmittelbar anklingenden laus ge- dacht werden, dessen d auch accessorisch ist, wenn wir es mit Benfey (II, 179) aus w. du, gr. xAv, skr, cru entstehen lassen. Dafür läfst sich wenigstens das anfuhren, dafs vor 1 besonders oft aphäresis eintritt: lac(t) =* yo£la(xr), lend = lit. glinda, griech. xond (Pott I, 107), latu-sss tlatus griech. thjrog^ longa -s für dlongu-s, &oXi%6q sl. di"g", skr. dirgha-s, lupu-s =Xvxo-s für vlupu-8, lit. wilka-s, skr. yrka-s. Auch lämentum, lamentari mit mXouco (w. xla/r) zu vergleichen liegt nahe. Um zu frad, fraud zurückzukehren, so erinnert es uns auch an skr. dhur-ta fraudulentus, fraudator, für.

6) fulc-io scheint stammverwandt mit fre-tus, frcnum, fir- mus, ferme, fere, folglich (Pott I, 220) mit skr. dhr teuere, des- sen seitensprofs dhru, firmum esse, wovon dhruva-s certus, ja ebenfalls u-laut zeigt. Das c von ful-c-io ist mit dem von vin- c-io (vgl. vi-men), ja-c-io (vgl. tyfu skr. ja), fa-c-io (w. dhä), vin-c-o (skr. ji), par-c-o (vgl. par-vu-s, sparen), mar-c-eo (vgL HaQ-aiv<ß) zu vergleichen. (VgL jahrg. I. s. 53 und zeitschr. f. d. alterthumsw. 1849. rio. 43). 6. Curtius.

r im altdeutschen Präteritum*

Als nachtrag zu dem I. p. 474 ff. und p. 573. ausgelegten und vielleicht als correctiv sollten auch die ahd. formen steroz, sterozun für stioz etc. und pleruzun adolerent von plözan erwo- gen werden. Ob nicht doch J. Grimm recht behalte? Wir wer- den darauf zurückkommen. H. Schweizer.

Gedncki bei A. W. Seh »de In Berlin, Griinsirafke 18.

I. Abhandlungen.

Numerische lautverhliltnisse in griechischen dialecten.

Die numerische methode, soll sie auf die dauer licht verbreiten helfen in der Sprachwissenschaft, mnfs von einigen schlacken ge- reinigt werden, die ihr im ersten rohen entwurf anhafteten. Der erste mangel des bisherigen Verfahrens war der, dafs bei den vo- calen und bei den consonanten nur ihr Verhältnis zum ganzen vocalismas oder resp. consonantismus angegeben wurde. Dadurch wird die ganze Untersuchung in eine zweiheit zerspalten, die dem wesen der spräche widerstrebt; es tritt namentlich die zwischen gewissen vocalischen und gewissen consonantischen lauten beste- hende beziehung und Wechselwirkung nicht klar genug hervor. Es mufs also vielmehr nicht der vocalismus und der consonan- tismus jeder als einheit fuer sich gefafst werden, sondern die ein- heit, auf die «alles bezogen wird, mufs vielmehr das ganze laut- sy stein sein. Nur wenige fälle schweben mir vor, in denen je- nem andern verfahren der vorrang gebuehren dürfte. Ein zwei- ter uebelstand war der, dafs die bisherigen angaben zwar fuer die gewinnung einiger besonders in die äugen fallenden resultate vollkommen ausreichten, dafs sie jedoch zur beobachtung feinerer Verhältnisse untauglich waren, da sie dem zufall noch zu grofsen Spielraum liefsen. Bisher stützte sich jede mitgetheilte zahl auf eine dreimalige bis fünfmalige zaehlung von je hundert, im gan- zen also auf dreihundert bis fünfhundert elemente. Das ist fuer viele lautverhällnisse, wie eine genaue pruefung beweist, eine IL 6. 26

402 Föratematm

viel zu kleine anzahl; es mufs also die anzahi der in betriebt kommenden demente vergroefsert werden. Das dritte gebrechen endlich liegt darin, dafs die einheit hundert, die ich bis jetzt zu gründe legte, nur fuer die häufiger vorkommenden laute aus- reicht, fuer die seltneren aber, deren jede spräche mehrere be- sitzt, so ungenuegend ist, dafs diese seltneren laute sich dadurch ganz der numerischen beobachtung entziehn. Es mufs also drit- tens die grundeinheit vergroefsert werden.

Ich wende das verbesserte verfahren zum ersten male mit absieht auf ein gebiet an, in dem die unterschiede weit geringer sind, als bei der betrachtung ganz verschiedener sprachen, naem- lich auf die griechischen dialecte. Die einheit, welche mir nun- mehr das ganze lautsystem repraesentirt, ist jetzt tausend; jede einzelne zahl aber ist das, mittel aus einer dreimaligen zaehlung von je tausend dementen. Da nun die einzelnen zahlen weit groefser sind als frueher bei einer einheit von hundert, so kann ich auch von der benulzung der bruchzahlen absehn, was ich um so lieber thue, als die vielen brache die uebersicht erschwe- ren wurden und nebenbei auch vielen anlafs zu druckfehlern ge- ben. Ich habe mir deshalb eine abrundung in der weise erlaubt, dafs ich z. b. statt 71| nur 71,. statt 71f aber 72 schreibe.

. Fünf griechische Schriftsteller sind es, Homer, Herodot, Xe- nophon, Pindar und Theocrit, deren sfimmtlich von einander deut- lich abweichende mnndarten ich diesmal der beobachtung unter- ziehe. Die beiden ersten repraesentiren mir zwei verschiedene nuancen des ionismus, die beiden letzten zwei schattirungen des dorismuß ; der atticismus brauchte in einer erdrterung wie die vorliegende nur einen einzigen Vertreter. Vom aeolismus sehe ich vor der hand ab.

Von vorne herein bemerke ich, dafs zwar auch in den fol- genden angaben noch immer dem zufall ein Spielraum bleibt, dafs dieses zufällige sich jedoch nach allen grundsätzen der Wahr- scheinlichkeitsrechnung nur noch innerhalb ziemlich enger grenzen bewegt. Zudem mufs man sich hueten, jedes auffallende zahlen- Verhältnis, von dem man nicht sogleich eine erklaerung weifs, dem zufall in die schuhe zu schieben. Es wirken anfser den im engern sinne so genannten lautverhältnissen bei den Zahlenanga- ben noch manche andere dinge mit, z. b. der Sprachschatz eines jeden Schriftstellers, seine prosaische oder poetische darstellnng, ja sein eigenthumlicher styl, seine lieblingswendungen, sein groe-

numerische lantverhaltnisse in griechischen dialecten. 403

faeres oder geringeres streben den biatus zu vermeiden (was auch bei prosaikern in anschlag zu bringen ist) u. s. w.*)

Unberücksichtigt bleiben im folgenden von allen griecb. lau- ten drei, das digamma, dessen erforschnng fuer die numerische darstellung noch nicht reif ist, der spiritas lenis, der nicht den charakter eines willkuerlich ausgesprochenen lauts traegt, son- dern nur das mechanische complement des asper ist, und das i 8ubscriptam, das als trummerhailej laut von einer ueberdies sehr beschränkten fast nur grammaticalischen bedeutung fueglich von der betrachtung der eigentlich lebendigen laute auszuschließen war.

Nach ausscheidung dieser drei behält das griechische laufc- system noch 35 laute, naemlich die vierundzwanzig buchstaben des alphabets, den spir. asper**), das nasale y (vor gutturalen) und die neun diphthonge ai9 et, o«, av, «/, ov, vi, qv, cw, im ganzen 16 vocalische und 19 consonantische laute. Da£s ich lan- ges und kurzes a i v ungeschieden lasse, wird mir mit rucksicht auf die gebotenen grenzen meiner darstellung verziehen werden.

Beginnen wir nun mit dem Verhältnis der vocale zu den consonanten im allgemeinen, so ist dieses unter 1000 lauten fol- gendes:

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. voc. 466 474 460 456 455 cons. 534 526 ' 540 544 545.

Daraus gehn folgende betrachtungen hervor:

1) Die abweichung der dialeete in der lautmi- schung ist nur unbedeutend. Bei den beiden Dorern ist so gut wie gar keine Verschiedenheit zu bemerken. Der groeste unterschied, der zwischen Theocrit und Herodot läDst sich hoech- atens mit dem abstände des Griecb. vom Lat. vergleichen, ist aber viel geringer als die differenz zwischen griech. und goth. oder skr.

2) Der dorismus. erweist sich als die härteste, der

*) darauf ist, wie sich von selbst versteht, bei der answahl der stocke, die den verschiedenen zaehlongen zu gründe gelegt werden, rucksicht zu nehmen, dafs nicht etwa alle eine erzaehlung in der er- sten person, oder eine darstellung in lauter praeteriten u. s. w. enthal- ten, sondern es müssen moeglichst heterogene stocke sein, damit auch von dieser seit« her dem zofall seine macht gelaehmt werde. **) nur den spir. auf q lasse ich ungezaehlt

404 Förstcmann

ionismus als die weichste mandart; der atticisnius sieht zwischen beiden fast genau in der mitte.

3) Das relative Verhältnis zwischen vocalen und consonanten ist fast gänzlich dem absoluten gleich.

Diese auffallende thatsache, die durchaus nicht ganz auf Zu- fall beruht, erweist sich beim atticismus als der mittleren mund- art folgendermafsen. Der atticismus besitzt, da ihm von den oben angefuehrten lauten nu^ einer, das cot; abgeht, 15 vocalische und 19 consonantische laute. Die durchschnittliche häufigkeit jedes vocals ist also 460 : 15, d. h. 30 31, die durchschnittliche häufigkeit jedes consonanten 540 : 19, h- 28—29. Leicht knöpft sich hieran die vermuthung, dafs ueberhaupt im allgemeinen die sprachen, je mehr consonanten sie besitzen, desto mehr auch con- 8onantenverbindungen lieben durften, und wirklich zeigt sich s. b. das mit einem so reichen consonantensystem ausgestattete Skr. 60 wie die slavischen sprachen härter als das diphthongenreiche Griechische oder Italienische. Oder sollte es auch sprachen ge- ben, die sich durch eine grofse armuth an consonantischen lauten auszeichneten, trotzdem aber doch diese zu häufigen Verbindun- gen benutzten und deshalb zu den harten gehoerten? Ich empfehle diesen punkt gelegentlicher aufmerksamkeit und bemerke hier nur, dafs es jedenfalls fuer den harmonischen bau einer spräche spricht, wenn, wie im Griechischen, die durchschnittliche geltung bei den consonanten der bei den vocalen nahe kommt.

Die einzelnen vocale ergeben folgende uebersicht: Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer.

a

79

86

90

114

114

i

46

48

36

50

53

V

20

17

17

18

24

s

106

105

88

79

84

n

34

38

35

13

21

0

85

55

66

70

64

CO

26

32

29

28

26

cu

17

22

23

22

30

ei

13

13

22

20

12

Ol

20

19

19

19

15

(XV

6

8

8

3

3

ev

4

3

8

6

4

ov

9

26

19

13

5

vi

0

0

0

1

0

numerische lautverhSltnisse in griechischen dialeclcn. 405

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theocr. tjv 1 0 0 0 0

ö)v 0 2 0 0 0

Folgerungen daraus:

1) Der häufigste vocal ist im dorismns und atti- cismus das «, im ionismus das e, der seltenste unter den einfachen im ionismus und atticismus das v, im dorismus das tj.

2) Das a, ueberall zu den häufigsten vocalen ge- hoerig, ist im dorismus seinem ursprünglichen um- fange am naechsten geblieben, hat aber im atticismus und noch mehr im ionismus davon beträchtlich ein» gebuefst, so dafs das homerische a nur etwa f des do- rischen ausmacht.

Dieser attisch-ionische verlust geht namentlich ueber auf tj, im ionismus auch (seltner im atticismus) auf e, wie unzaehlige stellen der grammatiker beweisen, zuweilen auf eo (vgl. dor. nqä- Togy noreidttp u. dgl.) und auf o (vgl. z. b. dor. e?x<m).

Anziehend ist es zu beobachten, wie eine reiche und classi- sehe üteratur den attischen dialect fixirt und in lautlicher bezie- hung zur erstarrung bringt, waehrend die bewegung vom a fort zu den uebrigen vocalen hin in vollem gange ist. So hat die Gonsonautengruppe des a in paxQog noeh geschützt, waehrend irfxicTog schon zu 17 hin vorangeeilt war, so ist Movca und tqiaiva im nom. acc. voc. geblieben, im gen. und dat. schon ent- artet, so sind die masc. auf tyg wie noXtryg nur noch im voca- tiv dem a treu geblieben, nom. dat. acc. schon zu r\ verwandelt, so waere ohne die hemmende macht der Hteratur das aQyvQä gewifs dem XQvtf* das xodävcu sicher dem ötiprjvai, das neQavai dem tetQtjpat nachgefolgt," vielleicht auch das I<jt(> appai dem GTQtcpG), das iaraXov dem ottTXa), das yeXdaoo trotz der Verschie- denheit der bildung dem ri^rjoca, das ftdregov dem iteqog, der Alle zu geschweigen, wo die entsfehung eines diphthongs den alten vocal festhielt (aoifiaivm zu noifiqv, Xiaiva zu Xioav u. dgl.).

Das uebergewicht des dor. a ueber das iou. und altische waeren och entschiedener, wenn nicht umgekehrt oft grade der do- rismus in der sprachverSndcrung vorangeeilt waere; man denke an dor. formen wie noQÖuXig, rhoQsg, OQtjv, *Vtf> voXfiijTs. Auch der ionismus bewegte sich mitunter langsamer als der atticismus; vgl. tqcuh», tdpiKO, ptfa&OQ, #>«0<h«, o^aovr«, XtXaopai, fAtcdpßQta.

406 Förotemann

3) i kommt am meisten dem dorismus, naechstdem dem ionismus, weniger dem atticismus zu; durch- schnittlich nimmt es fast halb so viel umfang ein als o.

Das zurücktreten des i im atticismus liegt daran, dafe es hier vielfach in gebundenem zustande in diphthongen (auch in uneigentliehen als * subscr.) erscheint, wogegen es in den andern mundarten mehr selbständig in sogenannten aufgelösten formen auftritt, die aber sprachgeschichtlich oft nichts weniger als wirk- lich aufgeloest sind.

4) v umfafst durchschnittlich | des a, | des i; ein wesentlicher unterschied der mundarten in hinsieht seines umfangs ist nicht wahrzunehmen.

5) e ist im ionismus der häufigste unter denvoca- len, bedeutend seltener beiden attikern und noch um ein geringes mehr. zurücktretend bei den dorern.

Nicht biof8 vom a her hat das ionische « seinen Zuwachs erhalten, sondern auch durch die zahlreichen unebntrahiert ge- bliebenen formen mit ea, et], es, so, €oo, «. Sein umfang würde noch beträchtlicher und fast ungebuehrlich grofs sein, wenn nicht einzelne erscheinungen ein gegengewicht dagegen abgaeben. Ich erinnere hier nur an den homerischen abfali des augments und an die dehnung mancher s zu et.

6) 17, im ionismus und atticismus nahezu gleich an umfang, im dorismus nur etwa -$- so häufig.

Vgl. was ich oben beim a bemerkte. Schon oben fuehrte ich an, dafs der umfang dos tj im dorischen noch einigermaßen durch formen wie ogyv, iQrj, roX(uJT8 erhalten wird; dazu nehme man noch hier dorisches tj fuer att. 6i, z. b. in öa^irjov, tqrog, xoopijv u. a.

Ich bemerke hier noch, dafs mir das pindarische r\ von weit geringem umfang scheint als das theoeriteische, und möchte an- fragen, ob das wol reiner zufall ist

7) o, im atticismus und dorismus fast gleich; im ionismus des Homer weit häufiger, in dem des Hero- dot weit seltener.

Auf diese bedeutende abweichuhg des homerischen vom ke- rodoteischen dialecte hier im einzelnen einzugehn verbietet der ort, doch läfst sie sich leicht ah einer grofsen massc von erschei- nungen als wolbegründet nachweisen.

8) o> hat bei Homer, Xenophon, Pindar, Theocrit

numerische lautverhflJlnisse in griechischen dialecten. 407

eiuen ueberraschend gleichen nmfang, bei Herodot nur einen um ein weniges groefseren.

Die im ganzen unbedeutenden Schwankungen kommen be- sonders auf rechnung von dorischen und ionischen formen wie xcoQog, d<SXog, w#>, Mtfiaa, wozu noch als speciell dorisch zu fue- gen formen wie ßwg, der acc. plur. auf mg (Xvxcog) etc., als spe- ciell ionisch <nnJQy conawwv, wyaXfia^ rwhj&eg, mgictog u. dgl. Umgekehrt geht wieder den Dorern hie und da ein oo ab durch erscheinungen wie gen. Jdrgeida, durch zusammenziehungen wie tpvoärreg und ntivärri (obgleich letztere mehr aeolisch sind) und durch formen wie nourog, Iloreidäv.

9) Unter den diphthongen hat bei Homer die erste stelle das 01, bei Herodot das ov, bei Attikern und Do- rern das au

Das homerische 01 erhält seinen umfang namentlich aus dem gebiete des attischen ov (vgl. gen, auf om>), das herodoteische ov vorzüglich aus dem bereiche des attischen o.

10) Die beiden diphthonge vi und yv und das he- rodoteische 011; verschwinden gegen die masse der uebrigen sechs fast völlig.

Ueberhaupt lassen sich die griechischen diphthonge nach der groefse ihres umfangs in folgende drei klassen bringen:

1. at et oi ov

2. av sv

3. vi tjv (»v.

Wie * dem v voransteht, so haben auch die auf i endenden diphthonge ein uebergewicht ueber die, deren zweiter theil v ist.

11) Im einzelnen ist am auffallendsten das zurück- treten des ov bei Theocrit.

Die mangelnden ov finden sich wieder als <n (Mtöaa, ßaxo- hxag) und als ot (todoiaa, rDAoiaa, Xaßoiaa). Ohne hier wei- ter auf specielles eingehn zu können, fassen wir nun einfache vocale und diphthonge in eine gesammtuebersicht zusammen! Da zeigt sich folgendes:

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. Einf. voc. 396 381 361 372 386 Qiphth. 70 93 99 84 69

Theocrit und Homer sind also bei weitem am diph- thongenärmsten, der contrahirende atticismus am diphthongenreichsten. Bei jenen sind die diphthonge nur

408 Förstemann

ein starkes sechstel der einfachen vocale, in diesem mehr als ein viertel.

Bei einer Zusammenfassung der alten vocaltrias a i v im Ver- hältnis zu den jüngeren e t] o co ergiebt sich folgendes: Hom. Herod. Xenoph. Pind/ Theoer. a i v 145 151 143 182 191 tj o oo 251 230 218 190 195 Zwar ueberwiegen die jungem vocale immer neber die altern, allein im dorismns nur um ein ganz unbe- deutendes, im atticismus und bei Herodot im Verhält- nis von 3 : 2, bei Homer dagegen sogar wie 5 : 3.

So ist also der älteste Schriftsteller in dieser hinsieht grade der modernste.

Die vergleichung der kurzen s und o mit den längen tj nnd zeigt sich wie folgt:

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. s + o 140 143 123 92 105 n + oj 111 87 95 98 90

Bei Pindar ueberwiegen die beiden längen, beiden uebrigen die beiden kürzen, am auffallendsten bei He- rodot.

Unter den fünf berücksichtigten Schriftstellern hat Pindar den hoechsten schwung, Herodot die einfachste darstellung; man sieht wie die würdevolle länge jenen, die anspruchslose kürze diesen in seiner darstellungsweise begünstigte. Wie viel geringe- ren reiz müfste ein Herodot in halikarnassischem dorismus haben ! Welch feiner takt, bemerke ich beiläußg, in den choeren der attischen dramen, wo der pindarischc styl zugleich eine annae- herung an die pindarische mundart nach sich zog. So bestaeli- gen es die numerischen vocal Verhältnisse, was schon auf andern wegen so oft erkannt und so häufig ausgesprochen ist, dafs sich in der griechischen literatur ein günstiges Schicksal mit einer ueberaus glücklichen handhabung des gegebenen Stoffes in ueber- raschendem mafse wie sonst nirgends paarte.

Es mag jetzt die allgemeine uebersicht des consonantismus folgen:

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. x 27 29 33 32 40

r 58 88 80 52 81

n 36 43 38 43 34

nameriscbe lautverhsltnissc io griechischen dlaleclen. 409

Hom.

Herod.

Xenoph.

Pind.

Theoer.

X

16

9

8

11

9

&

21

11

13

20

17

<p

8

7

7

17

11

7

14

16

13

10

16

d

30

29

28

31

36

ß

4

6

9

6

6

c

24

22

30

16

22

Q

46

38

35

53

43

X

37

27

48

43

35

G

70

82

74

67

75

nas. y

2

0

3

1

0

9

99

81

88

95

76

P

36

31

26

38

31

i

4

4

4

5

5

V

1

2

1

2

4

t

2

2

2

2

1

Nur weniges hebe ich neber einzelne laute hervor:

1) Kein consonant erreicht die häufigkeit der häu- figsten vocale, keiner ist aber auch so selten als die seltensten unter den vocalischen lauten.

Es ist also die vertheilung im consonantismus eine gleich- maefsigere als im vocalismus, wie es die starrere natur des erstc- ren mit sich bringt, die ein ungebuehrliches ueberhandnehmen eines lautes auf kosten der uebrigen verhindert. Einzelne vocale ueberschreiten im Griechischen sogar den umfang von -jV sämmt- licher laute, waehrend kein consonant diese grenze völlig erreicht.

2) Um den ersten rang unter den consonanten strei- ten v und r, um den zweiten bewirbt sich aufserdem noch <r.

Die folge der drei häufigsten consonanten ist bei Hom. * <r r, bei Herod. t <r *, bei Xenoph. * % <r, bei Pind. * <x r, bei Theoer. t r o. Man bemerke, dafs alle drei laute dem dentalen organe angehoeren.

3) Die groesten Schwankungen zeigt r, dem Homer und Pind. im gegensatz zu Herod. Xenoph. Theoer. ab- hold sind.

Diese Schwankungen sind so bedeutend, dafs sie nicht allein aus grammatischen, sondern auch aus lexicalischen und styüsti-

410 Förstemann

sehen Verhältnissen erklaert werden müssen, die ich gesteh* mufe 1 heil weise noch nicht aufgefunden zu haben.

Fassen wir nun die consonantenclassen zusammen, und zwar zunaechst die mutae und die liquidae, wobei wir von | *p und £ absehn.

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. Mut. 214 238 229 222 250 Liqu. 313 281 304 313 285 Ueberall ueberwiegen die liquidae ueber die mu- tae, am wenigsten bei Theoer., am meisten bei Homer. Merkwürdig ist, dafs Pindar hier mehr dem Homer, Herodot mehr dem Theocrit nahe kommt, wie wir neberhaupt sehn wer- den, dafs bei den consonanten sich weniger die mundarten, mehr die individualitaeten der schriftsteiler scheiden als bei den voca- len. Eigentlich mundartlichen Wechsel von muta und liquida weist die grammatik im ganzen selten auf (ich erinnere an do- rische formen wie tv, eixau, nXatiov, Ilozetdäv, an attische wie rijft£QOv und rijreg und an die entstehung des ca aus muta + <). Die mutae unterscheiden sich nach ihren Organen in folgen- der weise:

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Thcocr. Gutt 57 54 54 53 65

Dent. 109 128 121 103 134 Lab. 48 56 54 66 61

1) Im allgemeinen stehn sich die dialecte in der vertheilung der mutae unter die drei organe sehr nahe.

2) Ueberall herrschen die dentale vor, gutturale und labiale stehn sich ziemlich gleich und erreichen •zusammen etwa den umfang der dentale.

Ich bemerke hierbei gelegentlich, dafs ich allen organwech- sel, sofern er nicht durch einflufs anderer laute (assimilation etc.) hervorgebracht wird, als erleichterung ansehe. Da mir die gut- turale als die schwersten, die labiale als die mittleren, die den- tale als die leichtesten consonanten gelten, so ist die erleichterung wesent ch eine dreifache: 1) gult. wird lab. (yA*fo«w ßXyx&v, xcSg nmg u. s. w.), 2) gutt wird dent. (o^9i%og OQ9i&ogy noxa nite, rf da, xelvog tjjvog, ißounax&l* ßeundam u. 8. w.), 3) lab. wird dent.. (<plav &Xav, pife &jq9 oßeXog oÖelog, nipne fiepte). Spe- ciell auf die begründung dieser ansieht einzugehn gehoert hier nicht zur sache.

numerische lautverhSltuisse in griechischen dialecten. 411

Die vertheilung der tenues, aspiratae und roediae ist fol- gende:

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. Ten. 121 160 151 127 155 Asp. 45 27 28 48 37

Med. 48 51 50 47 58.

Ueberall herrsebaft der tenues, bei Hom. und Pind. gleichheit zwischen asp. und med., bei den uebrigen zurücktreten der asp. gegen die med., am auffallend- sten bei Herod.

Diese letztgenannte eigenschaft der herodoteischen mundart braucht hier weiter keine ansfaehrung, da die beispiele sich von selbst in masse darbieten.

Auch hier kann ich eine beiläufige bemerkung nicht unter- drucken, obwol ich wahrscheinlich damit widersprach auf mich laden werde. Kurz gesagt, mir ist die aspirata nicht eine um einen Spiritus asper vermehrte tenüis, sondern ein zwischen der tenuis und der spirans desselben organs stehender laut; also % zwischen x und ', 0 zwischen r und er, <p zwischen n und /\ Mir scheint erst misbräuchlich c als hauchlaut xecr' Qofflv ange- sehn und dadurch der ursprüngliche begriff einer aspirata (einer mit spirans gemischten tenuis) gewissermafsen in den einer aspe- rat a (einer um den asper verstärkten tenuis) verwandelt zu sein. Dadurch gilt mir die (harte) aspirata nicht als härter, sondern vielmehr als weicher denn die tenuis und dadurch, glaube ich, crklaeren manche Spracherscheinungen sich mir leichter als bei der entgegengesetzten ansieht, obgleich ich mir wol bewust bin, dafs einiges dagegen streitet. Die weichen aspiraten anderer sprachen beurtheile ich natuerlich analog. Mich dünkt uebrigens, als liefse sich der schoene parallelismus zwischen aspiraten und diphthongen, den Curtius in dieser Zeitschrift II, 322 erwaehnt, von meinem Standpunkte aus noch weiter durchfuehren. Wie es doch jedenfalls die diphthonge sind, so sind mir auch die aspiraten nicht blofse lautagglutinationen, sondern in einander gewachsene laute, wie der zweite theil der diphthonge nicht im- mer derselbe ist (etwa immer i), so scheint er es mir auch nicht bei den aspiraten zu sein (immer ein h) ; wie die diphthonge als zweiten theil den labialen vocal u und das gutturale i vorziehn, das mittlere a aber vermeiden, so auch die aspiraten, bei denen die labialen und gutturalen in den sprächen viel weiter verbrei-

412 Förstemaun

tet sind als die dentalen durch s aCQcirten. Diese ganze ansiebt, die ich beiläufig nicht als behauptung, sondern als bescheidene vermuthung anznsehn bitte, fuehre ich vielleicht gelegentlich wei- ter ans.

Ich komme nun zur znsammcnslellaug der drei nasale 7, r und fi:

Hom. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. Nas. 137 112 117 134 130.

Im ganzen waltet ziemliche nebereinstimung, nur treten sie bei den beiden prosaikern gegen den um- fang bei den drei dichtem etwas zurück.

Der grund hiervon liegt wol besonders in der groefsern ab« neigung der dichter gegen den hiatus nnd in der deshalb statt- findenden häufigen beibehaltung des sogenannten r icpebwGnxoir.

Die Seltenheit des gutturalen nasal* im Verhältnis zn den beiden andern zeigt recht deutlich, wie wenig es ein bedürfnis der griech. spräche war hiefuer ein besonderes zeichen zu ver- wenden.

Die summe der beiden doppelconsonanten £ and ip be- traegt bei

Honi. Herod. Xenoph. Pind. Theoer. £+y 5 6 5 7 9

Die groefsere zahl bei Theocrit schreibe ich ohne weiteres dem zufall zu, der bei so kleinen zahlen merklicher waltet als bei grofsen.

Es bleibt nun noch das im Griech. ganz einzeln stehende, mit keinem der andern laute vereinbare palatale £ uebrig, fuer das ich bei Theocrit die zahl 1, bei den andern vier Schriftstel- lern den werth 2 fand. Grade hier rechtfertigt sich, besonders mein vertrauen zur numerischen methode, nicht blofs in der uebereinstimmung bei jenen vier Schriftstellern, sondern auch in der abweichung bei Theoer., der doch bekanntlich so manches £ durch ad ersetzt.

Am Schlüsse komme ich dazu, wie bei meinen frueheren aehnlichen arbeiten, den gesamtsten abstand in der lautmischang der berücksichtigten mundarten zusammenzufassen. Hier finde ich nun folgendes:

Herod. u. Xcooph. 157 Pind. u. Theoer. 188 Hom. u. Herod. 201

numerische laulyerhältnisse in griechischen dialecten. 413

Hom. a. Pind. 204 Hom. u. Xenoph. 206 Xenoph. a. Theoer. 208 Herod. a. Theoer. 211 Xenoph. a. Pind. 222 Hom. u. Theoer. 235 Herod. u. Pind. 276. Eine bessere einsieht in die bedentang dieser zahlen ergiebt sieb, wenn man sie mit aehnlichen vergleicht. Zu dem ende re- ducire ich einige fruehere angaben ueber die abstünde der deut- schen mundarten, so wie ueber den abstand des Skr. Griech. Lat. und Goth. von einander anf meine gegenwärtige methode (obwol solche reduetion nur annaehernd geschehen kann), und es er- giebt sich auf diese weise der abstand von:

mhd. u. nhd. 236 griech. u. lat. 532

ahd. u. mhd. 520 skr. u. goth. 756

goth. u. ahd. 604 lat. u. goth. 852

ahd. u. nhd. 632 griech. u. goth. 888

goth. u. mhd. 764 skr. u. lat. 952

goth. u. nhd. 800 skr. u. griech. 1032

Die griechischen hier betrachteten mundarten stehn sich also lautlich meistens naeher als das mhd. dem nhd.; nur Herodot entfernt sich etwas mehr von Pindar, doch stehn selbst diese beiden von einander nur etwa halb so weit ab als ahd. von mhd., nur ein drittel so weit als goth. von nhd. Der groeste abstand innerhalb der griech. mundarten ist etwa gleich dem halben abstände des attischen dialects vom Latein, gleich einem viertel des abstandes zwischen attischer mundart und Sanskrit.

Eigenthuemlich ist das ergebnis, wenn man den vocalabstand der griech. mundarten isolirt betrachtet:

Pind. u. Theoer. 61. (dor. dor.) Herod. u. Xenoph. 74. (ion. att) Hom. u. Her. 82. (ion. ion.) Xenoph. u. Pind. 92. (att. dor.) Hom. u. Xenoph. 98. (ion. att.) Xenoph. u. Theoer. 115 (att— dor.)- Hom. u, Pind. 130 (ion. dor.) Hom. n. Theoer. 130 (ion. dor.) Herod. u. Pind. 133 (ion. dor.) Herod. u. Theoer. 135 (ion. dor.)

414 Pott

Hier sehn wir, abgeschn von der zweiten and dritten zeile? die man umgestellt wünschen möchte, eine ganz merkwürdige reihenfplge. Die beiden Dorer sind einander die naechsten nach- barn; die beiden Jonier stehn sich um ein drittel ferner; noch weiter ab liegen sich attische und ionische sowie attische und dorische mundart; die vier letzten zeilen endlich zeigen den ab- stand des ionischen vom dorischen als der beiden entgegengesetz- ten dialecte, und zwar so, deis der homerische ionismos (ich nenne in diesem ganzen aufsatz den epischen dialect der kürze wegen schlechtweg ionisch) dem dorismos etwas naeher steht als der herodoteische« Wer freut sich nicht, selbst allbekannte thatsachen in so bestimmter form vor äugen zn haben!

Eine sehnliche isolirung der consonantenabstande giebt eine weit weniger elegante Tabelle und würde nur zur abermaligen bestaetigung des satzes dienen:

Die Scheidung der griechischen mundarten beruht wesentlich in ihrem vocalismus.

Bei allen vorstehenden erörterungen waren mir die numeri- schen angaben selbst und die daraus hervorgehenden resnltate die hauptsache. Alles einzelne mit einer groefseren anzahi von bei- spielen zu belegen unterliefe ich hier, um eben jene hauptsachen nicht zu weit aus einander zu ziehn und dadurch zu verdunkeln, obwol es mir leicht moeglich gewesen waere, im einzelnen vie- les mit hülfe einer gedrängten griechischen lantlehre, die ich mir bereits vor jähren zum privatgebrauch angelegt habe, zu grosse- rer fülle auszudehnen. Wenn unseres wackern Curtius arbeiten auf diesem gebiete, worauf unsere Wissenschaft so sehnlich war- tet, erst in ganzem umfange ans licht getreten sein werden, dann wird. an belegen zu allen. hier angedeuteten spracherscheinnngen kein mangel sein, ja auch keiner, wie ich mich gern bescheide, an berichtigungen.

Wernigerode. E. Forstemann.

Benennungen des regenbogens#

Es mag gestattet sein, meinem besonderen thema einige all- gemeinere bemerkungen vorauszuschicken, um so mehr, als jenes

bcnennungen des regenbogens 415

nur gewissermafeen zum belege für die richtigkeit letzterer die- nen soll.

Man begreift leicht: die vergleichende Sprachforschung hat ein weiteres amt, als das, von etymologischen Identi- täten an wurzeln, Wörtern und grammatischen anhängen in ver- wandten, nnd wo es sich um Verpflanzung eines auf fremdem bo- den gewachsenen auf den eigenen handelt, auch öfters in unver- wandten sprachen den nachweis zu liefern oder umgekehrt den unterschied der verglichenen sprachen in bau und fü- gung hervorzuheben, und von lautähnlichkeiten, welche eine ge- nealogische Verwandtschaft lediglich heucheln, den trügerischen schein aufzudecken und dieselben unnaehsichtlich abzuweisen. Ich will jetzt auch nicht von einer vergleich ung der syntax in ver- schiedenen sprachen reden, von öjer, ihrer grofsen Schwierigkeit halber, begreiflicher weise nur erst wenige spärliche versuche vorhanden sind. Mir kommt es augenblicklich auf etwas ande- res an. Bei einer erweiterten Stellung genannter diseiplin näm- lich, wo sie gleichsam eine dogmengeschichte des men- sch enges chlechts, d. h. eine wissenschaftliche zusammen- und entgegenStellung der menschlichen anschauungsweisen und Vor- stellungen von den äufseren und inneren dingen und erscheinun- gen mitbegründen soll, insofern sie in der spräche ihre spur zurückliefsen, hat sie recht eigentlich aus einer möglichst ausge- dehnten anzahl von idiomen und, wo es sein kann, ans denen gerade der allerverschiedensten Völker der erde, freilich auch in vergleichender weise aufschlösse zu ziehen, indefs so, dafs in die- sem falle es mehr auf psychologische und begriffliche ähnlich- keiten oder Verschiedenheiten der bezeichnung ankommt. Diese aufschlösse aber sind augenscheinlich zu einem grofsen theile auch nur mittelst richtiger etymologieen zu erweisen, weil die elyma ja allein in Wahrheit, was die Griechen mit ihrem ausdrucke sehr richtig sagen wollten, die innere Wahrheit, d. h. den ursprüng- lichen sinn in sich schliefsen, den man im jeweiligen falle mit den in »ede stehenden Wörtern, oder, was dem hier gleich gilt* mit dem in ihnen niedergelegten geistigen inhalte verband. Der name ist zwar nicht die sache, aber die Vorstellung von der sache, welche man zur zeit der freilich nicht immer gelungenen benennung von 'ihr sich machte.

Als einen unbestreitbar höchst wichtigen -und anziehenden gegenständ solcher art darf ich alle, in diereligion einschlägigen

416 Pott

Vorstellungen nennen; zn dessen ergründung vonndringen, eine vergleichende mythologie nur erst seit kurzem und mit zum theil noch sehr unsicheren schritten versucht. Religiöse Vor- stellungen sind allerdings, je nach den umständen, um ein gutes stück leichter übertragbar, als sprachen und sprachliches. Nichts desto weniger irrte man ganz aufserordentlich, wollte man, was freilich lange eine gewöhnliche und noch keineswegs ganz er- loschene meinung blieb, überall da, wo sich auf verschiedenen punkten der erde auffallende Ähnlichkeiten in betreff der ersteren vorfinden, diese gleichartigkeit allsogleich und immer aus reiner erborgung abseiten des einen volks von einem andern herlei- ten, und etwa zuletzt mit einem urvolke, d. h. irgend einem, durch uns mit Vorliebe gehegten und zwar, je nach der ansieht, bald diesem bald jenem volke, enden, aus dessen unversieglichem weisheitsborne dann alle übrigen, die unglückseligst sterilen Völ- ker sollten geschöpft haben!

Wie die sprachspeculation sich lange mit einer Ursprache und deren Wiederauffindung in einer unter den hunderten vor- handener sprachen, deren gesammtzahl sich vielleicht gar erst mit einem tausend abschließt, natürlich ganz vergebens abmühete, weil man immer an der, ich weife keinen besseren ausdruck, mechanischen erklärung von Übertragung der sprachen an im- mer andere und andere Völker von einem einzigen, durchaus un- erwiesenen mittelpunkt aus festhielt: eben so falsch wfire herlei tung aller religion (ich spreche von nichtoffenbarter) aus einer einzigen, wenn ich so sagen darf, volklichen Urquelle, und nicht auch, nach umständen jener allgemeinsamen quelle, die mehr oder weniger frisch jedem empfindenden und denkenden einzelnen, wie viel mehr jedem volke sprudelt, d. h. aus der menschenbrust überhaupt.

Jeder Gedanke, wie gering und unwichtig oder wie belang- reich und folgenschwer er sei, mufs an letzter stelle einmal, be- vor er in die weit kam, von einem individuum gedacht sein. Was aber nicht hindert, wie schon die häufigen prioritätsstrei- tigkeiten zu beweisen dienen, dafs derselbe gedanke von individuen verschiedener zelten und an den entlegensten orten oft, bei der Unmöglichkeit unmittel- oder auch mittelbarer ver- mittel ung in unabhängigster weise mit überraschender Überein- stimmung nicht nur gedacht, sondern auch ausgesprochen werde. Ausgesprochen aber hört der gedanke auf, des individuums, zu-

benennungen des regenbogens. 417

mal des durch obmaclit seines geistes herrschenden, wie z. b. dich- ter, darstellende kunstler, religionsstifter u. s. w., ausschliefsliches eigenthura zu sein. Er gehört von da ab einer mebrheit an, die in bald weiter bald enger umzogener Sphäre ihn verbreiten, aber auch, was nur zu oft damit verbunden, anders wenden und trüben, öfters aber auch erweitern, vertiefen und aus- schmücken,, kurz mit ihm in leicht sehr wülkükrlich schaltender Weise verfahren kann.

So sammelt sich, wie es z. b. auch stetig gewordene volks- sitten giebt, allmälig eine summe religiöser Vorstellungen an, wel- che trotz ihres allgemeiner greifenden menschlichen in halte doch in ihrer jedesmaligen individueller bestimmten fassung nur in einem engeren kreise, d. h. meistens, weil da der mittheilung die geringsten hindernisse entgegenstehen, innerhalb gleichgearte- ter Sprachgrenzen, leben und dauern. Ein schätz, von welchem sich, war anders bei ihrer trennung ein solcher schon vorhan- den, alle gemeinschaftlichen glieder eines volk- und sprachstam- mes, wie z. b. des indogermanischen, bereits ein erbt heil in ihre gewechselte heimath mit hinfortnehmen mochten, nur dafs die- ser freilich im laufe der zeit durch Vergeudung einschwand, an- dern theils unter dem einüufse anderer geschicke und eines neuen, anders aussehenden und mit anderen nachbarn in verkehr ge- brachten Wohnsitzes auch eine menge Umänderungen sich mutete gefallen lassen. Lohnt es nun schon der muhe, alle nachmals abgerissenen föden der gedankenweit, welche ursprünglich einem grofseren volksganzen gemeinsam war, wieder zu verknüpfen and wo möglich durch einander aufzuhellen (wovon der eine der herausgeber gegenwärtiger Zeitschrift so höchst dankenswerthe proben geliefert), wie viel schöner, wenn auch schwieriger die aufgäbe, in den mythologieen aller Völker durch gegenseitige be- leuchtung die ihnen allen zum gründe liegenden anschauungen und interessen der menschheit ans tageslicht zu bringen.

Man wird aber hier, wie auf dem gebiete der spräche, die gefundenen ähnlichkeiten, je nach ihrem Ursprünge aus einander halten müssen. Einmal hat oft wirklich erborgung statt ge- funden. Andere male beruht die einheit auf der ur sprungs- gleich hei t der volklichen abtheilungen y worin sie sich zeigt. Endlich aber drittens findet die Übereinstimmung, wo nicht ge- radezu ein sonderbarer zu fall waltete (und das kommt auch vor), nicht selten in der einheit der menschlichen natur und der

IL 6. 27

418 Po«

natur um uns ihren vollkommen ausreichenden erklärungsgrund. Dabei nehme man in der mythologie sorgfältig alles vorweg, was, weit entfernt, allgemeiner geglaubt zu sein, nie was anderes war als dichtung oder speculation des einzelnen, wie ja so manche mythische darsteilungen z. b. lediglich griechischen dichtem oder bildnern individuell angehören.

Die interjeetion behauptet, weifs man, gleich dem lachen oder weinen, gähnen, schnarchen u. s. w. einen allgemein mensch- lichen, oder, will man dies lieber, einen eigentlich thierischen Charakter. Nicht viel anders hat man bekanntlich geglaubt, von einer gewissen klangharmonie, wie sie selbst in sonst unverwand- ten sprachen zwischen Wörtern verwandter bedeutung, namentlich wenn sie auf schall hinauslaufen, allerdings bis auf einen gewis- sen punkt hin häufig vorkommt, den grund im nachahmerischen triebe zu onomatopoetischer tonmalerei suchen zu dürfen, der allen menschen und Völkern, nur in abweichendem grade, eigen ist. Es liegt jetzt nicht in meinem plane, das geheimnifs volle wechselverhältnifs, welches, sehr ähnlich dem nicht minder räth- selhaflen zwischen leib und seele, in der spräche zwischen laut und begriff besteht, ein, nach zurückfuhrung einer spräche auf ihre wurzeln und anbildungssilben, noch unerklärt zurück- bleibender und gleichsam irrationaler rest, an diesem orte an- ders als anzurühren. Ich wurde indefs durch Vorlegung von sprachlichen benennungen sehr bestimmter schalle, wie z. b. dou- ner, lachen, schnarchen, niesen, bellen, in den lautge- stalten, wie ich sie mir aus einer immer schon ziemlich ansehn- lichen zahl grundverschiedener sprachen angemerkt habe, den le- ser, irre ich nicht, von dem bisherigen vorurtheile zurückzubrin- gen vermögen, als sei die klangähnlichkeit für jene Wörter auf den verschiedenen punkten der erde wirklich so grofs, als man sich a priori einzubilden nur zu geneigt ist. Schon hier bewährt sich die grofse freiheit des menschen in der wähl der ausdrücke für ein und dasselbe objeet, was um so gröfseres staunen er- regt, weil es sich im gegenwärtigen falle um die wiedergäbe, so zu sagen, nur um die getreue copie eines in der natur vorhan- denen lautes gleichfalls durch laute zu handeln scheint Man ver- gifst dabei freilich in der regel, dafs jener naturlaut in articu- lirte laute gefafst, d. h. gewissermafsen ins menschliche über- setzt sein will; und Übersetzungen sind immer, wer weifs das nicht, ungetreu.

benenn ungen des regenbogens. 419

Etwas von der onomatopoetischen mimese verschiedenes aber ist der in einer kürzlich erschienenen schönen abhandlung «über den naturlaut. Berlin 1853. 4. von Eduard Buschmann» ausfuhrlich erörterte merkwürdige gegensatz der vater- und inutt ernainen, welche man! schon früh beobachtet und zum ver- meintlichen beweise einer Ursprungseinheit sämmtlicher idiome des erdbodens mifsbraucht hat. Gelegentlich des von Bindseil sprachvgl. abh. I. 542 flg. , 565 n. s. w. besprochenen sexualen gegensatzes, der sich oft in den sprachen durch lautliche entgegensetzung z. b. fm Mandschu khakha (männchen), khekhe (weibchen) be- kundet, habe ich A.L.Z. märz 1839. no. 55. s. 436—439., frei- lich nur nach den Wortverzeichnissen in Balbi's alias ethnogr., gleichfalls bereits vieles von dem hervorgehoben, worauf nun auch seinerseits Buschmann verfallen ist. «Es ist nicht zu laug nen», sagte ich z. b. wenn einige meiner damaligen worte zu wiederholen erlaubt ist, «in den benenn ungen der altern spricht sich bei aller mannigfaltigkeit doch auf der andern seite eine so auffallende ähnlichkeit und vielleicht nirgend wieder so stark aus, dafs man in dieser Übereinstimmung einen beweis für die einst- malige existenz einer allmutter sämmtlicher sprachen, und in je- nen benennungen geradewegs Überreste der allgemeinsamen Ur- sprache zu erblicken lange kein bedenken trug. Das ist freilich nur eitel schein und eine rein mechanische erkl&rung; aber das factum bleibt, und wir können nicht anders, als dasselbe einem im menschlichen gemüthe tief begründeten, allüberall unter den Völkern ähnlich wirkenden instinkle beimessen. Man bemerkt ins- besondere vorwalten des a, als natürlichsten aller vocale, sowie auch buchstaben überhaupt; 2) fast lauter leicht aussprechbare buchstaben, namentlich labiale, welche dem kinde, weil durch das saugen zuerst seine lippen erstarken, am frühesten gcmäfg sein möchten, als p, 6, m; dann dentale mutä nebst dem nasal: f, </, n; selten gutt., palat., sibil. oder aspir., r, / und consonanten- gruppen; 3) da die benennungen mehr interjectionelle, die mütter- liche, oft gleichnamige, brüst oder speise verlangende anreden, als objeetive bezeichnungen , wie parens, genitor, genitrix, sind, häußgkeit der reduplication , durch welche sich die dring- lichkeit des Verlangens mit kralligen färben malt. Als gewöhn- liche gestaltungen der reduplication beachte man a, cons. voc. cons. voc. b, voc. cons. voc. cons. c, voc. cons. voc. d, voc. cons. gemin. voc. Beispiele für vater: papa, paipai, pepe,

27*

420

Pott

ipip, baba, mama; tata, tete, titi, dada, dade, dadagh wie babbagh, nono; yaya, tschitschi; appa, ama, atta, ata, aggah, issi, iki. Mutter: mamma, mama, memc, fafa, bibi, deda, nana, nene, yaya, jeje, tschitscha, eroe- menn, amma, emme, eme, anna, ana, enne, Uli, illa, ella, edje, adja, ege, eke, äkä, sanskr. akkä, attä, goth. aithei Grimm HI. 322. Endlich 4) hervortreten eines gegensatzes zwischen den vater- und mutternamen theils in den einzelnen spra- chen, theils in der ganzen summe überhaupt, dergestalt dafs sich beide theiie ungefähr wie arsis und thesis, forte und piano oder dgl. zu einander verhalten. Dorthin neigt sich die wagschale mit den härteren, nach dieser seile die mit den minder schroffen, wei- cheren lauten; doch mufs man sich schon im einzelnen auch abweichungen gefallen lassen, z. b. den befremdlichen fall, dafs mama nicht blofe in georgischen, sondern auch in javanischen sprachen (Balbi, tab. XL.) den vater, nicht die mutter bezeich net!» Hiemit genug. Es mag hinzugefügt werden, wie ich über- haupt bei verwandtschaftsnamen einen grofsen drang nach redu- plication an vielen beispielen darzuthun vermöchte.

Zwar minder häufig, allein doch auch nicht gar zu selten erscheint in den sprachen der räumliche unterschied zwischen nähe und ferne (dieser jener) gleichfalls durch eine ge- gensätzliche lautsymbolik markirt, die sich in helleren und dunkleren vocalen bekundet. Beispiele in meinen Zigeunern I. 255., wie auch bei den syrischen "zigeunern an ha (this), anhü (that). In betreff des canaresischen z. b. i-ke (diese ge- ehrte frau), ä-ke (jene g. fr.) s. Weigle, deutsch- morgenl. ztsciir. 1848. s. 267. Im Mpongwe bei Wilson, Grammar p. 11: Ono- mi winä, o. wänä (This, that man). Eben so p. 23. no. 40: yinä This, pl. sinä; yänä That, pl. sänä. Kiriri (Gabelentz s. 10): eri, igki dieser; er ö jener. Im Lazischen ist das nä- here demonstrativum mit der dritten pers. des personale *£&

him identisch, und demselben entspricht das entferntere pVÄ harn, welches eben so declinirt wird. Rosen s. 6. 8. Tong. heni, eni (hier), hena, ena (there); malayisch sini (hier), säna (there) Kawiwerk III. 819.; und eben so aus dem sog. Low Ms- lay von Batavia (Parkinson Voy. to the South Sea p. 193): De seenee (here), de sanna (there) neben eenee (this), eedoo or eetoo (that) Kawiwerk 824. Im skr. vielL die themen

bencnnungen des regenbogens. 421

ima (hie) and aina (ille) Bopp r. 270. 271. und bei Colcbrooke gramm. p. 72. ayakam, Dd. imakäu, PI. imake, aberasakäu oder asuka, Da. amuk^a, PI. amukä ab mit Verachtung aus- gesprochene pronomina, wie ja auch das vor Substantive tretende fragpronoinen diesen einen verächtlichen sinn verleiht. Persisch C^HV^ U^ chunän chunin adv. in this and that manner; (nielaph.) Evasion, subterfuge. Shakespeare, hindust. dict. p. 319. würde nur trügerischer weise einen solchen gegensatz zeigen, sollte wirklich, wie Spiegel in Höfer's zeitschr. I 223. behaup- tet* pers. y^f in (hie) aus zendisch aem, skr. ay-am entstanden sein, unter welcher Voraussetzung des pers. ffirwortes schluis-n aus m hervorgegangen wäre, wie im inf. -ten, -den aus zendisch -um. Möglich indefs, man dürfe darin eben so gut skr. £na vermuthen, als in (jf an (ille) skr. ana.

Wir verlassen jetzt das gebiet solcher, mehr den laut an- gehender ähnlichkeiten, die noch ober das gebiet von eigentlich genealogischer Verwandtschaft in den sprachen hinausreichen. Da wendet sich nun unser blick nach ähnlichkeiten von anderer, nämlich begrifflicher art. Zwar pflanzen sich oft erzähl ungen, man mufs staunen, auf wie wunderbaren wegen, weithin, als flögen sie durch die luft, selbst mündlich fort. Allein es giebt z b. sagen auf so entlegenen punkten und von so äufserst be- fremdendem zusammentreffen, dafs, selbst irgend eine mit I heil ung zur erklärung vorausgesetzt, die möglichkeit der mittheilung oft fast noch räthselhafter erscheint, als das factum der ähnlichkeit selbst. Ich will nicht auf einige derartige sagen in meinen fa- miliennamen s. 27. zurückkommen: es genüge z. b. an v. Dietz, der neuentdeckte oghuzische Cyclop verglichen mit dem home- rischen u. s. w. Halle und Berlin 1815. (vgl. Osterwald, Hermes- Odyseus Halle 1853. s. 34 flg.) zu erinnern. Dann nehme man aber etwa auch den glauben vom leichhuhne. Lorequ'une per- sonne est gravement malade on a besoin d'obserrer si quelque hibon, chouette on chathuant viennent voltiger autour de l'habitation. Dies in folge europäischen aberglaubens (Grimm myth. 6. CXVlf. ausg. 1), aber sehr ähnliche Vorstellungen, ob- schon kaum unter einflute europäischer einwanderer, gehen bei den eingebornen in der gebend von Adelaide im schwänge. So »ach dem berichte von Teichelmann and Schürmann, out-

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lines of a grammar, yocabulary cet. ef South Australia p. 9: Karkanya a species of hawk. The voice of this bird in tbe night the Aborigines take as a prognostication that one or morc of their namber will soon die, particularly children, the souls of whom he is bdieved to take away, afler which they grow ill. The name of this bird is derived from the ominous sound of its voice. In Williams' key to the Indian lang. p. 80. Mosk or Paukunawawthe great Beare [bear], or Charles Waine, which words Mosk or Paakünnawwaw signifies a Beare, which is so mach the more observable, because, in most languages that signe or constellation is called the Beare. Zuletzt werde noch der Verfinsterungen gedacht. Nach der meinung der Chiqui- ten werden (bei sonnen - und mondfinsternissen) sonne und mond jammerlich von den hunden zerrissen, wovon in der luft alles voll sein soll. Die röthe beider gestirne legen sie dahin aus, als wenn selbe von den hundebissen bluteten. Noch andere meinungeo über diese astronomischen erscheinungen bei Dobritzhofer, reise II. 107. Vgl. ferner: Steinschneider, Orient, ansichten über son- nen- und mondßnsternisse, im mag. f. lit. des ausl. 1845. no. 80. Verspeisung des mondes = mondfinsternifs, in mehreren asiat. sprachen bei Schott, berl. jhrb. märz 1842 no. 51. s. 403. Des- gleichen Rähu, der die sonne und den mond verschlingende dra- chenkopf, den Marsden im Maiayischen, Buschmann im Javani- schen, Tagala und Madagassischen wiedererkannt haben (Kawi- werk III. 781. lies Marques, p. 41.). «Trommeln und abschiefsen vieler gewehre fand statt, um durch den angestellten lärm dem monde zu hülfe zu kommen, damit der schwarze drache, mit dem man ihm im harten kämpfe begriffen vermeinte, ihn nicht ganz verschlinge. Die einwohner (jenseit Saide -el-Abd am Nil, ober- halb Aegypten) waren sehr bestürzt über die mondfinsternifs und sahen sie als die Vorbedeutung grofsen Unglücks an. In Dongola meinte ein (jedenfalls rationalistischer!) Faki, nur das unwissende volk glaube, es sei ein drache, der den mond verschlingen wolle. Der mond sei ein potentat im himmlischen reiche, welchem gott, weil er seine Schuldigkeit nicht gethan, den köpf habe abschla- gen lassen» u. s. w. Puckler, aus Mehemed Ali's reich th. II. 360 ff. Bei Schön, Haussa vocab. v. Eclipse: Rana ta kamma watta; lit. «the sun fights the moon». Wenn eine sonnen - oder mondfinsternifs sich ereignet, heilst es bei den Letten: Rag- ganas fsauli, oder mehnessi plehsh oder maita die hexen rei-

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fseu oder verfiuslern sonne oder mond. Steuder gramm. 1761. s. 150. Und von einem nordlichte: Redf karru [rr durch- strichen] lauf hu dwehfseles kaujaks sieh wie der Soldaten seelen sich schlageu. Vgl. Hämisch slaw. myth. s. 273. Ein trotz mancher abwcichungen doch einander wie ähnlich sehender und wie weit verbreiteter aberglaube! Siehe noch Grimm, mythol. s. 301 ff. ausg. 1.

£6 wird aber zeit sein, zu unserem besonderen gegenstände endlich den Übergang zu machen.

Wie unzweifelhaft der mensch zuerst durch die natur, zu- meist durch ihre gewaltigen oder prachtvollen ersch einungen, seien sie nun für ihn freundlicher oder feindlicher art, zu gott oder göttern guten und bösen Charakters geführt ward, und diese also sehr begreiflicher weise ursprünglich, che man sie mehr zu vergeistigen und zu iuteliectuell- moralischen wesen höherer art, als er selbst, hinanzuheben verstand, noch tief im physischen stecken blieben: davon zeugt noch oft die spräche, in welche ja des menschen ansichten von der natur zunächst übergingen. Neh- men doch selbst wir noch heute keinen anstofs daran, wenn von gott gesagt wird, er lasse regnen und die sonne scheinen über gute und böse: ja, wir flehen zum himmel, rufen den himmel zum zeugen an u. dgl., gleichfalls ohne alles bedenken. Was wunder, wenn das alterthum z. b. auf den Jupiter, als himmel (wie das ja auch etymologisch sein und des Zsvg name besagt), regen, blitz und donner zu beziehen fortfuhr, längst nachdem ihm mit der Persönlichkeit auch moralische eigenschaften eines weltregenten (deus supremus), KQWidqg natriQ dpÖQ<Sv te &e<av «, Vorstehers der ehen, als eines rächers falscher eide u. s. w. beigelegt worden l

Defs zum beweise sei mir vergönut, als lehrreiches beispiel das der Bonnyer zu benutzen nach Köler's notizen über Bonny s. 20. 61. 63. «Szu, szüeb, schüo, sagt dieser reisende, bedeutet in der spräche von Bonny, wölke, himmel und gott*). Der him- mel ist den Bonnyern der repräsentant der grofsen naturkräfte, und die erhabenen grofsartigen erscheinungen von ihm, die wöl- ken, der blitz, der donner, der regenbogen sind ihnen äufserungen

*) über die sehr erklärliche bezeiclinung beider mit einem und demselben ausdrucke siehe yiele beispiele bei mir in A.L.Z. sept. 1849. s. 440 -441.

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seiner thätigkeit. Die ahnung eines höheren wesens mufs bei ihnen noch in etwas verkörpert, an ein, wenn anch nicht greifbares, doch wenigstens sichtbares materielles etwas gebonden sein; und das ist ihnen der blaue himmel, weil seine Veränderungen die allgemeinsten und auffälligsten sind, und ihnen gegenüber das ge- fühl der eigenen ohnmacht am deutlichsten ins bewufstsein tritt, und so wiederum auf seiten jenes den eindruck von macht und gröTse erhöht.1» «Aber, fährt er fort, ein volk im kindesalter begnügt sich nicht mit dem wesen, was es nur ahnen, nur mit scheu und ehrfurcht denken kann, es mufs auch einen gott haben, der ihm näher steht, als jenes unbegreifliche, einen gott, den es übersieht, mit dem es nöthigen falls rechten kann u. s. w. Ein gott dieser art ist den Bonnyern eine Iguane, eine sechs bis sieben fufs lange, eben so harmlose als häusliche schwane eidechse.» «Was die einzelnen erscheinungen am himmel be- trifft, die sie ihrem höchsten und mächtigsten gotte, der eben mit dem himmel identisch ist, als äufserung seiner thätigkeit zuschrei- ben, so sind sie weit entfernt wie Noah den regenbog en für einen friedensboten anzusehen. Im gegentheil sprach sich bei an- blick desselben mehr als einer so [in gebrochenem englisch] ge- gen mich aus: «Hirn be waw£ ting, me fear him too mush; pose (für suppose) him come up, den some gentlemen for Bonny müsse die». Das heifst, der regenbogen ist recht was schlimmes, ich fürchte ihn gar sehr ; falls er herankommen sollte, so mufs einer von den herren (d. h. reichen handelsleuten) in Bonny sterben. Den donner nennen sie himmels-flinle, szü&h-läkba; wer aber an dem anachronismus anstofs nimmt, der darin liegen würde, dafs sie den alten donner nach dem neuen instrumente benannt haben sollten, mit dem sie erst so spät bekannt geworden (vgl. umgekehrt: donner der geschütze), der mag szüSh l&kba durch himmelslärm übersetzen, und dann annehmen, dafs sie die fliute (l£kba) xar' i%o%tji> lärm genannt. Den blitz nennen sie szuöh ffnneh, himmels-feuer». Was das letzte wort in szuSh läkba nunibru (regenbogen) s. 20. bedeute, wird nicht angegeben. Man vgl. damit William's key to the Indian lang. p. 82: Neim- paug peskhömwock Thunderbolts are shot. From this the Natives conceiving a consimilitude between our guns and thun- der, call a gunne Pcskunck, and to discharge Peskhommin that is to thnndcr. Im Mandingo sanfata (ligbtning), sang- fata (thunder). In contradiction to lightning it is k all am Alla

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(arab.) 'the voice of god'. Mango Park, Travels p. 370., also ähnlich wie vaskkch odotsä (geräusch der wölke) Mithr. IV. 313.

Jetzt, ohne alles zögernifs, zu dem gegenständ der Überschrift. Nor noch dies eine. Es möge mir gelingen, ist mein wansch, an einem beispiele einigermaßen zn verdeutlichen, wie sich comparative Stadien auch im reiche des gedankens mittelst der spräche nicht ohne nutzen möchten anstellen lassen. Und ich glaobe in dem regenbogen keine schlechte wähl getroffen zu ha- ben. Ist er doch eine naturerscheinung, deren anblick das herz auch sogenannter wilder ergreifen und in religiöse Stimmung versetzen mufs, und welche überdem in einer äufseren bestimmt» heit des Charakters auftritt, dafs man diesen nicht leicht ganz verfehlen kann in der auffassung, wie regenbogenfarbig sie im namen des regenbogens zur erseheinung komme bei den namen- gebenden Völkern der verschiedensten erdgürtel. Die summe der benennangen eines dinges, eines phänomens, oder eines begriffe* aber ist auch die summe der sprachlichen Vorstellungen, welche man sich von ihnen machte, und sicherlich ist es vom höchslen interre8se, sei es nun die abhängiger oder unabhängiger weise statt findende Übereinstimmung und gleichhcit der Vorstel- lung, sei es deren mann ichfaltige Verschiedenheit, und zwar so bei den einzelnen gruppen als im ganzen der menschheit mög- lichst erschöpfend ins äuge zu fassen.

J. Grimm bat bereits mythol. s. 421 ff. ausgäbe 1. eine be- trächtliche menge von namen des regenbogens mitgetheilt. Diese nun im verein mit meiner Sammlung ergeben etwa folgende haupt- vorstellungen von ihm:

1) Von perlen baut sich eine brücke hoch über einen grauen see u. s. w. Diese Vorstellung des dichters war auch schon die viel früherer Jahrhunderte im norden (asbrü, asenbrücke, öder bifröst die bebende, zitternde strecke). 2) Den bogen ergab gleichsam mit zwingender noth wendigkeit die gestalt. Es lag aber eine Ver- schiedenheit der auffassung darin, je nachdem man im regenbo- gen einen (schwebenden) Schwibbogen oder einen bogen als waffe in der band eines gottes zu erblicken wähnte, die sich in dem begleitenden donner und blitz bemerklich genug macht. Oft reflectirte man fast nur auf die rundung, in welchem falle man prosaischer weise z. b. die fafsdaube zum vergleich neh- men konnte, wie ja auch im holländischen der horizont oder ge-

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sichtskreis durch «kirn, kimme f. kämme« krümme des balkeos am hinterl heile eines schiffest ränder, ausstehende köpfe der dan- ben eines fasses" bezeichnet wird. Auch die Helgolander sagen kimmen für gesichtskreis s. A.L.Z. 1849. no. 83. s. 662. Vgl. Heyse kimme, eine scharf hervorragende erhöhung, ein scharfer rand, z. b. der über den boden hervorragende rand eines fasses, und niederd. der kimm, derj rand des gesichtskreises. 3) rich- tete man mehr auf die färbe sein augenmerk, und dachte bald, wie die Caraiben, an einen buuten federkopfputz von natur- lich diademartiger rnndung (vgl. in Lothringen couronne de S. Bernard), bald an golddurchwirkte gürtel oder schärpen. Weiter 4) sollte der regenbogen ein lebendes wesen sein, und was dann naturlicher als eine, bogenartig schwänz und köpf einander nahe bringende schlänge mit farbenschillernder pracht? Bei den Slawen mävra, mävriza, d. i. eigentlich «schwärzlich gestreifte kuh», naturlich wegen der mehrfarbigkeit. 5) Die son- derbarste und am wenigsten ästhetische Vorstellung, die mir vor- gekommen, müssen die Jakuten sich ausgedacht haben. Bei Böhtlingk nämlich in seinem ausgezeichneten werke über die spräche jenes Volkes, wörterb. s. 34. 158. wird für regenbogen fsassyl Igä (fuchsharn) oder fsassyl Iktäbit (der fuchs hat geharnt) angegeben. Das weifs ich mir nicht anders zu deuten, als wenn ich das vergleichsdritte in den gelben spuren, welche der fuchsharn im schnee zurückiäfst, suche mit den schimmern- den tropfen des bogens am himmel. Uebrigens wird von Nem- nich Ca t hol. I. 831. angemerkt, der gestank dieses urins sei un- erträglich, und der fuchs scheine ihn selbst nicht leiden zu kön» nen, weil er diesen unrath meistenteils sogleich verscharre. Trotz- dem jakutisch s. 72 auch kvcüivk pfeilarten ; regenbogen. Ueber die verglcichung von lanzen und Schwertern mit kometen s. Humboldt Kosmos I. 410. Abgesehen übrigens von dem bäu- rischen dia xoaxivov ovQeiv des Zeus in des Aristophanes wöl- ken v. 371., hörte ja auch A. v. Humboldt am Orinokko vom harn der sterne für Sternschnuppen, und vom speichel der sterne für den thau, welcher perlartig die schönen blätter der Helikonicn bedeckte. Kosmos I. 393. vgl. 410. Aus dem Osseti- schen giebt Klaproth für die Sternschnuppen die n amen stahl eh tachti, d. i. [wie ital. Stella cadente] fallender stern, oder dsuora tachti, fallender heiliger. Kaukasische sprachen s. 199. Bei den Wallonen heifst der regenbogen airdie, buchstäblich,

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und mithin religiöser als frz. arc-en-ciel, so viel als arc-diea (ar- cus dei). Grandy. Dict. Ir. biorbhoghaa rain bow, von bior water. Welsch, aufser enfys oder enfysg (oder nach Owens Schreibung v für f), mit bwaa bow, to shoot wilh; and thence metaphorically, an arch; Bwa gwlaw (i. e. rain), or bwa'r wra$, and bwa cyvammod. Cyvammod, covenant, mit- hin das letzte: bogen des bundes, nach der darstellung des A. T. Bei Richards: Gwarroga yoke. Arm. (d.h. bas-breton) Goa- rag a bow. Goarag an glaw the rain bow, mit gtaw rain, also wie lat. arcus pluvius. Allein bbret. canevedenn arc- en-ciel. Rostrenen p. 17. Im skr. gopatichapa aus chapa (a bow) mit gopati (Indra, der gott des himmels; sonst angeb- lich auch sonne; und, in diesem falle eig. «kuhgemahl*: a bull), dessen sinn, etwa herr (pati) des himmels, der lichtstrahlen oder des donnerkeils, erst durch die des vieldeutigen go festzustellen wäre. Eben so Indrayudha (Indraswaffe) , und defshalb auch als Jem. Indrayudha (eig. von der färbe des regenbogens) ab name für a leech of various tints on the back. Lith. bei Nesselmann s. 200. dangaus kilpinnis eig. himmeisbogen, von kilpinnis bogen als waffe. Coptisch phiti Jactus sagittac, arcus, ins, ar- cus cocleslis. Auch pite, phaette. Parthey, vocab. copt. p. 131. 186. 1&7. 288. Ich weife nicht oh auch in diesem sinne thirthir

iris p. 217. 374. Persisch doch wohl mit of Ab (1. aqua, skr. äp, in einigen casus äp, 2) nilor, splendor, skr. ab ha), ai-

& O f

lein mir sonst dunkel: O^-Xa/jC Castellus p. 501., (jjua£=pl\**

p. 334 . Ostiakisch p a i - j o g o t von j o g o t, bogen, Castren, ost- jakische sprachl. s. 84. mit pai, donner, s. 91. Waiachisch curcubcu, womit die Verfasser des ofener Wörterbuchs latein. curvus vergleichen, mag reduplicirte form sein, von russisch^ ko- poÖHinb, krummen. Ngr. d6%a (do%aQi) zov ovQavov nach Weigel, was freilich wie himmelsruhm aussieht, aller Wahrschein- lichkeit nach jedoch blofsc Verdrehung ist aus do^dgi pro ro%d- Qiov arcus, camera, nicht do^dgiov (gloriola) DC. Nicht damit zu verwechseln bei Slulli illyrisch duga, luk nebeski (Iris) und bei Voltiggi, aufser kolobaroczni (eig. optischer zirkel), das- selbe: himmlische fafsdaube (ital. doga, wal. döga), der himmel gls. tonne und arcus coelestis. In Sud- Australien (outl. of a gram-

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mar, vocabulary cet. By Teichelmann and Schörmann p. 14): Kuranye unstreitig zu kuri A cirde; compass; a dance, at which the men first form a circle cet. In Smithsonian con- tribuüons to knowledge vol. IV., der ein Dakota -wort erb. ent- hält, aus dieser spräche p. 244. 320: wi-hmung-ke the rain- bow; a trap, a snare. In this latter sense, however, it is not much used. Es sei nom. of hmung'-ka v. a. To set a trap, to trap any thing, to catch in a trap. Vermuthlich nach einer ähnlichkeit der gestalt. Finnisch taiwancaari, aber ehslnisch nach Hnpel wb. 1780. s. 166.312. wikkakaar, wikkerkaar, worin kaar, das schwaat, die schwade, z. b. heina kaar (beu- schwadc), des kreises wegen, welchen die mähende sense im grase beschreibt, vollkommen deutlich. So heifsen auch lootsiko (von lootsik, boot) kared, die krummen queerhölzer im boote. Zu dem ersten läfst sich allenfalls noch wikkat (sense) zie- hen, gewifs nicht wikkerpuur (ein schwickbohrer). Taiwa sap, der gegenschein des regenbogens, aus taiwas, a himmel, und sap, die galle; das sonnenroth. - Zigeunerisch dewleskcri güsterin (s. meine Zig. IL 56.311) d. i. gottes ring bei Bi- schoff s. 76.; bei Zippel nur regenbogo, dagegen bei Sujew (s. meine Zig. 11.481) denszoro pe-nebo, verm. demin. aus poln. d$go (bogen) am himmel. Auf der insel Wangerog nennt man den regenbogen weder gal fem., aus weder (welter) Ehren! r. fries. archiv 1.403. Bei Hcyse unter galle: ein heller schein am himmel, der sonne gegenüber, für ein zeichen eines bevor- stehenden sturmes geltend (wind galle); ein unvollkommener regenbogen (regen- oder wassergalle).

Wir wenden uns zu den Albanesen. In deren idiome fuhrt der regenbogen nach v. Xylander den namen ikmi (mit punktir- tem /r). Dagegen hat v. Hahn in seinem noch nicht erschiene- nen vortrefflichen werke: Albanesische Studien, wörterb. s. 138: «vXtßtQi, plur. vhßtQ8-re hier wie b, nicht wie w zu lesen), regenbogen. Er ist eine art schlänge und steigt zur erde, um wasser zu trinken ; je nach der lebhaftigkeit der einen oder der anderen seiner färben, prophezeit er eine gute wein-, öl-, wei- zenernte- Wenn ein albanesisches mädchen über den regenbogen springt, so wird es in einen knaben verwandelt, und dieselbe Verwandlung widerfährt dem knaben, dem dies kunststuck ge- lingt.»» Von der geschlechts Wandlung, auf die man etwa durch das zwitterhafte farbenspiel des regenbogens (vgl. couleur chan-

bcnennungen des regenbogens. 429

geante) verfiel, wini auch in Serbien erzählt, nnr dafs man niebt mit so keckem humor den himmelsbogen überspringen*), sondern minder wunderhaft sich demüthig unter ihm durchbegeben lftfst. Die Vorstellung von einer schlänge verbindet mit dem regenbo- gen nicht minder die Tamanacasprache in Amerika. Durch uji nämlich wird in ihr bei Gilj, Istor. Araer. t. III. p. 376. , der arco baieno (ital. baleno, blitz, aus ß&epvor) wiedergegeben, und dazn in der note bemerkt: 11 nome del serpenie Buio. Es ist folglich eine Boa, wahrscheinlich Boa constrictor gemeint, wel- cher einige Indianer göttliche Verehrung erweisen, während an- dere ihr fleisch essen und mit ihrem schön gefleckten balg han- del treiben. Nemnich Cathol. I. 628. Die etymologie des alba- nesischen ausdnickes ist unklar. Es ist aber zu beachten, dafs Xylander s. 162. 251 auch ein, wenn gleich nicht ganz gesicher- tes ovXiovfiTTEQ, neben %£qx (ans arcus), bogen, giebt, die frei- lich beide v. Hahn deutsch - albanisches wb. s. 166. abgehen**). Anlangend aber das trinken, was die schlänge (eine wasserschlange, vÖgal) auf der erde thun soll, so erklärt sich dies aus der opti- schen täuschung, wonach wir auch wohl so sprechen: «die sonne zieht wasser»; welchen gedanken die stoiker sogar allen ern-

*) Bandseil, slawischer mythus s. 235 bringt eine lith. fluthsage aus Narbutt bei, worin auch ein merkwürdiger satz vorkommt «In Li- tbauen blieb nur ein paar zurück, das zudem alt war und keine nach- kommen hatte. Als non diese armen alten sahen, dafs sie bald zu gründe gehen wurden, grämten sie sich ober die mafsen. Pram'zimas (der höchste herrscher des alls, angeblich «vorher bestimmtes loos» bedeutend) sandte ihnen als tröster Linxmine [d. h. tröster], den re- genbogen, der ihnen rieth, ober die gebeine der erde zu springen. Aus ihren neun Sprüngen wurden neun paare, die urflltern der neun li- tauischen stimme.» Dem kommen die stein würfe sehr nahe, wel- che Deokalion und Pyrrba hinter sich thun, nur dafs diese Vorstellung enlschieden von der klangesnähe zwischen Xan; und Aao/, wo nicht er- zeugt, dann doch getragen wurde.

**) Wasser heilst oi»j-/, bei Xylander ovyt, woher ovyioiy, IrSnken; und Ajoi'bla, weiblicher luftgeist, stürm, orkan, wobei v. Hahn auf Xoin, ich verschlinge eilig und gierig, verweist Ob wir auf diesem wege einen aquae potator gewinnen, bezweifle ich. Auch an XXe (X punktirt), ovXX XyL, vX-* (stern) Hahn läfst sich schwer anknüpfen, obschon letz- terer mir noch TU-*, in Mittelalbanien, erdhübel, stein- oder erdkaufe, und die Schwiele der band, mittheilt.

*** Pott

st« dahin ausspannen, als trinke die sonne das meer, der n* die sonne, und sei, bei einer sonnenGnsternifs, die sonne wn monde ausgesogen. Ein nraür, woraus bekanntlich Anakrem a der 19. ode sein recht min trinken so anmnthig herleitet. Sä* »her dies alles das nihere in: anmerkongen tarn Anakreon Lös. 1770 s. »IS Bei Grimm findet man stellen, woran, im die ansieht der Römer erfahrt, welcher gemSfs der regenboan gleichfalls trinkt, trotxdem dais die spräche ihn nicht ab leb» dige* wesen behandelt, %. b bibit arens, plnet hodie, beim PI» tos. Will man mir es glauben? der Hanssaneger theilt die an- sieht des hochgebildeten romers. Im vocabulary of the Haossi lang, nämlich von Scboen t. Rainbow beifet es: -Masharm (lit 'water drinker') and dashimarri, and rua alla (RM TOte. rain, und alla, der arabische ansdrack für gott), and iarrs « yarra.» Mashai bedeutet drunkard, intoxication. In (Nor*) outline p. 136 ru.-n allah (waler of god) raiu. Vom an», nschen ssiyaryarny gilt vennuthlich dasselbe, da es aoeh spntse, röhre (aipho) bedeutet, was naturlich von sxirok (sut» attraho) herkommen mufs. ° '

Bei den Gallas in Afrika, aufser dem etymologisch unklaren bidu oder bidigira Tutschek lex. I. ,. 134., femer s 181 »

Jtlt ?"?' 8ash; «****> leibbinde. «»«» «bat a wacayo buch- stäbüch: leibbinde des himmels, schSrpe gottes, für regenboeen abo ,n merkwürdiger Übereinstimmung mit lith. dangaus Tost» (h.mmebg„rtel „„d Laumes josta d. i. gürtel der fee Laome Nesselmann .. 353.) - pflr da8 türkbebe giebt Ciodias, aX ****° |*~^ ilsiem 8aeghma, auch u/ t<=-^ ^~^=> giboh (coeli) kiemeri (kiemer mit possessivs'uffi*)«,. Schneider im suppleinenlbande zu seinem wörterb. hat unter naudoa fol- gendes: „Hesych. erklart auch *«^« durch f»>« <rro«r,„„. Coray über Strabo t. IV. p. 235 bemerkt, dab die Türke«, kemer n.cht allein da. gewüibte zimmer, sondern auch d»S

wolTn' " . VTU,Let d'her dCD «*-W-*- Ursprunges ^ DM Wt 8ehr B^bllcb; denn die Türke« haben ihr wort j*^ (arcus, fornix,cing„lum,^a. aber ».£=, kiemerelJ cubicolum, «mera) von den Persern, bei denen es wirklich rons «ngulum bedeutet, während arcus sagittarii mit einem unstS" stammverwandten ausdrucke yL^ kemail, kurdi8ch k<jy . ,,

benennangen des regenbogens. 431

ticifst. Gleichbedeatend mit kernen aber ist (jl+d* khcmän von ^^. khem (curvus, tortus). Mithin könnte der Türke beim regenbogen eben so leicht an einen leibgürtel als an einen Schwib- bogen denken, und thut vermnthlich erst eres, wenn man die pracht orientalischer schfirpen in erwfigung nimmt. Knrdisch ka- mar (cintura col fibbione d'argento o d'oro all' nso d'oriente) Garzoni p. 112. Sonst bedient sich der Korde nach Garzoni 8- 92. for regenbogen der bezeichnung kesk u scSr, d. i. grün und roth (verde e rosso), wogegen freilich Klaproth, Asia polygl. s.

79. churschag auffuhrt, als läge persisch **£• khür (sonne) darin. Nach Tutschek nun I. 146. bedeutet waca 1) himmel, iirmauient; 2) gott. gewöhnlich mit dem verkleincrungssufßx -ayo: Wacayo, lieber gott! 3) Zeitraum, Zeitabschnitt, vielleicht gleich mit woca, jähr. Das alles erklärt sich leicht, weil der himmel, so zu sagen als gottes wohnung gedacht, zugleich regu- lator ist der zeit. Th. IL s. 90 wird auch der regen auf golt zu- rückgeführt, z. b. roba (pluit), gewöhnlich mit wacayo, gott, oder bokeiii (regen)*): Wacayo (bokeiii) roba, also genau wie im griechischen zum öftern nicht impersonal, sondern erat recht persönlich gefafst, 6 &eog vei, Zeig ve d. i. Zeus liefs regnen, oder auch, dem etymologischen wortverstande von Zevg, Jovis, nach, wo dies noch keine göttliche persönlichkeiten sind: der himmel regnete. Eben so: Jupiter tonat et fulgmat; Jupiter tonans, pluvius; oder pecpeX^^Qsra Zeig sammt dieses got- tes beiwörtern iüfialog^ teQmxtQavvog, vfaiog. So spricht auch der Jakute: Tangara ssamurdür «der himmel regnet» Böht« lingk wörterb. s. 155., was sich aber, da tangara auch gott be- zeichnet s. 90., gleichfalls geradeswegs durch 6 &eög vei wiederge- ben läfst. Z. b. wird, wenn 8. 91 vgl. 90 u. text s. 80 statt zahmes, vielmehr wildes zu setzen, das wilde rennthier, eig., weil keinem menschen angehörig, gottes rennthier, tangara tabata, gc-

*) Bei den Ainos, v. Kruse ns lern Wörter Sammlungen 8*17- aptfu (der regen) aschiwa, es regnet, aber schubaz regenbogen. Obas (der schnee) ran es schneit s. 19., wie s. 9. kaulcaubas (der kagel) ran es hagelt, und kanna kamoi (das gewilter) fumian (von fumian, rasseln, fumi, getftse, klang, vgl. gerSusch, das klopfen), es gewittert. Kamoi, gott; uschi kamoi, wolf; nischni kamoi teufel; teko ka- moi die schlänge. Daher auch blitz: kamoi nibigi mit nebigi glänz.

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nannt, weil dieser es frei herumlaufen läfat. Wenn es anfängt zu donnern, pflegen einige Letten zu sagen: Nu jau wezsajs tehws atkal barrabs (rr durchstrichen), nun keift der ahe vater schon wieder. Stender's grammatik 1761. s. 150. Iin Ii- thaaischen Perkünas, der donnergott, dessen andenken noch in manchen phrasen sich erhalten hat. Perkünas grauja (vgl. lettisch graut, mit virgnlirtem r: einfallen, stürzen), gramen a (vgl. russ. rp6»ib getöse; donner) und musza (er schlügt) es donnert. Ferner statt des allgemeinen und nüchternen es bei himmels- und weltererscheinungen, auch ossetisch viel an- schaulicher arw naruj, es (eig. der himmel) donnert. Sjögren ossetische spracht, -s. 490.; arwartjewuj, es blitzt, s. 487. Bei den Osseten ferner arw-ardin, was nach Klaproth, kaukasische sprachen s. 199. «hiinmelsbogen» bedeuten soll. Allein Rosen, ossetische spracht, s. 30. hat dafür arwron, arwardin ohne er- klärung des zweiten worts. Arw (himmel) steckt auch viell. in arwnids'awta (das donnern) und artiwan (vgl. artj, feuer, und s. 41. artiwin, glänzen), das blitzen, in seiner nebenform arwtiwa. Klaproth kaukasische sprachen s. 221. hat arwalat kchanin, ich biege, was vielleicht von arw- ausgeht. Caraibisch in Rochefort, historie van d'eylanden van America. Rotterdam MDCLXI1. p. 474. Regenbogh: Alamoulou of Youlöuca; ge- ll jk of men sey de, gods-pluymofvederbos (federbusch). Vgl. p. 364. no. 63. de regenboogh, de pluyme, of de vederbos van god S. Ioulouco, gott Mithr. III. 3,697.

Auf brasilianisch (v. Murr, journ. bd. VI. s. 210): Ami na beräba (pluvia coruscans). Lusitanis arcus coelestis est arco de velha; unde et Brasilice jam legi: guaimi ybyräapara, sive vetulae lignum curvum (etwa wie ein holz zum wassertra- gen, oder dgl.?) Zum verstSndnifs des ersten ausdruckes nehme man noch hinzu aberab scintillo; hinc et dicitur fulgetrum, das welterleuchten, beräberäba, also unstreitig in reduplicirter form. Bei den Anamiten nach de Rhodes dict. p. 46. 690. so bl6i (arco de velha), eig. fenestella (janelinha) coeli. Einen Zusam- menhang der benennungen zwischen blitz und regenbogen zeigt auch die spräche der Mandan in Nordamerika, indem bei ihnen jener chäkuhnde, letzterer chah-ikuhndä heifst, sowie mit gleichem anfange für regen chä-husch gilt. Ob das wenigstens lautverwandte p6-ikuhnd3, das fischnetz, dabei in frage komme, steht dahin. Auf Taiti anouanoua Buschmann, 1) les marques

benennangen des regen bogens. 433

p. 102., vidi, als doppelung von ano lumiere, 2) joar, 3) mond*.

Malayisch palangi (regenboog, wolkboog). Onderwys in de Maleidsche Taal p. 18., aber in de Wilde, Maieisch en Soen- dasch Woordenboek s. 129: Mal. k oeng palangi, biäng lala; sundaisch katoembiri.

Afrikanische sprachen. Im Sherbro in dem vocabulaiy written 1839. p.17. kerehah Rainbow, das mit kherh 0. (bow) ohne wei- teres zu combiniren, der verschiedene anlaut unräthlich macht. In (Norris)Outl.p.l36.Bambarranyala-muru. Vgl.nyaIa[kolo, ngnalakqlo(heaven,sky)mitnyalla (god). Abikulu(thunder) mit gleichem Schlüsse? Ngnalayereyercy (lightning) mit yere- yer e (to tremble), was also rednpl. ist gleich jiggi jiggi to shake im Mandingo. In dem, sonst dem Bambarra unverwandten Mandingo ganz abweichend awületa. rainbow, aber ngalaso; sanfata (vgl. sanjio rain aus jio water) lightning. Ibn amima- igue vieil. imme (arch) mit eil ig ui (cloud), eligwi (thqnder), da auch der regen eig. «min-egue, wasser der wölke» heifst, und die regenzeit ndü-mini (rainy season), odümini (winter).

Im Ashanti yangkungton rainbow, wie yankum (rain) und yankum-to.bil (rainy season). Fulah, reduplicirt: timbo- timbola/— Wolof Hhone. Yaruba ibbäri. Dagegen bei Crowther im vocabular oshnmare, von dem ich nicht zusagen wufste, hat es mit osha (deity), oshd (a witch, a sorcerer) oder oshu (a new moon, a month) einen Zusammenhang? Aus dem Mpongwe (s. Wilson's gramm. p. 71.) verdient mbumba seines wunderbaren, vielleicht reduplicirten Charakters wegen be- achtung. In der spräche von Affadeh im reiche Burnu flilum- delgo (Vater, proben s. 335. no. 34.) worin wenigstens das zweite wort: dilko (himmel) no. 18. nicht zu verkennen. Muröse- rük im Mobba eben da s. 309. ist mir ganz undeutlich, während endschi) tattarih (reden), endschij dürterih (donner) und endschij molterih (blitz) augenscheinlich nicht nur endschij (wasser) enthalten, sondern auch im zweiten worte (so auch noch b6ngterih, wärme) gleichmäfsig abfallen. Szauaken s. 264: phatna ennebbi dor hille. Tiggreh s. 283: makännat szittenä fatma. Dar Für 8.320: chatt el mdtthar nach dem arabischen.

In Asien. Aus IQaproth's kaukasischen sprachen s.814, s. 8.54.114. Auarisch suw (himmel s. 96.) alda (in) kechal (bogen), aber Chunsag allein kekchal, regenbogen, Andisch

II. 6. 28

434

Pott.

fsereltschor. S. 71. Qafsi - Qumuk fsural (himmcls) kkarta (bogen). Akuscha enci dirkci kehjalgun (vgl. z. b. oben Chunsay). Tschetschenzisch zeiad s. 165. 175. Tscher- kessisek whapememiguirieb aas wbape himmel, aber wa- gohelschefs'Sternschnuppe aas whagoh, stern s. 240. Aba- fsisch s.255. tsebuaka, schamga, allein sternsebnuppe jet- sebu— ebochua von jetsebua, sternc. Dazu bei den Qumüch- Tataren seite 388. T{*»y qausquzeh, wie aueb buckarisch Asia polygl. s, 245., aus dem arabischen. Eben da Motorisch ke- gantiun s. 158. Bei den Orotong-Tungusen sharrünn s. 287. Auf Kamtschatka räjuntschi und auf Tarakai schuvvaz s. 311. Japanisch nidsi, Lieukieu nu-üdsi s. 332. Korea lu-k'iao s. 340. Tubelisch ang-tschuii. Chines. chung-ni s. 354., aber bogen s. 372. kung, was aber doch vermutlich ganz verschie- den. — S. 365. Siamiscb lung; in Awa fsa-dang; aber mit (himmei): mü-ghrü (donner), müschuä (regen).

Leider hat es mir, zum theil wegen mangels an den nöthi- gen hülfsmitteln, nicht überall gelingen wollen, den in mehrere bezeichnungen des regenbogens gelegteir sinn etymologisch gleich- sam wieder zu erwecken und beleben. Es werden indefs die, bei welchen der sinn vollständig klar vorliegt, hoffentlich »um erweise der behaaptung dienen, welcher von dein<fibutze^weiter- greifender comparativer Sprachstudien meinem anfsatze vorausge- schickt worden. Ich schlicfse mit einer mythischen benenn ang der miichstrafse, die ich bei Grimm, mythol. s. 214. ausg. K ver- misse, welche mir aber aufmerksamkeit zu verdienen scheint. Im welsch nämlich heifst sie nach Owen: Caer gwydion the galaxy so called from Gwydion ab Don, who haviog a knowledge of astronomy was deemed a conjurer. Gwydien or Gwydion m. a mythological personage, the son of Don, whose history it but little known; a spirit sapposed to pre- side in the air, or rather in the starry regions. Probably = Teut. Woden. Da caer the walls of a city; a caste, or for- tress; a walled or fortified town; a city, wäre also die miich- strafse demnach als eine bürg des Wodan bezeichnet, von dem ja nach Britannien allerdings durch die germanischen einwande- der eine künde könnte gelangt sein. Dy weyssen streyf- fen, der stramen (d. i. Striemen) an dem hymmel bei Die- fenbacb, mhd. wb. v. Galaxia ist mehr erklärung des latein. aus- druckest als dessen Übersetzung. Pott

Zyro, proben eines bernischen idiotikons etc. 435

Proben eines bernischen idiotikon's mit vergleichung der verwandten mundartem

ä oder auch stumpf e zur vermittelung zwischen zwei Wörtern, deren eines mit einem mitJaut endet, das andere mit einem mitlaut anfangt, z. b. grad a so warm (vom füür wägg) = gajpz warm es ist nicht zu schreiben aso (verbunden) = also wie J. R. Wyfs irrig meint sondern getrennt. So auch: «'s isch a so» = die sache verhält sich so vgl. «i ha 'n e keina gfunda wie däw, somit eigentlich: einen keinen. Somit ist a die abkürzung von ain = ein.

a artikel wird ausgesprochen nicht als helles a, son- dern stumpf dem e zugewendet, wie denn a und e einander oft verdrängt haben, z. b. mhd. (bei den minnesängern) erbeit u. a.

1) der unbestimmte abkürz, aus ain, ein - z. b. «a brava ma haltet sys wort» «a (oder e) wettiga n' ischs» ein wie beschaffener ist es? «as chrüüzerigs weggli isch nid grofs» = ein kreuzerwerthes weggli ist nicht grofs.

2) der bestimmte: «steil ds brot uf a tisch» = auf den tisch i ha mi uf a fues gsezt, niemeram dings z'gäh» = ich habe mir zum grundsatz gemacht, niemandem auf borg zu geben

«'r het am (oder: 'm) chnächt z'vil trouat» = er hat dem knecht zu grofses vertrauen geschenkt.

a zeichen des dativ z. b. «a n' ema geschänkta rofs mues ma nid i ds muul luega» auch (durch metathesis) ama- na, und kurzer: ama (ema) ema lugnar isch nüüt z'trouwa»

ama, ema, eme ist = einem ainem.

ä präpos. c. accus, u. ablat. gewöhnliche abkürzung von an, welches der Oberländer meistens ganz und voll ausspricht, was der Unterländer vielleicht nur in dem einzigen falle thut: «häh an di!» = halte an dich so ruft z. b. der vordere Schif- fer dem hintern zu, wenn dieser (auf der flufsfahrt) die ru- derstange gegen seine brüst zudrücken soll, damit das hinter- theil mehr links sich wende, so auch ruft man einem «Schwin- ger» zu.

1) = an «m' mues e n' ander9 (oder: ander a) e chly a d' hand gah = man mufs einander ein wenig helfen, hand bie- ten — »8 wär jix a der zyt, dafs d' ds mittal nähmisch» «m1 cha wol a d' lüüt luega, aber nid in s' (oder sa, si) yna»

28*

436 Zyro

«'s isch jite a n' ihm dr chehr, nid a dier» auch ganz einfach : «'s isch jita a n' ihm» 'r mues dr schada n* a ihm sälbr hah» = er mufs den schaden seihst tragen, bekömmt keine ent- schädigung «V isch geng. a mr, i söl eis mit ihm» == er liegt mir immer an (= in den obren), ich solle ... «V isch a n' a mnnr geschossa» «'s isch wie a n* muur gredt» « es hilft al- les reden, b'richten und mahnen nichts «dis. mal isch V a rächta cho» = hat er seinen meister gefanden (der ihn baldigen wird) «'s isch a n' enander» «m1 mues si nid a n' ama jedera dingeli stofsa» «= man hüte sich, sich an jeder kleinigkeit zu ärgern *r isch am ana zunnstäcka 'bhanget amm n* ast

im oberland : a rr flue a = an der fluh an.

2) es auf «am barg» =*auf dem berg (alpe), anders das sprüch wortliche: «V isch am barg» = er steckt in Verlegenheit kann sieh nicht helfen, nicht rechtfertigen u. dgl.; dagegen z barg cah =s auf den berg ziehen, wandern r vgl.*« tet a mier drfar z* sorga r=s die pflicht, dafür zu sorgen, liegt mir auf (ob).

3) = in idah mi a ruew» = lafs mich in ruhe, störe nrich nicht. So schon in XIII. sec. «gedultich an den noten = geduldig in den nöthen. So später bei den minnesängern z. b. «leg dich an das bette min» in) «als ich an einem buoche lag» vermittelnd «kein mus wolt sich selben geben an den tod» (der tod läfst sich hier personificirt denken). Vgl. Beneke- Möller wb. s v. ane A. c.

4) «s um (zeit) «'r isch am endlefi hei cho» er ist am eilf uhr heimgekommen , Tgl. 'r ischt am ersta gsy = er war zuerst.

5) Eigentümlich ist: «m' cha nid a n' ihn cho» s= sich auf : sein wort nicht verlassen.

& s abkürz, von at, ant, ent (dm) z. b. «'r isch mr 8?bchoh» es er ist mir begegnet, ich habe ihn unterwegs angetroffen auch blos bcho (cf. engl, become werden); «i ha n' nid möga n' aT)siah (oder: 'bsiah)»ss ich konnte ihn nicht einholen auch blos bsiah, daher vielleicht dieses a nur ein vorschlagslaut ist, zumal da er eben auch ganz stumpf (mit fast geschlossenem mund und oben im gaumen gebildet) ausgesprochen wird:

ä abk. von ab «gang mr a wägg!» «geh mir aus dem gesteht, packe dich, ich will nichts davon hören «a isch mr 's bueeh awaegg cho» = es ist mir ein buch weggekommen

[vgl. ab. 3) und ags. aweg, engl. away.. d. red.]

proben eines heroischen idiotikons etc. 437

a abk. von an = ane = ohne, wie häufig bei den minne- sangern im oberl. amacht a= ohnmacht «'s isch mir amäch- tig worda» = ich bin in ohnmacht gefallen vo n' agfaehr» aacfa angfaer « ohngetthr «uf da angfaer hl» «la mi a noth!» == lafa tnich ohne noth = lafs mich in ruh, quäle mich nicht, nöthige mich nicht, dringe nicht mehr in mich «V het mi nid a noth g'lah, bis ig ihnTs gchouft hah».

Hierher gehört auch der von Stalder aus alten dokumenten der bernischen- landschaft Sanen angeführte ausdruckt ani akust = ohne gefehrde, ohne böse absieht, cf. Leyser's glossar (alt- deutsche pred., Quedlinb. 1838) äkust = schlechte begierden, Schlechtigkeiten, wie unkust kust = liebe, von kiesen = wäh- len, cf, diligo, deligo.

afc 1) ein ausruf zeichen des abschens; 2) das verab- scheute und abscheuliche selbst, der unrath, bes. der menschliche koth (in kindersprache) davon die diminutiva setschi und aeggi = menschenkoth.

se, aeh art liebkosens der kinder, nicht das küssen, son- dern das sanfte drücken von wange an wange dim. aehli «mach ihm schön seh» - gib ihm h ashli».

ab a) praepos.

1) von, zer. aus «d1 sach isch ab enander'» = das aus mechanisch zusammengefugten theilen bestehende ganze ist auf- gelöst — auch «sys bei isch ganz abenander'», wenn ein bein so ganz gebrochen ist, dafs der knochen nicht mehr zusammenhängt. Eigenthümlich ist die redensart: «potz (oder: oh) z'tuusig ab en- ander'!» — Verwunderung, bald in scherz, bald in ernst.

2) =a los «'r isch ab der chetti» = entfesselt, übermü- thig, aufser sich vor freude, wie ein losgelassenes hausthier, das sich seiner freiheit freut

3) = von weg «d' sach ab ort tue» == von der stelle, wo sie liegt oder steht (und nicht liegen soll), weg an einen an- dem ort thun (wo sie hingehört); öppis (arbeitsstoff) ab 'm lada wärcha» = nicht ungefertigt liegen lassen; «mach, dafs d'.mr ab wäg chunsch» = aus den äugen nicht zu verwechseln mit »us wäg»; du bisch mr zfast ab wäg.» = liegst mir nicht am wege; «'r isch ab.'m wäg cho» = hat die bahn verloren —5 «'r chunt gar nid ab fläck, oder ab'm fläck» = er steht immer auf dem gleichen punkte (mit dem gang oder mit der arbeit)

438 Zyro

ds touw isch mr afa n' ab 'm maga = ich habe lange nichts gnossa, mich hungert, ich bedarf erquickung.

4) ss über (vgl. ob) «'s het mr übal ab ihm ggruusat» d. h. er ist die Ursache des in mir entstandenen grauens, und die folge davon ist, dafs meine seele sich von ihm abwendet, meine augen ihn nicht mehr sehen mögen; «i ha nüüt ab ihmz'chlaga* = ich habe keinen grund über ihn zu klagen und mich ihm zu entziehen. So in Schwaben (s. v. Schmidt), so bei den minne- sängern, so bei Scherz: «claget ieman abe ime = über, wegen (cf. lat. de) und ab yme richten = über ihn gericht halten. So bei Berthold von Chiemsee (tewtsche theologei, anf. des 16. sec.) «ab denen unsre vaeter ausgespürzt bieten = über die unsere väter gespieen hätten.

5) ss von, herab «ab ?m waga falla» = von dem wa- gen herunterfallen «die öpfl sy Mos ab 'm boum» 'r isch ab 'm boum gfalla = vom boum obe n" aba gfallen = herunter; «d? chüeh sy scho ab 'm barg»

6) s=b drüber hinaus (zeit) «s isch ab d' n' endlefa» = es ist über eilf uhr «'s isch a viertl ab achti» = ein viertel über acht. Das zeitliche hängt hier unmittelbar an der örtlichen anschauung des zeigen in seiner bewegung auf dem Zifferblatt drab, als gegensatz von: nicht mehr drauf.

b) Adverb.

1) = weg, nicht mehr da oder an der sache. «drfläcka n' isch ab» (vom kleide) «dr chnopf isch ab» (vom kleide, am rosenstock); dr rost isch ab» (am messer dgl.); ds rad (am wagen) isch ab» «dr schnee isch ab».

2) geistige befreiung: «'s isch mr a rächta barg (von sorgen und kummer) ab», nämlich vom herzen 'r isch vielam ab» (durch seinen hinscheid) = er ist vieler mühseligkeit entnommen.

3) = hinunter «'r isch d' stadt ab, 'r isch scho dr bfirg ab.»

Davon: etwas ist schabab = verloren (fuutsch), vom scha- ben der äufsern rinde an gelben rüben, an käse dgl., was abfällt.

«ba (w) a) adverb.

1) = eben, als gegensatz von uneben, holperig «m' cha n' ihm nid äba gnue trätto» = man kann nicht fein und sanft und sorgfältig genug vor ihm auftreten und mit ihm reden und handeln es mufs alles glatt und gemessen zugehen , wenn er nicht gereizt werden soll.

probeii eines heroischen idiotikons etc. 439

2) = gleich, wie <«'r het dm tüüfl äba gmacht» = er hat getobt wie ein teufel.

3) =s gleich (zeit): äba vori ha n"no gseh' = so eben habe ich ihn noch gesehen.

4) = kaum 'r isch äba labige == er mag sich kaum noch rühren, «'r mag äba gchoh» == kaum ausreichen, vor matÜgkeit oder muthlosigkeit.

&) = gerade, allerdings «äba cha m' nüüt mit ihm macha!» = grade so wie du sagst ist es, man kann nichts mit ihm anfangen. Von aeba stammen: 1) das aebnit = ebenheit, ebene häufig Torkommende ortsbezeichnung; 2) aebna = eben werden von natur oder durch kunst; 3) v'raebna ?= eben ma- chen, z. b. einen acker, ein gartenbeet; 4) aeba m ä äfsig = glei- cherweise, eben so.

b) Adjectiv. «'s geit alls äbas wägs» «äbas fuefses» = piain pied »z'äbna füefsa springa (bei Schmid) = mit zu- sammengehaltenen fufsen, cf. aequus.

aba (^) bäur. aha, im oberlande abhi, ahi = hinab, herab, herunter, hinunter ursprünglich =r ab wie bei den minnesängern, z. b abe lan = ablassen (nachgeben, aufhören) und so in den mss. Urkunden des XIV» und XV. sec. Es bedeu- tet also überhaupt bewegung von einem gegenstände weg, so dafs dieser von uns oder wir von ihm getrennt werden, frei werden; ferner bewegung von der höhe nach der liefe, wobei der Stand- punkt des redenden ein verschiedener sein kann. Die bedeu- tung von aba ist:

1) eine eigentliche: «gang aba!» = geh hinunter (vom stuhl, tisch, oder in das untere Stockwerk, auf die gasse dgl.) «'r isch aba" = er ist hinuntergegangen «ds loub, ds obs isch aba» = nicht mehr an den bäumen (= es ist Spätherbst, der win- ter vor der thüre) «'s macht oba n' aba» «s es regnet (oder schneit) «d' cherza, ds füür isch aba» = zu boden gebrannt. Im oberl. «eppis abhi ghijan» = etwas hinunterwerfen «abhi gähn sb hinabgehn.

2) eine uncig entliche: «V isch aba» = es ist aus mit ihm, er ist heruntergekommen, zu gründe gerichtet (an kraft, vermö- gen, ansehn) «V hat d' milch abag'lah» = er ist demüthig, zahm geworden, geht nicht mehr auf stelzen, thut nicht mehr so fibermüthig, ausgelassen, herausfordernd «'s het aba gmacht» « die kornpreise auf dem markt sind gefallen «drauf aba» «

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zu dem, was bereits war (und an dem hätte es genug sein sollen oder können) kam noch. . . , In diesem aba liegt eine Ver- schlimmerung der sache; z. b. wenn einer kaum von einem lieber genesen wein trinkt, oder auf eine ermahnung, strafe dgl. hin so- gleich wieder sundigt wie zuvor.

aba (-") verb. herunterkommen, Sinken, abnehmen, cf. östr. aben = wenden «'r abat sträng» = er nimmt stark ab, altert sehr «'s abat» = der abend ruckt heran, vesperascit (bei Schmid). Sehr häufig hört man das diminutive «'s abelet» = der tag neigt sieh; es sieht aus (bei einer sonnenfinsternüs), wie wenn es abend werden wollte, cf. «'s alpelat» = es gemahnt an eine alpe (z. b. ehemals die kuhweide an der berühmten enge- promenade bei Bern); daher (wie auch Scherz annimmt):

der aba (-"), abed (ab'd), auch (mehr zürcherisch) ab ig ss abend offenbar participiälform = der abende tag isl. apni (cf. &nb)i aptan; ags. äfen, aeven, schwed. afton, dän. aften, engl, evening, ahd. aband, abant, nhd. avend, holl. avent [vergl. Ben. -Müll. wb. s. y. abent und besonders J. und W. Grimm d. wb. s. v. d. red.] Die Gothen nennen den abend andanahti (Mar. XI, 19) = die zeit, welche gegen (am) die nacht rückt (s. Hahn, 1849). auch sagqus, von sigqvan = sinken, gemahnt an sequi, grundbegriff der Veränderung (cf. secundus u. alter), der beseitigung dessen, was das erste ist (potentialiter und or- dinaliter), nämlich das licht, welches nun übergeht (= ändert cf. avti) in das nachtlicht . z' aba n' anä = gegen abendzeit. Wie überhaupt im berner oberland die diminutiva zu hause sind, so giebt es von aba ein freundliches dim. abeli (-"") «guets abeli! wie geihts? == guten abend, mein lieber! wie gehts?

Von aba stammt nun folgende Wortfamilie:

1) ds zabenaessa (-" -") = das zu abendessen auch blos ds zaba (-^) » der abendtrunk mit essen, auf dem lande um 3—4 uhr nach mittag (da die sonne ja schon declinirt), in städten um 4 5 uhr oder später. Die bauern nehmen, zumal sommers, das mit tagessen schon um 11 uhr, wie es vor alters auch in den städten sitte war. Redensarten: «d' n- arbeitslüüta ds zabagäh» -— «mr wei z' aba drinka».

2) dr a besitz (-^ -) =s trauliches zusammensitzen- befreun- deter am abend, besonders im winter bei licht und lampenschein, sei es in der wohnstube, sei es im wirlhshause bei einem glas- chen «landschraft» oder «chirswasser» und einem pieifchen tabak abendbesuch von freunden; daher:

proben eines bernischen Idiotikons etc. 441

a) abesitza (-w - w) mr wei eis gab abesiza (nicht zu verwechseln mit abesitza: (^v-v)

b) z' abesiz sy «mr sy eis z' abesiz gsy» = wir sind eins zu abendsiz gewesen.

c) z' abesiz gah - «mr wei (== wollen) eis z' abesiz gah».

d) e n' abesitzeta = der zusammensitzende tränte kreis, die gesammtheit.

3) fyraba auch füüraba (--w)« feierabend «'s isch zyt, fyraba z' macha» = die arbeit einzustellen und sich zur ruhe zu begeben, auch uneigentlich: «'s macht fyraba mit ihm» = es geht mit ihm zu ende «'s lüütat f. mit ihm9 =* seine macht und herrschaft ist gebrochen, seine herrlichkeit dahin.

aebach, aebich m. ("-) = eppich, epheu hedera helix

ags. iGg, engl, ivy, ahd. ebah, ebeheue, urspr. s= eibe, taxus Schwenk erklärt dies daher, weil beiden das unverwelkliche grün gemeinsam sei, und da die tanne dieselbe art hat, so weist er treffend beim lät. abies auf das hebr. 3K (eb = das grüne) hin vergleiche auch eibisch = ybscha. Bemerkens werth ist, dafs auch die immergrüne petersilie apium heilst.' Dafs wir für die grundbedeutung nach dem Orient hingewiesen werden, kann nicht auffallen. Die quellen der kultur liegen in Hochasien, woher auch die semit dialekte gekommen sind. Was die end- silbe ach betrifft, vgl. haimach halm (bei Berthold v. Chiemsee im 16. sec.

abetüürlach, abbadü.ürlcb (*«-«, oder auch ü^-w) von abenteuer, und dieses von avanture, avanturier (cf. avenir = zukonft cf. lat. evenire, eventus = erfolg) = auf «gut glück w ausgehen, die Zukunft herausfordern, waghalserei treiben

gegensatz dessen, was nach allgemeiner Ordnung und sitte ge- schieht — cf. span. aventurare sa riskieren, [vgl. Ben. -Müller wb. s. aventiure. d. red.]

abar, abr (w^) —7 adv. 1) adversativ «we keis abr war» ss wenn die sache keinen gegensatz, keine Schattenseite, keine einwendungen hätte nun. aposiopäse, dann wäre es gut dgl. daher: 2) elliptisch ein wort zur warnung: «abr! was dinksch o!» auch, zumal gegen kinder, in halbscherzendem tone, verdoppelt (das entere mit gehobener, das letztere mit ge- senkter stimme) «abr! abr!» etwa auch mit dem heisa tz: «was wird dr vatr säga!» vgl. das isländ. efi, welches einen zweifei bedeutet von ef . =s wenn engl, if (griech. et) und cf. das schwäbische bei v. Schmidt. 3) Eben daher versichernd =

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wirklich! wohl! «liest 's abr o rächt gmacht?» hinzuzuden- ken: gemacht hast du es allerdings $ aber wie? wirklich gut? 4) Erneuerung, Wiederholung indem das neue einen ge- gensatz zum alten bildet, der gegensatz des vergangenen aber das gegenwärtige ist: «bisch abr da? = wieder, schon wieder, denuo der ton liegt auf abr.

Daher nun: abrmals = wiederholt, neuerdings, aberei- nisch (-w--) = schon wieder.

Acht undaberacht = erste und zweite acht (=bann, ver- fehmung). So häufig im mhd. Die älteren formen des Wortes sind: goth. afar, aftra = nach; isl aptur; cf. griech cnkag, ahd. avar, avur (vgl. «fern), dän. atter ■« wiederum, [vgl. Grimm 's d. wb. s. v. d. red.]

abar, aabr (-^), auch seber, tyrol. aeper, fränk. aefer gewöhnlich in der impersonalen form «'s isch abr-*» 's wird afa hQb8chli abr« «'s git afa n' aberi blsetzli» und so das verb. «'s aberat» (- ^ ^) = es wird abr = der schnee geht ab, verschwindet, der wiesboden tritt zu tage, das grün erscheint. Im Gadmenthale sagen sie: «'s hut eusg' äberat = der schnee ist ganz gewichen, der frühling ist da.

Abgeleitet wird der ausdruck verschieden: von dem iat. apricus (= an der sonne gelegen, sonnig), gleich apar (Graff I, 99). Allein, 1) fehlt in abar der auslaut des Stammes ic es wäre zu erwarten aberich; 2) ist der begriff von abar weiter als der von apricus bei weitem nicht alle abern stellen sind loca aprica, sonst kämen ja die «schattenhalbJLeute» nie aus dem schnee.

Eher liefse sich an das schon oben behandelte aber in sei- ner bedeutung von «wiederum, neuerdings*» denken, wie denn anch im plattdeutschen «aber» (sed, auteni) geschrieben und gesprochen wird, «seber, äbr», und aeber schon im mhd. vorkömmt (8. Hahn, Übungen zur mhd. gramm. Frankf. 1843), vgl. aefern = iterare indem das leben und des lebens frische wiederkehrt. Nur spricht dawider: i) die betonung, welche verschieden ist bei beiden aber, 2) die neutrale und Impersonale bedeutung, welche in unserm aaber liegt, während das entere mehr aktiven Cha- rakter hat.

Man könnte auch geneigt sein, an das keltische aber zu denken, = mündung, und zwar da, wo ein flufs den andern aufnimmt und verschlingt (s. Mone urgesch. I.) Daher wol auch

proben eines heroischen idiotikons etc. 443

der name des seh w eins, besonders Wildschweins, und des ba- ren — cf. das lat. aper (griech. xangog wogegen lat. caper = bock), das deutsche eber, Schweiz. Aber ef. lat. aperio = öffnen. So auch öffnet und verschliefst sich die erde mit ihren kräften, wenn die Schneedecke schmilzt. Allein diese erklärung ist zu künstlich. Am naturgemäfsesten bleibt es, den ausdruck auf ab (= weg) zurückzuführen, mit der männl. bildungssilbe er, vgl. locker, wacker, tapfer dgl. Bemerkenswert!! ist, dafs im schwäbischen (s. v. Schmidt) aber auch «leer, entleert; nüchtern; stille», und die ebere = stelle am ufer, wo das wasser ruhig ist», bedeutet; vgl. aba = unten, im gegensatz von auf, empor (empören, toben) und wenn der geldbeutel leer geworden, ist das geld aba = auf den grund gekommen, wie ein niedergebrann- tes feuer. [vgl. Grimm's d. wb. u. B.-M. wb. s. v. aber. d. re|d.] abbraechcha, die (---) = lichtputzer, von brechen, ab- brechen.

abhi im oberl. (s. oben) = hinab, hinunter, abfach, abbruch, abbrich (-^) im oberl. = die voll- gesponnene spindel oder ein voller «spuela» nach Sam. Schmid glomus textorius von abbrechen? weil, wenn die spindel voll aufgewunden ist, der faden abgebrochen (abbrächa) werden mtifs.

achcha (-^) = klage ausdrücken, «wehbern» nicht ganz so stark wie wimmern, sondern nur abgebrochen, in einzelnen lauten die schmerzensempfindung zu erkennen geben von ach, wie aechsen (ächzen), welches aber frequentativ und diminutiv ist daher e n' achchi = einer, der gleich klagt.

achchar, achr ("") = ein Saatfeld «cd1 Sehr standa schön» = die saaten stehen schön 2) in der gegend von Bern: ein kleines uneingefriedetes stück land (von wenigen jacharten). Davon: 1) z' achr fahra = pflügen;

2) achcheriera = id.;

3) e n* achrzug = ein zug pferde für einen pflüg;

4) chornachr (kornacker) = das in ähren stehende feld;

5) achrland = land, welches angesäet ist, im gegensatz zu pflanzland dgl.

Abstammung: das lat. ager (von ago), gr. ayQog (gleich- falls von <fyo>), goth. akrs, ahd. akhar, accar, achir, ahd. akr u. s. f. (s. Schwenk, Diefenb. u. a.). Sinn: ort, wo man (den pflüg) treibt, [skr. äjra m. (vedisch) fläche, flur, gefilde. d. red.]

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achcheram, achram, acherum, auch achcherand im oberl. auch acher ig s reife buchnüsse, seltner eichein «i ds acharam gah» = in den wald gehen, am a. zu sammeln, aar sam- melzeit, wo die sache im grofsen getrieben wird 5 vgl. i d' firn gah.

Davon: acheranda (in Gadmen) = acherand sammeln, auf- lesen. Aas den bachnussen wird oel gepreist.

Die oberl. sagen gew. aeheram and acherand; die form ache- rum findet sich bei 8. Schmid und in der bern. gesetzsammlung 1822. bd. I. 8. 148. Die buchnufs heifst ags. seeern, acer, secorn, engl, acorn, dän. agern, goth. akran = frucht. cf. axvlog = eichel (1 und r sind verwandt). Die endang am and and (oder um) ist unmittelbar aus dem gothischen an (akran) entstanden. Die form acherig (bei Diefenbach) scheint unfichk

ach 18 im Oberlande und Simmenthai = sauer gemachte schotte, milch-essig, ein hauptingrediens bei der kfisebereitung von lat. acidum = scharf, sauer cf. goth. akeit, akeits = easig, acetum,. griech. 6£os (von 6%vg).

ach s, die alte, form ackes (Grimm) mhd. aks vom lat. lat. a&is und ascia (per metathesin).

1) die achse am wagen daher «sich a d' achs gäh» = sich preis geben, blosstellen wie ein rad, einmal an der adhsc, sich bewegen mufs, so gebunden sein und sich binden lassen.

2) die axt = schweres bei) mit breiter kappe (köpf) zum schlagen auf scheidweggen oder aber zum spalten harter klotze. Daher: m' mues mit dr achs drhindr ss es ist gröfsere gewalt- anwendung nöthig.

aecht, aechter, sechtertss vielleicht, etwa, wol, wirklich

cf. av «tisch 'r ficht gstorba?» = ist er vielleicht gestorben?

«het er's ficht öppa vergfissa? ss hat er's vielleicht etwa ver- gessen? — «wird's ficht guet cho? ss wird es wol gut kommen?

«acht?» =b wirklich? wird's dem also sein? mhd. icht woher ichts, nichts.

achta («*) ss achten.

1) sehen, schauen, aufmerken im Simmenthai und Oberl. «acht9 doch!» ss gugg doch ss sieh doch! «acht di, ob n' gsejisch» ss merk auf, ob . . . «best di näüt g'aehtat, isch 'r dura?» ss hast du nicht bemerkt, ob er vorbeigegangen ist?

2) sich nach etwas umsehen im oberl «V hed nah mmo g'aehtat» as er hat sich nach ihm umgesehen.

3) wahrnehmen, interesse nehmen, vorsorgend auf jemanden

proben eines bernischen idiotikons etc. 445

seine äugen richten «V achtet si synera nüüt = er achtet sich sich seiner nicht, ist gleichgültig gegen ihn aacht mr e chly da zur sach!»

4) meinen, glauben, dafürhalten «was achtisch du?» = was urtheilst da davon? Daher weiter:

a) die acht ahd. ahta, mhd. aht = nachdenken.

a) das schauen, bemerken «gib acht» s pafs auf! nnd nimm dich in acht! z. b. dem schätzen sagt man «gib acht», da- mit er des zieles nicht fehlt, dagegen dem schutzenzeiger, damit er nicht geschossen werde. «Gib acht uf a bnebM = lab. den knaben* nicht] aus den äugen, damit er ja nicht schaden nimmt.

ß) in die acht erklären » flehten s. XII. sec. sehten = verfolgen s machen, dafs man auf ihn achtet

y) anbück, augenschein «dr acht nah isch dies grölüir als jenes».

9) art und weise «in dir acht chöots dr gfalla».

e) in dr acht m ungefilhr «du hesch's in dr acht troffa» «'s wfirda n1 in dr acht söval sy» == es werden etwa so viele sein.

b) obacht = id. «obacht hah» = aufsieht haben, auf- passen «hesch dr's nid i n' obacht gnoh?» = nicht gemerkt? .»nimm di i n' obacht, dafs d' nid aschtefsisch» = hüte dich, dafs du nicht anstöfsest.

c) ach-tig =a achtung «d" chind i dr schuel müessa V achtig g&h, we si öppis wei lehra.

d) achtbr s= 1) wer achtung verdient, 2) wer aufmerkt, so sagt man von einem wiegenkinde, welches seine äugen auf alles richtet* somit den erwachenden geist verräth.

Das wort «achten» hiefs ahd. ahtön, nord. akta, ags. ehtjan = achten, meinen, denken, glauben, urtheilen. Die würze! ist ah nnd ag vgl. goth. ahjan = denken, aha und ahma = geist

skr. ak = merken (Graff 1, 105). Von achten kömmt nicht

nur verachten dgl, sondern auch trachten, drackta =s dr (es dar, wie auf) achten*).

achti, das = die acht als Ziffer, ala zahl und Zeitbestim- mung — «wie mängs schaf hesch im stal? achti» «wie spat

*) trachten ist doch wohl kaum von traetare za trennen, doch kannte der damit verbundene genitiv im ahd. fttr obige ansieht spre- chen, auch tragen, tracht, trlehtlg sind so berücksichtigen d. red.

446 Zyro

isch es und- achti». In ordinaler oder adjectivischer form dage- gen: acht «si hei acht chindr am läba» «dr wie vielst bisch d' i der schnei? dr acht» Davon:

1) e n' achtr a) ein im j. 1808 geborner, b) dr achtr rs wein, welcher acht batzen die mafs kostet.

2) *8 achtrli = kleines hohlmaafs, der achte theil eines sogenannten määfses, welches 4 imi und 16 sechszächnerli ent- hält. Das achtrli heifst wol auch: chlys imi, im gegensatz des «grofsen», welches das eigentliche ist.

3) achtisch, achts't, der, die, das = achte wie «er- stischM im XII. sec. «an dem actoden tag» (s. Roth 1839).

sechzga (^) = ächzen so auch in Schwaben, vergl. stiüfzga, blizga, schluchzga, d' läfzga, naizga, schmazga, d' sisefzga. Die hervorhebung der gaumiaute liegt überhaupt im berner und schweizercharakter ein zeichen gewisser energie Verstär- kung der endsilben sen und zen.

adelgras, das «= alpwägerich, Linn. plantago alpina nebst der «mutterna» für das «fürnämste», milchreichste alpen- kraut gehalten, daher beide immer zusammen genannt werden. Vgl. auch Morgenblatt 1849. jan. no. 2 ff. (aus den alpen).

Der au8druck erinnert an Wortbildungen, wie sie sich im XII. u. X11I. sec. finden, z. b. adelwip, adelkint = rechtmäfsiges weib, kind dgl., also = acht, gut, s. deutsche pred. des XIIL jahrh. v. D. Leyser (1838).

afah (--) = anfangen, s. fah. Davon: afang =s der anfang.

afanga (--^) afa (^w) zürcherisch afenig ( )

offenbar von «anfangen».

1) wenigstens: «emel afe n' i bi nid drby gsj» = vorab- wenigstens ich war nicht dabei; «das isch afa gloga und ds an- dera isch nid wahr». Sinn: um mit dem anzufangen, so ist es gelogen;

2) bereits, schon: «s isch afa wyt cho mit ihm, das V... = es ist bereits weit mit ihm gekommen, dafs er.... «afe darin het 'r gföhlt, das V... « bereits darin hat er gefehlt «das geit afe schön!»

3) wirklich ton der Verwunderung «das isch mr afe n' eina!» «das isch afe'g'loga!» (in anderm sinn und ton als sab 1.);

4) noch «m1 wird's afa muefsa mit galt 'rchouffa» so weit ist es bereits gekommen oder wird noch kommen;

proben eines bernischen idiotikons etc. 447

5) erst «afe n' einiscb ba nV gseh» = erst einmal babe ich ihn gesehen NB. das doppelte n ist elliptisch = ha n'ig n' gseh das erste n ist efelkystisch, das zweite = ihn.

aefera (-«<*) = neu machen, säubern, putzen, verbessern z. b. das land, eine wiese, vgl. Luther in proy. 7, 19 «wer eine sache äfert (STOti), macht forsten nneins aas wer eine sache neu aufgreift.

Man sagt auch ersefern nicht ereifern, wie Pischon in Luthers bibelübers. Berlin 1844. Auch liest man in Sal. Hefs schrift: Anna Reichard, gattin Zwingli's (aufl. II. s. 212.) ««Luther wideräferte immer» (zu Marburg) man könnte da an «widerbelfern» zu denken sich versucht finden, allein es bedeu- tet einfach: er griff die dinge immer wieder an, man kam an kein ende mit ihm.

In Schwaben: aeffern = wiederholen was an äffe er- innert = der wiederholende, nachahmende wenn dieses wort nicht etwa von af = ab kömmt, = thier mit herabgedrückter nase, wie lat. simia von griech. oip6g.

Der stamm ist afer, aver = wieder, von neuem aber

von and = denuo, ab iniüo. So im XIII. sec. swen er die sunte denne aver avert, so vergizzet er sie selbes = erneuert, wiederum begeht. [Vgl. noch Ben. -Müll. wb. s. v. avere, fivere u. Graf? I. 180. s. v. avaron, avarjan. d. red.]

Afi in Gadmen = Afra, weibl. taufnamen.

agla, agne (oder agne?) oberl. = die grannen der ähren; die kleinen dingelreste im gespinnst, gleich nadeln; die einzelnen gräte des iisehes cf. schwäb. achel, ageln, aege = der spitzige abfall vom flachs dgl., vgl. lat. aculeus. So in Schlesien die annen, welches aus agnen entstanden ist, s. oben I. p. 354 u. a. Die wurzel ist ag, griech. an (axQog) s= das aufwärtsstrebende, zugespitzte.

ägrsta, die ägrtscha, agerisch, ägatschi, agalsti, (~wo) schwäb. agelstür, schles. aglaster, alaster, ahd. agelasta im canton Bern auch atzel vgl. agaza, agace (frz.) a eist er

im XV. sec. haetz, hetze im Simmenthai heifst die krähe agrissa.

Davon: das agerstenouwg == dornwarze an den Füfsen ss hühneraug, krähenaug, plattd. kraien-og.

Woher nun diese ausdrücke? agalsti hat man von gal (ss singen) herleiten wollen ss die nichtsingende (!!); agelstür hat

448 Zyro

von Schmidt aos agel (= spitze) und stür (= schwänz, cf. plattd steer) erklärt auf agel könnte agerstenaug hinweisen, weil es wie ein dorn sticht, und vielleicht gehört dieser ausdruck dahin

er gleicht einem hfihnerauge, und sticht doch scheint nicht das stechen der grnndgedanke zu sein, sondern die äuJüsere ge- stalt, daher bald das äuge eines huhns, bald einer krähe u. s. f. den namen giebt. Und warum bei der elster an etwas spitziges, was sie von andern vögeln unterschiede, zu denken wäre, ist nicht abzusehen. Vielmehr sind alle diese namen lauter natur- laute (orofiaronoiovpefa), welche wir für nichts anders als für verschiedene darstellungen der auffassung des geschreis dieser vö- gel zu halten haben das bezeichnendste schiene mir agerisch oder aegertscha, was dann in eine mehr onomatische form agerste gebracht wurde, r ist entsprechender als 1, denn der ton ist ein «ratschender».

Agrten, ägerta ehemals auch: egerdon . ortsbezeich- nungen wie rfiti, äbnit dgl. im Simmenthai und Seeland = ausgereuteter boden, auch fester wiesengrund nach Sam. Schmid: unfruchtbarer, unangebauter boden. Woher das wort? ob vom lat. ager? die Umwandlung des waldbodens, oder straneh- landes in wiesenland liebe fast darauf schliefsen nori liquet.

aha (^^) bäur. sc hinab oberl. ahi, aus abhi (abbin)

schwäb. ache.

seina (sei), sein!, seh = 1) jener, jene, jenes per meta- thesin, wie OaQcrog und ÖQaaog dgl. , also nicht zu verwechseln mit eina, eini, eis; 2) der andere, nachfolgende (cf. alter, se* guundus) «'r wot de äi tag hochzyt hah» = den nachfolgen- den, nämlich samstag, nicht (wie gewöhnlich) freitag;

gen. seissa, scinera (aeira), seissa (aeinessa) . dat. «im, aeira, seim z. b. ds mfissr isch äifsa = dieses messer ist jenes (seil, besitz- thum) gehört jenem «i ha's äim ggäh' = ich bab es jenem (dort) gegeben (deiktisch). [Vgl. Grimm gramm. I. 797. d. red.]

aehka (-) =

1) einem anliegen, anhalten, mit unablässigen bitten ihm zu- setzen (fatigare precibus), in den obren liegen wie etwa kin- der oder auch weiber thun;

2) zanken (in milderer form), tadeln, rügen «t'r het geng öppis z'ähka;

3) im. oberh. ängstigen, plagen (vesare). Davon:

proben eines bernischen Idiotikons etc. 449

a) e n' aehki = einer welcher immer etwas zu betein oder zu rügen bat fem. aehka;

b) 's g'aehk, e n' aehketa = die bestimmte handlang in casu, der zeitlich begränzte Inbegriff dieser äufserungs weise,

a?cka, der (w) = nacken auch in Schwaben vgl. «/x^, ayxalq (anke, wovon naken nur die meiathesis ist)*) = ei- lenbogen, arm mit dem grandbegriff «biegung; gelenk.» . Daher: dr chnöuwaeka =s die concavität im kniegelenk (ge- gensatz der kniescheibe), so wie der nacken eine concavität zwi- schen hinterhaopt und achsel bildet, cf. dyxog = schlacht.

akta, irrig auch akka, die ("") = bedeckter kleiner ab- zugsgraben in feld and wiese dgl.9 um das sickernde wasser zu sammeln und abzuleiten; oder unter strafsen durch:

Davon: 1) das aktenkraut = sambucus ebulus; 2) die ausacktung (einer länderei, eines wiesengebiets) nicht «aus- ackung.» Das wort kömmt nicht, wie man etwa gemeint hat (in den bern. blättern für landwirthschaft, 1850. juni) unmittel- bar von aquae, so dafs es zu schreiben sei acken denn aquae b edeutet wasserquellen (und bäder), nicht Wasserleitung ; son dem von aquaeductus, abgekürzt = aqdct (akte). So hat auch Sam. Schmid (vor 100 jähren) geschrieben, und richtig.

ael, der = aal vom lat. anguilla, griech. iy%*kvg da ist der gaumiaut ausgefallen wie in aeka (dyxtj).

alag (--) = die anläge = teil, gemeindesteuer von an- legen (imponere, auflegen an = auf cf. credere in deum = an gott glauben).

alsessig (--^) = anlässig, d. h. wer sich gern anläfst, aber in bes. sinne: eine (junge) weibsperson, welche anlafs sucht, nm männer zu kirren und anzulocken, durch necken, schäckern, reizen, scherzen dgl.; somit sich auf eine unanständige weise den männern nähert, sich herbeiläfst (an = nahe). Es liegt darin der begriff falscher passivität, wie in «hilssssig» (hinlässig = nach- nachlässig).

- aalbock, der (--), ein fisch = balche, Linn. salmo lavarc- tug vor alters, bevor der wilde bergstrom Kander mit ihrem rauhen gletscherwasser in den Thunersee sich ergofs, häufig in diesem see und in der Aare zu Unterseen ; die fangzeit war eine art Volksfest. Im Seeland heifst er Faerat (-^).

*) anders Grimm d. wb. s. v. anke. d. red.

IL 5. 29

450

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»lb, ad}. » falb, hellbraun, besonders fibhch vom nagcfirfc- ten (bes. dem heilern) wolltuch und vom halblein, wie ihn to- tere bauenlente etwa selbst verfertigen, au manne- und wobt kleidung. Die««U«clMata»(»dk*diteabatt«fm,iingegffisaU dar herreo und Ulhhenren, der «angaben»'.) sind seit 1849-5« im kanton Bern bktariseb geworden, indem die Aristokraten nad conservativen dgl., welche im mai 1850 die oberhand gewannen, sieb besonders auf die «älben kotten» stutzten und diese gjekh- sam ab landesprincip aufteilten, im gegensaU der radikalen mit ihrem « herrsche ü gen Schreibervolke aller art», ab desa fremdes und feindlichen prindp so dafe manche conservative oder aristokratische «herren- anfingen Albe chatten (peletots dgL) w tragen! Von »Ib kömmt:

1) elbsch a was dem selben nahe verwandt ist, ähnelt, ähnlich siebt;

2) d'elbi das selbsein, die elbe färbe;

3) 's selbst bekommt die elbe färbe, s. das karafeld. Das wort kömmt entweder von albus (weiss) oder von hel-

vos, wovon einige den nameo Beiveti ableiten wollen, während freilich andere dasselbe von belu (kalt jagen) ableiten bd vns, heluir, belynr «= Jäger (s. das interessanteste der Schweiz, Leipz. 1777. bd. L s. 32). [Vgl. Grimm'« d. wb. a. v. alb. d. red.)

alba, albets (-v), auch alm\ almets » ehemals, einsi « db' het m' no ch&nna drby sy M ehemals war noch zu leben.

Davon: albe n* einisch, albets einisch = bisweilen, zu zeiten (aliquando).

Albe gemahnt an alibi, welches zwar ortshedentnng hat. aber man weife, wie ubi, und da, wo, eben so gut von der zeit gebraucht werden. Alme könnte zu albe in demselben verhält- nib stehen wie das tyrolbche alm zu alp. Oder bat man bei ahn1 an das lat olim (cf. hehr, olam) zu denken?

aichamatte wiese, welche weder gedüngt noch ge- pflögt wird, wo nur gröbere grasarten wachsen, und nur eine ernte des jähre* statt findet. Diese alehenmaUen liegen nahe hei Thierachern und Hfitendorf (bei Tbun), auf dem grnnd und boden, wo ehemals die Ränder ihren breiten weg nach der Aare nahm, es ist daheran geschwemmtes lano\ oder «grienbodem» das Kander- grien geheifsen, wo wald wächst. Aicha webt auf das lat aiga (wassergras) hin bt aber nicht mit «tischen» zu verwechseln

alenzig ("-") a fast wie e gesprochen ss=

proben eines hermachen idiotikons etc. 451

1) ohne gesellsehjaft, einsam;

2) ohne fremde hülfe z. k ein geschäft verbringen, den weg finden dgl.

In Gadmen sagen sie: alsengga, elsengga. alessa, im eberl. auch alesma (-w^) =3 die ahle, ein stechwerkzeag der schuster ahd. alansr, boil. aelsena, frans. alesneT span. alesna, ital. lesina [unverwandt mit lat. acuta», vgl. Grimma wb. s. v. ahle. d. red.]

sehli, das » 1) dkn. von a?b, substantivisch gebraaeht «gib 's «hü! = mach ihm srh (art kufs, vid. oben); 2) die ähren, schwäb. aber viell. contr. ans ashreli (von ar) jedenfalls dim. oder ist die würz- seh, aech, «c? cf. acus, aculeus, dxQ&g, cf. lat. spiea (ähre), coli, spicare, spiculum, spitze, vgl. hebr. ^ft«. all' oder alla = ganz «V isch alla bnsehpera» = ganz monter V het dr cbabk alla ggftssa» es nichts übrig gelassen «das g8chöpf het my ma all' vrderbt» «i bi all9 z'undaroba» ss ich bin ganz unwohl «das hat mr dr glast all 'gnoh» all9 wird hinter das dingwort gesetzt, wenn es besonders hervor- gehoben, somit betont werden soll, vergl. ptalm 19 von Veit Dieterich (XVI. sec.) «die haben dein tempel verderbt, und ihn verunreiht allen» = ganz.

Voran steht es z. b. «in allr ttabi het 'r ihm's gseit» ss ge- rade wie er im zorne war «da chunsch all pott cho höuscha» = du bist immer fort zum betteln da «alla tansig, alla plun- der» = allerlei zeug «in allem gab ha n' i ddinkt (oder tankt), i well etc., cf. frz. tont en allant j'ai pens6. ..

«alls in allam» z. b. het's zwfinzg züber (most) ggfth =s die verschiedenen theile zusammengerechnet.

Davon: 1) allrdinga = allerdings; 2) allergattig im oberl. ss aller art, schlechtes und gutes dgl.; 3) allethalba« überall; 4) ailiwyl im oberl. =* jederzeit, fortwährend.

alm, die gewöhnlicher alp = einkühberg, wo sennerei getrieben wird wo zu sommers zeit das hornvieh seine weide findet. Daher der oberl. famiiienname: von Almen, wie von Bergen dgL wobei das «von» nichts adeliges bezeichnet, cf. von Rüti.

Ob ahn vom lat» almus (=* erhaben) und alp vom lat. albus (alpes) kömmt? [Vgl. Grimm's d. wb. s. v. albe f. d. red.]

almi, almit die (-w) oberl. = alraaent (*-) =*= all- meiade, allgemeinheit, d. h. das der gemeinde (burgerschaft eines

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orte) zugehörige wiesland, welches ehemals (vor noch kaum 30 jähren) durch das vieh, das jeder «burger» (a= corporations- glied) trieb, genutzet, d. h. abgeweidet, in neuerer zeit aber meist zu pflanzplätzen eiogetheilt und aufgebrochen, hie und da sogar ganz aufgetheilt worden ist Die allmenden waren ehemals die gewöhnlichen troll- oder musterplätze der landwehrmilizen. Vor allen bekannt ist die Thun-allmänd, wo die eidgenossensehail ihre artillerieschule und bisweilen ihre lager hält.

almuesa, das = almosen so schon im Passionale: almu- sen vom griech. iXsepoovyTj (barmherzigkeit).

1) überhaupt armenspende «vom almuesa läba» = auf ko- sten des armenseckels;

2) insbes. die freiwillige spende, welche auf den strafsen oder an den hausthüren erbettelt wird «z'almoesa höuwscha» = um almosen bitten; dem betel nachgehen «dem heiligen a. nahgah».

Davon: dr almuesnar s= spendvogt, armenvogt, welcher die armen8teaern « ausrichtet ».

alp, die = ahn = weideberg im oberi. dim. alpetli ein uraltes wort, s. v. Schmidt. Davon:

1) alpa = die köhe auf dem berge warten «wo alpat 'r hüür» = auf welchem berge wirtschaftet er diesen sommer mit seinem vieh?

2) «'s älpelat hia» a) man sieht, dafs man sich hier auf einer alpe befindet, b) es gemahnt einen hier an eine alp, es sieht einer alp ähnlich wie das ehemals (!) mit der berühmten Engepromenade bei Bern der fall war, wo im sommer die kuhe mit ihren glocken behangen weideten;

3) dr aelplar, d' selplra, dr aelplerbueb = der senn, die sennerin, der hirtenknabe;

4) alphorn, alphütte, alpwseg dgl.

alle, adv. von all ar ganz «mr wei afa n' alls gmach gah» = wir wollen uns ganz langsam vorwärts bewegen, gleich- sam den zug eröffnen (anfangen). So schon im XII. sec

Oder wird richtiger als geschrieben und gleich dem griech. mg ss so gefafst? z. b. in den fabeln der minnesänger lesen wir: «der froez sprach: got her, was sol ich dir darumbe danken, das du mir hast ein als swachen üb gegeben = einen so geringen leib, wie ich ihn wirklich habe. [Vgl. Ben. -Mull. wb. 20 b und Grimm d. wb. s. v. als. d. red.]

proben eines bernischen Idiotikons etc. 453

allza ss alles im oberl. V hetfs allza uf a waga glada« w'r möcht doch de o gar allza» ob z, wie im mhd.: häu- fig, einfach = s oder sz, folglich ss alles, zu nehmen sei, wobei der stumpfe aaslaat a (oder e) als paragogisch anzusehen wäre? oder aber za eine contraction und abkürzung von zsa = «zusam- men» sei? Das erstere hat mehr Wahrscheinlichkeit für sich; denn mir wenigstens fällt keine analogie von za als so bedeutende ab- kürzung bei. Im XIII. sec. findet sich alz an, welches Leyser (1838) für allez ane (= so eben) erklärt: «Disiv wort div alzan in der latin gesprochen sint, div sprichet der gut S. paulus» also entweder pluralform, oder aber adverbialpartikel, welche al- lerdings auf die unmittelbar vorausgehende lateinische schriftstelle zu beziehen wäre. Dann mflfste alzan = «alls an» sein, und an as «nahe» verstanden werden. Gewifs ist, dafs der ansdruck allis an im XIV. sec. vorkömmt » jetzt, in gegenwärtiger zeit z. b. «wane die werlt newas nie so böse noch so krank noch so valseh noch so ungetruwe als allis an ist» = gerade jetzt. an = in, seil, dieser zeit. So in einer andern predigt dessel- ben Jahrhunderts: «die aks ist allis an gcsazt an die wurzele des boumis = gerade jetzt, daher wirklich, griech. ydtj (Matth. 3, 10). Möglich, dafs jenes alzan ss allis an ist, obgleich zwischen beiden ausdrücken etwelcher sinnunterschied sich findet, etwa wie zwischen modo und jam. [Vgl. B.- Müll, wb. 38. a. d. red.] alt emmenth. auwt adj. u. adv. Gegensatz von: jung und neu. Davon:

1) dr alt, ahlt = vater, hausvater die alti = mutter, frau, haasfrau der Oberländer bedient sich dieses ausdrucks nur, wenn er die schuldige achtung hintansetzt, oder in sehr trauli- chem seherzen. Im Ober-Argau: dr eltr, eltisch;

2) alta, verb. neutr. = alt werden, an jähren zunehmen, seine physische kraft verlieren «mr alta!» = wir rücken dem alter zu (60 70 jähren) «'r altat starch» ss die zeichen des alters treten ein (graues haar dgl.). Davon: «die sach isch vr- a Hat» ss liegt so weit dahinten, dafs sie keine innere und äuisere bereehtigung in der gegenwart mehr hat; aus der tnode gekom- men dgl.;

3) d" aelti, elti = a) die lebenszeit (aetas) «du bisch i dr elti ungfär glych» (mit ihm, wie er) = du bist ungefähr gleich alt «'s chunt nid uf d' elti b) das greisenalter (senium, senectos) «d' elti würd dr no nüüt tue, we numa d& brästa

454 Zyro

nid wä» sein hohes alter würde ihm noch nichts

wenn nur dieses übel nicht wäre; oder: dem alter nach könnte er

noch recht wohl munter sein, aber dieses übel hindert ihn u. s. t;

4) aeitela, eltela (^ww) a reichen des heranrückenden greisenalters an sieh tragen, nicht mehr zu den rostigen «ad star- ken gebären- Daher: eltelig «= was nicht mehr jang, frisch, brauchbar ist z. b. brod, dem man anifihlt, dab es bald zun «alt- bachena»*) (altgebackenen, alten, dürren, angeniefsbaren) ge- hört — altbachen s längst gebacken« vor wochen;

5) ds alt jähr (--) sc sylvestertag, gegensatz dsaöuw- jahr &b der neujahretag. Daher: «altjahra» den leisten Jah- restag mit trank etc. feiern.

Was den Ursprung des Wortes alt betrifft, so könnte man geneigt sein, «mächst an das lat altns (hoch) zu denken $ allein, wie schon Schwenk (etymol. wb. der lat spr.) altns richtig von alo ableitet (es alitus), und dieses selbst mit dem griechu äldai*<o, in beziehung bringt vergleiche &U>, SXÖm so haben wir als grundbegrifi anzunehmen: erzeugen, nähren, ver- mehren, grofs machen somit alt = grob an kraft cf. ado>- lescens, adultus. Daher 1) grofs an jähren, 2) gegensatz von neu: derselbe, unverändert «bu bisch geng no dralt» = du hast dich nicht geändert (=» gebessert), nicht verändert (= physisch gleich stark, hübsch dgl.) «'s isch no im alta» *= die Sachlage hat sich noch nicht geändert, ist nicht besser gewor- den. [Vergl. Grimma d. wb. s. v. wo Verbreitung und abstam- mung ausführlich besprochen sind. d. red.]

am aufser der gewöhnlichen bedeutungsr im; besondere bei citation von bibelstellen, ». b. das sprüchwörtlich gewordene «'s isch Matei am letschta» es es rückt zum ende (mit eines le- ben, kraft dgl.) vgl. »zum letzten male». Im plattd. wird am häufig so gebraucht, e. Sackmanns pred. (1840).

ama, ame (""), abk. von ainem (einem), aim (eim), oft auch amana, amama, anema (~ww) z. b. «ama brava mah cha m' trouwa, amena Lngnar nia» = einem braven mann kann man trauen, einem lugner nie. ama, amma, scheint fast eine znsam- menziehung aus a n' ema, a n' ama (s. oben a) zu sein der auslaut a scheint sich wie o in «dero, ihro» zu verhalten. Er ist übrigens alt, so im XIL sec. zaime = zu einem, st. zaim.

*) oft gesprochen: halbbacha, hslpbacbs.

proben eines hermachen Idiotikons ele. 455

amal (--), das «= seichen am leibe, bes. im gesiebt, art narbe, bes. ein sogenanntes mnitermal (was das kind mit auf die weit bringt, das es als foetns durch eindrnck der mutter bekom- men hat, anthun, angebinde) von mal =* zeichen. [Vergl. Grimm's d. wb. s. v. anmal. d. red.]

ambeilar, der » ehemals ein beamteter, welcher jede ein- fuhr Ton fremdem weine zu beaufsichtigen, den fuhrbrief und Ursprungsschein zu prüfen und über die fracht nebst abgäbe eine controle zu fuhren hatte von beila? = marke, seichen < e in m verwandelt vor b, wie im griech. (labialattraction).

ambeissa, die (--^) = ametse dim. ambeissi, ambeisseli. Davon:

1) e n' ambeissira (das diminutive 1 und das iterative r) = ein ameisenhaufen cf. die eteinera, haerdöpflera etc.;

2) ambeissahaerd « erde von ameisenhaufen. [über Ver- breitung und Verwandtschaft des worts, vergi. Grimm's d. wb. 277*. d. red]

Zyro.

lieber die durch nasale erweiterten verbftJst&mme.

Ich schlofs meinen vorigen aufsatz (s. 398) mit der bemer- kung, dafs sich der enge zusammeahang zwischen nominal- und verbalthemen, die ein n im stamme zeigen, im gothischen deut- lich daran offenbare, dafs die von verbis abgeleiteten den parti- cipialablaut zeigen und dafs sich hieran anschliefsend dann auch eine feste, nämlich passivische bedeutung für diese form hervor- gebildet hat, von der nur fraihnan eine ausnähme mache. Diese ausnähme aber zeigt eben, dafs auch das gothische in alter zeit in dieser bildung noch keiner festen bedeutungsentwicklung folgte: fraihnan nämlich ist zwar mit skr. prach fragen gleicher wurzel, gehört aber unmittelbar zu dem nominalstamme praena die frage, welcher wie yajna opfer (w. yaj ay), vigna glänz, Schimmer (w. vich), svapna schlaf (w. svap, vn9 lat. sop, alts. svebh, altn. sof) ohne frage ein altes passivpartieipium derselben wurzel ist, aber durch das sich daneben stellende partieip prshla (vgl. yajna: ishta) offenbar auf die substantivische bedeutung beschränkt wor- den ist Somit verhält sich denn fraihnan in seiner entwicklung

456 Kuhn

aus skr. pracna gerade wie nmbrisch persni (vgl. &. 397) zu die- sem, oder wie lat. plenus zu plenunt. Mao könnte bei betrach- tung dieser analogien geneigt sein auch goth. fullnan voll wer- den mit den letztgenannten Wörtern sowie mit purna voll prnami ich fülle zusammenzuhalten, aber dagegen möchte einmal das doppelte 1 (nur einmal findet es sich mit einfachen Luc. 2. 21. cf. Gabel. -Loebe) und dann die passivische bedeutung sprechen; fullnan scheint mir ein erst auf der stufe der gothischen bedeu- tungs- und formen twicklung stehendes wort, welches aus falls wie andere aus adjectiven gebildeten verbalstämme gleicher endung hervorgegangen ist (z. b. veihnan aus veihs) ; f uils aber entspricht genau dem skr. pürna-s, indem das r sich im gothischen zu 1 gewandelt und diesem sich das folgende n assimilirt hat. Den- selben lautwechsel zeigt goth. vnlla (ahd. wolla) im verhältnifs zu skr. üniä id., nur dafs hier in das ü der wurzel noch der anlautende halbvocal v (von w. vr bedecken) mit aufgegangen ist. Wäre nun aber fullnan unmittelbar aus dem alten paiüci- pium fulls für fulns bereits in alter zeit entsprungen und nicht erst eine echt gothische bildung, so würde es unzweifelhaft überall nur mit einem 1 geschrieben werden, also fulnan lauten; demnach glaube ich, dafs es auch abgesehen von der passiv, bedeutung, nicht unmittelbar mit prnami und -plenunt zusammengestellt wer- den darf. Somit bleibt nur fraihnan eine abweichung in jenen gothischen bildungen auf nan, aber wie wir sahen betraf diese abweichung mehr den begriff als die form, denn 6kr. pracna konnte ebensowohl als altes participium angesehen werden, so- mit sprechen diese gothischen bildungen, wenn wir die frage nach dem. Ursprung dieser nasalen erweiterungen untersuchen, ent- schieden für die Verwandtschaft derselben mit nominalbildungen aqf n; die transitiven stamme unter ihnen sind offenbar durch die allmählig überwiegenden passiv- und reflexivbildungen ver- drängt worden, und sind theils in ablautende verba, theils ia solche der zweiten conjugation übergetreten.

Von diesem übertritt lassen sich einige beispiele nachweisen; so steht namenttich gegenüber dem skr. stmami cl. 9*und strnomi cl. 5. gr. aroQrvfAi, lat. sterno, das goth. straujan, welches in die zweite conjugation übergetreten ist. Dies verbum ist übri- gens durchaus nicht mit arQcovw^ der nebenform von ütoqw/u, zusammenzustellen, da in 0T£a>Wt//u, so viel ich sehe, das a> aus altem ä hervorgegangen ist, wie mir strä-yi, strä-men, argiSfia

über die durch nasale erweiterten verbalstimme. 457

n. 8. w. beweisen; die länge des vocate sowohl im griechischen als lateinischen ist wohl dadurch hervorgerufen, dafs derselbe durch die metathesis des q in den wurzelauslaut kam.

Anders fafst Jac. Grimm in seiner abhandlung über diph. s. 31. die länge in dem eben betrachteten worte, welcher das a durch ausfall eines g zu erklären scheint, so dafs stramen aus stragmen herzuleiten und wie fragmen aus frango aus einer mit g auslautenden wurzel, die noch in strages enthalten ist, stamme. Aber strages selber hat schon langes ä und wenn sich auch wur- zelverwandtschaft zwischen demselben und sterno nicht längnen läfst, so ist doch die wurzel desselben als eine selbstständige zu fassen ; sie erscheint im skr. in der gestalt von sraj und srj emit- tere, effundere, jaculari u. s*. w. und hat wie dies mehrfach im sanskrit sich zeigt, ein zwischen s und r stehendes t verloren, worüber ich in der fortsetzung meiner abhandlung über die das alte s begleitenden lauterscheinungen weiter sprechen werde. Diese lauterscheinung veranlaßt mich auch das von Grimm a. a. o. s. 30 zu straujan gestellte ahd. straum, stroum, nhd. ström zu skr. sru (mit gleicher Verstümmelung des anlauts) fliefcen, strö- men zu stellen, dem das griech. $evpa (vgl. homan trankspende = get^a) m^ nocn stärkerer Verstümmelung im anlaute zur seite tritt. Der Übergang in der bedeutung des ahd. Wortes zu rudern erklärt sich dann aus dem auch den dichtem noch jetzt gebräuch- lichen bilde, welchem der sich durch das land ziehende ström oder Hufs als faden gilt, wie z. b. skr. sira' f. (von w. si binden) in den Veden ström, flufs, im gr. dagegen in aeigij band, strick, kette bedeutet, vergl. R. 6. 20. 13: roör apäh sirä' na sravantih du liefsest rinnen die wasser (d.i. die wölken) wie strömende flösse (bänder). Grimm sagt ferner, a. a. o-, dafs auch lat. strango (strangulo) stringo (auch cjQayyco mit seinen ableitungen) an diese wurzel stra anrühren könnte, ebenso wie unser sträng fu- nis und strecken, ahd. strechan tendere, sternere; doch auch diese gehören zu der wurzel sraj, srj wie sraj das blumengewinde, kränz zeigt; auch das im anlaut gerade wie Qevpa verstummelte rajju strick entstammt mit unserm strick derselben wurzel.

Kehren wir nun zu atQcipwfH zurück, und halten fest, dafs w der gewöhnliche Vertreter von ä ist, wie dies in strä-vi u. s. w. auftritt, so scheint das doppelte v in diesem worte unorganisch zu stehen, da es sich nicht durch assimilation aus einem <x wie in vielen verwandten verbis erklären läfct, denn sämmtlichc bil-

458 Kuhn

dangen und ableitungen erscheinen ohne dasselbe wie eaipur«, icrQmfUPog u. s. w. zeigen. Ein gleiches sahen wir bei ftVtpi, nor dal* dort auch bereits in den Handschriften schwanken ra- schen einfachem und doppeltem * antrat. Genug also <fi#ö k die wnrzelform dieses verbal thema's, wie im lateinischem »tri und somit können beide nicht unmittelbar in goth. straujan tm dem wir ausgingen, gestellt werden, straojan aber gehört mit dem bereits von Grimm a. a. o. s. 90 beigebrachten strana oder straba, welches uns Jornandes und der schol. so Stat. Theb. aai bewahrt haben, zusammen; es scheint, dafs es davon ein dens- minatir sei, wenn wir die allgemeinere bedeutung «streu» nv strana statt der specidleren , wonach es eine anüschiittung auf dem todtenhögeJ bezeichnet, annehmen dürfen. Eine andere er klirung, wonach straujan fast wie strno, wovon strues nahe an strana anrührt, gebildet wäre, scheint mir weniger wahrschein- lich; in diesem falle würde es sich wie OQ&im in OQwvjti und wie skr. stabhüyati zu stabhnoti verhalten, und man mftfste eine Verstärkung des wnraelvocals, die sich etwa durch den aeeent erklaren liefse, annehmen. Man könnte nun gegen die obige an- nähme, dafs straujan einst einen stamm mit n neben sich gehabt habe, überhaupt einwenden, dafs die Übereinstimmung des grie- chischen, lateinischen und sanskrit noch nicht für dieselbe zeuge, allein dafs auch die deutschen sprachen einen solchen hatten, scheint mir aus ahd. stirn hervorzugehen, welches sich genau an skr. stirna ausgebreitet anschliefst, und sÜrna verhält sich zu strnami gerade wie purna zu prnami.

Ein anderes verhorn, in welchem der Übergang in die zweite conjugation ans einem stamme mit n sich zeigt, ist stojan rich- ten. Grimm hat bereits (über diphth. s. 50) staua*) xotty? und staua xQifia, auf viele treffliche gründe gestützt, aus stabva, stafra entstanden angenommen, aber noch entscheidender ist die unmit- bare Zusammenstellung mit ahd. skafeo, skaffo, skepfo creator conditor, nnd skafino, skeüno, ahd. schöff, ndd. scheppe, welche das sanskrit durch seine themen stsbhnäti, stabhnoti neben ska- bhnati, skabhnoti mit den bedeutungen festigen, stützen, ordnen,

*) Bopp hat (vocalismus s. 149) staua auf w. sta preisen zurück- geführt, wogegen lautlich nichts zu erinnern wSre, aliein begrifflich viel; man könnte nur etwa durch annähme einer allgemeineren bedeu- tung, etwa sprechen, auf den begriff des richtens kommen.

über die durch nasale erweiterten verbalstSmme. 459

mit bUm* vermittelt. Aach das bereits L 139 besprochene steflara gehört unbedenklich hierher und zeigt, dafs der aniaat st in der wurael für das althochdeutsche in dieser bedeatang noch nicht erloschen war.

Alles bedenken, was sich noch wegen der lautverhältnisse von stabva, stafVa für atana regen möchte, zerstreut endlich ein drittes verbnm, nämlich dan|an, nebst divan« , undivans, undiva- net und dau^s*). Aach diesem daajan steht im skr. ein dahhnoti (nach der 5. klaase; über den Wechsel dieser mit der 9ten ist oben a. 396 gesprochen) mit der Bedeutung schädigen, verletzen und brennen rar aeite, welches in den Yeden in den beiden er- sten bedentnngen häufig und z. b. im part. prät dabdha, sowie in adabdha unbeschädigt, unverletzt an Kahlreichen stellen er- scheint Dies dabdha entspricht nun aber genau dem goth. dau)w; der labial sti er nun b nach regelrechter lautverechiebung oder unversehobenes bh gewesen, ist zu v hinabgesunken und hat sich dann vocalisirt und derselbe Vorgang hat in daujan und divan stattgefunden, nur dafs in letzterem die vocalisirung natür- lich wegen der einschliefsenden vocale nicht statt gefunden hat Dabei sei bemerkt, dafs zu diesem sanskrit dabh urere (cf. Westerg. s. v.), welches in den generaltemporibus meist m ein- schiebt (dadambha und dadabha) genauer als zu tap das griech. ray-ftdaru stimmt (über ?:ds. I. 182), dem das zend. taiau brennend zor seite steht (Bopp vgl. gr. s. 39) daher auch wohl damf, nebst dem malbergischen diba (vgl. Grimm über das ver- brennen der leichen s. 31) passender hierher zu ziehen sind. Uebrigens kommt die sanskritwurzel auch nach der 1. Masse gebildet vor (dabhati), jedoch auch hier mit der transitiven be- deatang; bis auf diese stimmt sie dann mit divan.

Aufser den besprochenen verbis zeigt auch valjan wählen gegenüber vrnämi mit gleicher bedeatang den Übergang in die zweite conjugation, doch steht auch in der epischen spräche des sanskrit bereits die in der bedeutung nicht verschiedene causaJU form varayämi neben jenem vrnamL Ein paar andere verba da- gegen haben den alten stamm mit n und zu gleicher zeit die starke bildung bewahrt. Zunächst gehört hierher rinnen, dem skr. rnämi mit der bedeutung Hieben zur seite steht; formell

*) aber den Wechsel von o and aa in diesen stammen vgl. Grimm gramm. (3. aasg.) I. s. 66.

460 Kahn

wäre daher bei bewahrung des n des präsensstammes rinan zu erwarten, woher nun das zweite n? Wir haben bereits gesehen, dafs die bildungen der 5. u. 9. kl. (-nömi, *nämi) mehrföltig neben einander stehen, and in diesem speziellen falle kommt esz. b. mehrfach vor, dafs rnotni sich zu rn&mi wie causativum oder transitivum zu intransit. verhalten, besonders wo vom regen die rede ist (z. b. rnann apah die wasser flössen, rnor apah da lie- fest die wasser fliefsen); in weiterer fortbüdang erscheint neben ihnen ein intransitives rnvati formell = OQvvto, welches meist die bedeutung gehen, laufen zeigt*). Aus diesem ist nan durch assimilation rnv = rinn der gothische verbalstamm hervorgegan- gen, der dann aus sich neue zweige getrieben hat. Wie das gr. oqovco zu oQWfu verhält sich das lat. ruo zu skr. rnomi, wäh- rend sich aus der im sanskrit gleichfalls vorhandenen und aus der bedeutung zu etwas gehen entwickelten bedeutung «erlan- gen» das griech. aQWfjiai (vgl. Benfey gloss. z* Sam. s. v. oiii), ahd. amen, ags. earnjan verdienen, erwerben entwickelt haben. An rinnan schliefse ich nun das der gleichen conjogation fol- gende vinnan schmerz leiden, Verfolgung, trübsal dulden an, wel- ches dem skr. vanoti kl. 8 mit der transitiven bedeutung verfol- gen, vernichten, tödten zur seite steht. Ein diesem vinnan genau entsprechendes vanvämi, welches nach der analogie von rnvämi intransitive bedeutung haben möchte, ist mir noch nicht vorge- kommen; dasselbe ist aber jedenfalls als grandform vorauszusetzen, da das ahd. und ags. winnan, vinnan auch die transitive bedeu- tung niti, certare, bellum gerere entwickelt haben, mithin an der gleichheit beider stamme nicht zu zweifeln ist Diese wird auch noch weiter beglaubigt durch eine andere seite der bedeu- tung die gleichfalls im deutschen und sanskrit vertreten ist Un- sere gemeinsamen Stammväter waren ein kriegerisches volk, des- sen lust und freude der kämpf war; Yaska schon zählt 36 Wör- ter für diesen begriff auf, gewils ein beweis, dais man über dem pflüge die Übung des krieges noch nicht vergessen hatte und den

*) häufig z. b. in der Zusammensetzung mit sam: R. 5. 31. 8. sam ha y4d v*m UcrfnA' Vanta devü'h als UcanÄs und die götter sich mit euch vereinigten. yat samaranta senüh als die beere zusammenstie- fsen. R. 3. 11. 2 Agnir dhiyl' samrityati Agni vereinigt sich mit dem gebete. Damit vergl. man Marc. 9. 25. gasaihyands than lesus thatei samath rann managet.

Ober die durch nasale erweiterten verbalstSmme. 461

homerischen helden ist ja x^QW sehlacht and freu äe. So berühren sich bei ans noch ahd. wunta und wnnna, wände und wonne wurzelhaft und das letztere ist es zunächst, was unserer wurzel van zuzugesellen ist. Diese hat nämlich aufser den oben ange- gebenen bedeutungen, und zwar derselben conjugation folgend, noch die bedeutung lieben, begehren und deshalb gehört denn auch ahd. wnnna, wunnia zu derselben, während im goth. un- vunands traurig, wohl ursprünglich nicht kämpfend, darum freud- los, dieselbe wurzelform aber mit nur einem n erscheint; derselbe Wechsel zeigt sich auch im altsächsischen, wo neben wunnia die adjectiva wunsam und wunodsam gleichfalls mit einem n stehen, eine Verschiedenheit, die kaum nur orthographischer natur zu sein scheint and nachher noch besprochen werden soll. Aufser nach der 5. klasse bildet die wurzel van aber auch ihre formen nach der ersten klasse und zwar in derselben eben besprochenen bedeutung; vana lieblich, angenehm, namentlich auch als n vcdi- sche bezeichnung der himmelswasser, der wölken, vanas reiz, lieblichkeit, schon mehrfach mit Venus, venustas verglichen, vana der wald (vgl. I. s. 380) der liebe (Indern und Deutschen, den vorzugsweise sinnenden stammen unter den brüdern ein lieblings- aufen thalt, daher den Indern ihr feigenbaum, der selbst einen wald bildet, ihr tempel ward, und uns in dem gothischen riescn- bau ein steinerner wald erwuchs), sind ableitungen dieser wur- zel, die dann auch zu den griechischen spröJslingen derselben füh- ren, nur dafs dem übereinstimmenden v-anlaut des lateinischen, deutschen und sanskrit hier y gegenübertritt, ich wage noch nicht zu entscheiden ob als älterer oder erst aus dem digamma hervor- gegangener laut Zunächst stellt sich ydtog glänz, Schönheit, Hei- terkeit zu vanas und Venus, dazu yccvaa, schimmern, laben, er- quicken, yavoo) blank machen, glätten; aber auch ydwfiai sich freuen gehört her, ungeachtet das futurum yamiaaofAcu sowie yd- rvapa ein a als ursprünglich im stamme aufweisen. Es führt dieser auf skr. vanus, sowohl verehrend, liebend, als auch tödtend, verfolgend, überhaupt krieger zurück, von dem das denominativ vanushyati stammt, mit der bedeutung kampflustig sein, Wett- streiten. In rawp>jdT]g ist auch der im skr. auftretende nomi- nalstamm yarv = vana (was ich bis jetzt nur in der bedeutung Verfolger, feind nachweisen kann, R. 4. 30. 5. tvam Indra vanünr ahan du schlugst o Indra die feinde) erhalten. Auch bei yavopai zeigt sich das bereits 'mehrfach bemerkte schwanken der hand-

4fö Kahn

schritten »wischen doppeltem and einlachen *, vergt. Steph. thes» 8. r.

Wie der vorher betrachtete verbafetamni der bildung der Sten klasse folgt, des n abo nach indischer aarffassung der wvrzel an- gehftrt, so stimmt das althochdeutsche mit dem sanskrit noch m einem anderen worte, welche» gleichfalls der 8ten klasse folgt, woraus übrigens ftr die woradhaftigkett des n durchaus kerne bestätigung abzuleiten ist. Die wund son, Ted. sanati und sa- noti bildend, zeigt in diesen ableitungen die bedentangen «erhal- ten, lieben, geben», im desiderativ siahasati begehren, erstreben, und in einer nominalen ableitnng, nimhch sann4) die grandbe- deutnng erhebung, gipfel, Oberfläche. Wie sieh hei rnomi der begriff des fliefsens, laufen», gehens m dem des erlanget», er- werben8 ausbildete, so sehen wir demnach aueb hier, dafe der nrsprflnglichere begriff einer bewegung, nämlich «sich erheben» ans sich die bedeatungen lieben, begehren, erlangen und den cau- sativen geben entwickelt hat Daus aber in sann, dessen begriffs- nmfang in der note angegeben ist, der ursprüngliche begriff' des Wortes enthalten sei, zeigen die deutschen sprachen; zunächst schliefst sich an dasselbe der name der westfälischen Senne, der aus einem erweiterten sanva oder 'sanva hervorgegangen ist wie ahd. senne, sehne aus ahd. sinewa, sinwa, senwa nndsenna; ob mit diesem westftL wort die coucave oder convexe fläche be- zeichnet werden sollte (vgl. I. 137) mag dahin gestellt bleiben, nur sei bemerkt, dafs auch lat. sinns den begriff der concaven fläche bietet; das i gegenüber dem skr. ä findet seine erklärt] og durch das Ted. snu = säuu (vgl. jnos janu, gr. ywj). Das Schweiz, senn m. ist entweder der auf der senne, hochweide weilende oder sich alljährlich zur alp erhebende. Das goth. sin^ gang, rase, mal, sinj>ja geführte, sandjan senden, zeigen dann die weitere entwiekelung jenes grundbegriffe , und in ahd. sinnan proficnd, tendere, dann meditari tritt uns endlieh die würze! in derselben bildung entgegen wie wir sie in vanoti = vinnan nachgewiesen

*) Benfey gl. z. Säma s. v. führt es (mit beiges. ?) aof so zurück, Wilson dagegen anf san; die bedentnngen bei letzterem 1) table land, leyel ground on the top or edge of a monntaia, 2) a wood, 3) a road, 4) a gale of wind, 5) point, end, top, 0) a shoot, a sproot liefsen sich mit der von Benfey vermutheten ableitang nicht vereinigen, in den Veden wo es sich oft sa san verkürzt, reichen meist die bedeatungen gipfel, oberflache aus.

über die durch nasale erweiterten verbalsUmme. 463

haben, sin]» and sinnan verhalten sieh demnach wie unser reke f. zu engl, to rise sich erheben, ags. risan; die erhebung, das hinaufsteigen auf den seitbegriff übertragen finden wir die Wur- zel, aber mit einfachem n, in den oben s. 129 besprochenen Wör- tern für den begriff »«alt» wieder evog, senex, sineigs, sanaj, sana. I>as letztere kann ich jetzt auch als flectirtes adjectiv nachwei- sen im instr. (lehn sanena vasava apyena R. 2. 29. 3.) nom. pl. f. (sana atra yuvatayah R. 3. 1. 6.) a. pl. n. (jauima sanani R. 3. 1. 20) u. s. w., wie bog zu mos steht es im gegensatz zu -navya und nütana neu, jetzig (sana ta' te Indra navya äguh R. 1. 178. 8.) oder in der bedeutung vergangen zu apara künftig (R. 2. 29. 3.)u Auf dieselbe weise wie bei den bisher besprochenen verbai- stämmen, glaube ich, schliefst sich ginnari an skr. hinoti, hinvati an, dessen bedeutungen: treiben, antreiben, schicken, werfen, för- dern (z. b. binota yajnam, adhvaram fördert das opfer, macht da£s wir es beginnen und zu ende führen) hier nur in reflexiver bedentung sich anschicken zu etwas auftreten; ob auch brinnan etwa zn skr. bhrnäti wie ohen rnnan zu rnati, rnoti zu stellen sei (die bedentung ist feigere, assare und davon abgeleitet bhrniyate zürnen), darüber mdchte ich nicht eher entscheiden, als diese for- men belegt sein werden; dafs aflinnan unzweifelhaft zu linami, neben dem kein linoti besteht, gehöre, zeigen sowohl mehrere composüa, als namentlich das plc. lina aufgelöst, zerschmolzen, verlassen, gegangen u. s. w.

Weiterer forschnng werden sich noch andere hierhergehö- rige formen ergeben; zum schloß dieser reihe noch ein paar bemerkungen über das einfache und doppelte n. Das gothi- sche zeigt nämlich, besonders im vergleich zum althochdeutschen einigemale einfaches n, wo das letztere doppeltes aufweist und wie es scheint richtiger, da das zweite aus assimilation ent- standen scheint; so tritt das oben besprochene unvunands dem althochd. wunna gegenüber, goth. kuni erscheint als althochd. kunni, fani als fenni (vergl. Grimm gr. I3 123), zu sanskr. maui stellt sich ahd. menni u. a. m. Mehrfach scheint es dafs folgen- des i und u sich ak ) und v erst assimilirt haben und dann der alte themavocal oder ein neuer angetreten seien. So in kinnus, ahd. kinni verglichen mit skr. hanu, ysVv?, in ahd. dnnni und skr. tanu, gr. raro, lat. tenuis, welchem letzteren dunni genau zu entsprechen scheint; in manne, verglichen mit skr. manu, mensch, scheint a hinzugetreten, während auch das nn in ahd. ntinna,

464 Kahn

minnon sich an das thema von skr. manv-e ich denke n. s. w. anzuschliefsen scheint, dessen Vertreter im gothischen: munan auch nur ein n zeigt, aber in den comp, nfmunnan, nfarmnnnon doppeltes aufweist. Ebenso zeigt goth. kunnan, kann = skr. joi kl. 9. ytm, gno die gemination, während doch man sowohl als kann als eigentliche perf. indischen mene für mamne, jajoau, jajne entsprechen. Doch davon sogleich. fjnyv&at pirvQoe (vgl. yawQog; yawficu) u.s. w., minuo (nicht etwa von min-us), skr. minoti delere fuhren auf ein thema minu, /«w, das auch die griech. grammatiker annahmen, dessen assimilirte gestalt das goth. minnizo, minists aufweist, während in mins das eine n geschwun- den ist

Diese vergleichungen gewinnen um so gröfsere bedeutnng, wenn wir die gleiche enl Wickelung vom sanskrit zum prakrit mit zu hülfe nehmen. Denn hier erscheinen zunächst diejenigen verbalthemen, die oben besprochen sind in einem beispiele ganz mit derselben assimilation, wie wir sie im gothischen wahrneh- men, indem hinnanto = skr. hinvantah sich bei Delius rad. s. r. hi findet, woraus wir schliefsen können, dafs wenn das prakrit verba wie die oben angeführten rnvämi u. s. w. zu sich hinüber geführt hätte, diese nur rhnämi etc. lauten könnten ; solche finde ich aber bis jetzt wenigstens nicht. Dagegen bilden die wurzeln der 5ten und der 9ten klasse gleichmäfsig ihre formen von einem stamme auf na also kuna-i = skr. krnoti; jäna-i = jän&ti;

cina-i = cinoti; kina-i = krfnäti; suna-i = tfuoti;

huna-i = juhoti (statt eines vorauszusetzenden hunäti oder hunoÜ); jina-i = jinäti, jayati; luna i = lunäti, dhu- nai = dhunoti, dhun&ti, so dafs also hier jeder unterschied zwi- schen den themen der 5ten und 9ten klasse aufgehoben ist, der nur noch in einzelnen fällen, welche bei Lassen (instit. ling. prakrit. p. 347. 348) verzeichnet sind, durchbricht Aber gerade dies nebeneinanderstehen von so zu sagen sanskrit- und prakrit- bildungen im prakrit läfst auch die obige form hiunanto als voll- kommen regelrecht erscheinen, während Delius s. r. cru eine ent- sprechende participialform sunnanto der Calcuttaer ausgäbe von Mudr. R. (11.8) nach Lassen's Vorgang ausgemärzt und dafür sunanto gesetzt hat. Beide haben ihre volle berechtigung und genaue kritik der handschriften wird wie ich glanbe, noch an- dere formen der art zu tage bringen. Denn im übrigen ist die doppelte nasalis nn = nv vollkommen regelrecht, wie sie z. b.

über die durch nasale erweiterten yerbalstämme. 465

die formen von skr. 'anveshati (= anvishyati) zeigen, welche aimesami, annesadi anriesamha a. s. w. lauten (Delius rad. s. r. ish); ebenso tritt sie auch in karina = kanva, rumannado = ru- manvatah (Lassen inst. p. 246) für nv auf. Wenn nun in ande- ren fallen, namentlich in häufig wiederkehrenden Wörtern, ein- facher nasal steht, so tritt hier ganz dies schwanken ein, was wir auch im gofhischen beobachteten. So sind evam nedam = evam nv etat, nam (nicht, blofs vor consonanten, sondern auch vor vocalen) = nanu (nanv) solche beispiele und wenn man auch im erften den ausfall des einen nasals aus dem vorangehen- den anusvära(m) zu erklären hat (vgl. samnä == samjna Lass. p. 244), so läfst sich doch für den zweiten derartiges nicht anfüh- ren (m. vgl. z. b. £ak. Boehtl. p. 4. nam ajjamissehim = nanv äryamicraih). Dazu gesellen sich die fälle, wo rui durch assimi- lation aus )n entsteht, wie sie sich namentlich bei der w. jnä häufig zeigen, z. b. vinnabemi = vijnapayami, viimadum = vijiia- tum u. s. w. (ebenso bei r&jan, gen. ranno = räjnah u. a.); bei dieser tritt nach ausdrucklicher Vorschrift der grammatiker nach dem prafix & einfaches n ein (doch steht bei Boehtlingk Qakunt. 23. 2 annä = äjnä durch die handschriften geschützt, die sämmt- lich im haben und nur. in der länge oder kürze des vocals schwan- ken), was nichts als ein Vorspiel zu unserer orthographischen ge- wöhne ei t ist, vocalkürze durch doppelconsonanten auszudrücken, dagegen bei vocailänge nur einfache zu dulden. Diese assimila- tion von jn zu nn führt uns denn zu einem der oben bespro- chenen Wörter zurück, nämlich zu goth. kann; es ist dies be- kanntlich ein starkes präteritum und wenn wir aus skr. jajnaü (aktiv), jajne (med.) eine prakritform bilden wollten [denn aus diesem dialect ist das reduplicirte perfect verschwunden] so würde sie jann[o?], jann[i?] lauten; ist daher die gothische gemination wie anzunehmen eine organische, so lehnt sich kann unmittelbar an diese prakritform an. So würde auch nach analogie von tat- nire statt des späteren tenire ein mamne für späteres mene der wurzel man vorauszusetzen sein, dies mamne würde aber nach analogie von pajjunna = pradyumna (Var. 3. 44. Lass. inst. p. 245; dafs im sütra mna st. §na zu lesen sei, bestätigt Höfer ztschr. f. sprachw. 11.476) im pr&krit mannp?] lauten, dem goih. man also ebenfalls ein doppeltes n zukommen, was sich in munnan, mannen zeigte, während ahd. minna, minnön auf pr. manne = skr. manye zurückgehen werden, doch könnten pr. manne u. 8. w. U. 6. . 30

466 Kahn

auch aus manve u. 8. w. entstanden sein; in betreff dieser wür- zet möge noch erwähnt werden , dafs Vararnci (8. 22. bei Dclios 8. 4.) die regel giebt, dafs statt der w. jna die themen Jana und raana auftreten, demnach die präs. jana-i, muna-i lauten = skr. jänäti, manute(?). Dies muna-i ist ja nun ganz das gothische munan nach der zweiten conjugation, nur dafs wahrend im goth. der themavocal ganz regelmäfsig, er im prakrit unregelmäfsig ist und a lauten mufsle. Ich will über diesen Wechsel hier keioe vermuthungen aufstellen, sondern begnüge mich mit der erwäh- nung der thatsache; diese wie die vorher besprochenen ersehet- nungen bei der gemination mögen zu weiterer beachtung an- regen*.

Kehren wir nun zu der frage zurück, welcher Ursache die nasale Stammerweiterung, besonders der öten und 9ten klasse der sanskritverba und der ihnen entsprechenden in den. verwandten sprachen ihren Ursprung verdankt, so werden wir nach den be- reits gegebenen hinweisen anerkennen müssen, das mehrfach das thema, aus welchem die specialtempora gebildet werden zugleich als zur nominalbildung verwandt auftrete und zwar, dafs neben den so gebildeten stammen der fünften klasse adjeetivstämme auf nu, neben denen der neunten partieipia prät. pass. oder auch gleichgebildete substantiva und ad jeetiva herlaufen So stehen: 1) bildungen mit nu:

skr. minoti, lat. minuo neben pirv, goth. minn- lat. min-or;

skr. sinäti, sinoti neben ahd. sinwa, sinewa;

skr. vanoti, goth. vinnan, gr. yawfAOu neben skr. vano. gr. yaw9 yaw-Qog; skr. vanus neben yavvnaoficu^ yawc\ia\

skr. sanomi, ahd. stnnan neben skr. sänu, snu, nhd. senne, lat. sinus. Das lange ä verhält sich zu dem kurzen der würzet wie skr. janu zu yow nnd w. jan, yev, gen, kin und wie die länge von kirna, pürna jürna u. s. w. zu kirami, priiami, jpiämi;

skr. dhrshnomi neben dhrshnu (dem auch strenu-us gleich ist für stresnu-us) und &Qaavg9 welches das n des suffixes auf- gegeben hat;

skr. daghnoti eilen neben tayyg, gleichfalls mit Verlust des n. Zu dieser wurzel gehört auch ndd. dacken (vgl. oben s. 83);

skr. tanomi, tawm neben skr. tanu, rarv, lat tenu-is, nhd. dunn-i;

skr. manve, manute [ahd. minnan, goth. man, munan mun- nan?] neben, sanskr. manu mensch, der denkende, goth. man,

über die durch nasale erweiterten verbalstämme. 467

manna, und bei vergleichung von skr. vana = vanus auch skr. Man us = dem Mannas des Tacitus;

lat. arctrvm = larr^ii neben skr. sthänu fest, standhaft. Dies letztere scheint seinerseits mit dem von den gramm. überlieferten sthäsnu Pa. 3. 2. 139. identisch zu sein, worauf das cerebrale n hinweist;

skr. trpnomi neben gr. isqnvog und skr. dabhnomi vernich- ten und brennen, neben lat. damnum nnd zend. tafnu brennend; bildungen mit na: skr. skabhnäti (und skabhnoti) neben lat. scamnum, das fest- gestellte, feststehende und so: bank, schemel, tritt. Dafs scab die -wnrzel sei beweist das diminutiv scabellum (vergl. Benary lautlehre s. 227);

skr. stabhnäti (und stabhnoti) neben nhd. stamm, welches aus stabn wie stimma aus goth. stibna entstand, vgl. Grimm über diphlh. s. 50;

skr. 3. sg. prnati, 3 pl. prnanti, lat. plenunt neben skr. pürna, plenus, falls;

skr. xinäti (und xinoti), griech. y&t'vu neben ptc. xtna. Die nebenform op&ico verhält sich zu xayämi wie ri<a : cayämi; mit ganz anderem, aber ursprünglicherem anlaut stellt sich xinoti neben xiiwpi, xtivwfii (vgl. über die doppelung des v oben s. 391. und über diese Zusammenstellung Benfey gr. wl. I. 178.), beide mit der transitiven bedeutung vernichten, tödten, während das ptc. xina fast nur die intransitive geschwunden, schwach u. s. w. hat. Die richtigkeit von Benfey's vergleichung mit (p&ivw, ungeachtet der seltsamen lautwandlung, beweist mir das in den Veden häufige axita unvergänglich neben aq>&irog9 so wie xiti f. schwinden, Vergänglichkeit neben griech. cp&ioig, so z. b. im comp, axiti cravas (R. 1. 40. 4.) der Vergänglichkeit nicht unter- worfener rühm, wofür auch eben so gut axitarii erävas stehen könnte, das genau das homerische acp&itov xkiog (11. 9. 413) wäre; striiäti (neben stmoti), aTOQwpi, sterno neben skr. pte. stirna, ahd. stirna;

goth. fraihnan, umbr. persni neben skr. pra^na; skr. budhnäti (vedisch erwecken), nvv&dvw neben skr- bu- dUna boden, so dafs nvv&dvco eigentlich ergründen, auf den grund einer sache kommen, budhnäti dagegen auf den boden, auf die beine bringen ist;

skr. linami, goth. linnan neben skr. ptc lina;

30*

468 Kahn

griech. ni(ffliu neben skr. kirua aasgegossen, ergossen, be- deckt, erfüllt von w. kr (pris. kirihni) ergiefsen, schatten, stresen

gr. xQ^wtjfAt neben x^m>V;

präkr. nimmaua-i (Var. 8. 33) neben skr. nirmsna.

Von diesen Zusammenstellungen mag man vielleicht hier oih! da die eine oder die andere anfechten, im ganzen wird sich dw thatsache nicht bestreiten lassen, dafs gleichgebildete verbal- und adjectivstfimme resp. substantivsttmme neben einander herlaufen und es entsteht nun die frage: welche sind die zuerst von der spräche gebildeten? Waren es die adjektivischen und haben dies* erst neue verbalstamme aas sich hervorgehen lassen, oder war es umgekehrt, dafs die losgetrennten verbalstSmme adjectiva wur- den? Ich entscheide mich für die erste alternative.

Cartius hat in dieser Zeitschrift I. 2S9ff. eine treffliehe an- sieht über die bedeutung der Verstärkungen im prisensstamme entwickelt, deren Hauptinhalt sich kurz dahin fassen lafsU dafs diese Verstärkungen zur bezeichnung der dauernden (oder wie er es bezeichnet schwellenden) im gegensatz zur momentanen handlung dienen. Diese dauer der handlang drückt aber grade der adjecüv- and participialbegrilT aus; der adjeetivbegriff ist in betreff der zeit ein unbegränzter- und der des partieips ist es beim prfiteritum and futurum immer nar in bezug auf die gegen wart, beim präsens allerdings in bezug auf beide, allein die gegenwart kann oft bis in eine unendliche Zukunft ausgedehnt werden und so sind diese begriffe denn auch treulich geeignet eine -solche daaer, ein solches anschwellen der handlung auszudrucken« so- bald sie za verbalthemen werden. Sie werden in diesem falle, je nach dem grandbegriff der würzet entweder transitiva oder in- transitiva, ohne dafs sie doch absolut nur nach einer seite der be- deutung sich wenden durften. Ob dies aber gleich von anfang an so gewesen sei, ist eine andere frage und ihre beantworlung scheint jetzt kaum noch möglich, denn wenn es auch den an- schein hat, als wenn die von adjeetivis auf nu abgeleiteten ver- balstämme mehr zur intransitiven, dagegen die von stammen auf na abgeleiteten sich mehr zur transitiven bedeutung neigen, so zeigt doch schon das nebeneinanderstehen beider Bildungen mit gleicher bedeutuug bei denselben wurzeln, dafs ein solcher unter- schied, wenn er wirklich bestand, frühzeitig verwischt sein müsse. Nach dem vorliegenden material ist es jedenfalls nur die dauer, sei -es einer transitiven, sei es einer intransitiven handlung, welche

aber die durch nasale erweiterten verbalstümme. 469

durch diese stamme ausgedrückt wird und wenn noch ein zwei- fei über die ableitung derselben von adjeetiven sein könnte, so wird er durch einige griechische stamme, welche neben den be- reits besprochenen stehen vollends gehoben! Wenn nämlich ne- ben oroQwpi, azQwvwfii noch ein <5toqivw\ia, neben xiQrtjfu noch ein xeQavwtu, neben xQijpvrjfii noch ein xQ€fidvwfiiy neben axid- vi] fx noch ein Gxeddwvfit', neben mrvijfii .ein ntjdvw^iy denen sieb noch xoQsvwfii zugesellt, stehen, deren zweisilbiger auf a ausgehender stamm (wie der bewahrte kurze vocal des futuri sowie aa beweist) auch in die tempora gener. übergeht, so haben wir den deutlichsten beweis, dafs es sich hier nicht mehr um ab- ieil ungen von einsilbigen verbal wurzeln handelt, sondern dafs hier bereits uominalableitungen vorliegen, wie sie wenigstens bei xs- QcirrvfAt von xiqav bereits von Eustathius angenommen wurde und keinem zweifei unterliegen kann; das <r der generaltempora beweist, dafs wir die präsensstämme mit -avv anzusetzen haben, und dafs das doppelte vv aus assimilation entstand wie bei den äolischen OQwrog u. s. w. (vergl. oben 8. 262.). Diese stamme, welche demnach <jt ogearv, xeQaow, xq^aew, axedaaw, neraow, xOQeerv gelautet haben müssen, entsprechen nun den indischen auf snu, shnu, ishnu wie jishnu, vishnu, deshnu, geshnu, dhära- yishtiu, bhavishnu, karishna, janishi)u, palishnu, carishtiu u. s. w. (Pän. 3 2. 136—138. Un. 3. 16), neben denen ich auch eins auf asnu (vrdhasuu R. 4. 2. 3.) nachweisen kann; an die ersteren schliefsen sich Giogearv, xogearv an das letztere xgepaerv, axe- daaw an, während es ; hei xegaarv noch zweifelhaft bleiben mag, ob es unmittelbar aus xigag-, xeqclt mittelst des affixes rv oder aus der w. x££, skr. kir (kr) durch asnu abgeleitet sei, wobei namentlich die erwägung bleibt, ob xegaarv nicht vielleicht gleich- bedeutend war mit cornu und goth. haurn (wohl aus harnu), welche (nur mit dem einfachen affix nu) aus derselben wurzel stammen, (vgl. Grimm gesch. d. d. spr. p. 399,).

Werfen wir nach diesen resultaten noch einmal einen blick auf alle durch nasale erweiterten stamme in betreif ihrer form, so scheint sich herauszustellen, dafs die erweiterung der wnrzeln durch die silben nu und na der anfang einer neuen bildung der specialtempora war, und dafs dann durch übertreten des nasals aus der bildungsendung in die wurzel neue stamme entstanden, in de- nen der nasal nun allerdings nur noch eine symbolische bezeichnung der dauernden handlung behielt; in diesem verhältnifff stehen %. b. :

470 Kulm

skr. bhanajmi, hhanjmas, lat. franko, frangimus zu Qtjprfu: skr. chinadini, chindmas, latein. scindo, scindimos so <xxi«

lat. pango tu fr^rvpi;

skr. yunajmi, yunjmas, lat. jungo juugimus zu ^evyrvfax

skr. dacati, fut. dauxyaü, prak. dansadi, vcd. adj. daoxnu zu ddxr<o;

skr. vrnakti, goth. vriggan zu atQyrvpi.

Daf8 dieses der gang der entwickelung sei, dafür spricht die form dieser ▼erballhemen im prakrit, wo dieselben meist den na- sal in die wurzel aufgenommen haben, also z. b. badhoämi. trpnomi bandhämi, thimpäni bilden, gerade wie auch im eo tbischen binda dasselbe geschehen ist.

Dafs aber zur Bezeichnung der dauernden handlung diese nasalirong nicht allein verwandt worden sei, sondern nachdem sie durchgedrungen auch ein ander lautliches mittel, die vocal- verstärkung, angewandt sei und aufser ihr auch noch die redu- plication, welche Wiederholung und intensität des wurzelbegrifls bezeichnet, hatte Curtius (I, s. 262. 263.) ebenfalls bereits richtig erkannt, und so kann es denn nicht auffallen, dafs wir bei den- selben wurzeln verschiedene dieser mittel in den geschwisterspra- chen angewandt finden. So stehen sich z. b.

skr. bhinadmi, lat. findo, goth. bei tan;

skr. chinadmi, lat. scindo, goth. skaidan;

skr. juliomi, präkr. hunftmi, griech. (geva) £&»;

skr. ved. dideshti, altlat. deico, gr. oWxwfti, goth. teihau; '

skr. rinakti, lat. linquo, gr. leinen, lipnavco, goth. leiban;

skr. stighnnte, goth. steigan;

skr. cinoti, cayati, griech. %iw\ki> goth. faian ,

zur seite, derer nicht zu gedenken, die in den einzelnen sprachen bereits neben einander entwickelt sind, wie yevyco, yvyyario, igevyoficu, tQvyydrco, trpnomi, trmpati u. s. w. ,

Wird auf diese weise die von Curtius in seiner lehre von der bildung der tempora und modi entwickelte ansieht, dafs alle diese erscheinungen nur auf einer lautlichen grundlage ruhten, aufgehoben, so könnte nur noch die frage bleiben, wie die dort i ebenfalls in den kreis dieser bildungen hineingezogene präsensver- stärkungen der griechischen verba durch r zu erklären seien. Und , da bietet sich wie ich glaube die antwort von selbst dar; denn j sahen wir die partieipien auf na neue verbalst&mme für die spe-

über die durch nasale erweiterten verbalstSmroe. 471

cialtcmpora bilden, so werden wir ein gleiches den partieipiis auf ta einräumen und in der that stellen sich auf diese weise:

skr. dabhnoti, gr. fronro);

skr. grbhnäti, gr. xA/otm;

skr. nenekti, gr. viftrw;

skr. topati, tumpati, gr. tvtfko neben einander, denen sich noch ein paar andere anreihen liefsen bei denen es aber ausfuhrlicherer auseinandersetzungen bedurfte, die uns hier zu weit fuhren würden. In der hauptsache glaube icb ist in den bis hierher geführten Untersuchungen das richtige getroffen, im einzelnen wird sich noch manches bessern und na- mentlich in betreff des begrifflichen, wo ich Curtius' treffliche anstellten überall für zutreffend halte, durch, genauere prüfnng der vedischen verbalstämme manches noch klarer und sicherer, als es hier geschehen ist, feststellen lassen.

A. Kuhn.

Ueber zwei lateinische prHpositionen.

Wenn sich die formen und bedeutungen der verschiedenen Präpositionen und präfixe in den indogermanischen sprachen, ab- gesehen von den gewöhnlichen lautverfinderungen> denen sie in jeder einzelnen spräche nach deren gesetzen unterworfen waren, im allgemeinen übereinstimmend erhalten haben, so dafs man leicht die geschwister herauserkennt, so giebt es doch in allen sprachen auch einige, bei denen dies nicht der fall ist und die man deshalb auf die verschiedenste weise mit solchen der übrigen sprachen zusammenzustellen versucht hat. Dies gilt namentlich von einigen lateinischen präpositionen, die sich auf den ersten anblick jeder vergleichung mit indischen, griechischen oder deutschen zu entziehen scheinen und zwar nicht sowohl wegen der bedeutuug, die eine durchaus feste und bestimmte ist, als wegen der form, die bald anlehnung an diese, bald an jene der verwandten sprachen zu erlauben schien. Wir wollen des halb hier ein paar derselben näher betrachten und wenden uns zunächst zu:

1) prae. Pott erklärt diese präposition (elymol. forsch. IL 175) für einen weiblichen locativ von pra, lat. pro, wie Komae (zu Rom)

472 Kahn

and hält die Ähnlichkeit mit xarai, dnai, diou o. 8. w. für mehr scheinbar als wirklich entsprechend, nimmt jedoch die letztere ansieht (ibid. 251) zurück, indem er diese Wörter als formell gleiche bildangen mit prae ansieht. Gegen diese vermnthung würde sich lautlich und begrifflich nur wenig einwenden lassen, da das in der form und bedeutung sehr nahe stehende pro, skr. pra den a-laut als ursprünglichen zeigt, allein das hauptbedenken beruht darauf, dafs eine solche weibliche form fast ganz ohne analogie stände, da das -cu in den genannten griech. Wörtern jedenfalls auf andre weise zu erklären sein wird. Eine zweite erklärung des Wortes liefert Benary (lautlehre p. 57. 58), indem er es auf skr. prati zurückführt und die lateinische form, durch ausfall des t und contraction der vocale erklärt, wie das präkrit ähnliche erscheinungen zeigt und analogieen zu denselben sich auch im lateinischen finden. Nach dieser erklärung wurde dem- nach prae sich von präkr. pa-i nur durch bewahrung des r und contraction der vöcale unterscheiden. Allein die bedeutung von prati gegen, zu, hin, im vergleich zu, wegen, bietet, abgesehen von den auch nicht ganz analogen erscheinupgen in dem für die vergleich ungen angeführten lautverhällnissen, doch zu grofse Ver- schiedenheit, als dafs man sich bei dieser Zusammenstellung be- ruhigen dürfte. Diese bedenken haben denn, wie es scheint auch Bopp (vgl. gr. p. 1480) bestimmt, sich picht mit voller entschie- denhe.it für diese vergleichung auszusprechen, sondern sie nur als eine vielleicht richtige zu bezeichnen. Eine dritte ansieht end- lich ist die von Aufrecht (umbr. denkm. I. 155) ausgesprochene, der die aus ausfall des t und der bedeutung fliefsenden bedenken über die Benary'sche erklärung theilend, sich der Pott'schen aüf- fassung nähert, indem er in prae* einen locativ der a-declination sieht und es auf Wurzel pf in der bedeutung transgredi entste- hen läfst, «so dafs der begriff vor von dem "übersteigen, drüber- hinausgehn' abgeleitet wäre.» In betreff dieser ableitung stutzt er sich namentlich anf skr. paras, welches den begriff « dar über hinaas, jenseits, fort» hat. Aber wenn auch hier die form in der ableitung von einem vorauszusetzenden. prä f., als loc. prae, eben kein bedenken erregen würde, so thut dies doch die bedeu- tung, die zwar für die bezeichnung des Vorzuges genügen würde, wie sich in prae ceteris, praestare, praecello u. s. w.- zeigt, aber ge- rade mit der sinnlichen und doch daher wohl ursprünglichen von «vor, vorn, voran» schwer zu vereinigen ist.

Über zwei lat prlpositionen. 473

Ich glaube daher, dafs prae auf keine der besprochenen arten zu erklären sei, sondern dem skr. pur** entspreche. Betrachten wir zunächst die laute, so ist der austofs des kurzen u von einer liqoida bei folgendem akut gerade so erklärlich wie der des i von tiras im lat. trans, denn dafs diese beiden Wörter identisch seien, scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen nach dem was ich in früheren aufsätzen über die skr. neutra auf as als ursprüng- liche participialformen gesagt habe; trans ist nämlich das regel- rechte participium des nur noch in compositis erhaltenen verbi -trare (pene-trare, in-trare), skr. tirämi, und tiras verhält sich zum partic. tarat, ved. auch tirat wie tapas zu tapat, sadas zu sadat u. s. w.; trans mare, tirah samudram heifsen daher wörtlich: überschreitend das meer, d. i. über das meer. Diese ansieht hat in betreff von tiris auch Benfey in seiner sanskritgramm. (s. 311 not. 1.) ausgesprochen. Somit erklärt «ich der ausfall des u in puras zur genüge. In betreff des wandeis von as zu ae dürfen wir uns aber nicht auf den speciell lateinischen Standpunkt stel- len, auf dem allerdings nur ehemaligem äs späteres ae (familiäs, familiae ü. s. w.) zur seile steht, sondern wir müssen den Über- gang von s zu- i * auch schon zu der zeit annehmen, wo das alte a noch nicht wie gewöbnlich zu e, o oder u geschwächt war. Ob dies noch auf römischem boden gehaftet und hier erst das s in i übergetreten sei (wie Ritschi. neuerdings beispiele vom nom. plar. der 2ten decHnalioii auf eis, es st. i in populeis u. s. w. vgl. oben s. 379 nachgewiesen hat) mag dahin gestellt bleiben. Dafs übrigens dieser Übergang von s zu i ein in der natur des Zischlauts begründeter sei, zeigen die zahlreichen Übergänge von sanskritischen genitiven auf äs in ai in den brähmana's, welche demnach mit den dativen übereinstimmen, so dafs auch wohl die dative anf e aus ursprünglichen genitiven aus as stammen. Dem- nach mag es denn auch als eine wohl zulässige annähme erschei- nen, dafs das ae von prae aus altem pras für puras hervorge- gangen sei.

Gehen wir -nun zur vergleichung der bedeutung beider prä- positionen über, so stimmen sie zunächst in der räumlichen ge- nau zu einander, denn auch puras heifst vor, vorn und wird in dieser bedeutung mit verschiedenen casibus (gen. loc. auch wie prae mit dem ablativ) verbunden. Hier einige beispiele: Sä. II. b. 1. 10. 3 preddho agne didihi puro nah: entflammt, o Agni,' strahle vor unsern äugen; Sä. IL 6. 1. 11. 1. fiyam gaur preoir

474 Kahn

akramid asadan m&taram parah, es schritt der strahlende slicr herbei, vor die matter setzte er sich; R. 3. 53 23 (vgl. Roth zur lit. und gesch. des ,Weda s. 106) na gardabhani puro aevän na- yanti, nicht spannt man den esel vor das pferd; R. 5. 28. 2. vic- varik sa dhatte dravinam yam invasi atithyam Agne ni ca dhatta it parah jegliches gut hat der, welchem du nahst, der, o Agni, das gastgeschenk vor dich hinstellt. R. 2. 41. 11. Indrac ca mrla- yäli no na nah paccad aghani nacat | bhadram bhaväti nah parah, Indra möge uns gnfidig sein, nicht möge die sunde nns hinter- rücks erreichen, vor uns möge das heil sein; R. 1. 163. 3. esba chagah puro aevena niyate, dieser bock wird vor dem rosse ein- hergeführt; R. 1. 129. 9. patha anehasä puroydhi araxasa gehe auf reinem pfade, auf dämonenfreiem, voran. In dieser räumlichen bedeutung stimmt demnach prae vollkommen, wie z. b. villa a tergo potius quam prae se flumen habet; prae se agcre armen- tum; i prae, seqaar u. a. zeigen. Das letzte beispiel schliefst sich eng an obiges puroyahi an, ebenso wie im drittletzten beispiel pac,cat und puras sich gerade so entgegenstehen wie pone nnd prae, umbr. pus und pre (vgl. pus veres Treplanes und pre ve- res Treplanes, umbr. denkm. I. s. 155). In der Übertragenen be- deutung dient dann puras wie prae zur bezeichnung des Vorzu- ges vor anderen, so Sa. I. 5. 5. 2. 4. vievasya pra stobha purah vor allen sei gepriesen; R. 1. 102. 9.*scmam krnotu prasave rathani purah er mache nnsern wagen hervorragend im kämpf; R. 6. 10. 1. puro vo mandram Agnim adhvare dadidhvanl stellt voran (ehrt vor allen) den erfreuenden Agni beim opfer R. 1. 131. 1. Indram vieve dev&so dadhire purah, den Indra haben alte götter an die spitze gestellt; R. 1. 139. 1. puro Agnim dhiya dadbe, vor allen ehre ich den Agni mit gebet u. s. w.

Diese Übereinstimmung wird noch durch einige composila erhöht, die das lateinische mit dem sanskrit gemein hat; wenn wir vorher schon sahen, dafs puro yähi sich eng an i prae an- schlofs, so stimmt nun pura-efr (stamm -tar) genau zu praetor, welches aus praeitor contrahirt sein mufs; in der bedeutung sind beide vollkommen identisch, man vergleiche z. b. R. 7. 33. 6. (bei Roth z. gesch. s. 88) abhavacca pura-eta VaBishthah, vor- kämpfer wurde Vasishtha und R. 3. II. 5. adäbhyah pura-eta vicäm Agnir manushinäm, Agni ist der unverletzliche fuhrer der nienschengeschlechter. Ein zweites compositum ist purahsad, welches ich nur in drei stellen nachweisen kann, von denen die

über zwei lat. prSpositionen. 475

erste und zweite fast zusammenfallen: R. 1. 73.3. devo na yah prthivim vicvadhäyä up'axeti hilamitro na räjä | purahsadah car- masado na vira anavadyä patijushteva näri, der wie der all er- halten de gott auf der erde weilt, wie ein geliebter fürst, wie schätzende, das haus bewachende männer, wie ein tadelloses vom gatten geliebtes weih. R. 3. 55. 21. imam ca nah prthivim vic- vadhäyä opaxeti hitamilro na räjä | purahsadah carmasado na vi- rah, auf dieser nnsrcr erde weilt der allerhaltende u. s. w. Ob die hier für parahsad angenommene bedeutnng die richtige sei, will ich noch dahin gestellt sein lassen, da Säyana es wenigstens an an der ersten stelle durch purastäd sidantah d. h. vor ihm sitzend erklärt; jedenfalls hat es dann mit praeses die ursprüngliche bedeutnng, vor etwas sitzend, gemein, die sich auch an einer drit- ten stelle Vaj. Sanh. 9. 35. 36. zeigt, wo die agnineträ deväh pu- rahsadah die vom Agni geführten im osten weilenden götter sind, indem der osten stets als die vorn, d. h. die vor den äugen des betenden, opfernden befindliche weltgegend erscheint. Endlich zeigt paras sich noch in einer dritten Verbindung übereinstimmend mit dem lateinischen, nfimlich in purahsat, lat. praesens; R. 5. 29. 5. yat Süryasya haritah patantih purah satir uparä Etace kah als du des Surya geflügelte goldene rosse, die vornbefindlichen, hinter den Etaca gebracht. Auch hier ergiebt sich die Überein- stimmung mit dem lateinischen (in welchem die ursprüngliche bedeutnng von praesum ja auch «vorn sein» i$t) noch aus con- stractionen wie praeessc in urbe, provincia in qua tu praefuisti, eo loco praeerat, in Bruttiis praeerat u. s. w. und wenn das par- tieipium auch nicht gerade diese seile der örtlichen bedeutung, nach welcher das wort den gegensatz des vorn zum hinten aus- drückt, bewahrt hat, so ist doch die andre, welche nur das un- mittelbar vor äugen befindliche in räum und zeit auffafst durch Wendungen wie praesens ades, praesens certamen, praesens pecu- nia u. s. w. hinreichend vertreten.

Diese vergleichungen machen, wie ich glaube, die Zusammen- stellung von prae und puras ziemlich unzweifelhaft und ich wende mich nun zu einer zweiten präposition oder vielmehr zu dem präfix :

2) re , red .

Die bedeutung desselben ist klar und wenn sie auch man- nigfache schattirungen zulfifst, so laufen sie doch alle auf den begriff 'zurück und wieder hinaus. Pott sagt (et. forsch. II. 156),

476 Kulm

dafs ihm eine parallele zu diesem präfix ia keiner sanskritsprache aufgestofsen sei, aniser im ossetischen ra- (wieder), welches dann auch der vermutkung in den weg trete, als sei re- ans skr. pari (zurück) durch aphärese verderbt; Bopp dagegen (vgl. gr. s. 1482) findet eine vergleiohung mit dem letztgenannten präfix zulassig und erklärt das d einiger composita als euphonisch wie bei pro. Ein derartiger euphonischer einschub ist mir indessen bedenklich; .auch bei pro wird das d andere gründe haben, besonders ziehe man auch die häufige Verlängerung des vocals in betracht. Dafs das d von r nicht euphonisch sein könne, scheint mir schon klar aus rettuli, repperi, relligio u. s. w. hervorzugehen, die offenbar aus assimilation eines vorangehenden d entstanden sind, weshalb sich noch zuweilen die länge im e als ersatz des später ausgefal- lenen consonanten zeigt. Ich glaube daher, dafs red-, re- zu skr. prati zu stellen sei, welches die bedeutung 'gegen, hin,. zu- rück, wieder' hat.

Was zunächst die form betrifft, so ist zu -bemerken, dafs mehrere zweisilbige präpositionen im latein. nicht allein einsilbig geworden sind, sondern auch eine inlautende einfache tenuis zwi- schen vocalen in die media verwandelt haben, man vgl. skr. ali über, prakr. adi mit lat. ad, ar umbr. ar (umbr. denkm. I. 153); skr. apa, pr. aba, lat. ab; skr. upa, umbr. up, lat. ob und vno mit sub, so dafs also die media d für t kein bedenken hat ; rücksicht- lich des abgeworfenen i stellt sich red grade so zu prati, wie per zu pari und es bleibt demnach nur die aphärese des p im anlaut zu besprechen. Dafs auch diese im lateinischen vor liqui- den vorkommt zeigen skr. plihan inilz, lat. lien; skr. prthu (st. prath), gr. nlavvg, lat. latus; das wie ich glaube mit recht zu skr. preh fragen gestellte rogo, man vgl. namentlich ahd. forscon und fragen, ahd. frosc, epgl. frog mit lat. posco, umbr. persni; endlich skr. präsiti faden, band, schlinge (Roth zu Nir. <>. 12) mit lat restis, denen, sich noch einige andere anreihen liefsen, bei welchen es weiterer auseinandersetzungen bedurfte. Namentlich das letzte ist aber entscheidend, denn präsiti (st. prasi, »uff. ti) verhält sich gerade so zu res-ti wie prati zu red.

Was nun aber die bedeutung betrifft, so ist allerdings nur eine seite derselben durch das lat. red ausgedruckt» nämlich das zurück, welches ja mit dem wieder zusammenfällt, indem beide eine nach einem punkte gerichtete thätigkeit auf derselben linie nur in umgekehrter richtung verlaufend darstellen;* die andere

aber zwei lat präpositionen. 477

bedeutong von prati und gerade die ursprüngliche (weil vom subjecte aasgehend) von 'gegen, hin' hat dasselbe nicht, wie ich glaube auch nie als red gehabt, da sie sich in einer andern form für prati in pol-, pos, por umbr. pnr, griech. nqog, nqotij xoti (polliceor, possideo, porrigo, pollex, pollingo, polluceo, polluo, porricio, porrigo) erhalten hat. Da auch hier die be- deutong sowie die Übereinstimmung mit den angefahrten ver- wandten klar ist, so bedarf nur das lautverhällnifs noch eini- ger worte. Oben sind schon posco und rogo zusammengestellt; daraas ergiebt sich mit den dort genannten fällen eine, wenn auch nur seltene, doch nicht abzuleugnende abneigung des älte- ren lateinischen (man vergl. auch präk. padi = prati, dor. noti) gegen anlautendes pr, welches im zend immer m fr übergegan- gen ist; dieselbe tritt auch ganz klar in pius, umbr. peho, piho im verhäitnifs zu skr. priya lieb auf, und findet nm so mehr ihre erklfirung als die zunächst zu erwartende form prad ein solches d gehabt haben wird, was dem r sehr nahe lag, denn wie ar neben ad zeigt sich auch por neben pol u. s. w. in portendo, porricio, wo es nicht aus assimilation mit folgd. r entstanden ist, so dafs die aufeinanderfolge ähnlicher wo nicht gleicher conso- nanten die abneigung hervorgerufen haben wird.

So hat denn das lateinische aus jener einen präposition prati zwei gebildet und zwar wie es scheint aus einer abneigung ge- gen bestimmte laute im anlaut, der die lebendige, noch durch keine schritt gefesselte spräche aller zeit bald durch bewahrung des einen, bald des andern der beiden anlautsconsonanten zu ent- gehen suchte: die Spaltung der begriffe kann natürlich erst nach fester .sonderung der formen statt gefunden haben, scheint aber nach dem geringen umfang, den die composita mit pol u. s. w. haben in bezng auf dieses nicht recht durchgedrungen, sondern bald in anderen präpositionen ersatz gefunden zu haben.

A. Kuhn.

II. JQjgcellen.

Frigg, Fiörgyn und rodor.

Man hat für die nordischen götternamen: Frigg und Fiörgyn vielfach unter den noch in deutschen sprachen erhaltenen wur-

478 miscellen.

zeln anlehnungen gesacht alle sehr zweifelhaft, zum thcil nar unter anaahme sehr gewaltsamer lauten t Wickelungen möglich und auf sehr wankenden analogieen ruhend. Offenbar sind beide na- men aas früheren zustanden der spräche stehen gebliebene, aber in ihrer äufseren form richtig weiter verschobene noniina pro- pria, die auch einst einen sprachlichen sinn ausdruckten , aber aus deutschen mundarten nicht mehr erklärbar sind. Die iden- titfit von Fiörgyn und Perkunas hätte das schon zeigen müssen. Frigg ist offenbar das sanskr. Pricni d. h. wohl weniger «die strahlende, glänzende» als: «die besprengerin, die begiefserin. » Fiörgyn ist das skr. Parjanya, d. h. wohl: «der das mischen, das mengen veranlassende» von parjay, dem cansativum von pr 1 j (spargere, miscere, con jüngere). Prigni oder Frigg ist Rudra's (des nachherigen Qiva) gemahlin, die personificirte regen wölke, die mutter (wie Rudra der vater) der Marulas, der winde. Par- janya oder Fiörgyn ist das personificirte gewitter, der leiffer der wolkenmischung und des tumultes im gewitler. Rudra selbst, der fürst und vater der himmelswinde, hat seinen namen vom stamme rud (ahd. riozan) weinen das weinen des him- mels aber ist das regnen. Er ist der gnädige spender des regens ursprünglich, der wölken- und windeherr aber als sich sein wescn ans einem natnrgott mehr zu einem sittlichen gotte ent- wickelte, und er nunmehr hauptsächlich unter dem namen £iva verehrt ward, mochte auch der alte name Rudra geläufiger als: weinenerreger, wehklagen veranlasser gefafst werden, so dafs es bequem durch: «der fürchterliche» übertragen werden kann. Ge- rade wie das angelsächsische wort döhtor (tochter) anverschoben stehen geblieben ist, während sich der stamm, zu dem es gehört, lebendig aus skr. duh in ags. teöhan (ziohan) verschoben hat ist neben dem angelsächsisch in reo tan, althochd. in riozan verschobenen skr. stamme rud der name Rudra unterscho- ben stehen geblieben im ags. rodor, einer bezeichnuug des him- mels, die aus dem gebrauchten schätze deutscher rede auch keine deutung mehr zuläfst. Dies ags. rodor aus Rudra ist verwandt auch sanskritischem rodas, von derselben w. und auch den him- mcl als feuchtigkeitspender bezeichnend. Als gott hat Rudra wie in Indien seinen namen schon gröfstentheils gegen hunderte von an- deren namen z. b. Qiva (excelsus), Vudhna oder Budhna (excita- tio), Ugra (terrificos) etc. so bei den Deutschen ganz gegen hundert andere namen z. b. die den obigen sanskritischen in

miscellen. 479

form and bedeutuDg(?) entsprechenden: Hävi, 6bmn, Yggr etc. verloren. Unser fürst der himmelswinde dann der stürmischen bewegung auch in gebt und leben, Wuotan ist der alte vedische Rudra, spatere £iva, nur in der historischen fortbildung, welche wandelung der Wohnsitze, lebensweisen und geistigen richtungen noth wendig bringen mochten. Lco.

Wechsel der labialen und gutturalen.

Beim untersuchen niederd. consonantverhältnisse stöfst nicht unbäufig der bekannte Wechsel von labialen und gutturalen (wie Ivxog lupus, lanog equus) auf. Hier einige beispiele, bei denen sich die märkisch -niederdeutsche mundart betheiligt:

diupen (däup, duäpen, dies starkf. verb. kürzlich beachtet; es ist verbreitet genug) untertauchen; diuken tauchen.

kippen und picken, schwach anhauen.

kywit (Hellweg); pywit (Iserlohn); piwik (Lüdensch.) kibitz.

klak und plak fleck, daneben lok, fleck im moral. sinne.

klystern kleistern; beklystern beschmutzen; plystern mit lehm, mörtel bewerfen.

knappen und hchd. knacken.

knap und knik, absatz eines berges.

knickern mit schnellkäulchen spielen; anderwärts knippen, dasselbe.

kriapen und hochd. kriechen.

paclcn schallend oder tüchtig schlagen, engl, to peal; ags. pi- lan tundere. kailen (Iserlohn) und kylen (westl. mark) schlagen.

pyp! guck! iu: wan de häwer piep siet; pipstappen (berg.) versteckenspiel, engl, to peep; kyk! guck! kyken gucken; kuk- haüen versteckensspiel.

placke, f. und hchd. fliegenklappe, vgl. ags. plätte alapa.

püpen (bei von Steinen); pypen; pyphänneken kufshänd- chen; bütsen (Schwelm); buts (westl. mark, berg.); bus (Iserlohn); goth. kukjan; hchd. küssen.

sniärken (ia = i) nase rümpfen, anschnauben; snürkel und snüärkel cylindrische kopfhaut des puters; hchd. Schnörkel; ahd. snerfan.

sik schrömpen vüär, genau := engl, to shrink from, vor einer

480 miscellen.

sache zurück schaudern, nicht dran wollen, z. b. hai schrömpet sik vuäi* der arbfiit, vüär der kelle..

swampen, vom schwankenden boden; wampeltüägesk, von pferden, die nicht gleichmäfsig ziehen ; hchd. schwanken; ahd. wanchal.

swiepe (= swippe) peitsche; engl, switch (= swicke), oder wäre letzteres = berg.-märk. smicke rute, vgl. dän. smäkke klat- schen, schlagen, wozu sich der Altenaer idiotism macke hand- schlag gesellt, z. b. gief dem haeren 'ne macke, min sQenken!

swippefol und swickeful zum überschwank voll 5 swicke und swechte (== swikede) bedeuten menge, z. b. 'ne swechte vüegel.

stuärpeln stolpern und stulkeln (bei von Steinen); stuär- keln straucheln; foppen und mnd. rocken.

Iserlohn. Fr. Woeste.

cena.

Ritschi in seinen überaus reichen prologomena zu Piautas p. XCVII. sagt: Ut reliquas vocales absolvam et cena etc. ut scriberem, Ambrosiani me auctoritas movit, quouiam in bis, quae e, ae, oe liierarum discrimine vertuntur, quo recentiores sunt, eo fidei minus Codices habent. Bergk nun in seiner jüngst in der Zeitschrift für klass. alterthüm abgegebenen beurtheilung der ausgaben des Plan tos von Fleckeisen und Ritschi rügt diese Schreibung und hält dafür, man dürfe nicht einer feststehenden etymologie gegenüber unbedingt den immerhin Jüngern Handschrif- ten folgen; drum sei coena zu schreiben, da das wort für co-edna, coesna stehe. Wir wollen über das orthographische prineip bei der herausgäbe von alten Schriftstellern nicht streiten, obgleich wir das von Bergk geforderte durchaus nicht anerkennen; aber in diesem falle stimmt die etymologie mit der Überlieferung des Manuskripts aufs trefflichste zusammen. Denn cena lautet im umbrischen <;es-na und centfi cersnatur. Vgl. glossar zu den umbr. sprachd. s. v. H. Schweizer.

Gedruckt bei A. W, Schade (n Berlin, Orfinttrabe 18.

I. Sachregister.

Abstracta. Ihre Verwandtschaft

mit collectivis 223. Accent der adjectiva auf v og 262; von eipi 266; der adj. auf r\g and ä's im skr. 298. Anlaut. Verbindung von s mit . I, », r ist im griech., Ist., sanskr. selten oder gar nicht vorhanden 263. Adverbia auf ba im goth. 173. Aoristus, erster despassivs 154; des activs der verba liq. 261 ; rednplicirter 46 ff» Aphärese vor 1 400. Apocope des' vocals 372 ff.; mehrerer conspnanten s. cons. Artikel, sein begriff 247 ff. Aspirata herrscht im goth. vor 38; natur der aspirata 322. 411; verschiedene ansichten über ihr entstehen 323 ff; ihre gestaltung in den verschiede- nen indogerm. sprachen 328ff ; Wechsel von bh, dh, %* & mit h 328; Übergang der me- dia Aspirata in einf. media 328ff.; nur tennes aspiratae im griech. 332; Wechsel, der

aspirata mit der media bei den Makedonien! 333; durch die tenuis vertreten im lat.? 336; skr. tenuis aspirata und ihre Vertretung 336; Aspira- tion der cons. im lat. 374.

Assimilation von ks in ss im osk. 62; von Xa, p<s, ?<;, qc in XX, pp» vr, $$ 261; o/t wird pp 265; von n im m 376; von nv innn460. 464; «ron jn in nn im pr&kr. 465; von av in vf 469; von xy, XJ zu aa 272.

Auslaut consonanten, allge- meines 161 ; gesetze des con- sonantischen auslauts im go- thischen 163 ff.; gesetz der behandlang von flexionsvoca- len im auslaut mehrsilbiger ww. im goth. 164; auslau- tendes urspr. t mufs im goth. abfallen oder sich zu ta er- weitern 166 ff.; ebenso n in na 167 ff.; auslautendes s bleibt im goth. 169ff.; geht demselben v oder r des Stam- mes vorher, so füllt es ab 1

Sachregister.

170; auslautendes r im goth. 172; auslautende vocalc im goth. 172 ff.; abfall auslau- tender vocale in pronominal- formen 177; abfall des aus- lautenden vocals nebst den folg. conson. bei ableitungen von indeclin. im griech. 220.

Brechung der vocale hat ihren grund in der schwachen con- sonanz 92.

Collectiva. Ihre Verwandtschaft mit abstr. 223.

Declination, s. Kasus

Dentale sind im verhältnifs zu den übrigen consonanten am häufigsten 37; ebenso in den griech. dialecten 410.

Digamma hinter anlautendem <x 132.

Diphthonge, allgemeines 40; ai und daraus entwickelt ei 339; ai, ei ahd. u miaut aus a vor g 340; iu geht unmittelbar in ie über 340; eu kein alt- bairischer d. 341 ; io, eo dsgl. 342; oa 344 ff.; uo unmittel- bar aus 6 345 ; zeit der ent- wicklung desselb. 346; ou= uo 347; 6 aus ao 347; ac am- laut aus a 348 ; altlat. aei =ae 353; ae für späteres i im lat.

, 353; c«=ei, i im lat. 356; ois=oe im altlat. 362; ou im altlat. 363ff.; au, 6 im skr. zu ü verkürzt 369; numeri- sches verhältnifs derselben in griech. dialecten 407 ff.

Dissimilation im lat. 17. IS.

Distribuliva im lat. 320.

gennamen, althd. 337 ff.

Futurum auf aim 261 im oskischen 384 auf so, sso im-iat. 384.

Gemination der liquidae 263: der consonanten uberhauptim lat. 374; des v bei einigen verbis auf w\ni 391. 461; des n im deutschen 460 ff. ; des n im präkrit 465.

Genitiv, s. Kasus.

Genus, auch in bildlicher dar- stellung mit dem grammati- schen übereinstimmend 119: nach charaktereigenthümlich- keiten männlich oder weib- lich 120; verschiedenes, bei gleichen stammen 122.

Hiatus. Beseitigung desselben beim antritt von suffixen 215.

Infinitiv. Endung desselben im goth. 187; auf am, om u.s. w, in den ital. sprachen 240; begriff desselben 245 ff.; bei müssen, können u. s. w. 247; artikel bei demselben 247.

Intensiva. Im lat. 291.

Kasus. Nom. pl. der i- stamme im osk. 56; acc. pl. auf ass im osk. 57; acc. sg. der i- stämme im osk. 57; noniina- tivbildung im goth. und den ital. dialecten übereinstim- mend 170; gen. sg. auf oio u. pl. aawl36; genitivbildung im goth. 170; bildung des nom. pl. im goth. 171; des acc. pl. im goth. 171 ff.; des dat. pl. ebd. 172; des vor, sg. im goth. 173; des nom.

Sachregister.

acc. pl. d.neutra im goth. 173; instr. sg., reste des«, im goth. 173; dat. sg. im goth., altn. und ahd. 173 ff.; instr. sg. im ahd. 173; gen. pl. d. weibl. i- stumme im goth. 176; gen. auf ao 267 ; gen. 8g. der 4ten decl im lat. 377; der lsten und 2ten decl. im lat. 377; nom. plur. auf eis, es st. i im lat 379.

Komposita, mit pater wandeln a in i 4; mit stammen auf rt nehmen i als bindevocal 5 ; aas adjectivis mit substanti- vis im lat. 28; deren erstes glied auf öi endet 66. 156.

Konjugationsendungen, ens der 3. pl. perf. im osk. 56; 3. pl. im osk. 58; 3. sg. ebd. 58; 3. sg. auf sid im osk. 59; 3. pl. auf rate, rata im skr. 145; 3. pl auf axou9 aro 145; des präsens im goth. n. ahd. 177 ff.; des optativ im goth. und ahd. 181; 3. sg. opt. auf ai)> im goth. 183; optat Wen- dungen der prSsensbildung im griech. n. skr. 183 ff.; des perf. im goth. 185; 2. sg. perf. im alts. und ags. 186; des imperat. im goth. 186 ff. endung tha=#a, thas, the, thäm im skr. 336; dhi im skr. 336; i, ei in der endung der 1. u. 3. sg. pf. im lat. 357; 1. sg. aor. auf im in den Veden 358 ; kurze des e der penulüma der 3. pl. pf. im lat. 372; mur im osk. 383; des

fut. im osk. 384; bo im lat

385. Konjunctiv. Mit imperativbe-

deutung im osk. 59. Konsonanten, Wechsel, ausfall

und abfall derselben; der la- bialen und gutturalen in deut- schen wurzeln 479.

b statt m im lat 17, und in rom. sprachen 18.

c, im umbr. aus k vor e, i, j entwickelt 327.

d geht in r und 1 über 143 ff. 368: geht in n über 194; abfall desselben nach n 192. nach vocalen im aaslaut des lat. 359; fällt aus im inlaiit im deutschen 195.

dh im alts. = goth. th 328.

f, Vorliebe für dasselbe im sabinischen 27 ; natur des- selben im lat. 333; lat. f = skr. dh 333. 398 ff.; f statt des späteren b im lat 375; f im osk. und umbr. 375; 9 = skr. bh 326.

?*= skr. h, gh 270; y irr- thümlich aus jr 273.

g aus gh hervorgegangen im lat. 335.

h im skr. aus altem gh 328 ; X = skr. kh 148; entstand, aus gh in diminutivis 294 ; £ = 8kr. h oder gh 325.

j , ausfall desselben zwischen zwei vocalen im griech. 155; Übergang in h im lat. 301; skr. y = l? 265.

k, Wechsel desselben mit t 97; ausfall desselben 195; V

Sachregister.

seine erweiohung in einen palatalen zischlaut 271 ff; und in % 272.

1 aos d hervorgegangen 143. 144.368; aus skr. y?265 wechselt mit n 272.

m geht in w, y ober 2(2. 320; m in- und auslautend geht in n über 3 19 ff.; in- lautendes v in 130; aus- fall und abfall von m im lat. 376; geht Zuweilen in n aber im osk. 376; ml geht in hl über 253.

n, Wechsel mit 1 272; aus-, fall im lat. 376 ff.; geht erst spät in m über vor labialen im lat. 376$ .vv unorganisch 457; nn aus nv im goth. 460 ff.; nnaus nv im prakrit 462.

q, für c im lat. 377.

r , vor s schwindet zuweilen kn lat. 5; ebenso vor j, v 18; zwischen zwei vokalen ausgefallen im lat.(!)6; rr aus rs im lat. 292.

s geht in r über zwischen zwei vokalen im lat. 6*; auch im osk.? 23 ff.; wird r im lat. auslaut 7; im osk. 24; sowie im umbr. 7. 62: wird r vor liquiden 7. und vor p, c, t, q &; gröfsere ausdehnung des Übergangs von s in r in den auguralbüchern 8; s geht zwischen zwei voka- len in z über im osk. 24. 62; abfall des s im latein.

auslaut 37&ff. ; trimanlaut 128 ff.; im inlaut zwischen vocalen 135ff.; abfall des- selben im aus- and inlaut 260; inlautendes a tritt als spie asper in ' den anlaut 269; assimilirt sich folgen- dem p 265; 8 zwischen zwei vokalen bleibt im sa- binisehen 29; geht in r über im sanskritinlaut 145; geht im lat. und skr.- aus- . lautend in i über 473. t, r einschub nach n 220; wecbsel mit d 226; vor einigen suffixen eingescho- ben ist eigentl. organisch 229;t»dh?335;t«skr. c389; t Mit hinter s aus 457. v, ausfall desselben im lat. inlaut 18; geht aus b her- vor im lat, sowie aus m 17; euphonisch im osk. 383 ff.; f durch c ersetzt 266; je erscheint1 als e oder ß 273. Konsonantenverbindungen. *sm, sl, sn, sr, sj, sv dem latein. fremd 7 ff.; sin (rm) dem osk. fremd 25 ; ml geht in bl über 253; s vor konsonanten im inlaut bleibt im umbr. und osk. 23; hinter kons, im osk. 23 und lat. bewahrt 24; ab- neigung des <r gegen seine Verbindung mit liquiden 261f; tf/* im an- und inlaut 264; 0/t neben p 264; ap wird fip 265 ; sm im lai nicht geduld. 9.

Sachregister.

Lautliche gegensätze zur be- zeichnung gewisser begriffe 420ff. . Lautverschiebung 329ff.; zeit- . paukt ihres beginns 331. Liqaidae. Vorwiegen derselben im allgemeinen 37; am häu- figsten ist r 39; vorwiegen derselben in sämmtlichen griech. diaiecten 410.

Mediae. Anlautende im goth. entsprechen mediis der ver- wandten spr. 323; aas der tenuis hervorgegangen im lat. 368. 375.

Metaphern. Lebendig 105 ff; todt 105 ff.; taub 105 ff. 111. grün' 108; blind 110; spre- chend, stamm 113; süfs, herb, sauer, bitter 114; warm, kalt U5;hellll5;schmecken 115;

. lähm 115; speise and trank 115; zeugen u. gebären 116; Jungfrau, matter 118; mensch u. pflanzen 124; kind 125.

Nasale. Numerisches verhäitnifs derselben zu den übrigen con- sonantes 412.

Numerisches verhäitnifs der vo- cale und consonanten in den griech. diaiecten 403 ff.; der vocale unter einander in den- selben 404 ff.; der consonan- ten unter einander in den- selben 4 08 ff

Palatale erst nach der sprach- trennung ausgebildet 325; im griech. neben indischen 272.

Participium, dessen begriff 243f; auf endus, undus 355.

Perfectbildung im osk. 56; im lat. 372.

Plural zur bezeichnnng von col- lectiyis oder mehrgliedrigen gegenständen .127.

Präpositionen im goth. 189.

Präteritum mit eingeschobenem r im ahd. 400.

Pronomen. Begriff des pron. dem. 248.

Reduplication. Ihre bedentujpg in lat. Wörtern 12; redupli- eirte aoriste 46 ff; reduplic. . nominalstäinme im lat. 7; ge- hen am häufigsten anf eine liquida ans, seltener auf vo- cale, am seltensten auf eine muta, nie auf s 8.

Regenbogen. Verschiedene Be- nennungen desselben 423 ff.

Spiritus asper im inlant 135; geht in j über 267; geht in. i über 266 ff.; aus y entstan- den. 269.

Stammerweiteruug der verba durch nasale und mit nasa- len beginnende silben 392 ff.; durch d im lat. -400; durch c im lat. 400; Verstärkung durch t im griech. 470 ff.; stamme mit vocal- und na- salverstärkung neben einan- der 470.

Stämme. Nominalstämme; auf a, i, n, ä im goth. 166; con- sonantische nur anf an und tar im goth. ausgehend 166; auf anda, iza, öza im goth. 166; auf an im goth. 168 ff.; erweiterung von skr.-stäm-

Sachregister.

meu auf u zu solchen auf va 237; adjectivstämme auf u treten in die i-declination über im lat. und goth. 359; declination der mit pater zu- sammengesetzten stamme im lat. 6; declination d. stumme auf oq 142ff.

Yerbalstämme auf a 138; auf cuvo) 151; cuo, eco, om 155; ^nf -cinor im lat. 215; auf «(co, eim 268; auf &<o 289; auf to, tco 291 ; auf %<x> 294; auf teo im Iah 335; auf n im lat. 380; auf äyati neben näti im skr. 394; Wechsel der stamme von verbis der 5ten und 9ten klasse im skr. 396; diese stamme aus ad- jectivis und participiis her- vorgegangen 469.

Suffixe:

a) gothische, ahd. u. s. w.: crt 191.

is 297. 371. J>ar 371.

b) griechische: oq 80. 141ff. at 142ff. davo, dvo 226. Öov 226.

sia 136.

«o 320.

eo 155. 210. 320.

eq 80.

tg 297.

ero 297.

it 150.

xo 152.

fiar 216.

fuo 79. fiov 216.

vog 147. 148. 262. ov 149. oq 297. <svn\ 224. avvo 225. r 229. tsQO 371. rtjQ 299. jng 299. tqt 354. ri 224. to 220. tv 219. roe 299. c) lateinische:

a vor mehreren suffixen änus, aneusu.s. w. 210ff. acio 210ff. ali 10. »an 18. ari = ali 18. ati od. at 15. atu 222. bo 368. bro 324. bulo, bula 371. ceo 210. cio 211. co 152.

culo, cula 371. diu 231. en 149. eo 210. 320. eto 224. icio 210ff.

iti od. it 15. 150. 299. itu 221 ff. neo 319 ff. no 147. 320.

Sachregister.

scnlo für culo 16. t der abstracto 13. t zur bildung von perso* " nalbezeichn. and Ortsna- men 13. t angefügt an verbalw. 13. la 232. tat 454. tera, tra 371. tilo 335. tili 335. tio 212. tor 299. ta 217. 221. todin 231. tum 223ff. uo 383. us 297. 371.

d) Umbrüche, verzeichnet 15. oskische, dsgl. 25.

e) sanskrit und zend. ata 297.

an 149. 219.

as 216. 298. 371.

asa 371.

asäna 150.

äyani 214.

it 149.

iya 212.

eya 210. 214.

ka 152.

käyani 214.

kiya 214.

t 229.

tana 226.

tar 299.

tara 371.

tavya 218.

ta 231.

tati 354.

ti 224.

tu 218 ff.

tya 229.

tra 229.

tva 215ff.

tvan 215ff.

tvana 216 ff.

tvas 219.

tva 229.

tvänam 226.

tvaya 217.

tvi 226.

tvinam 226.

tha 230.

thvana 216.

ma 234.

man 216. 234. *

maya 79. 319.

nas 148.

va 234.

van 234.

vaya 319. Syncope der vocale im lat. 370; von v nach t und s im lat. 377. Tempora des Infinitivs 249. Tennis herrscht im lat, griech. und skr. vor 38; erweickung in die media im lat. 375; vorherrschen derselben in sämmtlichen griech. dialec- ten 411; geht zuweilen im lat. in die media über 476. Triphthonge im ahd. 349. Ursprache 416.

Vergleichende mythologie 416. Vergleich. Sprachforschung 415. Vocale. Schwächung derselben im verbalstamme tritt zuwei- len im latein. nicht ein 16;

Sachregister.

treten im skr. gegen die con- sonanten zurück 36; nume- risches verhältnifs der vocale unter einander 39 ff.; zah- lenverhältnisse der vocale zu den consonanten im iserlohner dialect 82. 33; einfache kurze vocale im iserl. dral. 83—91 ; gebrochene, ebend. D2 101; einfache lange vocale ebend. 190 96; zusammengesetzte lange ebd. 196— 209; vocal- schwächung von a zu i im skr. 226; vocal Verlängerung vor ausgefallen, liquiden 261 ; doppelang des vocals zur be- zeiÄnung der linge 352. a: durch Verkürzung aus a entstanden im goth. 169. 170; aus ä im lat. 397. e: im umbr. = osk. ei 62; e . aus u vor r im lat. 9. 19. aus a im lat bei vortritt einer silbe 19;. aus i ge- schwächt im lat. 19. 22; . aus a im osk. 20. 21; fällt aus in der declination im lat. und osk. 20; aus u, o im osk. 21; aus a im sa- tirischen 26; für spateres i im lat. 353ff.; geht in der Zusammensetzung vor consonanten in i über im lat. 355.

tl : zu s verkürzt 268; * aus a vor o 315.

i: aus er entwickelt 266; aus s im auslaut des skr. u. lat. 473; vor liquiden aus ausgefallenen y entsprun- gen 290ff.

iu: im oskischen 59.

o: im lat. aus au 4; ebenso im goth. 459; aus a in un- betonter silbe im lat 9; im stamme aus" a' im lat. 11; für u im alttat. 360ff.

u: aus o des suffixes tor beim antritt neuer suffixe9; für späteres i im altlat 369; uu hinter c zur bezeicii- nung von ü 353. y: im lat 369.

Vocalauafall vor r 473.

Vocaleinschub im ahd. 253; im osk. 386.

Vocalismus. In ihm beruht we- sentlich die Scheidung der griech. mundarten 414.

Vocalverl&ngerung vor s im altlat. 359ff.

Vornamen für thiere 264.

Wurzelerweiterung durch d 265; durch n, t s. stammerweiter.

Zahlwörter im goth. 488.

Zischlaute treten am bedeutend- sten im griech. hervor 48.

II. Wortregister.

teätoche Sprachen*

1) tiotktoh. abrs 147. af 375. . allinnan 463. aggvus 270. aina 362. aiv 235. aivs 232. aljan 340. an}>ar 328. * amza 261. arms 2. balg« 399. bats 371. beitan 470. bindan 470. bloma 336. brinnan 463. brtyar 323. daujan 459. dauns 238. dauj>8 459. de>8 330. divans 459. drünjus 228. faianda 389. 470. fani 463.

feinan 391.

fijan 390.

fila 366.

fimf 189.

fraihna 397,455. 467

fnjöa 395.

fullnan 456.

falb 456. 467.

fuls 335.

gadars 324.

gavl 304.

ginnan 463.

giuta 289. 400.

hafjan 335.

hau 274.

hardus 359.

haurn 469.

hla>an 70.

hlinman 364.

hrai'va 235.

ik 177. 271. 325.

i>a 375.

jaios 362.

jcr 269.

jat 177.

kalds 330.

kann 464 ff.

kinnus 280. 463. kani 326. 463. kunnan 464. lang 324. leiban 470. ' leigön 328. lustus 268. man 465 ff. manna 463. 466. maihstus 70. midja 324. mik 177. mikila 270. 325. < minnizo 464. minmisto 464. mis 177. munan 464. urannan, -munnön

465. saihs 189. sali 131. sandjan 462. sauhts 76. sidus 134.

sigis; siggvan 139. sineigs 129. 463.

10

Wortregister.

sinj> 462. sinteins 367. skaidan 470. snaivs 263. 298. staua 458. steigan 470. sliürs 369. stojan 458. straua, straba 468. straujan 456. suiis 360. sveiban 132. 8vein 304. tamja 330. ieihan 470. teka 398. tiuha 365. tun>ii8 326. ufmunnan 463. uh, h 189. undivans 459. unvunands 461. 463. valjan 459. varmja 324. viko 154. Vilbels 254. vinnan 460. 466. vit 177. ' vriggan 470. vrikan 133. vulla 456. >ar 371. J>iuda 255. >uk 197. J>us 177.

2) Althochdeutsch.

Agil- 340. Air- 340.

alansa 451. Alyan- 340. Angil- 340. amen 460. awa 304. bisa 97. bodam 320. carmnla 90. daum 238. dio 257. dionön 257. diörna 257. diutian 257. diutisc 257. diwa 257. donar 238. donen 238. dou 257. doubon 257. dunni 463. dunTvengi 91. Eiilan- 330. Ellan- 340. Ellian 340. Emitaere 348. farknusjan 98. Fcilgon 349. fenni 463. Feylhart 349. fm, fina 392. forecon 476. fragen 476. frosc 476. gadiot 257. gadiuti 257. Gaer- 348. Gairi 348. gaklankjan 83. Gari- 348. . Geir- 348.

Ger 348. gerjan 137. ha 372. Hair- 340. Hairi- 340. harstjan 83. hasan 153. Hazoacha 344. heilag 274. hÜt 196. hraspdn 83. hreo 235. hruf 98. ihha 372. ieo 235. io 235. jesan 137. kabuz 51. kate 50. kinoi 463. kliuwa 91. koufan 54. krapho 88. kunni 463. lantjan 83. lebar 265. Liafburc 343. lubeslical 91. luston 268. Magin 340. Mannas 467. mango 51. menni 463. minna 463. minnon 464. nagai 336. Naothaert 348 owa 304. Perbt 349. plerozun 400.

94.

Wortregister.

II

ridon 96. riozan 478. Roeda 349. sarf 129.

scafeo, scaffo 458. scafino 458. scarf 129. sceidan 146. sceran 146, scerran 146. scina 96. scizan 146. sciuhan 91. sengan 140. sindun, sintiin 380. sinevta 462. 466. sinnan 462. .466. 8Üo 134. slaht 83. smilan 264. sneo 263. snor 263. 298. spannao 229. spratalon 83. steffara 459. steroz, sterozun 400. stirn 458.

8 träum, stroum 457. strechan 457. streuuan 91. suila 91. swigen 132. Thiadgond 344. trahan 228. treno 228. triuwa 91. tropfo 139. tunkal 136. umbi 333. Walh 252.

wali 252. wehsal 154. wela 254. welag 254. weih 252. wichu 154. wida 133. willan 95. winnnn 460. wola 254. wullon 253. wunna 461. wunta 461. zispjan 96. ziuhu 365. zoha 53.

3) Mittelhochdeutsch, braht 49. breglen 49. don 238. dunec 238. dunte 238. gedon 238. goufeti 54. smtelen 264. smieren 265. smoren 307. überdon 238.

4) ABgelsächsi8clt EngUscb. ä 235. abal 147. ava 235. beorcan 96 blovan 336. boke 101. botm 320. . bubble 97.

buss 52. bytme 320. caege 194. clippur 86. cop 101. cvic-beim 105. dohtor 478. drabbe 83. dropa 139. drumble 98. djnja 238. earnjan 460. ellean 340. fin 392. fine 392. folm 393. frog 476. gaupen 54. ge]>eod 257. geJ>eoded 257. ge)>eoden 257. grasp 83. grima 96. grislic 96. haso 153. bläst 70. bobble 97. irnan 148. isgicel 93. key 194. knolster 83. loddere 97. lystan 268. peal 193. piöa 93. pilan 193. preön 96. pricele 96. print 86. pudding 90.

12

Wortregister.

quick-, quickgrass u.

s. w. 105ff. reotan 478. right 133. risan 463. ' rise 461 rodpr 478/ saengan 70. sceamjan 94. . scearn 14€u scearp 129. sceorp 93. seoin 96. shrng90. singe 140. smile 264. soften 84. steort 93. stire 93. . svigan 132. teohan 478. . teoru 93. tirigan 93.. veald 254. Vealh 352. yealloriaa 253! venire 96. veöd 96. vice 90. vinnan 460. vlacian 253. vlaec 253. vlaetan 85. 253. vlatian 253. yringan 133. wrong 133. yelp 83. }>eav 257. )?eoan 256. )>codan 257.

>cohan 256. j>eön 256. J>eov 257. >ihan 256. . }>rogen 148. . . >rote 100. {>yddan 257- ]>yvan 257.

5) Altsäcbaisch. bodm 320. döm 326. dropo 139. * dunjan 238. fiortig 89. nigun 96. odher 328. riomo 96. rod 324. 8oarp 129. svipan 132. undam 90. wunnia 461, wunodsam 461. wunsam 461. >anor 238.

6) Altnord. norwegisch. Dinisch. Schwedisch.

ae 235. aefi 232. afal 147. bisse 55. bleyta 49. blöde 49. botn 320. brat 400. diger 96. duna 238, eiian 340.

Fiörgyn 477 ff. fleiri, flest 366. flydra 50. Frigg 477 ff. gali 330. gaupn 54. gina 326. gioevu 54. glubende 50. glubsk 50. goepen 54. gabb 101. böss 152. Hösvir 152. kaldan 50. kallan 50. krak 51.. liosta 268. -mundu 240. manu 240. nele 195. pass 52. quick -tre 105. skarp 129. skalu 240. skylda 240. sparka 83. svipa 132. VaHand 252. vaullr 254. velkja 253. vikja 154. yilla 254. villiz 254. villr254. volgr 253. vrinske 86. >iod 257. J>ion 257. >roast 148.

Wortregister.

13

)>y 257. >yda 257. f>ydskr 257.

7) feuere deutsche dlalecte.

a 435ff. ab 437. aba 439ff. abar 4411T. abbraechcha 443. abesitz 440. abetüürlach 441. aebcha 443. achchar 443. acheberam 444. acberanda 444. achis 444. ach* 444. acht 445. aebta 444. achti 445. adelgras 446. ae 437. aeba 438. aebacb 441. «cka 449. aecht, aechter 444. aechta 444. aechzga 446. aefera 447. ffgrsta 447. ägerten 448. aehka 448. aehli 451. aeiria 448. «r 200. äiwelt 199. aeker 192. ael 449.

selb 450. »Heia 453. aelti 453. aer 193. aeren 192. afah 446. afanga 446. Afi 447. agla, agne 447. agrissa 447. aha 448. aisen 197. aisk 197. akta 449. aktenkraot 449. aalbock 449. aiag 449. alsrngga 451. alasssig 449. alba, albets 450. alchamatte 450. alenzig 450. alesma 451. alessa 451. all 131. 451. alls 452. allza 453. alm', almets 450. alm 451. alma?nt 451. almi 451. almuesa 452. alp 45lff. alt 453. alta 463. am 454. ama 454. amal 455. amana 454. ainbeilar 455.

ambeissa 455. anema 454. ane 304. aast 208. aüwen 209. ba3gelich 192. baigen 197. baise 197. baitel 198. balge 49. bännich 84. baranken 49. bafs, besser 372. bas 191. baude 209. beaoten 203. bendig 84. beswaigen 200. biese 96. bisein 55. blaige 197. blaigen 199. blicken 96. blind 110. blöd 49. boden 320. börste 70. brag'en 49. braken 49: britsche 49. broame 193. bruddeln 49. bruien 207. buebel 97. bülte 91. boaserle 52. bymeaur 201. chappen 49. cbapsen 49. cbnöuwjcka 449.

14

Wortregister.

dacken 466.

dae 193.

daigen 197.

dampf 459.

diba 459.

diege 96.

done 237.

donne 238.

doove koolen etc. 105.

drabbe 83.

draisk 198.

driet 96.

drom 49.

drömken 49.

droa 193.

dröälen 195.

drüemeln 98.

druiget 207.

drummeln 49.

duärnaigen 197.

duartke 99.

dubs 49.

dünninge 90.

dun 238.

dwas 49.

dwatje 49.

dwatsch 49.

dwatzig 49.

dysten 202.

eidechse 96.

eäur 203.

fsele 193.

faerat 449.

faien 199.

fest 70.

finef 386.

fioke 205.

flakcu 49.

fleäunken 203.

fleck 49.

flecke 49. flock 49. flunder 49. gabsch 54. gabsche 54. gaine, gai, gäi 196. gaitlink 198. gäiven 200. galpern 83. galupe 50. ganvereck 54. gaps 54. gären 137. gauf 54. geäus 200. gebsei 54. gescht 137. gesuine 206. getau 208. giaerkammer 95. giebsen 50. giepsen 50. gischt 137. glau 208. glubschen 50. gluip 50. gluipen 50. glapeo 50. glupsch 50. gopse 54. grabschen 55. grapsen 83. grätschen 55. griemeln 96. grieseük 96, grön 108. grymeln 96. güäweln 101. haien 196. häirnietel 199.

häit 199. halas 54. haepe 193. happen 49. hapsen 49, hase 153. Hauken 209. haüwen 209. heilig 274. helweg 239. hiaer 95. hiärschen 94, hiegedissel 96. hielweg 239. hiuk 206. hofschranze 83. holz 131. hottig 50. hudel 50. huebel 97. huien 206. hnttig 50. hutui 50. iule 205. iutnaigen 197. jechen 55. kabacke 50. kaddig 50. kaddik 50. kadel 54. kaek 194. kaenigt 54. kailen 197. kaimen 197. kalden 50. kaldünen 50. ka Innen 50. kalupje 50. kaluppe 50. kantschuh 50.

Wortregister.

15

kappes 51. karbatsche 50. kate 50. kaischc 50. kattich 50. kaupat 311. kenep 386. kirn, kimmc 426. klanken 83. klauen 208. klepper 86. kluggen 9L kl u neu 50. knueseln 98. koak 194.

kodde 88.

koddern 50.

kogel 51.

kollat sehen 53.

kolter 50.

kompost 51.

komst 51.

komurke 51.

kracke 51.

kraige 197.

kretscham 51.

kricke 51.

krop 88.

kruschke 51.

kuckel 51.

kudde 88.

kukpfad 311.

kuiern 207.

kuiken 207.

kumt, kommet 51.

kurmel 90.

kutte 51.

kwalster 83.

kwiärder 95.

kwieke 96.

kwynen 201.

laeke 194.

laige 197.

läipen 204.

läiwerk 199.

lanver 83.

last 70.

leben 108.

leduche 54.

leschak 54.

leverzee 87.

libbersäi 87.

lierwäik 196.

luäern 100.

lübbestiek 91.

loak 194.

lulke 51.

lulleu 51.

lullpipe 51.

lasche 54.

lust 268.

mäine 204.

mäit 199.

mänd 261.

mangel 51.

manschen 51.

margelle 52.

mauge 208. j meäur 203. 1 menschen 51. jmist 70.

mudeln 55.

muir 207.

nieendör 239. niegen 96. Nierenberger pat 539.

niereodör 239. niur 205. nöälcn 195.

nug'eln 52. nasche 54. nype 201. nywer 202. oame 194. oder 328. paelen 193. palte 52. parowe 52. pas 52. peaul 203. petschaft 308. piärk 93. pis 137. pisacken 52. piuke 205. pläiten 200. plauze 52. pliaermitis 94. pomadig 52. pörschen 54. pofs 52. prain 198, präiu 52. prempen 86, priekel 96. prienken 96. prudeln 49. pnddek 90. pudel 308. puiseken 207. pylc 202. quasen 52. quecken 105. rabastern 55. rabatzen 55. räken 191. raegern 55. raisen 196. raister 199.

16

Wortregister.

raeling 55. rame 190. rämbeäum 190. neren 193. reise 403. riedern 90. rinnen 459. roate 194. ruänken 99. rüÄts 101. miter 207 ff. rflef 98 rywe 201. sachten 84. sagen 306. sSgen 306. sfiile 199. saisse 197. saiwer 196. säir 204. saul 209. schabe! 52. schaie . 196. schäirlink 200. schände 52. 306. scbanne 52. scheppe 458. schiämen 94. schilrpe 93. schick 52. 306. schiene 96. schlammpeisker 52. schleifserin 54. schliefeer 54. schlfiufen 307. schlappen 307. schmücke 52. schmackoster 52. schmieden 132. schmor 52. 307.

schmutzen 307. schoaen 193. schoanen 194. . schaff 458. schöpf 308. schrägen 53. 307. schraken 193. schransen 83. schrecken 308. schrobben 53. schrömpen 89.. schruggeln 90.' schrumpfen 89. schabchen 53. 306. schfiggen 91. seauge 203. sehne 462. senn 462. Senne 462. 8iemern 96. slfiif 199. sliggen 88. slingen 88. : slueter 54. smicke 52. smordfonken 53. smuderlachen 97. snaigen 198. snaise 197. snoat 194. spaenen 193. spfiich 200. spalken 83. sparen 400. spatteln 83. sprützen 53. stadel 54. stälen 190. stamm 467. steil 96.

stepke 53. stiftrke 93. stilrt 93, stiegel 97. 8tiaten 205. sträng 457. strecken 457. strick 457. striteel 53. ström 457. strüggen 91. str&tzen 53. stüfir 100. sucht 76. söggel 91. swäden 191. 8-wiarder 95. syt 202. tändelmarkt 53. tangnet 53. tartsche 54. titer 93. tiärgen 93. tiepsken 96. timf 53. toach 194. todt, dood a.s. w. 106. traben 53. trachten 445. troach 194. tropfen 139. trögge 91. tschup 308. tuiern 207. unäi 204. ungern 90. verlieh 196, veromört 53. vläts 84. vlaum 206.

Wortregister.

17

vleaut 203. vlindcr 50. vlindervisch 50. vliren 196. vöttich 89. vräit 199. vrasen 191.

vreosken 86.

wadel 131.

waige 198:

waike 198.

wailen 198.

wald 254. warschauen 208. wasser ziehen 430. wankisewe 208.. waal 208. w^dergal 428. weicfrholz 105; welken 253. wiärate 93. . wielen 95. wiene 96.

wild 254. 300. wildscbur 53. woach 194. wriust 93. wracke 53. wymen 202. y^kiäkel. 93. zabenaxsa 440. zergen 53. zuk 53. zaprine 53.

B. CMechlflehe eprawhen«

a

«.-, ~- 129. dßgovteg 333. dßtig 267. dyvog 269.. dyQem 210. ayxi 270. ddeXcpog 129. adfttjg 302. d*i 155. 232. duQ& 291. ala 304. aiet 155. 232.

auf 232.

uiig 232.

atrvficu 397.

aiQm 270.

atgopai 291.

aicif 232.

axtopai 268.

l4xp<ov 44.

dxonj 46.

axaw 46.

äXsiyco 336.

Mfiua 136.

aXXofiai 128. <&$ 128. (Ü^oV 334. afia 128. dfuißofiai 227. dpenivoQ 151. . app«? 269. a>g>* 333. a*M*a> 72. 134. dvÖQOfuog 79. aiw, aWfo 226. dv&gTjdtov 228. üioQvog 80. 106. dndXafiPog 393. aW 375. dntoig 302. aQyvQiog 320. a^eity 232. OQWfiai 460. a^n? 129. oQrefAijg 67. J^Qtefiig 67. 68.

0£Ö) 2.

acpevog 71.

daraxvg 68. acrn; 68. 132. dteQctppog 393. at/a> 137. avwV 267. dyevog 147. acp&wog 467. dcpQog 66. 0a#*w 319. 0cfiUla> 227. 0Jla£ 254. ßhjxdopcu 254. r»«*' 254. /ata 304. /cüa 400. yaw? 461. yavdoa 461. /aroo) 461. ydwfiai 461. rawfiijdijg 461. yavvaaopai 461. 466; /rf 270. 372. y&Xa<x> 138. /aXoto? 138. 2

18

/du* 136

rtn>t 270. 463. ytQcuoe 138. jevoficu 136. TÜfia 265. 77?a? 396. /jy^vo) 396. rüai 15a jA^fo; 147. tril 462. yorr 466. 7£fco> 136. dcuco 266. 268. doxw 394 ff. 470. dapaQ 145. dcLpdoo 330. da?o$ 333. diixwfii 470. fotra 362. fofyo 226. toi?« 226. ftcv'a 136. ÄiWa 308 ff. didvproe 394. djfrea 147. flija 220. dtx&a 220. W£a tovovQavoS 427. ÖQärog 148. ÖQoeog 138. dvorrjrog 303. fttWO? 303. «arcfc 132. 136. «a? 132. 136. f}7»V 270. «>oj 271. 325. hmov 16. *frro$ 148. *fr«, ft/fr 71. «7«? 268.

Worlrfgttter.

«««* 368.

fixotri 132.

e'xa» 153.

tlpa 133.

f*V 269.

ilaor 46. 132.

BtQyrvfU 470.

«ipa» 131.

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'EUvq 72.

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flog 120.

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eVäroo 47.

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ivianuv 47.

Sppsov 263.

Imne 266.

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fro? 129. 320. 463.

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137.

motuu 47. 131.

ma 131.

iQjw 133.

cjpjw, cljo/w 133.

?qöq) 290.

*>«7» 292. 470. \'EQivyvg 131.

'EQtu-iag 131. 314. jfipros 148.

BQntjdtop 230.

*V<» 131.

ifwyydviB 476. ji»Vt^<>oV 334. {BQVfir6g 71.

fontqog 133.

foltere 47. lewtoiupr 47.

Mf 131

herftov 48.

frotf 10. 133. 298. |€varv eva*, evo« 273. \Eviog 274.

fvxj^Xo? 132.

evcapa 274.

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f&rtoff 274.

eva>, eva» 137. 273.

icpidlt^g 273.

ityiOQxem 273.

^ 131.

euff 269.

^svywfti 470.

£e'a> 137. 268.

V 133.

jf«s 134.

?#o* 134. #«>* 134. ^/uai 275. *J/«ap 275. ijpiQa 275. JjfUQog 320. ?p«fc 269. W«i- 131. ?*«* 320. r^vinastov 48. yfiap 145. °fr?a 72. fang 2. 72. |faf 272. \yoSg 137. #<wir« 459. 471.

&e'raQ 238. Oivatr 238. &t]Q 333. &iyy*vm 398. tf&Un? 399. &o(>etr 399. &Qa<svg 466. &qov<» 400. #eeo> 228. &(pjvog 228. #wUUV 399. ^vrco 394. tfvoV 137. &v$a 333. 0v?<ro? 399. iöim 231. *£?<»£ 135. t*£o? 274. Uqooövtt] 225. tCo> 48. 131. hjm 400. Jxxoe 271. ifjiag 131. 303. ipego? 275. %6g 133. «fc 133. 137. lojrjn 137. io%i<uqa 80. unro? 271. fr 133. *W* 133. laöfiog 67. etfos 272. ?<tt^* 467. !c%(o 48. iV<dd^ 133. Itia 133. Ws 133. f;po$ 148. i<& 271.

Wortregister.

; icir 270. jiwV/a 271.

xd&rjficu 275.

xaiwpai 269. Ix«*« 266. I xaA% 50. 'xa/Hj/' 333.

xsdcua 268.

xBQaim 268.

xeQanrvfii 71. 469.

KiQßeQog 314.

x^pW 71. 468ff. Ixta/u 266.

xkyto»? 230.

xWc* 266.

xjüotc» 471.

xkvto 364.

x6yx°S 336.

xo**e 400.

xoQerrvfii 469.

xoteitog 138.

xorvltydar 230.

xQorvg 359. i xf fe? 235. | HQepdvfVfu 469. \xQi]ftrt]fii 463. | xQTjfivog 468. j xTJ^oaV 228. | xrijvog 148. I Ktifvfu 467.

xtipft? 332.

X0M17 335.

XayX&vw 272.

lopßaiw 325.

/LagDi^o* 325.

taurc» 470.

^C9 328.

^rw 68.

Ida/opai 268.

XifMTtdva) 399. 470.

19

l/a« 336. taxoe 80. Xvz* og 272. ficupdm 228. futlopcu 268. par&dpco 395. pdrng 295. /**>«? 270. 325. fMtdcuo 264. peidida 264. peüog, p&Quvog, fui-

Xi%og, -xiog 264. /*&*<» 289. lu\BÜ(6rr} 231. peXenj 232. p£U 150. »«?£ 264. ptfr 261. W«? 227. 295. fiirvöa 464. (UwvQog 464. /ws 137. pt^o? 148. /*'« 137. ya/ca 268. twxfo 268. *e*o$ 266. re'xv? 271.

viyog 298. rur?a> 471. ri'qpa, rupdg 263. rotxof 139. ?d<wo£ 137. wog 137. 263. 298. vaiwftrog 393. Se'a 138. (tootfc 67. otta 133.

ol*og 133. ohog 133. 61x6g 134. oXog 131. 361. o^otf 66. 325 opog 267. ©Vi* 336. onlotBQog 66. oQttfog 138. OQsorro 396. jpdtf? 300. OQira) 398. oQmpi 396. oqwvw 460. dpotw) 396. ov, oi, e 135. ova? 137« o^o^9 o^A» 133. o> 134. *as 301. ntdop 354. fiep(p(>tidoir 228. *«* 137. niqa\na 52. nerafpvfju 469. aeretpog 151. Tlwaaog 296. ^yjcttjuaJtAo?' 155 nrflwyÄ 470. IltjQeyopeia 266. *rifcv? 303. nUiqa 310. Hie?/« 310. nfftnhjpi 395. mrtHffjti 469. jrAartfc 476. arkctf 366. wUiiW 366. '*!&» 366. IToXvdcqira 394.

Wortregister.

woilik 366.

nohidapra 394.

*olt*366. : fror i 477/ 'fiorrwc 310.

aovppa 271.

IlQOfa^&evg 395.

ir^otf 477.

! BQOti'411.

WjuiyV 320.. ! »v<h» 335.

avr&arm 467.

mtoff 335.

«d>v 272.

le?e<* 290.

$«o<r 298.

(fatrpa 457.

£«w 263.

fäfrvfu. 470.

«£?£ 236.

aacpyg 336.

aei?« 131. 457.

aaljfa 72.

2Hloi 72.

aiyaoo 132.

aidtjQog 132.

«r/f« 139. 272.

GxeddrwfAt 469.

cxijvog 148.

<nUdnj(Ai 469. 470.

<rxa)£ 145.

oprjtrog 148.

(ro^er^ 132.

aoqiog 336. I anadoiv 229.

cnavog 229. jaira'a 229. jarawai 397. 467. j <nre?o? 237. :<j«Vß) 237.

ari'£«ir 292.

dröVoc 237.

<rro<ro? 68.

atoQerrvfu 469. , ütoQfVfu 456. 467.

469. ; ovoxof 68-

GTQayyto 457.

OTQtjrog 148.

atQuirwfii 456. 469.

;ö^«T« 146.

( aj/Ca» 1 46. ;t«w- 463.

ratqa 466.

ra^a<r<rcü 292. , ra<roa> 70.

iav{>og 302 ff. ^ tcaig 296. |«gfe304. 466. |r£iV©> 46.

i T€4g<» 46.

' rixratra 231 . :«U« 268.

rsfisrog 148. , Ttv&Qijdolp 228. rtQijdwv 230.

re^flrro? 467.

reggro? 148.

TBiaydv 292. 398.

rstQaxa 220.

r£TQax&ci 220.

rUo&eu 38,

tivrvfii 391.

cijv/m 391. 470.

TiVl» 391.

«'» 467.

rorfrew 228. itoVos 238. I rojro? 68. Jt^'co 137. 268.

tQirog 220. . tq^cl 220. # TQtx&d 220. rvnxco 471. . Zü(x>q 134. &7.131.. vfwfe 209. vmug 209. . vfiros 303. vnefAryftvxa 70. wwg 131. vrriQefinjuvxi 394. wwoff 135. •W 131. 395. 470. vQag 1^5. »S.131.

vcTfuny 303. . . vatBQog 361. <pdßpg 207.

Wortregister.

yayzüaiva 230. ' 9«/«* 292. 900? 138. q>avog 267. qpev/o) 470. <p&ita>,° (p&im 467. g#*tf*s 467.. guaUu 273. <pdz(o 395. q>iloftftfidfc 265. (p^/cot 268.

CpQOVÜQV 330.

yvyyavw 470. * gwyef* 292. qptuc» 384. qw'Uor 330. Xaiva 320. )*&«£<* 335. XäIwos 330.

21

\X<*f*(u 305. X<xtddtv 399. X«otf 148. ja^is 150. jf«oi 266. ^evfia 457. t*» 4*0. ' *?'* 201. j#*Ccfc 220. . X<h»'* 305. XoXog 330. -yo^a 328. xpa&iov 328. opo? 201. o5* 131. wog 134. 202. <Sga 209. cIqio 390.

ۥ Italische sprachen.

1) Lateinisch, ab 375. 470. ad 310. 476. * ädjovta 303. ador 15. adqae 374. advosem=advorsum5. aes 301. -

aevum 232. af»ab 375. abenus 301/ albus 334. amb— 333. ancile' 27. .28. anclabris 27. anciare' 27. ..anculi- 27.

ancus 27.. Antioco 300. anguslus 270. ar 320. 470. arcus plüvius 427. arduus 300. . argenteus 320. argenfam 302. arma 2. armu8 2. Arnth 13. arundo 310. Arnos 44: assir 136. ast 375. at 375. augur 4.

[Aüpiter] Opiter 4. auspex 4. Auster 80. Averaus 80. 100. averruncus. 80/ : balare 254. balineae 370. balbus 254. barbarus 252.' Bebriacum 18. bibo220. blaferare 254. boletus 91. bruma 300. bucca 152. caecas 222. ' caeruleus 18.

22

Wortregister.

calccanda 363. 370. caQos 152. capio 335. carinare 380. caro 235. cascos 151. Casinam 151. casnar 151. Casnasins 152. -ce, -c 372ff. ceaa 480. cenati 480. Cerberus 315. Ceres 298. clovaca 363. clovlei 363. codes 222. coelebs 222. coirare 362 ff. columen 370 com, con 376. comoini8 362. condo 335. conilovont 363 ff. conquaero 353. consuetado 232. conticisco 35.5. convicium 153. coqainare 380. cosentiont 360. credo 335. crueiitus 236. cruor 236. . culcita 50. cur 354. 371. Caritis 15. curro 221. damnam 467. daoant 380. 397. Decras 57.

decas 265. dedro 360. 370fi. dedrot 360. 370 ff. deficatam 353. deico 470. delicavit 18. delitisco 355. detolerit 360. dico 470. Diespiter 4. distisum 353. dives 150. domare 330. doDQm 11. dos 11. dovcere 36 3 ff. dubenus 17. ego 271. 325. eidemsidem o. 356. em 356. eo 397. cro 384. eus 380. exaestumo -353. expleüuot 380. 395. faba 69. Fabaris 18. faceiundam 356. facintt8 147. facio 335. 400. faclia=facilia 370. faüatus 368: fect 370ff. fei 330. fenos 147. fera 333. ferbeo 369. fere 400. feriuuüt 381. ferme 400.

Feronea 354. figulus 398. figura 398. filea 354. findo 470. fiogo 398. fio 335. firmas 400. flacciscit 355. flos 336. flovios 363ff. foedoa 362. foidoratus 362. foliam 336. follis 399. fores 333. formido 231. forraiiß 333. 399. fornax 399. fornix 398. fornu8 399. Foslus 372. Fostlus 370. FovMae 363ff. Fovrius 363ff. fragesco 355. fragmeD 457. fraogo 470. fraus 399. fremo 228. frenum 400. fretus 400. fruniscor 360ff 3S fruor 381. fpustra 400. früstum 400. fulcio 400. fulvus 367. fundo 289. funduß 320.

Wortregister.

23

furere furvus 367. futilis 335: gelu 330. gemebundus 355. Gennani 156 ff. graodo 335. habetabetur 354. harena 333. Hercolea 361. hesternna 226. kiberno8 17. liircus 333. hosfis 359. hamerus 261. ibei 358. id 375. im 356. imber 325. 386. indiges 15. infera 370. Innad 374. insece 47. infierinniitar 381. interamiias 310. interct 370. invitare 153. inyiias 154. iter 147. 381. jacio 221. 400. jecox 145. 147. 381. jocas 363.

jous, joassi 363. 368. jabere 368. jucandas 4. judex, jadicare 368. jugra 370. jugulum 18. jnngo 470. Jupiter 4.

jurare

jurare 365.

labea 355.

labeones 355.

lac 400.

lamentum 400.

Lar 13.

Larce 13.

Laris 13.

Lars 13.

lateo 335. .

latus (adj.) 476. .

latus (ptc.) 400.

lavatum 5.

Lauchme 13.

laus 400.

lautum 5.

lebro 370.

leibreis 370.

Liber 371.

üben 371.

Hcnia 370. jlien 476. « Iingo 328. 333. !linquo335.399. 470.

loebeso 371.

loedus 362 ff.

longus 324. 400.

lotum 5.

Lovcaoa 363 ff.

Lovcina 363 ff.

lubido 231.

luciacit 355.

Lucumo 13.

lupus 80. 400.

magnus 325.

Mannen lff.

Mamurius 2. 9 ff.

Mamuri 10.

nianea 73.

manubiae 369. maroeo 400. Marmar lff. 6 ff. 8. Marmor 2. 6 ff 9. Maria II. Mars lff. 13ff. Marapater 3 ff. 16. Marspiter 3ff. 16. Maapiter 3ff. 16. Mavore lff. 17. Mavortius pater 17. mediaa 324. 333. menaia 261. mereto 353 ff. meridies 18. mieia 377. mihi 324. milea 299 ff. minuo 464. miror 265. mobilia 227! moenia 362. moeras

mori 2. morrius II. mos 235. 301. moveo 227. mox 2.

multitudo 232. munire 362. manas 147. muru8 362. matilaa 335. naufragium 4. nequioont 381. 396.

397. nervua 26 nisei.358. nisi 357. nix 263.

24

Novceria 363 ff.

novndinnm 363 ff.

Namsias 370.

nupcr 4.

nariu 263.

ob 375. 476.

obinuDt 397.

ocios 2.

oettintar 362.

ofdias 370. . . oino 362.

oinvoroei 362. 370.

oitile 362.

ollei 361.

Opitcr 4. ' oppedeis 354.

opus 298.

Otricoli 18.

ptJmiu 393.

pango 470.

pannus 210.

parco 400.

parentet 382:

Parilia 18. ' parvus 400.

paiior 3?5.

paucus 152.

pecten 229.

penn* 147..

per 476.

pertisum 353.

pignus 147.

piterf.paterincomp.4.

piüa 477.

pleno* 381. 467.

pleo 395.

pleores 366.. ploiruaic '362/ .

plQuruma 363ff.

plovs 363ff.

Wortregister.

pol- 477. pollacere 365. poloucta 363ff. pone 474.

popluca8,poplicas360. popolus 361. 367 ff. por- 476. porricere 365. portio 11. posco 476. pes- 476. poeedeit 357. posedet 354. porblicom 363ff. . prae 471 ff. praesens 475. praeses 474. praeter 474. prebendo 399. pro 476. proeul 354-. prodinoDt381. 397. prösa=pr*vofsa 5. proaiciae 365. Poblius 360. punio 397. puteo 335. quadraginta 368. quaero 221. queibos 357. queb 390. queror 221. qttirqair=squi8qui8 8. quisquis 359. re-, red- 475 ff. redieit 357. redinunt 397. " reetis 476.

reirosum = retror- sum 5.

; ripa 310.

rogo 476.

raber 331. Irao 460. -

rutilus 335. . 'salio 128.

i sam, sie, 8os«= suabi,' ! suis, saos 377.

sanies 137. Isanguis 137. jsapio 336. .

sas&asuas 365.

scäbellom 467.

scamnum 467.

scindo 470.

scutilus 335. ' '

sed 375.

sei.br 356.'

seine 357.

seit == sit 357. •semol 353.

senatorbus 370.

senex u. 8. w. 129.'

sequi 47.

sero 131.

serus 69.

sibei 358.'

sieeos 152.

8imitu 354.

sine 357.

sirius 462. 466.

Siria 369.

Sisapu* 369.

soledus 353 ff. .

»olino 380.

sollas 361.

§ont 360.

soveis 377.

sovom 363ff.

8ovo8'363ff.

aperes, speribuB,spero

- 6. steroos 146. sterno 466. 467. strages 457. stramen 457. ' strango 457» strennus 466. struigo 457. slrues 458. struo 458. saaveis 359, soescö 7-1. sab 375. 476. snsum 5. suadeö 134. tableis 370. tabula 68. tango 398. Tarquinius. 14. taiirus 369. . tellus 305. . tenuis'463. - terreö 292. tibei.358. . . . .tiMä2£ tis = tqis 377. tui

379. ipnare 238. tonn* 238. Iotas 296. tovtia 363 ff. trans 473. -trare'473. tremibundiis 355. tudes 150. Turpleio 370. Talia 362. tuus 364. ubei 358.

Wortregister.

als, ultra 361. umeru8 261. unguis 336. utei 358. uva 364. yado 400. valeliido 232. veles 298. . vcnio 319. ▼entus 301 ff. Fenum 262. Venus 298. 461. Vcturi 10. Veturius 10; TCtus 10.. Yicesma 3.70. 372. ■vic-.is 154. vünen 400. . vineio. 400.. vinoo 400.' vis* 154. vitare 153. vitis.133. vivus 107. vomitus 221. yovrat J. vovcrat 370, Yulnus 147. .

2) Oskiscb. Aidtlis S6. allo 361. amfr 334. amfret 382. anafris8 386. angetazet 59. 382. arageto 302. carneis 386. -cen 373. censamur 383. censazet 59. 382.

25

censtur 382. comono 362. dekviarini 57. eisei 61. eiseis 61. eisu 60. .61. eisud 61. ekak 51. 56. ekask 61: ekass 57. ekkum 61. ekss- 61. eksu 61. 62. eksuk 61. ieku-61. - *n 57. i eestint 58. ' !esuf6l. j ezum 60. facus 383. famelo 382. I.fust 334. jharest 38?. idik 60. ! imaden 57 ienc 60. ioc 60. ioyia 57. ip 60. isidum 60. iiik 60. iusc 386. iussu 57. izik 60. -k 373. ka[i]la 57. | Mamercus 18. Mainers 18. MafUQtwo 18. MafMQfwovfi 18.

26

Wortregister.

medikeis 57.

erek 60.

mefiu 326. £34.

eru 61. 62. '

4) SablnlKb.

mianiku 362. '

esu 61. 62.

ancus 27.

pai 59. 60.

foni 372.

Capencas 27.

perfek] 56.

fratrex 62.

cupras 27.

pertumost 363.

-fusl 333.

fareoa 333.

Pompaiiana 57. -eis

hondra 361.

ferenter 26.

57.

hutra 361.

feret 26.

pontram 56.

kam 386.

fircus 333.

praefucna 383.

kumultu 383.

Fora 30.

qaan 376.

Marte, -i 14.

Fortana 30

serevkid 57.

Martio 14.

lepestae 27.

set 382.

mefa 334. 382.

Mamercus 25.

sipus 383.

ner 26.

Mamers 26.

Siuttüs 56.

no^ve 359.

Marcius 26.

suvei« 379.

peho, piho 477.

Mcdultia 27.

svai 359.

perca 57.

Mefula 26. 27.. 335.

teremnatoet 56. 57.

persni 397. 467. 476.

neria 26.

teremnattens 56.

posmom 25.

nerion 26.

tribarakavam 383.

pre 474.

Neron 26. . .

aittiuf 363.

pur 476

venia 26.

vergarfnu 385.

pus 474.

Vesbula 26.

via 57. viaas 57.

paze 359.

voraus 20.

rufra 334.

5) MttellaMftisch

-

sve 359.

PlatUateiiÜÄCh. Fraa

3) ümbriscL .

tefe 326.

zöslsclL

alfer 334.

tekvia 57.

caldana 50.

ampr, ambr 334.

teatra 62.

capiöta 51.

ar 476.

toro, turo 369

charogne 236.

beii- 20.

tota 301.

tenda 53.

cersnatur 480.

up 476.

tendeta 53.

ceana 480.

utur 15.

D. Sanskrltsprachen.

1) Sanskrit u. frakrit. amsa 261. amhu 270. axita 467.

adi 476. ati 476. atha 376. adabdha 459.

antaripa 310. anveshati 465. ap 310. apa 375. 476.

apacita 387. apaciti 387. apas 298. apnas 148. aba 476. abhi 33a 375. abhimati 227. abhra 66. 325. 386. abhva 147. amu 421. amnas 148. ayam 421. ayasmaya 301. 319. ayämi 397. arnas 148. arfasana 150. a$an 46. agani 46. a^na 46. agman 44 ff. asan, a$rj 137. 236. asme 269. aham 271. 325. äp 310. äyos 135. 233. ärya. 257. agä 272. Vas 269. 275. iDomi 397. Indräytidba 427. invati 397. ima 421. iahira 274. iahma 275. im 356. Kux 364. apa 375. 476. Uganas 149. uarika 388. Uli

Wortregister.

udhae 141. urna 456. urdhva300. ordhyasana 150. Vre 365. rju 133. rnjasana 150. rnakli 470. rnacit 389. rnayä, rnayavan r nami 459« riiomi 396. 460. rnvati 460. ena 362. 421. enas 148. eva 234. evam 235. eeha 62. ehas 148. aabam 273. karbara 314. karrara 314. karvura 314. karbara 314. j/kas 152. kirua 468. kutra 354. kumbba 332. Vkr 146. kratu 359. kravia 236. kravya 235. xau 228. xiiiäti 467. xitioti 467. xina 467. xiti 467. kha 148. khalfoa 336. VgT 160.

27

gruami 396. grbhnati 471. go 304.

gopalichäpa 427. Vgrabh 335. glaa 147. gha 372.

gharma 324. 333. ghosha 107. cayati 470. fei 387ff. eikitvit 150. cita 392. citi 392. citra 392. cinoti 470. cbadia 148. cbinadmi 470. jaganma 320. jaganvas 320. jaras 396. jarasaoa 150. jala 330. jana 466. }/ji 400. |/jiv 309. jubomi 470. |/jnä 464. joa 462. jrayasana 150. nimmäna-i 468. tatanvat 141. tanu 463. 466. tanonii 466. tanjatu 238. j/tap 459. tavas 296. tävat 365. tirämi 473. tirae 473.

28

Vtu255. 296. tampati 471. trpnomi 467. 470. trmpati 470. topati 471. thimpaini 470. V dagh 304. daghnoti 466. danxnü 470. danta 326. dabdha.459. .. dabhnoti459.467.471. j/dam 330. damdnaa 149. ' dafati 470. dagaayati 266. danaadi '470. Vda 329. dideshli 470. dina 367. mvitmat 119: dirgha 324. . Vdaah 136. •• dulistmj 3Q3. drapsa 138. . dravinas 148. dhanutara 237. dhanvan 236. ydhi326.329.400. dhiyasana 150. dhüma 238. dhftrta 400. ydhr 400. . )/dhrsh 324 466. - . dhrshnu 466: . Vdhra 400. nakta 272. nakha 336. uabhas 298. . namaia 258.

Wortegifter.' -

namaaäna 150. mwa 266. oavya 266. 463: Vnaft nan$# 272. V'naa 137. nirmäna 468. nlg 272.

I nenekti- 471.

i

padi.477. %•'

patni 3110. pada 354. . papari 367. pari 476. patinas 148. Parjanya 498. pagcat 474. päjas 296. . pai.ii 229. pivari 310. puca-etar 474. pnrataat 474.. purahsad 474. puras 473. - pura, puln 366. purna 456. 467. prchäoii 397. 476. prnäti 467. 1 prthu 476. Pr^ni 478. ' . . prati 476. pragattvan 216. pragtia 397. 455. 467. prasiti 476. Vprk 38K- . priya 477. priyäyati 395. prertvan'216. . plihan 476. . phani 229. Vphull-336.

bandhämi 470. barbära 252. badhna 320. 467. budhnäti 467. bodhiomaiias 149. bhanajmi 470. bhand 371. bharnaa 148. bhasas- 138. 267. bhiuadrai 470. bhiyaaafla 150. . bhrnäti 463. - |/biiram 228. bbratar 323." m'arti 463. mati 227. madhya 324. maou 463. 466. Kmanth 395. Manus 467! ' mandasäna .150. manve 466, - maru 106:* mahat 325, mas 261.301. miaoti 464. 466.. ymish 137. Vmi 362. . . öiukha.148. muna-i 466. mar 362. ]/my (mar) 2. mlecha 252. ]/mh% 253. Vmlai 252. Ymlew 254. yakrt 145. 265. yajna 455. Vyam 320. . yamasäna 150.

Worlregiater.

. 29

ya^as 265. Vjas 137. l'ya 400: ysvat 269. Vju 368. ynnajmi 470. Vyudh 289. yushme 269. rajata 902. rajatamaya 320. rajas 136. rajja 457. rabhasäoa 150. rahasya 136. Vrnnc 80. irnd 478. Radra 478. radhira 334. rugat 272. rüpa 269. reknas 148. 149. rodas 478. I'labh 325. l'lash 268. lioati 463. 467. Hna 463. 467. y/Hh 328. ylunc 80 365. yyac 46. 153. vana 461. vanas 298. 461. vaou 461. 466. vanas 466. Taiioti 460. 466. vamathu 221. |/var 2. varayimi 459. varvara 252. Vva$ 132. Vva* 132.

vasana 132. vasftna 132. vasäyati 396* vasna 262. vasman 132. vasyas 220. vata 302. väsas 228. Vvic 154. vicinomi 389. vidrate 133. yigoa 455. vigva 272. vitika 133. vrjina 133. - vrnakti 470. vrn&mi 459. vrdbas&n» 150. veda 133. Vaitarani 316. $akrt 145. gankha 336. tabala 314. gavas&na 150. $a$a 153. ftinj 139. 272. ftudh 289. ) ^ubh 289. gushka 152. V^ru 364. sagarbhya 129. Vsac 47. Y&an 462. sana 129. 463. sanaj 129. .463. sana 130. sanomi 466. Vsap 131. sama 128. 267. Isamatha 354.

| sama 320.

sarva 361. jSaranyü 131. .

Särameya 131.

sahas 298.

sahaaäna 150. Isanu 462.

Särameya 314. .sinäti 466.

sinivaü 130.

sirä 457.

samna 303.

skabhnati 458. 467.

skabhnoti 458.

y/ötan 237.

stana 237.

stabbüyat, stabbuya- roäna 396.

stabbnäti 458. 467.

stabhnoti 458. 467.

stighnute 470.

stirna 438. 467. ! sirnami, strnomi 456. 467.

Vstha 336.

sthänu 457.

stbüra 369.

}/8du 263.

sau, sänu 462.

snashä 263.

spbay 229.

j/smi 264.

Ysmx 265. , V^raj, srj 457.

Ksru 263. 457. jVsvad 134.

svadhä 134. isvapna 455. I j/svid 132.

hanu 270. 463.

W«rtf«gwlcr.

k*YM 2».

DZ«M.

tav 225. 296.

hinoaato 4M.

a^an 46.

thanvan 237.

hiooti 4M.

apia 46.

thanvare, tfaanwetn

kinmau ja 320.

apnan 46.

237.

hiranyaya 390.

««■271

thritya 220.

hana-i 4M. 470.

a4m421.

dfa 14a

bonan 457.

afai232.

Mdora 106.

hltda 3M.

cttha 387.

rasyat 220.

brMioi 366.

csvas 967.

Ctane 216.

jy4iÜ369.

hnahka 152.

tafna 467.

hvare 134.

Druckfehler, berichtigtiDgeo, nachtrüge.

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z.

308

z.

z. 16 v. o. lies r st. t z. 9 v. o. 25 8t 35

8 v. o. vrvwen

3 v. o. vriemeln

I t. o. Elwen Elfen

12 v. u. miärgenblaume

II v. u. stutzen 10. v. vl h&nenjuekel

6 v. u. sluedern

4 v. o. smultro

3 v. u. 8ud

7 v. ii. spruaken

5 v. n. nuSch

4 v. u. schuat 1 v. o. guäten 16 t. o. deihl

5 v. u. ann svadham 1 v. u. formen

z. 12 v. o. declinationsendim-

gen st endnngen

z. 4 v. s und r. «

z. 6 v. o. s und r

z. 18 v. o. auslaute 8t. laute

z. 14 v. u. auhsa

z. 19 v. u. noat

16 v. u. des altwestf.

16 v. u. klain

17 y. il bleich st bleib. 4 v. o. exprobrare

1 v. o. deaurt heäurt z. 2 v. o. feäurt

z. 10 v. o. Substantivbegriffs st adjectivbegriffs z. 20 v. o. Zerstörer z. 8 v. u. aa. verba st a-verba z. 10 y. o. zahlabstracta st Zahladverbien

z. 20 y. o. fUllt im griechi- schen Überhaupt oft z. 3. v. u. specialformen

13 v. u. indem n

9 y. o. do st don 9 v. o. Vermeidung

2 v. u. solchem 2 v. u. ßkrjxdoftai

14 y. u. gens 1 v. u. fttWoq 9 v. o. von y und 1

I y. o. eine 1, sg. 19 v. u. iaviü)

II v. o. tschaebr ("-}

. 308 z. 12 v. o. tschaegg ( ~ )

308 z. 16 y. o. capio - 812 z. 5 v. u. carato 812 z. 6 y. u. drftau 319 z. 21 v. o. das semicolon vor aus ist zu tilgen : 320 z. 6 y. o. stamm (nvO-pfv) 336 die anmerk. d. red. mufs fort- fallen; das versehen war auf ihrer seite, da Schleicher in einem nach- trage zu p. 97 seines werks die Schreibung nog"t' besprochen hatte.

860 z. 10 v. o. suavis

861 z. 13 v. u. hinzuzufügen: doch mag Kirchhoff „stadtrecht v. Ban- tia" s. 25 recht haben, wenn er behauptet das esk. allo sei nicht = olla, sondern ssalia, rtXXij. Schw.

362 z. 10 v. u. mumJku

364 z. 7 v. o. nur

867 z. 11, v. o. im griechischen st im gothischen

878 z. 12 y. o. die annähme eines 08k. -ceii neben -c, -k scheint doch etwas bedenklich, da wohl Kirch- hof erkl&rung 1. 1. s. 86 unan- tastbar ist Schw.

378 z. 8 v. u. seien geschiedene Senati

888 z. 16 y. o. upajfvanti

897 z. 17 v. o. Schweizer p. 881.

400 z. 11 v. o. goth. gratan

405 z. 5 y. u. wäre noch

421 z. 6 v. u. ou

451 z. 7 v. o. ist vor der klammer eine bemerkung des herrn vf s. aus- gefallen, nach der alessa mit acu- leus verwandt sein sollte.

455 z. 16 y. u. Zusammenhang

456 z. 6 v. u. namentlich 458 z. 7 y. u. nhd. schöff

461 z. 16 v. o. n

462 z. 19 y. u. nhd. senne 464 z. 11 y. o. minnists 466 z. 4 v. o. muna

466 z. 17 v. o. dafs

469 z. 7 v. o. -*tj|U*

470 z 12 v. o. thimpami

470 z. 16 v. o. anderes

471 z. 13. 14 v. u. weshalb man sie st und die man deshalb.

VERZEICHNIS

VON

WERKEN

AUS DEM GEBIETE DER

SPRACHFORSCHUNG

ERSCHIENEN

in Berlin-

September 1857.

BERLIN,

GEDRUCKT BEI A. W. SCHADE, QBÜN8TRA88E 18.

I 1857.

A. Allgemeine Sprachwissenschaft

System der Sprachwissenschaft, von K. W. L. Heyse. Dach dessen Tode herausgegeben von Dr. H. Steinthal, Privatdocenten an der Universität zu Berlin. 1856. gr. 8. geh. 2Thlr. 15 Sgr.

Durch die Veröffentlichung dieses Werkes, das die allgemeinen Er- gebnisse der neueren Sprachwissenschaft mit seltener Klarheit, Kürze und Uebersichtlichkeit darstellt, wird nicht nur allen Sprachforschern von Fach, zu welcher Richtung sie sich auch bekennen mögen, sondern überhaupt Allen, die irgend ein Interesse an Sprachwissenschaft nehmen, ein nicht geringer Dienst erwiesen sein. Ein Beurtheiler (Georg Curtius) im literar. Centralblatt sagt über dieses Werk:

„Dies Werk, in welchem wir eine der gediegensten Arbeiten auf dem Gebiete der Sprachwissenschaft zu begrüfsen haben, ist die reife Frucht eines vorzugsweise der allgemeinen Sprachforschung gewidmeten Lebens. Durch den Reichthum des Inhaltes und die glückliche Form ist es geeignet, für längere Zeit ein Hauptwerk für alle hier einschlagenden Forschungen zu bleiben. Ganz besonders aber möchten wir es allen Denen empfehlen, welche an Schule und Universität Sprache zu lehren berufen sindu u. s. w.

TJeber den Ursprung der Sprache von Jacob Grimm. Aus den Abhandlungen der königlichen Akademie der Wis- senschaften vom Jahre 1851. Dritte Auflage. 1852. gr. 8. geh. 15 Sgr.

Es war vor allem die Thunlichkeit einer Untersuchung über den Ursprung der Sprache zu erweisen. Nachdem hierauf dargethan wor- den, dafs die Sprache dem Menschen weder von Gott unmittelbar aner- sehaffen, noch geoffenbart sein könne, wird sie als Erzeugnifs freier menschlicher Denkkraft betrachtet. Alle Sprachen bilden eine geschieht-

Allgemeine Sprachwissenschaft.

liehe Gemeinschaft und knüpfen die Welt an einander. In ihrer Ent wicklung werden drei Hauptperioden unterschieden, welche mit meister- hafter Feinheit und Durchsichtigkeit geschildert werden.

Der Ursprung der Sprache im Zusammenhange mit den letzten Fragen alles Wissens. Eine Darstellung der An- sichten Wilhelm von Humboldts, verglichen mit denen Her- ders und Hamanns von Dr. H. Stein thal. 1851. gr. 8. geh. 15 Sgr. (Vergl. S. 8.: Sprachwiss. Abhandl.)

Es lag dem Verfasser vorzüglich daran, die Gebildeten überhaupt, besonders aber die Metaphysiker und Psychologen auf die hohe Wich- tigkeit der Frage nach dem Ursprünge der Sprache dadurch aufmerksam zu machen, dato er deu Zusammenhang derselben mit dem Verhältnifs von Gott und Menscheu, Unendlichem und Endlichem, Leben und Tod, Allgemeinem und Einreinem nachwies. Aufserdem hat er seine früheren Arbeiten über W. v. Humboldt hiermit ergänzen gewollt.

Ueber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues

und ihren Einflufs auf die geistige Entwicklung des Men- schengeschlechts von Wilhelm von Humboldt. 1836. gr. 4. geh. 4 Thlr.

In diesem Werke hat der berühmte Verfasser den Kern seines ideellen Lebens niedergelegt. Wie er darin eine Anschauungsweise der Sprachwissenschaft vom Standpunkte der Weltgeschichte aus begründet, eben so sehr lehrt er darin eine Weltanschauung von dem Standpunkte der Sprache aus. Beginnend mit der Betrachtung der die geistige Ent- wicklung des Menschengeschlechts hauptsächlich bestimmenden Momente ($. 1—6) gelangt er zur Sprache, als einem vorzüglichen Erklirungs- gruude jenes Entwicklungsganges ( $. 7 ). Er seiebnet die Richtung yor, welche die Sprachforschung zu nehmen hat, um ihren Gegenstand in dieser Weise zu beurtheilen ($.6) und wird dadurch zu einer tieferen Darlegung des Wesens der Sprache geführt ($.9—12). Sodann genauer auf das Sprachverfahren eingehend, stellt er die allgemeinsten und alle Theile der Sprache durchdringenden Eigentümlichkeiten derselben dar ($.13 18), nach welchen er sie classificirt (§.19). Als den Punkt aber, von dem die Vollendung der Sprache, ihre EntwickclangsfShigkeit und ihr Einflufs auf ^o- Volksgeist abhängt, hebt er die grössere oder geringere Stärke der synthetischen Kraft derselben hervor and führt den Nachweis sowohl rücksichtlich der indoeuropäischen, als der semi- tischen, amerikanischen und der einsylbigen Sprachen (§.21 24). Die Beantwortung der Frage, ob der mehrsilbige Sprachbau aus der Ein- silbigkeit hervorgegangen sei, bildet den Schlafs (§. 25) dieses grofs- artigen Werkes.

Allgemeine Sprachwissenschaft.

Grammatik, Logik und Psychologie, ihre Principien und ihr Verh&ltnifs zu einander, von Dr. H. Steinthal, Pri- vatdocenten für allgemeine Sprachwissenschaft an der Uni- versität zu Berlin. 1855. gr. 8. geh. 2 Thlr. 15 Sgr.

In diesem Bache stellt der Verf., dessen frühere kleine Schriften eine nngewöhnliohe Aufmerksamkeit erregt haben, seine sprachwissen- schaftliche Grundansicht in erwünschter Ausführlichkeit dar. Sein Be- mühen ist vorzüglioh darauf gerichtet, den Begriff der innern Sprachform zu entwickeln, hierdurch der Grammatik einen eigen thü ml ich en Boden anzuweisen, sie besonders scharf von der Logik abzuscheiden und mit der Psychologie in enge Verbindung zu bringen. Das Buch zerfällt in drei Theile. Der erste weist die falsche Begründung durch die Logik zurück; der zweite stellt ausführlich das Verhältnifs zwischen Logik und Grammatik dar, wobei die wichtigsten Punkte dieser beiden Wissen- schaften vergleichend zur Sprache kommen; der dritte, der aber die Hälfte des Buches umfafst, legt die eigentümlichen Principien der Grammatik und ihr psychologisches Wesen dar.

lieber den Naturlaut von Joh. Carl Ed. Buschmann. [Besondrer Abdruck aus den Abhandlungen der König]. Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1852.] 1852. gr. 4. geh. 15 Sgr.

Der Verf. bemüht sich zu zeigen, dafs aus der Thatsache, dafs für die Begriffe der nächsten Verwandtschaftsverhältnisse fast in allen Sprachen ähnlich klingende Laute vorbanden sind, kein Schlufs auf eine allgemeine Verwandtschaft der Sprachen gezogen werden dürfe. Er be- zeichnet diese einfachsten, aus dem Munde der Kinder zuerst vernom- menen und folglich den Kindern geläufigsten Laute, die eben deshalb von allen Völkern in gleicher Weise auf die Begriffe von Vater, Mutter u. s. w. übertragen werden, mit dem Namen Naturlaut und stellt sie für grofse Reihen von Sprachen in Tabellen auf.

Die Sprachwissenschaft Wilhelm von Humboldts und die Hegeische Philosophie von Dr. H. Steinthal. 1848. gr. 8. geh. 20 Sgr. (Vergl. S. 8: Sprachwiss. Abhandl.)

Es lag dem Verfasser zunächst und zu allermeist daran, die Unnah- barkeit der dialektischen Methode Hegels dadurch zu beweisen, dafs er zu zeigen suchte, wie diese über sich selbst hinaus zur genetischen treibt, welcher Wilhelm v. Humboldt huldigt. Hierauf giebt er eine Darstel- lung der Grundlagen und des Ziels der Sprachwissenschaft Humboldt1 a mit beständiger Zurückweisung der unberechtigten Forderungen und gehaltlosen Leistungen der Dialektik,

Allgemeine Sprachwissenschaft,

Die Classification der Sprachen dargestellt als die Ent- wicklung der Sprachidee von Dr. H. Steinthal. 1850. gr. 8. geh. 15 Sgr.

(Vergl. S. 8. Sprachwissenschaft! Abhandl.)

Diese Schrift enthält zuerst eine Kritik der bisherigen Sprachclasei- ficationen und damit der heutigen Sprachwissenschaft überhaupt. Beson- ders ausfuhrlich wird Wilhelm v. Humboldt nach seiner genialen, wie nach seiner mangelhaften Seite dargestellt- Darauf giebt der Verfasser nach einer neuen Auflassungsweise des Wesens der Sprache eine Ein- tbeihing der Sprachen in dreizehn Classen nach einer den natürlichen Pflanzen- und Thiersystemen analogen Methode.

Heber den Dualis von Wilhelm von Humboldt. 1828. gr.4. 12$ Sgr.

Diese Abhandlung dürfte aus manchen Gründen Humboldts schönste und tiefste Arbeit genannt werden; auch wirft sie auf viele wichtige Stellen seines grösseren Werkes ein sehr erwünschtes Licht. Die Not- wendigkeit solcher Untersuchungen über einzelne grammatische Formen wird rorn Verfasser selbst im Eingange dargestellt. Nach der Ueber- sicht des räumlichen Umfanges der Sprachstamme, in denen sich die Dualform findet, wird die Natur derselben zuerst nach der Beobachtung der Sprachen selbst bestimmt, dann in tiefster Weise aus allgemeinen Ideen abgeleitet, mit Berücksichtigung der phantasie vollen und rein ver- ständigen Seite der Sprache.'

TJeber die Verwandtschaft der Ortsadverbien mit dem Pronomen in einigen Sprachen von Wilhelm von Hum- boldt. 1830. gr.4. 10 Sgr.

Eine Darstellung des Pronomens selbst leitet diese Abhandlung ein, in welcher durch das Beispiel der Pronomina der Sprache der Tonga- oder Freundschaftsinseln und anderer malayischer Sprachen, ferner der chinesischen, japanischen und endlich besonders der armenischen Sprache gezeigt wird, wie die Pronomina aus, den Ortsadverbien hergenommen werden können.

De pronomine relativo commentatio philosophko-philo- logica cum excursu de nominativi particula. Scrip6it H. Steinthal, Dr. Adjecta est tabula lithographica signa Sinica continens. 1847. gr. 8. geh. 20 Sgr.

(Vergl. S. 8. Sprach wissenschaftl. Abhandl.)

Per Verfasser sucht die Bedeutung des Pronomen relatiyum für das

Allgemeine Sprachwissenschaft

Satzgefüge aufzufinden. Die Untersuchung beginnt mit dem einfachsten Satze. Indem nfimlich der Verfasser sogleich von Anbeginn die philo- sophische Reflexion mit den Thatsachen verbindet und nach der gegen- seitigen Durchdringung beider strebt, zeigt sich, dafs in den niedriger stehenden Sprachen das Pronomen relativum schon zur Bezeichnung der einfachsten Satzverhältnisse, vorzüglich aber als Partikel des Attributs verwandt wird. Stufenweise wird die weitere Entwickelung des Satzes, die schärfere Absonderung und formelle Ausbildung des Pronomen re- lativum, wie endlich in immer steigender Vollendung der Organisation der Sprachen verfolgt, welche, drei Punkte, als mit einander Hand in Hand gehend, in engerem Zusammenhange betrachtet werden. Diese kleine Schrift, die erste des Verfassers, enthält den Keim zu allen sei- nen folgenden Arbeiten und ist besonders ein guter Kommentar zu sei- ner Classification der Sprachen.

Frauennamen aus Blumen von Jacob Grimm, vorge- lesen in der akademie am 12. Februar 1852. gr. 4. geh. (Vergriffen.) 12 Sgr.

Zwei sprachvergleichende Abhandlungen:

1 ) Ueber die Anordnung und Verwandtschaft des Semitischen, Indischen, Aethiopischen, Alt -Persischen und Alt-Aegyptischen Alphabets.

2) Ueber den Ursprung und die Verwandtschaft der Zahlwörter in der Indogermanischen, Semitischen und Kop- tischen Sprache,

von Dr. Richard Lepsius. 1837. gr. 8. geh. 1 Thlr.

Der Verfasser fuhrt in der ersten Abhandlung mit Scharfsinn und Gelehrsamkeit die Sätze durch, dafs 1) die Ordnung der Buchstaben im alten semitischen Alphabete nach einem organischen Principe gemacht ist, dafß diese Anordnung aber 2) genau und vom ersten Buchstaben an mit der historischen Entwickelung des Sprachorganismus überein- stimmt, woraus folgt, dafs 3) das semitische Alphabet sich nur allmäblig und zugleich mit der Sprache selbst so gebildet habe, wie wir es vor- finden. Hierdurch wird sein Ursprung in die Anfänge der Geschichte, und jedenfalls vor die Trennung des semitischen, ägyptischen und indo- europäischen Stammes gesetzt. Dies fuhrt auf eine Vergleichung des semitischen Alphabets mit dem indischen und den Hieroglyphen, und wird der gemeinschaftliche Ursprung dieser drei erhärtet. Dasselbe doppelte Interesse, die Verwandtschaft jener drei Sprachstämme, wie den innigen organischen Zusammenhang von Sprache und §chriit nachzuwej*

8 Allgemeine Sprachwissenschaft.

sen, herrscht auch in der zweiten Abhandlung. Es wird demgemäfs aufeer der Verwandtschaft der ägyptischen, semitischen und indo- europäischen Zahlen auch die Uebereinstunmung swrischen der Bildung der Zahlwörter durch Zusammensetzung mit dem ägyptischen Ziffersysteme von der Zahl vier an bis zehn dargelegt. Die durchaus einfachen drei ersten Zah- len aber werden auf Pronominalstamme zurückgeführt. Der Verfasser geht hierauf zu den Spuren des Duodecimalsystems und dem Decimal- sygtem über und schliefst nach einer Abschweifung über die Bildung der Ordinalia das Ganze mit einer Nachweisung der ursprünglichen Femininformen der Zahlwörter.

Die Entwicklung der Schrift. Nebst einem offenen Send- schreiben an Herrn Prof. Pott. Von Dr. EL Steinthal. 1852. gr. 8. geh. 22J Sgr. ( Vergl. das folgende Werk.)

Diese Abhandlung zerfallt in einen allgemeinen und einen besondern Theil. Im entern wird der Begriff der Schrift erörtert, wobei der Verf. in seiner bekannten Weise an W. v. Humboldt anknüpft, ihn kritisirend, begründend und weiterführend. Sein Gesichtspunkt ist der psychologi- sche , von welchem aus im andern Theile der Abhandlung die verschiede- nen Schriftarten als die Entwicklungsstufen des Begriffes der Schrift in folgender Reihenfolge dargestellt werden: Die Sphriftmalerei der wilden Nordamerikaner und der Mexikaner; die Bilderschrift der Chinesen und Ae- gypter, welche mit einander verglichen werden. Den übrigen bekanntereu Schriftarten, welche leichter erledigt werden konnten, wird in der Ent- wicklungsreihe, die endlich mit den Runen schliefst, die ihnen gebüh- rende Stelle angewiesen. Das Sendschreiben stellt des Verf. Verhält- nifs zu Humboldt dar und bespricht die innere Form und die Classi- fication der Sprachen.

Gesammelte sprachwissenschaftliche Abhandinngen von Dr. H. Steinthal. 1856. gr. 8. geh. 1 Thlr. 15 Sgr.

Sämmtliche bisher einzeln erschienene Abbandlungen: De prono- mine relativo; Die Sprachwissenschaft Wilhelm von Hum- boldts; Die Classification der Sprachen; Der Ursprung der Sprache; Die Entwicklung der Schrift (zusammen ca. 34 Bogen, im Ladenpreise von über 3 Thlr.), sind hier auf den Wunsch des Herrn Verfassers zu einem Bande mit besonderem Titel vereinigt.

Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen.

B. Indogermanische Sprachen.

Im Allgemeinen.

Ueber die Namen des Donners. Eine akademische Ab- handlung, vorgelesen am 12. Mai 1853. Von Jacob Grimm. 1855. gr. 4, geh. 12 Sgr. ,

Diese Abhandlung giebt die Etymologieen der Ausdrücke für Don- ner in der deutschen sowie in den übrigen indogermanischen Sprachen. Es werden aber auch die finnischen (oder nralischen) Sprachen zur Vergleichung herbeigezogen, wobei sich überraschende Zusammenstim- mungen in Laut und Begriff ergeben. Diese erhalten noch tiefere und umfassendere Bedeutung dadurch, dafs sie Hand in Hand mit mytholo- gischen Beziehungen gehen. Vier Excurse dienen zur Ergänzung und genaueren Begründung einzelner Punkte. Namentlich zeigt Auslauf A, dafs aufser den vorgeführten Beziehungen zwischen finnischer und deut- scher Zunge in den Namen des Donners auch sonst noch ein Zusammen- treffen beider nicht selten ist und Auslauf C betrachtet die griechische Motioosform i'/?, et«.

Ueber den Liebesgott von Jacob Grimm. Gelesen in der Akademie am 6. Januar 1851. 1851. gr. 4. geh. (Vergriffen.) 7\ Sgr.

üeber den Personenwechsel in der Rede, von Jacob Grimm. Aus den Abhandlungen der König]. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1856. gr. 4. cart. 22 Sgr.

Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Send, Armeni- schen, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen, Gothischen und Deutschen von Franz Bopp. Zweite, gänzlich umgearbeitete Ausgabe. Erster Band. Erste Hälfte. 1856. Zweite- Hälfte. 1857. gr. 8. geh. & 2 Thlr.

Die vergleichende Grammatik, das Endergebnifs der vielseitigen Forschungen des Verfassers, hat vor allen übrigen Werken desselben

10 Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen.

der Sprachvergleichung einen festen Grund und Boden geschaffen. Der Zweck der darin geführten Untersuchungen ist ein doppelter. Wenn einerseits nachgewiesen wird, dafs die indo-europäischen Sprachen in deu von ihnen ausgebildeten Sprachformen entweder eine vollkommene Iden- tität zeigen oder zur Darstellung derselben sich verwandter Mittel be- dienen, ist andererseits das unablässige Streben des Verfassers darauf gerichtet, der Entstehung und Bedeutung dieser Sprachformen auf die Spur zu kommen und so den Organismus des Sprachkörpers zu erken- nen. Dient die entere dieser engverknüpften Richtungen vorzüglich dazu, die Geschichte der Sprache aufzuhellen, so sucht die andere das Wesen derselben zu ergründen, d. h. in der letzten Instanz den Schleier zu lüften, welcher das Verhältnis zwischen dem Gedanken und dem lautlichen Ausdruck desselben bedeckt hält.

Diese neue umgearbeitete Auflage erscheint in drei Bänden von dreifsig bis vierzig Bogen zum Preise von 4 Thlr. für den Band, wel- cher Preis aber nur bis zum Erscheinen, des dritten Bandes gilt; sobald das Werk vollständig geworden, tritt unwiderruflich ein Ladenpreis von 15 Thlr. für das ganze Werk, und von 5 Thlr. für die einzelnen Bände ein.

In drei Jahren wird dasselbe vollständig erschienen sein. Die erste Abtheilung des zweiten Bandes wird nächste Oster- Messe ausgegeben werden.

Vergleichendes Accentnationssystem nebst einer gedräng- ten Darstellung der grammatischen Uebereinstimmungen des Sanskrit und Griechischen von Franz Bopp. 1854. gr. 8. geh. 2 Thlr.

In der indo- europäischen Sprachfamilie lassen in Bezug auf die Accentuation nur das Sanskrit und das Griechische eine durchgreifende Vergleichung unter einander zu. Um die Uebereinstimmung beider Spra- chen hinsichtlich ihres Accentuationsverfahrens in allen Einzelnheiten nachzuweisen, war es nothwendig den ganzen Sprachorganismus in Be- trachtung zu ziehen, so dafs die obige Schrift aufser der vergleichenden Accentuationslehre, die ihre eigentliche Bestimmung ist, auch die Grund- züge einer vergleichenden Formenlehre der betreffenden Sprachen dar- bietet, wobei es nicht vermieden werden konnte, gelegentlieh auch an- deren Gliedern der indo-europäischen Spraohfamilie einen Blick zuzu- wenden. Am ausfuhrlichsten ist die Wortbildung behandelt worden und am Schlüsse eine tabellarische Zusammenstellung der gewonnenen Re- sultate gegeben, wodurch Jeder leicht zu der Ueberzeugung gelangen wird, dafs in diesem Theile der Grammatik die Jahrtausende, welche das Griechische vom Sanskrit trennen, es nicht vermocht haben, in Bezug auf Form und Betonung in der einen oder andern der verglichenen Spra.

Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen. 11

chen solche Aenderungen hervorzubringen, die nur einen augenblicklichen Zweifel an der ursprüglichen Identität derselben veranlassen könnten.

Ueber einige Demonstrativstamnie und ihren Zusammen- hang mit verschiedenen Präpositionen und Conjunctionen im Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von Franz Bopp. 1830. gr. 4. Sgr.

Ueber den Einfluss der Pronomina auf die Wortbildung im Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von Franz Bopp. 1832. gr. 4. Sgr.

Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf- dem Gebiete des Deutschen, Griechischen und Lateinischen, begründet von Dr. Theodor Aufrecht, Privatdocenten an der Universität zu Berlin, und Dr. Adalbert Kuhn? Professor am Cölnischen Gymnasium ebendaselbst, fortge- führt von letzterem. Band I— VI 1851—57. cart. ä 3JThlr. Der Band von 6 Heften zum Subscriptionspreise von 3 Thlr. Band VII Heft 1 erscheint noch im Laufe des Jahres 1857.

Diese Zeitschrift will durch eine kritische Ergründnng der genann- ten drei Sprachen, besonders aber des etymologischen Theila derselben, deren ursprüngliche Form wiederaufbauen und indem sie auf die frühe- sten Perioden derselben zurückgeht und dem Gange der Sprache folgt, also genetisch, die Bedeutung der ausgebildeten Formen erforschen. Zu diesem Zweck wendet sich die Untersuchung bald einer der drei Sprachen unter Berücksichtigung ihrer Dialekte mehr oder weniger aus- schliefslich zu, bald vergleicht sie zwei derselben oder alle drei unter einander, indem sie, wo es erforderlich ist, das Sanskrit als die älteste Schwester dieser drei zu Rathe zieht. Hierdurch fällt nicht selten Licht auf die älteste Geschichte der europäischen Volksstämme und namentlich auf den Zusammenhang derselben in der Periode ihrer Sprachbildung.

Durch die Beschränkung auf eine kleinere Zahl von Sprachen wird der Vortbeil erreicht, die einzelnen Sprachen schärfer zu erfassen, als es bei der Ausdehnung über ein gröberes Gebiet möglich wäre; für die gewählten Sprachen aber entschied man sich, weil sie unter den indo- europäischen zu der reichsten Entwickelung gelangt sind und ferner weil die Werke, die in denselben niedergelegt, für unsere Bildung so bedeut- sam sind, dafs ihre Grammatik der gründlichen Erforschung wohl vor- züglich würdig ist. Durch Besonnenheit der Methode, sowie durch Klar- heit und Bündigkeit der Darstellung wird sich die Zeitschrift jedem Phi- lologen empfehlen,

12 Indogermanische Sprachen* Sanskrit.

Beitrage zur vergleichenden Sprachforschung auf dem Gebiete der arischen, celtischen und slawischen Sprachen, herausgegeben von A. Kuhn und A. Schleicher. Sup- plement zur Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung. I. Bd., Heft 1. 1856. Heft 2. 1857. gr. 8. geh. ä 1 Thlr.

Der Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung treten hiermit Supplementhefte an die Seite, in welchen diejenigen Sprachen des indo- germanischen Sprachstammes vergleichend behandelt werden sollen, die bei der Zeitschrift grundsätzlich ausgeschlossen werden, also namentlich das Sanskrit, die slawischen und celtischen Sprachen.

Aus dem reichen Inhalte der ersten beiden Hefte begnügen wir ans folgende Arbeiten hier anzuführen: Schleicher, Kurzer abrifs der ge- schieh te der slawischen spräche; Spiegel, Cyrua und Kuru. Cambyses und Kamboja; Kiepert, Andeutungen zu Untersuchungen über den ari- schen charaoter der mediachen spräche; Pott, üeber die erste person des imperativ«: Miclosich, Verba intensivaim altslovenisohen; Pictet, Iren und Arier; Aufrecht, Celtica; Spiegel, Zur altbactrischen Syn- tax; Bugge, Vermischtes aus der spräche der Zigeuner; Ebel, Celtische Studien; Whitney, Beitrage zur theorie des sanskrit verbalaccents ; Miclosich, Das suffix - * ( - ü ) im alt slo venischen.

Sanskrit.

Glossarium Sanskritum in quo omnes radices et vocabula usitatissima explicantur et cum vocabulis Graecis, Latinis, Germanicis, Litthuanicis, Sclavicis, Celticis comparantur a Francisco Bopp. Fase. tres. 1847. gr. 4. 6Thlr. 20Sgr.

Für die Leetüre der bis jetzt zugänglichsten und verbreitetsten Sanscritwerke bestimmt, hat das Glossar den Vorzug, dafs die Bedeu- tungen derWörter nicht auf frühere Autorität angenommen, sondern fast durchgängig aus den behandelten Schriftstellern nachgewiesen sind. Wichtig wird es überdies durch die Fülle von Wortvergleichungen aus dem gesammten Bereich der verwandten Sprachen und die kritische Un- tersuchung des Wurzel vorrathes.

Atharva-Veda-Sanhita, herausgegeben von R. Roth und W.D.Whitney. Erste Abtheilung. 1855. hoch 4. geh. 8 Thlr.- Zweite Abtheilung (das zwanzigste Buch des Athanra-Veda.) 1856, hoch 4. geh. 1 Thlr. 15 Sgr,

Indogermanische Sprachen. Sanskrit. 13

Hiermit iat der Text dieses Veda vollständig aasgegeben.

Die dritte Abtheilung wird eine Einleitung in den Atharva-Veda, kritische und erklärende Noten und verschiedene andere Beilagen ent- härten.

The white Yajurveda edited by Dr. Albrecht Weber. Parti. The Väjasaney i - Sanhitä in the M&dhyandina and the K&nva-Qäkhä with the commentary of Mahidhara. 1849 52. gr. 4. cart. 21 Thlr. 20 Sgr.

Part IL The Qatapatha-Brabmana in the Midhy- andina-Qäkba with extracts made from the commentaries of Säjana, Harisvämin and Dvivedagaoga. 1849 56. gr. 4. cart. 24 Thlr. 20 Sgr.

Part III. The Qrautasütra of Kätyäyana with extracts from the commentaries of Karka and Yäjnikadeva. No.l 3. 1856. 57. gr. 4. geh. 9 Thlr.

Jfrahma-Vaivarta-Pur&ni specimen. Textum e codice ma- miBcripto bibliothecae regiae Berolinensis edidit interpreta- tionem Latinam adjecit et commentationem mythologicam et criticarn praemisit Ad. Fr. Stenzler. 1829. 4. 20 Sgr.

Diluvium cum tribus aliis Maha-Bhärati praestantissimis epieodiis primus edidit Franciscus Bopp. Fasciculus primus, quo continetur textus Sanscritus. 1829. 4. 2 Thlr. 20 Sgr.

Hierzu die deutsche Uebersetzung ;

Die Sündfluth, nebst drei anderen der wichtigsten Epi- soden des Mahä-Bhärata. Aus der Ursprache übersetzt von Franz Bopp. 1839. 8. 20 Sgr.

Ghatacarparam, Das zerbrochene Gefäfs, ein sanskriti- sches Gedicht, herausgegeben, übersetzt, nachgeahmt und erläutert von G. M. Dur seh. 1828. 4. 20 Sgr.

KsMt^avan^avallcharitam, a Chronicle of the family of Raja Erishnachandra of Navadvipa, Bengal. Edited and translated by W. Pertsch. 1852. gr. 8. geh. 2 Thlr.

MalavikA und Agnimitra. Ein Drama des Eälidäsa in fünf Akten. Zum ersten Male aus dem Sanskrit übersetzt von Albrecht Weber. 1856. 8. geh. 1 Thlr.

14 Indogermanische Sprachen. Griechisch.

Päraskaras Grthya-Butra* Glückwunsch Sr. Excellenz Herrn Freiherrn Alexander von Humboldt zum 4 Au- gust 1855 dargebracht von Dr. Adolph Friedrich Stenz- ler, ord. Prof. der orientalischen Sprachen an der Königl. Universität zu Breslau. Nebst einem Bruchstück aus Paras- karas Darstellung der heiligen Gebräuche, der Inder. 1855. gr. 4. geh. 7J Sgr.

Upalekha de Eramap&tha libellus. Textum Sanscritum recensuit, varietatem lectionis, prolegomena, versionem La- tinam, notas, indicem adjecit Dr. G. Pertsc h. 1854. gr. 8. geh. 1 Thlr. 10 Sgr.

Urvasia, fabula Calidasi. Textum Sanscritum edidit, in- terpretationem Latinam et notas illustrantes adjecit Ko- bertus Lenz, Dr. Ph. 1833. 4. geh. 4 Thlr.

Yajnavalkya's Gesetzbuch, Sanskrit und Deutsch heraus- gegeben von Dr. Ad. Fr. Stenzler. 1849. gr. 8. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.

Griechisch.

De nominum Graecorum formatione linguarum cognata- rum ratione habita scripsit Dr. G. Curtius. 1842. gr. 4 geh. 20 Sgr.

Die Wortbildung war, wie sehr auch deren "Wichtigkeit seit Butt- mann einleuchtete, der Schwierigkeiten wegen, die sich bei Beschränkung auf die eine Sprache überall darboten, in den Grammatiken stiefmütter- lich und überdies stets so behandelt worden, dafs primäre und secun- däre Ableitungen zusammengeworfen wurden. Der Verfasser spricht sich zuerst über den Unterschied beider aus und geht sodann, nachdem die wichtige Voruntersuchung über gewisse, weder zur Verbal wurzel, noch zum Affix gehörige euphonische Laute erledigt ist, zur Darstellung der griechischen primären Wortbildung über. Die ableitenden Affixe sind hier nach ihrer formellen Verwandtschaft geordnet, ihre Entstehung und ihr Verhältnifs zu den identischen lateinischen und sanskritischen, sodann die mannigfachen Umgestaltungen' nachgewiesen, welche einzelne

Indogermanische Sprachen. Griechisch. 15

im Griechischen erfahren haben. Die Klarheit der Darstellung macht die Abhandlung selbst dem in der Sprachvergleichung minder Geübten fruchtbar.

Etymologisches Wörterbuch der griechischen Sprache zur Uebersicht der Wortbildung nach den Endsylben ge- ordnet von Dr. W. Pape. 1836. Lex. 8. 2 Thlr. 15 Sgr.

Die' mit vieler Emsigkeit und Aufopferung ausgeführte Arbeit des Verfassers fuhrt uns gleichsam in den Haushalt der griechischen Sprache ein. Die nach den Endungen übersichtlich geordnete Zusammenstellung der Wörter gereicht zu mannigfachem Nutzen: bei dem Nomen und den Partikeln lernen wir, obgleich eine strenge Sonderung der Einsicht des Lesers überlassen bleibt, die mit gleicher Ableitungs- oder Flexions- endung gebildeten Wortsta'mme kennen, während bei der Conjugation es von Wichtigkeit ist, den ganzen Vorrath der den einzelnen Classen anheimfallenden Verben übersehen zu können. Aber auch für die Accent- lehre ist der möglich gemachte Ueberblick willkommen, und für die Compositum, deren wissenschaftliche Bearbeitung noch mangelt, besteht keine ähnlich reiche Sammlung.

De conjugatione in pu linguae Sanscritae ratione habita scripsit Dr. A. Kuhn. 1837. 8. 10 Sgr.

Die Conjugation auf /u, die in unseren Grammatiken noch im- mer als die unregelmäfsige betrachtet wird, erweist sich durch Ver- gleichung des verwandten Sprachkreises als die ursprüngliche und die- jenige, welche Personalendungen und Eigentümlichkeiten der Conjugation am treuesten bewahrt hat. Der Verfasser, welcher sich eine möglichst erschöpfende Behandlung jener Conjugation zur Aufgabe gestellt hat, betrachtet zunächst die Personalendungen, denen mit Hülfe des Sanskrit sowohl ihre ältere Form, als (und hierbei namentlich bietet sich eine Reihe scharfsinniger Beobachtungen dar) ihre Bedeutung nachgewiesen wird. Der zweite Theil des Buches behandelt sodann die Bildung der einzelnen Zeiten mit durchgängiger Hervorhebung der dieselben unter- scheidenden Merkmale und untersuchender Berücksichtigung der Dialect- eigenheiten.

Grammatik der griechischen Vulgarsprache in historischer Entwicklung von Prof. Dr. F. W. A. Mullach. 1856. gr. 8. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.

Diese Grammatik, der eine umfassende, aus den Quellen geschöpfte Geschichte der griechischen Sprache von den ältesten Zeiten bis Jetzt als Einleitung in 47 §§. (107 SS.) vorangeht, ist als eine wichtige Er- gänzung der bisherigen griechischen Grammatiken zu betrachten, die nur die Schriftsprache zu behandeln pflegen.

16 Indogermanische Sprachen. Lateinisch und Altitalisch.

Grammatik des Neutestamentlichen Sprachgebrauchs. Im Anschlüsse an Ph. Buttmann 's Griechische Grammatik bearbeitet von Alex. Buttmann. Erste Abtheilung. Formenlehre. 1857. gr. 8. geh. 10 Sgr.

Lateinisch und Altitalisch.

Theorie generale de l'accentnation latine suivie de re- cherches sur les inscriptions accentuees et (Tun examen des vues de M. Bopp sur Fhistoire de F accent par Henri Weil et Louis Benloew, Professeurs de facnlte. 1855. gr. 8. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.

Der lateinische Accent hat noch zu wenig die Aufmerksamkeit der Grammatiker auf sich gezogen. Einfacher als der griechische, bietet er doch der interessanten Erscheinungen gar viele dar. Gegenwartige Be- arbeitung desselben durch zwei Philologen, welche Schüler Böckh's und Bopp 's zugleich Bind uud mit der genauesten Kenntnifs des klas- sischen Alterthums die Ergebnisse, die Principien und die Methode der neuen comparativen Grammatik verbinden, dürfte jene Lücke in der phi- lologischen Forschung fast vollständig ausfüllen. Der lateinische Accent wird hier nicht bloß an sich und nach seinem vielseitigen Einflüsse auf die Gestalt nnd Abänderung der Wörter betrachtet, es wird ferner hier« bei nicht blos nach wahrhaft geschichtlicher Methode seine Entwicklung in den verschiedenen Epochen des Lebens der lateinischen Sprache aus- führlich dargestellt; sondern es wird auch am Accente die Stellung nach- gewiesen, welche überhaupt die lateinische Sprache in der Geschichte des indo- europäischen Stammes einnimmt, indem sie in die Mitte tritt zwischen das altertümlichere Accentuationssystem des Sanskritischen und Griechischen einerseits und das der modernen Sprachen andrerseits.

Die umbrischen Sprachdenkmäler. Ein Versuch zur Deu- tung derselben von Dr. S. Th. Aufrecht und A. Kirch- hoff. (1849 51.) Zwei Theile in einem Bande, gr.4. mit 10 lith. Tafeln. 1851. cart 10 Thlr.

Die lateinische Sprache, welche in Folge der wenigen literarischen Ausbildung, die ihr in ältester Zeit zu Theil wurde, bis die Bekannt- schaft mit der griechischen Literatur ihren Einflute ausübte', in einem fort-

Indogermanische Sprachen. Lateinisch und Altitalisch. 17

wahrenden Auflösungsprocesse begriffen war, mufs durch die Verglei- chung mit den italischen Sprachüberresten mannigfache Aufklärung erlan- gen, gerade so wie die einzelnen griechischen oder deutschen Mundarten in dem sie zusammengehalten werden, einander vielfach ergänzen und erläutern. %

Die umbrischen Sprachreste, welche wegen ihres bedeutenden Um- fanges schon früher Gegenstand angestrengter Forschung gewesen waren, gewähren das doppelte Interesse, dafs aus ihnen einerseits eine ziemlich vollständige Uebersicht des umbrischen Idioms sich zusammenstellen läfst, andererseits ihr Inhalt viele Seiten des römischen religiösen Lebens in helles Licht setzen kann. Die Lösung dieser zweifachen Aufgabe war der Zweck des vorliegenden Werkes. Zunächst kam es darauf an, eine möglichst erschöpfende Grammatik der umbrischen Sprache zu schaffen nnd den Nachweis zu liefern, dafs dieselbe mit der lateinischen in schwesterlichem Verhältnisse stehe. Der erste Band beschäftigt sich nun damit, die umbrisebe Laut- und Formlehre zu entwickeln, wobei die Analogie mit den verwandten Sprachen durchgängig zu Grunde ge. legt wurde. Die Lautlehre beginnt mit dem Vokalsystem, erweist des- sen Uebereinstimnrang mit dem lateinischen namentlich in der Abneigung gegen die Diphthonge nnd sucht den Ursprung der einzelnen Vokalf durch Herbeiziehung eines grösseren Sprachkreises zu ergründen. Auch bei den Konsonanten ist überall deren- Entstehungsgeschichte und Ver- hältnis zu einander erforscht worden, so dafs der noch in unseren Ta- gen sehr vernachlässigten lateinischen Lautlehre nicht geringer Aufschlufs daraus erwuchst. Noch wichtiger wird aber die Formenlehre, weU das Umbrische viele Flexionen besitzt, welche im Lateinischen entweder ver- altet oder verstümmelt sind. Die Darstellung begnügt sich aber nicht mit der Zusammenstellung der ähnlichen oder identischen Formen, son- dern sucht wo möglich deren Ursprung zu ermitteln.

Im, zweiten Theile werden die im ersten aufgestellten Formen aus- führlich begründet und die sprachliche Deutung der Denkmäler so geübt, dafs die Verfasser sich stets der Grenzen bewufst bleiben, welche durch die Dunkelheit des Gegenstandes gesteckt sind und deren Ueberschrei- tung ihre Vorgänger in Behr sonderbare Verirrungen geführt hatte. Durch das beigefügte vollständige Glossar und den genauen Abdruck der Tafeln sind die Leser nach allen Seiten in den Stand gesetzt, sich ein selbst- standiges Urtheil zu verschaffen und die noch nicht zum Abschluß ge- langte Forschung weiterzufuhren.

18 Germanische Sprachen.

Germanische Sprachen.

Crescentia ein niderrheinisches Gedicht aas dem zwölf- ten Jahrhundert, herausgegeben von Oskar Schade. 1853. gr. 8. geh. 1 Thlr.

Der Herausgeber hat in obigem Gedicht, das bis jetzt in der Kaiser- chronik als dazu gehörig und davon untrennbar betrachtet wurde, ein selbständiges strophisches Werk von einem andern Verfasser, als dem Redactor der Kaiserchronik, erkannt. In der Einleitung weist derselbe zum ersten Male in einigen anderen Gedichten des zwölften Jahrhunderts eine feste Regel des Versbaues und der Sprachform nach.

Die deutschen Ortsnamen mit besonderer Berücksichti- gung der ursprünglich wendischen in der Mittelmark und Niederlausitz von AI. Buttmann, Professor. 1856. 8. 'geh. 174 Sgr.

„Wir unsererseits wünschen der kleinen Schrift besonders deshalb eine allgemeinere Beachtung, weil sie einige sehr wichtige Fundamental- sätze über die Entstehung und die Umwandclung von Ortsnamen auf eine klare und überzeugende Weise zur Anschauung bringt, Lehr- sätze, welche nicht blos für Deutschland, sondern für aHc diejenigen Länder gelten, in denen Völker verschiedener Zunge gelebt haben.44

Zeitschrift für allgemeine Erdkunde.

Ueber die Bedeutung des Namens der Städte Berlin und Cöln von C. Ä. F. Mahn. 1848. 8. geh. 5 Sg&

Ueber den Ursprung und die Bedeutung des Namens Freussen von C. A. F. Mahn. 1850. 8. geh. 5 Sgr.

Der Verfasser prüft die vor ihm versuchten Erklärungen der Namen Berlin und Preufsen, und da sie sich unhaltbar zeigen, giebt er neue, welche, die Schwierigkeiten, die den früheren entgegenstanden, vermei- dend, auch durch positive Gründe höchst wahrscheinlich, um nicht zu sagen gewifs, gemacht werden. Der Werth der beiden Arbeiten wird nicht blos durch andere gelegentliche Etymologien, sondern auch dadurch erhöht, dafs der Akt der Namengebung an Völker und Städte nach allen Möglichkeiten dargelegt wird und dadurch für alle hierher gehörenden Untersuchungen anregende Fingerzeige gegeben werden.

Littauisch - Slavisch. 1 9

Etymologische Untersuchungen über geographische Namen von C. A. F. Mahn, Dr. Erste Lieferung. Einleitung. Bedeutung des Flufsnamens Spree. 1856. 8. geh. 5 Sgr.

Aufser der ausführlichen Erklärung des Namens der Spree werden in der Einleitung und sonst gelegentlich neue und hinlänglich entwickelte Deutungen der Namen Italien, Germanen, Skandinavier, Pelasger, Sicu- ler, Serben, Skythen, Iberer und des Teltowgaus aufgewiesen und ver- sucht, welche die aus den falschen und mifslungenen Etymologieen ge- zogenen Folgerungen und Ergebnisse aufheben oder bedeutend modifi- ciren.

Littauisch - Slavisch.

Ueber die Sprache der alten Preussen in ihren verwandt- schaftlichen Beziehungen von Franz Bopp. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 24. Mai 1849, am 25. Juli 1850 und am 24. Februar 1852. 1853. gr. 4. geh. 1 Thlr.

Mit gewohnter Meisterschaft unterwirft der Verfasser in dieser Schrift das einzige zuverlässige altpreufsische Sprachdenkmal, das uns erhalten ist, die Uehersetzung nämlich des kleinen Lutherischen Katechismus, einer grammatischen Sichtung, und zwar hauptsächlich diejenigen Formen, die dem Litauischen und Lettischen gegenüber besondere Beachtung ver- dienen, insofern sie diese mehrfach durch treuere Bewahrung des ur- sprünglichen Gepräges übertreffen. Somit bildet diese Schrift einen höchst willkommenen Beitrag zu der „Vergleichenden Grammatik ", in welcher nur das Littauische zur Vergleichung mit den indo- germanischen Spra- chen herangezogen ist. In der Einleitung wird auch die all mahlige Ab- trennung der letzteren von der asiatischen Muttersprache besprochen und, wie bisher, die Absonderung der lettisch-slavischen Idiome von derselben später gesetzt, als die der klassischen, germanischen oder keltischen.

Littauische Volkslieder, gesammelt, kritisch bearbeitet und metrisch übersetzt von G. H. F. Nessel mann. Mit einer Musikbeilage. 1853. Lex. 8. geh. 3 Thlr. 10 Sgr.

Bei der Wichtigkeit der littauischen Sprache für die vergleichende Erforschung der indo -europäischen Sprachen dürfte eine Sammlung lit- tauischer Volkslieder mit gegenüberstehender dem Text möglichst wörtlich sich anschliefsender Uebersetzung von grofsem Interesse für

20 Celtisch.

Sprachforscher Bein. Der Herausgeber benutzte alles ihm nur irgend erreichbare gedruckte, wie handschriftliche Material. Hierdurch, sowie durch Correctheit des Textes und Genauigkeit der Uebersetzung littst die Sammlung alle früheren weit hinter sich. Auch der strophischen Ab- theilung wurde sorgfältig Rechnung getragen.

Celtisch. Ueber Marcellas Burdigalensis von Jacob Grimm. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 28. Juni 1847. 1849. gr. 4/ geh. 15 Sgr.

Ein Buch de medicamentis , welches von Marcellus mit dem Beina- men Burdigalensis oder Empiricus, dem Leibärzte Theodosius des Grofsen, geschrieben ist, vom mcdicinischen Standpunkte aus unbedeutend , er- schlofs dem sinnigen Auge des Verfassers nach anderer Seite hin einen anziehenden Schatz. Marcellus nämlich, von Geburt, wie der erste Bei- name ausdrückt, ein Gallier (aus Bourdeaux), theilt hin und wieder gal- lische Kräuternamen mit, welche in dieser Abhandlung den entsprechen- den Wörtern der heutigen keltischen Dialekte gegenübergestellt werden und unverkennbar anzeigen, dafs die im 4. Jahrhundert in Aquitanien herrschende Sprache sich mehr der irischen und gälischen Mundart, als der armorUchen anschliefst. Dann werden die abergläubischen, von Mar- cellus aus dem Munde des Volkeß erkundeten Heilmittel, gewifs von hohem Alterthum und weiter Verbreitung, mitge theilt, und darauf hin- gewiesen, wie sie die alten Zustande, die Poesie und Sitte der euro- päischen Völker mannigfach aufhellen. Ganz unmittelbar für die Sprach- wissenschaft aber ist die Erklärung einer bisher unverständlichen Formel wichtig, in welcher nunmehr das überhaupt bekannte älteste Denkmal gallischer Sprache aufgewiesen wird.

' TTeber die Marcellischen Formeln von Jacob Grimm und Adolph Pictet. Aus den Abhandlungen der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855. gr. 4. geh. 8 Sgr.

Die in der vorhergehenden Schrift gemachte Entdeckung, dafs ein- zelne der von Marcellus Burdigalensis, ciuem aus Aquitanien gebürtigen Gallier, verzeichneten abergläubischen Heilformeln und Zaubersprüche in keltischer Sprache abgefafst seien und aus ihr gedeutet werden könn- ten, wird weiter verfolgt. Schon gegebene Erklärungen werden mit neuen Beweisen unterstützt, andere neu dargeboten.

Romanische Sprachen. 21

Romanische Sprachen.

Etymologische Untersuchungen auf dem Gebiete der Ro- manischen Sprachen von C. A. F. Mahn, Dr. Specimen I— Vni oder No. 1— 56. 1855. 8. 16 Sgr.

Diese Untersuchungen sind gewissermafsen als eine Fortsetzung und Ergänzung von Diez' etymologischem Wörterbuch der Romanischen Sprachen zu betrachten, indem der Verfasser hauptsächlich solche roma- nische Wörter einer in der Regel ausfuhrlicheren etymologischen Unter- suchung unterwirft, von denen Diez noch keine Etymologie gegeben hat oder bei denen er eine Frage nach derselben aufwirft oder bei denen endlich der Verfasser mehr oder weniger von Diez abweicht.

De elementis Germanicis potissimum linguae Franco- gallicae scripsit Ludovicus Schacht, Phil. Dr. 1853. gr. 8. geh. 12 Sgr.

Der Verfasser stellt in einem Glossarium möglichst vollständig alle durch das Deutsche etymologisch erklärbaren Wörter der französischen Sprache zusammen. Eine vorangeschickte altgemeine Einleitung setzt die historischen und verwandtschaftlichen Beziehungen des Französischen zum Deutschen wie zu seinen übrigen Bestandteilen auseinander.

Syntax der neufranzösischen Sprache. Ein Beitrag zur geschichtlich -vergleichenden Sprachforschung von Dr. Ed. Mätzner. Zwei Theile. 1843.45. gr. 8. 4 Thlr. -

Die bisher gewöhnlich nur auf den etymologischen Theil der Sprach- wissenschaft angewandte vergleichende Methode liefert hier auch in der Syntax die schönsten Ergebnisse. Zur Erklärung der französischen Con- struetionen sucht der Verfasser zunächst in den verschwisterten roma- nischen Sprachen, besonders auch im Altfranzösischen und Provenzalischen die analogen Erscheinungen auf. Er dehnt aber den Kreis der Ver- gleichung auch auf die klassischen Sprachen und endlich selbst auf die semitischen aus. Dabei besitzt der Verfasser die so seltene Vereinigung umfassender historischer Forschungen mit einem tiefen philosophischen Blick. Von den beiden Theilen behandelt der erste den Satz, der andere das Satzgefüge und die Periode.

22 Romanische Sprachen.

Altfranzösische Lieder, berichtigt und erläutert mit Be- zug auf die provenzalische, altitalienische und mittelhoch- deutsche Liederdichtung nebst einem altfranzösischen Glossar von Eduard Mätzner. 1853. gr.8. geh. 2Thlr. 15Sgr.

Diese Sammlung von altfranzösischen Liedern bietet nicht sowohl einen jener Text-Abdrucke nach französischen Handschriften, die an vie- len Stellen jedes Verständnifs unmöglich erscheinen lassen, sondern viel- mehr eine kritische Bearbeitung bereits anderweitig publicirter Texte, durch welche dieselben erst recht leserlich werden. Mit dieser kriti- schen Behandlung hängt die Deutung eng zusammen. Zur Erläuterung, theilweise selbst zur Wortkritik, wurden vom Herausgeber die altitaliä- nischen, wie die provenzalischen und mittelhochdeutschen lyrischen Dich- tungen herbeigezogen. Abgesehen von dem Nutzen, den eine derartige Vergleichung nach dieser Seite hin gewährte, ist es aber auch an und für sich interessant, die wesentlichen der mittelalterlichen Kunstlyrik ver- schiedener Länder gemeinsamen Züge zu verfolgen, und auch hierauf waren die Bemühungen des Herausgebers gerichtet.

Das Glossarium endlich ist dazu bestimmt, minder Geübten das Stu- dium einer Veralteten Sprache zu erleichtem, ohne deren gründliche Er- forschung die Kenntnifs des Neufranzösischen lückenhaft bleiben mufs. Es berücksichtigt die Abstammung der Worte und giebt zugleich die nächst verwandten Wortformen der westromanischen Idiome, sowie des Englischen.

Die Werke der Troubadours, in provenzalischer Sprache, nach Raynouard, Rochegude, Diez und nach den Hand- schriften. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Mahn.

Lyrische Abtheilung/ Bd. I. 1846. 8. geh. 2 Thlr. Bd. II. Lief. 1 u. 2. 1855. 57. 8. geh. ä 15 Sgr. Bd. IV. 1853. 8. geh. 2 Thlr.

Epische Abtheilung. Bd. I. Girartz de Rossilho, nach der Pariser Handschrift herausgegeben von Dr. C. Hofmann, Prof. an der Universität zu München, Mit- glied der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaf- ten. Lief. 1 3. 1855—57. 8. geb. ä 15 Sgr.

Eine neue Ausgabe sammtlicher Werke der provenzalischen Trou- badours war wegen der Seltenheit und Unvollstandigkeit des bekannten Raynouard'schen Werkes nothwendig geworden, besonders auch seitdem man immer allgemeiner zu erkennen anfing, dafs aufser dem historischen

Romanische Sprachen. 23

und litterarischen Interesse der provcnzaliachen Sprache für das Stadium der romanischen Sprachen dieselbe Wichtigkeit zukommt, als der gothi- schen für das der germanischen Sprachen.

Der erste Band der lyrischen Abtheilung enthält aufser der ausführ- lichen Vorrede, in welcher .auf den Nutzen und die Wichtigkeit des Studiums der provenzalischen Sprache und Litteratur aufmerksam ge- macht, und besonders die Wichtigkeit desselben für die historische und vergleichende Sprachforschung hervorgehoben wird, in chronologischer Ordnung 277 Gedichte von 20 Troubadours in einem höchst corrccten Abdruck.

Lieferung 1 . und 2. des zweiten Bandes enthalten die Dichter Peiroi und Guillem von Saint- Didier, den Mönch von Montaudon, 21 Gedichte von Arnaut Daniel, und etwa 14 Gedichte (von 60) des Gaucelm Faidit.

Der vierte Band umfafst sämmtliche gröfscre und kleinere Gedichte, 99 an der Zahl, eines der umfangreichsten und bedeutendsten Dichter, des Oiraut Riquier, und zwar ganz neu nach den beiden Pariser Ori- ginalhandschriften herausgegeben.

Die bis jetzt ausgegebenen drei Lieferungen des ersten Bandes der epischen Abtheilung der Werke der Troubadours enthalten den ganzen Text des Oirartz de Rostüho. Die vierte und letzte Lieferung wird die Einleitung und die kritischen und erklärenden Anmerkungen und ein Glossar enthalten.

Die Biographieen der Troubadours, in provenzaliecher Sprache. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Mahn. 1853. 8. geh. 15 Sgr.

Eine neue und besondere Ausgabe der Biographieen der Troubadours in provenzalischer Sprache schien wiinschenswerth, nicht nur an und für sich wegen des anziehenden und oft sehr merkwürdigen litterarischen nnd geschichtlichen Inhalts, sondern audi weil dieselben in Folge ihrer Leichtigkeit und Verständlichkeit als erstes Lese- und Uebungsbuch für Anfänger dienen können, die durch dieselben sehr zweckmSCsig auf die Lesung der bei weitem schwierigeren Gedichte selbst vorbereitet werden. Einen besonderen Vorzug erhält diese neue Ausgabe dadurch, dafe die ersten 48 Biographieen, vermöge einer von dem Herausgeber gemachten Abschrift, treu nach den Pariser Handschriften gegeben werden; die übrigen sind nach Raynouard abgedruckt. Einige kritische Bemerkungen und wörtliche Uebersetzungen sind beigefügt worden.

Gedichte der Troubadours in provenzalischer Sprache, zum ersten Mal und treu nach den Handschriften heraus- gegeben. Mit kritischen und erklärenden Anmerkungen von

24 Iberisch - Baskisch.

Dr. C. A. F. Mahn. Bd.L Lief. 1 5. 1856. 8. geh. 2 Thlr. 15 Sgr. Bd. IL Lief. 1. 2. 1856. 57. ä 15 Sgr.

Gegenwartige Ausgabe von Gedichten der Troubadours in proven- zalischer Sprache ist dazu bestimmt, die kritische Ausgabe sammüicher Werke der Troubadours mit Vergleichung aller Handschriften vorzube- reiten, dieselbe einstweilen zu ersetzen, und auch nachher noch einen urkundlich -handschriftlichen Werth zu behaupten. Die Gedichte sind daher ganz treu nach bestimmten Handschriften gegeben, und die Be- sprechung und Verbesserung des Textes ist den kritischen Anmerkungen überwiesen. Es sind im Ganzen 300 Lieder und gröfsere Gedichte, die liier gröfstenthcils zum ersten Mal gedruckt erscheinen Die Zahl der ungedruckten verhält sich zu den bereits gedruckten wie 250 : 50. Sämmtliche Gedichte sind aus sieben Handschriften der Pariser KaiserL Bibliothek und des Arsenals, sowie aus vier englischen Handschriften gezogen, die durch ein Zusammentreffen von günstigen Umstanden wie- der neu aufgefunden und zum Theil in ^Besitz von Privatpersonen und an schwer zugänglichen Orten in die Hände des Herausgebers gelangten.

Peire Vidal's Lieder, herausgegeben von Dr. K. Bartsch,

Conservator der Bibliothek am Germanischen Museum. 8. geh. 1857. 2 Thlr.

Kritisch bearbeiteter Text mit ausführlicher Einleitung über des Dichters Leben, metrische und sprachliche Eigentümlichkeiten, Reim- verzeichnifB, Glossarium u. s. w.

Iberisch - Baskisch.

Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hi- spaniens vermittelst der baskischen Sprache von Wilhelm von Humboldt. 1821. 4. geh. 2 Thlr. 10 Sgr.

Diese Schrift enthält nicht blos eine Kritik der früheren so dürfti- gen und unvollkommenen Untersuchungen über die Urbewohner Spaniens. Vielmehr wird mit musterhafter Gründlichkeit und Klarheit dargethan, dafs die vielen altiberischen, von Griechen und Römern überlieferten Ortsnamen aus der vaskischen Sprache herstammen, und somit die That- sache zur Gewifsheit erhoben, dafs die heutige Sprache der Vasken, natürlich mit den durch die Zeit hervorgebrachten Veränderungen, auch die der alten Iberer war, und dafs ferner diese nur ein Volk mit nur

Aegyptiflch. 25

einer von den celtischen ganz verschiedenen Sprache ausmachten und als die ursprünglichsten Bewohner über die ganze Halbinsel verbreitet waren, nur mit Celten untermischt und theilweise zu Oeltiberern ver- schmolzen; denn die vereinzelten punischen und griechischen Colonieen ' können, wie die römischen Besatzungen, nicht in Beträcht kommen.

Denkmäler der baskischen Sprache. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Mahn. 1857. 8. geh. (Unter der Presse).

EnthSlt hauptsächlich seltene unzugängliche oder ganz unbekannte Baskische Texte z. B. aus dem Neuen Testament von 1571, aus Axular's Gueroco guero von 1642, aus Oihenarfs und Garibay's Sprichwörtern, epische Gedichte über den Cantabrischen Krieg und die Schlacht bei Roncesvalles, Urkunden aus dem 6. und 8. Jahrhundert, Uebersetzungen aus den klassischen Sprachen, ganz besonders bisher unbekannte kleinere Lieder

C. Aegyptisch.

De natura et indole linguae popularis Aegyptiorum dis- seruit IL Brugsch. (fasciculus prior.) 1850. gr. 8. geh. 15 Sgr.

Grammaire dömotique contenant les principes gen&raux de la langue et de l'äcriture populaires des anciens tägyp- tiens par Henri Brugsch, de Funiversitö royale de Berlin. Avec un tableau de signes d&notiques et dix planches y annexees. 1855. fol. cart. 25 Thlr.

Diese Grammatik enthält eine vollständige und wissenschaftliche Darstellung desjenigen ägyptischen Dialectes, welcher zu den Zeiten der letzten Pharaonen, der Griechen und Römer in Aegypten gesprochen uud geschrieben wurde. Nicht nur sind die grammatischen Formen und ihre graphische Darstellung bis in die kleinsten Details wiedergefunden, son- dern auch mit reichlichen Beispielen unterstützt worden, welche sich dem Verf. in allen Museen Europas und in Aegypten in Fülle darboten.

26 Aegyptisch,

Um die Einheit de« Ganzen und die Brauchbarkeit für daa Studium des Aegyptischen zu erhöhen, hat der Verf. überall die etwaige ent- aprechende hieroglyphische Form (mit steter Hinweisung auf die Gram- maire egyptienne Champollion's d. j.) in Parallele gestellt und natürlich als Hauptbeweiamittel für die Richtigkeit der gewonnenen grammatischen Bedeutung das Koptische herbeigezogen, gestützt auf die Grammatiken Peyron's, vorzüglich aber Schu?artzeys. Um ein Beispiel für die Aus- dehnung der gewonnenen Formen zu geben, welche im Vergleich mit Champollion's eben genannter hieroglyphischer Grammatik weit über dieselbe hinausgeht, so bemerken wir, dafs vom Verbum allein achtzehn verschiedene Formen aufgefunden worden sind, während deren Zahl im Hieroglyphischen kaum die Hälfte davon übersteigt.

Zehn Tafeln geben die genauesten und treuesten Facsimiles von verschiedenen demotischen Inschriften aus den Museen von Paris, Ley- den, Turin, Dresden und aus Aegypten.

Die Verlagshandlung hat zu diesem Werke die ganze demotische1 Schrift in mehr als dreihundert Haupttypen schneiden und giefsen lassen, worüber das folgende „Memoire" Auskunft zu geben bestimmt ist.

Memoire sur la reproduetion imprimäe des caracteree de l'ancienne Venture demotique des Egyptiens, au moyen de types mobiles et de l'imprimerie; par Henry Brugsch, de runiversite" royale de Berlin. 1855. 4. geh. 7\ Sgr.

Koptische Grammatik von Dr. M. Gr. Schwartze, ehem. Prof. der Koptischen Sprache an der Kgl. Friedrich Wilhelms -Universität zu Berlin, herausgegeben nach des Verfassers Tode von Dr. H. Steinthal, Docenten an der- selben Universität. 1850. gr. 8. cart. 5 Thlr. 10 Sgr.

Diese Grammatik liefert die Thatsachen so vollständig und sorgfaltig, wie sie bisher noch nirgends gefunden worden sind. Dabei erstreckt sie sich über alle drei koptischen Dialecte in gleicher "Weise. Was ihr aber den grofsten Vorzug giebt, ist die comparativ -genetische Methode, welcher überhaupt die neueste Sprachwissenschaft ihren Aufschwung, verdankt, und welche hier vom Verfasser mit Scharfsinn und Umsicht angewandt ist. Es ist hier zum ersten Male eine wissenschaftliche Laut- lehre der koptischen Sprache gegeben, welche die sichere Basis für die Formenlehre bildet. Höchst schatzenBwerthe Notizen über die Syntax sind aus den Papieren des Verfassers vom Herausgeber angehängt.

Semitische Sprachen. Arabisch. Syrisch. 27

Dt Semitische Sprachen.

Arabisch.

Ibn 'Aldis Commentar zur Alfijja des Ibn Mälik aus dem Arabischen zum ersten Male übersetzt von F. Dieterici, Dr. Ph., a. o. Professor an der Universität zu Berlin. 1852. gr. 8. geh. 4 Thlr.

Syrisch.

L*xicon linguae Syriacae. Collegit digessit edidit Ge- orgius Henricus Bernstein« Fasciculus primus. Fol. 2 Thlr. 20 Sgr.

Seit einer Reihe von Jahren wurde dem Erscheinen des obigen Werkes mit Verlangen entgegengesehen. Es ist bekannt (vgl. Zeitschrift d. deutschen morgenl. Gesellschaft Bd. III. 1849. S. 385), dafs der Ver- fasser desselben länger als ein Menschenalter hindurch Vorarbeiten zu einem ausfuhrlichen syrischen Wörterbuche gemacht, zu dem Ende alle gedruckt vorliegenden syrischen Schriften aufmerksam durchgelesen und sorgfältig excerpirt, Reisen nach England und Italien zur Benutzung der dortigen Bibliotheken für seine Zwecke unternommen -und das dem sy- rischen Lexikographen unentbehrliche syrisch -arabische Wörterbuch des Bar-Bahlul sich abschriftlich verschafft, sowie Auszuge aus dem des Bar- Ali gemacht hat.

Nach diesen Vorbereitungen wurde ihm durch v. Frlhn's Vermit- telung die Vergünstigung zu Theil, aus Lorsbach's Vorarbeiten zu einem syrischen Wörterbucjie, welche dieser Gelehrte seinem Handexemplare von Castelli -Michaelis Lexicon beigeschrieben und welche sich in dem Romänzoff'schen Museum zu St. Petersburg befinden, mit Allerhöchster Erlaubnifs Sr. Majestät des verewigten Kaisers Nikolaus auf kurze Zeit zur Durchsicht und Benutzung zugesandt zu erhalten. Zu gleichem Zwecke wurde ihm auch ArnoldPs Handexemplar des Castelli -Michael, syrischen Wörterbuches, welchem der Besitzer Zusätze und Berichtigun- gen beigefügt hat und welches Eigenthum der Uni versit&ts- Bibliothek in Marburg geworden ist, duren die Güte des Herrn Bibliothekars rajt- getheilU

28 Finnisch -tartarisehe Sprachen.

Als nun diese reichen Materialien beisammen waren und der Ver- fasser vor acht Jahren an die Ausarbeitung des Werkes ging, schuf er im Verein mit dem verstorbenen schwedischen Professor Tullberg und seinerseits in der Absicht, sie für das Lexicon zu benutzen, eine neue syrische Schrift, mit welcher auch die ßreslauer Universität« -Buch- druckerei durch die Liberalitat des Herrn Ministers v. Raumer Excelleiiz versehen worden ist und welche dem Werke nicht nur zur besonderen Zierde gereicht, sondern auch den grofsen Gewinn gewährt, dafs es un- ter den Augen des Verfassers gedruckt und der Druck von ihm selbst überwacht werden kann.

Wir haben die Ausgabe des Werkes in Heften beschlossen, .um den Orientalisten stets möglichst schnell die vollendeten Abtheilungen des- selben zur Benutzung zu übergeben. Hefte von 18 20 Bogen werden in möglichst kurzen Zwischenräumen dem gegenwärtigen folgen.

Zum Schlüsse unserer Ankündigung erlauben wir uns auf die Worte hinzuweisen, welche einer der ersten Kenner der syrischen Sprache, Herr Professor Dr. Rödiger in Halle, nach der Einsicht in die ersten Bogen dieses Werkes über dasselbe (Zeitschrift der deutschen morgenl. Gesellschaft Bd. IX. 1856. S. 760) ausgesprochen hat:

„Was ich v#n Bernsteln's Syrischem Lexik«» gesehen habe, ent- spricht vellatändlg den heben Erwartungen, die wir daven hegten. „Es Ist die reife Fracht Jahrelangen unermüdlichen Fletfaes, der am- „sichtigsten and sergfültlgsten Benatsang eines reichen handsehrlfu „liehen Materials, der aasgedehntesten Leetüre und einer master- „haften Akribie, ein Werk, aufweiche» die deutsche Wissenschaft „stela sein wird.««

E. Finnisch-tartarische Sprachen.

Ueber die Sprache und Schrift der Uignren von Julius Klaproth. Mit einer Kupfertafel und einer Vignette. (Nur in zweihundert Exemplaren gedruckt.) fol. Vergl. über dieselbe S. 31. unter Verzeichnifs.

Diese Abhandlung ist von einer älteren unter demselben Titel er- schienenen desselben* Verfassers zu unterscheiden. Hier werden aus einem uigurisch- chinesischen Vocabular, welches aus dem kaiserlichen Uebersetzungsinstitute su Peking stammt und jetst in der Bibliothek au

Malayisch-porrnesische Sprachen. 29

Paris sich befindet, die in ihm enthaltenen achthundert uignrischen Wör- ter mitgetbeilt und mit den entsprechenden anderer türkisch-tartarischer Dialecte zusammengestellt. Aufserdem werden drei nigurische Schreiben an die chinesischen Kaiser der Dynastie Ming als Sprachprobe gegeben. Hierauf folgt die aus Abulgasi und besonders den chinesischen Schrift- stellern geschöpfte, theil weise durch europäische Zeugnisse bestätigte Geschichte der Uiguren, welche die einstige Macht dieses Stammes und übereinstimmend mit der Sprache seinen türkischen Ursprang und seine Verschiedenheit von den Tanguten beweist. Die nigurische Schrift ist eine Tochter der syrischen und Mutter der mongolischen, kalmückischen und mandschurischen, wie sowohl die Form der Buchstaben selbst, als auch einheimische Schriftsteller lehren.

Bas Zahlwort in der tschadischen Sprachclasse , wie auch im Türkischen, Tungusischen und Mongolischen von Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Akade- mie a. d. J. 1853. 1853. gr. 4. geh. 15 Sgr.

F. Malayisch-polynesische Sprachen.

Ueber die Kawi- Sprache auf der Insel Java, nebst einer Einleitung über die Verschiedenheit des menschlichen Sprach- baues und ihren Einflufs auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts von Wi lhelm.vonHumboldt. Drei Bände. 1836. gr. 4. 18 Thlr. 15 Sgr. '

Der erste Band dieses Werkes enthält aufser der Einleitung, von der die oben aufgeführte Schrift ein besonderer Abdruck ist, das erste Buch : über die Verbindung zwischen Indien und Java. Da die Kawi- Sprache das «Erzeugnifs dieser Verbindung ist, so wird hier gewisser- mafsen die Entstehung derselben nachgewiesen. Die Verbreitung des Buddhismus über Java und andere Inseln des östlichen Archipels wird ans den Ueberreste'n von Tempeln und Bildwerken, Inschriften und Sagen, wie auch aus einzelnen Kennzeichen aufs Gründlichste darge- than. Das zweite Buch (II. Bd.) enthält die Analyse der Kawi-Sprache. Nach einigen Notizen über die Literatur und die Hülfsmittel zur Erfor-

30 Malayisch -polynesische Sprachen.

schung derselben wird ihre grammatische Form, wie sie sich ans der behutsamsten Betrachtang der Texte ergab, dargestellt, nm die Natur der- selben zu bestimmen und zu zeigen und mit Beweisen zu belegen, wie sie in dem Kreise der Sprachen, zu welchen sie zu rechnen ist, classi- ficirt werden mufs. Dies nöthigte den Verfasser im dritten Buche auf den malayischen Sprachstamm überhaupt einzugehen. Nach der all- gemeinen Charaoterisirung und Eintheilung desselben werden zuerst die einzelnen Sprachen des westlichen Zweiges mit dem bekannten feinen Takt des Verfassers für Auffassung eigentümlicher Gestaltungen vor* geführt.

Der dritte Band umfafst die Sprachen der Südsee-Inseln, den andern Zweig des malayiBchen Stammes. Diese leider von Humboldt nicht voll- endete Arbeit hat ihre Ergänzung durch einen jüngeren, auf dem Gebiete der Sprachwissenschaft rühmlichst bekannten Gelehrten, Herrn Professor Buichmann, erhalten, welcher in umfassendster Weise nicht nur die Sprachen der Südsee-Inseln unter sich, sondern auch diese mit dem oben erwähnten westlichen Zweige, den im engern Sinne malayisch genannten Sprachen, verglichen- hat.

Ueber die Verwandtschaft der malayisch -polynesischen mit den indisch-europäischen Sprachen von Franz Bopp. 1841. gr. 4. 2 Thlr. 20 Sgr.

Der -berühmte Verfasser führt in dieser Abhandlung den Beweis, dafs der malayisch-polynesische Sprachzweig ein Abkömmling des Sanskrit-Stam- mes ist, dafs er zu demselben in einem tochterlichen Verhältnisse steht, wäh- rend die meisten europäischen Sprachklassen dem Sanskrit schwesterlich die Hand reichen. Es wird die Annahme gerechtfertigt, dafs das Sans- krit, und zwar zu einer Zeit, wo es in noch ursprünglicherem Zustande, als in welchem es uns bekannt ist, sich befand, und viel durchgreifender und gewaltsamer als das Lateinische in die romanischen Sprachen, in die malayisch -polynesischen sich aufgelöst habe. Letztere sind nur Trümmer eines verfallenen. Sprachorganismus,, sie sind aus der gram- matischen Bahn, in der sich ihre Muttersprache bewegt hat, heraus- getreten. Die Untersuchung kann sich darum hier nicht mit der Gram- matik beschäftigen, sondern es werden Wörter aus allen Redetheilen mit Sanskritwörtern verglichen, und ihre auffallende Aehnlichkeit mit denselben bestätigt die obige Ansicht.

Chinesisch und Hinterindisch. 31

G. Chinesisch und Hinterindisch.

Vocabularium Sinicum concinnavit Guilelmus Schott. 1844. gr. 4. geh. 1 Thlr. 10 Sgr.

Zar Beurteilung der annamitischen Schrift und Sprache von Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Kö- niglichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855. gr. 4. geh. 8 Sgr.

Die Abhandlung stellt die . Eigentümlichkeiten der annamitischen Schrift und Sprache dar, und zwar die letztere in den Lauten der gram- matischen Conatruction , im Gegensatz zur chinesischen. Ein Anhang erklärt die Namen Annam, Tung-Kingl (Tonqain) und Conchinchina.

Verzeichnis* der Chinesischen und Mandschuischen Bü- cher und Handschriften der Königl. Bibliothek zu Berlin. Verfafst von J u 1 i u s K 1 a pr o t h. Herausgegeben auf Befehl Seiner Majestät des Königs von Preufsen. Paris 1822. gr. fol. (188 pp. u. VIII.) Angehängt ist eine Abhand- lung: Ueber die Sprache und Schrift der Uiguren. (68 pp.) Mit einer Kupfertafel und einer Vignette. (Nur in zwei- hundert Exemplaren gedruckt.) Vergl. über dieselbe S. 28. d. V. fol. 16 Thlr. 15 Sgr.

Chinesische Sprachlehre von Wilhelm Schott. Zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstunterweisung. 1857. gr. 4. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.

32 Amerikanische Sprachen.

H. Amerikanische Sprachen.

Ueber die Astekisehen Ortsnamen von Joh. Carl Ed. Buschmann. Erste Abtheilung. [Besondrer Abdruck aus den Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin aus dem Jahre 1852.] 1853. gr. 4. geh. 2 Thlr.

Inhalt: I. Einleitung. II. Aztian und die aztekische Sprache. III. Merkwürdigkeiten der mexikanischen Sprache. IV. Hieroglyphiscbe Gemälde. V. Einwanderung von Norden. VI. Wanderungen und älteste Geschichte. VII. Verbreitung aztekischer Ortsnamen im Allgemeinen und im nördlichen Mexico. VIII. Guatemala. IX. Nicaragua. X. Gua- temala (Sohlufs). XI. Wiederkehr der Ortsnamen.

Der athapaskigehe Sprachstamm dargestellt von Joh, Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855. 1856. gr. 4. cart. 2 Thlr.

Die Sprachen Kizh und Hetela von Neu-Californien von Joh. Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855.

1856. gr. 4. geh. 12 Sgr.

Die Pimasprache und die Sprache der Xoloschen von Joh. Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1856.

1857. gr..4. cart. 1 Thlr.

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