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Professor Karl ßetnridj Hau

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ZEITSCHRIFT

VERGLEICHENDE

SPRACHFORSCHUNG

AUF D£M GEBIETE DE8

DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN UND LATEINISCHEN

UNTER MITWIRKUNG

VON

Dr. ERNST W. A. KÜHN

HERAUSGEGEBEN

VON

2>r. ABAX.BERT KUHN,

FBOFSSSOR UND DIRBCTOR DBS KÖLLN1SGUSN OYMKASIUMS £U BBRLUf.

BAND XXII. NEUE FOLGE BAND U.

BERLIN

FBRD. DÜMMLBR'S VERLAOSBOCHHANDLUNO

(H ARBWITZ UND 0088HAHN)

1874.

Inhalt.

0fit»

Die dvandva-zusammensetznng im griechischen und lateiDischen. Von

Gustav Meyer 1

^Ixviofiai und zubehör. Von Leo Meyer 81

SfOTutonoti, Von Leo Meyer 54

Ueber einige deutsche pronominalbildungen. Von Leo Meyer . . 65 Anzeige. Grammatica della lingua Albanese di Giuseppe de Rada.

Prima parte. Von H. Schuchardt 69

Litauisches aug = deutschem ang. Von H. Weber 88

Norwegische Ortsnamen, die von spielen im alterthnm zeugen. Von

Martin Arnesen 89

Namen auf -bem im friesischen und nordgermanischen. Von Martin

Arnesen . 98

]£tymologische beitrage. Von A. Fick 94

Etymologische beitrüge. Von A. Fick 97

Die aspiraten und tenues in schweizerischer mundart. Von L. Tobler 112 Bemerkungen zur lateinischen formenbildung. Von H. Merguet . . 141 Zur romanischen Sprachwissenschaft. Von H. Schuchardt . . . 153

Zur etymologie des wertes thier. Von W. Burda 190

invoq. Von J. Schmidt. . .^ 191

Zum makedonischen dialecte. Von A. Fick . . 198

Die Urverwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen.

Von Rudolf von Raumer 285

Zur lateinischen und griechischen lautlehre und etymologie. Von

F. Froehde 260

Bemerkung za G. Meyers auftatz über das dvandva. Von B. Delbrttck 270

Berichtigungen und nachtrage. Von Ernst Windisch 278

Avistr und *navistr. Von Adalbert Bezzenberger 276

Anzeige. Untersuchungen über die gotischen adverbien und partikeln

von Adalb. Bezzenberger. Von LeoMeyer 279

Verzeichnis eingegangener Schriften 282

Oskische Inschriften. Von W. Corssen 289

Etymologien. Von Johannes Schmidt 814

Anzeigen. Specimen grammaticum. Commentatio philologicai quam in publice defendet Guilelmus Weissbrodt. Index lectio- num in Lyceo Regio Hosiano Brunsbergensi per aestatem a. 1872 instituen darum. Praecedit Wilhelmi Weissbrodt quaestionum grammaticarum part. IL Ueber spräche als ausdruck nationaler denkweise und: Ueber den begriff der liebe in einigen alten und neuen sprachen. Von C.Abel. Etymologische Untersuchungen über -sul, sued. und verwandte wurzeln. Von J. Meister. De nominibus to suffixi ope formatis. Dissertatio inauguralis, quam scripsit Godofredus Fridericus Aly. Von Schweizer-Sidler 829

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Inhalt.

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Die dvandva-zusammensetzang im griechischen und lateiDischen. Von

Gustav Meyer 1

'IxviofAai und zubehör. Von Leo Meyer 81

SfOTtfjonoq, Von Leo Meyer 54

Ueber einige deutsche pronominalbildungen. Von Leo Meyer . . 65 Anzeige. Grammati ca della lingua Albanese di Giuseppe de Rad a.

Prima parte. Von H. Schuchardt 69

Litauisches aug t=r deutschem ang. Von H. Weber 88

Norwegische Ortsnamen, die von spielen im alterthnm zengen. Von

Martin Arnesen 89

Namen auf -bem im friesischen und nordgermanischen. Von Martin

Arnesen . 98

Etymologische beitrage. Von A. Fick 94

Etymologische beitrüge. Von A. Fick 97

Die aspiraten und tenues in schweizerischer mnndart. Von L. Tobler 112

Bemerkungen zur lateinischen formenbildung. Von H. Merguet . . 141

Zur romanischen Sprachwissenschaft. Von H. Schuchardt . . . 153

Zur etymologie des Wortes thier. Von W. Burda 190

invoq. Von J. Schmidt. v ^^^

Zum makedonischen dialecte. Von A. Fick . . 198

Die Urverwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen.

Von Rudolf von Raumer 285

Zur lateinischen und griechischen lautlehre und etymologie. Von

F. Froehde 260

Bemerkung za G. Meyers aufsatz über das dvandva. Von B. Delbrttck 270

Berichtigungen und nachtrage. Von Ernst Windisch 278

Avistr und *navistr. Von Adalbert Bezzenberger 276

Anzeige. Untersuchungen Über die gotischen adverbien und partikeln

von Adalb. Bezzenberger. Von Leo Meyer 279

Verzeichnis eingegangener Schriften 282

Oskische Inschriften. Von W. Corssen 289

Etymologien. Von Johannes Schmidt 814

Anzeigen. Specimen grammaticum. Commentatio philologica, quam in publice defendet Guilelmus Weissbrodt. Index lectio- num in Lyceo Regio Hosiano Brunsbergensi per aestatem a. 1872 instituendarum. Praecedit Wilhelmi Weissbrodt quaestionum grammaticarum part. II. Ueber spräche als ausdruck nationaler denkweise und: Ueber den begriff der liebe in einigen alten und neuen sprachen. Von C. Abel. Etymologische Untersuchungen über -sul, sued und verwandte wurzeln. Von J. Meister. De nominibus »o sufßxi ope formatis. Dissertatio inauguralis, quam scripsit Godoflredus Fridericus Aly. Von Schweizer-Sidler 829

IV Ixihalt

Seite Anzeige« De infinitivi linguarum sanscritae bactrlcae persicae graecae oacae nmbricae latinae goticae forma et usu. Scripsit EngeDias

Wilbelmue. Von Gustav Mever 334

Anzeige. Andreeen, K. G., die altdeatacben personennamen in ihrer entwickeluug und erBcbeinung als beatige gescblecbtsnamen. Von

E. Förstemann 340

An2^ge. Elementargrammatik der lateinischen spräche von Alois

Vanicek. Von Julius Jolly 343

Anzeige. Pauli: die benennung des lowen bei den Indogermanen.

Von Julius Jolly 353

Anzeige. Das 1 der indogermanischen sprachen gehört der indoger- manischen grundsprache an. Eine sprachgeschichtliche nntersn- chung von Wilhelm Heymann. Von Ad. Bezzenberger 356

Erwiderung. Von A. Amelnng 361

Etymologische beitrage. Von A. Fick 371

Altitaliacbe Studien. Von ßophus Bugge 385

!Afifrcu, aro^, a^y, Iwfdfr {ädoq^ dd'^ofur ^ ad'iyxoTf;). Von Leo

Meyer 467

Zur dvandva-zusammensetzung. Von Gustav Meyer 477

Miscellen. Von Adalbert Bezzenberger 478

Das nominalsufifix lo im griechischen. Von Gustav Meyer . . . 481 EUie neue eintheilung der homerischen nominalen Zusammensetzungen.

Von F. Schaper ' . . 501

"jiftja aPtaa, und verwandtes. Von Leo Meyer 530

Jfi^ily di^fj. Von Leo Meyer 587

'EXc/oq, Von F. Froehde 545

Miscellen: Lat. lacus u. altir. loch see; germ. lagu nass n. ksl. lokva

regen. Von A. Fick. 9r#9idant. Von H. Kern 553

Verzeichnis eingegangener Schriften 554

Sach- und Wortregister von Alois Vanfiek 560

Die dvandva-zusammensetzung im griechischen

und lateinischen.

Die eintheilimg , welche die indischen grammatiker ihrer behandlung der nominalzusammensetzung zu gründe gelegt haben, so sehr sie auch ihrerseits den Scharfsinn und die eindringendsten beobachtungen ihrer erfinder do- cumentiert und alles weit hinter sich läfst, was ihre grie- chischen collegen auf diesem von ihnen so ungebürlich vernachlässigten gebiete je zu tage gefördert haben, leidet doch an einigen nicht unerheblichen misständen. So ist z. b. der tief greifende principielle unterschied, der zwi- schen den bahuvrihi (possessiven compositen) und den übrigen classen besteht und den in geistvoller weise zum Verständnis gebracht zu haben das verdienst Justis ist, von ihnen entweder nicht erkannt oder nicht genügend hervor- gehoben worden. Darum hat sich auch die specielle Sans- kritgrammatik genöthigt gesehen, jene eintheilung einiger- mafsen zu modificieren, und das vortreffliche kleine ele- mentarbuch der Sanskritspraehe von A. F. Stenzler (Bres- lau 1868) z, b. führt statt der sechs von Vopadeva coor- dinierten classen nur vier auf §. 233 ff., dvandva tatpuruäa bahuvrihi avjajibhäva, während karmadhäraja und dvigu als Unterarten des tatpurusa (im weiteren sinne) figurieren, eine eintheilung, welche wesentlich auf Justi fufst. Noch fühlbarer machen sich einzelne mängel, wenn man den versuch macht Jenes Schema unverändert auf die verwand- ten sprachen anzuwenden. Bopp freilich hat es seiner darstellung der indogermanischen nominalzusammensetzung in der vergl. gramm. IIP, 450 ff. zu gründe gelegt, der-

Zeitflcbr. f. vgl. sprachf. XXII. 1. j[

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2 Gnsttv Mejer

selbe macht indefs auch keinen ansprach darauf eine er- schöpfende Behandlung der betreffenden Bildungen aller einzelsprachen zu geben und konnte für eine allgemeine gruppierung der wichtigsten thatsachen sehr wohl jene Classification benutzen. Eine eingehendere betrachtung des gegenständes nötbigte Justi in seiner für dies gebiet babn brechenden monographie über die Zusammensetzung der nomina in den indogermanischen sprachen jene eintheilung der indischen grammatiker mehrfach zu verschärfen. Er stellte zuerst die bahuvrihi als eine, wie er sie nannte, höbere art der Zusammensetzung den dvandva und tatpu- rusa im weiteren sinne gegenüber, fixierte den unterschied von dvandva und tatpuruäa als den der beiordnung und Unterordnung und versuchte innerhalb der einzelnen clas- sen eine genauere Scheidung des einzelnen durch zahlreiche unterabtheilungen, wobei nur zu bedauern ist, dafs er sich im ganzen mehr durch äufsere, oft sehr minutiös verfolgte unterschiede leiten liefs als durch solche, welche in der bedeutung der Zusammensetzungen begründet sind. Wie sehr es not h wendig ist hierauf das hauptgewicht zu legen, das tritt recht schlagend bei der betrachtung des griechi- schen hervor, das ja bekanntlich die Zusammensetzung be- sonders in der dichtersprache der tragiker vielfach in so feiner und geistvoller weise verwendet hat; bildungen, die in ihrer bedeutung die verschiedenartigsten nuancen auf- weisen, werden hier z. b. unter der kategorie der bahuvrihi (possessiven (Bopp) oder attributiven (Curtius) composita) zusammengefafst, ein übelstand, auf den auch Curtius erl.^ 151 hingewiesen bat. Das nämliche resultat ergibt ein blick auf das deutsche: wie verschieden ist das Verhältnis der beiden glieder in den drei Wörtern wasser-mühle papier-mühle schneide-mühle, trotzdem dafs sich alle drei unter die classe der tatpurusa subsumieren lassen.

Indessen soll es hier nicht unsre aufgäbe sein in diese fragen einzugehn und derartige unterschiede zu beleuch- ten. Wir haben vielmehr die absieht eine controverse frage auf diesem gebiet zu behandeln, die ihre entstehung ebenfalls lediglich dem umstände zu verdanken hat, dafs

die dvandva-zusammensetzung im griechischen und lateinischen. 3

man die indische eintheilung der composita ohne weiteres ins griechische übertrug, nämlich die frage nach dem Ver- hältnis der indischen dvandva zu den griechischen und lateinischen bildungen, die man gewöhnlich mit jenen zu- sammenzustellen pflegt. Nach der von Justi zus. s. 80 f. gegebenen anregung ist die frage meines wissens einge- hender blos von Uhdolph in seiner recht verdienstlichen dissertation de linguae latinae vocabulis compositis und zwar mit vorwiegender rücksichtnahme aufs lateinische behandelt worden, der aber zu einem resultate gelangt ist, mit dem ich in keiner weise mich einverstanden erklären kann.

Um eine genügende grundlage für die behandlung dieser frage zu gewinnen, wird es nöthig sein vorher in kürze auf das wesen der sanskritischen dvandva einzu- gehen und eine gedrängte darstellung der theorie dersel- ben zu geben, hauptsächlich im anschlufs an das von Ben- fey vollst, gramm. der Sanskritspr. s. 251 S, und von Justi zus. d. nom. s. 6 ff. ausgeführte, dvandva (der name ist eine Verdoppelung einer neutralen form *dvam von dva zwei Benfey a. a. o. s. 281 §. 683 VI, 3) heifst die Ver- bindung zweier nomina durch composition, welche bei ihrer erklärenden auf lösung durch die coujunction „und" coor- diniert werden müssen. Es springt schon darin ein princi- pieller unterschied in die äugen, der eine trennung dieser von den übrigen compositionsclassen begründet. In diesen wurzelt das Verhältnis, in dem die beiden glieder zu ein- ander stehen, in dem grammatischen begriffe der Unter- ordnung, indem der eine theil den andern entweder attri- butiv als nomen (karmadhäraja) oder zahlwort (dvigu) oder casuell (tatpuruäa) bestimmt; der eine theil gibt, indem er in die Zusammensetzung eintritt, seine selbständige bedeu- tung auf und wird dem hauptbegriff des compositums ge- genüber zu einer secundären rolle herabgedrückt, im dvan- dva dagegen fähren beide theile eine vollkommen gleich- berechtigte existenz. Diese beiden theile miteinander zu verbinden, hat nun der Inder zwei möglichkeiten. Ent- weder erhält das letzte der beiden themen die dualendung

1*

4 Gustav Meyer

(resp. , wenn mehr als zwei glieder vorhanden sind, die pluralendung), oder die endung eines neutrum im singuIar. Das erstere ist das regelmäfsige bei Verbindung von le- benden wesen, z. b. judhiäthirärgunäu Judhiäthira und Arguna agni-väjü Agni und Väjn, kukkuta-ma- jürjäu bahn und pfauenweibchen , das letztere ist beson- ders bei gegensätzen und gliedern des körpers, Oberhaupt mehr bei leblosen gegenständen und abstracten begriffen als bei lebenden wesen gebräuchlich (vgl. Bopp ausf. lehr- geb. s. 313), ohne dafs sich jedoch diese gebrauchsweisen vollständig ausschlössen. Beispiele der letzteren art sind: päni-pädam oder hasta-pädam band und fufs, karä- karam das bewegliche und unbewegliche, anna-pänam speisen und getränke, kitta-sankalpa-bhävam geist entschliefsung und gemQth, jüka-maksika-matkunam lause fliegen und wanzen.

Die spräche hat in der zweiten art der dvandva-ver- bindung offenbar einen fortschritt ober jene erste stufe hin- aus gemacht. Ein jedes wort, auch jedes zusammenge- setzte, hat die aufgäbe öinen begriff auszudrücken und mufs sich mit diesem einen begriff vollständig decken; dies ist denn auch bei allen übrigen arten der Zusammensetzung der fall. Im dvandva aber ist einem worte die sonderbare aufgäbe zugefallen, zwei (oder mehr) begriffe dem hören- den oder lesenden zu vermitteln, und in der ersten jener dvandva -Verbindungen ist diese zweiheit (oder mehrheit) auch äufserlich durch die dual- (oder plural-) endung des zweiten gliedes kenntlich gemacht. Es kann gleich hier bemerkt werden, dafs ich diese art des dvandva überhaupt (dr keine eigentliche Zusammensetzung anzusehen vermag; es ist eine auf relativ später stufe eingetretene zusammen- röckung, die freilich durch das wahrscheinlich durch ana- logie veranlafste erscheinen des themas im ersten gliede sich der form der wirklichen Zusammensetzung angenähert hat. Immer aber bleibt die dualendung etwas, was eine grofse klufl zwischen diesen und den übrigen compositio- nen erkennen läfst. Diese kluft hat die spräche zu über- brücken gesucht, iudem sie in der zweiten oben bespro-

die drandva-znsammensetzung im griechischen und lateinischen. 5

ebenen art des dvandva die beiden verbundenen begriffe Jadurcb in eine einbeit hinaufzubeben versuebt bat, dafs sie das ganze in den singular setzte und ibm eine neutral- endung gab. Man sieht leicht, dafs es ihr nur zum theil gelungen ist. Denn die dadurch angestrebte einbeit liegt nicht mit innerer noth wendigkeit in dem begriffe des com- positums selbst, sondern ist eine von aufsen in dasselbe hineingetragene, die der hörer oder leser allenfalls, da er durch die form des Wortes darauf hingewiesen wird, durch combination gewinnen kann, die ibm aber nicht mit noth- wendigkeit sofort in die äugen springt. So lassen sich ja allerdings hasta-pädam band und fufs unter den allge- meinen begriff extremitäten, anna-pänam speisen und ge- tränke unter den des geniefsbaren , kitta-sankalpa- bhäva geist entscbliefsung und gemflth unter den von seele, jüka-makäika-matkunam lause fliegen und wan- zen unter den von Ungeziefer subsumieren; bei andern ist diese subsumption schon schwieriger und erfordert eine anstrengendere logische Operation, die sehr häufig nur mit rücksicht auf den zusammenbang der stelle, an der das wort gebraucht ist, vorgenommen werden kann. Dieser umstand kann uns, glaube ich, als anhält dienen, um den grund aufzufinden, der diesen so sonderbaren Widerspruch zwischen form und inhalt veranlafst hat, deren congrueuz sonst für jede Spracherscheinung unabweisbare bedin- gung ist.

Das indische dvandva ist nämlich seinem Ursprünge und wesen nach entschieden eine syntaktische fügung, die auf demselben principe beruht wie unser zusammengezo- gener satz. Statt zu sagen der ochs gehört ins tbier- reich, der esel gehört ins thierreich, das pferd gehört ins thierreich sagen wir der ochs, der esel) das pferd oder ochs, esel (und) pferd gehören ins thierreich. Ganz in der nämlichen weise verfährt der Inder bei seinem dvandva, nur dafs er die drei begriffe ochs esel pferd äufserlich zu einem ganzen (ochs- esel-pferd) vereinigt. Diese auffassung wird durch die entwickelung des dvandva, wie sie uns besonders im sprach-

6 QnsUv Meyer

gebrauch des Veda vorliegt, bestätigt. Die beiden eig Damen Indra und Brhaspati sind, beide im nomina aneinander gerückt Rv. I, 90, 9 in Indro-Brhas] tis; die weglassung der copula ka und kann nicht auf lend erscheinen, sie ist eine eigenthOmlichkeit, die H sprachen theilen; so ist im lateinischen bei verbindi

^^ von mehr als zwei nomina die weglassung des et ai

vor dem letzten regel, und auch bei Zusammenstellung '

nur zwei, besonders von entgegengesetzten begriffen t

"^ sie häufig genug ein, wie in patres conscripti, \

blica privata, summa ima, ruta caesa. Die bei I in dieser weise zusammengestellten Wörter sind indefs ni

t ohne jede innere beziehung aufeinander, es sind begri

die wegen einer gewissen Verwandtschaft oder wegen il gegensatzes paarweis miteinander verbunden werden. Di paarweise Zusammengehörigkeit auch äufserlich zu bezei nen, gibt es auf arischem boden, im Sanskrit und altb . trischen, ein mittel, dessen an Wendung, da keine spur

von in einer der andern indogermanischen sprachen na weisbar ist, entschieden erst nach der ersten grofsen s[ chentrennung während des Zusammenlebens der bei arischen Völker entstanden ist. Es werden nämlich zu < sem zwecke beide Wörter in den dual gesetzt. So hc Indra und Brhaspati nun Indrä-brhaspatl Rv.IV,4S Indrä-varunäu Rv. I, 17, I Indra und Varuna, Ind somä Rv. VI, 72, 1 Indra und Soma, djävä*ksä Rv. I, 102, 2 djävä-prthivi Rv.1, 112, 1 djävä-bhc Pän. VI, 3, 29 himmel und erde, naktosäsä = nak -ui§äsä Rv. I, 13, 7 nacht und morgen. Die beispiele dem altbaktrischen hat Justi zus. d. nom. s. 83 ff. gesi melt, vgl. hdb. d. zdspr. s. 378: Ahura-Mithra Ah und Mithra (mit gekürzter dualendung), Mazda- a Mazda und Ääa^ päjü-thwörestära Schützer und halter, ameretätähaurvätä Unsterblichkeit und ft pa^u-vlra vieh und mensch, äpa-urvare wasser i bäume, tevläl-utajüitl energie und kraft, khäüid äzüiti milch und fett u. s.w. Dafs alles dies keine c< Positionen, sondern blofse zusammenrückungen sind, g

die dvandva-zasammensetzung im griechisohen und lateinischen. 7

daraus hervor, dafs jedes der beiden Wörter seinen eigenen accent behält und dal's häu6g andre Wörter zwischen die- selben treten; beispiel^ s. bei Justi zus. s. 7.

Es ist keine frage, dafs die Verwendung des duals, wie sie in diesen Verbindungen hervortritt, eine recht eigen- thümliche ist. Wilhelm von Humboldt hat in seiner geist- vollen abhandlung über den dualis (in den abh. d. berl. acad. 1827 s. 161— 187) s 174 drei ausgangspunkte nach- gewiesen, von denen die verschiedenen sprachen ihre an- schauung der zweiheit und damit ihren dual hernahmen. Einige nämlich giengen aus von der redenden und ange- redeten person, dem ich und du; in diesen sprachen haftet der dual ausschliefslich am pronomen und den von ihm beeinflufsten redetheilen. Andre schöpfen den dual aus der erscheinung der paarweis in der natur vorkommenden gegenstände. Der begriff der zweiheit durchdringt das ge- biet des sichtbaren; es darf blos auf die theilung der bei- den geschlechter, auf die beiden hälften des körpers mit paarweis vorhandenen organen, auf einige der gröfsten er- scheinungen in der natur wie die beiden grofsen gestirne, tag und nacht, himmel und erde, festland und wasser hin- gewiesen zu werden. In einer dritten classe von sprachen endlich durchdringt er den ganzen Sprachbau, geht aber von dem allgemeinen begrijSTe der zweiheit aus. Das San- skrit und die übrigen indogermanischen sprachen werden von Humboldt mit recht zu dieser dritten classe gerech- net. Indessen ist es Humboldt selbst nicht entgangen, dafs eine spräche spuren von mehr als einer dieser auf- fassuugsweisen an sich tragen könne; und so findet die uns hier vorliegende erscheinung der beiden arischen spra- chen einzig und allein ihre erklärung in der zurückführung auf die zweite jener kategorien. Alle die in jenen Ver- bindungen coordinierten Wörter sind derartige sich ergän- zende und darum paarweis zusammen genannte begriffe; so die oben genannten verbundenen götternamen, die ja in ihrem letzten gründe auch auf physische Verbindungen und gegensätze zurückzuführen sind. Ferner djävä-bhüml naktösäsä u.s. w. Der dual kann hier nur aus der

8 GoBtar Meyer

wechselseitigen erganzang der beiden zusammengebörigon begriffe verstanden werden; ohne rficksicht darauf würde man, dem gewöhnlichen gebrauch des dual gemäfs, Ober- setzen mössen ^die beiden himmel, die beiden erden ^ oder „die beiden nfichte, die beiden tage^, was, wie auch Justi bemerkt, keinen sinn gibt. So aber weist jeder der bei- den begriffe durch seine dualendung auf den andern mit noth wendigkeit zn ihm gehörenden hin und drückt schon durch seine eigene formnng die un Vollständigkeit, die ihm, wenigstens nach der absieht des redenden, inne wohnt, aus; es ist, als ob man sagte: der himmel und das andere (alterum, das noth wendig dazu gehört), die erde und das andere. Hier ist auch der Ursprung jener eigenthümlichen erscheinnng zu suchen, welche die indischen grammatiker dvandva ekapesa nennen. Der name bezeichnet ein dvandva, von welchem blos ein theil übrig geblieben ist (9^sa Überrest), und ist sonderbar genug, da er eine Zu- sammensetzung statuiert, wo gar keine vorhanden ist. Der eine nämlich von jenen beiden paarweis zu einander ge- hörenden b^riffen, die in doppelter dualform miteinander verbunden zu werden pflegen, kann weggelassen werden und man wird durch die dualform veranlafst den andern dazu zu ergänzen (Benfey vollst, gramm. §. 637. Justi zus. 8. 86. Bopp vergl. gramm. 111 •, 453). So wird von den beiden zusammengehörigen gottheiten Mitra und Varuna nur die eine von beiden im dual genannt, um die andere mit darunter verstehen zu lassen: Miträ oder Varunä

bezeichnet den Mitra und Varuna, z. b. Rv. I, 14, 3. So heifst djävä (z. b. Sämav. II, 6, 2, 17, 2) oder rodasi (sehr oftj nicht „die beiden himmel^, sondern „himmel und erde^, ahani nicht „die beiden tage^, sondern „tag und nacht ^, uääsä nicht „die beiden morgen^, sondern „nacht und morgen^. Und auf demselben principe beruht es, wenn bei Wörtern, die dem gesehlechte nach zu ein- ander gehören und sich ergänzen, der dual des masculi- num genügt, um beide zu bezeichnen. So ist brähmanäu ein Brahmane und eine Brahmanin, und besonders bei den verwandtschaftshenennungen bezeichnet der dual von pitr

die dvandva-zosammensetznng im griechischen und lateinischen. 9

vater und mutier, von bhrätr bruder und Bch wester, von putra söhn und tocbter, von ^vapura Schwiegervater und Schwiegermutter. Justi s. 87 hat zu dieser gebrauchs- weise mehrere vermeintliche analogien besonders aus den germanischen sprachen zusammengestellt, die aber nur sehr entfernte ähnlichkeit mit dieser indischen bildung haben; ob z. b. got. fad rein und altn. feäTgar in der von Justi angenommenen weise zu erklären sind, ist doch mehr als zweifelhaft. Jedenfalls ist in keiner der andern indoger- manischen sprachen eine ähnliche feine anwendung des duals nachzuweisen. Interessanter ist die analogie, die Bopp vergl. gramm. IIP, 454 aus den malaiisch -polynesi- sehen sprachen beibringt, wo z. b. t4-ua =3 du zwei für du und ich gebraucht wird.

Die betrachtung dieser interessanten spracherschei- nung hat uns von unserer eigentlichen aufgäbe etwas ab- geftkhrt. Die beiden duale, welche unverbunden mit selb- ständigem accent nebeneinander gestellt wurden, konnten zunächst dadurch zu einer gröfsern einheit verbunden wer- den, dafs man ihnen ^inen accent gab; es ist, wie wenn man statt res publica respublica schreibt und spricht. Das liegt vor z. b. in sürjä-kandramasä sonne und mond Rv. I, 102, 2. War das geschehen, so konnte es leicht der fall sein, dafs man aufhörte die dualendung in der mitte des zusammengerückten wortes zu fohlen und dasselbe blos am ende flectierte; solche erstarrte dualen- dungen, die dem worte allerdings einen mehr compositions- ähnlichen charäkter geben, begegnen z. b. in Indrä-Va- runajös Rv. I, 17, I, indrä- pü§nös Jgv. 25, 25, djävä- prthivlbhjäm J^v. 22, 28 (vgl. auch Bopp vergl. gramm. ril \ 452).

Neben dieser ausdrucksweise, wonach die paarweise Zusammengehörigkeit an beiden Wörtern durch den dual bezeichnet wurde, bestand eine andre, der es genügte am zweiten worte diesen procefs zu vollziehen und das erste in dem ihm zukommenden singular flectierte. Auch das ist keine Zusammensetzung, sondern blos asyndetische an- einanderrQckung, wie zum überflufs die tmesis z. b. iu

10 Gustav Meyer

prija: sürjö prijö agnä bbaväti (Benfey gr. §. 635) oder in divam par^i bhümä über himmel uod erde Rv. I, 62, 8 beweist. So siebt das erste glied im Dominativ in hötä-pötärau herold und reinigungspriester, nedtödgä- tärau opferbesprenger und sämansänger, mätä-pitarau mutter und vater, jätä-nänandarau frau des bruders des mannes und Schwester des mannes; im genitiv in di- vas-prthivjös des himmels und der erde (so Justi zus. 8. 7; freilich erklären andre divas hier für einen neutra- len nominalstamm, so Grafsmann d. zeitschr. XI, 7. Cors- sen ausspr. P, 233 anm, Fick vergl. wb.^ 94). Ans sol- chen Verbindungen nun scheint die im späteren Sanskrit vorherrschende gebrauchsweise hervorgegangen zu sein, bei der im ersten gliede ein nominalstamm angewen- det und die Zusammengehörigkeit des ganzen durch die dualendung des zweiten theiles bezeichnet wurde. Auf diese weise war die zusammenrOckung der form wirklicher Zusammensetzung assimiliert und davon haben dann die in- dischen grammatiker ihren begriff des dvandva zunächst abstrahiert. Der grund von dem erscheinen des themas scheint in der analogie der übrigen compositionen zu su- chen, in denen die Verwendung desselben von jeher üblich und aus dem Ursprünge der Zusammensetzung überhaupt hergeleitet war.

Diese auffassung stimmt in wesentlichen punkten über- eiu mit den von Justi im anfange seiner schrift über die Zusammensetzung der nomina gegebenen ausführungen. Ein fundamentaler unterschied besteht allerdings zwischen der auffassung von Justi und der meinigen. Justi nimmt an, dafs alle composition überhaupt ihren ausgang genommen habe von der aneinanderrückung schon flectierter nomi- nalstämme, aus denen dann durch abschleifung der flexions- endungen die gestalt des reinen Stammes hervorgegangen sei, eine auffassung, die den übrigen uns in den indo- germanischen sprachen vorliegenden thatsachen zu sehr widerspricht, als dafs man sich damit in Übereinstim- mung erklären könnte. Ich habe in meinen beitragen zur stammbildun^slehre des griechischen und lateinischen (in

die dvandva-zusammensetzung im griechischen und lateinischen. 11

Curtius Btudien zur griech. uod lat. gr. ¥,19 ff.) im an- fichlufs an Curtius zur Chronologie der indogermanischen Sprachforschung (abh. der kgl. sächs. ges. d. wiss. phil. hist. cl, 5. bd. s. 187 261) s. 248f. die ansieht vertreten, dafs die entstehung der coroposition in die zeit vor der ausbil- dung der flexion zu setzen sei, und daselbst meine gründe ausführlicher erörtert. Es wäre auch in der that unbe- greiflich, wie es der spräche möglich gewesen wäre auf diesem sonderbaren, gewissermafsen retrograden wege aus den fertigen flexionsformen wiederum die abstraction des themas zu gewinnen. Ich habe a. a. o. allerdings für eine art der composita diesen weg der entstehung annehmen zu müssen geglaubt, nämlich för die tatpuruäa mit accu- sativisch regiertem ersten gliede, und hier das erscheinen des themas aus relativ späterer einwirkung der in den übrigen Zusammensetzungen durchweg erscheinenden Stamm- form erklärt, während eine periode der zusammenröckung mit einem schon flectierten accusativ voranging. Und der- selbe gang der entwickelung liegt augenscheinlich bei den in frage stehenden dvandva vor, denn nur so lassen sich alle die verschiedenen Verbindungsarten, die wir als Vor- stufen angesetzt haben, genügend erklären.

Es ist schon oben bemerkt worden, dafs die spräche über die zuletzt berührte stufe des dvandva noch hinaus einen schritt zur Vereinheitlichung des ganzen machte, in- dem sie dem ganzen die endung eines neutrum im singular verlieh, wodurch der dualismus des compositums wenig- stens äufserlich etwas verhüllt wurde. Es wäre interes- sant zu untersuchen, ob und wie weit sich diese art des dvandva bereits im Veda findet; mir ist aucrenblicklich kein einziges beispiel daraus zur band. Es wäre das ein sehr wichtiges chronologisches moment für die von uns entwickelte reihe.

Es fragt sich nun, ob und in welcher ausdehnung die dvandva -Zusammensetzung sich auch in andern sprachen unseres Stammes als in den beiden arischen nachweisen läfst, um daraus eine folgerung auf die zeit vor der Spra- chentrennung machen zu können. Benfey in seiner ab-

12 Gnetav Meyer

bandluDg über einige pluraibil düngen des indogermanischen verbum, Göttiogen 1867 s. 10 hat das bestehen des dvan- dva für die indogermanische urzeit mit voller entschieden- heit geleugnet; er nimmt auch fär das sanskritische dvan- dva einen relativ späten Ursprung an und benutzt die- sen umstand als argument gegen die bekannte ansieht (von Bopp, Kuhn, Pott, Schleicher), nach der die pluralendun- gen des indogermanischen verbums masi tvasi anti u.s.¥r. aus Zusammensetzungen von pronominalwurzeln mit der bedeutung ich und du, du und du, jener und der hervorgegangen seien. £s ist hier nicht der ort diese frage einer erörterung zu unterziehen; nur das darf bemerkt werden, dafs das aus dem späten vorkommen des dvandva hergeleitete beweismittel gegen diese entsteh ungsart sehr unhaltbar ist. Denn, von vornherein zugestanden, dal's vor der sprach trennung keine dvandva -Zusammensetzung exi- stiert habe, so haben jene zusammenfögungen von zwei pronominalwurzeln mit derselben auch gar nichts gemein* sam. Sie lassen sich nur mit den zusammenrückungen der zahlen von elf an vergleichen, wie skr. Skä-da^an dvä-dapau trajö-da^an, altb. kathru-dapan panka- da^an, griech. Üv-Saxa dcJ-Jexa, lat. nn-decim duo- -decim tre-decim quattuor-decim u. s. w. Es sind diese Zahlwörter ursprünglich gewifs zwei asyndetisch ne- beneinander genannte worte gewesen, die in folge der bei ihnen gerade sehr erklärlichen gewohnheit, sie häufig zu- sammen zu hören, schliefslich in einen wortkörper ver- schmolzen. Von dieser entstehungsart legen die griechi- schen zahlen r()i6-xai'daxa Teaöaga-xai-äexa u. s. w. noch deutliches zeugnis ab. Nichts äufserliches bezeichnet an ihnen die einheit und auch der sinn ist der einer einfa- chen addition, so dafs sie sich also augenscheinlich von der nominalzusammensetzung, welche die Inder dvandva nennen, unterscheiden. Auf sie durfte also H. Düntzer, lehre von der lateinischen Wortbildung und composition 8. 185, seine behauptung über das bestehen der dvandva vor der Sprachtrennung nicht gründen, was mit recht schon Uhdolph a. a. o. s. 48 zurückgewiesen hat. Nur mit ihnen

die dvandva-znsammensetzang im griechischen und lateinischen. 13

hätten jene verbalsufiGxe analogie: bhara*ma-8i: träger ich + du = wir u. s. w.

Allerdings aber bin auch ich der ansieht, dafs die annähme von dvandva-nominalzusammensetzungen fQr die indogermanische Ursprache unstatthaft ist. Es lassen sich in den verwandten sprachen nur vereinzelte und zwar zum theil sehr entfernte analogien nachweisen, welche keines- wegs zu der annähme zwingen, dafs sie als erbgut aus jener Urzeit mit hinübergenommen wurden, sondern selbständig auf dem boden jener einzelsprachen entstanden sein kön- nen. Andre heispiele, die gewöhnlich hieher gezogen wer- den, sind gar nicht mit den dvandva zusammenzustellen, sondern weitaus anders zu erklären. In diesem sinne ha- ben wir oben die darstellung der indischen dvandva gege- ben. Die sanskritisch -baktrischen composita mit doppel- tem dual sind eine einzig und allein auf arischem boden nachweisbare erscheinung und meines wissens hat auch noch niemand den versuch gemacht, sie einer der andern spra- chen zu vindicieren. Ist nun die im anschlufs daran ver- suchte entwickelung der übrigen formen des indischen dvandva nicht ganz verfehlt, so fällt von vorn herein diese ganze compositionsclasse in das gebiet der arischen sprach- entwickelung und aus der vergleichung mit den andern in- dogermanischen sprachen heraus. Ein blick auf diese wird dies resultat bestätigen.

Sehr instructiv in dieser beziehung ist besonders das griechische und in ihm hat man auch von jeher die meisten dvandva-bildungen zu entdecken geglaubt. Das gewöhnlich hiefür angeführte beispiel ist vvyd^-rjf^uQov^ ein spätes wort der xoivijf das sich zuerst im zweiten KorintherbriefeXI,25 nachweisen läfst (vv^^ifj^ueoov kv rro ;3vi9(p nEnoirjxct, diem noctemque in alte mari transegi.) Ich kann nicht umhin dasselbe für ein wirkliches dvandva zu halten, das sich in seiner formation an die zweite indische classe anschliefst und dem wirklich vorkommenden (z. b. Manu I, 64) ahö- -rätram tag und nacht bis auf die umgekehrte Stellung der glieder genau entspricht. Dem gegenüber ist die von Sanneg 8. 7, der das dvandva für das griechische voUstän-

14 Gustav Meyer

dig leugnet, versuchte erklärung viel zu künstlich, wo- nach das wort das neutrum eines possessivcompositums sei, dessen glieder im dvandvaverhältnis stehen, obwohl derartige bildungen vorhanden sind. Denselben sinn bei umgekehrter Stellung der beiden theile hat der acc. tjuend- vvxta in den scholien des Tzetzes zu Hes. Op. 613, wo allerdings die einheit nicht durch die endung bezeich- net ist und augenscheinlich blofse zusammenrückung vor- liegt, ebenso wie in dem nicht minder späten fjnaTO'nvev- fidov leber und lunge in dem Oneirokritikon des Achmes, eines arabischen arztes, c. 83 (x(iv rig iÖtj ort bvqbv tina- Tonvavfiova xqiov tj rgdyov xrA.), was indessen nach dem Stern in der mir einzig bekannt gewordenen alten ausgäbe zu schliefsen kritisch nicht sehr sicher ist. Wie dem in- defs auch sei, jedenfalls entstammen diese Verbindungen der Volkssprache, in der sie sich, so weit wir das über- sehen können, auch erst sehr spät im verfalle der gesamm- ten sprachentwickelung herausgebildet haben. Sie stehen in directem zusammenhange mit den dvandvae, wie sie un- leugbar in einzelnen Zusammensetzungen des neugriechi- schen vorliegen. So heifst dort ro ävÖgo-ywov das ehe- paar, mann und frau, im Erolokritos p. 6 (einem gedichte des 17. jahrh.), in ganz anderem sinne, als dies wort in der classischen graecität gebraucht wird; ferner im plural des neutrums ra yvvaixo- nctida frauen und kinder, rot yiöo' ngoßata ziegen und schafe, ra ^la^ccigo- nigova mes- ser und gabeln, rauneXo- x^Q^V'^ Weinberge und äcker, vergl. MuUach gramm. d. griech. vulgärspr. s. 148. Ross^ reisen auf den inseln des ägäischen meeres II, 109. Stein- thal in der rec. von Tobler über die Wortzusammensetzung in zeitschr. f. völkerpsych. 1869 s. 264 £P. Auf keinen fall darf man, wie Steinthal a. a. o. geneigt scheint, diese so späten erscheinungen dazu benutzen, um einen schlufs auf die indogermanische Ursprache zu machen. Solche zusam- menfügungen, die natürlich bei vorgeschrittenem sprach- bewufstsein sehr natürlicherweise der norm, die man in den andern Zusammensetzungen zu befolgen gewohnt war, sich anschlössen, bilden sich im mündlichen verkehre einer

die dvandva-znsammensetzung im griechiscbeil nnd lateinischen. 15

Volkssprache sehr leicht, um einen kurzen, praegnanten ausdruck zu gewinnen, und werden vereinzelt wohl auch hie und da mit in die Schriftsprache herüber genommen.

Ebenso wenig darf man sich zur Unterstützung einer solchen ansieht auf ein andres wort berufen, das allerdings bedeutend älteren datums ist, aber nichts desto weniger auch von einem andern Standpunkte aus erklärt werden mufs. Es ist kein andres als die bekannte aristophanei- sehe Zusammensetzung von 73 silbon, aus 24 theilen be- stehend, Ar. Ekkl. 11 68 ff. Mein., die ich ebenfalls nicht umhin kann für ein wirkliches dvandva zu halten. Es wird dort aufgetragen ein kenifSo-Titiaxog (karmadbäraja, etwa gericht von austern und seetischen, dann folgt ein gen. materiae, bestehend aus) (Tekaxü- yaXeö- XQavio- A€i- xpavo' öoui' imoTQifiuaTO' atX(pio- nagao- usXiro- xata^ xE^VftevO' xi^Xeni' xoöövcpo- (farTo- TiBQKfxhQ- aXexTgvov- oTCT' exe(paXXio- xiy'xKo- Tceksto- Xayqyo- (figavO" ßarfr^- rqayavo' TtTSQvycov. Es ist dieses abenteuerliche wort, das getrost den wettkampf mit den monströsen bildungen der Inder aufnehmen kann, vom dichter erfunden, um die ver- schiedenen gegenstände, aus denen -das fricass^e bereitet st, unter einen hut zu bringen; wir werden aber unten noch darauf zurückkommen müssen, wie wenig ähnliche bildungen der komiker und besonders des Aristophanes, bei dem uns die meisten vorliegen, sich streng an die sonst für die composition und das Verhältnis der glieder in den- selben geltenden regeln halten und wie wir zu ihrem Ver- ständnis oft ebenso viel phantasie anwenden müssen, als der anwendete, der sie für seinen augenblicklichen zweck schuf.

Es mag hier gleich die erwähnung einer erscheinung angeknüpft werden, die sich passend hier anschliefst und zur aufhellung der vorhergehenden bildungen dienen kann. In der anthologie ep. ad. 110 (app. 288) werden die philo- sophen, die in ihrem äufsern das princip der Selbstverleug- nung durch barfufsgehen zur schau tragen und doch dabei stutzerhafte gelüste nicht unterdrücken können, mit dem ausdruck vtjXmo^xai'ßXBn'ekaiot, bezeichnet, barfufs und

16 GnsUv Meyer

Bich nach salböl umsehend. Hier trägt der erste theil die gestalt des themas, die beiden Wörter sind zu einem com- positum verbunden, in welches ganz abnormer weise das xai, das die glieder sonst zu verbinden hätte und in den gedanken des schreibenden verband, mit aufgenommen ist. Es wird an diesem beispiele besonders klar, wie diese ganze art der Zusammensetzung im griechischen nur eine ganz mechanische aneinanderschliefsung ist. Ein vtjhno'ßkBni- laidQ würde genau den indischen Zusammensetzungen ent- sprechen, wo zwei adjectiva in beiordnendem Verhältnis mit einander verbunden sind und die Bopp ausf. lehrgeb. s. 314 den dvandva anreiht, obwohl sie mit ihnen nur äusserliche ähnlichkeit haben; vrtta-pina z. b. heifst „rund und dick^ (Indral. 2, 19 vrtta-plnäbhjäm bähubhjäm mit runden und dicken armen); noch eonformer dem obigen beispiele, weil die beiden glieder zunächst keine innere beziehung auf einander haben, ist Nal. 5, 25 hr§itasrag- ragöhlna mit aufrecht stehenden blumenkränzen und staublos (beiwort der götter), was Steinthal a. a. o. nicht mit unrecht „die abgeschmackteste und niedrigste redeweise auf indogermanischem gebiete^ nennt. Ebenso gebildet ist der bekannte griechische ausdruck för gentleman xaXo- xaya&o^. Nach Lobeck zu Phryn 603 ist bei älteren schriftsteilem durchweg xalog xaya&og zu schreiben (so z. b. Herdt. II, 143), und enstanden ist ja das compositum jedenfalls aus aneinauderrückung dieser beiden ursprüng- lich getrennten Wörter: die themaform ist ein Wirkung der analogie. Während aber Justi (s. 31, 86) recht hatte dies wort als dvandva-ähnlich zu bezeichnen, fallen einige an- dere zusammengesetzte adjectiva aus dieser analogie voll- ständig heraus, in denen zwischen beiden theilen die prä- position ini erscheint. Es sind aAA-fTr-aAA^/Aoc; Paus. IX 39, 4. XenT'Bni'kenTog A. P. XI HO. cf avl-eni-tfcivkog A. P. XI 738. (fT6Vü'eni-uriX7]g schol. Soph. Ant. 1235. Justi hat entschieden unrecht, wenn er hier der präposition irgend eine verbindende kraft zuschreibt. Dieselbe gehört vielmehr entschieden zum zweiten theile, denselben, wie Tobler s. 43 von (pavkemcfavkog zugibt, adverbiell stei-

die dvandva-zusammensetzung im griechischen und lateinischen. 17

gernd. Derartige zusammensetzangen von kni mit adjec- tiven sind nicht selten, entweder steigernd wie in ^ni-Stßog^ hTti'BixiXog, hni-XafATiQoq^ iTti-cffAvysgüg^ oder den begrift' einschränkend wie kni'ßaqvg^ kni-yXvxvg^ kni-ktvxog^ kni- fiilagf im-^avd'og^ hni-nvggogy kTH'öTqoyyvXog^ 'in^o^vg^ icf- vygog. Diese adjectiva sind in den vorliegenden fällen noch durch vorsetzung des einfachen wortes gesteigert, ^in verfahren, das sich den bekannten Verdoppelungen der Volkssprache anschliefst und wovon z. b. Lobeck Path. I. 183. Pott Et. F. V 189 beispiele gesamraelt haben. Will man eine von den indischen kategorien auf sie anwenden, so sind es jedenfalls keine dvandva, sondern eher karma- dhäraja; axBvo-emfxriXJ^g ist wieder ein solches. Ebenso ist gebildet das von Poll. 3, 18 angeführte und als SeivtSg idiüOTixop bezeichnete nann-eni-nannog urgrofsvater: denn schon das einfache kni-naTinog hat dieselbe bedeutung (Hesych.). Noch weniger ist begreiflich, wie Justi s. 86 und Tobler 6.42 das homerische aXlo-nqdc-aXXog E 831. 889 den dvandva anreihen können. Das wort, das an bei- den stellen beiwort des Ares ist, wird gewöhnlich erklärt mit „wetterwendisch, sich von einem zum andern wen- dend^ und wird in diesem sinne mit einem casus im ersten gliede erklärt von Weissenborn de adj. comp. hom. Halle 1865 8. 22, ich glaube, mit unrecht. Ist die bedeutung die richtige, wofOr allerdings die erste der beiden stellen spricht, wo folgt

'^Og 7i(}(S)riv fAev ifioi T€ xai'Hgrj ötsvt* ayogevojv Tg<o(fl fiaxfjOBtSö'ai, dnxg '^gyeioiaiv dgtj^eiv^ D/vv de /AETcc Tgateaaiv ofiiXet^ tüv ök XiXaarai^ so ist das wort einfache zusammenröckung aus äXXog nQog äXXoVy wie es auch Pott Et. F. IP 251 aufgefasst hat. Eine solche zusammenrückung bliebe es auch, wenn man dem ganzen possesive bedeutung gäbe und es als allgemeines beiwort des krieges „den einen gegen den andern stellend^ erklärte, was mir nicht unmöglich scheint.

Es braucht nicht darauf hingewiesen zu werden, wie verschwindend klein die anzahl der genannten, zum grofsen theil nur analogen erscheinungen gegenüber den indischen

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 1. ^

Ig Gustav Meyer

dvandva ist, und wie wenig man das recht bat, beide ao einen gemeinschaftlichen Ursprung anzuknüpfen. Noch weniger ist dies der fall bei einigen andern ebenfalls unter den allgemeinen begriff der copulation fallenden Zusammen- setzungen. Bopp vgl. gr. III* 455 und im anscfalusa ao ihn JustiZus. d. nom. 129 sieht in den beiden ersten theilen von ßargaxo ' lAVo ' fjLayia einen substantivischen dvandva* stamm ßarqaxo^vo und erklärt ebenso das lateinische suo* yetaurilia als ableitung von einem dreigliedrigen dvandva. Diese auffassung hat den entschiedenen Widerspruch von Uhdolph 8. 34 ff. gefundei^, der f&r diese und far eine an- zahl anderer Zusammensetzungen, die wir ganz getrennt von ihnen behandeln, eine neue classe geschaffen hat, die sich im Sanskrit nicht findet und der er den namen „par- titive composition^ giebt. Hierhin rechnet er z. b. Wörter wie laxQo-fxavxiQ^ i.iq.O'fiaxaiga^ die man vielfach (z. noch Kühner ausf. gr. I. 737) als dvandva aufgefasst hat. Das können die Wörter natürlich nicht sein, da sie, wie auch Uhdolph a. a. o. s. 41 richtig bemerkt, nur einen begriff bezeichnen; Uhdolph meint nun, es seien hier die beiden theile eines begriffs durch xai und verbunden zu denken, und hat daher jene bezeichnung gewählt; so weit ist alles einfach. Warum wir diese auffassung nicht theilen können, das auseinanderzusetzen muss dem weiteren verlaufe unse- rer Untersuchung vorbehalten bleiben; hier haben wir uns zunächst gegen die erklärung zu wenden, die Uhdolph in consequenter aber höchst gekünstelter Verfolgung jenes princips von den oben angefahrten Bopp'schen und einigen anderen beispielen gegeben hat. Su-ove-taur-ilia wird erklärt nicht als ableitung von einem dvandva suovetauri, sondern als zusamroenschweifsung der drei adjectiva suili-, ovili-, taurili- s. Uhdolph selbst wagt nicht pro certo dicere a primo sermonis usum separatim posuisse adiectiva, postea natam esse compositionem. Ich glaube, diesen zweifei kann man mit ziemlicher Sicherheit lösen; eine solche art der Zusammensetzung ist unmöglich und auf dem ganzen gebiete des indogermanischen unerhört. Mit den von Uhdolph sogenannten partitiven adjectiven (wie /Jlvxv-

die dvandva-zusammensetzung im griechischen und lateinischen. 19

nixQog o^iHiKOQog) könnte dies schon lange nicht verglichen werden, denn da sind eben beide adjectiva in vollständiger, unversehrter form vorhanden, während sie hier in uner- klärlicher weise ihre endung eingebüfst hätten. Uebrigens glaube ich, dafs Uhdolph's ansieht von der Bopp^schen nicht 80 ganz verschieden ist, wie es den anschein hat. Auch Bopp und Justi haben gewiss nicht angenommen, dafs ein etwa vorauszusetzendes suo vetauri wirklich jemals existiert habe: es sollte das opfer, das aus seh wein, schaf, stier bestand, mit einem worte bezeichnet werden, und so wurde von diesen drei zusammen gedachten begriffen jenes ad- jectivum deriviert. Uhdolph gelangt durch andere nur weit künstlichere analyse zu demselben resultate, ohne es sich eingestehen zu wollen.

Wenn er aus den drei adjectiven sui-li-s -t- ovi- li-s -+- tauri-li-s das eine su-ove-tauri-li-s entstehen lässt, so verfahrt er dabei ebenso, wie bei der mathema- tischen Operation, wo man aus der summe ba + ca + da den gemeinschaftlichen factor a (hier das suffix li-s) ab- sondert und die formel (b + c-4-d) a erhält, was dem (su -H ove -h tauri) li-s genau entspricht. Der erste factor ist hier eben eine summe, das heifst fOr unsem fall ein dvandva. Noch weniger wahrscheinlich ist die analoge erklärung von ßargayo-fAVO-fiaxici s.41, das Uhdolph aus ßaxgaxofjLayia + fivofiaxia entstanden sein lässt; die vorausgesetzte zwischenform ßaTQaxo'^iaxfj-fivo-fjiaxicc ist vollends so abenteuerlich, dafs sie allein eigentlich genügte die unhaltbarkeit der ganzen erklärung darzuthun. Auch hier nimmt Uhdolph daran anstofs, dafs ein von Bopp vorausgesetztes ßatga^ofiye nie existiert haben könne, und meint, es müsste nach analogie der singularen dvandva im Sanskrit wenigstens ßcttgaxO'/Ävg gelsiutet haben, was eine thatsächliche Unrichtigkeit enthält, da die betreffenden in- dischen bildungen neutra sind (also etwa ßavgaxo-pivov wie vvx^tifABQov), Ich kann einerseits die nothwendigkeit dieser folgerung nicht einsehen, andrerseits glaube ich, dafs keine von beiden je in Wirklichkeit existiert habe. Uebri- gens kann ich mich der Bopp-Justi'schen auffassung dieses

2*

20 Gustav Meyer

Wortes, die ich auf einige andere gleich zu erwähnende Wörter angewendet fQr richtig halte, grade für diese Zu- sammensetzung nicht anschliefsen. Denn ßargaxo-fivo^ fia^ia muss, da ^tcexia als eigenes wort nicht existiert, zuröckgeflihrt werden auf ein adjectiv ßarQaxo-pLvo-piix^Q^ das jedenfalls nicht die im Bopp'schen sinne erforderliche bedeutung haben kann, sondern höchstens „mit fröschen und mausen kämpfend^ heifsen kann. Sondern wir ^tio- fitt^og ab, so bedeutet dies „mit mausen kämpfend^ wie aelXS-fAaxog^ avSqo-fxaxog u. s. w. ; davon abgeleitet /mi;o- fiaxicc, kämpf mit mausen, wie es z. b. Plut. Ages. 15 ge- braucht ist und wie ebenso vorkommen ysgavo-fiaxia zwv IIvYfiamv^ kämpf der Pygmäen mit den kranischen, Strabo II p. 70, KsvravQo-fiaxicc ^ kämpf der Lapithen mit den Kentauren, Plut. Thes. 29, &eO'fiaxi(Xy kämpf gegen die götter, Plat. Rep. II 378 D, ri/avTO-fiaxicc und Tnavo- f^ccxla^ kämpf (der götter) gegen die Giganten, Titanen. Mit diesem fivo-uaxia nun ist ßargaxo im sinne eines ge- netivs zusammengesetzt &= fAvofiaxicc rcHv ßargdxcov^ kämpf der frösche mit den mausen. Ganz ebenso ist gebildet yakeo'fjLVO'^axici^ kämpf der katzen mit den mausen, der titel eines gedichtes des Theodoros Prodromos.

Uhdolph wendet seine erklärung dieser Wörter an auch auf xofA7tO'q;axBko'()Qrj^(av^ scytalo-sagitti- pelli*ger (Tertull. de pall. c. 4), pechrabenschwarz, kohlraben- schwarz (aus kohlschwarz + rabenschwarz), schneemilch- weifs, pappelweidenhain (Matthisson). Die berufung auf ausdrücke wie licht- und Schattenseiten, tag- und nachtgleiche, grofs- und kleinstaaten ist wie- der unglücklich, denn hier sind zwei sich gegenseitig aus- schliefsende begriffe durch eine ähnliche Operation wie das einmalige setzen des subjects oder prädicats in zusammen- gezogenen Sätzen verbunden; pappel- und weidenhain wären eben zwei haine, von denen der eine ein pappel-, der andere ein weidenhain ist; pappelweidenhain ist ün hain, der aus päppeln und weiden besteht. Ich erkenne dvandaähnliches Verhältnis in den ersten gliedern folgender composita : ßgvafavo- &QaavfiaxuO' Ai^t^t- xiQfiaroi Ephipp.

die dvandva-zosamraensetzung im griechischen und lateinischen. 2t

bei Athen. XI, 509 C Mein., brysonisch-thrasymachiscbe geldnehmer, d. h. gewinnsüchtige anhänger des Bryson und Thrasymachos. Das ganze ist karmadhäraja, der zweite theil ein umgekehrtes tatpuruäa, der erste ^(jvacovo' «^gacrv- fjia%BiO' eine bildung in der art von su-ove-taorili- s, agnl-8ömlja den Agni und Soma betreffend, mänusa- daivika aus menschen und göttern bestehend. Clemm de comp, quae a verb. inc. p. 165 not. 263 lässt zwischen beiden t heilen Casusverhältnis bestehen, „von Br. und Thr. geld nehmend^, was durch die adjectivendung eio unmög* lieh gemacht wird. KofiTtO'ffaxeko^QQtj^Küv Ar. Ran. 837 = x6f47tovg xccl (paxaXovg Xkyvov^ XQOfZfiv-o^v^QSyfjila Ar. Eir, 533 aufstofsen von zwiebeln und essig, aalniyyo- XoyX" V7tt]vddat Ar. Ran. 966, bärtige, die von trompeten und lanzen reden; das dvandva ist im sinne eines bahuvrihi zu denken, wie derartiges auch selbstständig vorkommt (vgl. unten) ; ön^fj^i- ayoQaio- Xtxi&o^ Xa^avoTicakiÖBg Ar. Lys. 457, die mit Sämereien, markt- hOlsenfrQchten (karmadhäraja), gemOse handeln, (fX^ßo^ VBvgwdfjg Arist. de respir. 16, aus ädern und sehnen bestehend. Zwei oder mehrere adjectiva sind in dieser weise verbunden in fAaxgo- xafxnvX' av^^jv mit langem und krummem halse Epich. bei Athen. II 65 B und in axoro- Saav- Ttvxvo- &Qi^ Ar. Ach. 396 mit dunklem, dichtem und dickem haar. Wir dürfen bei allen diesen bildnngen nie vergessen, dafs die mehrzahl derselben aus komischen dichtem stammt und dafs die art und weise ihrer Zusammensetzung nicht dem instinctiv schaffenden Sprachgeiste zuzusehreiben ist, sondern der überlegenden und combinierenden thätigkeit eines dichters, dafs wir also über die abstrusität mancher dieser bildnngen, zu deren Umschreibung wir mitunter weitläufige nebensätze anwenden müssen, nicht erstaunen dürfen. Aehnlich wun- derlich gebildet sind z. b. die ftilt] ag^aia fAeXi" aiöcovo- cpQvviX' riQata Ar. Vesp. 220, y^t^^XQ' ^vti- Xoy- ej- Bm- xqmrov ngayiainov Ar. Nub. 1004, hvSi" asQi^ aiitsgi- vir X^TOvg Tivag Ar. Eir. 861, ^€(7- elato- ^av&'' em- nay- xanvQCDTog Mein. frg. com. III 636 (Ath. XIV 643) in siedendem oel ganz gelb gedörrt, X(jovpo' x^^Q^' ^VQ^^^^

22 Gustav M«yer

Ar. Equ. 89, xvfiivO' n^taro' xagöauo- yXvcpog Ar. Vesp. 1357, XaXo-ßaf}v-naQci' (ibXo- (ßvtffio- ßdrag xaXauog Pratin. bei Athen. XIV 617 E, ogä^go- (poiro- dvxotpavTo* dixa^ TaXamwQotv TQOTKav Ar. Vesp. 505 die art derer, die ge- plagt sind durch rechtshäodel, die sie als früh aufstehende sykophanten itkhren., axogoSo^ navdoxevrgi" agro^ notiX^Seg Ar. Lys. 458, (^rgsifjO" öixo- nav- ovgyia Ar. Av. 1468 Schlauheit eines rechts verdrehers, öcfgayid- ovvx" ccgyo* xofÄ^rai Ar. Nub. 331 faule Stutzer (Qppiges haar zeichen der stutzerei), die die fiugernägel mit ringen besetzt haben, TOQvevTO' kvo' acnido' ni^yog Ar. Av. 491 o% toqvsvovoi Ivgag xai ccGTiiöag m^yvvovoi schol.

Recht interessant für das Verständnis dieser zusammen* Setzungen (und besonders jener mit dvandva im ersten theile) sind die kühnen bildungen, durch di.e Platen in sei- nen aristophanischen lustspielen auch in diesem äuTserlichen apparate es seinem groiseu vorbilde gleich zu thun suchte. Die verrätberische gattin des Andreas Hofer in Immer- manns trauerspiel in Tyrol beifst im romantischen Oedipus (werke IV 182) depeschen-mord-brand-ehebruchs- tyrolcrin, d. h. die sich mit depeschen, mord, brand, ebebruch befasst: die vier ersten Wörter stehen also im dvandva- Verhältnis. Ebenso in franz- hörn- zigeuner- zeune- deutsch- berlinerei (1V17Ö). Die freischütz- cascaden- feuerwerk- maschinerie eben da ist eine maschinerie mit cascaden und feuerwerk, wie sie ähnlich im Freischütz angewendet wird ; frosch- mollusken- brei* natur in der verhängnisvollen gabel (IV 17) eine breiige natur, wie sie fröschen und moUusken zukommt. Ich füge hinzu das obertollhaus- überschnappungs- narren- schiff (IV 58) und das demagogcn- riecher- nas- horns- angesicht (IV 73), die keine dvandva enthalten.

In allen diesen Zusammensetzungen ist das dvandva oder besser die dvaudva-artig verbundenen Wörter einem andern begriffe untergeordnet; wenn dieser übergeordnete begriff mit dem dvandva nicht in einem compositum ver- einigt ist, sondern ausserhalb desselben liegend jene beiden Wörter zu einer höheren einheit zusammenscbliefst, so ist

die dvandva-zusammensetzong im griechischen und lateinischen. 23

das wort ein adjectiv und fallt unter die kategorie der so- genannten bahuvribi. Die einheit kann aui'serdem noch durch ein sufBx bezeichnet werden, was bekanntlich in der composition immer auf eine spätere entwicklung hinweist. Dem Sanskrit sind solche bildungen nicht fremd (Justi zus. d. Dom. 119); Justi bat daför den namen ^auf dvandva beruhender bahuvribi'^ angewendet. Mit suffix ist so ge- bildet agni-äöml-ja den Agni und Soma betreffend, das suf&x ist durch vrddhi vertreten in maiträ-varuna, den Mitra und Varuna betre£Pend, ägni-märuta dem Agni und den Maruts gehörend, ägnendra Agni und Indra habend, saumendra Soma und Indra habend; suffix und vrddhi sind vereinigt in mänusa-daivika aus menschen und göttern bestehend. Aus dem griechischen muss so er- klärt werden avägo-ywog; ich habe in Curtius Studien V 8 f. dessen bedeutung in diesem sinne zu entwickeln gesucht: mann und weib umfassend, vereinigend. Anders zu erklären ist das neugriechische avöqoyvvov ehepaar, s. oben. Ferner a^ro- Xdyvvog ny^oa A. P. XI 38 ein ranzen mit brot und fiasche, Ttanno-naTgog dem grofsvater und vater gehörig, sehr spät bei Const. Man. Chron. 5915 (r?;r nanno-naxQov ßaaOMciv)^ derselbe Schriftsteller hat mit ableitungsendungen nanno-naxQixoq und nanno'nctrqi^og in demselben sinne so wie Ttanno-TiatQo&Ev^ (JiSt]gü''X(x?^xog TOfifj Luc. Ocyp. 96 von eisen und kupfer, als dvandva- bahuvrlhi auch von Justi s. 119 aufgefasst, während Uh- dolph s. 90 es aus aiä/jgsog -f- ;^cfAxeo^ bestehen lässt! arXeyyidO'krjxvö'og Poll. 3, 154 ist der diener, der seinem herrn axXByyig und ki]xväog ins bad nachträgt; ebenso ^vöTo-lrjxvdog^ TQi^tjueQo-vvxTog drei tage und näehte lang Dion. Areop., a (b -f- c), ;^(>i;<j-€/6yai'r-?jA€xr(>og aanig App. Anth. 330 ein schild aus gold, elfenbein und bernstein. Un- sicher ist xvriXü'TivQog Ath. XIV 649 A aus safflor und weizen gemacht, die lesart xvt}x6- nvQQog röthlich wie saff- lor scheint vorzuziehen. Ableitungsendung hat das späte i}fji%QO'Vvxxi>og^ das £ust. 842, 146 im neutrum sing, sub- stantivisch gebraucht ist, xi^^^' ^^^^^vrivog schol. Ar. Eir. 604 aus gold und elfenbein gemacht. Auch (fayt^oi-noöict

24 Gustav Meyer

8C. iegd ein fest mit essen und trinken Ätb. VII 275 B gehört hierher; ein nomen (faytjöig für den ersten theil nimmt auch Clemm s. 148 an. Auch das schon oben be* handelte lateinische su-ove-taurilis gehört hierher.

Damit ist aber auch ungefähr alles erschöpft, was sich im griechischen an dem dvandva analogen bildungen auf- finden lässt. Denn eine anzahl andrer Zusammensetzungen, die man auch in vergleich damit zu stellen pflegt, liegt weit davon ab. Todt de Aeschylo vocab. inv. §. 4 erklärt als dvandva die aeschyleischen composita iargd^fiavTig inn-akexT^vojv y^vn-aiaTog; ähnlich Kühner ausf. gr. I 737. Wir haben als unterscheidendes merkmal des indischen dvandva festgestellt, dafs es die aufgäbe hat, zwei einan- der beigeordnete begriffe auszudrücken. Nun ist aber largo^ fAavTig nicht etwa ein arzt und ein seher, iTinakßXTQvuiv nicht ein pferd und ein hahn, ygvnaUrog nicht ein greif und ein adler, ^Kpo-fiä^aiga nicht ein schwert und ein messer^ sondern alle vier bezeichnen einen mann, ein thier, eine Sache. Der durchgreifende unterschied vom indischen dvandva liegt somit auf der band. Auch Uhdolph hat das gefühlt und darum seine classe der partitiven Zusammen- setzungen geschaffen; iargo-ficcvTig ist ihm ein mann, der teils lUToug theils ^avxig ist, ygim-ai^rog ein thier, das theils greif theils adler ist. Ich kann nicht glauben, dafs diese erklärungs weise richtig ist; sie ist aus rein äufser- lieber auffassung entstanden. Wenn die spräche zwei be- griffe in einem compositum zu einer einheit verbindet, so giebt eines davon durchaus seine Selbständigkeit auf und wird dem andern untergeordnet^ was schon durch den ge- meinsamen accent hinlänglich bezeichnet wird. Die dvandva sind eben nur scheinbare ausnahmen davon, in der ent- stehung dieser art von Zusammensetzungen liegt die er- klärung derselben. Der hauptbegriff ist bei der weitaus überwiegenden mehrzahl der Zusammensetzungen der zweite, 80 auch hier. iazgo-fiavTig ist ein seher, der aufserdem auch arzt ist, dessen wesen durch das eines arztes bestimmt und erweitert oder eingeschränkt wird. Das ganze ist ein- faches karmadhäraja = laroog fAccvng; iatgog ist attribu-

die dvandva-zusa^meuäetzung im griechischen und lateinischen. 25

tiv wie etwa iatQixug, Mannweib ist offenbar ein weib, das sich wie ein mann geberdet; raubmord ein mord, der mit beraiibung verbunden ist. Vgl. die xvvag ßoTtjgag Soph. Ai. 297 und Lobeck Path. I 560. Sehr deutlich ist diese art des Verhältnisses bei einer anzahl von Wör- tern, in denen der zweite theil das genus, der erste die species ausdrückt, wie daxo-ntjga daxo- nvrivri idvQk-aöTug xiTQü'fitjkov, unser Wirbelwind Rheinstrom Odcr- fluss kieselstein, lat. malo-granatum. Bei andern freilich hat die spräche mit mehr willkQr den einen begriff zum hauptbegriff gemacht, während es ebenso gut hätte der andere sein können, wie ich schon in Curtius Studien

V 9 in anderem zusammenhange ausgeführt habe, so in einer anzahl von zusammengesetzten thiemamen; wir haben aber stets die pflicht von dem von der spräche als haupt- begriff hingestellten den ausgangspunkt für unsere erklärung zu nehmen.

Ich lasse das möglichst vollständige Verzeichnis der nach diesem principe gebildeten Zusammensetzungen aus dem griechischen folgen. Menschen oder menschenähnliche, auch göttliche wesen bezeichnen alyi- nav ziegenähnlicher Pan Plut. Parall. gr. 22, ävÖQo- yiyag männlicher riese Kallim. Dem. 34, avdQo- &ia mannhafte göttin, Athene A. P. XV 22, dvdgo' naig mannhafter knabe Aesch. Sept. 533, ävÖQo- TioQvog männliche hure, Ath. VI 260 F, dvögu- fStfiy^ männliche sphinx Herdt.II 1 75, dvd^Qtano' öaifxwv ein mensch gewesener gott Eur. Rhes. 971, yvvcax- dvrjg Epicharm. bei schol. IL b, 527 weibischer mann, das gegentheil ist unser mannweib, t^cd- ravQog gottstier Mosch. 2, 131, der in einen stier verwandelte Zeus, ein stier, der eigentlich ein gott war, vgl. gottmensch, largo- fiawig Aesch. Eum. 62, xoQiüv- ixdßt] AP. XI 67 eine krähenaltrige Hekabe, fArjTQO" ndgdevog bei kirchenschriftstellern von der Jungfrau Maria, Jungfrau, die mutter ist, fnvQfir^x- dv&gtonoi ameisen- menschen Ath. VI 229, veffeXo- xivravgog wolkenkentaur Luk. V. H. I. 16, TixtaX' ceXa^oüP bettelhafter prabler Ath.

VI 230 C, nnax-^ht} bettelhafte Helena Ath. XIII 585 E, axvtto'To^üTtjg skythiscber bogenschütze Xen. Anab. III 4, 15,

26 GasUv Meyer

ravQO' naQ&Bvog stierjungfraa lo bei Lykophr. 1292, <paQ(iax6' fjiavug ein fiävrig der auch (fUQfAaxoq ist (kann auch tatpuruda sein: aus tfiquaxa prophezeiend) Ath. VI 261 E, (pivaiiO' piavTiQ betrügerischer propbet Nioet.

Ebenso sind zu erklären die namen folgender zum theil wirklicher, zum theil fingierter thiere, ßo^ dp&gmnog der Minotauros Tzetz., ygim- aierog Ar. Ran. 929) yQVft- aliinf]^ Hippokr., inji' aXexTQViiv Ar. Ran. 937, inn^ ika(fog Arist. H. A. 2, 1, 10 eine art gazelle, inno- xevrav' Qog Plat. Phaedr. 229 D, mno- tavqog Hei. 10, 29, Inno- TQay- ikacpog^ rossbockhirsch Ath. XI 497 F, IxOdo* xev- ravQog Triton bei Tzetz. zu Lyc. 34^ xafifjko' nagSaXig gira£Pe Athen. V 201 C, xvv- akdntj^ hundefuchs, Ar. Eqa. 1062, kvx' dv&Qumog wolftmensch, werwolf (got. vair mann), kvxo' Ttdv&r/o wolfspanther Eust., fivo^ yakirj Spitzmaus Diosk, Ol/- ika(pog eselhirsch Ath. V 201 A, övo" xivTav()os eine affenart, 7ii&f]X' aXdinri^ affenfuchs AeL, ^*y6- ßctrog eine rochenart zwischen Qivog und ßdtog Arist. H. A., GTQovd'O' xdutßog straufs Diod. Sic, ravg- iXacpog^ ravQ* ekirpag Ael., rgay- ekarpog bockhirsch Ar. Ran. 935, ;jfi?v- aXwnfi^ iucbsgaus Her. H 72, ;^oi^- iXaq)og der indische Schweinhirsch, ;^üf(>o- yQvXXog Stachelschwein Said., ;^ot(»o- nid'tjxog schweinsa£Pe Ar. H. A. 2, 11.

Aus dem pflanzenreiche schliefsen sich an x^eguo- xvafzog eine hölsenfrucht (&eQuog feigbohne und xvafiog^ also genus und species) Ath. H 55 E, xirgo^ ^fjkov citrone, vgl. Tobler s. 83, h&o- öevÖgov steinbaum d. i. corallen Diosc, fisXi' l(üTog honiglotos, eine kleeart Arist. H.A. 9,40, mel-apium Plin. 15, 14, 15, /afjlo' mncov apfelförmige melone, uvgo- ßäkavog glans unguentaria, (>odo- iiaXov rosen- apfel, daher rosige wange Theokr. 23, 8, gxoqSo- ngacov eine pflanze mit dem geschmacke des knoblauchs und lauchs Dioskor. und dreigliedrig Xuqio^ noXtp- avsfiojvtj Ath. VI 269 D. Von steinnamen sind so gebildet laan^ 6vv^ Plin. N. H. 37, 9, kiä' dgyvQog Nik. AI. 607, aagö- 6vv^ Plin. N. H. 37, 6, denen ich vdQ-aQyvQog quecksilber, beiföge. Namen von speisen, getränken und medicamenten, die aus mehreren bestandtheilen gemischt sind, werden auch in die-

Die (Ivandva-zusammensetzuug im griechischen und lateinischen. 27

ser weise verbunden; hier haben wir wol auch in der mischung ein vorwiegen des an zweiter stelle genannten elementes anzunehmen. So aQTo-xgsag yaQ-ikaiov Galen. &vfx-o^-aXfAri Diosk. Tctj^-iXatov Galen. xfjgo-fÄskt schol. Theokr. 7 , 83. xtjqo' ntaaog Hippokr. fiVQo-Titaad'XtjQog Galen, olvö- yaXa Hipp. olvd^yaQov Medic. olv- ilaiov Galen. olvo'fieh A. P. XII, 164. o^-dk/ifj Ar. Vesp. 331. ö|- kXaiov o^v-yagov Ath. II 67 E. o^v-ueki ibid. niaa-ikaiov Diosk. maüo "xriQoq Arist. H. A. 9. 40. axogod-AXfiri Ar. Equ. 1 99. vSo'ikaiov Plut. Symp. 4, 1 , 3.

Menschliche einrichtungen oder geräthscbaften, die in derselben weise zusammengesetzt sind, sind dgtavd-öemvov Ath. IL 47 E. ein dünvov^ das wie ein ägiarov zugerichtet ist. ccQfi'dfia^a kutsche Her. VII, 41 u. o. daxo-Ttr^ga man* telsack (schlauchförmiger ranzen) Poll. X, 160, daxo-nv- tLvyi Schlauchflasche Poll. X, 73, dogv-dginavov lanzen- sichel, sichel in form einer lanze Plat. Lach. 183 D. xfvgi'ce(fmg grofser schild, &vgB6g die species von damg A. P. VI, 131, ^icpo-fid^cciga schwertsäbel, schwertartiger Säbel Ar. Thesm. 1127, ^Kpo-dginavov sichelschwert, eig. schwertsichel Hesych., oßBkiaxo-Xvyviov ein zugleich als bratspiefs dienender leucbterstock Poll. X, 118. Diesen schliefsen sich an xia^ü-noXig eine dorfäbnlicbe Stadt Strab. XII, 557. kifjivo'ö'dkaaaa ein von ausgetretenem meer- wasser gebildeter see Strab. ;^€()(rd-i/7;(To^ festlandinsel, halb- insel Herdt. Ferner Xvxo-qwg Ael. H. A. X, 26, vgl. Pott £. F. IP , 253, nach dem der erste teil „einen niederen grad des lichtes (Schimmer, blass)^ andeutet, also species und genus. ögooo'/Aeki Galen., dgoao-ndxv}] Arist. mund. 4 und die abstracta 7iBt&-avdyxr] Pol. 22, 25, 8 zwang unter dem scheine der Überredung; die Unterordnung des ersteq theils ist hier ganz augenfällig, trotzdem wendet Uhd. s. 47 auch hier seine erklärung an. nXov&'Vyieia Ar. Eq. 1087 gesundheit mit reichthum verbunden, der das Wohlbefinden gemeiniglich zu steigern pflegt, giyo-nvgtTog Hipp, ein fieber mit heftigem frostschauer, xkavai-yikoog Xen. HeU. VII, 2, 9 ein „lächeln unter tbränen^, richtig von Clemm s. 148 gedeutet; xkavai ist wohl eine adjectivische bildung,

28 GusUv Meyer

die freilich häufiger in tatparuäa begegnen, doch vgl. aytQCi" xvßf]i,ig öiaSQaöi'no?uTai. Aehnlich ist das latein. risi- loquium Tertull. Auch cev^O'uelaxfig ebbe und fluth ist bei Clemm a. a. o. richtig erklärt. Endlich die zusammenge- setzten windnamen wie svQd'Vorog hßo^votog euro-aqoilo austro-africus süd-ost sQd-west u. s. w.

Nicht anders sind aufzufassen die zusammengesetzten Völkernamen wie xakro-yakdrai xsXrO'kißveg celt-iberi indo-scythac gallo-graeci syro-phoeniees. Auch eigennamen von personen werden auf diese weise zusam- mengesetzt, entweder um eine person zu bezeichnen, deren Wesen aus dem der zwei genannten zusammengesetzt ist, oder um den wirklichen träger des zweiten theiles mit dem im ersten theil genannten, einer bekannten historischen oder mythologischen person, zu vergleichen. So die zu- sammengesetzten götternamen Zf^vo-TtoaeiSuiv (die erklärung dieses namens als dvandva von Ross Inselreise II, 109 ist schon von Mullach Gr. vulgärspr. 148 f. zurückgewiesen worden). Ferner Evßovlo-O-eoußgoTog 'ÜgstTV'avroxlBiStjg Jiovva-akkiavÖQog jfe'^#;x6ö'riJ-aAx/5«* 'Ixago^fiivmnog *Iafi^ ßXi^xO'TzoQqfVQiog 'Eofiü'Xaixu^^avd'og; die belegsteilen s. bei Lobeck Parall. 367. Ich kann es mir nicht versagen, auf eine analogie zu diesen Zusammensetzungen aus Klopstock hinzuweisen, der in ähnlicher weise zwei eigennamen be- sonders vergleichsweise verbunden hat, z. b. in Smintheus- Anakreon Od. 1, 3 Sokrates-Addison 17, 11 (an Bodmer) Herkules-Friedrich 137, 14 (die etats gene- raux) Uamp-Marat 160, 6 (das neue) Arria-Kordä 160,58 (ebd.). Aehnlich braucht Goethe Phoeb-Apol- lon (im dativ, Wanderers sturmlied werke I. 255 Kurz).

Ebenso wenig hält die Ubdolphsche deutung stich bei den adjectiven, die in dieser weise verbunden sind und sich ebenso bequem der erklärung als karmadhäraja fQgen. Bopp vgl. gr. III ^ 455 hat kevxo'fiikccg als dvandva auf- gefasst und mit vrtta-pina rund und dick verglichen, was natürlich verfehlt ist, weil jenes blos einen begriff ausdrückt. Eine grofse zahl dieser adjectiva sind Zusam- mensetzungen von zwei farbennamen, die eine zwischen

die dvandva-zusammensetzung im griechischen und lateinischen. 29

diesen beiden färben liegende nnance ausdrücken, doch so, dass der grandton der die zweite stelle einnehmenden färbe angehört, die durch die erste modificiert wird. So kgud-go^ kavxog hQV&QO'fiikag XsvX'igv&Qog kavxo'fiikag kevxo-noixt" kog XivxO'TioQqivqog kBvxo-TiVQQog kevxO'/lwQog fiekafz^Tiog- {fvgog noixi^k'iQVÖQog xkwQO^fAikag (ixQo-kevxog wj^gO'fiikag, Andere derartige worte sind axQißo-dixaiog streng gerecht Arist. Eth. Nie. V, 10, 8 ykvxv-mxQog sQfsbitter "Egtag Sapph. frg. 37; ganz besonders fQr dies wort wie f&r das latein. dulc-acnarus bestreitet Uhdolph s. 49 f. anm. 51 die möglichkeit der bedeutung „Eros, dem eine süfse bit- terkeit einwohnt^; aber auch Heine hat ^der liebe söfses elend und der liebe bittre lust^ (Neue ged. s. 17) und bei Platen (werke II, 101) findet sich „süfses misbehagen^. ykvxv' aiQVtpvog süfslich herb Theophr. yv/AVo-gginagog nackt und zerlumpt = yvfjivüg gvnagog^ so richtig Sanneg s. 4 gegen Justi s. 73. Diog. Laert. VII, 16 dixai-adixog unge- recht und dabei doch gerecht Philo &gaaV''SBikog feigling, der sich keck stellt Arist. Eth. lU, 7 kixvo-cfik'dgyvgog leckerhaft und geizig Mein. Com. U, 863. fiaxgo'xdfinvkog in fAttxgo'Xafinvk'avxv^ s* oben, fitagu-xaxog fiwgo-novfjgog fjicjgO'CfoqjOg o^v-ykvxvg oiv^fjuagog nek-agyog storch vgl. Pott. E. F. 11^ 131 Justi zus. d. nom. 119 ;iTai;^o-;rAoi;(Tto^ ein reicher, der arm scheinen will (TTevö-fiaxgog eng und lang, vgl. öTBvO'emfiTjy.ijg oben. Vgl. auch Lobeck Parall. 368. Die vorstehende Untersuchung hat ergeben, dafs man im griechischen von einer dvandvabildung, die auch nur ähnlich wie im sanskrit Verbreitung gefunden hätte, nicht sprechen kann, und dals die wenigen als solche oder ähn- lich zu erklärenden bildungen derartig sind, wie sie sehr wohl selbstständig in dem munde des volkes oder dem geiste des kunstdichters aus dem bedörfnis des augenblicks entstehen konnten, die aber keineswegs hinreichen auf ur- sprüngliche gemeinschafblichkeit mit den ganz anders ge» arteten indisch-baktrischen dvandva sohliefsen zu lassen. Ein flüchtiger blick auf die übrigen sprachen des Stammes bestätigt dies resultat. Die von Düntzer lat. wortb. 155 und Justi zus. 82 angeführten lateinischen dvandva hat

dO Gustav Merer

schonl Sanneg s. 5 anm. 5 wesentlich richtig erklärt, siDcl entweder zu8ammenrückiiDgen wie ususfructns (^gL patres conscripti u. ä. s. oben) oder karmadhäraja wie die oben besprochenen griechischen; so vitilena Plaut. Most. I, 3, 56 = Vitium lena, zu dem Ubdolph s. 69 rieh* tig ausdrücke wie Clodius pestis patriae, Mamercus oppro- brium maiorum, propudium illud L. Antonius vergleicht, geruli-figulus Plaut. Bacch. III, 1, 14 moecho-cinae- dus Lucil. bei Non. 493, 26 ein xivaidog der auch ehe- brecher ist spatalo-cinaedus Petron. 21, 3. risi-lo- quium Tertull. wie xlavai-ytXKog. nuci-persicum malo- granatum wie die griechischen pflanzennamen oben. Die themaform in sacro-sanctus scheint auf analogiebildong zu deuten, denn das ganze ist eine zusammenrOckung^ deren Vorstufe in sacer sanctus Tertull. cor. mil. 13 noch vorliegt. Anderes ist gelegentlich beim griechischcD zur spräche gekommen. Aus dem germanischen führt Justi 8. 86 die beiden beispiele thia gisunfader Hei. 35, 10 und sunufatarungo Hildebrandsl. 4 anf. £rstere6 ist anderer natur, die Zusammengehörigkeit wird durch praefix gi hinlänglich bezeichnet, letzteres ist anders zu deuten, als es Justi gethan hat; untar herjun twem sunu- fatarungo heifst zwischen den zweien scharen der söhn* und vatermannen, ung ist ableitungssilbe des herkommens, der Zugehörigkeit, vgl. Grimm D. Gr. II, 359, Schade Ahd. wörtb. 581, das wort schliefst sich dann allerdings den oben besprochenen dvandva-bahuvnhi mit sufHx an. Die Volkssprache hat ausdrücke wie sehn ee-milch-w ei fs, pech-raben-schwarz, kohl-raben-schwarz,pech- kohl-raben-schwarz, die tirohl dem streben nach Stei- gerung der einfachen begriffe milch-weifs, raben- schwarz durch Vorsetzung noch anderer sehr weifser oder sehr schwarzer gegenstände ihren Ursprung verdanken; die ersten glieder als dvandva zu fassen, worauf freilich das englische spick-and-span-new hinweisen könnte, scheint dem Charakter der Volkssprache wenig angemessen. Vgl. über solche ausdrücke die interessante Zusammenstellung von Dony über einige volkstbümliche begriffsverstärkungen

die dvandva-zusammensetzung im griechischen und lateinischen. 31

bei deutseben und engliscben adjectiven Spremberg 1865. Aas dem slaviscben ist mir blos ksl. noäte-dinistvo nacht und tag (bei Bopp vgl. gr. 11% 96 Justi zus. d. nom. 82) bekannt, das nur dem griecb. vtJx^-r^utQov seine entstehung verdankt*). Die keltischen beispiele endlich bei Justi s. 82 geur-fhiosrach klug-weise d.i. vollkommen weise gwen-glaer weifs und hell sind karmadhäraja wie die griecb. zusammengesetzten adjectiva.

Gotha, mai 1872. Gustav Meyer.

Ixviofiav und Zubehör.

Das griechische ixpeofiai „ich komme, ich komme an^ bietet mit dem, was sich weiter daran schliefst, das ge- treue abbild des altindischen vi 9 „eintreten, hineingehen^: vipäti oder auch vipate „er tritt ein, er geht hinein^: so lautet die allgemeine kaum auf irgend einen Widerspruch stofsende ansieht. Wir finden sie im ersten bände (1833) von Pott's etymologischen forschungen, seite 268, in Bopp's glossar (1830) und auch im ersten bände (1839) des ßen- fey^schen wurzellexikons, seite 3ö0, ausgesprochen, aus welchen werken sie dann auch in zahlreiche jüngere und darunter leider auch in meine vergleichende grammatik (1, seite 361) übergegangen ist. Vertreten findet sie sich unter anderem auch in Fick's Wörterbuch der indogerma- nischen grundsprache (1868, seite 169), indessen nicht mehr in der zweiten aufläge dieses mit etwas verändertem titel neu herausgegebenen (1870) Werkes.

Was das bedeutungsverhältnis in jener Zusammenstel- lung anbetriffi;, so ist darüber nirgends eine weiter begrün- dende erläuternde ausführung gegeben, man scheint sich allgemein in der annähme beruhigt zu haben, dafs das an- kommen und das eintreten einander sehr nahe liegende

*) Anm. d. red. Man vergleiche jetzt J. Schmidt die verwantschafts- verhttltDisse der indogerm. sprachen s. 14 : „Keine europäische spräche anfser dem slavischen bat dTandva-composita^ welche als duale jflectiert wer- den* abnlg. bratä-stestra ddiX<f>6<; xal ddeX(pii, dat. bratäsestroma ev. Ostr. p. 2SS c; malu-zena dvdqu^vvat dat. roalüsenoma Mikl. lex,**

32 Leo Meyer

begriffe seien, die wohl leicht aus demselben gründe haben hervorgehen können : was aber durchaus nicht der fall ist. Bei dem vergleich der formen hatte man das so häufige entsprechen von altiudischem ^ und griechischem x fl&r sich, das i war in beiden geradezu identisch und das ▼, das wau oder digamma, ist von jeher fast immer etwas stiefmütterlich behandelt : Benfey glaubt es durch das ^ho- merische^ aixTog „unzugänglich^, das ftlr ofixtog stehen soll, erwiesen.

Etwas sorgfältiger will offenbar, wenigstens in bezog auf die formelle seite der vergleichung, Georg Curtius in seinen grundzügen der griechischen etymologie verfahren. Zu bemerken ist jedoch, dafs er in der ersten aufläge (1858, 1862), von einer ganz gelegentlichen er wähnung ab- gesehen, das wort ixveofiai noch gar nicht behandelt. In der zweiten aufläge (1866) ist IxviofAai'vii} nebst znbehör unter nummer 24 c mit in die reihe gebracht und ganz in der nämlichen weise, von einer völlig untergeordneten aus- merzmig abgesehen, dann auch in der dritten aufläge (1869) eingef&gt geblieben. Wir werden hier belehrt, dafs die ein- zige spur des ^ das wort äixvog „unnahbar^ an einer stelle irgend eines homerischen hymnus und an einer andern eines Sapphischen gedichtbruchstfickchens biete. An beiden stellen aber stehen die fraglichen formen nur durch con- jectur und man darf daher wohl behaupten, dafs ein ver- unglückterer beweisversuch, als der angefahrte für ein an- lautendes wau der wurzelform fx, sich auf sprachwissen- schaftlichem gebiet kaum wird finden lassen, um so mehr, als ixvio^ai und seine Verwandtschaft überaus häufig in der homerischen spräche auftritt, die in bezug auf das griechi- sche wau neben den inschriften doch immer das weitaus wichtigste forschungsgebiet für uns bildet.

Desto gewisser (1?), fährt Curtius weiter fort, habe das von der in ixviofiai enthaltenen wurzel „unzertrenn- liche^ jroTxos digamma, weshalb er an der angeitlhr- ten Zusammenstellung nicht zweifeln werde. Denselben kritischen misgriff finden wir in einer schrift von Gustav Lange, auf die Curtius hinweist, einer kleinen Ber-

'txviouai und zubehSr. 33

ÜDer doctordissertation mit dem titel Quaestionum Ho- mericarum speciftien (1863): ihr inhalt beschränkt sich auf de usu Homerico radicis IK. Lange sucht das digamma für diese wurzel auch aus den beiden nichts be- deutenden stellen, die wir bei Curtius wieder angeführt fanden, zu beweisen, weiter durch Verwirrung der fraglichen Wurzel mit ehsii) „weichen*^, dessen ursprüngliche form fsixeiv freilich gar nicht mehr bewiesen zu werden braucht, und findet dann semen hauptbeweis (certissime autem digamma radicis IK elucet und so weiter, seite 8) im engen Zusammenhang mit dem griechischen ülxog^ für dessen anlautenden alten halbvocal es allerdings auch gar keines beweises mehr bedurfte. Aber was beweist denn diesen 'engen Zusammenhang von uixoi^ imd ixveofiai? Da ist die kritische lücke, da zeigt sich am auffälligsten der gänzliche mangel an richtiger methode in der beweis- führung.

Das griechische olxog kann mit ixvho^ai eben deshalb in gar keinem Zusammenhang stehen, weil das letztere in der älteren geschichte der griechischen spräche ohne jede spur eines anlautenden digamma sich bewegt. So urtheilt auch schon Ahrens in seinem buche über die äolischen dialekte (1839), seite 27, der die Zusammenstellung des altindischen vi 9 mit dem griechischen ix entschieden zu- rückweist: „Nam nullum digammi vestigium in hac radice apparet".

Ehe wir nun aber selbst näher auf die prüfung von txvio^ai und seinem zubehör eingehen, ist es wohl ge- rathen, noch einen blick auf die neueste darauf bezügliche ausführliche erörterung zu werfen, die wir ganz gegen den schluss der vor zwei jähren herausgegebenen vierten ab- theilung des zweiten theils von Pott's neuer aufläge der etymologischen forschungen (1870) finden, insbesondere von Seite 593 an. Die frage nach dem etwaigen Verhältnis von ixM und seiner Verwandtschaft zum altindischen vi9 wird da als noch unerledigt bezeichnet. Pott findet eine Schwie- rigkeit bei der Zusammenstellung von 'ixia mit vip in der von ihm versuchten Vereinigung dieses letzteren mit dxoi

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 1. 3

S4 Leo Meyer

^ich weiche'^, die wir, was hier weiter zu verfolgen ans viel zu weit abführen wQrde, indess ganz entschieden ab- lehnen müssen: es wird betont, dafs i'xo) wie {^xu) das di- gamma, „wenn dergleichen je in ihnen vorhanden^, bis auf die letzte erinnerung mOssten eingebüfst haben. Für den mangel des digamma wird seite 587 auf die gramroatik von Thiersch verwiesen, der weder i'xo) noch ijxu) unter den bei Homer diganimirten Wörtern aufführe. Aufser dem mangel des digamma soll nun aber gerade das neben ixw stehende ijxio abratheu, die erstere form mit dem altindischen vi 9 gleichzAistellen, wogegen wir doch bemerken müssen, dafs die annähme von einer unmittelbaren Zusammengehörigkeit von rjxca und l'xo) vor allen dingen erst noch hätte bewie- sen werden müssen. In bezug auf die entstehung des har- ten hauches wird im weitern fortgange der Untersuchung die möglichkeit ausgesprochen, dafs er „blofs hysterogen und demnach mOfsiger art^ sei und hinzugefügt, dafs man überdem aufser digamma noch die wähl habe zwischen s allein oder sv oder auch etwa j. Von diesen fünf mög- lichkeiten wird indess keine einzige kritisch energischer angefasst und doch war zum beispiel der gedanke an ein digamma entschieden abzuweisen und damit* auch der an altes anlautendes sv, so wie nicht minder der an das et- waige j, da doch Wörter mit beginnendem wurzelhaftem ji- für eben so unerhört gelten können, als etwa solche mit altem vu-.

Für das i von ixavco wird seine kürze betont, wie ebenso für das vom aorist lxi(S&at^ dessen unaugmentirtem indicativ ixu^ujv und noch für den conjunctiv i'xwfii. Die letztere form begegnet indess mit der bezeichneten quan- tität nur Ilias 9, 414, wo wir mit Gustav Lange (seite 24) wohl an verderbte Überlieferung denken dürfen, da das activische ^xco sonst durchaus nur mit gedehntem 7 vor- kommt. Nachdem dann noch über mehrere ilexionsformen unseres verbs, was für dessen etymologische prüfung von geringerem belang ist, kurz gesprochen worden ist, wird der blick auf das gedehnte 7 von Yxa> gerichtet, in bezug auf welche form Buttmanu sich in sehr wenig überzeugen-

'/xi'/o^a» und zubehor. 35

der weise damit zu helfen suche, dafs er ijxw und txco für dasselbe wo^rt in verschiedenen mundarten erkläre. Die kurze Stammsilbe, meine Buttmann, habe sich, statt im prä- sens wie zum beispiel in neu^oj durch et verstärkt ^u wer- den, in jene doppelform gespalten. Diese ausrede, fügt Pott hinzu, werde nicht leicht jemanden befriedigen und ihr nachzugeben könne höchstens die rathlosigkeit entschul- digen, in der wir uns leider bei gar keinen oder nur un- sicheren exoterischen hülfsmitteln zur aufhellung des einen oder anderen verbums befänden. Die form 'ixco mit ihrer länge soll dann aber gegenüber zum beispiel rqißo} und &?Aß(jü für gar keine besondere merkwürdigkeit gelten. Es wird dann noch etwas näher auf rjxo)^ das nicht wohl für eine blos mundartliche abweichung von Hxco gehalten wer- den könne, eingegangen, was uns hier weniger interes- sirt. In bezug auf 'ixco wird dann im anschluss an die vermuthung, dafs rjxü) aus einer perfectform möge her- vorgegangen sein, noch die muthmafsung ausgesprochen, ob darin nicht etwa eine ähnliche bildung wie in oXkxaj stecke, wobei man freilich genöthigt wäre, zugleich eine etwaige zusammenziehung wie in Tgog statt iegug und 'i^/;| statt Uga^ anzunehmen, was, den asper vielleicht abgerech- net, wohl nur geringe beanstandung erleiden würde. Nach solchen ausführungen, durch die die bestimmte frage nach der etymologie des griechischen 'ixta und ixveouai und ihrer Verwandtschaft als doch in keiner weise wesentlich geför- dert erscheinen muss, wagt Pott dennoch auszusprechen, dafs uns vielleicht noch Übereinstimmung, „wenn auch nicht gerade in der form^, doch in der bedeutung zu dem schluss bringe, ixco möge mit vi9 gleich sein. Was nun aber auch in bezug auf die bedeutung dieser beiden formen noch weiter gelehrt wird, es leuchtet das durchaus klar daraus hervor, dafs das „hineingehen^ des altindischen vip und das „kommen, gehen, hingelangen, bis an ein ziel gelangen*' allezeit wesentlich verschiedene dinge bleiben, was denn auch besonders zu betonen Pott selbst nicht unterlässt. Es frage sich nun aber, wird bemerkt, ob man sowohl hievon als von dem fehlenden beweis für digamma in 'ixco

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absehen könne und wolle, unter welchen voraussetzuDgeo Vereinbarung beider allerdings möglich sei. Gegen solche zümuthung mtlästen wir allerdings energisch Verwahrung einlegen: denn wenn das grundgesetz aller etymologischen kritik, aller etymologischen methode das ist, dafs sowohl die form als die bedeutung der je zu vergleichenden Wör- ter auf das allersorgfältigste und nach allen richtungen hin abgewogen werde, so kann nicht für beliebige einzelne falle das verlangen gestellt werden, dafs man weder form noch bedeutung eines wortes gehörig abwägen solle. Aber kaum wird auch jene meiuung wirklich im ernst aufge- stellt sein sollen. Dafs sie fQr den in frage stehenden fall nicht als recht ernstlich angesehen wird, geht schon aus der angeschlossenen freilich auch wieder halb scherzhaften Wendung hervor, dafs bei der oben ausgesprochenen Vor- aussetzung wieder cixw, dessen nichtverwandtschafl mit ixo) unseres erachtens ganz aufser zweifei steht, weichen mQsste und für sich das weite suchen, noch mehr aber aus den dann folgenden werten: „Wer uns aus so vielerlei zweifeln herauszuhelfen weil's: der möge uns seine hülfe nicht vorenthalten,^ mit denen wir unsere kritische Um- schau hier abbrechen.

So stehen wir, abgesehen von dem geringen negativen gewinn, den man dem vorausgehenden etwa wird zu danken haben, wieder ganz am anfang unserer frage über die ety- mologic des griechischen ixviouai und seiner Verwandt- schaft, und sehen wohl, dafs wir zum versuch ihrer lösung auf ganz selbständigem wege vorgehen müssen.

Die unzweifelhaftigkeit einer griechischen wurzelform ix ohne jede spur eines anlautenden digamma ergiebt sich aus allen theilen der homerischen dichtung mit dem grade von Sicherheit, den wir in sprachwissenschaftlichen fragen überhaupt nur erwarten können. Wendungen wie jruixaö'* ixiöiyai (vers 19), öv xev ixo)f,iaL (vers 139), datrudg ixi^rat (vers 166), rj nor 'Jx^A.?.rj^og noiJrj i^eraL (vers 240), yalav ixavu (vers 254), ovQavov ixs (vers 317), vfjjrag txaa&tjv (vers 328), ri öe ös cpgevag ixero (vers 362), kvrog ixovro (vers 432), avraQ Inei q ixovto (vers 484), die nur dem

*Ixvioftat und Zubehör. 37

ersten gesange der Ilias entnommen worden sind, bedürfen in der fraglichen beziehung keiner weiteren Vermehrung. Wir können also die wurzelform für die in frage stehen- den Wörter vom Standpunkte der griechischen spräche zu- nächst nicht anders bezeichnen als ix. Das ist die for- melle grundlage für unsere Untersuchung.

Was nun aber die ältest erreichbare bedeutung die- ses ix anbetrifft, so haben wir im oben näher ausgeführten gesehen, dals man auch in bezug auf sie bei den älteren etymologischen combinationen nichts weniger als beson- ders sorgfältig verfahren war. um so mehr liegt es uns nah, des mangels dieser Sorgfalt uns selbst möglichst wenig schuldig zu machen.

Es wird deshalb von werth sein, etwas weiter auszu- holen.

In der geschichte der griechischen spräche ist es als eine beachtenswerthe eigenthümlichkeit, durch die sie sich insbesondere vom altindischen scharf unterscheidet, hervor- zuheben, dafs der rein locale gebrauch der casus, also des genetivs (in Stellvertretung des ablativs) für das woher, des dativ-locativs für das wo und des accusativs für das wo- hin, schon in dem ältesten zustande des griechischen, den wir kennen, also in der homerischen spräche, sehr zurück- gedrängt worden ist. Die alte bedeutung des ablativs ist vornehmlich den präpositionen ^| und dno übertragen, wie in kx Tlvlov ik&cüv »aus Pylos*^ oder »von Pylos herkom- mend" Ilias 1, 269, dcp ititkov alro „er sprang vom wagen herab" Ilias 16,733, die bedeutung des alten loca- tivs wird am gewöhnlichsten durch hv wiedergegeben, wie in kv VkvjLinq) „auf dem Olympos" Ilias 1, 566, ^v TZToUucp „im kämpfe" Ilias 2, 202, und statt des einfachen localen accusativs ist seine Verbindung mit ig besonders geläufig, wie qi^ou^i^' ig 0r,ßt]v „wir hatten uns nach Theben be- geben" Ilias 1, 366. Namentlich aber ist für die rein ört- lichen Verhältnisse im Homer auch der gebrauch der Suffixe d-Ev fQr das woher, i% für das wo und öi im anschluss an den accusativ für das wohin, für die ich in meiner gedrängten vergleichung der griechischen und lateinischen declination

38 I««o Mejer

(seite 37 bis 39, 52 bis 53, 24 bis 26) die belege toH- stäodig zasammengetragen habe, sehr beliebt, wie in (piQ€ TrfUuaxov IlvXo&Bv »(das sehiflf) brachte Telemachos von Pylos her** Odyssee 16, 323, Kogivd'od^i jroixia vamv „in Korinthos wohnend^ Ilias 13, 664, und JHyvnrovÖ' iivai „nach Aigyptos gehen ** Odyssee 4, 483.

Insbesondere ist der rein locale gebrauch des ablati- vischen geuetivs im Homer schon ziemlich selten, zumal wenn wir dabei von solchen Verbindungen ganz absehen, in denen, wenn auch keine eigentliche ablativische präpo- sition, so doch das entsprechende verbalpräfix mitwirkend auftritt, wie in 'i^ay' ofÄilov „sie führte aus der krieger- schaar*^ Ilias 5, 353; i^icpegov ntoXi^oio „sie trugen aus dem kämpfe** Ilias 5, 664 und 669; i^^y^ nohiog „sie führte aus der stadt" Odyssee 23, 372 ; i^rjl&e dofjiwv „er ging aus dem hause" Odyssee 20,371 ; douov kxniutpaö&a „schickt aus dem hause** Odyssee 20, 361; xvfiaroc; i^avaövg „aus der woge auftauchend** Odyssee 5, 43S; vne^aradvg nqXi^g aXog „aus dem grauen meere auftauchend** Ilias 13, 352; dveöv nokirjg a?.6g „sie tauchte auf aus dem grauen meere^ Ilias 1, 359; ei xi fiiv ovdov dndxTofiBP r^öi '&VQda}v „ob wir ihn von der schwelle fortdrängen und von der thür" Odyssee 22, 76; ^* dnofeigufievov mohog „mich aus der Stadt fortbegebend** Ilias 21, 563; naginlayi^iv Kvärjguiv „(die woge) schlug von Kythera ab** Odyssee 9, 81 ; i'nnwv dnoßfi(SouaL „ich werde vom wagen absteigen** Ilias 17, 480, und in ähnlichen Verbindungen. Neben einfachen verben finden wir den rein ablativisch-localen genetiv in: dicixsTO jroio äouoio „trieb ihn von seinem hause** Odyssee 18, 8 ara&^oio dUad-ai „vom gehöfte fliehen** Ilias 12, 304 ^d^ovTo xeXev&ov ^sie wichen vom wege** Ilias 1 1 , 504 12, 262; ovdt ;^a^€ro ifWTug „er wich nicht von dem manne ab** Ilias 16, 736; tiv/moüv )^döaaö&ai „vom thore weichen** Ilias 12, 172; vexoov x<i^eö&ai „von dem leichnam zurück- weichen** Ilias 17, 357; ui) x^^^aäe f^d^rjg „weichet nicht aus der schlacht" Ilias 15, 426; fdvvvd^a Sh x^^^^o öovQog, „er wich wenig vom Speere, er liefs wenig vom Speere ab** Ilias 11, 539; ;^wp/;fT£i' tvt&ov InaXh^iog „er wich ein wenig von

'Ixviofiai, und zubehSr. 39

der brustwehr" llias 12,406; vefoiv ^^ojQr^aav ^sie wichen von den schiffen ** llias 15, 655; vexgoo j^cjQi^aovöi „sie wer- den von dem leichnam weichen" llias 16, 629; jreixe nro- Xiuov xal dr]ioTiJTog „weiche aus dem kämpf und dem feindlichen treiben" llias 5, 348; j^elxe tiqoOvoov „weiche vom eingang" Odyssee 18, 10; //?; ^eixars ^ccQLu^g „weichet nicht aus der schlacht" llias 4, 509; si /ei^eie &vQdu)v „ob er von der thöre wiche" Odyssee 22, 91; ndXiv TQa- naä' i;iüg'„sie kehrte von ihrem söhne zurück", llias 18, 138, wo auch wohl das 7ice?uv mitwirkte; ovöi necpvyuhog i]sv ofiß^kiüv „er war noch nicht von den kämpfen ent- flohen (erlöst)" Odyssee 1, 18; kowjrijdai TtroUjLioto „aus dem kämpfe zurückweichen" llias 13, 776; 19, 170; ^ow- j:t)aov(5c x^^Q^^l^ jj^^® werden von der schlacht zurück- weichen" llias 14, 101; fxr} ztg kQcojreevü) nroliuoio „dafs keiner vom kämpfe zurückweiche" llias 17, 422; ladxfjg fsovaaio „möchtest du aus dem kämpfe herausziehen" llias 5, 456; j:6QV(faiu6i9a x^QM^ »^ir möchten aus der schlacht herausreifsen" 17, 161; xaxorr^rog ii/.vaav „sie schieden, sie befreiten aus dem elend" Odyssee 5, 397; 16, 364; (og üT€ fjm'iTriQ naiöog ^j^igyij fJLVlav „wie wenn die mutter von dem kinde die fliege abwehrt" llias 4, 130; hjr&Qyo^ivt] XQoog „vom leibe abgewehrt" llias 17, 571, was auch wie- der von der fliege gesagt ist; kfsgyofiivoL TirokijAoio „vom kämpfe abgehalten" llias 13, 525; Tgwag äfAVve vsfwv „wehre die Troer von den schiffen ab" llias 15, 731; ccuv- vifiev vrijrwv „(den feind) von den schiffen abwehren" llias 13, 109; avToo xijgag afAVvei „wehrt von ihm die todes- göttinnen ab" llias 4, 11; Zevg xiiqag ci^ivvEv naiÖog ifov „Zeus wehrte von seinem söhne die todesgöttinnen ab" llias 12, 402; o xev xgarog dldlxtjaiv xaxov i]uag „was den tag des Verderbens vom haupte abwehre" Odyssee 10, 288; ßXdnxüvai xeksvd'ov „sie halten vom wege ab" Odyssee 1, 195; xTf^fiat AXe^dvögoio äsxio&o) „er nehme geschenke von Alexandres" llias 7, 400; naidog kdi^aro xvtibIXov „vom söhne nahm sie (empfing sie) den becher" llias 1, 596; de^dusvoi Fgeiag „von der Rheia empfangend" llias 14, 203; xvnekkov köe^aro ^fjg dkoxoio „er nahm den becher von

4fy L«o Mrrer

«eÖDer pätin^ IliaB 24, 305. Voo abstractereo besiehaDgen, die xkcben deo aafgef&hrten auch leicht entepringeo konii- ten. «i€r &t .Tcu /.f7^c x^?.ßin .er liefs^noch nicht ▼om zom nh^ IJia§ 1. 224: rrcnWrro rfvh'jniÖog ^sie lieliien ab TOin JoLUipf Dia« IS, 242: irr/owo ua/tjg „sie hielten sich todei Juumpfe zurück" Ilias 3, 84 und anderen ähnlichen, in denen der ablatiTische werth des genetivs auch ganz deutlich i^ Sieben wir hier ganz ab und können in der beziehung a4if DeJbrfick's kleine schrift ablativ, localis, inatro- m«;ntali6 im altindischen, lateinischen, griechi- schen und deutschen (Berlin 1867) verweisen and, va» reichthum der beispiele anbetriffi, auf die zweite auf- läge Ton Kohner's ausfdhrlicher grammatik der griechischen «pracbe (Hannover 1870), in der in auiTälligem gegensatz zur ersten aufläge (Hannover 1835), die an erster stelle den in räumlicher beziehung gebrauchten (ablativi- scben) genetiv vorführt, der rein locale gebrauch des gene- tivs fetiefmQtterlich zum „schluss'^ (§. 421) betrachtet wird. In bezug auf dieses bedenkliche schwanken in der anord- nung ist zu betonen, dafs bei einer strengwissenschaftlich vergleichend-historischen behandlung der griechischen Syn- tax der ablativische genetiv vom eigentlichen genetiv durchaus geschieden werden müfste, wobei dann aber auch das einer besonderen Untersuchung zu unterziehen wäre, wo sich beide genetive nahe berühren oder auch wirklich ganz in einander Qberfliefsen und wie es überhaupt möglich war, dafs zwei ursprünglich so deutlich geschiedene casus wie ablativ und genetiv überhaupt ganz vermengt werden konnten.

Was die oben aufgeführten homerischen beispiele eines noch rein localen (ablativischen) genetivs anbetrifft, so darf noch besonders hervorgehoben werden, dafs es sich dabei so gut wie ausschliefslich um verba handelt, die die be- deutung der trennung schon irgendwie enthalten, und dafs etwaige Verbindungen wie r^k&E öu^iov „er kam aus dem banse ^, in denen das ablativiscbe Verhältnis ganz aus- schliefslich durch den genetiv würde ausgedrückt sein, und die sich altindischen ablativverbindungcn, wie salilasja

'Inviofiaif und zubebör. 41

madhjät janti ^aus des meeres mitte kommen sie^ 9gv6- das 7, 49, I, unmittelbar zur seite stellen würden, uns nicht entgegentreten. Im vergleich damit hat sich, können wir sagen, der alte locale dativ und der locale accusativ in noch mehr selbständiger kraft erhalten. Dafs der griechische dativ, zu dessen localem gebrauch wir uns hier zunächst wenden, mit dem altindischen locativ zum grofsen theil auch formell ganz übereinstimmt, liegt auf der band: ich wenigstens halte mich ftkr unfähig, denen beizustim- men, die da annehmen wollen, dafs zum beispiel in dem ganz deutlich localen ai&igc ^im aether^, Uias 2, 412 und sonst, nicht das alte locativsufßx i, sondern das alte dativ- suffix ai enthalten sei, das im griechischen zunächst in ai und dann in I übergegangen und daraus zu 7 verkürzt sei. Die hauptsächlichsten beispiele des ohne nachhelfende prä- positionen rein local gebrauchten homerischen dativs sind : '£?.kddi jroixia vaivjv „in Hellas wohnend" Ilias 16, 595; FccQvtj vaurdovTa „in Arne wohnend" Ilias 7, 9; "Agyn vda&i] „wohnte in Argos" Ilias 14, 119; og ^ligvyiy vaieaxe „der in Phrygie wohnte" Ilias 16, 719; o2 Fi/uco üaiv „die in Ilios sind* Ilias 24, 67; Alyvnrcxi ^u &eol ia^ov „in Aigyptos hielten mich die götter" Odyssee 4, 351; llvlioiai öcijuara vaivov „unter den Pyliern wohnend" Odyssee 15, 227; {jfievog OvkvfATTcp „auf dem Olympos sitzend", Ilias 21, 389; al&eoi vaiojv „im aether wohnend" Ilias 2, 412;

4, 166; Odyssee 15, 523; ovoeai „im gebirge" Ilias 5, 52; 13,390; 471; 571; 15,606; 16,158; 483; rji^evov dxoo- TccTT) xogvcf'fj „auf dem höchsten gipfel sitzend*^ Ilias 1, 499 =

5, 754; Zevg &e(!jv ayogi^v noir^aaro äxQordrt} xoQV(ft] Ov- Xvunoio „Zeus machte eine götter Versammlung auf dem höchsten gipfel des Olympos" Ilias 8,3; ogeoc; xogv(fii(Siv krga^fiTriv „auf den gipfeln des gebirges wurden ernährt (zwei löwen)" Ilias 5, 554; juii^ivei dyg^ „er weilt auf dem lande" Odyssee 11, 188; O-gixpaaa (pvrov ^wg yovv^ dkwijg „ihn erziehend wie die pflanze im boden des ackers" Ilias 18, 57 = 438; ßipäeffi kiuvtjg „in den tiefen des sees" Ilias 13, 21; 32; ßhO-^aiv vXrjg „in den tiefen des waldes" Odyssee 17, 316; ßa&eir^g rdgcpeaiv vh^g „im tiefen dickicht

42 Leo Meyer

des waldes^ Ilias 5, 555; fivx^ »»im innern^ Utas 6, 152 und Odyssee 3, 263 ("j4gyeog); Ilias 9, 663 und 24, 675 (xkicuig); 17, 36 (i'^ctkduoio); 22, 440 uod Odyssee 3, 402; 4,304; 7,346 (düuov)i Odyssee 5, 226 (f/;iir€Otf); 13,363 (arrgoo); 23, 41 (O'alduojv); (JTccg fuarp 1[oxei „stehend mit- ten im hof' Ilias 24, 306; xiaa alytaXi^ ueydkii) ßgifMBrai „die woge braust am grofsen gestade'' Ilias 2, 210; ovSi rganiL^ti yvoirr^v dlkfjkojv „nicht bemerkten sie einander an der tafel'' Odyssee 21, 35; vtouevg jtcjl; nciecfi u/ßtav i^wie ein hirt in der heerde der schafe (sich niederlegt)** Odys- see 4,413, wo unmittelbar vorausgeht ki^erat ip fjii(Xaii<fi „er wird sich in ihrer mitte niederlegen**; to|* äuoiatv 'iXO)v „den bogen auf der Schulter haltend** Ilias 1, 45; und in ganz ähnlichen Verbindungen noch wuoktiv ey^iov Ilias 3, 17; 7, 137 und 17,473; oV ov nia tig dvijo difioiai qoQrt- aev „wie sie (die rQstung) noch nie ein mann auf der Schulter trug** Ilias 19, 11.

Für den gebrauch des homerischen accusativs finden sich zahlreiche belegstellen in Jacob La Roche^s fieifsigem buche Homerische Studien. Der accusativ im Homer (Wien 1861). Er handelt von dem „accusativ der richtung bei einfachen verben** in den paragraphen 50 bis 62; da werden zunächst ixveouai nebst seinen verwandten in ihrem gebrauch . betrachtet (§.50 bis §.56), dann Svw, 6vvw^ övvofiai (in §. 57 bis §. 59), die wir, da in ihnen keine eigentlichen verba des gehens vorliegen, wie sie ja besonders häufig vom anlegen der waffen oder kleider ge- braucht werden, hier ganz bei seite lassen, und zuletzt (§. 60 bis §. 62) die übrigen verba, bei denen der einfache accusativ des zieles sich findet. Unter diesen letzteren sind nur vier eigentliche verba des gehens, nämlich 'in^ecfß'ai^ levai, ßciivuv und visa&m, die mit dem einfachen accusa- tiv der richtung verbunden vorkommen, und zwar bringt sie La Roche in dieser Verbindung nur an folgenden weni- gen stellen: io^^ad^ov xhaiiiv '^^''^f'jjrog „geht zum zelte des Achilleus** Ilias 1, 322; vvv'AjriSao Souovg ig^^ai „nun kommst du in die wohnung des Avides** Ilias 22, 482; ovT^ tjövdtvg in jroixov hXfiV(texaL „Odysseus wird nicht

'Invio/iai und znbehSr. 43

mehr ins haus kommen'^ Odyssee 14, 167 (ebenso 19, 313, wie wir hinzufügen); riXy&eq ijusregov öai „du kamst in unser haus'' Odyssee 2, 262; 7io?,?,oi töav avkoE(i rjutTStjov Suj „viele männer gingen in unser haus** Odyssee 1, 176; evT av ifj y^agitviiv yoQov „wenn sie zum reigen der Cha- riten gehf Odyssee 18, 194; offo* äv /nh x' aygovg louev xai j^sQy avßgwnojv „so lange wir äcker und werke der menschen betreten" Odyssee 6, 259; ßf'iffsTo Siffgov „er ging auf den wagen** Ilias 3, 262 = 312; oV äv avre vecüfAsd-a nargiSa yalav „wenn wir wieder zum vaterlande zurückkehren" Ilias 7, 335. Hinzuzufügen sind noch die stellen: Fikiov eutj?.ov^a „ich bin nach Ilios gekommen" Ilias 21,81 = 156; nglv 6t' äv Alyvnroio ccvriq vdujo Uli^tjg „ehe du zurück zum wasser des Aigyptos kömmst" Odys- see 4, 478; und Tiavgog jroJxov viead^ai FixaQiov „zum hause des vaters Ikarios gehen" Odyssee 2, 52, ein beleg dafür, dafs die anführungen bei La Koche durchaus nicht ganz vollzählig sind, was derselbe nach den worten der vorrede (seite IX) freilich auch nur für die föUe glaubt beanspruchen zu dürfen, wo die zahl der stellen genau be- stimmt ist: wir werden weiter hin sehen, mit welchem rechte. La Koche zieht hieher dann auch noch wg Üfi ixslvoi insi ^iSov off&aXuoioiv öaxQvqfsvreg iyvvTO Odys- see 10, 414, aber ohne allen zweifei mit unrecht, da man bei dem überhaupt so seltenen gebrauch des rein localen accussativs bei Homer kein 'iyvvro mit k^k verbinden kann, wo noch ein jidov dazwischen sich befindet, wie ganz ähn- lich auch Odyssee 3, 162: ot /ntv anofirgexpaviBg 'ißav vifag nicht das ißav unmittelbar mit vijrag^ das vielmehr von änoüTgeifja weg abhängt, wird verbunden werden dürfen. Wohl aber gehört hieher noch ein neben äyeiv „führen, bringen", das sich als causalverb zu „gehen" bezeichnen läfst, einigemale deutlich local gebrauchter accusativ, näm- lich xtri^ara Ö' oöd ayofiriv r]fjiitBgov ödi „so viele schätze ich in unser haus brachte" Ilias 7, 363 ; ^vväyovaa yegaiäg vtjjrov'Ad'fjvaiTjg „die alten frauen in dem tempel der Athe- naia versammelnd" Ilias 6, 88 und ovÖ' avng änriyctyi TiaTQiöa yalav „und nicht brachte (das schiff ihn) wieder

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zum vaterlande^ Ilias 15, 70C. Dann führen wir mit La Roche auch noch an: rore ftiv uiv yHjuvov iniQacatv „da verkaufte er ihn nach Lemnos^ Ilias 21, 40 und ßiXog ö* utvvev !/it^h']Vj] Qiva „das geschoss richtete (liefs gerade gehen) Athene in die nase" Ilias 5, 291.

Am häufigsten sind die angefQhrtcTn verba des gehens in der homerischen spräche mit ig (oder tlg) verbunden, und zwar ioyouai 63 mal, tun 59 mal, ßaivo) 35 mal und viof.ua 6 mal; demnächst finden sie sich ungefähr eben so oft in Verbindung mit l.ni und zwar ßaivu) 41 mal, bIul 56 mal, eo/oucu 26 mal und veouai 4 mal, als mit dem durch das localsuffix ds erweiterten accusativ, der bei vio^ fnai, das ihn 19 mal hat. Überwiegt, sonst neben eg^ouizi 37 mal auftritt, neben €iui 41 mal und neben ßaivM 22 mal, wie in ik^ovcs'' OvXvfinonh „zum Olympos kommend** Ilias 1, 394; xooovöe io^ea&ai „zum reigen gehen** Ilias 3, 394. Schon mehr zurück tritt der gebrauch der präposition ngog bei den genannten vier verben ; sie findet sich bei sQ^rouat 20 mal, bei hui 17 mal, bei ßaivia 9 mal und bei veouai 5 mal, neben der es hier keine weitere bedeutung för uns hat, auch noch genauer zu bestimmen, wie weit ,a€ra, xar«, avd, vno oder noch andere locale wörtchen, wie äevoo^ ivifaSe, kvrog, kvavriov^ mit den be- regten verben in der homerischen spräche verbunden wor* den sind. Zahlreiche andere verben des gehens, wie areixia „ich gehe", od'evco „ich gehe" (nur Ilias 11, 569: im vrifag)^ iSXojöxot) „ich komme", öguäaO'ac „sich rasch bewegen**, xiu) „ich gehe", hXavvofxai „ich fahre, ich gehe**, OQVVfiai „ich bewege mich", dTtevSoiaai „ich eile", nirouai „ich eile**, TQEyjji) „ich laufe", (Sevouai „ich eile", Tiwkeofiat „ich komme häufig", oiyouai „ich gehe fort", xhkjria „ich laufe**, voaTeo) „ich kehre heim", vavrilXouaL „ich fahre zu schiflF**, sind in der homerischen spräche niemals mit dem einfachen accusativ der richtung oder des ziels verbunden.

Solchem gebrauche gegenüber ist es in hohem grade auffällig, wie tiberwiegend häufig ixviof^ai sowie die ihm nächstverwandten ixdvco^ neben dem auch das mediale «xa- vüfiai bisweilen gebraucht wird, und ixu) den einfachen

'Ixviofjtah und zubehor. 45

accusativ des zieles bei sich haben. Im ganzen begegnen formen der bezeichneten verba, die Zusammensetzungen eingerechnet, mehr als 550 mal im Homer und davon haben gegen 350 den einfachen accusativ des zieles neben sich. Das dem accusativ zugefügte localsuffix öe findet sich bei i'/Mpct) gar nicht, neben dem häufigen ixviofiai im ganzen nur 10 mal und neben i'xcü nur ein einziges mal, nämlich Ilias 9, 414: ei de xe ßoi/.aS) i'xwuL (fü,rjv ig nctTQiöa yalav^ wo das ixu)^c so auffällig mit kurzem anlautendem i ge- braucht ist und wo aufserdem die begleitende construction mit ig zu beachten ist. Die Verbindung mit der präposition ig ist von der rein accusativischen abgesehen bei ixvkouai und seinen verwandten noch die häufigste. Es findet sich das ig bei ix(a 9 mal, bei ixccvcu 6 mal und bei ixviofxai 40 mal, darunter allein 34 mal in der Odyssee, und daneben ist zu bemerken, dafs auch das zusammengesetzte dcfixveo' fiai 15 mal mit ig verbunden ist. Sonst führen wir noch an, dafs sich ini bei ixw nur zweimal findet und eben so selten bei ixdvw^ bei ixvko^aL 11 mal, aufserdem 2 mal bei dcpixveofxai. Mit TiQog finden sich ixdvw und ixiu nirgend verbunden, ixvaouctc 6 mal und einmal auch dcfixvio^ai^ nämlich Odyssee 6, 297: avidg inrjv tifjiäg j:kXnri tzqoti öm- fiar d(fiy^&ai. Dreimal, bemerken wir dann noch, ist ixveo^ uai mit fierd verbunden, 2 mal auch mit xard^ das eben so oft auch neben i'xu) auftritt, nämlich Odyssee 5,441: Tiora/AOio xard aro^ua 2^s vkfwv und Ilias 11, 806: xard vqfag 'OÖV6C}]j:og 1^6 &b^oqv.

Bezüglich ihrer Verbindung mit dem einfachen accu- sativ des zieles hat für die in frage stehenden verba La Koche, wie ich schon oben hervorhob, in seinem buche über den homerischen accusativ die belege zusammengetragen, die- selben sind aber, wie wir gleich sehen werden, in bezug auf ihre Vollzähligkeit nicht ganz zuverlässig und aufser- dem die mit präfixen verbundenen formen von Ixvio^ai und ixdv(a {ixo) ist bei Homer nie mit präfixen verbunden) nicht, wie doch sehr wünschenswerth gewesen wäre, deut- lich zur Seite gestellt. La Koche wirft in seinen Zählungen die zusammengesetzten i^ixveofiai^ das 6 mal und zwar nur

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mit eiDfacbem accusativ vorkommt, dcfixviouai, das 53 mal auftritt und darunter 30 mal mit einfachem accusativ, xa- tfixvioiiaiy das zweimal und zwar nur mit dem accusativ verbunden vorkommt, und äcpixdvo}^ das 7 mal und darun- ter nur einmal nicht mit dem blorsen accusativ gebraucht ist, mit den einfachen ixveofAai und ixdvu) ganz zusammen. Hinzuzufügen ist noch, dafs auch ein zusammengesetztes eioafftxviofiai vorkommt, und zwar 12 mal, und dafs es ebensowohl wie elaaqixdvo)^ das nur Ilias 14,230: ^fjfivov ö* eiaacfixave sich findet, nur mit dem blofsen accusativ verbunden gebraucht wird. Sonst sind an hiehergehörigen Zusammensetzungen noch anzuführen iqixvkufjtai^ das nur Uias 13, 613: dua Ö'' aXlrikutv kifixovro „zugleich gerietben sie aneinander^ also mit dem genetiv verbunden auftritt, und ötixviouai^ das nur Ilias 9, 61 : hxjrdnto xai ndvta Sii^o- (lat „ich will reden und alles durchgehen^ und Ilias 19, 186: kv (Aoiqri yäo navra äiixeo xai xarü^e^ag „ordentlich bist du alles durchgegangen und hast es erzählt^ und also beide male mit dem accusativischen ndvra verbunden vorkommt. Das einfache ixviojuai ist in der Ilias 70 mal, in der Odyssee 107 mal mit dem accusativ des zieles verbunden; La Roche hat §.51 und §. 55 die belege geordnet zusam- mengetragen und daneben auch die Zahlenverhältnisse an- gegeben, deren unzuverlässigkeit aus dem mangel folgender beispiele hervorgeht: ij/Aart jruxoar^ ^x^qhjv iQißoaXov i'xoiTo „am zwanzigsten tage komme er nach der grofsschol- ligen Scherie'* Odyssee 5,34; ot 3' ore Srj p' i'xovto Jo- fxovg iv vatardovrag „als sie zu den schön bewohnten zimmern gekommen waren ** Odyssee 24, 362; ög rig x' kfjid dbj^aiV ixTjvai „wer zu meinem hause kommt" Odys- see 3, 355 ; elg o xb di] Avxh]g evQalrjg drj^ov ixcjvrai „bis sie zum volke der breiten Lykie kommen" Ilias 16, 455; o 5' dkkcov ixavü ÖTJjAov „er kam in das gebiet anderer* Odyssee 15,238; efu?.la Makeidcov oQog ali^v i^aad^ai „er sollte zum steilen gebirge von Maleiai kommen" Odyssee 4, 514; oy/(>' äv ixuiuat vijj:'* !Ayafia^vovai]v „bis ich zum schijBf Agamemnons komme" Ilias 10, 325; tiqIv -^ßfjg ^i- TQov ixia&ai. „ehe er zum ziel der Jugend komme" Odys-

*Ixviofiat und zubehor. 47

See 4, 668; oy(>' ccv i'xr^Tai. jriaonBSov „bis er zur ebene kommt^ Ilias 13, 141; (fllctq otc x^^Q^S i^coito „was ihnen etwa in die bände kam" Odyssee 12,331. Wir fügen auch hinzu: Cacov Tivoog i'xer^ ccvt/utj „so weit der rauch des Feuers kam" Odyssee 16, 290 = 19, 9. Verdruckt ist bei La Roche N 335 statt N 535 in §. 51; dann würde bei ihm, da er die Zusammensetzungen nicht absondert, auch noch hinzuzufügen sein Odyssee 3, 278: aX?J^ ore JSovviov iQov acfixü^Bi^a „als wir zum heiligen Sunion kamen" und Odyssee 12, 2: and S^ t'xsTo xv^a &a?Ma6r^g vYiöov t' Aiah}v „es kam (das schiff) in die woge des meeres und zur äuischen insel", an welcher letzteren stelle das präfix äno in beachtenswerther weise frei neben lxbto steht.

Bezüglich der verba ixavoj und ixo) hat La Roche die belege, ohne sie auseinander zu halten^ in den paragraphen 53, 54 und 56 angegeben; wir bemerken, dafs ixdvio nebst dem seltneren ixdvo^iai in der Ilias 43 mal, in der Odyssee 38 mal mit dem einfachen accusativ des zieles verbunden ist, ixoa dagegen in der Ilias 19 mal, in der Odyssee 10 mal. Bei La Roche fehlen die beispiele: iTial juiv ä^og xQaäit^v xat ffvfiov Lxavev „nachdem ihm schmerz ins herz und in die Seele gekommen ist" Ilias 2, 171; f^dka ö^ wxa öouovg i'xave jrdvaxxog „sehr bald kam er zum palaste des königs" Odyssee 17, 255 und i] noi) tL es xijäog ixdvei „hat dich irgend ein kummer betroffen" Ilias 15, 245. Verdruckt ist bei ihm in §.56: N 447 statt N 547 und s 475 statt 457.

Es fragt sich nun noch, was sich aus den angeführten zahlen Verhältnissen für uns ergiebt. Der schluös ist sehr einfach zu ziehen : ixviouai nebst den ihm nächstverwandten ixdvo)j ixdvouai und ixco heifst an erster stelle gar nicht „ich komme", wie es gemeiniglich angegeben wird, sondern ist ein transitives verbum mit der grundbedeutung „ich er- reiche", das daher den einfachen accusativ zu sich nimmt und erst von diesem gründe aus sich so entwickelt hat, dafs es an den bei den verben des gehens, kommens und verwandten geläutigen constructionen theil nehmen konnte.

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wie wir zum Beispiel zunächst nur sagen können ^yich treffe dich'', dann aber auch uns Verbindungen erlaubet wie 9,ich treffe zu dir'' oder „ich treffe mit dir zusamoien*. Die bedeutuug „ich erreiche" für ixviouai und seine ver- wandten ist nichts weniger als eine von uns erst nea- gewonnene, sie ist vielmehr schon sehr oft aufgestellt and La Roche sagt zum beispiel in §. 51: „an einzelnen stellen hat ixvtouai nicht die bedeutung „kommen", sondern „treffen, erreichen", zum beispiel durch einen wurf", es ist aber unrichtig, jene transitive bedeutung nicht an die spitze zu stellen.

Auf dem gewonnenen boden haben wir nun noch weiter zu prüfen, ob sich für die in frage stehende Wörtergruppe nicht auch noch ein weiter reichender etymologischer zu- sammenbang will gewinnen lassen. Offen auf der hand liegt keiner, man wQrde ihn sonst auch wohl schon gefun- den haben, da man, wenn die Unbequemlichkeit nicht na- mentlich in der form gelegen hätte, zur bedeutung „er- reichen" doch wohl eben so leicht gekommen wäre, als zum altindischeu vi 9 mit der bedeutung „hineingehen'', zu dem, wie wir oben sahen ixpiofiai, in der regel gestellt ist. Bei der genaueren abwägung der form des griechi- schen verbalstammes ix hatte Pott, wie wir oben bereits angeführt, unter fünf möglichkeiten, deren einige wir aller- dings sogleich entschieden abzuweisen uns genöthigt sahen, auch die angegeben, dafs der harte hauch darin „blos hysterogen und demnach müfsiger art" sei, was wir frei- lich lieber nennen würden, „dafs er keine alte consonanti- sche grundlage habe, sondern erst später zugefügt sei^. Gehen wir in der erwäguug solcher von dem gewöhnlichen abgehenden lautlichen möglichkeiten noch weiter, so ist auch die zu nennen, dafs das / in ix gar kein ursprüng- liches ist, sondern auf e und weiter altes a zurückführt, wie es zum beispiel auch in xi()vr]jni „rch mische" neben xBQavvvfxi^ in Ttikvaa&ai „sich nähern" neben nekd^Biv „nähern", in niTvrjfii „ich breite aus" neben Tteravvv/Ai^ in axiÖvaa&at „sich zerstreuen" neben öxeödvvvfii „ich zerstreue", in öq^yväoäac „sich strecken" neben oQiyatv

'iKviofuu und sabeh5r. 49

„recken, Btrecken^, wie ich sie in meiner vergleichenden grammatik (1, seite 120) zusammengestellt, der fall ist.

So werden wir auf die unmittelbare Zusammenstellung von Ixvio/im „ich erreiche^ mit dem altindischen apnömi oder medial apnuv^ „ich erreiche^ gefQhrt, das häufig genug und namentlich auch in den veden vorkommt, um im grofsen Petersburger Wörterbuch zwei ganze seiten- spalten zu füllen. Es tritt in ganz ähnlichen Verbindungen auf, wie das homerische Ixveouai und seine verwandten. An belegen genügt uns anzuführen: Rgv^das 5,54, 10: sadjäs asjä &dhvanas pär&m a^nutha „rasch erreicht ihr das ende dieses weges^, wie es Ilias 8, 478 heifst ei xe ta veiata neigad'^ i'xtjai yairjg xai novroio „wenn du das äusserste ende der erde und des meeres erreichtest^; Rgvedas 5, 47, 7: a^lmähi gädh&m utä pratiäthäm j,mögen wir eine furth erreichen und grund und boden zum stehen^; Rgv^das 7, 84, 5: ijäm indram värunam aäta m6 gfr „dieser mein gesang erreichte den Indras undVa- runas^, womit man vergleichen kann Odyssee 8, 74 und 19, 108: xXifoq otgavdv evQVv ixavu „der rühm erreicht den weiten himmel* und auch ävtri S* ovgavov Ixbv „das rufen er- reichte den himmel" Lias 2, 153; 12, 338 und 14, 60; Rgvö- das 10,97,17: jäm glväm a^ndvämahäi „welchen leben- den wir erreichen mögen^, womit sich vergleicht Ilias 7, 186: akV oTB Sfj Tov i'xave „aber als er den erreichte **; Rgvö- das 1,40,7: käs d^vajäntam apnavat „wer den from- men mann erreicht^; Rgvedas 1, 40, 6: vipVä id väm& vas a^navat „ganz möge das schöne (wort) euch er- reichen^; Rgv^das 1, 116, 25: utä päpjann apnuväm dirghäm ajus „und sehend möge ich ein langes leben erreichen^, womit sich zusammen stellen lässt Odyssee 15,246: ov3^ ixsro yrJQaog ovöov „und nicht erreichte er die schwelle des alters^, Odyssee (La Roche weist bei der stelle irrthümlich auf die Ilias) 23, 212: yijgaog ovSov Ixio&ai „des alters schwelle erreichen^, Ilias 11,225: inBi P* vßVQ ^QixvSiog ixBTO fAirgov „nachdem er das ziel der ^ruhmvollen jugend erreicht^; Rgv^das 1, 163, 10: jäd äkshishus diviäm ä^mam ä^väs „wenn die rosse die

ZeiUchr. f. vgl. sprachf. XXII. 1. 4

ÖO Leo ICe yer

himmlische bahn erreichten^; Rgvödas 7, 65, 2 : a^jäma initrävarunä vajam vfim y^mögen wir euch beide er- reichen, o Mitras und Varunas^; Ugv^das 10, 126, 1: nk tarn ähas na daritäm d^väsas aäta martiam „nicht, o götter, erreichte angst, nicht gefahr den sterblichen^, womit zu vergleichen ist Ilias 19, 307: htu fi^ u^o^ alvav ixccpei ^da mich heftiger schmerz erreicht (oder betroffen) hat^, Odyssee 2, 41: (idXiava öi fi^ äkyog ixavu „sm meisten hat mich schmerz betroffen^ und Ähnliches. Mit dem zusammengesetzten kl^txviofia^^ wie in Ilias 9, 479: <bäuiv kliix6/Ai]v „ich erreichte Phthig^, lässt sich ud-af vergleichen, das zum beispiel entgegentritt Rgv^daslO, 8, 1: diväs kid antän upamän üd-änat (ftkr-änap, eigent- lich -äna^t) „des himmels höchste enden erreichte er^. In der ziemlich häufig auftretenden Zusammensetzung a^c- Apiofxai, die, wie oben bereits angeftihrt wurde, in den meisten fällen auch einfachen accusativ neben sich hat^ wOrde bei dem grundbegriff „ich komme^ ftlr ixviofiai das ocTio völlig unverständlich sein; es erklärt sich aber ganz wie das ab in unserem „einen abreichen^ durch den rück- blick auf den ausgangspunkt, wie Ilias 13, 645: ovo'' avzig aqiixBTo natgiäa yalav „er erreichte sein Vaterland nicht wieder^, wo unmittelbar vorausgehend gesagt war, dafs er (Uarpalion) mit nach Trog gezogen war.

Die äufsere Übereinstimmung von ixviofiai mit dem altindischen a^nömi oder medial apnuv^ steht in voll- stem eiuklang mit der unbestrittenen und unbestreitbaren identität des altindischen apva- „pferd^ mit dem gleich- bedeutenden griechischen inno-. In letzterem hat man allerdings den anlautenden harten hauch aus der Ver- drängung des inneren v erklären wollen, wie es zum bei- spiel auch Benfey im ersten bände seines Orient und Occi- deut thut (seite ö73 „der spiritus asper ist hier wohl durch einfluss des j: zu erklären^), aber schwerlich mit recht. Das griechische innoi^ lautete, nachdem es bereits sein in- neres V verloren hatte, zunächst innog, wie noch die eigen- namen ^evx-iTinog, 'Agiöx-mnog und andere zeigen, ehe sich der harte hauch darin vordrängte, der, wie er beim

"N

'Ixviofteu and zubehSr. 51

V sich von dialekten abgesehen überall andr&ngte, auch noch sonst, wo man seinen Ursprung in keinem älte- ren consonanten finden kann, mehrfach vor anlautendem i sich entwickelte. So lässt sich das spätere präsentisch reduplicirte inrafiai (flQr invauai) „ich fliege^ anführen, dessen anlautendes i man ebenso als verstümmelte redupli- catioD wird ansehen dürfen, wie zum beispiel das s in ioTogya (eigentlich für aTiavogya), „ich habe geliebt** und in dem man den anlautenden hauch unmöglich etwa durch j: hindurch auf n wird zurückfahren können. Ahrens han- delt im achten bände (seite 343) dieser Zeitschrift von über- bleibsein des alten pronominalstammes i, der im lateinischen und deutschen immer lebendiger geblieben ist, im griechi- schen und erwähnt insbesondere den dazu gehörigen ver- einzelt vorkommenden nominativ i oder ^, in welcher letz- teren form also auch wieder der zugetretene harte hauch zu bemerken ist; zu demselben pronominalstamm gehört, das als rhodisch angeführte plurale lyvfjvag „eingeboren^, das bei Hesychios als tyvriTBq begegnet. Es kann dann vielleicht auch noch ikdaxofAai „versöhnen, sich geneigt machen^ mit dem alten futur ikäoaofiaL nebst ikaog „ge- neigt, wohlwollend** und anderen zugehörigen formen hier angeführt werden, in denen auch eine alte verstümmelte reduplication {ika- für iAa-, aus hka-) vorzuliegen scheint, da sie sich wohl anschliessen an das altindische rädh „ge- rathen, gelingen, glück haben, jemandem günstig sein, je- manden befriedigen**: rddhati, rädhnöti oder rddhjati „es geräth, es gelingt**, dessen causale rädhajati und zwar insbesondere mit dem präfix i (d-rädhajati) be- deutet „befriedigen, zufrieden stellen, sich geneigt machen, zu gewinnen suchen**.

Es erübrigt nun noch, über die verschiedenen griechi- schen und insbesondere homerischen formen einiges zu sagen, die aus der verbalgrundform ix sich entwickelten. In IxpiofjLaij dessen präsens in der homerischen spräche, während sie den zweiten aorist (ixio&ai) aufserordenüich häufig hat, nur in den beiden formen ixveofjieGi^a (Odys- see 24, 339) und ixvBVfABvai. (Odyssee 9, 128) belegt ist,

58 hm Mtjm

gebort ohne zweifei der nasal nur der priaeiHbildinig an, wie man bei ihr aacb sonst die binQberleitnng in die fom der abgeleiteten verba {ixwiouai wird zunichst ftkr ixwgo^ fMa$ stehen; kaum fQr ixwifouai^ wonach es sich mn das altindische a^nömi und acnnve onmittelbar anschliefsen würde) findet, so in den homerischen xvpim (Odyssee 4, 522 : xvyei und 17, 35: xtw^ow) neben dem aorist xuacai „kllaaen* (Odyssee 24, 236) und oiz^^iw (Odyssee 3, 322: olz^ewr^w „sie gehen, sie fliegen^) neben oixofiai „ich gehe, ich gehe fort^, und sonst in vniaxvioßiai „ich verspreche^ iiod aunusxv^ofAui „ich habe an^ ( Aristophanes' V5gel 1090: xkaivag ovx oifiniaxvovvTai „oberkleider haben sie nicht an^), in ßvviw neben ßtna „ich stopfe yoll^, und doch wohl auch in nitviw „ich falle^, neben dem dann aller* dings auch der aorist inixvow „ich fiel^ gebildet wurde. Auch in ixavtia wird der nasal als prftsentischer zu be- zeichnen sein, in welcher beziehung er also zu aXvaxdvm „ich meide, ich fliehe^, a/MaQTayto „ich fehle^, antx^fi^votuu „ich mache mich verhasst^, laxaPw „ich halte zurück*, xBV&äpü) „ich verberge^, xvSdvm „ich rühme mich', oiSawm „ich schwelle', lavd-äyo) „ich bin verborgen' und den ähnlichen bildungen zu stellen sein würde, von denen allen es sich allerdings durch die gedehntheit des dem nasal vorausgehenden a unterscheidet. Da uikdvaiv „dunkel wer- den' (Ilias 7, 64) als deutlich abgeleitetes, wenn auch dann wieder verkürztes, verbum mit den vorhergenannten sich nicht unmittelbar zusammenstellen l&sst, so scheint deutlich die regel herauszutreten, dass der präsentische ausgang -dvü) bei vorhergehender langer silbe kurzes a, bei voraus- gehender kurzer silbe wie zu einer gewissen ausgleichung der quantitätsverhältnisse langes a enthält. Das letztere tritt nämlich auch in xixävo) „ich erreiche' wieder deut- lich entgegen, f&r dessen nasal die präsentische bedeutung durch seinen mangel im aorist ixixov oder ixixrjv erwiesen wird. In dem auch zu ixavta und ixviofiai gehörigen ad- jectiv ixapoQ „hinreichend, ausreichend^ genügend, tüchtig*, das in der homerischen spräche sich noch nicht findet and das in seiner bildung mit oQifavog „verwaist', atfedctpdg

*I*vioftak und nbehfir. 58

„heftig, ungestflm^, ^Qodavog „schwankend^, äyavog j^freund" lieh, mild^ und anderen adjectiven, wie ich sie in meiner ver- gleichenden grammatik(2iSeitel81) zusammen getragen, über- einstimmt, hat der nasal natürlich einen ganz anderen werth. Als dritte aus der verbalgrundform ix entsprossene und in der homerischen spräche sehr gebräuchliche prä- sensform ist dann noch 'ixw aufzuföhren, das bis auf eine einzige auch schon oben erwähnte bedenkliche ausnahme- stelle (Ilias 9, 414: sl Si xs jroixad^ i'xomi) stets mit ge- dehntem i gebraucht wird. Dieses gedehnte i hat man ge- wöhnlich, und so thut es zum beispiel auch Benfey in seinem wurzellezikon (1, seite 350), als ersatz fttr die gu- nirung, wonach es also fQr ei stände, angesehen, aber ganz entschieden mit unrecht. Denn die in dieser beziehung verglichenen &kißa) „ich drücke, ich presse^, rgißa) „ich reibe^, nviyta „ich ersticke^, das zum beispiel auch nvlyog „erstickung^ zur seite hat, und ßQi&w „ich bin schwer^ neben ßg>i9vg „schwer** und ßgi&og „gewicht" tragen un- verkennbar einen ganz anderen Charakter. In ihnen hängt ohne zweifei die vocaldehnung mit einer alten lautumstel- lung zusammen; die eigentliche wurzelform zu tgißdo zum beispiel hatte das 6 gär nicht unmittelbar neben seinem anlautenden r, sondern zwischen beiden consonanten noch einen vocal, wie die nah zugehörigen teigü) (aus rigja/) „ich reibe auf, ich quäle^^ und das lateinische terere „reiben^S und in formen wie den passivischen aoristen inviyi^v^ k&Xlßrjv und itgißriv liegen schwerlich uralter- thümliche bildnngen vor, sondern späte vocal Verkürzung wird darin gewirkt haben. In "ixw wird eine alte redupli- cation enthalten sein, wie sie in uifivuij i^x^^ yiyvofjiai^ nintvii enthalten ist, so dass wir es in ein ursprüngliches i'ixoa oder l^ixw zerlegen können; im fünften bände dieser Zeitschrift (seite 1 93 bis 206) hat Kuhn gezeigt, dass laXXta „ich sende^^ zu einer alten verbalgrundform al = ar „gehen^^ gehört und sein anlautendes i auch nichts anderes ist, als eine ganze reduplicationssilbe, deren vocal sich neben dem a immer deutlich abhob, während in 'ixo) die gleichen vocale zu ihrer dehnung zusammengeflossen sind. Neben

54 Lm Mtytr

1x0), ist noch hervorzuheben, lautet der mehrfach auch bei Homer auftretende aorist l^ov (Ilias 3, 773; 10, 470 und sonst in dritter pluralperson), worin nach der gewöhnlichen ausdrucksweise der griechischen grammatik der Charakter des zweiten aoristes sich mit dem des ersten vereinigte. Es stimmt diese aoristbildung, die sonst nur noch in einer kleinen anzahl griechischer formen auftritt, genau mit der Benfeyschen siebenten altindischen, wie wir sie znm bei-> spiel in &diköam „ich zeigte^^ (von di^ „zeigen^^) haben. Von der viel verbreiteteren vierten und fünften aoristbil- dung unterscheidet sie sich wesentlich dadurch, dass ihr a vor den personalsufHxen so zu sagen mehr etymologischen werth hat, w&hrend es in jenen formen als blofser hüUs- vocal bezeichnet werden mag.

Zum schluss sei dann noch angefQhrt, dass der Zu- sammenhang von ixiTfjg „schutzflehender^^, zunächst „der einen andern erreicht, zu ihm kommt^^, mit ixviofiatj ixävm und 'txta schon frQh ausgesfftochen und in der that anch deutlich genug erkennbar ist. Aus manchen homerischen stellen tritt uns der Zusammenhang recht einleuchtend ent- gegen; so in den werten des Odysseus: aov tb pojrov cd T€ yovva&'* ixdvü) TioXXd (Aoyi)(sag' dXV ikiatgs J^dva^. ixitriq Si tov Bvxofiai eivai Odyssee 5, 449; 450; femer in vvv d\ iml rjfiirigrjv re nohv xai ydiav ixdvsig^ ot^' oiv ^sa^iJTog Savi](!sai ovrs rsv äklov wv knioL^^ Ixizfjv raXamigiov avtiäaavra Odyssee 6, 191 193; Vf^^^S 5' ctvre xij(avüfi€Voi td öd yovva ix6fji€&\ ti ri ndgoig |eiviJioy 7^i xai äXkatg Soitjg dwrlvrjVj tj tb ^üvchv &ifiig kariv aü' alSüo , (figiCrt^ &wvg' ixitai öi toi elfABV Odyssee 9^ 266 269 ; nqojxov ydg la ' ixero vrj^og dnoSg&g . . . ßoleß-a xai avrogj inei ae ngaid'^ ixirevaa Odyssee 17, 516 und 573.

Dorpat, den 23. (ll.)mftrz 1872.

Leo Meyer.

OeoTiQonog.

Was Buttmann fiber d^Bongonog und die zugehörigen Wörter im ersten bände seines lexilogus (seite 18 bis 20)

StOTtQonoq. 55

▼orbringt, gehört nicht zu dem besseren, das er gegeben hat. Er glaubt die alte redensart x^-eog nginu „ein gott schickt ein zeichen ^^ vermuthen zu dürfen, ein solches zeichen habe t^eongontov geheifsen und ein deuter davon d-Bongunog. So macht er in seiner ausfOhrung den groben fehler, von dem doch deutlich abgeleiteten i^hongoTTiov aus- zugehen und erst darnach auf das einfachere x^songunoc; zu kommen. Wie aber soll dieses heifsen, wenn wir die von ihm vermuthete redensart wirklich für möglich halten wol- len? Etwa „ein zeichen gottes schickend"? oder „von gott ein zeichen schickend" oder irgend sonst wie verschraubt und undenkbar? denn uomöglich wird doch, was im un- mittelbar vorausgehenden als erklärung von O-Eongonog ge- geben wird, „der die von der gottheit gegebenen zeichen deutet", als etymologische erklärung gelten sollen^ da der hi'er nothwendige hOlfsbegriff des „deutens" in keiner weise für die form des griechischen wertes nachgewiesen wird. Im weiter vorausgehenden glaubt Buttmann allerdings aus zwei nachhomerischen stellen fnr ngintiv die bedeutung von at]^aivBiv „bezeichnen, künde geben, offenbaren" zu erweisen; so aber tritt er in bezug auf das &B6g nginBi „ein gott schickt ein zeichen^> mit sich selbst in Wider- spruch; und ausserdem enthalten auch die beiden stellen, die Buttmann heranzieht, gar nicht das, was er aus ihnen entnimmt. Es sind die worte IXiov noXig idkwxBv, (og 6 ^Qvxtog ayyiXXtav nqinBi (Aischylos^ Agamemnon 30), wo das „künde geben, verkündigen" vielmehr deutlich in ayy'B},' Xoav ausgedrückt ist, und die worte des Herakles an den Admetos in Euripides' Alkestis (vers 515): ri XQV!^^ xovgq t^Sb nBV&ifAip ngiftBig^ wo Buttmann an der nächstliegen- den erklärung vorübergehend das ri XQ^ficc („warum") viel- mehr als von einem transitiven ngknBiv^ wie es auch Döder- lein (homerisches glossarium 375), dem &Bong6nog ein „Zeichendeuter" ist, annimmt, abhängig glaubt erklären zu können. In alle dem ist schon so viel misrathenes, dafs wir Buttmanns weitere ausführung, dafs für nginBiv nicht das homerische „ausgezeichnet sein, hervorstechen vor an- dern", sondern das äschylische „hervordringen, durchdrin-

56 Lm Maytr

gen^' die Altere bedeotuDg sei, und seine verrnnthnog, dafs nginnv eine alte reduplicirte form sei und zn HEPSi^ Tisigwj mgdut „durchdringen^^ gehöre und ^die bestimmte Bedeutung des hervordringen, hervorbrechen und also aach des hervordringen lassen, hervorschicken auf sich genom- mene^ habe, noch genauer zu erwägen fQr unnöthig halten.

Buttmann hat es in keiner weise verstanden, Ar das griechische ngineiv eine bedeutung nachzuweisen, die das zugehören von &£07ig6nog irgend wahrscheinlich ^machen könnte, wenn auch natQrlich formell nichts gegen einen solchen Zusammenhang anzuftkhren sein würde. Eine blofs formelle Übereinstimmung aber kann hier eben so wenig einen wirklichen Zusammenhang erweisen, als etwa ftkr die lateinischen Wörter Venus, venire „kommen^ venönnm „gift^, ventus „wind^^ venter „bauch^^ dadurch ein ety- mologischer Zusammenhang erwiesen wird, dass sie alle ein wurzelhaftes ven zu enthalten scheinen.

Nach einer anderen alten erklärung, die auch auf Ttgi- jiBiv zurückkommt, wird dies in seiner nachhomerisoben bedeutung „geziemen^ gefasst und &Bong6nog soll sein ra &iOig nginovta Xiywv „das den göttern geziemende sagend^, w&hrend bei einem etwaigen zurückkommen auf nginuv mit der jünger entwickelten bedeutung „geziemen^ d'«o- ngonog nicht wohl etwas anderes heifsen könnte als ,igott- geziemend^, da ja von einem „sagend (Xiywv)^ absolut nichts darin enthalten ist.

Auf einen ganz anderen weg ist die auch schon ältere und auch von Buttmann für an sich nicht so schlechthin verwerflich erklärte erklärung gerathen, die den schlnss* theil -Ttgonog als aus einem ngo-ima entsprangen ansieht. Sie ist auch noch von Benfey in seinem Sanskrit-Engljiiv Dictionary (London I8669 seite 807) wiederholt und frübei' bereits in seinem griechischen wurzellezicon (1, seite 336) aufgestellt, wo &Bong67tog mit ngoqirjnjg verglichen wird und erklärt „gott Wahrsager, das heifst der, welcher die absieht der götter verkündet^. Bezüglich der angenomme- nen formzusammenziehung wird auf das lateinische am&- runt für amäv^runt hingewiesen, das doch wegen seiner

BBOifffonQq» 57

abweichenden vocalquantität nicht ausreichend beweisen kann, und weiter auf ^;^a>, dessen zurückföhrung auf eine erst durch zusammenziehung aus sa-vah (seite 357) ent- standene Wurzel sah doch an sich viel zu unwahrschein- lich ist, um irgend etwas anderes beweisen zu können. Weiter beweisendes aber wird fOr diese erklärung gar nicht beigebracht. AuTser ihrer schon betonten formellen un- wahrscheinlichkeit heben wir noch hervor, dafs von jenem ngo'iTKo in der homerischen spräche nur ganz vereinzelt eine form in der Odyssee (1, 37), wo Zeus in bezug auf den Aigisthos von sich und den Obrigen göttern sagt: knai TiQü ^01 BinofiBv tifABig^ wo also das ngo neben dem verbum noch freier in tmesis steht, vielleicht aber gelesen werden mufs knü ngo ^einofABv ^uBlg^ und dann, dafs &ß07ig6nog bei der richtigkeit des angenommenen Zusammenhangs mit ngo* inoi nicht wohl etwas anderes heifsen könnte als „gott vor- aussagend^, was doch einen ganz schiefen sinn geben würde«

In der Zeitschrift ist unser wort noch nicht genauer behandelt; im siebenten bände (seite 331) ist deongoTtog „Wahrsager^ von Pott als eigenname mit der verschiedenen lesart BtongintiQ augefQhrt zwischen ^HDnginrjg^ ^Bonge- niqg „göttern oder einem gotte anständig, seiner würdigt nnd Jiangmrig „hervorstechend^, 'Exngknrig „ausgezeich- net^, UoXvnginwv^ Ilafjinginiog. In den etymologischen for- schungen erw&hnt es Pott nicht, ob in der zweiten auf- läge, kann ich nicht mit bestimmtheit sagen« Auch Georg Curtius hat kein OBonqonog in seinen grundzfigen; eben so wenig zum beispiel Fick in seinem Wörterbuch. Ehe wir nun unsere eigene ansieht über das in frage stehende wort ausfQhr^B^ wird es nicht unwichtig sein, alle diejeni- ^D stellen iw. geben, an denen es in der homerischen 'spräche uns entgegentritt. Die Ilias bat es zweimal, die Odyssee nur einmal: die stellen sind:

lUas 12, 228: Sidt x^ imoxQlvaiTo &tong6nog, og fsAtfa &vfi^ j^BiSBifj TBgdutv Ttal foi nei&oiccTo XofoL

Ilias 13, 70: ovd'^ o yB Kal^^S iatiy &ionq6nog olw' viCTijg.

58 Lto M«j«r

Odyssee 1, 415:

OVTB &6ongonii]Q ifAni^ofiaij f^v riva (Atittig kq fiiyagov xaXiaaaa ^tongönov k^igitjTai.

An ableituDgeD, die von ß'tonqonog aasgingen, be- gegnen in der homerischen spräche die substantivisoben %^BonQ67uov und ä-tongonivi und das verbum &€07igoniw. Das letztere begegnet auch zweimal in der Ilias nnd nur einmal in der Odyssee, nämlich an folgenden stellen:

Ilias 1, 109: xal vvv Iv Javaolai ^Bongonkiav ayo^

o^iug^ in bezug auf Kalchas;

Ilias 2, 322: Kdkxag d^ ctvrlx^ Hniira &€ongonkmf äyoQBViv.

Odyssee 2, 184: ovx av roiraa ^songoniiov ayag^vBgy vom Halitherses gesagt, der selbst über seine voraosver- kündigung des Verderbens der freier sich geänfsert hatte (vers 170): ov yäq andgriTog piavxiiofAai^ aXX^ kv j^B^ug,

Das substantivische ^tongomov begegnet nur zwei- n^al in der Ilias, n&mlich

1 , 85 : ß'agariüag fiala jruni &eo7ig6niov ort ^oiff&a^ an den Kalchas gerichtet, und

6, 438: i} nov rig (f(piv ivicnt &Bongoniwv kv ^BiSwg. Etwas häufiger ist das weibliche &Bongoniij^ es begegnet:

Ilias 1, 87: tvxdfiBvog /lavooitn &B07cgoniag ävatpai- VBig^ vom Kalchas gesagt;

Ilias 1,384:

äfifi^ Si fidvtig

BV jTBiSuig aydgBVB ß'Bongoniag ^BxaToio.

Iliasll,794: bI Si riva q>gBai jryöi &Bongonifjv oriU-

^BiVBl.

nias 16,36: bI 8i tiva (pgBal öfiai &Bangonifiv oJU-

JTBiVBig.

Ilias 16, 50: ovrs ^Bongonif^g Ifindiofia^^ rjv tiva ßotda.

Odyssee 1, 415:

01/76 &Bongonir]g ifind^ofiat^ ^v riva fi'^tfig kg fiiyagov xaXicaüa &Bong6nov k^Bgitirat,

Odyssee 2, 201 : ovr« &B07igomirjg kfincc^6fiB&% iqv ov yBgaii fiv&iai axgdjravTOV,

Dafs mit dem &B07tg6nog jemand bezeichnet wird, der

io naher beziehung zu den göttem steht, der von ihnen dinge weifs oder in erfahning bringt, die den gewöhnlichen menschen unbekannt sind, und sie den menschen mittheilt, ist fiberall hier deutlich genug, es fragt sich eben nur, wie diese bedeutung in jener form ausgeprägt ist. Und da ist wunderbar, wie man in dem 'schlusstheil -ngonog fast immer irgendwie die bedeutung des „sagens, ofienbarens^ hat ver- muthen können, da doch in der homerischen spräche neben dem iftonQonoQ und den von ihm abgeleiteten formen fast immer der begriff des sagens noch ausdrficklich gegeben ist, und auf der anderen Seite doch auch ein „gott sagend^ oder gekünsteltes „von gott sagend^ nichts weniger als treffend wird genannt werden können. Unmittelbar nah liegt vielmehr, in dem -ngonog^ da doch der t^eongoTiog nicht selbst gott ist, sondern sich seine künde von der gottheit auch erst holen muss, den begriff des fragens zu vermuthen. Das führt uns auf das altindische prap „fragen^, wie es noch am deutlichsten aus dem substan- tivischen prapnä-, m., „frage, befragung^ entgegentritt. Das zugehörige verbum praKKh: prKkh&ti „er fragt^ ist ohne zweifei eine alte prfisensbildung durch sk, so dafs es ftir pra^-skäti stehen wird, sein aus sk entsprungenes KKb ging dann aber auch ins perfect papraKkha über, während der aorist äpräköam „ich fragte^, das futur prakäjdmi „ich werde fragen^, das particip prät&- „gefragt^ und andere formen sich entschieden einfacher auf jene wurzelform pra^, wie sie von den indischen grammatikern freilich nicht aufgeführt ist, zurückführen lassen.

Im altindischen ist auch ein nächstvergleichbares d^va- -pra^na- „befragung der götter, wahrsagerei ^ ausgebildet, von dem weiter wiedei* abgeleitet wurde das männlich- geschlechtige dfiiva-prapna- „befragung des Schicksals, beschäftigung mit der astrologie*; nach den lezikographen „eine nächtliche stimme, auf deren aussprnch man lauscht^. (Böhtlingks und Roths Wörterbuch 3, seite 774).

Dafs der ^Bongonog selbst erst die gottheit zu fragen hat, tritt auch aus dem späteren gebrauche des wortes noch

60 Leo Meytr

vielfach hervor. So heifst es in Aischylos^ gefesseltem Prometheus, vers 658 660:

6 S\'ig re Ilvd'co xam JioScivtjg nvxvovg &6onQ6novg caAAci/, wg f^ä&ot vi ^gi^ Sqü)VT^ fj Xeyovra Saiuocfiv ngdötfeiv tpiXa^ und aus Herodot ist anzuführen: inuSii diu ttp nokifiq^ iatfovvTO imo TBysrjtiiov^ nijuxpetvveg d'Bongonovg kg JbK- (povg insigcireov riva äv &eu/v ikacfccfiBVOi xarvneg&e rqü noXkfA(p TByetjriiav yevoiato (1, 67) und nefixpavTsg yäg oi '/i&tjvaiot kg Jskq)oifg d-Bonqonovg ;^()iy(Tri;^4af€Cfi9'at f^tfav kroifioi. Aus der homerischen dichtung tritt auch deutlich die anschauung heraus, dafs nicht jeder beliebige sich mit directer frage an die gottheit wenden kann, das götter- befragen, das Verständnis für das von der gottheit gesandte bedeutungsvolle zeichen verlangt besonderen beruf. So wen- det man sich Ilias 1, 62 64:

aXV äye Si^ riva fidvuv kgeiofisv rj isgiifa fj xal ovsigonoXov^ xal ydg r' ovag kx Jifog kariv^ 6g J^dnri ort roffaov ixoicfctTo 0oißog jinoXXutv nicht geradezu an den gott, sondern an den Kalchas, der Ilias 13, 70 als d-Bongonog olwvicfrijg bezeichnet ist, und in bezug auf ihn heifst es dann auch vers 384 und 385 : äjiifAi dk fidvTig £v^ei,S(og äyögeve &eongo7tiag ^sxdroio, und wenn Amphinomos in der Odyssee (16,402) sagt:

dXXd ngcüta &eu)V elQci^e&a ßovXdg^ so liegt doch darin keinesweges, dafs sich die freier etwa direct würden an die götter wenden können. Auch Odyssee 3, 173—175 in den werten des Nestor:

fltiofiBV Sk ß'Bov cpijvai rigag' avrdq 6 y'^ i](jiiv Sel^e, xal tivwyei niXayog fiiaov elg !Evßo$av rdfiveiVj oq>ga rd^iora vnix xaxorijta (pvyoifisv ist durchaus nicht von einem unvermittelten verkehr mit der gottheit die rede. Nestor erzählt in der kürze, ohne alle einzelnen nebenumstände ausführlich zu geben, wie zum beispiel auch Odyssee 16, 356: rj tig aq)iv roS'* ijruTtB &ecjv oder Odyssee 9, 339: ?; xal &s6g oig kxiXevaev nimmermehr an eine directe göttliche mittheilung gedacht werden kann. In den werten Odyssee 4, 423 Bigsa&a$ Sk

SionQonoq» 61

d-ecSv og rig as ^^Xinvu ^frage aber, wer von den göttera dich bedrängt^ wird Odysseus, an den sie gerichtet sind, aufgefordert, den Proteus, der vers 384 als yigoov äkiog vfifABQTj'jg „untrüglicher, meerbe wohnender greis^ bezeichnet wird, zu fragen. Von einer direct an die gottheit gerich- teten frage weifs die homerische spräche nichts.

Was bei unserer Zusammenstellung von -ngonog mit dem altindischen pra^ noch das rein äussere anbetrifft, so kann hier wohl genügen hervorzuheben, dafs das alt- indische 9 regelmäfsig an der stelle eines alten harten gutturale steht, der letztere, also das k, aber überhaupt sehr häufig im griechischen durch das labiale n vertreten wird. Es scheint allerdings, als ob dieses letztere Verhält- nis, das heifst das eintreten von n für alten guttural, gerade da ziemlich selten vorkommt, wo der letztere im altindischen durch 9 vertreten wird. Doch können in die- ser beziebung namhaft gemacht werden 171710-- as= altindisch ä^va- „pferd^, dessen v allerdings zur erzeugung des griechischen 71 wohl mitwirkte, exbixofiai neben altindi- sche.m pä^jämi (aus spä^jämi) „ich sehe^ und l7iv6- „ofen^, das zum altindiscben a^na- „stein ^, mit dem schon Aufrecht in dieser Zeitschrift (5, Seite 136) das gothische auhns „ofen^ ident'ificiert hat, gehört

Benfey hat in seinem Sanskrit -English Dictionary (seite 585) zum altindischen prakkh „fragen^, oder wie wir es lieber nennen pra^, aus dem lateinischen gestellt procus, procaz, precor, prez und als wahrscheinlich zugehörig posco, postulare, als vielleicht zugehörig suf-fragari, rogare, flagitare, ferner die gothischen fragan und fraibnan und das angelsächsische fregnan, dagegen gar nichts griechisches. Fick aber (seite 127) stellt von den übrigen bei ihm genannten formen hier ganz ab* gesehen aus dem griechischen dazu yyTigäcfaa) für Ttgax-jca fordern, eintreiben; handeln; die erweichung in Tigayog n. und sonst ist speciell griechisch^, eine Zusammenstellung, die mir vollkommen unverständlich ist. Das griechische TZQccaata gehört zu denjenigen Wörtern, die wir so glücklich sind bis in die ältest-erreichbare geschichte der griechischen

6S L«o lUytr

spräche, bis in die homerische spräche, surflckverfolg^ sa können. In diesem seinem älteren gebrauch aber seigt ngdcfaoö (homerisch nQtjötJw) nicht die allergeringste spur der bedentang „bitten^ oder „fordern^, vielmehr weist der sinnlichere and sicher auch altertbfimlicbere gebrauch des Wortes nach einer ganz und gar anderen richtung. Es wird nicht überflüssig sein, seine Verwendung in der ho- merischen spräche uns noch in vollständigem flberblick vor die Seele zu fQbren. Die sinnliche bedeutung des „durob- dringens, durchfahrens^ zeigt es in äka n{)tiü<fovTBg (Odys- see 9, 491); häufiger wird es von dem durcbdringen, durch- fahren, das ist von dem bis zum ende befahren, zurück- legen eines weges, gebraucht, so in pift^a n^aaova^ xiksv- &0V (Odyssee 13, 8?) und pificpa ngriaaovTB xilev&ov (Utas 14, 282 und 23, 501) und mit beachtenswertber genetiy- construction in iva ngi^üawiAtv bSulo (Ilias 24, 264 und Odys- see 15,219), o(f>Qa ngrjaawusv oöoio (Odyssee 15, 47) und iva ngriaoriOiv oöoio (Odyssee 3, 476). Die weniger sinn- liche bedeutung ist dann „zu ende fbbren, zu stände bringen, ausrichten^, so in ovöi ti figyov iv&dS^ hi Ttg^'^ei „und nichts wird er hier mehr ausrichten ^ (Odyssee 1 9, 324), Ol' ydg r^ ngri^Big dxaxfjfjisvog vlog kijog „nichts wirst du ausrichten mit dem kummer über deinen sohn^ (Ilias 24, 550), lOvBif dkV ov Ti ng^aau ^er stürmt vor ohne etwas aus- zurichten% vom löwen (Ilias 11, 552 und 17, 661), ng^^€u d^ ifMfrrjg ov vi övyi^aeat (Ilias 1, 562) und ngij^ai ö"* iunrig ov T^ dvvfjaBtai^ (Odyssee 2, 191, von Bekker verworfener vers), ingtj^ag xai innra „du hast es doch noch durch- gesetzt^, den Achilleus wieder zum kämpfe zu treiben (Ilias 18, 357), ngfi^cci. d' dgyaXiov vi juerd nXeopeaffiv iovta cvSga „fQr einen einzelnen unter vielen ist es schwie- rig etwas auszurichten" (Odyssee 16, 88), Sog S^ ixi Ttj^i» fia^ov xai ifii ngfj^avra viec&ai ovvexa ösvg^ ixofiBC&a ^lafs den Telemachos und mich wieder heimkehren, nach- dem wir ausgerichtet, um des willen wir hierher kamcfti^ (Odyssee 3, 60); o% xar' dycHvag kv ngr^aaeaxov üxaava „die für die wettkämpfe alles wohl ausrichteten, zurecht machten";

Die alte sinnliche grandbedeutung des durchdriDgetis tritt fiir nQrfiCia noch besonders deotlioh darin hervor, dafs an präfixen in der homerischen spräche nur did ,,durch^ mehrfach mit ihm verbunden vorkommt, so in ot xi fAOi h&a xai h&a SLan^iiaaiüai xikevd'ov (Odyssee 2, 213), SianQYiaaovca xekBvä'üv, vom schiff gesagt (Ilias 1,483 und Odyssee 2, 429), Sungfjaaop neöioio (Ilias 2, 785; 3, 14 und 23, 364). In den werten tjuata ö^ aifAarofsvTa öiinQr^a" cov nvokeiiii^wv (Ilias 9, 326) ist öia7i(jf](f(f€iv auf zeitliches angewandt und in jrQtiidiuiq xbv Jinuta xai slg kviairtov itnavTa ov vt öiangt^^aifAi kiywp kfia xfjSea d^vfiov (Odys- see 14, 196 und 197) von dem durchfahren oder zu ende bringen einer erzählung gebraucht.

An zugehörigen nominalbildungen bleiben, um ganz vollständig zu sein, dann noch zu erwägen nq^^ig, ngijxrtJQ und änQtjxTog, Das letztere begegnet in ängr^xrov nvoka- fxov nToksfiiCiiASv „nicht zu ende geführten, das ist erfolg- losen kämpf kämpfen^ (Ilias 2, 121), dngijxTovs igiöag xai veixsa „erfolglosen streit und hader^ (Ilias 2, 376), dngfjx' Tovg oövvag „schmerzen, mit denen man nichts ausrichtet^ (Odyssee 2, 79), ängtjxrov yi visaäai „ohne erfolg heim- kehren^ (Ilias 14, 221) und ängtjxrov dvhiv „das ungethüm, gegen das man nichts ausrichten kann^, von der Skylle gesagt (Odyssee 12, 223). Nur zweimal findet sich das substantivische Ttgi^XTfig^ nämlich in fiv&wv tb ^gVTijg^ ifiBvai ngrjxTfjgd te j:igyoi)y „ein redner der worte sein und ein vollbringer von werken^ (Ilias 9, 443), womit sich also das oben schon angeführte ovöi zi ^agyov iv&dö^ in ngfi^ei (Odyssee 19, 324) zusammenhalten lässt, und in dgxog vavTacDV ot tb ngtjxvijgBg iaaiv „ein anfOhrer der schiffer, welche handelsleute (eigentlich „ausrichtende, ausführende^) sind^ (Odyssee 8, 162). Die in der letztangeführten stelle hervortretende bedeutung von ngr^xti^g schliefst sich eng an die, wie sie ein paar mal auch in ngfj^ig enthalten ist, nämlich in ij vi xard ng'^^iv 7] uaxpiÖiatg dldkr^aÖB ^irrt ihr zu irgend einem geschäfl (einer ausrichtung oder Ver- richtung) oder ziellos umher ^ (Odyssee 3, 72 s= 9,253) und in ^gfj^ig S"* tjS'* iält] „dies geschäfl ist ein eigenes'^

64 Lm Mtr«r

(Odyssee 3, 82). Sonst findet sich ngij^ig noch in ov ya^ Tig ng^^ig nik8Ta& XQVigoJo yofoio „denn die trauer hat keinen zweck, richtet nichts aus, ist erfolglos^ XIHas 24, d24) und aXV ov yccQ ttg ngfj^ig iylyvBVo iivgopLivoioiw ,|8ie konnten mit dem jammern nichts ausrichten^ (Odyaaee 10, 202 = 568).

Der zusammenklang in den Bedeutungen des homeri- schen TtQtjaaeiv und des verbums negäv und zum Beispiel die genaue Übereinstimmung im gebrauch von yerbindungeD wie äka ngrjaaovTeg (Odyssee 9, 491) und negomai d^äkaa' aav (Odyssee 6, 272 und 9, 129) macht auch einen etymo- logischen Zusammenhang beider Wörter im höchsten grade wahrscheinlich. Wie nun aber negdoD „ich durchdringe, ich durchschneide, ich erfahre^ mit nigä „drQber binaas^, nsgalog „jenseit befindlich^, nigäv ,Jenseit8^ aufs engste zusammenhängt und mit diesen formen sich eng an das altindische paräs „drQber hinaus, weiter^, p&rfi „weg, ab, fort^ und weiter dazu gehörige bildungen anschliefst, so wird das aus der letztgenannten form entsprungene alt- indische paränk (aus parä + ank- eigentlich „weiter sich wendend, weiter gehend^) „hinwärts gerichtet, weg^ gekehrt, sich entfernend, jenseits gelegen'^, mit dem die adverbiellen paräk4 oder par&kÄt „in der ferne^ unmit- telbar zusammenhängen, wohl dem griechischen ngäaam (aus altem ngäx-ju) unmittelbar zu gründe liegen.

Wir müssen deshalb bei unserem anknüpfen von -ngo^ nog an das altindische präg „fragen^ jeden etwaigen wei- teren Zusammenhang mit ngäaasiv entschieden ablehnen. Während sich fQr ngdaauv in der ältesten zeit keine spur der bedeutung „fragen^, oder „bitten^ nachweisen läfst, ergiebt sich für &eo-7tg6nog als erste bedeutung einfach „gott oder götter fragend^ und darnach ist iteoTtgontip zunächst „sich als ö'eo-ngonog tbätig erweisen^, &songoftiij „die götter-befragung^ und &Bong6niov „das von gott oder von den göttern erfragte, der götterbescheid^.

Dorpat, den 1. juni (20. mai) 1872.

Leo Meyer.

ttber einige deutsche pronominalbildnngen. 65

Ueber einige deutsche pronominalbildungen.

Gleichwie unser er, mhd. er, ahd. gr (mehrfach auch noch ir) dem gothiscben is = lat. is genau entspricht, weist unser wer, mhd. wer, ahd. wör (auch noch hw6r) auf ein nicht nachweisbares gothisches hvis = lat. quis = gr. r/c,', an dest^en stelle nur noch hvas im gothischen lebendig ist, dessen abbild wir im altnordischen, wo viel- mehr ein dem gothischen hvarjis „wer von vielen'' ent- sprechendes hverr, verkürzt hver, an seine stelle getreten ist, auch nicht mehr fiuden. Dagegen entspricht jenem hvas altfriesisches hwa und angelsächsisches hvä, wäh- rend wieder das altsäcbsische hue, für das die Londoner handschrift an ein paar stellen huie giebt, auf die grund- form hvi- zurückführt.

Im gothischen findet sich der interrogativstamm hvi-, dessen entsprechende altindische form am lebendigsten im ungescblechtigen kim ^was^ ist, ganz deutlich in hvi- leika- „wie beschaffen'' (Matthäus 8, 27; Markus 4, 30; Lukas 7, 39; Johannes 12, 33; 18, 32; Korinther 1, 15, 48 zweimal; 2,10, 1 1 ; Galater 2, 6; 4, 15; (i, 11; Epheser 1, 18; 39; Timgtheus 2,3, 11 zweimal), neben dem nur ein ein- ziges mal (Lukas 1, 29) hve-leika- auftritt, das man mit unrecht gewöhnlich als die zu gründe liegende form an- sieht, da sie mit dem lateinischen quälis „wie beschaffen'' und dem griechischen nriXUo'- „wie grofs", „wie alt** in ihrem ersten theile genau übereinzustimmen scheint. Das altindische bietet durchaus kein vergleichbares kädr^a- oder kädrp-, sondern nur die formen kidrp-, kldr^a- und auch kidrksa- „wie beschaffen".

Aus dem gothischen, männlichen und ungescblechtigen, genetiv hvis „wessen" (Markus 6, 24; 10, 38; 12, 16; 19; Lukas 9, 55; 19, 8; 20, 24; 28; Johannes 14, 14; 18, 21; Korinther 2, 11, 11; Thessalonicher 1, 4, 12; dazu auch hviz-uh „jedes" Nehemia 5, 18 und pis-hviz-uh „alles wessen" Markus ti, 22) und weiblichen dativ hvizai „welcher" (Galater 6, 1 und Kolosser 2, 23) lässt sich die grundform hvi- mit einiger Sicherheit nicht entnehmen,

Zeitflchr. f. vergl. eprachf. XXIL 1. 5

66 Leo Meyer

da io jenen beiden formen das i ebenso gut aus altem a geschwächt sein kann, wie in den entsprechenden demon- strativen casus pis „dessen" und pizai „der".

Eine weitere bildung aber, aus der der deutsche in- terrogativstamm hvi- noch recht deutlich herausblickt, ist unser adverbielles wie. Es lautet im mittelhochdeutschen wie, im althochdeutschen (Graff4, 1192) in bunter man* nigfaltigkeit hwSo, hueo, hue, weo, wea, wieo, wio, wia, wo, wie, wie, wi, we, und schliefst sich ohne zweifei eng an den althochdeutschen instrumental hwiü und wiü, den Jacob Grimm (grammatik 3, 186) darin wiederfindet in Verbindung mit dem adverbiellen dativ gotb. aiva, zu dem auch unser je, mhd. ie, ahd. io, eo, eo gehört. Jener althochdeutsche instrumental hwiü (wiü) aber harmonirt in seiner bildung durchaus mit dem demoo- strativen ahd. diu, der im mhd. diu „umso" noch erbal- ten blieb und auch im neuhochdeutschen, wenn auch etwas entstellt, nämlich im schlusstheil unseres desto, bewahrt geblieben ist. Gewöhnlich hat man die althochdeutschen hwiü und diu den gothiscben instrumentalen hve und |>e unmittelbar zur seite gestellt; dafs diesen letzteren beiden aber das i abgeht, ist ein beachtenswerther unterschied: es würden ihnen altindische (statt des gewöhnlichen instrumentals k^na) und (statt des gewöhnlichen tena) genau entsprechen, während dem althochdeutschen hwiü gegenüber ein altindisches kjä (kiä), vom fragestamm ki, würde vermuthet werden können.

Was aber noch die auslautenden ü von diu und hwiü insbesondere anbetrifft, so ist zu betonen, dafs sie einem alten a gegenüberstehen, das, wo es alt rein aus- lautet, aufser im gothiscben, in den verschiedensten dialek- ten im deutschen durch ü (u) wiedergespiegelt wird. So namentlich ja zum beispiel noch im mittelhochdeutschen weiblichen singularnominativ diu und dem ebenso lauten- den ungeschlechtigen pluralnominativ (und accusativ), deren beider ausgang ursprünglich a war, und auf die gleiche weise in den entsprechenden casusformen stark flectirter adjective, wie guotiu. Weiter ist für dasselbe lautver-

über einige deutsche pronominalbildimgen. 67

hältnis aozufQhren die erste Singular person des präsenti- scheD indicativs starker verba im althochdeutseheD, wie biutu „ich biete^, das dem altindischen bödhämi „ich weifs" entspricht, dessen mi, wie auch die griechischen und lateinischen formen wie q>iQM = fero zeigen, sehr früh aufgegeben sein muss, und ferner noch der althoch- deutsche instrumental swertü ^mit dem schwert^ worin Schleicher das uralte instrumentalsuffix ä gar nicht mehr zu erkennen vermochte.

Unser neuhochdeutscher nominativ der, mhd. der, ahd. der, ist ohne zweifei nur nach analogie von er und wer gebildet und erlaubt kein gothisches pis anzusetzen: die alten männlichen und weiblichen nominative zum de- monstrativum heifsen goth. sa und so, altn. sa und sü, ags. se und seo wie im altindischen sa und sä, im griechi- schen 6 (aus ao) und 97 (aus arj^ aä). Auch ein dem der möglicher weise noch entsprechendes gothisches pias (pjas?) wird man ganz gewiss nicht ansetzen dürfen: hervorgehoben werden darf allerdings noch, und das hat auch schon Bopp in seiner vergleichenden grammatik (§. 356 zweiter aufläge) klar gemacht, dafs die vielen neben dem dental noch das i enthaltenden pronominalformen, wie unter anderem unser weibliches die und die ebenso lautenden pluralformen, wie denn auch der oben angeführte althoch- deutsche instrumental diu, nicht zu dem einfachen altin- dischen pronominalstamm ta gehören können, dessen ab- bild zum beispiel in den gothischen pamma, pana, po, pai nicht zu verkennen ist (oder sollte hier altes j neben p verloren sein?), sondern nur zu dem ebenfalls demonstra- tiven zusammengesetzten altindischen pronominalstamm tja.

Zu diesem letzteren lauten die männlichen und weib- lichen nominative altindisch sja und sji. Der letzteren form entspricht im gothischen das verkürzte si, das als feminin zum männlichen is und ungeschlechtigen ita gilt. Weiter aber schliefsen sich mit den angeführten formen an eine altindische grundform sja- unter anderem noch unser weibliches (nominativ und accusativ) sie und das plurale sie für nominativ und accusativ aller geschlecfater.

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Aufserdeoi aber findet sieb jener zusammengesetste pronominalstamm und zwar in noch weiterer zusammen* Setzung mit vorausgebendem demonstrativstamm noch ganz deutlicb im mittelbocbdeutscben weibliehen nominativ disiu (abd. disiu, desiu) und in dem ebenso lautenden unge- scblecbtigen pluralnominativ und accusativ. Möglicher weise ist in allen fibrigen zugehörigen hoch deutschen for- men, wie dem männlichen und ungeschlechtigen genetiv mhd. dises oder dativ diseme neben dem inneren 8 das alte j einfach ausgeworfen. In den entsprechenden altnor- dischen formen wird das durchgehende ss, wie im männ- lichen nominativ pessi, genetiv - essa, dativ pessum durch assimilation aus sj entstanden sein.

Beachtenswerth ist, wie die Zusammensetzung aus den beiden bezeichneten pronominalstamm en in einzelnen for- men noch sehr durchsichtig ist, so im altsächsischen weib- lichen nominativ thius (neben thösu) „diese^, wo also der erste stamm noch lebendig flectirt, der zweite daneben ganz verkürzt ist, und dann namentlich in der ungeschlech- tigen form altn. petta, alts.. thit, thet, thitt, altfr. thit, ahd. diz, ditzi, mhd. diz, ditze, aus deren zwei- tem theile noch die alte regel herausblickt, dafs der pro- nominale s- stamm nur für das männliche und weibliehe geschlecht gilt. Mit diesem noch nicht völlig zerstörten eigenen leben des einen theiles einer pronominellen Zusam- mensetzung liegt sehr nahe die griechischen ovtoi^ (aus ö-v-TO'^ „dieser", aürr^ (aus a-v-Tf]) „diese*^ und roi^ro (aus Tü-V'TO') „dieses'' zu vergleichen*).

Dorpat, d. 11. decbr. (29. novbr.) 1872.

Leo Meyer.

*) Wir verweisen über diese zudammengesetzten formen noch auf Win- disch in Cartins' Stadien II. 'iS2 ff. und Bugge in der Tidskr. f. Phil, og Paed. IX. 111 ff., deren ansichten von den hier vorgetragenen z. tb. erheblich abweichen. Die redaction.

anxeige. 69

Grammatica della ling^a Albanese di Giuseppe de Rada. Primaparte. Firenze, 1871. pp. 95*).

Nach den „Beiträgen" Hahnes, nach dem „Versuche** Camarda's und nach so mancher anderen arbeit brauchen wir an ein buch, welches sich „grammatik der albanischen spräche" betitelt, keine gar zu geringen anforderungen mehr, weder in bezug auf material, noch auf methode, zu stellen. „Die albanische spräche" kann streng genommen nur bedeuten: die gesammtheit der albanischen mundarten oder zum mindesten die summe derjenigen, deren kenntnifs uns bis jetzt durch die litteratur eröffnet worden ist; kei- neswegs aber eine einzige albanische mundart. Eine solche jedoch bringt Giuseppe de Rada in der vorliegenden gram- matik, welche er unter leitung seines vaters (des um die albanische litteratur verdienten Girolamo de Rada?) ver- fasst hat, zur daratellung. Er betrachtet das italo- alba- nische und zwar, wie es in seinem kalabrischen heimaths- canton (derselbe umfasst die orte Santa Sofia, San Demetrio, Maki, Strigari, Vaccarizzo und Mbusati) gesprochen wird, als das albanische xar ^^oxrjv. Das italo-albanische, ebenso wie das gräco-albanische, gehört zum toskischen. Camarda Sagg. 8. 9 sagt darüber: „il piü vecchio dialetto tosko, e probabilmente qualche resto dello idioma centrale, trovasi, in parte almeno, nelle colonie greco-albanesi d^Italia, e di Grecia, modificato forse, come puö congetturarsi, dal tempo e dalle circostanze. Poich^ infatti il tempo ha cancellato dalla memoria dei profughi coloni d'Italia una parte della loro lingua originale, che certamente si conosce, e si parla con molto maggior pienezza nel paese proprio degli Schipi, e particolarmente nel centro. Pur tuttavia nel linguaggio delle colonie si d^Italia che di Grecia vedesi conservata una parte delF antico idioma che non tutto vive oggi nell' Albania stessa, o almeno nei dialetti piü comuni e cono- sciuti di quella regione". unter dem „idioma centrale"

*) Wir werden möglichst der früher von uns gebrauchten Schreibweise treu bleiben, nur mag das gleichzeitig über- und unterstrichene e de Rada's zum unterschied von ä durch < bezeichnet werden.

70 Sehneluirdt

versteht hier Camarda das von Hahn kurzweg als ^»gegiseh* bezeichnete (die mundart von Elbassan), das aber vom skodrianischen stark abweicht. Ebenso verdient das toski- sche zwischen dem Skumbi und der Viussa, welches sich dem gegischen bedeutend annähert, zu diesem centralen idiom gerechnet zu werden. Ob wir nun in dem mittleren strich eine Vermischung und angleichung zweier ,,urver- schiedenen^ dialekte (Hahn I, 218) oder eine gemeinsame, nach beiden richtungen sich difierenzirende spräche anneh- men, sicher wird sich ims hier der ursprüngliche typas der albanischen spräche am deutlichsten offenbaren. Daher erklärt es sich, dafs das alttoskische , wie Camarda das italo-albanische im gegensatze zu dem neutoskischen des Stammlandes (bei Hahn) nennt, auch manches gegierche enthält (die eine mundart natürlich mehr als die andere); die auswanderung ging nicht nur von Süd-, sondern auch von Mittelalbanien aus. In der grammatik de Radars, der sich eines toskischen vaters und einer gegischen mutter rühmt, stofsen wir auf verschiedene gegische Wörter und wortformen. An dieser stelle erwähne ich nur ^iarm, feuer; toskisch lautet es c^jarr (Hahn), ebenso sicilo-alb. (Camarda App. s. 172, 196); aber zu Tyranna ^j&r^m (Hahn) und zu Skodra cierm (Camarda App. s. 16). Noch sei bemerkt, dafs Camarda wiederum dem sicilo-albanischen den Vorzug vor dem kalabro-albanischen gibt und dafs er unter den mundarten des ersteren besonders die von Piana de^ Greci hervorhebt. Auf die beiden angedeuteten um- stände, die alterthümlichkeit und die etwas verschieden- artige herkunft des italo-albanischen, bezieht sich de Rada in der vorrede. Seine grammatik, so hofil er, werde klar machen: „1^ Che della forma propriadeir idioma albanese la maggiore porzione e sostanziale e stata conservata da quel brano della nazione che, emigrando, trovö pace e so- litudine in queste colonie''. Die bereehtigung des ausdrucke „la maggiore porzione e sostanziale'^ mufs sehr in frage gestellt werden. In einer anmerkung zu diesen worten fQhrt de Rada an, Camarda habe gefunden, dafs unter den 180 Wörtern, aus denen in der Übersetzung des bischofs

anzeige. 71

Gregorius von Corfiü das 15. capitel des evangeliums von Lukas bestehe, | ^di orlgine ellena^ seien. Camarda aber sagt wesentlich anderes (App. s. 10): ,,i quattro quinti al- meno si attengono, se non erro, con vincoli piü o meno stretti ed evidenti a voci comprese nel vasto tesoro della favella ellenica'^. Meint daher de ßada, dafs Camarda vielleicht eine gleich grofse anzahl lateinischer Wörter in der skodrianischen probe aus dem »wege des paradieses^ hätte entdecken können, so entgeht ihm vor allem, dafs die identität eines albanischen Wortes mit einem griechi- schen Worte die mit einem lateinischen nicht ausschliefst; jedenfalls aber macht er sich einer starken Übertreibung schuldig. Dagegen behauptet er, „che, ne' libri e mano« scritti albanesi delle colonie, eccettuate sole le poesie di Variboba che, con Tinnesto della rima nelP albanese, ebbe ad inondarlo di parole italiane, v'ha un fondo indigeno copiosissimo con assai poche voci forestiere'^. Indessen ist es nicht Variboba allein, der eine Vorliebe für italienische Wörter zeigt; wir finden zahlreiche beispiele solcher in den von Camarda mitgetheilten liedern, z. b. bonnesinemen, kunsiljevet, addunär, armakolle, galjofö u. s. w. Auch das stra-, welches nach de Rada s. 46 zur bildung eines absoluten Superlativs von Substantiven dient, ist, was er nicht zu vermuthen scheint, italienischen Ursprungs. Doch verringert der italienische beisatz den relativen werth des italo-albanischen keineswegs; eine weit gröfsere menge von fremd Wörtern (aus dem griechischen und türkischen, auch aus dem slawischen und italienischen) haben die mundarten der Haemusfaalbinsel in sich aufgenommen. De Kada fährt in der vorrede fort: „2® Che poich^ questa [la nazionej, fuggita da diverse provincie a ricovero nell' Italia, portovvi dialetti diversi, dal discorso popolare de^ varii gruppi in cui ella si divise, s' illustra pure la varieta dei modi dia- lettali; i quali, per quanto la loro estensione e differenza sia pur poca cosa, ostano oggi alla chiara appariscenza del linguaggio albanese. Perch^ a chi si accosti ad udirci ^ facile viziare ripetendo il dir nostro, o il trovarne del viziato, e quelle viziature ritenere e dare per dialetti:

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al che ö rimedio solo il fissare con fermezza i modi onde la lingua si esplica nelle mutazioni e flessioni delle parole, e nel loro accordo^. Es scheint, als ob hier f&r die fest- Stellung einer allgemeinen albanischen spräche ein eklekti- sches verfahren empfohlen wQrde. unter den verschiede- nen dialektischen formen wäre immer diejenige heransza- greifen, welche das zeichen des höchsten alters an sich trüge und sich am besten in das gesammtsystem der spräche einfQgte. Eine wissenschaftliche vergleichung der maod- arten unter einander ist also ein unumgängliches erforderDifs ; und auch nur vermittelst eines solchen könnte de Rada uns überzeugen, dafs in allen oder in den meisten Allen seiner heimischen mundart die palme zukomme. Davon ist er aber weit entfernt; jede abweichung von letzterer gilt ihm von vornherein fUr verwerflich. Er kommt auf diese allgemeinen fragen noch einmal, zu einer sehr ungelegenen zeit, zurück, nämlich bevor er zur conjugation übergeht (s. 56 f.). Camarda hatte in der anmerkung zu einer ka- labro-alb. form, welcher man allgemeine Verbreitung zu geben suche (App. s. 154 ff.), die „pregiudizii municipali^ (oder gar „persouali^) in Sprachangelegenheiten verdammt und seine meinung in folgenden werten zusammengefafst : „E per fermo, se ogni dialetto va preso in considerazione, h perö delitto di leso buon senso il voler dare ad uno par- ticolare, di gente dispersa da secoli, ed esule dal patrio suolo, penetrata per ogni parte da straniere influenze, e volta per legge naturale a decadenza siccome ramo stac- cato dal tronco, volergli dare, dico, autoritä superiore alla lingua stessa parlata nel proprio nativo paese dove essa vive vita rigogliosa e spontanea, qualunque siano le con- dizioni politicbe della nazione'^. Das „alttoskische^ erfreut sich hier nicht ganz so günstiger praedikate, wie anders- wo bei Camarda. De ßada hat diese bemerkenswerthe auslassung in der that nicht übersehen, doch hat sie ihn, wie er sagt, nicht von dem nach Camarda thörichten und lächerlichen vorsatz abzubringen vermocht „di porre a mo- dello della lingua un particolare dialetto e in parte svisato^. Diese letzten worte sind aus Camarda unvollständig ci-

anzeig«. 73

tirt; es heifst dort: ^e in parte svisato, piü che nobilitato, da alcuni di quei che tentarono finora di coltivarlo ed inalzarlo^. Es ist klar, worauf dieses geht und dafs es unsern de Rada nahe berührt. „Ma giä non un dialetto^, ruft dieser aus, „sibbene una lingua notata di vari dialetti, io rilevo, se le Colonie disseminate nelle provincie meri- dionali han giä diverse provenienze". Allein er weist kei- neswegs die Forderung Camarda's, dafs alle dialekte gleich- mäfsig zu berücksichtigen seien, als eine unberechtigte nach. Wir geben zu, dafs die texte, welche uns flir das albanische des Stammlandes vorliegen, zum grofsen theile sehr unzuverlässig und fehlerhaft sind uud wir begreifen, dafs de Rada dem kalabro- italischen aus diesem gründe und aus dem andern, weil es seine muttersprache ist, den Vorzug ertheilt; doch um eine thatsächlicbe vorzfiglichkeit handelt es sich hier nicht. Ein an wohner des Skumbi würde, von einem derartigen Gesichtspunkt aus, über das kalabro- italische ein wenig günstiges urtheil fällen. Auch an dieser stelle überschätzt de Rada die reinheit seiner mundart be- deutend: „le parole italiane introdotte, sia nel discorso sia nelle rime di dotti poeti, stannovi fuse nel conio nazionale: nc forma straniera qnalunque vi si h potulo innestare^. Nach diesen erwägungen können wir dem ersteren der beiden sätze, in welchen de Rada die „idea madre^ seiner arbeit darlegt, nicht beistimmen: „che tutto quanto negli scritti albanesi urti al genio della lingua, quäle dura nelle nostre Colonie e Poffenda, sia col confondere i generi, i casi, la natia sintassi de' nomi, sia i modi, i tempi, le persone e la differenzia sostanziale de^ verbi, abbia ad aversi o per corruzioni causate dalla nostra fortuna affiitta o per intru- sioni dMmperiti'^. Nicht besser sagt uns der zweite satz zu: „che le variazioni d^lno stesso tema non hanno a costi- tuire la fisonomia delle lingue che perciö diverrebbero per- plesse; ma o sono superfluitä dialettali, da ammettere finch^ non turbino ; o sono omionomie, sempre nocive e da gittar via com' escrescenze viziose". Dafs auf solchen grundlagen sich keine wissenschaftliche grammatik aufbauen kann, versteht sich von selbst. Dazu sind die von de Rada

74 Schuchardt "

benutzten quellen äufserst dürftig; für das aufeer-italienische albanisch werden nur die appeiidice des Camarda und die Übersetzung des N. T. vom bischof Gregorius angeführt. Wie übrigens die sache steht, ist es uns noch lieb, dafs de Rada sich von aller Sprachvergleichung so fern gehalten hat. Die „Osservazioni per la grammatica comparata^ 8. 28 und s. 87 f. versprechen in dieser Richtung sehr wenig. An letzterer stelle heifst es z. b.: „In quelle [pro- nome] della 2a pers. Talbanese (ti) ha la consonante del latino tu e la vocale dell' elleno sy. Ma nel plurale al- banese d'ambedue, na e ju eguale a vu come i^-oja a diceva, döja a voleva compariscono le voci latine nos e vos". Ebend,: „Ed e notevole che il nostro €sgb, ogh« (si) accenna all' oc e all' oui**. Mit alb. jet, weit, wird gr. yi]^ nait alb. «mbelj, süfs, gr. äunekog^ mit alb. ^gmer, herz, griech. ^vfÄj] verglichen. Das heft schliefst mit einigen merkwürdigen phantasien über Sprachbildung (s. 93 ff.)i welche de Rada*) geradezu für seine pflicht hält der weit mitzutheilen : „E che ciö siaci imposto, quasi obbligo religioso, puö parere da questo che responiamo in un luogo improprio e nella sua nuda discordanza dalP opi- nione de' molti e sapientissimi linguisti^. Ich greife als probe folgendes heraus: „Quindi poich' ebbe inteso [la mentej il vacuo generico nella percezione d'un antro par- ticolare, ella, nella esternazione fonetica del suo concetto „fatta pel potere inerente alla sua natura" (Max Müller) mischiö la nota ant simbolo del „di dentro" al rum figu- rante il „circumdatum'^, ed espresse ad una volta la ima- gine complessa antrum'^. Müssen wir nun auch auf die methode verzieht leisten, so könnten wir immerhin ein reiches material erwarten, wodurch wir eine vollständige kenntnifs wenigstens jenes einen dialektes gewönnen. Aber auch in dieser erwartung sehen wir uns getäuscht.

Vor allem ist die lautlehre durchaus vernachlässigt; sie wird auf zwei bis drei Seiten abgethan. Die lautbe-

*) Ist es übrigens wirklich der jüngere de Rada, den wir hier hören? Dieser absatz, ebenso wie der andere s. 56 fl'., ist mit XX. unterzeichnet.

anseige. 75

Zeichnung (bei der es nach s. 93 nur darauf ankam „di avvalerci del mezzo piü pronto ed ccouomico alla espres- sione perfetta di tutti i suoni'^) ist wohl die wenigst glück- liche unter allen för das albanische angewandten. Sie stimmt grösstentheils mit der von Girolamo de Rada 1866 befolgten überein. Wir vermissen die gegenüberstellung eines anderen Systems um so mehr, als die andeutungen über die ausspräche äufserst kärglich sind. Aui'ser a, e, i, o, u, (dafs ü hier gänzlich fehlt, hätte ausdrücklich be- merkt werden sollen) werden die beiden vokale und g genannt. Jener sei eigentlich dem fr. eu ähnlich, werde aber zu Vaccarizzo in vielen Wörtern wie nasales a ge- sprochen (z. b. äöt, er ist; ganz so im gegischen), anders- wo wie nasales e. Dieser ist ein (sogen.) stummer vocal, welcher die fahigkeit besitzt sich zu e zu erweitern. Hahn hat eine länge dieses mit unterstrichenem bezeichneten lautes (welches deutschem gedeckten c gleichgesetzt wird); jedoch lautet dieselbe in der ßisa nicht wie gedehntes gedecktes e, sondern wie deutsches ö. Ebenso finden wir bei Camarda // (fr. eu, deutsch, ö) neben e (fr. e muet). Wenn also wirklich eine Verschiedenheit der Qualität vorliegt, so ist sie an die Verschiedenheit der Quantität gebunden. Na- türlich bezeichnet auch bei de Rada g immer nur einen ganz flüchtigen vocal, der, besonders im auslaut, leicht schwindet (daher manche doppelten Schreibungen in der grammatik). Aber wir sehen in der grammatik e und 6 so häufig miteinander wechseln (s. 7 anm. erwähnt de Rada nur, dafs manche muudart das s des best, weibl. gen. u. acc. sg. zu e verkürze), dafs beide zeichen geradezu den- selben laut auszudrücken scheinen; so ce und ce, t€ und tä, und se, nj€ und nje, nde und nd^, atte und attS, Jäter und jäter u. s. w. Als einziger diphthong wird ua angeführt; ia, ie, io, iu, ie gehören zur „sinalife^. In der „Tavola delle consonanti'^ werden die gutturale genau so dargestellt: mute.

c-italo avvan. e, i, e, g k

76 Schuehardt

aspirate. h, X ellenico, c-italo av. o u, ch, gh, geh; und nur dem gj und k ist ein wort der erlänterung bei- gefügt. Um diese gruppe zu entwirren, scheiden wir zu- erst diejenigen laute aus, welche anders vor den dunkeln, anders vor den hellen vocalen bezeichnet werden: vor a, o, u: vor e, i, €, 6 und

im auslaut:

ci c = tS,

c ch == k,

gc geh == punctirtem ;' bei Hahn,

g gh - punctirtem % bei Hahn.

Wenn aber auch g, gh dem Hahn^schen punctirten ^ ®"*- spricht, so ist es doch sicherlich von diesem, welches wie deut- sches h lautet, in der ausspräche verschieden ; Camarda Sagg. 8. 66 spricht von dem fast regelmäfsigen Übergang des er- wähnten lauts zu ;- im kalabro-albanischen. De Rada schreibt übrigens auch vor r meistens ch, geh, z. B. chrimb, chragh, gchrüan, gchrasgd, zuweilen vor dunkeln vo- kalen, z.B. Ijargchönesh und chalcm s. 24. Hahnes i'^ pflegt vor dunkeln vokalen nicht durch ngc, sondern durch ng vertreten zu werden, vor hellen vokalen durch ngch oder ngh. So finden wir von ngas, ich schreite (aber s. 75, 12 doch ngcä) die 2. u. 3. p. s. ngh^t und ngchet, die 2. p pl. ngch in ni, die 2. p. s. imper. ngchit und nghit (s. 63. 69. 71). Vor r ist ngchr das regelmässige. Unter den übrigen gutturalen bieten keine besondere Schwie- rigkeit: k = k j oder vielmehr = neugr. x vor «, i; Hahn's kj wird nicht blos durch k, sondern auch durch chi und ki wiedergegeben gj = gj j = Ueber h und ^ ver- mögen wir jedoch nicht in's reine zu kommen. Für jenes treffen wir bei Hahn x und punctirtes x^ Aber diese beiden laute (oder vielmehr drei; denn von % giebt es wieder eine doppelte nüance) laufen nach Hahn im toskischen derge- stalt ineinander, dass eine scharfe trennung derselben un- möglich ist; im gegischen fallen sie in einen zusammen. Entspricht etwa das kalabro-alb. g, gh dem neugriech. y (vor

anzeige. 77

er, o, ov)? Verwechselung mit h findet statt in buhüa, bugüa, staub (s. 12. 19). Das griechische x kommt kei- neswegs blol's in griechischen Wörtern, wie stomä;^^ vor, sondern auch z. b. in ;^ee, schatten = x^ "^^ X'^ ^-9 X'jes Cam. {/j bei Camarda ist = neugr. ^ in ^;^ fit). Nicht selten schwankt de Rada zwischen g und x- Gewöhnlich schreibt er garee, freude und ;^arrönj, ich vergesse, aber 8. 45 ;^areet, s. 25 garronnesh; s. 23 lesen wir ;^araxiis, der morgenröthe, 8.72 garaxenej, es tagte, üeber die bezeichnung der anderen konsonanten ist noch dieses zu sagen. Während sh dem laut s gilt, wird für den ent- sprechenden tönenden laut nicht zh, sondern sg gebraucht; zh aber bezeichnet im gegensatz zu z = ts das it. z moUe (dz). Die mouillirten 1, n werden in der tabelle selbst durch Ij, nj dargestellt, im buche aber auch häufig auf portu- giesische, bez. italienische weise, durch Ih, gn (es ist dies die Orthographie Girolamo's de ßada). Der unterschied zwischen r und rr ist in der tabelie nicht berücksichtigt, wohl aber in der übersieht über das häufigkeitsverhältnifs der konsonanten s. 9 und auch weiterhin (rh für rr scheint mir kein druckfehler s. 1'?, 12 v. u. 30, 4 v. u. 62, 1 v. u. 63, 11 V. u. 72, 3 V. o.). Aber zu viel schon über dieses verzweifelte sehreibsystem! Die quautität der betonten vokale ist nach de ßada eine vierfache (aa, a, a, ä). „II piede lungo** oder „doppio" wird ausgedrückt durch die Verdoppelung des vokalzeichens ; „la vocale stretta" durch den akut; die vokale „s'abbassano con poco allargarsi sotto Taccento grave'^. Bei antritt von flexionsendungen verwan* delt sich der akut in den gravis („la stretta si dcprima e un po' distenda sotto V accento grave**) und der doppel- vokal verkürzt sich in einen langen („in una sola larga**), welcher durch den circumflex bezeichnet wird, in der dritt- letzten silbe aber steht immer der gravis. Die anwen- dung der accente bei de Rada ist eine äusserst willkür- liche und und inkonsequente.

Die declination der haupttoörter. De Rada giebt eine Übersicht der verschiedenen plurale nach dem auslaut der singularfbrmen; bemerkt aber, dafs „tutto e senza legge

78 Schnchardt

in quanto al plurale dei maschili". Die mäDoIicben plarale geben in einen consonanten, in - a oder in - e aus, nur ausnahmsweise in -e (Log, vogel, pl. ^ogjS). Das -S Hahnes pflegt hier entweder als - e zu erscheinen oder ganz zu fehlen, z. b. Ijak, schlinge, pl. Ijekje (H. Ijake), ^es, sack, pl. i^as (H. i^-ase). Die Wörter i>ua, nagel, kraa, quelle, perrua, thal, baben bei de Rada verschiedenartige plurale: i9^onj, kronje, pgrrenje; bei Hahn lauten sie gleicbmässig: i^onje, kronjg, pörronjS. Auch -a bei Hahn fehlt bei de Rada, z. b. Ijis, eiche, pl. Ijis (H. Ijissa). Ist Jeerub pl. von dcmb, zahn, ebenso zu er- klären wie bscnj, er mache, neben bcnj, ich mache? Von nengj, knoten, bildet de Rada den plural neje oder nengje (e wohl druckfehler für e); er tadelt die weibliche endung der gegischen form neja; aber im wb. verzeichnet Hahn als gegisch neje (daselbst pl. nejö-te, e und a sind im weibl. plural gleichberechtigt) und Camarda Sagg. s. 44 hat ebenfalls weibl. ne-ja. Die erweiterte endung -era findet sich in einigen fällen, wo sie Hahn nicht kennt, z. b. kjiel, himmel, pl. kjielera, ;^iii9', nessel, pl. ;^ii?^Sra. Von iil, Stern, lautet der pl. ile (H. Ole) oder ilji^ (sicilo-alb. iljeC, ijä^J^Cam.). In Ijemsnj pl. von Ijecm, tenne, mufste der ungewöhnliche accentwechsel ausdröck- lieh angezeigt werden. Pients, bauch, pl. pients^ra, steht hier unter den maskulinen, während p^nse bei Hahn und Camarda weiblich ist.*) Im auslaut der weiblichen substantiva wird e fast nie geschrieben, doch z. b. i9^ikke, messer, s. 24; ebd. aber i9^ik träste, schäfertasche, 8. 25. Im plural gehen sie auf - e oder - a aus. Wenn de Rada recht hat, in dem von Hahn mitgetheilten toski- sehen Sprichwort ngordi matsi, es verreckte die katze, das erste wort in u ngordi zu verbessern, so weifs ich nicht, ob er matsi mit gleichem rechte in matsa abän- dert: „macci maschile da npi tanto puö intendersi quanto da un^ italiano il vacco per la vacca^ (s. 15, anm. 2).

*) Wir tragen bei dieser gelegenheit einige formen zu den romanischen elementen des albaniHchen {i^. zeitschr. XX, 241 ff.) nach: kukuvl pl. kn-

anzeige. 79

Matä - i, der kater, wird aber von Hahn im Wörterbuch angeführt und dazu auch mats muliri, mühlkater, citirt. Von den sieben casus, welche uns de Rada schenkt, mQssen wir zwei streichen. Zunächst giebt es keine eigene form für den vocativ. Genetiv, dativ und ablativ aber werden im Singular durch eine einzige form ausgedrückt, im plural durch zwei, von denen die eine die function des dativs und gewöhnlich auch des genetivs, die andere die des ab- lativs und nicht selteo ebenfalls deß genetivs versieht. Jene lautet -ve, diese -si, -so, -s. De Rada trennt ohne grund den gen. pl. -s vom abl. pl. -si. In der bestimm- ten declination kennt er nur die form -sit und nur als ablativ (keinen entsprechenden genetiv -set). Beiläufig sei bemerkt, dafs die anfügung des determinativen Suffixes an diese casuseudung nicht toskisch (bei Hahn fallt im best, plural der ablativ mit dem genetiv dativ zusammen), son- dern gegisch ist. Camarda Sagg. s. 205 sagt: „DelP uso ghego ora cennato vi hanno perö non pochi esempi nelP italo-albanese". In der that lesen wir in seiner appendice : spervjeresit (durch die zelte) s. 92. grüstesit (von den faustschlägen) s. 116. Ijottesit (mit thränen) s. 120. gjemmesit (von den donnern), bumbardasit (von den kanonaden), tsopesit (von den stücken) s. 126. Im sing, und plur. unterscheidet de Rada den gen. te ^ögu, te

kuvira (vgl. a. a. o. s. 243, wo noch rumän. cucuvaia, neugr. xo»- xovßaM anzuführen sind), pitozü (oder pitosP? 8. 14) = it. puzzol a, fr. patois ^von lat. putere); tsints^rr, grille (U. tsin tsir) = it. zan- zara, rum. tsintsaru, neugr. t t! ^ r i u ^ x a ;; , schnake. Merkwürdig ist die form neprfmte, viper, für nep6''rke, nepertkö, makedo-rnm. nfipör- tik€, welches Miklosich aus lat. vipera herleitet; man sieht deutlichi dafs angetreten ist wie in kukuväikS = kukuvuj. Das wort scheint allerdings im albanischen entlehnt zu sein, aber wohl kaum = vipera. Unter den adverbien bei de Rada s. 89 f. findet sich menät in der bedeutnng „cras'' und „mane'' (somcnät, istamane, di^menät, herimane, menattet, mane); es wird dies wort von Camarda Sagg. s. 141 als sicilo-alb. bezeich- net, s. 90 mf neu, nicht einmal = it. manco zu Miklosich n. 484 (wovon n. 482 ohne Ursache getrennt ist). AfSr, nahe, stellt Miklosich n. 832 unter finis und bemerkt: ^die Zusammenstellung ist zweifelhaft a ist mir aller- dings dunkel.** Aber wenn dför, welches zunächst ^nachbar* und „benach- bart** bedeutet, überhaupt mit finis verwandt ist, dann entspricht es dem lat. affinis. Die Verlegung des accentes ist von weniger bedenken, als dafr auch das gegische in diesem worte r und nicht n hat (in geg. vSn^s = venenum steht r dissimilirend).

80 SchnchArdt

^ögjöve vom dat. C^gu? C^gj^^c? allein wenn 18 auch der artikel des genetivs ist, so gehört er doch keineswegs nothwendiger weise zu ihm. Nach de Rada giebt es drei Variationen der männlichen declination. Streng genommen ist nur eine anzunehmen: im gen. sg. gebrauchen statt -i eine reihe von Substantiven -u, und zwar unter ganz be- stimmten lautlichen bedingungen. Es erscheint -u nach guttu- ralen (g, c, /) und a, e, i sowohl im gen. sg. masc. wie in der 3. p. s. ind. aor. Ebenso aber wie bug6a (staub), bugoi, bugönje hätte de Kada druu (holz), drüri, drunje zu ronts (see), routsi, rontse stellen können. Denn wie dort der ursprüngliche stamm (bug6n) nur yor dem plural. je blieb, so auch hier (drün); vordem i des gen. 8g. ging n hier in r über, dort ganz verloren; bei mangelnder endung trat hier abfall des endkonsonanten ein, dort ausserdem diphthongisation des vokals. R = n ist ein im alb. ganz gewöhnlicher, allerdings meist mund- artlicher Wechsel; mau vergl. z. b. gjuu, knie, gjuri (pl. gjuunj) mit geg. gjü, gjuni, gr. yövv. Es ist daher nicht abzutheilen drü-ri, sondern drür-i. Wenn fibri- gens de Rada gjü, busen, ebenso wie druu, deklinirt wissen will, so wird doch s. 13 der abweichende plural gjira angegeben. Im unbest. gen.-dat.-abl. des sing, fem. hat das italo-albanische die ältere form -ie (nach vo- kalen -je), z. b. vaä, mädchen, grua, weib, vee, wittwe, gen. vasie, gruaje, veje, bei Hahn vääe, grAe, veje. In der bestimmten declination kommt dem neu- trum eine besondere endung (ohne kasusunterschied) zu, nämlich -te, -te oder -t. Hahn gr. s. 27 hat sicherlich unrecht: „Die formen, welche man für sächlich hielt, er- geben sich als männliche und weibliche pluralformen^ (vgl. Camarda Sagg. s. 188). Für diese declination bringt de Rada auch einen lokativ bei, welcher durch ansetzung von -t oder -te an den unbestimmten nominativ gebildet werde. Männliche und weibliche beispiele sind bei ihm: ndS gjiit, im busen, nde uäteret, in das beer, ndö faßt, in die winde], ndö vart, im grab, nde kollegSt, im koUeg, nde dert oder derct, in der band, ndä fol-

OBseige. 81

je et, im nest. Die existenz dieses casus als eines beson- deren lässt sich nicht bestreiten; doch geht de Rada zu weit, wenn er behauptet (s. 24 anm.): ,,Que8to caso e dalle viscere della lingua che rimarrebbe deformata, se alla pre- posizione ndg si desse invece Paccusativo, ndg sheshin, nel piano, nde shpiin, nella casa.^ Zunächst handelt es sich nicht um den bestimmten, sondern um den unbestimm- ten accusativ, welchen nach Hahnes ausdrücklichem zeug- niss nde regiert. Sollten nun die vielfachen formen in den italo-alb. liedern bei Camarda (wie ndS kjise, ndS derg, n6 gji u. s. w. alle correcturen von des letzteren band sein wie es allerdings mit ndg dpi (hds. äpitg) s. 98 der fall ist? Unversehrt hat Camarda s. 92, 10 ndg spttg erhalten, übersetzt es aber: nelle case. Ebenso hat er zu wiederholten malen nd' uät3rat§ (für de Rada's ndg uäterst) und hierin scheint er keinen plural zu erblicken (it.-alb. üätSr-a, skodr. ustri-a, das beer, der heeres- haufen; daher it.-alb. uätüar, uätgrtör, krieger, soldat; ebenfalls ein lat. wort, welches Miklosich entgangen ist: it. oste, rum. oaste u. s. w., beer, rum. ostaä, soldat). Nimmermehr durfte de Rada in einem toskischen lied aus Hahn: ndö guur tS Ijcmit umändern in ndg gürt 1J6- mit (auf dem stein der tenne), da jenes mit dem toskischen Sprachgebrauch, welchen Hahn in seiner grammatik aus- einandergesetzt hat, durchaus übereinstimmt. Der best, nom. sing, des fem. endet in -ia statt tosk. -eja z. b. Ijuljia, die blume, H. Ijüijeja, und in -^a statt tosk. -eja z. b. foljea, das nest, foljeja. Im gen.-dat. sg. haben wir eine nebenform, die sich an die unbestimmte dekl. anschliefst, z. b. neben der§-s (dSras, deres) d6- rie-s (unbest. derie), der thüre, und auch in den accu- sativ ist dieses ie eingedrungen: neben dSren (d^ren, d^ren): derie n. Die lehre vom artikel bei de Rada erscheint uns als sehr ungenügend.

Die decUnation der pronomina. Der gen. sg. der 2. ps. fehlt im dialekte der kolonien und wird durch das pos- sessivum ersetzt. Neben vettöhee, best, vettähea, das eigene selbst u. s. w. , hat de Rada eine form gen.

Zeitschr. f. vgl. spxnchf. XXII. 1. ß

82 Schacbardt

vettgjüi, best, vett^jües u. 8. w.; vgl. vetiut, vetfu, von selbst, freiwillig (Hahn wb.), vetivetiüt, di semede- simo, a semedesimo (da Lecce s. 26). Das pronomen der 3. ps. ai, ajo bat gen. abl. sg. männl. assije, asai, weibl. assöje, asso. Das paradigma des plarals fehlt aus verseben bei de Rada; doch werden die formen oom. acc. attä, attö, gen.-dat. attire, attirive s. 33 aam. und s. 34 angeführt. Den gen.-abl. können wir vermittelst des ganz Qbereinstimmend deklinirten kii, kejö, jener, jene, ergänzen. Von diesem pronomen lautet der gen. 8g« mäunl. kSsijc, weibl. kesoje (für den ablativ werden bei de Rada *kesi, ""keso nicht verzeichnet; nur weibl. kg- saje, wohl für kesoje); der gen.pl. männl. kSsis, weibl. kSsoä, der abl. pl. männl. ketiresi, weibl. ketireji, k&säisi (letztere form wird von unbelebten dingen weibl. geschlechtes gebraucht). Eigen thümlich ist kötirgäi vooi gen.-dat. abgeleitet; vgl. süreä, von ihnen, im N. T., wel- ches nach Hahn gr. s. 51 vielleicht aus atü'r^S zu- sammengezogen ist. Im gegischen (nach da Lecce s. 3 1 L) finden wir für den abl. beider pronomina folgende formen : assi, assoie pl. assiS, assoä kessi, kessoie pl. kessis, kessos. Neben der proklitischen form des dat. pl. der 3. ps. i (illis; bei Hahn blofs für illas, illos) kommt nach de Rada nicht nur u (so Hahn), sondern auch iu vor. Das relativum täs oder vielmehr knä hatimgen.-dat.pl. kuive, kujave, im gen.abl.pl. kuijd- kuiäi, kuijas-kujasi. S. 38 £F. unterscheidet de Bada zwischen ati, jati, tata, wie zwischen cma, jema, m€ma (der vater, sein (ihr) vater, mein vater die mat- ter, seine (ihre) mutter, meine mutter). Keinenfalls ist memsL zusammengewachsen aus me ema mir die mutter d. i. meine mutter (vgl. Camarda Sagg. s. 227 anm. 39); es verhält sich zu ema, wie tata zu ati. Beide aus- drücke entsprechen unserem papa, uiama und jenes dem it. mamma und wie hier so ist auch im albanischen der gebrauch derselben ein weiterer; und z. b. kur te IjSu tiij mema, als dich mama gebar, keineswegs so ver- dammenswertlj, wie de Rada meint. Ob in jatu, jcma,

anzeige. 83

wie de Rada will, j der dat. sg. der 3. ps. i (illi) ist oder ob wir hier mit Camarda einen blofs lautlichen Vorgang, den Vorschlag eines j (Sagg. s. 49), anzunehmen haben, wage ich nicht zu entscheiden. In dem abschnitt „Forme corrotte del pronome etc.^ rügt de Rada 1) me na daam mu e ti, um uns zu trennen mich und dich (Camarda App. 6. 50); es wQrde dies eigentlich heifsen „ut nos se- paret tu et mu^ (welches kein pronomen sei). Aber zu- nächst steht bei Camarda rv (als Italo- Albanese gibt de Rada jedes ü durch i wieder) und dies kann kein nomi- nativ sein (derselbe müfste ti geschrieben sein). Für die- ses TV finden wir bei Hahn gr. s. 149 die regelrechte form Tviy^ die aber von Camarda, damit sie mit dem Öv der vorhergehenden zeile reime, berechtigter weise abgeändert ist. Denn tu ist eine gegische form (das lied, welchem die stelle angehört, ist gegisch); Camarda Sagg s. 217 führt gen.-dat.-acc. (tu, tQi) an, tQ lesen wir in dem skodrianischen texte bei ihm App. s. 17 und da Lecce s. 26 kennt fOr jene casus keine andere form als tu. Mu ferner ist zusammengezogen aus müa und wenn de Rada auch den im gegischen so gewöhnlichen Übergang des iia in u nicht gekannt hätte, so konnte er doch aus Camarda Sagg. s. 216 lernen, dafs es in der that gegisch auch mu heifst. Schon s. 25 anm. 2 hatte de Rada die form m u für müa in einem allerdings toskischen liede als verderbte bezeichnet. 2) soll in „akus me T^^ua^, oder was sagst du mir? kuä wer? falsch für tss, was? und me praep. falsch für mg, personalpr. stehen. Schlagen wir aber die betreffende stelle Camarda App. s. 44 (=Habn gr. s. 142) nach, so lesen wir nicht ku§, sondern kjüä. Kjüä, oder kjid bedeutet nicht nur ^wie? wie^ (dies sind die einzigen von Hahn im wb. angegebenen bedeutungen), sondern auch „was?^ und wird in diesem sinn von Camarda Sagg. 8. 109 mit dem unregelmäfsigen plural kjüä, italo-alb. kjiä von kafäe, sache, identificirt. Vgl. z. b. wenige Zeilen vor dem angeführten vers bei Camarda: kjüs na pee andSje? was hast du dort gesehen? kjüs i ?^oäne känekese? was für lieder sargen sie? Was das me an-

84 Schuchardt

langt, so gibt Hahn daftlr m 3 und man mag mit Camarda darüber rechten, dafs er in den drei gegiscben liedcboi 8. 44. 46, die er aus Hahn entnimmt, mö, ne, p6r durch me, ne, per ersetzt (die praeposition m^ unterscheidet er durch den accent), während doch in den liedero gleicher herkunfb s. 46 ff. m&, nS, pgr steht. Indessen ist nach Caroarda Sagg. s. 11. 57 den Gegen, besonders den nord- westlichen, das stumme S so gut wie unbekannt und ebend. s. 216 fflhrt er neben mg noch me, mi an. Dieses mi, welches er in obigem verse dem me in parenthese bei- gesetzt hatte, wird von da Lecce s. 213 bezeugt ond de Rada hat durchaus unrecht, seine existenz zu bezi^rei- feln: „Veramente non so se i traduttori della Bibbia aves- sero cavato dal greco questo mi come pare vi traessero il si per atte (lui)''. 3) Ueber dieses si hat de Rada wie- derum nicht genügende erkundigungen eingezogen. lo „prei si^ u. ;,pas sis^ können si und sis nicht attc ver* treten, da die beiden praepositionen nicht den accasativ (und dies ist atte), sondern den genetiv regieren. Das pro- nomen, welches den zweiten theil der Zusammensetzungen ai und küj oder kiij bildet, kommt in einzelnen formen auch noch einfach vor, so im gen. dat. abl. sg. stje, sii und im abl. pl. siä3 (s. Camarda Sagg. s. 210). 4) navet, wir, enthält nach de Rada einen doppelten fehler: „1® ag» giunge al nominativo na la sillaba ve caratteristica de' casi obbliqui ; 2^ vi si suffigge il t, di cui pare non avessero compresa la forza determinativa^. Doch der nom.-aco. n4vet (nevet) ist von dem gleichlautenden gen.-dat* durchauszutrennen; er würde besser geschrieben na v6tC wir selbst. Im gen.-dat. navet, nevet neben nave, növe (wie jüvet neben jüve, euch, atQ'revet neben atO'- reve, ihnen, kettfrevet neben kgtü'reve, diesen) ist allerdings das determinative suffix angetreten (Hahn Gr. s. öl. 54'''''*). Allein darf dieser gebrauch als so sinnlos bezeichnet werden, wie es von de Rada hier und schon s. 22 anm. geschieht? Zu kint dent, 100 schafe, vgL nj6it njeriut, eines menschen (Hahn Gr. s. ÖO); zo nävet U.S. w. vgl. kuit neben kui, wem? und kujaäit

anseige. 85

neben kujasi, von welchen? Wenn diese beiden formen nach de Rada (s. 37) die „caratteristiea determinativa^ an- nehmen können, warum nicht auch jene anderen? 5)Tiij für attiij (ihm) ist keine fehlerhaft verkürzte form, son- dern gehört dem einfachen pronomen an; s. unter 3). De Rada schliefst diese betrachtungen mit den werten: „Reputiamo sufiicienti questi pochi esempi per mettere in guardia gli Albanofili da simili testi^ Auch die ausstel- lungen de Radars bezüglich einiger formen der possesiv- pronomina (s. 55 f.) scheinen uns ungerechtfertigt zu sein. In ede kopiljit sim, auch meinem knechte, soll das weibliche s mit dem männlichen i m verbunden sein. Jedoch wird der artikel se ebenso vom mask. wie vom fem. ge- braucht. Camarda Sagg. s. 219 hat s'ime neben t'emg, und Hahn 6r. s. 60 hat nur sim, wie s. 47 nur njeriut so mire, des guten mannes. Vergeblich ficht de Rada auch die neutralform tat für tent (tuum) an. Abgesehen davon, dafs jene als solche von da Lecce s. 27 angeführt wird, finden wir bei Hahn, der kein neutrum kennt, im acc. sg. dieses pronomens männl. tat neben tint, weibl. täte neben tSnte.

Die konjugation. Nach de Rada soll der verbalstamm fast immer im imperativ rein auftreten. Wir müssen dies bestreiten für imperative, wie f r iij , r u aj , m a aj u. s. w., in welchen die endung j (nach Camarda =: gr. ^i) deut- lich erkennbar ist, und für solche, wie dilj, mirr, vrit u. s. w. (vgl. Camarda Sagg. s. 255). De Rada unterschei- det nach den Veränderungen, welche der vocal des verbal- stammes zu erleiden hat, 5 konjugationen (s. 62 f), deren 1. p. sg. praes. wir hier mittheilen: 1) der Stammvokal bleibt unverändert a) taxinj. Als nebenform von -inj mufste .cnj angegeben werden; s. 69, a) heifst es, in vielen dia- lekten verwandele sich -«nj in -inj. b) friinj, ruanj, maanj, porsinj. c) äkeljkjenj, dreitönj. Im impe- rativ weichen b) und c) nicht sehr von einander ab. Für vermuthet Camarda Sagg. s. 257 mit recht ein ur- sprüngliches -öj, wie sich neben -^ in der that -äj findet; umgekehrt kennen die übrigen vocalisch auslautenden ver-

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balstämme neben der form in -j auch die ohne j und Haho Gr. s. 79 verzeichnet sogar nur -üa, nicht üaj. Ebenso haben wohl einst von allen verben unter b) und c) die Aoriste in -ta und in -va nebeneinander bestanden, wie sie noch jetzt von nicht wenigen nebeneinander bestehen (s. Camarda Sagg. s. 242 f.) 2) der stammvocal ftndert sich im praesens. Aber in des, imperf. Sit ist nicht so« wohl e aus i, als vi'elmehr i aus e entstanden. Mit der 2ten conj. fällt die 4te zusammen, nur dafs hier a in i übergeht: ngas, imper. ngit (Zwischenstufe 2 p. 8. praes. nget), ganz wie z. b. in der 3. marr, imper. mirr (2 p. 8. praes. merr). Wenn de Rada im imper. nga und ngit an- führt, so konnte er im aorist neben ngava auch ngitta an- führen, ebenso wie von dkas der aorist gemeiniglich dkitta, im sicilo-alb. aber äkava lautet. Auch einige verba in -es, also der 2ten conj., haben nicht -itta, sondern -eva im aor. 3) der vocal des consonantisch auslautenden Stam- mes erscheint im aorist als o: dr^J, mbiel, m&rr. 5) der stamm scheint im indicativ des praesens enthalten zu sein. Diese conjugation de Radars umfasst eine reibe von unregelmäfsigen verben, wie 1J€€, io%^ dua u. s. w. Die 1. p. pl. praes. des activs endet bei de Rada in -Smi oder -gm; Hahn und Camarda haben -img oder -j6mS, nach ihnen gehört das auslautende i ausschliefslich dem mediopassivum an (-emi). De Rada unterscheidet zu- erst -ja als die endung des conj. imperf« von -nja als der des iud. imperf, sagt aber unmittelbar darauf von beiden: „neir uso attuale stanno come due forme dialettali, che secondo che abbiamo notato, si suppliscono a vicenda, ma il tS che precede il congiuntivo li differenzia" (s. 7t). Sie sind in der that nie etwas anderes, wie dialektisch ver- schiedene formen gewesen. lieber die endung -nej der , 3. p. s. imperf. ist nachzulesen, was Camarda Sagg. s. 299 anm. 44 sagt; er betrachtet sie als eine entstellung aus -je, welche bei vielen verben eine Verwechselung mit der entsprechenden form des passivums herbeiführen könne. Im aorist werden merkwürdiger weise von singularen, wie Ijaga, sitta, die plurale Ijag^tim, ditt^tim gebildet,

anzeige. 87

wie regelrecht von Ijaita: Ijaitim. Camarda App. s. 154 (anm. 23 zu eri^^tim) weist diese formen als einen cala- bro-it. soloecismus nach, der vielleicht nicht eiomal allge- mein sei, jedenfalls sich jenseits des adriatisehen meeres nicht vorfinde, ja sogar in Sicilien nicht. Wir werden da- durch belehrt, welches die „aicuni dialetti^ sind, die die 3. p. pl. (nur diese person?) synkopiren und SittönS ft\r sittetin, drödeng fQr drofVetin sprechen; „ma qnesto accorciamento portato ne' perfetti delle altre conjugazioni confonde i tempi, ed 6 una delle note de' guasta-mestieri" (de Rada s. 75). Sehr bemerkenswerth ist die art und weise, wie sich nach de Rada die 3 p. s. conj. praes. von der 1. p. s. conj. (= ind.) praes. in den verben der conj. 1) b. c. und 3) unterscheidet. Es geschieht dies nämlich durch dehnung des vocals: z. b. 1. p. br^J, kursenj, 3. p. breeJ, kurseenj. Vgl. 1. p. s. u. pl. ind. kam, kemi, conj. kem, k€roi; jäm, jemi j^m? j^ii^M i^^öm, i^^ömi iVöm, d-^mi (Hahn Gr. s. 84 weist aller- dings beiderlei formen des letzten verbums dem indicativ zu). In den „forme scorrette degli attivi^ (s. 77 ff.) ist einiges zu bemerken. Wenn de Rada sagt, bei Camarda app. s. 128 stände pert^rin als eine schlechte form der 2 p. pl. praes. för pcrterini, so übt er conjecturalkritik an einer eingestandenermafsen dunkeln stelle. Nach Ca- marda ist vitS p6r vit§ (ogni anno) subject zu pcrtS- rin (rinnuova), nach de Rada ju mal je eSe te Ijert (voi monti pur altissimi). Marre ebend. steht allerdings in conditionalem sinne, ebenso wie die folgenden verba; aber in lebhafter rede ist dies doch gestattet und man kann nicht von einer „forma scorretta" för mirria reden. Wenige zeilen darauf corrigirt de Rada marrg kokutSc^Sn (prendo la ferula) in mirr k. (prendi 1. f ). In einem verse aus Camarda (app. s. 24 = Hahn Gr. s. 127) kür rriin mbrcnda e 'ätron nd' ode soll rriin fälschlich flQr rrii stehen. Aber de Rada begeht hier den schon ein- mal gerügten fehler, dafs er epirotisches ü ohne weite- res durch i umschreibt. Hahn und Camarda haben rün, welches, vollkommen regelmäfsig, die 3 p. s. von rüj ist.

88 H. Weber

Uebrigens lautet auch von rrlj, ich stehe, nach Halui Gr. 8.82 die 3. p. s. rrln neben rrl (rriin auch nach da Lecce 8. 149). Hingegen erkennt de Rada richtig ätron als eine Verkürzung aus veätrön, er blickt; ätroD, er breitet aus, giebt hier gar keinen sinn, beim^ bei Ca- marda app. s. 76 ist nach de Rada eine imperfectform, nicht die erforderliche praesensform; dieselbe mflsse beroi lauten. Aber zufolge Hahn und Camarda: 1 p. pl. praes. beime, imperf. bej^mS.

Das buch ist überreich an druckfehlern . und nacb- lässigkeiten, und nicht blos in den albanischen formen, sondern auch im italienischen texte, dessen spräche uns übrigens manches bedenken eingeflöfst hat. Vielleicht ver- diente der Verfasser mehr nachsieht, da er sich in der Widmung an seine Stammesgenossin, die prinzessin Elena Ghika (Dora d'Istria), zu grofser Jugend bekennt. Stam- men aus diesem natürlichen fehler die fehler seines wissen- schaftlichen arbeitens, so dürfen wir hoffen, dafs er in gleichem mafse wie jenen auch diese verbessern wird. Leipzig, anf. mai 1872. Hugo Schuchardt.

Litauisches aug = deutschem ang,

J. Schmidt hat in seinen tief einschneidenden Unter- suchungen zur geschichte des indogermanischen vocalismus I. 1871 gezeigt, dafs der diphthong au oft aus einem ur- sprünglichen an hervorgegangen ist und zwar im auslaute oder vor folgenden consonanten (s. 149 f.). Diese erschei- nung ist für das litauische durch einige beispiele s. 176 erwiesen. Die physiologische erklärung für diese thatsacbe, welche die s. 147 f. angeführte beobachtung von Heimholt« gewährt, wird in anschaulichster und deutlichster weise durch die beobachtungen ergänzt, die namentlich in neue- ren deutschen dialekten beim übergange und der natür- lichen Umwandlung eines ursprünglichen an vor consonan- ten zum dipbthongen au gemacht werden (vgl. s. 168 f.).

litauisches ang ss.deatschem ang. 89

Einen neuen bele^ zu diesem vorgange bietet ein wort in dem briefe eines litauischen musketiers an seine eitern, den Schleicher im lesebuche s. 249 f. in ^verbesserter** Schrei- bung mittheilt. Erinnert man sich an die äufserung von Kurschat (wörterbuch der lit. spr. I. s. XVII), dafs gerade in den briefen der ungebildeten Litauer selbst im gegen- satze zu der von den gebildeten und gelehrten beobachteten Schreibung die phonetische Schreibung der spräche häufig angetroffen wird, so tritt die verwandelung des halb litaui- sirten deutschen Wortes „baugefangener**, dessen litaui- sche form Schleicher durch ein zugefügtes ^sic^ an dieser stelle sicher stellt, in ihr rechtes licht. Dort heifst es: „Mano gers kamarots büvo dvem baügefaugeninku patroll^ruti^ = ^mein guter kamerad war mit zwei bau- gefangenen patrolliren^, wo aufserdem die ganze construc- tion deutsch ist. Der Litauer schrieb das wort so nieder, wie es sein ohr vernommen hatte, in einer wenigstens an- nähernd genauen phonetischen form. Denn diese würde eher wohl durch die Schreibung au ausgedrückt sein d. h. durch das nasale au, bei welchem ein dunkles a praevalirt. Diese ausspräche des deutschen ang wird aber dann immer zu hören sein, wenn das a nicht scharf und hell ausge- sprochen wird.

Weimar, august 1872. H. Weber.

Norwegische Ortsnamen,

die von spielen im alterthum zeugen.

Spiele mit öffentlichem Charakter, wie die griechischen und lateinischen, kennt man nicht im germanischen alter- thum. Auf jeden fall findet man keine schriftlichen Über- lieferungen, die von öffentlich veranstalteten spielen bei unsern heidnischen vätern sprechen, obschon die sögur (schriftlichen sagen) an mehreren stellen aussprechen, dafs die leute sich zum spiele sammelten und obschon unsere alte spräche viele Wörter enthält, die davon zeugen, dafs spiele von ältester zeit an im gebrauche gewesen sind«

90 Martin Ainesen

Man bat also in der norwegischen literatur solche Wörter leikvöllr, eine ebene (völlr), wo spiele (leikar) aogeetellt worden sind; leikskali, ein baus oder zimmer zum spiele; leikmöt, Versammlung zum spiele; skeid'brimir ist der name eines pferdes in der edda von skeid* lauf und bri- mir pferd, also ein wettpferd; knöttr, gen. knattar, ein ball; knattleikr ein balispiel u. s. w. Das wort, das dem griechischen Stadion entspricht, ist skeid", dessen länge aber nicht genau angegeben werden kann. Wahrscheinlich war es verschieden an verschiedenen stellen und bei verschie- denen gelegenheiten. In der saga Sigr. Jorsalafara sagt der eine kämpfende, dafs das „skeid^ zu lang wäre, der andere aber setzt es noch länger und sagt, dafs es noch zu kurz wäre. Die länge schwankt also. Im Elucidarins Annaler for Nord, oldkynd. Ib58 p. 150 wird ein „skeiO^ als „stundum 15, stundum 20 fadmar^ angegeben, welche länge 120 fufs wahrscheinlich allzu kurz ist. In Rimbegla p. 482 ist ein „skeid^ als 125 skref (d. i. schritte) angesetzt und acht solche stadia machen eine meile aus.

Unserem mangel an schriftlichen öberlieferungen kommt die behandlung unserer Ortsnamen zu hülfe. Von diesen erfahrt man, dafs zum beispiel der wettlauf im altertbum der nördlichen länder allgemein gewesen ist. In Norwegen allein kenne ich mehr als vierzig orte, deren name ur- sprünglich Skeid" war, die gegenwärtig unter verschiede- nen formen wiedererkannt werden, als Skeid, Skeide (dativ), Skeie, Skei, Ski, Ske, Skee, Skea etc., ja sogar verdorben unter der form Schey. Die örtlichkeit, die einen solchen namen trägt, ist stets so belegen, dafs dort eine zum wett- lauf bequeme ebene ist. Ferner wird auch das wort skeiff in Zusammensetzungen der Ortsnamen oft gefunden; so im ersten gliede: SkeiäTsland, Skeid'svöllr (2 stellen), Skeid'nes, Skeiten (ursprünglich Skei d'svin), SkeiO- akr (3 stellen), Skeitf-jubof (Skeuf) (2 stellen), Skedvig, Skeid'smor (3 stellen), Skeid'sstad^r (3 stellen), Skeids- lien, Skeidhelle, Skeidisol etc. Als letztes glied ist skeid" auch sehr oft gebraucht, als: Krossskeid, Vind- skeid*, Gronskeid*, Rydjaskeiö* u. s. w. und in die-

norwegische ortmamen. 91

sem falle wird das wort oft in ski abgekürzt wie Bodski, Ulfski, Dönski, Groski etc.

Skop bedeutet auch lauf und davon ist Skopvöllr und Skoppveit gebildet, pveit ist oft zu treffen in nor- dischen Ortsnamen, auch in deutschen unter der form Twiete. Knatt im Ortsnamen Knattvöllr ist oben be- sprochen. Von hlaup, lauf, ist Hjalmhlaup gebildet.

Von Leikr, spiel, ist eine grosse menge Ortsnamen gebildet; es kommt aber natürlicherweise nur in Zusammen- setzungen vor, und dann nur im ersten gliede. So findet man Leikvöllr (an 9 stellen), Leikvangr (3 stellen), Leikangr (8 stellen). Die zwei letzten namen sind das- selbe wort, nur dafs v in Leikanger ausgelassen ist (Pott. Pers. p. 475), nicht von angr ein „enger" meerbusen gebil- det, wie so oft behauptet worden ist; Leiknes (7 stellen), Leikvik (3 stellen), Leikvin (an 64 verschiedenen stel- len) unter vielen formen: Leiken, Lekve, Leyken, Löken, welche letzte form nun die gebräuchlichste ist. Das letzte glied der Zusammensetzung ist Vin = pascuum; Leik- hvammr (3 stellen), der nun an 2 stellen Leikvam und an einer stelle Lekum heifst.

Das wort skeid* kommt noch in der Volkssprache vor (I Aasen p. 426): ein stück weges, welches man in einem zuge ohne aufenthalt zurücklegt. In schwedischen dialek- ten skejdä, n. (Kietz p. 582 b) mit derselben bedeutung.

Wie bekannt, hatten die Griechen an mehreren orten ihren einzelnen göttern verschiedenartige spiele geweiht. Ob dasselbe auch bei uns der fall gewesen, können wir aus unsern sagen nicht mit Sicherheit ersehen, doch schei- nen viele Ortsnamen auch hier darauf hinzudeuten. Diese scheinen mir nämlich darzuthun, dafs auch unsere spiele mit den tempeln^ und der götterverehrung in gewissem Zu- sammenhang standen. God'i bedeutet einen opferpriester insgemein (blotgodi, hofgodi), doch triffi; man dieses wort auch als bezeichnung eines priesters fßr einzelne gottheiten, wie Freysgodi ^^ opferpriester für den gott Frey, welcher name als beiname für einen gewissen Hrafnkel gebraucht wird (s. saga Hrankels) und für einen- Thordr (s. Snorre)

92 Martin ArncMn

Auf dieselbe weise wie hofgodi einen Vorsteher eines hofes (opfertempels) bedeutet und blotgoili einen Vorsteher eines opfers (fem. blotgydja), bedeutet das merkwürdige wort leikgodl den vorstand eines Spiels, wie daa nicht minder merkwürdige skeidagoäTi den vorstand eines skeids. Das erste ist beiname fQr einen Thorolfr von Ejölr auf Island Landn. III 5; das andere für einen gewissen Tbormodr ibid. I. 9 == ,, praetor skeidensis^ (cfr. Vatsd. c. 47). Man muss aus diesen zwei zunamen mit nothwen- digkeit schliessen, dass diese beiden männer so benannt wurden nach ihrem amt als vorstand fQr einen leikr und fQr ein skeid*. Wenigstens kann es eine reminiseenz aus älterer zeit sein. Eines gewissen Odds beiname Skeid- kollr in Sturl. IV 24 schreibt sich wahrscheinlicherweise auch von einer befassung mit skeid* her. In Schweden kommt an manchen orten der name SkeiäTvi vor, beute auch Schedvi geschrieben; (Rydqvist svenska sprikets la* gar II p. 2S0), welches wort also ein heiligthum (v^) neben einem skeid* oder ein geweihtes skeiv bedeutet, wie in einigen Ortsnamen auch Skedjuhof, von hof^ ein opfer« tempel, sich findet; z. b. Skee in Bohuslen in Schwe- den ungefähr eine meile von Fredrikshald und Skeauf in Annebo kirchspiel in Jarlsberg und Laurvigs amt in Nor- wegen. Diese zwei namen (Skeid'vi + Skedjuhof) haben also beinahe dieselbe bedeutung, indem ve heiligthum, hof, Opfertempel bedeutet.

Es haben wohl bereits viele unserer historiker früher über unsere spiele im alterthum geschrieben, jedoch hat keiner irgend eine rücksicht auf unsere vielen Ortsnamen genommen, die unzweifelhaft ihren Ursprung von diesen abgeleitet haben.

Ich habe ungefähr 180 orte in Norwegen verzeichnet, welche ihre namen von spielen entnommen haben. Natür- licherweise sind ausserdem an vielen hundert anderen orten spiele abgehalten worden, ohne dafs letztere in ihren namen ein zeichen davon tragen.

Fredrikshald in Norwegen Januar 1873.

Martin Arnesen.

namen auf -bern, 93

Namen auf -bern

im fnesischen und Dordgermaniscben. In den Damen dieser endung kann ich die ableitung des -bern von -brand y,durch methathesis und apocope des den- talst, die Fr. Stark die kosenamen der Germanen p. 187 angenommen bat, nicbt zugeben. Ich sehe darin nur die nordische form -björn, und erlaube mir diese roeinung in ein helleres licht zu setzen. Birin birn wird durch brechung björn (d. i. bjarin und umgelautet björn) und dann wie oft bern, indem ja in e übergeht. Birn : björn - bern = spill : spjall : spell = ik : jak : ek u. s. w. Die sieben von Stark angegebenen namen sind folgende: 1) althd. Adalbirin (siehe Förstemann personennamen p. 140), altn. Aäfalbjörn (Antiqv. Tidsskr. 1858 60, p. 395), friesisch Albern, wie Adalbero zu Alber wird: adal zu al ist ja gewöhnlich (L. Steub p. 95). 2) *Frithu- birin (bei Förstemann p. 424 Frithubern) altn. FriäT- björn (Antiqv. Tidsskr. p. 396 in einer anzahl von 38 bei- spielen heut zu tage in Island) fries. Frethbern. Das wort Frith, altn. frid'r heifst im friesischen Freth oder Fret z. b. Fretlavus altn. FriöTleifr (Outzen p. 431). 3) Sigipirin oder Sibirin (Förstemann p. 1088), altn. S ig björn (Antiqv. Tidsskr. p. 398 in einer anzahl tod 11 beispielen in Island), friesisch Sibbern (assim. gb = bb) oder Sibern, wie Sigbero zu Siber. In Runen SIK- BIERN. G. Stephens Run. Mon. p. 640. 4) Diotpirin (Förstemann p. 1167) altn. pjod'björn (anno 1392 Munchs Hist. Union. U. p. 340), fries. Tj ab bern (assim. db ^ bb) oder Tjabern, wie Thiudbero zu Tauber oder Teuber.

5) *Vigibirin, altn. Vig björn, friesisch Wigbern oder Wippern (Förstemann p. 1294), wie Wigpero zu Wipper. In Runen UlKBIURN. G. Stephens Run. Mon. p. 36.

6) Hrodpirin oder Hrodbirn (Förtemann p. 720) altn. HroöTbjörn, fries. Rodbern 7) *Garibirin (Gari- bern Förstemann p. 475), altn. G ei r björn (Orkn.^Saga), fries. Geilbern (r zu 1?)

Eben so wenig sehe ich in den anderen von Stark genannten namen die ableitung von barn (kind, söhn).

94 Martin Amesen, namen auf -bern.

Darin kann ich auch nur björn erkennen. So 1) Rein- bern — Reginbirin und Reginbern (Förstemann p. 1013) altn. *Reginbjörn (cfr. Pott pers. p. 166). 2) EäTelbern und 3) Rodbern sind ganz einfach die oben abgehandelten Namen AäTalbjörn und HrotfbjörD. 4) Hobern altn. ""H^björu (cfr. Hoholf, FörstemanD 702) in Runen HUKBIARN. G. Stephens p. 624 (?), wie 5) Folkbern, altn. *Folk björn (cfr. Fulculf, Förstemann 447) in Runen FÜLKBIURN. G. Stephens p. 766 (?). Ich vergleiche die mit wolf und bär zusammengesetz- ten Wörter mit einander, da diese ja dieselbe bedentong gehabt haben mössen, nämlich held; also ein bober held und ein held im volke; ebenso wie 6) Saxbern, d. i. *Sax björn wie Finnbjörn „ein sächsischer held^ gut passt. 7) Eilbern ist ganz einfach *Agilbirin oder bei Förstemann p. 24 Egilbern, altn. *Egil björn.

Man sieht also, dafs es keine nothwendigkeit ist zu zweifeln, wie diese namen zu deuten seien, wie es An- dresen gegangen ist (diese zeitschr. bd. 18, p. 226), ob- schon z. b. bei Förstemann an manchen stellen zu sehen ist^ dafs es sich so verhält, wie ich es hier dargestellt habe: birin, björn, bern. Selbst so uahverwandte dialekte wie der norwegische und dänische zeigen eine solche Verwand- lung der formen wie Asbjörn in Esbern.

Fredrikshald januar 1873. Martin Arnesen.

Etymologische beitrage.

1.

Ksl. pazi-ti achten auf und an. spak-r verständig.

Das altbulg. pazq (= paz-jq) pazi-ti achten auf etwas, mit sq sich hüten, ist nicht mit pas hüten zu combiniren. Wie dieses hat es sein ursprünglich anlautendes s einge- büsst, seine grundform ist also spaz = spag, und dieses wurzelhafte spag wird genau durch ein germanisches spak reflectirt, erhalten im an. spak-r (= spaka-s) spök, spak-t klug, verständig; ruhig, sanft, speki f. verstand, Weisheit, spek-t (d. i. spakitha-) f. Weisheit.

Fick, etymologische beitrttge. 95

2. i]Qi frfihe zu gotb. air frühe, zend. ajare tag.

Dafs 6. Curtius in seiner abhandlung fiber agiarov frQhstQck (studien II, 174) dieses wort richtig zu i^Qi frühe gestellt, scheint mir zweifellos, dagegen vermag ich die an- sichten dieses verehrten forschers über rjot selbst und eini- ges scheinbar verwandte nicht zu theilen. Im folgenden sei es mir gestattet, meine abweichenden meinungen dar- zulegen.

Was zunächst avQiov morgen und ayj^-avQO-g morgen- nähe betrifft, so scheinen mir diese worte nicht von avw^ stamm avog abzuleiten, sondern directe bildungen vom gleichen stamme auV aufleuchten zu sein. Ich nehme av^o für ava-Qo und stelle dazu lit. ausz-rä f. morgenröthe, skr. us-ra morgendlich, av-gio steht für ava-gio und stimmt zum skr. usrijä f. morgenhelle, so dafs die arischen unge- steigerten grundformen usar, usra, usria den europäischen ausar, ausra, ausria gegenüberstehen, vgl. lit. ausz-ti tagen, germ. aus-tana osten, aus-tara nhd. ostem. Leiten wir da- gegen avQo, avQLo vermittelst avta^Qo^ avt(S'Qio von avog = skr. uäas ab, so steht dem entgegen, dafs beim antritt eines secundären -(>o an themen auf crg, og, Bg (sss ursprüng- lichem as) das a zwar spurlos schwindet, der vokal aber erhalten bleibt; so giebt yigag mit qo y^gago^ xgvsg mit go xgvego, aber nicht yeg^go, xgv-go.

Dasselbe bedenken habe ich hinsichtlich des adverbs Tjgi frühe, zu dessen deutung ich auf die alte Zusammen- stellung mit dem goth. air frühe zurückgehen möchte, wozu ich noch eine andere, arische parallele gefunden zu haben meine. Zend. ajare n. heifst tag, der stamm ist ajar, dessen locativ ajari lauten würde. Aus der grund- form ajar ist goth. air frühe, sicher ursprünglich wie rjgi locativ, genau in derselben weise zusammengezogen wie goth. aiz = lat. aes aus ajas = zend ajanh = skr. ajas erz. Im griechischen entstand aus ajar, in der bedeutuug „frühe'^ wie im gothischen, zunächst djsg^ HJ^Qi V^Q^ diese form haben wir in r^ieg-io-g morgendlich; durch regelrechte contraction wurde aus r^eg rjg in ijgt locativ = zend

96 Ficki etymologische beitrige.

>

(ajari) = goth. air, aus dem zu äg contrabirten äjag wurde der regelrechte Superlativ ÜQiaTo- der erste (= ahd. aristo = nhd. erste) gebildet, der im neutrum als Substantiv ge- braucht die früheste^ erste mahlzeit, das frühstück be- zeichnet.

Trennen wir so i]Qi von r^aig, so entgehen wir auch der annähme einer bedenklichen tautologie, die sonst eitiem schönen homerischen ausdrucke anhaften würde: 170!^ ijQi^ yeveia hiefse nämlich „die zur zeit der Eos geborene Eos^, während wir nach unserer auffassung übersetzen dürfen „die im tagen geborene Eos^.

Was nun unser als indogermanisch anzusetzendes ajar n. der tag, das tagen betrifit, das im zend thri-ajara, bi-ajara drei tage, zwei tage auch die nebenform ajara zeigt, so steht dasselbe in engster beziehung zum indoger- manisch-ursprachlichen jära zeit, Jahreszeit, das Curtius im griech. ujQa wiedererkannt hat, und das im deutschen jära jähr so deutlich vorliegt. Wie ajar, ajara durch das r-sufBz aus i gehen, so ist jära durch dasselbe suffix aus dem er- weiterten ja gehen abgeleitet, beide worte bezeichnen ur- sprünglich allgemein die zeit als „gang, bewegung^, die beziehimg auf die frühe zeit (in }]gi^ ojfj-io-g^ goth. air) scheint europäisch. Zum zend ajare tag gehört auf ari- schem gebiete noch das armenische ör, ein tag.

Hiermit fallt die vermutbung, die ich früher gewagt, rjiQiog stände für d-jrea'()iüy so dal's ein vokal, wie so of);, vor jr vorgeschlagen wäre, und in ^-6^ die ursprüngliche vollere form der wurzel us = vas aufleuchten sich erhal- ten hätte. Schlieislich bemerke ich noch, dafs man mög- licherweise unter den behandelten Wörtern so scheiden könnte, dals man rie()iog zu jjoig stellte, dagegen für ?/(>«, ÜQtaTov der von mir vorgeschlagenen Zusammenstellung den Vorzug gäbe. r]e()io kann allerdings von 7]og stammen, wie x(}ve~{)6'g von XQVogj dagegen scheint mir die zusammen- ziehung von einem zunächst aus rifsa-Qo entstandenen rjBQo zu }]oo^ rj(j so lange bedenklich, bis schlagende analoga für eine solche contraction beigebracht sind.

A. Fick.

Fick, etymologische beitrüge. 97

Etymologische beitrage.

1.

In der gehaltreichen schrift über die gotischen ad- vcrbien und partikeln, durch welche sich hr. Dr. Bezzen- berger in so ehrenvoller weise in die Wissenschaft einge- führt hat, findet sich manches auch für den etymologen sehr beherzigenswerthe. S. 40. 41 weist der hr. Verfasser nach, dafs got. uhti-uga zeit habend, uhtvön, morgenzeit und uhteigo adv. zu rechter zeit von bi-ühta- gewohnt, WZ. uk s= sskr. uk, zu trennen sei, dafs für die ange- führte Wortsippe vielmehr eine germanische grundform: anhta- anzunehmen, welche auf die wz. sskr. ang salben, blank, hell machen zurückgehe, vgl. sskr. ak-tu salbe, lichte färbe, licht, strahl und dunkle färbe, dunkel, nacht, gr. ax- riq strahl. Diese neue und durchaus richtige deutung einer bis dahin dunkeln germanischen Wortsippe lässt sich mei- ner ansieht nach über jeden zweifei erheben durch den nach- weis eines genauen reflexes des vorausgesetzten germani- schen anhta- frühe im litauischen. Lit. ankszti adv. heifst frühe, früh morgens, früh im jähre, ankszta^s und anksz- tu-s sind adjective hierzu, ableitungen sind ankszty-ba-s frühe, ankszty-b6 f. frühe zeit und anksztu-ma-s dass. Auch im preufsischen findet sich das wort in angst-einai adv. morgens. Bekanntlich entwickelt sich im litauischen zwischen einem guttural und suffixalem t gern ein s, auksz- ta-s hoch, für aug-ta-s, wurzel aug wachsen, wofür im preufsischen aukta- noch die unentstellte form vorliegt. Sonach dürfen wir lit. ankszta- frühe auf ank-ta-, und mit hinzuziehung des preufs. angsteinai auf ang-ta- zurückfüh- ren. Dieses so gewonnene ang-ta- frühe entspricht aber in form und bedeutung dem von hrn. Bezzenberger scharf- sinnig erschlossenen ul*germanischen anhta- so völlig, dafs wir mit voller gewissheit ein bereits in slavodeutscher Sprachperiode gebildetos angta- frühe daraus construiren können.

Zeitachr. f. vgl. sprachf. XXII. 2. 7

98

Fick

2. Lit. kimszta-s gestopft = ksl. ß^stü dicht. Die lit. wQFzel karaaz stopfen erscheint in dieser rei- nen grundform nur im durativ kamsz-yti stark stopfen und in einigen ableitungen, im primären kemszu kimsz-ti stopfen hat sich das ursprünglich auf das pr&sens be- schränkte e, wie im litauischen durchgängig, über die ganze flexion des verbs ausgedehnt. Das part. perf. pass. lautet kimszta-s z. b. in pri-kimszta-s voll, vollgestopft, and ihm entspricht ganz genau das ksl. c^stu dicht. Die beden- tungen differiren kaum (vgl. (pQaxrog dicht = lat farctu-6, fartus gestopft), und da auch in der form sich beide Wör- ter decken, ist an ihrer Identität nicht wohl zu zweifeln. Die Wurzel lit. kamsz auch in andern sprachen aufzufin- den, ist mir nicht geglückt (vielleicht im goth. hansa schaar).

3. Ausfall der ersten von zwei gleichanlautenden silben im

griechischen und latein.

Wie im latein kann im griechischen, wenn durch antritt von Suffixen bei der Wortbildung, oder durch an- fQgung eines zweiten wortes bei der composition zwei gleichanlautende silben zusammenstofsen, die erste der- selben ausgeworfen werden, um Übeln klang zu vermeiden. Diese erscheinung ist im griechischen noch nicht so ein- gehend beobachtet worden, als sie es verdiente; das fol- gende soll einen kleinen anfang zu einer Sammlung der hierher gehörigen falle bilden; sehr erwünscht wäre eine monographische behandlung, die freilich ohne eine sorgfäl- tige durchforschung des ganzen griechischen Sprachschatzes nicht auszuführen ist.

1) Entsteht durch antritt von Suffixen die folge zweier gleichanlautenden silben, so kann die erste ausgestofsen wer- den; es scheinen nur die t-suffixe hierbei in frage zu kom« men. So steht dkirgo-g für dhvij'tQo-g von äkirt] freveln in ährr^Gw^ dXitriQio-g für dkiTij-rtjQ-io-g ebenfalls von cchT7]. (iarrjQiO'g bei Aeschylus stammt wie Sartj-aig und

etymologische beitri&ge. J^. O/

öattj'Tijg von darrj- in Sateouai; zwar lautet die wurzel von dateofiai^ Saiouai, ja allerdings da, allein diese ist im griechischen nicht in reiner form als starkes verb er- halten, so dafs die spätere gräcität noch von Sa theilen hätte Wörter bilden können, vielmehr ist SaTrjQiog ft&r äarrj'TTjQ'iog zu nehmen. QrjTQo-g henker, folterknecht stammt von ^fjria) peinlich untersuchen, foltern, fnt. ^ijri^-crcu; es steht ^rjVQO'g also ftXr ^tjTTj'VQO-g (wie ia-rgo-g von l<{- ofj,ai) von ^tjTtj wie ^i?T»/-|ua, ^T^ttj^at-g, C^riy-TiJ-ff und fiyn^- n^gio^g. Das homerische xivrcag stachler kann nicht von xevT im aor. xiv-aai stammen, da aus xavt-rcog ja nach griechischen lautgesetzen etwa xtiaxtaq werden müsste, vielmehr ist xivvoao von xBvreu) fut. xernj-aw gebildet und steht demnach fQr xsvttj'Todq vgl. die spätem bildungen xevTrj'TTj'g ^ xevTrj-Trjgiov; ebenso steht xivTQO-v Stachel, ebenfalls von xtvtri^co)) abzuleiten, für xsvti]^tqo-v. Das späte fiaxtiQ spQrer stammt von fiatita^ fiarBvco spüre und steht demnach tfXr fiaxti-triQ oder fiarev-TrjQ. Diese beispiele mögen für die ausstofsung der ersten von zwei durch suftixantritt entstehenden gleich anlautenden silben hier genügen; bei näherem nachsuchen wird man gewiss noch manche ähnliche fälle auffinden.

2) Entstehen iti der Wortzusammensetzung durch den antritt des zweiten worts zwei silben mit gleichem anlaut, so kann die erste ebenfalls ausgeworfen werden. So steht dgvaxiä- schafvliefs für agvo-vaxid von agvo- Widder und vaxiS demin. von vdxog vlieis. Der pflanzenname xaka- fjtiv&Tj bedeutet halm-minze und ist ans xaXafAO-fAiv&rj ent- standen {xaXa/ÄO halm, /äiv&tj minze). Das gewürz xagSd- fiwfjiov ist benannt als „Kressamomon" und aus xdgSafio kresse und afAoafio ein gewürz, amomum zusammengesetzt (also für xagdapL-dfAUifjLov). Der eigenname IlaXafiridfig ist componirt aus nakdf^tj band, handgrifF und fiijSog rath, steht also Q\r IlaXafiofAtjdtjg und bedeutet etwa so viel als der name Xaigi'(fo(pog ; endlich ^iXevxo^ der bekannte altmakedonische name ist zu deuten als ^eXa-kevxo^g und heilst also „glanzhell" von aiXag glänz und Xsvxog hell. nvy^axo-g faustkämpfend steht wahrscheinlich i&r Ttvy^o-

7*

100 Fiele

pta^o-Q (nvyuYi fanst, -uayog kämpfend), doch ist es viel- leicht auch möglich nvyptaxoq aus nv^ua^og entstehen zu lassen, von nv^ adv. fäustlings.

Die vorstehende kleine Sammlung lässt sich vervoll- ständigen durch hinzufQgung der von Leo Meyer, vergL grammatik der griechischen und lateinischen spräche 281 gesammelten falle: oma&ivag rücken der flacbhand für oTHxf&ü'&ivaQj xojucoSiödöTcaXo'g für und neben xmfupdo^ Siödaxako^g und TQayfpSidccaxaXo-g fflr und neben rgay^q^So- SiSäaxttko-g y kunvgia intermittirendes fieber für ketno^ TivQia^ (sxifinovg klappstuhl Air (fxifino-Ttovg {öxifintio knicke, novg fufs), dfdcpogevg gefafs mit zwei henkeln fflr afKpi'^jpo^ Qsvg^ O-dgavPo^g muthig för &ao<f6'(fvpog vgl. ytj&o^awo^, xeXaiveqyf'jg schwarzwolkig fflr xelatvo-vscprig^ 7)fAiSijÄVov f&r und neben rjfxiuedifAVov halber scheffel.

Im latein tritt die ausstofsung der ersten von zwei gleichlautenden silben bei der Wortbildung besonders dann ein, wenn an worte mit t-sufßxen andere Suffixe antreten, und dadurch die folgo zweier mit t anlautenden silben ver- anlassen.

So steht quotus der wievielte für quoti-tu-s =s sskr. katitha der wievielte, totu-s der sovielte für toti-tu-s s=b sskr. tatitha der sovielte.

Beim antreten neuer suffixe an das abstract-sufBx tat entstehen folgende Verkürzungen:

Tritt das ableitende a der ersten conjugation an tat, so entsteht statt -tat-äre blos -tare in debilitarc schwächen für debilitat-äre von' debilitat schwäche, und nöbilitare be- kannt machen für nöbilität-äre von nöbilitat bekanntheit.

Tritt das suffix -ärius an -tat, so ergiebt sich -tärius statt -tät-ärius in hereditariu-s erbschaftlich ßXr hereditftt- äriu-s von h^rSditat erbschaft, in proprietariu-s eigenthümer für proprietat-ärius von Proprietät eigenthum und in vo- luntäriu-s freiwillig für voluntät-ariu-s von voluntat wille. tat mit -inus gibt tinus statt tät-inu-s in paupertinu-s fär paupertat-inu-s von paupertät armuth.

Bei antritt von ivu-s an tat entsteht tivu-s aus tat-fvu-s

» < r a

.1 . ,

. «

f '-•

etymologische beitrage. 101

in aestivu-s sommerlich ^r aestät-ivu-8 von aestät sommer, tempcstivus zeitig für tempestat-ivu-s von tempestät zeit.

tat mit ösus verbunden giebt «tösu-s statt -tatösa-s in egestosu-s bedürftig för egestat-ösu-s von egestat bedürf- tigkeit, calamitosu-s für calamitat-ösu-s von calamität Un- fall, und dignitosu-s mit würden ausgestattet für dignitat- 6su-s von dignität vrürde.

-tio für -ti-tio in: dentio das zahnen für dentt-tio von denti-re zahnen.

-torium för ti-toriu-m und -titöriu-m in: hostoriu-m Streichholz für hosti-toriu-m von hosti-re abstreichen, aus- gleichen, portoriu-m hafenzoll für portitöriu-m von portitor hafenzöllner (portu-s hafcn).

Tritt das secundärsuffix -tüdo an Wörter auf -tu-s, so entsteht -tüdo statt -ti-tüdo in: aletudo corporis pin- guedo für aleti-tudo von (aletu-s) part. zum alten ale-scere wachsen, inquietüdo unruhe für inquieti-tüdo von inquie- tu-s unruhig, consuetüdo gewohnheit für consueti-tüdo von consuetu-s gewohnt, habitüdo beschaffenbeit für habiti- tüdo von habitu-s beschaffen, hebetüdo Stumpfheit für he- beti-tudo von hebet- stumpf, mansuMüdo Zahmheit fQr man- sueti-tüdo von mansuetu-s zahm* und sollicitüdo sorge für soUiciti-tüdo von sollicitu-s besorgt.

-trix aus -tri-trix in: nütrix amme fQr nütri-trix von nutri-re nähren.

-6su-s ftir 6s-6su-s in fragösu-s geräuschvoll für fra- gos-osu-s von fragor, alt fragos geräusch.

Die Zusammensetzung Palatua Schutzgöttin des Pala- tiums steht für Palati-tua aus Palatium und -tuu-s schützen« Hierzu steilen sich die von Leo Meyer a. a. o. aufgeführ- ten composita: Stipendium sold fär stipi-pendium, truci. däre zerhauen für truci-cidäre (caedere), vcne-ficu-s gift- mischend fQr veneni-ficu-s mit ausstofsung der zweiten Silbe, se-mestri-s halbmonatlich für semi-mestris, und se- modiu-s halber scheffel für sSmi-modiu-s. Auch mit die- sen crgänzungen kann die Sammlung längst noch nicht fßr vollständig gelten; es wäre vielleicht eine nicht undank-

102 Fic^c

bare aufgäbe, alles hier einschlägige einmal zusammeDzo- stellen.

4.

Lateinisches f im anlaut aus sf = sp? lat. ffgere stechen ^

lit. dig stechen.

Bekanntlich übt im griechischen anlautendes a auf folgendes x, r und n oft einen aspirirenden einfluss, so dafs aus den ursprünglichen anlauten (Xx, (Tr und an die an- laute resp. (sx ^iö io <^X^^^ ^^ ^^® ^^ (sß^ivog^ cg> wie in 6(pdXk(ü entstehen. Es fragt sich, ob sich im latein äbn- liches finde, und es geht allerdings die ansieht besonnener forscher dahin, dafs anlautendes lat. f in einigen Allen durch einen ähnlichen lautprocess durch die mittelform sf hindurch sich aus sp entwickelt habe. Diese annähme scheint höchst bedenklich. Von einem aspirirenden einfluss des s ist im latein sonst nichts bekannt, und iu den we- nigen föllen, wo eine späte aspirirung des p im latein ein- tritt, wie in lympha, triumphus ist das s nicht betheiligt. Untersuchen wir demnach die fälle, wo lat. f im anlaute griechischem arp aus (Tti entsprechen soll. Es sind dieser fälle, so weit ich sehe, fünf.

1) Funda Schleuder scheint dem griechischen üq>^v* öovrj Schleuder zu entsprechen, allein in Wahrheit haben beide Wörter nichts mit einander zu schaffen. aifsvS^ovfi gehört mit <f(paÖ-d^(a^ öcfBÖ-avo^g , ccpoö-gog, atpovö-ikog^ zur Wurzel sskr. spand zucken, die im latein durch pen- dere reflectiert erscheint, funda dagegen ist von fundere giessen, schütten, schleudern abzuleiten, wie fundi-bulu-m giessgefäls und sohlender, fundi-täre schleudern, fundi-tor schleuderer, letzteres freilich zunächst von funda, wie vini-tor von yinum. Fud giessen aber ist, wie Corssen erkannt hat, genau das germanische gut giessen durch d von fu »■ XV x^^ weitergebildet.

2) Fungus schwamm ist wohl zweifellos eine alte ent- lehnung aus CJioyyo-g schwamm. Vermuthlich existirte im groisgriechischen dialecte, aus dem die alten lateinischen lehnwörter zunächst entnommen sind, ein sonst nicht be-

etymologische beitrüge. il03

zeugtes öipoyyo-g^ das die lateiner kaum anders als durch fuDgus wiedergeben konnten.

3) Lat. figere stechen, stecken, feststecken, heften stellt Curtius mit acpiyyeiv schnüren zusammen. Dem widerspricht schon - die bedeutung beider verba. dcpiyyHV heifst schnüren, figere stechen, trans-fixus durchbohrt, dann stecken = stechend befestigen, vgl. clavos figere nägel einstecken, und sodann überhaupt heften. Im resul- täte können die durch die beiden verba bezeichneten thä- tigkeiten allerdings hier und da auf eins hinauslaufen, denn sowohl durch schnüren wie durch stechen kann das ergeb- nifs des „haftens, festsitzens*^ hervorgebracht werden, allein dafs jemals lat. figere geradezu durch acpiyyeiv übersetzt werden könnte, ist doch in abrede zu stellen. Die stellae fixae sind doch immer als eingesteckt in das firmament, wie die köpfe eingeschlagener nägel, gedacht, wollte man hierför ein griechisches acpiyysiv gebrauchen, so erhielte man das ganz abweichende bild von stemen, die an den himmel festgeschnürt wären. Curtius beruft sich zwar auf die einleitungsscene zum gefesselten Prometheus, wo man (fcpiyye geradezu durch fige übersetzen könnte. Allein dem ist nicht so: zuerst wird der dulder mit eisen banden an den fels „geschnürt^ acpiyyerai^ dann mit einem durch die brüst und in den fels getriebenen keil an den fclsen ge- heftet. Die erste thätigkeit würde kein Lateiner durch figere ausgedrückt haben, da mit figere immer die Vorstellung des Stechens, stechend befestigens verbunden ist, dagegen liefse sich die zweite Operation, das annageln an den fels durch lat. figere (vgl. cruci-fixus) bezeichnen, wo wiederum kein Grieche das wort acfiyyeiv hätte anwenden können. Sehen wir uns nun nach reflexen des lat. fig stechen in anderen sprachen um, da acfiyysiv schon allein wegen ab- weichender grundbedeutung nicht zu figere gehören kann. Bekanntlich kann lat. anlautendes f sowohl gh als auch dh und bh der Ursprache refiectiren, wir können demnach die reflexe von latein. fig in anderen sprachen in einer form anzutreffen erwarten, die auf eine der drei grundfor* men ghig, dhig, und bhig zurückgeht. Finden wir dem-

104 Fick

Dach irgend wo ein verb, welche» „stechen^ bedeutet und auf eine grundform ghig, dhig, oder bhig zurückweist, ao ist dieses der richtige reflex des lat. fig. Dafs nun fig = dbig ist, erhellt aus dem litauischen dig stechen in dig- sni-s stich, dygüs stachlig, scharf, spitzig, dyg6 f. stech- büttel (fisch), dgg-ti stechen intrs., daig-yti stechen trs« Dasselbe wort scheint dyg-stu, dyg-ti keimen (von der saat) = hervorstechen. Auf germanischem gebiete ist die war- zel dhig stechen zu erkennen im ndd. dik = nhd. teich „aussticht und ndd. dik = nhd. deich, womit das resoltat des „ausstichst, der aufgeworfene dämm bezeichnet wird We^iter ist dhig stechen zu erkennen in &iyyav(a^ H'&iy^ov berühren, denn stechen ist nur eine specialform des an- stossens, berOhrens, vgl. got. stikan stak, nhd. stechen mit lat. tag berühren, welches dasselbe wort ist. Nahe verwandt sind ifiiyw schärfe vgl. lit. dygus scharf, die celtisch-lat. Worte dagarius engl, dagger dolch und „degen'', sowie lit. dag-y-s klette. Im sanskrit entspricht dagh anrühren, an- tasten, dagh-na an etwas reichend.

4) Lat. fallere täuschen, trügen stellt Curtius zu aipaXkm umstürzen, zu fall bringen, das zweifellos richtig mit sskr. spal, lit. pul-ti fallen, germanisch fallan verbunden wird« Zunächst ist wieder zu bemerken, dafs lat. fallere von der sinnlichen bedeutung des gr. afpäkkeiv „umstürzen, zu fall bringen^ gar keine spur zeigt; fallere heifst trügen, täu- schen, was zwar a(pci?J,eip hier und da auch heifsen kann, immer jedoch so, dafs der eigentliche sinn „zu fall bringen^ noch durchklingt. Schon aus diesem gründe ist die glei- chung fallo = atfäkliü zu verwerfen. Dazu kommt, dafs wir die schönsten reflexe von fallere, falls wir dieses aus der grundform bhal erwachsen lassen, im griechischen selbst haben. Curtius selbst fiQhrt grundzüge s. 348 9i;A-o-g betrügerisch, rpriku-co betrügen, täuschen, r^i;A)y-riy'g schurke als verwandte von fallere an und mit recht, denn griechi- sches (p7]l entspricht ganz genau dem latein. fall für fäL Wenn Curtius nun freilich annimmt, in qitjko-g u. s. w. sei das a abgefallen, so lasse ich das als unerweislich auf sich beruhen und begnüge mich mit der gleichung : lat. fall s=s

etymologische beitrage. 105

(fr^h Zu derselben wurzel bhal, die noch näher zu unter- suchen ist, gehören (fav?.og == (fal-j^o-g gering, schlecht, das wieder laut fQr laut dem germanischen bal-va-s böse entspricht. Jedenfalls ist durchaus kein zwingender grund, lat. fallo dem griech. acpciXX(a gleichzusetzen.

5) Den ausgangspunkt für die annähme, lat. f könne im anlaut einem griechischen a(f aus on entsprechen, hat die hesychische glosse öfftSeg, x^^odal ixayuQi'AaL gegeben. In öcfiöig glaubte man ganz zweifellos den reflex des lat» fides pl. Saiten zu erkennen. Zunächst ist wieder der un- terschied der bedeutung beider Wörter gebührend hervor- zuheben: acpiöeg sind die därme, welche fleischer und koch unter bänden haben {yoQdal fiayeiotxai)^ lat. fides bezeich- net nie die därme, sondern die saiten musikalischer Instru- mente, die freilich aus därmen und sehnen gefertigt wer- den. Hierzu kommt, dsfs lat. fid-es im latein selbst eine völlig genügende ableitung findet fidi- gehört zur wurzel lat. fed binden, die in fid-elia fass (vgl. m&og)^ of-fend-i- mcn-tu-m und of-fend-ix band klar zu tage liegt, wie im griechischen ni&'O-g^ q:iS-dy.v7j fass, nsv&sgü'gy nsiOfia (= 7ievd''fia) nsiö'TrJQ (= 7i6vd'~T^]o), Die saite ist also im latein vom binden benannt, wie germanisch sai-ta = lit. sMa-s, sai-ta-8 band von si binden. Dagegen gehört öifid darm zu einer griechischen wurzel aniÖ, ö7ii& aus- dehnen spannen, die auch in anid-rig ausgedehnt, ani^'-afiij spanne und sonst vorliegt und jedenfalls als eine erweite- rung aus spa (vgl. lat. spa<«tium) spannen anzusehen ist.

Lateinisches f im anlaute ist niemals aus 6f=sp ent- standen; der alte anlaut sp ist im latein entweder ganz intact geblieben (wie in sperno), oder hat sein s eingebüfst (wie in pend wurzel spand) oder ist ganz abgefallen, wie in lien = oTiXrjv = zend. ^pereza milz; niemals aber hat s auf folgendes p aspirirend eingewirkt, vielmehr ist die Um- wandlung von 671 in acp ein auf dem griechischen boden vollzogener lautvorgang, der nicht in die graeco-italische Vorzeit hinaufreicht.

IOC Fick

5.

Sanskrit dhik pfui, lat. fi, lit. dyg-eti»8 ekel haben.

Die sskr. inteijection dhik, dbig, aasruf des vorwürfe, der Unzufriedenheit, mit folgendem accusativ pfai Aber , wovon dhik-kära m. dbik-kriyä vorwürfe, mifsbilligungy findet sich genau im lat. fi, franz. fi, pfui wieder. Lat. fi steht regelrecht för fig, wie d für ec. Auch im litau- ischen ist das sskr. dhig nachzuweisen in dyg-u-s, dyg-^ ti-s Widerwillen, ekel haben, djg^ji-ma-s Widerwillen, ekel. Vielleicht in Zusammenhang mit sskr. dih = latein. fig schmieren.

6. Lat. v6mi-s pfiugschaar = vvvi-g pflugschaar.

vwi-g f. und vvvt] pflugschaar kommen erst in der sp»- teren graecität, bei Plutarch und noch späteren vor; trotz- dem darf man das wort für uralt halten, da es auf griechi- schem sprach boden gar keine ableitung hat, nnd, wie mir scheint, sich mit dem lateinischen v6mi-s pflugschaar laut für laut deckt. Vomi-s findet sich nur bei Cato, die ge- wönliche form ist vöm-er g. vömeris; da aber das suffix -er im latein öfter an ältere stamme antritt, wie in ans-er fQr hans-er gans, so dürfen wir vömi-s für die ältere form des Worts halten, wie auch cini-s älter scheint als ciner-ia. Vomi-s lässt sich deuten aus vos-mi-s, wie cä-nu-s aus cas-nu-s, p6-ne aus pos-ne, ve-na aus ves-na vgl. Iv^Bg (aus fea-v-tg). Ebenso regelrecht ist vvvi-g aus^ecr-v^g, ßoü^vi^g erwachsen, vergleiche v(p aus jrEcf weben, vy-uig zu lat. veg-ere, vÖ-qo neben germanisch vat-ra wasser, vö-o) singe aus Wurzel vad. Griechisches vv kann aus av entstehen, wie in tv-vviu bekleide aus jrea-vvui. Sonach ständen sich gegenüber lat. vosmi- und griechisch ^oGvi-^ jraavi'^ beide „pflugschaar^ bedeutend. Die einzige difierenz beider wöe>^ ter liegt im sufGx, vvvi-g steht zu v6mi-s, wie lat. pug- nu-s zu nvy-uTj. Doppelformen hier anzunehmen, scheint nicht angemessen, richtiger werden wir wohl das m in v6-mi-s als entstanden durch assimilation an den labialen . anlaut der ersten silbe zu denken haben, so dafs vosni als

etymologische beitrage. 107

graeco-italische grundform anzusetzen ist, woraus sowohl latein. vo-mi-s, als auch griechisches vvvi^g hervorgegan- gen sind.

7. Lit. putyti-s == ksl. putistT küchlein.

Wie der Deutsche lockt der Litauer mit put, put die küchlein. Zu diesem put stellen sich lit. putuzi-s und pu- tyti-s io m. küchlein. Dem letzteren entspricht laut för laut das ksl. pütistT m. junger vogel (für pütitja-s), welches als deminutiv zu püta f. vogel gehört. Von puta stammen auch püten-ici küchlein, putüka, pütica und pütachü vög- lein. Sehr mit unrecht denkt Miklosich bei diesen Wör- tern an die wurzel pat fliegen, richtiger ist seine hindeutung auf sskr. put-ra kind. Die slavischen Wörter bezeichnen nämlich ursprünglich gar nicht ausschliefslich den jungen vogel, sondern das junge thier, das junge überhaupt. Am deutlichsten tritt diese alte vollere bedeutung in pötisti (= lit. putyti-s) hervor, welches nicht blos das vogeljunge, sondern auch die brut der fische, ja selbst, wie Miklo- sich nachweist, den jungen hund bezeichnet. Aehnlich heifst im latein alles, was jung und klein ist, putus, puUus (für put-Ius, putulu-s), putillus, doch tritt in pulluswie in den slavischen Wörtern die besondere beziehuug auf die vogeljungen deutlich hervor. Wir Deutschen scheinen un- ser „put, put% womit man küchlein lockt, sowie das put in put-hühncheu von den östlichen nachbarn entlehnt zu haben, man müsste denn annehmen, dafs 9, put, puf^ als lallwort der lautverschiebunggentgangen sei, wie got. atta vater = ärva und anderes. Im litauischen gehört dersel- ben Wortsippe pauta ei an, das genau dem sskr. pota thier- junges entspricht, wie lat. puUu-s für put-lu-s ganz voll- ständig dem arischen put-ra kind, söhn gleicht. Man darf auf grund obiger Zusammenstellungen annehmen, dafs be- reits die Ursprache zur bezeichnung des jungen und klei- nen, besonders des jungen thieres, die drei Wörter puta, putra, pauta besessen habe: vgl. sskr. putra und pöta, lat. putu-s, puUu-s, putillus, lit. put put, putyti-s = ksl.

108 Fick

pütiäti und litauisch pauta-s, ksl. püta, putüka, pQ- tachü.

Gleichen Stammes ist 7rafV,(= 7rcr>r+tJ), lat. pau-cu-s, got. f'av-a-, engl, few wenig; die verbale basis dieser Wörter ist vielleicht in nav-co (= nav-ju)) erhalten, das aber auch denominal von Tiofo = got. fava- sein kann.

8. Britisch tritcd = zQUaro-g^ altirisch sechtmad =ss ißädf^aro-gy altirisch sechtmoga = ißÖofirjxovra.

In drei Bildungen berührt sich das keltische zahlsystem näher mit dem griechischen als mit irgend einer andern spräche. Das britische tritid, trited =t altirisch tris der dritte ist genau dem homerischen t^itaTo-ii neben TQiTo-g gleich, die Bildung beruht in beiden sprachen auf ciDer Verdoppelung des ordinalien bildenden Suffixes ta. Die Or- dinalzahlen von 7 bis 10 bildet das altirische durch mad = britisch met, ursprünglich ma-ta, eine combinirung der beiden ordinalsuffixe ma und ta. Das ordinale für sieben lautet demnach altirisch sechtmad = britisch seithmet der siebente, welches, wie man leicht sieht, ganz genau dem homerischen ißdouaro-g neben ^ßSouO'g = lat. septimu-s entspricht. Nicht minder auffällig ist die berührung des keltischen mit dem griechischen in der bildung der car- dinalzahl siebenzig. Im altirischen werden nämlich die Zahl- wörter für 70 und 80 nicht aus den cardinal-, sondern den Ordinalzahlen für sieben und acht gebildet: sechtmo*ga siebenzig, ochtmo-ga achtzig. Aus dem altirischen ses-ca sechzig, verglichen mit fiche-t = britisch ucent zwanzig, lässt sich sechtmo-ga zu sechtmo-cant wiederherstellen, und diesem sechtmo-cant entspricht laut f[ir laut das griechi- sche ißdofiTi-'Aovva^ dem lat. septuä-ginta vielleicht gleich« zusetzen ist. Auch das zahlwort für achtzig bildet der Grieche, wie der Ire sein ochtmoga, aus der Ordinalzahl für acht, nur dafs er hierzu nicht einen reflex des ursprach- lichen aktama, sondern das graecoitalischc ordinale oySoo-g = lat. octavu-s verwendet : oyöotj-xovra {{\xr dySojrij-xovTa) achtzig.

etyinulogische beitrage. 109

9. SufiSx -ri aus -ra.

Das seltene suffix -ri lässt sich in einem wonto als bereits der Ursprache angehörig nachweisen: dem sskr. vadhri verschnitten, castrat entspricht^ wie Benfey zuerst erkannte, ^anz genau das griechische i&QL-g^ l^&gi-g eunuch. Wenn jedoch auch schon in einigen werten bereits ur- sprachlich das Suffix ri erscheinen mochte, so ist doch höchst wahrscheinlich, dafs dieses ri durch eine jöngere abschwächung aus dem uralten suffix ra erwachsen ist. Hier- für scheinen zwei falle zu sprechen, wo dem -ri in der einen spräche ein -ra in einer anderen gegenüberliegt. Dem sskr. sahuri stark, gewaltig (Wz. sah t^w) entspricht ganz genau das griechische kyvQo-g^ oyvQo-g fest. Dafs beide bildungen von einander gesondert entstanden wären, ist nicht wahrscheinlich, beruhen aber beide auf einer bereits proethnisch ausgeprägten grundform, so kann diese wohl nur saghura gelautet haben und das -ri im sskr. sahuri ist eine« jüngere Umgestaltung des in k^vgo-g verbliebenen älteren sufSxes -ra. Ebenso lehrreich für die jüngere ent- stehung von ri aus ra ist das gegenüberliegen von j^iö-Qi-g^ iÖgc-g kundig und an. vitr ntr. vitr-t klu^, verständig, weise. Das an. vitr, stamm vitra-, hat hier die ältere suf- fixgestalt bewahrt, im griechischen iS-Qii-g ist die Schwä- chung zu ri eingetreten, wie im sskr. sahuri neben i^^vQÖ-g. Weitere beispiele des entsprechens vou ri und ra wären erwünscht, bei der Seltenheit des ri-suffixes aber vor der band nicht beizubringen.

10. sV'Si^cüV und sskr. vasman decke.

Dem vedischen vasman n. decke entspricht völlig das griechische eluov in aßgo-si^wv (ov), sv-aifjuav^ äva-sifÄcav^ fie?.((V'eifi(oi/^ worin eifxov =^e(X-/i40v von j^ea^ hf-wi-H, Mit der bekannten erweiterung durch r gehört ferner hierher Eiua g. Tog vgl. ykuuaxa ' ifidria Äeoles und yijfict tud" Tiov Dores bei Hesych, beide aus./r^cr^ar- entstanden. Durch

110 Fiele

antritt des Suffixes lo-v und Schwächung von ^ccr zu ^la vor fi entsteht das alte wort "t^cct-io-v n. mantel, vgl. Ivt^ sehnen, aus ^ea-v-s^ vgl. lat. vena für ves-na.

11. ^ Griechisch & statt eines zu erwartenden S.

Dais ^av&o-g lichtbraun, gelb von sskr. kand glfiben nicht getrennt werden dürfe, hat mein verehrter Icbrer prof. Benfey bereits vor vielen jähren ausgesprochen, auch Curtius ist jetzt (Grundzüge s. 475) dieser meinung bei- getreten, sskr. kand ist aus der volleren form 9kand erwachsen, wie aus dem intensiv kani-^kand und ableitan- gen wie ^kandra in puru-^kandra viel schimmernd, glän- zend erhellt. Dafs nun freilich ^av&o-g diesem alten ^kandra geradezu gleichzusetzen, und das & durch einwir- kung eines eingebOfsten, ursprünglich folgenden g entstan- den sei, glaube ich nicht annehmen zu dürfen, da wir auch sonst im griechischen x} finden, wo ö zu erwarten stände, ohne dafs in diesen fällen der Übergang von S in & einem () zuzuschreiben wäre. Diese fälle sind, mit einschluss von l^av&O'g selbst:

1) ^av&og vgl. sskr. ^kand, später kand leuchten glühen, puru-pkandra schimmernd, lat. in-, ac-cendere an- zünden, cand-ere weifs sein, ci-cindS-la leuchtkäfer*

2) hqißivd^O'Q erbse, Weiterbildung von koBßo- = oqo-- ßo-g = lat. ervu-m erve; ihm entspricht ndd. arft-en erb- sen, ahd. araweiz, nhd. erbfse. Das niederdeutsche t=ahd. z weist deutlich auf ursprüngliches d, die deutsche grund- form ist etwa arvinta-, dem das griechische kqißiv&o^g bis auf das & statt des zu ei'wartenden S völlig ent- spricht. Sskr. aravinda, das lautlich völlig gleich ist, heifst „lotus".

3) Dem griechischen nXiv&O'g Ziegelstein entspricht das ags. flint stein, woher nhd. flinte (vom Steinschlosse benannt), ahd. flins, vlins (für flinz) kiesel, stein. Auch hier liegt niederdeutsches t, also ursprüngliches d dem grie- chischen 0- gegenüber.

4) TtXd&avov brett, platte ist wohl nicht von nXa& =

etymologische beitrage. 111

TrAar ausbreiten abzuleiten, vielmehr entspricht germanisch flata-, engl, flat platt, also wieder germanisches t = grie- chischem &.

5) axiv&o-g untertauchend gehört zunächst zum litaui- schen sk^stu skend-au sinken, skand-yti versenken, erträn- ken. Als grundform beider werter liefse sich nun aller- dings skandh denken, allein da das sskr. skand auch her- abspringen, niedersinken bedeutet, ist axiv&og von dieser Wurzel nicht wohl abzutrennen; wir haben also auch hier wieder & gegenüber dem d anderer sprachen.

6) Neben a7tc& in ani&a^ri spanne liegt im griechi- schen selbst die wurzelform amÖ in aniS-rjg^ amöo-vq aus- gedehnt, vgl. andd-iov äol. = ardö-iov; wahrscheinlich auch in a-anid schild. In bedeutung und form stimmt zu üTii&a^il am nächsten ksl. p^di (= s-pind-ja) die spanne, der wurzelform ötii^ö entspricht germanisches spita-, ahd. spiz der spiefs, nhd. spitz. Höchst wahrscheinlich liegt dem griechischen aniß- und OTiid dieselbe wurzel spid = spad zum gründe, eine erweiterung von spa dehnen durch d.

7) Der wurzel Qa8 ( = sskr. ard netzen) in ^aivvu (= ^aSviio naeh Curtius) ä-Q^dö-arcei netzen liegt ^«?^a- /niy^ tropfen gegenüber; es wechselt also innerhalb des griechischen selbst & mit dem ursprünglichen ö (s. Curtius grundzüge 476).

8) Dem griechischen (SroQ&rt (Hesych), aroQ&'vy^ spitze, zacke, ende, äufserstes entspricht durchaus das niederdeut- sche Stert, nhd. sterz, welches nicht blos den schwänz des thieres, sondern überhaupt, wie aroo&vy^ jedes ende, äufserste eines dinges bezeichnet, vgl. pflug-sterz. Auch hier entspricht wieder niederdeutsches t, ahd. z, also ur- sprüngliches d dem griechischen &.

Diese beispiele mögen genügen um zu zeigen, dafs in ^av&og neben sskr. ^Kand keine vereinzelte Sonderbarkeit vorliegt, sondern dafs im griechischen in einem näher zu umschreibenden, nicht ganz unbeträchtlichen umfange in gewissen lautumgebungen r^ fllr altes d eintreten kann.

A. Fick.

112 Tobler

Die aspiraten und tenues in schweizerischer

mundart.

S. 30 66 des vorigen Jahrgangs dieser Zeitschrift hat hr. Kräuter unter dem titel ^die neuhochdeutschen aspiraten und tenues^ das längst fragwürdige Verhältnis dieser laute in gründliche Untersuchung und klare darstel- lung gezogen, deren hauptergebnissen ich nicht viel ent- gegenzustellen oder beizufügen habe. Da er aber nicht umhin konnte, den richtigen lautwertb der fraglichen zeichen der Schriftsprache durch mundartliche lautverhältnisse zu beleuchten und dabei mehrfach die schweizerische mundart in betracht zog, so nehme ich davon anlass, den stand der fraglichen laute in diesem mir wohl noch genauer bekannten gebiete einer selbständigen betrachtung za un- terwerfen. Ich gedenke dabei die angaben des hm. K. in einigen punkten zu bestätigen und zu ergänzen, in ande* ren zu berichtigen, dadurch aber zugleich einerseits den werth der neuhochdeutschen laute noch fester zu stellen, andererseits das so vielfach lehrreiche und für beide theile fruchtbare Verhältnis zwischen Schriftsprache und mundart überhaupt an diesem beispiel ins licht zu setzen.

Die Streitfrage, ob die aspiraten der indogermanischen Ursprache (wenn es je eine gab und sie sich noch con- struiren lässt) asp. mediae oder asp. tenues waren, können wir för unsere Untersuchung ganz bei seite lassen. Wenn wir den ältesten germanischen lautstand nach dem goti- schen zu ermessen haben, so enthielt er blos noch eine aspirata, das th, dessen ausspräche wir uns nach der des englischen (angelsächsisch und nordisch p, tf) zu denken haben Werdern. Dann war aber dieses th oder dh nicht ein reines t oder d mit nachschlagendem h, sondern ein ein- facher laut, durch vorschieben der zunge zwischen die zahne erzeugt, so dafs er theils der spirans f theih dem sause- laut 8 sich näherte. Die annäherung an f scheint auch dem altgriechischen 0 eigen gewesen zu sein, wenn wir dialektische nebenformeu wie (fijo neben ^;/(> und die Ver- tretung des ^ durch das lat. f (fumus: xivfxo^ foros:

die aspiraten und tenues in schweizerischer mnndart. 113

&VQa u. 8. w.) bedenken. Eben dieselbe wird auch für das germanische th wahrscheinlich durch das verhältniss des got. pliuhan zu ahd. fliohan und andere bekannte bei- spiele. Ob das im fränkischen althochdeutsch (meist im anlaut) vorkommende th, dh dem gotischen resp. angelsäch- sisch-nordischen auch im lautwert entsprochen habe, ist ebenso ungewiss wie die ausspräche des altsächsischen, statt dessen zuweilen (wie im schwedischen und dänischen statt altn. isländ. p, d immer) einfaches t, d erscheint; da die altfränkischen und altsächsischen th, dh später alle in d übergegangen sind, so kann jene labiale afiection ihnen nicht stark angehaftet haben (vgl. Grimm, gramm. P ul6). Dafs das hochd. f, v (alts. bh) ch, D keine aspiraten mehr sind, und ebensowenig z (ts) und pf (wirkliche doppellaute), ist anerkannt. Wenn also im neuhochdeutschen aspiraten vor- kommen sollen, so müssen sie neu entstanden und von den alten, resp. von der art des altgermanischen th, verschie- den sein. Es wird nun in der that behauptet, es gebe im nhd. ph, kh, th mit den lautwerten p -+- h, k -H h, t -H h, aber dafs dies echte aspiraten sein sollen, gleich denen der neuindischen sprachen, deren lautwerte man auch für die altindischen aspiraten gelten lässt, ist von vornherein zwei- felhaft.

1) weil die germanischen sprachen, und insbesondere die deutsche (aber auch die neunordischen), in ihrem bis- herigen verlauf das bestreben zeigen, sich der aspiraten zu entledigen, womit also ein neues aufkommen dersel- ben im Widerspruch steht.

2) weil die angaben über den wirklichen bestand und wert dieser fraglichen laute noch zu unsicher sind.

3) weil dieselben, so weit sie zuverlässig erscheinen, nur darin übereinstimmen, dafs jene laute eigentlich die tenues vertreten, welche ihrerseits ohne jenen hauche der ihnen mehr nachdruck geben soll, von den mediae nicht genügend unterschieden wären. Da nun aber der Charak- ter echter aspiraten, seien es asp. mediae oder asp. tenues oder beides neben einander wie im Sanskrit, offenbar darauf beruht, dafs neben ihnen, deutlich unterscheidbar, reine

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXU. 2. o

114 Tobler

tenues und luediae beeteben, so wird der cbarakter der nhd. aspiraten, weuu er weeeutlich der augegebeue ist, durch jeues luerkuial alterirt, geradezu aufgehoben darum uicht, weil jene pseudo-aspi raten statt tenues hauptsächlich nur im aulaut vor vocaleu gelten sollen, während an an- deren stellen die Fortdauer der reinen tenues nicht bestrit- ten werden kann.

Thatsache ist nun vor allem das hat hr. Kräuter aus eigenen beobachtungen und angaben von andern Sprach- forschern nachgewiesen , dafs reine tenues wie die roma- nischen und slavischen, welche der physiologischen theorie entsprechen, iiu aulaut vor vocalen in der gebildeten aus- spräche des neuhochdeutschen durch ganz Deutschland nicht mehr feststehen, sondern eine zunehmende neigung zeigen, sich durch aspiratiou zu verstärken. Jedoch muss hier die nähere bestimmung hinzukommen, dafs ein reines k nirgends anzutreÖ'en ist, während bei p und t die aspi- ratiou noch nicht so allgemein und fest geworden ist, son- dern hauptsächlich bei fremden Wörtern. Dieser umstand könnte auf die vermuthung führen, die ph und tb seien wirklich aus fremd Wörtern der gelehrten spräche, welche bekanntlich auf die festsetzung der neuhochdeutschen sclirift- sprache einen nur allzu grofsen einfluss übte, in die letz- tere eingedrungen und haben dann ihr gebiet nur unge- bührlich erweitert, so dafs vielleicht auch die häufige Ver- setzung des dehnungszeichens h aus anlehnung an jene fremden ph und th zu erklären wäre. Aber da ph den laut f hatte und das in jener zeit ebenfalls vorkommende kh nicht so erklärt werden kann, so wird mit Kräuter ein rein lautliches streben nach Verstärkung der tenues, wo nicht gar ein ansatz zu neuer Verschiebung derselben, an- zunehmen sein. Dafs k der aspiratiou eher und mehr un- terlag, wird einfach darin seinen gruud haben, dafs es als guttural dem h näher verwandt war und mit ihm leichter zu einem laut sich verbinden konnte als die dem h hete- rogenen p und t, welche denn auch, wenn sie sich ihm beigesellen, keinen einheitlichen laut mit ihm zusammen zu

die aspiraten und tenues in schweizerischer mundart. 115

bilden vermögen und schon darum nicht echte aspiraten heiisen können.

Die lautlichen Verhältnisse in verschiedenen landschaf- ten und gesellschaftsschichten Deutschlands genauer anzu- geben überlasse ich andern und wende mich der mir vor- genommenen aufgäbe zu, den in der Schweiz herrschen- den stand der fraglichen laute zu erörtern; er ist aber natürlich so wenig als anderswo ein fester, da die mund- arten in sich selbst i^nd gegeneinander, vollends dann gegen- über der immer mehr eindringenden Schriftsprache, fort- währenden Schwankungen ausgesetzt sind.

Die exceutrische läge der Schweiz gegenüber Deutsch- land und die eben damit gegebene berührung der deutsch sprechenden theile mit romanischen im lande selbst und über der grenze lassen von vorn herein erwarten, dafs die in Deutschland vorgegangene und noch fortschreitende affec- tion der fraglichen laute in der Schweiz weniger stark spürbar sei. und so verhält es sich wirklich: das Verhält- nis der mediae zu den tenues ist zwar auch hier mannig- fach schwankend innerhalb einzelner mundarteu und ver- schieden zwischen denselben, doch nicht in dem grade wie in einigen gauen Deutschlands, wo die fähigkeit, beide stufen zu unterscheiden, in mund und ohr fast ganz er- loschen scheint. Am deutlichsten unterscheiden sich d und t (wie ja auch die Verschiebung bei den dentalen sich am schärfsten ausgeprägt und sogar einige ausätze zu einer dritten Verschiebung, d : t, t : z, hervorgetrieben hat, s. unten) etwas weniger b und p ; mit dem k aber verhält es sich ganz anders als in Deutschland, da die Schweiz statt desselben das streng althochdeutsche ch (-/^ spanisch j) bei- behalten hat (und zwar auch vor consonanten), neben welchem ein kb nicht mehr räum finden konnte (dagegen kommt es statt desselben in den grenzgebieten Stadt Basel und Canton Grau- bünden vor); im inlaut und auslaut giltfürk (resp.ck) der noch dickere laut kch, oder dann der weichere gg, der dem reinen k gleich kommt, welches sonst in einheimischen Wörtern ganz verschwunden wäre. Dagegen gilt k, mit dem genaueren werte kh wie in Deutschland, im anlaut fremder Wörter

8*

116 Tobler

vor vocaleo. Während also in der gebildeten deutBchen ausspräche die aspiration des k au jener stelle ohne un- terschied einheimische und fremde Wörter ergriffen bat, siud in der schweizerischen Volkssprache, so weit sie Ober- haupt noch mit bewusstem unterschied von der Schrift- sprache als reine mundart aufrecht erhalten wird, einheimi- sche und fremde Wörter dadurch unterschieden, dals jene ch, diese k (kh) zeigen. Während dann ferner in Deutschland das k vom p und t in hinsieht auf mehr oder weniger durchgedrungene aspiration zwar in der oben an- gegebenen weise sich unterscheidet, doch so, dals die p und t auch in einheimischen Wörtern von aspiration ange- steckt werden, haben die schweizerischen mundarteu in ein- heimischen Wörtern (wo übrigens p aus bekannten grOnden überhaupt selten ist, s. unt.), und auch in manchen frem- den, reines p und reines t, während ph und tfa nur in in fremden Wörtern vorkommen. Fremde Wörter werden also im ganzen ziemlich durchgäugig und spürbar von ein- heimischen unterschieden, aber nicht durch dasselbe kenn- zeichen, sondern bei k durch ausbleiben des ch, bei p und t durch eintreten des h. Was nun noch den fei- neren unterschied betrijBTt, dafs nicht alle fremden Wörter mit p uud t gleich behandelt d. h. aspirirt werden, son- dern einige durch reinerhaltung der tenuis den einheimi- schen gleich gestellt, so scheint derselbe auf dem näm- lichen gründe zu beruhen wie in althochdeutscher zeit der unterschied zwischen fremden Wörtern mit und ohne Ver- schiebung, nämlich darauf, ob jene Wörter schon in älte- rer zeit aufgenommen und seither so eingebürgert waren, dafs sie mit den alteinheimischen der Verschiebung unter- liegen konnten, oder ob sie erst später her übergenommen waren, in welchem falle sie als fremde noch kenntlich und darum unverschoben blieben. Für die neuere zeit lässt sich dieser unterschied zwar nicht mehr im selben sinn und grad annehmen und nachweisen wie für das mittelalter, und wenn er schon damals nicht ohne Schwankungen und ausnahmen blieb, so sind diese jetzt noch zahlreicher; aber ein ähnlicher trieb muss doch beide mal gewaltet haben,

die Aspiraten und tennes in schweiserischer mandart 117

nur dafs in neuerer zeit solche triebe im spracbleben sich überhaupt selten mehr unverkfimmert durchsetzen und aus- gestalten, weil das instinctive sprachgefßhl durch zu viele röcksichten und einflösse der cultur gekreuzt und verwirrt wird. Wenn ein parallelismus oder gar ein Zusammenhang der .beiden unterschiede in älterer und neuerer_zeit statt- findet, so ist zwischen ihnen immer wieder der neue un- terschied bemerkenswerth, (der aber die ähnlichkeit in der hauptsache nicht aufhebt), dafs das verfahren mit den fremdwörtern beide mal fast entgegengesetzt war: denn während im mittelalter diejenigen, welche schon früher ein- gedrungen waren, die Verschiebung mitmachten, blei- ben die ihnen entsprechenden in der neueren zeit ohne aspiration, und umgekehrt. Aber ein Widerspruch läge hier bloss dann vor, wenn die neue aspiration wirklieh ih- rem wesen nach mit der alten Verschiebung zusammenge- hörte, also z. b. ein modernes ph in porte dasselbe wäre wie im ahd. phorza (aus lat. porta); dafs dies nicht der fiiU ist, indem das ahd. ph den lautwerth von pf hatte, zeigt die nhd. form des Wortes: p forte; dazu kommt der noch offenbarere unterschied, dafs Verschiebung des t im mittelalter ein z ergab, während moderne aspirirung eben den ganz andern laut th erzeugt.

Indem ich nun daran gehe, ein verzeichniss von Wör- tern mitzutheilen, an welchem die aufgestellte ansieht sich bewähren soll, und zwar zunächst Wörter mit k im anlaut, muss ich erinnern, dafs Stalder in seinem Schweiz. Idioti- kon unter k auch diejenigen Wörter gestellt hat, denen vielmehr ch zukommt. Dadurch könnte leicht eine falsche ansieht von den wirklichen lauten erzeugt werden, da das Verhältnis von k : ch gemäfs den obigen angaben eben ein ganz anderes ist als das von d : t und b : p, dem ja viel- mehr ein Verhältnis von g : k oder ch entsprechen mOsste. Ein Verhältnis von g zu ch findet natürlich auch statt, ist aber klar und scharf genug ausgeschieden, da g und ch weiter von einander liegen als d und t, b und p, also Schwankungen wie zwischen diesen nicht vorkommen kön- nen. — Das einzige mir zur stunde bekannte deutsche

118 Tobicr

wort, welchem in Schweiz, mundart eiD anlautendes k zn- kommt (und zwar ein primäres, nicht ein erst aus zwei anderen lauten zusammengezogenes, wie in einer anzabl nachher anzuführender Wörter), ist kein, vor dessen k übrigens oft noch ein tonloses kurzes e zu hören ist: 9 kein. Sonst ist dies wort in der ausspräche gleich deoi nhd. kein, nullus, bekanntlich entstanden aus dem nohd. ec- ke in oder nekein, ahd. nih-ein, noh*ein (nee ullus), indem auf unorganische weise das h (ch, k) zum zweiten theile des wortes gezogen wurde, als ob die einfache ne- gation en oder ne vorgesetzt wäre; s. Grimm gr. 3, 69 bis 70. Vollständige aufzählung fremder Wörter, die mit k (resp. kh) anlauten, und zwar auch mit folgendem conso- nanten, beabsichtige ich nicht, sondern nur eine auswahl von beispielen, wie auch nachher bei t und p. Für nähere angäbe der bedeutung verweise ich auf Stalder; auf die etyinologie, welche bei ihm bekanntlich nicht zuverlässig ist, lasse ich mich nicht ein, da es sich hier nur um die laute handelt.

Unzweifelhaft fremd sind:

kardifiol, gewöhnlich verkürzt: karfiol (accent auf ö) St. 2, 88. karfunkel 89. karwatsche (kurze peitsche), kar- tüs (kartäuser kloster). katarrh. kolatze (St. 2, 121) kons- tafel (die zunft der adelichen in Zürich), kosägg (kosake). kum (143). kulm 1, 494; bei den beiden letztgenannten nimmt St. nebeuformen mit g statt k an.

Zweifelhaft:

karfangel (St. 2, 89). karsumpel (90). karspel (ebd.). kawöke (93). karjamer (2, 89) vielleicht mit demselben ersten bestandtheil, der in karfrltig (charfreitag) vor- liegt: ahd. chara klage. Im letztern worte schwankt die ausspräche zwischen k und ch, ebenso in kür, chür, leibespflege, aber auch: zucht (lat. cura), zu unterscheiden von franz. cour (hof) und dem namen der Stadt C hur. kramänzel St. 2, 128.

Stalder hat in sein k auch wortformen aufgenommen, deren k wieder von anderer art und eben so mifsverständ- lich ist; ich will also auch diese gleich hier in betraoh-

die aspiraten und tennes in schweizerischer mundart. 119

tung ziehen. Es entsteht nännlich ein k, freilich ebenfalls kein reines, sondern n)it nachfolgendem h, auch unmittel- bar durch zusammentreffen und zusammenfliefsen des g der untrennbaren vorsetzpartikel ge-, deren e immer ausfällt, mit dem anlaut h oder ch des zweiten wortes. Dafs aus g-f-h ein k entstehen könne, scheint das nhd. Junker aus jung(c)herr(e) und das k in den Substantiv bildungen auf -keit zu beweisen, von adjectiven auf -ig mit angehängtem -heit, wobei freilich zu bedenken ist, dafs g mhd. im aus- laut sich zu c steigerte, so dafs das k vielleicht eher aus c -H h d. h. ch entstand, wie in dem oben erwähnten kein aus chein, nechein und wie überhaupt ahd. ch im an- laut mhd. wieder k wurde. Dasselbe lautverhältnis zeigen die in der Schweiz überaus häufigen Ortsnamen auf -ikon, nachweislich entstanden aus patronymischen personennamen auf -ing(c) und dem dat. p). von hof, also z. b. Pfäffikon aus Pfäflfing(c)-hoven (d. h. bei den höfen der nachkommen des Pfaffo). Für das k in diesen bildungen kommt übri- gens nicht blos der verhärtete auslaut c für g in -ing wie in dem adjectivischen -ig in betracht, sondern auch die assimilation des n an das g, welche allein schon k ergeben konnte. Aus reinem g-+-h im anlaut konnte schwerlich k entstehen, und wenn gerade die Schweiz. Volkssprache dennoch manche belege dafür .in Zusammensetzungen mit ge- 4- h im anlaut des zweiten wortes zu bieten scheint, so braucht man darum noch nicht in dem g einen rest des streng ahd. k anzunehmen. Denn es bleibt zu erwägen, dafs eine Verhärtung des g der vorsilbe ge-, auch im part. praet., vor allen consonanten eintritt, die nicht durch assimilation des g (s. unten) selbst verhärtet werden, und sogar vor dem spiritus lenis eines blofsen vocals, z. b. k^altet (ge- altert); in beiden fällen kann sie als ersatz des ausgefallenen e betrachtet werden.

Was nun die ausspräche betrifft, so muss man unter- scheiden g-H h und g-H ch; jenes ergiebt ein kh, dieses ein kch, wie es sonst nur im inlaut und auslaut den Schweiz, mundarten eigen ist. Für das ohr ist der unterschied in der that nicht bedeutend, indessen halte ich in der nach-

130 Tobler

folgendeD anfzäbluDg beide fälle auseinander. Vorher be- merke ich nur noch (was aber die Wortbildung nod Syn- tax, nicht die lautlehre angeht), dafs die vorsilbe ge- mit einzelnen verben auch in dem sinne „untrennbar^ verboD- den wird, dafs das v erb um ohne sie gar nicht vorkomiDt, Wie es solche verba in der Schriftsprache giebt, und da- neben solche, welche durch vorgesetztes ge- eine wesentliche modification der bedeutung empfangen (z. b. gebühren, ge- stehn), so auch in der Volkssprache. Im grössten theile der Schweiz kommt das einfache sehen nicht vor, sondern nur gse, ebenso meistens gspöre für einfaches spüren. Fer- ner gehören hierher wahrscheinlich: gänterle z&nkeln, necken, St. 1, 424. zu antern, äjSen 1, 108. ahd. antarön, imitari. kriesen, träufeln, St. 2, 132 zu rieseln, nur mit Verhärtung des g; grageln, wimmeln (St. 1,468)9 ^^ neben auch ragein gilt, und vielleicht auch grägen, star- ren (469) neben ragen. Für die tiefern gründe dieser erscheinung verweise ich auf meine abhandlung in dieser Zeitschrift bd. XIV, 108 138 und auf die dissertation von A. Reifferscheid „über die untrennbare partikel ge-.* Bres- lau 1S71. Dafs aus untrennbarem und auch kaum mehr erkennbarem angewachsensein des ge- der anlaut gn- man- cher Wörter nicht bloss in der Schweiz. Volkssprache (ygl. Stalder 1, 458 460), sondern auch in den nordischen Schriftsprachen zu erklären sein wird, kann hier nicht er- örtert werden. Die entstehung eines k aus g + h findet sich auch erwähnt bei Weinhold , alem. gramm. s. 1 75. Hildebrand (Grimm) deutsches wörterb. K, 3b), dagegen nicht das g -f- ch; ich stelle daher dieses voran.

g -H ch = k(ch).

Das Schweiz, kenne scheint ganz das nhd., kann es aber nicht sein, denn können lautet Schweiz, chönne, kommen: cho u. s. w., also ist kenne nur zu erklären aus ge- kennen; ebenso kale, gerinnen (St. 2,82), aus ge -f- chale, dem sonst verlorenen wurzelverbum zu ehalt, kalt. Verba kenne ich sonst keine, dagegen zu kenne das adj. kantli(ch), kandsaro, St. 2, 85, wo nur noch bei- zufügen wäre, dafs kantli auch „geständig^ (von be-ken-

die aspiraten und tenues in schweizerischer mundart. 121

Den) und kandsam auch -^ „gehorsam^ bedeutet, letzterer begriff aus dem von „erkenntlich, dankbar^ abzuleiten. Ferner noch die drei substantiva: kett, Wasserleitung (das ein&che ahd. ketti, mit frank, k statt alam. ch, findet- sich bei Otfried 3,24,82 in der bedeutung: grab), krös^ gekröse; kütt, gesellschaft, herde St. 2, 147.

gH-h = k(h).

köre, und zwar nicht blos im sinne des nhd. gehö* ren, sondern auch für einfaches hören (vgl. gse, oben), kalte, behalten, aufbewahren St. 2, 15. keie, fallen; verdriefsen St. 2, 31. kirme, ausruhen, auch: gehorchen (vgl. acquiescere, sich beruhigen, ffigen, beipflichten) St. 2,44. Dazu das adverb kand, leicht St, 2, 84 (vgl. be- hend) und das adjectiv: kandsam, umgänglich (leicht zu behandeln) St. 2, 85, wenn es nicht zu dem obigen kand- sam von kennen gehört.

Nachdem ich einmal von Schweiz, gutturalen so ausfQhrlich gehandelt, will ich der Vollständigkeit und über- sieht wegen in kQrze auch noch die übrigen anführen. Zwar handelt es sich bei diesen nicht mehr direct um das verhältniss von (mehr oder weniger unechten) tenues und aspiratae, aber sämmtliche laute einer mundart und vol- lends eines organs bilden ein System, innerhalb dessen jedes glied irgend welche lebendige beziehung auf alle an- deren hat, so dais alle erscheinnngen von Verschiebung und abstufung der laute innerhalb einer gruppe von den Ver- hältnissen der angrenzenden mitbedingt und beleuchtet werden.

Da ist nun vor allem die thatsache zu constatirem dafs die schweizerische mundart allerdings auch eine reine gutturaltenuis besitzt, aber nur im anlaut und auslaut, wo sie ihre herrschaft noch dazu mit dem dicken kch theilen muss. Worauf dieser unterschied beruhe, ist mir bis zur stunde noch nicht klar geworden, dafs er aber schon in alter zeit wurzelt, scheint mir unzweifelhaft. Die Verhält- nisse der gutturalen überhaupt sind in den ahd. und auch noch mhd. Schriftdenkmälern sehr verwickelt und stellen- weise offenbar verwirrt, so dafs auch ihre darstellung bei

4^^^'*^

122 Tobler

Grimm um so weniger befriedigend ansfallen konnte^ weil sein gesammtwerk ihm nicht erlaubte, die dialekte genü- gend auseinanderzuhalten. Diese arbeit ist durch die ver- dienstliehen specialwerke von Weinhold in angriff genom- men worden und ich verweise daher im allgemeinen auf dessen alem. grammatik, p. 174 198; da er aber mehr auf die älteren schriftlichen quellen des alam. dialektes ausgehen musste, ich hingegen mich hier auf die leben- dige mundart der Schweiz beschränke, die in den lexika- lischen werken von Stalder und T. Tobler gerade in hin- sieht auf die lautverhältnisse nicht eigentlich zur darstel- lung kommen und bei Weinhold aus der gesaromtaiaase des alam. dialektes nicht allenthalben ausgesondert werden konnte, so bleibt eben dafQr noch manches nachzutragen und aufzuklären.

Jene reine tenuis im in- und auslaute wird schriftlich meistens als gg dargestellt (Weinh. 176 178. 184), weil sie eben von dem bei k mitlautenden h oder ch frei ist; aber eine wirkliche Verdoppelung der reinen media g ist jenes gg auf keinen fall. Wir haben es hier mit lauten, nicht mit nothdörftigen schriftzeichen derselben zu thun, dem laute nach ist aber das Schweiz, gg von einem reinen k der nhd. schrift und ausspräche nicht verschieden, von ck nach vocalen, welches ihm in manchen Wörtern ent- spricht, höchstens dadurch, dafs das (c)k der deutschen ausspräche dort von derselben zuthat eines h angesteckt zu werden anfängt, die im anlaut vor vocalen und (was ich hier nach meinem gefühle beifQge) auch vor r deutlicher und durchgängiger stattfindet. Dafs das gg = ck meistens aus assimilation (eines j) entstanden ist, beweist nicht, dafs es ein wirklicher doppellaut sei, was überdies seine qua- lität nicht verändern würde.

Beispiele eines Schweiz, gg, entsprechend schriftdeut- schem ck, nach kurzen vocalen sind:

mugg (mücke), brugg (brücke), rugge (rücken), egge, m. u. n. (ecke, gleichlautend mit egge, occa, Schweiz, egge, f.), lugg (locker), gugge (gucken), guggu (kuckuk), wegge (keil und keilförmiges brod, nhd. weck).

die aspiraten und tennes In schweizemcher mnndart. ~ 123

gg nach langem vocal in Wörtern, die der mundart eigen sind:

gägge (neben gagge, gacken) mhd. gägen Stald. 1, 413, zägge (zaudern, vgl. nhd. zagen, urspr. mit a St. 2, 461) schnägge (kriechen) 1, 338, vgl. sehn egg (Schnecke), weigge, bewegen. St. 2, 443. ahd. weigjan, mhd. weigen.

gg nach consonanten (liquidae) :

zangge (zanken), rangge (sich recken, ranken), targge (kneten) St. 1, 262, tolgge (tintenklecks) St. 1, 288, zolgge (schnauze) St. 2, 478, märgg (mark, medulla), tärgge (kne- ten) St. 1, 267, lungge (lunge), ringge (schnalle) St. 2, 278; fergge (St. 1, 364) ist zusammengezogen aus fertigen.

Neben diesem gg welches offenbar in den drei gruppen nicht gleichen etymologischen wert hat, indem es in der ersten einem nhd. ck, in der zweiten und dritten einem nhd. g und k entspricht gilt nun also im gröfs- ten theil der Schweiz (mit ausnähme der östlichen kan- tone) im inlaut und auslaut das dicke kch, dem abermals nhd. ck entspricht; vgl. darüber meine erörterung in Bartsch Germ. XVI, 12 und Grimm wörtb. G. 1110. K. 3 4. Weinhold 188. Dieses kch erscheint schon im streng ahd. als cch, ist also nicht, wie hr. Kräuter anzunehmen scheint, von den Schweiz, mundarten erst in neuerer zeit ^gemacht^, sondern einfach beibehalten. Sein Ursprung ist ch -H j, da aber ch so wenig wie ß eine wirkliche Verdoppelung (durch assimilation des j) erlaubt, so konnte nur entweder die Verdünnung mnhd. ck ftkr kk, kj, chj, oder die mittelform kch entstehen, in welcher das ch an zweiter stelle erhalten wurde. Dafs in der Schweiz gg statt ck geschrieben werde, weil letzteres dort den laut- wert kx habe, wird richtig sein; dagegen ist mir unver- ständlich, wie hr. Kräuter das Schweiz, k-/ durch ein zu- rückbleiben der lautverschiebung um eine stufe zu erklären sucht, indem die verdoppelte tenuis eine zeit lang die Ver- schiebung aufgehalten habe. Die Verschiebung ist nicht aufgehalten, aber alterirt worden, indem statt kh der neue laut ch {x) eintrat, der dann seinerseits keine Verdoppelung

184 Tobler

zuliefs, 80 wie die reinen aspiraten des griechischen bloss die tenuis vororesetzt bekommen.

Nunmehr ist nur noch eine Schweiz, gutturalis als eine besonderheit hervorzuheben. Es giebt nämlich neben dem ch, welches an allen drei stellen schon ahd. flir go- tisches k eintrat, noch ein gleichlautendes ch, welches die verdickung eines schon mit der ersten Verschiebung ein- getretenen, dann aber stehen gebliebenen h an der stelle eines urverwandten k ist. Im anlaut hat dieses b nicbts besonderes, im inlaut war seine ausspräche immer schwäcber, so dafs es oft schon mhd. verstummte (z. b. slän ans sla- han). Im auslaut ist dies im nhd. durchgängig geschehen, aber im mhd., wo an derselben stelle auch die mediae in tenues geschärft werden, findet sich meistens ch geschrie- ben, was auf eine ähnliche schärfung der ausspräche des h deutet, und vor s und t hatte auch das einfache h den- selben lautwert wie in den nhd. Schreibungen wachs, nacht u. s. w. Auch im neuhochdeutschen erbalten Übergänge wie von sehen in sieht, fliehen in flucht, höh in hoch u. dgl. ein gefQhl von dem ursprilnprlicben werte des h lebendig. Die Schweiz. Volkssprache nun ist auch hier wieder wesentlich auf dem mhd. Standpunkt ge- blieben, d. h. sie spricht die h im auslaut, wo sie über- haupt erhalten sind, sehr oft noch als ch (vgl. Weinhold §. 225). Während also z. b. in dem schon oben angeftibr- ten Infinitiv gse (sehen) das h in dem durch zusammen- ziehung entstandenen langen vocal aufgegangen ist, lautet der conjunctiv praes. gsech, impf, gsaech, und neben dem In- finitiv schlä (schlagen) hört man im imperativ noch schlac b I (wahrscheinlich durch falsche analogie dazu auch lach! von lassen). Ferner gilt durchgängig hoch (auch im inlaut), naech (nahe), während das nhd. nach als adverb lautet: nahe), gaech (jäh), roch (reh), graech (bereit fertig, mhd. gerech selten, ahd. gar eh, promptus, pros- per), rüch (rauh, vergl. nhd. rauch waaren, pelzwerk) s c h ü c h (scheu, adj .), f 1 ö c h n e (flüchten, mhd. floehen, floehe- nen), gfä ch (laute, hastige bewegung, vielleicht nicht, wie Stal-

J die aspiraten und tenaes in sehweizerischer mnndart. 125

der 1, 349 meint, vod faben, fangen, sondern vom abd. gifeho, gaudium); sogar zueche (berbei, aus zuo-ber.)

Das einzige mir bekannte beispiel eines jener alten b im anlaute vor r, welcbe scbon in abd. zeit gescbwunden sind, ist cbris, abd. bris, reis St. 2, 132.

Wenn der verkürzte artikel d' vor ein mit ob anlau- tendes wort tritt, so kann eine eigentliche assimilation nicbt eintreten, da die beiden zusammentreffenden laute zu hete- rogen sind, sondern das d wird vor dem ob zu t und die- ses gebt in k über. So entsteht also z. b. kebue aus d' cbue (die kub), kcbatz aus d' cbatz (die katze). Die- ses kcb ist merklieb dicker als das aus g'b entstandene kb, von dem oben zuerst die rede war, und gleicbt in laut und entstebung mebr dem aus g^cb entstandenen, ist aber offenbar nocb mebr secundär und zufällig als jene beiden, da die vorsilbe ge- docb immerbin dem worte an- gehört, wäbrend der artikel ibm fremd bleibt. Eben darum kann auch nicbt die aosicht aufkommen, ein p und t der mundart im anlaut, statt b und d der Schriftsprache, sei auf äbulicbem wege aus dM), dM entstanden; denn es ent- steht zwar allerdings aus der Verbindung die bäume mundartlich d' bäum und dies lautet = päum, (p aus db, dp, tp^ und ebenso aus die glocken: d' glogge, klogge (k =s gg aus dg, dk, tk), aber sobald der ar- tikel schwindet, kebrt auch die gewöhnliche deutliche media b, g zurück. Dagegen mag hier noch erwäbnt wer- den, dafs auch vor vocalischem und b-anlaut das d des artikels in t verhärtet wird, z. b. t^ arm (die arme, brachia), t' bär (die haare), eine bemerkeuswerthe Wirkung des Spi- ritus lepis und asper, wenn man die Verhärtung nicht als ersatz für den ausfallenden vocal des artikels selbst erklä- ren will (vgl. das oben über ge- bemerkte). Wenn also Schweiz. Wörter im anlaut eine Verhärtung der nbd. mediae b und g zeigen, so muss dies entweder ein Überrest der streng abd. lautgeltung sein, welche Notker je nach dem auslaut des vorhergebenden wertes so regulirte, dafs auch aus streng abd. d ein t werden konnte, oder es müssen andere einflüsse walten. Mit den letzten bemerkungen sind

126 Tobler

wir übrigens von den gutturalen bereits zu den labiden und dentalen übergegangen, die uns weniger lang beschäf- tigen werden; doch bieten die dentalen einige bemerkens- werte erscheinungen.

Das nkd. denken lautet in Schweiz, mundart meistens tänkühe, danken und dünken: tankche, tunkche. Das tiu tänkche lieise sich aus Verkürzung und ersetzung der Vorsilbe ge- erklären, welche diesem verbum untrenn- bar angewachsen sein könnte wie oben dem kenne aus g'chäune (ge- kennen), da auch die Schriftsprache statt des einfachen denken zuweilen gedenken braucht, und zwar nicht bloss in der bedeutuug „sich erinnern'^, sondern auch im sinne von „vorhaben^. Doch ist gerade diese letztere bedeutuug dem Schweiz, tänkche fremd, und um- gekehrt kommt die bedeutuug „vorsatz, wille^ in der al- tern spräche dem einfachen danc zu (z. b. in dem adver- bialen genetiv dankes, aus freiem willen, und in den Ver- bindungen ane, über, under, sunder danc, wider willen, ze danke, nach wünsch), nicht aber dem worte gedanc, von welchem man sonst das Schweiz, verbum mit seinem t könnte ableiten wollen. Auf tänkche und tunkche liefse sich diese erklärung noch weniger anwen- den. Eine andere auskunft könnte man darin -suchen, dafe das im part. prät. allen verben vortretende ge- in Schweiz, mundart immer verkürzt und mit anlautenden mediae so zusammengezogen wird, dal's diese in die entsprechenden tenues verhärtet oder verdoppelt werden, z. b. pote för geboten (p aus g'b), g' gange (gegangen), ganz ähnlich wie wir oben das d des artikels wirken sahen. (Anlauten- des t bleibt unverändert, z. b. 'träte (getreten), ch wird kch z. b. kchost' (gekostet); p ist schwankend und frag- lich). Um daraus das t im präsens statt d zu erklären, mQsste mau annehmen, es sei die Verhärtung aus dem par- ticip, wo sie allerdings eintreten musste (z. b. tankchet, gedankt, mit t aus g'd) ins präsens gedrungen und dort stehen geblieben. Das müsste aber nur in den mit d an- lautenden verben geschehen sein, denn bei denen mit b gilt im präsens die nhd. media (wie bei Substantiven ohne

die aspiraten und tenues in schweizerischer mundart. 127

artikel) und dieser unterschied bedürfte wieder einer er- klärung. Sehen wir näher zu, so finden wir, dafs nicht nur fast alle nhd. mit d und dr anlautenden verba in der Schweiz. Volkssprache, sofern sie in dieser angestammt und nicht erst aus der Schriftsprache entlehnt sind, t und tr zeigen, sondern auch adjectiva und substantiva, bei denen an eine vorsilbe ge- nicht zu denken ist. Das deutet nun doch auf eine principielle lautliche eigenthömlichkeit, die einen andern grund haben muss; einzig für das adjectiv trang, eng (Stald. 1,296) scheint die erklärung aus dem älteren (übrigens noch^ bei Schiller verkommenden) ge- drang möglich.

Indessen müssen wir bei den Schweiz, t-anlauten ge- genüber nhd. d selbst wieder unterschiede machen. Es sind darunter:

1) einige fremd Wörter, bei denen das t doppelt autfallend ist, obwohl sie als ziemlich eingebürgert betrach- tet werden können: tressiere (dressiren), tragüner (dra- gouer), tose (dosej, tolch (dolch), tage (degen), tozet (dutzend).

2) solche, die schon mhd. ein t zeigen, welches ety- mologisch begründet war und erst nhd., wahrscheinlich unter niederdeutschem einfluss, auf d zurückgesunken ist. Dahin gehören: tocke (puppe), trach (drache), türe (dauern, miserere, zu tür, theuer), tengele (hämmern), tueke (ducken), tumm (dumm), tächt (docht), tunst (dunst, amhd. auch mit d), tusel (dusel, betäubung, ahd. tusic, thöricht, ags. dy- sig). Dazu die beiden fremdwörter: topplet (doppelt, mhd. toppel, Würfelspiel, von franz. doublet, wurf mit gleichen äugen) und tolmätsch (dolmetsch, russisch toi- matsch, poln. böbm. tlu matsch, mhd. auch tolke).

3) solche, welche sich zwar auch mhd. in alamanni- scbeu Schriftwerken mit t geschrieben finden, deren t aber nicht das normale von 2) ist, sondern entweder eine blofse Schreibart für echt hochd. d, oder eine wirkliche fortschie- buug dieses d. Weinhold p. 133 vertritt die erstere an- sieht, ich kann sie aber nicht theilen, weil diese t von den d in der ausspräche fühlbar abstehen; ich sehe in deusel-

128 Tobler

ben vielmehr ansätze zu einer neuen (dritten) lautverscbie- bung, welche auf diesem althochdeutschen boden und bei den dentalen nicht erstaunlich war, aber natQrlich nicht mehr durchschlagen konnte, nachdem sie in den übrigen Organen längst in Stockung oder auf abwege gerathen war. Weiuhold selbst sieht in den Wörtern tinue, tüseDt, tröst (welches aber doch schwerlich von trauen getrennt werden kann) und trübe, spuren einer fortschiebuDg, welche in der Verbindung tw sogar nochmals fortschritt zu zw und auch die formen ratz, seh ratz, katze (?), bitzer, neben ratte, schrat, kater, Ritter nachträglich er- zeugte; es ist natürlich, dafs der weilenschlag immer schwächer und vereinzelter wird, je weiter von seinem ur- sprünglichen anstofs er sich bereits fortgepflanzt hat.

Die beispiele, die Weinhold aus der älteren zeit bei- bringt, leben gröfstentheils noch heute fort; dazu kommen andere, die sich früher nicht nachweisen lassen. Neben den gleich anfangs angeführten tenkche, tankche, tunk che gehören hierher:

tekche, tach (decken, dach), tikch (dick), tuner (don- ner)^ tünn (dünn), taue (verdauen, bildl. büfsen), träe, trfit (drehen, draht), tringe (dringen), traue (drohen), tröstle (drossel), togg (dogge), tili (diele), tüte, tütsch (deuten, deutsch), teichsle (deichsei), torn (dorn), trösche (dreschen), trülle (drillen), trukche (drucken und drücken), timber (dämmerig), tür (mit unreinem ü, dürr), tere (dörren), törfe (mit unreinem ö, dürfen), tampf (dampf)^ türste (dürsten), tOze (duzen), tachs (dachs), tarm (darm). Wörter, die der mundart eigen, der Schriftsprache fremd sind, habe ich hier übergangen (ausgenommen timber, welchem aber dämmer nahe genug steht).

Als ausnahmen, die schwer zu erklären sein werden, bleiben also nur wenige Wörter zurück: diene(n), ding,-en, dorf, dreck, drei, dur,-e (durch); däne (dehnen) ist nicht echt volksthümlich, ebenso dämmere(n).

Vereinzelte fälle von t im auslaut statt d sind: schilt (schild), gidult (geduld). d für t im aulaut kommen in So- lothurn und Basel vor, also in der richtung nach dem El-

die aspiraten und tenuea in schweizerischer mundart. 1^9

8a88, WO sie (nach Weinh. p. 42) seit alters vorherrschen. Hinwieder hat sich nt im inlaut vor der Schwächung zu nd (Weinh. p. 135) behauptet auf bernischem gebiet, wo es übrigens in schinten (schinden) nicht gleich berech- tigt ist wie in z unten (zünden). Bekanntlich ist das re- gelrechte verhältniss der dentalen nach n seit ältester zeit getrübt und schwankend, womit das nhd. hindern: hinter sich entschuldigen lässt.

Für t der flexion in der 2. pers. plural des präsens gilt d (meistens auch in die 1. und 3. pers. gedrungen).

Endlich aber hört man in der Schweiz auch ein an- lautendes th, allerdings nur in fremdwörtern, aber nicht in allen, sondern mit einem unterschied, wie wir ihn bei k gefunden haben und auch bei p noch finden werden; nur ist er bei t und p nicht so deutlich durchgeführt wie bei k, weil von diesem das kh leichter hörbar sich unter- scheidet als ph und th von p und t. Die ausspräche schwankt bei einzelnen Wörtern, so dafs meine folgenden angaben keine absolute gültigkeit beanspruchen; auch kann ich den bei k aufgestellten unterschied zwischen früher und später aufgenommenen fremdwörtern nicht streng durch- führen und nachweisen. Ich begnüge mich, hier noch die vermuthung auszusprechen, dafs fremdwörter, die aus ro- manischem munde empfangen waren, eher die reine te- nuis behielten, während solche, die aus der lateinisch-grie- chisch gelehrten büchersprache stammten und theilweise ein echtes th mit sich brachten (s. oben), die aspiration empfangen mochten.

Ich gebe die folgenden Verzeichnisse in nhd. Schrei- bung, da die Schweiz, ausspräche hier von ihr wenig ab- weicht.

Mit reinem t werden gesprochen:

tinte, tante, taffäre (wirthshausschild, von taberna, frz. taverne), tafel(e), tabelle, taback (auch: tüback), taler, Türk(e), tambur, tapete (aber teppich mit th), turn (thurm), tiger, toilette, ton, tornister, turte (torte), tüU, talipane, turnier, turteltaube, tasse.

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 2. 9

130 Tobler

Mit th:

tempel (verthämple, zerstören, wahrscheinlich ent- stellung von nibd. temereu, schlagen oder von ahd. tempa« ron, einrichten), takt, talent, talar, Tartar (das erste t), taxe, telegraf, temperament (und andere ableitungen voo temperare), tenor, tendenz, terzett, terrasse, testament, thee, th^k (mappe), thema, theater, Theodor (und andere namen mit Theo-), theorie, Thun (ortsname), toast, titel, tolerant, tunnel, tumult, turnus, tyrann.

Diese zweite reihe macht noch weniger als die erste den anspruch, vollständig zu sein; es scheinen ihr alle fremd Wörter anzugehören, die noch immerfort aus den al- ten sprachen nicht so fast aufgenommen als neu gebildet werden, daneben wohl auch einzelne romanisch-englische wie tunnel. Die schweizerische ausspräche schriftdeut- scher Wörter, so fern sie eine schulmäfsige oder ge- bildete ist oder sein will, kommt hier natürlich nicht in betracht; sie ist schwankend je nach zufälligen, örtlichen und persönlichen einflössen, übrigens schwerlich in viel höherem grade als in manchen gegenden von Deutschland selbst.

Es bleibt noch das p übrig, welches uns aber am we- nigsten lang aufhalten wird.

Weinhold (p. 113) behauptet, in Oberdeutschland gebe es kein echtes b im anlaut. Ich muss dies für die Schweiz bestreiten, denn wenn auch das b, das ich im sinne habe, nicht eine reine media nach strengster physiologischer theorie ist, so ist es doch von den nachher anzuführenden p ebenso deutlich unterschieden wie diese wieder von ph. Indessen ist hier nur von den beiden letzteren za handeln.

In Wörtern, die der Schweiz. Volkssprache mit der Schriftsprache gemein sind, ist ein deutliches p statt b meines wissens sehr selten und gerade dann auch nur se- cundär, nämlich entstanden aus assimilation der vorsilbe ge- an ein folgendes b, in der oben bei t und k bereits besprochenen weise. So erkläre ich pur (bauer) aus (mhd.) gebür(e), pot, n. aus gebot (aufgebet), während aller-

die aspiraten und tennes in schweizerischer mandart. 1$1

dings f&r das gleichlautende pot tn. (böte) diese erklärung versagt; hier mag also das p aus analogie des neutrums oder aus beibehaltuncr des altalamanuis'chen lautes zu er- klären sein, der freilich mit dem des secundären p aus gb zusammentrifft. (Etwas ähnliches muss für das nhd. pracbt im verhältniss zu mhd. brehen und brechen angenom- men werden, vielleicht auch für prunk und prangen im verhältniss zu bringen, nach Grimm, wörtb. unt. diesen Wörtern). Von verben weifs ich nichts anzuführen als pätte (bitten). Bitten kommt nämlich in Schweiz, mund- art im indicativ und conjunctiv kaum vor; der Infinitiv lautet mit dem von beten gleich, aber dieser hat rei- nes b, jener p. Hier scheint nun doch die assimilation aus dem particip (päte, gebeten, aus gbete) ins präsens gedrungen zu sein; wenigstens weifs ich keine andere er- klärung.

In nächper (nachbar) kann die Verhärtung des b einfach aus dem einfluss des vorhergehenden ch erklärt werden, wenn man nicht auf die ältere form nächgebür zurückgreifen will. Ein echtes altalamannisches p (neben b) hört man in pünt (gartenland), Stalder 1, 244. Grimm wörtb. u. beunde.

Inlautende p sind nicht so selten, wie nach Weinh. (p. 115) anzunehmen wäre, und wo sie vorkommen, sind sie schwerlich (nach Weinh. 117) als unverschoben zu be- trachten, noch weniger natürlich aus niederdeutschem ein- fluss zu erklären. Da die betreffenden Wörter meistens der mundart gegenüber der Schriftsprache eigenthümlich sind und ich mich bisher wesentlich auf das verhältniss der laute in gemeinsamen Wörtern beschränkt habe, so kann ich auf diese p nicht näher eingehen. Beispiele sind: täpe (tatze), St. 1,265, neben chläpe (klaue, dieses vielleicht mit Verhärtung des p aus b, w in mhd. kläwe), gräpe (tasten, kriechen), St. 1, 472, stumpe (stumpf). Mit Ver- doppelung: schoppe (stopfen, schon ahd. in biscoppot, onustus, intensiv von schieben, neben schupfen), gnappe (wackeln) neben gnäpfe, St. 1, 458, schnappe, neben (sich) verschnäpfe (in hastigem reden ein geheimniss verrathen

9*

132 Tobler

und damit sieb eine blöfse geben), tOppig (schwül, St. 1, 239) neben topf (Bern). Das von Weinh. p. 118 ange- führte appe ist zusammengesetzt aus ab her oder ab bin = ber-ab, hin-ab, also pp = bb aus bh: die einfache prä- position lautet immer nur ab.

Die fremdwörter sondern sich nach den bei k und t angegebenen gesicbtspunkten in zwei reihen:

Keines p haben:

pant(h)er, paradis^ puff (stofs), püfet (sackpistole, nbd. puffer), dagegen buffert, schrank^ franz. buffet, püffel (Jacke, St. 1 , 239), paar, pinte (schenke), punte (spund), perle, Peter, puppe, pass, parterre, pilger, piano, pech, pumpe, püder, punsch, piket, paviilon, paviao, panzer, pest, parade, papagei, palast, palme, pappel, partei, parieren.

ph:

pauke, pause, pack, Paul, pater, patient (und andere ableitungen von lat. pati), partitur, parenthese, parabel, parallel, punkt, paragraf, pupille, purpur (das erte p), ptlr, pietät, patriot (und andere ableitungen von lat. pater), pedal, pendel, periode (und andere Zusammensetzungen mit naQi)^ person, pacht, pandür (lastträger in Bern), pamphlet, pa- norama, pedell, pedant, pelican, perfect.

Der oben als vermuthung aufgestellte unterschied zwi- schen romanischer und lateinischer herkunft der Wörter bewährt sich durchschnittlich auch hier, freilich nicht ohne mehr oder weniger begreifliche ausnahmen. Wichtiger ist, hier noch zu bemerken, dafs in einer reihe von Wörtern dem fremden und neuhochdeutschen p ein Schweiz, b ent- spricht, durch eine erweichung, die schon alt- und mittel- hochdeutsch nicht selten ist (vgl. Weinhold p. 114. 118), in neuerer zeit aber durch genauere gelehrte kenntniss der originalsprachen berichtigt wurde.

Dahin gehören: batrön (patrone, neben phatron, Be- schützer), bappe (pappe), bapa (papa), bäbst (pabst), ha- stete (pastete), bistöle (pistole), bulver (pulver), bantoffel (pantoffel), bapir (papier), beutsche (peitsche), bütscheft (petschaft), berügge (perrüke), beiz (pelz), butzen (putzen, nach Grimm vom altdeutschen bözen).

J.J&

die Imtverbindniig tsch in scbweizeriBcher mnndart 133

bicken, wenn es zu franz. bec gehört, wäre richtiger aU das nbd. picken.

Bern, deobr. 1872. Ludwig Tobler.

Die lautverbindung tsch in schweizerischer

mundart.

S. 67 73 des vorigen Jahrgangs dieser Zeitschrift hat hr. Gerland die deutschen bildungen mit tsch im an- laut und inlaut behandelt. Er hat gefunden, dafs tsch im anlaut verhältnissmärsig selten und meist fremden Ursprungs ist, im inlaut hingegen so häufig, besonders in den mund- arten, dafs diese bildungen zu denen gezählt werden kön- nen, welche eine fortdauernde schöpferische fähigkeit un- serer spräche (natürlich aus oder an bereits gegebenem Stoffe) beweisen. Onomatopoetischer Charakter ist vielen Verbalbildungen mit inlautendem tsch um so weniger ab- zusprechen, da die erklärung des tsch aus reinem laut- wandel einige Schwierigkeiten übrig lässt. Gerland hat zwar nachgewiesen, dafs neben vielen solcher bildungen auf tsch einfachere auf k bestehen, welches durch assimi- lation an das z der alten intensiven verbalableitung -az(an) Grimm, gr. 2, 217— 219 in t übergehen konnte. Aber so erklären sich zunächst nur die bildungen auf tz, welche neben denen auf tsch bestehen, der fibergang des z in seh (den G. schwerlich zutreffend eine „aspiration^ nennt) bleibt unerklärt, und fQr das einzige beispiel, wo ein altes kz, das in tsch übergegangen sein kann, nachweisbar ist, mhd. viokzen: fletschen (welches übrigens in der Schweiz nicht „flattern" sondern „plätschern" bedeutet) fehlt gerade die mittelform tz. Auch kann man fragen: wenn der Über- gang von tz in tsch einmal irgendwie gemacht und beliebt war, warum giengen dann nicht alle tz in tsch über, oder wenn dies zu viel verlangt wäre warum blieb neben fit sehen noch fitzen, ohne entsprechenden unterschied der bedeutung? Neben blitz blau besteht mundartlich blitschblau, in der Schriftsprache wurde aus blitzen

184 Tobler

wahrscheinlich darum nicht blitschen, weil znr bezeich- nung dieser speeifischen lichterscheinung der feinere und schärfere laut tz treffender erschien als das breitere und stumpfere tsch; ein ähnlicher grund mag den Qbergang von schmatzen in seh matschen verhindert haben, wozu noch ein streben nach dissimilation (da ein seh schon im anlaut stand) mitwirken mochte. Da das tsch fQr tz sich auch in wortern findet, deren t nicht erst aus k entstan- den sondern ursprünglich war, so kann der Übergang von z in seh nicht etwa aus assimilation des z an k erklärt werden, man müsste denn annehmen, die Wörter mit wur- zelhaftem t haben seh erst nach analogie der bereits vor- her zahlreich gebildeten mit k angenommen; aber wo k nicht in t überging, wurde auch aus z kein seh, dagegen aus k selbst ch in schluchzen, lechzen (vgl. kräch- zen von krähan, kräjan), weil ein tiefer aus der kehle geholter laut bezeichnet werden sollte, der in juchzen und ächzen schon in dea zu gründe liegenden inteijectio- nen gegeben war. Bemerkenswerth ist aber ferner, dafs, wo k blieb wie in gacksen, glucksen, mucksen, nicht eine bildung mit z, sondern mit s stattfand. Dies führt auf die vermuthung, dafs überhaupt ein theil der seh nicht aus z, sondern aus der ebenso häufigen ableitung (i)s (Gr. 2, 271 73) entstanden sein könnte, da Übergang dieses s in seh vorliegt in herrschen, ahd. h^risön, nnd feilschen aus veilsen. Im Althochdeutschen waren die bildungen auf »isön zahlreich, mhd. sind sie bereits noch seltener als die auf -zen, so dafs sie sich in die mundarten versteckt und dort ihr s in seh verwandelt haben müssten; auch könnte man hier wie bei z die frage erheben, warum jene Verwandlung nicht bei allen einge- treten sei. Bei denen, die ein t im stamme hatten, kann die annähme, dafs hinter demselben das s sich in seh ver- wandelt habe, immerhin stattfinden^ obwohl gerade die zwei angeführten beispiele andere consonanten zeigen und ts zusammen doch wieder den laut z ergiebt; bei denen, die k hatten, wird die annähme von z den vorzug be- halten, da k mit s sich ohne Veränderung ebenso leicht

die laatyerbindnng tsch in schweizerischer mimdart. 135

verband wie p in tapsen (von tappen, aber mit den füfsen, scharren, stampfen) mid den zwei schweizeri- schen: ripse (intensiv von ribe, reiben) und gripse (intensiv von grippe, zugreifen. St. 1,482, nd. grapsen nach Weigand aus ge- rappen, raffen); auch plumpsen und wol noch andere gehören hierher. Für den Übergang von z in seh gibt Hildebrand, deutsch, wörtb. E 1017 auch noch andere belege als eben die fraglichen verbal- bildungen; wenn er nicht rein onomatopoetischen grund haben kann, so könnte er auch eingetreten sein, um die mit ableitendem z gebildeten intensiva zu unterscheiden von verben, die ein z im stamme hatten, wie schwatzen, kratzen oder intensiven wie ritzen, von ahd. rizan, wo also tz nur ein durch assimilation von j verdoppeltes z bezeichnet; es wären dann durch die Verwandlung des z in seh zunächst intensivbildungen mit z von verben, die den Stammauslaut t hatten, gegenüber stammen oder ein- fachen intensiven auf z unterschieden und das verfahren nachher auf intensivbildungen mit z von stammen mit k-auslaut übertragen worden.

Im übrigen stimme ich der ansieht von Gerland über das tsch im inlaut bei und will nur sein verzeichniss von beispielen durch solche aus der Schweiz. Volkssprache er- gänzen, welche verschiedene entstehungsweisen des tsch zeigen, für die auch Weinhold alam. gramm. p. 160 meh- rerlei beibringt.

götsche, mit wasser spielen, Stald. 1,465, gutscb^ gusB, Schwall, wahrscheinlich zu giessen, vgl. ahd. gussi, mhd. güsse, Überschwemmung, brötsche, undeutlich reden, 1, 229, vielleicht eigentlich in „gebrochenen" lauten, von ahd. briozan, brechen, und dann wol für bröze, wie götsche für göze. bantsche füllen, häufen, 1, 133; das t ist hier nicht sicher und wesentlich, da es sich zwi- schen n und seh fast unvermeidlich in der ausspräche ein- drängt, wie in mensch; das wort gehört also wahrschein- lich zu bansen, schichten, banse, scheune, got. bansts; Schwab, bantschen heifst: mit der flachen band schla- gen, auch: rütteln; henneberg. banzel: eine band voll,

136 Tobler

Vgl. blnez, biDse, mit bans- zubinden, mutsch, neben mutt, stumpf, kurz, St. 2,225, wahrscheinlich selber eine Verkürzung von lat. mutilare; mutzen ab- oder zuschnei- den, ital. mozzare; grätsche, die beine ausbreiten und so gehen oder springen, St. 1,473, nach Weigand (deutsch, wörtb. 1, 454) von ahd. gretan, schreiten; putsch, put- sche, stofs, stofsen, St. 1, 250, wahrscheinlich von ahd. pözan, zu welchem (nach Grimm wörtb.) auch putzen gehört; tatsche, breit und laut aufischlagen, St. 1,270; totsch, flache, weiche masse, totze, pflock; nahe ver- wandt ohne seh ist tattere (frequentativ) und, mit tz, vielleicht tatze; mit seh: tütsche, stofsen, quetschen ; ver- tütschen, unterdrücken (vertuschen), St. 1,332, vgl. mhd. tützen, beschwichtigen, eigentl. niederschlagen, und verdutzt, attonitus (vgl. frz. frapper), tottere, pochen, vom beschleunigten herzschlag bei ahnungen, St. 1, 293; ertattere, erschrecken; fätsch, neben fäsch, windel, wickelband; dann auch: dicht verschlungenes gras und da- mit bewachsene bergwiese, St. 1, 355, aus lat.-ital. fascia, welches schon ins Gotische aufgenommen wurde; latsch, schlinge, schleife, St. 2, 158, von ital. laccio, lat. laqueus, eben daher auch latz; brätsch, schallender schlag, St. 1,219, zu pritsche, mhd. pritze, welches nach Weigand (2,421) von einem ahd. prizan stammen soll, aber auch zu bret, ahd. preta, flache band, brettan, stringere, bretön, niederstrecken, breit u. s. w. gezogen werden kann; ratsche, flachs brechen, klappern, rasseln, auch vom geräusch des nagens und schabens (wofür auch ratzen gilt, mhd. ratzen, kratzen), plaudern, klatschen, St. 2,261, zu lat. rädere; chnütsche, zerreiben, quetschen, auch cbnüsse, chnüste; chnitsch-blau (blau geschlagen), St. 2, 118. Weigand (1,614) führt das mhd. knutzen, zusammendrücken, auf ein ahd. chniozan zurück, aber nachweislich bestehen ahd. knistjan, conterere, knus- jan, allidere. chätsche, kauen, keifen, St. 2, 91 2. er- wütsche, erwischen (wüsche, wischen), blütsche, quet- schen, anschlagen, St. 1,191 192. Da blütschi, n. „block* bedeutet, so läge die vermuthung nahe, es sei von diesem abgeleitet, mit Übergang von k in t, aber das verbum blütsche

die lintverbindang tsch in schweizerischer mundart 187

könnte doch nicht von jenem Substantiv abgeleitet werden, sondern es scheint zu blöde zu gehören, dessen grundbedeu- tung „gebrochen^ oder „gebrechlich^ ist; d konnte oder musste sich vor s oder z zu t steigern; sonst könnte man auch an das alte blözan (opfern) denken, wenn dessen grundbedeutung nicht „brennen^ sondern „schlachten^ war.

Ein fall von Übergang eines k in t, in der Schrift- sprache, scheint dagegen noch klatschen, nd. kletscn, mhd. kletzen, beschmutzen; Weigand (1, 590) nimmt da- für ein mhd. klaz an, aber näher liegt doch das nach- weisliche klac und klecken; vgl. darüber Hildebrand a. a. o. Ein beispiel von Übergang zwischen tsch und tz ist endlich noch patschen, bair. patzen, schlagen; mhd. örewetzelln (ohrfeige), Schweiz, watsch^ (durch er- weichung des p oder b zu w?), watsch, schlage; pat- schen in der bedeutung „im nassen treten" ist von dem vorigen schwerlich zu trennen, so dafs (nach Weigand 2, 349) dieses von frz. battre, jenes von frz. patte entlehnt wäre; die wurzel ist eine uralte, allverbreitete onomatopoeie, auch altgermanisch (ags. beado, pugna) und die form mit tz findet sich auch hier, in der bedeutung „weiche masse^ (in die man schlägt oder tritt); s. Grimm wörtb. u. batz. Das Schweiz, binätsch, spinat, scheint aus diesem durch Versetzung des s aus dem anfang ans ende entstanden.

Auch betreffend das tsch im anlaute kann ich im allgemeinen den ansichten Gerland's nur beistimmen, glaube aber, er suche den Ursprung von tschürl (entehrtes mäd- chen) und tschüret (kraus) zu weit, wenn er auf wnrzel skar („scheeren^ und „krümmen^) zurückgreift. Die laut- liche möglichkeit will ich nicht bestreiten, nur kann neben hüre nicht wohl auch krulle, locke, herbeigezogen wer- den, da die Vertretung des alten sk in diesen beiden Wör- tern zu sehr abweicht. Sachlich liefse sich für tschürl die alte sitte des abschneidens der haare als entehrende strafe (auch für gefallene mädchen) anführen, und fQr tschüret vielleicht der umstand, dafs die haare nach dem scheeren sich zuweilen kräuseln. Aber näher liegt mir die vergleichung einiger Schweiz. Wörter, welche denselben an-

158 Tobler

laut tscbu mit yerschiedenem auslaut verbinden, aber eben- falls auf das haupthaar sich beziehen. Dem tscbürl ent- spricht bernisch tschudi, n. (mit kurzem u, also Ter- scbieden von Tschüdi, dem namen des schweizerischen geschichtschreibers , obwohl auch dieser hierher gehört) liederliches weibsbild, wobei nicht an geschorene, aber an verwahrloste haare zu denken ist, da die pflege der haare, dem weibe insbesondere, nicht bloss zum natürlichsten schmuck, sondern, wie ordentlichkeit und reinlicbkeit in der äufsern erscheinung überhaupt, auch zum zeichen in- nerer ehrenbaftigkeit dient. Zu derselben laut- und vor- stellungsgriippe gehören dann auch die von Stalder 1,321 angeführten Wörter: tscbudeln, unordentlich, eilfertig ar- beiten; tschüder, kohlkopf von lockerer, krauser be- schaffenheit; vertschüdert, verwirrt, übel aussehend, be- sonders von kranken vögeln, die das gefieder sträuben; tschülig, struppig, tscheu el (auch heuel) ein solches haupthaar, auch der mensch, der es trägt, tschülen, bei den haaren raufen; endlich tschüpe, m., haarbüschel, schöpf (auch kröne eines baumes), tschüpet, struppig, ertschüpe, tüchtig zausen. Nehijnen wir nun dazu noch tschüre, rieseln, rauschen, und tscbüte, erschüttern, brausen, zittern, schaudern, welches selbst erst durch einschiebung eines d aus schauern (mhd. schüren) ent- standen ist, so ergiebt sich als grundbedeutung der Wurzel (t)schü und insbesondere der stammgestalt (t)schür9 zu welcher die zwei zunächst, in frage gewesenen Wörter ge- hören, das specifische gefQhl, welches erregt wird durch berührung einer nngleichmäfsigen Oberfläche, wie also z. b. rauhe, krause, struppige haare sie darbieten; das gefohl von kälte ist dem schauer nicht wesentlich und erst secun- dar, vgl. x()vog^ frost, skr. krü-ra-s, wund, lat. crü-du-s, cru-sta, cruor, ahd. hraw (roh), welcher letzte begriff leicht in den von rauh übergeht.

Die von Stalder 1, 316 322 angegebenen Wörter mit tsch im anlaut, welche natürlich noch mannigfach zu ver- mehren wären, besonders durch eine anzabl alter Orts- namen, zerfallen schon äufserlich in zwei gruppen: 1) solche,

die lantverbindong tsch in schweizerischer mnndart. 189

bei dcDen neben t8cb auch einfaches seh vorkommt, und 2) solche, die nur tsch haben. Dieser unterschied, den auch Gerland bei seiner erklärung in anschlag bringt, fällt zwar nicht mit dem von einheimischem und fremdem Ursprung der betreffenden Wörter zusammen, aber bei der ersten gruppe ist einheimischer Ursprung von vorn herein eher wahrscheinlich, in manchen fällen auch nachweisbar; übrigens ist diese gruppe die weniger zahlreiche. Bei der zweiten ist umgekehrt fremder, und zwar in der Schweiz natürlich nur romanischer, einfluss wahrscheinlich, wobei zu bemerken ist, dafs der laut tsch nicht nur aus dem Italienischen, sondern auch aus dem Rätoromanischen (Churwälschen) stammen kann, dessen gebiet früher in der Ostschweiz weit über den kanten Graubünden hinaus sich erstreckte (bekanntlich auch ins Vorarlberg und Tirol hin- ein), und auch aus den patois der Westschweiz, welche weniger dem Französischen als dem Provenzalischen sich zuneigend, mit diesem eben auch den laut tsch gemein haben, der stellenweise auch in ts, tz übergeht, vgl. Diez gramm. I^ 102. 108. 410. Damit stimmt denn zusammen, dafs die tsch-anlaute, besonders die der zweiten gruppe, hauptsächlich, zum theil ausschliefslich, in denjenigen kan- tonen vorkommen, welche unmittelbar an romanisches Sprachgebiet stofsen oder durch ihren verkehr seit alters nach dieser richtung offen waren, also Graubünden, Ober- wallis, Bemer-Oberland, zum theil auch Luzem und die sogenannten „kleinen^ oder „innern^ kantone, deren ver- kehr nach Süden (Tessin und Oberitalien) durch die Gott- hardstrafse fast lebhafter ist als nach norden. Nach die- sen allgemeinen gesichtspunkten will ich nun zum Schlüsse die einzelnen Wörter gruppiren, jedoch ohne mich in Un- tersuchungen über die etymologie derselben^ wo sie nicht mit einiger Sicherheit und kürze angegeben werden kann, zu verlieren, da es sich hier nur um den laut tsch als sol- chen handelt; für die bedeutung genügen die angaben von Stalder.

1 ) Wörter, in welchen neben dem anlaut tsch auch einfaches seh gilt, sind:

140 Tobler

t-schädere (schnarren), t-schappert (schürze mit brüst- stück und Schulterbändern, wahrscheinlich zu schärpe, mit Umstellung des r), t-scharöti (rothlauf, zu Scharlach?), tschägg (Scheck), t-schuepiss (orts- und flurname, urspr. grundstück von bestimmtem mafs, mhd. schuo(h)pöz), T-schangnau (dorf im kanton Bern), Tschertschis- oder Scherzis-thal (ebd), t-schanz (die aus der alten befesti- gung hergestellte promenade der Stadt Bern), t-schöpe (Jacke, wahrscheinlich mit jQppe, weiberrock, aus ital. giubba, giubbone), t-schitter (gebrechlich, wahrscheinlich zu schlte, (holz) spalten, schwerlich zu zittern), t-schodle (schütteln), t-schodere (sprudeln = t schüre, ob.), t-schuppe (häufe, vgl. ob. tschüpe, haarbüschel, schöpf, zum ital. ciuffo gehört das bündnerische tschuff), t-schapel (kränz* afz. chapel, mhd. schapel), t-schiengge (schief gehen, mit einer menge von nebenformen auf tsch-, welche alle lang- sames, nachlässiges dder unbeholfenes gehen und arbeiten bezeichnen).

In tschibele (auf dem eise gleiten) vertritt tsch den sonst geltenden laut z; auch neben tschäppi, tschigg (leichter schlag) gilt zick; tschüse (zischen) ist neben- form des obigen tschüte und von süse (sausen).

2) Die Wörter, welche nur mit tsch vorkommen, brauchen nach dem vorhergehenden verzeichni^s nicht be- sonders aufgezählt zu werden; sie bilden die mehrzahl der bei Stalder verzeichneten. Dagegen hebe ich aus ihnen diejenigen hervor, für die ich romanischen Ursprung glaube annehmen zu müssen, ohne ihn übrigens bei den meisten nachweisen zu können.

Hierher gehört unzweifelhaft der oft vorkommende bergname Tschingel (aus lat. cingulum, wie auch das deut- sche gurten als bergname vorkommt), Tschuggen (viel- leicht von jugum), und Ortsnamen wie Tschafel (Wallis), Tschiertschen (Graubünden), Tscherlach (St. Gallen), Tscbü- tschi (Schwyz).

Tschäppi (mutze) neben chäppi (kappe), tschawicke (käuzchen, churw. tschuetta, frz. chouette, eule), tschipüse (welken), tschitrüse (ausschlag), tschessen (rückwärts trei-

die lAutverbindnog tsch in sohweizeriscber mundart. 141

ben, churw. tschessar, weichen, lat. cessare), tschutte (sau- gen, cburw. tschut, lamm, neben tschitscbar, saugen, welches doch ohne zweifei aus dem deutschen zitze ent- lehnt ist), tschemi (rindvieh), tscbiel (fest), tschebel (fuTs, scabellum?), tschlfere (korb).

Wo ausscblieföliches tsch im anlaut nicht auf ein ro- manisches wort zurückgeführt werden kann und das wort im übrigen deutsches gepräge trägt, halte ich das tsch mit Gerland und wie im inlaut für eine Verstärkung von seh oder z zum zwecke lautmalender Charakteristik, wobei immerhin einfluss romanischer Wörter, durch welche der laut ohne diese bedeutung aufgekommen war, mitwirken mochte. Ein directer scbluss vom inlaut auf den anlaut wäre unstatthaft, da der letztere doch immer die stärkste und bedeutsamste stelle des wortes (wenigstens im Deut- schen) ist und gerade hier die Schriftsprache das tsch aus- schliefst, während sie es im inlaute zulässt; aber in den mundarten mag das tsch allerdings durch den inlaut auch im anlaut begünstigt worden sein.

Bern, decbr. 1872.

Ludwig Tobler.

Bemerkungen zur lateinischen formenbildung.

Bevor ich die erörterung derjenigen punkte beginne, zu deren nochmaliger Untersuchung mir der über meine „Ableitung der Verbalendungen aus Hilfsverben^ in dieser Zeitschrift (XX, 321 353) veröffentlichte aufsatz veran- lassung bietet, benutze ich diese gelegenheit, um hm. dr. Pauli noch öffentlich meinen dank für das interesse aus- zusprechen, welches derselbe durch eingehende und rück- sichtsvolle beurtheiluDg meiner arbeiten wiederholt für diese bekundet hat. Ich wünsche, dafs es mir gelingen möge,

142 Mergnet

diesen dank durch die gleiche rficksicbtnabme bei den folgenden gegenbemerkungen zu bethätigen.

In der erklärung der lateinischen Superlativ formeo weicht Pauli (a. o. 343 ff.) von meinen annahmen darin ab, dafs er die Superlative auf -illimo-, -errimo- und ex- tremus, supremus ebenfalls als bildungen mit -issimo- an- sieht, in denen durch einfluss der alten betonung -ilissimo-, -erissimo- zu -ilsimo-, -ersimo- gekürzt, dann zu -illimo-, -errimo- assimilirt, in extremus, supremus nochmals zu -ermo- gekürzt und in -r^mo- umgestellt sei, während ich bei diesen sämmtlich anfügung des einfachen -mo-, bei -illimo-, -errimo- lautliche doppelung des 1 und r und bei extremus, supremus, wie ich nachträglich bemerke, in Über- einstimmung mit Benfey nnter vergleich mit griech. -airBpo^^ -aitaTO' ableitung von alten locativen ^extrai, *suprai an- nahm (formenbildung 126). Gegen die erklärung Panli's ist bis auf die etwas bedenkliche Umstellung von -errimo-, -ermo- zu -remo- nicht nur lautlich nichts einzuwenden, sondern es liefse sich sogar dafür, dafs eine solche kQr- zung durch die ältere betonung gerade bei den adjectiven auf -er und einigen auf -lis dauernd beibehalten wurde, während in anderen fällen, namentlich bei dem Vorhanden- sein einer ausgedehnten analogie^ flexionsendungen oft nur vorübergehend gekürzt erscheinen (dixti, scripstis u. a.), noch der grund geltend machen, dafs, wie ich schon in anderem sinne hervorgehoben habe, unter denen auf -r die meisten aus -ro-, -ri- gekürzt sind und bei denen auf -lis, welche -illimo- haben^ ebenfalls einmal vorübergehend die den Substantiven auf -il = -ilis analoge kürzung stattge- funden zu haben scheint; dafs mithin dieser apokopirte positiv das dauernde fortbestehen des gekürzten Superlativ bewirkt haben könnte. Da indess diese erklärung von der annähme ausgeht, dafs diese Superlative ursprünglich mit -issimo- gebildet wurden, so fragt es sich, ob eine solche Voraussetzung berechtigt ist. Vereinzelte alte nebenformen, wie celerissimus scheinen dafür noch keinen sicheren be- weis zu liefern, weil sie auch umgekehrt durch den ver^ such des anschlusses an die allgemeine bildungsweise ent-

bemerkangen zor lateinischen formenlebre. 143

staDden sein können. Pauli stützt sich darauf, es sei von vorn herein anzunehmen, dafs die endung -issimo- allen o- und i-stämmen eigen gewesen sei, und hält die ansieht, dafs -illimo-, -errimo- gekürzt sei, „für die allein zulässige, weil wir nur so für den lateinischen Superlativ, abgesehen von den proethnisch überkommenen formen auf -mo- und -tomo-, eine einheitliche bildung gewinnen." Diese vor- aussetzuDg einer ursprünglich durchweg oder wenigstens bei derselben stammclassc gleichen comparationsweise im Lateinischen steht indess im Widerspruch mit der that- sache, dals die verwandten sprachen mehrere comparations- arten besitzen und diese auch selbst bei der nämlichen stammclasse, ja sogar bei demselben wort (vergl. griech. adject. auf -vg und -Qog) anwenden. Die vielfache Über- einstimmung der comparationssuffixe zeigt, dafs dieses mehrgestaltige comparationssystem schon vor der sprach- trennung entstanden ist, und daraus darf man schliefsen, dafs es bei der trennung auch in das Lateinische über- nommen und hier erst später auf die nachher allein gang- bare formation mit -iös-, -issimo- eingeschränkt wurde. Es ist hiernach also gerade umgekehrt für die älteste zeit eine mehrfache comparationsweise auch im Lateinischen anzunehmen. Allerdings zeigen die verwandten sprachen eine enge Zusammengehörigkeit je zweier suffixe für com- parativ und Superlativ (-ra- und -ma-, -tara- und -tama-, -jäs- und iätha-, -tsqq- und -raro- u. s. w), und da -ma-, -mo- zu der comparativform auf -ra-, -ro- gehört, so scheint die annähme, dafs es im Lateinischen neben einem com- parativ auf -iör- = -jäs- gebraucht sei, damit in Wider- spruch zu. stehen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dafs jene alte Zusammengehörigkeit je zweier suffixe, welche das mehrgestaltige comparationssystem aufweist, im Latei- nischen zugleich mit dem wegfall der verschiedenartigen comparation in der lebendigen formenbildung zerstört ist. Denn neben -iös- erscheint nicht mehr -isto-, sondern -isto- mo-, es ist also -mo- wenigstens als erweiterung von -isto- bereits in die formation mit -iös-, -isto- eingedrungen. Schon hieraus könnte man vermuthen, dafs es auch allein

144 Merguet

zur Verwendung neben dem comparativ auf -iös- geeignet war. Es bedarf dieser vermuthung jedoch nicht, da ein solcher fall tbatsächlich vorliegt in primus neben prior; denn primus ist, wie seine abweichung von prathama, Tigui^ Tog*) zeigt, eine specieil lateinische bildung. Dana aber darf man die nämliche bildungsweise auch für -illimo-, -errimo- annehmen, für deren abweichung von den Super- lativen auf -issimo- auch in diesem fall der grund in der abstumpfung des positivs zu sehen sein wQrde. Zur Unter- stützung der ableitung von extremus, supremus aus alten locativen auf -ai liefse sich anführen, dafs einerseits im Sanskrit präpositionen adjectivisch comparirt werden, an- dererseits deutsche formen wie „derartig^, „desfallsig^ die fortbilduDgsfähigkeit adverbiell gebrauchter casusformen we- nigstens durch ableitung beweisen.

Während ich (formenb. 248) die Infinitive esse (sum), esse (edo), velle, ferre als bildungen mit der enduDg -e und lautlicher Verdoppelung des s, 1, r erklärt habe, hält es Pauli (zeitschr. 346) fllr wahrscheinlicher, dafs sie aus Infinitiven auf -ese = -ere mit ausfall des e und assimilation des Is, rs zu 11, rr entstanden seien. Da diese verba in den verwandten sprachen meistens voca- lisch flectiert erscheinen, so sei anzunehmen, dafs dieselbe flexionsweise, die im Lateinischen in den nach der 3. con- jugation regelmäfsig gebildeten formen ja ebenfalls vorliegt, früher auch in dieser spräche allgemein an Wendung fand. Die vorausgesetzte elision sei dadurch erfolgt, dafs diese verba bei ihrem häufigen gebrauch zum theil als reine hilfsverba früher abgenutzt wurden, als andere, ein Vor- gangs für welchen die flexion des deutschen „haben^ eine analogie biete. Die Infinitive esse, velle, ferre stehen jedoch nicht isolirt, sondern hängen mit einer reihe anderer for-

*) Da dem Superlativ auf -ta-, -to> ein comparativ auf ^ra-, "qo^ entspricht» 80 liegt wohl in ngwf^a ein rest des comparativs zu ti^wto? vor, mit dem ursprünglichen ac^ectivischen gebrauch z. b. in vrivq ^r^otf^i; (Od. XII, 280) den theil bezeichnend wie summus mons sss gipfel des berges u. a. (vergl. Zeitichr. XVII, 169).

bemerknngen zur lateinischen formenbildnng. 145

men zusammen, welche bei dieser frage mit« io betracht kommen, nämlich:

sum:

edo:

fero:

volo:

es

es

fers

vis

est

est

fert

vult

cstis

estis

fertis

vultis

es, esto u. s.

w.

es, esto

fer, ferto

cssem

essem

ferrem

vellem

esse esse ferre velle.

Da man aus der genauen Übereinstimmung auf einen inneren zusammenbang derselben und die gleichartigkeit ihrer cntstehuug zu scbliefsen berechtigt ist, so wäre mau genöthigt, bei der erklärung der infinitive durch elision dieselbe annähme dann auch für die übrigen gelten zu lassen. Dies ist namentlich für sum im vergleich mit asmi, elui kaum denkbar, wie denn auch Bopp die f&r die drei andern angenommene kürzung auf essem, esse nicht aus- dehnt (vergl. gramm. III^, 36 f.). Da nun aufserdem auch f&r die übrigen sich spuren der consonantischen flexion in den verwandten sprachen finden (bibharmi, ädmi, vraömi) und diese flexionsweise überhaupt die seltnere, mit der zeit mehr und mehr aufser gebrauch gekommene, die vocali- sehe aber die weit überwiegende ist, so führt dies zu der annähme, dafs diese verba ursprünglich consonantisch flec- tiert wurden und die bei ihnen vorhandenen vocalischen formen erst durch späteren Übergang in die gewöhnliche conjugation entstanden. Das ungleiche auftreten der letzte- ren in den verschiedenen sprachen lässt vermuthen, dafs dieser in dem zugeder allgemeinen analogie begründete conjugations- übergang erst nach der Sprachtrennung erfolgte oder wenig- stens genauer begrenzt und abgeschlossen wurde. So er- klärt es sich, dafs z/ b. in (fiQO) die vocalische, in slfii die consonantische flexion ausgedehnter erscheint, als in fero und sum. Während also das Sanskrit und Griechische die einzelnen verba durchaus ungleich behandelte, hat das La- teinische die consonantische flexion gleichmäfsig in den ge- nannten formen aller vier verba bewahrt und nur bei edo

Zeitschr. f. vergl. sprachf. XXII. 2. 10

14G Mergnot

auch schon dem eindringen der vocaliseh gebildeten for- men neben es, est ii. s. w. nachgegeben, ohne indess die consonantischen dadurch verdrängen zu lassen. In den übrigen formen dieser verba ist dagegen jene Übereinstim- mung auch im Lateinischen aufgegeben, wie z. b. abge- sehen von dem isolirten eram, ero der conjunctiv feram, edam neben sim, velim, edim zeigt.

Zur Widerlegung meiner annähme, dafs das -s des no- minativ auf -ies aus der zeit der entstehung der genus- Suffixe herrühre, also ursprünglich und nicht erst später aus andern Wörtern auf -s entlehnt sei (formenb. 20ff., abl. d. verbalend. 10 ff.), bemerkt Pauli (zeitschr. XX, 348 flF.)i dafs unter den Sanskritformen, auf die ich mich berufen habe, die auf -äs völlig unsicher seien, die auf -is, deren I aus ia entstand, aber nebenformen auf -i haben, nur znm theil das -s später festhielten und dafs dieses letztere da- her wohl mit Benfey als spätere Übertragung aus den mit -s suffigirten anzusehen sei. Dagegen habe die flexion der ie-stämme schon nach ihrer abzweigung aus der a-deklina- tion muthmafslich eine grofse ähnlichkeit mit der deklina- tion der i-stämme gehabt und durch diese sei dann eine vermengung und Übertragung der beiderseitigen casusfor- men herbeigeführt, in folge deren sich auch das von den i-stämmen entlehnte -s bei denen auf -i^ befestigt habe. Zunächst scheint mir hierbei auch selbst nach der von Pauli (s. 351) aufgestellten zum theil auf vermuthung be- ruhenden tabelle die flexionsähnlichkeit keineswegs so grofs, dafs in ihr eine besondere veranlassung zur Vermischung der beiderseitigen formen hätte liegen sollen. Denn aufser den von Pauli selbst erwähnten Verschiedenheiten im nom. sg. (-ie u. -is), acc. sg. (-iem u. -im), gen. pl. (-i^süm u. iüm) dat. pl. (i^bus u. -ibus), unter denen mir namentlich gerade die des nom. sg. sehr bedeutend erscheint, gehörte wohl auch das für den gen. und dat. sg. der i-stämme angesetzte -es, -e nur vorübergehenden nebenformen an und war nicht ausschliefslich in älterer zeit statt -is, -i im gebrauch. „Könnte nun nachgewiesen werden", fährt Pauli fort, „dafs bei notorischen ie-stämmen sich i-endungen und

bemerkuDgcn zur iatcmiscben formenbildung. 147

umgekehrt fänden, so wäre damit erwiesen, dafs zwischen beiden declinationen zu irgend einer zeit die klare Schei- dung im volksmunde nicht mehr vorhanden gewesen wäre. Nun aber finden wir 1) dafs viele notorische i-stämme im nom. sing, -es statt -is zeigen (sedes u. dgl.), dafs ferner der acc. sing, derselben meist -em statt -im zeigt; 2) dafs von -iö-stämmen sich stets der nom. sg. -ies statt -i€ fin- det, dafs neben dem gen. plur. auf -ierum auch der auf -ieum gebildet wurde.** Was zunächst die unter 1) ange- führten endungen betrifil, so ist zur begrQndung des an- genommenen tiberganges aufser dem Vorhandensein der form an der ihr ursprünglich nicht zukommenden stelle der nach- weis erforderlich, dafs der behauptete Übergang der einzig mögliche oder wenigstens der wahrscheinlichste weg war, auf welchem sie an jene stelle gelangte. Da nun aber nicht nur die e-stämme, sondern auch die consonantischen den acc. sing mit dem aus -am entstandenen -em bildeten, die vermengung der i-declination mit diesen letzteren aufser- dem durch ihre nachherige Verbindung zu einer einzigen declination aufser zweifei steht, so scheint es einfacher, das -em der i-stämme als aus der consonantdeclination ent- lehnt aufzufassen. Die endung -es bei i-stämmen kann fer- ner schon deswegen nicht als eigentliche Übertragung aus der e-declination angesehen werden, weil sie in letzterer ja eben erst durch die vermengung beider declinationen entstanden sein soll, also vor derselben überhaupt noch nicht bei den e-stämmcn existiren, mithin auch nicht aus diesen entlehnt werden konnte. Es handelt sich hier viel- mehr, wie Pauli selbst andeutet, nur um das eindringen des e in i-stämme. Ob dieses nun mit Pauli aus einer vermengung eines durch die ältere schwache ausspräche des -8 am wortende entstandenen *sede mit nominativen auf -ie wie *acie herzuleiten ist, bleibt schon deswegen durch- aus zweifelhaft, weil solche nominative auf -ie selbst völlig unerwiesen sind. Es kann diese vermuthung also in kei- nem fall als thatsache gelten, die zu weitern Schlüssen be- rechtigte. In bezug auf die unter 2) angeführten fälle ist sodann einzuwenden, dafs diese die annähme des vorkom-

10*

148 Mer^uet

mens specifiscber i-endungen bei e-stämmcn nicht nur nicht bestätigen, sondern durch sich selbst geradezu widerlegen. Da nämlich ein Übergang von speciellen endungen der i-stämme auf andere stammclassen darin besteht, dafs eben die specielle endung der ersteren, d. h. die allgemeine ca- susendung mit dem charakteristischen i vor derselben sich bei Stämmen findet, welche dieses i an sich nicht haben, dafs in diesem fall also -ium und -is bei den e-stämmen er- scheinen müfste, bei diesen aber gerade -ieum und -i^, d. h. also gerade endungen vorhanden sind, welche sich durch das e selbst als solche der e-stämme zu erkennen geben, so wird dadurch die annähme einer formenentleh- Dung aus der i-declination von selbst ausgeschlossen. Sie stimmen mit letzterer eben nur in den allgemeinen casus- endungen -s und -um öberein, weichen von -is und -ium aber genau in demselben grade ab, wie -iebus von -ibus, welche doch Pauli selbst als differirende formen bezeichnet. Dals sie aber -s und -um gerade von den i-stämmen ent- lehnt haben sollten, dazu liegt deswegen kein grund vor, weil diese endungen sich ebenso wie die anderer casus bei den verschiedensten stammclassen auch ohne entlehnung finden. So lässt sich das vorkommen von -um im gen. pl. der ie -stamme einfach daraus erklären, dafs sich dieselben aus der a-declination abzweigten. Da diese letztere näm- lich neben *rum auch den gen. auf -um, griech. -oii/ hatte, so wird er auch den abgezweigten ie-stämmen nicht fremd gewesen sein; und während *-aum schon früh wie das griech. -acov contrahirt wurde, mochte die sonstige gel&n- figkeit der vocalverbindung eu dazu beitragen, die endung -6um länger uncontrahirt zu erhalten. Endlich scheint das stetige vorkommen der endung -ies und das gänzliche fehlen des angenommenen nominativ auf -i6 eher zu bewei« sen, dafs letzterer überhaupt nicht existirt, also keine Übertragung des -s stattgefunden hat, als dafs er früher vorhanden war und das -s dann an ihn, und zwar gerade durch einfluss der i-stämme, erst später angefügt wurde. Ich kann hiernach nicht umhin, wenn auch die von mir angefnhrten Sanskritformen unsicher sein mögen, doch die

bemerkungen zur lateinischen forroenbildung. 149

spätere eatstehung des -s in -ies durch Übertragung aus den i-stämmen fQr unerwiesen zu halten.

Endlich habe ich (formenb. 190 £f., verbalend. 26 ff.) den beweis zu führen versucht, dafs die von Bopp aufgestellte hypo- these über die entstehung der cousonautisch anlautenden ver- balendungen aus hilfsverben unhaltbar sei, da sie, von wel- cher Seite man ihre begründung und anwendung auch ver- suchen mag, stets auf Widersprüche führt. Die darauffolgen- den zum theil unter hinweis auf die allgemeine Verbreitung jener lehre etwas schroffen entgegnungen bestimmten mich, die frage nochmals unter eingehender berücksichtigung der indogermanischen compositionsgesetze nach allen selten mög- lichst eingehend zu untersuchen. Darauf erwidert der C- referent des Literarischen Centralblattes (1871, no. 39, s. 991): „Gegen die seit Bopp allgemein herrschende an- nähme führt Merguet hauptsächlich zwei argumente ins feld: 1) die Verbindung eiper flectierten verbalform mit einem verbalstamm sei nicht annehmbar und 2) die Identi- tät der endungen mit den «entsprechenden formen der hilfs- verba nicht erweislich. Darauf erwiedern wir: ad 1) Es handelt sich hier nicht sowohl um verbalstämme, als viel- mehr um unflectierte nominalstämme , dergleichen in der spräche noch durch die periode der themenbildung hin- durch bis in die periode der Casusbildung selbständig exi- stierten. Dies beweisen allein uns die lateinischen Wörter wie duc-s, reg-s leg-s u. a. Der verf. hat sich formenbil- dung s. 198 f. bereits diesen einwand selbst gemacht, nur nicht in der richtigen weise, ad 2) Die identität der ver- balendungen mit den entsprechenden formen der hilfsverba liegt augenscheinlich vor und wir verlangen vielmehr von Merguet den beweis, dafs dem nicht so sei. Diesen be- weis vermag er aber nicht zu führen" u. s. w. Dieser bün- digen erklärung gegenüber erscheint es mir zunächst ad 2) auffallend, weshalb man bei so augenscheinlicher identität der hilfsverba mit den verbalendungen diese nicht nur aus- führlich darzuthun zuweilen doch noch veranlassung gefun- den hat, sondern auch z. b. -bam früher aus *fuam, jetzt = &^v erklärt, -Tca im griech. perfect aber überhaupt nicht

150 Merguet

ZU identificiren weifs. Auch ad 1) würde mich nicht zu näherem eingehen veranlassen, wenn nicht Pauli (zeitschr. XX, 321 ff. denselben einwand erhoben und näher zu be- gründen versucht hätte, dafs nicht verbal-, sondern nomi- nal stamme den ersten theil dieser compositionen bilden. Zunächst glaube ich in der thatsache, dafs beide herren recenscnten sich so entschieden auf die nominalstämme stützen, von den verbalstämmen aber schweigen, das indi- ecte zugeständniss sehen zu dürfen, dafs man von der sonst üblichen annähme einer composition mit letzteren absieht, sie also aufgiebt. Es fragt sich nun, ob die Zu- sammensetzung mit einem nominalstamm gröfsere Wahr- scheinlichkeit hat. Da Pauli seine Untersuchung auf die annähme gründet, dafs die flectirenden sprachen vorher isolirend und agglutinirend waren, so bedarf es auch einer Widerlegung seiner ausführungen überhaupt nur für den fall, dafs man jene Voraussetzung als richtig gelten lässt. Unter berücksichtigung meiner darlegung, in der ich die verschiedenen arten der composition und deren anwendbar- keit auf die in rede stehenden verbalformen erörtert habe, nimmt Pauli an, die composition sei vor entstehung der flexion in der weise erfolgt, dafs ein noch unflectirtes, also nur den stamm enthaltendes nomen mit dem ebenfalls noch unflectirten stamm eines hilfsverb zum ausdruck eines ver- balbegriffö zusammengesetzt sei, dafs man diese Verbindung dann als einheitlichen wortkörper aufgefasst und später ebenso mit den betreffenden endungen flectirt habe, wie die einfachen vcrba. Es sei also die entstehung z. b. von pu- gnabam so zu denken, dafs ein vorflexivisches adjectiv pugnaja sich mit wz. dha verband und diese Verbindung als neuer stamm dann später die flexionsendung erhielt. Den beweis für die frühe zeit jener composition liefere der umstand, dafs -Oi^v = -bam = got. -da = lit. -davaa sich als vor der sprachtreunung entstanden erweise. Ich gebe zu, dafs mir diese erklärung für die von Pauli ange- führten fälle, nämlich für die lat. formen auf -bam, -bo, vi, für den griech. aor. auf -O^i^v und ähnliche durchaus verständlieh und haltbar erscheint. Man hätte danach

bemerkungcn zur lateinischen formenbildung. 151

also nicht, wie sonst angenommen wurde, eine flectirte verbalform wie tO-t^v oder fui an einen unflectirten verbal- oder auch nominalstamm behufs herstellung bestimmter tempora gefügt, was eben wegen der gleichzeitigen an- nähme von flexion und nichtflexion unhaltbar ist, sondern es hätte das unflectirte hilfsverb nur dazu gedient, um mit dem ebenfalls flexionslosen nomen zusammen ein neues un- flectirtes verb vorzustellen, an dem die besondern formen dann «rst beim entstehen der flexion durch anfögung der betrefienden endungen und Charaktere unterschieden sein würden. Durch diese auffassung wird eine bei der frühern erklärung vorhandene doppelte Schwierigkeit beseitigt: denn erstlich kommt man dadurch über die unverstandliche Will- kür hinweg, welche darin lag, dafs man denselben hilfs- verbalstamm für den eigentlichen Charakter der verschie- densten tempora und wiederum verschiedene stamme als zur bildung desselben tempus benutzt anzunehmen genöthigt war (z. b. wz. bhü im fut. auf -bo und perf. auf -vi; da- gegen WZ. as und bhü im lat. perf. auf -si und -vi, as im griech. aor. auf -aa neben dem unklaren -x« und dergl.). Aufsordem fallt die nach der bisherigen auffassung in der doppelgestalt der endungen liegende Schwierigkeit fort. Denn nach Pauli^s darlegung hat man das & in -i^^v, das b in -bam, das v in -vi nicht mehr als tempuscharakter oder als zur endung gehörig anzusehen, sondern es ist ein- fach der zweite thcil eines componirten Stammes, und zwar der theil, welcher das zu gründe liegende nomen (gleich- sam als copula) erst in ein verbum umgewandelt hat.

Während ich mich also mit der theorie von Pauli's erklärung nur durchaus einverstanden erklären kann, stellt sich ihrer praktischen durchführung eine Schwierigkeit ent- gegen, von deren beseitigung, wie ich glaube, trotzdem ihre haltbarkeit wesentlich abhängt. Es scheint darin sich auch hier wiederum der Widerspruch in den weg zu stel- len, auf den, wie oben bemerkt, die hypothese Bopp's nach meiner meinuug immer wieder hinausführt. Wenn man nämlich die existenz der hilfsverba in den verbalformen durch die annähme einer vorflexivischen composition mit

152 Mergnet, bemerkangen zur Uteiniscben ibrmenbUdiing.

nominalstämmen begründen will, so genfigt es nicht, daft diese erkl&rung auf einige der in frage kommenden formen zu passen scheint, sondern es ist der nachweis nöthig, dafs fiberall, wo man hilfsverba in den endungen erkennen will, auch der erste theil sich als ein nominalstamm erkl&> ren lässt. Nun glaubt man aber auch in formen wie fece- ram, momorderam die wz. as zu finden. Auf diese lässt sich jedoch die erklärung durch nominalstämme deswegen kaum anwenden, weil es schwer sein dfirfte, f^- und mo- mord- als solche anzusehen und nicht vielmehr als verbale und dazu noch als die speciellen perfectstämme. Wollte man sie aber wirklich als nomina aufzufassen ver- suchen, so müsste man auch ffir die zugehörigen perfecta dieselben nominalstämme gelten lassen. Da diese perfecta aber einfach flectirt sind und keine spur eines hilfsverb zeigen, so müsste man entweder zugeben, dals ein solcher nominalstamm auch schon für sich allein ohne Verbindung mit einem hilfsverb conjugirt werden könne, oder überhaupt die auffassung als nominalstamm aufgeben. Während im erstem fall nicht nur der ganzen obigen erklärung durch composition von nominal- und hilfs verbalstamm der boden entzogen, sondern auch die dem wesen des nomens direct widersprechende conjugirbarkeit diesem beigelegt werden würde, käme man im letztern fall überhaupt von der Vor- aussetzung des nominalstammes ab und einfach wieder auf den frühem Standpunkt der erklärung durch yerbalstämme auch für die angeblich componirten formen wie feceram, momorderam u. s. w. zurück.

Gumbinnen, den 18. november 1872.

H. Merguet.

Schnchardt, zur romanischen sprach wiBsenschaft. 153

Zur romanischen Sprachwissenschaft.

Lateinische und romanische deklination.

La d(^clinai80n latine en Ganle h, Tepoque m^rovingienne. Etüde sur les origines de la langue fran9aiso par M. H. d'Arbois de Jubain- ville, correspondant de l'Institut. Paris 1872. 8°. 162 8.

Suir origine deir unica forma fiessionalc del nome italiano. Studio di Francesco d'Ovidio. Pisa 1872. 8*. 59 s.

Quaestiones onomatologicae. ^cripsit Otto Sievers Brunsvicensis. Aus den Act. soc. phil. Lips. II, 55 106. Lips. 1872. 8<>.

Die Schrift des französischen gelehrten ist vor allem eine Urkundensammlung und als solche reich genug, wenn sich auch die zahl der belege noch vermehren lässt; die beifiQgung der chronologischen daten zu den angezogenen stellen wäre erwünscht gewesen. Einen sehr beschränkten räum, wenige Seiten zu anfang und zu ende des buches, nimmt die allgemeine erörterung ein, sie erschöpft den ge- genständ nicht und gleitet gerade ober das wesentlichste rasch hinweg. D'Arb. de Jub. scheint mir nicht den rich- tigen ausgangspunkt gefunden zu haben. Er betrachtet die geschriebenen formein schlechthin als die gesproche- nen; wenigstens sehe ich nirgends auf den unterschied zwischen dem Latein der urkundenschreiber und der lebenden Volkssprache als einen durchgreifenden hingewiesen (aller- dings ist s. S von den „erreurs du scribe originaire" die rede). Im einzelnen ist derselbe schwer festzustellen; im ganzen ist er unläugbar und darf am wenigsten da aufser äugen gelassen werden, wo es sich scheinbar um prin- cipielle gegensätze zwischen Lateinisch und Romanisch handelt. In folge dieses öbersehens oder Versehens gelangt d'A. d. J. zu der auffassung, wie er sie in der conclusion s. 160 ausspricht:

„A l'epoque merovingiennc, un principe nouveau regnait dans la declinaison latine oü, par la puissance de ce prin- cipe, une revolution considerable s'etait accomplie. Ce principe nous allons l'enoncer, mais quelques developpe- ments prealables sont necessaires. Dans le latin classique une fonction speciale est attribuee ä chacune des formes

154 Schuchardt

si variees que Ton designe par diverses combinaisons des termes de cas, de genre et de nombre. Dans le latin des temps merovingiens ces formcs si nombreuses subsistent Bien plus, uno partie de ces formes nous apparait doublee ou meme triplee. A cote de la forme classique on trouve souvant une, quelquefois deux formes secondaires, ordioai- renient issues de la forme classique, mais qui, parfois, con- servcnt un son archaique anterieur ä la forme classique. On se rappeile les genitifs-datifs singuliers rose et rosi issus de rosa, Oil n^a pas oublic combien remonte haut Taecusatif pluriel en -t« de la troisieme declinaisoD. Mais ä l'epoque merovingienne malgre ce nombre considerable de formes, le nombre des fonctions que la pensee coDpoit et demande ä la parole est considerablement reduit. D^s Tepoque merovingienne, au Heu des six fonctions casuelles distinguees par la grammaire classique, la syntaxe ne sein- ble distinguer pour les noms, les pronoms et les adjectifs, que deux fonctions casuelles, sujet et regime: de Tem- ploi frequent des cas r^gimes Tun pour Tautre. En fait de genres, le masculin et le feminin seuls vivent encore comme fonction ; du neutre la forme seulc subsiste. Ainsi, la cause qui a motive la creation de la plupart des formes de la declinaison latine a cesse d^exister des le commencement de la Periode merovingienne, car la seule raison d'etre d*un Organe, c'est la fonction ä laquelle il est destin^; cepen- dent les formes grammaticales inutiles subsisterent pendant les trois si^cles que dura la periode merovingienne. Ce fut seulement pendant la periode carlovingienue que la siinpliHcation des formes mit le materiel grammatical en harmonie avec la simplification des idees. Alors le fran- ^ais naquit. Le latin mort comme langue vulgaire, röduit ä l'etiit de langue savante ou de Convention, recouvra, pour le bonhcur des grammairiens, la distinction classique des six fonctions casuelles et reconquit le neutre. Heureux les conquerants qui bornent leur ambition a ces grammaticales victoires! [?J Aux curieux qui demanderont comment il a pu se faire que Forganisme enticr de la declinaison latine ait survecu environ trois sieclcs a la plupart des fonctions

zur romanischen sprach wiäsenscbafb. 155

auxquelies il etait destine, nous repondroDS qne la survi- vance momentanee des organes aux fonctions est une loi generale de la nature."

Demnach wären aus den formen der cas. obl. die funetionen gleich den seelen aus den körpern entwichen und wären jene dann noch eine zeit lang halt- und zweck- los durcheinander getaumelt, bis endlich sich das material mit der idee in Übereinstimmung gesetzt hätte. Woher aber die zwei casusformen der karolingischen zeit gegen- über den fünf noch in der merovingischen zeit fortbestehen- den gekommen sind, darüber gibt uns d'A. d. J. keine aus- kunft. Und ebensowenig antwortet er auf die noch wich- tigere frage: Woher die zwei casusfunctionen der mero- vingischen zeit gegenüber den fünf der römischen? Er deutet ein neues princip, einen einfacheren denkprocess an; indessen kann kein brnch, kein sprung, sondern nur ein Übergang stattgefunden haben. Liegen denn überhaupt in späterer zeit nur zwei casusfunctionen vor? Hätten wirk- lich latronis, latroni, latronem, latrone nur der einen Function entsprochen, so müsste auch das romanische latrone jeden lat. cas. obl. ausdrücken. Dies ist aber nicht der fall; der genetiv, der dativ und der ablativ wer- den mit hilfe von präpositiouen bezeichnet und wenn auch die beiden ersteren casus sich im prov. und altfranz. durch das regime wiedergegeben finden, so geschieht es doch nur in beschränktem mafse und ist kein allzugrofses gewicht darauf zu legen (s. unten s. 164 anm.) Der dativbegriff erscheint zuerst im lateinischen latroni, dann im roman. ad latrone verkörpert. Also nicht die function wurde der form, sondern die form der function untreu und zwar im vorliegenden falle aus anlass lautlicher Veränderung: la- troni lautete mit dem accusativ latronem und dem ablativ latrone gleich. Eine derartige äufserliche angleichung der Casusendungen verdunkelte natürlich auch den werth der wirklich noch bestehenden unterschiede; die umsckreibung griff immer mehr um sich und wurde endlich allgemein. Wir stellen uns den ganzen Sachverhalt folgend er mafsen vor. Die innere sprachform ist immer dieselbe geblieben;

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156 Schucluurdt

um aber den entwickluugsgaug der äulseren zu begreifen, müssen wir bedenken, dai's im Latein von jeher neben der reinen flcxion die mit präpositionen verbundene vorbanden war. Im aufang der spräche überhaupt sind suf&x und präpositioii gleichwerthig; die beziehungen des nomens wer- den hier auf diese, dort auf jene weise dargestellt. Sodann finden sich beide mittel miteinander vereint (vergl. in ur- bem und in urbe). Endlich erscheint die casusendung neben der präposition durchaus als überflüssig; für de la- trone könnte man ebenso gut sagen de latro, dela- tronis, de latroni, de latronem, ohne dals dadurch der begriflf irgendwie verändert würde. Diese präpositio- uale declination deckt sich nun aber schon im ältesten, wie im besten Latein zu einem, wenn auch geringen theile, mit der rein flexi vischen; aliquis de eis ist dasselbe wie aliquis eorum, aptus ad aliquam rem dasselbe wie aptuö alicui rei. Wir müssen daher von folgendem pa- radigma ausgehen (ich lasse den ablativ bei seite, der durch verschiedene präpositionen, wie per, ab, de, umscbrie- ben wird): '

latro^

latronis de latrone,

latroni ad latronem,

latronem. Der einfache genetiv und dativ kann gegenüber den zusammengesetzten casus aus einer allgemeinen und tief- liegenden Ursache immer mehr an boden verlieren ganz wie die Umschreibung unseres genetivs der doch äufserlich vor allen casus am stärksten gekennzeichnet ist, nicht nur in den Volksmundarten sondern auch in der Umgangssprache der gebildeten überhand nimmt („meinem vater sein baa8% „das haus von meinem vater^). Im Vulgärlatein aber kommt doch die vollständige Verdrängung der einfachen formen schliefslich, wie schon gesagt, auf rechnung des lautverfalls, so dafs das paradigma sich zunächst in dieser weise ver- einfacht :

zur romanischen sprachwftsenschafl. 157

latro,

latron(i)8 de latron(e), a(d) latron(e), latron(e). Aus latronis wird, wenigstens im gallischen Vulgär- latein, nicht latrone; wenn also de latron(e) ganz an seine stelle tritt, so hat dies seinen grund in der analogie. Entweder war das vorbild der dativ a(d) latron(e) für latrone = latroni oder der genetiv z. b. der 2. dekl. de dom(i)ne für domine = domini (da auch domino und dominum zu dom(i)ne wurden). Es wirkte die analogie auch nach dem vollständigen durchdringen der paraphrastischen deklination weiter, indem sie die noch übrigen nun vollständig bedeutungslos gewordenen laut- lichen Verschiedenheiten zwischen der ablativ- und accusa- tivform beseitigte. Dominis und d ominös fallen in Frankreich zusammen (auch rebus musste res ergeben), nicht so rosis und rosas, latronibus und latrones, manubus und mauus. Wie es im singular lautete

latro,

d e latron(e),

a(d) latron(e),

latrone, so nun auch im plural:

latron(e)s,

de latron(e)s,

a(d) latron(e)s,

latron(e)s. Auf dem wege von der altlateinischen zur romani* sehen deklination ist also ein doppeltes geschehen: man hat die reine endungsflexion durch die Umschrei- bung ersetzt und man hat die zahl der casusformen verringert. Die Ursache ist in beiden fallen wiederum eine doppelte: lautverfall und analogie, so dafs wir vier kategorien von erscheinungen haben (ad latrone = latroni, de latronibus = latronum; latrone = la- troni, de latrones =s de latronibus). Auch d'A. d. J. welcher dieses wichtige moment der Umschreibung ganz

158 Schnchardt

mit stillschweigen übergeht, unterscheidet neben der klas- sischen deklination eine ,,declinaison vulgaire du premier degre" und eine solche „du second degre" ; die erstere beruhe auf phonetischen, die letztere auf syntaktischen Verände- rungen. Unter der einen wie der anderen aber versteht er nicht sowohl eine Verminderung als eine Vervielfältigung der ursprünglichen formen, wie man z. b. aus seinen pa- radigmen für das masc. der 2. deklination (s. 143) erken-

nen mag:

vulg. dekl. des 1. grades.

des 2. grades.

sg. nom. -OS,

gen. -ae, -e.

-um, -0,

dat.

-I7

acc. -om, -on,

-0, -u, -i.

abl. -u, -um.

pl. nom. -ae, -e,

gen. -urum, -os, -us, -is, -es,

dat. -es, -08, -us, -orura,

acc. -US, -is, -es,

abl. -es, -aes, -os, -us.

Das nebeneinander der drei deklinationsweisen in den- selben oder doch gleichzeitigen denkmälern hätte einer ein- gehenden erläuterung bedurft. Wie ich schon angedeutet habe, ist von d'A. d. J. weder die indirecte wiedergäbe phonetischer eigenthümlichkeiten noch der sinnlose gebrauch abgestorbener oder absterbender formen in anschlag ge- bracht worden. Z. b. bedeutet das i = ae im gen. der !• dekl. nur, dafs ae hier ebenso wie i im gen. sg. und nom» pl. der 2. dekl. zu e herabgesunken ist; vite = vitae und loce =s loci drücken die wirkliche ausspräche aus, vidi aber und monastiriae sind umgekehrte Schreibungen« Dabei ist zu berücksichtigen, dafs bei i = ae, sowie bei e, ae = i Verwechselung des genus oder der deklination mitspielt (die alleinige Ursache kann sie nicht sein, da

zur romanischen spracliwlsscnscliafl 159

sanctorum = saDctaram*), sancto8=ssanctas u. dgl., sowie umgekehrt, sehr selten vorkommen); denn einerseits begegnet uns i für das dativische ae in sehr wenig fallen, andrerseits zeigt sich i auch im genetiv meistens bei ad- jectiven, spärlich bei Substantiven (häufig bei dem einzigen basilici) und ebenso ae = i aufser nach i (besonders monastiriae) nur bei Wörtern, denen eine form in a ge- genübersteht (domnaeStefanae = dominiStephani); fast dieselbe einschränkung gilt für e = i, das aber viel häufiger ist. Aehnlicherweise finden wir im dat. abl. pl. der beiden deklinationen -es für -is, gewöhnlich nach i, ausnahmsweise -aes in paiaes = pagis. Mau kann in betreflf des nom. pl. der 2. dekl. einen zweifei erheben. Auslautendes l pflegt im Italienischen zu bleiben, z. b. dissi = dixl (aber disse=dixit**), ebenso anni. Lau- tete es nicht auch noch im Vulgärlatein Galliens anni? In der that hat sich I in einigen formen (Diez gramm. ^11. 103 f.) erhalten; indessen zwischen anni und an muss *anne gestanden haben. Was den abl. sg. der 3. dekl. anlangt, so beweisen omne = omni und parti = parte nur, dafs er immer in den gleichen vocal ausging. Zahl- reiche formen^ wie iocalus, excommunus, senus (= senex), tenorum, valento, iuro, valentus, scheinen Übergang aus der 3. in die 2. dekl. anzudeuten. Ein sol- cher ist nun zwar vielfach im Italienischen nachweisbar, nicht aber im Nordwestromanischen, da hier sowohl o = u, als e = i in der letzten silhe schwindet. Vielleicht sind iocalus, valento, valentus nur fälschlich aus iocals, valent, valents zurückübersetzt, indem man sie behan- delte wie ans, an, ans = annus, anno, annos. Ge- rade ein nom. plur. wie valenti = valentes fehlt bei d'A. d. J.

Schwer lässt sieh oft bestimmen, ob eine form als

*) Bemerkenswerth sind allerdings die von d'A. d. J. angeführten altfr. formen pascor, chandeleur, erboar.

♦•) Anch altsp. altpg. dixi (heute dije, disse) nnd sp. fui = fui neben fud = fuTt.

160 Schuchardt

vulgär im ersten oder zweiten grade zu betrachten ist. Wenn in inopie für inopia e aus a geschwächt ist (s. 9)^ warum nicht auch in epistole = epistolam, cartole = cartoIu> u. a. (s. 18 f) und kann nicht sogar bei vil- lae = villam, animae = aninul u. a. (s. 17. 19) dieser lautwcchsel von einfluss gewesen sein? Warum soll in in- fas = infans vulgärdoklination zweiten grades vorliegen (s. 75), da ja n in der Volkssprache vor s ganz regelmäfsig schwindet? Sogar in autoritasautoritas (s. 76) kann ich streng genommen nur eine form ersten grades erblicken. Es ist wahr, das gallische Latein wirfl anlautendes s nicht ab, aber die „confusion avec les noms de la premi^re de- clinaison'^ rührt doch kaum daher, dafs die endung des nom. sg. -as sich im acc. pl. der 1. dekl. wiederfindet*). Diese formen in -a neben -as sind sicherlich auf italischem boden erwachsen und von da, allerdings als der 1. dekl. angehörige, nach Frankreich verpflanzt worden. Podeste, po de stet u. s. w. sind phonetisch begründete metaplas* men. Abba für abbas s. 76 ist zu streichen, weil eine ursprüngliche form. Der übertritt der 4. dekl. in die 2. (vom neutrum bringt d'A. d. J. kein beispiel bei) wird ver- anlasst durch die Übereinstimmung des nom. und acc. sg. (man US manum wie annus annum) und beginnt im abl. sg. und acc. pl. (-o, -os==-u, -us). Dafs es sich hier nicht blos um einen lautwechsel (d'A. d. J. nimmt er- sten grad an) handelt, geht daraus hervor, dafs -os im gen. sg. und nom. pL, wie ich schon VV. II, 189 bemerkt habe, kaum vorkommt (nur einmal gen. domos); ich halte es aber für ebenso unrecht, blos an heteroklisie zu den- ken, da formen wie mani = manus (trotz des häufigen archaischen -i), mano = manui, mani == manus, ma- norum, manis = manibus im Vulgärlatein überhaupt nur dürftig (z. b. magistrati einmal im cantabr. des

*) Hie sunt emunitas ist nicht sowohl = hie sunt imraunitA- tes, als = hie est immnnitas, wie s. 76 richtig erklärt wird; es Irann daher nicht, wie s. 107 geschieht, von einem „passage de la troisibme d^ clinaison k la premiöre" und noch weniger von einer «fonction de nominatif plnriel avec forme de nominatif singolier en -as" die rede sein.

zur romaniachen aprach^isflenschaft 161

neuen lest, nach Rönsch Itala und Vulgata s. 261), bei d'A. d. J. nur einmal (de contractis) belegt sind. Mani (so ital.) = manus ist jünger als manos (so span.) :^ ma- nus. Nurae, nure = nurui (s. 128; vgl. s. 129) durfte keinenfalls wie effectuae s= effectui als ,,vulgaire du Premier degre" bezeichnet werden. Der nominativ und die casus obliqui werden in den Urkunden ganz ebenso streng auseinander gehalten, wie sujet und rögime in den ältesten denkmälern des Nordwestromanischen (zweifach belegtes rem für res, wozu man vergleiche haec omnia rem s. 98, erinnert an altport. rem, altspan. prov. ren, franz. rien). Daher treffen wir zwar oft im plural der 1. dekl. -as = -ae an, aber mit vollkommenem recht weist d^A. d. J. die formen oculos, esilos, taradros, scal- pros als romanische nominative (dies sind sie Diez zu- folge) zurück. Im singular der 3. ungleichsilbigen dekli- nation bildet bekanutHch das Prov. und Altfranz, den no* minativ neu aus dem objectscasus durch anfügung eines s: (pr.) vertatz, parenz, dotz, accios, onorsu. s.w« und dafür bietet die merovingische zeit schon hinlängliche beispiele (so optimatis, parentis, dotis, commuta- tionis, minoris), in denen natürlich noch der endvocal gewahrt ist, wie in turris turre gegenüber prov. tors tor*). D'A. d. J. ist nahe daran, dies verhältniss einzu-

*) Mussafia tadelt mich mit recht lat. fons schlechtweg mit pror. foDS identificirt zu haben. Ist es denn indessen geradezu unmöglich, dafs der lat. nominativ im Prov. fortgelebt habe und später in font(e) •+- s um- gedeutet worden sei? Diez längnet den Ursprung irgend eines weiblichen nominativB in -s (selbst von fons, naus, pels, tors) aus einem lat. no- minativ in -8. Der beweis dafür kann doch nur in den nominativen carna, nneitz, vertutz u. s. w. liegen. Dann aber liefse sich auch fruitz, Joes, pans (coms ist übrigens nach Diei gramm. ^ II, 42 = comta, acc. comte ?) als gleichartig mit liures, coms, her^s betrachten, so dafs gar kein ursprüngliches s mehr erhalten gewesen wäre, dessen analogie das unlateinische s zu erklären vermöchte. Dafs im ältesten nordwestroma- nisch allgemein die feminina der 8. dekl. im nom. sg. ein lat. s eingebtUlrt hätten, scheint mir trotz der von G. Paris Alexiusl. s. 113 f. beigebrachten thatsachen nicht völlig erwiesen. Diesem gelehrten zufolge schwand erst der nom. sg. der weibl. 3. in folge der analogie mit dem weibl. sg. der 1. („se- conde** fUr ^premi^re" druckfehler, wie Mussafia übersehen hat) und dann wurde durch die analogie mit dem sing, der masculina s im nominativ der feminina eingeführt. Die aufeinanderfolge dieser beiden einander entgegen- geaetzten analogien bat etwas wunderbares.

Zeitachr. f. vgl. sprachf. XXII. 2. ^4

162 Schuchardt

sehen; nur fasst er das -is als geoetivendung und bezeich- net eine solche form als „genitif singulier classique faisant fonction de nominatif^. Nun begegnen wir auch einigen formen des cas. obl. für den nom. ohne das charakteristi- cum des letzteren, so cessio nc = ce8sio, maiorem (m ist nur geschrieben) = maior. Nach d'A. d. J. sind dies klass. abl- und acc. = vulg. gen. des 2. grades. Wie man sagte earta agnationem für carta agnationis, so sagte man maiorem fbr maioris und dies wiederuoi f&r maior (s. 86 f.j. Für den antritt des nominativisehen s an eine nominätivform der 3. ungieichsilbigen dekl. wird uns hier ebenfalls ein beispiel geboten: Drogus für Drogo, Drogonis, wie fr. Hugues, Hugo. Es ist ein befrenid- licher irrthum, wenn d'A. d. J. s. 88 behauptet: „L^italien qui, en r^gle genirale^ a adopte pour forme unique de ses noms la forme intacte ou legerement modifiee du nominatii latin, donne souvent la forme du cas regime et plus spe- cialement celle de Tablatif aux noms issus des noms impa- risyllabiques de la troisieme declinaison** (s. 88). Und wenn er fortfährt: „Pourquoi? Parce que daus le latiu des bas temps les noms imparisyllabiques de la troisieme declinai- Bon employaient souvent avec fonction de uominatif, comme nous venons de le montrer, le genitif classique ou meme le genitif vulgaire du second degre avec forme d'ablatif^, so ist dies gerade umzukehren: weil im Romanischen das regime (mit oder ohne anfügung eines s im sg.) sich an die stelle des nominativs drängt, deshalb haben wir in den lat. Urkunden aus dem anfang des mittelalters den gen., acc. und abl. an stelle des nominativs.

Ferner möchte ich die mehrfache berufung auf das Altgallische missen (vgl. auch d'A. d. J.: Influence de la d^clinaison gauloise sur la declinaison latine dans les do- cuments latins de Tepoque merovingienne in der Revue cel- tique I, 320 331). Nur bei einheimischen Ortsnamen er- scheint sie zulässig; doch gehe ich auf dieses capitel hier nicht ein, weil ich es an eigenem orte zu behandeln ge- denke. In der deklination hat das Keltische gewiss keinen einfluss auf das Romanische gehabt. So hat der nom. pl.

zur romanischen sprachwissenflchaft. 163

der 1. dekl. in -as nichts mit einem keltischen -as zu thun. Wie käme es sonst, dafs wir ihn nicht nur im Span., Portug., Mittelromanischen, sondern auch im Sardiseben finden? Prov. rosas, franz. roses ist nicht minder der lat. acc. rosas als span. rosas und dieses nicht minder wie span. anos der lat. acc. annos. (Delius Jahrb. IX, 93 hegt freilich seine eigenen gedauken über die span. pluralformen; er hält ihre Übereinstimmung mit dem lat. accusativ für zufällig). In der 1. dekl. hat das Nordwest- romanische den unterschied zwischen casus rect. und casus obl. aufgegeben, wie die übrigen idiome in allen deklinatio- uen. Der plural folgte dem singular, wo rosa, rosam^ rosa lautlich zusammengefallen waren, und zwar wählte man zwischen rosae und rosas, wie man später zwischen an (anni) und ans (annos) wählte. D^A. d. J. durfte nicht sagen: „En proven^al et en fran9ais archalque, le nominatif pluriel de la premi^re declinaisou a un s final, celui de la seconde declinaison n'en a pas: pourquoi dans la seconde declinaison a-t-on, pour ce cas, suivi la tradition latine qu'on abandonnait dans la premiere?'^ (s. 23). Es handelt sich in der 1. dekl. nicht um den nominativ, son- dern um den einzigen casus, den man eben so gut dem casus obl., wie dem nom. der 2. dekl. gegenüberstellen mag. Ebensowenig kann ich folgendem ausspruch beistim- men: „Le provenpal et le franpais archaique ont conserv^ Ts final du nominatif singulier de la seconde declinaison. Pourquoi? sinon par Tinfluence du gaulois"") qui avait gard6 cet s final comme le prouvent de nombreux exemples?^ (s. 33). Beruht etwa auch die erhaltung des auslautenden s im gen. sg. der 3. dekl. auf einer solchen Ursache (vgl. s. 91)? Die thatsache, dafs das Vulgärlatein Galliens im gegensatze zu dem Italiens das s der casusendungen wahrt, hatte ich einst versäumt hervorzuheben ; d^ A. d. J. hat sie wohl beachtet, doch übersehen, dafs sie sich aus einem allgemeinen nordwestromanischen lautgesetze herleitet.

*) Schon Burguy Qr. d. 1. 1. d'oü ' I, 65 entdeckt hier eine ,,inflaenoe celto-belge.*

ir

164 Scbnchardt

Ebenso wie hier s im auslant immer bleibt, fällt m immer, wenigstens in tonloser endsilbe, ab. Aus ein paar einsil- bem (mon, ton, son, rien; vgl. ital. con = cum, sono s= sum) und aus dem altgallischen aec. in -n darf man doch nicht schliefsen: „qu'en Gaule on pronon9ait l'm final de l'accusatif latin, quand, en Italie, on avait cesse de le prononcer^ (s. 17). Durch diese annähme lässt sieb d'A. d. J. bestimmen, den acc. sg. ohne m als ablatio zu betrachten und ihn in die -vulgärdeklination zweiten grades zu verweisen. . Für mich treten in carta = cartam, do- mino s= dominum, pace = pacem nur lautliche Vor- gänge zu tage, während ich allerdings in successionem genetore = s. genitoris, rege ancilla = regia a., soweit solches in denkmälern Frankreichs vorkommt, jetzt nicht mehr einen Schwund des s erblicke, sondern mit d^A. d. J. eine Vertretung des genetivs durch den ablativ oder vielmehr durch den einzigen romanischen casus obliquus, der aus acc. uud abl. zusammengeschmolzen ist*). DarQber zum mindesten hätte d'A. d. J. uns eine aufklärung geben müssen, warum im sg. mit ausnähme des neutrums der 3. dekl. der lat. abi., sonst aber der lat. acc. zum ob* jectscasus des Prov. und Altfranz, geworden ist (ad dono, ad latrone de corpus, de latrones). Verstummte auslautendes m im Volkslatein Galliens nicht, dann ist auch der Übergang des neutrums der 2. dekl. in das masculinum weniger leicht zu begreifen (iudicios und iudicius «b iudicium). Ich erwähne bei dieser gelegenheit, dafs eine falsche aufFassung der neutralen pluralendung -a zu einer

*) Im plnral erscheint nicht nur der accusativ (der romanische object»- casus), sondern auch der ablativ fUr den geuctiv und zwar gleich häufig; jene beiden casus sind allerdings lautlich geschieden, werden aber vielfach, auch ohne beistehende prttpo»ition, mitcinauder verwechselt;. Als eine dnrchans aecundHre erscheinung, d. h. als eine cUipse der präpositionen, vermag ich diese darstellung der genetiv- (sowie der dativ-) beziehung durch den reinen objectscasus nicht anzusehen. Zwar ist damne in le mesticr damne den nicht = domini, wei} deu nicht = d ei sein kann; doch sollte ein solcher gebrauch nicht bis in die zeit hinaufreichen, da nocli wirkliche genetivfor- men bie und da fortlebten, d. h. m. dorn in o deo nicht glcichaam aus Ver- mischung von m. domini dei und m. de dorn in o deo entstanden sein? Vgl. Diez gramm. ^ m, ]28.

ZOT romanischen sprachwissenBchaft. 1$5

vertauschung der geschlechter führt; man nimmt den neu- tralen phiral zunächst als weiblichen singuIar mit plural- bedeutung*) (altfr. la brace = illa brachia), dann aber als weiblichen plural (se alequa strumenta osten- sas fuerint s. 56, placeta habuerunt initas, paria tantas, strumenta crematas esse s. 61; ital. le membra u. s. w. Ueber spuren davon im Altfranz, s. Mu8- safia Jahrb. VIII, 128. Tobler Jahrb. IX, 116 f.), gibt ihm die form des weibl. plurals (membras, armentas dies schon archaisch bonas in den Cass. Gloss. s. 56, mancipias tantas s. 67, turmentas, pratas, pascuas, locas s. 73; ital. le membre u. s. w.) und endlich er- scheint er als weiblicher singuIar mit singularbedeutung (it. rezza= retia gen. retiae; s. Ronsch Itala und Vulgata s. 25fO« ß^^ einer reihe romanischer formen in -a = lat. -US nimmt Diez. gramm. ^11, 18 unmittelbaren Übergang aus der männlichen 2. oder 4. dekl. in die weibl. erste an, während doch ein neutraler plural die durchgangsform bil- dete; aus fructus wurde nicht ital. frutta wie aus nurus nuora. Es sind metaplastische neutra, wie lat. ioea, loca, ital. coltella, mura u. s. w. und sie haben zum theil noch collectiven sinn, wie horta^ moda, fructa, (ital. frutta ist sogar grammatischer plural). Dieses fructa ist von d'A. d. J. öfters belegt (s. 133).

Aus der pronominaldeklination ist besonders wichtig, dafs der genetiv in -ins die funktion des allgemeinen ca- sus obliquus versieht; z. b. (gen.) causas ipsius orfa- nolo, (dat.) si quis alterius fide fecerit, cuius

*) Im graubUndn. Obwaldisch wird der Übergang des neutralen plnrala in ein collectives femininum uns recht anschaulich. Das reformirte lesebnch (Secund cudisch de scola 1861) setzt das verbum in den Singular, das ka- tholische (1849) in den plural, so

s. 86. 8. 6.

la biara pumöra flurescha ^ la pli part pomöra flore-

schan. la feglia ei vid il fastitg = la feglia ein vid il fastitg. Doch findet sich auch in letzterem der sing., wenn ein prttdicativisches adj. oder part. daneben steht z. b. plira crappa ei carschida en cun mes- cal, bia pomöretta giuvna vegn lavagada da lischada mata- tschaglia, la glieut ei actira.

166 SchQchardt

aliquid contnlimus, dedit igitur ille illius, (acc.) contra ipsius Legitemo, (abl.) absque nllins introitus. Es wirft dies einen licbtstrabl auf den Ur- sprung der romanischen pronominalformen in -ui. Starke formenirennung war beim pronomen noch mehr bedflrfniss als beim nomen; daher verwandte man im singular sowohl als im plural den genetiv als romanischen casus obliquus, da der genetiv sich von allen übrigen casus hinsichtlich der betonnng unterscheidet (iste istius, isti i stör um entspricht dem singular der 3. ungleichsilbigen dekl. Idtro latröne). Warum aber ist aus iu üi geworden? Man könnte auf den mechanischen Übergang des unbequemeren zum bequemeren verweisen, wie er z. b. in franz. ruis- seau, suif, suivre stattgefunden hat. Wahrscheinlicher aber ist, dafs nach cui, hui, welche aus den genetiven cuius, huius (cuis, huis), wohl unter einwirkung der dative cui, hui(c), entstanden sind, sich illui, istui u. s.w. gebildet haben. Das stärkste bedenken gegen diese hypo- these gibt der Schwund des auslautenden s ein. Wir müs- sen annehmen, dafs illiu oder gar illui schon in einer sehr frühen periode des italischen Vulgärlateins sich festge- setzt hatte und von da nach Gallien und der Hämushalb- insel importirt wurde. Bemerkenswerth ist auf jeden fall, dafs dem am frühesten romanisirten Spanien diese formen fremd geblieben sind. In der Rozi^re'schen formelsamm- lung begegnen wir auch schon dem lui mit der nebenform lue; hier stimmt ipsius lui im gen., dat., acc. vollkom- men zu ital. esso lui. Quod für quae (fem. u. neutr.), quam, quos, quas deutet vielleicht ein altromaniscbes qued (vgl. die conjunction altfranz. quid, qued, prov. quez, altital. ched) an, das vor vocalen die stelle von que vertrat. Schon s. 66 hatte d'A. d. J. lis = illis als „l'un des plus anciens exemples connus de notre artide au cas indirect du pluriel" erwählet; in demselben texte (der lex Salica) liest man lo cabo = illud caput*)

*) Das früheste beispiel fUr den schwund der Stammsilbe in diesem pronomen findet sieb wohl in einem bleitäfelchen von Constantine ans dem 5. oder 6. jahrh. (TUustr. Zeit. 1872 s. 1516): facia lum (ebendaselbtt ilum und ilu*)

1

zar romanischen sprachwiMenschaft. 167

(s, 99). Die rom. form sa = suam wird s. 96 angeführt (8. VV. II, 465 f.)

Der eigentlichen Schwierigkeiten, welche mit dieser Untersuchung verbunden sind, ist sich d'A. d. J. nicht be- wusst geworden. Es scheint eine so einfache sache, dafs die lateinische dekh'nation sich zur romanischen vereinfacht hat*). Sogar Diez macht sich hier, um es gleich zu sagen, der petitio principii schuldig, indem er gr. ^ II, 5 fragt: „welches ist jener normale casus, dem man den vorzug einräumte, alle öbrigen zu vertreten?" Jenen Schwierigkeiten fest ins äuge gesehen und ihre lösung angeregt zu haben, das erachte ich als das verdienst d'Ovidio's**). Er eröflF- net seine abhandlung mit der frage, ob das Spanische und Italienische ebenso wie das Französische und Provenzali- sehe durch das Stadium der zweicasusdeklination habe hin- durchgehen müssen, und wendet sich dann zunächst zur prüfung der gründe, welche Diez bestimmen, den accusa- tiv als die grundform flQr den objectscasus des Altfranz, und Prov. und für den einzigen casus des Span, und Ital. anzusehen. Diez begeht d'O. zufolge den fehler, das noch ganz unversehrte lateinische und das fertige romanische paradigma unmittelbar nebeneinander zu stellen und die kürzeste Verbindung zwischen beiden zu suchen, statt den

*) Ich halte an dem durchaus nicht bildlichen ausdruck „Verein- fachung" — auch d'Ovidio sagt ^unificazione'* trotz Corssen ausspräche '^ II, 245 fest. Fr. tours oder it. torre gegenüber lat. turris, tnrri, turrem, turre ist ein einfaches gegenüber einem mehrfachen. Corssen meint, dann könne man auch vom alternden menschen sagen, er verein- fache sich!

**) Ich hatte die anzeige von d'Ovidio's abhandlung schon geschrieben, als mir die recensionen von Mussafia (Romania T, 492 499) und von Tob- 1er G. G. A. 1872 s. 1892 1907) zu gesiebte kamen. Mit beiden gelehr- ten, namentlich mit ersterem, stimme ich in wesentlichen punkten überein; aber, was d'Ovidio's verständniss und Würdigung des betreffenden capitels bei Diez anlangt, so scheinen sie mir ein wenig zu streng zu urtheilen. Ohne zweifei ist sich Diez vollkommen klar darüber, dafs ein ital. campe an sich ebensowohl der nominativ campus oder der ablativ campo als der accusativ campum sein kann (Mussafia s. 496); aus der vergleichung an- derer formen jedoch ergibt sich ihm, dafs es der accusativ campum ist und nur dieser, da Diez von einem normalcasus, nicht von der verschmol-

168 Schuchardt

allmählichen abbruch jener zu verfolgen. Seine darlegung verfahrt durch ihre anschauliohkeit. Ital. campo kann aas nominativ, accusativ oder dativ-ablativ (campus, cam- pum, campo) entstanden sein, amore nur aus accusativ, dativ oder ablativ (amorem, amori, amore), corpo nur aus nominativ oder accusativ (corpus), alle drei also, sofern sie einen gemeinsamen Ursprung haben, nur aus dem accu- sativ. Aber gehen durch abfall des m und s camp um und corpus in campo und corpo über, so wird auch aus Cam- pus campo und was soll es dann heifsen, dafs die form des accusativs, campo, die beiden ihr völlig identischen des nominativs und des dat.-ablativs verdrängt habe? Wo- her überhaupt jener trieb, die lateinischen casus durch einen einzigen oder zwei von ihnen zu ersetzen? Man ist mit der annähme solcher geheimnissvoUen sprachtriebe viel zu rasch bei der band; die psychologie darf die pbysiolo- gie nicht beeinträchtigen. Mit recht sagt d'Ovidio s. 35: „Nelle trasformazioni morfologiche ci dev' essere sempre un processo mentale, ma le rotaje, mi si permetta dire, SU cui la mente si muove, sono le trasformazioni foneticbe^. Was nun das einzelne anlangt, so kommen zunächst die von Diez zu gunsten seiner aceusativtheorie angef&hrten altfranz. formen antain u. s. w. nach d'Ovidio gar nicht in

zung mehrerer ca8us redet. Ital. di campo würde demnach in lat. de cam- pum zurttckzuiibertragen sein, und ich sehe nicht, dafs das, was Diez gr. 3 II, 13 fg. Bagt, damit im Widerspruch steht. In der that setzt Tobler in das romanische grundparadigma „herzhaft*^ de lupo(m) ein, weil es ihm undenkbar sei, «dafs eine zeit, welche den lat. genetiv und dativ günslieh eingebüfst hatte, die verschiedenen präpositionen noch mit verschiedenen casus verbunden habe, oder dafs eine zeit, welche einen reinen ablativ in seiner besonderen Verwendung nicht mehr besafs, denselben in Verbindung mit gewissen präpositionen noch besessen habe" (s. 1896). Diese nndenk- barkeit kann ich durchaus nicht zageben und kann de lupo(m) =s de 1 u p 0 , da ja der abfall des m der vollzogenen Vereinfachung der deklination vorangeht, zunächst nur als identische gleichung betrachten, welche erst durch ein daneben gestelltes de latu8 = de latere als der ausdruck einer Operation erscheint und zwar einer durchaus subjectiven und kaum zn erdr- temden. Ich glaube nicht, dafs Tobler sagen durfte: „Wie war es nur m5g- lich, unerwogen zu lassen, dafs, wenn auch z. b. pani, panem, pane eines so gut wie das andere altfranzösisch pain ergeben, doch nur panem die grnndlage von pain sein kann, weil dieses niemals weder pani noch pane, immer nur panem bedeutef* (s. 1894). Dafs du pain nicht s=s de illo pane, ist uiuTweiolich.

zar romanifichen Bprachwissenflchaft. 169

Betracht; denn „la derivazione di -ain, -od da -am, -um ^, per il Diez stesso, un portato non giä dell' evoluzione populäre del latino, ma delie traduzioni della bibbia; k I'effetto di una lettura moderna, anacronistica, francesiz- zante, dell' ormai giä perito latino" (s. 16). Beiläufig bemerke ich, dafs, um über diese merkwürdige casusform endlich einmal ins klare zu kommen, man solche mittelrom. plu- rale, wie grödner. fena7;8, fia/^s, mutta//8, oma^/S, äura^/S, fio>;s, muttoi^s von fgna (femina), fia (filia), mutta (mädcben), oma (mutter), sur (soror), fi (filius), mntt (knabe) oder obwald. dunauns, mattauns von dunna, alt auch dunaun (domina), matta (mädehen), sowie verwandte in den benachbarten ital. mundarten (z. b. mail. tosa pl. tos an n, mädchen) berücksichtigen muss (ob auch die unbetonte weibl. pluralendung -an, -en, die sich im Bregell und im Mesoceothal findet, hierher gehört, wird uns Ascoli lehren). Ebenso wenig als beweiskräftig lässt d'Ovidio die von deutsch, substant. der schwachen deklination abgeleiteten romanischen Wörter (wie balcone = balcho) gelten, denen nach Diez die form des accus, die norm lieh. Die endung -on- klang in jener deklination am stärksten hervor und ihr zusammenstimmen mit einem häufigen lat. -on- bewirkte, dafs sie im Romanischen haf- ten blieb. Wäre aber auch wirklich it. balcone aus dem accusativ balchon hervorgegangen, so doch nur deswegen, weil dieses die häufigst gehörte casusform war ; oder hätte der Romane etwa folgende erwägung anstellen sollen : „tu, o accusativo, sei pei Germani quel caso che era per me l'accusativo latino; e come io presi questo e lo sostituii a tutti gli altri casi, cosi, volendo dare nella mia lingua una forma flessionale ai tuoi nomi, scelgo a tipo te che tanto somigli al mio quondam accusativo" (s. 19)? In eini- gen Wörtern, zu denen aber d'Ovidio mit mir it. speme von spes, spenis*) nicht zählt, hat sich unzweifelhaft

*) Tobler's misstrauen bezüglich dieser form lässt sich durch verachie- deuo inschriftlicbe belege entkräften. Es niußs freilich angenommen werden, dals das appellativum spes dem eigenuamen Spes in der deklination gefolgt sei; denn dieser metaplasmus beschränkt sich, wie wir noch sehen werden, auf eigennamen.

170 Schuchardt

ein aceusativisches m erhalten, nämlich in franz. rien, mon, 8on, ton, span. qnien; aber es sind dies einsil- her, denen ein stärkerer lautbestand erwünscht war, and überdies pronomina. D'Ovidio erörtert nun am Italieni- schen seine eigene tbeorie, nach welcher die vereinfiachung der lat. deklination auf einer allmählichen angleichung aller casus aneinander beruht. Schon vor ihm ist diese lehre mit mehr oder wenigen klaren werten ausgesprochen wor- den*); d'Ovidio will sie nur vollständig begründen und bekräftigen, aber in der that modificirt er sie, ohne dies selbst hiulänglich hervorzuheben, in einem wesentlichen punkte. Jene angleichung, von der er zeigt, dafs sie im sing, der 1., der 2., der gleichsilbigen 3., der 4. und 5. dekl. nur eine folge gewisser lautverändenmgen ist (abfall des s, des m, o = n, e=i), findet bei ihm überhaupt nur

*) Die annähme von Delins aber, dafs das b im sg. and pl. des West- romaniscben eine erfindung der schriftsteiler sei, wird mit recht von d'Ovidio als eine unwissenschaftliche (ripngnante al sensu scientifico) bezeichnet. Auch andere annahmen von Delius verdienen dieselbe bezeichnung, mag ihnen auch Diez selbst, indem er sich auf sie bezieht und ihnen nur be- scheiden widerspricht, einen gewissen werth beizulegen scheinen. Ich greife zwei beispiele heraus. Gr. ^ II, 145 fg."^) führt Diez die Delius'sche eridärung von dovere, ndire, uscire an. Man habe diese formen mit devere, odire, escire vertauscht, damit 4n dem ersten de Dicht als Partikel, in dem zweiten o nicht als interjection , in dem dritten e nicht als prosthetischer vocal erscheine (!). Ebend. s. 155*) wird die „scharf- sinnige" anseinandersetzung von Delius erwähnt, der zu folge in perfecten, wie cadetti, potetti, tt nach analogie der starken verba (ebbi, venni) eingeschoben sei. Die spräche ist nichts gemachtes, sondern ein gewordenes und kein Scharfsinn wird sie richtig begreifen, dem die stütze von thatsachen entbehrlich diinkt. Was den zweiten fall betrifft, »o ist die meinnng von Diez, obwohl er sie nur zweifelnd ausspricht, die einzig richtige; ich glaube sie durch urkundliche nachweise YV. I, 35, III, 10 (vgl. Ronsch It. n. Talg. s. 288) vollständig sicher gestellt zu haben. Warum hat man sich nicht auf das Spanische berufen, welches nicht nur anduvo, estuvo, tnvo nach hubo, sondern in alter zeit auch die pff. andido, catido, entridonach estido (stetit) formte? Auf die pzz. der 1. conjug. Übte in tthnUcher weise hie und da das pz. factns einfluss, z. b. altsp. adelinecho Poema delCid; galiz. condenaito (vgl. cuseito, tuUeito wie colleito); bes. in oberital. mdd. z b. torines. andait, dait, stait, wie fait (aber ciamk, tornä), dial. von Cuneo andeit, deit, steit, wie feit (aber ciamk, tornä), alessandr. andac, dac, stac, wie fa6 (aber ciamh, turnä), lodigian. andai, dai, stai, wie fai (aber ciamat, tnriiat), valmagg. nee, dec, stec, ciamec, wie fec (aber mancao, trnvao), valverzask. nei6, deic, steic, troveic, wie feie (aber oiamon, p^ con). S. Biondelli Saggio sui dialetti gaUo-italici 8. 30. 60S.

zar romanischen Sprachwissenschaft. ' 171

noch zwischen drei casnsformen statt, denen des nomina- tivs, des accusativs und des ablativs; indem die des ge- netivs und des dativs als beseitigt und durch den ablativ mit de, den acousativ mit ad umschrieben erscheinen. Es ist dies nicht unrichtig; doch schenkt er sich ein stück des weges; er nimmt seinen anlauf erst vom Spätlateini- schen, Halbromanischen. Denn wenn auch jene präposi- tionalen Verbindungen schon vor dem phonetischen verfall der casus vorhanden gewesen sind, so hat doch dieser, wie ich oben gezeigt habe, an ihrem weiteren Umsichgrei- fen wesentlichen antheil. Andererseits sind der genetiv mit de und der dativ mit ad keineswegs auf dem gesamm- ten gebiete der lateinischen Volkssprache durchgedrungen. Im Rumänischen ist der nominativ mit dem accusativ, aber der genetiv mit dem dativ zusammengefallen, wie nicht nur aus den angehängten artikelformen, sondern im sing, auch aus dem auslaut der weibl, hauptwörter selbst hervorgeht (nom. acc. doamne, floare, gen. dat. doamne, flori). Die Präposition ad dient hier nicht zur trennung des da- tivs vom accusativ, sondern des genetivs vom dativ*). Man erinnere sich übrigens, dafs einige romanische idiome auch den accusativ, wenigstens wo er eine person ausdrückt, vom gleichlautenden nominativ durch zusatz einer präposition unterscheiden, die im Spanischen und in ital. mundarten die gleiche ist, wie für den dativ, nämlich ad, im Rumänischen aber per; das Altfranzösische und Provenzalische bedurften eines solchen mittels nicht. Wie auch d^Ovidio diese thatsachen auffassen mag, er hätte sie nicht mit stillschweigen Obergehen sollen. Hinsichtlich der ungleichsilbigen 3. deklination nimmt d'Ovidio an, dafs sich aus den cass. obll. ein gleichsilbiger nominativ gebildet habe, also principis, amoris, veritatis, actionis, eine an- nähme, die allerdings etwas anmuthendes hat, doch nur, wie wir gesehen haben, für das Nordwestromanische mög-

*) Auch in den anderen romanischen sprachen steht der mit ad gebil- dete dativ zuweilen an stelle des genetivs; menbra ad duus fratres schon auf einer altchristl. inschrift von Briord, stipendia ad ipsos fratres in

172 Schuchardt

lieh wäre"^). Besonders schwanken die stamme auf -ro und -ri zwischen dem vollen und dem gekürzten nomina« tiv, der jedoch durch ein eingeschaltetes e wieder gleich- silbig werden kann (puerus puer, rubrus ruber, cam- pestris carapester). Formen wie leggieri, cavalieri (alt = cavaliere) auf lateinische zurückführen, in denen der Stammauslaut io zu i verschmolzen sei, scheint mir zu gewagt. Vor allem ist zu bemerken, dafs im Italieni- schen i nur nach r auftritt (dem citirten Brindisi das alte Brandizio ist mir nicht unbekannt kommt als Orts- name eine andere erklärung zu); dies aber hat unmöglich im Lateinischen seinen grund. Warum hätte man nicht ebenso gut sapis, basim gesagt, wie caballaris, mini- sterim und warum hätte sich aus jenen nicht ebenso gut it. sapi, basi entwickelt, wie aus diesen cavalieri, me- stieri? Liegt es am r, warum haben wir nicht -eri fftr -erio, und nicht -ori für -orio, sondern nur

einer merov. Urkunde (Arb. de Jub. s. 113). Pleonastisch erscheint ad neben organischen dativformen von pronominen im Churwälschen ; so im Alt- engadinischen des Bifrun agli (ad illi) ihm, agli bab dem vater, ad aquaisti (ad eccu'-isti) diesem, a scodüni (ad quisque-ad-ani) jedem; so auch im Ob waldischen agli ihm und dem, wie im Nidwaldi- schen des Bonifaci a nui (ad uni) (vgl. Salis-Marschlins Jahrb. YIII, 282).

*) Scheinbar liegen die meist spät- und vulgärlateinischen feminina nahe, welche aus der 3. in die 1. dekl. übergetreten sind, wie Briseida, cas- sida, decada, hebdomada, Hellada, lampada, Persida, promoscida, Salaminai sirena, sphinga. Aber dies sind in der that ursprüngliche accusative, wie neugr. yvidlxct, nar^i/Üa' In Italien schwand auslautendes s früh, nach d'Ovidio (s. 24) war dies zu anfang des 4. jahrhs. „un fatto compinto". Die entstehung obiger formen müsste also vor diese zeit und zwar lange vor sie fallen. D'Ovidio führt zwar einige formen aus der älteren sprachei wie mentis, frondis, an, doch von ungleichtonigen, wie eben am ori 8, actio- nis, lässt sich keine literarische spur entdecken und sie könnten höchstens der späteren Volkssprache angehören. Wenn es mir nun schwer glaublich erscheint, „che in alcuni norai il nuovo nominativo si coniasse quando era ancora sensibile un' eco dell' s finale^, so weifs ich nicht, was es bedeuten soll, dafs bei anderen nominibus sich dieser neue nominativ erst nach vöUi- ger verstummung des s gebildet habe (s. 29). Veritate an stelle von ve- ritas ist ebenso der casus obl. an stelle des nominativs wie rosa 8 für ro* sae im Westromanischen. D'Ovidio verbirgt sich das schliefslich selbst nicht, wenn er sagt: „nel latino invece dove gli obbliqui si son tntti aggusr gliati tra loro, e dove il nuovo nominativo esemplato sugli obbliqui, staute la caduta deU' s finale, h divenuto an cor esso simile in tutto agli obbliqui^ i succedanei de' nuovi nominativi si pigliano piuttosto per il snccedaneo comune degll obbliqui funzionante da nominativo, che per succedanei de* nuovi nominativi, modellati s\ sugli obbliqui, mapur veri nominativi*^ (ebend.)«

zur romanischen Sprachwissenschaft. 173

-ieri för -ario (der analogie dieser form folgt das ein. zige inestieri = miuistcrium)? Wollte man aber be- haupten, dals auf '^caballaris = caballarius u. s. w. vulgaris, singularis u. s. w. eingewirkt haben, so kann dies kaum etwas anderes heil'sen als-arius sei mit -aris zusammengefallen und warum ist dann caballarius nicht ebenso zu caballare geworden wie scholaris zu sco- lare? Dafs diese endungen nicht mit einander zusammen- gefallen sind, dafür gibt es keinen besseren beweis, als ihre häufige Verwechselung; so haben wir z. b. für scolare = scholaris, ein scolaro, scolajo = *scholarius. Das nebeneinanderbestehen von e und i in leggiere und leg- gieri erklärt d'Ovidio daraus, dafs -is = -ins entweder nach der analogie von -isin navis, panis behandelt oder dafs i gewahrt wurde, weil es durch -zusammenziehung entstanden und demgemäfs lang war. Indessen ist dies von wenig belang; -ieri kann leicht für -iere und dieses leicht für jenes stehen, nur ihr verhalten zu -iero bereitet Schwie- rigkeit. Wenn d'Ovidio -ieri aus einem von -ari streng geschiedenen -arl herleitet, so muss er einen umlaut des a zu ie annehmen, wie er sonst im Italienischen nicht nach- weisbar ist. Soll hier ein nicht palatales i in der vorher- gehenden silbe ein i erzeugt haben, wie im prov. palaizi (vgl. fr. cuisine, altfr. foilia, neusp. maitines = altsp. matines, welches bei Diez wb. ^ I, 261 zu dem „schwer zu erklärenden" pr. altfr. oberit. maitin nachzutragen ist; ähnlich altsp. ccurugia u. a.)? Liefse sich -ieri ebenso wie -iero aus ' dem vorauszusetzenden -airio ableiten, dann wäre uns geholfen; aber das im Prov. gewöhnliche ausl. -i = -io ist im Ital. nicht nachweisbar (doch Dio- uigi = Dionysio). Das sicherste scheint es, -ieri auf -iere und -iere auf -iero zurückzuführen. Die vorwärts- gehende Wirkung des diphthongen ie oder vielmehr des in ihm enthaltenen i thut sich in doppelter stufe kund: e = o (vgl. altital. desire, martire martore, sospire = -irio; auf *de8irio habe ich schon vor d'Ovidio VV. I,

174 Schachardt

302 desio bezogen*)) und i =e (vgl. dieei =diece neben sette, indi = inde neben onde, wie ivi=ibi neben ove). Jede dieser beiden lautveränderuni^eu kommt auch unter anderen bedingungen bei nominen vor; so haben wir die eine in altit. pome, tormeute u. s. w., die andere in parii, altit. San Pulinari (bei Sacchetti), wo sich r einem fol- genden i günstig erweist. Ganz wie cavalieri = cava- li ere = ca valier o würde sich verhalten chianajuol. asiemi = it. assieme = ad 8imu(l)**).

Die grölsten bedenken verursachen entschieden die neutra; denn auf ihrer darstelluug im Romanischen beruht hauptsächlich die Diez'sche theorie. Dafs die romanischen sprachen das neutrum verloren haben, hat seinen grund in der Verwischung der lautlichen kennzeichen***) (-us und -um trafen in -o, -is und -e in -e zusammen). Wie wer- den aber die ungleichsilbigen neutra behandelt? Ffir -al und >ar bestanden volksthfimlich -ale und -are, so dafs der nom.-acc. mit den anderen casus übereinstimmte (so animale). In Wörtern, wie Caput, corpus, laetamen hätten sich im Romanischen zunächst zwei casusformeD bilden müssen capo capite, corpo corpore, lae- tarne laetamine. Die analogie der anderen Wörter regte die beseitigung der ungleichsilbigkeit an und es ist be- greiflich, dafs derjenigen form der vorzug gegeben wurde,

*) Es ist nicht zu läugnen, dafd die verwandten sprachen, das Sardi- sehe nicht zu vergessen, sich gegen die etymologie von desio sträuben. Innerhalb des Italienischen aber stöfst sie auf kein ernstliches bedenken Mussafia Rom. I, 499 meint, rj würde nie nach i zu j; indessen kommt -iriu- verhältnissniäfsig selten vor. Elision des r wie in battisteo, ro- meo, scaleo, scalea scheint ihm eher möglich; aber auch in diesen for- men ist r vor j geschwunden, wie z. b. in chianajuol. calendSo, da, p ft- glieo, peono u. s. w., wo e = aj steht (gomea ist *vomeria, wie it. gomiero = *vomerio).

**) Die logndoresischen formen candeleri, Iczeri, mariner!, mi- steri u. s. w. (sonst steht i nicht im auslaut) lassen sich mit der obigen nothgedrungenen erklärung schwer in einklang bringen.

***) Keineswegs in einer abneigung gegen dieses genus selbst, das nicht nur, wie d'Ovidio bemerkt, dem Romanen noch in substantivisch, mit artikel oder Präposition, gebrauchten adjectiven fühlbar ist (il buono, il com- baslibile, a caldo), sondern dem er auch hie und da wieder besondere form, wie im it. meglio, peggio (vgl. d'Ovidio s. 56 f.) oder im sp. lo, * ello, esto, eso zuweist.

zur romanischen sprach wissenBchaft. 175

welche die andern im aecent mit ihr übereinstimmende statistisch so sehr überwog; *caplte, *corpöre, *lae- tamine würden allerdings stärkeren widerstand ent^regen- gesetzt haben. Einige neutra scheinen einen anderen weg ein- geschlagen zuhaben; allein e£r wird nachgewiesen, dal's die einen, wie culmine, termine, genere, nicht volksthüm- lieh sind, die anderen, wie cadavere, rovere,inderthat aus dem nom.-acc. entstanden sind, indem dessen auslautendem r ein e angefügt wurde. Dieser Vorgang liegt noch deut- licher vor in cuore, fiele, miele. Ich mochte fragen: ist überhaupt die möglichkeit zu bestreiten, dafs die gen.- dat.-abl.*form eines lat. neutrums im Romanischen gel)lie- ben sei? Hat sie nicht im Spanischen bei der endung -meii den sieg davongetragen? Sind nicht er am bre, lumbre, nombre, altsp. eramne, lumne, nomne = aeramiue, lumine, nomine? Was aus aeramen, lumen, nomen geworden wäre, zeigen die port. formen und spanische wie alun, betun, alt betume, cardume, lefiame, sain. Merkwürdigerweise scheint Diez (gr. ® I, 219) -ne für umgestellt aus -en zuhalten. Sardische formen, wie ist a- miue, ramine, ossamine (daneben nomen, semen*)) zerstören jeden zweifei. Ist es aber möglich, rovere = urspr. robore zu setzen, warum es auf ein erst aus ro- bur entstandenes * robore beziehen? Jene einsilber be- finden sich in einer etwas verschiedenen läge; aus cor konnte nicht wohl *cuö werden, aber aus robur (vulg. robor) wohl *rovo, wie aus marmor marmo u. s.w. Uebrigeus ist es wohl das einfachste, den neutren auf r frühe heteroklitische neiguugen beizumessen; man vergleiche m är- merem, papaverem^ sulphurem, und bedenke, dal's die spanischen Wörter auf-umbre, -ambre, -imbre zum weibl. geschlecht gehören. Die deutung des italienischen plurals erscheint weniger sorgsam. Wenn nach d'Ovidio aus coronis coroue, aber aus asinis asini geworden und die Ursache dieser Verschiedenheit in der verschieden-

*) Merkwürdig erscheint, was Spanu Ortogr. surda I, 67 iiiiitheilt: «Evvi anche ne' nomi che sortono in -inis lat. un' ombra di geiiet. dicendo V. gr. SU nomen, su samben, su semen, ecc. de su nomene, de su sambenei ecc. cos\ nei nomi in er: su cadaver, de su cadavere ecc*

176 Schachardt

heit der dazu gehörigen nominative zu suchen ist, so han- delt es sich eben nicht mehr um rein phonetische erscbei- nuugen und wir dürfen ebensogut sagen: coronis und asinis gehen in den uominativen Corona und asini auf, oder vielmehr, sie kommen in gänzlichen wegfall, weil in ilmen beide deklinationen niclit mehr getrennt sind, ganz so wie die accusative, Coronas und asinos, als ital. plu- rale unbrauchbar sind, weil die trennung des Singulars vom plural aufboren würde*). Daher drückt sich Flechia in sei- ner besprechung von d'Ovidio's schrift Rivista di filologia I, 90 besser dahin aus, dai's der nom. pl. der 1. u. 2. dekl. vor allem deshalb dem ital. plural zu gründe liege, „perche le due forme in e et i, giä verisimilmente simboleggianti pel plurale i due generi come pel singolare a et o (u), dovevano contenere in sd un elemento di vitalitä estra- neo alle altre forme." Aber er giebt d'Ovidio irrtbQm-

*) Tobler s. 1902 ff. führt die it. pluralendungen -e und -i auf die lat. accusativenduug&n -as und -es zurück. Ich erkenne diesen gedanken insofern als einen sehr glücklichen an, indem er der romanischen ploral- bildung ein einheitliche.«« princip zu gewinnen sucht. Der nachweis aber, so scharfsinnig er auch ist, gelingt nur zum theil. Zunächst nimmt Tobler an, dafä der plural der beiden deklinationen in einen zwischen e und i sch'we« benden vocal ausgelautet habe, der dann von der „nach Sicherheit nnd Sau- berkeit ringenden*^ spräche einerseits zu i, andererseits zu e entwickelt wor- den sei. £r beruft sieb dafür auf folgende umstünde; 1) Dafs in der alten spräche viele masculina den plural nicht wie heute in -i, sondern in -e bil- den; formen wie idulatrc, naute, profete, w^enu sie überhaupt als volks- thUmlicIi betrachtet werden dürfen, beweijäen gerade für eine ursprüngliche saubere vertheilung der vocale e und i auf beide deklinationen (nicht auf beide genera). 2) Dafs sich in der alten spräche und noch beute bei ali und armi (doch ist dies ein altes neu(rum) ein plural auf -i von femi- ninen finde. Die gewichtigkcit dieser thatsache lässt sich, besonders im hin- blick auf das Rumänische, auf welches Tobler an einem andern orte einzu- gehen verspricht, nicht in abrede stellen. 8) Dafs alte plurale in -e statt in -i von masculinen in -o vorkommen. Mir erscheint das e hier nicht minder als eine späte Schwächung von i, wie in den zahlreichen ital. mundarten, welche im plural der 1. und 2. dekl. gleichmäfsig -e haben. Für diese er- giebt sich ein ursprünglicher gegensatz von -e und -i theils aus der gestalt des vucalischen stamminlauts, theils aus der des konsonantischen stamm- auslauts ; vgl. ncap. buone = boni, bone = bonae (wäre es a=s bonas, warum dann puorte = portas? s. zeitschr. XX, 286) oder osttosk. queglie = eccu' illi, quele = eccu* illae. Wie e ftlr i, so steht zuweilen auch i ftlr e; z. b. romagn. grassi (crassae) neben gross (crassi); s. Mussafia darstell, der romagn. md. s. 61. 4) Dafs die Schriftsprache vieltach zwischen auslautendem e und i geschwankt hat und heute noch spuren dieses Schwankens zeigt. Dieses eben lässt sich mit ganz gleichem rechte für die annähme, dafs das verhältniss von -e der 1. dekL

zur romanischen spracbwissenschaft. 177

lieber weise schuld, die it. pluralform vom lat. ablativ ab- zuleiten und ebenso den plural der 4. dekl. mit stillschwei- gen zu übergehen. Das alte le mano = manus pl. hätte ich der erwähnung werth gefunden. Das plural-i der 3. dekl. führt d'Ovidio auf das nicht blos archaische -is des nom.-acc. und das der analogie der beiden ersten deklina- tionen folgende -is = -ibus des dat.-abl. zurück. Nach Flechia machen zwar die span. und sard. formen in -es die volksthOmlichkeit jenes -is für -es unwahrscheinlich. Aber warum kann nicht in den einen gegenden -es, in den anderen -is geherrscht haben? Und die ausdehnung des plurals der 2. dekl. auf die 4. dekl. beweist nichts flQr die ausdehnung desselben auch auf die 3. dekl., da hier die dort eingetretene gleichung des singulars fehlt. Sehr treflRend hingegen bemerkt Flechia, dafs die alten weibl. plurale in -e wie parte, prece (d'Ovidio berührt die- sen punkt kaum und übersieht, dafs es sich nur um femi-

zu -i der 2. dekl. später getrübt worden ist, geltend machen. Die hanpt- frage ist nun entschieden die: kann ans -as und -es -i werden? Die Wahl- verwandtschaft des s zu i (noi, voi ist = nois, vois=:no8, vos) ver- kenne ich keineswegs. Was -as anlangt, so bietet sich zu ale oder ali = alas in cante oder canti =s cantas eine vortreffliche parallele dar. Ja, ich will, indem ich über das Italienische hinausgreife, für Tobler's hypo- these die weibl. plurale auf »es (sing, -a) im Asturischen, Katalonischen, Engadinischen (schon in einzelnen formen bei Bifrun), tirolischen Mittel- romanisch und auf -is (sg. -e = -a) im Friaulischen anfuhren. Wäh- rend also -i = -as im Ital. (und Rumän. ) sich nicht im Widerspruch mit den lautgesetzen, wohl aber in Übereinstimmung mit der pluralendnng aller anderen roman. sprachen befindet, von denen keine den nominativ auf -ae gewahrt hat (nur der südsard. plural des artikels is wird von Diez gr. ^ II, 81 mit recht als ipsi, ipsae gedeutet), so verhält es sich mit -i = -os in beiden beziehungen anders. Denn die enklitischen formen ne und vi = nos und vos allein entscheiden nichts. Und -äs, von dessen behandlung im Ital. die von -ös doch nicht abweichen konnte, er- giebt immer -o: corpo, amiamo, sotto; vgl. altit. nievo = nepos. Ferner würden wir nach Tobler das plnralische -i des Provenzalischen und Mittelromanischen (davon noch welter unten), das ganz zweifellos dem lat. -i des nom. pl. entspricht, von dem it. -i =s -os trennen müssen. Dies ist aber deswegen sehr bedenklich, weil beide gebiete aneinander grenzen und die Übereinstimmungen zum theil zu schlagend sind, um als zufUllig betrachtet zu werden, so erscheint prov. tug mit lomb. tue (alt tugi) = toti, prov. miei mit it. miei = mei als identisch, so geht wohl auch it. tuoi, suoi

nicht auf tuos, suos, prov. tos, sos, sondern auf prov. toi, soi = tui, sui zurück. Dafs aus der behandlung des gutturalen stamm- auslauts vor e und i keine sicheren Schlüsse zu ziehen sind, gesteht Tobler selbst ein.

Zeitschr. f* vgl. sprachf. XXII. 2. 4 o

178 Schachardt

nina handelt) auf dem „simbolismo sessuale^ berahen, dafs sich gleichsam die weibliche 1. und die männliche 2. in den plural der 3. dekl. zu theilen versucht haben, ebenso wie io den sing, (dota, ghianda, pasciona, sorta, tossa, vesta albero, comuno, confessoro, ghiro, lavoro, sorcio). Nach einem blick auf das verhalten der übrigen romanischen sprachen kehrt d'Ovidio zu der frage zurQck, von der er ausgegangen ist, und verneint sie: gewisse doppelformen, welche sich im Italienischen vorfin- den und von denen er eine reiche liste zusammenstellt, sind ihm zufolge kein zeichen des früheren Stadiums einer zweicasusdeklination. Entweder seien sie mehr scheinbar als wirklich oder in besonderen umständen begründet oder durch heteroklisie zu erklären. So entspreche tempesta nicht einem lat. tempestas, sondern einer nebenfonn des- selben nach der I. dekl. (vgl. oben s. 160), vipistrello nicht einem lat. vespertillo, sondern einem unbelegten vespertillus. Nach Flechia ist die gleichung vipi- strello = vespertilio (venez. barbastregio) nicht be- denklicher, als die von farfalla = papilio; aber er hätte sich eher auf mila, vangelo = milia, evangelium, als auf assillo = *asilius (ämil. diall. asij, asej) = asilus berufen sollen. Andere jener formen stammen aus stereotypen lat., so Santa Trinita (name einer kirche zu Florenz;, Civitavecchia. Als heteroklita finden wir verzeichnet die Wörter sangue, frate, suora, nemo, prete, struzzo, lampa, vieto*), pregno, gorgo. Die bemerkung über suor = suora = soror wird von Flechia berichtigt und ergänzt; er bezieht suor auf alt- senes. und altpisan. suoro (das auch im plural vorkommt) = sizil. soru. Den schluss bildet dann die ziemlich be- deutende reihe der doppelformen, welche nach d'Ovidio auf einer doppelten heteroklitischen Strömung beruhen, einer vom nominativ nach den cass. obll., und einer anderen ent- gegengesetzten. Dahin gehören also duolo und dolore,

*) Dies gehört in die folgende reihe, weil auch vetero vorkomint (yfjL ortsnameo, wie Castelyetro, Gervetri).

zur romanischen Sprachwissenschaft. 179

moglie und mogliere, tizzo und tizzone, orafo und orefice, serpe und serpente, cespo und cespite (statt dieser litterariscben form ist nach Flecbia besser cesto zu setzen) u. a. Flecbia f&gt nocb einige beispiele hinzu, wiefieto, fetu mundartl. und fetore, nievo (bei Pulci), nevo (ligur.) und nipote*). Tebro stellt d'Ovidio als eine litterarische form mit Dido, Giuno, margou.s.w. zusammen; nach Flecbia ist es eine volksthümliche form (in welcher freilich das unverwandelte b aufföllt) und nicht nom., sondern casus obl.; sonst mOsste es von einem Ti- bero, Tiberonis herkommen, welches nicht vorhanden sei. Woher es ist dies eine nahe liegende zwischen- frage kommt aber in Teverone, dem neuen namen des Anio, das -one, welches doch als augmentativ zu betrachten der Sachverhalt nicht zulässt? Nach dem anliegenden Tib ur hiefs der fluss im mittelalter Tiburius, Tiberius, auch Tiberis. In der auffassung aller dieser formen kann ich mit d'Ovidio nicht ganz übereinstimmen. Heteroklisie setzt immer eine deklination mit mindestens zwei scharf getrenn- ten casus voraus; die heteroklisie aber, welche jene dop- pelung erklären soll, müsste in eine zeit fallen^ in der die deklination eher den italienischen als den lateinischen typus trug. Wir haben oben die möglichkeit solcher nominative, wie amoris, veritatis, nicht geradezu bestritten, aber hat man wohl je deklinirt mulies (für mulier), muliis, mulii, muliem, mulie oder melius (für melior), me- lii, melio, melium, melio oder gar princes (für prin- ceps), princis, princi, princem, prince? Ein ge- schriebenes doluS' oder dolum (für dolor, dolorem) bedeutet nur ein gesprochenes dolo. Wenn d'Ovidio it. sangue lieber von sanguis, gen. ^sanguis, als von san- guen ableiten will (s. 55), so hStte er sich auf den im Cantabrig. des neuen testaments mehrfach vorkommenden accusativ sanguem (umgekehrt begegnen wir anderswo einem nominativ sanguinis; s. Rönscb It. und Vnlg.

*) Auch Tobler s. 1901 trägt zu den Verzeichnissen d'Ovidio's nicht wenige formen nach.

12*

180 Schuchardt

8. 264 fg.) Stützen können; aber ist dieses 8 an gueni etwas anderes als das schon italienische sangue, dem der Schrei- ber ein m anfügte? Deklinirte man noch annus, anni, so war sarto(r), sartoris hinlänglich davon geschie- den; war anno der einzige casus des Singulars, so er- schien sarto ganz gleichgeartet mit ihm, und bildete nach dem plural anni den seinigen sarti; man mag dann von einer (sehr späten) heteroklisie in bezug auf den numerus reden, aber nicht von einer heteroklisie innerhalb des Sin- gulars, welche erst den einzigen casus sarto ergeben hätte. Meiner meinung nach geht von jeneu doppelformen die eine in der that auf den nominativ, die andere auf den cas. obl. zurück; sarto neben sartore beweist eben gegen den volksthümlichen nominativ *sartoris. Innerhalb des Italienischen hat sich nie, davon bin ich überzeugt, ein solcher gegensatz zwischen dem casus rectus und deni ca- sus obl. nach form und werth festgestellt wie im Prov. oder Altfranz., aber ebensowenig sind überall die verschiedenen casusformen zu gleicher zeit iu einer einzigen aufgegangen. Im Nordwestromanischen gab zuerst, den lautgesetzen gemäfs, der sg. der 1. dekl. den casusunterschied auf, im Italien, auch der sg. der 2. und der gleichsilbigen 3. dekl., die ungleichsilbige 3. fügte sich dieser gewichtigen analogie, doch nicht ohne kämpf, mag dieser länger oder kürzer ge- dauert haben. Von ihm geben jene doppelformeu zeugniss. Eines aber müssen wir festhalten. Den accusativ als grund- form des romanischen casus, bez. casus obl. im singuIar zu betrachten, ist ebensowenig falsch, als zu behaupten, dafs im Lateinischen auf die frage wo? bei städtenamen der gen. sg. der 1. und 2. dekl. und der abl. sg. der 3. und pl. aller dekl. stehe. Diese regeln halten jeder probe stand, aber sie erklären nichts, sie verläugnen die geschicht- liche entwicklung.

Wir glauben nicht, dafs mit alle dem die Untersuchung über die Ursprünge der romanischen deklinatiou ihren ab- schluss erreicht hat, und dafs sie ihn überhaupt erreichen kann, ohne sich über alle mundarten in gleich eingehender weise auszudehnen. Man neigt nur zu leicht dazu, aUe

zur romanischen spraohwissenscbaft. 181

gegensätze, welche zwischen den zweigen eines sprachstam- mes bestehen, als ursprüngliche und grundsätzliche aufzu- fassen und der spräche eine teleologie beizulegen, die mit ihrer natur ganz unverträglich ist. Wie viel qualitative unterschiede erscheinen nicht von haus als quantitative! Besonders lehrreich in dieser beziehung ist der roittel- romanische sprachkreis. Innerhalb dieses stofsen nicht etwa das nordwestromaniscbe und das italienische declinations- System in einer scharfen grenze aneinander, sie geben viel- mehr in einander über. Es sei mir gestattet, das näher zu erläutern. Im Obwaldischen sind die formen des cas. rect. und des cas. obl. beim schwachen particip in provenpali- scher weise noch vollständig getrennt, nur dals wir hier noch das ital.-rumänische plural-i finden, von welchem im Proven^alischen nur wenig spuren übrig sind:

sg. -aus und -ieus (-eus, -ins) -au und -ieu (-eu, -iu)

pl. -ai und -i (-ii)

-aus und -ieus (-eus, -ius). Beim adjectiv und starken particip besteht heutzutage der unterschied fast nur im singular; der plural lautet all- gemein in -s aus, der plural in -i ist, so weit meine quel- len reichen, dem erlöschen nahe (vgl. die pronomina ei = illi neben eis =s illos, sezi = ip8'(?) ipsi neben sez = ip8'(?) ipsos*); sogar cuvretgi neben cuvretg8 = copert.). In älteren büchern sind aber formen, wie giesti (iusti), nieui (nudi), migeivli {amicabiles), faiggi (facti), giggi (dicti), trachi (tracti), durchaus nicht ungewöhnlich. Die bedeutung des nominativs und des objectscasus erscheint hier wesentlich modificirt. Der no- minativ wird zum ausdruck des prädicats und attribnts verwandt, z. b. il prau ei verds (die wiese ist grün), el vegn ludaus (er wird gelobt), el ei Staus fatgs sontgs (er ist heilig gemacht worden), geniturs ben- patartgai per lurs uff ons (eitern, wohl bedacht ftSr ihre

*) S. über die herkanft dieses wortes Ascoli Arcb. glottol. ital. I, 108 f. 215 f.

Xg2 Scbnchardt

kinder), in hum pleins da inerits (ein mann voll Ver- dienste); aber il prau verd (die grüne wiese), ieu hai ludau (ich habe gelobt), in carstiaun schirau (ein ge- lähmter mensch), il mussau (der gelehrte)*). Man sagt nicht nur ta salve Schubers (halte dich sauber), el se fa libers da me (er macht sich frei von mir), wie im Prov., sondern auch el igl figet sauns (er machte ihn gesund). Doch in scha vens a far salf tatez a quels c^auden tei (so wirst du selig machen dich selbst und die dich hören Timoth. I, IV, 16) erhält salf weder attribu- tivisches, noch pluralisches s, weil das object nachsteht, und ebenso heifst es la scienza fa über (die Wissen- schaft macht frei), während die passive wendung lautet: ins (unus) vegn libers (man wird frei). Wichtig ist es, dafs nach neutren (igl, ei, tgei, quei, tschei,tutt, nagutt) das adjectiv oder particip ohne s bleibt, z. b. igl ei ver (es ist wahr) = prov. el es vers. Auch collective plurale scheinen wie neutra behandelt zu werden. Man vergleiche z. b. folgende stelle des reformirten lesebuchs (Segund cudisch de scola Cuera 1851) s. 85: „Zvetschcas, pera et autra puroma vegn torreu; carn, ligiongias, carn piertg vegn fimentau; fava, crut asch vegn fatg en cun sal; truffels, ravas, selleria vegnen schermiai en tschaler avon fardaglia.^ (Zwetschen, bimen und anderes obst wird gedörrt; fleisch, wQrste und Schweinefleisch wird geräuchert; bohnen, Sauerkraut wird mit salz eingemacht; kartoffeln, rüben, Sellerie werden im keller vor kälte be- wahrt). Die angegebenen regeln finden wir in den gedruck- ten texten nicht selten verletzt, z. b. nicht nur latg tievi maschadau cun aua (wie wir im deutscheniBagen „mit wasser vermischte laue milch^ neben ^laue milch mit Was- ser vermischt^), sondern auch daners gudognai (ge- wonnenes geld), in hum meriteivels (ein verdienstvoller

*) Gerade in umgekehrter weise ist dieser unterschied von den Schrei- bern der beiden ältesten hdss. des Alexinsliedes geltend gemacht worden; G. Paris in seiner ausgäbe dieses Sprachdenkmals s. 109 meint, es verrathe sich hier „Tinfluence d'une langue germanique sur ce copiste: nous recon- naissons encore ici les traits du dialecte spe'cialement anglo-nonnand. **

zur romanischen spraohwisBensehaft. ISd

mann), paupers e sventirai orfens (arme und unglück- liche Waisen), quels techochentai (jene verblendeten), il pli pitschens dels apostels (der geringste der apo- ötel). Sogar ein Substantiv unterwirft sich diesem gesetze, nämlich gi (di) = dies, z. b. ei catscha gis (es wird ^^g)? ^S^ f^^ gi^ (^^^ tagesanbruch) ; die Wochentage haben immer s, z. b. vendergis = Veueris dies. Bei einem anderen Substantiv aber besitzen die beiden formen, die mit und die ohne s noch ihren alten casuswerth, doch nur in der (sog.) katholischen mundart des Obwaldischen. Der name gottes lautet hier im casus rectus Dieus, im casus obl. Diu; so: Dieus dispona, o Dieus! ro- gar Diu, de Diu, a Diu, cun Diu. Aber auch im no- minativ (und vocativ) wird Diu gebraucht, wenn eine ad- jectivische bestimmung hinzutritt, z. b. il car Diu, il Diu car, ah miu Diu! Das Reformirt-obwaldiscbe kennt nur noch Dieus, Deus, mit wenigen ausnahmen wie per Tamur de Deu oder per l'amur Deu (daher mur- deu, ein bettler), ils ^gls de Deu (gottes äugen), wo der genetiv mit dem vorhergehenden Substantiv fest zusammen- gewachsen ist (aber la grazia de Di'eus, il truamen de Dieus, das gericht gottes). Umgekehrt ist im Ober- halbsteinischen und Oberengadinischen der objectscasus stehen geblieben: Dia, Dieu. Dieu schon immer im MOsserkrieg; allein bei Bifrun sind Deus und Dieu ziem- lich streng geschieden, sogar deus mesi (mein gott), lur deus es Vg vainter (ihr gott ist der bauch), doch dieu era aque vierf (Joh. I, 1); bemerkenswerth ist daselbst der plural diels. Im Unterengadinischen wiederum haben sich beide formen erhalten: Deis ais etern da Dien, a Dieu, cun Dieu. Doch ist hier das ursprüngliche ver- hältniss am meisten getrübt; denn einerseits gilt Deis im- mer für den accusativ (rovar Deis, gott bitten), wech- selt sogar nach präpositionen mit Dieu (z. b. avaunt Deis Jac. I, 27 avaunt Dieu Timoth. I, V, 4; pro Deis Joann. I, 1 pro Dieu Hebr. XII, 23; segund Deis Pet. I, IV, 6 contra Dieu Jac. IV, 4, sogar da Deis Thess. I, I, 3) und steht regelmäfsig (also umgekehrt

184 Schachardt

wie im Ob waidischen) mit einem attribut (z. b. il Segner Dei8, DOS Deis, al Deis vivaint, a meis Deis, dal invisibil Deis, freilich auch dal etern Dieu Rom. XVI, 26). Andererseits wird Dieu für den vocativ verwandt (o Dieu!), und als prädicat, auch wenn ein attribut dabei steht (z. b. il pled eira Dieu Joann. I, 1, Deis nun ais Dieu da confusiun, mo da pasch Cor. I, XIV, 33, Deis nun s' turpaja d'els, da gnir clamä lurDieu Hebr. XI, 16), sowie als subject, wenn der gegensatz zu einer mehrheit vorliegt (so ün sul Dieu, ün Dieu su- let, il sulet Dieu ein einziger, der einzige gott; doch ön sulet Deis il Bap Cor, I, VIII, 6, weil Deis il Bap aufs engste zusammengehört im gegensatz zum folgen- den (ün sul) Segner Jesu Christo), besonders von einer heidnischen oder fingirten gottheit (z. b. il Dieu dals quals ais il vainter Philipp. III, 19). In bQchern neuern datums ist das schwanken zwischen Deis und Dieus noch stärker als in der älteren bibelöbersetzung und scheint sich der unterschied zwischen beiden formen gänzlich zu verwischen; so lese ich z. b. in einem religiösen leitfaden in bibelversen von 1859 abwechselnd die eine und die andere als reinen nominativ: hier Deis ais ün spiert, dort Dieu ais ün spiert (Gott ist ein geist). Vgl. As- coli Arch. glott. ital. I, 231. Sind wir nun zu kühn, wenn wir vermuthen, dafs einst die zweicasusdeclination auf dem ganzen gebiete des Churwälschen eine viel weitere ausdehnung besafs als heute? Dürfen wir nicht voraussetzen, dafs einst untereng. meis (mis), oberhalbst, mies, schams. meas und obereng. mieu, nidwald. und obwald. mieu, miü ebenso innerhalb desselben dialectes nebeneinander bestan- den, wie noch heute Deis (Dieus) und Dieu (Diu)? Be- sonders reich an alten nominativformen ist das Obwal- dische, z. b. pescader engad. piscadur (piscator), ba- segns engad. bsögn (it. bisogno), welches sich an neutra, wie pez engad. pett (pectus), temps engad. temp (tempus) anschliefst. Doch treffen wir s auch z. b. in obereng, fuons = obw. funs untereng- fond (fundus), engad. fix (ficus). Völlig stammhaft geworden ist dieses

zur romanischen Sprachwissenschaft. 185

nominativ-8 in der substantivendung -udz, -unza, auch -onz, -onza (-8, -sa), eigentlich participialendung -ont-s der a-conjugation. So filunz (von filar = filare), la- vunz (von lavar), luvrunz (von luvrar = laborare), [medunz (von meder = meiere)], pavlunz (von pav- lar = pabulare), sal tunz (von saltar), sdratschlunz (von sdratschlar = far or sdratscha, heu zetten; mit sdratsch, lumpen, obw. sdarschleu, eng. sdratsch- lieu, zerlumpt, von sdratschar, stratschar == *ex- tractiare; vgl. Schweiz, streutschete, übriggebliebene heureste), [tiseunz (von teisser = texere)], vannunz (von vannar = vannere), vischdunz (von vischdar = visitare), zercluuz, ziercluuz (von zarclar = sarculare). Eigenthümlich steht obereng. sbevuus gei- fernd (von it. bava) neben obw. sbavun, unterengad. sbavus. Mit o: muronz (von murar = *amorare) und adj. vangonz od. vangonts würdig (= vindicans; vgl. ver vingiau verdient haben z. b. bei StefFan Ga- briel), wovon vangonzadad, vangonzamein. Ebenso esserpurtonza schwanger sein (doch donna purtonta). Vgl. obw. fanzegna kindisches wesen von lat. infans (obw. uffont). Gehen wir weiter nach osten, so sehen wir neben s auch noch -i zur bildung des plurals ver- wandt; grödner. heifst es z. b. maus (manus), meiles (mela), nuete8(noctes), aber agni (anni), gei (galli), liötg (lecti). Dasselbe gilt vom Friaulischen. Vielleicht treffen wir hier noch auf spuren des nominativ-s. So ist in dem lustspiel La Pace von M. Negro (Venedig 1599), wo ein Friulaner auftritt, die männliche endung -on immer mit s versehen: parons (patronus), poltrons, talpons (dummkopf; bormies, talpa dass. = maulwurf; freilich auch friaul. talpon = it. toppo). Im heutigen Friaulisch steht nus, uns, us (unus; vgl. obwald. oberhalbst, ins, man)? um das ungefähre der angäbe auszudrücken, z. b. us vinch, etwa zwanzig (sonst uu = unus). Kurz überall da wo auslautendes s nicht überhaupt verpönt wurde, erhielt sich in einzelnen fallen das nominativzeichen. So auch in logudor. finis, sidis, deus (aber perdeu! altsard.

186 Schuchardt

auch Deu), span. Carlos, Marcos, dios, wie im alt- span. huebos (opus); vgl. pares (paries) Berceo sign. 6. Wenn in diesen formen, denen ande/e, wie p raste (presbyter), sastre (sartor), cal (calx) zur seile stehen, von keiner heteroklisie die rede sein kann, warum eine solche bei ital. moglie, sarto u. s. w. annehmen?

Ferner muss die form der Wörter in betraeht gezogen werden, welche aus der lateinischen Volkssprache in andere sprachen übergegangen sind. Meist entsprechen sie dem cas. obl., zuweilen jedoch auch dem nominativ. So haben wir z. b. im Kymrischen zwar ciwdod (civitate), flur (flore), mwnt (moute), pared (pariete), paun (pa- vone) u. s. w. , aber von den Substantiven auf -o, -onis erscheinen eine ganze menge in der nominativform, so cebr (= capro oder = caper? vgl. alban. kjepgr, kjepre, rumän. kafer), draig (draco), gwalch (falco), raollt (multo). llew (leo, rumän. leu, pr. leo, deutsch leu), pabell (papilio), urdd (ordo). Aehnlich prudd (prudens), sarff (serpens; gemeinrom, *serpes). Doppelformen sind: cros croeg (crux cruce), osp ospyd (hospes hospite), corff corffor (corpus corpore), tymp ty mnxor (tem- pus tempore). Auch im Albanischen finden *sich einige nominativformen wie drekj (draco), j^t6 (aetas = friaul. jete), mbrett (imperator), nipp (nepos), väpg (vapor).

Fruchtbar aber vor allem würde es sein, mit dieser romanischen deklinations Vereinfachung entsprechende Vor- gänge anderer indogermanischer sprachen bezüglich des aus- gangs- und des endzustandes, der wirkenden Ursachen und der einzelnen zu tage tretenden entwicklungsstufen sorgfäl- tig zu vergleichen.

In einigem Zusammenhang mit dem besprochenen ge- genständ steht das erste capitel der Quaestiones onomato- logicae von Sievers. Ich hatte einst den wünsch ausge- sprochen, dafs sich über gewisse metaplasmen griechischer eigennamen im Lateinischen eine gründliche Untersuchung

Knr romanischen Sprachwissenschaft. 187

verbreiten möge. Diesem wünsche ist durch die vorlie- gende fleifsige und einsichtige arbeit genüge geleistet wor- den. Der Ursprung und die Verwandtschaft folgender in hinsieht auf vulgarität, alter und Verbreitung sehr verschie- denen deklinationsweisen wird dargethan:

1) Eutyches Eutychetis, Hermes Hermetis u. s. w., analog Qdlrjg &dkf]Tog u. s. w.

2) Hedone Hedonetis, Zosime Zosimetisu.s.w., analog Eutyches Eutychetis u. s. w. (ähnlich Sofia Sofiatis, anal. Nicias Niciatis); „cum in lingua ru- stica omnium fere temporura [aber, wie wir gesehen haben, keineswegs aller gegenden] s littera casus primi non pro- nuntiaretur, factum est, ut masculinorum in es et femini- norum in e exeuntium par existeret declinatio'*. Dafür be- lege aus Inschriften, wie Achille, Primogene oder (umgekehrte Schreibung) Florian es, Nices (es wäre zu bemerken gewesen, dafs die namensform Agnes sich fixirte).

3) Eros Eronis (und seine Zusammensetzungen), anal. Cicero Ciceronis u. s. w. Vgl. inschriftl. Ero, Hermero, Nicero.

4) Attis Attinis (männl.), Helpis Helpinis ü. s.w. (weibh), anal. SaXauig ^aXa/iiivog u. a. (es sind nur ein paar griech. Wörter, die so deklinirt werden).

5) Agathocles Agathoclenis, Hermes Herme- nis u. s. w. aus gleicher analogie wegen der ausspräche -is = -es {'t]g)'

6) Agathe Agathenis,- Danae Danaenis u. s. w., analog sowohl Agathocles Agathoclenis als Helpis Helpinis (seh wund des s). Man beachte übrigens die zahlreichen doppelformen wie ^ya&ig Aydd^riy davatg Javdf] u. s. w.

7) Iconium Iconionis, Philematium Philema- tionis u. s. w., anal. Amphio Amphiouis. Aus -lov wurde ebenso wie aus -icov lat. -io; vgl. inschriftl. Ero- tio, Philematio u. s. w.

Daraus ist manches allgemeinere zu lernen. Zunächst auf wie geringem anstofse oft erscheinungen von dem aller-

18^ Schurhardt

weitesten umfang l)oruhen; «lul« man also eher gefahr Ifiuft. Jen cinfluss der analogie zu unterschät/eu als zu Oh«*r- schätzen. Sodann zt»igt sich deutlieh, dafs die ungleiciisil- bige oder vielmehr ungleichtonige deklination der eigennamen (besonders der weibl.) aufserordentlich begönstigt wurde« Sievers wird auf di^se beobaohtung durch die frage ge- führt, warum sich nicht ebenso Eutyches Eutycbes, anal. TycheTyches finde wie Tyche Tychetis, anal. Eutyches Eutychetis. Er antwortet darauf: ^Her- rn ione si graeco more declinabatur Hermionee Her- mione Hermionen Hermione, cum n finalis omnibus temporibuB lenissima esset, s genetivi recentibus salteit:, omnium casuum idem fere erat sonus: quae molesta am- biguitas non modo metaplasmis illis (Hermionenis Her- mio netis), postquam errore vulgi nati sunt, opportuna fuit, cum eis casus planius distinguerentur, verum etiam effecit, ut graeca declinatio in femininis subsisteret neque in masculina quoque nisi rarissime invaderet" (s. 93). Vor allem spricht sich hier wohl die neigung aus die eigen- namen Oberhaupt zu verlängern und in ihnen den ton vom stamm auf eine häufig wiederkehrende endung zu verlegen. Daher fanden jene metaplasmen sogar in lateinischen namen eingang, so Felicissimete, Florenem, besonders bei denen auf -ana, z. b. Flavianeti, Mummianeni (auch die nominative dazu lauten Felicissime, Flore, Fla- viane, Mummiane). Ich wage es an eine innere Ver- wandtschaft solcher formen mit romanischen deminutiven, wie Marietta, Mariuccia zu denken. Denn es ist nicht allein der kosende sinn der endungen, es ist auch ihr rein physisches gewicht, um dessentwillen sie begünstigt wer- den. Schon zu römischer zeit sehen wir die stammbeton- ten Personennamen mehr und mehr den endungsbetonten weichen. Und wenn wir vorziehen Carolina, Ernestina statt Carola, Ernesta zu sagen, wirkt da nicht die gleiche Ursache? För jene im nominativ und in den casa. obll. zu tage tretende ungleichsilbigkeit bietet das Nord- westromanische eine merkwürdige parallele; man vergleiche nämlich altfr. Berta Bertain, Charles Charlon a.s.w.

zur romanischen Sprachwissenschaft. 189

Ich stimme mit G. Paris (£tude sur le röle de Taccent latin dans la laugue fran^aise s. 4f) ff.) darin gegen Diez überein, dafs mir eine deutung der endungsbetonten formen als lat. accusative schwer denkbar ist; aber nicht vermag ich mit ihm ursprüngliche deminutive in jenen zu erblicken. Ich stelle sie daher nicht mit Nicole, Porre cas. obl. Nicolette, Porrette völlig gleich, betrachte sie aber nicht minder als aus der analogie der ungleichsilbigen 3. dekl. hergeleitet. Wie nach Amphio Amphionis von Phile- matio Philemationis, so wurde nach Bueves Bue- von von Charles Charlon gebildet. Und ganz wie im Lateinischen handelt es sich auch im Romanischen ursprüng- lich um namen, die aus einer andern spräche herüberge- noinmen sind (s. d'Arbois de Jubainville Etüde sur la de- cliuaison des noms propres dans la langue franque ä Pepo- que merovingienne s. 35 ff.). Berte Bertain lautet im merovingischen Latein BertaBertane und die letztere fonu stammt aus der deutschen 1. schwachen dekl. der femininu (a. a. o. s. 27 f. 41 f.). Bertain = Bertam zu setzen kommt mir nicht weniger kühn vor, als Danaeni aus dem accusativ Dänaen zu erklären. Ich füge noch eine bemerkunji; über die endungsbetonten formen von eigennamen hinzu. Ist dii Vorliebe für dieselben nicht merkwürdig? Sollte man nicht erwarten, dals an den namen die Unterscheidung der in- dividuen eher hervorgehoben als verwischt würde? Nein, sondern bei den Romanen, besonders bei den Italienern, tritt das einzelwesen hinter der gattung mehr zurück. Im Italienischen werden die eigennamen bis auf einen ge- ringen rest einander assimilirt und zwar pflegt der betonte» vocal gewahrt und von gleichen consonanten eingeschlos- sen zu werden; so hört man z. b. in Rom Memmo (Gu- glielmo), Mimmo (Camillo) Mommo (Girolamo) Nena (Maddalena), Nina (Caterina) Teta (Te- resa), Tota (Antonia), Tuta (Geltruda). Gegen den 'betonten vocal erscheint hier alles unwesentlich; daher wird auch die auf ihn folgende silbe (oder folgenden silben) in mundartlichem vocativ abgeworfen. D'Ovidio s. i7, anm. 2 führt als neapolitanisch an: neh C^, neh Lui,

190 Burda, snr etjmologie des woitee thier.

neh Pä, von Cesare, Luigi, Paolo; aber diese er- scheinung ist eiue weit verbreitete, wir finden sie z. b. auf der iusel Elba und in der römischen Campagna, wo mir eine eigenthOmliche Verbindung der vollen mit der gekürz- ten form auffiel (ich horte Righetto ö Righä, Maria 6 Mari u. s. w. mit einem ganz bestimmten tonfall). Es erstreckt sich die apokope nicht nur auf appellative, son- dern auch auf imperative; sogar im Toskaniscben sind gua' = guarda (die Elbaner sagen mi = mira), mo' = mo- stra, to^ = togli (wie sp. to = toma) ganz allgemein.

Januar 1873. Hugo Schuchardt.

Die litteratur über den hier behandelten gegenständ ist seitdem nicht unbeträchtlich gewachsen. Hätten mir z. b. die reichen Sammlungen italienischer nominalformen von Canello in der Rivista di filologia romanza, von Flecbia in der Rivista di filologia classica, die anzeige der d'Arbois de Jubainville^schen schritt von Coelho in seiner Bibliographia critica, der aufsatz von L. Tobler über die scheinbare Ver- wechselung zwischen nominativ und accusativ in der Zeit- schrift für deutsche philoIogie zu geböte gestanden, als ich das vorstehende niederschrieb, so würde ich manches mir erspart, manches anders gefasst haben.

November 1873. H. S.

Zur etymologie des Wortes thier.

Dieses wort, welches althochdeutsch tior lautet, ist im gotischen nur im dativ des plurals diuzam belegt; als no- minativ des Singulars darf man *dius ansetzen. Was die etymologie des wertes anbetrifft, so kann man z in diu- zam entweder zum suffixe oder zur wurzel ziehen. Das erstere thut z. b. Leo Meyer in der „Gothischen Sprache^^, wo er es mit dem griechischen dkia, i'/oo^* und dem alt- indischen dhävati vergleicht. Gegen die bedeutung, die sich daraus ergiebt, lässt sich nichts einwenden, aber eine viel treffendere gewinnen wir, wenn wir z zur wurzel

Schmidt, 'l7tv6q. 191

Ziehen und diese für das gotische als *du8 ansetzen. Von einer gleichlautenden wurzel nun entspringt im slavischen und litauischen eine reihe von Wörtern, z. b. slavisch diichü (geist), dusa (seele), dychati (athmen), litauisch dausas (hauch), dvase (seele) u. s. w. Daraus lässt sich für diuz; am und tior die bedeutung „athmendes, beseeltes" entneh- men und das ist eine bedeutung, mit welcher man um so mehr zufrieden sein kann, als auch das lateinische animal unstreitig mitanimus, anima, a^fz/oi; zusammenhängt. Be- kanntlich liegt die wurzel dieses letzteren im gotischen uz- anau, im altiudischen äniti und im slavischen Qchati vor. Letzteres stellt Bopp mit recht zur wurzel an. Demi es ist so gebildet, wie z. b. ja-chati neben dem litauischen j6-ti, weil der consouant n mit dem vorangehenden vocale zn q verschmilzt und die wurzel dann wie eine rein voca- lische behandelt wird.

Wenzel Burda.

in V 6 g,

Nesselmann (Forschungen auf dem gebiete der preufsi- sehen spräche, Separatabdruck aus der altpreufs. monats- schrift bd. VII, heft 4) behandelt einige lateinisch geschrie- bene Urkunden, welche sprachlich dadurch wichtig werden, dafs sie preufsische Ortsnamen zum theil lateinisch glos- sirt enthalten und dadurch einige schätzbare bereicherun- gen dos preufsischen Sprachschatzes geben. Wohl die in- teressanteste von ihnen ist folgende. Ein högel heifst preufsisch Umpna oder nach dem anderen codex Umne, glossirt clibanus. Nesselmann sagt darüber: „Bei der herausgäbe des vocabulars verzweifelte ich an der richti- gen lesung der beiden worte no. 330, 331, welche den deutschen backhaus und backofen entsprechen. Jedes der beiden preufsischen worte zeigt in der Elbinger hand- schrift hinter dem V je fünf striche, deren gliederung und gruppirung durch keine marke irgend einer art angedeutet ist. Wenn ich demnach das eine Vinno-de, das andere Vinupins las, so geschah das allein aus dem bestreben, für die Stammsilben beider einander so nahe liegenden be- griffe möglichst gleiche klänge zu gewinnen. Jetzt, nach- dem wir die glosse in B haben, ergeben beide worte eich ganz ungezwungen also: 330. Backhaus, ümno-de (fftr Umpnode), 3'^1. Backofen, U mpnis. letzteres je- doch mit einschiebung eines zweiten (kleinen) u hinter der

192 Schmidt, Inwvq.

uDcialform V oder U, also Uumpnis. Die endung de io Umno-de vergleiche ich mit der gleichlauteoden lit. euduQg in alii-de, wo d^ (wurzel de-ti) das behältnis be- zeichnet; alüde ist sowohl bierfass als bierkeller, demge- mäfs umnode backofenraum, backhaus^. So weit Nessel- mann. Das uu in uumpnis ist wohl nur dittograpbie fär u, da umnode und umpna, umne der Urkunden ein- faches u haben und das uu neben u mir wenigstens nicht befrietligend zu erklären ist. Denn entweder soll uu lan- ges ü bezeichnen, was wenig wahrscheinlich ist, da sich vocal Verdoppelung^ im vocabular sonst nur bei e findet (Pauli beitr. VI, 419 f.)? oder uu tat wie im althochdeut- schen die geltung von wu, dann wäre in wumpnis neben umpna ein w im anlaut entwickelt wie in wosee ziegeneben lit. ozys Ziegenbock (u. a. Pauli beitr. VI, 446), auch dies ist nicht wahrscheinlich, da sonst im anlaut immer wu, nie uu geschrieben ist. Somit ist umpnis ofen fÄr das altpreufsische gesichert. Ihm entspricht laut för laut das griech. iTTi-Oi^. -is ist die gewöhnliche Vertretung des li- tauischen -as (Nessehnann vocab. s. 6. Pauli beitr. VI, 436). Das anlautende u kann durch die folgende nasal- gruppe aus ursprönglichem a entstanden sein wie in gun- twei treiben katech. (lit. genü, ginti, frequ. ganj^ti), wundan wasser voc. (lit. vandu), scrundos, serun- dus Fphpro (ahd. scrintan, scrant bersten), und Pauli beitr. VI, 423 hat unrecht diesen lautwandel zu bestreiten. So gelangen wir zu einer grundform ^ampnas, welche sich zu dem aus i;n/oc; zu erschliefsenden *apnas verhält wie die von mir zur geschichte des indogerm. vocalismns I, 32 behandelten worte, welchen man hinzufuge polnisch S(^i^gno höfte aus und neben sdiegno = abulg. stigno; abaktr. gäfnu tiefe aus *gafnu, vgl. gafra klaffend; Sayxdroi aus flcixpo). In diesen hat der suftigirte nasal durch assimilation auch die vorhergehende silbe nasalirt, und dasselbe war in umpnis der fall.

Was nun die weitere erklänmg von invog und ump- nis betrifft, so wird die annähme von Curtius (g. e.^661), dafs innig aus TtiTT-vog entstanden sei und zu niatfoi ge- höre, ebenso wie meine identification von Invog mit got. auhns, skr. apna- (wz. Aks. 71) durch preufs. umpnis widerlegt, und wir müssen uns vor der band damit be- gnügen dasselbe wort im griechischen und preufsischen nachgewiesen zu haben.

Joh. Schmidt.

Fick, zum makedonischen dialecte. 193

Zum makedonischen dialecte.

I. Makedonische glosseii.

1. aßayva ' ()ü8a Maxeäovsg,

Eine absonderliche bildung, die wohl eben wegen ih- res wildfremden klanges von dem alten glossensammler auf- gelesen ist, die sich aber ganz wohl aus dem Griechischen heraus deuten lässt. ad^(o heifst athmen, hauchen; dies steht für ofa^co^ dessen thema ofad ist. Nun werden be- kanntlich die themen auf 3 vielfältig wie solche auf y be- handelt wie z. b. von naid' kind nccl^w, nai^o/Aai^ wie von naty-' und von diesem stamme wieder naiyua^ naiy- via spiel gebildet wird. Nehmen wir das gleiche für a^ali an, so würde man daraus sehr wohl ajray-vo duftend, hauchend bilden können und dieses a^ayvo möchte ich in dem makedonischen äßayvo-v rose erkennen. Die duftende centifolie war gerade in Makedonien um Aigai zu hause, dort lagen ja die gärten des Midas, wo, wie üerodot VIII, 138 sagt, cpvsTai avro^ava ()68a^ tv HyMorov i^ov i^fjxovra rpvXXcf^ oSfifi re vnsQcpiQOvra taiv äkkcov.

2. aßaQTiva ' xofia th Maxsdoveg.

Die glosse ist verdorben; ihr inhalt lässt sich nicht ahnen; selbst M. Schmidt wagt nicht zu emendiren. Wir müssen sie also laufen lassen.

3. aßagv * OQiyavov (to hv) Maxsäovicf, Muthmafslich makedonisches wort, das aber zugleich

völlig griechisch ist. a-ßccov heisst nicht schwer, nämlich zu verdauen, das entsprechende sskr. a-guru nicht schwer (ebenfalls: zu verdauen) ist ein sehr gewöhnlicher name für allerlei kraut und gemüse. (Minder wahrscheinlich ist Zusammenhang mit dem deutschen ampfer, Sauerampfer, das mit sskr. amla sauer, lat. amarus bitter zusammen- gehört).

4. aßkot] ' öTievde MaxeSQiveg).

So hat M. Schmidt nach den handschriften hergestellt, aber auch so erweckt die glosse kein zutrauen; doch lässt sie sich mit heranziehung der glosse xaßleei xaramvei

Zeitachr. f. vgl. spracht'. XXII. 3. . ^ o

194 Fkk

(makedonisch?) deuten, xariuu steht flQr xata-ßkif^u tod Wz. ,'?/.i* = ffkv = lat. flu-o. Von rih^j: kann man regel- recht ßhtjo und daraus ein denomiuales ß/,qfiw bilden. Dieses liegt in «-;5Aoi; vor. a- wird för dra^ oder 0710- stehen und so dürfen wir cc-ßkot} als ai'a'{i?,6'H oder 0:10- ßlo-it deuten.

5. aßgoi'Tsg ' ocfovg MaxeSuveg.

Das wort ist nom. pl. von cc-jqovt- braue. Mit dem suffixalen r entspricht es ganz genau dem zend. brvai f. braue, in dem vocal Vorschlag a- dagegen stimmt es völlig mit dem griechischen d-rfgv. Der vocal ov ist kein ge- steigerter, sondern dem griechischen t; gleich; es scheint) dais die Makedouen, wie die strengere Doris und andere alterthümliche dialecte kein 1; (Qj besessen, sondern daf&r noch das reine u sprachen, das dann unsere glossen ange- schickt genug durch ov wiedergeben.

f). ayijua . ro Tzgoiov rov ßctaikkuo^ tdyua kXtffdvxmv xai ijiniuiv xa'i ntZm', oi Se tcov cloirsrojv r/^b ^IttxaöoviTe^g

Das wort ist nicht makedonisch, sondern spartanisch. cr/t^iicc hiefs die kerntruppe, die elite des spartanischen heeres, welche die stete begleitung des köuigs bildete und ist eben in dieser bedeutung erst später von den Makedo- nen adoptirt, wie ja auch sonst manche kunstausdrücke des kriegswesens von Sparta zu den anderen Griechen über- gingen wie z. b. /o/-a;'o-i;. Wie dieses in seinem ä die spartanische herkunft verräth, so auch Ycyfjua^ das gemein- griechisch rjyijuct lauten müsste.

7. dyxa),ig ' ä^O^og * xcii Sginavov Max6Ö6if(eg), In der bedeutung: arm voll, bündel (das soll ä^^äog be- zeichnen) ist dyxa'/Jg ein gemeiugriechisches wort, dagegen im sinne von „sichel^ nur bei den Makedonen gebräuch- lich, dyxiih] heifst bug, bucht, ctyxaUö- armbug, armvoll, eigentlich alle biegung, alles gebogene. Wenn man die griechischen Wörter: dyxkov axnhov^ ^dyxloVj d. i. ^a -f- dyx?,o~v^ Öoe/Tccvov, Zdyxhi ' ÖgiTiavov^ xai ovofia TtoXatag^ ddxolüv ' ÖQenavov (für öayxokov d. i. äa = ua-i-dyxokov) bei Hesych vergleicht, so darf man wohl annehmen, dafs

zum makedonischen dialecte. 195

einst auch äyxaXo^ speciell die gebogene sichel bezeichnet habe, und rein zufallig das wort in dieser bedentung bei den Makedonen erhalten, bei den Griechen untergegangen sei. (Richtiger vielleicht denkt man sich eine makedo- nische grundform dyxhä- entsprechend dem griech. ayxXo in ccyy.lov krumm, ^dyxXov sichel, und nimmt das a im ma- kedon. dyxaXid- als vocaleinschub.)

8. dSaXog (Macedones) äaßokog.

Damit verbinden wir gleich:

10. ddrj . ovQavog, Maxsdoveg und

12. äägaid ' al&gta. Maxsdoveg,

Dafs M. Schmidt döaXog mit recht den Makedonen zuweist, erhellt aus gl. 10 und 11. Es ergiebt sich hier- aus, dafs das verb aiß^ ai&M flammen im Makedonischen dd lautete, indem /> den makedonischen lautgesetzen ge- mäi's sich in d wandelte und ctl vermittelst ^ zu a wurde Der letztere lautproccss erinnert ganz an griechische Vor- gänge der art, vgl. z. b. die dativendung -<^ aus -cri, daeg^ Schwager aus dcttßSQ = levir = sskr. devar, aÖM aus djruöo)^ deido) und anderes, wenn sich auch dieser Übergang von dl in d im anfange des Wortes^ ohne einstiges /*, im Grie- chischen wohl nicht nachweisen lässt. Nach griechischer weise müsste man übrigens döaXog, (^öij und c^dgaid schrei- ben, und so würden auch unsere glossologen wohl ge- schrieben haben, wenn ihnen die abstammung der betre£fen- den Wörter klar gewesen wäre. Die einzelnen Wörter an- langend, so deckt sich ddaXog rufs mit ai&aXog rufs, schon bei Homer in al&aXo-eig rufsig von ai& durch X sufBx ge- bildet; ddii himmel deckt sich wahrscheinlich mit cüd-Jig g. äi&EQog und hat dann sein suffixales q abgestofsen; end- lich dÖQctid ist durch das suffix ta von ddga = dem ho- merischen ai&gi]^ attisch al&Qa himmelsheitre abgeleitet, woher auch hom, aidgfj-yeviTfjg beiname des Boreas. Die im Griechischen gewöhnliche form ai&gia himmelsheitre ist von ai&ga durch dasselbe suffix la gebildet, vor dem jedoch das auslautende a ausgestofsen wurde; beide wei- sen, bewahrung und ausstofsung des a vor to^ la sind be- kanntlich im Griechischen üblich.

13*

196 Fick

9. ciöSat , (jvuoi vni) Mcexsdovwr.

An eine zusammensetzuDg von ava-^ ccv- an oder a- zusamnien mit diio SiStj-ui^ deSe-y.a binden (also fQr a-SiSv}) ist wohl kaum zu denken ; hart wäre die annähme der zu- sammeuziehung von aöida zu adSa^ die bildung diöo da- gegen von öiöfjuv wäre nicht befremdlicher wie iCTo- von latci-vai stellen.

11. äSi6'A0V ' xvxewvcc. Maxedovsg.

Das wort lässt sich völlig aus dem Griechischen deu- ten. 7]öog n. hiefs nicht bloss freude, lust, sondern gemäfs der herkunft von der wurzel svad schmecken, auch alles, was schmackhaft macht und würzt, besonders (wie 7iSv(Tua) essig; so bei Attikorn, Chalkidiern, Kyrenäern. Dorisch lautete das wort aöog und so lesen wir bei Hesych ä3og* y.OQog^f 7z).jj(Tfiov7]^ Ttaocc Jeivoloxfo li^og. Die letztern, gesperrten worte gehen, wie M. Schmidt richtig bemerkt, auf ccSog^ adog = rjöog^ 7]3og gewörz, vgl. auch yaSog (d. i. jradog) ' ycilcc^ a)<.Kot, 6'^og bei Hesych. Forner erinnere man sich an rjöv'VO)^ das nicht bloss süfs machen, sondern schmackhaft machen, würzen bedeutet, ijöv-aua würze, al- les was pikant macht, pfeffer und essig. Nun waren be- kanntlich die y.vxevjveg der alten solche pikante süss- und würztränke, und demnach ist 'äö/axo-g ein regelrechtes de- minutiv auf laxog von 'döog würze wie iiü.'iax-io-v liedeben von uElog n. lied, ay.O^-iaxo-g schenkclchen von axiXog n. Schenkel. Dafs 'äÖKSxo keinen hauch zeigt, kann nicht be- fremden, da man auch griechisch rjÖog selbst in der bedeutung würze, essig neben iiSog gesagt zu haben scheint.

13. 'Aöcorcilog IloauÖHvv ist der Adonismonat, im späteren makedonischen kalender nach dem fremden cult des Adonis benannt. 14. !/lkno7iog, s. eigennamen.

15. ccxüVTtov . donciTiov, uixna i-oyy^. (m^iv di Alo^ Xug» xcci (JToarevuaTog uigog yiyntdvoov Maxeöuveg.

Aus dieser glosse ist freilich für das Makedonische nicht sehr viel zu holen. dxoVTiov ist die bekannte demi- nutivform von äxovT Speer. Wenn die Acoler den rück- grat axovTLOv nannten, so ist das ein ganz anderes wort,

zum makedonischen dialocte. 197

nämlich = ccxavOiov^ demiDutiv zu axavO^a dorn, sodann Spina dorsi, grat, gräte (der fische), rückgrat. Makedonisch ist nur der eigenthümliche gebrauch des wertes dxovriov wurfspiess, dais man nämlich die wurfspiefs führende ab- theiluDg der Agrianen im makedonischen beere schlechtweg TG d/.üPTiov den wurftpiefs benaante, übrigens ganz nach sonstiger griechischer analogie vgl. ij innog die reiterei, y danig das hoplitenherr, ixvoia danig zehntausend schwer- gerüstete, Tzikrt] peltastenschaar, ^oy^}} die lanzner, xd oTiKa die hopliten.

16. dxoia ' ncxlg ürjlHcc, Maxedoveg.

dy.oea ist eine ableitung von ax^o-^, etwa im sinne von ixxo7]ßü'g in erster, frischester jugend stehend; sonach wird dxgia de^s mädchen bezeichnen, welches in der dxfir} steht.

17. dxQovvoi ' (iooi vtio Max6ÖüV(ay»

Ebenfalls eine ableitung von dxou-g^ extremus, sum- mus, was am ende, was zu oberst sich befindet. Wie pas- send ein derivat von dxoo-g von den Makedonen verwen- det ward, um die grenze, ooog zu bezeichnen, liegt auf der band. In gemeingriechische laute umgesetzt, würde dxoovvoi als dxocovot erscheinen; dieses aber ist das durch Suffix -o erweiterte, oder wenn man will, in die o-decli- nation Übergetretene griechische wort dxoiop g. dxoiovog äusserstes glied, ende, spitze, das auch als nom. propr. '/JxQvüP erscheint. Makedonisches ov = griechischem cd wer- den wir auch in xvvovnig finden, das Makedonische theilte diese eigenthümlichkeit mit dem thessalischen dialectc. Deshalb kann es zweifelhaft scheinen, ob dxqovv ogovg xoQvcfT}^ rj OQog (deutlich = ccxqojv) für makedonisch oder thessalisch zu halten ist.

18. d'/j^a // ?^evx7] rdv öevögcov. MaxeSoveg.

?.evx7] bedeutet weifser fleck (z. b. der nägel), weifser aussatz, ?^evxt] twv öevÖQcov kann danach nur heifsen: weifser fleck oder weifsfleckigwerden der bäume. Dafür sagten die Makedonen d?uL,a. Um die acht griechische bildung des Wortes darzulegen, muss man etwas weiter ausholen. Die reflexe des lat. linere, li-tu-m bestreichen, sind im

198 Fick

Crriechischen sonderbar versteckt, waren, wie es scheint^ nur dialectisch erhalten, und zwar, wie lip salben, be- streichen darch ahff aXiiffta^ so durch a).i mit voealTor- scblag dargestellt. Es gehören hierher folgende glossen bei Hesych: a/UvBtv a?,eiffeir, cütvai ' tnaXüiVca^ aXüvai ' ri ina)Mxlfai roiy^qy, xaraXüvai {xrxra/uvai Phot.) xaraui^at (verschrieben aus xara/MWai)^ incc?,Bivai hna)M\pai {ri roiyjö). Statt uKuvai ist natürlich immer a)jivai zu schrei- ben, inf. aor. von ä)Uvia. Wie aus xXi durch einfluss des präsenthemas xUv^ wird aus aU linere «Air, was uns nnn so weniger wundern darf, als auch im sskr. li linäti (:^ ri rinati), lat. lino, linere, lit. lyna es regnet, das präsens durch na gebildet wird, also jedenfalls das präsensthema linäti fOr uralt gelten darf. Eine weitere Umgestaltung er- litt all, durch die bildung des präsensthemas ah^uv^ von Hesych durch ä)Mtpta&ai sich salben, beschmieren glos- sirt und von M. Schmidt, wie mir scheint, ohne grund verdächtigt. Vielmehr steht a/u zu aAuto wie xri zu xr/^oi. Die wahre wurzel von XTt'^co lautet, wie das sskr. käi weilen, siedeln beweist, bekanntlich xn, und hiervon stam- men im Griechischen selbst 'i-xri'uaiy iv-xTt-usrO'g^ Tzeoi- XTi-ovsi; ab; durch bildung von tcti^co aber wird das allge- meine thema xuS (xri^ü) = xtiS-jui) und daraus bildet sich nun xria-tja (== xrid-aa)^ xua-TTj-g (= xtiS-ttjo)^ xric-rufg (= xTiö'Twq) xTifS-xi-g (= xiiS-Tv-g)^ ja auch xridt-g grfin- düng ist nicht identisch mit sskr. k§i-ti Siedlung, sondern aus xuS-Ti-g, xriS-ai-g^ xria-üi-g entstanden. So ist auch das thema von aXi^eiv {aXeicfSö&ai) ahS- und aus diesem ist durch antritt des sufBxes -ja äli^a gebildet, das dem- nach fQr dhä-ja steht und von aliyBiv stammt. Eis heifst also äXiCa das bestrichensein, die betQnchung der bäume, und so konnte das fleckigwerden derselben sehr angemes- sen bezeichnet werden. Sonach ist äktL,a zwar kein sonst auf griechischem boden erzeugtes wort, aber so aus dem herzen der griechischen spräche herausgebildet, dass es al- lein genügen würde, den griechischen charakter der Ma- kcdonen zu erweisen. Von aA/^co, stamm ahÖ^ ist durch ;- weitergebildet (ganz wie (tekayeca von asX) akia-yiw be-

zum makedonischen dialecte. 199

sudle, ein erst in später gräeität auftretendes und vielleicht ursprünglich makedonisches wort.

19. «Ati; xd7i(jog, Maxedovsg,

Die glosse ist von Schmidt mit recht als verdächtig bezeichnet worden. Da uns unter uro. 18 die griechische Wurzel cch linere, beschmieren beschäftigt hat, so können wir kaum umhin, unsere glosse zu derselben, die in reiner grundgestalt ah lautete, zu ziehen und demgemäfs eine conjectur zu wagen, nämlich für xdngoq zu schreiben: x<S- nQog, Dann steht «A//; für dh-jrj und heifst: schmier, wie man den xonoog doch ganz passend nennen kann. Doch bleiben solche vermuthungen immer unsicher.

20. dtA.ah] ' an:aA/;, vta (Macedones).

dualog ist ein gutes, altes homerisches wort; wenn es als eigcnheit des makedonischen dialectes bezeichnet wird, so soll das nur heifsen, dafs dficckug, welches sonst nur in der poesie fortlebte, bei den Makedonen noch im gewöhnlichen leben gäng und gäbe war. So liegt auch in dieser glosse ein beweis für die griechische herkunft der Makedonen, denn wie sollten sie, wenn sie erst im 5. und 4. Jahrhundert gräcisiert wurden, dazu gekommen sein, poetische und homerische Wörter aufzunehmen; vielmehr würden sie dann blos die lebendige volksrede der Griechen jener zeit recipirt haben, in dieser aber lebte das wort ductXog nicht mehr.

21. !l'lvO'6i.iov(J(a ' rdy^a ti nagd MaxsSoaiv. k^ lAv- O-BfAOVvTog Tiokewg MaxeÖoviag.

Hieraus lässt sich für den makedonischen dialect nichts lernen.

22. d^og vlfj 7ta()d Maxeödaiv.

Die kretische Stadt !/l§og, Va^og^ deren bewohner auf münzen ^d^ioi heifsen, soll Sid to xarayijvcci tov rdnop (also von j^ay, dy-vv^ii brechen) benannt sein. Stephanos von Byzanz berichtet, dafs dl^og in mundarten gleichbe- deutend mit dy-nog bruch, absturz sei. Mit diesem fci^og^ d^og bruch, ist nun das makedonische ä^og wald, wie es scheint, identisch und bezeichnet den wald als „brucb, coupirtes terrain^. Die spurlose einbufse des ^ im anlaute

200 Fick

kann nicht befremden, denn das Makedonische gehört m zo den dialecten, welche stärkere reste des ^ als das ge- meingriechische bewahrt hätten vgl. z. b. jläyo^ ^ ^ofa^ yog^ agxov = a-^agxov und anderes. Von a^og wald, oder bnich stammt höchst wahrscheinlich !^h6'g name des ma- kedonischen hauptflusses, der also „wald- oder bmchflnss^ bedeutet. Ueber yl^og, "Oa^og vgl. Curtius GrundzQge, 494, 522. An hcrieitung von d/e^ wachsen ist nicht zo denken, denn dies lautet im Griechischen cc/b^^ as^^ av^, und das Makedonische steht dem Griechischen zu nahe, als dafs as^, av^ durch a^ reflectirt werden könnte.

23. ceooTij (Comici V, 1 p. 189) vno Maxedovwv «/- yog Sbou(xtivov iucntojv,

Regelmäfsige bildung von cefeg aeigu) heben, tragen, vgl. doQTJ} Schlagader („heber''), doQTr^o tragband, wehr- gehenk, doorrt'xfeig hängend, aufgehängt.

24. dnnag (Callim. Dian. 6, Macedones) d r^o^ei^. Dem makedon. änTia-g entsprechen im Griechischen

die aspirirten formen ccTiffd, antfa^ dTicf-doio-r^ dntf-io-Vy aTicf'iöiO'V und dncfv-g oder dncpt-g papa.

25. l^odvTKTiv ' ioipvGi. Maxeöopeg. Die Erinyen heilsen bei den Griechen auch yloai = *ägai die flQcbe, vgl. Aeschyl. Septem 954; von doajcü fluchen lautet das part. praes. alt doävT und hiervon ist maked. !AQavT-iS Erinys abgeleitet. Mit kolvv-g scheint mir !AQavTid nicht zusammenzuhängen.

26. doyinovg ' d^Tog. Maxsdoveg.

Die Zusammenstellung mit sskr. rgipja aufstrebend, von adlern und falken gesagt, zend. erezi^a m. falk, ad- 1er, altpersisch arziQa adler (zu erschliefsen aus der He- sych. glosse: dg^icpog . dsTog nagd Uegacug) und armenisch ardsiu adler ist zu verwerfen, da dieses wort auf das ari- sche gebiet beschränkt ist, und die makedonische spräche nur ein griechischer dialect ist. Nehmen wir an, dafs mit a^- yinovg eine bestimmte adlerart gemeint ist, so lässt sich das wort aus dem Griechischen deuten. Die Griechen un- terschieden vornehmlich zwei adlerarten: den schwarzadler, aquila, uO.avdevog und den weifssteifs, nvyaqyog^ oder wie

zum makedonischen dialectc. 201

Aescbylos edler sagt, den ont&sv agyä^. lu ccQyiTtovg ist aQyi- offenbar gleich dem homerischen agyi in agyixiQav- vog mit hellem donnerstrahl, aQyi-üÖovT weifszähnig, ceQyi- novg weifsföfsig oder schimmerfülsig. Dagegen kann -novg unmöglich das wort tzoö sein; wir nehmen es för Tiow^g aus Tiovvog und sehen darin das bekannte dialectische nv^ vog, novvog nqwxrog (aus noa-vo-g^ worin 7to(S' das latei- nische pos hinter ist). Sonach bedeutet agyi-nov-g genau dasselbe, was Ttvyagyog^ nämlich den weifssteifs, den wcifs- steifsigen adler.

aQyvQciamäsg ' rccy^xa rt öTQatKaTtxov vno i/Ae^ßV- Sqov.

Die composition zeigt nichts speciell makedonisches, vgl. XiVA-aanid^ ;^aAx-«(y;r/<J, sie stammt aus einer zeit, wo, bis auf geringe spuren, in der spräche der höheren make- donischen kreise das dialectische erloschen war; Qbrigens ist nicht zu bezweifeln, dafs die Makedonen das silber Aq- yvQog und den schild «0*;!/^ nannten, wie die übrigen Griechen.

27. anxov ' 6X0?^7]P. Maxeduveg.

ccQ'Aov mufse ist neutrum und substantivirung des grie- chischen ccQyog^ nom. asoyog aus a-jrsQyog werklos, müfsig. Spuren vom digamma so wenig im Makedonischen wie im Gemeingriechischen, vgl. Aayog aus Aof^ayo-g (leuteflih- rer) nom. propr. Die Vertretung von y durch makedoni- sches X ist auffallend, doch darf man darum doch wohl nicht an Zusammenstellung mit sskr. a-vrka (grundform ist a-varka) ungestört, oder gar an das deutsche arg (eigent- lich träge) denken.

28. ccQCfvg ifidg. MaxeSoveg,

Verdächtig wegen des y, das echt makedonische Wör- ter nicht zeigen, doch mag es hier durch q hervorgerufen sein. Das wort erinnert an ccQne-dovf] seil, äolisch a(^- nv-g Verbindung, äoTTs^a hecke, mit unorganischer aspira- tion, von einer wurzel ciqtz Weiterbildung von dg fügen, zusammenfassen, vgl. sskr. arpaja fügen. (Vgl. Qctniö^g imobYipiara , negovai = agniöeg * xqjjnlÖeg, i] vnoäi^fiara. A&xiüVig),

202 Pick

29. äaniXog yBiuaQQog (^BifiaQog) vno Mctxedoviov» Die Bildung des wertes ist rein griechisch, von ani-

kog schmutz mit dem verbindenden d (= sa mit); äoTuko-g heifst also das schmutzloch, der schmutzzapfen, welcher die sentina, üTiilog abfliefsen Jässt. yjiuccQO-g (von i/;* träu- feln) und yuuaQoq haben mit der makedonischen benen- nung nichts zu thun.

30. ßaßoi]v ' vnoarceaig hXaiov xara Maxedovag.

Die bedeutung des wortes ist zu speciell, als dafs sieb irgend etwas damit anfangen liefse. Man denkt zunächst an ßacp^ das makedonisch ßa/3 lauten müsste.

31. ßccdag ' xivavdog^ (hg lAuBoiag.

Vergleiche ßdrog * 6 xatacpsorig. TagavTiPoi. ßdraXog. xaxaTCvyoov xal dvÖQoyvvog, xivaidog. 'ixkvTog,

32. ßaSeleyei ' dpiiXyH (Maoedones).

In dem auf den ersten blick befremdlichen worte ist a vocaleinschub, also ßSEXtyBi^ die wurzel ist ßdaX in ßSeX'Xcc (= ßösX'jct) blutegel, ßdal in ßddX-X(o (ßSak-jco) fut. ßöaX'UJ saugen, melken; aus ßdaX ist ßaSeXsyu erwei- tert durch y wie z. b. (fskayecü aus (feka^g) wurzel aal^ dha^ysct) besudle von d?jd in dXi^ws^dXivo) lino. Sonach ist ßadeksyel eine Wortbildung in acht griechischer weise von einer auf das griechische gebiet beschränkten wurzel oder doch wurzelgestalt ßöal melken.

33. ßa&dXri ' y-QTjvr], 'Au^qiag.

Verdächtig wegen des i9^; vielleicht ist ßaSdXrf zu lesen und dieses von ßadaX^aet ßSaX melken abzuleiten; vom melken kann die quelle ganz wohl benannt werden, als euter der erde.

34. ßad^dqa ' TivxXiri MaxeSovsg, 7tv()X6g l^&afiävsg. Die bedeutung des wortes ist aus dem glossem nicht

zu entnehmen; aber auch die glosse ist corrupt, sie steht zwischen ßardvia und ßdrag^ müsste also wenigstens ßa^ rdoa lauten.

35. ßavßvxeg (Maoedones) TtelBxäpeg^ dazu ßaißtH xog Ttskexävog ^iXr^rdg^ !/4usQiag (äe) ßavxccXag. Nach M. Schmidt's herstellung.

Die form ßavßvx ist sicher acht. Im GriechischeD

zum makedonischen diolccte. 203

fehlt eine ganz entsprechende Bildung, dagegen vergleiche lat. bubere vom ton der rohrdrommel, bübon- uhu, bau- bari bellen, lit. bub-ly-s baub-ly-s rohrdrommel, baub-ti brüllen, brummen.

36. ßi}uaTiL,Bi{ii) t6 To7g noai uerQUV, l^ari ök Ticog ?j kk^ig Maxadovtx)'].

Erst in makedonischer zeit erscheint ßijfAar schritt in der bedeutung des maafses = 24 fufs, und (itjuaTiL^stv nach schritten abmessen. Es wird also von dem glossator wohl mit recht ß}]uaTi!^eiv für einen makedonischen ausdruck er- klärt. Im übrigen ist an der bildung nichts dialectisches zu bemerken.

37. ßtQQO^ da(rv. MaxBÖoveg.

Die endung o^ ist secundäres suflfix und entspricht dem griechischen a<^, lat. ax und ox. Durch dieses su£ßx ist ßiooo^ abgeleitet von dem griechischen ßtigov Saav = ßiQ(>ov ' öaav^ beide bei Hesych, entstanden aus einer grund- form ßsQöo-, Auf dieselbe weist auch Hesych. ßt()07] . nv- oayQa, o'i Öi Sginctvov. Identisch damit ist lat. burru-s, re-burrus, hispidus, widerborstig.

38. yccßaXdv (Maced.) kyxkcpaXov, i] XBfpalr^v.

Die gewöhnliche makedonische form des wertes xe- (fali] ist xsßaXij (s. d.), wozu auch die makedonischen ei- gennamen KißaXoq (= griech. Kacpakog) und KtßaXivoq stimmen, doch mag man immerhin annehmen, dafs auf dem weiten makedonischen Sprachgebiete doppclformen wie ya- ßaXcc und xeßaXd neben einander existirt haben.

39. ydüxav ^ccßSov. Maxeäüvsg,

Dazu yaQQa gdßdoQ und ydgaava cfQvyava, Das griechische yiQQO-v bezeichnet vielleicht ursprünglich ruthe, reis und dann erst das ruthen-, reisergeflecht. Mit j^dqax' pfähl ist ydQxa nicht zu combiniren, denn dies scheint ma- kedonisch xaQaX' gelautet zu haben, wenn man mit Schmidt die hesych. glosse xdQai,i * aravQMdca für makedonisch nimmt.

40. ytjTixd Tiagd 'Ale^dvSQCo kmarolctig nortjoicc ovro} xctXovuevcc.

yrjT vielleicht = xt]i^j vergleiche xtjO^'id schale, becher

204 Fick

und Hesych x/j&eta * xij&dgiaj und att. xcid-iav trinkge-

schirr.

41. yuäa evreoa. Maxeduvsg.

Vielleicht entstellt aus yo?.aS- = y^oKccS darm, wenn acht, wohl zu /eö xi-y^oda^ wie yuSavo-g podex. Die Zu- sammenstellung mit sskr. guda n. mastdarm, after pl. f. gedärme ist zu verwerfen, so ansprechend sie auf den ersten blick scheint, so lange nicht weitere reflexe zu sskr. gu cacare im Makedonischen nachgewiesen sind.

42. yordv ' vv, Maxsäoveg,

M. Schmidt vermuthet yovrav. Nehmen wir dieses an, und combiniren wir damit yoirog ' Qvnog. ndrog so wer- den wir auf die wurzel sskr. gu cacare, sskr. gütha schmutz, excremente geführt, vgl. ksl. govino mist. yoiro-g wäre dann = yojrroj oder in yovxo-g zu emendiren, yovxdv oder yovT'äv secundärbildung, das schwein hiefse das schmutzige, und da das schwein nach Raff seinen namen mit recht führt, wäre das eine passende benennung. Die hesych. glosse ydiTu olg vor yoivog ' (jvnog^ ndxog darf uns nicht beirren, es ist aus der zweiten glosse olg zu oiandTtj zu ergänzen, welches Hesych selbst durch TtQoßdvvnv xongog^ ^vTiog glossirt. Doch bleibt dies alles unsicher, und am ende birgt uns niemand dafür, dafs wir unsere schönsten etymologischen künste nicht an blofse Schreibfehler ver- schwenden.

43. yvdlccg (Marsyas) tldog noTtigiov naqd Ma- xeÖ6(Sl.

Zn yvctXo'V höhlung, Wölbung, auch von gefafsen, ei- nem bloss poetischen worte, das die Makedonen also nicht später entlehnen konnten, sondern in der specialisirten be- deutung: becherwölbung, becher uralt besafsen. Im Grie- chischen ist ähnlich yvaKov auf die panzerwölbung und so auf den panzer verengert.

44. yvgiTag (Amerias) avtonvQOvg aQtovg.

Eine hellenistische bildung von ^'VQi-g f. feinstes Wei- zenmehl, pollen. Die spätere gräcität liebte es, die namen von brotarten (wie die von wein- und steinsorten) schablo- nenhaft auf irfjg zu formiren, vgl. dkevQiTtjg weizenbrod

znm makedonischen dialecte. 205

{ciXevQov)^ ^vfiirtjg {yvui} Sauerteig) xoXXvQmiq {xoXXvoa teig), TZiTVQirrig (mtVQOV kleie), (Si^aauiri^q {arjaa^iov sesam), ;ifOv- ÖQixriq (xopSoog graiipe) graupenbrod und viele andere.

45. yvinag 'AoXoiovq* MaxeSoveg.

Scheint gebildet wie oxojti eule von (fnex blicken, spä- hen (also „gluper"). An die wurzel ysTi^ yon anklingendes lässt sich aus dem Griechischen nicht beibringen, doch vgl. xojLtßa xogcivi], Tlo),VQorivioi.

46. dairctg (Macedones) (LiBQiarccg (Eurip. frg. 475, 12) (Ijg oi Maxeäoveg (faaiv Cyr. 171.

Bei Eurip. wfiocpdyovg Sairccg rovg tcc loucc XQbcc uS' Qi^ovrag, xai i(Sd'iovTag,

dal'trj-g ist regelmäfsige bildung von dav in dai-wui theile zu, öal-vvuai schmause, öai-u) (fiir Sat-j(o) theile, wo- von Sai-T- und Sai-ri} schmaus, dai-TQog zutheiler, öai- roo'V zugetheiltes, Scci-rv-g schmaus.

47. davtüv xaxoTiotüiv xrelvcov. Maxeöoveg ^ dazu öavog tod.

Makedonisch ödvog n. tod entspricht dem griechischen -ß^ccveg in Sia-O^avTJg hom., cwTL'O-avijg, dva^&avvig- Eurip., ii]ut'^av7]g halbtodt. Von dcivog ist öicviio gebildet wie von TcAog griech. r€/äw (= Ts/.eö-jco)^ das part. praes. von die- sem {Öai'io)^ daväi) haben wir in davaiv * xtbIvcoVj vgl. TeXaJp vollendend.

48. ^cioqiüv s. eigennamen.

49. /tcivog aya&cdv sprichwörtliche redensart, veran- lasst durch den natHrlichen reichthum der Stadt Datos.

50. ddgtO^kog ' i] Sgvg vno Maxedüvcov.

In öd()v?,Xog ist a blofser vocaleinschub, wie in ßaSs^ keysi^ xctvaSoi und sonst, sonach geht das wort auf öqV' eiche, nicht etwa auf SaQv = öüqv holz zurück und ist aus äov durch antritt eines neuen Suffixes Xo weitergebildet, also ÖQV'ko aus Sov-g, Sqv ist allerdings ein uraltes, ge- meinsam indogermanisches wort, aber eiche bedeutet die- ses wort nur im Griechischen ögv-g und Makedonischen öagv-llo-g.

51. ÖQCcfAtxEg ctQTOi, '^&afiapeg und Sgäfiiv ' äorov. Maxeöüveg.

206 Fick

Wörter von guter griechischer bildung. Sgäfn^ steht för öoauui (wie ociuccTct w. s. für (jccituaTct)^ dieses f&r Öoan-ua und hierin Öoctn nach makedonischen lantyerhält- nissen für üqcin = griech. rgatf (jQiffM Irodfpjv) nähren. Es wurde demnach Toccrp -f- fw ganz wie im griechischen x>oiu'ua zu Ooau'uo und daraus mit dem makedonischen

Sil % 1

Verlust der aspiratiou Soauuo, öqc<uo. Das suffix -fci mag aus 1(10 (uo + lo) verkürzt sein, kann aber auch ursprüng- lich sein wie in ^ä-/«/-, JiVa-Mt-, ^A-ai-, rgä-fii- u. a. Die Hesych. glosse ^ctviai xfQuußüi (zwischen &Qaftig und &Qrtriov stehend) ist wahrscheinlich zu &Qafifiai oder O-oaf.iuiaL herzustellen.

52. ÖQTJyeg' OToov&oL Maxeöarsg^ dtizu diQfjyeg'GtQOV- &oi, di)'7ioeg ' öTQovO-oi und öt^yjjoeg (Elei ap. Nicand. fr. 123) OTDovO-oi . daioPiTsg Alh. IX, 392 A, ötjyoQsg Zonar. 492. „Verum est doiyeg a Öqi^^ M. Schmidt.

Dazu doixxctt OQVBct notd und TQixxog . ogvid'cigioi'j (o) xai ßccfSUevg (zaunkönig) vno 'HXüwv. Am besten stel- len wir wohl alle diese worte zu rgiy TQi^a) zirpen. Nach analogie von xoiy y.Qi^o) aor. a-xgix^ov dürfen wir für TQiy älteres rgtx ansetzen : daher Tgixxo-g (= TQiX'^0'g)y mit er- weich ung des anlauts (was bei dialect. Wörtern vielfach nachzuweisen) dgixi daher Sgixxai, mit erweichung des aus- lauts, wie in roiy rkTiilya^ Sgiy: daher ögiy-eg.

53. övcjrgog ' vtzo Maxadovcov jur^v,

Wohl mit beziehung auf Bacchusdienst benannt, vgl. {)va&la n. pl. die heiligen geräthe der bacchischen feier.

54. äcuga^ ariXi^v^ vno MaxBSovwv.

Steht zwischen Jvogvx}] und öojqoöoxbI ist also verderbt, vgl. äwog ' aTihjv Cyr. 171.

55. 'IjOQTog jj 'Logdog, Maxtddv^ ano H&povg.

Die Eorten oder Eorden sind wahrscheinlich gar nicht makedonischer herkunft.

56. iniÖEinvig ' xcu&wvog i'}öv(sua (Ath. XIV, 658). Hellenistische bildung, die nichts makedonisches zeigte

aus im und SeJtivov.

57. kgtvdösg olvvi^oi (Macedones). [i] avxal . . . aß-

üBVBg),

zam makedonischen dialocte. 207

Vergleiche igcvccS wilde feige, davon iQtrvd^(o {iQi- vad'jot)) caprificare, von kQivo m. n. die wilde feige.

58. boxlrac (Macedones) ol iv ccyQ(f> olxirat. Hellenistisches wort von ^gxog gehöft.

59. Zbcq^v ' 7} jicpQoSiti} kv MaxeÖovicf.

60. ^eQB&Qa (Arcades, Macedones) ßdga&ga xollot Tonoi,

Makedonisch und arkadisch L,^oe&Qa^ laut für laut mit dem griech, ßdga&Qa identisch, vonder wurzel ßc4o ßoQ schlin- gen, bezeugt, dafs die Makedonen den seltsamen lautwech- sei von /^ zu ^ mit Arkadern und Aeolern theilteu. Ver- gleiche arkadisch l^ikkeiv ßdllaiv»

61. !Hfia&ia Maxedovia von j]ua0^o = dua&o sand, bezeichnete zuerst wohl den sandigen küstensaum von Un- termakedonien, der den Griechen in älterer zeit allein zu- gänglich und bekannt war.

62. Oavuog 7] OavXog '^Qf]g Maxedoviog. 63. &ovQcöeg ' vvficpai, f40vaai, Maxeöoveg.

Zu &ovQO-g, i)^ovQio-g stürmend. Wie das & zu zei- gen scheint, nicht altmakedonisch.

64. l^eka ' dyadnj ^^X^h Mccxeöoveg.

Vielleicht lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit an- geben, wie sich diese befremdliche bildung mit dem Grie- chischen combiniren lässt. In i dürfen wir die präposition kv erkennen, die im Makedonischen Iv lautete (vgl. Ivöia) und mit folgendem C zu i^4, 'C verschmelzen konnte. ?.a ist sufQx, das radicale ^e ist mit dem griechischen l,i] schei- nen in dgi-^ij'ko-g öi-^ij-fiai gleichzusetzen, welches aus djt] entstanden ist, wie diaro schien gut, ötekog (= Jf/- £Ao-g), kretisch öidXag ' rag ÖTjXag zeigt. Sonach wäre das makedonische li^ila als fem. zu il,bXo scheinend, hervorleuch- tend (vgl. aQi-^tßo-g) zu deuten, das mit tv^i] verbunden, ganz wohl gutes glück bezeichnen könnte; i^e?.o ist als Iv- l,bIo aufzulösen und ^e-ko steht zu ^ij-Xo in dgi-^^ßo-g nicht anders wie z. b. ÖO'T}]o neben öw-tijo^ noaig trank neben au'TKüTig ebbe und anderes.

65. ika^ ' rj ngivog^ wg 'Pwfiolot xai MccxBÖuveg.

An entlehnung aus dem lat. ilex ist wohl nicht zu

208 Fick

denken, vgl. die griech. pflanzennamen äiXa^ i; äqia. Act'- xcovecj ferner ffi?M^ und aitila^.

66. ivdia f,iea9iußQia. Maxedoveg,

Wir sehen aus dieser glosse, dafs im Makedonischen die Präposition iv wie im Kyprischen Iv lautete, vgl. die kyprischen glossen iv U-Aouctv Eig Idxoiaicaf^ Iv avdrotg . tv evTTOoicag (ovtJTotg)^ Iv cfdog ' eig t6 (fojg und andere. Zu IvSia ist rjuioa zu ergänzen, es ist fem. zu epSio-g mit- täglich, ivdiov Tjfiao mittag. Während das griechische ^i/- dio- auf eine grundform h^ötfo-^ scheint makedonisch iv» dia auf kv'djefO' zu weisen; allein bei dem traurigen tezt- zustande des Hesych ist auf das nichts zu geben und ivdia = ivÖicc zu schreiben, um so mehr, da die alphabe- tische Ordnung nicht dawider ist, denn Iröia steht zwischen ivödXuccTa und Ivduc,

67. i60'?Sj ' aiyeia ^j}Xo)Trj, duigig von M. Schmidt zweifellos richtig zu ^Juscnag emendirt.

Zu ia&?Sj stellt sich zunächst die hesych. glosse ird-e^ läv ' ÖKfOioctVy von M. Schmidt för böotisch erklärt. Je- denfalls sind laOlij und Ir^sXd verschiedene nebenformen zu i^a?,)] ' cuyog Joo«, das selbst wieder von t^aXog. dem bekannten homerischen beiwort der wilden ziege stammt. Grundform scheint IxxaXo'^ vergleiche Urrag rovg dygiovg Ti)ciyovg.

68. äy^aQuov ' dvMfpeQTJ Tt]v ar/f.n\v ' '/My^agfiov ' ro TTjv Xuyyj'iv ävoj P/blv, Maxsöoveg,

'/Myyaouov ist = y.ai äyyanuor. Das aufheben der lanzen war im makedonischen beere das zeichen der erge- bung, des aufgebcns weiteren kampfes, und dies bedeutet das makedonische, acht griechisch gebildete wort. Es ist zusammengesetzt aus civä im negirenden sinne, wie im ho- merischen ccLi'Cfatsiji hni(AV {= dva'(f.(xan})^ und X^^f^^i hom. kampflust, kämpf; es bedeutet also ro äyyaQuo-v das auf- i geben des kampfes, ktj&eadat yäoin^g^ I^mbIv x^Q^VQ bei Homer. Die unbekanntschaft der Römer mit dem ay- yaofiov^ dem aufheben der sarissen als zeichen der er- gebung, verursachte bekanntlich das furchtbare blutbad un- ter der phalanx in der Schlacht bei Kynoskephalai s. Momm-

zum makedonischen dialecte. 209

sen, Rom. geschiebte I, S. 723. Dafs die wurzel ^a^ X^tiQO) makedonisch durch ;^a() (nicht /o;^) reprftsentirt wurde? sehen wir auch aus xagcav löwe w. s.

69. xadaqöv (Maced. ov) &oIbq6v^ von M. Schmidt gewiss richtig emendirt und den Makedonen zugewiesen, wegen des ö = griechisch ^5^, denn YMÖagov xa&a- qov rein.

70. xaXaQQvyai T&(f>QOL. !/J/nEQlag.

Gleichen Stammes mit der danebenstehenden glosse xcc?MQiP6Q ' oyjToi (graben), u^äxiopsg. ,xa?MQvya- ist auch im sufBx acht griechisch gebildet und steht zu xsXaQv^co ratischen, rieseln wie auaovyrj zu ccfiagvcöu) u. a.

71. xccXc&og ' oivog, LJusQtag,

xdXid'o-g ist das griechische wort ;^aP./-5 g. ^aXi-og und x^Xid'Og m. reiner wein, durch suffixales -t^o weiter- gebildet, ganz in griechischer weise, vgl. oqvI'O^ aus oqvi^ tX^i'vO^ aus 'ikui- wurm, oQfia'&o-g aus oQ^o-g kette, reihe. Streng makedonisch xah-do-g?

72. xaiLiaarig ' fxixQov ri. *^^SQiag und xaudatpjv' jub- roov Tl.

Die buchstabenfolge verlangt für xafiaOrijv vielmehr xa^ufidartjv^ denn es steht zwischen xctfifxaoxpig und xctfi- fictra^ demnach ist die richtige gestalt: xctfificcari-g. Die erklärung des Wortes geben andere dialectische Wörter an die band; zunächst xd^fAaQxpig fnirgov üivixoVy to fjuiut- (^LfjLVov, yJio?.aig und dazu xa^fidgipai (Aeoles) * xaralaßuv. Letzteres für xava-fiagipai aor. von xarafiagnTU) false. Aus xa^ufiagTi fassen wird das äolische xaiLifiagilu-g durch an- tritt des Suffixes -ac und heifst „das fassen, fassung^ (mit der band) im sinne eines mafses, so viel man fasst. fiagn bildet bekanntlich den aor. fianeiv mit einbuTse des (>, mit xara-, xcf/nuaa-eiv^ hiervon ist das makedonische xafAfAo^ (STi-g gebildet, indem das suffix Ct = ri in der lautver- stärkten gestalt (STi antrat, wie in cpi-au-g bei Aeschylos neben (fv-tTi-g. So wurde aus xafi^an- xa/A/nan-üTi-g und daraus xdiitiaari-g^ eine zwillingform zu xdfifiagxfßig^ und ganz gleicher bedeutung, ebenfalls bezeichnung eines be- stimmten mafses.

ZeitBchr. f. vgl. sprachf. XXII. 3. ] 4

210 Fick

73. xdvaäüi (Maced.) diayoPhi^y yvccOoi,

xdvudoi = yvdi}oi mit crbärtung von y zu x wie io aQXüv = dgyov müfsig, einscbub von u wie in SaQvXlog eiche verglichen mit ägv-g eiche, endlich ä fQr griechisches i^ nach makedonischer lautregel.

74. xdQctßog ' 'eds(Sua, aig ffarrip, (üTtTfjuBifOP iTt* dv- 'd'Qcxoyv. V7t6 ()i Maxedopiav 7] Titfli/. xeci rd iv Tot^ ^*iQOig ^vXoig (}Xcoh\xia, y.ai to {tcc?MTTiov u,ioov.

Mit xdoaßog thor lässt sich nichts anfangen, mir scheint i] nvXfj verdorben zu sein.

75. xeßaXij (Maced. Callim. fr. CXLI) xsfpaX}}. Identisch mit xKfah] vgl. die makedonischen eigen-

namen Keßa^o-g = gr. KiifaXog und KsßtcXlvog vgl. gr. xe(pa?JiPog ein fisch (grofskopf).

76. 77. 78. xaixvhiv Tiiv xe(f(c?,rjv von M, Schmidt höchst scharfsinnig in xai xeßlrjv emendirt.

Jedenfalls mufs man auch x^ßliq als makedonisch ^ xHpalr} statuiren, dazu xeßh'iVf] /; ooiyctvogy schreibe xa- ßkivti und vergleiche den makedonischen eigennamen AV ßaXlvo-g, gr. xEipaVivo-g ein .fisch; xkßXog ' xvvoxEq,aXog xiJTiog (d. i. afie), vergleiche den makedonischen eigennamen KbßccXog = gr. KicfuKog (sinn : grofskopf). Jedoch könnte man der buchstabenfolge unbeschadet auch xBßaUvt} und xißaXog lesen und das ist vielleicht besser.

79. xoftfidoai 7} xofidgai ' xaoidag (hummer) Muxi^ öoveg.

Die Schreibung xofAdQai ist die bessere, denn das wort entspricht genau dem an. humar-r, nhd. hummer, grimd- form humara-. Der sinn der glosse kann übrigens nur sein, dafs in dieser bestimmten form xnudua^ das wort ma- kedonisch sei, in der form xdunanog (xductQog wäre orga- nischer), ist das wort gemcingriochiscb^ kommt schon bei Sophron und Epicharm vor, vgl. Hesych xctuudoovg rag kqvd'Qdg xagiÖag^ von M. Schmidt zu xafifidowg dorisirt.

80. Kooctvvog ßaaiXexjg Mnxaöoviag s. eigennamen.

81. xvvovTiBg ' d()y.Tog. jMccxaÖdveg, Dazu xiuonevg ' cioxTog, tviot xvovrrevg.

Die ursprüngliche bedeutung war allgemein thier, nn*

zum makedonischen dialecte. '2 IL

thier und in dieser lassen sich nebenformen unseres worts im griechischen nachweisen, xvdw, unthier, xvw7i6'f4oo(fog thiergestaltig, xivionerov und xivcünKtTt^-g unthier, alle frei- lich erst bei dichtem makedonischer zeit vorkommend. Uralt griechisch erscheint das wort in dem gr. eigennamen Kvomoq s. eigennamen.

82. xvQvoi (Maced.) ol vo&oi. Vgl. den gr, eigennamen Kvgvog,

83. xojQvxog ' &vXdxiov. idTi öi SsQfzdrivov ayytiov^ ofioiov d(rxcp. Ol Sk nXoJov ' ol Sk xoyyi^v (Maced.).

„Sack, schlauch" {xwgvxog) ist eine sehr passende be- nennung für eine muschel.

84. Xaxsäciua iidcüu dXuvQOV äkal Ttenonjuivov^ o ni- vovaiv Ol Twv MaxedovtüV dyQoixoi,

Der schluss des wertes ist sicher corrupt und wird wohl mit recht von M. Schmidt durch hinweis auf axoQo8- d?.ui] zu -aXua hergestellt. dXuri heifst Salzwasser, lake; nach analogie von axoooS-dkfi)] knoblauchlake muss in ka- xsS' ein bestandtheil der makedonischen lake enthalten sein. Welcher? ist freilich schwer zusagen; vielleicht liefse sich das ganze wort deuten, wenn das glossem ganz richtig wäre. In dkai steckt ein fehler, denn wie kann man sagen : salziges, mit salz angemachtes wasser? Eine so grobe tan- tologie ist doch selbst dem elendesten glossator nicht zu- zutrauen. Etwa a?uxi von äh^ alica speltgraupen ? (oder dhpiToig? cikifiTa hiefsen auch die graupen von erbsen und linsen kexi&og). In laxeö- scheint mir kexi&og mehl, brei von hülsenfrQchten zu stecken. Das ganze wort lautete demnach XccxEÖ-dX^ia = XExi&'dXiiy] graupenlake, d. i, Salz- wasser mit graupen angemacht, das den makedonischen land- leuten als gewöhnliches getränk diente, wie den Attikern ihr ()6(pi]tia (sorbitio), das ebenfalls eine beimischung von mehl enthielt.

85. yfeißt]0'()ov ist kein makedonischer, sondern pieri- scher Ortsname.

86. XsTfiog dvaSü/^aasi t6 acHfia fisgiag (f'7]0i.

In jLisQiag scheint /Jitsoicig zu stecken; im übrigen nicht zu cnträthseln.

14*

212 Fick

87. uavTvtjg ( Artemidoms. Molpis) * t) lUv ffmvri MaxiSoviXTj (y/ax(a- Schmidt), oovtg. xai ra ix tov Ciauav avTOv Xdyava nsoiffoorjuava (Com. V p. 604).

88. uBd.oiprjoov (Maced.) rjui^r^QOV,

Die buchstabeD folge verlangt luaaoiVriQov, Wrjoo- ist makedonisch = ^r^oo- trocken, zu uiaao' in der bedeutung „halb^ vergleiche man lat. di-midiu-s (= dis-mediu-s) halb. Vgl. y/r^oo-nvoiTccg.

89. fivxrjoog ' auvyÖaXij (Amerias). tivig dk ^akaxa xdova (Seleucus).

uvxrjoog ist = lakonisch fiovxfioo-g z. b. in (AOvxriOO" ßayoQ ( = uvxtjoO'jrayog) (Lacones) ' xccovoxatdxTijg (ou88- knacker).

90. vixarrjoBg (Maced.) oi ccxuaioraroi kv vatg ra-

Würde gemeingriechisch vtxijriJQig (das in vixf]TtjQ'H}'g siegerisch, vixfjTfjo-ia siegesfest wirklich gebildet yorliegt), dorisch ebenfalls vixariioeg lauten. Vgl. Nixarioo maked. beiname des Seleukos I.

91. ^avdixd fest im mouat Sapöixo-g^ meist zu Sccv^ ß'ixog hellenisirt. SctvÖixog stammt sicher von makedoni- schem ^avÖo-g ^^ griech. i^avöo-g ab, etwa als beiname eines gottes.

92. {onXai Maced.) ai nv^ideg, i/ livv^^g inntov^ xai ixtQiav XTTivwv,

Makedonisch ist die Verwendung des wertes im sinne von nv^ig büchse. Aehnlich verhalten sich }[ißij klaue und XriXo-g kiste, lade, truhe.

93. nagaog * eicro^ imo MaxedovMV,

Vielleicht von seiner färbe benannt, vgl. Hesych nd- Qoiog * HÖog Ti nvQQov y^ocüpiaTog i'nnov und nagwdg * na-- Qvoctl Xkyovxai innoi xivkg ro XQ^f-^^ nvQQoi nach Aristot. H. A. IX, 32, 1. Vgl. sskr. parus fleckig und deutsoh färbe, grundform, farva-. nagao-g wäre Tiagajro^ nagmog nagofo.

94. llekkaJov ' MaxEt^ovixov,

„Pelläisch^ konnte man natürlich unter umständen f&r

zum makedonischen dialecte. 21S

^Makedonisch^ sagen, da Pella seit Philipp II. die haupt- Stadt von Makedonien war.

95. 7tekX}]V (Macedones.) xovtf^v^ xai (patav T(p XQoifiaTi^ und neXlov * ipaiov xQ^f^^-i ^ucpBghg ttp 7t6Xiäv(p,

TieXlo' steht für neljo" und ist identisch mit dem grie- chischen Worte nslio-g grau , vgl, Hesych nshov ' ^aiov. fisfzekavuifjiivov und nehoi ' ftü^aveg^ dg atXQoi, rj ;|fA(W(>ot und Tteliai, /Aikaivat, n6?yXo für nekjo wie yiysQQO = jäyo^ gio-g^ !AyVQio-g.

96. negiria xai nsQiijreg ' TteQirjreg fitv ol (fvXaxeg^ TtSQiTia Sk MaxsdovLxrj iofjvrj. Von riegirto-g makedonischer monatsname. TiSQinO'g ist evident gleich dem griechischen negiaöo-g att. negiTto-g^ gebildet aus ne(ßi durch das suffix no^ wie /nirao'dai aus ,a€r« -f- tiai. Vermuthlich bezeich- nete lUgiTio-g ursprünglich den schaltmonat, denn negia- oo-g bedeutet y,was über ist^, daher übermäi'sig und un- gerade.

97. nexccQt, Haipog, "Afi^giag,

Ist weder aus dem griechischen, noch sonst zu

deuten, an nrcc^^ nr/iööu)^ ntax-onQ-iot ist wohl nicht zu denken.

98. myyav * vaoaöLov. 'Afieqiag, yXavxov.

In der bedeut^ng ,,junger vogel" entspricht anlyyo-g fink, ferner öm^^a (= amyy-ja) fink und jeder kleine pie- pende vogel; in der bedeutung yXavxog entspricht sskr. pinga gelblich, bräunlich und lat. pingere malen.

99. nvlXel &Qav6i. ?JyBi. ötaßo^. &Qv'kXii. erklärt M. Schmidt für makedonisch ; das wort ist dunkel.

100. gdfiara * ßorgväia. ötacfv'kig. MaxeSoveg.

Es liegt das griechische (>a| g. gäyog f. traube zu gründe (vgl. lat. rac-emus) erweitert durch das suffix (xar. Aus (myfiar wurde gä/xar mit ausstofsung des / vor ^, die auch sonst dialectisch vorkommt, vgl. z. b. bei Hesych : TtovfAfia r) rijg x^^'Q^S nvyfiij. Die secundäre Verwendung des Suffixes /Aar kommt auch sonst vor: so in öcj-fiar aus du = öofi haus, lakonisch ^Qu^ifj-fiata * Hgicpoi. AdxoavBg und xaQVfi'f^aTa * xägva, AccxuiVBg bei Hesych.

214 Fick

tOl. Qana ' riyi/ xaldfitjVj xai Tovg kv avrtj cevXovv- rag pan-avlovg,

Qan- ist makedonische nebenform za (mni-q Stab, z. b. in X9^^^'&9^^^'S beiname des Hermes, bei Homer.

102. QOvßoTog ^6(pt]ua.

Vielleicht makedonisch, wegen des ß neben griechi- schem (p in pocpio). Das ov ist als kurzes reines u zu be- trachten, die Verdunkelung von o vor labialen zu u kommt auch sonst im griechischen vor z. b. in Qvußoq = pofiftag kreisel von ^Bfiß.

103. QOVTO TovTo, MaxeÖovsg. Ist corrupt.

104. (Saglaa f. die makedonische lanze.

Das wort gehört zu aaiooD (wz. caq) scharren, fegen, lat. sarrio, besser särio särere scharren, behacken, sar-ou- lu-m hacke. Das seltene sufGx loa ist aus Ivtia = uwia zu erklären; aaiou) steht für aagico^ davon lautet das part. caQiovx"^ älter aaguvx = lat. sarient- scharrend, mit an- tritt des femininalen la aaQUvria und hieraus wird ganz re- gelrecht (SaquvTia^ aagivTia^ cagiaa.

105. aavädai ' (Savdoi. jiuiQiag xovg aeih)vovg ovrta xa'kaia&cci (ftjCiv vno MaxsSopcov.

Eine ableitung von der wurzel av^ iaavfjiai stQrmen.

106. cavTogia ' a(OTt]Qia, 'Afitgiag,

Eine fär das verhältniss des makedonischen zum grie- chischen lehrreiche bildung. Von capo-g^ ado-g wird das denominale auo-ta fut. aaw'ata gebildet, davon (Saa)'TijQ and hiervon (facDtr^gia, woraus durch zusammenziehung von aat zu (0 gemeingriechisch aa)TT]Qia wird, vgl. dialectisch Caa»- rf]Qia * acjTtjQice bei Hesych. Da die suffixgestalten tijq und TioQ g. TOQog im griechischen wechseln vgl. Swttjq und ScoTMQ^ makedonisch rixcrr^geg neben NcxaTa)Q , so konnte man ebenso wohl von oorca, retten, aacorcaQ bilden^ wo- raus ein dem griech. awTijgia entsprechendes aatarogia abgeleitet wurde. Auf dieser form beruht makedonisch aavTogia^ indem aco nicht wie im griechischen zu o), son- dern zu av zusammengezogen wurde. Diese contraction beruht auf der makedonischen Vertretung des griechischen

zum makedonischen dialect6. 215

(jo durch ov (d. i. ü), welche wir schon in üxqovvoi neben griech. ax()wvj in xvvoxmiQ neben griech. xvoiip^ xivainerov kennen lernten. So wurde CaooTogia zu (Saovxogia und dies zog sich zu CccvTOQta zusammen.

115. (Txoidog ciQX^i ^^^ naga MaxeSoai rerayfiivf^ knl TMV dixaaT7jQi(ov. 'H ^^Siig xslrac kv raig knuyToXaig 1416" ^dvÖQov. Regelmäfsige ableitung von der wurzel skaidh scheiden, die im lat. caedere, de-cidere entscheiden und im got. skaidan skai-skaid vorliegt.

Im griechischen ist die wurzel freilich nicht nachzu- weisen, denn a^iä spalten gehört zur basis skid = sskr. khid und lat. sciudere.

116. (^fidyfj ' ^avig. ro rvxov. 'A^tQiag ßovyXcocfctov (eine pflanze).

Jedenfalls zum griechischen verb afioi^o) zerreiben, Weiterbildung von aud^o) wische. Das y neben griechi- schem X ist ganz der regel gemäfs.

117. rayovaya Maxtdovixri rig ctQ^y]* Corrupt.

118. j^apwv 6 M(av^ dno ttjg x^QOTtoTtjtog, (Mace- dones).

Das glossem trifft durchaus das richtige: x^q-cov wie yaQ'Ono-g stammen von der gleichen wurzel x^q freudig sein, die, wie wir bei ay-xaguov sahen, im makedonischen das X beibehielt und nicht in y wandelte. x^Q^'^ ^^^ dem- nach der „freudige, kampflustige'^, vgl. x^QM kampflust, kämpf.

119. iff^QonvQitag (Macedones) avronvgog ägrog, Ol Sk ftVQi6(f&7]g. oi ök xnxog.

tptjQo-g makedonisch = griech. ^tjQO'g trocken, dürr.

IL Makedonische personennamen.

'AßQia-g^ Makedone bei Arrhiao.

Das sufßx ia-g ist auch sonst in makedonischen na- men beliebt, vgl. 'Avögia-g (auch griechisch), 'jivtia-g^ !Aq^ aia-g, Msyalia-g^ Ilgcozia-g (auch griechisch) und die grie- chischen namen yJ/njuen-g {duuo- sand), Bootia-g {ßqorb^

216 Fick

sterblich), Ggacia-q {&Qci6o<^), Koaiia-g (icgdtos), ^vxia^g (Avxo- wolf), Tavgea-g {ravgo- stier) u. s. w. Abzaleiten ist 'Aßgia-q zweifellos von äßgo- zart, das bei den Make* donen Tielleicht aßoo- lautete, wenigstens scheint das alexan- drinische äßga f. lieblingssclavin, zofe makedonischen Ur- sprungs. Da äßoo' wie latein. eb-riu-s auf eine wurzel ab zurückgeht, so ist die aspirirung unorganisch, und wQrden demnach die Makedonen eine ältere form bewahrt haben, wenn sie wirklich dßoo- sprachen.

'jjyeggo-g Makedone bei Arrhian. ^

Scheint von aysg Tersammeln zu stammen and fbr aysQiO' zu stehen. Vergleiche den attischen namen !AyvQ- Qio-q und den achäischen beinamen des Zeus Vfi-ayvoio-g. Die bewahrung des e in Ü'lyBQgo' ist alterthümlich.

!AdaiO''g^ auch 'Addäio-g geschrieben, häufiger make- donischer name, zuerst erwähnt als name eines söldnerfQh- rers Philipps, der den beinamen äXvATQvdiv hatte.

Oflfenbar = ctdälo-g oder ciSaio-g reichlich, zur genüge, das nach Hesych Sophron gebrauchte; dieses stammt von aörfV, ädSjjv adv. acc. reichlich, zur genüge, häufig bei Homer.

j4dakiÖ}]'g * ovofia zvoiov bei Suidas ist wahrschein- lich makedonisch. äöce?^0'g ist makedonisch = ai&ako-g rufs, danach wäre jiSaXiöa'g = AldaXidvi-g mythische figur der Argonautensage und heros eponymus des attischen de- mos Ai&aXiSat; auch Ai&aho-g^ wovon Ald-aXiSa-g re- gelrechtes patronymikum, ist als griechischer eigenname bezeugt.

!Adia^ tochter der Kynane, später Eurydike genannt, gemahlin des Arrhidaeus.

Am nächsten steht der sikyonische name 'ASia-^ bei Xenophon; wahrscheinlich mit diesem z\x adog n. Sättigung zu stellen und also mit adriv, !Adaio-g eines Stammes.

''AdurtTo-g makedon. truppenflQhrer bei Arrhian.

Bekannter uralter sagenname; "AdfATixog hiefs auch ein Molosserkönig, der Themistokles aufnahm, wie denn Über- haupt bei den Nordgriechen die heroennamen noch viel

zum makedonischen dialecte. 217

gebräuchlicher waren, als ia den Städten des Südens. a-Sfifj- vo-g ungebändigt, unbändig.

!AkQono'<; hiefs ein bruder des reicbsgründers Perdik- kas (ca. 700 v. Chr.), später makedonische könige und edle, vgl. auch Hesych : ylegoneg 'd&vog^ Tgot^ijva xarot^ TCovvTsg, xal iv MaxeSovitf yivog ri, xal oQVsä riva. Der name gehört der griechischen urzeit an; ohne entlehnt zu sein, findet er sich in den sagen von Tegea wieder. Aero- pos ist ein mythischer könig von Tegea, bald ein söhn des Ares und der Aerope Paus. VIII, 44, 8, bald söhn des Ke- pheus Paus. VIII, 5, 1. 3 genannt, der den Hyllos im Zwei- kampf erlegte. (Herodot nennt ihn aus versehen söhn des Phegeus, aber Phegeus gehört nach Psophis, das selbst einst Phegia hiefs). Herodot giebt dem tegeatischen könige, der in Tegea Aeropos hiefs, die ionische naroensform !ffä- goTiogj nennt den Makedonen jedoch !Aioonog; es scheint ihm also die identität beider namen entgangen zu sein. aioo\f) war der name einer vogelart, des bienenwolfs; so- nach können wir 'Aigono-g durch Beovulf übersetzen; der bienenwolf passt gut zu dem bruder fleoSixxa'g rebhuhn (nigäi^ rebhuhn). Die ableitung des namens kümmert uns hier nicht; es genügt ^AigoTio-g als einen den Makedonen und Griechen gemeinsamen uralten sagennamen erwiesen zu haben.

AlSiaio-g sehr spät bezeugter makedonischer name; von alSi-ofiaij stamm aläsa- durch das suffix -(Tto = rio gebildet, wie !AUS:LO'g für dXs^-ffio-g von aks^w,

'AXi^avSüo-g makedonischer königsname; der erste des namens regierte 498—454.

Allerdings heifst bei Homer Paris auch Alexandros, aber dais diesem Jammerprinzen zu ehren der vater Amyn- tas seinen söhn benannt, ist durchaus unwahrscheinlich. Vielmehr ist der name acht makedonisch; er bedeutet „wehrmann^, ist sinngleich mit dem namen Alketas und Amyntas und wie diese der makedonischen wehrverfassung zu ehren gegeben. 'AlU^-avSQO'g ist componirt aus aX^^i «= äXB^-Ci. und avi']Q vgl, 'Aktl^'dvwQ name eines in Sikyon verehrten Asklepiaden. Sinngleich mit Aki^avÖQog ist

218 Fick

auch !^IfAvV'avdQO'(; name eines königs der Athamanen (Epirus).

'Ak-Akra-g name makedon. könige; der erste des na- mens ca. 550 V. Chr., auch Molosserkönige heifsen so, wohl nach den Makedonen benannt. Bei Xenophon Hel- Icuika 5, 4 erscheint ein spartaner Alketas. An entlebniuig ist natürlich nicht zu denken; der name ist Griechen und Makedonen gemein. ^Ax^ra-g ist nicht direct vom verb ciXy. wehren abzuleiten, sondern von äXxn] wehr und ist durch secundäres -r« davon gebildet, wie (fvXixYi^ tribu- lis von (fvXri, otxiTi]-g von üixo-g und vom vocal abgesehen inno'Xa von inno-g,

!dkx(fi(xxo-g. Aufser Athenern und andern Griechen hiefs auch ein Makedone so. Zusammengesetzt aus dXxt hom. dat. von (d?.7C') kraft und lacex^j ^mit kraft kämpfend^.

!^kxiuO'g. Homerischer name (IL 19, 392), auch ein nauarch Philipps heifst so. Identisch mit äkxifio^g stark von {ccXx) kraft.

Akxvovevg heifst ein Gigant, Griechen und ein sehn des Antigenes Gonnatas. Von cckxvov- eisvogel.

Afiegia-g ein grammatiker aus Makedonien. Falls der anlaut kurz, d-fisg-ia-g untheilhaft von a und ^igog^ besser wohl 'AfjLBQ'ia-g von a^iaq^ 'äfiiga tag.

Auvvra-g makedon. könig, regierte 560 498 v. Chr. Nach ihm mindestens 12 Makedonen genannt, nach der royalistischea weise des volks. Bei den Griechen scheint der name in vormakedonischer zeit nicht üblich gewesen zu sein. Derselbe, sinngleich mit ^AXxita'-g und ^ki^ccv- ÖQo-g^ ist von ccfAvy-ia durch sufHx ra abgeleitet, also ^^der wehrer, helfer, rächer".

AuvvTai, hiefs auch ein thesprotischer volksstamm.

AuvvTWQ oQog homerischer held, Athener und zwei Makedonen. Identisch mit hom. afivvrcoQ helfer, rächer.

AucpiXoxo-g heroenname; name eines epirotischen Stam- mes. Als makedonischer eigenname bedeutet er wohl „der Amphiloche^, d. i. einer von amphilochischer herknnft.

AuffOTEQo-g ein Lykier bei Homer und zwei Makedo-

zum makedonischen dialecte. 219

nen, deren einer ein bruder des 'Exar^qu-g. Identisch mit aucfdrsgo-g uterque.

'Avcc^iSoTo-g Makedone bei Arrhian und Rbodier. !Ava^v ist dat. pl. von äva^^ der sinn ist ^Ton den Anakten ge- geben^; die Anakten im engeren sinne sind die Dios- kuren.

l/tva^mno-g hetäre Alexander d. gr. und Athener in makedonischer zeit. Componirt aus äva^t von dvdaao) stamm dvax also für dvax-at = dva^-rt und inno^g pferd „pferde beherrschend" oder vielmehr „reiterei beherrschend** {ij innog reiterei).

*AvdQea-g ahn der sikyon. tyrannen; officier der Pto- lemäer. Vielleicht nicht makedonisch, doch vergleiche !AßQia'g^ MeyccXia-g^ Ilgooraa-g, Von dpi]Q durch suffix icc-g.

!AvdQOfAivi}g Athener und Makedone bei Arrhian. Zu- sammengesetzt aus dvriQ und fAivog n. muth, sinn. Vgl. zend. nare-mananh mannherzis^ = sskr. nrmanas mann- herzig.

'AvTitt'g Makedone.

Wohl von avxri angang, bitte (oder identisch mit 'Av~ ri-ag griech. eigenname und von arr/, ävra),

IdvTiyivrjg name von Griechen und Makedonen. Zu- sammengesetzt aus dvTi und yivog „geschlechtsersatz".

AvTiyovo-g und !dvTiy6vi]. Der mannsname 'Avriyo- vo-g kommt nur bei Makedonen, bei Griechen erst in ma- kedonischer zeit vor, dagegen heifst 'Apriyov?] bereits bei Aischylos die bekannte heroine des thebanischen Sagen- kreises. An entlehnung aus dem griechischen ist nicht zu denken. Aus dvri und yovog zusammengesetzt heilst der name „dessen geburt zum ersatze dient, zum ersatze ge- boren*^.

Apvifiaxo-g schon bei Homer, gewöhnlicher griechi- scher name, auch ein Makedone späterer zeit heifst so. Wohl nicht makedonisch. Aus ccvri und ficc^fj ^ wider- streiter".

'AvTioxo-g häufig bei Griechen (auch in den sagen) und Makedonen. Der älteste Makedone dieses namens ist der

25M) Fick

Orestenkönig Antiochos^ erwähnt f&r 429 v. Chr. Thuoyd. II, 80. dvTi mit 6x0' von i^ l^ei&t „widerhalter". Wohl nicht entlehnt.

jivTinaToo'Q kommt einzeln bei Griechen in vormake- donischer zeit vor, häufiger doch bei den Makedonen. Der älteste des namens ist der Statthalter Makedoniens tiDter Alexander d. gr. Der name bedeutet „fQr den vater ein- tretend^, und ist von den Makedonen gewiss nicht entlehnt

Ifloyalo-g name makedonischer könige; der älteste, Argaios der erste, war söhn des reichsgrQnders Perdikkas, regierte nach der tradition 642 612 v. Chr. Mit diesem namen ist sogleich zu verbinden

'AgyedSaL name des makedonischen königshaoses, ab- geleitet von

yloyia-g ahn des Argeadengeschlechts, bei Steph. Byz. und in lloytov vfjaog^ wie von den Makedonen in Aegyp- teu unter den Ptolemäeru eine kleine insel bei Kanobos genannt wurde.

Die patronymische form yJoyeddtj-g kommt bereits bei Homer vor. II. 16, 417 tödtet Patroklos den IdoytaSriv IIo- Ävutjkov den Argeassohn Polymelos. Dafs dieser Argeade ein Lykier ist, wie aus v. 419 ff. erhellt, wo Sarpedon der Lykierförst Ober die tödtung des geführten ergrimmt, ist Air uns hier gleichgöltig; Homer beschenkt ja ans der fülle seiner spräche heraus wildfremde barbaren mit den schönsten griechischen namen; wir ersehen hieraus nur, dafs das makedonische königshaus einen ächten altgriechi- schen geschlecbtsnamen führte. !AQymÖri'g kann, wie auch Angermanu in Curtius Studien I, 11 richtig angiebt, nur von 'AQyici-g gebildet sein; ylfjyea-g ist demnach der wahre ahn der Argeaden. Wenn Argeas in den makedonischen sageu nicht genannt wird und erst von Steph. Byz. be- zeugt ist, so kommt das daher, dafs die alte nationale stammsage frühzeitig durch die abgeschmackte ableitang des königshauses von Temenos und dem peloponnesischen Argos arg verfälscht ist.

Von AQyict-g ist nun aber auch der name des zweiten Makedonenkönigs 'AQyaio-g abzuleiten. Wie Jf^^ia^g zu

zum makedonischen dialecte. 221

/h}(Aag^ wovon JfjfiäSt^-g für Jt^umStj-g^ konnte l^Qyea-g zu yiQya^g contrahirt werden, welches l^Qyd-g als eigenname wirklich vorkommt. Durch antritt des patronymiscben to-g (vgl. TalaudV'iO'g söhn des Telamon) entstand aus lAgya- LdQya-io-g^ und dies ist der makedonische königsname. Es bedeutet demnach !JnyaiO'g ,,Argeassohn, Ärgeade", und es ist sehr wohl möglich, dafs das königshaus sowohl uJq- ysddai als auch IdQytctioi oder *AQyaioi genannt wurde.

Es bleibt noch die herleitung des namens 'Ag-^ia-g zu betrachten. Wie aus l^vria-g neben 'Avtbiu f., Aiveia-g neben 'Auvia-g und anderen erhellt, ist eia-g die vollere form der theraen auf ia-g. Diese endung da-g ist aber im gründe identisch mit eio-g^ und nur durch vocal- umförbung beide diflferenzirt. Sonach ist Agysia-g = 'Agyeiog und dies steht für Aoyea-to durch lo von Agysa^ thema von Aqyog n. Argos abzuleiten. Es hatten also die alten ganz recht, die Agyeddai von Argos herzuleiten, nur fehlten sie in der ansetzung dieses Argos; natürlich stam- men die makedonischen ftirsten vom Orestischen Argos und der name ihres ahnherrn bedeutet schlechtweg „Argiver, könig von Argos'*, wie Maxeöciv „Makedone" und „könig von Makedonien", u Vgiarfj-g „der Oreste" und „könig von Orestis" u. s. w.

Agirij-g Spartaner und ein reitergeneral Alexander d. gr. Wohl nicht von dgeri] sondern von dgiöxco stamm dge^ wie rekeTfj von tbIe == Ts?.sa^ während AQia-ctvÖQO'g^ Aqs^ (fia-g^ AfjtC'TcoQ auf das thema dgea gehen. Der name Agiri-g Makedone bei Arrhian ist unsicher.

Agiädio-g name makedonischer forsten, zuerst erwähnt ein söhn Amyntas II. In doi erkennen wir das griech. ver- stärkende dgi" igi'^f daio-g findet sich in dem namen des Hyl- lossohnes Kkea^öato-g neben Kleu-Sct-g und in Ggacv-öccio^gj wie es scheint von Saiofiat wurzel t)a zutheilen abzulei- ten. Demnach würde K?.e6'öatO'g rubmspender, '/iqiöaio-g stark spendend = freigebig, milde bedeuten. Für die gleichsetzung von dgi- mit dem griechischen präfix dgt^ igi" spricht auch die nebenform '£ggidaiog (für 'Egi-Öaiog) die Sauppe Makedon. Inschriften Weimar 1847 nachweist.

222 Fick

'AQTiaXo-g makedoDischer auch griechischer name. Be- kannt ist der satrap von Babylon, der seinem namen ehre machte. cumct).o ist basis von aonaX'iog (rafiend) gierig; reizend, lieblich, aonaX'i'ib) annehmen, von den eigennamen l4Q7Ta?.'ev'g und 'AoTiak-ioav^ es kommt selbst als eigenname in der sage von Lakonika vor und steckt auch in "^Agna^ Xvy.O'g^ welches für 'AimaXo-Xvxoq „reissender wolf" steht nach der bekannten weise, von zwei gleiohanlautenden Sil- ben die erste wegzuwerfen, wie in ccQvaxiÖ- schafvliefs f&r ccovo-vcc'/AÖ {vdxog vliefs), IIakctiu)8riq för IIalafiO''fAfjSf]gj sinngleich mit XBioi-cjüffogj JSikevxo-g fÖr ^Bkcc^kavxo-g l^uscV'ia^g für !AuHV0V'ict'g u. s. w.

Hooaßdio-g^ 'AoQißdio-g nur makedon.name; beiThucyd. Aggifialü-g^ doch wird !AoQaßdio-g durch gleichzeitige io- schriften als bessere Schreibung erwiesen. Nehmen wir /iqa- ßaio-g als ächte namensform, so werden wir sofort BXxfaQaßo-g getös, äoußku) rasseln geführt. Für diese ableitung ergiebt folgende betrachtung eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Der äl- teste Arrhabaios ist ein Lynkcstenfürst und söhn des Bromeros. ligoueoo'g ist regelrecht von ßgo^o-g getös, wurzel ßgeu ge- bildet, wie griechisch TQOfjteQo-g zitternd von TQOfio^g zittern Wurzel TO£u tremere. Da nun die namen von vater und söhn sich gern in derselben begriiffssphäre halten vgl. die makedonische namenreihe i/Axera-^ (vater), 'AfAVvva^g (söhn), A/.e^apd()0'g (enkel), alle als wehrmänner benannt so wird mau in Aoaßalo-g von vornherein eine ähnliche bcdeutung vermuthen dürfen, wie in Bgofiego-g', diese er- giebt aber die anlehnung an äqaßo-g^ agaßk-fa. Uebrigens lässt sich auch die form Aggaßaio-g erklären. Neben ägaß rasseln haben wir im griechischen auch (jaß in gaßdaaw lärmen, stampfen, denom. von dodßct^ lärmer, tänzer. Bei dem namen Agi-öalo-g nahmen wir ccqi = griech. dgt; dies kann wenigstens zu ccq sich verkürzt haben und so liefse sich Aü'Qaßaio-g als Aoi'Qußaio-g (oder auch als dgi^aga-- ßccio-g) fassen. Aehnlich verkürzt sich negi in alten eigen- namen zu nsQj so in fleoQaißoi bei Homer Jlegaißoi (name eines den Makcdonen benachbarten volks). lleQ'gaißo und Jlsoatßo stehen beide für lIsQi'Qatßoj das wort bedeutet

zum makedonischen dialecte. 223

die umherschweifenden von nsgi und Qaißo schweifend, meist geschweift = krumm, aber gleichen Stammes mit Qiußu)^ winden pass. schweifen. Ebenfalls Ton Qkfjißfo^ Q^l^' ßo'Qj (iVfAßo'Q ist vielleicht

!äQovßa-q, ' ÄQvßa-q^ !Aqi^ßa'q ein makedonisch-^piroti- scher name abzuleiten. a()()i;^/9a-c;kannheif8en ,, ohne wanken**. 'Agoia-g Makedone bei Arrhian, von cigai- hebung, hebend, das auch enthalten ist in

'Aüöivoi] bekannter sagenname, später häufig in der familie der Ptolemäer, vielleicht nicht altmakedonisch.

\4qyikao'q häufiger Griechenname und name eines ma- kedonischen königs um 410. Wenn Euripides den ahn- lierrn der Makedonenkönige, der sonst Karanos heifst, !Aq' ykXao-q nennt, so war das nicht in der sage begründet, blofses compHment für den hohen gönner. Bildung wie IlQena'kciO'g; Lägye-Xuo-g ist mit dem adjectiv ccQykXao-g volkbeherrschend identisch.

adaavÖQO-g bruder Parmenions, söhn des Philotos. Das erste glied des wertes acrt- ist zweifellos von «J, ^aJ, avö'ccrco gefallen abzuleiten, steht also für ccd^Ci^ = dö'Ti-, Spuren von anlautendem digamma bewahrt das makedonische nicht.

yha?MVT7] Schwester des Perdikkas II. Identisch mit dem bekannten heroinennamen, f. zu azdXavTo-g gleich, vergleichbar. Auch eine Stadt Makedo- niens hiefs 'AtaXdvTi]^ wie eine insel bei Lokris.

BaiTMV hiefs ein ingenieur bei Alexander d, gr., auch name eines landmanncs. Von ßccirj] hirtenrock aus feilen (= got. paida f. rock) abzuleiten, wie z. b. X?Mivea'g von ^kaivf] mantel.

BdXcr/.QQ-g häufiger, nur makedonischer name, ent- spricht dem gr. (fdXay.oo-g kahl. <Dd?My,00'g findet sich als eigenname zwar auf münzen von Epidamnus und Apol- lonia, ist aber ohne zweifei erst durch die Makedonen, die im 3. Jahrhundert v. Chr. diese Städte besafsen, dahin ge- langt. ßaX^axQo = (paX-ctXQQ ist aus ßaXo hell = cpako- und axQo spitze zusammengesetzt, heifst also eigentlich „mit blanker spitze", spcciell „mit kahlem köpf". Dies eine

224 Fick

wort ßaX-axQO mit äclit makedonischem ß = ^, welches den gedanken an entlebnung ausschliefst, würde beweisen, dafs die Makedonen Griechen gewesen.

Bd?,eivo'g makedonischer mannsname; richtiger BaJu- vO'i^ identisch mit dem von Xenophon (Anabasis) c. 400 V. Chr. bezeugten gr. namen <lia}uvo'Q von (faXio hell (vgl. ßaX-ay.oo) also für (fah-ivo-g, Vergleiche för die bildung 'Ayctitlvü-q^ BooTivo-g^ D.vxJrO'g^ ^itiX(jivO'g von ayaOS-gj ßooTo-g^ ;'PvVXt'-g, CuixQo-g.

Ba^Tcia name einer frau aus Philippi. Dazu Hesycb: ßäaxioi . öscuai (fqvyavoav^ ßdax-uJ^o-q ' xiöda wahrschein- lich makedonische glosseu, griechisch (fdtrx'iaXo-Q beatel, behälter, cfdaxov baummoos und lat. fiscu-s beutel, geld- sack, fasci-s bundel, bund, fascia (= Bct(Tyua) binde, band.

Bd/Mi^o-g ein Makedone. Der name ist aus ßako = q^ako hell (in BaK-axoü-g^ Bal-lvo-g) und avxo rühm, wo- von das griech. avyiu) sich rühmen, brüsten, prahlen. Dies av^o erscheint auch in JldvT-avxo-g w. s.

Beoevixa, BsQvixa häufiger makedonischer frauenname im hause der Lagiden = griech. (fSQsvix}]^ das aber als eigenname bei den Griechen nicht üblich war; gebildet wie (l^eoe-Tiufx^ (I^EQa-XQdT}}g, ^iMQe-y.vötjg.

Biorjg g. BkQriX'Og myth. name, söhn des Makedon und gründer von Bigoict^ identisch mit (l^igjjg g. ^>iQf]T'Og myth. gründer von (l^aoai in Thessalien.

Bi&v-g ahnherr der Bithynen, davon Bi&vo^noki-g'y der name erscheint auch in makedon. Umgebung; er be- deutet „der Bithyne'^, einen mann, der oder dessen ge- schlecht aus Bithynien stammt. Bidv-g ist ursprünglich wohl zweifellos eine kürzere nebenform zu Bidvv6-g der Bithyne.

Bilmno-g ist die acht makedonische form des königs- namens ^l^ihTino-g. An entlebnung aus dem griechischen ist nicht zu denken, denn der erste Philippos regierte nach der tradition 611 579, jedenfalls also zu einer zeit, wo Makedonen und Hellenen kaum von einander wussten. Fer- ner werden zwar Griechen (Athener) namens Philippos schon aus vonnakedonischer zeit (bei Plato und Aristophanee)

zum makedonischen dialecte. 225

erwähnt, allein während (l^lkiTino^g als griechischer name einfach „pferdeliebhaber^ bedeutet, hat BiXiTtno-g als name makedonischer könige gewiss eine viel speciellere bedeu- tung. iTiTtü-g bedeutet hier gewiss ?; innog die reiterei, die i'nnog irctiQiic/], hetärenritterschaft, und als deren gönner wird der Makedonenftirst durch die benennung Bik-mno^g bezeichnet, während in den namen !AXxiTag^ !AfAvi'Tag, jiH^- avdoog die gesammte Wehrkraft und wehrverfassung des landes verherrlicht wird. Auch in griechischen Zusammen- setzungen mit mnog muss man dies wort mit reiterei über- setzen z. b, in 'Hy )]ö'm7tü-g fÖhrer der reiterei (nicht der pferde!), '^Qx-i^mo-g^ InTi-aQxo'g reitereiführer, JFwcT-m- nog u. s. w.

BkiöTixf] {Beharix^) und Bkionxig makedonischer frauenname = MeXiatix^} attischer frauenname, schon bei Aristophanes, wozu M^AeCreJ f. und Meharicov. Von fiiXir honig, davon (^cAir-jw) zeideln = {ßkir-jui) ßlia-aijo (für /uAtr-/(iü); davon die participialbildung uekia^ro '&= ßkicfvo^ und hiervon Meliat'ixf] = BXiGT-ixri' Diese darlegung zeigt, dafs die form BBliarixt] falsch ist, übrigens ist auch das richtige BlKrrixr] handschriftlich bezeugt. Zur endung "'/^^/ ^g'* ^^iv'ixo-g^ EvfKXQ'txO'g (evfÄa(}f]g)^ ^eovt'ixO'g^ Oiciv^iXo-gj JSrqoß-ixo'g, ^wq^gov^ixo-gj besonders häufig in böotischen namen.

BkiTCüfj oQog Makedone unter Antigonos. Ebenfalls von fjieh honig; richtiger wäre wohl BkiT-Tcug von ßXiv ßkiö-aia (= fikiT'jw^ jt4ekiT'joj) zeideln, vgl. ßkiartjQ'ig x^^Q die zeidelnde band. Uebrigens kann man sich auch ein verbalthema ßh-ju) = fieh^joo vom thema f^eki = fiehr (z. b. in fAeh'fjdrjg) denken, und von diesem ßki-ju)^ ßki würde Bki-^naq eine durchaus regelrechte bildung sein.

Bovxe(fdka'g name von Alexanders pferd, ist thessa- lisch; ßovxecpakai hiefs eine bestimmte race thessalischer pferde, denen das zeichen eines ochsenkopfs eingebrannt wurde. Die makedonische form wäre ßovxsßdXa-g oder ßovxißka-g.

BoTTcov (üvog heros eponymos der Bottiaier, nicht ma- kedonisch; die Bottiaier sind von den Makedonen vertrie-

Zeitochr. f. vgl. sprachf. XXII. 8. 15

226 Fick

ben in die nach ihnen genannte Büttixtj und wurden dort durch das Xakxidtxov yivog hellenisirt. Man kann den namen der landschaft Botr^ia aus So-tro ßo^x^o Weide- land deuten.

Boiawv Makedone bei Arrhian. Vgl. Bglaa nymphe, BolO'si'^ Homer, Ton figi ({igi'a(}6'g) ßgidw^ besser wohl Bgv6(av und dann = Bgvfftov häufiger griechischer eigen- name, vgl. Bgvaiai Stadt Lakonikas und die makedoni- sche landschaft Bgovaiö oder Bgovaiad (nicht in KqowsIS zu verändern). Zur bildung vgl. Qt^ifSiav^ flctixkov u. a. Vielleicht steht BQvawv zur ßgovaidöj wie Boxtaiv zur Borria^ Bottiaia,

BfjouBQO'g LynkestenllQrst, vater des Arrhabaios; der name ist regelrecht von ßgoua-^ getös (bacchisches), Wur- zel ßgtu gebildet, wie rgofiego^g zitternd von XQOfAO-g das zittern, aus wurzel xgtfji.

BvTTaxo-g makedonischer und spätathenischer name, vielleicht von ßvxvog'yvpaixog aiöoiov Hesych. vgl. Ilavx- OQÖavo-g,

Favapfj-g heilst der älteste bruder des Perdikkas in der herodotischen sage. Die makedonische form ist Fava" va-g^ von Herodot zu Favdvr^g ionisirt, wie IltgdtTCXfj-g aus UBgäixxa-g. Gutschmid (makedon. anagraphe s. 112) identificirt den Gauanes mit yJidvrrg dem söhn des Ely- mas und gründer von Elimeia. Das ist sprachlich nur dann mögUch, wenn man Aidvrrg von ala (grundform ofia) und Favdvij-g von yaicc (grundform yajrta) ableitet. Doch bleibt das unsicher. Riehtiger scheint mir die anlebnung an yccjr froh, stolz sein in yai^w^ yr^if-iw^ yau^go^g stolz, d-yav'og erlaucht.

Fvyaia^ Herodot Fvyahj^ makedonischer frauenname; die erst erwähnte Gygaia ist eine Schwester Alexander I, an den Perser Bubares vermählt. Der name stammt ans der phrygischen sage, vgl. Homers Fvyah] kifAvri und 67- ges. Dai's die makedonische königsfamilie die phrygische sage pflegte, ist höchst natürlich: Aigai-Edessa, die wiege des reichs, stand ja auf altphrygisehem bodeu, und das ur-

zum makedonischen dialecte. 227

sprünglicb ebenfalls phrygisohe Mygdonien war eine make- donische provinz.

JccQQwv ' MaxeSopixog daificov^ ^ vTtiQ väv votfovvTcov eii^ovrai, Hesych.

Gehört zur wurzel ^aga muthig sein, d-Qaa'-ogy &Qaav^g. Lautlich entspricht der griechische eigenname dagatw.

JigSa^q hiefseii mehrere forsten von Elimia. Der name ist nicht zu deuten (vgl. etwa ddgda * fAshaacc He- sych?), braucht aber darum noch nicht barbarisch zu sein, so wenig wie ^Laßgia-g und viele andere eigennamen, die sich bis jetzt aller erklärung entziehen. Vielleicht aus Je* gada-g c{. 2avÖot neben JSaväda^ von ÖigtjsssdeiQcc nackeu. Der name Jsiqadtj'g kommt als eponym des attischen de- mos JaiQaä^ag vor.

Jciaoiv g. (ovog beiname des Antigenes Gonnatas. Von diäcojui. Zur bildung vgl. unter GsfAiocov.

'ExareQO'g Makedone, bruder des j^/Acporsgö-g = ixa- tego-g jeder von beiden.

EvgvÖix}} gemahlin des Orpheus in der bekannten sage. Nach dieser ist die frau des Amyntas II. benannt, und seit- dem wurde Evgvöixit gewöhnlicher makedonischer frauen- name. Kein wunder, dafs die Makedooen sich der pierischen sagengestalten annahmen Pierien war ja seit Perdikkas I. provinz Makedoniens.

'Hyf]a(6 griechischer, auch makedonischer frauenname, müsste makedonisch wenigstens !äyt]aoi heifsen. Gebildet wie Axeaci (von axsa- heilen) ^Ae^ci (d. i. !Ak£^'(Jia von aXe^ wehren) Ai^oj (d. i. !Av^-(f(ü von ai^) Zsv^ai (von ^evy ^vy) 'laaoi (von heilen) KaXvxfjio (von xakvß ver- hüllen) Krijaci (von xtt] besitzen) Mväad (von juvä geden- ken) Nixäcci (von vixä siegen) Jlgtj^oi (von ngt^y ngccy) JSwaoi (von aco = aaco^ erretten).

Käka-g g. Kala heilst ein Makedone, der auch Käk^ lag g. KaXXavTog genannt wird. Käkag gehört zum grie- chischen xaXo-g schön und steht dazu wie KvXXa^g, Kifh- Xti-g zu xvXXü-g krumm; dagegen KdXXavX' geht auf das thema xaXXo' in xdXXog, xakkovtj Schönheit, xakklcDV, xäk-

15*

228 Fick

höTog und xakXi- in compositis zurück, zunächst wohl auf ein zu denkendes {xct'//Aaiviu) = xa)J,vv(o schön machen.

KdlXa^ g. KdliavTog 8. Ä'aA«-^'.

Kcegävo-g erster sagenkönig von Makedonien, dazn K6{)avvog ' fiaat/.BVf^ yjaxsdoria^. Identisch mit dem grie- chischen xd(}ijvtß'i\ dorisch xccoävo-r haupt, das im masc. auch als eigenname bei den Spartaneni erscheint Bei He- rodot VII, 173 fahrt ein KdüTivo-g 6 Evaivitov narrig ^mxütrjTfji; den oberbefehl über das griech. beer am Tem- pepass. Kdof^vog ist offenbar ionisirt aus Kdoävog; so hiefs der mann ohne zweifei in Sparta selbst. Die grund-* form des wertes ist Kcwaa-vo aus xaDaa- = sskr. ^iras haupt durch suffix vo weitergebildet; aus xaoaa^vo wird xaoaV'Vü^ reflectirt durch das hesychische Kogawo-^ (wie 2B},dvva^ 2e?Mvaj JS€?,TJvtj aus aÜMa-vit, doyev^vo ans äg^ yta-vo u. 8 w.), daraus endlich xagäi^o-q. Als makedoni- sche form ist das alterthömlichere Mdgavpo-g anzusetzen.

Kaüdgwv. Nach einer bei Marsyas autbewahrten sage hiefs der vater des Kdgavo-g Kagdgojv. Gutschmid will hierin Kdgooyv = lakonisch xdgowv stärker, xgeiaaoav er- kennen; es scheint Kagdgcov richtig und wie der name des Sohnes von xagarr- haupt herzustammen, wie so oft die namen von vater und söhn gleichen Stammes sind; vgl. za Kagdgoov griech. xga-iga spitze, und die, vielleicht make- donische, glosse bei Hesych: xagdga'xscpakt],

Kdaavdgo'Q und Kdadavögo-i^ söhn des Antipater, konig von Makedonien und nach ihm andere Makedonen and Griechen. Das feminin Kdaaavdgay Käadvdga bekannter mythischer name einer tochter des Priamos. Das erste element xaact- xaai- stammt von xad xaivvuai xixaafjiai sich auszeichnen, hervorleuchten, Kctaa-avSgo heifst also uvSgag xsxaa^erog, sich unter männern, den menschen her- vorthuend. xaor/i aus ursprünglichem xkö-tl durch anftl- gung von TL an xaö entstanden, lässt sich in der alterthllm- lichoren form xna-n noch nachweisen iu KaOTi-dpstga sinn- gleich mit Kaacidvögcc^ bomer. name einer nebenfrau des Priamos, in der form xctoai- in Kaacsi-insuc^ Kctaa-onfi

zum makedonischen dialecte. 329

„eich hervortbuend durch rede, stimme^, name der mutier der Andromeda.

KeßaXo'c; Makedone bei Diodor Sic. Die makedoni- sche form des bekannten eigennamens Kitfako-g^ von xc- yorAij köpf, vgl. Hesych xeßa?^7J * xsffa'Atjj eine offenbar ma- kedonische glosse.

K^ßaHvo-q Makedone bei Diodor Sic. Von xeßaXj) köpf, wie j^fÄTiellvo-g von afxiiBXog^ Bgovrlvo-g von ßgovtfjj 'Egyivo'g von iQyov^ 'Innlvo^g von inno-g^ Xa^fitvo^g von

KilXi}'g Makedone bei Diodor Sic. Besser wohl KvX- krj-g. Imm. Bekker schreibt im texte KikXrjg, im index Gylles.

Kvl?.r)'g ist = KvXlcc-g einem auf inschriften vorkom- menden mannsnamen. Vgl. Kvllia-g Argiver auf inschrif- ten, und KvV.o-g name eines Thessalers. Kvkka-g (so ist die makedonische form) verhält sich zu xvX?^6-g krumm, wie KdXa-g zu xaXo-g schön. Die bildung ist acht grie- chisch. — Die lesart KilXrrg würde uns auf xiXhj-g^ xik- Xo-g esel, xiXXo^g eselgrau führen.

Kiaaev-g heifst in der Karanossage der feindliche könig, der nur als Thraker- oder Phrygerfürst gedacht werden kann. Der name kommt auch sonst zur bezeichnung von Phrygern oder Thrakern in der sage vor. Kt(faevg ist bei Euripides Hek. 3 könig in Thrake und vater der Hekabe, bei ApoUodor könig der Phryger, KiaoTJ-g bei Homer könig in Thrake und vater der Theano II. 11, 223. „Der name, der wahrscheinlich griechisch und von xiötso^g ephea abgeleitet ist, kommt auch als beiname des Dionysos vor (Paus. I, 31, 6) und ist die personification des den Phry- gern eigenthümlichen Dionysosdienstes. ^ Gutschmid, ma- kedon. anagraphe s. 120.

KXüTO-g identisch mit xXBiro^g berühmt, kommt als eigenname schon bei Homer vor; häufig in Athen und Ma- kedonien. Berühmt KXeiTog 6 fdiXctg und b Xevxog,

KXbItojv wvog Athener und Makedone. Von xXeitog, wie ^Egdroop von kgaro-g geliebt, jdknxiav von XtntO'g,

330 nek

Kv(äni*g in der Karanossage bei Marejras von Pellm; dazu:

Kvumia-g ein Makedone, Alorite bei Polyb.

Der name bedeutet »b&r^, vergleiche Hesycb xvpovntg (schreibe xwovnig) * äoxtog. MaxeSovsg und Hesycb xy«*- Ttevg ' ägxTog. dvioi xvovnsvg^ und Hesycb xiviin%Ta * itvm- Sala^ &r^oia. Dazu die griechischen namen Kvano~g Ko- dride, gründer von Erythrai und ein bach in Böotien mit einer gleichnamigen Stadt, Kvianov^nohr'g name von Ery- thrai, und Kvwnia flecken in Böotien = Kvwnog.

Koivo^g söhn des ersten sagenkönigs Karanos, nach diesem hiefs so ein Elimiote, feldherr Alexanders und spä- tere. K'jlvo'g^ nur makedonischer eigenname ist identisch mit xotvo-g gemeinsam, wie schon die sage bei Marsyas (s. Grutschmid, anagraphe 129) den namen deutet.

Koqavvo-g ' ßaaihtvg MaxeSoviag Hesycb s. KuQcnfog.

KoQoayo-g häufiger und blos makedonischer name. Von xogga = xoqöt] haupt, schlafe, abgeleitet durch das sufiQx ayoj welches mit der bekannten makedonischen Ver- tretung des X durch y dem griechischen "oxo in nkTg- axo^, ovqi-axo'g von {ovqio) aus ovgd schweif, ende, xi;/u- ßaxo- von xvfißrj, fialaxt] malve von fiaXjra =s lat. malva, ovgaxo' urinleiter von ov^oi' urin, ctopiaxo^ von tnofta mund entspricht. K6ggayo~g wQrde demnach griechisch Kögaaxo- lauten. Hierher auch Koggayov name eine« kastells in Makedonien.

KoggaiO'g ein soldat Philipps. Wie das vorige von xogga =s xogtfrj haupt, schlafe, durch das suffiz lo abge- leitet.

Kgatego'^ nnr makedonischer name; die Griechen die- ses namens aus später zeit sind erst nach den berühmten Makedonen benannt. Offenbar identisch mit dem homeri- schen xgarego'g einem lieblingsworte des epos.

Kgareva-g häufiger nur makedonischer name; ftkr Kga^^ Tsthja-g von einer basis xgoTBv^, die auch dem griechisohen xQücrev-Tai (Homer), xgarev'trjgia zu gründe liegt.

Kgivoiv lavog Makedone. Von xgivo'V lilie, gebildet

Silin mak«donifloheii dialecte. 981

wie !AfiniX(av^ Bdruiv, /fccffvcov, KaXdfxtav^ Kkääcov^ KqO" ' xiüVj *P6Sü)v,

KvkXijg 8. KiXkfjg,

Kvvvttj Kvpdvrj tochter von Philipp II. und der Illy- rierin Audata. Doch wohl von xvv- hund, vgl. Kvvva eine hetäre zu Athen (Aristophanes). Vgl. Kwlaxo-g. Kvvva für xvv'ja. Zu der form Kvvvdvt] vgl. ravdvtj^j IlavT- oQSdvrj-g, '

Kwiaxo-g griechischer und makedonischer name. Ver- gleiche ^eovTittxo-g (griechisch und makedonisch), Mvtaxo-g ein Makedone und die griechischen namen 'Agvioxog^ Bota- xog^ ylayiaxog^ AvxiCxog^ Neßgiöxog^ TavQidxog^ T^a» yiaxog.

yjdyo-g {Adyo-g^ yJayo-g) Stammvater der Ptolemäer. AäyO'g steht für la-ayo^g aus Aao- volk und ayo-^g fährer. Die vollere form Aaayo- scheint noch Theoer. 17, 14 er- halten. Hier will Lobeck für das o£Penbar falsche AayiSag 6 IIxokBfjidiog schreiben AäayiStig. Doch könnte man auch Actyddrig restituiren, gebildet wie Codrldes, Lycoorgtdes, Belides, Priscian führt sogar Lagides an, doch scheint diese missbildung Patronymika auf dSrig von themen auf o-g sich nur bei römischen dichtem zu finden. Siehe hierüber Angermann in Curtius Studien I, s. 33.

ABovdrO'g (Aedwato-g^ Asovvdro-g) leibwächter Alexander d. gr. und andere Makedonen. Der name ist zusammengesetzt aus XB(jü'g=kaO'g und dem part. pf. pass. von ovf] 6vivt]fii nützen, vergleiche "Oväro-g Pythagoräer aus Kroton ('Ovädia-g, 'Ovaai-xkijg^ Vvdöifiog sss 'Ovi](Siinog, Vvaöicov, *'Ovaöog =si'Üv}jöogj Vvdra-g Vvdtixog u, h.) Die Schreibung Aeowaro-g ist hiernach unrichtig; berechtigt sind nur die formen Ae-oväTog und ABM-vaTO-g, letztere aus Aco) und ovaTo^g wie Asmyoga-g athenischer name aus kect) und dyoQa'g,

Avao-g bildhauer aus Makedonien; der name, von Xv lösen, ist gebildet wie "EkadO'g von iXa(S treiben, "InnatTo^g von innctS Innd^ofiaij Kikevco-g von xsksv'^ Tleigaöo-'g von nngä'^ "Oväao-g von ovtj^ ovivtjui^ SSxeSaao'g von öxtSaa- zerstreuen.

282 Fick

Mfiiiq MakedoDe apfttor zeit, auch auf einer rbodischeD mönze. Wohl Ton uä^ uaia^ oder eher noch identisch mit dem 8o häufigen phrygischen namen Mmq,

MsyaUa-g Makedone; von fiiyaXo' grofs, gebildet wie 'Aßgia^g^ ylvria^g u. a.

Msvida-g makedonischer heerfQhrer unter Alezander d. gr.; der name patronymisch wie von (Mfipo-g), vergleiche na(}'U€viSrf'g.

yioXvxo-g feldherr des Kasander, vgl. Molvxxo^ und MoXv^ mannsname später zeit.

Mvtöxo^g Makedonen, demin. von uv-g maus, vgl. ^c- ovT'iöxo-g^ TavoiaxO'g, Toay-itfxO'g u. a.

Nixdvcoo ooog Makedonen und ein Chaone. Von vixrj wie jiyanrpfOiQ von dydnfjj 'AXx^'ivcüq von ofAx?;, Ev^^v^^Q von tv^ifU TiuccviOQ von ufif].

'OXxia-g (&hrer der Makedonen, von okxtj zug.

VgiaTij'g könig von Makedonien, nicht mit bezng auf den muttermörder der sage, sondern ,,der Oreste^ nach dem makedonischen stamme der Ooiarai benannt.

ridvxavxo'g name von Makedonen, zusammengesetzt aus navT' all und (cri'^o-), das aus av^ioa rühmen, prahlen entnommen ist, wie z. b. griechisch {ocqvO") in an^agvo-g verweigernd, d^-agvo-g verläugnend aus dpviouai^; TIovt^ av^o^g heisst also „allstolz^, vgl. Bd?<,'avxO'g,

TlavTOQSavo'g Makedone. Der name besteht aus navr^ all und ogSavO'-gj welches identisch ist mit Vqd-dvfi^ Pria- pos von OQ&o-g erectus, mit bewahrung des makedonischen 8 für griechisch ^. flayrooSavü-g bedeutet demnach ^ganz geil", oder, wenn ogöavo nur die bedeutung von OQ&o-g hatte, „ganz gerade".

/laQjiiBvicDv a)vog söhn des Philotas, der bekannte freund Alexanders d. gr. Der form nach patronymikon zu nag-fxivsiv homerisch = naga-uiviiv aushalten, stand hal- ten. Vergleiche die griechischen eigennamen FlagfAivio-g. fJaoueviöxo'g, Tlaguivünv und vor allen das ebenfalls pa- tronymische TlaQueviÖrrg.

fJegSixxa-g gründer des makedonischen reichs und nach ihm eine grofse zahl Makedonen. Abzuleiten von

zum makedonischen dialeote. 388

nigSiX" rebhuhn durch das suiUx jra-; aus nBQÖiX'jra-g wird ganz in griechischer weise ThgSixxa-g^ wie XaTCHo-g aus Xax'ßo^ nUexxov aus nslex^ov. Vergleiche den mythi- schen namen üigdt^. Die Benennung von personen nach vögeln scheint bei den Makedonen und überhaupt den Nordgriechen sehr beliebt gewesen zu sein. Vgl. jiigo" no-Q. So nannten die Epiroten den Pyrrhos ctBTog^ Anti- genes hiefs 6 Ugcci, der habicht, Adaios aksxrgvoüv der hahn u. s. w.

Flsglra-g besser wohl FlBgirä-g hiefs der hund Alexan- ders d. gr. von lleglTio-g makedonischer monat ^im monat Peritios geworfen", vgl. ,,maikatze, rosenktiken".

üegoiSa-g general Alexanders d. gr., d. i. fleigotStj-g patronym. von dem homerischen heroennamen Ihigoo-g, Zu der Verkürzung der ersten silbe vergleiche Thigi&oo-g und Ilsgi&olSai attischer demos.

fleTgalo-g freund Philipp III., zun&chst wohl von der makedonischen Stadt Ilirga benannt.

ThvxiOTa-gy Ilevxiarrj'g leibwächter Alexander d. gr. und andere Makedonen. Dieser ausschliefslich makedoni- sche name ist dadurch interessant, das in ihm das home- rische 'TtBvxeg in kxS'Tisvxeg beiwort des ßilog erhalten ist, das offenbar schärfe, schneide bedeutet und von nvx = nvy pungere abzuleiten ist. Von nevxsa- ist IJevxia'Va'g gebildet wie makedonisch Ügia-ta^g der Oreste von 6^€<t- berg, griechisch "E&viö'TTj-g von id^psa-j Vcfekia-rrj-g von ocfekstJ' nutzen u. s. w. nhvxiöTa'g bedeutet: acie instruc- tus, der schneide hat.

IJoXvanig^wv ovrog söhn des Simmias, Tymph&er, general Alexander d. gr. Aus nokv viel und önig^ow^ part. praes. von ansg^ anigxco drängen, streben. Der dialect der Tymphäer, grenznachbam der Elimioten, wird vom makedonischen wohl nicht stark verschieden gewesen sein.

floXvif avta-g feldherr Philipps, aus nokv und qpai/ra-^ nom. agent. von rfaivo) stamm cpav^ wie in avxo'tpdvrtj'g^ 'ugO'tfdvTri'-g und sonst. Bei der ableitung von (ptv tödten würde man HukvtpovTa-g erwarten.

Ilganikao^g feldherr Kasanders,. von nginuv sich her-

984 Fick, sam mftktdoDitclMii dislecta.

vorbeben und /.ad-^ volk, gebildet wie ^^;|fe-iao-^. Tgl.

IlgofiBQo»^ diener des königs Arcbelaos, ans ngo und li€i(}0'g =: uBQBg- o. theil, wie /laTgo^xlo^g, ^'Ifpi'xko^g statt

floutTia^g aucb Makedone, von nQÜrO'g^ vgl. lAßgia^^^ *Avria^g^ Miyakia^g u. a.

ÜToXtiAdio^g wagenlenker Agamemnons bei Homer; makedonischer name. Von ^iroAeuo- homerisch and make- donisch = noXeßio* krieg.

floiraXo-g auf einer makedonischen inschrift, besser ncira^o-g ?

Sayyaio-g general Alezander d. gr. Der name gehört der phrygischen sage an; JSdyya-g heilst ein mythisoher Phryger, von dem der Sangarios benannt sein sollte, ^ay^ yia war ein ort in Phrygien, wo der Sangarios entßpringt. Von JSdyya^g ist ^ayya^lO'g gebildet wie Fvyairi^ Fvyaia von Fvyij^, Fiya-g.

^ikevxo-g general Alezander d. gr., Stammvater der Seleukiden. ^ekivxo' steht für (TcAa-Aet/xo-, ist ans ai- kac- glänz und khvxo^g hell zusammengesetzt und bedeutet „glanzhell^. Die auswerfung der silbe ka vor k^vxo erfolgt nach der bekannten griechischen wohllautregel, wonach von zwei auf einander folgenden silben mit gleichem an- laute die erste ausgestofsen wird; so agvaxiS- Schaffell aus agvo'vctxid' {vdxog feil), Tlakaufjdijg fQr nakafno^fifjSff^j xtvvduiafiO-'V flkr xivvauafifauO'V aus xivvauo und otfAmfiov^ fi?T()o-5 henker für ^r^TirTgo-g von ^f]Tio} (^^17717-0«) foltern, inquiriren gebildet, wie la-rgo^g arzt von ia- heilen.

^igga-g eidam des Arrhabaios, JSigga tochter des Arrhabaios, vielleicht pftonische namen, vgl. SSlgi-g oder 2iggai Stadt der SigionaiovBg (der name wird aach "Igga^g geschrieben).

2nogdxf}-g phylarch von Anthemnsia.

Taggia-g söhn des Deinomenes, Makedone; von xctgQrm rage dorren, ragao-g darre, bürde.

Tvgifxud-g^ Tvoitifda-^ sagenhafter könig Makedoniens, söhn des Koinos, vater des reichsgrflnders Perdikkas;

▼on Räumer, di« nirerwandtsohAft d. semit. u. indogerm. sprachen. 385

ebenso heifst ein epirotischer sagenkönig, vergleiche den thessalischen namen TogvfjLßa-g Diod. Hai. 10, 1 (oder iat dieses aus Togvlla^q^ Togvkao-g Thuc. 4, 78 verderbt?)-

fPila gemahlin von Philipp IL und andere makedoni- sche frauen; fpika^ ipikrj häufiger frauenname zu Athen und sonst; fem. von (piko-g die liebe, die freundin. Aecht makedonische form w&re Bila^ vergleiche Bikinno-g,

(Pihnno-g s. BiXmno-g,

Xdliia-g ein Makedone von x^kxo-g erz.

A. Fick.

Die Urverwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen.

§. 1.

Die Zeitschrift fOr vergleichende Sprachforschung be- schränkt sich zwar eigentlich auf das gebiet der indoger- manischen sprachen, aber dadurch wird die frage nicht ausgeschlossen, in welchem Verhältnis die indogermanischen sprachen zu anderen Sprachgebieten stehen. Vielmehr wird die beantwortung dieser frage auch ffir die erforschung der indogermanischen sprachen selbst von immer gröfserer Wichtigkeit werden.

In erster linie steht hier die frage nach dem Verhält- nis der indogermanischen und semitischen sprachen. Sind sie mit einander verwandt oder sind sie es nicht? Gegen die Verwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen hat sich in neuerer zeit mit gröfster entschieden- heit August Schleicher*) erklärt, und ein nicht geringer theil unserer Sprachforscher betrachtet jeden versuch, die Verwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen nachzuweisen, mit ausgesprochener abneigung. Der unterzeichnete hat sich dadurch nicht abschrecken

*) Die deutsche Sprache. Von August Schleicher. Stattg. 1S60. 8. 31; u. ebenso in der 2. anfl. (1869) s. 21. A. Schleicher: „Semitisch und indogermanisch*. In den beitragen zor vergleich. Sprachforschung. Herausg. ▼on A. Kuhn und A. Schleicher. Zweiter bd. Berl. 1861. S. 886. 244.

386 von R«nm«r

lassen, den spuren nachzugeben, welche zur gemeiDsaiiien quelle der beiden grofsen Sprachfamilien f&hren. Seit einer langen reihe von jähren hat er sein nachdenken darauf ge- richtet, für die Urverwandtschaft der semitischen und indo- germanischen sprachen einen streng wissenschaftlichen be- weis zu erbringen. Er hat die ergebnisse seines forschens in einer anzahl von abhandlungen niedergelegt*). Da aber sein unternehmen mannigfache missdeutungen erfahren bat, so möchte er hier in der kürze den weg bezeichnen, den er bei seinen Untersuchungen eingeschlagen hat.

§. 2.

Wenn man die Verwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen zu erweisen sucht, so sollen damit selbstverständlich die klaren und scharf gezogenen grenzen nicht verrückt werden, welche jede dieser beiden Sprachfamilien umgeben. Die frage kann nur die sein, ob nicht beide familien, so verschieden ausgeprägt sie auch jetzt vor uns stehen, dennoch aus einer gemeinsamen Wurzel erwachsen sind. Mit anderen werten: Wer die Ur- verwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen läugnet, der nimmt an, dafs jede dieser beiden Sprachfamilien ohne Zusammenhang n)it der anderen ent- standen ist. Wer dagegen die semitischen und indoger- manischen sprachen für urverwandt erklärt, der nimmt an, dafs es eine zeit gegeben hat, in welcher Semiten und In- dogermanen eine gemeinsame spräche redeten, aus der sich erst im lauf der Jahrhunderte die beiden grofsen sprach- familien entwickelt haben, die wir als die semitische und die indogermanische bezeichnen.

Bei der grofsen und unläugbaren Verschiedenheit der

*) 1) GesAmmelte .«^prachwisseDschAftliche echriften, Frankf. a. M. 1868, 8. 460 589. 2) Hr. prof. Schleicher in Jena und die nnrerwandtadiAft dar semit. n. indoeurop. sprachen, ebeud. 1864. 8) Fortsetzung der antersnchiiiigen über die Urverwandtschaft der seniit. u- indoeurop. sprachen, ebend. 1867. 4) Zweite fortsetznng der untersiichangen über die Urverwandtschaft der semit. und indoeurop. sprachen, ebend. 1868. 5) Dritte fortsetzung der miterinichiui' gen Über die Urverwandtschaft der semit. u. indoeurop. sprachen, ebend. 1871.

die arverwandtschaft d. temit. u. indogenn. sprachen. 237

semitischen und indogermanischen sprachen hat die Wis- senschaft das unbestrittene recht, die Verwandtschaft die- ser beiden sprachfamilien nicht anzuerkennen, so lange nicht ein streng wissenschaftlicher beweis ft)r das Vorhandensein dieser Verwandtschaft geführt ist. Es ft*agt sich also: Lässt sich ein solcher beweis führen?

§. 3. Blicken wir zurück auf die geschichte der Sprachwis- senschaft, so finden wir, dafs es eine zeit gegeben hat, in welcher der gedanke, dafs das griechische mit dem deutschen verwandt sei, nicht mehr war als eine schwan- kende vermuthung. Ob man dieser annähme beistimmen solle, oder ob es nicht gerathener sei, sich skeptisch da- gegen zu verhalten, blieb jedem überlassen. Gegenwärtig ist die Verwandtschaft des griechischen und deutschen all- gemein anerkannt, und wer sie läugnen wollte, würde sich damit nur lächerlich machen. Wodurch ist diese Umwand- lung bewirkt worden? Dadurch, dafs eine ansieht, die früherhin wirklich nur blinde vermuthung war, in streng wissenschaftlicher weise bewiesen worden ist. Und wel- ches waren die mittel, durch die man den unumstöfslichen beweis für die Urverwandtschaft des griechischen und deut- schen geftihrt hat? Erstens die Untersuchung des gramma- tischen baues beider sprachen, die gezeigt hat, dafs die flexionen des griechischen und de8 deutschen, so verschie- den sie scheinbar sind, auf eine und dieselbe grundform zurückführen. Zweitens aber der nachweis, dafs der wert- schätz des griechischen und deutschen keineswegs nur eine unbestimmte und eben deshalb leicht zu bestreitende ähn- lichkeit zeigt, sondern dafs es ganz bestimmte gesetze giebt, nach denen sich die laute der griechischen Wörter in die der entsprechenden deutschen umgewandelt haben. Diese gesetzmäfsige Übereinstimmung des lautstoffs wird von der indogermanischen Sprachforschung vor allem als sicheres zeichen der Urverwandtschaft angesehen'').

*) Schleicher, die deutsche Sprache 1860, s. 26. Ebenso 2. aafl. s. 26.

238 von BAomer

§. 4. Wollen wir es unternehmen, einen wissenschaftliohen beweis fQr die Verwandtschaft der semitischen und indo- germanischen sprachen herzustellen, so haben wir vor al- lem zu untersuchen, in wie fern sich die mittel^ duroh welche die Verwandtschaft der indogermanischen sprachen unter sich erwiesen worden ist, auch auf das verh&Itnis der semitischen zu den indogermanischen sprachen anwen- den lassen. Was zuerst die grammatische form betri£%, so ist das Verhältnis der semitischen zu den indogermanischen sprachen ein anderes als das der indogermanischen sprachen unter sich. Die indogermanischen sprachen fahren auf eine ihnen zu gründe liegende gemeinsame Ursprache surQck, die bereits reich entwickelte flexionen besals. Die ent- stehung dieser flexiouen gehört einer zeit an, welche der trennung der einzelnen indogermanischen sprachen yoraos- ging. Anders aber haben wir uns das Verhältnis der semi- tischen und indogermanischen sprachen zu denken. Haben diese überhaupt jemals zusammengehört, so muss doch ihre trennung in eine zeit zurückweisen, in der die bildung der flexionen erst im entstehen war. Wie viel wir auch immer als damals bereits vorhanden annehmen wollen, so zeigt uns doch die grofse Verschiedenheit der semitischen nnd indogermanischen flexionen, dal's jedenfalls der gröüste theil derselben sich erst gebildet hat, nachdem die semitischen und indogermanischen sprachen sich getrennt hatten. Ohne deshalb der künftigen Untersuchung auch der grammati- schen zusammenhänge zwischen den semitischen und indo- germanischen sprachen vorgreifen zu wollen, werden wir doch zugeben müssen, dafs ein zwingender beweis für die Verwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen durch eine vergleichung der beiderseitigen flexio- nen sich schwerlich wird herstellen lassen. Doch wird an- dererseits auch für den beweis der nichtVerwandtschaft der beiden grofsen Sprachfamilien aus der Verschiedenheit ihrer flexionen nichts zu gewinnen sein, da es uns freisteht an- zunehmen, dafs eben diese verschiedenen flexionen jüngere

die Urverwandtschaft d. temlt« n. indogerm. sprachen. 289

bildungen sind, die in der beiden familien zu gründe lie* genden spräche noch nicht vorhanden waren*).

§. 5.

So sind wir also bei der yergleichung der semitischen und indogermanischen sprachen zunächst und hauptsächlich auf die Verwandtschaft des Wortschatzes angewiesen. Wir erinnern uns aber, dafs auch innerhalb der indogermani- schen sprachen die Übereinstimmung des lautstofis für das wesentlichste kenuzeichen der Urverwandtschaft gilt**). Aber freilich muss diese Übereinstimmung nicht auf blos zufalligen klangähnlichkeiten beruhen, die der eine behaup- tet, der andere läugnet, sondern sie muss durch ganz be- stimmte lautwandelgesetze erwiesen werden.

§.6.

Der vergleichung des semitischen und indogermani- schen Wortschatzes scheint sich gleich au der schwelle ein unüberwindliches hindernis entgegenzustellen. Die semiti- schen wurzeln bestehen aus drei consonanten und sind min- destens zweisilbig. Die indogermanischen wurzeln dagegen sind einsilbig. Man hat deshalb öfters die behauptung ausgesprochen, es müsse zuvor der ganze dreibuchstabige Wortschatz des «emitischen auf zweibuchstabige wurzeln zurückgeführt werden, ehe von einer vergleichung semiti- scher Wörter mit indogermanischen die rede sein könne.

Aber alle versuche, auf rein semitischem boden sämmt- liche dreibuchstabige wurzeln mit Sicherheit auf zwei- buchstabige zurückzuführen, sind bis jetzt gescheitert. Wir werden uns deshalb umzusehen haben, ob es nicht gewisse gebiete giebt, die eine vergleichung des semitischen und indogermanischen Wortschatzes zulassen, ohne auf jene durchgreifende zurückführung aller semitischen dreibuch-

*) Einen versuch, nachzuweisen, dais der entstehung der semitischen und indogermanischen flexionen dasselbe bildungsprincip zu gründe liegt, habe ich an der flexion des verbums gemacht. S. Gesammelte sprachwiis. Schriften 1868, s. 462 498.

**) S. die oben (§. 8) angefUhrte steUe Schleichers.

240 von Räumer

stabigen wurzeln auf zweibuchstabige warten zu mtUwen. Solehe gebiete giebt es nun allerdings, und zwar auf zwei verschiedenen Seiten.

Erstens haben wir hier unser augenmerk auf die schwachen semitischen wurzeln zu richten. Diese erwei- sen sich in zwiefacher beziehung fQr unsere au%abe gün- stiger, als die starken. Einerseits giebt es manche classen der schwachen wurzeln, die entweder überhaupt nur zwei verschiedene consonanten haben, oder in denen unbestreit- bar die beiden stärkeren laute die eigentlichen träger der bedeutung sind. Die erstere classe bilden die wurzeln me- diae geminatae, in denen der zweite consonant wiederholt wird, um eine trilitera zu bilden. Dafs wir hier in for- men, wie 3Q, ?^p, TQ u. s. w., die würzet vor uns haben,

wird kein vernünftiger bestreiten. Wird dies aber zuge- geben, so läfst sich auch nicht läugnen, dafs bei den wur- zeln, die ] oder ^ am ende oder in der mitte haben, oder doch jedenialls bei einem grofsen theil von ihnen, die bei- den festeren laute die eigentlichen träger der bedeutung sind. Dies ergiebt sich schon aus dem so häufigen vor- kommen von doppelformen, deren eine den wurzeln me-

diae geminatae, die andere den wurzeln ,*]^ oder ^y an- gehört. Man vergleiche z. b. 33*^ und fQ*!? *nn "^^

" T TT -T

mn. jjn «od j!in, tt3 «nd na »• s. w.')

TT -T -T

Andererseits finden wir, dafs die flüchtigeren laute, welche einen bestandtheil der schwachen wurzeln bilden, schon im semitischen selbst öfters geschwunden sind. Man erinnere sich z. b. des geschwundenen anlautenden *) in formen wie HlltS^ (^^^ UtS^^)» 5<ü (von 5<J{^), oder des

- T •' TT

Schwindens von ^ und ^ im neusyrischen. Ohne deshalb weiter gehenden fragen vorzugreifen, wird man ohne allzu- grofse kühnheit annehmen dürfen, dafs erscheinungen, die wir schon auf semitischem gebiet selbst urkundlich nach-

) Vgl. zweite fortaetzung der unterduchnngen u. ■. f. ■. 7.

die nryerwandtschaft d. somit, a. indogenn. sprachen. 241

weisen können, auch im Verhältnis des semitischen und in- dogermanischen stattgefunden haben*.)

§.7.

Was dann zweitens die starken wurzeln betrifft, so entzieht sich allerdings ein grofser theil derselben einer unmittelbaren vergleichung mit dem indogermanischen. Denn consonantenverbindungen, wie sie viele semitische wurzeln zeigen, finden in der einsilbigen wurzel der indo- germanischen sprachen keine stelle. Dennoch aber ist die annähme^ man müsse alle starken wurzeln des semitischen zuvor zerlegen, ehe man sie mit indogermanischen ver- gleichen könne, eine irrige. Diese annähme geht von der Voraussetzung aus, dafs die indogermanischen sprachen keine anderen als höchstens zweiconsonantige wurzeln hätten. Aber diese Voraussetzung widerspricht dem that- bestand. Ein nicht geringer theil der indogermanischen wurzeln hat mehr als zwei consonanten**); und es ist durch- aus nicht abzusehen, welches principielle hindernis der vei^ gleichung dieser mehr als zweiconsonantigen indogermani- schen wurzeln mit semitischen im wege stehen soll***). Natürlich werden wir uns zunächst bei solchen vergleichun- gen an zwei bedingungen auf das strengste zu binden haben. Erstens nämlich haben wir uns jeder lautversetzung zu ent- halten. Die folge der consonanten muss in dem vergliche- nen semitischen und indogermanischen wort genau dieselbe sein. Zweitens aber dürfen wir keine Veränderung des lau- tes annehmen, ohne das gesetz nachzuweisen, nach welchem diese Veränderung vor sich gegangen ist.

§.8.

Fassen wir das in §. 6 und 7 gesagte zusammen, so bietet sich uns ein sehr namhaftes material dar zur un- mittelbaren vergleichung des semitischen und indogermani-

*) Zweite fortsetznng s. 7 9.

**) G. Curtias, grundzUge der griechischen etymologie (3) s. 50. **•) Zweite fortsetzung der untersuchangen u. 8.W. s. 6 7.

Zeitschr. f. vgl. sprachf. X2II. 8. jg

242 von Räumer

sehen Wortschatzes*). Die frage kann nur die sein, ob es uns gelingen wird, aus diesem material bestimmte and sichere ergebuisse über das lautliche verhalten des semiti- schen Sprachschatzes zum indogermanischen zu gewinnen; ob wir im stände sein werden, die lautwandelgesetze nach- zuweisen, welche den indogermanischen Wortschatz mit dem semitischen verbinden.

§. 9. Die laute der Wörter haben bekanntlich innerhalb der indogermanischen Sprachenfamilie mannigfache Umwandlun- gen erfahren. Insbesondere sind die verschlusslaute (schlag- laute, explosivae, stummlaute, mutae) einer grofsen gesetz- mäfsigen Umgestaltung unterworfen gewesen. Wollen wir also untersuchen, ob sich gesetze für die lautliche Umwand- lung semitischer Wörter zu indogermanischen finden lassen, so dürfen wir nicht willkürlich beliebige indogermanische wortformen mit semitischen vergleichen, sondern wir haben die ältesten indogermanischen formen mit den semitischen zusammenzustellen. Was die verschlusslaute (mutae) be- trifil, müssen wir demnach die wortformen des griechi- schen, lateinischen, sanskrit und der mit diesen auf gleicher lautstufe stehenden sprachen bei unsern vergleichungen zu gründe legen. Jüngere sprachen aber dürfen wir nur dann zu hilfe nehmen, wenn wir im stände sind, ihre wortfor- men nach anerkannten lautwandelgesetzen auf die älteste indogermanische zurückzuführen**).

§.10.

Ich habe nun den weg beschrieben, den ich bei me-i nem unternehmen eingeschlagen habe. Ich denke, mau wird finden, dafs ich nicht ohne Überlegung zu werke ge- gangen bin. Ob es mir aber gelungen ist, auf dem von mir versuchten wege zu haltbaren resultaten zu gelangen,

*) In meinen ersten abhandlangen habe ich noch einige beispielt ein- gemischt, bei denen der wegfall eines festeren consonanten angfnommen wer- den müsste. Diese beispiele lasse ich vorläufig auf sich bemhen. Zva be- gründung meiner lautwandelgesetze habe ich sie nicht nöthig.

**) Gesammelte sprachwissenschaftliche Schriften (1863) s. 506.

di« nryerwandtschaft d. semit n. indogenn. sprachen. 243

das muss eine grOndlicbe und unparteiische prüfung mei- ner abhandlungen selbst ergeben. Ich kann natürlich hier nicht alles das wiederholen, was ich in denselben dargelegt habe. Aber auf eines der hauptsächlichsten ergebnisse mochte ich in der kürze hindeuten. Ich glaube nämlich, dafs sich allerdings ganz bestimmte lautwandelgesetze auf- finden lassen, welche den semitischen Sprachschatz mit dem indogermanischen yerknüpfen, und ich habe in meinen ab- handlungen versucht, diese lautwandelgesetze nachzuwei- sen/) Es hat sich herausgestellt, dafs, wie innerhalb des indogermanischen gebietes selbst, so auch im Verhältnis xles semitischen zum indogermanischen ein theil der laute sich wesentlich gleich geblieben ist, während ein anderer sich nach ganz bestimmten gesetzen umgewandelt hat. Uas ergebnis nun, das ich^hier beispielsweise noch einmal kurz vorführen möchte, betrifft das verhalten der semiti- schen stummlaute bei ihrem Übergang in die entsprechen- den indogermanischen.

§11.

Die harten semitischen stummlaute sind sich im in- dogermanischen wesentlich gleich geblieben. Harte semiti- sche stummlaute werden durch die entsprechenden indo- germanischen etymologisch vertreten. Also 3 wnd p durch

t (c, q); tO und ^ durch t**); g durch p. Wir belegen dies durch eine anzahl von beispielen, die wir sämmtlich innerhalb des §. 6 und 7 umschriebenen gebietes suchen. Hebräisch nPB? ^^®° s®^°5 lateinisch patere, offen sein.- Hebr. Ji^^g, mirabile; griechisch nÜ.-wQj das ungeheuer,

Ttik'toQog, nek'ciQiog, ungeheuer. Hebr. 5<*np, rufen, ver- kündigen; griech. x^^-vj, der ausrufer, verkündiger.

*) S. die §. 1, anm. 2 verzeichneten abhandlangen, zurörderet die zu- sammenstellnng, die ich am schluss der dritten fortsetzung (1871) s, 10 bis

18 gebe.

♦♦) Die frage, ob sich der anterschied von 3 nnd p, 13 nnd fi in den indogermanischen sprachen etymologisch verfolgen lasse, bleibt vorläufig noch offen. Ebenso die über das Verhältnis der aspirirten und nicht aspirirten lante.

16

ty »

244 von RaaiDfr

Hebr. »^p, frigus; griecb. XQV-ng^ frost. Hebr. 7*1pj comu; lat comu. Hebr. ^^^i ^^ssit, combussit; griech. xcrio»,

TT

fut xav'cru) (uro, comburo). Hebr. p]J^, pulsavit; griech.

TVTT^Tcü^ ich schlage, rin-og^ der schlag, das gepräge der münze. Hebr. ^2? curvavit, iiicurvavit, niph. se incur-

vavit; griech. avti^tou (nebenform xvn^w)^ ich bücke mich, ducke mich. Hebr. pQ, Qal inus., Niphal liquefieri,

difBuere; griech. fwxog^ schleim, rotz, flüssigkeit. Hebr. 7jQ, texit, protexit, pilpel TIDwD^ armis tezit, annavit;

griech. (Tarro*, fut. (Ta^oj thema «Tax, bewaffnen, daX'^gj der Schild. Ich denke, diese Zusammenstellungen sind ein- leuchtend. Aus einem gründe aber, der später zur sprache- kommen wird, will ich noch auf einen besonderen umstand aufmerksam machen. Wir finden bisweilen gruppen von gleichen oder auch von sehr ähnlichen grundlauten, die zur bezeichnung ganz verschiedener begriffe verwendet werden. Dieser fall tritt z. b. ein bei der lautgruppe k-l In den

semitischen sprachen scheidet sie sich in ^-p und 7-3.

Da aber sowohl p, als ^ in den indogermanischen sprachen

durch k(c) vertreten wird, so fallen hier die beiden semi- tischen gruppen in die gruppe k-1 zusammen. In dieser gruppe finden wir nun fünf verschiedene wurzeln, welche sämmtlich den semitischen und indogermanischen sprachen gemeinsam sind. Nämlich 1) hebr. 7lp9 die stimme, die

laute stimme, der ruf; griech. xak-elp, rufen. 2) hebr. 7p, levis fuit, velox, celer fuit, davon ^p, levis, celer,

velox, speciell equus velox, der renner; griech. x^A-iyg, der

renner, das rennpferd, lat. cel-er, schnell. 3) hebr. ,"]^j5,

tIt ussit, frixit; lat. cal-ere, warm sein, heifs sein. 4) hebr.

5</25 clausit; griech. x/Mw^ ich schliefse. 5) Hebr. 773,

TT . L L ""*'

perfecit, consummavit, davon 7*^73, perfectus, totus, dane*

ben H/Sj absolutus, perfectus est, wovon H v2n> perfec-

T T 'T-

tio, die vollkommpnheit; griech. xr/?.-',:, schön, litauisch

die anrerwandtschaft d. semit. n. indogerm. sprachen. 245

czelas, ganz*), gothidch hails, vollständig, unversehrt, heil, niederdeutsch hei, ganz*^).

§. 12.

Während die harten semitischen stummlaute sich im indogermanischen wesentlich gleich geblieben sind (§. 11), sehen wir die weichen semitischen stummlaute im indo- germanischen eine merkwürdige Veränderung eingehen. Die weichen semitischen stummlaute sind nämlich im indoger- manischen grofsentheils in harte umgewandelt worden. Wir können diese Umwandlung durch alle organreihen ver- folgen***), am durchgreifendsten aber hat sie in der labial- reihe stattgefunden. Wir beschränken uns hier auf diese. In der labialreihe also finden wir semitisches b etymolo- gisch durch indogermanisches p vertreten.

Wir geben eine anzahl von belegen, indem wir uns auch hier wieder auf das in §. 6 und 7 abgegrenzte ge- biet beschränken. Hebräisch HDÜIj ^^^ augapfel; latei-

TT

nisch pup-illa, der augapfel. Hebr. HIDJ/? ^^^^ ^^^*

TT

den, feist werden; latein. opi-mus, fett, feist •}•). Hebr. ^!]2, der regenmonat, grundbedeutung: regen; latein. plu- ere, pluvia. Hebr. Jj^'j^, pudere, ntl^S? pudor, Htl^Q

T

pudor, ti^QD? P'"^* D^tl^IDDj pudenda, die männlichen schäm T \ :

theile; sanskrit. pasas, das männliche glied, pas, die schamgegend, griechisch neog^ das männliche glied, noa-öri^ das männliche glied. Hebr. 3D? circumdedit, cinxit;

latein. sepes, sepire. Hebr. TPC^ genua flexit, Piel

benedixit, bona, fausta apprecatus est; latein. precari.

♦) G. Cartius, grimdzage der gricch. etymologie (?) s. 184. ♦*) Vgl. dritte fortsetzang (1871) s. 14, 15, und zweite fortsetzung (1868) 8. 11 19.

***) S. gesammelte sprachwissenschaftliche Schriften (1863) s. 494 588. _ Fortsetzung der Untersuchungen (1867) s. 16—20. Zweite fortsetzung (1868) s. 9—11. Dritte fortsetzung (1871) s. 16, 17.

f) üeber die Vertretung des semitischen y durch indogerm. spiritus lenis s. dritte fortsetzung (1871) s. 4, 5.

246 ▼on Bamner

Hebr. 5*13, blitzen, 5*13, der blitz; litauisch Perk-anas,

1 -T I TT

der gott des blitzes und donners. Hebr. ^^j viror; latein. apium, eppicb, Sellerie*). Hebr. H^S, attritus

TT

est, usu veteravit, senuit; griech. na?Miüg, alt und abge- nutzt**). — Hebr. H^J, exstinctus est; griech. xaTtieiv^

TT

auslöschen. Hebr. 3^, der vater; griech. na-xtiQ.

T

Hebr. 3^^, amavit, amore flagravit; griech. ayanäv.

~T

Als grundbedeutung des deutschen ofen (altnordisch ofn) weisen Aufrecht***) u. Schleicher f) die bedeutung: stein nach. Dem altnordischen ofn entspricht nach dem Grimm- schen gesetz das griechische Invoq^ der ofen. Die grund- bedeutung von InvoQ ist also: stein. Wie wfirde nun nach unserem lautwandelgesetz das griechische iTtv-ug im semi- tischen lauten? An der stelle des tt erwarten wir ein b, also ihn, und ]3^ heifst im hebräischen: der stein.

I

§. 13.

Fassen wir das zusammen, was wir im §• 1 1 Ober das stehenbleiben der harten semitischen stummlaute im indo- germanischen, und was wir im §.12 über die Umwandlung des semitischen b in indogermanisches p gesagt haben, so erkennen wir leicht, dals durch diese beiden Vorgänge in ihrer Vereinigung eine grofse Veränderung in dem statisti- schen Verhältnis der laute bewirkt worden sein mufs. Die zahl der p muss sich sehr vermehrt und die der b fast bis zum verschwinden vermindert haben. Dies Verhältnis nun, das sich uns rein aus der etymologischen vergleichung des semitischen und indogermanischen ergeben hat, findet sich durch den thatsächlichen zustand der semitischen und der indogermanischen sprachen auf das fiberraschendste bestä-

*. S. zweite fortsetzung (1868) 8. 10. ** S. die bele^^ ebend. •*^ Kuhn'i Zeitschrift V, 186. t) Ebend. V, 400.

die urTerwandtschaft d. semit. u. indogerm. sprachen. 247

tigt. In den semitischen sprachen hält sich die zahl der vorhandenen b und p so ziemlich die waage, ja es zeigt sieh sogar ein übergewicht des b über das p. In den äl- testen indogermanischen sprachen dagegen hat das p ein unermessliches übergewicht über das b. Während das p einer der am zahlreichsten vertretenen laute ist, hat sich das b in solchem mafse vermindert, dafs man nur mit mühe einige wenige b in der indogermanischen Ursprache nachzuweisen vermag*).

§. 14.

Wir haben gezeigt, dafs ganz bestimmte lautwandel- gesetze den semitischen Sprachschatz mit dem indogerma- nischen verknüpfen**). Das Vorhandensein solcher gesetze aber ist ein zwingender beweis für die Urverwandtschaft, wofern nur das feld der beobachtung weit genug ist, um jede andere erklärung auszuschliefsen. Ueberblicken wir nun das in §. 11 13 gesagte, so genügt es, selbst ohne unsere anderweitigen lautgleichungen zu hilfe zu nehmen, um den verlangten beweis zu führen. Von zufall könnte hier nur die baarste gedankenlosigkeit sprechen. Eben so wenig aber kann es einem kenner der semitischen und in- dogermanischen sprachen in den sinn kommen, die von uns in §. 11 und 12 aufgefiihrten Wörter der blofsen entleh- nung zuschreiben zu wollen. Wenn man auch bei einem oder dem anderen einen solchen gedanken haben könnte, so wird man doch bei den meisten und zumal bei ihrer ganzen masse einen derartigen einfall sofort fahren lassen. Es bliebe nun noch die erklärung durch die natürliche Übereinstimmung der laute mit dem bezeichneten. Aber wenn man auch dies und jenes auf diese lautbedeutung

*) Vgl. über das zusammenstimmen unserer etymologischen ergehnisse mit der Statistik der laute: dritte fortsetzung (1871) s. 17, 18.

**) Selbstverständlich ist damit nicht ausgeschlossen, dafs es neben der regelmäfsigen lautvertretung im Verhältnis der semitischen und indogermani- schen sprachen auch eine unregelmäfsige gegeben haben wird. Aber der be- weis der Urverwandtschaft ist durch die regelmäfsige lautvertretung zu füh- ren, und erst wenn er durch diese geführt ist, kann auch die unregelmäfsige lautvertretung zur spräche kommen.

248 von Bamner

schieben wollte, so wird es doch keinem wissensohafUicheo

Sprachforscher in den sinn kommen, diese erkläningsweise

auf solche reihen von Wörtern ausdehnen za wollen, wie

wir sie §.11 und 12 aufgestellt haben. Auch wer hier

noch so weit gehen wollte, der würde es doch bleiben

lassen, solche gruppen gleichlautender Wörter von ganz ver-

schiedener bedeutung, die sich durch beide sprachfanailien

hindurchziehen, wie ^"jp und xakeiVj pp und xilfjg, n?0

L LL '" , . '^'^

und calere, ^^^ und xksiw^ y^^ und xalog, bails, hfil,

TT "T

durch die natürliche Übereinstimmung des lauts und des )»egriffes erklären zu wollen. Was aber diesem ganzen ver- fahren in unserem fall von vornherein jede möglichkeit ent- zieht, das ist der umstand, dafs die indogermanischen sprachen nicht nur auf einem weiten gebiet die gleichen laute zeigen wie die semitischen, sondern dafs sie auf ei- nem eben so weiten gebiet die semitischen laute in einer (i^anz bestimmten gesetzmäfsigen weise umgewandelt haben. Das erstere bei den harten, das letztere bei den weichen semitischen stummlauten. Wer hier von der natürlichen bedeutung der laute sprechen wollte, der könnte mit ganz denselben argumenten die Urverwandtschaft des griechischen und deutschen, des deutschen und schwedischen, ja des hochdeutschen und niederdeutschen läugnen.

§. 15.

Da man sich bei der erörterung des Verhältnisses der semitischen und indogermanischen sprachen auf alle mög- lichen und unmöglichen einwendungen gefasst machen mofs, >o kommt vielleicht schliefslich jemand auf den einficill, die Übereinstimmung der von uns (§. 11 und 12) beigebrach- ten schwachen semitischen wurzeln mit indogermanischen Wörtern lasse sich zwar nicht läugnen, aber die semitischen sprachen seien eben aus zwei bestandtheilen zusammenge- setzt: den schwachen wurzeln, die mit dem indogermani- sehen stimmen, und den starken, die nichts mit ihm zn thun haben.

Wer das gleichmäfsige gepräge des semitischeD wort-

die Urverwandtschaft d. semit. u. indogerm. sprachen. 249

Schatzes kennt, der wird gleich von vorn herein gegen eine solche zerreifsung derselben protest einlegen. Es wird ihm unzweifelhaft fest stehen, dafs wenn die schwachen semiti- schen wurzeln mit den indogermanischen urverwandt sind, dies auch bei den starken der fall sein muss. Zum über- fluss aber ist dem gedanken, die starken wurzeln von' der nachgewiesenen Urverwandtschaft des semitischen und indo- germanischen ausschliefsen zu wollen, durch das von uns beigebrachte ausdrücklich der boden entzogen. Denn wir haben ja auch mehrere starke semitische wurzeln kennen lernen, die sich unläugbar im indogermanischen wieder- finden*).

Mit alle dem soll durchaus nicht in abrede gestellt werden, dafs die vergleichende semitisch-arische Sprach- forschung noch ein grofses und schwieriges werk zu voll- bringen hat: die zurückführung des bei weitem gröfsten theils der starken semitischen wurzeln auf indogermanische. Nicht als müfste jede einzelne seiuitisohe wurzel sich im indogermanischen wiederfinden, und umgekehrt jede indo- germanische im semitischen. So ist es ja auch nicht inner- halb der indogermanischen familie selbst, wenn wir den Wortschatz der einzelnen sprachen mit einander vergleichen. Aber die grössere masse der semitischen starken wurzeln muss sich mit indogermanischen in Übereinstimmung zei- gen. Es muss nachgewiesen werden, wo das semitische einen laut zugesetzt oder das indogermanische einen verloren hat. Doch wird auch diese ganze Untersuchung, so schwie- rig sie ist, eine feste und zum ziel führende richtung neh- men, nachdem sie an der gesicherten Urverwandtschaft der semitischen und indogermanischen sprachen einen Stütz- punkt aufserhalb des semitismus gefunden hat.

Erlangen, den 14. april 1873.

Rudolf von Raumer.

*) Natürlich soll damit nicht behauptet werden, die semitischen sprachen hätten gar keine fremden elemente in sich aufgenommen. Sie haben dies gethan, wie alle uns näher bekannten sprachen. Nur das wird zurückgewie- sen, dafs die semitischen sprachen aus zwei verschiedenen bestandtheilen zu- sammengewachsen seien, die sich mit den starken und schwachen wurzeln decken.

250 Nachwort der redaction. Froehd«

Nachwort der redaction.

Obwohl die hauptsächlichsten bedenken, welche der annähme einer Verwandtschaft der arischen und semitischen sprachen entgegenstehen, auch noch nach des herm Ver- fassers Untersuchungen bestehen bleiben, glaubten wir doch dem vorstehenden aufsatz die aufnähme nicht versagen zu sollen, da die gewonnenen grundlagen vielleicht zu beweis- kräftigeren resultaten führen. Wir bemerken übrigens auf den wünsch des herm Verfassers, dafs das manuscript des aufsatzes bereits seit der mitte des april in unseren h&aden ist und sein abdruck nur durch äufserliche hindernisse sich verzögert hat.

Zur lateinischen und griechischen lautlehre

und etymologie.

1. Abfall des h vor r und 1 im lateinischen.

In Corssens behandlung des lateinischen h (vocal. 1*96 ff.) vermisse ich eine Verzeichnung der fälle, in denen dasselbe vor r und 1 abgefallen ist. Ein solcher abfall wird mit Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit f&r folgende wortformen anzunehmen sein:

1) laena neben ;^A.a7v«. Anders Corssen (a.o. 1,793), der in dem worte den abfall eines aus griechischem x ent- standenen c annimmt.

2) lendes neben lit. glindas und ahd. grind. Die Zusammenstellung mit xovtäeg ahd. hn iz (Curtius grundz.^ 218) wird schwerlich haltbar sein, da lat. 1 nicht aus n entsteht (Corssen beitr. 295). Als wurzel betrachte ich ags. grindan, lat. frendo; vgl. zeitschr. XVIII, 313.

3) luridus neben griech. xkwQog. Corssens erklä- rung (voc. I, 550), nach der das wort mit pallidus, pul- lus und lividus gleicher wurzel und nach Umstellung der liquida aus *pluridus durch abfall des anlautenden p entstanden sein soll, hat nichts schlagendes, luridns lureo luror gehen auf ein verlorenes adjectiv *laru8

xnr lat und griech. Untiehre und etymologie. 251

zurück, welches mit x^^Q^G ^^^ ;^Aoa(>og x^^^Q^S ideDtisch war. Die bedeutuDg ist im lateinischen mehr eingeschränkt, stimmt aber; bemerkenswerth ist auch die gleichheit der Übertragung in x^<*>q6v Siog und horror luridus. Die wurzel ist har (Curtius n. 197), zu der ich auch her-ba, gramen, goth. gra-s, griech. ;fo()rog in der bedeutung gras ziehe.

4) l;itum luteus neben XQ^^^^ XQ^^^^S* Curtius grundz. n. 202.

5) laetus. Auch Bopp und Benfey nehmen in die- sem Worte abfall eines h an und stellen es zu skr. hla- date, griech. ;c€;^Aa (5a. Diese herleitung verwerfen jedoch Curtius grundz. 184 und Corssen beitr. 150 mit recht, da, wie letzterer richtig bemerkt, weder skr. d im lateinischen zu t werden konnte, noch sich der diphthong ae aus skr. ä erklärt. Corssens eigene erklärung aus wurzel pri ver- gnügen, ergötzen, erfreuen ist lautlich möglich, da der ab- fall des anlautenden p in einigen Wörtern Wahrscheinlich- keit hat; sie läfst indessen die bedeutung „fett, fruchtbar, üppig^ z. b. in ager crassus et laetus (Cato) aufser acht, die bei folgender herleitung zu ihrem rechte kommt. Auf WZ. ghil führt Fick indog. wörterb. s. v. zurück skr. hi- lati geil, lustig, üppig sein, hslana lust, übermuth, lat. heluo prasser, goth. gailjan erfreuen, ahd. geil. Die bedeutungen des letzteren wortes „übermüthig, muth willig, üppig, überaus freudig^, wovon geilen „fett, üppig, geil machen^, stimmen genau genug zu denen von laetus, das sich aus hl actus erklären und so leicht auf dieselbe wur- zel zurückführen läfst.

6) ravus grau neben ahd. grä; Corssen voc. I, 360; Fick wörterb. s. v. gharva.

7) res reus. Die gewöhnliche herleitung des erst«- ren wortes von skr. räi „besitz, habe, kostbarkeit^ (von WZ. geben, gewähren, verleihen) verwirft Corssen voc. I, 470, weil sich aus solchem grundbegri£fe die verschie- denen bedeutungen von res ohne zwang nicht herleiten lassen. Ich stimme besonders wegen reus bei, welches nicht ohne noth von res getrennt werden darf. Corssen

252 Froehde

selbst erklärt res aus reor und nimmt als grondbedeotang ^rechtssache^ an, aus der sich die allgemeinere der sacbe überhaupt in natürlicher weise entwickeln konnte. Allein diese erklärung, die lautlich am einfachsten wäre, wird dadurch zweifelhaft, dafs in feor die beziehung anf ge- richtliches untersuchen und erkennen nirgends hervortritt. Ich vergleiche res mit yorj^ia j^orjfT&ai. Dafs beide Wör- ter sich in der bedeutung hinlänglich entsprechen, bedarf keiner genaueren ausfQhrung, nur einzelne Übereinstimmun- gen seien hervorgehoben. j^otjuariL^siv heifst: gescbäfte, besonders handeis- und geldgeschäfte machen, Staatsange- legenheiten betreiben, wie ähnlich rem facere, res ge- rere; est mihi res cum aliquo, rem habere cum aliqua Umgang haben mit jemandem entspricht dem ähn- lichen gebrauche von ;^()7](T)^at; der begriff des nutze ns, vortheils tritt in den Verbindungen ab, ex re, in rem esse hervor. Die wurzel von ypijua^ ygija&ai^ XQh^ XQiicL^ XQV^f^ ^^^ ^^^ nehmen, fassen, greifen, in compo- sitis nach Westergaard auch offerre (vgl. das ähnliche xi;^(>7/ieit), respondere (vgl. ygr^aat vom antworten des Orakels, xQ}j/4UTi6fA6g das ertheilen einer an twort), mer- caturam facere (xQrificcTi^siv)^ litigare. Aus dem begriffe des fassens, greifens sind nun die bedeutungen von reus leicht zu verstehen und haben auch im griechischen ihre analogie. XQ^^^ '^^ ^^^ schuld, die zu entrichten ist, dann die abzubüfsende schuld; ähnlich bedeutet reus zah- lungspflichtig, Schuldner: reus dictus ex re, quam pro- misit ac debet (Festus p. 135), dann angeklagt, schul- dig; vgl. auch die ähnliche bedeutungsentwicklung in iAeZr,

8) ruo (?) neben lit. griuti stürzen, griauti umstür- zen, skr. abhi-hruti fall, niederlage; Fick wörterb. 1. aufl. s. V. ghru. Mit den litauischen Wörtern vereint Pott wur- zelworterb. I, 744 ingruo und congruo. Ursprüngliches *hruo wäre so zu gruo und ruo geworden. Zu ruo wird auch ru-d-era trümmer, bildung wie Ttk-^&og^ gehören, das zu r au d US erz nicht passt. Vgl. Bugge zeitschr. XX, 7.

9) rutilus (?) neben ;^^i;<Tog; Bugge ztschr. XX, 6.

zur lat. und griech. lantlehre und etymologie. 353

Das wort aus der wurzel rudb herzuleiten, ist schwierig wegen des t. Freilich wurde oben lutum mit XQ^^^'» verglichen.

Dafs auch ludo alt loido ein h im anlaut eingebOfst habe und zu skr. hlädatä gehöre, ist unerwiesen; vgl Corssen voc. I, 793.

2. raja. cajare.

Die von älteren und neueren grammatikern aufgestellte behauptung, dafs im lateinischen j die kraft habe, den vor- hergehenden vocal positionslang zu machen, ist von Auf- recht zeitschr. I, 225 ff. widerlegt und gezeigt wordeu. dafs in den etymologisch sicher erkannten fällen der art der vocal entweder von natur lang war oder zam ersatz eines vor j ausgefallenen consonanten gedehnt worden ist. Weiter begründet hat diese ansieht Corssen voc. I, 303 ff. Von den hierher gehörigen noch nicht erklärten Wörtern steht raja für ragja, so dafs es dem schwed. rocka dän. rokke engl, roach röche entspricht. In cajare schlagen^ caja prtigel nimmt Aufrecht a. o. 233 ausfall eines c an und stellt es zu skr. kapä flagellum. Mir ist ein anderes wahrscheinlicher. Wie Cajus neben osk. Gaaviis be- weist, konnte v vor j ausfallen. Nehmen wir diesen ausfall auch für cajare an, so stimmen zu dem worte genau ag&. heavan ahd. houwan houwön hauen lett. kauju schlachte. Vgl. Pott wurzel wörterb. I, 666 ff.

3. Anl. u aus vo, ausfall des g vor v.

Für die entstehung des lateinischen u aus vo im an- laute führt Corssen voc. I, 312 folgende beispiele an:

1) urina neben skr. väri wasser.

2) unda neben got. vato wasser.

3) uxor altlat. voxor. Koch jahrb. f. phil. 101, 223.

4) urbs, dessen herleitung von skr. vardh wachsen durch das altpers. vardana Stadt wahrscheinlich wird; vgl. Ascoli zeitschr. XVI, 120.

Hinzuzufügen sind;

254 Froehde

5) ulcus, welches aus velcussB ^Axo^ durch die mit- telstufe volcus hervorgegangen ist.

6) urgeo aus vorgeo; Curtius n. 142.

7) uicisci aus voicisci bei Plautus; vgl. Koch a. o. Die vermittelung dieses wertes mit aki^ia&ai (Benfey) scheitert au der plautinischen form, die mit got. vrikan an der Ungleichheit des wurzelauslauts; die herleitung von w. vark skr. vrapk lat. lacerare (Leo Meyer, Fick) so- wie die von ^Xxei^v (Pott) genügt der bedeutung nicht recht. Die doppelte bedeutuug von uicisci aliquem „sich an jemandem rächen^ und „jemanden rächen^ scheint da- rauf hinzudeuten, dafs das wort wie afivvBOi^at und crjle- ^£(Ti>a/ auf eine wurzel mit dem grundbegrifie des schQtzens, vertheidigens zurückgehe. Die wurzel var in skr. vrnöti bedecken, zurückhalten, abhalten, wehren got. varjan weh- ren erscheint im griechischen in den formen ^oo (Curtius n. 501), jrcA (n. 656) und, wie Benfey (wurzellex. II, 294) erkennt und unten näher ausgeführt werden wird, ^v in ovouai schützen, bewahren, vertheidigen, zurückhalten, kg von schützen, abhalten, bewachen, beobachten, iQVfjta schutzwehr, bedeckung, i()viiv6g geschützt, befestigt, .^Qvxu) zurückhalten, abwehren mit secundärem x wie 3ovx(o, Auch im lateinischen erscheint c öfter als verbal- sufSx, wie injacio,facio,sarcio (Bugge, ztschr. 20,32), vincio, fulcio. Wie fulcio zu w. dhar, so kann sich nun auch uicisci zu w. var verhalten, so dafs es mit TiufagBia{hai aus TiuaifooeJad'ai verwandt wäre. Zu derselben wurzel var bedecken, umschliefsen kann mög- licherweise auch urna gehören, das von Varro 1. 1. 5, 126 gleich urina gesetzt, von Curtius gnindz. n. 510 und Corssen voc. 349 von uro abgeleitet und als gefitos aus gebrannter erde gedeutet wird.

8) urvus krumm, gebogen, welches sich unschwer auf ein früheres *vorgvus zurückfähren lässt, eine erklä- rung, die eine stütze findet in imb urvus bei Varro I. L 5, 127 M.: imburvom fictum ab urvo, quod ita flexum ut redeat sursum versus, ut in aratro quod est urvom. Ist imb urvus wirklich ein compositum von urvus, so möchte

zur Ut. und griech. lantlehre und etymologie. 255

es sich kaum anders mit dem simplez vereinigen lassen als durch die annähme, dafs das ursprüngliche v in der spräche der landleute in b übergegangen sei. In der form urbum steht b entweder für v wie in ferbui oder ftlr gv. Im- burvom ist conjectur Müllers (vg. imburum)) und «s bleibt die möglichkeit offen, dafs das wort zu bura buris krummholz gr. yvgog krumm, gebogen gehört.

Auf die grundform vargvas gehen auch gr. (iaißog und got. vraiqs zurück. Die wurzel ist varg in skr. vrgina lat. vergo mhd. renken u.a. Diefenbach vergl. wörterb. I. 236, Aufrecht ztschr. 12,400. Da zu renken nhd. ranke gehört, wird mau auch virga ruthe, zweig am einfachsten dieser wurzel zuweisen; wegen des vocals vgl. Virginius, firmus u. a.

Ist die gegebene erklärung von urvus richtig, so ist in dem worte g vor v ausgestofsen wie in anderen formen*), die Corssen voc. I 87 zusammenstellt. Hinzuzufügen scheint mir noch pravus schief, verkehrt, unredlich (gegensatz zu rectus), welches sowohl in der sinnlichen als in der über- tragenen bedeutung dem griechischen n)^dyioq von nkd^o^ „von der rechten bahn ablenken^ entspricht. Als deutsche zugehörige betrachtet Fick wörterb. s. v. präg ags. fla- cor volitans nhd. flackern; die metaphorische bedeu- tung und der nasal von k7iXdyx&i]v erscheinen im nhd. flunkern.

4. Ein paar italische eigennamen.

1) An verschiedenen stellen seiner Schriften, z. b. voc. I 535, hat Corssen mehrere italische fiussnamen als appella- tiva in der bedeutung fluss, wasser gedeutet; so Sarnus von

*) Fick wörterb. 8. v. tarva wiU torvns, das ich ztschr. 18, 453 mit gr. TaQßiw ags. thrScian got. thlahsjan verglichen und der her- ansgeber dieser Zeitschrift auf skr. w. tar^ znrUckgefilhrt hat, von w. tar darchdringen ableiten. Diese erklärung ist zwar lautlich einfacher, aber die bedeutungen „schrecklich, widerlich, grässlich** fügen sich ihr nur schwer. Uebrigens ist das s Ton thlahsjan reflex des s-suffixes wie in aha (w. ak), yeihs, theihs; das neutrum *thlahs entsprach dem griechischen -loi^- ßoqt <ii6 bildung thlahsjan solchen wie uaxfOfiai aus ^axtojofiait riqizjan von riqis.

256 Froehde

w. sar füefsen, Nar von w. sna fliefsen, Rnmo von w. sru (wohl einer schon indogermanischen modification von sar) flielsen, Varus Varusa Varranuß von skr. väri wasser. Aehnliüh bedeutet Arnus ström und entspricht dem skr. arnas woge, fluth, ström, got. runs lauf, fluss garunjo (luth, von rinn au TQs^^eiv^ (mv. Die beiden bedeutuugen laufen und fliefsen vereinigt auch die wurzel tak in skr. takati eilen, zend tak hiufen, fliefsen, lit. teku ksl. tekq Ja8S. tokü fluss, tecinü flössig (Fick wörterb. s. v. tak); zu ihr wird derTicinus gehören und ebenfalls fluss be- deuten.

2) Apulia wird von Curtius grundz. 412 mit Pott als „wasserlaud^ gedeutet und nebst Messapi a und dem alton namon des Pelopouues ;/) 'Ania von skr. ap wasser hergeleitet, nach laut und bedeutung passend. Noch näher aber stimmen die laute zugriech, //.tc/oo^- dor. ccTieigoi; aus än8(ijit^ und mhd. uovernhd. ufer (Lottner zeitsehr. r, ISO), da r in 1 übergehen und der vocal vor diesem zu u verdunkelt werden konnte. Apulien umfasste im weiteren sinne den ganzen südöstlichen theil Italiens und war f&r die von Griechenland kommenden schiflfe ebensowol das fest 1 and, wie für die be wohner der inseln des ionischen meeres E[)irus nebst Akarnanien.

ö. Einige verba auf eo.

Von den denominativen verben auf eo ist bekamit, Jafs sie durchgängig ein sein, einen zustand ausdrücken im gegensatz zu denen auf are, die meist eine transitive oder intransitive thätigkeit bezeichnen. So bedeuten aegreo albeo calleo calveo caneo clareo claudeo flaoeeo flaveo floreo fraceo frondeo glabreo len- too molleo muceo uigreo pigreo pubeo putreo raucoo rubeo salveo soabreo seneo squaleo tabeo krank« weiss sein u. s. w., dagegen albare clarareu. a. weiss^ hell machon. Oom entsprechend ist die bedeutung dor inchoativa auf osco wie aoerbesco, amaresco, dertni es etwa 70 ^ibt, bitter werden u. s. f. Von einer au/ahl luorhor gt^höriger vorba ist das entsprechende no-

znr lat. and griech. laaüehre und etjrmologie. 257

men im lateinischen verloren, findet sieb aber in anderen sprachen; so kommt palleo von ^pallus s= ahd. falo, sordeo von ^sordus = ahd. swarz, lureo von Monis = gr. x^oi)g6g (s. o.)> uveo von *uvu8 = altn. vökr (Fick ztschr. 20, 167), valeo = skr. baläjati von bala kraft, stärke (Fick wörterb. s. v. val). Hierher gehört poUeo, stark, mächtig sein, für welches sich eine doppelte mög- lichkeit der erklärung bietet. Von w. skr. pämi schOtze, hüte kommt pälas herrscher, das lat. *pölus werden konnte. Für diese erklärung spricht die alte form poleo bei Festus p. 205; das doppelte 1 wäre in diesem falle durch schärfung der ausspräche entstanden wie in pullus pannus neben ncSkog Tiijvog got. fula fana und vielen anderen formen, die Pauli ztschr. 18, 1 ff. behandelt. Es lässt sich aber das 11 von poUeo axich aus Iv erklären und das postulirte *pollus dem griechischen nolkog gleich- setzen, so dass sich aus der bedeutung „viel^ die des star- ken, mächtigen entwickelt hätte wie im griechischen worte; vgl. Her. 7, 14 fiiyag xal nollog grofs und mächtige Aescb. 1, 166 ^olvg 6 0iXi7t7iog %atat u. a. Bei dieser deutung braucht pollex daumen von pollere nicht getrennt zu wer- den; vgl. 6 uiyag ddxtvlog und ahd. dümo von w. tu schwellen.

In anderen fällen sind die nomina weder im lateini- schen noch in anderen sprachen vorhanden, aber zu er- schlielsen. So setzt marceo von w. mar ein ^marcus vor- aus, torpeo ein *torpus, das sich zu ahd. stirbu verhielt wie forvus zu fervo; tumeo und umeo von den wur- zeln tu und ug fßhren auf die nominalthemen *tumo und *umo. Diesen beiden bildungen gleicht timeo, welches Curtius grnndz. 478 schwerlich richtig f&r gleicher wurzel mit dem in der bedeutung zu verschiedenen, fast entgegen- gesetzten temeritas erklärt. Die wurzel tvi zend. thwi erschrecken, wovon thwjant erschreckend, thwja furcht, musste im lateinischen ti werden; vgl tibi, te. Zu die- ser wurzel verhält sich timeo wie tumeo zu tu. Viel- leicht gehört auch gr. tSTirjfiai.^ welches Fick wörterb. 8. V. tvis zu skr. tvSdati stellt, hierher, da letzteres, wie

Zeitschr. f. vergl. sprachf. XXII. 3. 17

258 Froehde

ich uuten nachzuweisen hoffe, im griechischen anders ver- treten ist.

Ausgenommen aus der bedeutungsregel der denomina- tiven vcrba auf eo sind, von dem seltsamen miseret nebst misereri abgesehen, nur deusere, welches bei dichtem, namentlich Lucrez, und späteren prosaisten die bedeutung von deusare dicht machen hat, und lactere saugen, ge- wöhnlich im part. praes. Hiernach werden ein paar er- kläruugen Corssens, welche diese regel nicht berücksichti- gen, mindestens zu modificiren sein. Voc. I 51 wird oan- tius von novtts abgeleitet. „Vom stamme novo ward ein denominatives verbum ^novere gebildet mit activem oder oausativem sinn wie docere nocere u. a., also mit der bedeutung „neu machen, neues bringen'. Das wort bedeu- tet also oino porson oder sache, die neues bringt.' Allein das von uovus abgeleitete denominativum in der bedeutung ^neu machen'' müsstenovare lauten, wie es auch lautet. Wenn also nuntius von einem denominativen ^novere hon^tammt« so kann es nur die neu seiende sache beden- tiHi. l>a$ wort la$st sich aber auch aus der wurzel goo herloiten, eu der das begrifflich gleiche deutsche künde gehört« und deren g auch in nota notare spurlos ver- sob wunden ist (vgl. adnoto innoto gegen agnosco ignosoo). l>as aus dem participialstamm nont {^voit) durch autritt des suAixes io gebildete nontios ging durch die mittelst Ute nountios (Mar. Victor, p. 2459 P.) in mint ins über« wie poplicos durch die mittelstufe pou- blicos publicus wurde. Femer ist das rur erklimng v\Mi jussi von Oors$ou coustniirte denomioatiTum ^juseo ikrit. boitr. 4«.?K auch abgo^ohen von der bedeutung, schon d^alb umuC^Hoh« weil« wie ich xtschr. 14. 452 angemerkt habo« vx>n ^stiUunieu verba auf eo überhaupt nicht gebil- det wtrdtnu Kudlioh kann ich Oor^seu nicht beipflichten. wiNiii er TvH\ I 14S formido ron eiueoi denominatiTcn vmrbum *formere in d^«' bedeutung «fesu starr machen* v\M^ w ^)h,ir :%bieiteu wilK Die historische fonn des Ter- jAÄCt«^« v^rtMi 1au;<: tirware

Ij^> Mey^« der in $eiuer ref^^Wicheiidm grammatik

znr Ut. und griech. lanüehre and etymologie. 259

p. 21 ff. die verba auf eo am eingehendsten behandelt, be- merkt mit recht, dass ein theil dieser verba, neben denen sich zu gründe liegende nominalformen nicht aufstellen lassen, geradezu einen passiven Charakter trägt. Er führt hierfür folgende an:

jaceo liegen, niedergeworfen sein, neben jacio werfen.

careo entbehren, eigentlich „abgeschnitten sein^, „das dem passiven aorist xagrivai so auffallend ähnlich sieht, dafs man einen ganz engen Zusammenhang scheint anneh- men zu dürfen^.

pateo offen stehen, neben neravvvvai ausbreiten.

liqueo flüssig sein, neben liqui flüssig werden, dem passiv des verlorenen li quere, das flüssig machen bedeu- tet haben muss.

pendeo schweben, neben pendo wägen.

Hierzu kommen:

licet es steht frei, welches die herausgeber des Pe- tersburger Wörterbuchs mit recht zu w. skr. rik, überlassen, ziehen; vgl. ags. on-lihe concedo.

paveo in angst sein, neben nroia) scheuchen, pass. sich ängstigen. Die bedeutungsentwicklung in kxTtkayfj- vai von nlTjatfa) macht es wahrscheinlich, dafs die Wör- ter gleicher wurzel sind mit pavio na loa,

doleo schmerz empfinden, von w. dar skt. drnäti zerreifsen, gr. Salgia schinden, ags. teran rumpere, scin- dere, lacerare. Die übertragene bedeutung hat auch gadh. doran cruciatus, dolor bei Diefenbach vgl. wörterb. II. p. 656; analogien bieten gr. Xvnri neben skr. lumpati rumpere, das vulgäre deutsche „sich schinden^, skt. rugä schmerz von rüg zerbrechen u. a.

Mit den griechischen starken passiv-aoristen, zu denen die vorliegenden formen die praesentia zu sein scheinen, stimmen dieselben auch darin überein, dafs sie den reinen stamm enthalten; vgl. licet liqueo neben linquo ll- quor.

Bemerkenswerth scheint noch, dafs von den zahl- reichen ischallverben auüser strideo, das aber älter strido

17*

260 Froehde

lautete, im lateinischen keines auf eo gebildet ist,, denn miceo im carm. de philom. kann nicht in betracbt kom- men. Diese verba gehen vielmehr nach der ersten conju- gation, wie balare belare blacterare blaterare bo- are bubulare bucinare u. s. w., oder nach der vierten: barrio blatio caurio crocio cucurio frigutio frin- gultio fritinnio gannio garrio gingrio glocio grun- dio hinnio hirrio lipio minurio mugio mutio mur- rio pipio rugio singultio tetrinnio titinnio vagio; einige auch nach der dritten, wie canere beere frigere gruere.

6. mollis.

Das doppelte 1 von mollis, welches Curtius grundz. n. 457 und Fick wörterb. s. v. mara unerklärt lassen, fasse ich mit Corssen beitr. 323 als assimilation von Iv, ver- gleiche aber das so vorausgesetzte ^molvis nicht mit skr. mrdu, sondern einfacher mit ahd. maro ags. meara, grundform marva. Das ursprüngliche a ist im lateini- schen wie in zahlreichen anderen fallen bei Corssen voc. H. 324 ff., z. b. auch in viridis neben luridus pallidus u. s. w. und in torris altl. torrus (Non. p. 15. Serv. zu Äeo. 12, 298), zu i geschwächt. Dasselbe gilt von ahd. morwi muruwi mhd. mQrwe mOrbe, zu dem sich mollis ver- hält wie tenuis zu ahd. dunni. Auch fiwkvg f&hrt auf die angesetzte grundform zurück. Im gegensatz zu der ge- wohnlichen ansieht, dals die lateinischen (und zum theil auch deutschen) stamme auf vi gegenüber den u-stämmen anderer sprachen aus diesen durch antritt des i erweitert seien^ erklärt Ludwig ztschr. 15, 445 dieselben f&r die vollständigeren, die auf u f&r verkürzt. Derselben ansieht ist Leo Meyer vgl. gramm. IL 250 ff., der dann weiter in dem i dieser bildungen Schwächung eines ursprünglichen a erkennt. Das Verhältnis der formen uwlvg^ murwi, mollis, maro zu einander gibt einen neuen beleg filr dieselbe.

zur Ut. und griecb. Uuüehre und etymologie. 2S1

Die stelluDg der diphthonge ai u oi vi vor voealen in der spräche der attischen prosa ist in der regel unur- sprQnglich; in derartigen formen ist vielmehr entweder vor dem vocale, wie in aidv kaiog lelog (Sxaiog^ oder, was das gewöhnliche ist, zwischen den bestandtheilen des diph- tbongs ein spirant ausgefallen. So ist digamma geschwun- den in den femininen der adjectiva auf vq wie yXvxBla^ in sonstigen ableitungen von t;- stammen wie aöXBlog yi- vsiovy in solchen von €t;-stämmen wie /3aoiXsta ßaai- leia yaXycBlov ävdQeZog^ neben denen im ionischen die formen ßaailtjitj dvÖQtjiog yakxi^iov stehen. Dasselbe gilt fQr bildungen wie av&Qoinsiog olxslog u. a., wie die ionischen formen ävO- Qtümqiog olxtjiog zeigen. Di- gamma ist ferner ausgefallen in y(jala nXolov Siaggoia u. a.*) von yQavg w. nlv pv. Nach ausfall eines sigma ent- stand der diphthong in ableitungen von s-stämmen wie alt]&Bia äyyBiov igxsJog ogeiog yegaiog und in den weiblichen formen auf via (Bopp vergl. gr, § 789). Neben itegolog ofiolog yeXoZog aidoiog u. a. finden wir im ionischen die formen iregoiiog u. s. w., die auf unur- sprünglichkeit derselben deuten. Sehr zahlreich sind die bildungen auf aiog^ die meist circumflectirt und nicht blos von Stämmen auf a sondern auch von solchen auf o abge- leitet sind wie vritsalog r^ifv^aJog a. Hierin gleichen sie ganz den oskischen auf asio lat. ario (vgl. ixralog sextarius), und man wird daher selbst hier bedenken tragen dürfen, eine ausnähme von der regel anzuerkennen. Der comparativus nkeiwv gehört offenbar zu ion. TtXiog nleiog att. nXicüg^ die auf früheres nXi'^og**) weisen,

*) Aüch in dyvo la von vooq (\lr *v6-J^oq nehme ich den ausfall eines ^ an.

^) Im lateinischen wurde das e, das noch in pleores (carm. arv.) für ^plevores erscheint, durch den einfluss des v zu o verdunkelt, wie in novus novem vomo u. a.; so erklären sich die superlativformen plouruma, ploirume plusima am einfachsten aus einer grundform ^plovisumo, wie Cloilius und Cloulius aus Clovilius. Anders Corssen ztschr. 8, 280, der pl-us pl-us-i-ma theilt und schwund des wurzelvocals zwischen p und 1 annimmt.

262 Froehde

steht also (dr nls^iwv. Schwierig and noch nicht ttberzeu- gend erklärt ist ^leioDv, das vielleicht eine ausnähme bildet (vgl. Curtius n. 475). In dem vielversuchten aber noch im- mer nicht genügend aufgeklärten noiiuj nimmt Curtius grundz. 259 ausfall eines digamma an. Fick wörterb. s. v. pu und Bugge zeitschr. 19,41 i wollen t aus^ erklären: allein Curtius (a. o. p. 507) bemerkt mit recht, dafs die so entstan- denen diphthonge sich auf die epische spräche beschränken; auch .^6/ a, auf welches sich Bugge beruft, wird von ande- ren gelehrten aus jav-jä erklärt, olirti^ für 6^ irrig '8* poetisch und nroia^ das geschlecht ausgenommen, mit skr. ksava zu identificiren , liegt keine nöthigung vor. Die möglichkeit, in noiicü^ denominativum von dem nur in compositis erscheinenden noiog^ ausfall eines sigma anzu- nehmen und dasselbe auf die im lateinischen pono f&r posno (bildung wie degunere) erscheinende wurzel pos zurückzuführen, ein vergleich, der durch die bedeutung durchaus unterstützt wird, gedenke ich ein ander mal zu begründen. Von hierher gehörigen präsensbildungen stehen yaio), a yaiofiai^ data) brenne, xaio)^ xXaiatj xkeiu)^ xvaiojf naloa^ nraia), xlfaio) für ya^ -j « u. s. w, ; in ki?,aioiLiai ist a ausgefallen; dasselbe wird von Grafs- mann ztschr. 11, 33 auf grund der formen ndacafS&ai. vdacaC&ai u. a. für iiaiofAai und vaiw*) mit recht angenommen; paiio ist noch nicht erklärt; oiofiai erweist sich durch das homerische otofiai als unursprünglich. Es bliebe nur noch daiw theile übrig, dem skr. dajämi ge- genübersteht. Grafsmann a. o. will wegen daaofiai k8a- (fdfA7]v äiöci(ffiai^ die jedoch zu darioficci gehören kön- nen (vgl. Tidcdafsd-ai)^ auch in diesem worte ursprüng- liches Gj annehmen; ich habe beitr. zur lat. etym. p. 5 wegen der distrahirten formen Sai^o) und aeol. datg (Lo- beck parall. I. 89) öaiw aus Sa^jm zu erklären und das lateinische dautia, bewirthung der gaste, mit demselben

*) Cartius grundz. d. 482 hat gegen diese annähme bedenken wegen des inschriftlich bezeugten aeolischen vavoi, tempel, das von vaiof nicht ge- trennt werden kann; allein dieses läfst sich auf vaa^^os zarttckfUhren.

Ear lat. nnd griech. lanüehre und etjrmologie. 263

ZU vereinigen gesucht. Mag aber auch Saiu) dem skr. da- jämi unmittelbar gleich zu setzen sein und so eine aus- nähme von der regel bilden, die vorstehenden bemerkun- gen werden immerhin meine ansieht, dafs die folge der vocale in (Te/w unursprünglich sei, genügend begründen. Nun erscheint in allen ableitungen mit consonantischem sufSx ein a: aitfeifffiai kaeia&f]v aeiörgov aeiöjÄog aet^arog, und so wird es höchst wahrscheinlich, deSs aeiat zunächst für *aeiaco steht, indem 6 zwischen vokalen aus- fiel wie in axovco yevco evco XQ^^ (^^^- gharäämi).

Aber auch der anlaut deutet auf unursprünglichkeit. In den meisten der bisher erklärten Wörter mit anlauten- dem sigma vor folgendem vocale ist zwischen beiden ein digamma ausgefallen, wie in cfaivco aälog aekag ael/xa Giyri öiöy]Qog aoßt] öofxtfog avQcpBTog^ wohl auch in 6il^(t) neben got. sviglon pfeifen. Dafs auch in öbIw nach 6 ein j: geschwunden ist, dafQr spricht das homeri- sche kniöGBiui^ und wir werden somit weiter auf ein vor- historisches *a^€iaoi) geführt. Dieses aber läfst sich ohne Schwierigkeit mit skr. tvesati in heftiger bewegung sein, erregt sein, med. anregen, aufregen (wie auch aeio) bei spä- teren), tv^Sa adj. ungestüm, heftig, erschütternd, tvesja adj. erschütternd, vereinigen, da anlaut. Of auch sonst im griechischen aus ursprünglichem Tf entsteht, wie in av aog^ (SVQßri (w. tvar), aaxog^ welches Fick wörterb. s. y. tva- kas treffend zu skr. tvaKas n. feil, decke, schild gestellt hat; vgl. auch öagyccvr^ 2hßqog 2iq)av neben rag- ydvri Tißgog dor. Tirpai und vielleicht atjfto) neben lat. tabum, (fi]g neben ti-nea, bildung wie ara-nea.

8. Q im anlaut griechischer Wörter.

Unter den mit g anlautenden griechischen Wörtern, soweit sie etymologisch klar sind, gibt es nur einzelne, denen dieser anlaut von anfang an zukam, nämlich gdnvg neben lat. rapa mhd. rüebe lit. r6p6 (Curtius n. 511) und QkJ^ia neben skr. ragjämi (Curtius n. 154); ein paar an- dere sind wenigstens zweifelhaft. Ursprünglich anlauten-

264 Froebde

des Q ist entweder in X übergegangen, wie in den wurzeln Xt.7t kix At;x, oder durch den vortritt eines vocals ans dieser stelle verdrängt worden, wie in H'Qsßog i-Qv&Qog i'QevyofAac k-gewaca w-gvyfiog w-QVia i^gelmaj wel- ches Fick ztschr. 19, 264 richtig mit altn. rifa brechen vergleicht, während ahd. riban weder in der bedeutong stimmt noch von niederd. wriven getrennt werden kann, k'Qeidcjy wie lat. ridica weinpfahl bezeugt, i-gsixw zer- brechen, spalten, furchen, das die herausgeber des Petersb- Wörterbuchs zu skr. rikh likh ritzen, aufreüsen, fnrchen stellen, Fick a. o. zu dem eigentlich wohl mit diesem iden- tischen rip zerreifsen, verrenken; dazu gehört auch ringi aufspringen, den mund aufreifsen, das gesiebt verzerren, nebst rima fikr ric-ma ritze, spalt, rimari zerspalten, den boden aufreifsen, furchen, mit g fQr c wie pingo und dem nasal gegenüber dem diphthongen wie linqno lingo. Die in der gewöhnlichen griechischen spräche mit g begin- nenden Wörter haben dagegen vor diesem einen consonan- ten aufgegeben und zwar am häufigsten digamma, seltener sigma, nur vereinzelt, wenn überhaupt, eine muta.

1) der abfall eines digamma ist durch dialektische nebenformen, sichere etymologie oder homerische indicien meines erachtens für folgende Wörter erwiesen:

gaSivog goSavog nebst gdSafivog^ aeol. ßgaÖivog.

^(fdiog^ aeol. ßgatöiog.

'Paddfiav&vg, aeol. BgaSdfjiavd'vg.

ga&aivw ga&afxiy^^ schwed. vritTa bespritzen; Schmidt znr gesch. d. indog. voc. p. 97.

paiftog^ got. vraiqs; Aufrecht ztschr. 12, 400.

gdxBTQov^ dial. ßQdxtrgov Hes.

gdxog^ aeol. ßgdxog skr. w. vrapK; dazu gct^icc gdr Xog grixdiSrig.

gdmg nebst gdßdog^ vgl. Leo Meyer ztschr. 15, 6.

w. gB in ^^T(og u. s. w., aeol. ßgijratg w. ^ag.

gi^w neben vr.^sgy.

gincD^ lit. virpiu; Curtius n. 513.

gTjywfii neben aeol. J^g^^tg avgtjxrog eigayi].

griv nehen j:igiov w. var. Leo Meyer ztschr. 15,3.

zur Ut und griecb. lantlehre und etymologie. 265

pl^cc^ aeoL ftgiöSa.

QLVoq^ dial. yQivoq (Hes.), w. var.

pintü)^ got. vairpa; p im wurzelauslaut ist sehr häufig im deutschen unverschoben geblieben.

podoVj aeol. ßgoSov.

QvoiAai, Oben ist schon auf die Übereinstimmung der bedeutungen dieses wertes mit denen von skr. var hinge- wiesen und dasselbe mit Benfey auf diese wurzel zurück- geführt worden. Leo Meyer ztschr. 14, 90 bestreitet für ()vofAaL das digamma auf grund der unterbliebenen Verlän- gerung eines kurzen vocals vor demselben in drei homeri- schen Versen: ctXl^ä (fv Qvaai II. 17, 645, vvv (Je QVBö&at IL 20, 195, nvoXUd-Qa Qvovtai IL 9, 396. Allein diese Verlängerung hat auch vor entschieden digammirten Wör- tern nicht durchweg stattgefunden, wie vor ^ela QiitxiQOL an fünf stellen, und dieser grund allein kann daher die annähme des digamma, die, wie Meyer selbst bemerkt, durch andere stellen begünstigt wird, nicht widerlegen. In ähnlicher weise ist auch vor muta sq. q die Verlängerung regel, die aber zahlreiche ausnahmen hat; vgl. La Roche hom. untersuch, p. 19 ff; Zu QvofAai ziehe ich als verbal- adjectiv

QVT6g^ das adjectivisch nur in der Verbindung pvrolai laBcat an zwei stellen der Odyssee: 6, 267 und 14, 10 vor- kommt und gewöhnlich durch „herbeigeschleppt^ erklärt wird. An beiden stellen handelt es sich um einen mit stei- nen umfriedigten, eingehegten platz, dort den markt der Phaeaken, hier das gehöft des Eumaios, und Faesi erklärt sachlich richtig „mit steinen eingehegt, umfriedigt^. Die bedeutungen der wurzel im sanskrit „umschliefsen, umrin- gen, einhegen, umgeben, umfassen^ geben die auch formell genaue Übersetzung an die band. Ferner gehören zu un- serer wurzel

pvTTjQ 1) Schützer, vertheidiger, wie skr. varutar, 2) riemen (wie rd pvra) = skr. varaträ riemen, IL 16, 475, wo Meyer ztschr. 15, 4 digamma ansetzt.

QVfAoq^ bei Aelian wie Qvrrjq „riemen^, bei Homer „deichsel^, als das holz, an welchem die pferde befestigt sind.

, 266 Froebde

QV(Si.og rettend, erhaltend, erlösend, nebst ro ^öiov schütz, rettung, lösegeld, beute.

oiffia schütz, formell gleich skr. varinan schutzwehr {iQvua), Dagegen läfst sich das wort in der Verbindung (wua To^ov bogenschuTs aus dieser wurzel nicht erklären; von ihm und dem ähnlichen ^vtfJQBg ßiov^ 6i(frdiv wird weiter unten die rede sein.

pvoTce^o) schleppen, schleifen; vgl. Leo Meyer ztschr. 14, 91. 15, 4. Ist als wurzel ^(>v^' anzusetzen, so läfst sich das begrifflich gleiche lat. verro fftr *ver80 vergleichen. Schwierigkeit macht aber igvco ziehen, schleppen, das sicher (ür ^sqvw steht. Zwar könnte man dieses aus *^€- Qv{a)aj erklären, eine annähme, der die formen kgiata kgvöGui^ sigvaa igvöaa^ siQva&tjv günstig sind und von den bei KQhner ausföhrl. gramm. p. 822 verzeichneten formen eigentlich nur €t()t;ro Od. 22, 90 widerstrebt*); da aber die silbe gva in elgva&Tjv und gvöxd^m offenbar identisch ist, so würde man genöthigt, in diesem ^^BQvaat den vocal e als eingeschoben zu betrachten.

^vWc; nebst (jvaog^ aeol. ßgvrig.

Nicht so klar nachzuweisen, aber doch wahrscheinlich ist der abfall des digamma in folgenden formen:

gaacü) gtjGau) schlagen, klopfen, wegen ßgäxaXovj welches Hesych mit gonaKov erklärt. Fick u. vark stellt das wort zu skr. vra^K abhauen, zerreifsen, zerspalten; in diesem falle wäre j: erwiesen , doch ist mir das Verhältnis der bedeutungen nicht einleuchtend. Wäre nicht jenes ßgdxaXov^ so würde man auch an got. slahan schlagen denken können.

gonaXov nebst gomgov^ vgl. Leo Meyer a. o. p. 6.

gojvvvfit gcififj u. s. w. Kuhns bekannte ansieht (ztschr. 6, 390), dafs gatvvviiL f&r goi&'VVfAt stehe und dem skr. rädh-nömi perficio, wozu rädhas reichtum^ Wohlstand, vorrath, entspreche, hat lat. robur fQr sich, dessen b so

*) denn in ai^varai könnte a wie im praes. ausgefallen sein, ei^v' fiivai begriffe sich nach der analogie von ^fiavai u. a. (Knhn ztschr. 2, 265), ei'^vvro II. 18, 69 l^ann ebensowohl zu dem homonymen i^vat schützen gehören.

zur Ut. und griech. lautlehre und etymologie. 267

die einfachste erklftrung fände; bedenklich jedoch macht mich die abweichende bedeutung und das allerdings nur bei Hesych erwähnte eigtata (vytla)^ welches, wenn es hierher gehört, q(*) 2!% wurzel anzunehmen nöthigt, der sich auch paifif] llQpa)fia$ und andere ableitungen leichter fü- gen. Curtius grundz. n. 517 fafst pcüfitj als Schwungkraft und zieht es wie QVfit} zu gita^ allein ^dfii] bedeutet ^leibesstärke, kraft, gewalt^, pvi^i] dagegen „schwung, an- drang, angrifft, die grundbegriffe der beiden Wörter sind also doch sehr verschieden. Dagegen stimmt ^wfit] he- grifflich zu lat. valeo, skr. bala stärke, kraft, lit. vala macht, gewalt, der imperativ iQpcoöo dem lateinischen vale. Nun erscheint neben w. val älteres var in lett. wäret können, vermögen (Fick wörterb. s. v.), welches sich im griechischen nach mehrfacher analogie (vgl. w. ßog^ uogj TOQ^ ^og) zu j:oQ und dann zu ^qo) gestalten konnte ; es verhält sich auf diese weise qojvvv/ai zu w. var wie öTQwvvvfjit zu Star. Die wurzel val ist mit dh weiter- gebildet in got. valdan altsL vlad§ herrsche.

Leo Meyer a. o. setzt auf grund der homerischen sprä- che den ursprünglichen anlaut ,^() noch an in giov (gleich 6()og ion. ovgog?) polCog QO^&io)^ der sich von Seiten der etymologie nicht weiter begründen läfst. Abweichen- der ansieht bin ich über (>(Jt/; (s. u.); die Verlängerung kurzer vocale vor demselben in der arsis ist zur begrün- dung des digamma nicht ausreichend, da sie auch vor urspr. (Sq eintreten konnte.

2) Anlautendes sigma ist in folgenden Wörtern ge- schwunden :

^dnrtoj lat. sarcio; vgl. Bugge ztschr. 20, 32.

gitfj Qiniq^ lat. sirpus scirpus.

pofpicü^ lat. sorbeo. ,

Qvyxog, schnauze, rüssel, Schnabel, skr. srkkan srakva maul, rächen. Curtius grundz. p. 442 betrachtet als wur- zel vielleicht richtig giyxco; möglich jedoch ist auch ein anderes. Wie nämlich das deutsche rüssel, ags. vrot, von vrotan wühlen ahd. ruozan die erde aufreifsen, pflü- gen, lat. rostrum von rodo stammt, so kann Qvyxoq zu

268 Froehde

O'QVöaoü 8t. 6'Qvx und 6-Qvy^ beide aus ^O'QVX gehö- ren. Ist aber diese combination richtig und als wurzel ^sark anzusetzen, so lassen sich ferner hierherzieben lat. sulcus furche, graben, sulcare furchen, pflügen, graben, ags. sulh pflugscbaar {oQvxtriQy Auf diese weise erklärt sich dann auch ^yxoq in der bedeutung „das grinzend verzogene gesiebt^ nach der analogie von ringi.

Qvnxiü reinigen, säubern Qvnog schmutz, got. svair- ban abwischen, altn. svarf quisquiliae, altsl. svrübii Sca- bies. Die Wurzel svarp wurde im griechischen zunächst zu cvQii in avQtfoq avgcpBvdg und dann zu agvn,

w. QV in gitf) u. s. w., skr. sru. Curtius grundz. n. 517 zieht auch pv/Ätj schwung, andrang, angriff zu dieser Wur- zel, eine ansieht, die an Wahrscheinlichkeit gewinnt, wenn wir bedenken, dafs w. sru, wenn auch schon in proethni- scher zeit (vgl. Bugge ztschr. 20, 2 ff.), sich aus sar ent- wickelte (Curtius n. 502). Zu dieser aber gehört ogf^nj andrang, angriff, das nach form und bedeutung mit pvfi^ grofse ähnlicbkeit hat. Von pvfjirj schwung kann pvfAo To^ov bogenschufs schwerlich getrennt werden und von die- sem wieder nicht pvtfjg*) in den Verbindungen pvtiJQsg ftiov^ oiataiv. Gewöhnlich leitet man dieses wort von igva ziehen ab (vgl. kQveiv ro^ov Herod.); allein in diesem falle wäre nach obigen bemerkungen QvaxrjQ zu erwarten ge- wesen. Zu oQfiäa) stimmt der bedeutung nach genau pbiofjiai sich heftig, schnell bewegen, losstürmen, eilen für *(f()(6oiiai,

pcixfj strauchholz, gezweig, reisig, lat. sarmentum gezweig, reisig, reisholz, fQr sarp-mentum von sarpio ver- schneiden, putzen. Auch ^conog putz, tand, flittersachen ist nicht zu trennen; vgl. unser putz von putare ver- schneiden.

3) Abfall einer muta wird angenommen in gi^yvvfAi. Die ansieht, dass dasselbe dem lat. frango entspreche, setzt voraus, dafs ursprüngliches q> entweder durch die mit^

*) Diese ansieht fäUt natttrlich, wenn das aeoliscbe ßgvxiiff (Ahrena p. 34) dieses and nicht das oben behandelte Qvttig schtttzer ist; ans den Worten des ApoUonios ist nichts zu entscheiden.

snr lat. and griecb. lantlehre und etymologie. 269

telstufe ß (vgl. ßgificüi) oder unmittelbar in^ Qbergegangen sei; deDn sicher ist, dafs das wort altgriechisch ^g^^yw/Ai lautete (vgl. Leo Meyer ztschr. 15, 15). Nun ist der Über- gang eines ^ m ß mehrfach , der des ß m ^ sonst nicht nachgewiesen; ebenso entstand wol q) aus^, aber nicht umgekehrt ^ aus (f. Daher hat man nach anderen erklä* rungen gesucht, die sich in der that bieten. Fick stellt frqrjyvvfii zu skr. vraplc, andere zu niederd. wrack 8chi£b- trümmer, welches auf eine wurzel vrag weist, auf die sich nach den bemerkungen Bugges ztschr. 20, 2 ff . skr. rüg brechen zurQckfQhren liefse. Allein bei der sonstigen gleich- heit der wurzeln Qay und frag, der Übereinstimmung in der bildung des praesens mit dem nasal, was Leo Meyer mit recht hervorhebt, und der identität der bedeutung wird man sich schwer entschliefsen, die Wörter zu trennen. Dazu kommt, dafs sehr wahrscheinlich das nämliche laut- liche Verhältnis besteht zwischen glyog und frigus; aus- weichen liefse sich freilich auch hier und bei Qlyog etwa an Umstellung der in lat. algeo erscheinenden wurzel den- ken, frigus aber auf frigere dörren zurückführen (vgl. *^ ' frigore torret bei Varro u. a.). Als ein drittes beispiel die- 4 ser art läfst sich

Qa^ st. Qäy beere, bes. Weinbeere betrachten, dem lat. fräga erdbeeren entsprechen könnte.

Der abfall eines x ^^^^ angenommen in giq st. qIv neben skr. ghränam. Benfey wurzellex. II 99 zieht Qivri feile zu /^/m, Pott I^ 182 zu ngiio sägen; eher könnte lat. serra für ^serna stehen und qIvti aus *aQLvri zu erklären sein. Curtius grundz. n. 512 vergleicht Qcix^Q ^^^ ahd. hrucki; Pott I' 260 stellt piußo) zu got. hvairba verto; näher läge noch mhd. s werben wirbeln ahd. swarp wirbel. Alle diese vergleiche sind unsicher.

Liegnitz, mai 1872.

F. Froehde.

270 Delbrück

Bemerkung zu G. Meyers Aufsatz über das

Dvandva.

Gustav Meyer sagt seite 9 des 2. bandes n. f. dieser Zeitschrift: „Neben dieser ausdrucksweise , wonach die paarweise Zusammengehörigkeit an beiden Wörtern (in einem dvandva-compositum) durch den dual bezeichnet wurde, bestand eine andere^ der es genügte, am zweiten worte die- sen process zu vollziehen und das erste in dem ihm zu- kommenden Singular flectierte. Auch das 'ist keine Zusam- mensetzung, sondern blos asyndetische aneinanderrückang, wie zum überfluss die tmesis z. b. in priyah süryo priyo agnä bhaväti (Benfey gr. § 635) oder in divam pari bhümfi über himmel und erde Rv. 1, 62, 8 beweist^. Ich knüpfe einige worte an die von M. behauptete sog. tmesis. Meyer meint, wie aus dem angeflQhrten erhellt, dass suryo-agnä im sinne von agni-süryau und divam-bhümä im sinne von dyävä-bhüml stehe, und hält agnä und bhümä für duale. Ob eine solche construction im Rv. vorkommt, darüber wage ich kein ganz entschiedenes urteil auszusprechen, da mir nicht vollständige Sammlungen zu geböte stehen,'' . dass aber die beiden von Meyer angefahrten Sätze völlig w anders aufzufassen sind, auch agnä und bhümä gar nicht einmal duale sind, lässt sich leicht nachweisen.

Den ersten vers hat Meyer wie er angiebt, aus Ben- feys grammatik entnommen, und zwar derartig, dass er auch ein versehen Benfeys sich angeeignet hat. Es ist nicht süryo, sondern sürye zu lesen, und der ganze vers^ von dem Benfey nur die hälfte citiert, lautet: priy&h stirye priyo agnä bhaväti y& indräya sutäsomo dädä^at beliebt bei der sonne beliebt bei Agni wird der sein, der dem Indra mit gepresstem soma dient Rv. 5, 37, 7. agnä ist loc. sing. Dieselbe form findet sich nach Grassmann noch neunmal im Rv/).

*) Vgl. ärmi näbhS u. a. m. Woher BoUensen Z. D. M. G. 22, 61S die form kavS hat, weiss ich nicht. Sie findet sich weder an der von ihm angeführten stelle, noch überhaupt im Rv.

bemerkoDg zu 6. Meyers aufsatz Über das dyandya. 271

Somit liegt in dem verse überhaupt nichts dvandva- ähnliches vor. Mit dem angeblichen dual agnä, den M. ebenfalls auf Benfeys autorität hin annimmt, hat es fol- gende bewandnis. Die form agnä im dualischen sinne er- scheint nur im an fang eines dvandva-compositums' z. b. agnävishnü A. V. und T. S. und davon ägnävaishnava- im (^at. und Ait. Br. Im Rv. liegt kein beispiel der art vor, sondern nur das regelrechte agniparjanyau und agnfshomau. Wie ist nun das ä in agnä zu erklären? Offenbar haben wir hier einen sichern fall einer auf misleitetem Sprach- gefühl beruhenden nachbildung vor uns. Bei der weitaus überwiegenden mehrzahl aller aus götternamen bestehen- den dvandva endigt das erste glied auf ä, so findet sich im Rv. indraparvatä, indräpüshänä, indräbrihaspati, indrä- brahmanaspati, indrävärunä, indrävislinü, indräsomä, dyävä- prithivf, ushdsänaktä, miträvärunä und wohl noch andere mehr. Diesen compositis, von denen mehrere sehr häufig sind, weiss ich nur die angeflihrten mit agnl entgegenzu- setzen, als solche in denen das erste glied nicht auf ä aus- lautet. Als nun in der spräche der dualausgang ä zu gun- sten des ausganges au verschwand und also indrä in indrä- somä u. s. w. nicht mehr als dual empfunden wurde, musste die Vorstellung entstehen, als laute jedes götterdvandva im ersten gliede auf ä aus, und dieser falschen Vorstellung ent- spross die form agnä.

Eine etwas andere bewandnis hat es mit der zweiten stelle 1, 62, 8, wo divam p4ri bhdmä nach M. ein dvandva vertreten soll. Die form bhümä gehört, wie jetzt jeder aus Böhtlingk-Roth lernen kann, nicht zu bhtimi, sondern zu dem neutrum bhtiman. Es fragt sich nur, welcher nume- rus in bhdmä vorliegt. Bhümä kann der form nach plural. von bhtiman sein, denn der nom. acc. plur. der neutra auf -an geht im Veda auf -äni oder a aus, und bhdmä ist auch an mehreren stellen plural z. b. bhdmä rejante die wesen zittern 6, 50, 5. An anderen stellen ist bhdmä als nom. sing, aufzufassen. Dafür spricht der sinn sehr ent- schieden 1, 173, 6 in dem verse: pra yäd itthä mahinä nribhyo asti aram rödasi kakshy^ nasmai | sam vivya indro

272 Delbrück

vrijänam u& bhtimä bbärti svadhdvim opa^&m iva dy4m „alle beiden übertrifft er an macbt und himmel imd erde reicben nicbt aus ibn zu gQrten, Indra bflUt sieb in die erde wie in ein gewand (so Benfey s. v.), es trägt der ge- waltige den bimmel auf dem baupte wie einen baarbuscb.^ Singular ist es wobl aucb 5, 7, 5, und singular auch in der von M. angezogenen stelle, welcbe lautet : sandd divam p4ri bbümä virüpe pnnarbbüvä yuvati svebbir evaih | krisbnebbir aktösbä ru^adbbir vapurbbir d carato anj&ajä „sie kommen beran eine um die andere, mit dunklem leibe die nacbt, mit licbtem die morgenrötbe, von je ber bimmel und erde umwandelnd, die verscbiedengestaltigen, ewig jungen auf eigenen pfaden^. Das asyndeton divam pari bbtimä ist nicbt auffällig, weil die beiden werte eine art coUectivum bilden, und wird trefflieb gestützt durcb bhti- mano diväs pari 9, 73, 5, wodurcb zugleich meine aafifas- sung des numerus eine bestätigung erbält.

Die länge nun im nom. sing, der neutra ist aucb sonst in der Sambitä belegt, wäbrend der Padapätba stets die kürze bat. leb fübre an: vyömä: näsld rajo vyömä par6 yat nicbt war das lufbreicb nicbt der bimmel, der droben ist 10, 129, 1 ; kärmä 2, 24, 14; jänimä 10, 142, 2. Andere belege werden sieb bequemer finden lassen, wenn Grassmanns wörterbueb fertig vorliegen wird. Das Präti- 9äkbya reicht in diesem falle nicbt aus, da es den plur. auf ä, a nicbt vom singular scbeidet und sogar bbtima von bbtiman und den unecbten conj. bbtima vermischt, und Max Müllers index zum Padapätba kennt natürlich diese interessanten formen gar nicbt. Ob nun in diesem ä eine altertbümlichkeit (wobei man sofort an das gotische denkt), oder eine von den diaskeuasten beliebte dem metrum recb- nung tragende Schreibung zu sehen ist, das kann ich lei- der noch nicbt entscheiden.

Bis jetzt haben wir bhtimä als plur. und sing, kennen gelernt, es bleibt aber noch eine stelle übrig, in der man nicbt umbin kann, es als dual aufzufassen, nämlich 1, 61, 14 asyed u bbiyä. giraya^ ca drilbä dy&vä ca bbtimä ja- nüsbas tujete „aus furcht vor seiner geburt zitterten selbst

bemerknng zu G. Meyers anfsatz Über das dvandya. 273

die festen berge und himmel und erde.^ Hier kann bhtimä, wenn es richtig ist, nur so viel sein als bhüml, obgleich der Padapätha bhüma schreibt. Man muss also annehmen, dass bhtimä ein dual von bhüman ist, der aber ebenso wie der plural auf -äni, ä von einem a-stamme gebildet wäre. Ob solche metaplasmen noch sonst vorkommen ist mir nicht bekannt.

Als resultat ergiebt sich: bis ein dual auf ä von i-stämmeu oder eine tmesis, wie sie Meyer annimmt, im Rv. nachgewiesen ist, wird man annehmen dürfen, dass beides nicht existiert.

Jena. B. Delbrück.

Berichtigungen und nachtrage.

Die folgenden berichtigungen zu den in bd. XXI d. ztschr. enthaltenen artikeln von mir stammen aus briefen meines verehrten freundes Mr. Whitley Stokes, dem ich noch so manche andere freundliche förderung meiner cel- tischen Studien verdanke.

S. 245 bedeutet ind astai (etymologisirende erklärung von Galli) „die milchigen", astai ist nom. pl. eines von as milch abgeleiteten adjectivs (vgl. Z* 792). Ich über- setzte ungenau „von der milch''.

S. 403 anm. ist ir. traig pes nicht ganz richtig be- urtheilt. Dieses wort ist, wie es scheint, ein neutraler t-stamm (acc. pl. traigid Z^ 258, tragait ist keine iri- sche form), so dafs die stamme ir. traget (oder tragjet?) und TQSxovT nicht geradezu identificirt werden können.

Zu s. 421—424 trage ich noch folgendes nach:

Man pflegt zu gr. oVt;^, ahd. nagal etc. (s. 421), skr. nakhas zu vergleichen, indem man sich um dergleichen bedeutung und des ähnlichen klanges willen über die. Schwie- rigkeit, welche das kh bietet, hinwegsetzt; andere haben dieses beispiel mit zur stütze der theorie verwendet, dafs die indogermanischen aspiratae überhaupt nicht mediae, sondern tenues gewesen sei^n. Allein, irre ich nicht, so

ZeitBchr. f. vgl. sprachf. XXII. 8. 18

274 Windiach

gehört nicht skr. nakba-s nagel, sondern anghri-8, ab- ri-s fufs zu den erwähnten Wörtern. Gestützt wird diese etymologie durch ksl. noga, altpr. nage (voc.) fufs, das man doch gewiss nicht von ksl. nogütif, altpr. nagutis nagel trennen darf.

Wir haben in den indogermanischen sprachen zwei wurzelformen nam verschiedenen Ursprungs zu unterschei- den, die bis jetzt vielfach zusammengeworfen worden sind. Die eine ist skr. nam, namati sich beugen. In dieser sind na die grundlaute der wurzel, wie das part. nata-s gebogen, und das subst. nati-s Senkung beweisen (vgl. w. tan, tanömi, part. tata-s, ravog, subst. rdaig). Die andere wurzel liegt vor in got. nima, nam nehme. In dieser sind am die grundlaute, wie lat. emo, lit. imü, ir. imim in ar-f6-im accipit Z^ 430, ar-fo-emat sn- munt 433, ma ar-fo-imam donj. si suscipiamus 441 be- weisen. Was die bedeutung des lat. emo anlangt, so pfle-» gen ja auch wir beim kaufe „ich nehme dies'^ und fthn- liche Wendungen zu gebrauchen. In bezug auf gr. vifÄOi nebst Zubehör vgl. Ciulius Grundz. uo. 431.

Auch die Wörter für insel im griechischen, lateinischen und den celtischen sprachen scheinen trotz ihrer verschie- denen gestalt doch unter einander zusammenzuhängen: ir. inis fem. i-stamm Z* 788, cymr. ynys, com. enys, arem. enes 834, lat. insula (mhd. insel e), dor. pdaogj ion. vf^aog, Ir. inis scheint auf anas-ti zurückzugehen, denn das im auslaut erhaltene s muss eine ursprüngliche doppelconsonanz vertreten; lat. insula verhält sich zu gr. väoog^ wie sich gr. o/ÄCpakog zu ahd. nah a verhält. Zu einer vermuthung über die hier zu gründe liegende Wurzel hilft uns das griechische. Denn väaog scheint zu- sammenzuhängen mit vaivü wohne, das für va(fia) steht, wie ivaöae^ kvdfSäYi^ vdaxYig bewohner (Hesych.) klar und deut- lich zeigt. Die Vorstellung, welche in dem namen der in- sei enthalten ist, schimmert vielleicht noch durch in stel- len wie II. II 626 vijfrioVf at vaiovct neQtjv äkog^ ^'HiuSog ävray Od. IX, 23 dfi(fl öe vijaoi nolkai vautdovch fidXa o^BÖov aXXfjXrjaiv. Diese in vaiio auftretende wurzel nas

berichtignngen und nachtrage. 275

(wohnen, sich befinden, sich niederlassen) würde nach un- serer ansieht auf gleicher stufe stehen mit der in got. nima enthaltenen wurzel nam: wie diese auf am, so dürfte jene auf ursprüngliches as zurückgehen, so dafs wir vielleicht skr. asta-m heimath als nächsten verwandten zu den Wörtern für insel anzusehen haben. Aehnliche be- deutungsverhältnisse liegen vor, wenn wir lit. salä insel mit den von Fick wörterb.^ 613 zusammengestellten Wör- tern zusammenbringen dürfen: ksl. selo fundus, solum, habitatio, lat. solum, ahd. sal haus, wohnung, got. sali - thvos pl. herberge, wohnung.

Ich gebe diese etymologie keineswegs für sicher aus, sondern nur als einen versuch diesen schwer erklärbaren Wörtern beizukommen. Denn die von Curtius grundz. no. 443 vertretene auffassung von v^aog ist nicht evident; urspr. vfjxiog hätte doch zu vT]aaog werden sollen. Nach meiner vermuthung würde v^aog die grundform näsa haben, deren einfaches s sich allerdings in auffallender weise er- halten hat; ich erinnere jedoch an i^aav^ namentlich aber an ß'Qaövg^ ß'qdaog.

Auch skr. na^, napjati verschwinden, näpajati ver- schwinden machen, vertreiben, zerstören, nä^a-s ver- schwinden, Untergang, lat. per-nicies, nex, necare, gr. vixvg^ vexgog wird hier noch genannt werden dürfen, wegen corn. ancou, ancow Z^ 107, arem. ancou 133, cymr. agheu, angheu 129, ir. ec (für anc-) mors. Doch fehlt hier der typus anap, anak und ist auch eine Wur- zel ap, ak in verwandter bedeutung bis jetzt noch nicht nachgewiesen.

Auf die schöne reihe skr. abhra-m wölke, ambhas ( Wasser), nabhas (nebel, gewölk), wozu noch gr. ofißgog^ lat. imber, gr. vitjpog^ lat. nübes, nebula, ahd. nebul, ir. n^l gehören, ist schon in der anm. zu s. 422 von Seiten der redaction aufmerksam gemacht. Im Pet. wörterb. unter abhra wird bereits für diese Wörter eine wurzel „abh = nabh^ erschlossen. W. nabh liegt im sanskrit vor in der bedeutung bersten. Hiermit würde sich sehr wohl die von uns s. 422 erschlossene wurzel abh schwellen vereini-

18*

27G Windiach, berichtignngen und nachtrage.

gen lassen, so dafs die Wörter für nabel and ftür gewölk ira gründe gleichen Ursprung haben würden.

Schliefslicb verweise ich noch auf die von Fick wörterb.^ s. 339 aufgestellte wurzel adh, unter .welcher er lat. ödi und ahd. anadün ahnden, anado kränkung, alts. ando vereinigt.

S. 426 habe ich tairmescc, durch die Übersetzung immixtio Z ^ 880 bestimmt, zu com-mescatar miscentur gestellt. Mr. Stokes theilt mir mit, dafs tairmescc pro- hibitio bedeute und zu aith-esc admonitio Z' 869 ge- höre, w. sec (lat. in-sece) vgl. Curtius grundz. no. 632.

S. 430 ist die bemerkung über ir. ad-gaur convenio zu streichen. Die erklärung dieser form durch duttlacbur Z^ 1024, das doch gewiss mit at- luchur gratiite ago ^ ^ 438 zusammenhängt, macht es auch mir wahrscheinlich, dafs das lat. convenio an der betreffenden stelle des Pris- cian von dem irischen glossator im sinne von angehen, an- reden verstanden worden ist. Dann gehört aber adgaur zu w. gar rufen, welche z. b. in for-con-gur praecipio Z* 428 etc. enthalten ist.

S. 432 ist von mir sraumi als Stammform von ir.

sruaim angesetzt worden. Mr. Stokes weist mir aber den

dat. plur. sruamannaib nach (Three Ir. Gloss. p. 117

s. V. sruaim), sruaim ist daher aufzufassen wie ainm

nomen Z^ 268 und hat "srauman als ursprünglichen

stamm.

Ernst Windisch.

Avistr und *navistr.

Von diesen beiden gotischen Wörtern erscheint das erste (neutr.) selbständig, gr. avkt] lat. ovile übersetzend, das thema navistra- (grab) hingegen ist nur aus dem abgeleiteten verbum ga-navistron &dnTeiVj sepelire zu erschlielsen. Auf den ersten blick scheinen beide bildun- gen der von hulistra- n. xäkvfAfAa^ velamen conform zu sein, und in der that macht Leo Meyer (Grot. Spr.

Bezzenberger, avistr und navistr. 277

§396, 8.513) den versach, die drei Wörter auf dieselbe weise zu erklftren; er bemerkt dort: „Das suf&z is steckt in den suffixgestalten iska, izja, izla, izva und istra^ und führt f&r diese letztere neben hulistra- auch avis- tra-, ^neben dem die zu gründe liegenden altind. avi- = gr. o<- = lat. ovi- allerdings auch schon suffixales i zeigen^, und ^navistra- an, „das an navi- der todte sich an- schliefst^ in dem auch schon suffixales i enthalten ist^. Er sondert jedoch § 103, s. 99, wo er in den drei Wör- tern das Suffix tra sucht, dieselben hinsichtlich der be- deutung, da hulistra- ein mittel oder Werkzeug, avistra- und ^navistra- einen aufenthaltsort bezeichnen. Indessen sind sie auch formell gewiss zu trennen; es ist nämlich nicht zu übersehen, dass, wie neben a vis tra- und *na- vistra- die themen avi- und navi-, so neben hulistra- das abgeleitete verbum hulj an liegt, und ich glaube kaum fehl zu gehen, wenn ich das inlautende i aus dem verba- len j erkläre, denn hulistra- ist offenbar nichts anderes, als hulid(a)-tra- „das verhüllt machende^, „die hülle^. Avistra- und ^navistra- haben demnach mit hu listra- auch formell gar nichts gemein. Die themen avi- und navi-, deren ersteres sich ausserdem im gotischen aller- dings nicht, wol aber in anderen deutschen dialecten fiodet (Fiek s. 698), machen es höchst unwahrscheinlich, dass jene ein suffixales is enthalten; bedenklich ist auch die trennung avi-s-tra- (Schleicher, compend. s. 434; wo im got. dem t ein s vorgeschlagen ist, kommen immer beson- dere lautliche momente in betracht, von denen sich hier keines findet), navi-s-tra-, sowie die behauptung, dass in, den beiden Wörtern mit dem tra die bedeutung des aufenthaltsortes verbunden sei. Die trennung avi-stra-, *navi-stra- ist die allein einleuchtende, aber die annähme eines secundären Suffixes stra mit jener bedeutung wieder sehr misslich. Form und bedeutcmg der beiden Wörter legen die ^ermuthung nahe, dass in ihnen composita vor- liegen, deren zweiter theil verstümmelt ist, und diese ver- mathung wird fast zur gewissheit, da sich derselbe sehr schön and passend im skr. und lat. findet. Ich meine

278 Bezzenberger, avigtr and navistr.

das skr. msc. stara ^lager, bett^ und das nach Corsseo ihm entsprechende lat. msc. toru-s mit gleicher bedeutnng. Die ursprüngliche bedeutung beider ist „streu**. *Navi- st(a)ra- ist demnach das „todtenlager^, „todtenbett^ = „grab^, vgl. ags. niobed, neobed sepulchrum; avi- 8t(a)ra- ist zunächst „schafstreu'*. Dass aus der bedeu- tung „streu** die „stall** hervorgehen kann, zeigt das mit stara- wurzelhaft verwandte lit. fem. straje (strajä) „streu**, „stall** und speciell „pferdestall**. Die einbuise des radicalen a in dem zweiten theile des compositams findet seine analogie inhvaprö neben hvapar (vgl. af- tar6); sie war lediglich eine folge der betonung und zeigt sich auch in dem avi-stra- entsprechenden ags. eo- vestre, evestre ovile (mit dem secundärsuffiz ja).

Zum schluss muss ich noch ein ahd. synonymon von avistra- berühren, da es eine von der meinigen ab- weichende erklärung dieses wertes zu begünstigen scheint. Ich meine das ahd. msc. ewist (auuist, ouuist und auuista) „schafstall, stall** (Graff I. ö05), von welchem avistra- durch sufdx ra abzuleiten man versucht sein möchte. Ohne diese ansieht direct widerlegen zu können, zweifle ich jedoch nicht, dass gerade dieses wort als ein analogen meine auffassung bestätigt, denn auch ewist ist gewiss ein compositum, und sein st ist ebenso zu erklären, wie das in an. naust „schuppen, worin die schiflPe und kähne aufbewahrt wurden**, „statio navalis**. Nau ist = gr. vai-g, ewi- = got. avi- und st(a) bezeichnet in beiden fällen die statiö, den aufenthaltsort, entspricht also genau skr. stha im m. n. goStha „Standort von kühen*^, „kuhstall**, dann allgemein „stall**. Ahd. ewit, ags. ooved „schafheerde** hingegen gehören zu got. avgpja-, wie auch ahd. euuida, ouuiti, obgleich sie caulae übersetzen. Das umgekehrte Verhältnis zeigt das fränkische sunni-sta, soni-sta (sta wie oben) „heerde von Schweinen** (Kern, die glossen in der lex salica 145). Dieses -sta und das in ahd. auuista mögen immerhin fem. sein.

Merseburg, 20. September 1873.

Adalbert Bezzenberger.

Leo Meyer, anzeige. 279

Untersuchungen über die gotischen adverbien und Partikeln von Ad al- bert Bezzenb erger. Halle 1878. 127 Seiten in octav.

Der erste theil der oben benannteo dem hm. prof. dr. Benfey gewidmeteD kleinen schrift, „die adverbien auf ö und ba'^, ist schon vor einiger zeit als Göttinger doctor- dissertation erschienen, nunm^r liegt das ganze vor, das die gotischen adverbien in ihrem vollen umfange behandelt, zunächst die schon erw&hnten auf ö und ba, dann der reihe nach die auf e, a, i, u, ei, ai und au, und darnach die auf consonanten auslautenden, die auf gutturale, auf dentale (auch n), auf labiale, auf liquida und endlich die auf s auslautenden. Liegt hier einmal nun schon ein an- erkennenswerther vorzug in der Vollständigkeit, die der Verfasser auf dem in angriff genommenen gebiete erstrebt hat, so darf andererseits auch die ausfQhrung selbst rüh- mend hervorgehoben werden. Es wird nicht nur die bil- dung der gotischen adverbien im allgemeinen gründlich erwogen, sondern jede einzelne form auch abgesehen von ihrem speciell adverbiellen wird etymologisch sorgf&ltig geprüft. Dabei geht der Verfasser namentlich ausführlich auf die ansichten seiner Vorgänger ein, er unterwirft zu- nächst diese einer vorsichtigen kritik, und giebt dann seine eigene ansieht. Mit grofser präcision werden die genau entsprechenden oder sonst erläuternden formen aus den verwandten sprachen herbeigeholt und dabei, was wir wie- der besonders hervorheben wollen, namentlich die litaui- schen und slavischen sprachen berücksichtigt. Wenn die letzteren von dem unterzeichneten in seiner eigenen gröfse- ren ai'beit übelr das Gotische vorläufig unberücksichtigt gelassen wurden, so geschah es, um des vortheils einer fQr das nächste wünschenswerthen sichern abgrenzung nicht zu entbehren, und nicht etwa was doch fQr einige noch ausdrücklich scheint bemerkt werden zu müssen in der anschauung, als ob gerade ihr genaueres Studium fiQr das Deutsche nicht von allerhöchster bedeutung wäre. Im Li- tauischen und namentlich in dem reichen slavischen gebiet ist für das Deutsche noch unendlich mehr zu gewinnen,

280 L«o Meyer

als zum beispiel Schleicher trotz seiner gerade nach dieser richtuDg so weit ausgedehnten Studien überhaupt zu erken- nen im Stande war.

Etymologische Untersuchungen haben allezeit ihre grofsen Schwierigkeiten und namentlich auf schon viel durchackertem gebiet viel neues ans licht zu bringen ^rd nie als eine leichte arbeit bezeichnet werden können, im- merhin aber bieten hrn. dr. Bezzenbergers untersuch ungen? wenn auch ihr hauptwerth in der wohlgeordneten Zusam- menstellung des Stoffes und der guten beurtheilung der äl- teren ansichten ruht, manches, das man als neu und zu- gleich werthvoll wird bezeichnen dürfen. Dahin rechne ich zum beispiel die Zusammenstellung des gotischen usdaudö „eifrig^ mit dem altindischen dhü „schütteln, rasch sich hin und her bewegen^, das in Verbindung mit ud- bedeu- tet „aufrütteln, aufschütteln, in bewegung versetzen, in auf- regung versetzen" und dessen intensiv (dödhaviti oder dödhüjäte) mit der bedeutung „sich heftig hin und her bewegen, stark schwingen, heftig hin und her bewegt wer- den" gebraucht wird. Manches andere freilich muss be- denken erregen. Im allgemeinen möchten wir bemerken, dafs der Verfasser sich viel mehr bemüht, vermeintlich stren- gen lautgesetzen möglichst gerecht zu werden, als der ent- Wicklung der bedeutungen, dem wirklichen beweise mancher construirten bedeutungsübergänge, die nöthige Sorgfalt zu- zuwenden.

Ein paar einzelheiten mögen noch hervorgehoben sein. Die erklärung der gotischen adverbia auf ö aus a-va und auch die des adverbiellen sufGxes ba aus altem va- ist keineswegs überzeugend. Wir bemerken in bezug auf das hier aufgestellte lautverhältniss von gotischem b zu altem V hier nur, dafs es mit eigennamen aus nichtgotischen quellen nicht gestützt werden kann, in bezug auf das ö aber, dafs die frappant ablativischen hva])rö „von wo" u. s. sich nicht erledigen lassen durch hinweis auf die Wur- zel tar „sich hinbewegen über, sich hinausbewegen über*, von der man ohne die gröfste künstlichkeit nimmermehr zu den adverbien, in deren ausgängen man sie hat finden

anzeige. 281

wollen, gelangen kann. Die deatang des adverbiellen aus ei (seite 61) ist durchaus unwahrscheinliob : so wQst und uDordentlicb ist der Wechsel zwischen und ei im Gotischen nicht, dals sich nicht im wesentlichen die bil- düngen auf diesen oder jenen laut auseinander halten liefsen. Als sehr bedenklich müssen wir die aus Fick entnom- mene Zusammenstellung (seite 71) des gotischen gridi- „schritt, stufe^ und des lateinischen gradi ,,schreiten^ mit dem altindischen gardh ,, verlangen % zu dem das gotische gredu- „hunger^ gehört, bezeichnen, das durchaus nie- mals „schreiten^ bedeutet oder bedeuten kann: die Peters- burger haben als erste bedeutung dazu „ausgreifend gege- ben, offenbar nur wegen der vermeintlichen Verwandtschaft mit grabh. Bei der Zusammenstellung des gotischen ga- „zusammen^ mit der partikel ha, gha (seite 7) wird natürlich die formelle möglichkeit jeder zugeben, ftkr den bedeutungszusammenhang aber fehlt jede spur eines bewei- ses. Von der unglücklichen Uppströmschen partikel na (seite 77) hätte gar keine rede mehr zu sein brauchen. Nach allem, was wir über die gotische bibelübersetzung und ihre grofse treue in der wiedergäbe des alten griechi- schen textes überhaupt wissen, liegt auf der band, dals wenn der Gote dem griechischen elg nokefiov ein du vigä (ende der zeile) na gegenüberstellt, wir kein recht haben hier eine sonst ganz und gar unerwiesene partikel zu suchen, und ebenso wenig grund ist, an einen „infinitiv^ zu denken, als ob der Gote für den einfachen begriff „kriegt kein wort sollte gehabt haben. Neben dem du kann man nur einen substantivischen dativ vermuthen, als der sich das vigana gar leicht bietet, da doch der strich über dem zeilenschliefsenden a sicher wohl nur auf die Zugehörigkeit des folgenden na hindeuten kann. Zu den besonders unwahrscheinlichen aufstellungen gehört uns das enklitische üb (seite 98) statt h (u-h), wonach also zum beispiel nih „und nicht^, das doch frappant mit dem la- teinischen neque und dem altindischen Ka überein- stimmt, aus ni-üh soll entstanden sein. Solchen unwahr- scheinlichkeiten gegenüber beschränkt sich, was wir an

283 Verzeichnis eingegangener Schriften.

wirklich beweisendem fQr ein gedehntes ü in jenem üh suchen, auf die wenigen worte ^das fehlen der brecbung ist jedoch gewiss nur durch langes u zu erklären^. Es wird dann weiter vermuthet, dafs ein altes anka zu groode liege. Dafs für af wegen des zusammengesetzten ab-u (Johannes 18, 34) ab die organische form sein soU, ist uns eine unverständliche bemerkung; man wird eben so wenig lös 6b im dativ lös^ba (Johanneserklärung 39, a) die or- ganische form fbr lösef nennen dürfen. Doch wir brechen hier ah, damit es nicht den anschein gewinnt, als wollten wir auf die einzelnen beispielsweise angefahrten ausstel- lungen grofses gewicht legen im Verhältnis zu der aner- kennung, die wir dem ganzen zollen. Die arbeit gehört unter den monographien Ober die gotische spräche zu den hervorragenderen.

Dorpat, den 11. Januar 1873 (30. decbr. 1872).

Leo Meyer.

Verzeichnis eingegangener Schriften.

The Academy. A Record of Literature, Learning, Science

and Art. No. 69—86. (April 1, 1873 December 15,

1873). 'P(^. Beitrag zur griechischen Etymologie und Lexikogra- phie. Von H. L. Ahrens. i9ss. 4. (Jahresbericht des Lyceums L zu Hannover über das Schuljahr 1873/73. Hannover 1873). De nominibus lo sufBxi ope formatis. Dissertatio inaugura*

lis quam . .. scripsit G. F. Aly. Berolini MDCCCLXXni.

IV und 44 SS. 8. (Leipziger dissertation). Die deutschen Satznamen. Von Friedrich Becker. 29 ss. 4.

(Im „Bericht der Gewerbeschule zu Basel 1872—73*). Sprachliche Studien von Dr. Friedr. W. Bergmann. Dritte,

vierte, fQnfte Serie. Strafsburg 1872. 16. 28. 24 88. 8. Untersuchungen über die gotischen adverbien und Par- tikeln von Adalbert Bezzenberger, Dr. phil. Halle

1873. 127 SS. 8.

Verzeichnis eingegangener Schriften. 283

Beiträge zur geschichte der deutschen spräche und lite- ratur herausgegeben von Hermann Paul und Wilhelm Braune. Erster band. Erstes heft. Halle 1873. [Enthält u. a. : W. Braune, zur kenntnis des fränkischen und zur hochdeutschen lautyerschiebung. H. Paul, zur laut- verschiebung].

Romanische Studien herausgegeben von Eduard Böhmer. Heft III. Romanische Texte: Engadinisch, Greierzisch, Altfranzösisch. Strafsburg 1873. ss. 309—440. 8.

Griechische Schulgrammatik von Dr. Georg Curtius. Zehnte, unter Mitwirkung von Dr. Bernhard Gerth erweiterte und verbesserte Auflage. Prag 1873. XII u. 392 ss. 8.

Das Verbum der griechischen Sprache seinem Baue nach dargestellt von Georg Curtius. Erster Band. Leipzig 1873. X und 392 ss. 8.

Grnndzöge der griechischen Etymologie von Georg Curtius Vierte durch Vergleichungen aus den keltischen Sprachen von Ernst Windisch erweiterte Auflage. Leipzig 1873. XV und 836 SS. 8.

Zur Chronologie der indogermanischen Sprachforschung von Georg Curtius. Zweite hie und da erweiterte Ausgabe. Leipzig 1873. 83 ss. gr. 8.

Studien zur griechischen und lateinischen Grammatik her- ausgegeben von Georg Curtius. Sechster Band. Erstes und zweites heft. Leipzig 1873. 433 ss. 8.

Facere und Fieri in ihrer Composition mit andern Verbis, von W. Deecke Dr. (Abdruck aus dem Programm des Kaiserlichen Lyceums zu Strafsburg. Herbst 1873). Strafsburg 1873. 47 ss. 8.

On Nnmerals as Signs of Primeval Dnity among Man- kind. By Robert EUis. London 1873. III und 94 sb. 8.

Die ehemalige Spracheinheit der Indogermanen Europas. Eine sprachgeschichtliche Untersuchung von August Fick. Göttingen 1873. VIII und 432 ss. 8.

Die Sprache als Kunst von Gustav Gerber. Zweiter Band I.Hälfte. Bromberg 1873. 2 bl. und 245 ss. 8.

Essays Philological and Critical selected from the Paper« of James Hadley, LL. D. New York 1873. VII und

284 Verzeichnis eingegangener Schriften.

424 8s. [Enthält u. a. : I. The Jonian Migration. II. The Root prach in the Greek Langaage. III. The Greek Genitive as an Ablative Gase. IV. Od Bekker^s Di- gammated Text of Homer. V. On Ancient Greek Rhythm and Metre. VI. On the Nature and Tbeory of the Greek Accent. VII. On the Byzantine Greek Pronunciation of the Tenth Century, as illustrated by a Manuscript in the Bodleian Library. VIII. Rofs on Italicans and Greeks. IX. On Indo-Earopean As- pirate Mutes. X. On the Formation of Indo-Eoropean Fatures. XI. On Passive Formations. XII. Remarks on the Uses of the Latin Subjunctive. Xm. On the Origin of the English Possessive Gase. XIV. EUis^a Early English Pronunciation. XV. On English Vowel Quantity in the Thirteenth Gentury and in the Nine- teenth. XVII. The Number Seven. XVIII, 3. Is a Reform Desirable in the Method of Writing the Eng- lish Language?J. In Memoriam. A Discoiurse deli- vered November 18, 1872, at the Funeral Services of Professor James Hadley, LL. D., of Yale Gollege. By Pres't Noah Porter, D. D. [Reprinted firom the New Englander for January, 1873,] New Haven 1872. 30 SS. 8.

Kulturpflanzen und Hausthiere in ihrem Uebergang aos Asien nach Griechenland und Italien u. s. w. Historisch'- linguistische Skizzen von Victor Hehn. Zweite umge- arbeitete Auflage. I.Lieferung. Berlin 1874. 6488. 8.

Ueber die wurzel LU im Germanischen, von W. L. van Helten. Rotterdam u. Leipzig 1873. III und 5588. 8.

Das 1 der indogermanischen Sprachen gehört der indoger- manischen Grundsprache an. Eine sprachgeschichtliche Untersuchung von Wilhelm Heymann. Göttingen 1873. 768S. 8.

Be6vulf. Mit ausf&hrlichem Glossar herausgegeben von Moritz Heyne. Dritte Auflage. Paderborn 1873. VII und 276 ss. 8.

Kleine altsächsische und altniederfiränkische Grammatik von Moritz Heyne. Paderborn 1873. V und 12088. 8.

Veneichnis eingegangener Schriften. 285

Kleines Wörterbuch der Lateinischen Etymologie mit be- sonderer BerQckäichtigung des Griechischen und Deut- schen von Valentin Hintner. Brixen 1873. VIII und 264 SS. 8.

Revue de Lingnistique et de Philologie comparee. Recueil trimestriel publie par M. Abel Hovelacque etc. Tome cinqui^me, Ill^me et IV^m« Fascicule. Paris 1873. [Ent- hält u. a. : ämile Picot. Documents pour servir ä Te- tude -des dialectes roumains. H. Chavee. Les huit GHR de Taryaque. Girard de Rialle. La d^esse myst^rieuse des bois dans le Rig-Veda. Joannon. £tude sur Torigine des mots xwcpog^ caecus et de quel- ques autres exprimant la c^cit^].

Dass. Tome Sixieme, ler et Il^me Fascicule. Paris 1873. [Enthält u. a.: E. Picot. Documents pour servir k Tetude des dialectes roumains. Ab. Hovelacque. Les racines vabh, vap et TAllemand weben. ^ AUemand geben].

Geschichte des Infinitivs im Indogermanischen von Dr. Julius JoUy. München 1873. XV und 288 ss.

Gedanken über die Entwickelung der Conjugation. Von Dr Arthur Kerber. Erstes Heft: Einleitung. Das Prae- sens. (Abdruck und Fortsetzung des Osterprogramms der höheren Bürgerschule zu Rathenow.) Rathenow 1873. IV und 45 ss. 4.

De digammo homerico quaestiones. I. Scripsit Olaus Vi- lefmus Knös. Upsala Universitets Arsskrift 1872. Phi- losoph!, Spräkvetenskap och Historiska Vetenskaper. V. üpsaliae MDCCCLXXH. 48 ss. 8. De digammo homerico quaestiones. Partis posterioris capita qua- tuor. Scripsit Vilelmus Knös, Phil. Dr. Üpsaliae MDCCCLXXIIL s. 49—227. 8.

Untersuchungen über den' ausfall des relativpronomens in den germanischen sprachen. Ein beitrag zur syntax des zusammengesetzten satzes von Dr. Eugen Kölbing. Strafsburg 1872. 55 ss. 8.

Programm des Collegiums zu Saargemünd von dem Schul- jahre 1872 73. Zweiter Theil. Ueber neuhochdeut-

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8che und antike Verskunst von J. F. Kräuter. Saar- gemOnd 1873. 28 ss. 8.

Der homerische Gebrauch der Partikel El von Ludwig Lange. 11. EI KEN (AN) mit dem Optativ und El ohne Verbum finitum. Des VI. Bandes der Abhand- lungen der philologisch-historischen Classe der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften No. V. Leipzig 1873.

Mittelhochdeutsches handwörterbuch von Dr. Matthias Lexer. Neunte lieferung. (Zweiten bandes zweite lieferung.) Leipzig 1874. sp. 321—640. 8.

M^moires de la Societe de Linguistique de Paris. Tome Second 3^me Pascicule. Paris 1873. s. 177—240. 8.

Melanges Philologiques par Wilhelm Neumann. I. Pro- nonciation du C latin. Paris 1873. @0 ss. 8.

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Wurzelwörter-Buch der Indogermanischen Sprachen von Aug. Friedr. Pott. Vierter Band. Wurzeln auf stumme Consonanten. Nämlich: Wurzeln auf Cerebrale und Dentale. Fünfter Band. Wurzeln auf labiale Mutae. Detmold 1873. 932. LXXIX und 43488. 8-

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Revae de Linguistique et de Philologie compar^e. Recaeil trimestriel publie par M. Abel Hovelacque etc. Tome Sixiöme, Ulöme Fascicule. Paris 1874. [Enthält u. a. : E. Picot. De deux publications r^centes relatives aux dialectes de l'Italie septentrionale].

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Mittelniederdeutsches Wörterbuch von Dr. Karl Schiller und Dr. August LQbben. Viertes Heft bone deverie. Bremen 1873.

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Berlin, den 27. xnärz 1874. E. K.

CorsBen oskisohe inschriften. 289

Oskische inschriften.

1. Oskische wohnungsanzeiger zu Pompeji.

Als oskische wohnungsanzeiger oder Wegweiser zu den Wohnungen von Pompejanern, die auf die pfeiler von häusern belebter stra&en aufgeschrieben waren und die stelle unserer maueranschläge oder adresskalender vertra- ten, sind bereits zwei inschriften von Pompeji er- klärt worden. Die eine derselben befindet sich in der Via consolare an der frontseite der Casa di Sallustio oder d'At- teone, roth aufgemalt auf den nackten tuf des zweiten pfeilers, wenn man von der gräberstrafse kommt (Fiorelli, Monum. epigr. Pomp. t. VI. n. 1. Leps. Inscr. Umbr. et Ose. t. XXII, n. 2. Momms. Unterit. Dial. t. XI, 29, a. Fabrett, C. I. Ital. t. LI, n. 2795), und lautet mit der er- gänzung eines abgekürzt geschriebenen wertes und mit der Übersetzung:

a. Eksuk amvianud eituns anter tiurri Hoc ambitu eunt inter turrim

Xn ini ver(u) Sarinu , puf

duodecimam et portam Sarinam , ubi

faamat Mr. Aadiriis V.

habitat Mara Adirius Vibii filius.

Die andere mit dieser gleichlautende und nur in der Schreibweise von ihr etwas abweichende inschrift befindet sich in der Strada delle Terme an der frontseite der Casa di Pansa, ebenfalls roth aufgemalt auf dem nackten tuf des zweiten pfeilers rechts (Fiorelli, a. o. t. VI, n. 2. Leps. a. o. t. XXII, n. 4. Momms. a. o. t. XI, 29, b. Fabrett. a. o. n. 2796), und lautet mit der ergänzung eines abgekürzt geschriebenen wertes und mit der Übersetzung:

b. Eksuk amvianud eit(uns) anter tiurri Hoc ambitu eunt inter turrim

XII ini veru Sarinu , puf

duodecimam et portam Sarinam , ubi

faamat Mr. Aadiriis V.

habitat Mara Adirius Vibii filius.

Zeitschr. f. vgl. spracbf. XXII. 4. 19

290

Cflt—i

Jedes wort dieser beiden inschriften ist wiederholt und eingehend erklärt worden (Momms. Unterit. Dial. s. 185. vgl. Glossar, s. 244 f. Bugge, Z. II, 385 f. HI, 423. Verf. Z. V, 129 £. XIII, 259 f. Ausspr. H 1077 f. Wort- Terz. OsIl Enderis, Formenl. d. Osk. Spr. s. 15, 1. Gloss. 8. 21 f.); ich habe daher nor wenige bemerkimg»! zu diesen erklärongen hinzuzuf&gen. Ich habe firQher osk. yer-a. ombr. ver-a- thor nach dem vorgange von Aof- recbt (TTmbr. Spr. I, 87) abgeleitet von skr. dvära-m und das ist ja lautlich an sich vollkommen gerechtfertigt (vgl. Enderis, a. o. s. 31). Dagegen ist kürzlich eingewandt worden« dafs dem skr. dvära-m, ursprünglich ^dhvär-am, im lateinischen for-is, for-es, for-u-m entspreche, dals es mithin nicht wahrscheinlich sei, daTs der ursprQogliche anlaut dhv- dieser Wörter neben der lateinischen gestalt f- im oskischen und umbrischen die form v- erhalten habe (Bugge, Z. XIX^ 436). Ich muss diesem einwand am so mehr gewicht beilegen, als eine ursprünglich mit dh- an- lautende Wurzel diesen ihren anlaut sonst niemals auf dem gebiete der italischen sprachen zu f und zugleich zu d ge- staltet hat (Verf. Erit Beitr. s. 184. Ausspr. I, 143, 144? 424, anm. II, 1013K und stimme daher jetzt der ansiebt von S. Bugge bei, dafs osk. ver-u, umbr. ver-u- mit lit. ver-iü, ver-ti öffoen, schliefsen, ksl. vrg-ti schliefsen von WZ. var- decken, bergen, schützen, abhalten stammen. Von dieser wurzel stammt ja auch das lateinische wort val-va thOrflügel als «deckender^ (Verf. Erit Beitr. s. 321, 3S5. Ausspr. I, 459), eigentlich ein mit dem suffix -vfi gebildetes adjectivum, das mit osk. ver-u, umbr. ver-o- von demselben gnindstamme var-ä- ausgegangen iat.

Das verbum faa-m-a-t hat zuerst Aufrecht, da der sinn habitat f&r dasselbe durch den Zusammenhang, in dem es vorkommt, geboten schien, mit skr. dhfi-man Wohnung in Verbindung gebracht ; aber er hat das nur in form einer vermnthung ausgesprochen (Umbr. Sprd. I, 76), und auch Mommsen hat diesen erklämngsversucb nicht als unzweifelhaft hingestellt (a. o. s. 185, 308). Anf gnmd desselben ist dann ein oskisches wort faa-ma- haos in

oskische Inschriften. 291

die etymologischen Wörterbücher aufgenommen, zuerst auch noch mit einer andeutung des zweifeis (Curt. Gr. Et. n. 309, 2 A.), in neuester zeit aber mit einer von keinem zweifei mehr getrübten zuversiebt und ohne jegliche beachtung der gegen jenen erklärungsversuch inzwischen dargelegten gründe (Fick, vergl. Wb. s. 101). Auf dieses angebliche oskische faa-ma- haus hin sind dann nicht blos fa-mn- lus fa-mi-1-ia, osk. fa-me-1 u. a. von der würzet dha- setzen abgeleitet, sondern es ist seitdem auch überhaupt eine wurzel fa- „setzen, legen^ in die italischen sprachen eingeführt worden für solche Wörter, deren bedeutung im Sprachgebrauch mit „setzen, legen^ gar nichts gemein hat, und, um das glaublich zu machen, ist die in denselben wirklich vorhandene wurzel de- ^setzen, legen" fttr die Wurzel da- „geben" erklärt worden. Ich habe diesem be- ginnen folgende thatsachen entgegengestellt: 1) dafs eine wurzel fa- oder fa-c- mit der bedeutung „setzen, legen" auf dem ganzen gebiete der italischen sprachen nicht vor- handen ist, 2) dafs „eine wurzel de- mit der bedeutung „setzen, legen" thatsächlich vorhanden ist in ab-de-re, con-de-r*e, abs-con-de-re, in-de-re, sub-de-re^ cre-de-re, die in form und bedeutung der lettoslavischen wurzel de „setzen, legen", der griechischen i^s- und der sanskritischen dba- entspricht, 3) dais ein und dieselbe ursprünglich mit dh anlautende wurzel diese media-aspi- rata im italischen niemals zu f und daneben zugleich auch zu d gestaltet hat (Verf. Krit. Beitr. s. 184. Ausspr. I, 143, 144, 424, anm. II, 410, 1013). Die richtigkeit dieser thatsachen denke ich in nicht ferner zeit durch wei- tere sprachliche beweismittel zu erhärteu, die mir bisher fQr dieselben noch nicht zur Verfügung standen.

Ich selber habe mich durch die unbegründete annähme eines oskischen wertes faa-mo-, das haus bedeute, zu ei- ner irrigen etymologie der Wörter fa-mu-lu-s, fa-mi- 1-ia, umbr. fa-me-r-ia-s verleiten lassen (Krit. Beitr. 8. 184 f. Ausspr. I, 142 f.), habe dieselbe aber bereits be- richtigt (a. o. I, 800).

Es ist überhaupt eine falsche methode dem worte ei-

19*

293 Consen

Der oskischen inschrift, die man erst erkl&ren soll, eine zweifelhafte etjmologie unterzulegen, und auf diese dann mit der mieoe, als wäre sie eine erwiesene thatsache, ety- mologien einer ganzen anzabi lateinischer Wörter zu baoeo, die zu deren thatsächlich vorliegender Bedeutung im Wi- derspruch stehen. Man hat also erst die bedeutung und abstammung des lateinischen Wortes fa-mi-1-ia festzustel- len und hiernach die erklärung des oskischen wertes faa- m-a-t zu begründen. Der römische Jurist Ulpianus sagt, Dig. L. 16, 195: Familiae appellatio varie accepta est; nam et in res et in personas deducitur. Von Sachen wird fa-mi-1-ia gesagt in den gesetzen der zwölf tafeln, Scholl leg. duod. tab. V, 4, p. 128: Si intestato moritur, cui suus heres nee escit, adgnatus proximus familiam babeto; a. o. V, 5, p. Iö9: Si adgnatus nee escit, gen- tiles familiam habento. Diese sachliche bedeutung Ton familia wird durch xkfjQovouia in das griechische Qbersetzt (Scholl, a. o. p. 129, not.), das ist also hinter- lassenes eigenthum^ vererbter besitz, erbe, erbschaft. In diesem alterthämlichen sinne kennen das wort auch Cicero (Or. I, 56) und Gellius (I, 9, 12, H). Da der römische Sklave nicht persona, sondern res ist, so bezeichnet fa- mi-l-ia auch die gesammtheit der sklaven eines hauses, die dienerschaft, als einen theil des gesammten erblichen besitzes, zum beispiel Cato, R. R. 5: Villicus fami- liam exerceat, consideret, quae dominus, imperaverit, fient (vgl. Weise, lex. Plaut, p. 48. Colum. XI, 1). Von personen gebraucht, bezeichnet familia im genauen Sprach- gebrauch die unter einer eheherrlichen und väterlichen ge- walt stehende genossenschaft von blutsverwandten eines hauses und heerdes, und ist in dieser bedeutung in die neueren sprachen übergegangen. In ungenauerer ausdrucks- weise findet sich aber familia auch an der stelle von gens gebraucht (Th. Mommsen, De colleg. et sodalic. Romanor. p. 8 f. 13 f.) oder auch in dem sinne von gemeinscbaft der geschlechtsgenossen nebst Schutzbefohlenen, freigelassenen nnd sklaven, Caes. B. G. I, 4 : Orgetorix ad iudicium om- Dem suam familiam, ad hominum millia decem ud-

oskiflche insehrlften. 293

dique coegit. Die bedeutung ^eigenthnm, erbe^, wie lat. fa-mi-l-ia in den gesetzen der zwölf tafeln, hat das ent- sprechende oskische wort fa-me-l;-o in folgendem satze des oskischen gesetzes von Bantia, Eirchh. Stadtr. v. Bant. 8. 80, §4, 22: In amiricatud allo famelo pae eizeis fust, pae incensto fust, toutico estud, das ist: Et non mercäto (sine eraptione) alia familia quae illius fuerit, quae non censa fuerit, publica esto. Wie lat. fa-mi-1-ia dienerschaft, fa-mu-Iu-s diener, so bedeutet osk. fa-me*l den diener als Sache oder eigen- thum des gewalthabers. Es kann also nicht zweifelhaft, sein, dafs in lat. fa-mi-l-ia, osk. fa-me-lo ,,eigenthnm, erbe^ die grundbedeutung ist. Dafs aber im lateinischen fa-mi-1-ia schon in alter zeit auch zu dem sinne gemein- schaft der angehörigen eines pater und patronus ge- langt ist, muss man daraus schliefsen, dafs das umbrische wort fa-me-r-ia- in der Verbindung t, Iguv. 11, b, 1: famerias romperias, das ist: familiae Pompiliae (AK. Umbr. Sprd. II, 337) denselben sinn hat wie lat. fa-mi-1-ia, wo es in ungenauer ausdrucksweise fQrgens steht. Also das italische wort fa-me-1-ia-, von dem lat. fa-mi-I-ia, osk. fa-me-1-o, umbr. fame-r-ia ausgegan- gen sind, hat die grulidbedeutung „eigenthum, erbe% und in allen bedeutungen dieser Wörter ist keine spur eines grundwortes fa-ma- mit dem sinne „gebäude, haus^ wahr- nehmbar. Wenn sich nun verschiedene wurzeln darbieten, zu denen dieses wort nach italischen lautgesetzen gestellt werden könnte, so mufs man doch derjenigen den Vorzug geben, welche mit fa-me-1-ia- eine ausgeprägte Verwandt- schaft der bedeutung zeigt. Neben fa-mi-1-ia, osk. fa- me-lo, umbr. fa-me-r-ia-s von der grundform fa-me- 1-ia- „eigenthum, erbe^ stehen skr. bhäg^a-s anthei), zugeechiedenes „eigenthum^, bhäg-a-har-a-s einen an- theil erhaltend, „erbend" (Boehtl. u. R. Sanskrwb. V, 235. 238), bhag-a-s Wohlstand (a. o. V, 170), bhag-a-s brot- herr, schutzherr (a. o. V, 169), lit. -bag-a-s, bag-6- ta-s, ksl. bog-a-tü „reich begütert ** von der wurzel bhag- zutheilen, verleihen, als theil erhalten, theilhaftig

994 Oonsen

werden, zu geniefsen haben (Boehtl. u. R. a. o. V, 178). Da also das italische fa-me-I-ia- „eigenthum, erbe^ and das sanskritische bhäg-a- ^eigenthum, erbe^ in der be» deutUDg sich vollständig decken, so habe ich jenes wort von derselben wurzel hergeleitet wie dieses (Verf. Ausspr. I, 800); lat. fa-mu-lu-s, fa-mi-1-ia haben das g der Wurzel bhag- vor m eingebüfst wie ex-a-men, con-ta- min-a-re u. a. (a. o. I, 84); und da das oskiscbe ond umbrische g vor i (j) in denselben fällen schwinden lassen wie das lateinische (a. o. 90), so ist die folgerung gerecht- fertigt, dafs in osk. fa-me-1, fa-me-l-o^ umbr. fa-me- r-ia-s g vor m geschwunden ist wie in lat. fa-mi-1-ia. Dann ist also von wz. bhag- ein nomen bhag-mä- oder bhag-mä- „antheil, eigenthum, erbie^ gebildet, das italisch zu fa-mo- oder fa-ma- ward, von diesem fa-mniu-s osk« fa-me-1 „zum eigenthum gehörig, sklave, diener^ und vom stamme fa-mu-lo- weiter fa-me-1 -ia „gesammtheit des zum eigenthum, erbe, gehörigen^, daher „eigenthum, erbe^- Von dem italischen nominalstamme fa-mo- oder fa-mä- „eigenthum^ ist im oskischen der denomnaitive ver- balstamm fa-m-ä- gebildet mit der bedeutung „eigen tb am haben, hauswesen haben, ansässig sein^. Daher ist die Übersetzung h abitat für faa-m-a-t in dem Zusammen- hang der beiden vorstehenden inschriften vollkommen ge- rechtfertigt (vgl. Enderis, Lautl. d. Osk. Spr. Gloss. s. 55), zumal auch in lateinischen wohnungsanzeigem von Pom- peji, zum theil scherzhafter art, sich die worte: hie ha- bitat wiederholen (C. I. Lat. IV, 1435. 1454. 2331. 2421). Das eigenthum des Mr. Aadiriis, von dem die beiden pfeilerinschriften sprechen, muss irgend ein gesohäftslokal gewesen sein, das bewohner von Pompeji aufzusuchen ver- anlassung hatten, dessen läge öffentlich bekannt zu machen im interesse des eigenthümers lag. Dasselbe befand sioh nach dem Wortlaut der beiden wohnungsanzeiger: anter tiurri XII ini veru Sarinu. In der alten Stadtmauer von Pompeji haben sich eine ganze reihe viereckiger ur- sprünglich drei Stockwerke hoher thürme gefunden, die aus einer etwas späteren zeit herrühren als die mauer selbai, in sehr verschiedenen abständen von einander. Diese maner-

Mkisohe inschriften. 395

thürme müssen nnmerirt gewesen sein, und der zwölfte der- selben ist in den Wohnungsanzeigern tiurrlXII genannt. Das veru Sarinu genannte thor neben dem zwölften mauerthurm hat jedenfalls von dem flusse Sarnus den na- men, der im osten und sOden von Pompeji vorbeifliefst, und die nach Nocera fahrende landstrafse durchschneidet, ist also entweder das jetzt Porta del Sarno genannte thor im südlichen theile der ostseite der Stadtmauer oder die Porta di Nocera im östlichen theile der Südseite derselben. Neuerdings ausgegrabene Wandgemälde von Pom- peji zeigen die gestalt des flussgottes Sarnus, das haupt mit binsen oder röhr bekränzt, mit einem becher oder ei- ner schale in der band, aus welcher der fluss hervorströmt (Heibig, Wandgem. v.Camp. s. 21, n. 65. G. de Petra, Gior- nale degli scavi di Pompei 1871, p. 135 f. G. Fiorelli, Scavi di Pompei dal 1861 al 1872. Napoli 1873, p. 109). Der os- kische name dieses flussgottes lautete also im acc. sing. Sarinu, im nom. sing. *Sarin-s nach analogie von Ban- tin-s (Verf. Ausspr. I, 455, 535. II, 51, 605. 2 A.). Das eigenthum und geschäftslokal des M. Aadiriis lag demnach jedenfalls in dem südöstlichen Stadtviertel von Pompeji un- weit des amphitheaters, von dem aufser diesem und der Stadtmauer noch wenig oder nichts aufgegraben worden ist. Ein ähnlicher Wohnungsanzeiger ist eine sehr verstümmelte inschrift der Casa del Fauno, roth aufgemalt auf den tuf des westlichen eckpfeilers am Vicolo di Mer- curio, von der ich R. Schöne eine sorgfältige Zeichnung verdanke. Ich gebe zunächst das facsimile der inschrift nach der Zeichnung von Schöne:

Die erhaltenen schriftzeichen derselben bedeuten also:

...u.a u..

X ini XI, pnf

. . . . a . T . Fisanis O.

Ich ergänze und übersetze diese inschrift nach den beiden besprochenen wohnungsanzeigern folgendermafsen:

396 Conten

c. [Ek8]a[k] a[myiaDad eit]n[D8]

Hoc an^bitu eunt

[anter tiurri] X in! XI , puf

interturrim decimam et undecimam, abi [faam]a[t] T. Fisanis O.

habitat Titus Fisanius Oppii filias. Nur die namen dieses wohnungsanzeigers bedQrfen noch einiger worte zur erklärung. Die sigle T. fQr den Vornamen Titus findet sich auch auf dem samnitischen tempelfries von Pietrabbondante (Verf. Z. XI, 329 f.)- Fis- an-i-s ist nom. sing. masc. des familiennamens von der- selben form wie Heirenis^ Niumsis, Stenis, Ohta- vis, Asis, Bivellis, Viibis, Kalinis, Pakis u. a. (Verf. Z. V, 89. XI, 338 f. 401 f. XVIH, 254, 257), und desselben Stammes wie die lateinischen namen auf oski- schem Sprachgebiet Fisius, Fistius, Fiscenins, wohl auch Firidia, Firulenus (Mom. I. R. Neap. Ind. nom.). O. ist die sigle des Vornamens Oppiis = lat. Oppins, der auf der bleiplatte von Capua vorkommt (Verf. Z. XI, 338, 340). In dem vorstehenden wohnungsanzeiger ist eine stelle zwischen dem zehnten und elften thurm der Stadt- mauer von Pompeji als wohnstätte und geschäftslokal des T. Fisanis angegeben. Diese war also dem strafsentheil zwischen dem zwölften mauerthurm und dem Samusthor benachbart, wo Mr. Aadiriis wohnte. Man muss daraus schliefsen, dals an der innenseite der Stadtmauer von Pom- peji in dem oskisch-samnitischen Zeitalter, das man als das zweite in der geschichte dieser Stadt anzunehmen pflegt (G. Fiorelli, Gli scavi di Pompei dal 1861 al 1872. Intro- duz. p. VI— XI. Appendice, p. 10 f), und aller Wahrschein- lichkeit nach auch noch in der römischen zeit bis zur ver- schüttuDg der Stadt, eine strafse hinlief, an der eine front von häusern der mauer und den thürmen gegenüberstand. Die drei behandelten wohnungsanzeiger bestimmen die läge solcher häuser nach den nummern der thürme an der ge- genüberliegenden strafsenseite. Diese nummern müssen also an den thürmen so angeschrieben gestanden haben, dafs sie jedermann sehen konnte, etwa wie die nummero Über

oskische inschriften. 297

den portalen des Colosseums zu Rom. Aebnlicbe maoer- strafsen waren das „pomoerium^ der Stadt Rom, die „mauer- strafse^ und die ^jwallstrafse^ von Berlin und von anderen Städten. Das südöstliche Stadtviertel von Pompeji, wo das Samusthor, der zwölfte, elfte und zehnte mauerthurm und die häuser des Mr. Aadiriis und T. Fisanis sich befanden, liegt weit ab von dem hauptviertel der Stadt am westende mit dem forum, den tempeln des Juppiter, des Mercurius, der Venus und anderen öffentlichen gebäuden, wo einst in der nähe des seestrandes der hauptverkehr eich zusammen- drängte. Es ist also begreiflich, dafs geschäftsleute irgend welcher art, wie Mr. Aadiriis und T. Fisanis ihre ent- legenen geschäftislokale, laden, Werkstätten oder wirths- häuser durch wandinschriften in belebten stadttheilen be- kannt machten, wie ähnliches heutzutage tausendfach durch maueranschläge, fliegende blätter, zeitungen und adress- kalender geschieht. So haben sich ja auch Schilder an den häusern von Pompeji gefunden, auf denen die bewohner durch sinnbildiiche darstellungen auf ihr geschäft oder ih- ren beruf aufmerksam machen. Die ausgrabungen der letz- ten zwölf jähre in Pompeji haben wieder eine grofse menge von Werkstätten, laden, waarenniederlagen, gasthäusern, Weinschenken und liederlichen häusern aufgedeckt, deren besitzer, um geschäfte zu machen, ihre lokale und wohn- stätten zur kenntnis der kauflustigen und lebenslustigen Pompejaner bringen mussten (6. Fiorelli, Gli scavi di Pom- pei dal 1861 al 1872. p. 18—75).

Ein vierter Wohnungsanzeiger ist erhalten in dem bruchstQck einer inschrift, am Vicolo dei Soprastanti roth aufgemalt.

Auch von dieser inschrift verdanke ich R. Schöne eine sorgfaltige Zeichnung, nach der ich hier zunächst das fac- simile gebe:

A-wiinnii/fjhx-QW

298 Consen

Die beiden ersten zeilen dieser inschrift sind rettunga- los verloren, die drei folgenden zeilen lassen sich so weit ergänzen, dafs der sinn dieser inschrift im ganzen sieb fest- stellen lässt. Ich ergänze und übersetze dieselbe folgen- dermafsen :

d. . i (?)

•p»Ka«ia»»»

Mr. S[adiri]is L.

Mara Sadirius Lucii filius,

puf faamat V. S[e]vasi M. Baii[8 v?3

ubi habitat Vibius Sevasius Magii filias

Baius . . S[adiri]is habe ich ergänzt nach Sadiriis einer anderen pompejanischen inschrift (Fabrett. C. I. Ital. 2819a. Fiorelli GH scav. d. Pomp. 1861—1872, p. 88). Den fa- miliennamen S[e]v-a8i kann ich nicht nachweisen, son- dern nur Sev-iu-s in einer lateinischen inschrift des ehe- mals oskischen Sprachgebietes (Mom. L R. Neap. Ind. nom.). Die suffixform -asio, -asia findet sich in den os- kischen Wörtern Vereh-asio-i, deket-asio-i, deget- asio-s, deget-asi-s, pur-asia-i, Fiuus-asia-i (Mom. Unterit. Dial. GIoss.) und in zahlreichen familiennamen des einst oskischen Sprachgebietes wie: Capr-asiu-s, Viri- asiu-s zu Pompeji (Giom. d. scav. d. Pomp. n. ser. 1870, p. 43. 1872, p. 318. Fiorelli, a. o. p. 95), Appell-asia-s, Aud-asiu-s, Cal-aasiu-s, Casn-asia, Dom-asiu-s, Equ-asiu-s,Faes-asiu-s,Murr-a8iu-s,Ner-asia-s, Vari-asiu-s, Vel-asiu-s, Vitr-asiu-s (Mom. I. R. Neap. Ind. nom.). Die nominativform S[e]y-asi steht neben den nominativformen Paap-i, Sill-i, Tit-i wie die nominativform Paap-ii neben Pap-ii (Verf. Z. XI, 325. XVm, 256. XX, 98. Fabr. C. I. Ital. 2819, o). Das sufBx -io ist in diesen nominativformen erst zu -ie, -ii, -ii assimilirt und dann zu -i, -i verschmolzen. M. fasse ich als sigle des oskischen Vornamens Maiioi =s lat. Magio (Verf. Z. XI, 328), da die sigle für den Vor- namen Mara: Mr. ist. Baii-[s] ist desselben Stammes vrie die campanischen personennamen Baia, Bai*oniu-8

oskisobe intdiriften. 299

(Mom. I. R. Neap. Ind. nom.) und Baiu-s, name des sagenbafteo gründers der etadt Baia-e unweit Pompeji (Serv. Verg. Aen. III, 441. IX, 710. Strab. V, 4, 6). Baii-8 ist also > ein zuname wie Aukil, Mutll, Frun- ter^Tafidins oskische zunamen sind (Mom. Unterit. Dial. 8. 243. Verf. Z. XI, 363 f. XVIII, 253), und zwar herge- nommen von der Stadt Baia, wie die römischen zunamen Medullinus, Camerinus, Fregellanus, Veiento, Veientanus, Fidenas, Tarquiniensis, Florenti- nus, Calatinus, Trebulanus, Venafranus, Saepi- nus, Aeserninus u. a. von italischen städtenamen her- genommen sind. Unsicher ist der letzte Buchstabe der in- schrift V, zumal nicht ersichtlich ist, ob nach demselben noch andere buchstaben geschrieben standen oder nicht. Man erwartet an dieser stelle der inschrift eine bezeich- nung des amtes oder des berufsgeschäftes des V. S[e]vasi M. Baii[s] nach art der aufschriil einer silbermQnze des bundesgenossenkrieges, Friedi. Osk. Münz. t. IX, 9. s. 81 f.: G. Paapi G. Mutil embratur (Verf. Z. XVIII, 252; bei Enderis, Formenl. d. Osk. s. 20 mit verkehrter reihenfolge der Worte wiedergegeben).

Von dem vorstehenden wohnungsanzeiger ist wegen seiner Verstümmelung nur so viel verständlich, dafs Mr. S[adiri]is L. irgend ein geschäft betreibt an der stelle, wo V. S[e]vasi M. Baii[s] wohnt. Wahrscheinlich war noch irgend eine bezeichnung dieser stelle durch ein stadt- thor, einen mauerthurm oder eine ähnliche angäbe in den ersten zeilen der inschrift enthalten, wieSn den drei oben besprochenen wohnungsanzeigem.

2. Zwei helminschriften von Palermo.

Bereits früher habe ich in dieser Zeitschrift die weihe- inschrift eines helmes im museum zu Palermo in oskischer spräche mit griechischer schrift eingehend besprochen, und dabei erwähnt, dafs sich dort noch ein zweiter heim mit einer ähnlichen inschrift befinde, von der jedoch nicht die rede sein könne, weil mir ein zuverlässiges facsimile der- selben nicht zu geböte stehe (Z. XVIII, 250 f. Fabretti,

300 Consen

Real, accad. d. scienz. d. Torin. 1864, 29 magg. p. 1 f.). Seit- dem habe ich die beiden helme in der band gehabt und ihre Inschriften abgezeichnet, als ich mich im sommer 1870 zu Palermo aufhielt, um die Casuccinische Sammlung etraski- scher alterthümer kennen zu lernen, die nicht lange vorher für das dortige museum erworben worden war. Nachher hat A. Salinas in Palermo auf mein ersuchen die freundlich- keit gehabt, mir staniolabdrücke und papierabdrQcke der bei- den belminschriften zu besorgen, fQr die ich dem trefflichen italienischen archäologen ebenso zu dank verpflichtet bin wie fQr die zuvorkommende bereitwilligkeit, mit der er ins mu- seum zu Palermo meine arbeiten unterstützt und erleich- tert hat. Diese abdrücke haben die richtigkeit meiner Zeichnungen in allen wesentlichen punkten bestätigt. Seit- dem hat A. Salinas selbst abbildungen der beiden helm- inschri>ften veröffentlicht nebst bemerkungen über die her- kunft und die beschaffenheit der beiden helme, die für die beurtheilung der beiden Inschriften von Wichtigkeit sind * (Antichit. del Museo di Palermo p. 46 f. tav. II, 4. 5. 6. p. 46 f.) Ich gebe zuerst die facsimiles derselben haupt- sächlich nach den sorgfältigen staniolabdrücken von Sali- nas mit hinzuziehung meiner Zeichnungen: -

Der heim mit der Inschrift A. stammt nach A. Salinas aus einer Sammlung von alterthümern Grofsgriechenlands des herzogs della Verdura, den anderen erwarb das mu- seum zu Palermo durch kauf im jähre 1863 von einem sehr geschickten metallarbeiter namens Porcasi mit der an- gäbe, dafs er ebenfalls in Grofsgriechenland zum Vorschein gekommen sei. Die Inschrift A, ist mit sehr scharfer spitie

oskische Inschriften. 301

fein und fläch in die bronze des belmes eingeritzt, und zeigt griechische buchstabeDformen , die genau denen der inschriften, mOnzlegenden und vasenaufschriften der chal- kidischen colonien entsprechen (Kirchhofi^, Stnd. z. Gesch. d. Griech. Alphab. t. XII, XI). Die inschrift B. zeigt so auffallende ähnlichkeit mit der ersten nicht nur in den buchstabenformen, sondern auch in der verschiedenen gröl'se derselben, dafs dieselben nicht dem znfall zugeschrieben werden können. Daneben finden sich aber auch bedeut- same Verschiedenheiten zwischen den beiden inschriflen. Die inschrift B. ist mit breiterer spitze und tiefer in die bronze eingegraben als A. Der erste buchstabe hat die kreuzform + för t, die sich in den chalkidischen inschrif- ten sonst nicht findet, da diese buchstabenforin hier sonst ^ bedeutet. Während A. nach dem vierten buchstaben 8 ein sehr fein eingeritztes I aufweist, fehlt in B. an der entsprechenden stelle gerade dieser dort am schwersten er- kennbare buchstabe gänzlich. An stelle des siebenten und achten buchstabens von A.: s& stehen in B. schriftzQge mit deutlichen kennzeichen fehlerhafter Zeichnung, indem das zweite s aus zwei getrennten stücken besteht, deren oberes mit dem vorhergehenden schriftzeichen verbunden erscheint, so dafs man aus der gestalt dieser schriftzQge nur gs her- auslesen kann. Diese ähnlichkeiten und Verschiedenheiten der beiden helminschriften weisen darauf hin, dafs die zweite: B, eine nacbahmung der ersten: A. ist, aber eine fehlerhafte copie, die den ersten buchstaben unrichtig wie- dergab, den fünften ausliefs, den siebenten und achten wieder falsch nachzeichnete. Da mir nun mehrfach ge- fälschte etruskische Inschriften auf bronzen durch die band gegangen sind, die ganz dieselben kennzeichen versuchter, aber stellenweis gänzlich verfehlter nacbahmung ächter in- schriften an sich tragen wie die helminschrift £., so würde ich aus der beschaffenheit derselben in vergleich zu A. fol. gern, dafs jene eine moderne nacbahmung von die- ser ist, auch wenn an dem bronzenen heim selbst, auf dem B. geschrieben steht, kein weiterer anhält für diese folgerung zu finden wäre, das heifst also, wenn, abgesehen

302 Comen

von der ioscbrift, die bronzearbeit dieses helmes onzwei- felbaft antik wäre. Ich wQrde in diesem falle annehmen, dafs die inschrift auf demselben ein modemer znsatz, also eine fälschung wäre, zu dem zwecke ins werk gesetzt, um dem beim einen böheren werth zu verleihen, da alle beschriebenen anticaglien ja im handel viel höhere preise erzielen als unbeschriebene.

Nun sagt aber A. Saunas von dem an einzelnen stel- len schadhaften heim mit der inschrift A.: „Er hat eine sehr feste und glänzende patina von einer ächtheit, die aufser jedem schatten eines zweifeis steht^, hing^en von dem unversehrten heim mit der inschrift B.: „Er ist mit irgend einer auflösnng oxydirt worden, die krystalle auf der Oberfläche des helmes zurückgelassen hat; einfaches Wasser löst diese patina auf und legt die rothe mit dem hammer getriebene kupferplatte blofs^ (a. O. p. 46). Das ist also unächte, nachgemachte patina, wie ich solche auch auf gefälschten etruskischen bronzen durch reiben mit dem angefeuchteten taschentuche gefunden habe. Diese un&chte patina aber zusammen mit der gröberen und fehlerhaften Schrift von £., in der drei buchstaben von A. verzeichnet sind, einer ganz ausgelassen ist, das sind so durchschla- gende gründe gegen die ächtheit des unversehrten helmes mit der inschrift £., dafs ich nicht umhin kann, ihn f&r eine moderne copie des zerbrochenen helmes mit der äch- ten patina und der richtigen inschrift zu halten. Auch A. Salinas hat, wie er mir mittheilt, in neuster zeit durch besondere nachforschungen die Überzeugung gewonnen, dafs der heim mit der inschrift B. eine fälschung ist.

Wäre die inschrift acht, wie ich früher annehmen mniste, so würde ich sie noch heute lesen und erklären müssen: Trebs 6. Sestes dedet ss Trebius G[ai filins] Sex- tius dedit. Nunmehr haben sich die Schreibweisen *Trebs und *6. als Verderbnisse einer modernen copie ergeben. Die antike weiheinschrift A. des ächten an einzelnen stellen zerbrochenen bronzehelmes lese und übersetze ich nun:

Trebis S. Sestes dedet

Trebius Sexti filius Sextius dedit [galeam]

oskiflche insduriften. 808

Treb-i-8 ist also nom. sing. masc. desselben oski- sehen familiennamens wie T rebus = lat. Treb-in-s von der form wie Pak-i-s, As-i-s, Sten-i-s, Viib-i-s, Heiren-i-s, Ohtav-i-s u. a. (s. oben 8.296). Ses-t-e-s habe ich als oskischen zunamen nachgewiesen, der dem lateinischen Sextius entspricht (Z. XVIII, 255). Das zwi- schen dem familiennamen Treb-i-s und dem zunamen Ses-t-e-8 stehende S. kann also nur die sigle des Vor- namens des vaters im genitiv sein, die der lateinischen sigle S. ft&r den vornamen Sextus gleichbedeutend ist. Ans dem zunamen Ses-t-e-s ergiebt sich, dafs der dem lat. Sex-tu-s entsprechende oskische vornamen im. nom. sing. *Ses-t-s lauten mufste nach art der formen des nom. sing, von o-stämmen hor-z für *hor-t-8, tov-tl-k-s, Pomp*aii-an-s, Aad-i-r-an-s, Bantin-s, Perk-en-s u. a. (Verf. Ausspr. II, 605. Enderis, Formenl. der Osk. S. 47f.)* Der vorname des Trebis Sestes ist weggelas- sen, wahrscheinlich weil dieser denselben vornamen führte wie sein vater: *Sests. Bei den Oskern war die Verer- bung des Vornamens von dem vater auf den söhn nach ausweis der inschriften häufig (Verf. Z. XVIII, 254) wie bei den Römern. Trebis Sestes also, ein krieger oski- schen Stammes, hat zum dank für schütz in kriegsgefahr den heim, auf dem sein name geschrieben steht, einer gott- heit geweiht wie Hieron seinen heim nach dem seesieg über die Etrusker bei Cumae mit der inschrifl, C. I. Gr. n. 16: IctQdDV 6 Jeivojiiiveog xai toi 2vQax6aioi t(j5 Ji TvQQciv an 6 KvfAaq. Die ächte weiheinschrift des helmes von Palermo stammt nicht aus Samnium, wo sich oskische inschriften mit griechischer schrih überhaupt nicht gefunden haben, sondern aus Campanien, Lucanien, Brut- tium oder Messana, wo griechische schrift oskischer Sprach- denkmäler erwiesen ist. Sowohl durch die griechische schrift als durch die Währung des auslautenden t der per- fectform dedet neben späterem deded giebt sich die helminschrift als ein oskisches sprachstück der älteren zeit kund. Aber der gebrauch des zunamens auf derselben lehrt, dafs sie jünger ist als die grabschriil von Anzi, die immer

nu- rrzsivn sAZKSi ci^-er Person neoDt (Verf. Z. XVIil, 1S9 f. 1?4. 24: f. 2-t: : . aai di« Ummertioer inschrift mh den aA.x-?c zv-ri'^r u:::2.i. die k^ise zunazneo aafveist nod ans drr z^iz h^üi ruch ies toJe ies Agaihokl« stammt. Dar- ^^^ ::1^. i^Ji ii-r ic-b:^ weiheinsohrifi asf dem heime des Tr*':* Sr*'*5 rtwA draa zeii^Iier t.md beginne der Samoi- tirrkrirj^T :.:§ zcin ckafi::;^ der panischen khege angehört i- O. i-:?. 2:-^!. Wahrscheiciich gehöre Trebis Sestes zz. *iz^T d^T äölicer^^hä^u'rn meist «amnitiächer abkauft, die iL. diet^fL. zeitälier in Liicaoien a:;d Bratiiom bansten, and rL i^&»z. a;;oh die MAmertiner zu Messana gehönen.

3. Lscmische gefäi'sinschrift ron Castellaccio.

Äzl ein'rm rohen zweihenkeligen get^ Ton röthlichem g^hnnz^irm :Lon ans Castellaccio in der Basilicata, al*<j im üirZi, Lccanien. jetzt im Berliner antiquariom in. I3l4< ll^ifw am den baaoh oh^erhalb der vagerecht ab- stehenden heckel eine eingeritzte inscbrih in einer kram- mes iinie. cnd unter dem einen, jetzt abgebrochenen henkd steh: eine zidfer eingekratzt t Gerhard, Hyp^lwr. Rom. StL.d. I, >. ::2o. Momms. Unterit. DiaL MH. 14. s. 316. anm. 17. Fabrett. C. I. Ital. n. '2£K}1). Die r^schiedenen versuche, die inschrift zu lesen und zu erklären, stammen ans einer zeit, wo das epigraphische material noch nicht Toriag. das jetzt für diesen zweck zur Tert&gung steht. Ich habe von der inschritt einen staniolabdmck nnd eine aof dem original durchgepauste Zeichnung genommen, and gebe unten ein faesimile derselben, des hier rerfllgbaren raumes halber in absitzen, die zugleich die wortabtheilung angeben

Die 5«2hrift ist altgriechisch, demselben aiphabet ange- hörig wie die uhrigen oskischen inschriften Lucaniens and Unteritaliens überhaupt mit griechischer schrift (Monuna. Unterit. Dial. t. XU, 35. 36. 37. 39, s. 190—193. Ver£ Z. XVni. 1S7 f. IS9 f. s. oben s. 3'M), das zunächst Ter- wandt i§t mit den alphabeten der chalkidischeo cokmien Groisgriechenlands . mit den griechischen alphabeten des ^eikLs^ri von Caere und des grabes von Colle und mit den

oskiscbe inschrifteii. 305

T Y 0 "^ <3 ^ "^ ^

^^^^^^

>r

etruskischen aipbaheten der campaniscbeD gefafse, des be- cbers von Bomarzo und der syllabarien von Caere und Colle. Da mau somit den buchstaben des lucanischen ge- iäiises von Castellaccio dieselbe geltung beilegen mufs wie den buchstaben der übrigen oskischen inschriften Luca- uiens und Unteritaliens, so bedeutet der buchstabe ^ in derselben s, nicht i, und der buchstabe M ebenso sicher m, nicht s. Ich lese und übersetze die vorstehende gefäfs- inschrift folgender'mafsen :

Touts Kemrs poterem

Tutius Cemerius noriJQa [avä^iyxc]

poculum [dedit] Die einfachste und am nächsten liegende erklärung der namen des dedicanten des trinkgefäfses, der in dieser weiheiuschrift Touts Kemrs heifst, ist, den ersten der- selben als Vornamen, den zweiten als familiennamen zu fcisseu, falls das die gesetze der oskischen lautgestaltung und formenbildung gestatten. Der vorname Tou-t-s ist verwandt mit den lateinischen namen des ehemals oskischen Sprachgebietes Tau-t-on-iu-s, Tu-ti-1-ia (Mom. L K.

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 4. 20

aSE=:=3S

306 Consen

Neap. lud. nom.), und stammt mit denselben von dem oski- bchen nomiualstamme tou-ta-, tau-ta-, Stadt, stadtge- incinde (Verf. Ausspr. 11, 1080, c. 3. 2 A.). Er ist mit dem suffix -10 gebildet wie die meisten oskischen vornameo, zum IjciNpiel Gaav-ii-s, Pupid-ii-s, Pupd-ii-s, Niums-i 8, Pak-i-s, Ma-iio-i u. a. (Mom. Utiterit. Dial. 8.241). Die fonij des nom. sing. Tou-t-s vom stamme Tou-t-io- ist ebenso abgestumpft wie die nomiuative Salav-s, Upil-s, Ileiren-s von den stammen Salav-io-, Upil-io-, Hei- ren-io- (Verf. Ausspr. II, 6(^5. 2 A.). In der bedeutung steht also der lucanische vorname Tou-t>s mit den familien- namen Tau-t-on-iu- s, Tu-ti-1-ia den lateinischen na- men Publ-iu-s, Popil-iu-s, Urbi-cu-s, ürbi-culu-s, ürbi-nu-s, ürb-anu-s, den griechischen ^ryrv-Äo-i,', 'AcTV'yovo-i;, Li(STV'OXo-i^ nahe. Der faoiilieiuiame Kem-r-s ist zu vergleichen mit den lateinischen faniilien- namen und zunamen des ehemals oskischen Sprachgebietes Came-r-iu-s, Camu-r-iu-s, Camma-r-iu-s, Cam- b-r-i-anu-s (Mom. I. R. Neap. Ind. nom.). Da e vor fol- gendem r im oskischen häufig schwindet, zum beispiel io Kerri, embratur, ehtrad u. a. (Bruppach. Lautl. d. Osk. 8. 50), so konnte auch Kem-r-s aus *Keme-r-8 entstehen. Diese form des nominativ sing, kann nicht zum stamme Keme-ro- gehören, denn eine solche würde das auslau- tende 8 des nominativs mit dem Stammvokal o abgeworfen haben wie der nom. sing. Fr unter vom stamme F run- ter-© - (Verf. Ausspr. II, 605. 2 A.). Kenl-r-s, *Keme-r-8 gehörte also zu einem stamme Keme-r-io- wie Tou-t-s, Salav-s, Upil-s, Heiren-s von den stammen Tou-t-io-, Salav-io-, üpil-io-, Heiren-io- gebildet sind. Po- ter-em ist die oskisch umgebildete form des griechischen acc. sing, .tüfi;^-«, indem das auslautende ä desselben zu e geschwächt und der gewöhnliche oskische auslaut m des acc. sing, angefügt wurde. Die oskische spräche hat also den griechischen acc. sing, auf -a in derselben weise zu -em umgeprägt wie die lateinische spräche in aecusativ- fonnen wie aer-em, lampad-em, thorac-em, tyran- nid-em, Hector-em, Platou-em, Calchant-em, Sa-

oskische inscbriften. 307

lamiD-em u, a. Dafs die oskische spräche wie die ältere lateinische überhaupt griechische lehnwörter nach einheimi- scher deklination flectierte, lehren die casusformen Here- kleis, Herekloi, i/^rfA^or ?'?//, Meelikieis (Msili- ;f£o?/), thesavrei, thesavrom (Verf. Ausspr. II, 814. ?. A.) und koiniks = gr. yolni, auf dem gemäfstische oder aichiingstische von Pompeji im museum zu Neapel, das heifst anf einem steinernen tiscbr. in dessen platte die normalmafse für flüssige und trockene gegenstände, die in Pompeji orebräuchlich waren, in form von kreisrunden kes- seiförmigen Vertiefungen eingelassen sind (C. Mancini, Gior- nale degli scavi di Pompei n. ser. 1871, p. 144 f. 146 f 151. 152. tav. n. 1. 2), dessen oskische inschriften, von denen ich G. de Petra zu Neapel abdrücke verdanke, an einer anderen stelle zur spräche kommen werden.

Ausgelassen ist in der vorstehenden weiheinschrift das verbum, welches „geben, weihen" bedeutete, also wie dedet in der weiheinschrift des helmes von Palermo. Ebenso fehlt ein solches verbum in der weiheinschrift der bronze- platte von Monteleone mit griechischer schrift: Diouvei Versorei taurom, das ist: Jovi Versori taurum, die wahrscheinlich zu dem bronzenen bilde eines stieres ge- hörte, das dem Diovis geweiht war, und auch die nan)en der dedicanten nicht nennt (Mom. Unterit. Dial. t. XII, 37. S. 191 f.). In griechischen weiheinschriflen ist die aus- lassung des verbums avii^hjxe oder eines ähnlichen ganz gewöhnlich, zum beispiel: '0 öccfnn^ Lrltfavaia Say.d- rav (Hirschfeld, tituli statuarior. sculptor Giaer. p. 126, n. 136), und auch in altlateinischen weiheinschriften fehlt nicht blos häutig das verbum, welches „geben, weihen" bezeichnet, sondern es steht auch mohrfach blos der dativ des namens der gottheit, der ein geschenk geweiht wird (C. I. Lat. 167. 170. 171. 172. 174. 17o. 176. 178. 179. 182. 189 u. a.). Die oben gegebene Übersetzung der weihe- inschrift von Ca^^tellaccio ist somit nach allen Seiten hin gerechtfertigt. Die ziffer XIX unter dem einen henkel des gefäfses hat mit der weiheinschrift keinen Zusammenhang des Sinnes; sie ist nur ein vermerk des töpfers zum zweck

20*

308 Consen

des Verkaufes, und bezeichnet entweder den preis des thö- nernen trinkgeföises in kleiner lukaoiscber kupfermÜDse, oder die nummer desselben unter einer ganzen ancahl fthn- licher geföfse, die in der töpferwerkstätte aufgestellt waren, bevor sie verkauft wurden. Die altgriechiscbe schrift der weiheinscbrift von Castellaccio lehrt, dafs dieselbe zu den altoskischen Sprachdenkmälern gehört.

Anhang. 4. Eine sabellische Inschrift von Sulmo.

In einer Sammlung von lateinischen insebriften in der öffentlichen bibliothek zu Bologna, die im sechzehnten Jahrhundert aus dem gedruckten inschriftenwerk des Petr. Apianus abgeschrieben ist, findet sich vorn ein blatt ein- geheftet, auf dem von unbekannter band wahrscheinlich im jähre 162^ die abschrift einer sabellischen inschrift in alt- lateinischer Schrift verzeichnet ist mit der angäbe, dafs das original derselben sich auf einer bronzeplatte zu Sulmo befinde (C. I. Lat. I, p. 555, ad p. 37, n. 194). Die ab- schrift hat die altlateinischen bucbstabenformen des Ori- ginals meist nicht wiedergegeben, sondern daftkr cursive buchstaben eingesetzt; doch findet sich zweimal 1^ fEkr 1, einmal T für p, einmal II für e. Der buchstäbliche be- stand dieser copie ist nach Mommsen folgender:

st. ponties

n. pontius

v. alpis.

tr. apidis.

ioviois

puclois sust.a.plens

Mommsen hat bereits zwei Verderbnisse dieser nach* lässigen abschrift beseitigt, indem er für Pontius: Pon- ties und für sust.: sest. giebt, und nachweist, dals dsr

.. -. .r

oskische inschriften. 309

abschreiber an beiden stellen den altlateinischen bnchstaben II = e für ein u ansah, und das erste wort för Pontius, das zweite fQr sustentandis erklärte. Es liegt also von vorn berein die vollste berechtigung vor zu der annähme, dafs in dieser fehlerhaften abscbrift auch noch andere fal- sche lesarten enthalten sein können, also auch die berech- tigung zu einer emendation, wenn aus bestimmten gründen auf einen lesefehler und Schreibfehler an einer stelle der copie zu schliefsen ist.

Da so häufig bronzetafeln mit inschriften, an weihe- geschenken befestigt, weiheinschriften enthalten, so ist von vorn herein die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dafs auch auf der bronzetafel von Sulmo eine solche geschrieben stand. Diese Wahrscheinlichkeit wird dadurch zur gewifs« heit, dafs, wie jeder sachkundige auf den ersten blick er- kennt, in der copie der inschrift erst die siglen der Vor- namen und die familiennamen von vier dedicanten ver- zeichnet sind, dann die benennnng von gottheiten im dativ pluralis auf -o-is folgt, denen das geschenk, zu dem die bronzetafel gehörte, geweiht war, und die inschrift mit einer sabellisch-oski^chen form der 3. pers. plur. auf -ns eines verbums schliefst, das nach der ausdrucksweise zahl- reicher italischer und griechischer weiheinschriften die be- deutung „geben, hinsetzen, hinstellen^ oder „weihen** ge- habt haben mufs. Da nun die lesart der vorstehenden abscbrift *plens, wenn man ihr die bedeutung plent „fallen an^ beilegt, den hier durch den zusammenbang ge- forderten sinn nicht hat, da die Schreibweisen sust.a und sest.a. nach dem sonstigen schreibgebraucb der italischen Volksstämme mit jenem ^plens zusammen sich jeder sprach- gemäfsen erklärung entziehen, so habe ich in den überlie- ferten bnchstaben sust.a. plens eine Verderbnis der copie angenommen, wie Mommsen in den Schreibweisen sust. und Pontius, und in denselben eine sabellische 3. pers. plur. ind. perf. sestattens (?) vermuthet. Auf gnind dieser emendation habe ich von der weiheinschrift von Sulmo eine eingehende erklärung gegeben (Annal. d. Inst.

tmujm-

310 Consen

lSü6. T. XXXAin, p. 113 f.) und dieselbe folgendermailBeD überbetzt :

St. Ponties, N. Ponties, V. Alpis,

Stenius Poutliis, Novius Puiitius?, Vibius Albins,

Tr. Apidifc Joviois Puclois sestattens (?).

Trebiusi A]»i«lius Joviib Puclis statueruot. In dit'i»cr weibein&e'brift hi Jov-io-is dat. plur. maec. des liamt-iis von gottbeiteu, die weöeD&ibetbäti|ruDgen des italiscben Je vis in der personlichen durs^telliiug als unter- geordnete oder von dems^elben abbtauimende gottbeiten be- zeichnen. Der sJpeciellc naine deri^e]ben ist Pn-clo-is „traijk&( hafl'ende" gottheilen, eine bildung vona verbal- stamme pü-, pä- trinken mit dem männlichen suffix -culo wie ridi-culu-s flachen bewirkend "^ vom verbalstamme ride-, nur durch das ge^ehlecht verschieden von dem latei- nischen Worte jiö-culu-m Werkzeug zum trinken, becher. J o V - i o - i s P u - c 1 o - i s ist also eine benennung sabellischer, dem ^griechischen Bake hos, dem italischen Liber ver- wandter ;;ottheiten. von derselben art wie die sabelliscben götternamen : Ke^ena ])ia Cerie Jovia und Herclo Jovio. wie die umbrische Tursa Jovia und die ronii- sehe Venus Jovia (Annal. a. o. p. 113 f.). Die von mir vermuthete sabelliscbe verbalform se-sta-ttens (?) habe ich hauptsächlich begründet durch die volskische verbal- form ei-stia-tiens für *si-sta-ten8 3. pers. pl. ind. perf. mit der bedeutung statuerunt, und vergKeben mit den obkischen formen der 3. pers. pl. ind. perf. profa- ttens = lat. proba- verunt, teremna-ttens == ter- minaverunt (a o. p. 1. 7 f.). In der weiheinscbrift von Sulmo bedeutet dieses se-sta-ttcns (?) „stellten bin, stell- ten auf fur^, das ist „weihten^. Im Umbriscben bedeutet se-stu = lat. si-sto das weihen des opfertbieres , das vor den altar der gottheit gestellt wird, t. Iguv. II, 6, 24: Jupater Sa^e, tefe estu vitlu sestu, das ist: Jop- piter Sance tibi istum vitulum sisto. In griechi- S'-heu Weiheinschriften werden die verbalformen nn^-cray, ä ]'-€-7ry/' ^er, av-k-ar ^-cav u. a. gebraucht, um das aufstellen geweihter bildsäulen zu bezeichnen, zum beispid

oflkiflche inBchrifteii. 311

C. I. Gr. 22: !A()xBvia)g roö' ^iarrjOev. So bezeichnete die sabellische form se-sta-ttens (?) das aufstellen oder weihen des weihegeschenkes fUr die JovioisPuclois zu Suimo, an dem die bronzeplatte mit der vorstehenden Weiheinschrift befestigt war.

Ich habe also nachgewiesen, dafs die berechtigung zu der von mir vorgeschlagenen emendation se-sta-ttens (?) aus zwei anderen Schreibfehlern der nachlässigen Bologne- ser abschrift der inschrift von Sulmo sich orgiebt, dafs diese verbalform übereinstimmt mit oskischen und volski- sehen perfectformen auf -ttens, -tens, namentlich mit volsk. si-stia-tiens, und dafs die bedeutung jener wort- form „stellten hin, weihten^ für den sinn der weiheinschrift vollkommen passend ist, wie auch umbr. sestu, griech. e-aTfj'ös u. a. in gleicher bedeutung von dem hinstellen geweihter gegenstände gebraucht werden. Daher hat denn auch ein bewährter kenner italischer epigraphik, A. Fa- bretti, meiner erklärung der weiheinschrift von Sulmo bei- gestimmt (Primo Supplemente alla raccolt. d. antiq. inscr. Ital. n. 509 p. 123. 131. 134). Doch habe ich, wo ich zuletzt auf die form se-sta-ttens (?) hingewiesen habe, nicht verabsäumt, durch ein beigesetztes fragezeichen an- zudeuten, dafs das keine wirklich vorhandene, sondern nur eine mit Wahrscheinlichkeit vermuthete verbalform sei (Ausspr. II, 1081. c. 3. 2 A.). Trotz alledem giebt neuer- dings ein gelehrter die buchstaben sest.a.plens für „wohlbeglaubigte formen^ aus und erklärt meine emen- dation dieser stelle als „gewaltsam^ (Zeyfs, Z. XX, 182. 183 f.). Derselbe weifs weder davon, dafs die fehler- hafte Bologneser copie der weiheinschrift von Sulmo sust. giebt, nicht sest., noch hat er meine erklärung der- selben in den Annali gelesen, wie er selber eingesteht (a. o. 8. 182, anm.). Er selbst nimmt nun mit der in rede stehenden stelle folgende metamorphose vor. Er macht aus dem überlieferten sust. ein wort ^sestentasiois, das sextantariis bedeuten soll, und aus a. macht er asum mit der bedeutung aram, und den so zu stände gebrach- ten Worten: Joviois Puclois *sestentasiois asum

-^. -^

312 Consen

*plen8 legt er den sinn bei: Joviis (deis) pocnlis «ex- tantariis aram pleverunt. Will man eine italische in- schrift erklären, so darf man doch fQr dieselbe abgekürzte Schreibweisen nur in solchen fallen voraussetzen, wo solche auch sonst in italischen inschriften üblich sind. Nun wer-- den abgekürzte Schreibweisen nach dem übereinstimmenden schreibgebrauch der Römer, Etmsker, Umbrer, Volsker, Osker und Sabeller angewandt ftir oft wiederholte Wörter, deren sinn als dem leser der inschrift bekannt angenom- men werden kann, also bei oft wiederholten namen, be- sonders Vornamen, bei bezeichnungen von titeln, ämtem, würden, lebensjahren, von münzen, maafsen, gewichten und häufig wiederkehrenden weiheformeln und gesetzform ein. Abgekürzte Schreibweisen werden nicht angewandt auf Wör- ter, die nicht der angegebenen art sind, insbesondere nicht auf solche Wörter, die für den besonderen sinn einer ein- zelnen inschrift von hervorragender bedeutung sind, so dafs eine abkürznng derselben den sinn der inschrift für den leser unverständlich oder doch mindestens zweifelhaft ma- chen wurde. Daher wird denn auch das lateinische wort ara in lateinischen inschriften nie zu a. abgekürzt, son* dem immer vollständig ausgeschrieben (C. I. Lat. I, 574. 577, 3,2. 801. 803. 807. 1105. 1109. 1468. 1488. II, 310 1293. 1375. 3306. 3326. 4315. 4372. Or. 1446. 1544. 1657 1684. 1838. 1840. 1903. 1918. 1920. 1970. 1993. 2022- 4521. 4522. 4588. 4649. 7357. 7358 u. a.). Ebenso wer- den nie abgekürzt, sondern stets vollständig ausgeschrieben osk. aasai (Verf. Ausspr. II, 1077, c. 1. 2 A.), sab. asnm (a. o. 1077, c. 1), umbr. asa (a. o. 1082, c), etrusk. ara- (Fabr. C. I. Ital. Gloss. p. 152). Desgleichen ist das nm- brische wort sestentasiaru, aus dem das vermeintliche sabellische ^sestentasiois gemacht ist, vollständig ausge- schrieben (t. Iguv. III, 2) und ebenso das lateinische wort sesconciam (Or 4563). Es fehlt also nach dem Oberein- stimmenden schreibgebrauch der italischen volksstämme jeg- liche berechtigung in der verdorbenen Schreibweise snst.a. abkürzungen für die sabellischen Wörter ^sestentasiois und asum zu vermuthen, und jede erklämng, die auf einer

oskische intehriften. 313

solchen Dach den grundsätzen der beutigen epigrapbik un- möglichen Voraussetzung beruht, ist also schon von vorn herein bodenlos. Wer ferner zur ergfinzung und erklä- rung einer sabelliscben inschrift ein umbrisches wort heran- zieht, der mufs doch die gewähr bieten, dafs dieses in seiner bedeutung und in dem Zusammenhang, in welchem es vorkommt, vollständig klar ist. Nun aber ist der Zu- sammenhang, in welchem die umbrischen worte sesten- tasiaru urnasiaru vorkommen, völlig unklar, da die kurz vorhergehenden worte bis jetzt dunkel geblieben sind, imd Kirchhof äufsert nur eine vermuthung, es könne an dieser stelle von Wasseruhren der Umbrer die rede sein (t. Iguv, m, 2. V, a, 2. AK. Umbr. Sprd. II, 366. 312. 313). Jedenfalls ist die inschrift von Iguvium, in der ses- tentasiaru vorkommt, keine weiheinschrift, sondern eine Opfervorschrift, und ist an der betreffenden stelle nicht von geweihten trinkbechem die rede, sondern von irgend welchen behältern för geftfse, die beim opfer gebraucht werden. Folglich kann aus dem umbrischen worte kein sabellisches beiwort *sestentasiois fiir geweihte trink- becher in einer weiheinschrift gefolgert werden. Endlich kann ein sabellisches plens „ftlllen an^ oder „haben an- gefüllt^ am Schlüsse einer weiheinschrift nicht glaublich erscheinen, weil verba mit der bedeutung des lateinischen pleo, impleo und des griechischen niunXriui in itali- schen und in griechischen weiheinschriften sonst unerhört sind, und überhaupt die ausdrucks weise „einen altar anftll- len mit etwas** statt „geben, weihen" dieser art von in- schriften völlig fremd ist. Nach dem gesagten mufs ich den erklärungsversuch , der auf der vermuthung der an- geblichen sabelliscben wortformen 'sestentasiois asum *plens an der obigen stelle beruhjb, aus epigraphischen und sprachlichen gründen als bodenlos und verfehlt ansehen.

Lichterfelde bei Berlin, october 1873.

W. Corssen.

314 Schmidt

Etymologien.

1. (fqijSi. Man püegt 6fffjS: mit lat. vespa, ahd. wefsa u. s.w. Cnrtius no. 580 zu verbinden. Curiius setzt zu dem zwecke folgende stufenreihe an ; ^jrBöTrä-, *j:Bönä'X', ^anä-x^j *anr]X'^ of/?/V. Die möglicbkeit dieser eutwickelung will ich nicht bestreiten, trotzdem aber eine andere vergleicbuDg vor- schlagen, nämlicb Cift)^ von vespa gänzlich zu trennen und mit dem lat. fücus drone zu verbinden, zu welchem es sieb hinsichtlicb des anlautes verhält wie acpdXkai zo fallo, Oifoyyog zu fungus, acfBvSovr] zu funda. Das fl von fücus ist durch ö hindurch aus ä entstanden wie in für = (fujQf human US, nüncupo (nömen) u. a. bei Cora- sen IP 193 fi*., es weichen hier also lat. fücus and ur- griech.-dor. ocpd^ Abr. II, 135 in der farbung des alten fi von einander ab wie die von Curtius üb. die Spaltung des a-lautes, ber. d. sächs. ges. 1864 s. 39 f. zusammengestell- ten Worte z. b. diSäaxo): doceo, Xaxelv: loqui.

2. xfjokog, äaßoXug,

Curtius (g. e.^ s. 652) hat Zusammenhang von tpokog qualm, rufs mit unserem schwelen, schwül, ags. svelan urere vermuthet. Diese vermuthung wird bestätigt durch das zwischen beiden vermittelnd liegende ä^aßol-o-gj wel- ches sich zu tpoXog verhält wie aeol. ä'öcfij a-a^6 (Ahrens I, 125) zu syracus. t/;iV, yje^ nur dafs in diesen by zu a<p geworden ist, während es in äaßoXog als cr/9 erscheint. Ueber = urspr. sv handelt Curtius s. 537. Die wur^ zel erscheint noch in lit. svilti schwelen, sengen und ist wohl mit modificirter bedeutung aus urspr. svar glAnzen hervorgegangen.

3. Lat. vitus radfeige = Irvg.

Griech. hvg^ aeol. ßtr-v-g stellt man seit lange su lat

viere u. s. f. Curtius no. 593. Nicht nur die wnrzel, das

ganze wort ist 'im lateinischen vorhanden, wenn es aaoh

in unseren Wörterbüchern fehlt: viere enim ooneotere est|

etymologieo. 315

uiide virneo dictum virgulti species et viti in rotis Mar. Vict. p. 2500 P. Ueber declination und geschleobt des wer- tes schwanken die angaben,^ was sich bei einem nur im volksmunde lebenden ausdrucke leicht begreift. Probus giebt an: haec vitus, abl. hac vitu, pl. vitibus (Keil gramm. lat. IV p. 116, 22 sq.), Rhemnius Palaemon dage- gen bic vitus, abl. vitu, pl. vitubus (Keil gramm. V p. 537, 27). Wir haben also einen u-stamm vitus &= hvg^ und des Marins Victorinus viti erklärt sich als einer der häufigen Übertritte in die analogie der a- stamme wie die nom. pl. flucti, versi bei Pacuv. Att. Laev. (s. Neue lat gr. I, 370. 356. 362 ff. 529 ff.).

4. ivctvor.

Die kyprische glosse h'avov ev&eg bei Hesych will M. Schmidt in ivövöv i^vO^eg ändern, er fügt hinzu: „e. g. nodcc^ insere pedem in calceum" (ztschr. IX, 303). Da aber die glosse zwischen h'ctvXoxovv und kvavovreg steht, verstöl'st dieser emendationsversuch gegen die alphabetische Unordnung. Und gerade wenn man das wort mit Schmidt auf die anlegung der fufsbekleidung bezieht, läfst sich die tradition unverändert beibehalten, 'ivavov hat vor dem o ein (T verloren wie die von Schmidt ztschr. IX, 367 zu- sammengestellten kyprischen wortformen, ist also ein im- perativ des zusammengesetzten aorists von einer im grie- chischen bisher nicht nachgewiesenen, in den übrigen spra- chen aber fast allen erscheinenden wurzel: lat. ind-uo, ex-uo, lit. ap-si-aüti, abulg. ob-uti fufsbekleidung an- legen, lit. nu-si-aüti, abulg. iz-uti fufsbekleidung able- gen, abaktr. ao-thra- schuh.

5. Ttavöia,

xavaia' mXug MaxaSovixog na(jcc MsvdvSQt^ PoIIux 10, 162. Eustath. ad Hom. IL B p. 255, 1. Od. « p. 1399, 3 Et. magn. p. 493, 35. belege für das wort Sturz dial. Ma- ced. et Alex. p. 4 1 . Fick or. u. occ. II, 725 erklärt es als taddhitabildung von xavöig Sommerhitze, wie schon Orus im Etym. magn. p. 487, 50: xavaia, eigfjtai piiv xafiskav^

316 Schmidt

XMV naQa ro Vmvvbiv t6 icavua' xai yag rj xctvffia foi« Sice t6 TToog ro xavua slrai ^nirt\öeiov fori yag ri xcf- Xvu^ia xerf€c)Sjg toiovrov, 'AvrinarQog &ea(faXopixevg iv hntyndtinari^

Kavntj] ^ Tu Tidooiß'e MaxeSo^iv tvxolov önXov Km (fxenag kv vtrfSTfp^ xai xoovg kv noXiuqi

^ilQog. xnv'(ri-u ist gebildet wie xAi-rrZ-a und flQhrt zurück auf die Wurzel sku bedecken, welche ihren anUut hier verloren hat wie in xt/rog, lat. cutis, ahd. hüt, lit. kiaü-ta-8 schale, hülse u. a. Das lit. kiaütas steht, wenn -sm von dem unnrsprünglich entwickelten i (beitr. VI, 149) absehen, unserem xrtvrtin am nächsten von allen sowohl in der stei- <;eniiiorsstufe des wurzelvocals als im sufBx. xrtvtTia ist vom decken benannt wie ags. hat, anord. höttr petasns, lat. cassis von wz. urspr. skad, skr. khad bedecken.

6. salbön.

Da die von Pott e. i.V 258 aufgestellte erkl&rung von salbön als skr. sa-lip ungere, noch in neuster zeit wie- der vorgebracht wird (ztschr XVII, 206), trotzdem sie, um mich eines von Pott in die Sprachwissenschaft eingeftihr- ten ausdrucks zu bedienen, reiner schwinde! ist, wird es nicht Qberflflssig sein, die wirkliche Verwandtschaft dee deut- schen wertes aufzudecken. Hesych hat die glossen M?,nog' eXaior^ (TreaQ. ev&t]via und 6?^cpog' ßovrvgov, Kvngioi. Mit M Schmidt und älteren philologen bei iknog an Xtnog zu denken verbietet das £, zumal wir im sanskrit ein, falls Hknog i?.(fog neutrum war, laut fiQr laut entsprechendes wort in sarpis- ausgelassene butterhaben. Die enge Ver- wandtschaft zwischen sarpis, ülTTog und ahd. salb ntr., salba fem., den stammwortern zu salbön, springt in die äugen. Gesenius scripturae linguaeque Phoen. mon. p. 389 hielt ^l(pog für semitisch = ^/H a^^öps-

7. sparva.

Got. sparva vergleichen Benfey wzlez. II 365, Gor- tius g. e.' s. 650, L. Meyer got. spr. s. 158 mit avgov&ogi

etjrmologien. 317

Förstemann ztschr. III, 51 mit skr. pärävata- tarteltaube und lat. parra, mit letzterem auch Lottner ztschr. VII, 187; Diefenbach got. wtb. II, 295 mit lit. sparvä bremse Nesselm. (Brodowski hat spar was nach Kurschat s. v. bremse), ähnlich Fick wtb. 914. Diese sämmüichen ety- mologien fallen durch preufs. spurglis Sperling, spergla- wanag Sperber, deren Zusammenhang mit s parva sofort eiuleuchtet (Burda beitr. VI, 400). sparva hat also vor dem V einen guttural verloren, der sich in mhd. sperke, spirke, sperk,spirk und in mundartlichen formen (Gradl ztschr. XVII, 16 f.) bis auf den heutigen tag erbalten hat. Diefenbach a. a. o. führt das ngr. aTiovQyiri Sperling an und fragt: aus welcher spräche? Zu antworten ist: aus der altgriechischen. Hesych hat oniQyovlog' oQvi&dgiov ayQiov und negyovkov ögvi&ägiov !äQyeiXiy(o^ über die versuche, das letzte wort zu emendiren, siehe M. Schmidt. Lobeck path. proll. p. 132 denkt bei Tiegyaiilov an Tiig- yccfiov und nvgyog^ „nisi potius est vox germanica Spar (Sperling) tpägoi; passer^; anders Ahrens dial. U, 558 f. aiitQyovlug entspricht bis auf das ov laut für laut dem preui's. spurglis, dessen i, wie spergla-wanag zeigt, aus a entstanden ist, wie öfter s. Nesselmann vocab. s. 69 Pauli beitr. VI, 423. Lit. Ävirblis Sperling, welches Nes- seimann zu preufs. spurglis stellt, hat mit ihm gar nichts gemein, scheint vielmehr das poln. wr6bel, abulg. vra- bij zu sein, mit einem allerdings noch unerklärlichen vor- schlage von z. Vielleicht darf man diesen mit den vor s, sz, z aufbauchenden nnursprünglichen gutturalen vergleichen z. b. äuksas gold, preufs. ausis, lat. aurum; ^vaig^de' Stern, abulg. zv^zda; lett. pirksts^ lit. pirsztas finger, preufs. nage-pirstis zehe, abulg. prTstü finger; lit. kriksztyti taufen, abulg, kristiti, mhd. kristen, preufs. kristionisto neben crixtitwi; tükstantis tausend, abulg. tys^äta, got. thusundi, womit eine reihe von etymologien dieses Zahlwortes zusammen brechen. Die beispiele sind zahlreich. Pauli, der beitr. VI, 453 hierher gehöriges behandelt, greift die sache falsch an. Vergl. auch preuJb. clokis bar, lit. lukys, lett. l&zis.

318 Schmidt

Es sei noch erwähnt, dafs sich bei Hesych ein yiel- leicht verwandtes wort findet, freilich aufser der alphabeti- schen Ordnung (ed. M. Schmidt IV, 1 no. 1398): Gnagä- (SioV opvBov kfA(pBoig (Troovi^co. irioi (fxlU'>

8. Ahd. ethes und verwandte.

Ein praefix, mittelst dessen im hochdeutschen iodefi- nita aus interrogativen gebildet werden, ist ahd. ethes, ethas, eddes^ etes, jQnger eta-, ete- Grimm, gr. III, 57 f. Bei Isidor und Tatian findet es sich gar nicht. Bei Otfrid lautet es in der wiener handschrift durchweg ethes: etheswer III, 14, 35; etheswaz II, 15, 8. 9, 3. IV, 1, 25; etheswio V, 19, 14. 44. 66; etheswanne II, 16, 15. IV, 11, 28; etheslicha V, 23, 18.

Ebenso in den alten alemannischen denkmalen: gloss. Keron. (ed. Hattemer) ethas tandem p. 266 der hs.; ethas- waz 232; etheswelih 232; ethaslihhem 231; ethes- lihhero 233; ethaswanne 222. 233. 266; ethes in manage aliquantos 209; edhes in lango per aliquamdia 15; thur edhes manage aliquantis 15.

Die Keichenauer handschrift der glossen (Ra, Graflf Diut. I) hat schon eddes: eddeshuanne 27ßa, eddes- manege 139b. Kero in der Benedictinerregel hat durch- weg edes oder eddes: edeswaz p. 57; edeslihcher 71; edeslihheru 108; edesmihil 122. 1?5. 135; ed- deswaz 15. 31; eddesweliher 21; eddeshwelihhera 44; eddeswelihha 15; eddeslihhiu 27.81; eddea- mihhil 141. Bairisch etheswaz gl. Mons. 401.

In jüngeren denkmälern erscheint dann t, etes, etis bei Wilieram, ete bei Notker, welche im einzelnen zu be- legen kein interesse hat s. Grimm a. a. o. Graff L 145 f. Die form ethes, welche bei Otfr., gl. Ker., gl. Mons. er- halten ist, muss den ausgangspunkt für die erklärung des Wortes bilden. Sie hat das urdeutsche th erhalten; Qber inlautendes erhaltenes th, dh s. Kelle Otfr. II, 9. 494 Weinhold alem. gr. s. 134. 137. 142. 144. bair. gr. § 144 s. 150. 152.

Grimm III, 60 geht bei der analyse ¥00 den formen

etymologien. 819

mit dd aus und theilt ed-des, welches er einem gotischen nach analogie von aith-thau einerseits und faur-this andererseits erschlossenen *aith-this gleich setzt; ebenso Scherer z. gesch. 383. Weinhold alem. gramm. s. 300 sagt, die grundbedeutung von etbes sei alius, wie die par- tikol eddo, edho (ertho) schliefsen lasse (?). Allein das slavische verbietet sowol die theilung ed-des als die Ver- bindung mit aiththau, es bildet nämlich indefinita aus interrogativen durch vorsetzen von jede: jede kyj qui- dam, jede cito aliquid. Dies jede könnte man versucht sein, als localadverb vom pron. jT = ursprüngl. jas zu er- klären, in analogie mit küde ubi, ovüde hie, onude ibi, inüde alibi, sTde hie, viside ubique, allein dem ent- sprechend kann von i nur ide gebildet werden, welches wirklich vorkommt z. b. Supr. 301, 23, Mon. Fris. II, 84 in der bedeutnng ubi, Ostr. 270, B als Übersetzung von inei u. a. Wir haben also das j in jede fQr den bekann- ten, jedem anlautenden e zu theil werdenden verschlag an- zuerkennen. Das d in jede steht neben th,dh in ethes, edhes, wie in abulg. klad^ pono = got. hlatha, n^- diti = nauthjan skr. nädh (verf. z. gesch. d. indog. vo- calismus I, 171), vrediti laedere = got. fravairthan xaTa(fd^Bi(}eOv^ai^ fravardjan Siufpi^eiQeiv^ lit. lyde'ti ge- leiten = got. -leithan, ich komme hierauf im verfolge noch einmal zurück. Die doppelkonsonanz in eddes, ette ist also weiter nichts als die besonders hinter kurzem vocale häufige schärfung des consonanten, für welche Weinhold alem. gramm. s. 144. 136 beispiele bringt. Die Wiener handschrift des Otfrid hat durchweg ethes, während die jüngere pfölzer handschrift II, 16, 15. lU, 14, 35 etthes schreibt. Das auslautende e in jede kann aus urspr. as entstanden sein wie in nebese s= skr. nabhasas, 2. sg. aor. veze = urspr. vaghas. So haben wir also in jede laut für laut das ahd. ethas, ethes, edhes. Doch die Übereinstimmung beider scheint allzu genau und gegen das auslautsgesetz zu verstofsen: wie litauischem vilkas ahd. wolf entspricht, so hätte man für jede(s) nur ahd. ed, et zu erwarten, nicht aber edhes, ethes. Eine ausnähme

■EA.

320 Schmidt

vom auslautsgesetze etwa damit begrflnden zu wollen, dali etheswer u. s. f. schon zur zeit, als die auslautsgesetse in Wirkung traten, unter einem accente gesprochen, also der- artig zusammengerückt gewesen seien, dafs die zweite silbe von ethes nicht mehr als im auslaute stehend empfunden worden und deshalb vom auslautsgesetze unberührt geblie- ben sei, ist nicht gestattet, da das isolirte ethas tandem gl Ker. 266 und die durch eine präposition von ihrem sa- gehörigen adjective getrennten edhes in lango per ali- quamdiu gl. Ker. 15 ethes in manake aliquantes 209 den ungrund dieser hypothese zeigen. Das vocalische aus- lautsgesetz musste ein altes vor ihm bestehendes ethes = abulg. jede(s) zu ""eths wandeln und dies, wenn ihm nicht von anderwärts hilfe kam, sein s im ahd. verlieren, gerade so wie nargog zu got. fadrs ahd. fatar gewor- den ist.

Die ursprünglich im auslaute stehenden s ragen aber bis in die althochdeutsche zeit hinein, und zwar nicht blos in einsilbigen werten und zu r gewandelt wir, ir, er u. s. w. Scherer 97 f., sondern auch als s erhalten. Lautgesetze brechen ja nicht wie donnerschläge hervor, so dais sie heute noch nicht vorhanden, morgen aber schon vollzogen wären, vielmehr ist die durchführung eines jeden derselben ein zeitlich ausgedehnter langsam fortschreitender entwick- lungsprocess, dessen schluss oft noch in unsere beobach- tungssphäre fallt, wenn die entwicklung im grofsen und ganzen schon in vorhistorischer zeit vollzogen ist. So haben wir ursprünglich auslautendes s im althochdeutschen erhal« teu in dem zweisilbigen eiris = got. airis, welches Sehe- rer (s. 101) nur seiner regel, dafs ursprünglich auslauten- des 8 im westgermanischen schwinde, zu liebe anzweifelt Femer: wie steht es mit den ahd. nominativen pluralis aof as neben a? Scherer 427 behauptet, -as sei aus urspr. -äsas entstanden, a aber aus urspr. äs, im ostgennanischen seien beide zusammengeflossen, indem -äsas zu fiss, fts geworden sei. Allerdings ist es verlockend die lange end- silbe von vulfös durch herleitung aus 'varkftsas mit dem auslautsgesetze in einklang zu bringen. Macht schon

et}rmologieii. 321

der umstand, dafs die endung -äsas bisher nur in den arischen sprachen nachgewiesen ist, diese annähme schwie- rig, so erhebt das altnordische ganz bestimmte einspräche gegen sie. Wäre nämlich vulfös aus *vulfös(a)s ent- standen, so könnte im altn. nur ^ülfas entsprechen, da ein im auslaute einmal vorhanden gewesenes ss nicht zu r wird, vielmehr s bleibt, vgl. ülfs = got. vulfis, d. i. *vul- fiss(a) aus *vulfisja, Ebel ztschr. IV, 149 f. Scherer 417. Wir müssten also auch im ostgermanischen beide bildungen auf äsas und auf äs annehmen und zwar so, dafs das gotische nur -äsas, das nordische nur -äs habe. Ist es da nicht einfacher, sie alle aus ursprünglichem, d. h. dem auslautsgesetze unmittelbar vorauf liegendem, -äs her- zuleiten und in got. vulfös eine ausnähme des auslauts- gesetzes anzuerkennen, da sich trotz aller aufgewandten mühe nicht alle ausnahmen desselben beseitigen lassen*)? Kehren wir nach dieser nöthigen abschweifung zu un- serem Worte zurück. Dem abulg. jede(s) entsprach nach ein Wirkung des auslautsgesetzes ein ahd. ^eths mit in äl- tester zeit noch erhaltenem s wie eiris, Perahtmuatin- gas u. a. Förstemann ztschr. XIV, 161 ff. Das s von ""eths hätte aber unrettbar dem untergange verfallen müssen, wäre ihm nicht eine analogie schützend zu hilfe gekommen. Das got. nahts wird einerseits regelrecht zu ahd. naht, andererseits aber nahtes, welches vermuth- lich in Verbindungen wie tages indi nahtes entstanden ist (Gr. III, 133, Scherer 440). Wahrscheinlich wird dies nahtes nicht erst entstanden sein, als der genitiv sonst schon naht lautete. Sondern als er noch nahts lautete, wird die genitivendung von tages das alte s erhalten und ihm ihren vocal mitgetheilt haben. Doch selbst wenn an den schon naht lautenden genetiv die masculine endung

*) Yergl. gib ÖS mit x^Q^<it familias, mergds. Unbestreitbare ans- nahmen sind: thizai = tasjSiy denn Scherers „altariscbe'' locativform tas- jaja 8. 392 schwebt gänzlich in der Inft; femer bafrai = (pigoh bharet, Scherer sucht zwar durch annähme von bafraf das laatgesetz zu retten- gen Ugt ihm aber auch dadurch nicht, denn, wenn es überhaupt gewirkt hätte, raUsste *baira stehen wie thamma = tasmäi, bairada = bha- rate u. s. f.

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 4. qa

322 Schmidt

durch formelle assimilation angetreten sein sollte, verschligt das für unseren fall nichts.

Genau so wie mit nahtes verhält es sich nftmlich mit ethes. Die spräche war durch Verbindungen wie alles wanan aliunde u. a. (Graft* I, 223; Gr. III, 61), manno-lih (Gr. II, 569 f.; UI, 53) und durch die häu- fige adverbielle Verwendung von genitiven Gr. III, 88 ff. 127 0: dabin gebracht, auch '^eths als gen. sg. mascol. oder neutr. zu empfinden und gab ihm daher die volle ge- nitivendung der a-stämme, bildete also ein ethes waz nach analogie von alles waz, eddesllh nach analogie von mannolih, ethas tandem gl. Ker. 266 nach analo- gie von alles omnino, eines semel, sumes interdam o. a. Der vocal der letzten silbe ist gewöhnlich e, doch findet sich auch ethas gl. Ker. 266, 222, 231, 232, 233, wie sich as auch als genitivendung der a-stämme zeigt (Mone anzeiger V, 371; Weinhold alem. gr. s. 413, bair. gr. s. 339 f.; Förstemann ztschr. XVI, 325; Scherer 437).

So erklärt sich auch die form ete-, welche bei Notr ker herrscht. Sucht man mit Grimm und Scherer in ethes das got. this, so ist ete- ganz unerklärlich, denn das s hätte wie alle übrigen s der genitive von a-stämmen bis auf den beutigen tag unangetastet bleiben müssen, wie ja etslich, etzlich u. a. in der Schriftsprache bis ins 17. Jahrhundert, mundartlich noch bis jetzt leben 8. Grimm wtb. III, 1178fil Auch vom got. aiththau aus kann man nicht zu ete gelangen, da der Vertreter von aiththau bei Notker überhaupt nur höchst selten vorkommt, dann aber in der form oda, odar erscheint (Gf. I, 147); ge- wöhnlich steht aide statt dessen. Gehen wir aber auf unser ""eths zurück, so musste dies alemannisch zu et werden wie nahts zu naht, diesem. et wurde dann ein vocal angefügt: eta, ete, wie ab = got. .af in der znsam- menrückung mit verbis zuaba, abe, mitsss got. mith in gleicher läge zu miti, mite wird, ethes und ete sind also beide aus zu gründe liegendem ^eths difperensirt. Wegen des Schwankens des auslautenden vocals ete, eta vergl. unta, unda neben unte, unde, übrigens ist eta

etymologien. 323

von Graff I, 146 nur aus Monseeischen und Tegernseeischen glossen belegt, im bairischen werden aber auslautende vo- cale leicht zu a vergl. Weinhold bair. gr. s. 16.

Sehen wir uns nach weiteren verwanten um, so bieten sich uns zunächst dar lat. ecqui, ecquis, ecquando, eccubi f^Ttov gl. Labb. Pott e. f. 11^ 138 schwankt, ob er in dem ec annehmen will: lat. ecce oder en oder einen imperativ von skr. ikä oder skr. eta-. Die herlei- tung von ecquis aus en-quis (Max Schmidt de pron. p. 55; Corssen I^ 106; Pauli ztschr. XVIII, 37) ist laut- lich nicht zu rechtfertigen und daher von Corssen 11^ 635 zurück genommen worden. Curtius ztschr. VI, 92 f. sucht in ec-quis ecce, welches er g. e. ^ no. 627 als imperativ von WZ. ak sehen mit unorganischer gemination des c er- klärt, lautlich könnte daraus ec gerade so entstanden sein, wie die aus dice. Auch wenn man mit Corssen U^ 636, 1026 e-ce theilt, kann man von da zu ec- gelangen wie von hi-ce zu hie. Doch ist die Übereinstimmung von ecquis mit ethes wer, jede kyj so unmittelbar über- zeugend, dal's man nicht daran denken darf ecquis als speciell lateinische bildung aufzufassen.

Europ. edes ist zu lat. *ed geworden wie sati(u)s zu sat, apas, pa^-ka (Weber ind. Studien II, 406) zu ab, supas zu sub (Kuhn ztschr. XV, 407). Aus *ed- quis ward aber ecquis wie aus quidquid quicquid (Corssen I* 209), aus atque ac. So hatte also 'Conr. Schneider elementarl. d. lat. spr. I, 242 recht ecquis aus etquis herzuleiten, nur durfte er nicht et und darin suchen. Durch die messung und theil weise Schreibung equid bei scenikern wird Ribbeck trag, fragm. II ed. p. LI zu der vermuthung veranlasst, dafs hier eine Zusammen- setzung des interrogativs mit der interjection e vorliege wie in equid em. Die messung equid wird jedoch nicht anders zu beurtheilen sein als öculto, sagita, vicisa- tim, similumae, satelites, supeleetili, über welche Fleck eisen krit. misc. s. 37 41 handelt. Sie kommt daher für die etymologie unserer pronomina nicht in be- tracht. Begrifflich steht ecquis, ecquid, ecqui u. s. f.

^ 21*

324 Schmidt

Doch auf einer älteren stufe als die mit ethes and abulg. jede zusammengesetzten pronomina, da sie als interroga- tive indefinita die mitte halten zwischen dem interrogativen ausgangspunkte und dem rein indefiniten Schlusspunkte der entwickelung, auf welchem die deutschen und slavischen pronomina angelangt sind.

Forschen wir nun nach der grundform des in rede praefixes, so gibt das lateinische über die ursprdDgliche Qualität des dentals gar keinen aufschluss, da io dem c von ecquis sowol ältestes t als d, welches seinerseits entweder urspr. d oder dh entspricht, assimilirt sein kann. Ebenso vieldeutig ist das d von abulg. jede. Dafs es sowol ans urspr. d als aus urspr. dh entstanden sein kann, ist be- kannt, es kann drittens auch aus t erweicht sein, vergl. gospodi = skr. gäspati-, hospit-; u-v^dati marces- sere = lit. pa-vystu, -vytau verwelken, engl, wither; vor tönenden consonantischen dauerlauten: jadro sinos^) neben ^tri intus = skr. antara-; sedmi = Septem; west- slav, -dlo = urspr. -tra-m. Urdeutsches th ist bisher nur als Vertreter von ursprünglichem t bekannt, oben s. 319 sind beispiele gegeben, in welchen ihm slav. d zur seite steht. Eins von ihnen zeigte th ^ urspr. dh: nauthjan = nqditi = skr. nädh, ebenso got. vithrus lamm, ahd. widar, widhar gl. Ker. hammel = h^^gig ' Touiag XQiog Hesych. (Grimm gr. III, 326; gesch. d. d. spr. 33), akr. vadhri- entmannt; anord. thrnÖTr stark == lit. drü- tas fest, vergl. skr. dhruv-a; ags. thrlste, nbd. dreist == skr. dhfäta-. In zwei beispielen zeigt sich sogar th einem indogermanischen d gegenüber: neitha- ntr. neid, vgl. ovecSog, skr. nid schmähen verachten, während in ga- naitjan schmähen, ahd. neizzan regelrechte Verschie- bung eingetreten ist; qithan, lit. ^ade'ti sagen, sprechen, skr. gad-ati**).

*) D. i. jcdro, wie sich oft edra, n-edrechü g^eschriebcfi tindet, auf e weist auch serb. njidro sinus^ welches Miklosich les. 8. r. aas Mikaljas thesaurus anführt, e ist aber aus § entstanden, wie poln. Jf drt das innerste, kern, beweist, vergl. verf. z. gesch. d. indog. voc. I, S5 fll

**) Abulg. gadati errathen, welches filiklosich lex. ma akr. gsd, lit. iade'ti stellt, ist nicht verwandt, wie schon das g gegenüber lU. t be

etymologien. 325

Ein drittes beispiel der art scheint nnser ethes zu sein. Im vedischen sanskrit wird nämlich das adverb adas dort, damals häufig, im Rigveda stets, mit relativen ver- bunden, in der regel ohne deren bedeutung zu verändern: jad adas so wie jatra adas dort wo. Doch verleiht es ihm hin und wieder eine indefinite oder nahe ans indefi- nite streifende bedeutung

jad adö 'dö 'bhjagaKKhara A. V. 16, 7, 9, wohin immer ich gehe; jad adas kann zuweilen fast gerade so gut durch „wann auch immer" wie durch „wann", „wenn" übersetzt wer- den z. b.:

jad adö väta te grhe 'mftasja nidhir hitä: | tätö dehi glvase Rv. X, 186, 3;

wenn (wann auch immer, so oft als), o wind, in dei- nem hause das amrta aufgestellt ist, dann verleihe uns zu leben.

jad adö divö arnava isö mädathö grh^ | prutam in amartjä Rv. VIII, 26, 17;

wenn (wann auch immer) ihr euch in der fluth des himraels oder im hause des trankes berauscht, dann hört auf mich, ihr beiden unsterblichen. Aehnlich wie hier adas mit dem relativum verbunden ist, schliefst sich europ. edes an interrogativa.

9. probrum.

Pröbrum leiten Döderlein syn. u. et. VI, 285 und Curtius g. e. ^no. 411 von proferre ab. Corssen wendet mit recht dagegen ein, dass die composita von ferre ihr f im inlaute nicht in b wandeln und erklärt das wort mit Ramshorn aus *prohibrum vorhält, Vorwurf (krit. beitr. 352, ausspr. 11^, 683). Dem steht aufser der verschiede- nen Quantität von pröbrum und pröbere =s prohibere (Lachm. z. Lucr. p. 187 f.) die bedeutung entgegen, denn

weist. Es gehört zu goditi gefallen, goditi sich ereignen, zutreffen, bedeutet also ursprünglich nur gefHllig, zutreffend sein und gelangt so zur bezeichnung des gefälligen, zutreffenden redens. Es gehört zu got. göds; lit. gadyti und zubehör können slavische lehn Wörter sein.

336 Schmidt

prohibere bedeutet nie vorhalten, vorwerfen. Vielmehr schlielst sich probrum unserem frevel an. Ahd. fravali adj. procax, protervus, improbus, pertiuax, contumax (Graff III, 823), fravali subst. f. temeritas, protervitas, in den Frankfurter glossen frabari pertinacia, [mjeginfrabari temerariae (Massmann denkm. dtschr. spr. u. lit. d. 8 16. jahrh. s. 84, 16. 89, 144). Ulpian sagt über probrom: probrum et opprobrium idem est. Probra autem quae- dam natura turpia sunt, quaedam civiliter et quasi niore civitatis, ut puta furtum, adulterium natura tnrpe est: enim- vero tuteiae damnari hoc non natura probrum est, sed more civitatis: nee enim natura probrum est, quod potest etiam in hominem idoneum incidere; Dig. 50, 16, 42. Als pro- brum wird also jede that qualificirt, welche die von der sitte oder vom gesetze gezogene schranke übertritt. Belege ans der ältesten spräche: omnia propalam sunt probra Plaut. Casin. V, 3, 3: tua probra aperibo omnia Truc. IV, 2, 30. nunquam mecastor reperies tu istuc probrum penes nos (nämlich, dass wir dir deine tochter heimlich geraubt haben) Poen. V, 4, 71. probra colere als gegensatz zu pa- triam colere Naev. com. 93. Mhd. vrevele f. bedeutet 1) kühnheit, 2) vermessenheit, 3) die aus vrevel entsprin- gende gewaltsame Verletzung des rechts oder der gesetze, nach Grimm K. A. 644 werden damit nur geringe ver- gehen bezeichnet. Besonders wird probrum auf vergehen des weibes gegen die sitte angewandt; probrum intelle- gitnr etiam in bis mulieribus esse, quae turpiter viverent volgoque quaestum facerent^ etiamsi non palam. Et si qua so in eoncubinatu alterius quam patroni tradidisset, matris tamilias honestatem non habuisse dico; MarceUos in Dig. 23. 2, 41. So definirt Festus p. 229 M. unter anf&hrung zweier ven^e des Attius und Caecilius probrnm durch stuprum, flagitium: ea tum compressa parit hnic pnemm, sibi probrum, Caecil. com. 26 Ribb. insimulabit eam pro- bri PI. Amph. L 2, 15, ähnlich IH, 1, 9. 2, 1. 6- MiL 396. ö09. viti probrique pleua Mil. 423. Entsprechend wird travili Otfr. HL 17, 62 specialisirt als hnarlnst ▼. 64. Ein vrouwe sol niht vrevelich schimphen (unanstindig

etymologien. 327

scherzen), daz stät vröuwellch; wälsche gast v. 397. Von der anderen seite betrachtet ist probrum der aus einer gesetz- oder sittenwidrigen that entspringende schimpf und weiter die beschimpfung: omnibus probris, quae improbis viris digna sunt, dignior nuUus est homo, Pi. Bacch. 620. probrum castis inferre Cic. Coel. 18. Damit vergleiche man Otfr. IV, 19, 76: Thaz (dass ihm ins gesiebt gespien und er geschlagen wurde) tbult er in then stunton bi unseren sunton, al io theso fravili thuruh thio unsere ubili. Pro- bra sind endlich schimpireden : incitans probris Att. trag. 438. honestam gravidavit probro Caecil. com. 223. probra Therapneae qui dixerat ante maritae, mox cecinit laudes prosperiore lyra, Ovid A. A. III, 49. Vergl. der zuht wirt gram, der sider redet vrevel üf vrouwen stam, Frauen- lob 311.

Das bisher beigebrachte wird genfigen, die enge Ver- wandtschaft von probrum und fravili zu erweisen. Beide weichen jedoch in sofern von einander ab, als pro- brum schon durchweg etwas unsittliches, ungesetzliches und weiter die aus der unsittlichkeit dem thäter erwach- sende schände, dann schände, schimpf, beschimpfung über- haupt bedeutet, während im deutschen die dieser aus- schliefslich pessimistischen anwendung vorauf liegenden Stadien der begriffsentwicklung noch erhalten sind. Mhd. vrevel, vrävel adj. 1) kühn, unerschrocken, 2) vermes- sen, verwegen, fibermüthig, frech; vrevele subst. fem. 1) kühnheit, 2) vermessenheit, 3) rechts Verletzung; belege sehe man im mhd. wörterb. von MüUer-Zarncke und in Grimm's Wörterbuch. Auf grund des fränkischen farfa- lius, farafalius und Jeroschins vor- evele neben gleich- bedeutendem evele hat Grimm wtb. IV, 171 ff. das ahd. fravali, frabari als Zusammensetzung aus far, got. fra- und dem als simplex verlorenen althochdeutschen Vertreter des anord. afl robur, got. abrs stark erklärt. Die ety- mologie von abrs ist leider noch nicht ganz klar. Schwei- zer in Höfer's zeitschr. II, 207, vergleicht es mit skr. äbhva-, ibha-, oipskog^ ocfiXku), ocpXiaxdvWj ofACfirvta^ Aufrecht in dieser ztschr. II, 147 mit äcpsvog^ welche zu-

33B Schmidt, et3rmologien.

sammenstellaDg er ebenfalls als Schweizer gehörig angibt a-bhva- gehört aber zu bhü s. B-R. und in ibha- macht das i in betonter silbe die berleitung von einer wz. abh schwierig. a(fevn^ ist = skr. apnas (s. Curtius g. e. no. b53) und steht wie off^hjg u. s. w. dem got. abrs be- grifflich nicht sehr nahe. L. Meyer got. spr. s. 63 ond Fick iudog. wtb. 12 vergleichen abrs mit skr. ambhas- gewalt, für cht barkeit und ouSoiuo^^ uioiuo^^ von allen bis herigen die wahrscheiniichäte vergloichung. Auch scheint nicht unmöi^lich, dass die von Fick 11 einander identifi- cirten skr. ahraja- üppig, strotzend, keck, stolz, kraft- bewusst, lat. ebrius üppig, trunken hierher gehören. Auf jeden fall kann dem b des got. abrs, mag es nun aus Ur- sprung!, bh oder [) entstanden sein^ lat. b entsprechen, da auch urspr. p vor r zu b werden kann s. Corssen I* 12711 In dem ö des lat. p r o b r u m ist also der anlautende ▼oca. der Wurzel untergegangen, deu ich nicht zu reconstruireD wage, das 0 braucht dämm nicht lang geblieben, vielleicht überhaupt nicht verlängert gewesen zu sein, vgl. manu- biae, manu-brium aus *manu-hibiae, ^-hibriam (Corssen 11*^, iJKJI. Probrum ;ds vereinzeltes wort denn der zusammen hau;; mit ebrius, wenn er Qberhaapt bestanden hat, konnte vom Kömer nicht mehr geflkhlt wer- den — konnte seinen wurzelvocal in dem vocale der prä- position leicht ohne debnung aufgehen lassen, viel leichter als wenn der oben abgewiesenen etymologie zu fol^ zu- gehöriges p rubere mit langem vocale daneben bestand. Wichtig ist aber die Übereinstimmung von probram und frevel in doppelter hinsieht, einmal haben wir so zo den nicht zahlreichen compositen, welche Ober das sonder- leben der einzelnen sprachen hinausgehen^ ein neues hinzii gewonnen, dann aber ist das vorkommen desselben wertes hei den Römern und Deutschen tilr die vergleichende Sit- tengeschichte bedeutsam, indem es die auf diesem gebiete mehrfach üher«?instimmend(>u anschauungeu beider Tölker ivergl. Bugge stud. IV, 'Jn:{ «. 341 f.), welche laut gegen eine gräcoitaiische einheit zeugen, vermehrt.

Johannes Schmidt

Schweizer-Sidler, anzeige. 329

Specimen grammaticura. Commentatio philologica, quam in pu- blico defendet Guilelnius Weissbrodt. Confluentibiis 1869.

Index lectionura in Lyceo Regio Hosiano Brunsbergensi per aestatem a. 1872 instituen darum. Praecedit Wilhelmi Weissbrodt quae- stionum grammaticamm part. II.

Diese beiden Schriften, die erstere eine Münstersche doctordissertation, die zweite eine Braunsbergisehe pro- grammabhandlung, verdienen auch in der Zeitschrift f&r Sprachvergleichung, welche ja den altitalischen sprachen eine ganz besondere aufmerksamkeit zuwendet, angezeigt und besprochen zu werden, hat doch schon ein mann wie Corssen in den nachtragen zum zweiten bände seines grofsen Werkes s. 1002 der ersteren mit ehren gedacht.

Hr. prof. Weissbrodt will in diesen grammatischen Untersuchungen, welche er auf grund alter lateinischer inschriflen führt, zunächst nur einzelne punkte verfol- gen, wie denn hier die entwicklung und Verbreitung der consonantengemination zum hauptgegenstande gemacht ist^ doch so, dass in bemerkungen und excursen auch andere lateinische Spracherscheinungen, namentlich solche, welche zur bestimmung der zeit und des Charakters gewisser In- schriften dienen, theils berührt, theils einlässlicher behan- delt werden. Die Untersuchungen sind mit grofser umsieht und besonnenheit und mit bedeutendem methodischen ge- schicke geführt, wie wir es von einem wohlbefähigten Schü- ler Kitscheis erwarten dürfen.

Einleitend anerkennt der Verfasser natürlich freudig, dass arbeiten auf diesem felde erst durch Mommsens, Ritschels, Hübners und anderer neuerer forscher grofsartige be- mühungen um eine genaue darstellung der lateinischen inschriften eine sichere grundlage gewonnen haben, macht aber darauf aufmerksam, dass auch jetzt noch über einigen Schreibungen, die gerade für die grammatik nicht so ganz unbedeutend seien, zweifei schwebe, wenn z. b. Ritschels tafeln nicht mit Mommsens darstellung stimmen, gibt bei- spiele von syntaktischen erklärungen Mommsens und Hüb- ners, die nicht genügen können, weist nach, dass in Hüb-

330 Schweizer-Sidler

ners index zum ersten bände des Corpus Inscript., der ja im ganzen alles lob verdiene, manche bericbtigung sich anbringen lasse. In all diesem tritt der Verfasser jedoch mit geziemender besebeidenbeit auf. Seite 4 ist gelegent- lich von dem alt römischen zeichen OV die rede, und es wird auch hier mit recht, wenigstens für die ältere zeit, dessen gleichlautung und gleichbcdeutung mit dem gemein- griechischen tjv gehlugnet, mit zweifelhaftem rechte aber der meinung Mommsens und Ritschels beigetreten, dass auch im lateinischen selbst vor den härtesten consonanten das in OV erscheinende V consonant sei.

Durch eine mit rOhmenswerther akribie angestellte Un- tersuchung Qber die in der lex repetundarum (631 oder 632 d. st.) und in der lex a^^raria (643) mit doppelten oder ein- fachen consonanten autlretenden oder zwischen beiden Schreibungen schwankenden worter gelangt der Verfasser zu dem von den bisherigen annahmen abweichenden resnl- tate, dass die zeitlich auseinander liegenden und in vielen punkten unter sich wesentlich verschiedenen denkmale in der angefahrten beziehung fast durchaus übereinstimmen^ und uns diese beiden gesetze den gebrauch der gemination, wie er etwa im ganzen Zeitalter der Grachen von den Rö- mern anerkannt war, erkennen lassen. Dies berechtigt schon iiQr sich zu der annähme, dass in diesen gesetzen cousequent mit einfachen consonanten geschriebene wör> ter auch von Ennius, dem begrfmder der Schreibung deut- lich doppelt gehörter consonanten, so geschrieben worden seien, dass also in bestimmten fällen die neuerung der dop- pelten Schreibung erst nach der mitte des siebenten Jahr- hunderts eintrete, dass ebenso in bestimmten anderen fie- len schon von Ennius consequent geminirt wurde, wShrend in dritten von anfang an ein schwanken bestehen mochte.

In der zweiten schritt untersuchte hr. W. die Scipio- neninschrifton und die übrigen inschriften der republik und findet hier seine resultate aufs schönste bestätigt. Nach diesen Untersuchungen dürfen wir als sicher besonders das aufstellen, dass man von Ennius bis nach der mitte des sie* beuten Jahrhunderts esse, esset, aber fuise, legisSi

anzeigen. 881

amase (?), fuisem, habuisent, und bis in den anfang des achten Jahrhunderts iusit, sufragium schrieb und die in diesen Wörtern einfach geschriebenen eonsonanten gewiss auch nicht geschärft ausgesprochen wurden. Der Verfasser deutet schon selbst darauf hin, dass dies und der consequente unterschied in der Schreibung von esse, essem, fuisem, legise, legisem fQr die erklärung die- ser formen von bedeutung sein dürfte: „quo controversiam, quae inter Boppium, Pottium, Curtium de origine gemi- natae S in verbo sum et infinitivis perf. coniunctivisque plusquamperfecti extitit, componi posse existimo." Sie spreche, meint wohl der verf., schon dafQr, dass in esse die w. es mit der infinitivendung -se, in essem die w. es mit -sem componirt, dass aber die spätere Verdoppelung von s in fuisse, legissem u. s. f. rein lautlich und ohne etymologische bedeutung sei. Das scheint uns nun nicht so ausgemacht; wir theilen zwar über die erklärung der an- geführten formen die meinung des Verfassers, wie wir die- selbe zu errathen glauben, aber sollte nicht von Ennius und lange hinaus eben nach langen vocalen einfaches s auch da geschrieben worden sein, wo etymologisch ein doppeltes begründet war, welches dann auch früher oder später eintrat, lieber iusit (iousit) gibt hr. W. keine an- deutung, wie er hier das einfache s auffasst. Die Schrei- bung sufragium begründet er bestens mit einer stelle Quintilians.

Es ist nicht dieses ortes ausführlicher auf das feine kriti- sche verfahren einzugehen, mit welchem der Verfasser die Chronologie oder den inneren charakter mehrerer Inschrif- ten bestimmt hat, während einige resultate, welche uns be- sondere anmerkungen und excurse bringen, wohl mitgetheilt zu werden verdienen.* S. 17 der doctordissertation gibt der Verfasser als resultat seiner Untersuchungen über den Wechsel von hice und hie (hasce und hisce sind natürlich be- sonders zu beurtheilen), dass die gesetze bis ungefähr in die mitte des 7. jahrh. mit einer einzigen ausnähme (hac civitate,l. rep. B. 12) die längere form beibehalten haben, die übrigen denkmale aber mit sehr seltenen ausnahmen die

332 Schweizer-Sidler

▼ollere form nicht kannten. Ein post hac im S. C. de Bacch. sei daraus zu erklären, dass diese beiden wörtef längst unter einem accente als post hac ausgesprocheD worden seien. Und ganz ähnlich wie mit hice, hie' rer- halte es sich mit utei, ut.

Die programmabhandlung schliefst mit einem excurse über OV (ov, ou, u), VO (vo, uo), VV (uv, uu, vu). Was die letztere gruppe betrifft, so wird nachgewiesen, dass ot am leichtesten und frühesten eingang finden musste (schon seit dem ende des 7. jahrh.), weil die beiden laute za zwei ver- schiedenen Silben gehörten, dass aber auch uo aas dem- selben gründe früher auftrete, als vu, welches dem römi- schen obre in ähnlicher weise wie ji, an welches letztere die latiuität sich nie gewöhnte, misbeliebig war.

Wir schliefsen mit dem wünsche, dass hr. Weilsbrodt die Veröffentlichung so gediegener Untersuchungen bald fort- setzen möge.

üeber spräche als aasdrack nitionaler denkwetse (Berlin. Dammler 1869) o. Ueber den begriff d«r liebe in einigen alten and neaen sprmchen. Beriin 1872

sind zwei vortrage von dr. C. Abel betitelt, welche recht anmuthige beitrage zur allgemeinen psychologie und zur Völkerpsychologie von seite der spräche liefern. Der YerL lässt sich dabei nicht sowohl auf den Ursprung der behan- delten Wörter als auf eine im ganzen gewiss gelungene de- fiuition ihres gehaltes im literarischen sprachgebranche «d.

Etymologi:»^he nntersachnngen über -911I. sned und venrandte wnmln. Ton J. Meister. Wien 1872.

Leider vermögen wir es nicht diese pn^ranunabhand- lung freundlich zu begrüisen. Eine grolse massc von Stoff wird hier in höchst unmethodischer weise zusammengewor- fen. Wir können uns nicht darauf einlassen zu widerlegen und begnügen uns als grund unseres urtheils und unserer Unterlassung einige wenige beispiele anzuf&hren. S. 2 Sa" xovua lacry ma (aus öv-tx^v = doppdansfluss) itan^

anzeigen. 883

Sov la-pid == SiccnsSov; dingua-lingua (aas diin- qaula = die zwischenliegende). S. 9. Pes und novg ge- hören selbstverständlich auch zu s u e d. Ilovg ist demnach der unterste, auf dem die last eines korpers ruht (sitzt); fufs einer säule, eines berges ist demnach etymologisch kein tr opus.

Dergleichen kehrt auf jeder seite wieder.

De nominibus »o suffixi ope formatis. Dissertatio inauguralis, quam scripsit Godofredus Fridericus Aly. Berolini 1873.

Der Verfasser wollte einmal blos die formen sammeln und ordnen, in welchen das sufßx lo auftritt, ohne auf dessen bedeutung näher einzutreten; zweitens behandelt er absichtlich nicht die neutra auf lov und die feminina auf -^a, -£?;, -£or, €t], Dass unter den benutzten Schriften die ausführliche abhandlung Beufey's, Göttingen 1871, nicht aufgeführt ist, muss uns billig wundern. Hr. Aly durch- mustert nun in organischer Ordnung zuerst die primitiven uomina mit diesem sufHxe, in einem zweiten capitel die derivierten so, dass er zunächst die betreffenden Wörter zu- weilen mit etymologischen kurzen bemerkungen aufttihrt, dann die resultate der bisherigen, namentlich sprachver- gleichenden forschung kurz angibt und prüft. Wie er selbst sagt, folgt er dabei vor allen anderen seinem lehrer Cur- tius, worüber ihn niemand tadeln wird, zumal, da denn doch auiser der Sammlung des Stoffes manche beobachtung dem verf eigenthümlich ist.

Zürich, im Juni 1872.

H. Schweizer-Sidler.

334 G. Meyer

De infiiiltiv linguaram sanscritae bactricae persicae graecae oscae nm- bricae latinae goticae forma et usii. Scripsit Eugenias Wilhel- mus. Isenaci 1878. YIII und 96 ss. lex. 8.*)

Nach der in mehr als einer hinsieht unerquicklichen schriflb von Alfred Ludwig über den infinitiv im veda (Prag 1871), die ihre gebührende Würdigung in dieser Zeitschrift durch B. Delbrück {XX 212—240) erfahren hat, ist die vorliegende arbeit als ein durchaus erfreulicher und höchst werthvoller beitrag zur Sprachwissenschaft, speciell zur vergleichenden syntax zu bezeichnen, der, gestützt auf eine genaue und sorgfältige kenntnis des vedischen Sprach- gebrauchs, besonders für die syntaktischen gebraucbsweisen des griechischen, lateinischen und gotischen infinitivs höchst reichhaltige Zusammenstellungen giebt. Der Verfasser, der bereits 1869 ein programm de infinitivi vi ac natura ver- öffentlicht hatte, beginnt mit einem kurzen rückblick auf die früheren arbeiten auf diesem gebiete und einer zusam- menfassenden geschichte der entwicklung der ansiebten über das wesen des infinitivs. Wir haben von der einschlägi- gen literatur eigentlich nur die abhandlung von C. Fritsch de substantia in verbo constituta vel de participio et In- finitive commentatio. Görlitz 1865. 28 ss. 4. vermisst, die zwar sehr wenig selbständiges enthält, aber immerhin manche interessante, wenn auch von sehr problematischem Standpunkte aus gegebene Zusammenstellungen bietet und auch die semitischen sprachen in den kreis ihrer betrach- tungen gezogen hat. Der erste theil der abhandlung be- handelt die formelle seite des infinitivs, in der, bis auf eine reiche beispielsammlung aus rigveda und zend-avesta, ver- hältnismäfsig am wenigsten neues geboten wird. Nach ein- ander werden besprochen die von stammen auf tu gebil- deten infinitive auf tum (accusativ): latein. supinum auf tum, umbrisch tum tom, auf tave (dativ), taväi (dativ fem.; eine erklärung der auffallenden erscheinung des dop-

*) Die mit S.-S. bezeichneten anmerkungen sind einer uns später sn- gegangenen anzeige des lirn. prof. Schweizer-Sidler entnommen.

Die redaction.

anzeigen. 3S5

pelten accentes bei diesen infinitiven, z. b. j6-taväi wird auch hier nicht gegeben), tös (ablativ-genetiv), ferner die accusative des reinen Stammes z. b. ä-näm-am: umbr. oskisch um om"^), genetive und ablative auf as, dative auf e und äi, zd. e. In der erklärung der griechischen aorist- infinitive auf aav achliefst sich Wilhelm au Bopp an, der sie als dative von consonantischen stammen (z. b. kva kia-ai) deutete, während Schleicher (Comp. ^ 364) locative von Stämmen auf a (z. b. Ivaa-) darin erblickte. Mir scheinen diese infinitive nicht so scharf, wie es von Wil- helm und seinen Vorgängern geschieht, von denen auf ase (oder ase) getrennt werden zu dürfen. Diese infinitive werden gedeutet als dative von neutris auf as (Wilhelm s. 11). Wenn man sich daran erinnert, dass sie vom prae- sensstamme gebildet werden und dass bei solchen praesens- stämmen, die auf a auslauten, nur se antritt, während solche, die nicht auf a auslauten, asä erhalten (z. b. glv giva-ti glva-se, Kar Kara-ti Kära-se, i eti, äja-se) so liegt es nahe, den unterschied zwischen den formen auf aai und denen auf as6 darin zu sehen, dass in jenen die endung se an den reinen, in diesen an den bereits durch sufSx a geformten stamm getreten ist, dass also das Ver- hältnis dasselbe ist wie in der nominalbildung zwischen do^T7]'g und yspi-rrj-g (und ebenso bei andern Suffixen, wo man £ als reinen hilfsvocal zu deuten pflegt, wie tign-ai^g und yive-ai'g). Was wir dann in dem s von se zu erken- nen haben, ob wirklich einen rest der wurzel as sein, das ist eine weitere frage, die sich nicht entscheiden lässt, ohne auf den Ursprung von suffix as einzugehen, fbr das eine einstige vollere form asi und weiter vielleicht ati wahrscheinlich ist, so dass trotz der abweichung im ge- schlecht (eine spätere differenzierung) Verwandtschaft mit Suffix ti in der eben angegebenen weise vielleicht nicht ab- zuweisen ist. Damit fällt dann auch die nothwendigkeit

*) Von den auf das oskische bezüglichen bcmerkungen s. 8 bedürfen einige der berichtignng, da Enderis „Versuch einer formenlehre der oakischen spräche^ von Wilhelm noch nicht benutzt worden ist S.-S.

336 G. Hejer

in den lateinischen infinitiven es-se da-re fer-revel-Ic einen ausfall des a anzunehmen (Wilhelm s. l?), der dardi nichts begründet ist, da man nicht absieht, warum es dtr spräche nicht verstattet gewesen sein sollte z. b. vel-ere zu sagen, sondern diese formen stellen sich ebenso zu ixh acu TifTi-aca wie vive-re zu givä-se*) und ebenso sind die formen dixc decesse traxe surrexe nicht synko- piert, sondern auf die nämliche weise, wenn man will, aoristisch gebildet (dic-se = ötlx-aaiY*). Im weiteren verlauf kommt der Verfasser auf die fast von jedem erklä« rer anders gedeuteten lateinischen passivinfinitive zusprechen. Er verwirft mit Corssen (P 723 anm.) die neueste erklä- rung Schoenbergs (amüsi-ai-se als dativ eines i-stam- mes amäsi), die mir indessen durch den angriff Corssem noch keineswegs unhaltbar gemacht scheint; denn dass die as- stamme (ös ös es) im lateinischen wirklich eine stamm* erweiterung zu i- stammen erfahren haben, das wird sieb nicht ableugnen lassen; denn wenn wir auch das 68 des nominativ phiral nicht gerade besonders betonen dörfen, das eine analogiebildung sein wird, so spricht aufser dem dativ plural auf ibus, wo i nicht wie in den fremdwör- tern gym-i-nasium hym-i-nis euphonische stQtze sein kann, auch ihr erscheinen im ersten gliede von Zusammen- setzungen (/. b. foederi-fragus honori-ficus) zu deut- lich daftlr, wo i woder hilfs- noch bindevocal ist, sondern eben eine vocalische Stammerweiterung. Was die eigene erklärung der in frage stehenden infinitivformen betrifft, so schliefst sich Wilhelm im ganzen an Corssen an, der amärier aus amü-s-ie-se, agier aus ag-ie*se deutet; aber während Corssen in jenem ie das nominalsuf&x ie ia (materie-s materia) erkennt, sieht Wilhelm darin das

*) reb«r die quantität de5 auslaatenden e im Imteinisclieii warn Wagners Untersuchungen zu beachten. Es scheint uns erwieflen, dftss «e eiut -e. -ei p.>wesen sei. d. h. daä^ wir die echte alte ilativ-endimg vor mtf haben. S.-S.

**'t Zweitelliatl ist da» vi>n Schleicher angenommene perfectthema aif -is und damit die vtui Wilhelm :»• 12 ^gebene deutang der perfectinfi&itln auf -i*s€. Vjjl. oben -». ;531. S.-i>.

anzeige. 3^

im indischen und altbaktriscben passivbildende saffix ja (tiid-jä-te s=s tunditur) von w. ja gehen. Mir scheint diese erklärung genau so problematisch wie die früheren; ihr bauptmangel, der sie noch hinter der von Corssen zu* rückstehen lässt, liegt darin, dass der passivbegriff nach ihr doppelt ausgedrückt erscheint, nämlich einmal durch dieses passivbildende sufi&x j a *und dann durch das pas- sivbildende reflexiv se, das Wilhelm mit Corssen in der letzten silbe erkennt. Dieser übelstand würde wegfallen, wenn man in diesem se (von legiese) nicht das reflexiv- pronomen, sondern das infinitivbildende s6 (wie in es-se und den andern oben angeführten) erblicken wollte, so dass das ganze eine infinitivbildung von dem passivstamme legie (d.i. * leg -ja) wäre, entsprechend bis auf die bedeu- tung etwa dem activen indischen infinitiv puä-ja-se zu puä püä-ja-ti nähren, gedeihen. Aber freilich bleibt dabei das erste s von ama-s-ie-se (amarier) noch im- mer unaufgeklärt, und dann ist es immerhin mislich einen derartigen im lateinischen sonst nirgends mehr nachweis- baren passivstamm für diese eine form anzusetzen und in einer so späten neuschöpfung diesen alten gebrauch von sufBx ja erhalten zu glauben. Die infinitive auf man6 sind nach Wilhelm dative von stammen auf man, nicht mit Schleicher und Curtius locative von nominibus auf mana, ebenso wie die auf ang (evai) von solchen auf an. Andere einzelheiten übergehen wir; der Ursprung des <f von a&ai eat^^at im Verhältnis zum indischen dhjai adhjai wird auch hier unerklärt gelassen; mir scheint die Schlei- chersche ansieht, wonach das a einer analogiebildung nach andern medialformen wie aös öd'ov a&rjv a&cov seinen Ur- sprung verdankt, noch immer die wahrscheinlichste.

Der zweite bedeutend umfangreichere theil (s. 25 ff.) behandelt den syntaktischen gebrauch des infinitivs beson- ders im veda und den beiden classischen sprachen. Es liegt uns fern, etwa an den aufFassungen einzelner stellen kleinlich mäkeln zu wollen, wo mit so umfangreicher be- lesenheit und so umsichtiger methdde die hauptresultate fast durchweg sicher erwiesen hingestellt werden. Wir be-

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 4. 00

338 G. Meyer

schränken uns darauf, in kürze den gang der antersoobtuig zu recapitulieren. Der Verfasser geht aus vodq gebrauch des dativs und schlieist sich darin zunächst deD grund«* legenden Untersuchungen von Delbrück über den vediachai dativ (diese Zeitschrift XV III 81 ff.) an ; grundbedeutong des dativs ist die richtung auf etwas, wie aus dem yedi- sehen, altbaktrischen, den classischen sprachen, dem goti- schen und angelsächsischen nachgewiesen wird, daraus ent- wickelte sich die bezeichnung der wirkung oder absieht einer thätigkeit. So steht er im rigveda oft bei kar und dhä, womit sich der gebrauch von facere (und nouiv) mit dem infinitiv statt mit u t vergleichen lässt ; ebenso bei as und bhü, ein gebrauch, der nur im lateinischen usoi esse u. a. bewahrt ist. In diesem sinne nun stehen dati- vische Infinitive bei verschiedenen verbalclassen, wie sie s. 39 ff. mit einer reichhaltigen beispielsammlung ao%efClhrt werden (gehen, kommen, eilen, schicken, werfen, wenden, treiben, fliefsen, giefsen, ausdehnen, führen, bringen, auf- stehen, aufheben, da sein, stellen, bereiten, geben, schaffen, geboren werden, erregen, schützen, melden, anrufen, ver- langen, wählen, nehmen, preisen, ehren, ergötzen, verbin- den; die anordnung ist, wie man sieht und der Verfasser selbst zugiebt, etwas bunt, aber es mochte wol schwer sein in diese menge von zum theil so heterogenen begriffen mehr System zu bringen). Ganz in der nämlichen weise erklärt sich der sogenannte epexegetische gebrauch des Infinitivs bei Homer und der infinitiv bei Substantiven und adjecti- ven um den begriff derselben genauer zu bestimmen, wie er aus dem griechischen bekannt ist, aber auch aus rig^- veda nnd avesta nachgewiesen wird; die lateinischen dich* ter haben diesen gebrauch nachgeahmt. Dieselben adjeo- tiva haben im lateinischen das supinum auf tu, das, trotz der entgegenstehenden ansichten der meisten seit Bopp, vom Verfasser ganz richtig als dativ = tui erklärt wird. Der gebrauch von locativen als infinitiven erklärt sich daraus, dass der locativ entweder den ort disr ruhe oder des Zieles (auf die frage wohin?) bezeichnet und in letste- rem sinne nahe berührung mit dem dativ bat Der aooo-

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anzeige. 339

sativ bezeichnet ebenfalls das ziel bei den verben der be- wegung, eine gebraucfasweise, die aus sanskrit altbaktrisch altpersisch griechisch und lateinisch belegt wird und die Verbindung von infinitiven auf tum und am im veda mit solchen verben veranlasst hat, was dem umbrisch-lateini- schen supinum auf tum genau entspricht. Andere vedi- sche accusativische infinitive stehen als object bei verben, die auch sonst den accusativ verlangen; aus dem zend ist dieser gebrauch überhaupt nicht zu belegen. An diese Ver- wendung schliefst der Verfasser die construction des accu- sativ mit dem infinitiv an, die dem vedischen sanskrit und dem altbaktrischen fremd ist, vereinzelt sich im späteren sanskrit findet. Der Ursprung der construction ist schwie- rig zu erklären, vielleicht hat man nach Wilhelm auszu- gehen von dem allen indogermanischen Völkern gemeinsa- men accusativ mit dem particip. Jedenfalls ist in dieser verbindungsweise die ursprüngliche casuelle natur des In- finitivs bereits erloschen, wie auch in den s. 66 fi*. bespro- chenen gebrauchsweisen als object im sinne eines dativ lo- cativ genetiv ablativ nach verschiedenen verben; und eben darin scheint mir ein fühlbarer mangel in der sonst so ge- nau aneinander schliefsenden auseinandersetzung des Ver- fassers zu liegen, dass er nicht genügend hervorgehoben und entwickelt hat, wie der infinitiv allmälich zu dieser so zu sagen absoluten bedeutung gekommen ist. Zur zeit der entstehung der epen der Inder hatte er jedenfalls schon seine ursprüngliche bedeutung verloren, im althochdeutschen und angelsächsischen wird er sogar declinirt (s. 88)*). So konnte er im lateinischen als infinitivus historicus gebraucht werden, um eine handlung ohne rücksicht auf person und zeit zu bezeichnen. Dagegen wird in den imperativisch gebrauchten infinitiven (im veda nur die auf dhjai und sani, altbaktrisch djäi, griechisch a&ai und eiv) noch die ursprüngliche bedeutung des zieles nachgewiesen: vrjvöiv

*) Richtiger ist wohl Scherer's ansieht (z. gesch. d. d. spr. 474), dass in diesen deutschen formen Weiterbildung durch suffix j a vorliegt. Wilhelm« annähme s. 15, dass in den gotischen Infinitiven auf -an die dativendung *-ai fortgefallen sei, unterliegt gleichfalls nicht geringen bedenken. S.-S.

22»

340 FSntemaim

kTtiüasvsa&ai hiefs eigentlich: zum stürm auf die schifie! der versuch indess, den beiden stellen Verg. Aen. II 707 m 405 einen solchen infinitiv zu vindiciren, muss als yer- fehlt gelten und ist auch durch den offenbaren graecismus bei Valer. Flacc. III 412 nicht erwiesen. Eine kurze be- sprechung der rection des infinitivs, wobei die Tedische attraction bei dativischen infinitiven, indem das object dazu in den dativ statt in den accusativ tritt, berfihrt wird, schliefst das buch, das auch in seiner äufseren ausstattuog des gediegenen inhalts durchaus würdig erscheint.

Gotha im märz 1873.

Gustav Mejer.

Andresen, K. G., die altdeutschen personennamen in ihrer entwickelnng und erscheinung als heutige geschlechtsnamen. Mains 187S. Ym u. 101 SS. 8.

Seit mehr als einem Jahrzehnt hat der Verfasser neben andern verdienstlichen arbeiten sich eingehend mit dem Studium unserer eigennamen, besonders der familienn^men beschäftigt. Die fruchte dieser Studien sind ziemlich zer- streut; 1862 erschien seine abhandlung „die deotscbeo familiennamen'^ zum zehnten Jahresbericht der realschale zu Mühlheim an der Ruhr; in Herrigs archiv für neuere sprachen finden wir bd. 42, s. 409 432 „die heutigen fa- miliennamen auf -mann^ und bd. 43, s. 395 404 ,|impe- rativnamen^; in den neuen Jahrbüchern für philologie und paedagogik bd. 87, s. 209 213 „über eine art zusammen- gesetzter familiennamen'^, und ebds. bd. 89, heft 3 jyfiEuni- liennamen auf -holz, -wald und -gold^. In dieser Zeit- schrift gehören hierher bd. XVII, s. 282—291 „Hoffinann von Fallersleben und die deutschen familiennamen^, bd. XVIII, s. 79—80 „Lachmann«, bd. XVIII, 216—236 eine anzeige von „Franz Stark die kosenamen der Germanen'. Anderes mag mir für den augenblick entgehen. An all diese kleineren arbeiten schliefst sich nun das hier ange- zeigte buch, das den umfangreichsten und man kann sagen echtesten theil unserer heutigen familiennamen behandelt.

tnzeige. 341

Der Verfasser findet selbst, dass seine schrift sich von allen früheren demselben gegenstände gewidmeten Schriften bedeutend unterscheide. Das ist wahr und ich möchte die- sen unterschied so ausdrücken, dass die früheren Schriften gegen den ström der Sprachgeschichte, die vorliegende mit demselben schwimmt; die anderen wollen wesentlich zeigen, woher unsere familiennamen kommen, die An- dresensche schrift dagegen^ wohin die alten personennamen gehen. Und das ist ein unterschied von der weitgehend" sten bedeutung. Von jenem Standpunkte aus dürfte man sich gar nicht scheuen, und hätte dabei forscher von gu- tem klänge auf seiner seite, wenn man z. b. sagte: unter unseren familiennamen werden zuweilen körperliche eigen- schaften eined vorfahren fixiert wie in Brauner oder der stand wie in Edel er, oder fruchte wie in Appel oder geräthe wie in Eimer oder die erinnerung an die tauf- zeugen wie in Pathe oder religiöses wie in Fromherz, Glaubrecht u. s. w., während es von dem andern Stand- punkte, den das vorliegende buch vertritt, einfach so heifst: Adalbold Appel, Adalhari Edeler, Agimar-Eimer, Bado Pathe, Brunheri Brauner, Fromhard Fromherz, Glau- peraht Glaubrecht In vielen hundert fällen spricht nun aber, wie auch der Verfasser in der einleitung darthut, die bei weitem überwiegende Wahrscheinlichkeit für den letz- teren Standpunkt und die folge davon ist, dass unsere fa- miliennamen ein viel einfacheres und würdigeres, viel weni- ger buntes und scherzhaftes gebäude bilden als man sich noch vor kurzem träumen liefs. Zu streiten ist freilich noch in vielen fällen; aber es ist doch gut, dass mit Schrif- ten wie diese für die zukunft dem leichten herstellen von jenen wohlfeilen und scherzhaften namenbüchlein etwas der weg verlegt wird.

Die schrift zerfällt in eine einleitung und ein Wörter- buch. Jene legt die grundsätze dar, nach denen unsere alten personennamen gebildet sind, und die richtungen, nach denen sie sich umgewandelt haben. Es wird hier manche bisher nur in dem eugern kreise der fachgenossen bekannte thatsache sicher in ein grösseres publikum ver«

342 Foretemann, anzeige.

breitet, daneben fehlt es aach nicht an gaten and feinen bemerkungen, die dem Verfasser eigenthömlich sind. U^ einzelnes mit ihm zu streiten verlohnt sich nicht; worin er irrt, das wird von selbst verschwinden, wenn unsere Stoff» Sammlungen fQr die ältere zeit reicher und besser geord- net sein werden und daneben auch fl&r die spätere xeit dergleichen angelegt sind.

Das Wörterbuch stellt in alphabetischer folge diejeni- gen wortstämme, meistens in hochdeutscher form aaf^ au denen unsere alten namen gebildet sind. Bei jedem dieser stamme werden in cursivschrift diejenigen alten Zusammen- setzungen angefiihrt, welche die quelle unserer familien- namen geworden sind, und zu ihnen werden mit stehender Schrift die letzteren gefugt. Hinter den zusammengesetz- ten formen folgen die blos abgeleiteten, die ja so häufig jene vertreten müssen. Alles das fQhrt uns der Verfasser in sehr knapper form vor; streitiges wird nicht discutirt was auch zum gröfsten theile unnQtz wäre, sondern durch f ragezeichen oder kurze anmerkungen angedeutet; aas den letzteren geht übrigens hervor, dass der Verfasser in der einschlagenden literatur sehr gut sich umgesehen hat, selbst in weniger bekannten Schriften. Bei der lichtvollen anord- nung kann der Verfasser viele worte recht gut entbehren: schon aus der blofsen Stellung, in welcher er die einzelneD formen anfQhrt, geht seine ansieht ftir den, der diese schrifi zu lesen versteht, deutlich genug hervor. Was ich im ei^ sten theile meines namenbuches, das leider noch inuner in seiner ersten gestalt die grundlage för solche forsc^angen bilden muss, nebenbei ftir die familiennamen gethan h^, wird durch Andresen in bedeutendster weise erweitert und berichtigt. Vielleicht ist die zeit nicht mehr zu fem, wo ich hoffen darf, jene grundlage weiter zu fördern, und dam dürfte auch diese schrift sehr erspriefslich benutzt werdoi können.

Dresden. E. Förstemann.

Jolly, «iseige. 348

Elementargrammatik der lateinischen spräche von A. Vanfiek, k.k. gym- nasialdirector zn Trebitsch in Mähren. Leipaig, Tenbner 1873. 8^. VI, 260 8.

Einen ihrer gröfsten triumpbe bat die vergleichende Sprachwissenschaft unstreitig auf dem gebiete ihrer prak- tischen verwerthung fbr den grammatischen elementarunter- ricbt gefeiert. Erwägt man, welche allseitige durcbbildung eine wissenschaftliche erkenntnis erfahren haben muss, bis sie für die schule verwendbar wird, so bietet offenbar die Schnelligkeit, mit der sich die resultate der Sprachwissen- schaft in der schulgrammatik eingebürgert haben, einen gültigen mafsstab für die rasche entwicklung der noch so jungen disciplin und ein schlagendes, noch nicht genug be- tontes argument gegen die angriffe und Unterschätzungen dar, denen sie noch immer ausgesetzt ist. Freilich haben sich ihre anhänger auf dem didaktischen felde mehrfach zu weit treiben lassen, und so ist jetzt beim deutschen Unterricht insbesondere eine reaktion gegen jene germa- nistisch vorgebildeten lehrer im anzug, welche die fruchte ihrer Universitätsstudien fQr andere in Schulbüchern voll theoretischer verstiegenheit niederlegen und selbst, einer alten warnung J. Grimms uneingedenk, den katheder der quinta und sexta mit den lehren vom umlaut, der brechung u. dgl. schönen dingen besteigen *). Viel gemäfsigter ist die neue richtung von anfang an in der grieoh. elementar- grammatik aufgetreten; nur dem umstände aber, dass die richtige abgrenzung zwischen den beiden Sphären der schule und Wissenschaft darin so gut getroffen ward, hat die grammatik von Curtius den bekannten aufserordent- lichen erfolg zu danken, den sie gegenüber der in den classischen sprachen besonders festgewurzelten schultradi- tion errang. Am spätesten hat der betrieb des latein. an- fangsunterrichts von den fortscbritten der Wissenschaft no- tiz genommen, um so mehr müssen die Vertreter der letz- teren darauf bedacht sein, die hier endlich auch auftretende

*) Vgl. Linnig Der deutschgrammatische Unterricht in den unteren und mittleren classen der gymn.^ in Jahn's Jahrbuch, f. d. Ph. 1872.

344 Jolly

neueningstendenz zu überwachen und, so viel an ihnen liegt, in die richtige bahn zu leiten, damit die in der deut- schen schulgrammatik gemachten erfahrungen sich hier nicht wiederholen*).

Bekanntlich ist es denn auch eine wissenschaftliche autorität, der wir den ersten umfassenderen und planmäfsi- gen versuch verdanken, die lateinische schulgrammatik auf grund der Sprachvergleichung umzugestalten. Doch scheint sich die grammatik von Schweizer-Sidler, eine wissenschaft- lich höchst achtbare leistung, in der Schulpraxis bisher wenig freunde erworben zu haben, und dasselbe gilt mehr oder weniger von den grammatiken verwandter richtung von Schmitt-Blank, Müller-Lattmann (letztere jedoch jetzt in dritter aufläge vorliegend) und der freilich höchst un- geschickt abgefassten und daher rasch ganz verschollenen grammatik von Wiedemann (München 1866, vgl. Bl. f. bayr. gymn. III, s. 195 f.) Aus der reihe dieser und eini- ger anderer Vorgänger tritt Vanicek insofern heraus, als er nicht eine selbständige neugestaltung der schulgramma- tik zu liefern, sondern die resultate der Wissenschaft in der- jenigen temperirten form, wie sie Curtius auf die griechi- sche übertragen hat, zu verwerthen beabsichtigt. Nachdem der erfolg so deutlich für die richtigkeit der Curtius'schen methode gesprochen hat, wird gegen diesen plan vorläufig nichts zu erinnern sein (vgl. u.); fQr unsere beurtheilung des buches, die sich natürlich nur auf das principiell neue darin erstrecken kann, folgt aus dieser Selbstbescheidung des verf., dass es uns genauer nur darauf ankommen kann, zu ermitteln, inwieweit es ihm gelungen ist, die ersehen grundsätze fQr seine darstellung des lateinischen Sprachbaus fruchtbar zu machen. Ehe wir nun einige haupt- punkte derselben herausgreifen und besprechen, muss zu- vor noch bemerkt werden, dass Vaniceks vorliegendes werk nur eine Umarbeitung und erweiterung zweier schon viel früher (1856 und 1858) von ihm herausgegebenen schul-

*) Einlässlich hat ref. die geschichte der Wechselbeziehungen zwischen »schulgrammatik und Sprachwissenschaft^ dargestellt in seiner so ttberschrie- ^epen schrift (Mttnchen 1874).

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bücher über lateinische formenlehre ist; diese beiden älte- ren werke aber, die sich ebenfalls enge an die griechische grammatik von Curtius anschlössen, waren von L. Lange in der zeitschr. für öster. g. 1857, s. 134 flf. einer sehr ein- gehend motivirten verurtheilung unterzogen worden, die zwar die wissenschaftlichen kenntnisse des verf. anerkannte, aber sein ganzes verfahren mit bedeutsamen principiellen gründen bekämpfte, die wir hier kurz recapituliren wollen. Sie lassen sich unter zwei hauptgesichtspunkte zusammen- fassen, nämlich -erstens solche momente, die in der didak- tischen aufgäbe des lateinischen elementarunterrichts be- gründet sind: dahin gehört vor allem, dass die knaben latein, zwei jähre früher als griechisch, in einem alter ler- nen, wo sie das gebotene noch fast ausschliefslich mit dem gedächtnis aufnehmen, daher für eine rationelle begründung der Spracherscheinungen noch so gut wie gar kein ver- ständniss besitzen; zweitens solche erwägungen, die sich aus dem verhältnismäfsig noch gar nicht glänzenden stände der historischen und vergleichenden forschungen auf latei- nischem Sprachgebiet ergeben und bei der aufnähme von deren resultaten in die schulgrammatik um so gröfsere zu- rfickhaltung gebieten, als der hier viel weniger einfach und ursprünglich liegenden verhältnise wegen ein entschiedener fortschritt in diesen forschungen auch noch nicht so bald zu hoffen ist. Folgt nun hieraus, dass jeder versuch, die lateinische grammatik nach den resultaten der Wissenschaft umzugestalten, der natur der sac^e nach fruchtlos sein müsse? Lange a. a. o. scheint geneigt, dies anzunehmen; wir sind anderer ansieht, da aber seine beiden angeführten hauptbedenken seitdem auch von anderen Seiten oft wie- derholt sind, und Vanicek selbst L.'s recension mit recht als sehr belehrend anerkennt, so wird es am richtigsten sein, sie zur richtschnur unseres urtheils zu machen und demnach, unseren obigen Standpunkt näher präcisirend? bei allen von uns nun zu besprechenden einzelnen partieen, der neuen und im allgemeinen, wie gleich bemerkt wer- den mag, wieder sehr viel mehr an die traditionelle weise angenäherten grammatik die beiden fragen aufzuwerfen :

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Inwiefern trägt sie bei übertra;;^ung der CurtiiiB^scheo thode auf das latein der früheren altersstufe des lateinler^ nens, und inwieweit dem in den Verhältnissen des Sprach- baus liegenden stände der lateinischen sprach wiBsenschaft rechnung ?

Gleich im beginn des buches stoisen wir auf eine nicfat unwichtige abänderung des C/schen planes, mit der wir aber von keinem unserer beiden gesichtspunkte aus einver- standen sein können. Während die grammatik von C. ein summarischer bericht über die Verwandtschaftsver- hältnisse und die geschichte des griechischen eröfinel» fio- den wir bei V. nichts entsprechendes. Aber wäre denn eine belehrung dieser art für zehnjährige knaben zu hoch? Vielmehr dürfte sie gerade bei ihnen besonders am platze sein, da sie zum ersten male in eine fremde spräche ein- geführt werden sollen und daher über deren Verhältnis zo ihrer muttersprache um so nothwendiger ins klare ges^zt werden müssen, als der geschichtsunterricht, der in der regcl einige, freilich in den meisten unserer Weltgeschich- ten noch recht mangelhafte, notizen über Sprachgeschichte vermittelt, erst auf einer späteren altersstufe zu beginnen pflegt. Andererseits wird gewiss niemand behaupten woQen, dass der stand der forschung nicht schon weit genug sei, um eine lateinische Sprachgeschichte im amriss, wie sie an diese stelle gehört, zu entwerfen. Schweizer-Sidler hat sei- ner grammatik eine recht ansprechende skizze dieser art vorausgeschickt und es ist nicht abzusehen, warum V., der nach ausweis der vorrede diese Vorarbeit (mit recht) am höchsten stellt und eingehend verwerthet hat, gerade hierin sowohl von Schweizer- Sidler als von Curtius abge- wichen ist.

In der lautlehre, die also den anfang macht, ist uns das motiv nicht erfindlich gewesen, das den ver&sser vermocht hat, neben die C.'sche eintheilung der Tocak in harte: a, e, o und weiche: i, u noch eine andere in n^ sprüngliche: a, i, u und abgeleitete: e, o zu stelloti. Yoa didaktischen gesichtspunkte aus ist damit nidita gewoa- nen, im gegentheil kann die belastung seines gedicbnssei

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mit diesen zwei sich durchkrenzenden eintheilangen nur verwirrend auf den schüler wirken; diese ueuerung ist aber zugleich ganz unwissenschaftlich, da im iatein i und u bekanntlich nur theilweise ursprünglich, theilweise aber auch abgeleitet sind. Dass die lehre von den lautver- binduugen und lautveränderuugen etwa auf die hälfte des umfangs reducirt ist, den sie bei C. einnimmt, ist nur zu billigen, da zehnjährige knaben mit diesem wissenschaftlich durchgebildetsten, aber auch abstraktesten theil der gram- matik nicht zu viel behelligt werden dürfen; doch darf na- türlich keine der hauptarten des lautwechsels hier über- gangen werden, und wir haben daher mit^ genugtfauung bemerkt, dass V. die dissimilation und einiges andere, dessen fehlen in seiner früheren grammatik Lange getadelt hatte, jetzt nachgetragen hat.

Bei weitem das wichtigste gebiet ist für die schule die flexionslehre, zugleich hat hier die vergleichende gram- matik eine nicht minder durchgreifende Umwälzung der traditionellen anschauungen herbeigeführt als in der laut- lehre. Zunächst in der declination denn diese erst später zu behandeln, lag natürlich so wenig im Iatein als anderswo ein wissenschaftlicher oder didaktischer grund vor sind es zwei wichtige entdeckungen der Wissenschaft, die V. im anschluss an Curtius der schule zu vermitteln sucht, die Stammtheorie und die einheit der declination. Und gewiss haben diese beiden neuen begrijSe, besonders die lehre, dass die gesammte declination nur aus zwei de- menten, dem feststehenden oder stamm und dem beweg- lichen d. i. der eodung besteht, daher aber auch von haus aus nur eine sein kann, aufser dem Vorzug der Wahrheit auch den grofsen praktischen vortheil der einfachheit vor der älteren auffassung voraus. Ob sie sich aber in bezug auf den vom ursprünglichen so weit entfernten lateinischen formenbau dem schüler noch klar genug demonstriren lassen, ob sich die gefahr vermeiden lässt, ihm verwickelte vorhistorische abstractionen oder, der schlimmste behelf von allen, subjective hypothesen aufzunöthigen ? Ohne frage war, wie Lange a. a. o. gezeigt hat, V. in seiner älteren

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grammatik an dieser klippe gescheitert; dort hatte er ver- sucht, die lateioischen declinationen ganz so wie C. die griechischen zu classificiren, sich dabei aber namentlich' durch die zusammenwerfung der 5. deciination mit der 1. sogar in positive Unrichtigkeiten verstrickt Es ist da- her nur zu billigen, dass er jetzt einfach zu der alten f&nf- theilung zurückgekehrt ist, die sich gewiss schon im sprach- geföhl der alten Römer vollkommen festgesetzt hatte nnd auch in der schultradition schon viel älter ist als die bin- und herschwankenden eintheilungen der älteren griechischen Schulgrammatiken, die C. durch die seinige, wir denken dauernd, verdrängt hat.

Erst nachdem durch erlernung seiner drei declinatio- nen dem Schüler die Vielheit der deciination eingeprägt ist, sucht C. in einem angehängten und gelegentlicher einflbung vorbehaltenen paragraphen auch ihre ursprüngliche einheit zur spräche zu bringen. Umgekehrt stellt V. in seiner darstellung der lat. decl. eine allgemeine „Übersicht der casusendungen^ voran, auf die er nachher bei der ▼orf&h- rung der einzelnen declinationen gelegentlich zurückgreift, um nebenformen zu erklären. Freilich was heifst das, wenn dem schüIer in einer anmerkung zur ersten deciina- tion erklärt wird, dass hier im gen. plur. „die endung -um sich in einigen meist griech. wörtem erhält, welche maafs und geld bezeichnen: amphörum (amphöra gefftls)^? Entweder will V. hiermit zu verstehen geben, dass um als zeichen des gen. plur. älter sei als rum, aber dann belästigt er den schüler ohne noth mit einer rein hypothe- tischen annähme, da es diesem ganz glei<4igültig sein kann, ob rum aus um entstanden ist oder umgekehrt, oder ob endlich beide formen ursprünglich coordinirt sind. WiD aber V. nur einfach sagen, dafs neben rum die nebenform um vorkomme, so hat er ein einfaches Verhältnis recht nndent- lieh ausgedrückt. Alle diese Unklarheit wäre leicht su ver- meiden gewesen, wenn V. auf das allen declinationen ge- meinsame erst wie C. am schluss hingewiesen hätte. Fast sieht es so aus, als wäre V. nur deshalb C. hierin nicht gefolgt, um, nachdem er in der haupteintheilnog der daoli-

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Dation zu der hergebrachten weise zurückkehren musste, wenigstens in einem nebenpunkte wissenschaftlicher als sein Vorbild zu verfahren; aber wenn schon unter den zwölf- jährigen wol nur die begabteren fbr die znrQckfQhrnng der griech. declinationsendungen auf einen grundtypus Ver- ständnis haben werden, ist es sicher verkehrt, diese über- dies im latein noch viel schwierigere lehre zum ausgangs- punkt für die einübung der declination bei zehnjährigen zu machen.

Hätten wir also die einheit der declination lieber ganz preisgegeben, so scheint uns dagegen durch die consequente und doch nicht gewaltsame durchführung der Stammtheorie die gesammte darstellung der decl. gegen früher wesent- lich gewonnen zu haben. Nur die lehre vom genus hat da- durch das gegentheil von Vereinfachung erfahren. Jeder- mann weifs ja aus eigener erfahrung, welche oft verwünschte crux gerade die genusregeln für den anfönger bilden, und so ist das bestreben der schulgrammatiker, sie womöglich mit hilfe der Sprachwissenschaft einfacher zu gestalten, an sich nur anerkennenswerth. Aber wie die Sprachforschung über- haupt verzweifeln muss, zur aufstellung einfacher, fasslicher principien über diese verwickelte lehre zu gelangen (vgl. hierüber Whitney's Lectures p. 78), so ist insbesondere die Stammtheorie offenbar aufser stände, das heil zu bringen, das man bei ihr gesucht hat. Man vergleiche den versuch, den in dieser richtung Schreier in einem programm des Olmützer gymnasiums 1871 („das geschlecht der lat. sub- stantiva, für den schulgebrauch neu dargestellt^) gemacht hat, um sich zu überzeugen, dass sich zwar recht hübsche und präcise hauptregeln über das geschlecht der substan- tiva nach den stammen geordnet herausstellen lassen, diese aber mit einer fluth von ausnahmen überladen werden müssen, die alles in dieser beziehung bisher dagewesene weit übersteigen. Hier ist nun bei V. rühmend anzuerken- nen, dass er den vorschlagen seines landsmannes Schreier, dessen aufsatz über die latein. casuslehre (Olmütz 1862) er gekannt und, mit gutem erfolg, benutzt hat, auf diesem gebiete nicht gefolgt ist. Aber auch der anschluss an C.

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war nach anBerer ansieht in der lehre Tom geBchlecht der Bubstantiva der 3. declin.. auf die es hier natürlich am meisten ankommt^ nicht am jilatze. V. scheint dies »elbst gefühlt zu haben, indem er die auf den stammaasbiut ba- sirten regeln wenigstens erst au den schluss seiner dir- stellung der [\. declin. statt wie C. au den anfSang steUt Aber so oder so bleiben sie nun einmal zu sch^prere speise ftir den mageu zehnjähriger knaben^ und kurz wir glauben, dass man, um ihnen die verwickelte lehre vom grammati- schen (und vom natürlichen) genus wirklich leichter ver- daulich zu machen, nicht wissenschaftlicher, d. h. abstrac- ter als bisher verfahren^ sondern umgekehrt, ihren appetit durch das altbewährte und mit unrecht verworfene mnemo- technische lockmittel der reimregeln reizen muss. Als ein gewiss nicht der feindseligkeit gegen die vergleichende Sprachwissenschaft oder der anhänglichkeit an veralteten schulkram verdächtiger anwalt derselben ist unlängst ein Schüler von Curtius^ dr. Heerdegen in Erlangen, aufgetre- ten: wir haben deshalb den verf. auf das programm ^fiber latein. genusregeln. Ein apologetisch-kritischer versuch von dr. F. Heerdegen^ (Erlangen 1S73) aufmerksam zu machen, in dem sich zwar die Vorzüge der Stammtheorie für die flexion und das vocabular gebührend gewürdigt finden, f&r die genuslehre aber auf grund eigener pädagogischer er- fahrungen dieselbe verworfen und eine wesentlich verbes- serte und vereinfachte aufläge der altherkömmlichen ge- reimten genusregeln vorgeftlhrt wird. Gegen den allerdings naheliegenden Vorwurf der inconsequenz, der ihm hierans erwachsen könnte, vertheidigt sich Heerdegen gut mit dem Satze, dass wohl ftlr den wissenschaftlichen forscher, nicht aber in der didaktik der schule consequenz die höchste tugend sei, als solche sei vielmehr eine rein objectäve hin- gäbe an die individuellen bedürfnisse des Schülers zn be- zeichnen: „wenn aber hieraus ein confiict der pflichten ent- steht, nun so ist consequenz der guter höchstes nicht, der übel gröfstes aber ist der subjectivismus!**

Wir sind auf V.'s darstellung der declination ntiier eingegangen, um zu zeigen, dass die beiden obigen genohtB-

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punkte in nicht wenig fällen eine noch viel eingehendere Überlegung verlangt hätten, als sie der Verfasser bei sei- ner allzu unmittelbaren Übertragung einer nur fQr den grie- chischen Unterricht berechneten methode auf die lateinische schulgrammatik angestellt hat. Auch in der lehre von der coujugation, bei der wir uns nur noch ein momentanes verweilen gestatten können, scheint uns V. in einigen punk- ten C. noch viel zu implicite gefolgt zu sein, doch stellt sich im ganzen seine jetzige als ein entschiedener fort- schritt gegen seine von Lange a. a. o. scharf gerügte frühere darstellung des lat. verbal baus dar. Auch lässt sich hier die neue lehre von den tempusstämmen leicht an die schon längst übliche conjugation oder a-verbo anknüpfen, während die zweite hauptneuerung, die einflQhrung der ersehen classeneintheilung, in die lat. schulgrammatik zwar eine radicale änderung des bestehenden in sich schliefst, aber eine solche, die sich jedem an das Wirrwarr der verba anomala von seiner Schulzeit her gewöhnten auf den ersten blick empfiehlt.

Auch die wortbildungslehre und die syntax darf uns hier nicht weiter beschäftigen, jene weil sie uns ganz im anschluss an Schweizer-Sidlers bez. darstellung gear- beitet scheint, diese^ weil sie wie ihr vorbild auf griechi- schem Sprachboden die resultate der vergleichenden syntax, von denen man jetzt, wie L. Lange auf der Leipziger' philologenversammlung bemerkte, schon sprechen kann, nur ganz sporadisch berücksichtigt. Nämlich wohl nur in der casuslehre, hier können wir aber dem Verfasser, da wir darüber anderswo eine abweichende auffassung entwickelt haben (gesch. des inf. im indogerm. s. 106 ff.), nicht beistimmen, ohne jedoch die Vorzüge seiner mit benutzung der oben erwähnten Schrift von Schreier gemachten darstellung vor der tradi- tionellen zu verkennen; auf diesem streitigen gebiet hätte der Verfasser eines Schulbuchs wohl eine gröfsere Zurück- haltung beobachten dürfen. Die lehre vom infinitiv ist noch in der alten weise dargestellt; wir hätten gewünscht, we- nigstens den infinitiv nicht mehr als verbalnomen bezeich- yet ZU sehen, eine bezeichnung, die für den lateinischen

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infinitiv noch mifRlicher ist als fikr den griechischen, dto- fen Qbrigens hier wegen der schulverwertbang der neuen wissenBchaftlicben ergebnisse Qber das wesen des infinitin auf unsere vorscbläge hierüber a. a. o. 237 ff. 269—270 verweisen. Schade, dass dem Verfasser die in der bjtdUi so sehr erweiterte 10. aufläge der grammatik von C. noch nicht vorliegen konnte; durch benutzuug derselben hätte sie zwar nach der wissenschaftlichen, sprachvergleichendeB Seite hin nichts gewinnen können, wQrde aber die fikhlang mit C.'s buch, worauf es ja V. stets in erster linie tat kommt, vollständiger bewahrt haben.

Hier wäre nun noch die oben verschobene firage zu beantworten, ob nicht vom Standpunkte der 8prschfo^ schung aus dieser unbedingte anschluss an C, diese fist gänzliche ausschliefsung der selbständigen resultate der la- teinischen Sprachwissenschaft entschieden zu misbilligai sei. Wir glauben, dass diese frage, die offenbar sa deo rein praktischen gehört, verneint werden muss. £ine ener- gische durchfQhrung des sprachwissenschaftlichen princifM in der lat. grammatik wird nach unserer ansieht erst dann aussieht auf schulerfolg haben, wenn sich einmal die ver- gleichende grammatik als regelmälsiger gegenständ der höchsten stufe des gymnasialunterrichts eingebQrgert haben wird. Bisher haben dazu, so viel uns bekannt, nnr eb süddeutsches und ein englisches gymnasium (in Carlsruhe und in Clifton) den Vorgang gemacht; wir zweifehl aber nicht, dass, wenn das dort gegebene beispiel mehr und mehr nachahmung finden wird, auch der nutzen der Sprach- vergleichung fär den lateinunterricht, der znn&chst afEeo- bar auf der seite der etymologie liegt, allgemeiner eingesehen werden wird. Auf den höheren stufen des unterrichti, und nur auf diesen, wird dann die etymologie wiiUidii wie A. Kuhn irgendwo gesagt hat, f&r den schon ge- reiften Schüler das leisten, was in den modernen spra- chen das Sprachgefühl thut, man wird sich aber dann such nicht länger sträuben, die vergleichende methode dem de- mentarunterricht zu gute kommen zu lassen, obschoo ihit vortheile hier, in der lateinischen formenlehre aad ayntaii

anse ge. 353

viel weniger edatant siod. FQr jetzt aber giebt es, um die ueue richtuug in den elementarunterricht einzuführen, aller- dings wohl nur das eine von V. gewählte mittel: man muss au ein buch von schon fest gegründetem ansehen wie C/s grammatik anknüpfen; und in anbetracht der be- liebtheit, der sich heutzutage die sogenannten parallelgram- matiken erfreuen, erwarten wir und wollen es, trotz der obigen bedenken, wünschen, dass sich dieses neue Schul- buch an recht vielen der anstalten, wo C's grammatik be- reits eingeführt ist, bahn breche.

Würzburg. J. Jolly.

Pauli: Die benennung des lowen bei den Indogermanen. Munden 1873. V, 21 8.

Bisher hatten die meisten forscher angenommen, dass die offenbar verwandten benennungen des löwen, wie sie die europäischen sprachen idg. Stammes haben, aus dem semitischen, theils direct, theils iudirect, nämlich in der weise herkämen, dass die slav.-lit. formen dem deutschen, die deutschen dem latein, diese dem griechischen, letztere aus den semitischen sprachen entlehnt seien. Freilich eine lange kette angeblicher entlehnungen, die sich daher nun als zu schwach erwiesen hat, um eine ernste prüfung aus- zuhalten. Machdem sich schon Förstemann und Pictet für den indogermanischen Ursprung der fraglichen Wörter er- klärt, Curtius zu gunsten dieser letzteren annähme auf die ganz selbständige gestaltung derselben in den verschiede- nen Sprachfamilien hingewiesen hatte, nimmt die vorlie- gende Untersuchung die litauische bezeichnung fbr löwe, liütas, ein deutliches particip von liv, wie siütas von siv, zum ausgangspunkt, um von der so ermittelten wurzel liv aus alle formen, unter denen das wort in den übrigen eu- ropäischen sprachen erscheint, nach den einer jeden eigen- thümlichen bildungsgesetzen zu erklären. Demnach erge- ben sich als grundformen:

für das griech.: liv-, laivant-, laivantja-

flür das lat.: laivä-, laivan-

Zeitschr. f. vergl. sprachf. XXII. 4. 23

354 Jolly

für das deutsche: lavjan-, laivan- (?)

für das slav.-lit.: Ijava-, Ijavä-, liuta-. derselben wurzel liv wird sodano eine uicht eben zahl- reiche sippe lateinischer Wörter zugewiesen : lütum mit sei- nen derivaten lüteus, lutea, lüteolus, ferner lüror und lüri- dus, endlich llvor, llveo, llvidus, obllvio; man darf hierzu auch noch trotz der reserve des Verfassers griech. XevQog und Xeiog = lat. levis ^glatf^ unbedenklich stellen. Alle diese Wörter bedeuten eine färbe: die erste gruppe gelb, die zweite blassgelb, die dritte nicht, wie Corssen annahm und durch die verfehlte ableitung von llvidus aus pallidus = *palvidu8 doch nicl^t zu vertheidigen vermag, eisenfar- big das heisst „graublau, grau, braungrau, schmutzigblau, schwarzblau'', sondern vielmehr graugelb, was auch die färbe des löwen ist und ebenfalls auf den tropischen ge- brauch der derivata livor und oblivio passt, welche aus- drücke nicht als anschwärzung ^ und „Verdunkelung^ (Corssen), sondern nur aus der sprichwörtlichen blassen und gelbgrünen färbe des neides und aus der verblassuog alter erinnerungen gedeutet werden können ; die letzte gruppe ist von der bedeutung weifslich durch die mittelstufe „blank^ zu der des glatten gelangt. Pauli's erörterung über den ge- brauch von llvor, llvere, llvidus schillert zwar wörtlich in allen färben, allein es kann, auch abgesehen von den ana- logieen, welche P. beibringt, ein abenteuerliches umspringen der bedeutung bei den färben überhaupt nicht geleugnet werden, und hätten in dieser beziehung einige feine bemer- kungen von Geiger angeführt werden dürfen. Viel früher als auf die gesichtsfarbe des neidischen muss aber die wur- zel liv auf das graugelbe thier xar' ^^o^i^v^ auf den löwen angewendet worden sein ob schon in der idg. Ursprache? Man wird diese frage mit Pauli bejahen dürfen, denn ob- schon die arischen sprachen den löwen mit anderen, un- verwandten ausdrücken benennen, so ist doch das zurück- reichen der oben angefahrten ableitungen von liv, welche löwe bedeuten, über die europäische grnndsprache hinaus in die indogermanische anderweit gesichert. Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Ursprache sieben aus derselben

anzeige. 355

Wurzel gebildete synonyina fQr ein und dieselbe sache be- sessen habe; wir dürfen daher von den verschiedenen ethni- schen formen zu einer „proethnischen^ der bekanntlich von Sonne erfundene ausdruck scheint sich mehr und mehr einzubürgern grundform liv aufsteigen, welche der der trennuog der sprachen weit vorausliegenden wurzelperiode angehört, sich aber noch in historische Zeiten gerettet hat in dem griechischen wurzelnomen ?ug. Weniger als mit der beweisfOhrung des Verfassers, welche überzeugend ist, können wir uns mit dem polemischen element einverstan- den erklären, das sich namentlich in dem drei Seiten lan- gen Vorwort zu seinem opusculum breit macht.

Nach der obigen Überschrift folgt noch als nebentitel : „Ein beitrag zur lösung der Streitfrage über die heimat des indogermanischen urvolkes^; in der that ist das eben angeführte ergebnis nicht ohne grofse bedeutung för die entscheidung dieser ebenso anziehenden als schwierigen frage. Bekanntlich hatte Beufey in der vorrede zu Fick's Wörterbuch d. indg. grundspr. 1. aufl. 1868 (dass er auch ungeachtet der mehrfachen einwendungen dagegen in sei- nem neueren werke „gesch. der sprachw.^ s. 600 anm. daran festhält, hätte Pauli nicht übergehen sollen) das ver- meinte fehlen einer einheimischen bezeichnuug für den löwen nicht blos im sauskrit, wo ja freilich slha sich schwerlieh aus dem indogerman. etymologisiren lässt, son- dern auch in den europäischen sprachen als hauptbeweis*) für seine überraschende ansieht verwerthet, dass die Ur- heimat der Indogermanen nicht in Hochasien sondern in Europa zu suchen sei. Dieser annähme, welche übrigens schon viel früher der Engländer Latham -. ausgesprochen hatte, haben sich, dem beispiel Benfeys folgend, Spiegel, J. G. Cuno und Lazar Geiger in seiner posthumen ent- wicklungsgeschichte der menschheit (Stuttgart 1871) ange- schlossen und mit gröfserer oder geringerer bestimmtheit

*) Anfser bei dem Iowen macht Benfey »ach den mangel eines ur- namens für den tiger geltend, aber nur in der erwähnten vorrede, nicht in der gescb. d. sprw.

23*

356 Bezzenberger

die europ. berkunft der iudogerm. Völker vertreten. Wer jetzt diese meiiiuDg aufrecht erhalten will, wird zu bewei- sen haben, dass der löwe, ein von den Indogerxnanen lange vor ihrer aussonderung in einzelne Völker gekanntes tbier, damals auch in Europa heimisch gewesen sei. In der ganz ana- logen frage nach der reihenfolge dieser trenuungen hat man ebenfalls die früher geltenden Vorstellungen neuerdings mit grol'sem eifer umzustürzen gesucht und J. Schmidt in seiner bekannten schrift den skepticismus auf die spitze getrieben, in der frage nach der Urheimat ist durch den bezQglichoi artikel von prof. Höfer im XX. bände dieser Zeitschrift bereits eine rückläufige bewegung eingeleitet und durch Pauli^s kleine, aber scharfsinnige schrift erfolgreich fort- gesetzt

Würzburg. Julius Jelly.

Dafl 1 der indogermanischen sprachen gehört der indogermanischen gmnd- Sprache an. Eine sprachgeschichtliche nutersachung von Wilheln Heymann, dr. phil. Göttingen 1878. 76 s. 8".

Der Verfasser dieser kleinen schrift macht toq neuem den versuch, das 1 in die indogermanische grundsprache einzuführen, indem er nachzuweisen versucht, dass wegen mancher fälle, in denen das sanskrit mit den europ&ischeo sprachen in der entwicklung des I übereinstimmt, dieser laut als grundsprachlich nicht geleugnet werden könne, und dass der dagegen meist angeführte einwand, dass das altbaktrische und altpersische das 1 nicht kennen, nicht stichhaltig sei, da in einer ganzen reihe von grundspracb- licheu Wörtern und wurzeln das 1 als träger einer gaoi bestimmten bedeutungsmodification gegenüber den älteren formen mit r auftrete und dass gerade jene dort eingebüTst seien. Zur begründung dieser scharfsinnigen vermuthong hat der Verfasser mit grofsem fleifs ein reiches material gesammelt; leider hat er dabei die jüngeren iranischen dia- lecte nicht berücksichtigt, welche öfters protest gegen seine behauptungen erheben. So mögen z. b. die deminntivbil-

anzeige. 857

düngen mit 1 im zend fehlen, sie finden sich jedoch im neupersischen, besonders im Tat-dialect (VuUers, gramm. 1. pers. p. 235) und zu demselben zweck wird das suffix ra in einigen föUen verwandt: khistara latercnlus, khum- bara seria parva (daneben khiStak, khumKa mit dem Suf- fix ka). Ebenso spricht das zend nicht gegen die von dem herrn Verfasser angenommene wurzel tal heben, tragen, wägen (skr. töl-ati, tnlja, töla gr. tdlavTO'V u. s. w.), wol aber folgende iran. Wörter: pehl. taräzük wage, gewicht (Ardä Viräf V. 5), paz. taräza Mainjö-i-khard II 1 20 und XXII 6, von Neriosengh durch trägaka wiedergegeben, das gewiss nicht entlehnt, sondern echt indisch ist, vgl. gug. trägu ~ wage, gewicht, wagschale, np. taräzü, tarä- züdän von gleicher bedeutung. Dass diese Wörter mit skr. tul verwandt seien, erscheint unzweifelhaft (vgl. noch skr. tarala schwankend); beachtenswerth ist, dass diese wurzel soweit ich sehen kann in den iranischen sprachen nirgends 1 zeigt. Dieselben sprechen ebenso gegen ein grundsprachliches kalp, denn dem skr. kalpa u. a. „Satzung, regel, Ordnung, brauch^ entspricht pehl. kerfeh paz. kerba gutes werk, verdienstliche handlung, np. kirfa tugend, ver- dienst: die guten werke bestanden vornehmlich in der treuen Verrichtung der religiösen Vorschriften und gebrauche (vgl. ihre aufzählung in Mkh. cap. IV.). Gegen die wur- zel lagh verletzen, beleidigen (vgl. skr. langhana beleidi- gnng, langhaka beleidiger, ÜXey^og schmach) vgl. pehL rang paz. ranz mühe, belästigung, plage, kummer, np. rang belei- digung u. a. Zu der wurzel kal gehören vielleicht paz. Karv, sanft, freundlich, milde, höflich, np. Karb glatt, sanft, karb-zabänl und I^arb-sukhanl Schmeichelei (vgl. gr. xoXa^ Schmeichler), vielleicht jedoch zu skr. käru angenehm, lieb, schön. In einigen f&llen erschweren die Zusammenstel- lungen des Verfassers auch ein paar zend Wörter; so ist zend. ara^ka neid (paz. aräk neid, habsucht, bosheit, np. raäk, araSk) wohl s= a-ra^ka und verwandt mit skr. laä (vgl. lälasa heifses verlangen tragend, begierig nach etwas). Das a ist hier entweder eine Verkürzung des präfixes & (vgl. skr. ä-laä nach etwas begehren), oder es steht priva-

358 Bfzzenberger

iiv; in diesem falle hätte -ra^ka die bedeutung liebe, hold (wie böhm. läska lit. loskä) vgl. unser nhd. niiss-g-unst (an. unna lieben), oder endlich könnte a auch eine litera enperraci- nea sein, wie das anlautende elif so oft im neupersischen. Bei val stark sein Obersieht der Verfasser, daes nach Justi vareda die bedeutung „stärke^ haben soll; Hang freilich übersetzt das wort ansprechender durch „hilfe'^ (GäthftB I, 129). Zu väla seh weif haar, rosshaar bemerke ich nnr, dass das zend aufser vära auch noch das wurzelhaft ▼e^ wandte vareda haar (vgl. varepo-^tavanh) besitzt; das ra- dicale r ist also gut bezeugt. Die wurzel ist jedenfalls nicht var bedecken, sondern die, welche der Verfasser als val aufstellt (skr. val sich wenden). Vära, vSla mit seinen reflexen in den verwandten sprachen ist ursprQnglich das wallende haar, die mahne, schweif, vgl. gr. tfoßvi (flattern- des) haar, mahne zu (pkßouai.

Zu deu oben aufgeführten iranischen Wörtern lassen sich sicher noch manche andere derselben art stellen; ich beschränke mich auf* sie, da sie zu wurzeln gehören, auf die der herr Verfasser ein besonders hohes gewicht legt. Sie legen ein veto ein zunächst dagegen, dass das 1 in der grundsprache ein die bedeutung differenzierender lant sei, und ferner gegen die existenz desselben überhaupt. Man könnte dieses veto durch die annähme umgehen, dass die iranischen sprachen hier das 1 scheuten und dasselbe, wo es grundsprachlich sich fand, in r zurQckverwandelten diesen lautweehsel zeigt z. b. das apabhr. kira f&r kila vgl. Lassen, inst. 1. pracr. p. 458 ; das wäre indessen eine ganz haltlose vermuthung. Wir könnten auch anneh- men — wie dies ferner der Verfasser mehrfach thut dass in indogerm. zeit doppelformen mit r und 1 neben- einander bestanden; es wäre dann jedoch unerklftrlich, warum nur die iranischen sprachen und zwar diese doroh- aus die formen mit r bewahrten, während andererseits alle, oder doch die meisten anderen bezüglich des 1 überein- stimmen. Da es wol kaum bezweifelt wird, dass r flberaD der ältere, 1 der jüngere laut sei ich verweise der kfirae halber auf Ficks darlegung: „Die ehemalige spracheinheh

anzeige. 359

der Indogermanen Europas 8. 201 ff. so ist es am na- türlichsten, anzunehmen, dass überall, wo dem 1 der ver- wandten sprachen ein iranisches r gegenübersteht, dieses der grundsprachliche laut, das 1 product jüngerer sprach- phasien sei. Wo hingegen den gut bezeugten indogerma- nischen I-formen gegenüber die iranischen sprachen keinen Widerspruch erheben, weil ihnen die betreffenden Wörter fehlen, werden wir mit dem hm. Verfasser jene unbedenk- lich als grundsprachlich annehmen dürfen wenn wir über den thatbestand nicht hinausgehen wollen. So möch- ten denn labh, lubh, mal u. a. als indogermanisch passieren, und es ist das verdienst des Verfassers, nachdrücklich dar- auf aufmerksam gemacht zu haben, dass die iranischen sprachen dagegen deshalb nicht sprechen, weil ihnen diese wurzeln fehlen. Indessen müssen wir doch noch einen schritt weiter gehen. Dass die europäischen sprachen das r gemeinsam zu I entwickelt haben, hat Fick ausf&hrlich gezeigt; es fragt sich, ob die Übereinstimmung des skr. 1 mit dem europäischen nicht ganz zufällig ist. Wäre das 1 in der grundsprache wirklieh zur differenzierung der be- deutuug verwandt worden, so hätte jene annähme ihre Schwierigkeiten. Dies ist aber, wie schon die obigen ira- nischen Wörter zeigten, nicht der fall; dem widersprechen ferner auch die aufstell ungen des Verfassers selbst in den meisten fallen, indem ein stetes übergreifen der bedeutun- gen zwischen den r- und 1- formen stattfindet. Nur bei einigen wurzeln lässt sich das nicht behaupten; es sind deren aber so wenige, dass die Übereinstimmung des skr. und der europäischen sprachen bez. der an die 1 -formen geknüpften bedeutungen doch wol rein zufällig ist. Diese annähme wird unbedenklich, da sich skr. 1 gegenüber eu- rop. r findet, also nicht nur da, wo der Verfasser es als grundsprachlich annimmt. Ein beispiel dafür sei grundspr. runk raufen, rupfen, ausraufen: skr. lunk, luhk-ati raufen, ausraufen^ rupfen, berupfen, ausreissen, abreissen, enthül- sen, lunl^aka, raufer, zauser, lunkana das ausraufen, lat. runcäre gäten, ausgäten, glatt rupfen, runcön-, runcä-tor, runcätiön-, runcina-; vgl. gräco-ital. ruk graben, lit. rauka

360 Bezzenberger

runzel (Fick* s. 173; auch np. langldan? to pull up by tbe roots, to eradicate, to chide, reproach, to mock u. s. w. nach Johnson). Ein europäisches 1 findet sich hier, so weit ich sehen kann, nicht. Demnach ist in den fallen^ wo nur 1 in den verwandten sprachen auftritt, grundspracbliches r ganz unbedenklich, und in den wenigen, wo das 1 schein- bar als träger einer bestimmten bedeutungsmodification er- scheint, ist die annähme des r ebenso unbedenklich. Denn dem „Zufall^, dass das skr. den später entwickelten 1-for- roen dieselbe bedeutung gab, wie die europäischen sprachen und daran nimmt der Verfasser grofsen anstofs steht der ebenso grofse, ja noch viel gröfsere zufall gegenüber, dass die iranischen sprachen gerade immer die 1- formen mit ihren bestimmten bedeutungen eingebüsst, oder aus un- begreiflichem Widerwillen gegen das 1 durch neubildungen ersetzt hätten. Nach allem dem ist es bei dem gegenwär- tigen stimde der dinge wohl am gerathensten, das 1 als grundsprachlichen laut zu leugnen. Zur endgiltigen ent- scheidung der frage würde sehr eine genaue geschichte der iranischen schriftsysteroe beitragen, denn es ist allerdings auffallend, dass alte zendalphabete ein zeichen für 1 ken- nen. Was das altpers. betrifit^ so hat der Verfasser ganz recht, wenn er ihm grofse beweiskrafl fikr das fehlen des 1 in der grundsprache abspricht. Beweisend für das fehlen diesem lautes im altpersischen selbst sind eigentlich nur die Wörter Arbirä und Bäbir u, letzteres jedoch vielleicht nur scheinbar. Denn neben der ausspräche mit 1, wie sie sich im hebr. findet, mag eine andere ähnliche mit r bestanden haben; im assyr. findet sich die Schreibung Bäb-an-ra-ku (das thor des gottes der Überschwemmung der erde), und diese Schreibung oder ausspräche mag für das altp. r mass- gebend gewesen sein. Ich wage dies indessen nur als ver- muthung zu äufsern. Zu berücksichtigen ist endlich noch, dass Oppert das von Spiegel durch n transcribierte zeichen durch 1 ausdrücken will.

Zum schluss möge hier noch kurz wenn auch nicht hierher gehörig die besprechung eines altpers. wortes platz finden: Ufrätu {Evcfqdttig), Es ist wol nichts ande-

anzeige. 361

res als das zend. bu-peretu, aus^su-partu. Peretu, peäu ( = lat. portu-s, an. fjörd*-r) bedeutet furth, weg, kanal» hu-peretu also ^einen schönen weg, oder lauf, ein schönes bett habend^, oder kurz „schön fiiefsend^. Es findet sich im Avesta als epitheton ornans des wassers. Hu-peretu mßsste zunächst ein altpers. u-partu entsprechen; daraus wurde durch die so häufige metathese des r u-fratu* Auf die länge des a in U-frätu ist den vortheilen dieser erklärung gegenüber kein gewicht zu legen vgl. auch izäva ( wenn so zu lesen ist ) = zend. hizva ; viel- leicht liegt hier auch nur die scriptio plena eines eigen- namens vor.

Merseburg, 30. novbr. 1873.

Adalbert Bezze nberger.

Erwiderung.

In einem aufsatze „über vocalsteigerung^ s. 341 des XXI. bandes dieser Zeitschrift stellt mir prof. Leo Meyer kurz und entschieden in aussieht, dass ich mit meiner Schrift „die bildung der tempusstämme durch vocalsteige- rung im deutschen^ keinen beifall finden werde, weil es mir an kenntnissen und an wissenschaftlicher methode fehle. Näher auf den inhalt dieser schrift einzugehen, sei indessen seine absieht nicht. Bis dahin ist der angriff von solcher art, dass er mich zu einer erwiderung nicht verpflichten könnte. Im folgenden aber entschliefst sich prof. Meyer doch noch, einen speciellen punkt, auf den, wie er meint, alles weitere in meiner schrift aufgebaut sei, heraus zu heben. 'Das ist Schleichers tabelle der indogermanischen vocalsteigerungen, die ich s. 7 citiert habe. Indem prof. Meyer nun zu zeigen versucht, dass Schleichers ansieht von der indogermanischen vocalsteigerung eine sehr schlecht

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r^aKt- if'.l; >;!ljini«kiert vru'.aiHT^urQniiiirHtaimllflTi zum iar- ui**llei. uiiTj^uiUTHjuiui:: niKiuf?: iiiiTRrriin*iiiiii£rf?L niaubif' imä ii()le.uii^i'^n>iic ociKr hc.wTiiiiniRnd ütierul. ul sie ludoifijibft. hatu siniiHi. aun\L c"in»t ii de: wRirverhroneren jinerkeD- niinp unc d'*n: xttomp.l ^infiiwc «oiiif^ cnniiHmäiiunE anf am tTAmt^i. iuxrvrwi^iunff^unc d«: flnraL'iiwiBfleiwofaufi in äfs i(».t/.teL iaiir/.oiiiiLeL j(M: kfuintf Hniiif- ansichtRD wofa] mh retihT ah- dit vprhr«itfttsteL lilmr dir iifttreSende irnge iiD- sr^iieii. uuci natu datipr ikiieral: du veriifiicfatung. micii «rst iiiii itiii<*i. aiiseinande: zir äpizim« Dadurcti lifft idier meine unt(?rnU'.riuiiif emc inrn. xrewnnneiA. diM» hema. «o >r.h<»i(*.heiv ansicbteij ^(>rad( ii. diesen i punkte an .gehnug ^^ti: v\o. vprior«*! iiat>«>n. i«Mr!h: SRbeineL könnte^ «k h^ sctiUfti^f K^ti micti niiT daniii. ar^ einem lilnken pfamtom. Uess'.-i. p^anz» exiÄieny noch f»rs: zu o.r weisen «eU im eiih r.elnei bit um. di> heTumziit?nrri^ipTe.ri li*b werdp didiBr a :reigf-.L hahpi». daftf du- vor. mi: voT|r<*.trajreiien ansiiilitni .'srier du lautii(^.tif ^«staltunp uiui dir pranunatiscfae ^ar- wf^ndiiric der v(icjii>t«ip^ runter iir deiitf^chen mifl in den nacb<:TTfr\vaDdtei: euronaisi^.beii ispracbeij thatttiehlicfa

erwidemng. 363

unabhängig sind von jeder ansieht Ober eine ursprfinglieh indogermanische vocalsteigerung.

Dass eine festgeregelte zweimalige Steigerung der drei leichten vocale e, i, u zum zwecke der Wortbildung, gerade so wie CS Schleicher fQr indogermanisches a, i, u annahm, schon in der europäischen grundsprache bestanden haben müsse, nicht erst in den einzelnen descendenten derselben sich ausgebildet haben könne, geht mir aus folgenden that- sachen sicher hervor*).

Wurzelverba^ die im präsens den leichten vocal e (i) haben, zeigen im deutschen und griechischen übereinstim- mend im starken perfcct sowie in einer grofsen zahl von zugehörigen nominalbildungen und abgeleiteten verben den schwereren vocal a (o), ohne dass f&r diesen vocalwechsel irgend ein phonetischer grund erkennbar wäre: drigka dragk dragkjan dragk (neutr.) XQiq.(a xit gorpa tqo' (fidü TQO(frj\ und ebenso im slavischen, wo nur das per* fect fehlt: ved§ vozd§ provodu. Ganz analog haben diejenigen wurzelverba, die bereits im präsens diesen schwe- reren vocal zeigen, in den genannten zugehörigen formen, ausgenommen da wo schliessende doppelconsonanz es hin- dert, einen noch schwereren vocal: deutsch ö, griechisch ä f] w, fara för förian fuora, fjiavjofiai fikfiTjva /^t;- viü) uTiVig. Im slavischen fehlt hier die erneute Steige- rung, weil diese spräche überhaupt alle langen vocale ein- gebüfst hat. Aus der vollkommenen Übereinstimmung des griechischen mit dem deutschen geht aber mit nothwen- digkeit hervor, dass diese art der Wortbildung mittelst zweifacher Steigerung des grundvocals e wenigstens bis in die zeit der europäischen Spracheinheit zurückreichen müsse. Vor allem ist der umstand entscheidend, dass der Wechsel von e und a, a und ä (ö) sich nicht nach der be- 'schaffenheit benachbarter laute, sondern nach der gramm^ tischen function der betreffenden Wortbildung richtet; das

*) Was die nothwendigkeit der annähme einer beHonderen europäischen grundsprache betrifft, brauche ich jetzt nur auf „Fick, die ehemalige sprach- cinheit der Indogermanen Europas. Göttingen 1873 ** zu verweisen.

364 Amelung

schliesst jeden gedanken an einen zweimaligen, von ein- ander unabhängigen, Ursprung der griechischen und der deutschen Steigerung des e zu a, des a zu ä aus. Auf die bezeichnung dieses wechseis schwererer und leichterer vo- eale als einer „Steigerung'' kommt nicht viel an. Sie ist bequem und anschaulich, da die drei laute e a ä in hin- sieht auf fQlle des vocalklanges einander stufenweise über- tre£Pen; aber es wird damit nicht behauptet, dass das & historisch aus dem a, das a aus dem e oder seinem indo- germanischen aeqnivalent entstanden sei. Nur die annähme, dass schliefslich alle drei vocale irgend wie und wann aus einem gemeinsamen grundvocal hervorgegangen seien, scheint wegen der art ihrer Wechselbeziehungen noth- wendig.

Nicht anders verhält es sich mit der doppelten Stei- gerung des i und n; auch sie muss nothwendig schon in europäischer urzeit ausgebildet gewesen sein. Wenn in den griechischen verben Xeino) XiXoina, ntiOw ni- noi&a^ BiXtö 'doixa^ eiS- olSa^ ikBv&^ BiXtjXov&a statt des i oder u der verbalwurzel im präsens die dipfa- thongen ei und ei;, im perfect die schwereren diphthongen Ol und ov erscheinen, und im gotischen beida baid u. s.w. giuta gaut u. s. w. ganz dasselbe stattfindet, so ist die möglichkeit, dass das in beiden sprachen unabhängig von einander rein zufällig auf gleiche weise sich entwickelt haben könne, ganz undenkbar. Es muss nothwendig die vocalsteigerung in der weise, wie sie in diesen fünf grie- chischen und in sämmtlichen deutschen wurselverben mit grundvocal i oder u erscheint, schon zur zeit der euro- päischen Spracheinheit geherrscht haben, und zwar in ei- nem weiteren umfange, als es im griechischen noch der fall ist. Denn es wäre nicht zu begreifen, wie diese weni- gen griechischen verba mit zweimal gesteigerten tempus- stämmen ihre besonderheit so zäh bewahrt haben könnten, wenn ihre zahl von anfang an eine so geringe gewesen wäre, wie sie uns jetzt noch vorliegt. Das baldige herab- sinken von Bll7]lov&a zu HijXvd-a zeigt, dass diese bildungsweise seit der zeit, wo die Sprachdenkmäler be-

erwidenmg. 365

ginnen, in der abnähme begriffen ist. Die annähme ist daher durchaus gerechtfertigt, dass in äeixvvfjii dideixcc^ (fjBvyd) 7t irpevya^ für deren bildungsweise sich im deut- schen nirgends ein analogen findet, der perfectvocal erst nachträglich dem präsensvoeal gleich gemacht worden sei, und also auch diese verba ihre tempusstämme ursprüng- lich auf dieselbe weise bildeten, wie die ihnen entsprechen- den gotischen teiha taih, biuga baug.

Wenn nun, umgekehrt wie im griechischen, wo diese weise der tempusbildung im laufe der zeit mehr und mehr in abnähme gekommen sein muss, sie sich im deutschen zur ausnahmslos geltenden regel erhoben hat, die „mit pe- dantischem Ordnungssinn^ durchgeführt auch alles das an sich zieht, was aus besonderen gründen nothwendig ab- weichen musste oder auch ursprünglich in gar keinem zu- sammenhange stand (Schmidt, z. gesch. d. indog. vocalis- mus, s. 50), so ist, denke ich, auch daraus wiederum sicher zu schliefsen, dass diese art der vocalisation der tempus- stämme ursprünglich in viel weiterem umfange geherrscht haben müsse, als es im griechischen der fall ist. Denn wo sich in einer spräche ein solcher stark ausgeprägter zug zur gleichmachung ursprünglich verschiedener formen zeigt, da führt er doch wohl immer dahin, das zur aus- schliefslichen geltung zu bringen, was schon ursprünglich in einer sehr grol'sen anzahl, wenn nicht in der mehrheit aller fälle vorlag, nicht aber das was eine verschwindende ausnähme bildete. So fliefsen z. b. im historisch bekannten verlauf der hochdeutschen spräche die vielen, nach dem Stammauslaut verschiedenen declinationsarten, weil ihr un- terschied für die eigentlichen zwecke der spräche bedeu- tungslos war, mehr und mehr in wenige normaltypen zu- sammen, neben denen anderes nur noch wie eine verein- zelte anomalie erscheint Die demente zu diesen normal- typen haben aber die schon im gotischen weit überwiegen- den Stämme auf a, i und an hergeben, nicht die schon damals seltenen stamme auf ja va u dr and oder wurzel- haften consonanten.

Derselbe vocalwecbsel, der in griechischen uud deut-

S6C AmelnDG;

sehen tempusstäjniDeD voo verbal warselD mit i oder u laf gleiche weise geregelt isu durchdringt ja aber aodi dif bilduiLg der nomina uud abgeleiteten ?erba, and wenn hier auch die arsprCinglichen bedingungen Ar den eintritt des eineD oder anderen der drei mit einander wechselnd« vocale im einzelnen noch nicht gen&gend erforscht sind, so ist doch das wenigstens deutlich^ dass auch hier die beschafienheit des vocals nicht nach phonetiBcben nmstiB- den wechselt, sondern ein für alle mal an die grammatischf kategorie der Wortbildung gebunden ist. Und hierin stimmt auch das slawische. E^^ wechseln auch dort i i e ( m syl- laba pura oi ai ) und ü y u (in srllaba pora ot it) innerhalb ein und derselben würze! je nach der wortbit duugsclasse: cvisti procritati cvetü, düchn^ti dj*- rhati duchü.

Aus alledem geht doch wohl sicher hervor, dass scboD in der europäischen grün d spräche ein grammatisch gerf gelter Wechsel von eaa^ ieiai^ ueuau bestanJeD habe, den man passend als vocalsteigenmg bezeichnen kann. Wenn aber das lateinische davon nur geringe spu- ren zei£rt. so ist der schluss. dass es im laufe der zeit ein- gebflist haben müsse« was es einst besafs. ganz unabweis- bar. Dass im lateinischen früher einmal die bildong der tempusstamme durch vocalsteigerung mit dem gotischeo und griechischej) übereingestimmt haben müsse, findet eine stütze auch daran, dass die in diesem stücke Torliegende abwejchung sich zum gröisten theil ans specifisch lateini- schen lautgesetzen erklärt: das übrige kann daher um so eher auf rechnung grammatischer formübertragung gebracht werden. Sieht man von worten^ wie neuter :^ ne nter u. dgl. ab. so giebt es ein wurzelhaftes lateiniscdies ea überhaupt nur noch in der interjection hen ehea und is den namensformen Leucesie und Leucetio (Corss. I' iu2\. Corssen zeigt, dass der ursprünglich häufigere dijJi- thong eu dem lateinischen organ später zuwider gewordoi sei uud sich meist in on gewandelt habe. So erklärt sich das ou in douco u. dgl. statt des zu erwartenden deaco B tiuha. So ist ja auch, wenn wir statt des so erwiT'

erwideroDg. 367

tenden leiquor loiqui nurltqnor liqui finden, die Ver- wandlung des älteren ai oder oi in ei (t) nicht anders wie in den bei Corssen I^ 699. 710. 711 nachgewiesenen quei- stotcs für quaistores, fidus für foidos, plisima für ploisuma; mitgewirkt hat hier aber gewiss formübertra- gung vom präsens aus. Wenn wir endlich hei den verben, die im präsens e haben, im perfect statt des zu erwarten- den a oder o in der regel e (i) vorfinden, so findet das seine volle erklärung in dem älteren lateinischen accent- gesetz, und memini neben fiiitova ist dann nicht an- ders zu beurtheilen, als etwa redigo fQr red-ago. Un- möglich ist es dagegen, die griechischen und gotischen erscheinungen aus den ihnen entgegenstehenden lateinischen durch jüngere lautgesetze entstanden zu denken. Gegen die aufTassung des wechseis von e und a, a und ä, gleich dem von i ei ai, u eu au als einer fortschreitenden Stei- gerung eines grundvocals, kann der umstand nicht geltend gemacht werden, dass die drei laute e nirgends inner- halb der tempusstäname je eines verbums nebeneinander zur Verwendung kommen, wie es bei dem i ei ai, u eu au gewöhnlich der fall ist; denn in der übrigen Wortbildung ist es ja gar nichts so seltenes, dass eine wurzel durch alle drei laute hindurchgeführt wird: fjtvsia uvdouai fivjjua^ regio rogus regula, tegimen togategula, stilli staljan stols, gifihu faheths fuoga u. dgl. Aber auch zwischen den verben mit e und denen mit a im präsens fehlt es nicht an jedem zusammenhange. Unter den letzteren sind deutlich erkennbare denominativa beson- ders häufig, und ursprünglich sind sie wohl alle aus nomi- nalstämmen hervorgegangen, die sich zu verben der erste- ren art verhielten wie dragk (potus) zu drigkan, roocpi] zu TQtcfta. Nur dass die vocalsteigerung der a-reihe an- deren Ursprung habe, als die der i- und u- reihe, könnte aus dieser auffallenden Verschiedenheit ihrer Verwendung geschlossen werden.

Es ist also ein vollständiges System zweifacher vocal- steigerungen in der weise, wie es Schleicher aufgestellt hatte, für die europäische grundspraohe vollkommen auf-

368 Amelong

recht zu erbalten. Eine andere frage ist aber, ob diese erscbeinung sich erst nach der Spaltung des indogermani- schen urstammes in seine zwei hauptzweige herausgebildet habe, oder ob sie älteren datums sei. Schleicher schrieb das ganze System der vocalsteigerungen in derselben voll* stäudigkeit, die es im europäischen aufweist, der indoger- manischen Ursprache zu, und nahm an, das arische habe einen tbeil der früheren unterschiede in einander aufgehen lassen. Ich kann mich dieser annähme jetzt nicht mehr mit derselben eutschiedenheit anschliefsen, wie ich es in meiner schiift über die bildung der tempusstämme gethao habe.

Betrachten wir zuerst die vocalsteigerungen der i- und u-reihe, so ist deutlich, dass sich hier der europäische und der arische bestand nicht deckt. Europäischem grundvocal i und u entspricht zwar auch im arischen i und u. Eu- ropäischer erster und zweiter Steigerung ei eu und ai au« die den unterschied zwischen präsens- und perfeotstamm characterisieren, entspricht aber im arischen gleichmäfsig erste Steigerung. Die arische zweite Steigerung hat kein unmittelbares analogen im europäischen. Den Ursprung dieser specifisch arischen zweiten Steigerung des i und u, die der europäischen nicht gleichsteht, hat prof. Meyer in seinem obengenannten aufsatz zu erklären gesucht. Er nimmt an, dass die indischen vriddbivocale äi und äu gar keine Steigerungen von ursprünglichem i und u, sondern von ursprünglichem aj und av seien, und also eigentlich der a-reihe angehörten; aj und av seien in gewissen fUlen zu i und u verstümmelt worden und wegen dieser später daneben auftretenden i und u seien dann aj äj und av äv wie zwei Steigerungen eben dieses i und u erschienen, welches doch tbatsächlich erst aus ihnen hervorgegangen war. Lässt man das gelten, so bleibt aber doch immer noch die frage offen, ob in dem arischen guna europäi* sches ei und ai, eu und au zusammengeflossen sei, oder ob sich die früher allein vorhandene gunasteigerung erst im europäischen in zwei laute gespalten habe. Prof. Meyer ist auf diese weitere frage nicht eingegangen. Fick, sprach-

erwiderang. 369

einb, s. 183 nimmt das letzter^ an, aber wie mir scheint, ohne zwingenden grund. Ein bestimmter grund fQr. diese annähme läge doch nur dann vor, wenn sich die phoneti- schen Ursachen dafür aufweisep liefsen, warum das ur- sprüngliche ai au im präsensstamme und in so vielen no- minalstämmen, die gar nichts besonderes an sich haben, in ei und eu überging, während es sonst überall unverän- dert blieb. So lange sich diese bedingungen nicht aufwei- sen lassen, hat die eine annähme mindestens ebensoviel für sich, wie die andere.

Ganz ähnlich liegt die frage in betreff der a-reihe. Den drei europäischen lauten e a ä stehen nur zwei ari- sche, a und ä gegenüber. Europäischem e entspricht über- all arisches a, europäischem a bald a bald ä. Europäisches und arisches ä decken sich nur selten. Hier wird, ich muss wohl sagen gewohnheitsmäfsig, angenommen, das ursprüng- liche a habe sich im europäischen in a und e gespalten. Es ist aber ganz ebenso möglich, dass in dem arischen a zwei ursprünglich verschiedene laute zusammengeflossen seien. Ausdrücklich dafür spricht der umstand, dass nur dasjenige arische a, welches europäischem e entspricht, sich öfter zu i schwächt, nicht aber das andere a, welches europäischem a gleich steht. Aus dem umstände, dass nur dasjenige k, welches slavischem k entspricht, im lateini- schen und griechischen die färbung zu kv, im gallobritti- schen zu p, annimmt, schliefst Fick Spracheinheit cap. I mit recht, es müsse zwei ursprünglich verschiedene k-laute gegeben haben. Ist aber dieser schluss richtig, so zwingt das Verhältnis von europäischem e und a gegenüber ari- schem a (i) und unveränderlichem a zu demselben Schlüsse, und man wird für das indogermanische, dem europäischen e und a entsprechend, zwei irgendwie verschiedene a-laute annehmen müssen*). Hält man aber auch einen solchen

*) Ich nahm früher, da ich mit Schleicher auch die zweite Steigerung des a für indogermanisch hielt, zwei qualitativ verschiedene lange a-laute für das indogermanische an. Wie aber prof. Meyer zu dem irrthum verleitet werden konnte, für die aufstellung der monströsen indog. vocalcombinationen aa und aaa mich verantwortlich zu machen, da ich mich doch gerade an

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 4. 9 a

370 Amelang

schlass nicht für völlig zwingend, so ist er doch in jedem falle ebenso zulässig, wie die herkömmliche annähme einer europäischen Spaltung des ursprünglichen a, und man müsste aufhören, mit solcher entschiedenheit an letzterer festzuhalten, wie es allgemein geschieht. Es hat bei die- ser ansieht, glaube ich, eine halbmythische Vorstellung von der nothwendigen einfachheit und monotonie des ältesten vocalismus mitgewirkt, so dass man sich fast jegliche man- nichfaltigkeit erst später hineingekommen denkt. Es wird sich aber auch unter den primitivsten, wirklich vorliegen- den sprachen der weit schwerlich eine ausfindig machen lassen, die eine solche dürftigkeit des lautmaterials auf- wiese, wie sie in unserer reconstruierten indog. Ursprache herrscht, und es ist kaum noch begreiflich, wie eine spräche mit sa geringen unterscheidungsmitteln ihren zweck über- haupt erfüllen konnte.

Indessen glaube ich, dass eine endgiltige entscheidung der frage nach dem Ursprung der vocalsteigerung erst in angriff genommen werden kann, nachdem der ursprüngliche bestand der europäischen und der arischen grundsprache in betreff der hierher gehörigen erscheinungen vollständi- ger und genauer ermittelt sein wird, als es bis jetzt der fall ist, und in dieser richtung ist gewiss noch manches zu erreichen.

Zu der erforschung des ureuropäischen bestandes hoffe ich mit einem nächstens erscheinenden aufsatze über den Ursprung der deutschen a-vocale ein weniges beitragen zu können, und damit zugleich meine früheren Untersuchungen zu ergänzen. Wenn aber prof. Meyer zum schluss seine meinung dahin zusammenfasst, dass eine dereinstige ent- scheidung der vorliegenden frage nur einseitig vom sans-

der von ihm citierten stelle ausdrücklich gegen diese aufstellung Schleichers erkläre, wird mir nur begreiflich, wenn ich annehme, er habe von der be- treffenden stelle (s. 7 anm ) nicht mehr als die erste zeile gelesen. Diese lautet „für aa und Sa -werde ich mich der bequemeren zeichen & und & bedienen.« Hätte er die folgende zeile auch noch gelesen, so wäre ihm un- möglich entgangen, dass das nur heifsen kann „statt der unbequemen zeichen aa und Sa bediene ich mich der bequemeren zeichen S und ä* nicht aber n für die thatsächlich vorhandenen doppellaute verwende ich einfache zeichen.*

erwidenmg. 371

krit aus versucht werden dürfe, dass aus dem deutschen, wo sich doch der europäische bestand am voUstftndigsten zeigt, keinerlei nützliche belehrung zu holen sei, so kenn- zeichnet das nur von neuem die Seltsamkeit der methode, nach der er auch sonst verfahrt, jene grundsätzliche miss- achtung des werthes einer genealogischen Classification, die es ihm möglich machte, die unmittelbare vergleichung des gotischen dialectes mit dem sanskrit bis in alle einzelhei- ten durchzuführen, ohne auf die übrigen germanischen dia- lecte rücksicht zu nehmen. Liegt darin etwa die methode, die prof. Meyer an meinem buche vermisst, so kann ich keine besserung versprechen. Es wäre das ebenso, als wenn ein textkritiker auf Classification der handschriften verzich- ten wollte, weil es doch weit einfacher ist, die relativ beste handschrift als urtext gelten zu lassen.

Breslau, juli 1873. A. Amelung.

t 6. april 1874.

Etymologische beitrage.

1.

Weitere beispiele zu der aussto/sung der ersten von zwei

gleichlautenden silben im latein.

In dieser Zeitschrift XXII, 2, s. 98 ff. ist von mir die erscheinung im griechischen und im latein besprochen wor- den, dass von zwei gleichanlautenden silben die erste aus- gestofsen werden kann. Die a. a. o. angelegte Sammlung kann ich jetzt durch die folgenden l)eispiele aus dem latei- nischen vermehren.

Zu der formel -täre für -tät-äre s. 100 z. 26 treten hinzu: vilitäre (bei Turpil) für vilität-äre von vUit&t, ge- ringheit, fecunditäre ftir fecundität-äre von filcunditat fruchtbarkeit, fölicitäre für felicitat-äre von felicität glück.

Zu der formel -tärius statt -tät-ärius s. 100 z. 30: vo- luptärius für voluptät-ärius von voluptät lust, siccitärium für siccität-ärium von siccität, trockenheit, sölitärius (schon bei Varro) für sölitat-ärius von sölität alleinheit

24*

373 Fick

-tat mit -alis giebt -taiis statt -tat-älis in: Facaltalis, später beinarue, für Facultat-aüs von facultat ßlhigkeit.

-trix aus -tra-trix in ministrix, ganz spät, f&r und neben miaisträ-tnx von miui<:ra-re. rgl. nütrix aznme & nütri-irix von nütri-re näbren a. a. o. s. IUI z. "24.

Zu der tbrmel -Osus tür -viS-Osus a. a. o. s. 101 z. '26: i bbOsus (bei Cae^ih für labOs-ösus von labor, alt labus arbeit.

-tat tur -ti-tac erscheint in scspitat (spät) för sospid- tat von sosf-et-

-Li für -oici iu lusciOsus für luseici-osus, ebenso u dem compositum sambüciua i Lvi Plautus) sambucaspiele* rin tür sambüoi-oiua vgl. tiiii-ciua.

-enn tur -cu-enn in vicrnnium Zeitdauer von zwanzig jähre tur vioen-ennium. d:~t^v«:ou braucht das späte splendi- ficare wohl nicht norh wendig tur splendi ii-£care genoiD- men zu werden.

Tri:- ia^. Ia:«?iii düs SLifüx -'sus an die nbstracta aul -i.'a '-ri.':!', ?o erjiebr ^ioh die form -i-osas, statt des drr rejel iT-^mlJs zu rrwarie-^den -iOn-osus- Diese suffix- ir^stalt erklär: ^:ch vö'.Iij: jenü^end durch die uns hier resoQi:x:j^?'^d*r au<s::-Sii:i^ der ersten von zwei gleichan- iautenJ^:- silbe*^, solald T^an nur die ältere suffixfom -*^:ls•vis zu gründe I- j:, die ia bekanntlich sich durch ver- gleichusir uüi skr. -vaii: = -riir als die ursprQnglichere eTä^irbc und uns zum übernuss aus dem latein selbst b^ zrü^: is:: r>riiiv>nsus war nach a::gabe der allen die ältere form :ur d^s gew^hcl:?he lormJsus. Trat nun also das alt^ -!»z>u? an -iO'H *-:io'J , >o ergab sich -iou-onsus, worio 6i'j r w e i ^I e i . hiau : eni v n s i ! : o :: -: c - ö n auf einander folgten. Von 'ii-esf^ "'^eiieii fie! die erste fort, und es entstand so die sjinxvercsiiiu::^: -i-^!•u^lk^ aus -ioc-onsosL wofür dano spticcr -:-<-5us ric^ra:. w:-. fvrni.'sus tur das ältere fonndo* siis. Nach d:esr:ri scLen.a sied ^bildet: oUivi-osus, £M:ti- »jsasw sci::i-:-5v.s v -^'j oMiviö:;, raoiiLn, sedition: sie stehen demsa.b dvr reihe naoh !ür obLiv iö*u-0<Dsus. fiictiotKOiisoSi sediiioa-vfusus.

et3rmologi8che beitrüge. 3?d

2. altirisch to schweigend zur wz. tus beschwichtigen. Die weite Verbreitung der wurzel tus „still sein*^ (nach Grassmann, Wörterbuch zum Rig-Veda s. v. die grundbe- deutung) ist schon früher von mir nachgewiesen; es gehö- ren dazu skr. tush (auch tup geschrieben) befriedigt sein und mit causativem sinne beschwichtigen, tüsh-nfm adv. still, schweigend, eigentlich acc. f. von (tüshna) erhalten im zend tüsnä-maiti stiller, zu&iedener sinn und im preuTs. tusna-n acc. stille; ferner preufs. tussise er schweige, ksl. tichü (aus tjuchü) ruhig, heiter, po-tuch-nqti verlöschen (tuch = taus). Die wurzel lässt sich auch im celtischen nachweisen und zwar im altirischen to silens, cambr. taw tace, tewi tacere. Dass altir. to für tau stehe, lehrt schon die cambrische parallele, für das sehwinden des auslauten- den s genüge es hier auf das völlig unserem to conforme altirische 6 ohr hinzuweisen, welches zunächst flQr au, wei- terhin aus steht, und dem griech. ov-ccg^ lat. aur-is, lit. aus-is, got. aus-ön, nhd. ohr entspricht.

3. Die europäische wurzel dhalgh verdienen, schuldig sein

ist als verb nur im altirischen erhalten: dligim glossirt durch merui s. Ebel Gramm. Celtica s. 429. Hierzu ge- hört zweifellos auch altirisch dligeth, glossirt durch lex, eigentlich die Schuldigkeit =s Verpflichtung, während alt- irisch dilgud g. dilgotho remissio zum lat. in-dulgere ge- hört, wenn es nicht geradezu daher entlehnt ist. Ganz offenbar stellt sich zu unserer wurzel ksl. dlägü m. schuld, das wiederum ganz genau durch das got. dulg-a-s schuld, dulga-haitja m. gläubiger widergespiegelt wird. Das goti- sche dulga-, aus dolga-, lehrt nun auch, dass als europäi- sche grundform dhalgh anzusetzen sei, denn nur dhalgh giebt den gesetzen der lautverschiebung gemäfs ein ger- manisches dolg = got. dulg. Fasst man die bedeutung des altirischen dligim merui ins äuge, und erinnert man sich zugleich, dass ksl. dlügü = ö6h%og = skr. dirgha lang durch das lit. ilga-s für d-ilgas reflectirt wird, so

874 Fick

sieht man leicht, dass zu unserer wurzel auch lit. algä f. verdienst, lohn gehört, das von mir früher, wie ich jetzt erkenne, mit unrecht zur skr. wurzel arh werth sein ge- stellt worden ist. In der bedeutung deckt sich algä mit dem altirischen dligim merui völlig, und die abwerfung des anlautenden d wird durch die parallele: lit. ilga-s = ksl. dlugij durchaus plausibel: demnach lit. algä zu ksl. dlugü schuld, wie lit. ilga-s zu ksl. dlügü lang.

Auf arischem gebiete ist von dieser wurzel dhalgh verdienen nichts zu entdecken.

4.

Altirisch täid dieb = ksl. tati dieb.

Die wurzel stä verbergen, stehlen erscheint in dieser vollen form nur im sanskrit: stä-yu, ste-na dieb, ste-ya n. diebstahl; neben stäyu erscheint jedoch auch täyu = zend täyu, zend. taya, heimlich, verborgen, ta-vi dieb, tä-ya m. = skr. steya diebstahl. Auf europäischem boden lautet, wenn wir von ariqofAai und got. stilan stal absehen, die wurzel nur im ksl. taj^ tai-ti verbergen, ta-ti dieb, rr;-T?; beraubung, mangel, Ttjrä'Cü beraube, pass. ermangle. Im celtischen tritt die wurzel auf im altirischen taid dieb, das mit dem ksl. tat! dieb sich völlig zu decken scheint. Auslautendes t wird tt^kanntlich vielfach im altirischen er- weicht, vgl. z. b. tüad volk neben tüath = got. thiuda, oskisch töta; äi in täid ist infectionsvocal für ä durch ein- fluss von suffixalem i; sonach ist die grundgestalt des wer- tes täti- dieb, welches sich in form und bedeutung mit dem ksl. tati dieb deckt. Sollte übrigens, was ja nicht unmöglich, altir. täid auf eine andere grundform als ksl. tati zurückgehen, so ist doch jedenfalls altir. täid ein de- rivat der wz. = stä, deren weitere ansbreitung oben an- gegeben ist.

5. Lat. rivinus nebenbuhler = ksl. rivinü aemulus.

Lat. riväli-s^ neben dem bei Plautus ein altes gleich- bedeutendes rivinus erscheint, nebenbuhler in der liebe,

etymologUche beitrage. 375

wird in unsern Wörterbüchern von rtvus bach abgeleitet; es soll also der nebenbuhler von den Lateinern als „canal- nachbar, an einem gerinne betheiligter^ benannt sein. Nun ist ja zuzugeben, dass die bedeutungen ofk in kühner und kühnster weise übertragen werden, aber dieser sprung scheint mir denn doch zu stark; das heifst doch ans allem alles machen. Erträglich wäre der Übergang, wenn wir ihn so zu sagen stationenweise verfolgen könnten, wenn also rivalis zunächst als blofses adjectiv von rivus, dann im sinne von canalnachbar, dann etwa Oberhaupt als theilneh- mer auch an anderem gemeinsamem besitz nachgewiesen wäre. Davon ist nichts aufzuzeigen: rivalis ist zwar auch adjectiv von rivus, kommt aber in diesem sinne und als „canalnachbar^ nur im ganz späten Juristenlatein vor, wo- gegen rivalis im sinne von rival uralt, rivinus gar nur in diesem sinne vorkommt. Vielmehr sind rivalis und rivinus rival ganz von rivus zu trennen, und mit rivinus deckt sich nach laut und sinn das ksl. rivinü aemulus, das sicher nicht aus dem später ganz unbekannten alten plautinischen Worte entlehnt ist und aufs engste mit ravinä eben, gleich (aus^ revTnü?) zusammenhängt. Die abstammung dieser Wörter vermag ich nicht anzugeben, aber die gleichung lat. rivinus nebenbuhler = ksl. rivinü aemulus scheint mir unanfechtbar.

6. . ^

kgoat] „ruhe^ = germanisch röva f. ruhe.

Das homerische wort iooifj hat zwei ganz scharf ge- schiedene bedeutungen: 1. Schwung, heftige bewegung, 2. ruhe, rast, ablassen, jene z. b. in Sovgog igtai] schwung des Speers, diese in noXifiov, x^^O^^VS ^goor^ rast, ablassen vom kämpfe. Wie man diese beiden fast gegensätzlichen bedeutungen vermitteln will, ist mir unerfindlich ; vielmehr liegen hier zwei ganz verschiedene nur zufällig lautgleiche Wörter vor. kgmj schwung wird man zu igdca ausgiefsen, auswerfen (wz. ras = ars) in dn^egdu), k^'SQciro u. s. w. ger- manisch ras im nhd. rasen stellen müssen, das ja ursprüng- lich jede heftige bewegung bezeichnet; kgai^ ruhe dagegen

376 Fick

gebort zur warzel ioa in ioa-uai^ die zwar sonst auf griechi- scbem boden nur ^lieben^, in anderen sprachen aber, mt das dazugehörige ram, auch „ruhen^ bedeotet. Tgl. ge^ manisch ra-sta rast, ra-sna haus, skr. ra-ti ruhe (aod liebe) n. s. w. Setzen wir demnach ipcor; f&r I-qw^j], so gelangen wir auf eine grundform ra-ra ruhe und mit dieser Torau»- gesetzten grundform deckt sich völlig das germanische ro-va f. ruhe, erhalten im an. g. röar f. = ags. röv t = abd. ruowa, mhd. ruowe f. und abd. räwa, mhd. rawe f. nbd. ruhe.

7.

got. blaggv = germanisch blav = lat. flag in flag-rum:

lat. fligo ssss ff'/J-ict) = &)J/9m.

Schon bei Leo Meyer findet sich die durchaus rich- tige Zusammenstellung des got. bliggvan blaggv schlagen = nbd. bleuen mit lat. flag in flag-ru-m, flag-el-In-m. Hierbei ist jedoch zu bemerken, dass die correspondenz des got. gg mit dem lat. g in flag nur eine scheinbare ist; das got. ggv ist bekanntlich eine, oft nur auf diesen dia- lect beschränkte Verstärkung eines allgemein germanischen ▼, das in diesem falle ja schon durch das nbd. „bleuen' bewiesen wird. Sonach lautet die wurzel germanisch blav, allein dieses blav steht durchaus regelrecht flir blagv, wie, um nur ein beispiel zu nennen, germanisches sniv schneien bekanntlich för snigv steht, wurzel snigh = zend. ^nizh, lit. snig u. s. w. Aus dem germanischen blav fllr blagv = lat. flag erhellt als die urgestalt der wurzel: bhlagh mit der möglichkeit hinter gh ein v zu entwickeln: bhlagh(v). Dass mit dieser wurzel nun lat. fligere niederschlagen zu- sammengehört, mit jüngerem i für a, liegt auf der band. Die grundform von flig ist bhligh, oder, erinnern wir ans an das germanische blav iüv blagv: bhlighv. Auf diese letztere form geht nun rfhßiu niederdrücken (ss nieder- schlagen) zurück, denn anstatt (f^xj: kann griechisch tfliif erscheinen, wie die wurzel dhngb in &vy'dTtjg durch dvy, die wurzel bhugh biegen durch ffvy^ lat. fug reflectirt wird. ffkiy^ wird durchaus regelrecht zu (ff-tß^ indem wie in

etymologische beitrüge. 377

ßiog und sonst in ß übergeht, und so erhalten wir (flißwj neben dem ein jüngeres d-Xißto erscheint, wie d^riQ neben (frjQ fera u. s. w.

8.

«

^a-ioum, uü-fiat^ uai^fidu) zu ksl. sü-me-ti wagen, und

germanisch mö-da muth.

Die Wurzel fia in fAu^i-ouai^ jAMfiai^ pLai^pidu) streben gehört zwar im weiteren sinne zur Verwandtschaft der Wurzel man denken, sinnen (s. Curtius grundzüge *, 313), ist jedoch, wie Curtius a. a. o. erkannt hat, durch eigen- thümlieh gewendete bedeutung davon abgesondert. Es hat sich auf europäischem sprachboden nämhch die form praes. mäya- för die bedeutung „streben" aus dem schofse der alten würzet man, ma losgelöst und ein eigenes dasein gewonnen; das erhellt aus den reflexen dieser wurzelform streben, die sich bis jetzt ausser in fia-i'Ofiai^ /ÄcH-fiai^ jAai'juda) auch im ksl. sü-mej^ sü-meti wagen, su-melu muthig, und im germanischen mö-da muth nachweisen las- sen, sü-meti hat Leskien als Zusammensetzung aus und me erkannt, bei Miklosich erscheint smej^ smeti; germa- nisch mo-da muth ist regelrechte ableitung eines verlore- nen verbs (mo-ja) = ksl. (suj-möj^ = pLctio-piai^ wie bl6-da blut, bl6-di blüthe von bl6-ja blühen.

Dagegen ist urj-ri-g rath zur wurzel messen, er- messen, nicht zu skr. mä-ti z. b. in abhi-mäti zu stellen, welches nach speciellen skr. lautgesetzen statt man-ti, ma-ti erscheint. Denn jj^tj-Tt-g deckt sich laut für laut mit dem oskischen met in meddeix rath weiser, wie Corssen erkannt hat, und mit dem lat. me-ti in meti-or messen, fi7]Ti(x) ist = lat. metio-r messe, die grundform beider Wör- ter ist meti-je.

9.

Lat. c6mi-s = skr. ^agma, und die Verbreitung der wurzel

skr. ^ak. Die wurzel pak spaltet sich im sanskrit begrifflich nach zwei sei.ten hin: können, vermögen und helfen, ver- helfen, letzteres gleichsam causale: können machen, in

378 Fick

stand setzen. Es geboren im sanskrit folgende formen hierher: pak ^aknoti können, vermögen, ^ak-ti f. vermö- gen, fähigkeit, pak-ra vermögend, jedoch auch „hilfreich'', paka m. macht. Im sinne „helfen'' ^ak imper. pag-dhi helfen, verhelfen zu, ^ak-ti f. hilfe, ^acishtha hilfreichst, 9aci f. hilfeleistung und endlich die alte bildung ^ag-ma hilfreich, mittheilsam, entgegenkommend, gütig.

Mit dem letztangeführten ^agma deckt sich nun lat c6mi-s nach laut und sinn völlig. Die bedeutung anlan- gend, wüsste ich nicht, wie man cömi-s besser übersetzen könnte, als durch die worte, womit oben nach Roths sans- kritlexicon der sinn von ^agma umschrieben worden; der übertritt der lat. adjective in die i-declination ist ferner ein bekannter, * relativ spät vollzogener process; haben wir doch neben acris noch altes acrus, neben gracilis noch das femin. gracila u. a. So erhalten wir cömo-, welches ganz regelrecht aus coc-mo, cog-mo geworden ist, wie lä-ma aus lac-ma pfutze, vgl. lacus, lacuna und ksl. lo-mü pfütze für lok-mü von der wurzel lak beugen, wie ex-a- men, ta-minare aus ag-men, tagminare, wz. ag und tag, entstanden ist. Ferner gehört zur wz. skr. pak helfen lat. cac-ula diener, regelrecht von cac helfen gebildet, wie rab- ula rabulist von rabere wüthen, oder wie uaivola-g wüthend von fiaivo-fiav wüthe. Endlich gehört unsrer wurzel con- cinnu-s passend an. Es hat nämlich die wurzel arisch ^ak, pac auch die bedeutung wozu helfen = passend sein, ge- ziemen angenommen im zend. pac geziemen, te ^acaiti es geziemt dir. Demnach steht con-cinnu-s fttr con-cec-nu-s und ist ein vereinsamtes part. pf., dem in dieser Verein- samung und im sinne ganz genau das ahd. ke-hagin pas- send entspricht. Aus diesem part. -hagan-s verbunden mit an. hog-r hoeg-r bequem, behaglich = ags. hög geschickt, klug lässt sich übrigens ein germanisches (hagan hög ha- gan-s) passen „be-hagen" mit Sicherheit wiederherstellen, dessen 3. ps. praes. (hagith) ganz genau dem zend. pacaiti es geziemt entsprechen würde. Zu hagan gehören noch an. hag-r geschickt, hag-r m. läge, Stellung, Verhältnis; nutzen, vortheil, hätt-r m. (=: hah-ta- oder hah-ti-) art und weise.

etjnnologiBche beitri&ge. 379

Auch xiTcv-g kraft kann man zu unserer würzet in der Bedeutung skr. ^ak paknoti verniögen stellen, doch macht das 1 Schwierigkeiten, die man auf verschiedene weise heben kann. Es kann nämlich xlxv- aus x(axv' entstanden sein, denn es existirt im griechischen wirUich ein leider noch nicht genügend aufgedeckter fibergang von o) in i, der ja in nUvoa aus dem altern, als äolisch bezeugten ncivco^ pf. ni-TKo-xa^ lat. pö-tum, ebenso in omn aus dem altern 6no)7i in oncoTia^ reduplicirt aus oti sehen, und sonst deutlich genug vorliegt; man kann aber auch vielleicht xixv aus xixvv^ xexvv (vgl. niTviia aus tibt) entstanden den- ken und dürfte dann an das skr. präsensthema pak-nu er- innern.

10. Lit. piukla-8 säge = ksl. pila f. säge, lit. naszykle trage und ksl. nosilo n. trage.

Mit recht macht Joh. Schmidt darauf aufmerksam, dass das lit. suffix -kla (-kle) durchaus regelrecht dem sla- vischen 1-suffix entspreche, und so scheint mir seine gleich- setzung von lit. ar-kla-s pflüg mit ksl. ra-Io pflüg (Ver- wandtschaftsverhältnisse s. 36) durchaus gelungen. Hier will ich jedoch die verwickelte frage über das Verhältnis des lit. kla und des lat. cru-m und -culum zu dem alten gemeinsam indogermanischen suffix -tra (tla) nicht weiter untersuchen, schon aus dem gründe, weil ich mir hierüber selbst noch keine feste ansieht gebildet habe ; ich will hier nur eine, wie mir scheint, schlagende parallele zwischen einem litauischen und slavischen wörterpaare hervorheben, welche einen weiteren beweis für die Identität des lit. -kla mit dem slavischen -lo zu geben geeignet ist.

Vom lit. piu-ti schneiden stammt piu-kla-s m. (auch piu-kle f.) säge. Diesem worte entspricht ganz genau ksl. pila f. säge. Im slavischen kann aus ju i werden (es ge- nügt hier an igo=jügo joch zu erinnern), so erhalten wir die grundform pjü-la, und ist nun weiter das slavische Suf- fix -la dem lit. -kla gleichzusetzen, so steht pila fßr pjü- kla, oder ist mit anderen werten in seiner grundgestalt dem lit. piukla-s, bis auf das genus, völlig gleich.

380 Fick

Noch augenfälliger ist die ursprüngliche gleichheit zweier anderer Wörter, welche ebenfalls für die Identität des lit. Suffixes -kla mit dem slavischen -lo sprechen. Dem ksl. nosilo n. trage, vehiculum von nosi-ti tragen (wz. nes) entspricht ganz genau das lit. neszykle oder naszykl^ f. eine trage (zum tragen von heu u. s. w.), in welchem worte nur die jüngere erweiterung des Suffixes -kla zu -kle d. i. -kl-ja eingetreten ist, wie in piukle neben piukla-s = ksl. pila säge.

11.

Lit. kertu-s Spitzmaus = ksl. krittu maulwurf, wie lit.

budrü-s zu ksl. büdrü wachsam.

Das slav. krütü maulwurf stellt Miklosich zur wurzel skar scheeren und vergleicht ahd. scero nhd. scheermaus, name für den maulwurf. Richtiger erinnert derselbe an die Wurzel skr. kart schneiden, die ja auch im slavischen in crüt-^ cres-ti schneiden und sonst vorliegt. Bei dieser ab- leitung finden wir zum slavischen krutü eine ganz genaue parallele im litauischen: lit. kertu-s, kertu-ka-s heifst die Spitzmaus. Die lauten tsprechung ist fast vollständig; die einzige differenz besteht in der verschiedenen flexionsweise, indem lit. kertu-s der u-declination, ksl. krütü der flexion der a-stämme folgt. Diese abweichung ist äufserst gering, indem nachweislich bald im litauischen die u-flexion um sich gegriffen hat = vgl. lit. asztru-s scharf = ksl. ostrü = skr. apra bald im slavischen alte u- stamme der der a-declination gefolgt sind, vgl. z. b. ligo-ta leichtigkeit (ligü-kü leicht) aus laghu = k'l.axv-g u. a. Ebenso uner- heblich ist die bedeutungsdifferenz , auch die Spitzmäuse wühlen, „zerschneiden** das erdreich, und so dürfen wir kertu m., etwa „Wühlmaus** zu übersetzen, als ein gemein- sam slavolettisches wort betrachten.

Wie in kertus, asztrus neben slav. krütu, ostrü liegt ein litauischer u-stamm einem slavischen a-stamm gegen- über im lit. bud-rü-s wachsam a= ksl. büd-rü wachsam, die auch wohl niemand wegen dieser differenz für ursprüng- lich verschiedene Wörter halten wird.

etymologische beitr&ge. 381

12.

ksl. mot-ri-ti spectare zu lit. mat sehen (fxax'iui spüre).

Unter mot-ri-ti spectare vermisst man bei Miklosieb die hinweisung auf die abstammung, obgleich dieselbe sehr auf der band liegt. Die ableitung -ri-ti ist eine im slayi- schen wohlbekannte, vgl. z. b. treperi-ti von wz. trep, die Wurzel ist mot und diese findet sich wohl erhalten im lit. mat-au mat-yti sehen, sehend sein, mati-ma-s das sehen, matoma-s sichtbar. Derselben wurzel gehört, wie mir scheint, uaT-ijui, fzaT-io), uar-evu) spüren, nachspüren an, mit leichter bedeutungsübertragung, die noch geringer wird, wenn man gemäss der abstammung der jedenfalls derivir- ten Wurzel mat von man, ma bedeuken, etwa „wahrneh- men'^ als die grundbedeutung ansetzt.

13. Gotisch augö äuge zu wz. ak sehen.

Dass unser germanisches „augan^ äuge zu der wurzel ak sehen gehöre, der arisch aksi äuge, occre und 6q>&ak' uüi^^ lat. oculus, lit. aki-s und ksl. oko äuge entstammen, ist bereits mehrfach und meines erachtens nach mit recht behauptet worden, ohne dass jedoch die lautlichen Schwie- rigkeiten, welche dieser ableitung entgegenstehen, genügend beseitigt wären. Es ist unser wort zunächst richtig in au- gan abzutheilen; gan ist suffix, erweitert aus ga, welches dem alten indogermanischen suffixe -ka entspricht. Genau ebenso hat man got. az-gön- asche zu trennen; nach ab- scheidung des suffixalen gon bleibt as übrig, welches mit dem skr. äsa staub, asche ganz genau stimmt, wenn man die vocaldehnung als spätere sanskritische eigenthümlich- keit deutet. Hat man au-gan richtig in au und suffix gan zerlegt, so erhebt sich die frage, wie kann au- aus dem zu erwartenden ah entstanden sein. Hierbei hat man sich zu erinnern, dass das ursprüngliche k ^— skr. k und c, auf eu- ropäischem boden oft durch kv reflectirt wird, dem ganz regelrecht ein germanisches hv entspricht, vgl. hvös-tan husten zu lit. kos-ti, skr. käs husten, sahv sehen, eigent- lieh cernere neben lit; syk, lat« secare. Diese darstellung

382 Fick

der Wurzel ak sehen durch akv lässt sich nun wirklich be- legen, indem griechisch on sehen offenbar aus oxf hervor- gegangen ist. Sonach hätten wir als germanische grund- form unseres wertes : ahv-gau anzusetzen. Um diese laut- gruppe sprechbar zu machen, stiefs man das h vor v aus und so entstand augan äuge. Diese annähme wird bestä- tigt durch einen ganz genau parallelen fall, nämlich das germanische siu-ni- f. sehen, gesicht (= an. sjon = got. siun-i-s == as. siun f.). siu-ni stammt evident von sahv sehen, abgeleitet durch das sufGx -ni; es steht also siu-ni für sihv-ni mit ausfall des h und Übergang von v zu u; ganz ebenso ist ahv-gan äuge durch ausfall des h und Übergang von v zu u: au-gan geworden.

14.

Lat. merus lauter, an. maerr lauter, berühmt, got. mer-s

berühmt, ksl. -merü berühmt zur wurzel mar glänzen.

Das germanische mära- berühmt, bekannt, das noch im nhd. mähre, mähr-chen fortlebt, und, wie Mfklosich er- kannt hat, dem altsla vischen -meru in eigennamen wie z. b. vladi-merü Waldemar entspricht, ist wiederholt auf die Wurzel smar gedenken zurückgeführt worden. Dem stehen jedoch zwei sehr schwere bedenken entgegen. Zunächst hinsichtlich der bedeutung. Das an. maer-r d. i. märja-s = ahd. märi bedeutet 1. lauter, pur, rein z. b. in maera mjödh reinen meth, 2. berühmt, bekannt wie das lautlich entsprechende ahd. märi. Das alter der ersten bedeutung erhellt aus dem, bis auf die vocalquantität genau identi- schen lat. meru-8 lauter, pur, rein. Nun ist doch wohl evident, dass man von der bedeutung „leuchten, hell sein^ sehr leicht auf den sinn „bekannt, berühmt sein^, nicht aber umgekehrt von dem grundsinn „gedenken'' zu dem begriff „hell, lauter^ gelangen kann. Folglich muss für das germanische mära= ksl. merü als grundbedeutung „leuchtend, hell" angesetzt werden, eine bedeutung, die sich vernünftiger weise aus smar „gedenken" gar nicht ent- wickeln kann.

Noch schwerer ist das lautliche bedenken, welches

etymologische beitrige. 383

der herleitung des germanischen mära von der warzel smar entgegensteht. Der abfall eines ursprünglich anlautenden 8 vor m ist nämlich im deutschen gar nicht zu erweisen, 80 häufig und regelrecht er auch in anderen sprachen griechisch und latein eintreten mag. Da nun doch jede Sprache nach den in ihr selbst waltenden lautvertretungs- gesetzen behandelt werden muss, und also, was für grie- chisch und latein gilt, von vorn herein damit noch nicht im geringsten für das deutsche gilt, so ist schon deshalb der Zusammenhang zwischen deutsch mära und der wurzel smar unbedingt zu läugnen und zu lösen.

Vielmehr gehören lat. merus lauter, an. maerr be- rühmt, ahd. märi berühmt, ksl. m^rii berühmt zur wurzel mar leuchten, die auch sonst reichlich zu belegen ist: skr. marici strahl, (laQ-fiaigoD ^ dfiaQ-vaaa) schimmern, /aaiga hundstern, ficcQig fieber u. s. w.

15. Zum anlaut urspr. gh: lat. haereo und lit. gaisz, i^&V'g und lit. zuvi-s, lat. elementum und lit. zelmü (aber lat.

haurio zu an. ausa schöpfen).

Die grundbedeutung von lat. haereo, stamm haes ist bekanntlich gehemmt sein, stocken, stecken, daraus kleben, haften, hangen an, in etwas, vgl. haeret aqua und ähn- liches. Die grundform von haes kann nur als ghais ge- dacht werden, und dieser entspricht ganz genau lit. gaisz-ti, gaiszoti säumen, zaudern, zögern (vgl. lat. haesitare) sich aufhalten, zurückbleiben, gaisz-inti caus. aufhalten, hindern, gaisza-s hindernis, Säumnis. Die Vertretung von auslauten- dem s durch lit. sz ist durchaus regelrecht, vgl. ausz-ti tagen, wurzel aus z. b. in lat. aur-öra. Die primäre ge- stalt von ghais würde ghis sein; zu dieser gehört z. b. germ. gis-la geisel, obses, vom „haften'' benannt, vielleicht auch ahd. geisila geissei und lat. hi-lum faden; jedenfalls auch got. geis, gais und ksl. zas (= zes) stupere.

IxO^v-g fisch ist aus der grundform ghu sonderbar'^ um- gestaltet; zunächst ist {^ eingeschoben, genau wie in x*^^' ixahj-q neben %ctfÄaij grundform gham; sodann i vorgeschla-

384 Fickf etymologische beitrage.

gen, genau wie i in k-x^^S gestern. Dagegen ist lit. Äuvi-8 fisch regelrecht aus zu erweitert, genau wie lit. bruvi-s=a skr. bhrü = o^tpQv-g, Die reine form zu erscheint im preuls. suckans (d. i. zu-ka-ns) acc. pl. fische, von £u-ka fisch, dem das armenische tzükn fisch zu entsprechen scheint, womit denn ghu fisch auch auf arischem gebiete nachge- wiesen wäre, vgl. armenisch mü-kn maus zu müs.

Wie in ans-er (für hans-er) gans ist ursprünglicher anlaut gh im latein völlig abgefallen in elemen-tu-m, das demnach für h-elemen-tu-m steht und zur wurzel europ. ghal sprossen, grünen gehört, die auch im lat. hel-vu-s, holus (olus) und sonst hervortritt. Dem alten helemen- tu-m entspricht bis auf die suffixale erweiterung ganz ge- nau lit. zelmu, g. zelmen-s sprosse, schöfslhig. Von alere kann elementum schon des abweichenden vocals wegen nicht abgeleitet werden; dazu kommt noch, dass die ent- sprechende bildung von ale-re durch das suffix men-tu-m im latein schon vorhanden ist, nämlich alimen-tu-m; man müsste also abenteuerlich genug annehmen, dasselbe wort wäre im latein zweimal vorhanden.

Wie in anser und elementum h abgefallen ist, scheint derselbe, früh verstummte anlaut fälschlich zugesetzt zu sein in haurio^ stamm haus schöpfen, das doch ganz evident dem an. ausa jos schöpfen entspricht, an. geysa stamm gaus hervorbrechen hat ganz abweichende bedeutung, auch müsste man bei herleitung von der wurzel ghu doch die form faus erwarten, denn ghu, ghud giefsen wird, wie Corssen gezeigt hat, durch lat. fu, fud reflectirt, und ein wenig Sprachvernunft besafsen denn doch auch die Italiker, die man sich in diesem betracht doch leicht etwas gar zu roh zu denken geneigt ist; einen bedenklichen mangel an instinctiver Spracheinsicht würde es aber doch bekunden, wenn man blos durch lautwandelvorgänge ursprünglich wurzelhaft zusammengehörige wortgruppen hätte lautlich ganz auseinander treten lassen. Beweisen lässt sich frei- lich die gleichung haurio = an. ausa schöpfen nicht.

A. Pick.

Bugge, altitalische Studien. ' 385

Altitalische Studien.

1. Primäre and secundäre personalenduDgen des oscischen

und umbriflchen verbs.

In dieser Zeitschrift habe ich den nachweis versucht, dass das verbum im oscischen für gewisse tempora und modi primäre, för andere secundäre personalendungen ver- wendet. Für die 3. pers. pl. act. habe ich als primäre en- dung nt oder (mit weggefallenem n) t, als secundäre ns aufgestellt, und fiir nt (t) eine grundform nti, für ns eine grundform nt angenommen (zeitschr. III, 422 f.; V, 6 9; VI, 25). Dies ist von Corssen in seinen fQr das Studium der altitalischen sprachen höchst wichtigen abhandlungen ausführlich bestritten worden; siehe zeitschr. XIII, 248 bis 260 und zeitschr. XI, 350 355. Ich kann die Widerlegung nicht als gelungen ansehen und werde hier meine an* sieht, welcher Ebel zeitschr. V, 401 ff., Lettner beitrage II, 313 und andere beitraten, vertheidigen. Es ist schon wenig glücklich, dass Corssen vom umbrischen ausgebt, denn das oscische hat anerkannter weise die auslautenden consonan- ten weit besser als das umbrische bewahrt. Ich gehe also vom oscischen aus.

Zuerst stelle ich diejenigen pluralformen zusammen, über deren bedeutung kein zweifei herrscht oder bei denen der zweifei wenigstens den gegenwärtigen Streitpunkt nicht berührt.

A. Endung nt oder t.

1) Präs. indic. am fr et = ambiunt eestint = exstant set = sunt

2) Fut. 1 indic, censazet = ceusebunt

3) Fut. 2 indic. tribarakattuset = -averint (aedificaverint?)

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 6. 25

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altitaliscbe Stadien. 387

1) Das umbrische hat nirgends nt oder t, wo das oscische ns hat.

2) Umgekehrt hat das umbrische nirgends ns oder 8, wo das oscische t oder nt hat.

A. Endung nt oder t oder n.

1) Präs. indic. furfat, furfant = -ant sent = sunt.

Vgl. ose. set.

2) Fut. 1 indic. staheren = stabunt.

3) Fut. 2 indic. benurent, benurent sss venerint fakurent, facurent = fecerint haburent = habuerint,

u. s. w. Vgl. osk. tribarakattuset. Hierher gehört vielleicht auch fefure statt fefurent.

B. Endung ns oder s.

1) Präs. conj. dirsans^ dirsas = dent etaians, etaias = itent habas*) = habeant sis*), sins = sint.

Vgl. ose. deicans.

2) Perfect. indic. eitipes.

Vgl. ose. uupsens.

Aus den obigen Zusammenstellungen folgt nothwendig, dass im umbr. staheren fut. 1 =r stabunt ein t (vgl. ose. censazei)j nicht ein s, ausgefallen ist; dies ist schon von Ebel zeitschr. V, 402 bemerkt, während Corssen Zeit- schrift X, 14 staheren irrig als aus staherens (was ab-

*) Die abweichenden deutungen von Savelsberg zeitschr. XXI, 216 ff. kann ich nicht billigen.

25»

888 Bugge

kürzt staheres gelautet haben würde: Huschke s. 648) verstümmelt betrachtet; das richtige giebt dagegen Corssen zeitschr. XI, 351.

Ich habe die umbrischen formen covortusOj benmo nicht angeführt, weil ich die deutung „converterunt", »ve- nerunt^ nicht billigen kann; davon später.

Für das sabellische und volscische lässt sich beim perfect indic. Übereinstimmung mit dem oscischen und um- brischen nachweisen.

1 ) Sabellisch.

amatens Inschrift von Bapino.

SIIST A Mll NS in der inschrift von Sulmo im lande der Paeligner giebt jedenfalls ein perf. indic. 3. pers. plur. Wahrscheinlich ist mit Corssen (Ann. d. Inst. R. 1866 p. 113 f.) sestattens oder mit Huschke (Fleckeisens jahrb. 5ter 8upplement-bd. s. 862) sestiatiens = statuerunt zu corrigieren. Zeyss (zeitschr. XX, 183) deutet plens = pleverunt, allein man würde dafür eher plefens erwarten.

ems Crecchio wahrscheinlich graphisch abgekürzt statt emes oder emens = emerunt (Corssen zeitschr. X, 11). Unsicher ist ortfns Cupra^ was Corssen zeitschr. X, 33 als perf. indic. 3. ps. pl. deutet.

Die deutung von peien Crecchio als piaverunt

(Corssen zeitschr. X, 14) ist kaum zu billigen. Der stein

hat irkes: iepeien (p und das letzte i; nicht sicher).

In irkes kann vielleicht ein perf. 3. ps. pl. und in iepeien

möglicher weise ein nomen im locativ stecken. Ob iepeien

mit umbr. iepi TIg. IQ, 21 zusammengehört, kann ich

nicht sagen.

2) Volscisch.

sistiatiens Velletri = statuerunt.

Hiernach gelten für das oscische und umbrische, wahr- scheinlich auch in gleichem umfange für das sabellische und volscische, folgende regeln:

1) In präs. indic, fut. 1 indic, fut. 2 indic. ist für 3. pers. plur. eine form mit auslautendem 8 unzulässig.

altitaliflche Studien. 889

2) Id präs. coDJ., perf. coDJ., imperfect. ind.*) perf. ind. ist für 3. ps. pI. eine form mit auslau- tendem t unzulässig.

Diese regeln sind nicht „nach dem muster des sanskrit octroyirt^, sie sind vielmehr nach sämmtlicben unzweifel- haften inschriftlichen belegstellen gegeben. Wenn man nur diejenigen Ycrbalformen benutzt, deren bedeutung aus dem zusammenhange oder durch sonstige mittel zu beweisen ist, lässt sich im oscischen, umbrischen, sabellischen, vols- cischen ftir 3. ps. pl. ein schwanken zwischen auslauten- dem nt (t) und ns (s) nirgends nachweisen. Wie im grie- chischen neben naiÖEvovcfi kein Tiaiäevov^ neben hnaiÖBvov kein hnaidsvovai existirt, so ist neben ose. set = umbr. sent kein ose. präs. indic. sens^sunt, neben ose. ns (in deicans = dicant) = umbr. ns (in dirsans = dent) keine oscische conjunctivform auf nt oder t anzunehmen.

Was ich im vorhergehenden zusammengestellt habe, beweist, dass die deutungen Corssens: ose. eituns = eunt und ose. staiet = Stent gegen die sowohl für das osci- sche als für das umbrische geltenden regeln streiten. Diese deutungen sind daher unzulässig.

Ich suche dies hier auch von anderer seite nachzu- weisen, wobei ich zum theil argumente wiederholen muss, welche ich schon früher vorgebracht habe.

Corssen erklärt eituns als präs. ind. 3. ps. pl. act. von einem verbalstamme eitn, welcher von einem substan- tivstamme ei tu gebildet sei. In der endung der 3. ps. pl. präs. indic. kommt t im oscischen 5 mal (set 2 mal, set^ amfret, eestint), im umbrischen 7 mal (furfat, für- fant^ sent 5 mal) vor; nirgends findet sich s. Wenn man auch hiervon absehen könnte, müsste man nach dem latei- nischen eine form eitiuvens, nicht eituns voraussetzen. Corssen (zeitschr. XIII, 260) meint freilich: „Nun zeigt ee-sti-nt = ex-sta-nt, dass die pluralendung -nt an

*) Perf. conj. und imperf. ind. sind nur im oscischen belegt. Allein wenn das nmbr. wie das ose. in präs. conj. und perf. ind. 3. ps. pl. s hat, kann man nicht daran zweifeln, dass dasselbe auch in perf. conj. und im- perfect. ind. s gezeigt hat.

390 Bugge

▼ocalisch auslautende verbalstämme auch ohne bildungs- vocal trat, also konnte von einem verbalstämme eitn £e dritte pluralis ei-tu-nt lauten.^ Diese folgerung ist nicht stichhaltig. Im klassischen latein sagt man ex-sta-nt, ex-ple-nt, dagegen nicht st a* tu -nt. Corssen fiüirt fort: „Möglich ist auch, dass dieselbe nach der aualogie voo sta-tu-unt *ei-tu*unt lautete, dann aber die beiden d verschmolzen.^ Auch dies scheint nicht möglich: statu- unt ist lateinische, nicht oscische form. Das ose. hatvw der endung der 3. ps. pl. e^ wo im lat. u steht; laL sta- tuunt wQrde ose. stattiuvet (oder stattiuvent?) in lateinischer schrifl statuet (statuent?) lauten. Endlich ist sowohl ein verbalstamm ei tu als ein nominalstamm eito sonst unbekannt (denn das sufBx in eitiuvo ist verschie- den), und ein nominalstamm eitu wird dadurch höchst unwahrscheinlich, dass der nominalstamm ita im lateini- schen vorkommt.

Ich erkläre eituns als imperat. 3. ps. pl. (ennto). 3. ps. pl. eituns verhält sich zur 3. ps. sg. *eitud (=lat Ito) gerade so wie deicans zu *deicad^ tribarakattins zu *tribarakattid, fufans zu *fufad, uupsens zo opsed. Ich habe eine analogie in der griechischen neu- bildung für 3. ps. pl. imperat. act. rioaav (z. b. naiSsvi* TCDCfav) gefunden, insofern diese plurale personalendoog des imperat. nach der analogie derjenigen modi und tem- pora gebildet ist, welche secundäre personalendungen zei- gen: naiSeviTwaav verhält sich zu natSevirat (arsprOng- lich -ro^r), wie diSoir^aav zu StSoitjj k8i8oaav zu iSiSm^ inatdev&Tjaav zu kTiaidevO-f]. Ebenso ist im ose. die en- dung der 3. ps. plur. imperat. act. nach der analogie dar 3. ps. plur. bei denjenigen modi und tempora gebildet, welche secundäre personalendungen zeigen.

Es bleibt staiet cipp. Abell. 58. Dies habe ich stant erklärt, wie ich es noch jetzt erkläre; nach Corssen da- gegen bedeutet es Stent. Ich habe schon gesagt, dass diese deutung durch die Sprachdenkmäler selbst widerlegt wird, da weder im ose. noch im umbr. eine verbalform ftr 3. ps. plur. conj. vorkommt, die auf t endet. Dsms

altitalifche Studien. 391

endung in der 3. ps. pl. conjunct. ose. ns, ombr. ds oder 8 ist, wird durch sechs oscische (potians, deicans, tri- barakattins, patensins 2 mal, ^errins), acht umbri- sche (etaians^ etaias, habas, dirsans 2 mal, dirsas^ sins sis) beispiele bewiesen.

Ich halte auch daran fest, dass der Zusammenhang die erklärung staiet = stant keineswegs widerlegt, sondern im gegentheil stützt. Ich habe früher bemerkt: im satze teremennio staiet kann staiet nicht = Stent sein, weil z. 15 16 gesagt ist, dass die teremennio (terminalia) schon profto set (probata sunt). Dagegen wendet Cors- sen ein (zeitschr. XIII, 249 f.), teremennio z. 15 sei nicht dasselbe was teremennio z. 57. Wodurch aber hat er dies erwiesen? Vielmehr muss man bei der pein- lich genauen ausdrucksweise des Vertrags folgern, dass das- selbe wort an verschiedenen stellen dieselbe bedeutung hat, wenn keine nähere bestimmung dabei steht.

Corssen argumentiert, ferner: „Sieht man von dem letzten satz ab, dessen verbum finitum staiet ist, so be- steht der ganze tempelvertrag nach den eingangsworten (z. 1 10) aus sechs Sätzen, welche sechs hauptbestimmun- gen des Vertrages enthalten. In allen diesen sind entweder Imperativformen oder conjunctivformen mit imperativischer bedeutung die verba finita. . . . Daraus würde man, falls man staiet noch gar nicht kennte, folgern, dass auch der siebente und letzte satz eine Vertragsbestimmung enthielte und das verbum finitum entweder eine imperativform oder eine conjunctivform wäre, und da staiet das erstere nicht sein kann, es als conjunctivform ansprechen.^

Dass diese argumentation gar keine bindende kraft hat, lässt sich beweisen. Die grofse puteolanische inschrift bei Mommsen inscr. regni Neap. 2458 hat nach den ein- gangsworten sehr viele hauptsätze, in welchen nur impe- rativformen auf to stehen; nach 37 imperativformen folgt ein hauptsatz mit dem verbum dabitur.

Bei Corssen folgt: „Die sechs sätze, welche die Ver- fügungen des Vertrags enthalten, und aufserdem ein ganz verstümmelter sind durch conjunctionen verbunden

392 Bugge

Wenn nun der letzte satz, dessen verbum finitum staiel ist, ebenfalls mit avt eingeleitet wird, so muss man schlis- sen, dass derselbe ebensowohl eine Tertragsbestiinmimg enthält, wie die vorhergehenden sätze, namentlich die vier mit avt angeknüpften, dass das verbum finitum derselben ebenfalls eine conjunctivform mit imperativischein sinn ist, wenn es eine imperativform nicht sein kann, kurz nuD muss staiet hiernach Stent erklären.^

Ich muss die geltung eines solchen syntactischen ge- setzes, namentlich für eine alterthümliche spräche, deren ausdruck einfach und kunstlos ist, in abrede stellen. Wie häufig sind nicht bei Homer sätze, deren verba finita ve^ schiedenen modi gehören, durch di verbunden? Z. b. D. 6 504 fi*. folgen in langer reihe nach einander innperativische hauptsätze, welche durch dt verbunden sind; zuletzt kommt, ebenfalls durch öe angeknüpft, ein hauptsatz, dessen ver bum finitum eine indicativform ist. In den altnorwegischen gesetzen wird man ebenfalls fast auf jeder seite Satzver- bindungen finden, welche gegen die von Corssen angenom- mene syntactische regel streiten. Sätze, welche thatslch- liche bemerkungen im indic. geben, werden durch e n (autem, iU) mit imperativischen Sätzen verbunden. Z. b. Frosta- pingslög IV, 32: Ef madr verdr ötfr svä at hann bryzk 6r böndum ok verd'r hann manns baui, hann skal fara af

landi En ef meun sja oedi ä manni, {>a bindi ü

er vill at örsekju ok hafi til pings ok bjöd"! frasndum, leysi par ok segi af sina äbyrgd". En öllum ödum mön- num eigu menn vörd* at veita at örsekju. En ötfr majft er omagi arfa sins.

Für meine erklärung, wonach stai der ose. präsens- stamm ist, spricht auch der umstand, dass die umbrischeD formen stahitu, stahiiuto^ staheren einen präsensstamm stahi zeigen, denn das oscische ist ja mit dem umbrischen weit näher als mit dem lateinischen verwandt. Die erkU- rung teremennio staiet = terminalia stant wird end- lich durch das analoge terminus stat, termina dno stant in der sententia Q. M. Minuciorum inter Oennates et Viturios gestützt.

altitalische Studien. 393

Wenn ich als die primäre endung der 3. ps. pl. act. sowohl im ose. als im umbr. nach der ältesten belegbaren form nt, als die secundäre ns aufstelle, behaupte ich da- mit keineswegs, es hätten sich diese endungen überall un- verstömmelt erhalten. Es ist schon im vorhergehenden ge- sagt, dass n vor t im ose. regelmäfsig ausfallt, und dass n vor s im umbr. oft nicht geschrieben ist. Im umbr. kann -ent in -en (staheren), vielleicht sogar in -e (fefure t. Iguv. IIa 4 statt fefurent?) verstümmelt werden*).

Der Wechsel dieser endungen 1) nt 2) ns lässt sich, wie ich schon früher gezeigt habe, in seiner entstehung durch die vergleichung verwandter sprachen genügend er- klären: nt setzt eine grundform nti, ns eine grundform nt voraus. Dagegen bleibt bei der annähme Corssens der Wechsel von nt und ns eine unerklärte regellosigkeit.

Es darf als eine anerkannte thatsache gelten, dass die Unterscheidung einer primären endung nti von einer secun- dären nt ursprünglich nicht der sanskrita-sprache eigeu- thümlich war, sondern den indo-europäischen sprachen überhaupt gehörte. Es ist nachgewiesen, dass diese Unter- scheidung ursprünglich für das altbaktr., altpers., griech., slav., germanische galt; auch im celtischen sind spuren vorhanden s. Whitley Stokes beitrage VI, 464. Es ist da- her unzweifelhaft, dass diese Unterscheidung einst auch im italischen bestand. Der umstand, dass sie im lateinischen aufgegeben ist, kann dasselbe fQr das ose. und umbr. nicht beweisen.' Eine spur der nur primären form im lat. zeigt bekanntlich tremonti im Carmen Saliare. .

Im folgenden weise ich nach, dass die oben genann- ten ose. und umbr. verbalformen sich meiner erklärung,

*) Die bemerkung Corssens (zeitschr. XI, 851), die 3. ps. pl. fut 1 indicat. act. habe im umbr. nicht die volle, starke form der personalendong, da staheren statt staherent verstümmelt ist, berührt nicht meine theorie, sondern nur die nacnen „volle**, „starke**, nnd „stumpfe" endangen. Diese namen habe ich früher in Übereinstimmung mit anderen forschem mit rück- sicht auf die ursprünglichen formen 1) nti 2) nt angewendet. Hier ziehe ich „primäre** und „secnndäre** endungen vor, ohne damit entscheiden zu wollen, ob das i in nti angetreten oder aber in nt weggefallen ist.

394 Biu;ge

wonach ut aus nti^ us auä iit entstaailen ist, sämmt&ck wohl itigen.

A. EnduDs: nt = ursprOngl. ati.

Die enci^prechende tmdung lautet skr. ati, altbaktr. riti oder titi, ijrr. i'Tt [nt]^ kirrhenslav. ati, got. nd.

1 ) Prää. iudic. z. b. «>äc. set, umbr. sent = skr. santi, altbaktr. heutig ^r. .^itu hoi* kslav. sati, got. sind.

i) Fut. l iudic. ose. -:*et, -se<« lunbr. -ren statt -reot, -6unc, OSO. censazeL umbr. staherea. = skr. -sjanti, £. b. düsjjanti; iiltbaktr. -.-iiMiti, /:, b. vareseiitl werda wirkeu: ijrieoh. -»tüvul a. b. )ojo'ovm. Ich nehme jetzt mit Corssen .10, dass das ose. und iimi^r. tut. 1 dem skr. fiit auf -sjfiini entspriclic. Da iber diese futurbildang iiD skr., :iltbaktr., ::;rieeb. immer primäre, niemals secundäre ouduu^en ^ei<rc^ hat Corssen vollständig unrecht, wenn er i/.eitschr. Xlll, Jo4 2.M)) behauptet, dass die ose. und umbr. t'uturt'urmeu ruit lueiuer theorie von der ontersch«- iung primärer luid secuudärer Endungen in widersprach stehen.

3) Fat. 2 iudic. lu tribarakattuset, benurent ist -set, -rr.Mit iiatüriich wie -zet in censa:iet^ -ren in stahe- Tf^a Mi erklären.

B. biuduug :is = ursprüngl. nt.

Die onisp rechende '-udnug lautet skr. n oder (mit voraugehendem u) s^ altbaktr. n^ i^rieeh. v^ got. n (na): im ksiav. verschmilzt der nasal mit dem vorangehendai vocale 'AI Muem nasal vocale.

1) Präs. '.^oujunct. z. b. uuibr. sint^ sis ^ skr. sjus (duhijau liigv. I, VKK M ?= duhjus), altbaktr. qjen, iijän, ^r. ui'i die iudoeuropäi sehe grundibrm ist asjant, ^j auc.

•.>sc. ietcans^ imbr. habas vgi. ved. vahän^ altbaiktr. Lvün^ avun^ ivuoij.

1) In r)eri'. ^onjunet. ist die endung ins natfixiich in firäs. '^ouiunot. /.u beuicheilen.

altitalische itndien. 395

3) Imperfeci indic. ose. fu-fans vgl. skr. abhavan, altbaktr. baon, bäon, gr. 'ikeyovj ijcfav. Die endung *us skr. im impf, reduplicirter präsentia: abibharus, altbaktr* aeurus.

4) Perfect. indic. Bei diesem tempus stimmen die in- doeuropäischen sprachen in betreff der personalendangen nicht fiberein. Die oscisch-umbrisch-sabellisch-volscische form fär perf. indic. 3. ps. pl. act. schliefst sich in betreff der endung der indischen an, weicht dagegen von der ge- wöhnlichen griechischen ab. dederunt lautete, wie Cors- sen selbst annimmt, ose. dedens; dies entspricht dem skr. dadus, grundform dadant. Secundäre endung finden wir auch im altbaktr. lejin, wenn Justis erklärung als perf. indic. 3. pers. plur. von i gehen richtig ist, in den alexandrinischen perfeptformen auf -av (Hyvcoxav)^ im goti- schen (berun, salbö-dedun).

Ich habe angenommen, dass das t der indoeuropäi- schen grundform nti sich im ose. ungeändert behauptet hat, während das auslautende i weggefallen ist. Dasselbe lautgesetz zeigt sich bei der ose. präposition ant (ante), welche dem skr. anti (gegenüber, davor, angesichts, nahe), gr. dvTi (gegenüber, gegen) entspricht, ant wird freilich von Corssen zeitschr. V, 106 und sonst aus antid, von Zeyss zeitschr. XIV, 415 aus antin erklärt. Allein beide erklärungen sind nach den oscischen lautregeln unstatthaft, denn weder die silbe id noch in fällt im auslaut weg. Auch die deutungen von -p in nep, post, pert als aus. pid, postid (oder postin), pertid (oder pertin) ent- standen, stehen mit den oscischen lautregeln in Wider- spruch.

Die änderung des auslautenden nt in ns hat im indi- schen -US statt -ant ihr analogen^); vgl. Benfey plural- bildungen s. 24.

*) Mit unrecht lässt Corssen ausspräche^ I, 616 sus in der skr. aoristform aredi^us aus ursprünglichem asanti entstehen. Ebenso wenig darf man nach meiner meinung mit Corssen a. o., Bruppacher lautlehre s. 74 und Enderis formeql. s. XXIX die endung ns in oscischen perfecten (uup- sens u. s. w.) aus nti erklären. Von sprachformen, die jenseits der jafeti- schen grundsprache liegen, rede ich hier nicht.

396 Bugge

Auch im umbrischoD passiv treten bei der 3. ps. pl spuren dos Unterschieds primärer und secundärer enduDgeo hervor. Folgende formen sind bewahrt:

A. Fut. I indic. ostcnsendu das, wie ich zeitschr. III, 37 nachgewiesen habe« ostendeutur bedeutet.

B. Präs. conjnnct.

emuntur« emantu ss emantur (sumantur)

torkantur nach Huschke = videant (vgl. äiQxoum]

tursiandu = torreantur?

Diese pa^^sivisohen formen des präs. conjonct. sind zo oinor zeit gebildet, da emant *emant, nicht, inrie später. *onians oder ^omas lautete. Gleichzeitig mit * emant = lat. omant kaun emunt nicht ^ement gelautet haben; dann lioi'se :^ioh der spätere unterschied der endungen in ^ement -= omunt und ^omans ^ emant nicht erklären. Ab cMuant im umbrischen noch ^emant lautete« musa folglicb omunt *omenti gelautet haben. Eine spur dieser endong ist wahrscheinlich in ostenscndi statt osten n-aenti-r be- wahrt, Dagt^gen ist in emant-u-r u bindevocal oder ge* h5rt wenigstens der {vrsonendung nicht an. Ehe! hat n- crst (roit*ohr. W -iOt>' das richtiire cesehen. während ich ^eit^chr. IIK !^S l^r das f in ostemsendi gleichen nraprang mit dem « in twrsumJm annahm. Das oscische giebt kei- nt» lv«cg tt^r 3. ps. pl. pa$s Ivi sabell. kommt fermUer = feruntur Tor: allein auch hier koonen wir das Teihilt- :i:s nie hl Sro Sachten« da sich die o^. fiS. pl. einer Terbalform, w^^'her sccv.ndäre eiidungen fukx^mxDeQ« nicht bdegen ItoL

\ch c^Aube im vwrbfrirel^fi^dfs als eine miaweifelhaftc iKa:<iAr.bf Darhc^«ic<icn fxi habest aa$$ das Terbom im 00- :wf.bM-i v^^-^ii u:i"ibnsrhen in ifT ? j-i&. plnr. primäre nnd <«\-r*r.Äirf euiär-rc'^r. i^at^^j^hriie:. Es würde höchst be- :'YT.?5eT»i sfin^ vIäss i^5c srnr iiesas apterochicds in der .V ps. *ir.g. T^rwiSirhi wire.. H?f? is5 aber die frage fe^ w»:i:f!jTfir,

altitalische Stadien. 397

Im oscischen kommen in der 3. ps. sing, act zwei en- dungen t und d vor. Um eine feste grundlage zu gewin- nen, werde ich zuerst andere wortformen, in denen aus- lautendes d oder t vorkommt, besprechen und nachher die verbalformen untersuchen.

A. Auslautendes d kommt im oscischen vor

1) als merkmal des neutrum:

pod C. Ab. 12. 13. 14. 49, nom. accus, sg. neutr. = quod.

pid C. Ab. 41. 51, nom. accus, sg. neutr. = quid. Hier schreibt der cippus Abellanus überall d, nirgends t. Auch die tabula Bantina hat einmal (z. 10) pod = quod. Dagegen schreibt Paul. ep. Fest. p. 212 Müll, pitpit Osce quidquid mit /, nicht mit d. Ebenso hat die griechisch geschriebene inschrift von Anzi ticot = quod und ccror, was Corssen zeitschr. XVIII, 191 in seiner scharfsinnigen ab- handlung über diese inschrift als hoc, accus, sg. n. vom stamme eiso erklärt. Die erklärung von söot scheint mir nicht sicher, weil der stamm eiso sonst is, nicht hie, bedeutet und weil in nomin. und accus, sonst nur der stamm i, nicht eiso, vorkommt (zeitschr. V, 2); dies hat aber für die gegenwärtige Untersuchung keine bedeutung.

2) Als ablativsuffix bleibt d sowohl auf den in natio- naler Schrift abgefassten denkmälern als auf der tabula Bantina ungeändert; statt d wird im ablativ niemals t ge- schrieben. (Der meinung Sa velsbergs Rhein, mus. n.f. XXVI, 402, dass auslautendes d bei ablativen im ose. abfalle, kann ich nicht beitreten.)

3) Die enklitische partikel -pid = lat. -que kommt mit d geschrieben C. Abell. 9. 25. 52 vor, auch T. Baut. 30 steht [p]ocapid^ dagegen T. Baut. 8 pocapiJ. Dies -pid wird freilich als ablativ vom indefiniten pronominal- stamme pi erklärt (Ebel zeitschr. V, 415 f.), allein die Schrei- bung mit t deutet darauf hin, dass es nicht als ablativ gefühlt wurde.

4) Hier muss auch die präposition dat T. Baut. 6. 8. 9. 10 = de erwähnt werden. Ich habe zeitschr. IH, 419

3d8 Bugge

im ose. dat wie im churwälschen dad, ital. da eine zn- sammensetzQDg mit ad (im ose. ist als präposition nur die form a z belegt) gesucht ; und diese erkläniDg wird gestfttit durch die wie ich glaube richtige vermuthuDg Ebels lA- Schrift VI, 205, wonach lat. apud aus ap, einer ilteni form von ab, und ad zusammengesetzt ist. 'Weniger walu<> scheinlich ist es mir, dass wir in dat einen femininen nidit zusammengesetzten ablativ zu sehen haben. Jedenfalls Ai wir nach der analogie von pokkapid, pod u. s. wzQckr annähme berechtigt, dass die präposition in nationaler Schrift dad geschrieben wurde. Damit zasammengeseüt ist dadikatted as dedicavit statt dad-dikatted wie medikei statt meddikei.

Die oben genannten Wörter zeigen folgende lantregdo, die wir durch die verbalformen gestützt finden werden:

1) In denjenigen oscischen ins chriften, welche in nationaler schrift abgefasst sind, wechselt aoi- lauteudes d nicht mit t.

2) Wo die oscisch geschriebenen denkmSler auslautendes d, nicht t, haben, schreibt die tt- bula Bantina bald d, bald t.

3) Wo die oscisch geschriebenen denkmäler auslautendes d, nicht t, haben, schreibt die grie- chisch geschriebene inschrift von Anzi r.

4) In allen formen, wo die oscisch geschrie- benen inschriften auslautendes d haben, ist das ursprüngliche ein für sämmtliche indo-enrop. sprachen vorauszusetzendes auslautendes t. Nir- gends hat das oscische auslautendes d, wo in der gemeinschaftlichen indo-europäischen grnndform ein vocal folgte.

d als merkmal des nom. acc. sg. neutr. entspricht a^ sprüDglichem t: pod ist aus einer grnndform kvat, kat hervorgegangen*); ebenso lautete d als merkmal des abla- tivs ursprünglich t.

*) Eine noch filtere form ka-ta gehört einem sprachlichen rontidiai das uns hier gar nicht angeht.

altitaÜBche 8tadi«ii. B99

Ich kaDD jedoch die meinung Gorssens (zeitschr. XVIII, 246; ausspräche' I, 193) nicht theilen, dass noar und eaor der inschrift von Anzi das ursprüngliche t der neutralen nominativ- und accusativ-formen bewahrt haben. Vielmehr wurde das auslautende t sowohl des neutrums als des ab. lativs meiner ansieht nach schon in uralter zeit in d ge- schwächt. DafCLr spricht in betreff des neutralen d der umstand^ dass es im inlaute immer als d, nie als t, er- scheint: idik, idic^ pidum (wenn dies, wie ich glaube, als pid-um, nicht pi-dum, zu fassen ist). Damit stim- men die umbr. formen erek, erse statt edek (nicht statt etek); pere, pire, piri, pirse u. s. w. statt pidi.

Beweisend sind aber dafür namentlich die germani- schen formen: got. ita, pata sind aus vorgermanischen formen id-ä, tad-ä verschoben. nooTj böot in der in- Schrift von Anzi, pocapit T. Baut., pitpil Paul. epit. Fest, haben somit, wie ich glaube, nicht ursprüngliches t be- wahrt; in diesen formen ist vielmehr das auslautende d, welches in uralter zeit aus t geschwächt war, zu t wieder verstärkt. Diese Verstärkung kommt nur in den griechisch und lateinisch geschriebenen, nicht in den oscisch geschrie- benen denkmälern vor. Für die oscisch geschriebenen in- schriften gilt das nämliche wie für die ältesten lateini- schen inschriften, wo d im auslaut der neutralen prono- minalformen die ausschliefsliche Schreibweise ist (Corssen ausspräche ^ I, 192 f.). Die oscischen formen pocapit, TtwT sind wie die lateinische aput zu beurtheilen. Wie d für das lateinische das ursprüngliche ist (Corssen a. o.), so meiner meinung nach auch für das oscische. Dies wird nicht dadurch widerlegt, dass die oscischen in- schriften, welche in griechischer Schrift abgefasst sind, sehr alt sind. Es scheint wohl möglich, dass das griechi- sche d\ welches niemals im auslaut steht, in der hel- lenischen spräche Grofsgriechenlands überhaupt weicher klang als das auslautende oscische d in pod, und dass dadurch die Schreibart nu)T, eaot mit t nicht mit d ver- anlasst wurde.

daty worin nach meiner vermuthung ad steckt, ist wie

400 Bszg«

pocapit^ pitpit aufzutasseD. In ad ist d schon uralt, wib aus dem umbrischeQ ar hervorgeht und noch dentlidier aus dem altn. at« ags. ret, ahd. az, was aua ad, nicbt at, verschoben ist. Die deutung sowohl aas skr. ati ak aus skr. adhi ist mit der lauttorm des gennanischen wo^ tes unvereinbar.

Wenn wir entsprechende worter und inrortformen m umbrischen vergleichen, ergiebt sich folgendes: Wo die mit oscischer sehrit't geschriebenen denkmiler ausl^iuteudes d iuud nur d\ zeigen, hat das ombri- sche nirgends t, sondern entweder wird ein ans d entr staudenes r ün lateinischer schrift rs\ !?esohrieben, oder auch luud dies ist das heutigere i ist der aaslautende ood- sonaut weggetalleu. Das neutrale d ist inlautend als r, n bewahrt iu erek, er*e u. s. w., siehe oben.

d als merkujal des ablacivs ist äberall weggefallen, selbst iu der partikel -pe, pei = oiso. -pid.

V^^\ (iocf ^ de), was in nationaler schrift die foni dad ^ei^en würde« tinde ich im umbr. daetom wieder and erkläre Jies du-^ti^m von |ri geben. Lat. ad, womit ose. dat ^usaxuiueu^^setz;: scheint, hat im ombrischen Tor con- souauteii die tbrm Jir. als erstes giied in lateinischer schrift iirs, ar: aie wird es at geschrieben.

Sowohl das sabeüiscbe ;ils das voLscisohe stimmt hier mit dem um brise heo, v-^x. s. b. die ablatire sabell. pio, kiperu, ai/im; u. s. w., voisc. tülicu. corehriu. Nor im sa- belL uid = >|uid ier iuscoriit von Suimo ist das anslao- teudc 'i iuach kurzem vocalei bewahrt. Dea t wegen kam ich uichc mit Corsseu das voisc. atahus der tsM&l Ton Vd- lecr« ^s 'i^-^i/itur verstehen« zumal da aof desselben tafcl ^MrpuiÜH ^schrieben ist.

B. Für auslautendes z nach einem vocale nnd die be- le;^ iweuu wir vou ieu ver^ailormen absehen) sowohl io •Jou luic jsciscaeu buchscabeu ^schciebenen oncisdhen Wr iciirilcu :iis im .imbrfscQeu aochst sparsam. Hier ist os& iv: aucem ^u jeuueu« ieuu iv war ursprdngUcii dqib* !:iluu^. iv:;, iik» ujic iem luteiuiöchien aatem

altitalische Studien. 401

wandt ist, hat nach t einen kurzen vocal, der sich nicht sicher bestimmen lässt, verloren. Vielleicht avt statt ante = skr. abaktr. uta. Corssen ausspräche * II, 595 erklärt avt geradezu als ausautem entstanden; dies streitet aber nach meiner ansieht gegen die ose. lautregeln. Im umbri- schen ist mit ausnähme der verbalforraen et , et das einzige wort, welches auslautendes t nach vocal zeigt; dies ist = gr. er/, skr. ati. Auch hier ist also ein kurzer vocal nach t weggefallen.

Ich werde nun die bildung der 3. ps. sing, bei den verben betrachten. In den verbalformen finde ich in J^e- treff des auslautenden d und t dieselben lautregeln befolgt, die im vorhergehenden bei anderen Wertformen beobach- tet sind.

A. Ich betrachte zuerst die endung der 3. ps. sing. bei denjenigen tempora und modi, die im ose. nt oder t, nicht US, im umbrischen nt oder n, nicht ns, als endung der 3. ps. pl. zeigen.

Im oscischen ist die endung t, nicht d.

1) Präs. indic.

faamat = habitat, statt faamati, wo ebenso wie in avt ein kurzer vocal nach t weggefallen ist.

stait = stat, siehe davon nachher.

ist = est. Hier ist (wie die vergleichung von estud = esto lehrt) das i der endung nicht spurlos verschwun- den, sondern hat das e der vorhergehenden silbe in i um- gelautet. Die futurforraen sind für meine theorie nicht be- weisend, da t in ihnen dem scharfen Zischlaute folgt.

2) fut. 1 indic. pertemest u. s. w.

3) fut. 2 indic. pertemust u. s. w.

Im umbrischen ist die endung t: tipit = decet, statt dikfti wie et statt eti. est, est = est.

Auch trebeit ist nach meiner vermuthung präs. indic, siehe davon nachher.

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 6. 26

402 Bnggp

Die endung t kann im umbrischen wegfallen:

habe, habe = habet.

heri = vult; enklitisch her in pis- her qui vult. Siehe CoMsen zeitSL'hr. XI, o4lj.

Im subeliiächen ist die endung t:

feret = fert neben der iL pera. sg. conj. pedi auf der tafel von Kapiuo^ vgl. Corssen zeitschr. IX, 140. 156.

didet = dat, siehe nachher.

atrat auf dem steine von Aquila, wenn es nicht gn- phiscbe kurzung ist.

Die erkläruns: des volsc. dedca als dedicat scheint mir irrig; siehe nachher.

% B. Diejenigen tempora und modi, welche in oscischen ns, nicht nt oder t, als endung der 3- pers. pi. zeigen, haben in den oscisch ge8cllrieb^ neu di'ukiuälern immer d (nicht t) als endung der 3. periji. siu^. Dies gilt also för alle conjunctiye, fllr inipert. indic. und perf indic; bei dem imperf. indic. lisst sich di^'s nur durch analogie folgern, da die belege ftr diese verbaiform tehlen.

Das port'octum ist durch die meisten beispiele belegt In den oscisch <xt^sohriebenen denkmälern finden sich 22 (mit liisre|J der Inschrift von Pietrabbondante 23 und, wenn wir profattr in einer inschrift von Pompeji mit- rechnen* 24) beispiele fftr -ed als endung der 3. pers. sing. pcrf. indic. In oscisch geschriebenen inschriftes kommt dagegen kein einziges beispiel für -et oder -eit vor; denn ombuet, was Corssen als obvenit dentete, hat jetzt dieser forscher seli>st entfernt. Dies Verhältnis kanM iinmÖi;Iii'h /.ufälli>x sein. Ausserdem finden sich die perfectforuicn amanafed und profated in einer lateinisdi ijeschri^'iHM^pn inschritl von Trivento; diese zeigt freilicii mr hrt^re torincn, welche von den eigentlich osciscben ab- weichen, so dass Corssen zeitschr. XI, 4'27 sogar die Echt- heit d<T iuschrift (wie ich glaube, mit unrecht) bezweifelt

AU ucrf^'ctformon hat Corrsen scharfsinnig und wohl mit recht '\':iy.n'^ = pollicitus est und Xioxaxur ^ locavit in der inschrift von Anzi gedeutet (obgleich seine etymol<^

altitaliaehe Btndien. 408

giecbe erklärung von -axeir wenig genügt). Man darf aber aus diesen formen nicht folgern, dass in perf. ind. 3. ps. 8g. ebensowohl -et oder -eit als -ed in jeglicher oscisch geschriebenen inschrifl vorkommen könne. Die inschrift von Anzi hat auch tiojt^ was in nationaler schrifb regel- mäfsig pod wäre. Ich habe oben gezeigt, dass in pod na)T d für das oscische der ursprünglichere laut ist; die- selbe annähme kann also für das perfectum nicht durch die Schreibweisen /.stxsir^ ?uüxaxeiT widerlegt werden. Ebenso ist öedeT = dedit in der helminschrift von Pa- lermo zu beurtheilen.

Auch alle conjunctive (welche in 3. ps. pl. auf ns, nicht auf nt oder t enden) haben in den oscisch ge- schriebenen inschriften die endung d, nicht t:

potiad = possit (pl. potians)

heriiad = capessat (nach Corssen = capiat).

Eine conjunctivform ist jedenfalls auch fusid (cipp. Abell. 19, wahrscheinlich auch 23), was man gewöhnlich als perf conj. nimmt; eine abweichende meinung werde ich nachher vertheidigen.

Auch die tab. Baut, schreibt in conjunct. 3. ps. sing, meistens d:

deiuaid = juret

hipid = habuerit 3 mal

pruhipid = prohibuerit

fefacid (die tafel fepacid) = fecerit.

fuid (3 mal) ist auch jedenfalls eine conjunctivform, nach der gewöhnlichen erklärung präs. conj. = sit, nach meiner meinung perf. conj. = fuerit. Die tabula Baut, schreibt also in conj. 3. pers. sing. 9 mal d. Daneben ist Baut. 10 präs. conj. tadait geschrieben. Hier ist t die we- niger ursprüngliche Schreibung, wie In pocapit Baut. 8 und wie in aput, set späterer lat. inschriften. Aus diesem tadait lässt sich nicht folgern, dass auslautendes d mit t in allen oscisch geschriebenen inschriften wechseln könne, wie dies Corssen zu meinen scheint. Man würde ebenso gut folgern können, dass die formen set, at = sed, ad in lateinischen inschriften jeder zeit zulässig wären.

26*

404

Bu^ge

Vielleicht triebt tah. Bant. 33 ein zweites beispiel flb coDJ. 3. ps. sg. auf t; jedoch erwähne ich dies nnr alscHK höchst uDsirhere hypothese. Die sehr fehlerhafte copie. welche Avellino von dem verlorenen fragmente geDommcB hat, ^i^'bt z. ?/,) (vor suac) mluii^ was unmöglich richtig sein kann. Vor suae wird am ehesten eine verbalform ge standen haben; in AILVII vermuthe ich daher NIFVII vgl. z. .':2, wo Ävelliuo statt (c^on/^^r^tid fehlerhaft *o»* i< geschrieben hat. Dagegen deute ich T. Bant. 2 OMiji nicht mit Mommsen als präs. conj., sondern lese amgiM fut. 2. Geigen meine theorie streitet also iadaii nidit Anders ist dagegen stait auf der tafel von Agnone, man gewöhnlich ^stet'' erklärt, zu beurtheilen. Ich glaobe im vorhergehenden bewiesen zu haben, dafs 3. pers. plnr.i staiet = stant, nicht == Stent, ist. Folglich ist stait = stat, nicht = stet. (Wie Savelsberg zu gleicher iA\ stait = stat und staiet = stent deuten kann, yerstekl ich nicht.) Im contexte der insehrift von Agnone ist gv nichts, das der Übersetzung stat widerstritte. Wenn aud lauter iiostimmungen mit conjuncti vischen oder imperativ I sehen verbalformeu vorhergingen, könnte nichts hinden zuletzt eine thatsächlicho bemerkung mit einer indicatifi- schen vfriialform /u setzen. Also selbst wenn sakahiter Agn. a If) = sanciatur ist, wie Corssen annimmt, hin- dert gar nichts horz dekmanniois stait „hortas (temp- him) decimis stat (statutum est)"^ worin ich mit aus- nähme dps modus der trefflichen erklärung Corssens folgt zu übersetzen. Ich versuche aber unten den nachwcii dai's sakahiter eine indicativform ist, wie es auch Kircb- hoff. Aufrecht und Savelsberg verstanden haben, dafs dem- nach lauter indicative (sakahiter, sakarater, eestiDt) vorangehen.

Im umbrischen ist die endung der 3. ps. sing. (präs. und perfect.) conjunct. act. überall weggefal- len; ich habe 2') (mit aseriaia 26, wenn man heriiei, Aertei, herie mitrechnet, 31 j beispie le gezählt. Ni^ gends zeigt sich t: das kann nicht zufall sein. Soi.k

altitaliflche Btndien. 405

tera, dersa^ dirsa = det, kupifiaia = conspiciat, com- bißangi = conspexerit.

Dasselbe gilt für das volscische fasia Velletri =r faeiat und das sabellische pedi Kapino sei Snlmo = sit.

Ebenso ist die endung im perfect. indic. 3. pers. sing, beim umbr. rere der inschrift von Tuder = osk. deded weggefallen.

Dagegen würde das Verhältnis beim nmbr. trebeit und sabell. didet abweichen, wenn sie pert'ectformen wären.

Die sabell. weiheinschrift von Navelli im lande der alten Vestiner (vgl. Mommsen inscr. regüi Neap. p. ,320; der Pae- ligner, meint Pabretti) lautet: T.Veii | duno \ didet \ Herclo \ lovio I brat,. \ data (Fabretti 2871 bis; Corssen zeitschr. XV, 241). üeber didet herrscht zweifei. Ich erkläre es als präs. indic. 3. ps. sg. und fibersetze dat. Die wurzel da, geben, bildet im ose, umbr., sabell. den präsensstamm durch reduplication, wobei der vocal der Wurzelsilbe ge- schwächt wird, ebenso wie lat. sisto, umbr. sestu von V'sta; vgl. gr. (Iiifiofii. Der reduplicierte präsensstamm zeigt sich in folgenden formen: ose. fut. 1 didest = dabit, umbr. tera, dersa^ dtr^a = det, dirsans^ dirsas = dent, tertu (auch tetu, titu), dirstu (auch ditu) = dato. Siehe umbr. sprachdenkm. II, 198; meine bemerkungen zeitschr. VI, 22. Als grundform für präs. indic. 3. pers. sing. act. muss didati^ noch älter dadäti, vorausgesetzt werden. Wie si<ih nun die umbr. imperativform tertu (dato) aus einer grundform didatäd, dadatät entwickelt hat, könnte man einwenden, dafs auch im präs. indic. 3. pers. sing, der vocal vor der personalen düng t ausgefallen sein müsse. Man vergleiche aber feret = fert in der inschrift von Kapino (Corssen zeitschr. IX, 140); auch musste bei didet das bestreben, den stamm unversehrt zu erhalten, zur be- wahrung des vocales mitwirken. Dass ein präsens dat in der weiheinschrift passt, wird man aus folgenden lateini- schen weiheinschriften ersehen können: corp. inscript. Lat.I,

406 Bugge

1426: Fannia L. f. Nasulei bonae deae dat. 1307: Q. Pm- cenn . . . colomnas III de suo dat Feroneae. 1 1 S 3 : He^ culei C. Antestius Cn. f. cens. decuma facta iterum dat: u. s. w., u. 8. w.

Die deutung didet = dat ist somit vollständig {j^recht- fertigt. Corsseu (zeitschr. XV, 245. 254) übersetzt dagegeo dedidit und leitet es vorn „oscischen verbum didum = lat. dedere^ ab. Allein lat. ded er e lässt sich nicht den ose. *didum gleichsetzen: im ose. didest iat di reduplici- tionssilbe, im lat. dedere ist de partikel. didei kann id aus folgenden gründen nicht= lat. dedidit erklären: 1) de- didit ist in einer weiheinschrift unpassend, wenigste» kommt das wort im ersten theile des corp. inscrr. Latt nicht vor. 2) Eine partikel di- = lat. ist im osc^ umbr., sabell. unbelegt, wenn ich auch die frühere existenx derselben nicht leugne (vgl. altir. di, de): de lautet oscl dad (in dadikatted statt daddikatted), dai^ umbr. da- (in daetom); die dputung des volsc. dedca als dedictf ist nach meiner meiuung nicht die richtige. A) Die erkll- rung dedidit reii'st sabell. didet von ose. didest^ umbr. dirsa u. s. w. los. 4) Auslautendes t entspricht im sabelL sonst nicht dem auslautenden d der in nationaler schritt abgefassten ose. inschriften; wo diese auslautendes d haben, finden wir auch im sabell. d: pid Sulmo; häufiger ist j^ doch der cousonant weggefallen., so in der 3. pers. siog. conjunct. und im ablat. sing. 5) Im lateinischen wird bei Zusammensetzungen von Vda die reduplicationssilbe im pe^ fectum als di oder de bewahrt; dieser grund ist freilidi nicht entscheidend. Die ersten drei gründe zeigen, daft didet auch nicht präs. = lat. dedit sein kann. Gegei die erklärung als perfect = dedit spricht der dritte wie der vierte oben angeführte grund. Auch erwartet man, wie Corssen bemerkt, in der ersten silbe des perfecta e, nicht t; denn das lat. hat dedit. ose. deded« öeöer ^ umbr. rere, auf einem noiauischen gefäfse steht tetet mit etrasCi buchstal)on ; auch das volsc. ded, in der inscbrift von An- tinum glaube ich als perfect von ^da fassen zu dürfto (Tab. Iguv Vlla 43 steht freilich dirsust = dederit).

i

altitaliflche Btndien. 407

Umbr. trebeit kommt in folgender Verbindung vor T. Iguv. Via 8: Verfale pufe arsfertur trebeit ocrer peiha- ner erse stahmito eso tuderato est, Aufrecht-Kirchhoff und Corssen in dieser zeitschr. XI, 353, ausspräche ' I, 559 f. übersetzen: Carmen (Formulam) ubi *adfertor reci- tavit collis piandi, tum templum illud limitatum est. Ich kann die richtigkeit dieser Übersetzung nicht als bewiesen ansehen. Zuerst hebe ich ein formelles bedenken gegen die deutung von trebeit als perfectum hervor. Aus- lautendes t entspricht im umbrischen ^ sonst nirgends aus- lautendem d der in nationaler schrift abgefassten oscischen inschriften. Man vergleiche

umbr. ablat. poni mit ose. slaagid

umbr. 'pei mit ose. -pid

umbr. futu mit ose. estud

umbr. conj. dirsa mit ose. fusid

fa^ia heriiad

habia potiad;

man beachte auch nmbrische neutralformen wie erek, erse^=^ ose. idik.

Da nun die in nationaler schrift abgefassten oscischen inschriften, wie oben gesagt ist, 23 beispiele fUr die en- dung d in perf act. 3. pers. sing, und kein einziges för t bieten, haben wir kein recht im umbr. perfectum die en- dung t anzunehmen. Vielmehr stimmt der wegfall der en- dung in rere = ose. deded völlig mit der oben nachge- wiesenen analogie Oberein.

Auch scheint mir die Übersetzung „Carmen ubi adfer- tor recitavit, tum templum illud limitatum est** in syn- taktischer hinsieht bedenklich.

Verfale trebeit^ wie Aufrecht-Kirchhoff es fassen, ist dem sinne nach ein „stipulatus est^, es soll dieselbe thä- tigkeit des arsfertur als vollendet bezeichnen, zu welcher dieser im vorhergehenden durch das wort anstiplatu auf- gefordert worden ist. Das perfectum trebeit wird aber kaum eine in der zukunft vollendete handlung bezeichnen können. Nach dem imperative anstiplatu würde es natür- lich sein, dafs der sinn, den man hier sucht, durch „car-

408 Buggc

men ubi *adfertor recitiiverit" (fut. 2, nicht reciUnt) ausgedrückt wäre. Man vergleiche z. b. TIguv. VIb 4*^.49: combißatn . . Ape . . comhißanqiusi \ VIb .')(): pir endendu., piife pir enieliist; VIb oli: ambretuio. Ape ambrefurent*). Noch wage ich über die schwierige stelle folgende beme^ kuDgeu.

Aufrecht-Kirchhofi' s. (57 f. deuten eso als ill ad (Jena in der formel erwähnte). Der pronominalstamm e*o, der, wie Ebol nachgewiesen hat, dem ose. ekso entspricht, hat nie diese bedeutung. Wenn eso mit stahmito zu Terbindeo wäre, könnte es nur „hoc" bedeuten; allein „hoc" scheint hier unpassend. Ich übersetze daher mit Huschke und Newraan eso hier durch sie. Die richtigkeit dieser Über- setzung wird aus folgenden stellen .hervorgehen:

VLi 3 Arfertur eso anstiplatn = * adfertor sie (d. h. in folgenden ausdrücken) instipulator.

Via *2'2: eso naraiu = sie narrato (precator).

VIb 15: Eso persiiimu = sie precator.

In derselben Verbindung kommt eso (esoc) vor VIb 9. 'Jo 57; Vlla 9. 25. 34. 46.

VIb 53: Eso elnrstahmu = sie exterminato.

VIIa2(): eso deitu = sie dicito.

Va 1: Esuk frater Atiieriur eitipes = sie fra- tres Attidii decreverunt

Val4: Frater Atiieriur esu eitipes. An aOen diesen stellen und einigen anderen, die ich hier nicht ge- nannt habe, weist eso (esoc) auf das folgende hin, welchee in oratio directa jc^«:eben ist.

Wenn eso = sie ist, sind wir nicht genöthigt ersi als tum zu nehmen: es kann = id sein. Zeyss in seiner verdienstlichen Schrift „De vocabulorum Umbricorum Ac- tione" partic. II, p. ^ not. 3^)) leugnet freilich för erek erse die bedeutung id, allein, wie ich glaube, ohne hin*

*) Diesos bedenken lässt sich kHum durch orto est Via 2€ entfencD. Auch in) hnu])ts:ilzu «iolltc'^hi-i der (:ciiaiint('ii crklnrung eigentlicL liinita- tum erit (fuo.rit) stechen (vgl. piha7. fust Tb 8), allein hier lieAe nA liniitatuin est durch lat. ausdrücke wie ^si Brutufl conservatUB erit, wkL- niu8** vcrtheidigeD.

altitalische stndien. 409

reichenden grund. erek, erse entspricht so sicher dem ose. idic = id, wie erek, ere dem ose. täte == is. Der um- stand, dafs erek, erse „tum" bedeutet, kann nicht hin- dern, dals es zugleich id bedeutet; denn das relative pire, pirse^ welches dem demonstrativen erek, erse entspricht, bedeutet sowohl quod (so z. b. Va 5) als quum. Wei^n erse hier = id ist, dann muss die sonst nicht vorkom- mende correspondenz pufe erse aufgegeben werden, und pufe kann locales ubi (d. h. intra cujus fin(.'s) sein^ welches sich auf den ausdruek fiir „templuni" im hauptsatze be- zieht. Allein mit dem localen pw/'c = u b i ist ein präs. ind. 3, ps. sing, wohl vereinbar, und dafs diese auffassung für frebeit formell zulässig ist, brauche ich nicht zu beweisen. Auch Huschke, der erse ibi übersetzt, und Newman ver- stehen pufe local und trebeit als präs. indic. Das vorher- gehende scheint mir hinreichend, um die behauptung, tre- beit könne nur ein perfectum sein, abzuweisen. Ich füge einige andeutungen über diese stelle hinzu, welche nichts behaupten oder entscheiden sollen. Wenn das von Auf- recht-Kirchhoff angenommene satzgebäude wegfällt, verlie- ren die deutungen t?er/*a/c ^ Carmen, formula und treb- =s recitare jede feste stütze, denn die etymologie kann allein diese deutungen nicht aufrecht erhalten, stahmito(m) ist sicherer. Aufrecht-Kirchhoff haben gewiss mit recht ange- nommen, dafs es in der Verbindung stahmei stahmitei Via 5. 18 ein mit dem lat. effatum wesentlich synonymes ad- jectivum ist. Das Stammwort, welches von der ^sta ab- geleitet ist, bedeutet wohl eigentlich statio, Standort, dann speciell locus certis verbis linitus, templum; davon ist stäml ein templum fest bestimmen, „templi fines verbis notare" gebildet; vgl. Husfhke s. 58 ff., Zeyss voce. Umbr. fict. I, 13; II, 20. Dagegen Via 8 nehmen Aufrecht- Kirchhoff stahmito substantivisch = templum. Dies scheint nicht nothwendig. stahmito kann hier, wie an den beiden anderen stellen, adjectiv sein, wenn wir es nach Huschke und Newman mit verfale verbinden und dies als das sub- ject des hauptsatzes fassen dürfen. Für terfale als subjeet scheint nur die bedeutung templum, welche Huschke dem

HO Bugs«

Worte beilegt, nach dem zusammenhange möglich ; es mui Huschke s. 66 f. zugestanden werden, dais diese dentong nicht dadurch gehindert wird, dafs wesentlich derselbe b^ griff vorher durch stahmei ausgedrOckt ist Die etymoloinf kann sie freilich nicht stützen. Lässt sich die ableitonir von *f)erfom = verbum damit so vereinigen, da(s das temp- lum als effatum, als certis vorbis tinitum (vgl. fanum tm l^fa) verbale genannt ist? ?

Wenn verfale templum bedeutet, muss Ir^Aetl eio in- transitives verbum sein, allein ich kann die bedeutnog des- selben genauer nicht bestimmen. Nach der anleitang voi Ebel zeitschr.VI, 422 f., Corssen zeitschr. XIII, f80ff. imd ausspräche ^ I, 559 f. denkt man leicht an das ose. trii- bom, welches eine bauliche örtlichkeit bezeichnen mos«, und an das altir. atreba (habitat, possidet). Lftsst sick daraus fiir umhr. trebeit die bedeutung „hat seinen fest« platz" oder eine ähnliche gewinnen?

Savelsberg (zeitschr. XXI, 215. 221) hat die satzver bindung ganz anders aufgefasst. Um seine aufTassnng n widerlegen, wird es genügen auf die tafel selbst hinzuwei- sen, wo nach disleralinsust ein abschnitt bezeichnet ist

Ich werde nun untersuchen, ob sich der unterschied primärer und secundärer endungen anch in der 3. pers. sing. pass. spüren lässt. Zunächst kommt du präsens in betracht.

Unzweifelhafte indicativformen sind im osciscben sakarater = sacratur. vincter = vincTtur.

Auch in sakahiter sehe ich eine indicatiyform; dt- von unten.

Eine umbrische indicativform hat Ebel zeitschr. V, 41)6 408 nachgewiesen: herter TIguv. IIa40. III, 1, nt* stOmmelt herte Va 6. «. 10; herti Vb 8. II. 13. 16, herUi Vllb 2 „es wird gewollt^. Aus dem einmaligen herUi wage ich nicht mit Ebel länge des schlussvocals so fol* gern, denn für die anwendung eines bindevocals nach dem

altitaliflohe Studien. 411

kurzen i der activendung und die contraction beider zu 6, t finde ich im italischen keine analogie.

Eine zweite umbrische indicativform vermuthe ich zweifelnd in ier TIguv. VIb ö4: Nosve (corr. Nesee) ier eh esu poplu, sopir (corr. stepir) habe, portatu. Ich habe in dieser zeitschr. VIII, Sf) den nachweis ver- sucht, dass ibis im umbrischen nicht, wie Aufrecht- Kirch- hoff II, 2o? meinen, ier gelautet haben kann. Savelsberg (zeitschr. XXI, 169 f.) fasst ier = ibit als aus *ieret, * leset entstanden. Allein die umbr. futurformen auf -st (eest u. s. w.) zeigen, dafs der vocal vor t schwand, wäh- rend s noch ungeändert war, und vor t kann s nicht in r übergehen. Ich schlug früher ies vor und deutete dies ibit.

Vielleicht lässt sich ier = i t u r vertheidigen. i t muss im umbr. *it oder *et gelautet haben, vgl. tipitssdecet. Für itur ist demnach iter zu folgern. Allein das t der 3. pers. sing. präs. indic. act. kann wegfallen: habe statt habet = lat. habet, heri statt herit vult, siehe oben. Somit wird man annehmen können, dai's statt *it auch *t gesaut wurde. Ich vermuthe, wenn auch nicht ohne be- denken, dafs diese abgestumpfte form auch im passivum angewendet wurde, also ier statt iter. Dies ier = itur ist natürlich impersonal zu verstehen. Für den gebrauch des präsens vergleiche z. b. TB. 21: suaepis . . . mncter; Plaut. Pseud. 375: si id non adfert, posse opinor facere me officium meum. Wenn ier sss itur, nicht = ibis, ist, kann sopir (corr. svepir) habe VIb 54 mit svepis habe I b 18 gleichbedeutend sein , während Aufrech t-Kirchhoff 11,257 jenes siquid habes, dies dagegen siquis habet erklären. Ich Übersetze also: Nisi itur ex hoc populo, siquis habet, portato.

Dafs *iter in ier verstümmelt wurde, setzt voraus, dafs das t in *iter^ herter so gehört wurde, dafs es die silbe endete, dafs also "it-er^ hert-er gesprochen wurde. Demnach muss wohl das e vor r bindevocal, nicht der auslautende voca der activendung sein. Dagegen wurde oben ostensendi (ostendentur) aus ostensenti-r erklärt.

413 Bngge

Die 3. per8. sing, hatte also, wie es scheint, früher als die 3. pers. plur. ihr i verloren. Es verdient beachtung, dafa es im lat. eben eine 3. pers. plur. (tremonti) ist, welche das i bewahrt hat. Ich wiederhole aber, da(s die hier ge- gebene deutung von ier nur unsichere hypothese ist. lo betreff der bildung der 3. pers. sing, conjunct. pass. weiche ich von der gewöhnlichen darstellung ab.

In TIguv. Via (>: erse neip mugatu nep arsir ander- sistu fassen Aufrecht-Kin'hhoff u. a. mugatu als 3. pen. sing. präs. conj. pass. und übersetzen es mugiatur. Di es aber mit dem imperative andersistu coordiniert ist, wird man, was auch Aufrecht-Kirchhoff zugeben, zunächst dar- auf geführt zugleich mugatu (mit Savelsberg und NewmaD) als imperativ zu nehmen, was formell unbedenklich ist Man muss einen impersonaleii gebrauch desselben anneh- men (anders Savelsberg zeitschr. XXI, 2'20), wogegen „sich nichts erhebliches einwrnden^ lässt. Auch der umstand, dals das passive mnjeiom fust folgt, kann nicht, wie Auf- recht-Kirchhoff II, 56 meinen, diese erklärnng hiodem. Man vergleiche lat. libet, pf libuit und libitum est; licet, pf. licuit und licitum est; piget, pf. piguit und pigitum est; pudet, pf. puduit und puditum est, taedet, pf. pertaesum est; lapidatum esset Li?.. sonst lapidat;- siehe Neue formeul. II, 481 487.

mujeto(mJ verhält sich zu mugatu (vgl. uvxdouai)^ wie sei^eto zu seka, cageto zu vaka, peseto zum lat. peoca, froseto zum lat. fraaida. Anderseits verhält sich umbr. mugatu zum altlat. commugento= convocanto Paul. p. 65 Mnll,, wie ose. censaum zum lat. censere.

Zweitens kommt hier in betracht die form heritu, Ae- reitUy eretu in der Verbindung pusei (pusi) neip heritM (hereitu) Via. 27. 37. 47 = puze neip eretu IIa 4. Aof- recht-Kirchhoff und Huschke nehmen hier einen imperativ an, was formell unbedenklich ist, während Ebel (in dieser zeitschr. V, 409) und Newman darin eine 3. pers. sing. präs. ronj. pass. sehen. Allein der Zusammenhang ist an den stellen, wo hereitu vorkommt, so unklar und nnsere kennt- nis der umbrischen syntax so gering, dafs wir nicht be-

altitalische Studien. 413

haupten dörfen, die deutung UIs imperativ sei darum un- möglich, weil pusei neip den sat^ einleitet

Noch isi gegen die erklärung von mugatu und hereitu als conjunctivformen folgendes zu bemerken. Ich glaube oben gezeigt zu haben, dafs die endung der 3. pers. sing, conjunct. act. in den in nationaler schrifit abgefassten os- cischen inschriften d, nicht t, ist und dafs im umbr. bei dieser verbalform zunächst d, nicht t, weggefallen ist. Die personalendung d ist freilich wie das d des neutrums aus t entstanden; in beiden ist aber, wie ich glaube, dieser lautObergang weit älter als die Spaltung des umbrisch-sa- bellisch-oscischen sprachstammes. Nun tritt im umbr. nir- gends t statt d als merkmal des neutrum auf, auch da nicht, wo die pronominalform mit einer enklitischen parti- kel zusammengesetzt ist: so pire, pirse^ nicht pite (da- gegen nwT, nicht ttwÖ^ in der oscischen inschrift von Anzi). Nach dieser analogie erwartet man im umbrischen nicht t vor dem enklitisch angetretenen passivelemente als en- dung der 3. pers. sing, conjunct.

Einen entscheidenden beweis dafür, dal's mugatu^ he- reitu nicht conjunctivformen sind, glaube ich dadurch lie- fern zu können, dafs ich eine davon verschiedene bildung der 3. pers. sing. conj. pass. im umbrischen nachweise.

TIguv. VI b 49. 50 lesen wir: pir endendu. Pone es(H nome ferar (die tafel hat esonomf ffrar)^ pufe pir entelust,

ere fertu^ poe perca arsmatiam habust Enom stip-

latu . Man vergleiche damit die entsprechende stelle Ib 13: pir ahtimem ententu. Pune pir entelus ah- timem, enumek stiplatu.

Aufrecht-KirchhoflF übersetzen: ignem imponito. Quum ad sacrificium (?) feras, ubi ignem imposuerit, is ferto, qui virgam (?) -iam babebit. Tum stipulator. Ib: ignem in -em imponito. Quum ignem imposueris in -em, tum sti- pulator.

Die genannten forscher heben selbst ein für mich be- stimmendes bedenken hervor, welches diese Übersetzung von ferar triÖt, nämlich das plötzliche auftreten einer zwei- ten person neben lauter dritten, namentlich neben entelust.

414 BugKP

Huschke nimmt ferar als 3. ps. pl. s=: ferant, was zu zusammenhange besser passen würde, formell aber gen- dezu unmöglich ist: die eiidung -a« in der 3. p8. pl. conj. aet. kann, weil sie aus der vollständigeren form •ang (diese wieder aus -ant) entstanden ist, nimmermehr ^ar werden. Auch würde das pluralc ferant nicht recht mit dem fol- genden sing, is ferto übereinstimmen. Der contezt lässt wenn ich mich nicht irre, keine andere Übersetzung ab feratur zu. Einen ähnlichen ausdruck giebt die tafel vod Rapino: asignas ferenter . iafc Ba. Bu. Po- leenis feret, wenn ich mit recht iafc als eas deute ^).

In ferar statt ferad-r ist das r des passive olme bindevocal au die active form fera^ ursprünglich ferad gefügt. In der o. pers. sing. pass. weicht also die secun- däre endung deutlich von der primären ab; in dieser let^ teren wird das r des passivs durch den vocal e mit der activen form auf -t verbunden: herter, ier statt iter.

Bei der nahen Verwandtschaft der umbrischeo und o»- cischen spräche, muss man im oscischen eine entsprecbeDde bildung der 3. pers. sing. conj. pass. erwarten, lamatir^ welches TBant. 21 in der Verbindung esuf comenei lamor tir pr, mvddixud vorkommt, erklärt man gewöhnlich ab 3. pers. sing. präs. conjunct. med. von einem verbnm der sogenannten o. conjugation (von der ä-classe). Diese e^ klärung kann ich ans folgenden gründen nicht billigen. 1) Die oscische bildung der .1 pers. sing. präs. conj. pass. (med.) würde dann von der umbrischen wesentlich ver schieden sein, was nicht glaublich ist. 2) Das t in Uma- tir gegen das e in comparascuster tincter^ sakarater. sakahiter, bleibt unerklärt.

Corssen in dieser zeitscbr. XX, 105 nimmt verdOn- nung des ^ iu i an und vergleicht das Verhältnis von pft- tir in einer grabschrift von S. Maria di Capua, patir in einer pompejanischen inschrift = lat. pater zu paterei =s patri in der inschrift von Agnone. Diese aualogie is^t,

*) Der eoujuuctiv ftrar nach poiie vergleicht sich dem coDJiiactin cipp. Abell. 50: pon patensins.

•ItitaliBche Studien. 415

wie ich glaube, nur täuschend. Da auslautendes er im ose. häufig ist, sieht man bei dieser auffassung nicht ein, warum der Dominativ nicht ebensowohl wie der dativ das er un- verändert bewahrt hat. Ich fasse das Verhältnis von pa- tir, patir zu paterei anders auf. Die Stammform ist pater. Die ursprüngliche form des nominativs war also *pater-s; daraus entstand ""pater, was sich zum dative paterei wie gr. 7iaTr}g zu Tiartot. verhält. Auch andere indo*europäische sprachen setzen dasselbe Verhältnis vor- ^aus, s. Delbrück in der zeitschr. für deutsche philol. II, 8. 404 f. Eine noch nähere analogie findet ein oscisches *pater, wenn Zeyss in dieser zeitschr. XVII, 424 427 recht hat den umbr. nominativ plur. fr a teer TIguv. Vb 16 d. i. frater statt frater-s, grundform bhrätäras zu vertheidigen. e geht im oscischen häutig in i über: liga- tois = legatis, likitud = liceto, [zjiikolo, stco/o = *dieculo u. s. w. patir mit langem i ist hiernach aus

* pater statt pater-s entstanden; patir ist ungenaue Schreibart. Diese wortformen können also die annähme, dafs lamatir statt lamater stehe, gar nicht stützen.

Ebensowenig findet das t des oscischen lamatir im umbr. ostensendi =s ostendentur eine analogie, wie die oben gegebene erklärung dieser wortform zeigt. Näher läge es umbr. Äer(i=herte zu vergleichen, allein der vocalismus ist im oscischen überhaupt fester. Auch Ebel in dieser zeitschr. VII, 269 verwirft des i wegen die genannte er- klärung von lamatir; er schlägt die änderung lamat{d 3. ps. sg. perf. conj. act. vor.

Ich erkläre lamatir als 3. pers. sing. perf. conj. med. oder pass. von einem verbalstamme lama. Ob man es pas- sivisch oder medial fassen soll, bleibt unsicher, da sich das abgekürzte pr^ sowohl praetor (was ich mit Kirchhoff* vorziehe) als praetoris (so Enderis) deuten lässt. lama- tir verhält sich zu einer entsprechenden acti vischen form

* lamatid^ in nationaler schrift 'lamattid, wie umbr. /erar zu einer entsprechenden activischen form *fera^ ursprüng- lich *ferad. Das einfache t statt des doppelten findet in angeluzet^ profated (inschrift von Trivento), *uunated

416 Bugge

(inschrifl von Pietrabbondante) nud anderen genflgesdr analog] e.

Dafs die passivischen tempora perfecta im oscischea nicht immer durch Umschreibung mit ^es gebildet wurden, wird durch das fut. 2 pass. comparascuster Bant. 4 beim> sen; mau vergleiche damit die altlateiniscben formen dci fut. 2 pass. jussitur, turbassitur u. a. Wenn ick umbr. fcrar und ose. lainatir richtig gedeutet habe, filh damit die auflassuiig des ose. sakahiter Agnone a 19 ab eine conjuuctivform von selbst. Es kann nur präs. indic 3. pers. sing. pass. sein. Darauf föhrt auch die Inschrift selbst, die sonst überall den indicativ bietet. Man sieht nicht ein, warum a 19 allein der coujunctiv gebraucht sei sollte; namentlich wäre die abweichung eines conjunetivi- schen saahtom teforom alttrei potereipid akenei sakahiter von dem unmittelbar darauf folgenden indica- tivischen fluusasiais az hortom sakarater ^ flonuüi (deabus) ad hortum (templum) sacratur auffallend. Dies resultat wird dadurch nicht geändert, dafs ich einen mit sakara synonymen verbalstamm sakahi nicht sicher e^ kläreu kann; auch ein verbalstamm saka, den Corssoi annimmt, wäre sonst unbelegt. Unsichere vermuthnngea halte ich zurück. Der erkläruug Aufrechts (zeitschr. 1, 90) kann ich nicht beitreten, noch weniger derjenigen Saveb- bergs (zeitschr. XXI, 150).

Noch sind umbr. benuso^ covortuso zu besprechen Aufrecht-Kirchhoff I s. 145, II s. 273 deuten diese formen als perf. iudic. act. o. pers. plur. venerunt, converte- runt, ebenso Huschke und Newman, und diese deutuDg wird von Corssen zeitschr. XI, []'ii f. vcrtheidigt. Ebd zeitschr. V, 403 f. hat sie dagegen, wie ich glaube, mit recht bestritten, benuso, corortuso weichen von der im ose, sabell., volsc, umbr. gesicherten bildung der 3. pen plur. perf. indic. act. völlig ab. Man vergleiche oscisch profattens, teremnattens, uupsens, volsc. sistiatiem^ sabell. amatens^ em|en]8 u. s. w., umbr. eitipes. Dieae verbalform wird also vom perfectstamme durch die «o- fQgung der endung (e)ns (deren n im umbr. schwinden

•Ititolisehe Studien. 417

kann) gebildet; nirgends durch anftkgung eines aus *fu- 8ont entstandenen uso. Neben benuso, covortuso haben Aufrecht- Kirchhoff sesure = statuerunt in der inschrift einer in Picenum gefundenen Statuette gestellt; diese in mehrfacher hinsieht höchst bedenkliche deutung ist jeden- falls so unsicher, dafs sie hier nichts entscheiden kann. Man will benuso^ cotortuso = ven er uut, converterunt durch die ferner verwandte lateinische spräche stützen; diese bildungen sollen nach Corssen in dieser zeitschr. XI, 354 den altlat. formen dedro, emeru entsprechen. Allein bei dieser vergleichung bleibt das auslautende o unerklärt, denn sunt lautet umbr. sent^ nicht sont^ wie auch ose. sei, £s bleibt ferner unerklärt, warum das s nicht wie in furent und im lat. monuerunt in r verwandelt ist. Aufserdem sind foimen, die im lat. venuerunt, conver- tuerunt lauten würden (s. Corssen ausspräche ^ I, 616), höchst bedenklich. Das oscische hat perf. 3. ps. sg. kom- bened, nicht kombenued. Die umbr. formen für das fut. 2 benust^ covortust wird wohl niemand aus benufust, covortufust erklären; sie setzen also für perf. 3. ps. sg. bene, covorte voraus. Allein dafür, dafs man nur die 3. ps. plur. (nicht die übrigen personen) des perfects durch Zu- sammensetzung mit ^fu bildete, fiudet sich keine hinrei- chende analogie. venerunt, converterunt muss im umbr. vielmehr *benes Cbenens), *covortes C^otortens) oder ^coeertes gelautet haben.

Endlich fordert, wie schon Ebel bemerkt hat, die con- secutio temporum fut. 2, nicht perfectum. Man vergleiche VI b 56. 57: Ape ambrefurent , termnome benurent^ . . . e$o persnimumo mit VI b 64. 65 : Ape termnome benuso, sururont pesnimumo. Wie benurent fut. 2 ist, muss benuso eine form des fut. 2 sein, worauf zugleich das -us- hin- weist. Die deutung dieser formen als perfecta ist also jedenfalls falsch. Auch den versuch Ebels hat Corssen mit recht zurückgewiesen. Ich erkläre benuso^ covortuso als 3. pers. sing. fut. 2 pass. = ventum erit, conversum erit. Einen analogen impersonalen gebrauch der passiv- form zeigen herter „es wird gewollt^ IIa 40; III 1; terss

Zeitschr. f. vgl. sprach/. XXII. 6. 27

418 Bogge

itur VIb 54. Das fut. 2 pass. ist in benuiOf eavortm wie im ose. comparascuster durch anf&gung des paMf- elemontes r an die aetive form gebildet. Die 3. pen. nag. fut. aet. wird zuweilen in -es, »us abgestumpft: purditiim VI b 23, volse. alahus^ umbr. heries VI b 48 (▼gl. Ebel b dieser ztscbr. V. 504). Die abgestumpfte form ist bei b- nuso^ covorfuso wie bei ier im passivum angewendet. Du auslautende r des passivs ist wie in emantu^ lairtiasdiii herte, herti abgefallen. Der voeal o macht einige *8chwi^ rigkeit, denn präs. ind. pass. zeigt e (berter, herte, ier) oder i (herti). Allein der vocal der endsilbe kann in da verschiedenen passivformen verschieden gewesen sein; prii conj. 3. ps. pl. pass. zeigt den vocal u (tursiandu)^ und i wechselt mehrfach mit o in endsilben: prinuatur, toieitr^ aber auch tot cor ^ screihtor; vitlu, toru^ aber auch abrof. Also lässt sich meine erklärung auch dadurch nicht fride^ legen.

2. F statt S namentlich im umbrischen.

In betreff der bildung des accusat. plor. weicht im umbrische von den meisten verwandten sprachen, sogir vom lateinischen und oscischen, merklich ab. Die plurak accusativondung besteht nämlich bei allen masculinen nod femininen Wörtern in einem an das (modificierte oder nn* veränderte) thema angefügten f. Diese thatsache ist jefit aufser allem zweifei, allein die entstehung dieses f ist aud nach den neueren Untersuchungen über die altitaliscbei dialecte rätbselhaft geblieben. Aufrecht und Kirchboffl s. 113 geben folgende erklärung: „Dieses f kann einzig und allein mit den endungen bhjas, bhis, bhjam, bbjftv in Zusammenhang stehen, die im sanskrit und anderen ver- wandten sprachen hauptsächlich zur bezeichnung des ds- tiv-, instrumental- und ablativverhältnisses verwendet wo^ den. Hiernach hat das umbrische in jedem falle eine un- gehörige endung in den accusativ eingef&hrt; ob bhjas oder bhjara lässt mit entschiedenheit sich nicht bestiiB» men.^ Und dazu die anmerkung: „Gegen die lantlehn

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altiUlisehe fttudien. 419

p. 29 aufgestellte erklärung ziehen wir es jetzt vor, f aus bhjam zu erklären, weil erstens diese endung der Ver- stümmlung zugänglicher ist, und weil wir ferner die accu- sative der Bedeutung nach mit den locativen auf fem, welche stets den zielort bezeichnen, identificieren möchten.^ Diese erklärung scheint mir unannehmbar. Der accu- sativ ist überhaupt wohl derjenige casus, welcher am häu- i figsten in der rede vorkommt, und in neueren jafetischen ^ sprachen greift die accusativform vielfach um sich und ' vertritt auch andere casus. Es wäre aber unerhört, dafs ' eine alteuropäische spräche jafetischen Stammes, welche das alte flexionssystem im ganzen bewahrt hat, statt des ur- sprünglichen pluralen accusativsuffixes in der ganzen flexion ein sufSx, das eigentlich einem andern casus gehörte, ver- wendet hätte*). Ist die erklärung Aufrechts und Kirchho£Ps schon nach diesem höchst bedenklich, so wird sie durch andere umstände völlig unwahrscheinlich. Wäre das f von einem anderen casus übertragen, so müsste im umbrischen nothwendig damals, als die angebliche Übertragung statt- fand, f als merkmal eines anderen casus sehr gebräuchlich gewesen sein. Davon ist aber keine spur. A. u. K. iden- tificieren das accusativsuffix f mit dem angeblichen loca- tivsuffixe fem, welches den zielort bezeichne. Man müsste dabei erwarten, fem auch als accusativsuffix zu finden. Diese erwartung wird nicht erfüllt. Die ganze Zusammen- stellung fällt dadurch zusammen, dafs es ein locativsuffix fem nicht giebt. Nach den bemerkungen Ebels (zeitschr. IV, 198-200, V, 423), Savelsbergs (XXI, 98) u. a. hege ich wenigstens keinen zweifei, dafs die angeblichen ziel- locative nur accusative mit der postposition en = lat. in sind. Wenn dem aber so ist, wird im umbrischen über- haupt kein casus aufser dem accusativ durch das suffix f gebildet. Dafs f von einigen adverbialbildungen (kutef, pofe u. ähnl.) auf den accus, plur. als ein für die ganze

*) Die altlateinischen fonnen med, ted, sed mit accusativischer gel tang, welche Curtius in den Studien schön erklärt hat, sind jedenfalls nicb \ analog.

27*

420 Bogge

nominalfiexion gQltiges casussuffix Qbertragen sein sollte, scheint mir undenkbar. Es wird nun vielleicht jemand ein- wenden, dafs die Übertragung in weit älterer zeit vorge gangen sein l^önne; in jener zeit könne f ein häufiges ci- sussufüx bei den notnina gewesen sein. Darauf erwiedeit ich, dafs f als merkmal des accus, pl. im umbriscben enl in später zeit entstanden sein muss, nachdem sich spräche als eine von dem oscischen verschiedene entwicfak hat; dies geht daraus hervor, dafs das ose. das ursprflof liehe Suffix des accus, pl. (-ss) zeigt. Im oac. wird fak adverbialsufBx, nicht als constantes casussufBx bei den no* miua angewandt. Die ganze übertragungBerklämng moa hiernach aufgegeben werden.

Als einzig mögliche erklärung steht diejenige zarflck, dafs f eine latitliche änderung des ursprQoglichen meik- mals des accus, pl. -ns ist. Dies ist schon von LuMi (Beitr. zur Deutung der eugub. Tafeln I, s. 18) vennathet, allein durch seine vergleichung der skr. Verwandlung einei as in o nicht bewiesen. Ebensowenig ist der lautQbergaogl von Huschke (Iguv. tafeln s. 612) erklärt Die ur8prflng-| liehe form des suflfixes des acc. pl. bei maaculinen noil femiuiuen war bekanntlich ns (von m als merkmal du accus, und s als merkmal der mehrzahl). Vom stamnc aprö masc. also urspr. aprö-ns, von vitläfem. vitlft-Di Im oscischen wurde das n vom folgenden« s absorbiert, ao* dafs SS geschrieben wurde : feihoss, ekass, teremnfsi; das doppelte s zeigt, dafs hier scharfes s gesprochen wnrdtj Dafs dasselbe casussuffix im umbrischeu in der form f het- vortritt, lässt sich aus der Verwandtschaft des f und dei{ scharfen s leicht erklären. Beide sind reibelaute, die bei weit geöffneter Stimmritze, sodafs die Stimmbänder in mk bleiben, erzeugt werden ; bei beiden sind die oberzähne itf bildung derjenigen enge, durch welche die luft mit starker reibung hindurchstreicht, mitwirkend. Der unterschied be- steht darin, dafs beim scharfen s die enge zwischen dei oberzähuen und der zunge, bei f zwischen den oberzihiMi und der Unterlippe gebildet wird. Die nahe verwandtachafti welche somit physiologisch zwischen den lauten beileli^

•ItiUliaelM Studien. 431

zeigt sich auch im factischen Wechsel derselben in ver- Hchiedeneu sprachen. Um hier nicht die Untersuchung über das umbrisehe f zu unterbrechen, werde Ich den Übergang eines s in f und umgekehrt eines f in s nachher m einem besonderen excurse besprechen und die genannte lautwand- lung aus dem romanischen, celtischen, germanischen bele- gen. Umbr. abrof ist aus *apros, *aprons entstanden, wie roman. Schweiz, leinfiu bei Bridel statt leinpu, lin- ceul. Dafs dem s, welches sich in f verwandelte, ursprüng- lich ein n vorherging, ist wahrscheinlich nicht ohne ein- fluss auf die lautwandeluug gewesen. Eben wenn s neben n steht, wechselt es in den germanischen sprachen hfiufig mit f. Wenn somit umbr. apruf, abruf unzweifelhaft aus *aprons entstanden ist, darf ich in Übereinstimmung mit Savelsberg zeitschr. XXI, 210 u. a. gegen A. und E. abrons VII a 43 nicht als Schreibfehler ansehen; um so weniger, als ipan zu einem solchen Schreibfehler gar keine veranlassung sieht*). Freilich ist es, wie A. n. K. II, 288 hervorheben, höchst auffallend diese ältere form auf einem denkmale der jüngsten epoche erhalten zu sehen, während die ältesten tafeln beim masculinem nicht die geringste spur einer solchen form bewahrt haben. Vielleicht darf man annehmen, dafs scharfes s und f im umbr. einen so nahe verwandten klang hatten, dafs man in accus, pl. noch zuweilen ns hörte, nachdem f längst hier das gewöhnliche geworden war. So sagt man nach Rietz in derselben schwedischen landschaft snusk und fnusk; Bridel führt leinpu, pussa, segogna, u. s. w., neben leinfiu, puffa, fegogna auf; aus dem tirolischen wird sowohl sbolsinä als sbolfinä angeführt.

Accus, plur. fem. auf -as findet Savelsberg (zeitschr. XXI, 210) IIa 4): vinu pune tertu struh^las fiklas sufafias, kumaltu, kapire punes vepuratu. Dies scheint syntaktisch möglich, wenn auch die Wortstellung dabei auffallend ist. Huschke fasst struhplas fiklas su-

*) Das folgende / in facurent ist kaam bei der bewahrang des ns mitwirkend gewesen, denn sonst ist / vor / geschrieben.

4.'2 Bugg«

fafias als gen. sing, von kapire abh&ngig, •nein b verträgt sich nicht gut mit der bedentung von kapirt Noch unwahrscheinlicher ist die aufifassung NewiDaii8| wo- nach die angeblichen genitive von einem hiturazudenkeiida xi abhängig sein sollen. Jedoch bleibt die stelle za dm- kel, um die aufFasung Savelsbergs als gesichert ansasehcL Wenn sie richtig ist, müssen diese accueative auf as ait abrons zusammengestellt werden.

Savelsberg (zeitschr. XXI, 209) nimmt auch sehmi- niar la 42 = sehemeniar VII a 52 als accus. pL statt *Bek- menias = semestres. Diese erklärung scheiot oiir est* schieden unrichtig. Die oscische endung des accus, pbv. bei den a- stammen ist ass statt ans, wahrscheinlich mit scharfem s gesprochen; dies s kann in f, aber nicht n- gleich in r übergeben. Savelsberg hat auch nicht bem sen, dafs seine deutung vom zusammenhange verlangt wiii

Gerade ebenso wie das suffix des accus, pl. f ans il- terem ns (ss) hervorgegangen ist, entspricht umbr. tnf, trahaf nicht nur dem sinne nach, sondern auch formdi^ ganz dem lat. trans, das die ältere form bewahrt hiL Man hat umbr. traf aus "trä-bhi erklärt; von einer sol- chen form findet sich in den verwandten sprachen kdnc spur. Dagegen stimmt lat. trans mit dem cyxnr. trm. dros, com. dris (Ebel beitrage II, 158), skr. tiras, ah- baktr. tirö überein. Es wäre ein sonderbarer zafall, wen es ein zufall wäre, dafs das umbr. sowohl beim accus, plv- als bei dieser präposition eine auf f auslautende form hJUtc» wo die verwandten sprachen auf eine grundform mit ni hinweisen. Gegen die erklärung aus *träbhi spricht sock anderes. Wenn man annimmt, dals das umbrische hier vom lateinischen abweicht, wo dies mit den verwandtes sprachen stimmt, muss man in dem umbrischen woite eine verhältnismäfsig späte bildung sehen; allein filr diev zeit einen femininen nominalstamm trä voraussuaetzen, wie es bei der erklärung aus trä-bhi nothwendig ist, scheiift bedenklich.

Der Übergang eines auslautenden ns in f ist im umbr. nicht durchgreifend gewesen; auslautendes ns wird bewahrt»

altiUliache Studien. 433

' WO zwischen n und s ein o weggefallen ist (pelsans ' Ikuvins) und wo ns aus nt entstanden ist (etaians). I Nicht in der genannten lautstellnng allein ist f im,

' ambr. aus s entstanden. Das adverbium fra^oor/S Vlla 25 entspricht dem sinne nach dem lat. transversim. Man erklärt fi als ans bhi entstanden; dies suffix kann aber nicht an einen verbalstamm angefügt werden, und ein no- minalstamm travort wäre ebenso bedenklich als eine zu- sammenziehung ans travorsofi. Ebcl (zeitschr. V, 409) scheint anzunehmen, dafs trahvorß von einem nominal- stamme travorfo statt travort fo gebildet sei; allein ein solcher stamm hat nicht hinreichende analogie. Vielmehr entspricht trahf)orß auch formell dem lat. transversim; trahvor/i ist aus *travorsi, wie sbolfinä in der roma- nischen mundart Tirols aus sbolsina, entstanden. Dafs 8 eben in der Verbindung rs in f Qberging, ist gewiss nicht zufällig; im celtischen wird anlautendes s namentlich vor r zu f. Diese erklärung des umbr. trahvorfi wird durch die glosse quod Graeci plethron appellant Osci et Umbri vors um bei Frontin. de limitibus nicht widerlegt. Denn erstens haben wir keine Sicherheit, dafs der Verfas- ser die umbrische lautform genau widergicbt; zweitens kann die ausspräche, s und f betreffend, im umbrischen wie in romanischen mundarten geschwankt haben.

Dieselbe lautwandelnng vermuthe ich auch in ande- ren umbr. Wörtern. Umbr. parfam, parfa ist unzweifel- haft mit lat. parram identisch. Im lateinischen kann aber rr nicht wohl aus rf entstanden sein, denn rf wird regel- recht rb. Dagegen wird rs zwischen zwei vocalen im lat. regelrecht rr. Ich vermuthe daher, dafs umbr. parfa und }at. parra auf eine gemeinschaftliche grundform 'parsa hinweisen. Freilich kann der Übergang eines ursprüng- lichen rs in rf im umbrischen nur sporadisch gewesen sein; ein ursprüngliches rs ist öfter bewahrt, z. b. Turse, tursitu.

Vielleicht wirft dies licht auf den nameu eines umbri- schen gottes. In Iguvium wurde Qerfe Martie angeru- fen; A. und K. sehen darin mit recht den vocativ eines

424 Bnn«

männlichen namens Qerfo Martio. Zwei gpötfteniamci, die mit ihm in Verbindung stehen, werden als Presiaia (Sir- fia Qerfer Martier, Tursa (^erfia (^erfer Martier angerufisk Einer männlichen gottheit Huntu(pe[r]fia, Hando Qvf§ werden stierkälber dargebracht. Diese namen sind toiiA* und K. mit dem ose. Kerri verglichen, dem namen eb« wahrscheinlich weiblichen gottheit, die auf der tafel foi Agnone genannt ist, und mit dem davon gebildeten adje^ tivum Kerriio, das daselbst vielen göttemamen, sowie auch dem werte horz (hortus, heilige einhegang) beige- fßgt ist; sie erinnern dabei an das verbfiltnie des uinbr. parfa zum lat. parra. Auf der anderen seite hat Kii(Hd (zeitschr. f. d. alt.-wiss. 18f)2 nr. 17) Kerri als Cereri, Kerriio als Cereali erklärt, was namentlich von Coth sen gebilligt ist. Corssen vergleicht femer Cerie das bei- wort der sabellischen Joüia auf der bronzetafel von Rapiao mit dem lat. Cererio einer inschrift bei Orelli 1521: Augustae Bonae Deae Cererie sacrnm. Diese eridJ^ rungen lassen sich vielleicht folgendermafsen einigen«

Der lat. wortstamm ist Ceres, davon Cereris statt Ceresis. Ose. Kerri ist vielleicht statt 'Kersf, wie tiurri statt ^tiursi; *Kersi statt ^KerSsf wie opsafr nam statt '^opesannam. Aehnlicb leiteten die alten hl cerritus von Ceres ab*).

Sabell. Cerie kann statt Cerrie stehen und dem ose. adjectivum Kerriio entsprechen, denn die tafel von Ri- pino schreibt die consonanten nicht doppelt, vgl. esue d. L essuc, Maroucai d.. h. Marroucaij Poleenis d. h. PoUeemi.

Der umbr. stamm ^erfo ist nach meiner Termutbong aus ^erso, Kereso entstanden; diese männliche gottheit scheint wenigstens sprachlich der weiblichen Kerri der Samuiter zu entsprechen. Die scharfsinnige vermuthnng Grassmanns (zeitschr. XVI, 190), wonach ^erfo dem ved. ^ardha entspräche, scheint näheren ansprQohen weicbes zu müssen.

*) Andere etymologische erklftrungen des lat. cerritvs bei MDv röin. myth. '71; Sonne zeitachr. X, 104; Fick vwfjL wSittrb. 4S7.

altitalSsdit Studien. 4S§

Noch ist die Stammform des osoischen Damens n&her zu untersQcheD. Kerri steht nach Corssen (ausspräche ^I, 473. 732) statt Eersei, vom stamme Eeres. Dies scheint mir nicht richtig. Es bleibt dabei ganz unerklärt, warum die tafel 2mal Kerrf schreibt, während sie 9mal dat. auf ei von consonantischen stammen hat, 2mal dat. auf ei von einem i-stamme, 6mal ei als locativendnng, dagegen nir- gends sonst I neben ei. Auch von denjenigen beispielen, welche Corssen zeitschr. XI, 330 dafür beibringt, dafs i im ose. öfter durch trübung aus ei entstanden sei, sind wenigstens die meisten nicht beweisend, isidum ist gar nicht vom stamme ei so gebildet, sondern enthält den no- min, is vom stamme i. In dicust TBant. ist i nicht aus ei getrQbt, sondern dicust verhält sich in betreff des vo- cales zu deicans wie tSuev zu atSouat, Auch dafs ni durch trObung aus nei entstanden sei, lässt sich nicht behaupten, denn die tabula Bantina unterscheidet nei = non von ni = ne. ni, was in nationaler schrift *ni voraussetzt, ist viel- mehr aus n6 entstanden, welche form im lateinischen vor- liegt. Die grundform ist *nfi; vgl. Corssen ausspräche ^ I, 786. Endlich in ineddiss, medikei ist i gewiss nicht aus ei getrObt. Das wort ist wie lat. ju-dicem, vindi- cem, in-dicem gebildet; demnach ist i kurz. fisÖSei^in der inschrift von Messina beweist nichts dagegen, denn in derselben inschrift war sivufi geschrieben (Mommsen unterit. dial. s. 194), und der vocal der zweiten silbe kann in die- sem Worte nicht lang sein. Mommsen s. 209 hat also recht, wenn er in si der griechisch geschriebenen oscischen in- schriften eine bezeicbnung des i, des mittellautes zwischen i und e, erkennt. Dies wird auch von Corssen selbst, Zeit- schrift VIII, 197^ eingeräumt. Den meisten schein hat die genannte annähme bei in im des umbr. eine Via 10. 11 wegen. Allein sogar hier scheint mir i nicht aus ei ge- trübt, denn 1) die Schreibung sivei^i in der inschrift von Messina, wie civ in der inschrift von Anzi, beweist, wie wir eben sahen, nichts; 2) die inschriften, welche in im, in schreiben, haben in anderen Wörtern regelmäfsig ei, et; 3) neben eine TIguv. Via 10. 11 steht die form ennom

426 Bvsgf

VIb 51, Vlla 20. 24. 34. 39, etmoYlU 38, die aich w einer grundform einom nicht erklären Iftsst; 4) die sabd- lisohe iDBchrift von Suimo hat inom neben sei ond (naek meiner vermuthung) sefei; 5) das latein hat enim. Ebeaio urtheilt Savelsberg Rhein, mus. XXVI, 378 f.

Zweitens kann ich die aufTassung Corssens von Kerri, Kerriio darum nicht billigen, weil ein sufBz iio im ob» sehen sonst nicht nachgewiesen ist; denn iu Virriiis km das zweite i, wie Corssen zeitschr. XX, 103 annimmt, im stamm Worte gehören.

Ich glaube, dafs Mommsen das richtige gesehen bri Die Stammform ist Kerri (nicht Kerr) nach der im lat sogenannten r>. declination. Der dativ Kerri ▼ergleieht sich den lat. dativen fidö, facig (Corssen ausspräche *II} 726). Das adjectivum Kerri-io ist vom stamme Kerri durch das sufBx io abgeleitet. Der stamm Kerri scbeiit mit dem lat. Ceres verwandt, ist aber mit diesem nick identisch.

Mehrere unsichere beispiele der lautwandlung von 8 ii f übergehe ich hier. Ich untersuche nun, ob f statt 8 ab zeichen des accus, plur. in anderen altitalischen dialectco, namentlich im vol sei sehen und sabelliscben TorkommL Die volscische inschrifl von Velletri hat den satz : asif eef dii rtfiu arpaiitu. Corssen (de Volsc. lingua) übersetzt: ad aram vasculis vino accedito. In a$if sieht er einen riclh tungslocativ von einem stamme asu, der dem sinne nack dem lat. ara entspreche. Dies scheint mir nicht richtig. Corssen vergleicht die angeblichen umbr. richtungslocatife auf fem, fe, f. Allein diese formen auf fem, fe, f haben immer plurale bedeutung. f kommt als casussuffix der ein- zahl bei den Substantiven im umbrischen nicht vor. Ad- verbia, die wie ose. puf=ubi gebildet sind, bezeichnen m^ mals locum ad quem, und ose. puf, umbr. pufe beweiaco so wenig eine entsprechende casusbildung bei den sabstan- tiven als man im lat. nach ubi ein portubi, locobi bildsn kann. Endlich sind die angeblichen richtungdocsative in umbr. als accus, plur. erkannt.

Durch vergleichung des umbrischen Iftast sich eins an-

altitalkeh« itndien. IfV

dere deutung des toUc. asif gewinnen. TIg. IIa 25 heifst es: pustin an^if vinu nuvis ahtrepuratu. Wenn man damit IV, 13: persnihmu ... pustin ere^ln vergleicht, scheint es klar, dafs wir in den durch anpif bezeichneten gegenständen eine heilige localität zu suchen haben, in de- ren nähe (ich übersetze pustin mit A. und K. propter, nicht post) die durch ahtrepuratu (tripodato) bezeich- nete handlung vor sich geht, wobei ein weinopfer stattfin- det. a$if^ das auf der tafel von Velletri in ähnlicher Ver- bindung vorkommt, scheint mit anpif identisch, wie schon Grotefend gesehen hat, also accus, pl. Volsc. $ entspricht auch in fasia =z umbr. fapiasslat. faciat dem umbr. 99 das im neuumbr. sehr oft s geschrieben ist. n wird in der- selben lautstellung sowohl im altumbr. als im neuumbr. häufig ausgelassen: Sape, Sapi neben Sangie, aseriaier neben anzeriate^ u. s. w. (A. u. K. I s. 97). Dafs das volscische die plu^ale accusativendung f mit dem umbr. theilt, stimmt damit überein, dafs die volscische spräche auch sonst nähere Verwandtschaft mit der umbr. als mit der oscischcn zeigt.

Nach dem obigen wird es bedenklich, CVMNIOS in der volscischen inschrifb von Antinum mit Mommsen und Corssen als accus, plur. zu deuten. DED | CA. CVMNIOS. CETVR wird „dedicat vasa quatuor^ übersetzt. Dagegen spricht au&erdem folgendes: Eine form dedca z= dedi- cat wird durch das ose. und umbr. höchst unwahrschein- lich, de lautet im ose. daty dedicavit ose. dadikatted. Dafs de umbr. da lautete, folgere ich aus daetotn. Dem- nach muss man auch im volsc. da erwarten. Des ose. da- dikatted und des umbr. dersicust = dixerit wegen wäre auch der ausfall des nicht ohne alles bedenken. Das c in c^tur wäre höchst aufTallend, wenn das wort quatuor bedeutete.

Richtiger, wie ich glaube, haben Bergk (zeitschr. f. d. altw. 1851 s. 23) und Garucci (bullett. arch. nap. nv. sr. I, 12 sq.) die Inschrift verstanden. DED verbinde ich nicht mit CA, sondern nehme es als verkürzte Schreib- art statt DED ED oder DEDE=dedlit. CA ist abkürzung

428 Bngg«

des Vornamens wie in der inschrifl von Velletri and in d halb-nrabrischen bei Tuder gefundenen inscbrift (A. ul K. II, 396 f.).

CVMNIOS ist gentilnaine in nom. sing., wie Moonh sen das wort früher (s. 271) verstand. y^Als gentilnaae auf den römischen inschriften von Samnium ist Comi- nius häufig^; vgl. Fabretti gloss. Ital. p. 893 sq., Moon» sen inscr. regni Neap. p. 421. Derselbe gen tÜDame ist » etruscisehen häufig, z. b. Cumnif a=B Cominii, Gamoii, CumnissCominia, s. Fabretti p. 960 sq. Das Stammwort ist wahrscheinlich ose. eomono-m comitiam, vgl. ombr. kumnaklo-m. Freilich ist die endung -lOS neben PAO VIES in derselben inschrifl und Cosuties^ Tafanies in ia inscbrift von Velletri auffallend Allein dies bedenket scheint durch Hurtentius neben [BJetveris, HortU' tiu neben [Be]tvris in den inschriften von Ameria airf durch Heren niu in der aequischen inscbrift von Nesoe entfernt zu werden.

Ein anderes bedenken wird dadurch erweckt, dafs der vatername hier fehlt, im gegcnsatz zu Pa. Vi. Pacoies^ £cl Se. Cosuties^ Ma. Ca. Tafanies. Dies ist jedoch nicht ent- scheidend. Im oscisehen steht der vatername meistens (!»• bei, fohlt jedoch nicht selten. Das sabellische stimmt in Systeme der naraen gewöhnlich mit dem volscischen Qbo^ ein. Der vatername fehlt bei T. Veti In der inschrift voi Navelli (zeitschr. XY, 241; Fabr. 2871 bis); ebenso in der lateinisch abgefassten inschrift von Milionia (Momms. not dial. s. ^65, corp. inscr. lat. 182, Fabr. 2742). In der inschrifl von Sulmo (zeitschr. XX, 183, corp. inscr. lat p. 555, Fabr. 2883 bis, Fleckeisens jahrb. 5. suppl. s. 862) fehlt 4 mal der vatername. Auch im umbrischen komvt dasselbe vor. So wahrscheinlich TIg. VII a 45 nnd um 44; eine halb-umbrische inschrift aus der Umgebung von Toder hat Ma. Puplece (Fabr. 98; AK II, 396).

CETVR wird von Garrucci centurio erklärt. Di«

R

ist sprachlich möglich. Für den ausfall des n vgl. vobo. asif (siehe oben), ose. aragetud, set u. 8. w., altnmbr. persutru, furfat u?s. w. Vielleicht ist ceiur graphische

tltitalisehe Studien. 4!I9

abkürzung statt ceturiu (vgl. ded z. 2). Möglicherweise liefse es sich jedoch als vollständig geschriebenes wort durch vcrgleichung von decures ss decuriones. Paul, epit. Fest. p. 71. 75 erklären. Auch zum namen der drit- ten Zeile ist ded. ss dedit als verbum zu denken.

Ich glaube somit nachgewiesen zu haben, dafs das volscische in der bildung des accus, pl. mit dem umbr. stimmt und vom ose. abweicht.

Ich gehe zum sabellischen über. In der inschrift von Rapino heifst es: asignas ferenter auiatas toutai Maraucai loues patres ocres Tarincris louias agine. iafc esuc agine asum Ba Bu Foleenis feret. Dies wird von Corssen in seiner scharfsinnigen Untersuchung (zeitschr. IX) so über- setzt: Insignia feruntur circumvecta civitati Marruvicae Jovis patris montis Tarincris Joviae agonio. Ibi hoc ago- nio aram Ba. Bu. f. Pollenius fert.

Ich behandle hier nur iafc. Gegen die deutung ibi wende ich ein: 1) Durch das locativ-suffix t werden in den italischen sprachen nie adverbia von femininen stäm* men gebildet, denn umbr. traf enthält, wie ich oben ge- zeigt habe, nicht dasselbe suffix wie ose. puf, lat. ubi 2) Das enklitische -k wird in den italischen sprachen nie einem durch -f = lat. -bi gebildeten adverbium angeftkgt. 2) Lat. ibi, umbr. ife, ose. ip sind identisch, und es ist nicht wahrscheinlich, dafs das nahe verwandte sabellische abweichen sollte. 4) Corssen bezieht iafc = ibi auf das vorhergehende toutai Maroucai, wodurch es nothwendig wird dies als localbezeichnung aufzufassen. Allein so kann, wie Corssen selbst bemerkt, totai Maroucai vor lixs nicht gefasst werden. Auch im zweiten satze deute ich daher dieselben worter als dative „werden für die marruvische gemeinde, zum besten derselben herumgetragen'' (vgl z. b. tote Jioueine TIg. Via 5). Dann seheint ibi im folgenden nicht motiviert.

Ich erkläre iafc als accus, plur. fem. == eas, umbr. eaf. Auch in den ose. to/ic = eum, tti«c=eos, iak, wie ich glaube, = eam ist das enklitische -k den accusativfor- men des pronomen is, ea, id angefügt. Diese erklärung

4^ Bugge

ist also formell uDantastbar. iafc zm eas weist aaf oiifMi hin: zuerst wird gesagt, dafs die gegenstände getraga werden; daun, wer sie trägt. Vgl. TIg. VIb 50: Ponetn» nome ferar, . , , ere fertu poe perca arsmaiiatn habiest:^ Ubi in sacrißcium feratur, is ferto qui am Iiabebit.

Das folgende asum ist von Corssen wie umbr. om VIb 50 von einem tragbaren altare verstanden, iafc unj asum sind ohne Verbindungspartikel neben einander gestelh, wodurch angegeben wird, dafs PoUenius sowohl die durch asignas bezeichneten gegenstände als aitim, den altar, tr»- gen soll. Aehnlich trägt nach TIg. VIb der adfertor, welcher die perca arsmatia hat, zugleich die gerftthschaft, I auf welche das feuer gelegt wird, und den tragbaren al- I tar. Es ist in den altitalischen sprachen überhaupt h&ufigi I dafs zwei (oder mehrere) Wörter asyndetisch neben einan- der gestellt werden. So bei Plautus donis hostiis; mi- seriis laboribus, u. s. w.; TIg. IIb 1: sim kaprnm upetu; tesedi ficla arsveitu, u. s. w. Das asyndeton b der Inschrift von Rapino ist freilich härter, weil daa eine wort ein pronomen ist und iafc und asum durch esue agim getrennt sind.

Aus dem namen Qerf o scheint Cerfennia, der Dame einer marsischen Stadt im osten des lacus Fuscinas, gebil- det. Wenn ich umbr. Qerfo richtig erklärt habe, bezeugt Cerfennia den Übergang von rs in rf im sabellischeo.

Corssen (zeitschr. X, 37 ff.) hat auf dem steine vonf Cupra aürat9üs esmüs gelesen, was er ,,anratoB hos' übersetzt. Wenn dies richtig ist, wird meine deutung iafs = eas dadurch nicht widerlegt. Da jener stein gewiss weit älter ist und da die fundörter nicht derselben Und- schaft gehören, konnte die inschrift wohl das ursprQngliohe s des accus, plur. bewahrt haben, während die jüngere cik susform f auf der tafel von Rapino geschrieben ist. AUeb die inschrift von Cupra ist auch nach der auseinander^ Setzung Corssens überhaupt sehr dunkel.

Das o sei sehe theilt bei den erwähnten fUlen, soweit entsprechende wortformen bewahrt sind, nicht mit dan umbrischen den Übergang von s in f: ose. aoonsatiTe anf

altitalisoh« itndien. 4SI

88 entsprechen den umbr. auf f; ose. Kerri steht neben umbr. <Perfe, 08C. ^eoaogei neben umbr. trahvorfi. Je- doch glaube ich im ose. einen analogen Übergang von 8 in f zu erkennen. Die femininen nominativformen oittiuf, fruktatiuf, tribarakkiuf sind bisher räthselhaft geblie- ben. Auch was ich selbst darüber zeitschr. UI, 424 gesagt habe, kann ich jetzt, obgleich es Corssen u. a. gebilligt haben, nur als verfehlt ansehen. Nach Corssen ausspräche * II, Ulf. vgl. zeitschr. XIII, 173 soll oittiuf dasselbe Suffix wie lat. initium, exe rcitium enthalten; daran soll ein Suffix von der wurzel f u angetreten sein. Dies giebt, wie ich dreist behaupte, eine monströse bildung; man denke sich ein lat. usiobus, usiohis oder usiobs; die ver* muthung, dafs die erweiterung der nominativformen durch das Suffix f das übertreten dieser Wörter in das femininum veranlasste, wird durch nichts gestützt; und Corssen fasst *ittiom, das das sufBx f nicht enthält und das feminine adjectiv alttram bei sich hat, als accusativ zu oittiuf (dies freilich mit unrecht). Das fehlen des nominativ- eeichens wird nicht erklärt. Die griech. bildungen x^Q^' (piov^ 6(}vvcpiov u. s. w., welche Corssen vergleicht, haben deminutive bodeutung und gehören gewiss mit den thier- namen ^Aa^oc;, skr. räabha, gardabha, räsabha u. s.w. zusammen; auch diese sind wahrscheinlich ursprünglich deminutiva, deren sufGx kaum von der wurzel bhü, wohl aber von bhä stammen kann.

Savelsberg (zeitschr. XXI, 133) führt die ose. nomi- native oittiuf, fruktatiuf, tribarakkiuf „auf einsuffix -tiu mit nachtönendem v oder f^ zurück. Auch diese er- klärung kann nicht die richtige sein. Ein feminines suffix tiu ist unbekannt. Selbst wenn der Übergang von v in f im ose. erwiesen wäre, würde es undenkbar sein, dafs -tius durch die mittelglieder tiu, tiuv zu tiuf werden könnte.

Wie ich jetzt glaube, hat Ebels Scharfsinn (zeitschr. VI, 423) das richtige angebahnt, wenn auch nicht vollstän- dig gefunden, fruktatiuf ist wie lat. aedificatio,. ha- bitatio gebildet. Aus tanginom, medtca^titojfi darf man

482 Bngge

folgern, dafs dieselbeD Wörter, welche in Dom. 8g. frol- tatiuf, oittiuf, tribarakkiuf lauteo, in acciu. ng. ^fruktatinoin, oittinom, tribarakkioom bilden. Di- gegen streitet nicht *ittioiu CAbell. 53, denn es ist im- erwiesen oder vielmehr unerklärbar, dafs dies wort oittiuf identisch sei. Allein das auslautende f der nooi- nativformen hat Ebel nicht erklärt, wenn er es als xu» ganischen zusatz bezeichnet.

fruktatiuf steht nach meiner vermutbung statt frot ta-tiun-s wie umbr. abrof sisitt abronSj traf statt traoi trib-arakkiuf ist nicht durch das suffix tian gebildet, denn kt wird im ose. ht (ehtrad, saahtom, OhtaTii), nicht kk; *arakkiuf entspricht vielmehr einem lat *ft^ cio und ist wie legion, internecion, aaspicion g^ bildet. Hier entsteht die frage: ist oittiuf statt oitiif (vgl. araTtujigy tribarakkiuf, dekmanniois, kvaiift- tur u. s. w.), wie tribarakkiuf, *tangiufy lat. obii- dion, internecion u. s. w. gebildet? oder enthält oit- tiuf dasselbe suffix wie frukta-tiuf? Diese frage IlM sich fQr jetzt kaum entscheiden. Für das letztere sprich das altlat. usio (freilich ose. tanginom gegen altlat ton- gitionem); oit-tiuf »lat usio wird durch jra^aogu stitt ß.tQV'toQH kaum widerlegt.

Mit unrecht meint Corssen ausspräche * I, 583, dafi umbr. natine durch ein anderes suffix als lat. nationc gebildet sei, und dafs lat. cardo, cardinem, turbo, turbioem genaue ebenbilder von umbr. tribripn iribn «tite, -ose. tanginom seien., Diese auffassung wird durch umbr. tribri9u widerlegt; denn bei der erklärung Con" sens müsste es tribriku heifsen. Ein feminines sq£Bz ii tritt weder im lat. noch sonst an das suffix to oder ai das sufQx ti, wie Corssen dies fQr das ose. MedtoalJUMi umbr. natine annimmt. Dals umbr. natine im nom. ^* ""natiu, nicht wie Corssen voraussetzt, *natn lantet, oac. medicatinom in nom. sg. *medicatiufj nicht *medic€UUj wird ferner durch das celtische bestätigt, welches hier eine tnfr liehe analogie darbietet.

altitalisohe Stadien. 48ö

Nom. sg. verhält sich zum accus,

umbr. *natiu ^oatinu

ose. fruktatiuf *fruktatinom

ose. *medicatiuf medicatinom

wie altir. tuistiu (generatio) tuistin

altir. airitiu (receptio) ai ritin.

Eudlich vergleiche man das Verhältnis zwischen lat. -tiö und umbr. -tine, ose. ^tinom mit dem Verhältnisse zwi- schen lat. auctör, quaestör und umbr. uhtretie, kvestretie, zwischen lat. doctör und doctrina, vic- tör und victrix, gr. xoQiavri und umbr. cumaco^ lat. cor- nix. Ich glaube mit Ebel zeitschr. V, 420 f., dafs in na- tine, medicatinom^ altir. tuistin, u. s. w. ein kurzer vocal nach i absorbiert ist, während dieser vocal im lat. natiönem verlängert wurde.

Es ist bisher unerklärt geblieben, warum fruktatiuf kt, nicht ht, zeigt; vergl. meine bemerkungen V, 4. Ich vermuthe, dafs die consonantenverbindung kt, wo sie sich in ose. und umbr. Wörtern findet, erst spät eintrat, als der Übergang von kt in ht nicht mehr wirkte. Analog hat das altnordische sötti aus söhta, sökta, und daneben vakti aus vakd'i, vakida. Bei Ohtavis war die con- sonantenverbindung kt uralt (oxrco u. s. w.), dasselbe dür- fen wir bei ehtrad (vgl. iKT6g\ saahtom (lat. sanc- tum), umbr. rehte (lat. recte), uhtur (lat. auctor) u. s. w. annehmen. Dagegen ist actud TBant. 15 = lat. agito aus agetud, factud TBant. 9 = facito aus faki- tud, mfic<er=vincitur aus vinkcter entstanden. Hier- nach vermuthe ich, dafs der ose. verbalstamm frukta aus ^frugcta entstanden ist und einem lat. *fruitari, nicht einem *fructari, entspricht; vgl. das partieip frui- tus (statt *fruvetos, *frugvetos, *frugeto8). Diese erklärung passt auch flQr den umbr. imperativ fiktu TIg. la 28. 31, wo ebenfalls e vor tu ausgedrängt ist; die umbr. sprachd. II, 406 ausgesprochene vermuthung, dass der ursprünglich vorhandene nasal den guttural schützte^ lässt sich auf ose. saahtom, acttid u. s. w. nicht anwen-

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 5. og

434 Bngge

den. kt kommt auch im umbr. ninctu vor. Dies eiUirci A. und K. II 268 als ein Substantiv, vgl. Ist. ninctui; allein Iluschke (Iguv. taf. s. 252) bemerkt zu VIb 60: ^ Diese zehn imperative haben A.-K. s. 268 . . als abl. toi verbalsubst. anfgefasst obgleich dann dem satze das Te^ bum fehlt indem sie meinten, dais imperative hier ils haiidlungen dreier gottheiten nur eben so im plural eteim könnten, wie in der folgenden anrufung. Dabei ist aber nicht bedacht, dafs hier von den drei göttem kriegerisch handlungen begehrt werden, die sie jeder fiXr sich ganz mk voller eigener anstrengung wider die verschiedenen feinde leisten sollen, wogegen in der zweiten anrufung um eine harmonisch freundliche gesinnung für Iguvium, also eioco dauernden ruhigen zustand gebetet wird, worin sie u$ifa- lieh nur alle in einmOthigkeit zu consentiren braucbeOi Ganz ähnlich hoifst es in der Orat pro dorn. 52. Adn^ ades^ Luculle^ Servili, dum dedico domum Ciceronis, ii mihi praeeatis postemqne teneatis,^ Wenn ninciu = lai ningito ist, muss es aus ^ningetud entstanden seiL Gegen meine erklärung streitet die deutung umbr. spracU. II, 388 von subahtu IIa 42 als subigito; subahti kann formell = *subätu sein wie sahta Ib 35 = sfttit amparihmu ebenfalls IIa 42 s= am pari mu, u. s. w. \A subotu VIb das nämliche wort? vgl. neuumbr. PresM = altumbr. Prestate.

Das einmalige umbr. tribripu Va 9 kann nicht ent- scheiden, oi) das umbr. den lautübergang besitzt, welchci ich in ose. fruktatiuf statt ""fruktatiuns vermathet habe, tribripu kann mit den lateinischen nominatiTen aif -io analog sein; es kann aber auch aus ^tribri^iuf ab- gestumpft sein, wie dieselbe tafel kastruvu neben kt struvuf zeigt, wie rufru, peiu Ib 24 statt rufrof« p ei uf geschrieben ist.

Uebergang von s in f und umgekehrt.

Hier foli^en belege dieser lautwandlung aus versohie-

denen sprachen und mundartou.

altitaliscbe Studien. 435

Im Romanischen. Bei Bridel ^glossaire du patois de la Suisse romande^ Lausanne 1866 findet sich der Übergang von scharfem s in f sehr häufig, sowohl im an- laute als im inlaute: fegogna = segogna, fr. cigogne^ fein, fun = cein, fr. cinq; leinfiu = leinpu, fr. lin- ceul; s'apetanfi = s'apetanci, manger du pain en Proportion de sa pitance; puffa = pussa, fr. pous- siere. Seltener s statt f: satzche f. pl. lies de vin (Mon- t treux), vgl. it. feccia. Normann. seliais = fliais, fi:. fl fl^au (Dumeril). Diez rom. gramm. I, 285 nennt fr. se- 2 negre, catal. sinigrec = faenum graecum; catal, ,f sivella demin. von fibula. Umgekehrt f statt s im neu- t prov. founfoni statt syrafoni (assimilation) ; prov. sofa- nar=altspan. sosanar, subsannare (dissimilation); prov. : espelofitz, zerzaust, wohl statt espelositz, vgl. span. espeluzar. Mussafia beitrag zur künde der norditalien. mundarten im XV. jahrh. giebt aus den italienischen mund- arten einzelne beispiele : auf der insel Elba b ö 1 f i d o statt b o 1- sido, it. bolso vom lat. pulsus, tirol. sbolfinä = sbol- sinä husten (s. 36). Auch s statt f: venez. cerendegolo (c = s) j. 1521, in einem glossare aus dem 15. jahrh. saran- degola (nicht ganz sicher) = pad. frandigolo, funda(s.97)- So scheint mir das it. sino (tenus) aus dem gleichbedeu- tenden fino entstanden. Aeltere it. Wörterbücher geben bisölco neben bifolco, vom lat. bubulcus.

Im Gel tischen. Im corn. und cymr. ist anlautendes 8 vor r f geworden: corn. frot (alveus), cymr. ffrwd = ir. sruth (rivus, fluvius). Umgekehrt ist im irischen f na- mentlich vor r aber auch vor einem vocale in s übergegangen : srian = cymr. frwyn, lat. frenum; srogell = cymr. fro- wyll, lat. flagellum; s e i b =: bas-bret. fa, lat. faba; eust = cymr. ffust', lat. fustis; sinister = cymr. ffe- nestyr, lat. fenestra. Siehe Grammatica Celtica ^ s. 81. Im Germanischen. In schwedischen mundarten wechselt fn und sn im anlaut. Gewöhnlich scheint sn der ursprünglichere laut, wie überhaupt im schwed. die lautverbindung fn häufiger als in anderen germanischen sprachen und mundarten vorkommt. Die folgenden bei-

436

Bugge

Spiele sind bei Rietz und in anderen Schriften Ober scinR- dische dialecte zu finden. Halland fnurken raDzeIi({ sonst snurken, norweg. snorkjen, altschwed. snor- ken, vgl. altn. snerkja runzeln und Diefenbach godl wtb. II, 282; Skäne fnerten der sich beleidigt fthlts norw. dial. snorten, färöisch snertin; VestergötU fnurr Verwicklung eines fadens = norweg. dial. sobl vgl. engl, snarl verwickeln und anderes bei Uiefenb. m wtb. II s. 287; fnaska neben snaska kleinigkeiten e* wenden, in der schwed. Schriftsprache snatta, vgl. eo^ suatch schnappen. In anderen Wörtern, wo im nofttl sehen neben sn und fn auch hn, in jQngereD formen m theil ku, gn, hervortritt, ist sn der weniger uraprQnglick laut. Schwed. dial. sniosk, snyske (GoÜand), snaskej snöske ( Vcsterbotten ) = fnöske (die schriflspradKil fnusk ( V^esterbotten) feuerschwamm, altnord. foiÖ8kr| hnioskr, vgl. Schweiz, pfnosert Grimm dtscb. wtb. 1863. Altnorw. fnykr und snykr (Biskupa sögur II, ^>{ auch knykr stank, norweg. dial. snik, SDask, vgl. bik| pfnäckl. Das Verhältnis ist dasselbe bei engl, sneeze nutare = ags. fneosan, neuniedl. fniezen, altn. hnioi Norweg. dial. snasa schnauben = altn. fnasa, phuTiscn. In anderen lautstellungen wird der we( zwischen anlautendem f und s im germanischen mehr radisch vorkommen; es finden sich berührungeo zwif n und sl.

Im Inlaut und auslaut wechseln im german. sehr hii ft und st; hier ist wohl überall entweder das mittelgl fst anzunehmen, oder auch ist sowohl f als 8 einj ben. In Helsingland Schweden ärste = ärfde, ei Rydqvist Svenska spräkets lagar IV, 252. Altn. ByleiftrJ Hyleiptr = Byleistr; die grundform ist Byleifstr, i| meine ausg. der Saemundar Edda s. 9; duft, dupt ist vielleicht mit dem gleichbedeutenden dust ideDtiflck| In ableitungen von wurzeln auf m, wo sowohl 8 als f geschoben ist: got. ga-kvumps, altn. sam-kund, 9hi\ chunft, chumft, nhd. kunft, nnl. komst und koDid brunft neben brumft, brunst und brumpfst, abl

altitalische Stadien. 437

brund mit Grimm von breman; vernunst neben ver- ' nunft, vgl. got. anda-numts.

^ Wird es zu gewagt sein, den lautübergang von sn in fn

' schon im ältesten german. zu suchen? Im gotischen werden ' von wurzeln, deren letzter consonant ein zahnlaut ist, abstracte J Substantive fem. und neutr. gen. durch das suflßx fnja * oder bnja gebildet. Vor f, b steht fast überall u, das, ^ wie Leo Meyer got. spr. s. 68 bemerkt, durch den einfluss der nachbarlichen lippenlaute hervorgerufen ist. Die form ufnja ist nach d, ubnja nach t gewählt (dissimilation). Dies sufßx steht scheinbar isolirt da; die vergleichungen von Meyer a. a. o. und Scherer (zur gesch. d. deutsch, spr. 339) sind kaum genügend. Nach meiner vermuthung steht vundufnja wunde für vundösnja (vgl. ga-vun- dön) wie schwed. dial. fnurken statt snurken. fn wurde weiter zu bn verschoben. Dasselbe sufQx finde ich in dem altpreufs. -sennia, grundform -snja, nom. -sennis, accus, -sennien, wodurch nomina actionis gebildet wur- den, z. b. accus, crixti sseonien die taufe von crix- titwi taufen. Dies altpreufs. sufBx ist aus sna + ja zu- sammengesetzt; auch das suffix -sna wurde mit derselben bedeutung gebraucht, fraistöbnja f. Versuchung, von ^fraistön = altn. freista (im got. kommt nur fraisan vor), für ^fraistöfnja, ^fraistösuja, hat seine analogie im altpreufs. perbandäsnan accus. Versuchung, von p er- bau da er versucht. Mit got. valdufnja n. gewalt von valdan walten vergleiche man, wenn auch nicht unmittel- bar, altpreufs. weldisnan das erbe (lit. pa-velde'ti er- ben, vgl. valdyti besitzen); mit got. vitubnja n. kennt- nis, von vitan wissen, altpreufs. waisnan kenntnis, von waist wissen. Im gotischen kommen auch die suffixformen -snja und -sna vor, allein mit etwas verschiedener be- deutung: fulh-snja n. xqvtztov, drauhsna brocken, fi- lusna menge.

f und scharfes s berühren sich namentlich inr Verbin- dung mit n, r oder 1. Auch dem lateinischen dürften analoge lautwandlungen nicht gänzlich fremd sein, was ich jedoch hier nicht weiter entwickeln will.

438 Bugge

3. Der stein von Saepinum.

Mommsen klein, inschr. nr. X, taf. VIII; Fabretti nr. 2878. Die inschrift:

pis: tio: üv: korn: poiiu: baiteis: aadiieis: aifineis: Mommsen bemerkt: ^Äuf einem etwa faustgroßen nrad- lichen plattgedrückten stein von gelblicher färbe, um da die Schrift, welche mühsam im relief herausgearbeitet, nicht eingegraben erscheint^ zu beiden Seiten herumläuft; die eine Seite ist indess stark verrieben. Wozu der stein gedient haben mag, weifs ich nicht zu bestimmen. Gefunden 1823 in Altilia, dem alten Saepinum.^

Das erste i in baiteis hat nicht die gewöhnliche form, denn der horizontale strich geht quer über den senk- rechten Stab. Jedoch lässt die form des buchstabens kaua eine andere lesung als i zu, und dals dies das richtige ist, wird die erklärung bestätigen. Lepsius, der die inschrift genau copiert hat, giebt keine lücken an; Momoisens an- nähme^ dafs die zweite hälfte von zeile 1. 2 und die letz- ten buchsüiben in zeile 3 abgerieben seien, ist nur ver- muthung, denn er konnte nur einen gypsabguss untersuchen. Der inhalt wird zeigen, dafs am ende der 3. zeile nichts fehlen kann. Mir scheint die inschrift vollständig.

pis ist bekanntlich = quis. Dafs es hier fragende bedeutung hat, erhellt aus dem fragenden poiiu der 3. zeile.

tio. Der accus, se lautet ose. siom, der accus, te im umbr. iiom^ tiu, tio. Folglich ist tio hier accus, ss te, statt tiom, wie via Pompaiiana in der bekannten pompejauischen ädilen-inschrift statt viam Pomp-am.

Es fragt sich sodann, ob dies te zur frage gehört oder nicht. Im folgenden bildet poiiu allein die frage, wäh- rend die letzten drei worte die antwort enthalten. Mit der frage poiiu ist die frage pis, nicht pis tio, symmetriscb« Und wenn tio = te hier mit pis quis zu demselben

altitalische Studien. 439

eatze gehörte, wobei ein perfectum (z. b. fecit) hinzuzuden- ken wäre, müsste in der antwort ein name folgen; allein davon finde ich keine spur. Folglich bildet pis allein die frage; tio gehört zur antwort. Durch pi8 = qui8 d. h. quis es wird gewiss der stein selbst gefragt, und es ist der stein, welcher im folgenden antwortet. Der accusativ tio = te verlangt ein verbum 1. pers. sing., womit es als object zu verbinden ist. Dies verbum kann nur in koru gesucht werden, koru muss !• pers. sing. präs. indic. sein, welche im umbriscben auf u endet. Die bedeutung des verbs ist mir unbekannt; es kann unmöglich das lateinische curo sein.

Auch iiv kann ich nicht deuten. Die form lässt an ein adverbium vom pronominalstamme i denken, wie puv CAb. 17 von po gebildet ist. puv erklärt man ubi; ich werde die deutung ut (wie) zu stützen versuchen. Dies führt mich aber nicht zum Verständnis des iiv im gegebe- nen zusammenhange.

poiiu bildet allein die frage: „wessen eigenthum bist du?" poiiu ist vom stamme poiio, welcher regelrecht dem tat. quoiio, cuio (nomin. cuius) entspricht, ii, wie in Maiioi, Pompaiiana, Maraiieis u. a. Oft wird nachlässig y statt yf geschrieben, so ist hier poiiu gewiss = poiio. Schwieriger ist es das genus zu bestimmen, poiiu kann nicht nom. sing. masc. sein, denn dies würde unosc. sein (Herenniu ist aequische nominativform, und mit unrecht hat man auf der capuanischen bleiplatte einen nom. sg. masc. auf -piu statt -pius finden wollen). Der form nach kann poiiu nom. sg. neutr. sein, statt poiium wie tio statt tiom. Allein cuium verträgt sich kaum mit dem vorangebenden quis. Endlich kann poiiu = poiio nom. sing. fem. sein, lat. cuia. Dies scheint mir hier annehmbar, cuia muss daraus erklärt werden, dafs der Schreiber sich diesen stein durch ein bestimmtes Sub- stantiv fem. gen. bezeichnet dachte. Wenn poiiu = cuia ist, muss auch pis als fem. gen. aufgefasst werden, wie im altlat. quis ein subst. fem. gen. vertreten kann (Neue II, 160 f.) und wie gr. rig commun. gen. ist. cuia sc. es

440 BngRe

verlangt im folgenden den naraen des eigenthflmera im genetiv.

Der Vorname ist Bartels gen. vom stamme Baito. Dieser vorname ist mir sonst unbekannt, wenn er nicht vielleicht mit dem abgekürzten sabelliscben praenomen Ba, in der inschrift von Rapino (Corssen zeitschr. IX, IdO) identisch ist. Ein offenbar verwandter gentilname Baetias kommt Mommsen inscr. regni Neap. 4991 vor in einer in- schrift aus Boiano (Bovianum Uudecim.), der nachbarstadt Altilia's (Saepinum's), wo unser stein gefunden ist. Daa praenomen Baito verhält sich zum nomen Baetio, ose. wohl ''Baitiio, gerade wie das praenomen Perkedno, nom. Perkens Momms. klein, inschr. XV zum nomeo •Perkednio, in lat. form Percennio Cato r. r. 151, vgl. Perkhen Momms. klein, inschr. XXIX e. Der Ur- sprung des Stammes Baito ist mir unbekannt. Man darf kaum an das altlat. baetere, gehen, denken. Mit nn- recht behauptet Corssen (krit. beitr. 62 f.), dafs baetere lediglich auf Verderbnis einer Nonius-hschr. beruhe; auch die handschr. B. Plaut. Truc. I, 2, 2 hat abaetat. Allein die Schreibarten bito und beto sind besser bewährt, und für beto spricht äuffii^ßtjTeu); vgl. Fick vgl. wörterb. s. 65, 1061.

Das nomen des eigenthümers ist Aadiieis gen. vom stamme Aadiio. ii im inlaute zwischen einem consonan- ten und einem voeale wie z. b. in Meelikiieis, Joviia. Dasselbe nomen lesen wir in einer pompejanischen inschr. bei Momms. IRN. 2274. Verwandt scheint das nomen Adinius in Benevent Momms. IRN. 1551. Der Ursprung ist mir unbekannt, wenn Adius nicht mit Allius iden- tisch ist.

A i f i n e is scheint nachlässig statt A i f i n e i s geschrie- ben^ wiesifei auf der capuanisehen platte statt sifei. Ist Aifineis genetiv des väterlichen praenomens, oder ist es als cognomen mit Baiteis Aadiieis coordiniert zu fas- sen? Das letztere scheint mir richtig. Der vatemame fehlt oft. Als praenomen würde Aifino eine isolierte bil- dung sein (ftlr Cerrinus Liv. 23, 46 vermuthet Mommsso

altitalische Studien. 441

Cerrinius). Dagegen sind cogDomina, welche durch das Suffix ino gebildet sind, sehr häufig: Tafidins in einer ose. inschr. aus Pietrabbondante und überaus viele in lat. inschriften bei Momms. IHN.: Albinus, Aquilinus, Augurinus, etc. etc. Aifino, nom. *Aifins, ist viel- leicht mit dem namen Acbutius verwandt. Allein wohl besser vergleicht man Aedinius Momms. IRN. aus Ca- nusium, Aedius Momms. öfter, wie der lat. stamm me- dio, skr. madhja im ose. mefio lautet. Das Stammwort ist lat. aedes (von aed = orn^), wofür man eine oscischc Stammform aifi vermuthen darf; vgl. Ascoii ztschr. XVII, 256. Dies wird durch aikdafed, auch wenn es aedifica- vit bedeutet, kaum widerlegt.

Die inschrift übersetze ich also:

Quis[es]? Te ... o. Cuia [es]? Baeti AdÜ Aefini (Aedini) [sum].

Ist der stein ein amulet?

Huschke (ose. und sabell. spraehdenkm. s. 149 ff.) ist meines wissens der einzige, welcher bisher eine deutung der ganzen inschrift versucht hat. Mit ihm stimme ich in folgenden punkten überein: 1) dafs die inschrift vollstän- dig ist; 2) dafs der stein selbst gefragt wird und antwort giebt; 3) dafs pis i= quis ist; 4) dafs koru präs. indic. I. pers. sg. ist; 5) dafs tio pronomen der 2. person ist (jedoch nicht, wie H. will, tu); 6) dafs die letzten drei Worte genetive sind. Im übrigen ist die deutung Huschkes (Quis tu? Valde curo greges cumulatae spissae copiae causa) zu willkürlich, um eine Widerlegung zu verdienen.

Enderis formenl. s. 14 (der die inschrift als fragmen- tiert bezeichnet) fasst richtig Aadiieis Aifineis als na- men, übersetzt sie aber falsch als nominative; s. 25 denkt er bei B alt eis auch an einen genetiv.

4. Ose. fusid, patensins, ^errins. fuid, fusid steht cipp. Abell. 19, und das wortfragment id oder id 23 wird von Mommsen und Corssen zu [fus]id ergänzt.

442 Bogge

Zuerst gilt es den Zusammenhang und die bedentong zu bestimmen. Der neueste Interpret Corssen Obersetzt (in dieser zeitschr. XIII, 165. 171) z. 11—23 so:

Sacellum Hereulis, loco quod est, et terra, quae apod illud sacellum est, quod inter terminos extra est, quae ter- minaiia communi scito probata sunt recte in circuitu, quo id sacellum et ea terra, commune in communi terra fuerii Autem eins sacelli et terrae fructus fructus eommuDis utro- rumque fuerit.

Von dieser Übersetzung berühre ich hier nur, was mit fusid in noth wendigem zusammenhange steht. Ich kann den relativsatz „quo id sacellum et ea terra^ nicht aner- kennen: 1) Die deutung puv = quo ist unbegründet

2) Das fehlen des verbs (ist) im relativsatze streitet gegen die sonstige ausdruck weise der inschrift; man vergleiche z. 10 slaagid pod ist; 14 15: pod anter teremniss eh[trad] ist; 15 16: pai teremennio profto set; z. 31. 3'i. 34. 49. 5G. Auch z. 51 52, wo der text jetzt lückenhaft ist, kann das verbum nicht gefehlt haben.

3) Der ganze satz „quo id sacellum et ea terra^ ist nichts- sagend, und der ausdruck wird durch ihn unerträglich ver- worren. In derselben periode sind ja vorher das sacel- lum und die terra in ihrer Situation durch die termini, terminalia bestimmt; wie können denn hier die termi- nalia umgekehrt in ihrer Situation durch das sacellum und die terra bestimmt werden? Viel richtiger hat schon Kirchhoff (allg. monatsschr. 1852 s. 591) die stelle ver- standen. Er ordnet die periode folgendermafsen : saka-

raklom Herekleis inimteerom amnod,

pon idik sakaraklom inim idik terom moiDikom moinikei terei fusid, eiseis sakarakleis inim tereis fruktatiuf fruktatiuf moiniko poturumpid estod. Er nimmt also pon idik bis terei fusid als untersati und schliefst die periode erst mit moiniko poturu[mpid estu]d ab.

In einem wesentlichen punkte weiche ich von Kirch- hoff ab. Er hat das puv der inschrift in pon geändert, wozu uns nichts berechtigt. Bei unserer höchst firagmoita-

altitalische Stadien. 443

riscben kenntnis des osciscben Wortschatzes kann der umstand, dafs puv sonst nicht vorkommt, natürlich gar nicht dafür sprechen, dafs die wortform verschrieben sei. V findet sich auch sonst im auslaute. Der zusammen- bang scheint mir auf die Bedeutung ut (wie) hinzuweisen, und diese bedeutung lässt sich etymologisch stützen. Kurze vocale, welche ursprünglich im auslaute standen, werden im ose. der regel nach ausgedrängt: das enklitische -p in nep ist = lat. -que, gr. -rc, skr. -Ka; -k ist = lat. -ce. So kann puv aus pu-ve entstanden sein. Die annähme liegt nahe, puv sei vom relativstamme po durch das Suf- fix v (statt ve = skr. va) gebildet, wie skr. iva, gleich- wie, durch das suffix va vom pronominalstamme i. Dies Suffix -va ist mit dem skr. suffixe -vat (wie), gewiss auch mit (oder) verwandt. Eine andere auffassung finde ich jedoch wahrscheinlicher. Das auslautende -v in puv kann regelmäfsig dem lat. enklitischen -ve, -u entsprechen; al- lein dies tritt an Wörter, nicht an stamme. So vermuthe ich in puv eine Zusammensetzung vom ablative pud (vom relativstamme po) mit dem enklitischen -v = lat. -ve. Eine analoge Zusammensetzung haben wir im lat. ceu, das M. Schmidt gut als eine Zusammensetzung vom rela- tiven qui mit -ve auffasst (vgl. veluti). Das enklit. lat. -ve stelle ich nach Leo Meyer, Fick u. a. mit dem syno- nymen skr. -vä zusammen. Lat. -ve kann auf eine grund- form -vä zurückgehen. Die annähme einer solchen form neben dem skr. -vä scheint nicht bedenklich, da bei ari- schen Partikeln kurzer und langer vocal im auslaute häufig wechselt; auch die gotische fragepartikel -u, welche Leo Meyer got. spr. s. 562 mit dem ind. -vä vergleicht, setzt eine gruudform -vä voraus.

Meine vermuthung von der bedeutung des ose. puv wird nicht dadurch widerlegt, dafs das ose. pous für ut wenigstens in der bedeutung „dals^ hat und dafs das umbr. eine partikel puze, puse besitzt, welche in der bedeutung dem lat. ut auch als vergleichungspartikel entspricht. Nach fusid z. 19 darf nicht mit Mommsen und Corssen avt (autem) ergänzt werden; nach meiner vermuthung fehlt

444 Bagge

hier eine partikel, die dem sinne nach dem lat. ita, item oder sie entspricht (schwerlich ekss). Ich fibersetze hiernach :

sakaraklom Herekleis inim teer[oiD]

sacellum Herculis et terra

pod op eisod sakaraklod [ist] , puv idik

quae apud id sacellum [ est ] , at id

sakara[klom] inim idik terom moini[kom] moini- sacellum et ea terra communis in com-

kei terei fusid, [•••] ^i^eis sakarakleiB i[nim] muni terra sit, [ ita ] eins sacelli et

tereis fruktatiuf fr[uktatiuf] moiniko poturn[mpid terrae fructus fructus communis utroramqoe

fu8]id. sit.

^Wie der tempel und das tempelland gemeinschaftlich sein soll, so soll auch die nutzung gemeinschaftlich sein.'

Wie z. 50. 51 patensins sowohl im hauptsatze als im Untersatze steht, so lese ich z. 23 mit Mommsen und Cors- sen im hauptsatze dasselbe fusid, welches im untersatxe steht. Nach dem obigen kann kein zweifei darüber sein, dafs fusid eine conjunctivform ist, wie auch die form ver- langt. Dagegen kann ich der gewöhnlichen deutung als 3. ps. sing. perf. conj. nicht beipflichten. Lat. fuerit perf. conj. ist durch Zusammensetzung des perfectstammes mit sit gebildet. Im oscischen perf. conj. tritt dagegen das moduszeichen i unmittelbar an den perfectstamm ; nie fin- det hier Zusammensetzung mit einer dem lat. sit ent- sprechenden form statt. So ^(e/acid= fecerit, nicht fefaxid; hipid = habuerit, nicht hipsid; pruhipid = prohibaerit; tribarakattins = (aedi£lc)averint, was ^tribarakattens = (aedific)averunt voraussetzt (mit unrecht erklären Auf> recht und Eirchhoff umbr. spr. I, 168 tribarakattins als aus tribarakat-sins entstanden). Dasselbe geseti gilt im umbr., wie combißangi = conspexerit seigt (ise und vakaze, vacose können also nicht perf. conj. sein). In der sabell. inschrift von Rapino scheint mir pedi eher perf. conj. als präs. conj.

altitalische Stadien. 445

Hiernach ist -sld in fusid von -rit im lat. perf. coDJ. fue-rit wesentlich verschieden. Nach der angefahr- ten analogie muss perf. conj. fuerit im ose. vielmehr futd lauten, und dies kommt wirklich vor. In dieser sseitschr. VUI, 38 40 habe ich die deutung fuid = {ii er ii ausge- führt und dabei nachgewiesen, dafs dieselbe auch syntak- tisch wohl begründet ist.

Ich habe nachgewiesen, dafs sl als merkmal des con- junctivs dem ose. fremd ist; folglich ist das s in fusid dem tempuSy nicht dem modus, eigenthümlich.

Nun ist das syntaktische Verhältnis bei patensins 51. 52 demjenigen, welches sich bei fusid findet, analog : thesavrom pon patensins, moinikad tanginod patensins „die Schatzkammer soll nur in folge eines ge- meinschaftlichen beschlusses geöfl&iet werden.*^ Wir dür- fen daher das s in patensins und in fusid als das näm- liche tempuselement erkennen. Wenn dies richtig ist, müssen alle bisher vorgeschlagenen deutungen der verbal- form patensins, welche einen verbalstamm patensa oder patens supponieren^ aufgegeben werden.

In fus- und patens- suche ich mit Huschke futur- stämme. Allein mit unrecht sieht Huschke hier indicativ- formen. Die form patensins deute ich jetzt folgender- mafsen. Die wurzel ist pat, wovon der ose. name einer göttin Patanai dat. sg. f. „die öffiiende^ gebildet ist; vgl. lat. pateo, gr. Ttitvfjfiij Tterävvvfiij altn. fad'mr ausbreitung der arme, altbaktr. pathana weit, breit. Der präsens- stamm des transitiven ose. verbs ist durch n (na) erwei- tert, vgl. lat. lino, sperno u. s. w.; präs. indic. act. 1. ps. sg. wird ^patnu (pando, patefacio) gelautet haben. We- sentlich eotsprechende bildungen sind gr. nirvri^i und nt- rdvvv/xi, Gr. Ttetdvvvfii verhält sich zum ose. ^patnu, wie OTOQevvvfit zum lät. sterno. Fut. 1 indic. 3. ps. sg. muss hiernach ^patnest lauten, vgl. herest. Für fut. 1 indic. 3. ps. pl. setze ich die form ^patenset (patefacient) voraus. Ans dem umbr. ostensendi == ostendentur muss nämlich gefolgert werden, dafs in fut. 1 indic. 3. ps. pl. e

446 Bugge

zwischen n und s ausgedrängt wurde; also 'patnset. Allein diese consonautenverbindung war zu hart iiDd musste durch vocaleinschub vermieden werden; so entstand 'pa- tenset (patefacient). Gerade ebenso ist ose. Aderlo = Atella aus Atrolo entstanden; vgl. lat. agello statt agrolo u. s. w. Aderlo zeigt, dals diejenige einwendung, welche Corssen (zeitschr. XIII, 196) gegen meine frühere deutung richtet und ebensowohl gegen die jetzige riebteo kann (,, nirgends ist im oscischen eine spur davon zu fin- den, dafs so ein beliebiges e eingeschoben würde**), unbe- gründet ist. Zu den iiidicativformen "^patnest (patefaciet), *patenset (patefacient) verhalten sich die conjunetivfor- men 'patensid, pl. patensins gerade ebenso wie *profaid (probet) zu *profat (probat) *profains (probent) zu *profant (probant) *profattid (probaverit) zu profatted (probavit) *profattins (probaverint) zu profattens (proba- verunt).

Gegen meine deutung von fusid als fut. 1 conj. wird man folgendes einwenden können: eine conjnnctivform von fut. 1 müsste vielmehr fuisid lauten; denn das umbr. fut. 1 fuiest und präs. eonj. fuia zeigen den präsensstamm durch i erweitert. Allein diese einwendung ist nicht ent^ scheidend; denn wenn ein conjunctiv vom fut. 2 nicht ge* ' bildet wurde, war in fusid die erweiterung des prfisens- Stammes durch i des Unterschieds wegen unnöthig. Auch im ose. imperf. fufans lautet der präsenstamm fu, nicht fni. Endlich ist ose. fust vielleicht zugleich fut. 1 und fat. 2 (als fut. 2 statt ^fefust, wie dicust statt dedikust). Das moduszeichen i im oscischen ist bekanntlich mit dem zeichen des Optativs im griechischen, indischen und alt- baktrischen identisch. Meine auf fusid gegründete und durch patensins gestützte vermuthung, dafs das oscische conjunctive oder eigentlich Optative des fut. 1 aufzuweisen hat, wird dadurch gestützt, dafs auch in verwandten sprachen ein optativ vom futurstamme gebildet wird. Ose fusid, patensins entsprechen formell im wesentlichen griechischen bilduDgen wie naiöevcoi^ natSevcouv^ allein

altitalische Stadien. 447

die syntaktische anwendung ist im griech. verschieden. Das altirische hat einen conjunctiv, der formell in den meisten formen mit dem futur. indic. zusammenfällt; die 2. und 3. pers. sing, desselben ist etymologisch als futur. opt. erkennbar; z. b. ni geis du sollst nicht fordern, Wur- zel gad. Siehe Gramm. Celt. *466ff. ; Stokes beitr. VII, 44 AT.*) Lateinische formen vergleiche ich nicht, weil man über faxint u. s. w., poterint noch keinesweges zur einigkeit gelangt ist und weil die deutung der oscischen formen von der etymologischen erklärung der lateinischen nicht abhängig ist.

Mit patensins coordiniert ist das fragmentierte ^er- rins CAb. 54. In beiden müssen wir also dasselbe tem- pus suchen. Ich erkläre demnach ^errins nicht mit Cors- sen zeitschr. XIII, 243 aus [hjerfins, sondern als fut. 1 conj., aus ^ersins assimiliert, wie Kerri aus Kersi. Die form steht in folgender Satzverbindung: in im pid e . . . . thesavrei pokkapid (oder pokkapiid?) eh.... (oder ee . . . .) . ittiom alttram alttr . . . errins.

Corssen (zeitschr. XIII, 1 95) giebt diese lesung und Übersetzung :

inim pid e[sei] thesavrei pokkapid e[h-

et quid (quid) in eo thesauro quandoque ex- trad] [ojittiom alttram, altt[ros] [hjerrins. tra usum alterum, alteri ceperint.

Die deutung oittiom = usum hat Ebel (zeitschr. VI, 423) gewiss mit recht abgewiesen. Es lässt sich keine vollgiltige analogie dafür auftreiben, dafs [o]ittiom accus, von oittiuf sei, wie Corssen zeitschr. XIII, 177. 244 behauptet. Dies wird vielmehr durch das f von oit- tiuf und durch das i nach t in ^ittiom widerlegt. Die bedeutung „usum" ist für ^ittiom, wenn auch formell möglich, im zusammenhange kaum anwendbar; der aus- druck des satzes ist bei Corssen überhaupt unnatürlich. Man kann gewiss nicht „usus alter" für „besitz der einen

*) Justi erklärt mehrere altbaktr. rerbalformen als fatur. opt.; diese werden aber von andern anders erklärt.

448 Bugge

partei^ sagen. Ferner ist olttiuf nicht ^besitz^, welche bedeutung hier dem [ojittiom beigelegt wird. Endlich mu8S man nach der sonstigen ausdrucksweise der insohrift bezweifeln, dafs das verbum des relativsatzes fehlen dürfe. Kirchboff (stadtrecht von Bantia s. 18) hat das verbum im Wortfragmente e . . . vor thesavrei gesucht, allein hier ist eise! (oder nachlässig esei geschrieben), wie Momm- sen ergänzte, nothwendig. Das verbum kann also nur in eh . . . oder ee. . . nach pokkapid gesucht werden. Ich ?ermuthe ee[8tiest] = exstabit, vgl. eestint und kafiest eestiest braucht nicht viel gröfseren räum als ehtrad einzunehmen, denn der querstrich für i kann an das e an- gefügt sein. In ^ittiom alttram haben wir demnach das object zu suchen. Das relative pid muss sich auf ein de- monstrativum des hauptsatzes beziehen; dies ist als eiseis, von ^ittiom alttram abhängig, hinzuzudenken. Eine solche ellipse ist ja namentlich im archaischen latein sehr häufig.

Das subject hat Ebel richtig in aItt[ro8] as alteri gefunden. Er bemerkt: „In den verstümmelten worteo kann nur gesagt sein entweder: davon sollen die einen die- sen, die anderen jenen (alteri alteram) theil nehmen; oder: das sollen die einen von beiden aufser dem anderen theile nehmen.^ Ebel wählt das letztere; weit natürlicher scheint mir das erstere. Für ^ittiom fordert der Zusammenhang, wie schon Ebel gesehen hat, die bedeutung: partem. Er ergänzt [ajittom nach aeteis TBant. = partis. Corssen (zeitschr. XIII, 243) wendet ein: [ajittom als accus, so der genetivform aeteis dürfe man nicht lesen, weil Momm- sens abdruck ^ittiom hat, wogegen Stier nichts bemerkt, weil ^ittiom doppeltes t hat^ und weil endlich ^ittiom ein femininum ist, aeteis dagegen, wie minstreis zeige, ein masGulinum oder neutrum. Das doppelte t in ^ittiom gegen aeteis kann hier nichts beweisen; vgl. pokkapid CAh. = pocapid TBant., [p]ocapid ibid.; alttram CAb. gegen altrei TBant.; tribarakattuset CAb. gegen aw- getuzet TBant., u. s. w. minslreis als femininen genetiy ca verstehen ist freilich bedenklich. Des umbr. mestra nom.

pSj

altitalische atndien. 449

8g. fem. = major wegen darf man es kaum mit Ebel zeit- schr. VI, 424 als gen. fem. nach der 3. ded. verstehen. Vielleicht lässt sich aber minstreis als fem. durch altlat. toti gen. sg. fem. bei Afranius, ali gen. sg. fem. bei Cae- lius Antipater, isti gen. sg. fem. Terene (Neue II, 156. 185; Bücheier grundriss 40; besonders Luchs zur lehre von der genetivbildung in Studemund^s Studien) vertheidi* gen. Endlich darf man wohl mit Ebel und Huschke be- zweifeln, dafs der querstrich an V in ittiom, den Momm- sens abdruck zeigt, das i ausdrücke. Denn der querstrich des i findet sich sonst nie an einen schrägen balken ange- fügt, und V zeigt bei Mommsen auch links einen kurzen querstrich, obgleich ein solcher dem i nicht zukommt. Be- denklich ist endlich hier das sufGx io, das sonst nur in ose. namen vorkommt (willkürlich setzt Enderis s. XI hier lo statt 10 ein). Also scheint [ajlttom = partem hier möglich. Allein selbst wenn die lesung *ittlom die rich- tige ist, lässt sich [ajittiom = partem als eine mit aef et» verwandte, nicht identische, bildung aufrechthalten.

*errins hat Ebel und nach ihm Corssen herrins ergänzt „in besitz nehmen^^ vgl. heriiad auf der Capua- nischen bleiplatte. Dies ist wahrscheinlich. Möglich ist jedoch ferrin s „wegtragen, erlangen, bekommen % vgl. lat. ferre victoriam, responsum, praemia.

Savelsberg (zeitschr. XXI, 170) erklärt umbr. ise I 68 als fut. 1 conjunct. Ich hatte an dasselbe gedacht; allein der conjunctiv scheint hier unstatthaft. Savelsberg ver- gleicht mit unrecht sve rehte kuratu si Va 24; dies ist ein indirecter fragesatz, ise steht dagegen in einem condi- tionalsatze.

5. Ose. Atptcf, hipust

hipid Baut. 8. 14. 17 perf. conj. 3. pers. sing. = habuerit; pruhipid Baut. 25 = prohibuerit; hipust Bant. 11 fut. 2 indic. 3. ps. sg. = habuerit; pruhipust Baut. 26 = prohibuerit. Die bedeutung dieser formen ist von Kirchhoflf stadtrecht von Bantia s. 37 sicher ge- stellt, über die entstehung derselben wird dagegen gestrit-

Zeitachr. f. vgl. sprachf. XXU. 5. 29

450 Bugg«

tcn. Corssen zeitschr. XI, 371 will sie aus arsprfiDglidi reduplicierten formen, hipid aus hihipid, hehipid, be* hapid, erklären. Dies ist mir in mehrfacher binaicht be- denklich.

Es finden sich freilich viele beispiele, dala Terbi, welche in der classischen lateinischen spräche der ö^classe angehören, früher nach der sogenannten 3. conjagstioD (l]^ sprünglich a-classe) flectiert wurden; auch kommen bei- spiele vor, dafs die perfectbildung durch ui statt der bii- dung durch reduplication eingetreten ist (concinui: c^ cini). Es lässt sich aber dies nicht für jedes verbam vor aussetzen. So findet sich keine spur davon, dafs habere sein perfectum einst durch reduplication bildete. Daia diei verbum vielmehr von uralter zeit her der e-clasae gehfirte und sein perfectum durch Zusammensetzung bildete, irird wenigstens höchst wahrscheinlich, wenn man das schwache germanische präteritum habaida, hatte, beachtet, wiewdil der anlaut des italischen Stammes dem h des germanischcB Stammes nicht regelrecht entspricht, hipid darf schon hie^ nach kaum aus einer reduplicierten form erklftrt werden.

Auch der vocal der ersten silbe wird durch die ver- muthung Corssens nicht genügend erklärt. Eine rednpli- eierte form würde nach der analogie von fefacid, fefaaat hehafid, kehafust lauten. Ose. dadikatted sk dedicavit (mit dad = de zusammengesetzt) und eestint =: ezstant sind nicht redupliciert und können daher den fibergang hehap zu hehip in einem reduplicierten perfectum niebt stützen. Ebensowenig kann dideit (dabit) den überging hehip zu hihip stützen, dideit ist vom präsensstamme ge- bildet und daraus darf man für die reduplicationssilbe im Präteritum nichts folgern; neben didest (dabit) steht ji eben das perfectum deded (dedit), nicht dided, wie neben öiöiojta das perfectum SiSoaxa^ nicht SiStaxa. Falsch fin- den Bruppacher s. 42 und Enderis s. VIII im ose. juniki- pid und lat. prob ibuerit dieselbe lautschwächung, als ob hipid und hipust nicht existierten.

Ich versuche hiernach eine andere erklärung. Der ver* baistamm ist im laf. babä, im ose. hafi, welcher in As-

altitalische stndien. 451

fiest (die tafel hat Aa/Ser/) = habebit bewahrt ist. Das la- teinische verbum bildete durch zusammensetzang sein per- fectum, welches ursprQnglich ^habs-fuit gelautet haben muss;^ ebenso wurde im ose. das perf. indic. *hafifed oder mit schärfung des consonanten ^hafiffed, conj. *ha- fifid, fut. 2 *hafffu8t gebildet. Im lateinischen perfec- tum wurde der classenvocal erst gekürzt, dann ausgedrängt; so entstand habuit. Im perfectum der ose. verba der ä-classe schwand oft der vocal vor f: opsed statt ^opsa- fed (*op8affed), proffed statt *profafed. Ebenso wurde nach meiner meinung i in den verben der i-classe (der lat. §-classe) ausgedrängt, verschwand aber nicht spur- los, sondern lautete den vocal a der vorhergehenden silbe in i um. Es kommt im oscischen auch sonst vor, dafs ein vocal auf den der vorhergehenden silbe zurückwirkt. Kirch- hoff zeitschr. I, 41 f. bespricht die fälle, wo der vocal einer unbetonten silbe, welche dem sufHxe gehört, dem vocale der nachfolgenden silbe assimiliert wird: sakorom, saka- raklom u. s. w. Die rückwärtswirkende vocalassimilation kann auch Wurzelsilben treffen: pertumum neben pertemest^ praefucus (worin zugleich das princip der Schwächung in der Zusammensetzung zu erkennen ist) neben facus. End- lich kann ein vocal, der an seiner ursprünglichen stelle ausgedrängt ist, seine Wirkung noch in der umlautung des vorhergehenden vocales zeigen: ist sb est gegen estud = esto ist aus esti entstanden; ähnlich wurde ^hafifid zu hipid. Wegen des i in ist ist wahrscheinlich anzunehmen, dafs in der nationalen schrifb hipid, hipust mit i, nicht mit i, geschrieben wurde.

Meine erklärung wird durch das lateinische bestätigt. Schon in dieser zeitschr. III, 419 habe ich das Verhältnis von hipid^ hipust zu haßest mit lat. gradier gressus, fatisco fessus verglichen. Von gradier kommen al- terthümliche formen nach der l- (urspr. iä-)conjugation vor, s. Neue formenlehre 11, 319. Nach dieser wurde regel- mäfsig *gradltus gebildet; das i dieser form wurde (wahr- scheinlich nachdem es gekürzt war) ausgedrängt, lautete aber das a der Stammsilbe in e um; so entstand gres-

29*

452 Bngge

SU 8. Ebenso setzt fessus eine ursprOnglicbe form *far titus voraus.

Das spanische und portugiesische bietet einige perfect- foraien, iu denen der vocal der Stammsilbe durch den an seiner ursprünglichen stelle ausgedrängten vocal der folgen- den silbe umgelautet ist; so z. b. span. hübe, portug. houve = habui, span. supc, portug. soube as sapui.

Schon Ebel zeitschr. IV, 139 hat in hipid regressive assimilation vermuthet. Er scheint aber zu meinen, a sei in t durch den einfluss des t der endung id umgelautet; dies wird durch hipust widerlegt.

Wie im oscischen das fut. 2 indic. ursprQnglicb *hi- fifust lautete, so im umbr. *habifusL Dies wurde wie im ose. zusammengezogen, allein das t lautete den vocal der Stammsilbe nicht um: aus *habifust entstand umbr. Anftttf, wie portnst aus *portafust» Ich habe das verhftitnis zwi- schen f in hafiesl und p in Atptcf, hipust bisher nicht be^ sprechen, denn die oben gegebene erklärung läset sich aof- rechthaltcn, mag man nun die änderung des f in p oder die umgekehrte annehmen. Nach Corssen ist hafiest aiu hapiest entstanden, während hipid nach ihm den ursprüng- lichen consonanten bewahrt hat. Dabei wird aber unerklärt gelassen, warum eben das präsens und nicht das perfectum p in f geändert hat. Corssen ausspräche ' I, 128 f. nennt beispiele, iu denen inlautendes b im lat. aus ursprQnglichein p erweicht ist; aus diesen folgt aber nicht, dafs im osci- schen und den am nächsten verwandten dialecten p zwi- schen zwei vocalen in f übergehen könne; für das lateio. Icuguet Corssen selbst diesen Übergang. Endlich bat die grundform hap sonst keine stütze, denn haperae, wu Corssen ausspräche ' I, 129 aus einem pompejanischen grafBto citiert, findet sich da nicht (Job. Schmidt zeitschr. XIX, 204).

Ich erkläre mir die Sache anders. Der ursprttngliche oscische stamm ist hafi, welcher in hafiest bewahrt ist Das / desselben entspricht regelrecht dem lateinischen und gotischen b. Gewiss mit unrecht ändert Euderis in seinem fleifsigen, allein im ganzen unselbstständigen und wenig

altitalische stndiexL 453

bedeutenden „versuch einer oscisehen formenlehre^ s. 5 das hafiert der tafel in hapiesL Der ose. stamm haß verhält sich zum umbr. habi, habe, wie ose. amfr- zum umbr. ambr-^ ampr-; in amfr- ist f, wie die verwandten spra- chen lehren, nicht aus p entstanden, ^hafifid wurde durch ausdrängung des classenvocales und umlautung des stamm vocales *hif-fid, dann änderte sich f vor f in p, endlich fiel das f vor i weg.

Die änderung eines nicht anlautenden f in p lässt sich in den altitalischen sprachen auch sonst nachweisen. Ose. ip bedeutet ibi, und wie im lat. dem demonstrativen ibi das fragende und relative ubi, im umbr. dem ife ein pufe entspricht, so hat die ose. spräche puf=ubi^) neben ip assibi. Ich bezweifle daher nicht, dafs wir in ip und puf dasselbe suffix haben, und da f in puf sicher nicht aus p entstanden ist, setzt ip folglich eine ältere form "^if vor- aus. Corssen zeitschr. XIII, 193 äufsert freilich: „Die form pu-f zeigt, dafs von *i-f das auslautende f nicht zu p geworden wäre, mithin dasselbe in i-p [genauer i-p] anderen Ursprungs sein muss.^ Allein mit demselben rechte könnte man sagen: Die formen tibi, umbr. tefe und sibi, ose. sifei, sabell. sefei (so ist statt seffi in der inschrift von Sulmo zu lesen) zeigen, dafs von ^mefei das f nicht zu h geworden wäre, mithin dasselbe in mihi anderen Ursprungs sein muss. Hier ist die dissimilation zu beob- achten: das anlautende p in puf schützte das f des Suf- fixes; dieser schütz war aber in *if nicht vorhanden. Die erklärung, welche Corssen von ip giebt, wonach dasselbe die Partikel pe im lat. nempe enthalten soll, reifst das oscische wort von den gleichbedeutenden der verwandten sprachen los und setzt fQr das demonstrative und relative adverbium zwei ganz verschiedene suffixe voraus. Diese momente sind nicht entscheidend. Bedenklicher ist es, dafs eine solche bildung durch -pe, worin das locale Verhältnis nicht ausgedrückt wäre, sonst nirgends vorkommt; denn

*) SavelsbergB erklftrung des ose. puf (zeitschr. XXI, 138) scheint mir nicht richtig.

454 Bngge

-pe wird nicht mit dem wortstamme yerbunden, sonden schliefst sich einer bestimmten casusform an.

Tab. Iguv. Ib, 3 4 ist kutep, vitlup, turup statt kutef, vitluf, turaf geschrieben; einen dreimaligen Schreibfehler anzunehmen scheint sehr bedenklich.

Als unzweifelhaftes beispiel des Überganges von f in p ist noch Sabin, alpum = album Paul. epiL Fest, p.4 Moll, zu nennen, vgl. umbr. alfu, alfer ^ olfir^ ose. Ali- faternum; von diesem adjectivum ist Alpis in der ior Schrift von Sulmo gebildet. Dafs f hier der ursprOngliebere laut ist, wird durch das gr. aXtpog bewiesen; vgl. Fick vgl. Wörterbuch der indogerm. sprachen s. 429, 166. Vgl. etruscische formen Alpan, Alpanu u. a. Die erkl&ning des ose. hipid aus *hipfid, *hif-fid, *hafifid wird da- durch nicht widerlegt, dafs ff im ose. (proffed, aama- naffed) üblich war, denn das ff dieser perfecta ist gani anderen Ursprungs und gehört gewiss auch einer anderen zeit. Möglich bleibt freilich folgender gang der äodemng ^hafifid, durch dissimilation ^hapifid, 'hipfid, hipid.

Aehnlich wie im ose. perfectum hipid p durch dissi- milation statt f eingetreten ist, hat sich im lat. perfectom ferbui v durch dissimilation zu b verhärtet, s. Gorsaen krit beitrage 165.

6. ümbr. aterafust, andersafust.

pus tertiu pane puplu aterafust tab. Igav. Ib 40 = pos tertio pane poplo andirsafust VII a 46 ; apei or- fertur Atiersir poplom ander safust VII b 3. Dies fut. II ist schon von A. und K. 11, 292 zum theil richtig erklärt Ich stimme folgenden äufserungen vollkommen bei: „Das poplo(m) andirsafust erinnert unwillkürlich an poplo(m) a(n)ferom VIb 48 und jedenfalls dürfte andirsafu$i mit derselben präposition an (aus . . amb) zusammengesetsi sein^ welche wir in a(n)'ferom, anferener yoraussetseD mussten.^ „Da es wahrscheinlich ist, dafs tertio im an- fange sich auf das dreifache opfer fondlire^ rubinej irahaf sahate bezieht und die hin- und herzüge, die mit demsel- ben verbunden waren, so muss [das verbum] auf j^en &D

altitalisdM Stadien. 455

eine thätigkeit bezeiohnen, die der arsfertur dadurch aaf den populus ausübte, dafs er jene opfer darbrachte.^

Dagegen kann ich die von AK. gegebene und von mehreren forschem wiederholte erklärung „circumdederit^ nicht billigen. Erstens lässt sich diese formell nicht recht- fertigen, dederit lautet umbr. terust, dirsust. Daneben scheint aterafust == circumdederit höchst bedenklich; dies bedenken wird durch volsc. sistiatiens = statuerunt kaum entfernt. Im umbr. wird nd zu nn assimiliert, was mir auch nach den bemerkungen Savelsbergs zeitschr. XXI, lOö 108 sicher scheint: anferener d. h. anferenner statt anferender; man erwartet demnach anerust d. h. anne- rust = circumdederit, denn dafs der anlaut des stamm verbs durch einfluss des präiixes geändert werden kann, erhellt z. b. ans andendu» Freilich wird c/e^endti^ duodecim erklärt. Zwei- tens scheint circumdederit für den Zusammenhang unpas- send, aterafust bezeichnet, wie AK. gesehen haben, dieje- nige thätigkeit, welche der arfertur dadurch auf den populus ausAbt, dafs er einen umgang um die grenzen des Stadtgebie- tes hält und dabei die opferthiere um dasselbe führt. Dieselbe thätigkeit wird aber im präs. inf. durch aferumlb 10 = afero VI b 48 =s circumferre, lustrare, im gerundiv durch anferener VI a 19 = circumferendi, lustrandi bezeichnet.

Bei der peinlich genauen ausdrucksweise der iguvi- sehen tafeln wird man fbr dieselbe thätigkeit an allen stel- len dasselbe verbum erwarten müssen. Ich glaube daher, dafs aterafust und aferum sich begrifflich ergänzen wie die lat. Wörter circumtulerit und circumferre, so dafs sie begrifflich als zwei tempora desselben verbs aufzufas- sen sind. Dies lässt sich, wie ich glaube, auch formell rechtfertigen. Der verbalstamm atera setzt zunächst eine grundform anteda, amb-te da voraus. Die neumbr. form andersa^ andirsa ist aus antersa^ antera entstanden, denn nt wird im neuumbr. nd, auch bei composition, z. b. an' dendu = antentu. Der verbalstamm teda ist nach mei- ner vermuthung aus tela geändert und mit lat. la statt tla in latus identisch, welches den stamm fer ergänzt. Am nächsten entspricht umbr. tera statt teda, tela dem

456 Bngge

gr. TsXa in raXa^fAciv tragriemen. Diese vergleiobang wird nicht durch das t von andirsafust widerlegt, vgL isOj isoe, isir, isec gegen den ose. stamm ekso.

Die Wandelung eines inlautenden 1 in d und weiter in r, rs lässt sich auch sonst im umbr. nachweisen, wiewohl dies von Aufrecht zeitschr. I, 278 f. und Corssen ausspracbe ^11, 16 geleugnet ist; vgl. Zeyss zeitschr. XVII, 430 £, Savelsberg zeitschr. XXI, 206. Sichere beispiele scheinen Akerunie, Acersoniem; karetu carsitu; famerias; auch ist wohl richtig arsir von Panzerbieter u. a. = alias ge« deutet. Der Übergang von 1 in d lässt sich ebenfalls im lateinischen nachweisen, vgl. Corssen krit. nachtr. 274 ff^ ausspräche ^ I, 224, und im romanischen, s. Diez ' I, 204«

7. Ose. potiad, potians.

Auf der capuanischen bleiplatte (Bull, nap« n. V, 100, tav. VIII, 1 ; zeitschr. XI, s. 338; Fleckeisens jahrb. 5ter suppl. bd. s. 892; Fabretti 2749) lesen wir z. 7 putians, z. 9 potiad unzweifelhaft in der bedeutung possint, pos- sit. In putians ist V ungenau statt V o geschriebeil.

Den lat. verbalstämmen auf e (der 2. conjugation) entsprechen oscische auf i: ose. likitud = lat. liceto; ose. fati (infin. act. fatium) entspricht dem lat. fatS (inf. depon. fateri); ose. hafiest TBant. 8 (hafiert die tafel), das in nationaler schrifb ^hafiest sein wflrde^ ist habe-bit. Ueberhaupt entspricht ose. i hftufig dem lat. e: ligatois = lat. legatis; ligud aa lege; si» colom^ in der nationalen schrift wahrscheinlich ziikolom (vgl. Corssen zeitschr. XI, 356), formell = *di$onIum; Der verbalstamm poti entspricht daher regelrecht einon lat. stamme pote. pote mächtig sein, vermögen, können ist vom nominalstamme poti vermögend, mächtig abgdei- tet, wie putrere morsch sein von putri, lact0;re niiloh in sich enthalten von lacti. Dafs ein pot€re aach im lat. einst gebraucht wurde, ist aus potens zu folgern^ welches formell nicht particip von possum sein kamu Auch potui ist formell eher perfectum des verlorenen ^potere als aus potis fui mit elidiertem s (Kaho seit*

altitalische Stadien. 457

sehr. IV, 316) eDtstandeo; vgl. Merguet und Pauli zeitschr. XIX, 224 ff. Schon Wolfart in der von Kuhn zeitschr. IV, 314 ff. angezeigten abhandlung über PA-TI, IIO-^SI, PO-TI leitet potens von einem pot^re ab. Er stützt sich auf das romanische. Hier finden wir eine Stammform, die der ose. poti genau entspricht: it. potere, span. port. prov. poder, franz. pouvoir, wlach. puteä. Schon in spätlateinischen Urkunden poteret = posset (vor 750), potemus = possumus (796), podibat = poterat (657), potebat (782); siehe Diez Wörterbuch. Diese formen mögen nach potui und potens neu gebildet sein; das neue spiegelt aber hier, wie so oft, uraltes wieder. Wesent- lich richtig bat schon Huschke (Fleckeisens jahrb. 5. suppl. bd. s. 897) bemerkt: „potians = pos8int und potiad=s possit beweisen, dafs die Oscer dieses verbum nicht wie die Römer aus pot- (verkürzt aus pote) und esse zusam- mensetzten, sondern aus jenem adj. unmittelbar [?] ein ver- bum machten poti- um, welches im lat. nur noch in dem perf. pot-ui (vielleicht auch in potens) hervortritt^. Da- gegen setzt Corssen (zeitschr. XI, 356) poti-um (so, nicht potium, muss es heifsen) dem, wie ich glaube, nur ver- wandten poti-ri gleich. Auch Merguet und Pauli (angef. st.) setzen ose. potians formell = potiant. Hiegegen strei- tet das ose. i. Die verschiedenen lat. verbalclassen (lego, capio, amo, habeo, audio) sind uralt, denn sie finden sich in verwandten europäischen sprachen, namentlich in den germanischen (Lottner zeitschr. VII, 46), genau wieder; es ist daher unwahrscheinlich, dafs das oscische sie nicht scheide. Wenn nun, wie ich oben gezeigt habe, ose. ver- balstämme auf i den lat. auf 6 entsprechen, ist es bedenk- lich i zugleich als classenvocal in denjenigen verben anzu- nehmen, welche wie lat. audio oder wie lat. capio flectiert werden. Dies ist auch darum bedenklich, weil i einen mittellaut zwischen i und e bezeichnet. Nach den formen potimur, potitur, poteretur, poteremur, poteren- tur, potereris, potere, poti (Neue formenlehre d. lat. spr. II, 321) und nach dem skr. patjatä ist es wahrschein- lich, dafs in potior ursprünglich wie in capio i prfisens-

458 Bogg«

erweiteruDg war. Nun bietet ans aber die captuuiische bleiplatte in beriiad die 3. ps. sg. präs. conj. eines Terbs, das mit capio (aus kapjämi) zu derselben olasae gehört, und ich sehe keinen grund, die abweichung zwischen ii (d. h. ij) in beriiad und i in potiad als zufällig zu be- trachten. Freilich stimmt staiet (mit i, nicht i) eo ca- piunt oder audiunt, nicht zu eestint, lat. docent, hier mag aber das i dadurch bewirkt sein, dafs ein vocal unmittelbar vorangeht

8. Ose. beriiad

auf der Capuanischen bleiplatte ist unzweifelhaft conj. prfts. 3. ps. sg. act. Corssen (zeitschr. XI, 344) theilt heri-iad und bemerkt: ,, Diese . . form ist sprachgesohichtlich merk- würdig, weil sie ihre bildungsbestandtheile in der yollen ursprünglichen durchsichtigkeit erhalten hat wie die om- brischen formen aseria-ia = observem . . .^

Es ist aber schon an sich unwahrscheinlich, dais sich hier ein moduselement ia erhalten habe, da die analoges formen deicansj putians, potiad nur a zeigen. Dies ist um so unwahrscheinlicher, als zwei dieser formen sich mit beriiad in derselben inschrifl finden. Corssen nimmt ei- nen stamm heri an; allein man würde doch erwarten mfl^ sen, dafs das i des moduselementes ia nach einem andern 1 am ehesten absorbiert würde.

Ueberhaupt ist ja die erkiftrung des italischen pris. conj. mit dem Charakter a, wonach diese form mit dem griech. Optative auf 117-1/ identisch wäre, jetzt ao^egeben.

Unzweifelhaft ist also in beriiad der moduscharak- ter a, nicht ia. Schon Huschke (Fleckeisens Jahrb. dter suppl. bd. s. 899) hat dies richtig gesehen. Mit unrecht nimmt aber Huschke einen verbalstamm bere an, dessen e vor a in i übergegangen sei. kafiest zeigt, dais man nicht here-st theilen darf, und nach i in potiad mnss man ibl- gern, dafs beriiad nicht der lat. 2. conjugation gehArt.

beriiad gehört derjenigen oonjugationsciasse, welche im lat. durch capio, facio u. s. w., im got. durch hafjs, hlahja u. s. w., im skr. durch harj&mi, kupjami n. s. w.

altitalische Studien. 459

repräsentiert ist. Die wurzel ist her; daran trat prfisens- bildend ein element, dessen ursprüngliche form ia ist. Ebenso erscheint das nominalsufBx, welches skr. ja lautet, im ose. mehrmals in der form iio d. b. ijo: loviia, Mee- likiieis, poiiu, u. s. w.

Auch im umbrischen kommt bei den consonantischen (eig. ä-) Stämmen und den i- (eig. iä-) stammen nirgends ein moduszeichen i a vor. Wir finden auf den iguv. tafeln an 15 stellen 4 verschiedene conjunctivformen des präsens mit dem moduszeichen a von consonantischen stänMnen, an 10 stellen 3 mit a von i-stämmen. Es wäre daher sehr befremdlich, wenn sich in fuia III 1 nach u ein modus- zeichen ia erhalten hätte. Dies ist aber fui-a zu theilen; wir haben darin wie im fut. fui-est einen präsensstamm fui, ursprünglich bhuia, der sich im äol. (fvivj, wahr- scheinlich auch im altir. biu (fio, sum) und in dem damit identischen lat. fio wiederfindet. Diese erklärung ist längst von mir zeitschr. II, 384 und von Schleicher beitr. III, 248 f. gegeben; vgl. Ebel zeitschr. V, 412 f.

Noch ist die bedeutung des ose. heriiad zu bestim- men. Minervini übersetzt „habeat^, Huschke „potiatur^; beide vergleichen alquv^ was natürlich unmöglich ist. Cors- sen übersetzt „capiat^, weil das verbum vom skr. hr aus- gegangen sei. Die wurzel ist dieselbe, allein das oscische verbum entspricht nicht dem skr. harämi nehme, nehme weg, raube. Identisch ist vielmehr ved. har-jä-mi, das immer desiderative bedeutung hat: willig aufiiehmen oder hinnehmen, begehren, wollen (Sonne zeitschr. X, 107 £P.). Damit stimmt es, dafs das verbum im oscischen sonst, wie im umbr., überall velle, nicht capere, bedeutet. Uro die desiderative bedeutung zu bezeichnen, übersetze ich heri- iad in der Capuanischen inschrift capessat.

Der participialstamm herent in Herentateis ver- hält sich zu heriiad wie parens zu pario, got. ha- tands kx^QO(^ zu hatjands fiiamv (Johannes Schmidt zeitschr. XIX, 291). Im fiit. herest fehlt das i des präsens- elementes wie im lat. impf. conj. caperem.

Im umbrischen wird das verbum anders als im ose.

460 Bngge

flectiert. Die meisten formen sind im umbr. nach der so- genannten zweiten conjugation gebildet.

Das umbr. präs. pcp. ist nur in einer ableitang er- halten, nämlich in herinties in der inschrift von Ameria (A. und K. II, 398. I, taf. X d), was Huschke (rbein. mus. n. f. XI 8. 362) und Zeyss (De vocabb. Umbr. fictione m p. 7) richtig als abl. pl. von einem subst. herin tia (oder nach der im lat. sogenannten 5. deolination?) =si volontas fassen. Der participialstamm herint weicht yom lat. ca- pient wie von andient und parent ab, ist dagegen mit docent zu vergleichen; er setzt einen verbalstamm beri voraus, der nach der sogenannten 2. conjug. flectiert wird; vgl. ti^itslat. decet und ose. eestint pr&s. indic. 3. p«- pl. wie lat implent, docent (vgl. zeitschr. IQ, 422).

Damit stimmen andere formen des umbr. yerbs: fut. 1 heriest vgl. habiest und ose. haßest; heris präs. indic. 2. ps. sg., heri 3. ps. (Corssen xeitschr. XI, 348). Dage- gen in pis-her quilibet, eigentlich qui vult, und in ber- ter präs. indic. 3. ps. sg. pass. ist das i irregul&r ansge- dr&ngt, was bei pis-her aus der enklitischen anf&gung za erklären ist (Corssen zeitschr. XI, 349). Dieselbe erklämng lässt sich auf herter, herte, hertiy hertei anwenden, dies ist einmal der form pusme = cui, sonst immer einer conjunctivform nachgestellt.

9. Umbr. euze, onse.

krikatru testre euze habetu TIg.IIb 27; testre euze habetu krikatru TIg.IIb 28 sq. Das wort euse ist noch nicht richtig erklärt, namentlich hat man die na- tur und entstehungsweise der vocalverbindung eu nicht er- kannt. A. u. E. II, 351 haben schon bemerkt, daia testre euze in demselben falle stehen dflrfle, wie deitre onse in MO destre onse fertu TIg. VIb 50. Newroan (transaotions of the philological society 1863. 1864) nimmt eaze ftr dasselbe wort wie onse, was er an8& übersetzt; jedodi schlägt er daneben euze = lat. aure vor.

Dem neuumbr. onse entspricht altambr. uze (niclit euze) genau, n ist vor z wie in azeriatu^anzeriato

altitalische stndien. 461

(A. u. E. I, 97) geschwunden. Nach n wird s im altumbr. in z geändert, menzaru entspricht dem lat. mensarum. Der verbalstamm anzeria, azeria hat in lat. schrift die formen anseria, aseria. Dies ist nicht, wie A. u. K. II, 23 meinen, mit einem präfixe ant zusammengesetzt, denn ant, was im ose. ante bedeutet, scheint hier der bedeutung wegen unpassend. Eher könnte man an an- = avd (vgl. avaaxonido) denken. Das richtige hat aber gewiss Huschke (Iguv. taf. s. 43) gesehen, wenn er am- als präfix nimmt. „Also eigentlich umherbeobachten, weil der beobachter nicht blos vor, sondern auch hinter sich, also überall herum schauen musste. Plutarch Num. 7. 7i£(}isax6nsi xa naqa raiv ßecov oioivoig ?y (Jvfißokoig nQO(paiv6f4Sva^ nav" Td^o(J6 rag oxfjaig TiBQicpiQoav. Auf unseren tafeln steht die- ses compositum auch nur da, wo vom beobachten im gan- zen und vollständigen templum, d. h. sowohl in der postica als in der antica die rede ist; wo das beobachten blos auf einer seite ausgedrückt wird, steht das simplex.^ Das um- brische hat dies präfix, welches dem griech. d(ji(fi ent- spricht, sowohl in einer form mit r: ampr-ehtu, atnbr* etuto^ als ohne r: an-ferener^ a-ferum, a-fero^ a-tera- fust, an-dersafust; ebenso das oscische: amfr-et, am- vianud. In anzeria statt anseria, amseria ist also der Übergang des s in z durch das vorhergehende n be- wirkt. Altumbr. tenzitim wird neumbr. tesedi geschrie- ben. Analog sind die oscischen Schreibungen keenzstur, kenzsor = censtur.

Wenn somit altumbr. uze, nicht euze, dem neuumbr. onse regelrecht entspricht, ist e als eigenes wort von uze zu trennen, e ist Verhältniswort und entspricht dem ose. en, lat. in, gr. ^t^, got. in. Es wird im umbr. zugleich em (z. b. Akeruniam-em) und en (z. b. arvam-en) ge- schrieben; vgl. u. a. Ebel zeitschr. Y, 423; Savelsberg Rhein, mus. 26, s. 373 f., zeitschr. XXI, 98. 111. Wie hier testre . euze statt testre-e uze steht, so ist IIb 12 tafle . epir statt tafle-e pir=:in tabula ignem ge- schrieben. Das Verhältniswort e = in steht zwischen dem adjectivum und dem substantivum, wobei das subst. zuletzt

462 Bugge

steht. Diese Wortstellung kommt bftufig vor: tuver-e ka- pirus IIa 33 (tuve . rekapirus die tafel) == duabus in capidibus; destram-e scapla VI b 49 {destra meicapla die tafel) = dextram in scapulam; todcom'e tuderVI el 10 (tod- cotnetuder die tafel) = urbicum in finem, u. s. w.; ose. exaisc-en ligis ^ hisce in legibus.

Während die ältere abfassung e nach e schreibt: testre-e uze, hat VI b destre onse, nicht destre^e anse. Des Verhältnis ist gerade dasselbe bei rupinie.e Ib 27 gegen rubine VII a 6 (Savelsberg XXI, 100. 111). Es ist schwer zu entscheiden, ob die jüngere abfassung den lo- cativ ohne Verhältniswort hat, oder aber ob destre^ rubine als graphische zusammenziehung statt destre-e, rubine^e zu fassen ist, wie ehesu VI b 54 neben ehe esu in derselben zeile. Das letztere ist mir wahrscheinlicher, weil es der gewöhnlichen Sprachbewegung zuwider läuft, dafs die jün- gere spräche eine präposition entbehre, wo die ältere sie benutzt. Auch soll man nicht ohne noth einen syntakti- schen unterschied zwischen dem altnmbr. und dem neu- umbr. statuieren.

Noch ist die Stammform und die bedeutung von uze^ onse zu bestimmen. A. u. E. II, 352 und Zeyss zeitschr. XX, 130 f. nehmen eine Stammform euza an, welche we- nigstens uza sein müsste. Allein uze, onse kann ebenso- wohl locativ von einem stamme uzo, onso sein, denn vom staaime Fisio wird der locativ Fisie gebildet. AK. ver- muthen, dafs die euza ein theil des krinkatrum gewe- sen sei, und letzteres zwei solcher euza, eine rechte und eine linke, gehabt habe; onse übersetzen sie ansa. Allein, wie Zeyss zeitschr. XX, 131 mit^recht bemerkt, kann „das, wo das cringatrom gehalten wird, die rechte euza [richti- ger: der rechte uzo], der haltenden person zukommen, was um so wahrscheinlicher wird, als an beiden stellen, II b 27 29 und VI b 49 vom cringatrom die rede ist und an beiden stellen, dort die rechte scbulter, hier die rechte euza, wo das cringatrom zu tragen ist, genannt wird.^ Ich fQge hinzu, dais die bedeutung ansa fbr uze nicht passt^ weil man im lat. dexträ ansä, nicht in dextra ansa aliqoid

altitaliflch« Studien. 463

bftbere, ferre, sagt; folglich kann auch anse nichts mit ansa xa thun haben. Bei der erklärnng aus ansa (vgl. fit. 9 sä, altn. 8Bs) erweckt aufserdem u, o bedenken, wel- ches durch binweisnng auf kumnltu, romotttisskumaltu {vf^. lat. commolo?), 8umel = lat. simul (vgl. gr. ofta- io^'), vnfru asB lat. vafro nicht völlig entfernt wird.

Die vergleichung von krikatru testre-e uze ha- bet u mit cringatro hatu^ destram-e scapla anomhimu Iftsst in uze einen mit icapla nahe verwandten begriff ver- nrathen. Diesen erhalten Wir, wenn wir mit Huschke (Iguv. tef. 8. 224) und Savelsberg (zeitschr. XXI, 111) onse als mit lat. um er US, gr. wfiog gleichbedeutend erklären. Cors- sen h&tte dies zeitschr. IX^ 227 nicht als willkürliche an- nähme bezeichnen sollen. Die grundform ist bekanntlich amsa, wie auch der gotische stamm (nur in acc. pl. am- 8 ans bewahrt) lautet; skr. äsa; gr. wfiog statt ofAffo^g, lat. um er US statt omeso-s mit dem hilfsvocal e. Auch f&r das umbrische ist omso als grundform anzusetzen. m wurde dem s accomodiert, wie im umbr. anseria statt 'amseria, lat. consul statt comsol; so entstand onso.

Sowol testre-e uze als destre (desire-e?) onse be- deutet also deztro in umero. Dafs dies in den Zusam- menhang passt, ist schon aus der angefahrten stelle VI b 49 deutlich. Man vergleiche auch äfioig in der beschrei- bong eines römischen festzuges bei Dionys. Halic. VII 72: xsXiVToioi äi navroDV al täv &ewv elxoveg inounevov üfjioig in* avdqäv ^€^o^i'af';]^Paul.^epit. Fest, p, 2 Müll.: Ar- mUlum vas vinariumMn'sacris dictum, quod armo, id est humero, deportetur.

10. Umbr. daetom.

persei tuer perscler easeto esty pesetom est, peretom Ml, froseiom e«f, daeiom^eü TIg. Via 27 f. 37 f. 47 f. VI b 30 f. Das meiste ist hier schon richtig erklärt: va- seto easeiom^ unterlassen, der form nach sssYacatum, pe- seiom = peccatum, frosetom an fraudatum. Von doe- tarn haben schon A. und K. II, 151 richtig bemerkt, da(s ae nicht diphthong sein kann, sondern daitom dreisilbig

464 Bugge

ZU lesen ist. In den verwandten italischen sprachen findet sieb keine Wurzel da, die einen mit peccare, fraudare ver- wandten begriff ausdrückte; dctiio^ welches Lanzi und Huscbke vergleichen, und Sat^w^ woran Newman denkt, liegen fern. Auch würde man von einer wurzel da nach stahitu^ staberen eher dahitom, dahetom erwarten, da wird daher nicht die verbale wurzel sein. Ich theile da- etom. da statt *dad entspricht begrifflich dem lat de. Es lautet ose. dad, was in dadikatted (dedicavit) bewabrt ist; dadikatted steht für daddikatted wie medikei für meddikei. Das oscische wort ist in lat. schrift dai geschrieben TBant. etom von der wurzel e = i gehen, dae- totn ist also gleichsam ein lat. '^de-itum. Ein *de-ire konnte leicht in die bedeutung delinquere fibergehen.

11. Sabell. auiatas.

Die inschrift der sabelK bronzetafel von Rapino be- zieht sich nach der scharfsinnigen deutung Corssens (Zeit- schrift IX, 1 33 f.) auf ein bitt- und sOhnopfer für die mar- ruvische gemeinde, wobei gewisse gegenstände (asignas) in festlichem aufzuge herumgetragen wurden. Den gegenstän- den wird das epithet auiatas beigelegt, was Corssen circum- ve c t ae deutet. Dies scheint mir aus folgenden gründen sehr bedenklich. Ein verburo viäre „auf den weg bringen^ lässt sich in den altitalischen sprachen sonst nicht nachweisen. Aus viäticum ist so wenig mit Corssen ein participialstamm viato als aus rustious ein part-stamm rusto zu fol- gern. Auch sehe ich keinen grund viator von einem tran- sitiven viare abzuleiten. Zusammenhang mit ose. veia (statt vehja) == plaustrum ist des vocales wegen wenig wahrscheinlich. Auch ist circumvectae ferantur ein auffallender ausdruck ftlr circumvehuntur. Dabei ist zugleich ein syntactisches bedenken. Corssen versteht auiatas von einer mit ferenter gleichzeitigen handlung, abo in der bedeutung eines pcp. praes. pass. Im lateini- nischen ist es aber selten, dals ein pcp. perf. pass. in der bedeutung eines pcp. praes. gebraucht wird, wenn die

altitalische Studien. 465

banpthandlung dem tempus praesens angehört (melior est oerta pax quam sperata victoria); in anderen italischen sprachen habe ich dies gar nicht gefunden. Ich schlage daher eine andere erklärung vor.

Nach meiner vermuthung bedeutet auiatas redimi- tae oder vittatae: auiatas statt amuiatas^ amfuiatas^ wie auch Corssen annimmt, mit *amf^ nucfi zusammengesetzt. Der verbalstamm uia verhält sich zum lat. vie-re binden, flechten (viere coroUam Enn.), wie ose. censa-um (da- neben freilich censto) zum lat. cense-re, iat. deusare za densSre (Neue II, 331), ahd. manö-n zum lat. mo- nö-re, vielleicht ose. trib-araka-vum zum lat. arce-re. Dafs redimitae oder vittatae in den Zusammenhang passt, brauche ich wohl nicht zu beweisen.

12. Sabell. uenalinam.

Auf der tafel von Rapino hat Corssen mit recht ei- tuam amatens uenalinam als den letzten hauptsatz erkannt. Er Qbersetzt: pecuniam intulerunt venaliciam, worin er folgenden sinn sucht: das geld zum ankauf fQr alles zum opfer und festzuge der Jovia nöthige hat die ge- meinde Marouca aufgebracht (zeitschr. IX, 159). Diese deatong des sabell. uenalinam ist mir unwahrscheinlich. Erstens der bedeutung wegen. Es ist mir unbekannt, dafs lat. pecunia venalicia, wie Corssen s. 153 sagt, „kauf- geld^ oder eine kaufsumme bedeute, venalicius heifst ja verkäuflich, zum verkauf gehörig, venalicium ver- kaafszoU. Die Übersetzung „kaufgeld^ lässt sich fQr das sabellische wort durch das lat. nicht stützen. Auch die form spricht gegen die deutung Corssens. Der lat. stamm veno ist aus vesno=skr. vasna entstanden. Allein im ose., umbr., sabell. schwindet inlautendes s nicht vor n und m: ose. casnar, vgl. lat. canus; ose. fiisno, umbr. fesnafe; umbr. ahesnes = lat. ahenis; umbr. pusme; ambr. esmei, sabell. esmen; umbr. ^ersna = lat. cena (die von Fest. p. 338 sq. überlieferte sabell. form scensa scheint nicht ganz richtig). Hiernach muss der lat. wort- stamm väno im sabell. vesno, nicht veno, lauten.

Zeitschr. t vgL sprachf. XXn. 6. 30

466 Bagge, altitalische Stadien.

Ich vermuthe, dafs der adjectiTstamm uenalino von eiDem snbstantivum abgeleitet ist, das dem lat vinalia entspricht. Freilich wird vino wie im lat. so auch im umbr. und volsc. mit t geschrieben ; allein dies kann meine vermuthung nicht widerlegen, denn die tafel von Rapino hat aneh regen[a]i=i lat. regina. eitua uenalina wird ^^das zur abhaltung der Vinalia bestimmte geld^ bedeuten. Sowohl die ländlichen Vinalien am 19. august, das eigent- liche weinlesefest, als die sogenannten Vinalia priora am 23. dpril, wo man den jungen wein zuerst kostete, waren in Latium dem Jupiter und der Venus geweiht. Siehe Preller röm. myth 174. 388. Nun gilt das sQhnfest un- serer tafel einer mit Jupiter verbundenen und nach ihm benannten göttin Jovia, und bei den Römern hatte Venus den Zunamen Jovia (Orelli 2487). Wir dürfen daher ver- muthen, dafs die Vinalien bei den Marrucinern eben der- jenigen mit Jupiter verbundenen Jovia geweiht waren, der das sühnfest gilt. Man scheint beschlossen zu haben, dafs zu demjenigen s'^hnopfer, welches durch aisos pacris be- zeichnet ist, aus dem tempelschatze das zur abhaltung der Vinalien bestimmte geld genommen werden sollte. Als sub- jecte für amatens müssen diejenigen gedacht werden, welche das bestimmungsrecht haben. Wenn ich uenalinam richtig gedeutet habe, kann amatens nicht wohl, wie Corssen zeit- schr. IX, 153 f. vermuthet, intulerunt „sie haben ein- gezahlt^ bedeuten. Die bedeutung und entstehung des verbs lässt sich kaum sicher bestimmen. Hypothesen halte ich hier zurück.

(Fortsetzung folgt.)

Christiania.

Sopbus Bugge.

Leo Meyer, " Au avai, am;, a^ip, Im/iaw» 467

^'Afitvaiy azog, ädrjv, icSfiev. {äSog. adtjoeiev. aÖrixoteg.)

Das homerische äsiv oder, um es in einer wirklich belegten form anzuführen, auspai „sättigen** (Dias 21, 70) wird gewöhnlich mit dem altindischen av „sich sättigen**; «woblthun, sättigen**: ävati „er sättigt sich; „er thut wohl, er sättigt** zusammengestellt, so zum Beispiel auch in dem Böhtlingk-Rothschen sanskritwörterbuch, das doch sonst mit etymologischen Zusammenstellungen aus den verwand- ten sprachen überhaupt nur sehr sparsam ist. Auf den ersten flüchtigen blick hat diese combination entschieden auch etwas sehr ansprechendes: ist doch das alte v für das griechische nur ein sehr schwacher, ein früh ganz er- loschener laut Auch Georg Curtius (seite 390) erklärt, dafs er ihr beistimmen würde, wenn nicht ein paar latei- niscbe Wörter andere wege empfohlen.

Christ handelt in seinen grundzügen der griechischen laatlehre auf seite 265 über jenes homerische verbum in gleichem Zusammenhang. Er sagt, dafs im infinitiv 'a^e- vai^ im futur 'dauv und im aorist atsa bei Homer das a * wie in ari] zur compensation des ausgefallenen ^ verlän- gert sei: *&xri aber entstand nach ausdrängung des inne- ren^ von ofaTTi mittels zusammenziehung von a+a, und da weder aöa aus äaaa {äfttaa\ noch 'dauv aus adauv {ofaCHv)^ noch 'äfisvat aus ddfjievai {ccfccfASvai) entstanden sein kann, so bietet uns Christ eine ganz missrathene ana- logie. Er giebt gleich darauf 'dfÄSvai als aus äffÄSvai ent- standen an und etwas später aöörjv und aötjv mit assimi- lation oder ausfall des ^ als aus a^8r}v hervorgegangen, während unseres erachtens nach griechischen lautverhält- nissen aus altem qffievccL nur aijfitvai und aus d^Srjv nur avStjf» sich hätten bilden können.

Wie die griechischen futur- und ihnen äulserlich zu- nächst stehenden aoristformen von verbal wurzeln auf/* ge- bildet werden^ ist allbekannt und bedarf keiner eingehen- deren ausführung. Doch mögen ein paar homerische bei- spiele angefahrt sein. Neben homerischem d-ifu „er läuft**

30*

468 Leo Meyer

(Ilias 13, 141 und 22, 192) begegnen die futurformen ^«v- (Jsa&ai „laufen" (Ilias 11,701), &evasai> „du wirst laufen" (Ilias 23, 623) und ^vp^evasTai „er wird glücklich ablau- fen" (Odyssee 20, 245); neben 'dnlsjrov „ich schifile" (Ilias 3, 444) begegnen die futurformen nlevaeaß's „ihr werdet schiffen" (Odyssee 12, 25) und dvaTtXeiaea&ai „hinauf schiffen" (Ilias 11,22); neben nvifsi „er weht" (Odyssee 5, 469) begegnen zahlreiche aoristformen, wie ccfAnvBvdai „aufathmen^ (Ilias 16, 111), ävinvsvaav „sie athmeten auf^ (Ilias 11, 382 und 16, 302), kvinvsvasv „er blies ein" (Ilias 17,456; Odyssee 9,381; 19, 138) und andere. Von dem so häufigen pi^eiv „fliefsen" begegnen die fraglichen aorist- und iuturformen bei Homer nicht; wohl aber sind die von xlaifsiv (aus xkdjjeiv) „weinen, klagen", dessen wurzel- form sich auch aus äxXavtog „unbeweint" (Utas 22, 386 und sonst) und xXavd-fAog „das weinen, wehklagen*^ (Ilias 24,717 und sonst) nur als y.Xof ergiebt, noch hieber zu ziehen, wie xlavaag „klagend" (Ilias 24, 48), xXavG^v (Odyssee 3, 261), xXavo^ „er klagte (Odyssee 24, 293) und ^ ^^TaxXavcEö&m „hinterdrein klagen" (Ilias 11, 764). Auch die aoristform XQ^^O »^'' 8^*^ *^°» ^^ verwundete" (Ilias . 5, 138) ist hier noch anzuführen, da sie sich unmittelbar stellt zu den präsentischen l^pcefs „er griff an, er be- drängte, er bemühte sich" (Ilias 21,369; Odyssee 5, 396; 10, 64), kxQofSTe „ihr bestrebtet euch" (Odyssee 21, 69) und knixQccfov „sie griffen an, sie bestürmten" (Ilias 16, 352; 356; Odyssee 2,50).

Es könnten also zu einem dem altindischen av ent- sprechenden vermeintlichen homerischen äfuv das futur nur aüösiv (medial avastJ&ai) und der aorist nur avam lauten: die wirklich vorkommenden aber lauten ganz an- ders. Stellen wir zunächst die verbalformen, die von 'äuevcci „sättigen" bei Homer vorkommen, sftmmtlich zu- sammen :

HöTTj ^ufiivti XQ^^S äfxBvai ävSgofiiovo „(der Speer) stand verlangend sich in menschenblut zu sättigen" Ilias 21, 70;

Afiivcut ajo^t iSriVf k^fuv. 469

atSHV iv Tgoirj raxifccg TLivaq a^yixi Sri^^ ^schnelle hande in Troe sättigen mit weifsem fett^ Ilias 11,818;

äoBifäe xkav&fiolo „sättiget euch des weinens'' Ilias 24, 717;

aifiarog aCai jiqtifu „den Ares mit blut sättigen^ Ilias 5, 289 = 20, 78 = 22, 267;

hv ycciffj iatavTOy hXaiofABPai xQ^og aaccc „(die Speere) standen in der erde, verlangend sich im fleische zu sätti- gen« Ilias 11,574 = 15,317;

nsifJovrai (AV&oiai^ yofoio (Aiv itsxi xai adai „den wor ten werden sie folgen; man kann auch des Jammers sich s&ttigen'' Ilias 23, 157;

yaipy ii/eatrJQiXTOj Xilaiofiivrj XQ^^S ccaai „(die lanze) stand fest in der erde, verlangend sich im fleische zu sät- Ugen"« Ilias 21, 168;

ä^ylnodag xvvag aaai „die schnellföfsigen hunde sät- tigen«" Sias 24,211;

oxpov T* äcaifAi ngorafiütp „ich sättige dich mit fleisch, es zerschneidend^ Ilias 9, 489;

navToiov Sgofiov äcij „(nachdem er die rosse) an man- cherlei lauf gesättigt"" Ilias 18, 281;

äaaa&at ipiXov t^toq „zu sättigen meinen leib (mit Speise und trank)« Ilias 19, 307.

Aus all den hier entgegentretenden verbalformen er- giebt sich durchaus keine auf /* ausgehende verbale grund- form, sondern einzig und allein eine auf reinen vocal. Auf der anderen seite aber ergiebt sich aus den angeführten stellen auch ganz deutlich, dafs das verbum ä^tavai „sät- tigen« bei Homer nur rein vocalisch und nicht etwa mit ^ anlautet, also überhaupt kein ^ enthalten kann.

Das letztere ist noch von Wichtigkeit filr ein homeri- sches wort, das das urtheil aller und ohne zweifei mit vol- lem recht auch zu äfievai gestellt hat, nämlich aro^, das überall, wo es vorkommt, die bedeutung „unersättlich« (zunächst „ungesättigt«) nicht verkennen lässt. Warum aber heifst es nicht ävarogy da nach dem oben ausgeführ- ten an ein etwaiges ofaxog^ worin also durch das ^ der sonst nothwendige nasal würde ferngehalten sein, doch

470 Leo Meyer

durchaus nicht zu denken ist? Es muss ein anderer con- sonant als j: ausgedrängt sein, und das kann kein anderer als der so oft verdrängte und doch noch in manchen nach- wirkungen erkennbare Zischlaut gewesen sein. Ganz wie axmvoq ,,schlaflos« Ilias 9,325; Odyssee 19,340; 9,404; 10,84; 19, 591) für ein altes ätwnvog steht, dem altindi- schen asvapnä- „schlaflos^ genau entsprechend, entstand arog aus einem alten adaxog und steht also zunächst f&r äarog. Diese letztere form aber ist wahrscheinlich allein die echt homerische, da eine contraction des sogenannten a privativum mit folgendem vocal in der homerischen spräche durchaus unerhört ist. Das ä von aiog steht jedesmal in der verssenkung, so dals also überall äarog leicht her- zustellen ist: es gehört jedesmal dem vierten versfufse an. Wir geben die stellen wieder vollständig:

yJotig äarog TiToUfioio „Ares des krieges unersättlich^ Dias 5,388; 863; 6,203;

dinjQ äarog nrokeuoio „ein mann des krieges uner- sättlich" Ilias 13,746;

fiäxrjg äarov tibq hovra „des kampfes unersättlich^ Ilias 22, 218;

SoXwv aar ^ r^di novoio „in listen und arbeit unersätt- lich« Ilias 11,430;

Soltav äar\ ovx äg' HfiBlXBg „in listen unersättlicher, du wolltest nicht . . .^ Odyssee 13, 293.

Auch bei H^siodos begegnet das wort zweimal, jedes- mal auch im vierten versfufs, nämlich im Schild des He- rakles, vers 59:

^();;i/ arov TioXifioiOj wo man also auch äarov wird zu schreiben haben, und in der Theogdbie vers 714, wo alle ausgaben unversehrtes äarog lesen:

Korrog re Bgtäijmg t6 Tyrig r' äarog TtoXifAOio,

Für die griechische spräche ergiebt sich also deutlich eine verbalgrundform ä „sättigen«, die aus altem sa her- vorging. Daran aber schliefsen sich sehr deutlich gar mäbche formen aus den verwandten sprachen; aus dem la- teinischen saturo- „satt«, satiäre „sättigett«, satiät- und satie-, f. „Sättigung, sattsein« und die lidverbien sattmd

"Afiivai, atoif d(hi¥y lüifitv. 471

satis 9)geoQg, sattsam^ mit dem comparativ satius ^bes- 86r,' dienlicher^; aus dem litauischen sötus ^satt^, das männliche sötas ^sättigung^ und das weibliche sötis „Sät- tigung^; aus dem altbulgarischen sytü „satt^ und das weibliche syti „Sättigung^; aus dem gotischen söpa-, m. jiSftttigung^ (nur Eolosser 2, 23 im dativ sö;a), gasöp- Jan „s&ttigen^ und sada- „satt^. Das letztere, unser satt, stimmt mit dem aus dem homerischen äarog „uner- alttlich^ zu entnehmenden drog „gesättigt^ genau Qberein, so dais also das im mittelhochdeutschen Wörterbuch aus Nikolaus von Jeroschin (vers 8748) beigebrachte un-sat ,nicht satt^ sich mit äavog vollständig deckt. Fick giebt die Wörtergruppe, aus der übrigens das got. sapan söp „satt sein^ als blos gemuthmafstes wort zu tilgen ist, auf Seite 401 und hat weit von ihr getrennt (seite 17) das griechische äat „er sättigt^^ das er noch in alter weise ab äfai ansetzt und zum altindischen av „sich sätti- gen, sättigen^ stellt. Was sonst schon an froheren an- sichten über 'dfievai und die zugehörenden formen ausge- sprochen ist, mag fbr dieses mal völlig unberücksichtigt bleiben, nur wollen wir hervorzuheben nicht unterlassen, dais auch Georg Curtius seite 390 denselben Zusammen- hang ausspricht, der sich uns als den einzig richtigen er- geben hat. AuTser im griechischen zeigen^ wie es scheint, die zugehörigen formen der europäischen verwandten sprachen sämmtlieh ein den dental enthaltendes suffixales element, weiter hinaus gehören aber wohl noch die altindi- schen und insbesondere vedischen a-sinvä- und a-sin- ▼ant- „unersättlich^ zur Verwandtschaft, in denen die in- neren i aus altem a geschwächt und die nv suffixal sind. An griechischen formen schliefst sich eng an 'duevai, noch das adverbielle äStjV „hinlänglich, genügt das in mei- nem aufsatz über die homerischen verbaladverbia auf Öt^v, Sov und 8a (im sechsten bände dieser Zeitschrift, seite 287—309 und seite 368—382) als auch zu ihnen gehörig noch nicht erkannt wurde. Es begegnet bei Homer in fol- genden stellen, die wir genau nach Bekker geben:

472 Leo Meyer

tnncüv (peiSofiBVog, /t?J f^oi Ssvoiaro cpoQßijg ävSgwv jreikofAevwv^ eifdo-d-oTeg 'iÖ^Bvai, äStjv „die rosse schonend, dafs sie mir nicht im gedränge der männer der nahrung entbehrten, gewohnt reichlich zu essen ^

Ilias 5, 203 ;„ , ,

ot fjLiv äSt]v kXocoai xai ^aövfievov nvokifioio „die wer- den ihn genug bedrängen, wie sehr er auch zum kämpfe daherstörmf Ilias 13, 315;

ov* hi^u) TiQLV T()Mag ccdt}v iXaöai TiroXifAOto „nicht eher werde ich aufhören, als ich die Troer genug im kämpfe bedränget« Ilias 19, 423 ;

dk?/ hl fAYiv uiv (pi]fAi ädr^v hXdav xaxortjtog „aber ich denke ihn noch genug in leid umherzutreiben^ Odys- see 5, 290.

Bekker schwankt also zwischen aSi^v^ falls dieses (Ilias 13, 315) nicht auf einem blofsen druckfehler beruht, und äSt^v, Auffällig ist, wie an der zuerst angeführten stelle (Ilias 5, 203) cedijv mit gedehntem a vor seinem suffix ge- braucht erscheint, wie sichs sonst in keiner der homeri- schen adverbialformen auf d/;r findet. Da dieses sufiix, wie ich in meiner grammatik (2, seite 389) ausgeführt, auf älteres Öitjv zurückführt, so darf man den grund jener vocaldehnung möglicher weise noch in einer nachwirknng des verdrängten i sehen, ganz gewiss aber ist nicht an ein durch assimilation entstandenes etwaiges ädöt^v zu denken, wie doch von manchen geschrieben worden ist. Die Ver- schiedenheit im gebrauch des hauchzeichens in bezog auf das adverbielle äätjv und die früher betrachteten verbal- formen, wie 'dfiBvat^ äasiv^ d(fm hat ohne zweifei keinen tieferen grund, wie ähnliches schwanken im griechischen auch sonst nicht selten ist. Das etymologische zusammen- gehören der aufgeführten formen, die doch immer nur eine kleine wörtergruppe bildeten, wie ihr tieferer etymologi- scher Zusammenhang überhaupt wurde wohl schon früh verkannt.

An und für sich ist entschieden auch f&r die frag- lichen verbalformen ein alter harter hauch wahrscheinlicher und so hat er sich in einer noch unmittelbar zugehörigen

Aftivcu^ aio^y adriVf lafii¥. 473

ganz vereinzelten conjunctivform, die wir nicht unberück- sichtigt lassen dürfen, in der tradition auch erhalten. Wir finden sie in dem versschluss

knd X ifSfÄBV TiToXifioio ^nachdem wir uns des kampfes ges&ttigt«" Sias 19,402,

wo freilich andere auch wieder x' hüfjLhv lesen. Dafs die form unrichtig überliefert ist, macht schon die für die ho- merische spräche überhaupt höchst bedenkliche synizese wahrscheinlich, mit der sie zu lesen ist, insbesondere aber ist gerade eine reihe mit synizese zu lesender conjuncti- ▼ischer formen der ersten pluralperson in unserem homeri- schen text ganz offenbar unrichtig überliefert. So steht Odyssee 24, 485 hhjaiv ß^iwfxBv falsch statt HxXijaiv d'io' (itv^ wie auch Ahrens schon in seiner homerischen formen- iehre 76, anmerkung 2) bemerkt hat. Weiter sind zu nennen aritö^ev Ilias 11,348 = 22,231, wo zu lesen sein wird ardoiABv; ximuev Odyssee 22, 216, wo 'axcioubv wird herzustellen sein, und qj&iwjABv Odyssee 16, 383, wo der ▼ers schon die contrahirte form (pd-wfABv (aus (p^dofiEv) ▼erlangt. Die contraction der inneren vocale fand auch statt in dem versschliefsenden Ttsigrj&wfAsv Ilias 22, 381 und Odyssee 8,100, wo die ausgaben das mifsrathene nei' (}fj^s(oiA,6v bieten, neben dem doch zum beispiel Ilias 24, 53 das belehrende vBfAsacijd'siofisv mit kurzem conjunctivi- scbem o erhalten blieb. In dem versschluss kvi ftsycegoiat (piXicofüBV Odyssee 8, 42 wird ohne synizese zu lesen sein ivl (AByciQoiQ q^üiwfABVy wenn auch, wie Gerland im neun- ten bände dieser Zeitschrift (seite 36 bis 50) nachgewiesen, in den weitaus meisten fällen die verkürzte form des plu- ralen dativs auf oig vor folgenden vocalen sich findet. Sehr auffällig ist das zweisilbig zu leseude huifABv in dem vers- beginn dlV k(ouBv fiiv „aber lassen wir ihn^ Ilias 10, 344: diese aus vollem kjrouniBv^ ijrdcoftBv zusammengedrängte form ist nicht minder bedenklich als das einsilbige (aus vollem ic-aa? i^^*0 ^^a versschluss tqbIv fA * ow kq IlaXXdg 'Affrjvi] „zittern lässt mich nicht Pallas Athene^ Ilias 5, 256 und das einsilbige Ha (aus vollem l^crc) in dem vers-

474 Leo Meyer

beginn ovx ia ^emifASvai „nicht Hefa er sprechen^ Odys- see 23, 77, den man vielleicht lesen darf uix alfa ^Bineiv. Wenden wir diese erwägungen auf jenes erstgenannte icHfiBv an, so wird deutlich, dafs diese dreivocalige form in ihrer zweisilbigkeit ihr sehr bedenkliches hat. Zu einem homerischen präsens äw {äoj) „ich sättige^ könnte die con- junctivische erste pluralperson nur lauten ä(a/Ä%v (äwiiiev) oder contrahirt wfxBP (dafiBv)^ wie zum beispiel anoxQtaniJ* uBv „lasst uns abwenden^ Ilias 20, 119 fQr altes anoTgitt^ Ttdwfiev steht, und so halten wir in der that f&r möglich, dafs Ilias 19,402 zu lesen ist inei x ^f^^v nrolifioio. Vielleicht aber hat die dreivocaligkeit des überlieferten iuiftav auch ihre berechtigung, und es ist nur ein alter kur- zer conjunctivvocal in ihr verkannt, wie wir deren aufser im eben bereits angeführten ve/ABaajj&eiofABP zum beispiel noch haben in to/ABp ylasst uns gehen^ (Ilias 2, 440; 6, 526 und sonst), yvotofiBv „wir wollen kennen lernen^ (Odyssee

16, 304), ScüOfiBv „wir wollen geben •^ (Ilias 7, 299), t^r/o- fABv (in den ausgaben ^BiofiBv) „wir wollen legen^ (Ilias 1, 143), xara'ßtjofÄBv {-ßBiofABv in den ausgaben) „wir wollen hinabgehen (Ilias 10, 97), otfiofABv {ctBiofiBv in den ausgaben) „lasst uns stehen^ (Ilias 15, 297). Dann wäre zu schreiben kuBi X ' cioiiBv TtToXiuoio^ und darin könnte eine alte aoristi. sehe, das ist unmittelbar aus der wurzel gebildete, conjunc- tivform bewahrt sein. Vielleicht dürfen wir sie auch eine präsentische nennen: denn es ist hervorzuheben, dafs wir über die homerische präsensbildung zur wurzelform a (a) „sättigen^ durchaus noch nicht im klaren sind. An sieber präsentischen formen davon bietet die homerische spräche keine einzige, da ja auch der infinitiv 'A^iBvai (Ilias 21, 70) möglicher weise ein aoristischer ist und vielleicht nur aus metrischen gründen gedehntes a enthält. Gemeiniglich sieht man ihn als aus einem älteren akfiBvai contrahirt an: in unserem homerischen tezt aber begegnet sonst kein einzi- ger infinitiv auf ^Bvai mit einem diesem suffiz vorausgehen- den langen a. Kurzes^ a vor dem fraglichen infinitivsufifiz begegnet öfter, wie in xtafABvai „tödten^ (Ilias 5, 301 ss

17, 8; Odyssee 10, 295); ovrduBvai „verwunden^ (Odyssee

Aftnai^ aioc, udifVi imfiw. 475

9,301; 19, 449); ioxdfuvai „stehen'' (Ilias 10,480; 11, 410; 13, 56); re&vdf4Bvai „todt sein'' (Ilias 24, 225); sonst ist fi nicht selten, wie in ßrifiivai „schreiten'' (Odyssee 8, 518; 14,327=19,296); ax^utvai „stehen (Ilias 17, 167; 22, 253; Odyssee 5, 414); ^vf^-ßkrj^svai „zusammentreffen" (Ilias 21,578); dftjftBvai „wehen" (Ilias 23,214; Odyssee 3, 176); yqftjfASvai „klagen" (Dias 14, 502); neiviiuepai „hungern" (Odyssee 20, 137).

Eine beachtenswerthe präsentische und zwar mediale form XU a {a) „sättigen" findet sich noch bei Hesiodos, im Schild des Herakles, vers 101:

fl fAfjv xal XQccTSQog nsQ k(ov daxai nokifioio „gewiss er wird, wie stark er auch ist, des krieges satt haben". Das äataiy das sich hier findet, ist mit seinen a + a sehr anflUlig und diese vocalisation auch schwerlich richtig. Früher wird man die sogenannte vocaldistraction oder diä- rese darin gefunden, es also ungeschickt zunächst aus ei- nem atcu erklärt haben. Dies aber mflsste dann aus aara^ hervorgegangen sein. Wurde darin das anlautende d nur ans metrischem gründe gedehnt, so konnte sich aber un- möglich noch durch vocalassimilation ein weiteres 'äarai daraus bilden. Ganz undenkbar ist indess auch nicht, dafs im ganzen präsens zu d {d) „sättigen" ein gedehntes a sich festsetzte und dann auch ein mediales aerai galt, aus dem mit vocalassimilation das 'äarai sich wohl hätte bil- den können. Oder ist in der hesiodischen stelle dtai zu lesen und diese form durch unmittelbaren antritt der per- sonalendung an eine langvocalige wurzelform gebildet? Aoch diese präsentische bildung, bemerkten wir bereits oben, wäre bei den im Homer erhaltenen formen denkbar.

Noch drängt sich die unbequeme frage zu, ob zu der angestellten wurzelform d (cr) = sa „sättigen" nicht auch noch ein paar homerische formen mit innerem d gehören, n&mlioh aSog „Qberfluss" und mehrere verbalformen, die anf ein präsentisches däelv oder etwa auch dSdv zu weisen scheinen und auf die bedeutung „überdrüssig werden" zu- rfickkommen. Immanuel Bekker schreibt die formen mit aalantendem ^. Damit wOrde die frage im ablehnenden

476 Leo Heyer

sinne entschieden sein. Aber es bleibt za prüfen, ob er recht hat. Wir geben die in frage kommenden stellen wie- der vollständig und zwar, wie gewöhnlich, aus dem Bekker- sehen text:

tdfivoov äevSpea jAaxgdj fddog xi fitv ixbto d-vuov „lange bäume fällend, und unlust drang in seine seele^ Ilias 1 1 , 88. Aristarch und Herodian schrieben aSoq^ die meisten neueren ausgaben geben ädoq. Da in sämmtlichen zugehörigen verbalformen, auch einer augmentlosen aorist- form, das a gedehnt auftritt, so drängt sich die vermuthung auf, dafs statt des ädog nur ein ddoq bestehen könne, wie zum beispiel auch Faesi schreibt mit dem natürlich vor- ausgehenden apostrophirten fAccxQ\ Das eine oder andere würde fQr oder gegen digamma bestimmt entscheiden, wie die noch zu nennenden sechs stellen mit den zugehörigen verbalformen nicht so sicher thun, da in ihnen dem anlau- tenden a jedesmal ein dativisches -(p vorausgeht, das nicht so bedenklichen hiatus bildet, als er -f- a: sie lauten bei Bekker:

Ssinvq) ^aätjauBP „(dafs nicht der gast) des mahles überdrüssig würde^ Odyssee 1, 134;

vvxra (fvlaaaifjtevai ^ xafidT(p ^aStjxütsg alv^ 9^i^ nacht wachen, der schrecklichen arbeit überdrüssig^ Ilias 10, 312 = 399;

fii^ toi fiiv xapidvcp j^aStjxoTBg rjäi xal V7iv<p „ob sie vielleicht von arbeit und schlaf erschöpft^ Ilias 10, 98;

og Q * itaQovg xaf^ccTcp ^aärjxorag r^Si xal vJivtp )}der du die von arbeit und ischlaf erschöpften gefährten^ Odys- see 12,281;

0% S' Bvdov xafidT(p ^aSijxÖTBg „sie schliefen von ar- beit erschöpft«" Ilias 10, 471.

Die participiellen perfectformen jräSrixoTtg und jrädrj^ xovag sind durch ihren mangel der reduplication, wie er im griechischen sehr ungewöhnlich ist, besonders beach- tenswerth. Dafs die alte reduplication etwa im gedehnten ä versteckt sei (^cedrjxoreg aus aatfaStixoTsg??) ^ darf man nicht denken, da auch die alte aoristform j:ädijff€uv ge- dehntes ä hat. Weitere entscheidung über die etymologie

"Afitvai^ aroq, ol^ijr, fSfitv. 477

der Wörter aber wage ich noch nicht. Bei annähme des anlautenden ^ tritt mir aus den verwandten sprachen nichts entgegen, das hinzugehören könnte. An einen begrifflichen Zusammenhang mit 'dpiBvai ^ sättigen^ zu denken, scheint mir nicht unmöglich, aber es zwingt auch nichts dazu. Jedenfalls dürfte nicht an einen unmittelbaren anschluss an das mit dem suffixalen Sr^v gebildete adverbielle äSriv jiSattsam, genügt gedacht werden.

Dorpat, den 16. [4.] april 1874.

Leo Meyer.

Zur dvandva-zusammensetzung.

Im anschluss an das in dieser Zeitschrift bd. XXII, 8. 14 bemerkte, theile ich noch einige dem vulgärgriechi- schen angehörige dvandva im plural des neutrum mit, die ich Sophocles Glossary of later and Byzantine Greek Cambridge 1860 p. 87 entnehme, wo er sagt: in Byzan- tine Greek, Compounds are sometimes formed according to the following examples : d^iv-ogvyia for a^ivai xal ofyuyira ; ywaixO'Tiaiöa for yvvaixeg xal natdia; öafAaaxriv - aniSo- fiTjXa for Saudaxrjva xal dmäia xal uijka; fArjXo-xvdoivia (äpfel und quitten); noöoxi(faXa (ftifse und köpf); tmoxa* lAiöO'ßgdxta for vnoxdfiiaa xal ßgaxia, Words of this de- scription are very common in modern Greek; as avxoxd- QvSa for avxa xal xaovSia*) Auf dvandva beruhen auch die beiden adjectiva, die Du Gange bietet: dgro-'TVQiavog ronog sie dictus Constantinopoli locus, ubi et panes et casei ve- nmn exponebantur, und dgro-rygirag haeretici sie dicti, quod panem et caseum suis ipsorum sacramentis adhibe- rent; dagegen gehören zu den a. a. o. s. 24 erörterten bil- düngen ana&aQO'XovßixovXdgiog bezeichnung f&r ^in amt (spatbarius simul et cubicularius DO.) und (Snad-o-^d^ai^ gov bezeichnung fQr eine waffe (DO. gloss. med. lat. 1710

*) avdgoyvvov eheputr kann ich jetzt noch nachweisen ans ApoUon. Tjr, ▼. 627. S19. *HfiniQtoq xal Magyciqwva 26. A*t9-a^o-jua^/a^oj^ Flor. 1807.

478 Gnstav Mejer, zur dvandvanstuammenBetziing.

II 1013), das an ^icpo-^dxciiQa erionert und nur im ge- schlecht abweicht.

Ferner verdanke ich einer mittheilung meines freundes Julius Zupitza in Wien die nachweisung eines unzweifel- haften angelsächsischen dvandvacompositums. Be6wulf 1162 ff.: cwom Wealhpe6 forifT gän under gyld- num beäge, [ aer pft gödan twegen saeton, suh- tergefäderan.

Da kam Wealhpeö vorwärts zu gehen unter golde- nem ringschmuck, wo die guten zwei safsen, neffe und oheim. und WidsW 45 f. :

Hrotfwulf and HroÖ'gär heöldon lengest sibbe ätsomne, suhtorfädran.

Hr. und Hr. hielten die längste zeit freundschaft zusammen, neffe und oheim.

Also suhterge-fäderan (so ist wohl zu trennen, nicht, wie Grein thut, snhter-gefäderan) und suhtor- fädran = suhterga (suhtriga, suhtria neffe) and fftdera (oheim). Vgl. was Abraham zu Loth (Genesis 1900 f.) sagt:

Ic eom fädera ptn sibgebyrdum, mtn

suhterga.

Ich bin dein oheim der Verwandtschaft nach, du

mein neffe.

Zweifelhaft ist ein zweites beispiel. Bugge fasst näm- lich (Tidskrift for Philologi Vm 44 f., Zachers Zeitschrift IV 193) im Beow. 84 ätf'umswerian als „dem eidam und schwäher^ (cf. Julian. 65 sweor and ätf'um sohwfther und eidam). Indessen die ganze stelle ist verdorben.

Gotha im april 1874. Gustav Meyer.

Ediscellen.

1) Slavodeutsch kräsa färbe, glänz, Schönheit, rühm. An. hrös n. rühm, lob entspricht genau ksl. krasa f. venustas, pulchritudo, lit. krosas m. färbe, farbestoff, f&rbe-

Miscellen. 479

kraut. Die .bedeutungsentwicklung ergiebt sich so natfir- lich, dass an der identität dieser Wörter nicht zu zweifeln ist. Sie wird aufserdem erwiesen durch an. hr6sa (atfa) sich röbmen (hroesni übermuth, prahlerei) ss ksl. kra- siti Omare, krasiti sq laetari, superbire.

2) Slavodeutsch garsa das tönen. An. kurr m. ge- murniel, geröcbt (st. kurra-) = lit. garsas m. ton, stimme s=s ksl. glasü m. ton, vgl. lat. garr-Ire schwatzen, lärmen (vgl. Fick ^ s. 356).

3) Slavodeutsch trand schwellen. Mhd. drinde, drant schwellen, vgl. ags. (ä-)prunden = mhd. (zu-) drunden, ksl. tr§dü morbus quidam, dysenteria (beson- ders vgl. die von Miklosich s. v. angeführten belege: imy vodifny tr^du vSoutnixog und vodinyj trudi v8^qo(;)^ lit. tröda durchfall (tred zu durehfall haben). Diese letz- tere bedeutung erklärt sich durch „kolik, blähungen.^ (Anders Joh. Schmidt, zur gesch. des indogerm. voc. 57.)

4) Slavodeutsch saula schmutz. Got. (bi-)sauljan beflecken vgl. bi -sau In an befleckt, verunreinigt wer- den, bi-sauleins befleckung beruht auf einem thema *8aula, welchem genau entspricht ksl. chula blasphemia, cqntumelia, accusatio, probrum. Davon abgeleitet ist chu- liti blasphemare, contumelia afficere=got. sauljan. Die verwandten Wörter, welche sich au&erdem im deutschen finden, brauchen hier nicht angefahrt zu werden.

5) Europäisch kratta crassus. Die identät von lat. crassus und ksl. 6rüstu solidus, gravis ist längst er- kannt, aber das germanische etymon bisher fibersehen : an. herstr barsch, vgl. hersta(st), hesta(st) wild, böse werden und ksl. crustviti firmari.

6) Indogerman. munga halm wird bezeugt durch skr. munga schilfgras =3 altfries. müka halm.

7) Indogerman. gadh verderben, vernichten. Diese Wurzel, bisher so viel ich weift nur durch skr. (gandh), gr. (xot^-o!), lit. (gadinti) und ksl. (gaditi) belegt, ist auch im germanischen erhalten: nd. nl. fries. quäd, böse, schlecht.

8) Indogerman. rit. Zend. irith zergehen, sterben ss

480 Miscellen.

got. lei an an. lid'a as. ags. lltfan ahd. .lldan. Die Wurzel 18t eine er Weiterung von zend. ir ( = ri).

9) German. [ ehala feile. An. pel (oder pjöl, pja- lar) f. feile beruht auf einem vorauszusetzenden pebala wie z. b. frelsa frei macben auf frlbalsjan; demselben pe- bala aber entspricht genau ahd. fihala, flla feile, mit Übergang von p in f wie z. b. in fliohan = got. pliu- han. Beide sind lautlich = ksl. tükalo cuspis, und ge- hören wie dieses zur wurzel tak (vgl. Fick* s. 74). Dazu ist auch das mit an. pel feile lautlich identische pel n. la- nugo zu stellen, das sich hinsichtlich seiner bedentung zu- nächst an ksl. tukati weben anschliefst. Das lit. pSla ist natürlich aus dem deutschen entlehnt.

10) Indogerm. paru-dansas. Dem ved. purudäsas entspricht genau gr. 7tolvSi]V6g-j erhalten in einer glosse Hesychs : TtoXvSrjvBa noXvßovlov. Wir gewinnen damit ein drittes beispiel der grundsprachlichen Verwendung von paru als ersten gliedes von compositis (vgl. paru-nar und paru-paika). Beiläufig bemerke ich, dafs zu der im skr. verlorenen wurzel das lehren, zu welcher däsas gehört, höchst wahrscheinlich auch ved. das in sudäs dem bekannten RV. VII. 18 mehrfach genannten königs- namen zu stellen ist; es entspricht völlig dem zend. hudhäo (acc. hudhäonhem) weise, das ist von das gebildet, wie z. b. prä^h von prakh; die ableitung des Wortes von das befeinden scheint mir verfehlt zu sein.

11) Indogerm. rur wogen wird belegt durch skr. lul „sich hin und herbewegen^ vgl. lulita „wogend^ und lit. lul^ti „sich wellenförmig bewegen, zittern^, lul6ti „sich wellenfSrmig schaukeln lassen^ lett. loh loht „schaukeln^. An der identität beider Wörter ist bei der auffallenden Übereinstimmung in der bedeutung nicht wol zu zweifeln; die wurzelform rur rechtfertigt sich durch das von mir oben 8. 360 bemerkte.

Adalbert Bezzenberger«

GoBtav Meyer, das nominalauffix lo im griechischen. 481

Das nominalsuffix lo im griechischen.

Das indogermanische nominalsuffix i a oder j a ist das im bereiche der Wortbildung vielleicht am häufigsten an- gewendete, so dafs eine erschöpfende darstellung seines gebrauches allein den räum einer stattlichen monographie ftllen könnte. In bezug auf das griechische ist ihm in der that vor kurzem eine monographische behandlung zu theil geworden in der dissertation von Aly de nominibus lo snffixi ope formatis Berlin u. Leipzig 1873, die vor kur- zem in dieser Zeitschrift durch Schweizer-Sidler eine kurze anzeige erfahren hat. Die arbeit muss, so wenig wir den auf sie gewendeten fleiss verkennen wollen, in mehr als einem betracht als mangelhaft bezeichnet werden. Es fehlt ihr ein sicheres, selbständiges urtheil; vor allem aber zu beklagen ist in der sonst gewiss sorgfaltigen materialsammlung das fehlen einer jeden chronologischen anordnung. Die Chronologie^ die ja Curtius mit glück so- gar auf die proethnische periode der indogermanischen Sprachbildung angewendet hat, ist für die späteren epochen des Sprachlebens ein zu wesentlicher factor, als dafs sie ohne schaden aus den äugen gelassen werden könnte; und besonders in der Wortbildung, wo die analogie im laufe der zeit einen immer weiter greifenden einfluss gewinnt, ist sie das einzige mittel um die analogieschöpfungen von dem echten kerne traditioneller bildungen zu scheiden. Die folgenden bemerkungen verzichten auf eine vollständige aafflAhrung des materials. Sie versuchen es die masse der einschlägigen bildungen nach einigen hauptgesichtspunkten zu gruppiren, die nicht nur fQr dieses suffix, sondern Qber- baopt für die gesammte nominalbildung von Wichtigkeit sind^ und stützen sich zu diesem zwecke zunächst nur auf die älteste erreichbare form des griechischen, auf die ho- merische spräche, um nur hie und da in den späteren Sprachschatz zu greifen.

Wir gehen aus von der abhandlung Benfeys, die in den abhandlungen der königlichen gesellschafb der Wissen- schaften zu Göttingen 1871 philos. bist, class. s. 91 133

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 6. 31

482 Gustav Meyer

erschienen ist: ^Ist in der indogermanischen grundsprache ein nominales sufHx ia oder statt dessen ja anzusetzen?^ Die berechtigung zu dieser frage liegt in der thatsache, dafs das griechische und lateinische ftkr dieses sufBx con- stant die formen lo io zeigt, während das spätere Sanskrit es nur in der form ja aufweist. Benfey hat, indem er auf das vedische Sanskrit zurückging, die frage mit ziemlicher evidenz dahin gelöst, dafs die grundsprachliche form des suiBxes ia war. Es sei mir gestattet, in kürze den gang der beweisführung von Benfey darzulegen. Die möglich- keit, dafs sich im sanskrit j aus i entwickeln konnte, liegt vor, vgl. z. b. instrum. matjä stamm mati; ebenso im altbaktrischen, wenn auch nicht so regelmässig. Im Veda wird das suffix ja meist zweisilbig gesprochen, vgl. schon einleitung zum Sämaveda p. LIII (1848). Die indischen gram- matiker lehren, es sei dann i j a zu sprechen. Das Päli hat oft ij für skr. j, z. b. surija =: ved. sürja (auch süria). Zur zeit der vedischen diaskeuase ward ohne zweifei ija geschrieben; aber das vedische scheut sonst den hiatus nicht, und auch in anderen fällen, z. b. a^rijan aus apri + an, hat sich j aus i entwickelt. Es folgt dann eine Sammlung der stellen aus dem ersten und zweiten mandala des Rigveda, wo j a zweisilbig zu lesen ist, wobei sich er- gibt, dass es in einer anzahl von Wörtern immer zweisil- big lautet, in anderen vorwiegend, in anderen etwa zur hälfte, in ganz wenigen immer einsilbig. Die zweisilbige ausspräche wird auTserdem gestützt durch das Päli, die Sprache der A^ökainschriften und die prakritischen spra- chen, die einsilbige besonders durch das sanskrit. Bei der entwickelung ja ia ja müsste eine rückläufige bewegung angenommen werden, wie sie äusserst selten ist. Femer kommt in betracht, dafs eine anzahl der Wörter mit suffix ja nur mit dem svarita accentuirt ist, weil nämlich die Silbe mit dem udätta untergegangen ist (ja aus ia) [vgl. hierüber auch Böhtlingk: Ein erster versuch über den ac- cent im Sanskrit § 4. Roth Nirukta LXII. Benfey vollst, gramm. p. 11. Whitney Atharva-Veda Prätifäkbja p. 489. Ascoli Fonologia p. 16].

das nominalsuffiz *o im griechischen. 483

So weit Benfey. Der eDtwickelung von ia zu ija läuft eine ganz analoge erscheinung im altbulgarischen parallel, n&mlioh die neutralen abstracta, meist collectiva auf ije, meist ij e geschrieben (Schleicher Formenlehre des Kirchen- slaw. 8. 176). Sie können zunächst von jedem particip praeteriti passivi gebildet werden, z. b. pitije oder pitije das trinken (pitü), pisanije oder pisanije scriptura (pisanü), aber auch von anderen wortformen, z. b. bez- odije Wassermangel (voda wasser). Sie vergleichen sich zunächst den griechischen abstracten femininen auf i a, und ije ist gewiss nur eine entwickelung aus ia, das sonst im altbulgarischen als ja erscheint.

Scheint demnach die existenz eines indogermanischen snfBxes ia zur gewissheit erhoben, so werden wir aller- dings den gedanken an eine entstehung dieses suiBxes ia ja aus dem relativstamme aufgeben müssen, wie ihn z. b. Steinthal Charakteristik der hauptsächlichsten typen des menschlichen Sprachbaues s. 305 so geistvoll ausfahrt. Zwar spricht auch Schleicher Formen!, des Kirchenslaw. 8. 176 anm. den gedanken an die ursprüngliche form ia aus mit berufung auf die Vedaaussprache und die Sanskrit- aocentuation, hält aber trotzdem s. 175 noch an dem Ur- sprung des suiBxes aus dem relativum ja fest. Eine neue ansieht über den Ursprung dieses suiBxes hat Förstemann geschichte des deutschen sprachstammes I 132 ausge- sprochen, wenn er sagt: „ja, wol nichts als eine erweite- ruDg des sufBxes -i durch das immer allgemeiner ange- wandte -a; in den Veden findet sich noch häufig die Schreibung ia^. Schon bevor mir das buch von Förste- mann vor äugen kam, hatte ich mir über das sufßx ia gr. 10 eine ansieht gebildet, die der hier vorgetragenen nahe kommt. Ich sehe in dem sufBx ia das an i-stämme angetretene suffix a. Nur freilich sind diese i-stämme nicht durchweg, ja vielleicht nur zum kleinsten theil ursprüng- liche i-stämme, sondern vielfach aus ursprünglichen a-stäm- men I^ervorgegangen oder aus consonantischen stammen erweitert. Man pflegt gewöhnlich ein primäres und ein se- oundäres suiBx ia lo zu unterscheiden. Diese Scheidung

31*

484 GuBtay Meyer

wird allerdings auf diese weise hinfällig. Primär, sagt man, ist das Suffix angewendet, wenn es an die würzet, secun- där, wenn es an einen schon geformten nominalstamm an- tritt. Unter der Voraussetzung der eben angenommenen erklärungsweise fallen, wenigstens was die form betrifil, beide gebrauchsweisen zusammen. So unterscheidet sich also z. b. skr. jögjä iungendus w. jug seiner bildung nach nicht mehr von apvja iTtmog; denn jenes ist gleich jögia d. i. *jögi -f- a, dies sbb ä^via d, i. 'apvi (für apva) + a. Wenn wir, was nicht unmöglich ist, (dr die Ur- sprache die existenz eines nomens jögi (w. jug ^vy) Ver- bindung annehmen, so heifst jögi-a eigentlich nur „zur Verbindung gehörig^ wie a9vi-a zum pferde gehörig ; die entwickelung des Suffixes ja als participia necessitatis bil- dend ist ja ohnehin nur dem Sanskrit eigenthOmlich. Klar tritt, wie ich glaube, diese art der bildung zunächst bei einigen griechischen adjectiven auf aio-g hervor. So lässt sich öe'^io-g recht zerlegen in de^i-o; der erste theil J«!«- tritt hervor in öe^i-Tego^g^ das gewiss nicht f&r Ss^iotsqo^ steht, und in skr. daksi-na- rechts, südlich. Das s gehört hier wohl zur wurzel, die dakä lautet und aus dak Sex erweitert ist (so auch Curtius Gr. ^ 234), so dafs also lat. dex-ter got. taihs-va direct aus dieser wurzel gebildet sind. Einen anderen Ursprung hat das (f in dv-ägaio^ feindlich. Ich stelle dies zu dem homerischen ägrio-g pas- send, das ich äg-Ti-o-g theile, so dafs der erste theil iden- tisch ist mit dem ägu' in aqri-^og aQTi-sntjg und aus wz. ar mit suffix ti gebildet. Dasselbe suffix erkenne ich in Sia-ngvCio^g^ das fQr Sta^nQV'Ti'og steht; wurzel ist Tteg^ Curtius Gr. * 705, und in ini-xäQaiO'g (nur i 70 vfjeg iffi-^ QOVT* i7iixdQ(Siai)^ dessen alte herleitung von xcig x&qa haupt gewiss falsch ist; das wort scheint zu xvQT6g und seiner sippe zu gehören, für die Curtius Gr. ^157 und Corssen Ausspr. 1^412 eine wurzel kar erschliefsen. Es bleibt von den sogenannten primären bildungen noch ä^io-g übrig, das Benfey KZ. VIII 75 von ank ehren vermittels eines nomens *ak-ti ax-at herzuleiten versucht hat, wo- gegen allerdings die bedeutung des wortes gewaltigen ein-

das nominalfnfflz *o im griechischen. 485

sprach erhebt; die unhaltbaren combinationen Hupfelds ebdas. s. 370 ff. haben die frage nach der etymologie des Wortes nicht gefördert. Wenn Aly s. 7 meint, diese adjec- tiva entsprächen den altindischen adjectiven der nothwen- digkeit auf tja (womit im wesentlichen nur eine bereits von Curtins Gr. ^ 630 angedeutete ansieht ausgesprochen wird), so trifil das, mit ausnähme des davon abzutrennen- den Se^io-g^ formell wohl das richtige, indem jenes tja gewiss gleich ti-a ist und aus suffix ti ta durch a er- weitert sein wird. Aber freilich die bedeutung hat sich im Sanskrit nach einer ganz speciellen seite (adjectiv der nothwendigkeit) hin entwickelt, indem bekanntlich dort diese bildungen überhaupt eine weit breitere ausdehnung gewonnen haben. Ob mit diesen adjectiven auf tja die griechischen verbaladjectiva auf rio-g ohne weiteres zu- sammen zu stellen sind, soll unten noch einmal zur spräche kommen. In einem worte scheint das dem indischen tja d. i. tia entsprechende griechische rio ohne den gewöhn- lichen Übergang in aio unversehrt erhalten zu sein, näm- lich in VTi'Tt-o-g^ das Curtius Gr. ^291 mit sk. upa-tja zosammengestellt hat.

Ich schliefse hier gleich einige bildungen auf aio-g an, die offenbar aus adjectiven auf ro-g hervor gegangen sind und von diesen durch keine wesentliche bedeutungsdiffe- renz unterschieden. Es kann das zugleich zur rechtfertigung der ausgesprochenen behauptung dienen, daft die indischen adjectiva auf tja aus solchen mit suffix ti oder ta hervor- gegangen sind. Ich halte nämlich die suffixe ta und ti fbr ursprünglich identisch, und jedenfalls hat sich in die- sen und den gleich zu besprechenden bildungen des grie- chischen ta To zu ti Ti gesenkt. Es sind a'XrjQd'tfi'O^g neben a-xr^pa-ro-^, a^fjißqO'airO'g neben ä-fißgo-ro-g (vgl. skr. martja marti-a a-mär-ti-a ss a-fioQ^ri-o a-^go^ Ti-o ä'fAßgo'Gi'O lat. mor-ti tod), ^e-ani^ai^o-g neben a-<y7r€-T0-g , vn-oxpi'O'g d. i. vTt^oTi^Ti'O'g neben nachhom. vn'On-'rO'g (ebenso nav-otpio-g von ^ndv-on-ro^ alles sehend, von allen gesehen). Auch hier ist in einer bildung das orspröngliche r bewahrt, nämlich in varduo-g von vara-

486 Gustav Meyer

To^g. Ebendahin ziehe ich ferner S^f^fio-ffi-o-g neben 873116' Tf^-g^ die schon Pott unmittelbar mit einander verbanden hat; drjuoTfjg hat auch das suf&x ta, das bekanntlich in diesen masculinis stets gedehnt erscheint, und bedeutet ur- sprünglich nichts anderes als Srifioaiog^ nämlich zum volke gehörig. Eine dem ganz analoge bildung ist lyA-tfi-o-g neben ixi-TTj-g und 7iXf]'ai'0*g neben TBtx^ai-TiXfi'Trj'g a-nXä-ro'g (Curtius Gr. * 278). Es liegt auf der band, dafs eng hier- mit zusammen gehören die zahlreichen griechischen ab- stracta auf aia von adjectiven auf ro-g (Leo Meyer Vgl. Gr. n 386) so wie die lateinischen, wie grati-a von gra-to-, nnpti-a von nupto (L. Meyer ebdas.).

Aly stellt s. 30 mit diesen unmittelbar zusammen grie- chische adjectiva auf iqöiog woiog. Sie sind durch eine grofse klufL von ihnen getrennt, und Äly thut hier, was ihm auch sonst noch passirt, er wirft äufserlich gleichlau- tende bildungen ohne weiteres zusammen. Die hauptmasse der adjectiva auf rjffiog ist nachhomerisch ; bei Homer kom- men nur die drei hn-mqisvog l&axijaiog ixeti]üiog vor. Das erste, das sich Od. 7, 118 findet, ist gewiss von Ikog jähr nicht zu trennen. Die art der bildung kann eine zwei- fache sein. Man kann in dem 'STtjü' einen langen &8- stamm sehen, wie er für skr. uSäs i(ü(f'(p6go*g '^grjg nach- weisbar ist (vgl. Stud. V 96); dieser erscheint dann als kv'^tfi'' wie die as-(€^)stämme bekanntlich so häufig in Zu- sammensetzungen, worin man entweder die ursprüngliche vollere form des Suffixes as oder eine vocalisohe stamm* erweiterung zu sehen hat. Dieser ansieht ist Corssen Aus- spr. I* 234. Oder maii trennt kn^BtTJ-öi-O'-g und nimmt f&r das wort einen stamm Üto" neben heg- an (a und as- stämme gehen ja häufig paraUel, Studien V 67); dann ßkUt das wort in seiner bildung zusammen mit ^I&axi^aiog ixt- TTjcfiog und den andern von Aly s. 30 verzeichneten. Für diese mufs ohne zweifei <t<o- als suffix angenommen wer- den, d. h. die beiden theile des Suffixes oder vielmehr die Suffixverbindung aio waren ftb: das sprachgef&hl so unauf- löslich verschmolzen, dafs man den Ursprung desselben ver« gessen hatte und nun mit demselben wie mit einem 8a£Bz

das nominalsnffix io im griechisehen. 487

operirte: also analogiebildung. Ein ganz analoger fall wird unten bei den adjectiven auf aiog zur spräche kommen. So ist also ixBTTjaiog aus ixirrjg mittels ato-g abgeleitet, wAhrend ixifSiog d. i. ixi-ri-o-g durch a o daraus gebildet ist. DaTs von dem vorauszusetzenden kto- hrri-üiog mit t; gebildet ist, gehört in die kategorie der Studien VI 392 ff. besprochenen erscheinungen ; auch unter den nachhomeri- sohen adjectiven auf riGtog lehnen sich einige an o-stämme an. Mir erscheint diese zweite erklärung von kn-^errjCiog darum warscheinlicher, weil, wie das bereits untergegan- gene digamma des Stammes ^ersg beweist, die bildung eine doch verhältnismäfsig zu junge ist, als dafs wir noch einen so alten as- stamm darin erkennen dürften. Freilich kön- nen oder müssen wir ein verlorenes ^TTjoiog voraussetzen. Ganz in parallele zu stellen mit diesen adjectiven auf -i7-<rio-$ sind die aus den anfuhrungen der grammatiker (vgL Anecd. Oxon. IV 329, 22. Ahrens Aeol. 159 Anm. 6) bakannten rheginischen adjectiva auf waiog^ die ebenfalls durch das suffix cio- aus o-stämmen gebildet sind, wie chfaxfji'tTiO'g von avaxo (vgl. avaxoi' ol JiofSxovQoi naga 'ÄTTiMoig E. M. 96, 33 = ävaxeg) und ;ij«^£Tco-(y£o-c; von XCiQi'TO' (vgl. ;^a(>4ro-/9A^qpa(>o-5). Allerdings weifs ich ftr die dehnung des stammauslautenden o zu w keinen grund anzugeben; möglich, dafs sie in sonstigen eigenthümlichkei- ten des rheginischen dialektes begründet ist. Homer kennt zwei adjectiva auf uiaiog^ die aber gewifs von diesen zu trennen sind, nämlich negidtfiog übermäfsig und krciaiog vergeblich. Was das erstere betrifft, so halte ich es nicht für unmöglich, dafs es äolisch fQr nsgiovoiog ist (vgl. t^^- Xwifa f&r &ekov6a)^ also aus Tiegi-ovr- negi'Ovri-O'g gebil- det; es gehört dann in seiner bildungsweise zu dem unten zu erörternden ysQoi(nog für ysQüVTi'O-g. üeber die ety- mologie von kToiaiog^ das von dem adverbiellen ovx itog^ nicht umsonst, nicht ohne grund zu trennen ist, wage ich keine vermuthung; ich bemerke nur, dafs die homerischen stellen die ansieht unterstützen, dafs der anlaut einen con- sonanten verloren hat : orri gd oi ßiXog oiv itMöiov Jixtfvyz X^iQog U. 14, 407 u. ö. ra 8k noXXa htdüia &fjxBV ji&rjvri

488 GuBtav Meyer

Od. 22, 256 und auch II. 18, 104 alX' ^fjiai naqä vtjvaiv iiT(o(tiov ax&og ägovgtjg läfst sich leicht ändern. Es bleibt noch übrig das homerische adjectiv Tt^vaio-g, das man mit „Tergeblich^ erklärt. Ich sehe auch hierin ein solches, wenn man will, secundäres (Sio-g; den stamm tip)- halte ich für identisch mit dem von Hesychios aufbewahrten Tavg' fiiyag^ noXvg, Im hymnus auf ApoUon s. 540 ist Tj]V6iov 'inog ein vermessenes (ueya) wort. Danach würde sich allerdings die erklärung der beiden gleichlautenden homerischen stellen Od. 3, 316. 15, 13 Cv ök rrivoii^v oSov iX&rjg wesentlich modificiren: schweife nicht lange fern von deinem hause in der fremde umher, damit dir die freier nicht alle deine habe verzehren, während du eine weitläu- fige reise machst. Bei Theokrit 25, 230 heifst rrjvaiwg allerdings „vergeblich'' (xai ßdkov aaaov iovrog aQiax^Qov hg XBVBOJVa Tf]V(fi(og' ov y&q xi ßiXog dia aagxog oha&Bv)^ was schon auf unrichtiger traditioneller erklärung beruhen kann.

Diesen adjectiven auf aio-g^ die sich in ihrer bedeu- tung mit stammen auf ro- gradezu decken und ofienbar von ihnen den ausgang genommen haben, schliefse ich eine gröfsere anzahl anderer auf lo an, die ebenfalls mit sol- chen auf o identisch sind> und auf dieselbe art ans ihnen entstanden zu sein scheinen. Ich beschränke mich auch hier mit wenigeb ausnahmen auf die homerische spräche. So stehen neben einander aiitjO'g und di^rji'O-g^ aifivXo-g und aifAth-o-g (gehört das wort sammt dem auch noch räth- selhaften aifiova d-r^grig E ^^ zur wurzel av^ die unter an- derem auch laben, erquicken, gern haben, lieben bedeutet? s. Grassmann Wörterbuch zum Rigveda 122, vgl. avidus), Sox^og und Soxf^i-o-g, {javxo-g und ^avx^-'O'g, &ovQO'g und &ovQi'0'g (nicht hom.) (auf einen stamm &ovqi'' weist das homerische &ovQid-)'j xigto/no-g und xegtofAto-'g^ Xoiyo-g (bei späteren adjectivisch gebraucht) und koiyi'-O'g^ Xolc&O'g und loia&i'O'g^ vifo-g und vifi-^o-g (ion. VBio-g hom. V€*o-g lii. naü-ja-s st, nav); roro-g und voxiO'g feucht (denn man darf wohl annehmen, dafs auch voTog ursprünglich diese bedeutung hatte, vgl. voti^go^g feucht voriw triefe); o^i^o-^

das nominalsnffix io im griechischexL 489

und OQ&i'O-g^ ovXo^g und ovAi-o-g, niXiogO'g und nskwQi^O'g, nxoJd-noQ&O'g und nvoXt-^OQÖ'i'O'g^ (poivo^g und (foivi^o-g^ immgotpo^g (bei Euripides) und im-iüQoq^i^o^g^ endlich das naohhomerische ücpovdvXo'g neben homerischem (fcpovSvh'O-g Wirbel des rfickgrats. Auch '^^log neben r^leo-g gehört hie- her, wenn wir das unten Ober so zu bemerkende in erwä- gnng ziehen. Endlich weist akkoTgto-g deutlich auf ein vorauszusetzendes allo^Tgo-, Ebenso gehen die adjectiva auf Xio^ gewils auf solche auf Xo-g zurück; anaTr^lo-g ist neben anaTTJh^O'g nachzuweisen. Die übrigen sind deixi" ki'Og aBXf'jho'g avBfiwXio-g anoffciho-g ö^^irXw'g xei/urjho'V. Es ist aus dem vorstehenden wohl schon klar gewor- den, dais ich in der erklärung der fraglichen bildungen in einem wesentlichen punkte von der bisherigen aufTassung abweiche. Man pflegt. zu sagen, dass, wo das sccundär- suffiz 10 an vocalische stamme tritt, der vocalische auslaut des Stammes, hier also o, abgeworfen wird. Nach meiner ansiebt dagegen hat sich das stammauslautende o zu t ge- senkt und ist als solches bewahrt geblieben, indem blos o als sufBx zu betrachten ist. Eine Unterstützung f&r diese ansieht entnehme ich der betonung einer anzahl vedischer adjectiva. Es finden sich nämlich unter den mit dem sva- rita accentuirten adjectiven auf ja, die, wie oben bemerkt, auf ursprüngliches ia zurückgehen, einige, die von oxyto- nirten nominibus ihren ausgang genommen haben, so dafs also die in dem stammworte betonte silbe auch in dem abgeleiteten den accent behalten hat, was sich so am be- sten erklärt, wenn wir eben die betonte silbe in i a als mit zum stamme gehörend auffassen. So api-kakäia in der gegend der achselgruben befindlich von api-kakäa die nähe der achselgruben; aria (einmal für arjä) hold von an (hier liegt also sogar ein i -stamm vor), arjamia innig befreundet von arjaman busenfreund (ma- und man- stämme häufig parallel), ängüsia preisend von ängüää lob, loblied; äsia mund, rächen neben äsän mund, rächen; ukthia preiswürdig von ukthä spruch, loblied; ökia hei- matlich von öka heimatstätte ; kaniä Jungfrau neben kanä jung, jugendlich; dütia botschaft von dütä böte; de via

490 Gustav Meyer

göttliche macht von dävä himmlisch; dh&nia aus getreide- körnern bestehend von dhänä getreidekörner; nävia schiff- barer flufs zu nävä schiff. Daneben finden sich allerdings fälle, wo das nachweisbare Stammwort anders accentuirt ist, wie udania von udan, üsmania von fiämän, kar- mania von kärman, kaksia von kakäa, dhlria von dhira, namasia von nämas, päkiä von päka, wäh- rend andrerseits mitunter dieser Zusammenhang der beto- nung aufgegeben ist, wie in tirmia von ürmi. Letzteres ist bei den oben aufgeführten griechischen adjectiven durch- weg der fall; man vergleiche di^f]6g und diytjiog^ Soxf^og und doxfuog^ ^oiyog und Xoiyiog^ og&og und og&iog^ (poivog und (poiviog. Nur die griechischen adjectiva auf -aXio^g lassen sich unmittelbar mit jener indischen betonungsweise in parallele stellen; sie sind zunächst zurückzuführen auf bildungen auf -a^o-, die in der überwiegenden mehrzahl den accent auf der letzten silbe haben, vgl. die homeri- schen dfjiaXd'g jung dnaXo-'g zart dtako^g zart ;|fö^auaAo-§ humilis ofiaXo-g eben similis äa(poS6k6g^ und ebenso die mehrzahl auf -aoo-g und 'Sgo-g. Mit diesen gehören un- mittelbar zusammen die homerischen adjectiva d^a^ki-o^g trocken agya^ki-o^g schmerzlich (vgl. dk/ij-gö^'g dissimila- tion) agna-Xi-og anlockend &aQaa'Xi'0'g kühn laxci^Xi^o-g trocken xagcpa-Xi-o-g trocken (vgl. xaQqjtj-QO'g) xag^ct^Xi-o^g rauh, scharf XBpÖa'Xi'O-g erspriefslich XenTa'Xi^O'g fein X^vya» Xi'Og elend fivSa'Xi-ug feucht onta-X^og gebraten oTga- Xe-o-g hurtig (vgl. OTQfj'Qo-g) ptaya^X^og zerrissen fffAS^Sa^ Xi'og schrecklich. Ich setze dieses betonte io unmittelbar gleich jenem indischen ia; darüber unten.

Ich hole nach dieser abschweifung die übrigen home- rischen adjectiva auf lo^g nach, die von o-stämmen abgelei- tet sind. Es sind folgende: aygi^o^g von ayQ6'g^ aiid^fAi-o^ von ccQ&jLtO'g^ kV'agi&fjii'O^g von dgi&fid-g^ St^fju^o^ (kni" fABTa^ naV'^ von Srjuo^g^ iiU'öitpqi'O'g von Sitpqo^g^ 86X1^0^ von SoXo-g, fABxa-ödQni'O-g {noxi") von Sogno-'V^ doi/iU-o-^ von öovXo-g^ kviavai^o-g (für iviavTi'0*g) von kvi4xvr6-gy ianigt-o-g von 'ianego-g^ ö-ei'O-g (d. i. &it^o^) von iS^eo-g, «fio-iW/Mi-o-g {kv" xara-) von &v^6'g^ xaigi^o-g von xcri^o-^,

das nominalsnffiz lo im grieehisohon. 491

itAngt^a^ von xanoo'g, fABra^fia^i'O'q von fAa^O'g^ ^eivi-o-g von ^Bivo-Qj €lv-dÄ4-o-g von 656-^, okßi-O'g von oXßo^g^ oXk- &Qi'<^g von oA€i9'(>o-5, hn^opLcpdXi'O^g von ofAtpako-g^ ^;i-ov- gdvi-'O-g (wr-) von ovgavo-g^ naQifivi'O-g von nccQ&evo-g^ t«ro-fiAaxi-o-^ von nXdxo-g^ (Sxoxt'O-g von (TxoTo-g, vtto- raq/vagi-o^g von raprapo-g, iv-vnvi-o-g von vTivo^g.

Der analogie der männlichen o- stamme folgen auch hier die weiblichen a-stämme. So aiai-o-g (^|- Trcrp-) von oZdte, noXv-Stkpi'O-g von Siyja^ kcf^y^fAigir-o-g {nav") von ^fitQOj d'aXdßüi'O'g von ö'dXadaa, üxoro-fjiTJvi'O'g mond- finster von firivri^ taXa-nelgi-o-g von nelga^ W/wt-o-g von rft^ij, flSpi^o-g was die Jahreszeit mit sich bringt, reif und nav^a-dQi'O'g unreif (II. 24, 540) von üga. Auch d/a- rgifyi^O'g scheint zu XQvyi] zu gehören (<)f7/i/6X£a)c: rgv^bifie^ vog schol.j, während ich vvfjL(fi'0'g bräutigam wegen der bedeutung und des abweichenden accentes als parallelform zu einem verlorenen ^vvficpo-g fassen möchte; das nach- homerische itifjKfi-o-g bräutlich gehört dagegen sicher zu vvfA(f.fj. Ich möchte diese gestalt, welche die weiblichen a-stämme hier angenommen haben, auch in der auffallen- deOy freilich erst bei Nonnos Dion. XIII 458 vorkommen- den Zusammensetzung &aXa6ai'yovo-g im meere erzeugt, wiedererkennen (vgl. {^aXccaai-o-g)^ wenn nicht eben das wort erst so spät bezeugt wäre und die vermuthung nahe läge, dafs nur dissimilationsstreben das i veranlasst hat, um die misbildung &aXaöü6'yovog zu vermeiden. Im übrigen mafs die berechtigung, derartige aus männlichen und weib- lichen a-8tämmcn hervorgegangene i-stämme fQr die Wort- bildung anzunehmen, durch eine umfassendere darstellung der gesammten nominalbildungslehre dargethan werden; das i in i'Xo^g ("Ttj-g e-vo-g'ist nach meiner meinung ebenso zu erklären, während andrerseits der Stammauslaut mitunter in der ursprünglichen a-form erscheint. Doch das kann hier nicht ausgeführt werden, einzelnes wird im laufe der Un- tersuchung noch zur spräche kommen.

Wir werfen noch einen flüchtigen blick auf die con- sonantischen stamme und deren erscheinen in Verbindung out dem fraglichen suf&c. Bekannt ist aus der lehre von

492 GoBtav Meyer

der compositioD die thatsache, dafs dort consonantische stamme im ersten gliede sich häufig vocalisch erweitern oder ursprünglich vocalischen auslaut bewahrt haben, eine doppelte möglichkeit, zwischen der sich nicht immer mit evidenz eine entscheidung treffen läfst. Ganz der nämli- chen erscheinung begegnen wir hier; wir finden statt der consonantischen stamme i- stamme, die wir mitunter aus andern kriterien als ursprünglich nachweisen können, wäh- rend wir in andern fällen vorläufig nur eine vocalische Stammerweiterung anerkennen müssen. Die berührung mit dem lateinischen wird hier auffällig, das ja bekanntlich die consonantischenf^stämme nicht, wie das griechische sonst in der nominalcomposition, in die analogie der o- stamme, sondern immer in die der i- stamme übertreten läfst. Ich stelle die fälle voran, wo auch sonst ein i -stamm vorliegt, auch hier mit beschränkung auf die homerische spräche. aki-'O-g zum meere gehörig von dXi- lat sale vgl. ah-aijg aXi'fAVQTjeig ah^nogcpvQog ah-Big (Stud. V 85). imo-x^igi'O'g

von x^^Q^' ^g^- dö*- pl« ;^ß^p«-<y* und Stud. V 86. ßq/ri-o-g in aXfpiai'ßoLog ixatofi^ßoiog reaaugd-ßoiog zu lat. bovi-. vi^i'O-g d. i. viifi-o-g entsprechend indischem nivia lat. navi-s schiff. In (piXüx^tSi-o-g f&r (pilonin-o-g von (pilo- Tf]T' freundschafk erkennen wir die ursprüngliche vollere form des Suffixes Ttjt täti- lat. tat täti (Stud. V 51), und xagSi-ti herz entspricht in seinem stamme dem lateinischen cordi-. Daran schCefsen sich dxfjgi/'O'g zu x/;^o- (Stud. V 86); dvaxtÖQi'O'g; r^igi-o^g in der frühe, das Leo Meyer II 442 von rjog morgenröthe ableitet, das ich aber lieber zunächst zu tjQi-yivsia aigi^o^v stellen möchte; ofio-yd- öTQi-o-g zu yaöteg yaergo- (ndtgLo-g = skr. pitri-a-s von Ttargo' ist nachhomerisch, Homer hat nur nargmog); xeifÄigi'O-g von einem untergegangenen stamme x^''f^^Q^'9 der auch in ;^€fjti€(>t-i/o-$ erscheint Ferner von k-stämmen 6fA'7}hxi-7i hv'vvxi'o-g nav-vvxf^o-g vgl. HV'Wxo-g wx-Byge* cia und Stud. V 81 ; von dentalstämmen vn^aanlSi'O'g av^ XBvi'O-g Saifji6vi^o-g yzgovöi^o-g d. i.. y%g6vxi'0'g '^fidri^o-g d&e^iaTi'O'Q km- und xata^x^i-ovi^og zu x^ovo^; nvyovai" o-g wohl für nvyovr^o-g von *nvyovT- neben itvyov^ (Leo

das nominalsafBx *o im griechischen. 493

Meyer II 441), anch a^niqüai^^^g scheint für ä-'nEQivxi'O-q 2Q stehen, während das gleichbedeutende ä^ntiQiai'O-q einen as-stamm enthält {nigag nsigag ziel, ende), oveigeio-^ fährt Leo Meyer ebenfalls auf den r- stamm ovugax^ zurück; wenn man indessen Sovgdve-O'g von dovgar- Sovgato- ver- gleicht, wird man der ansieht geneigter, auch hierin einen as-stamm ^ovBigta- zu erkennen, falls es nicht einfach auf ovuQO' zurückgeht, s. unten. Die stamme nämlich auf as (gr. Bg og) erscheinen in unserm falle, grade so wie in der obmposition, um ein i erweitert, nur dafs hier aus der laut- ▼erbindung egi das er constant ausgestofsen ist, was in der ■composition nur in einer beschränkten anzahl von fällen eintritt (Stud. Y 93). So sind gebildet von altem as yi- Qai'O^g fttr yBgacfi'O-g von *yBfag (yijgag^ doch vgl. yigcov) nod xgaraio-g von altem ^xqarag für xQareg; von äs agiji'O'g von agtja'i ^on og aiSolo-g = alSocfi^o^g von aU dog und rjoiog = i^oöi-o-g von fjog; endlich von sg acfvaio-g = äq>vs0i'6'g von atfBVBg-^ igxü'O-g von igxBg- (attisch 'ig- X€io»g)^ Tid'Bi'O'g von ^ö"6g-, xjj^ci-o-g von xfjSag^, ovaiSu-o-g ▼on ovuSsg'j ragcpsi-o-g von rapqpfig-, tiXei-o-g von rileg-, BV-yivBi^o-g von yiveg-; d-afisio-g zu dem adjectivstamme &afjiBg^^ zb. dat. pl. &afxiai.

Wenn wir uns noch einmal zurückwenden zu den weiblichen a-stämmen und eine bildung wie riui^o-g von Tifi'fj mit dem ebenfalls von einem a- stamm abgeleiteten dixouog von 8ixri vergleichen, so springt der unterschied beider bildungsweisen sofort in die äugen. Bei dem er- sten Worte ist der stammauslaut a zu i gesenkt und dann snflBx o angetreten, während bei dem zweiten der stamm- auslaut erhalten und dann lo angetreten ist. Es unter- liegt keinem zweifei, dass wir hier, eine doppelte schiebt von bildungen mit lo zu unterscheiden haben ; bei der zwei- ten war 10 fest zusammengewachsen und wurde als ein Suffix empfunden, ganz wie wir dieselbe erscheinung schon oben bei aio- angetroffen hatten. So erklären sich ganz einfach zunächst ayBka'lO'g avayxa^io-g ßla^io-g yBvva'iO'-g ywa-$0'g dixa-io^g iv-Bwa^iog xgtjva-'lo'g nav-ofifpa-io-g ovgU'-iO'g nBfjmva'lo'g natga-io-g und av-onauo-g nach der

494 GnsUv Meyer

deatuDg von Woerner Stud. VI 370. Statt des a erscheint das lange ^ der feminina in notfivrj'-iO'Q taq^tiHo-q und dem eigennamen Faiiq'Lo-q. Das nämliche ist bei einigen, be- sonders pronominalen o-stämmen geschehen, nämlich in no-lo-g o-TiO'iO'g To-io-g olo'g akXo'iO'g. öoioi steht wohl für öfO'iO'^ und diese Weiterbildung aus dvä entspricht genau dem altbaktrischen du-ja- (f&r dva-ja) im n. dual, ntr. fem. duje dujae-ka. Ebenso ofjLo-to^g von bfio^g und yBlo-Xo-g von yiXo-g (Kühner Ausf. Gr. I* 397, obwohl man hier vielleicht auch an einen as-stamm y^Xog-- denken könnte). Homer kennt das letztere nicht, sondern hat da- üQr yekoiiog^ wie sich auch neben of^oiog bei ihm die forn^ ofAOuog findet. Beide formen erkläre ich, im anschlufs an Curtius Stud. II 186, so, dafs sich aus dem i von y^Xo-lo-g ofAO'iO'g ein j entwickelt hat, ganz wie im sanskrit ija aus ia und im altbulgarischen ije aus ie, also zunächst ysloi' jo-g ofioijog^ und dafs dann das j vocalisirt wurde. Die auffallende länge des zweiten i in dem versschlusse ofioi- iüv noXkuoio (fti 543- 1 440. N 358. 635. 0 670. 2 242. 0 294) scheint analog dem AloXov xlvtä ödfiaTa^ wird also vielleicht auch durch die Schreibung öfioiioo nrolifioio wegzuschaffen sein. Endlich ist an einen u-stamm lo in dieser weise angetreten in td vi^öv-ia eingeweide.

So weit ist alles ganz einfach. Auch oSa-io-g von odo^g macht noch keine Schwierigkeit, es hat den alten auslaut des Stammes bewahrt, wie auch in der composition dies einige o-stämme gethan haben (Stud. VI 396). Und wie wir dann bei der composition, deren häufige analogie mit der Wortbildung schon mehr als einmal hervorgehoben werden konnte, auch dieses männliche a zutj gedehnt fin- den, so auch hier in Xoiadifj-io-g von Xotrsd-o-g^ ^cevif-eo-^ von ^€7vo-g, l^vvri'iO'g von |i;yo-g, noksfir^-io-g von noXsßO^g, Ich kann nicht mit Curtius' Stud. II 187 hier überall den einflufs eines aus dem i entwickelten Spiranten annehmen, sondern berufe mich hier auf die am zuletzt angefahrten orte der ^Studien^ in bezug auf jene Zusammensetzungen gegebene erklärung. Unter denselben gesichtspunkt fallen die hier nicht näher zu erörternden adjectiva des neuioni-

das nominalanffiz «o im griechischen. 495

tcheD dialektes aaf i^iog. Dagegen verdanken allerdings ftaüiXiJHO'g ond x^lx^j^io-g ihr ?/ dem untergegangenen Spi- ranten /- von ßaöiXevg x^beevg und gehen überdies wohl auf ficutiXEfo ;^aAx6^o zurück , sind also den oben bespro- ohenen consonantischen stammen anzureihen. Dafs agiji'O'g sa dem langen as-stamm a^T^or- gehört, wurde schon be- merkt. Eng zusammen gehören schliefslich die vier home- rischen adjeetiva nargto-io^g /xtjTQoi'io-g oXocfd-io-g vnsgci^ §o^ (nur im neutr. substantivisch), mit denen Äly s. 24 gor nichts anzufangen weifs. Die beiden ersten können ihrer Bedeutung wegen natürlich nicht zu nccTQwg und /ui;- TQug gehören, sondern so wie imigd-io-g augenscheinlich ▼on insQO'g gebildet ist, sind sie auf die in der composi- tion erhaltenen stamme nctrqo- und ^ititgo- für naTBo- ^jjtbq- snrflckzuführen. Ebenso wird oXotfmog ein mit suf&x (po gebildetes ^oXotpo^ zur Voraussetzung haben. Die längung des o zu ft), bei der man an jenes rheginische -wöiog fär ^6<F$og erinnert wird, läfst sich nicht wohl anders erklären, als dafs man an einen aus dem t entwickelten Spiranten denkt, also gewissermal'sen narQü-jiog. Das hesiodeische olMiog steht für oXqfi-o^g von bkofo-g und verdankt sein o) dem untergegangenen ^. Die ganz späten adjeetiva auf ^og^ wie sie Aly s. 24 aufführt, sind natürlich analogiebil- dongen. In T^riW-Big (und &v(ii'eig) liegt eine ebenfalls auf^ {jrsvT vant) zurückzuführende dehnung des themaauslau- tenden o vor.

Diese annähme eines aus dem i entwickelten Spiran- ten ist durchaus nichts willkürliches. Es liegen im grie- chischen bestimmte spuren desselben vor, indem sich der- selbe nämlich in einigen fällen zu Ö entwickelt hat. Ueber die ganze erscheinung genügt es auf die ausführungen von Curtius Gr.^ 621 ff. speciell s. 63üf. zu verweisen. So ha- ben wir zunächst jenen formationen auf aJo-g nahe stehend, ja mit ihnen gradezu identisch adjeetiva auf a-dVo-^, wo a natürlich nichts anderes ist als der alte Stammauslaut. Es sind äix&cC'SiO'g ipwna'Sioog xgvnTci''ÖiO'g xaTa-kocfd-ätü^g fiiwv&d'dtO'g xaT'a>fid'äiO''g, Das nachhomerische ;^£<jua- äto-g winterlich erwähne ich hlos deshalb, weil es Leo Meyer

496 Gustav Meyer

II 443 falsch erklärt, indem er ;^€^^aJ-io-^ theilt ond es zu stamm x^iuat' stellt, während es vielmehr offenbar za XBifÄO' gehört. Zu i ist das o des Stammes gesenkt in TcovQi'dio-g von xovgo-g; ein i-stamm liegt vor in ptji'Sio-g und v7ohl auch in f^aipi-Sio-g. Uebrigens hat sich nicht nur bei dieser zweiten schiebt der sufBxbildung mit to- ein solches parasitisches d entwickelt, sondern auch in der er- sten liegt die nämliche erscheinung vor, nämlich nach eini- gen vocalisch auslautenden wurzeln in ard-Sio^g avro-ota- öiy WZ. 0Ta^ nav^cv-dlrf wz. cri;, amo-axB-dit] wz. a^B^ ix- xa-öiO'g WZ. ra, afi-cfa-dio-g wz. qr«. Hier war Oberhaupt nur auf diese weise die Wortbildung zu ermöglichen.

Wir sahen von weiblichen a-stämmen gebildet adjectiva auf a-io-g i^'-io-^, von männlichen o-stämmen solche auf O'io^g a-Zo-Q '^-to-g oi-io-g. Beiderlei stamme erscheinen nun wiederum mit gemeinschaftlicher Senkung des auslau- tenden a zu £ in adjectiven auf e-to-^, nämlich in avke'iO'g von aiAi;, ngd^vs-io-g von ügafAVYi (?), xvavo-^QWQB-io-g von ngiüQa^ aäBkcpB-iO'g von a5«Aqpo'-g, dov^B^io-g von Soi- Ao-tf, iTtni'io-g von tnno^^ BVQV'OdB-ia von oSo-g^ CiSfj" QB'io-g von aiSfiQO'-gj tav^BHo-g von roft/po-^, ;|fcfAx«-£o-§ von Xcihco-g^ XgvaB'to-g von XQ^^^'S ^^^ wohl auch ovBiQB'iO'-g von ovBi^o-. Dieser analogie folgen dann auch einige con- sonantische, d. h. natürlich vocalisch erweiterte stamme, nämlich atyB-iO'g von aiyo* celyt-^ ßoe-io-g iTtra-ßdB^iO'S von ßofO'f yvvaixa-iO'g von yvvaixo-. Auch agya-io^ von a(}¥o* gehört hieher. Natürlich sind diese adjectiva auf iio-g von den oben besprochenen mit gleichem aosgang von s-stämmen scharf zu sondern. Mit den eben behandelten bildungen auf äiog otog bm^ vergleiche ich nun die indi- schen adjectiva auf €ja-s von stammen auf a. eja- ist gleich a-ija und dies ist in derselben weise wie in ofio- ijo-*; yBlo^jo-g entstanden aus a-ia, was sich mit griechi- schem a-io- ganz deckt. So z. b. däs^ja- sehn anea sda- ven> gnindform däsa-ia- von däsa; päuraä^ja von men- schen kommend von paruäa, grondform pänrnäa-ia. Auch von i-stämmen kommen solche bildungen, die dann der analogie der a-stämme folgen, i. b. gäireja- ein berg-

das nominalsnifix «o im griechischen. 497

hars TOD giri berg, grandform gäira-ia-. Vgl. Bopp Vgl. Gr. §• 956. Mit einem worte sei noch der durciiaus ver- fehlten ansieht erwähnung gethan, die J. Akens neuerdings im Programm von Emmerich 1873 „Ueber die adjectiva auf aiog eiog tjiog cütug*^ 18 ss. 4. aufgestellt hat, wonach io~g hier überall {Cur j^iu-g stände und die längung zu tj oa auf rechnung dieses untergegangenen ^ käme. Spuren die- ses/' will er in Larisaevos (cod. Pal. Aen. XI 404) s= >/a- Qiöaifo-g^ Achivus Argivus = 'Ax^tf^fo-g !A^yB7fü-g^ mu- slYum s=s ^ovaeifO'P, archivum == d^x^If^'^ sehen, wo i flberall vor das j: zurückgetreten sein soll. Die beispiele bei Schuchardt Voc. d. Vulgärl. II 520 ff. lassen es nicht zweifelhaft, dafs hier eine rein lautliche entwickelung des v vorliegt. So fasst die sache auch Curtius Gr.^ 707 anm. Neben den adjectiven auf aio-c: laufen eine anzahl auf Eo^g nebenher. Es ist nicht ganz leicht, über den Ursprung derselben ins klare zu kommen; denn es ist eine doppelte art ihrer entstehuug möglich. Entweder kann eo-g aus eiu-g entstanden sein, indem t sich in den Spiranten j umsetzte und sich dann verflüchtigte; dafür scheinen parallelbildun- gen wie aSek(ps6-g und aöekcpeio-g^ aiäiqQBO'g und cr^^i^- ^6i€i-^*, ;|f(>v(y6o-$ und XQ^^^*^*^'^^ aiyso-g und aiyuo-g^ ßo^o^ and ßoHo-g (sämmtlich homerisch) zu sprechen. Auch das nebeneinanderbestehen von formen wie ;^At;x€£a und ;^At;x€a (Kühner Ausf. Gr. I' 347) muls in betracht gezogen wer- den. Andrerseits kann dieses lo-g direct mit lo-g in paral- lele gesetzt werden, so dafs also der stammlaut nicht zu i, sondern zu b sich gesenkt hätte. Curtius Gr. \ 592 be- spricht eine anzahl fllle, wo j im griechischen unzweifel- haft als erscheint, und darunter s. 594 auch einige fälle der suf&xbildung mit ja. In unserer aufifassung gestaltet sich die sache etwas anders, da wir nicht ja, sondern ia Ar das ursprüngliche halten. Aber in der that, wenn wir kxBO'g wahr mit skr. satj4 d. i. sati-ä, TCEve-o-g leer mit aeol. xivvog d. i. xBvi-o^g (vgl. ep. xcii/o-^), skr. ^ünja d. i. 9üni-&, öXBQt'O-g mit ateggo-g d. i. (fregi-O'g vergleichen, so werden wir nicht daran zweifeln können, dafs hier so und lo ganz identisch sind. Es wird dann hier tße-o-g

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 6. 32

498 Gustav Meyer

neben tjko-g U. 15, 128 anzureihen sein and wohl auch die in ihrer etymologie unklaren, aber gleich accentuirten kleo-g anrichtetisch und xo?.eü'g scheide, während Hkso-g mitleid und fÄeXaog unglücklich in der betonung abweichen. Auch bei den secundäreu bildungen lassen sich innerhalb des griechischen nebenformen auf so-g und lo-g nachwei- sen, wie ßgoTB^O'g und a^fAß^ioai-o^g d. i. afißgoxi'O^^ 5«- (poivi^og und g>oivi^o-g^ ;^o/(>€-o-s und (nachhom.) ;|foi(>i-o-^, vextagso-g und vexTagio-g (bei Suidas). In den adjectiven auf akio-g^ die oben angeführt und auf grundformen auf aXo-g zurückgeführt worden sind, hat so- sicherlich den- selben werth, und auch das adjectivum verbale auf rio-g wird von dem indischen participium necessitatis auf tja d. i. tia nicht zu trennen sein. Ich wage hier noch keine entscheidung zu treffen und verzeichne die homerischen bil- dungen von a-stämmen: t^vge^o-g noQCfnüQB'O-g^ von o-stäm- men: aSsktpB-O'g dgyvgB-o-g ßgore-o-g da-cfoive-o-g nokv' SivSgS'O^g XT^ks-o-g xvccve^o-'g fiagfidgS'O^g (Sidr^gB-o-g ;|faA- xt-o-g ^oi^e-o^g ;^(>i;(T€-o-^; von consonantischen stammen: atys-o-g ßoe-o^g dovgdrB'O-g XTiöe^o-g 7cvvs'0-g vexTage-o^g. Die drei xriSe-o^g reys-o-g Bv^raixB'O'g gehören, wenn sie nicht für xijäsio-g n. Sy w. stehen, zu nebenstämmen auf o xrjöo" T8yo- TB^o-. In ikatva-og neben ikdivo-g^ ig^vs-o-g neben nachhom. ^gtvo-g wilder feigenbaum, katve^o-g neben kdivo-g hat eo sicherlich auch die geltung von io. fxEo- in dvdgo'fiso-g hat Aufrecht KZ. II 79 skr. -maja gleichge- setzt, und auch üvcpeto'g und cvcfBo-^g werden wohl iden- tisch sein, während dgyv(pB'0-g wieder ein agyv'(pO''g neben sich hat.

Man sieht, dafs die a-stämme in recht mannichfacher gestalt in die Wortbildung mit dem sufBz lo eintreten kon« Den. Ich gebe noch einmal eine kurze Zusammenstellung der verschiedenen bildungen, immer je ein beispiel als typus beiftgend. Weibliche a-stämme: erste schiebt: i^akdcai-^-g und vielleicht auch TtogfpvgB'O-g. Zweite schiebt: dyaka-Jo^g noipLVYi'to-g aikB-io-g. Noch gröfser ist die mannichfaltig- keit bei den männlichen a-stämmen. Erste schiebt: aygi-o-g und vielleicht ^gvoe-o-g. Zweite schiebt : (><)«-7a-t- xar-iOfAd-

das nominalraffix io im griechUchen. j|9d

Sio-g noXefdrj'iO'g SovXs^iO'g xovQi'dio-g oiAO-lo-g {öfio-ijo^g ofioUo'g) noTQUhW'g. Auf der folgendeD seile gebe ich noch eine kleine tabelle, in die aufser den homerischen beispielen auch einige nachhomerische aufgenommen sind, welche eine anschauung davon geben soll, in welcher weise die verschiedenen im vorigen besprochenen bildungen unter sich and mit gleichbedeutenden mit einfachem sufBz o ge- bildeten parallel gehen.

Wir kehren nun an den anfang der Untersuchung zu- rück, um noch einen blick auf die sogenannten primären bildungen mit suffiz lo zu werfen. Leider sind hier noch so viele etymologische räthsel, dafs wir im einzelnen die bildungsweise der meisten noch nicht klar sehen können. FOr xaqöi't] herz haben wir bereits aus lat. cordi- den stamm kardi- erschlossen. Dasselbe ist der fall bei ni^tj fnb (II. 24, 722) doyvQd-'TiB^a d. i. neöt-a ne^o-g: neÖL-u-g^ wo pedi- ebenfalls im lateinischen vorliegt, wohl aus p ada- abgeschwächt; vgl. acu-pedi-u-s schnell- (cuxv') fQfsig. xovi'ti staub hat im griech. xovt-g selbst das grundwort erhalten. äi]i^o*g feindlich geht zurück auf di;e- Sai- in kv dat im kämpf äai-XTccfjievog *). Ttoki-U'g Tish-O'g grau ent- spricht skr. pali-ta- ähnlich wie öe^i-o^g skr. dakSi-na. üeber oaaog Toaaog = on-u-g roTi-O'-g skr. jati tati lat. toti-dem vgl. Savelsberg KZ. VIII 414. fiiaa-og und medi-us entsprechen sich und indischem madhi-a, wie qfikXo-v und foli-um.

Zum schlufs mögen hier noch einige Zusammenstellun- gen über den accent der nomina mit suf&x lo platz finden. Oxytonirt sind von den primären naki^t-g noki-o-g ffxai'O^g vi-o-g ^ftai'O-g kgoDÖi^o-g aiyvTtL^O'-g (Sxoh'O'g Se^i-o^g xaA-o-g (kalja-) xBiV'O-g ktaa6-g ne^o-g Öiaoo-g (*dvitja Curtius Gr. * 238) {ßvöao^g XQ^(^0'g /ttai^d-^ nsaöo-g nsgiaoo^g) ^Ä6-d-g rjle-O'g xeve-üg (fTBQe-o-g, Von as -stammen aifVHo-g yegaio-g XQaxaiü^g &a^ui6'g xaqtpti'O^g^ denen ich hier Sr^vaio^g an- schliefse, ohne Über seine bildung zu entscheiden. Von

*) Es mag hier bemerkt werden, dafs in dti-jo-v itvq H. 9, 847 die im spiteren Sanskrit durchweg eingetretene Verwandlung von ia in ja auch im griechischen vorliegt.

32*

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das nominalsnfflx »o im griechischen. 501

o-stftmmeii vsto^g a8€X(p€i^6g agviio^g Soio^g aStXtpBO'Q Sa^ tpoiviO'g irto-g kqiveo'g (fvtpBO'g övrpsio-g. Paroxytonirt sind die verbalia auf -Teo-g, alle auf aXi-og auüser SaiSdkB'O^g ▼OD daiSalo-g, aufserdem avti-o-g nXr^ai'O'g vvfiffi'O^g. Die auf aio^ von a-stämmen haben das a betont (also alo^g) aoiser ßla^io^g f^va^io^g Sixa^io^g vfiiva-i^O'g (von v^€V- Vju<yo-), denen sich ofio^io^g fUr das homerische o/aoio^ an- sobliefst.

Gotha, im april 1874.

Gustav Meyer.

Eine neue eintheilung der homerischen nomi- nalen Zusammensetzungen.

Unzweifelhaft ist die Wortzusammensetzung einer der grölsten Vorzüge des indogermanischen sprachstammes. Nichts ermöglicht so sehr die bewundernswerthe prägnanz und k&rze der ausdrucksweise, die wir in der spräche des Homer oder im Sanskrit bewundern, wie gerade die zu- sammensetzungsfthigkeit der Wörter, und nichts vermag andererseits eine spräche so sicher vor der verknöcherung und erstarrung zu bewahren, ihr beweglichkeit und an- scbmiegsamheit an begrifflich neue erscheinungen und da- mit gleichsam unvergängliche jugendkraft zu verleihen, wie jene leichte Vereinigung selbständiger Wörter zu den man- nigfachsten einheitlichen wortcomplexen. Bei dieser hoben bedeutung der Zusammensetzung war es kein wunder, dals der schon seit den ältesten zeiten auf grammatische Stu- dien gerichtete sinn der Inder auch diese erscheinung einer eingehenden Untersuchung jf&r werth erachtete; indische grammatiker haben zuerst das licht bewufster forschung an diese so kunstvollen Schöpfungen eines im dunkel des un- bewufsten schaffenden volksgeistes gebracht, sie zuerst ha- ben f&r Ordnung und eintheilung der Zusammensetzungen bestimmte gesichtspunkte aufzufinden gesucht. Dieses ver- dienst wird ihnen {&r alle zeiten unbestritten bleiben und ist ihnen ja auch bis jetzt fast überscbwänglicb gelohnt

502 Schapar

worden, indem ihre aufstellungen sieh fQr alle indogerma- iU3chen sprachen einer fast kanonischen gültigkeit erfreut h^ben, und zwar in einem maafse, dafs, wer auch in be- ^pbeidener weise ihre eintheilungspriocipien zu modificiren versucht^ gefahr läuft, von gewissen leuten gar nicht ver- standen ^u werden, wie wenn er in fremden zungen spräche. Dennoch läfst sich nicht verkennen, dafs ihr eintheilungs- princip nicht sowohl auf dem begrifflichen werthe der Zu- sammensetzungen als solcher beruht, als vielmehr auf dem verhältnifs, in d^pi die beiden glieder eines jeden compo- situms, des bestimmenden und bestimmten, zu einander stehen, so wie auf dem generellen werthe des bestimmen- den gliedes, und dafs deshalb ihre eintheilung oft eine schematisirung nach rein äufserlichen gesichtspunkten ist. Dazu kommt die erwägung, dafs schwerlich alle indoger- manischen einzelspracbeu die Zusammensetzung genau so wie (Jas Sanskrit entwickelt haben, sondern hierin , wie in so vielem ihre eigenen wege gegangen sein werden; wie ist ea also möglich, dafs eine eintheilung, die för das Sans- krit völlig ausreichend sein mag, nun deshalb auch f&r die übrigen indogermanischen sprachen in jeder hinsieht ge- nüge? Thataächlich üben oft die, welche z, b. griechische compoaita in die altindischen Schemata hineinzupressen ver- scichen, eine reine Prokrusteaarbeit an denselben, and es kommen geschmacklosigkeiten zu tage, wie in der sonst tüchtigen Arbeit G. Meyers in den Curtiusschen Studien y,^ 1, wenn er nodijvefiOi; erklärt: „wind an oder unter den fnfsen habepd^, oder „Sturmwind habend, der die füTse er- setzt,^ aus keinem andern gründe, als weil das wort nun eiamal mit gewalt zu einem bahuvribi gemacht werden soll. Eines schickt sich eben nicht für alle, und das griechi- sche namentlich sträubt sich gegen jeden fremden maals- Stab und will nach eigenem beurtheilt werden.

Die verdienstlichste Weiterbildung der indischen theorie hat Justi in seinem grundlegenden werke: ^über die zu* sammenseteung der nomina in den indogermanischen spra- chen^ gegeben. Er theilt bekanntlich die composita in vo^kommene und unvollkommene und sagt a. 117 über die

homerische smammensetzungen. 508

▼ollkommenen babuvnhi oder relativen zosammenBetzuDgen folgendes: ^Es giebt eine Wortzusammensetzung, welche einen ganzen bezüglichen satz zu einem worte vereinigt, das aber wie der ganze satz ebenfalls bezügliche, relative bedeu- tong hat^; und über die adverbialen Zusammensetzungen, die avjajxbh&va, s. 126: ^Eine weitere art der Wortzusam- mensetzung höherer stufe ist die adverbiale; auch hier wird ein ganzer kleiner satz, welchen man stets durch yfist*^ er- klären kann, in ein wort componirt, dessen zweites glied stets ein nomen, dessen erstes glied meist ein indeclinabile ist.'' In diesen werten ist das einthcilungsprincip so klar als möglich ausgesprochen und wird schwerlich von irgend jemand angefochten werden. Vollkommene Zusammensetzun- gen sind die, welche einen ganzen satz (relativ oder con- junctional) in einem worte enthalten und mit einem sol- chen umschrieben werden müssen. Wohl aber erhebt sich hier die frage, ob blos die von Justi zu den vollkomme- nen gezählten bahuvrihi und avjajibhäva unter jene defini- tion fallen^ oder ob es auch unter den bis jetzt als unvoll- kommen angesehenen karmadhäraja und tatpuruda solche giebt, die einen ganzen satz enthalten, also mit fug und recht zu den vollkommenen zu zählen sind. Diese frage ist unbedingt zu bejahen. Wenn wir bei Homer lesen: Qn'ißtiv v7ion?Mxitjv was bedeutet das adjectivum imor nXäxiog? Lösen wir es auf in seine demente, so finden wir darin die präposition y^imo^^ das nomen proprium „Tikaxo^ und das sufBx „'o^. Nun wissen wir, dafs dieses sufHx gleich ist dem sanskritischen ^ja^ und dieses wie- derum die function des relativpronomens hat, griechisch og ftir jog. ^YnonXaxiri enthält also buchstäblich folgende Wortelemente in sich: ri tmo Jlkcixcp (oQet) sc. xalrai ss welche am fufse des Piakosberges liegt. Ich halte es för unzweifelhaft, dafs, wenn wir die in diesem adjectiv unbe- wufst liegenden gedanklichen momente uns zum bewufst- sein bringen wollen, wir es, wie geschehen, mit einem relativen satze umschreiben müssen. Oder wenn wir uns das adjectivum i)ini ifsog {rjpiiiiivav yivog dvd(}dip) in seine begrifflichen elen^ente zerlegen, so wird jeder einsehen, dafs

504 Sehaper

mehr darin steckt, als z. b. in der znsammensetzang ijui- taXavTov^ obwohl es kein einziges generelles wortelement mehr enthält als dieses: beide bestehen aus einem substan- tivum und dem adverb i}ui. Dennoch bedeutet letzteres nichts weiter als „ein halbes talenf^, jenes aber „der halb ein gott ist^. Ein ebenso interessantes beispiel ist das Od. XVin, 73 vorkommende a^iQog. ^H rdxa Figog ofi- Qog iniönaarov xaxov fii;Bi^j sagen die freier, als der bettler Virus beim anblicke der kräftigen gliedmafsen des Odys- seus, seines gegners, schnell seine sonstige Unverschämtheit ablegt und kleinlaut wird, also gewissermafsen gar kein Virus mehr ist, da die Unverschämtheit einen integriren- den theil seines eigentlichen wesens ausmachte. Verglichen mit JvgnaQig zeigt es dieselben generellen demente: ein indeklinables präfix und ein nomen proprium; gedanklich enthält jenes offenbar mehr als dieses; es heifst: „der schon gar kein Virus mehr ist^ ; JvgTta^tg aber ist nichts anderes als „schändlicher Paris^. Ein anderes adjectivum, welches hierhergezogen sein mag, ist aktfeaißotog.^ Auch dieses enthält das suf&x „to^; wir werden also von vorn herein einen relativen satz in ihm suchen. Die bestandtheile des compositums sind aufser dem erwähnten sufiixe das subst. ßof^ nom. ßovg^ und das verbalnomen ahfsai^ dem offen- bar bei genauer erwägung der stelle, wo das compositum vorkommt, II. XVIII, 593:

'dv&a iiiv rji&eoi xai naQOivoi aXffBöißoiai

MQXivvTo etc. futurbedentung zuzuschreiben ist: nao&ivoi ak<peaißoiai sind „Jungfrauen, die (dem vater) rinder als brautgeschenke einbringen werden^. Endlich mag hier noch ein compo- situm mit dem suffix „eo^ erwähnt werden: rakaneigtog^ welches nichts anderes heifsen kann als: og (Tiolkag) nei^ gag hhj = „der viele gefahren bestanden hat^. Da die beiden letzterwähnten dieselbe bildung zeigen, also dersel- ben kategorie angehören, so würden die vier erwähnten adjectiva die vor- und musterbilder f&r drei klassen von voUkommenen Zusammensetzungen sein, die deshalb voll- kommen sind, weil sie einen ganzen relativen satz in sich

homerische zusammeiiMtztmgen. 505

enthalten, denen aber bis jetzt wenigstens ihr recht noch nicht geschehen ist. Die composita dieser drei classen nebst den schon früher als vollkommen angesehenen bahu- vrlhi, die ich alle nach einem geistvollen ausdrucke Stein- tbals als verdichtete relativsätze bezeichnen möchte, zeigen noch vielfach diejenigen sufGxe, welche bei den allerersten meines erachtens nothwendig waren, damit sie überhaupt ▼erstanden werden konnten. Diese Function übernahmen die verschiedensten suffixe, namentlich aber a (o), ja (/o), ka (xo), ika (txo); denn schwerlich war in den ältesten eprachzuständen das relativum schon begrifflich von den übrigen demonstrativen pronominibus geschieden. Bekannt- lich ist in den am frühesten schriftlich fixirten und uns überlieferten Schriftwerken die satzfügung noch eine viel- fach da paratactiscbe, wo später die hypotactische eintritt. So bei Homer. In vielen sätzen, die anscheinend relativ sind, namentlich in solchen, wo das relativum, wie man sagt, in der form des persönlichen fürwortes wiederholt ist, sind die relativen pronomina in Wirklichkeit nur demon- Btrativa, z. b. og uiycc nciptcov

jiQytmv XQariet xat ßoi nüd-ovrai ^A^aioi, Wie sollte das foi dazu kommen, plötzlich die function des relativums zu übernehmen? Vielmehr schliefst sich an den sogenannten relativsatz paratactisch ein hauptsatz an, ^ weil eben das relative pronomen im sprachbewufstsein noch nicht als verschieden empfunden wurde von jedem andern demonstrativen pronomen. Um so mehr ist für die älte- sten Zeiten die nebenordnung solcher attributiven sätze an- zunehmen, und alle pronomina, die sich später in relative (ja), fragende (ka) und demonstrative (a) sonderten, konn- ten promiscue diese anfügung vermitteln. Aus solchen attri- bntiven sätzen scheinen mir alle vollkommenen relativen Zusammensetzungen ursprünglich entstanden zu sein. Ich vermag deshalb keineswegs die rigorosität G. Meyers zu loben, der jedem o-sufUx in der compostion den krieg er- klärt und sie alle zum stamme schlagen will ; es soll damit natürlich sein verdienst up die beseitigung des sogenann- ten oompositionsvocales durchaus nicht geschmälert werden.

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indessen scheint er mir über das ziel hinauszusobiefsen, wenn er mm jedem, namentlicb aucb dem am ende der composita auftretenden o eine ursprünglich selbständige Function nehmen will. Ich stimme hierin theilweise wenig- stens K. Zacher bei, der s. 15 seiner abhandlung: De prio- ris nominum compositorum Graecorum partis formatione hervorhebt, dafs solche Veränderung der stamme, wie zu- fögung eines o am ende, positam esse in hominnm studio, composita adjectivorum significatione utentia etiam forma adjectivis quam simillima faciendi. Ganz richtig, nur glaube ich, dafs dieses zu adjectiven machen durch zutritt eines sufBxes tiefer begrOndet war. Nehmen wir das auch von G. Meyer angeführte beispiel SrjfAoyegovT; das ganze com- positum ist Substantiv und ohne zweifei eine casuell be- stimmte Zusammensetzung, also tatpurusa. Sollte nun dieses wort attributivisch sich an ein nomen anschlieUsen, also nicht einen hauptbegriff bilden, sondern zur bestimmung eines solchen dienen, so konnte es dies nur durch zutritt eines demonstrativen pronomens, welches hinwies auf das zu bestimmende nomen und den subjectsbegriff enthielt. Das ganze erschien dann als ein vollständiger satz, natür- lich ohne copula, wie noch oft im griechischen: SijfAoyt'- QüVT'SL'SSi oder ja-sa oder ika-sa = der ist (war) volksälte- ster, und war nicht fi^esentlich, sondern nur in der Stellung des pronomens verschieden von einem 6g Stjfioyigwv {iCtiv oder 7jv). Natürlich gehören diese art bildungen in jene altersgraue periode, wo die pronominalen suüßxe noch nicht zu blofsen zeichen einer relation heruntergesunken waren, sondern noch mit eigenthümlich pronominaler kraft wirk- ten; es ist sogar wahrscheinlich, dafs die Verschmelzung dieser verschiedenen tbeile zu einem worte, also die eigent- liche composition, nicht in der indogermanischen urzeit schon stattgehabt, sondern ihren abschlufs erst lange nach der Sprachentrennung gefunden hat, da sonst anzunehen wäre, dafs wenigstens einige solcher composita als gemein- sames besitzthum in die einzelspracben übergegangen wä^ ren. Eigenthümlich ist nun, dafs diejenigen sprachen des europäischen zweiges, in welchen die zusammenseixong»-

homerische znaammensetznngen. 507

ffthigkeit eine aufserordeDtlich grofse ist, ich meine die ger- manischen sprachen und das griechische, bestimmte suffixc bei der composition bevorzugen. Obgleich wohl, wie schon g^esagt, ursprünglich alle primären pronominalen wurzeln a, ja, ka, ika gleichmärsig in der composition verwandt werden konnten, so gebraucht doch das griechische mit Vorliebe nur die suffixe o, £o == a, ja, und die germani- schen sprachen das sufSx ika in der form 9»ig^9 z. b. tief- sino'ig, an-rQcbt-ig = infamis. Als aber erst eine gröfsere menge von Zusammensetzungen mit den erwähnten suffixen vorlagen, da wirkten diese mit der macht der analogie, die ja, wie bekannt, in allen sprachlichen Schöpfungen und Wandlungen eine so grofse rolle spielt; suffixe wurden bald unnöthig, auch ohne dieselben wufste der menschliche geist diejenigen gedanklichen demente leicht zu ergänzen, die zum verständnifs noth wendig waren; so mag es gekommen sein, dafs, während bei Homer noch verbältnifsmäfeig viele composita mit sufBxen vorhanden sind, im verlaufe der grie- cbiachen sprachentwickelung die zahl dieser stetig abnimmt und die meisten späteren Zusammensetzungen gar kein suffix zeigen. Von sämmtlichen aus relativen Sätzen entstande- nen und mittelst solcher zu umschreibenden compositis er- geben sich zunächst drei olassen, und zwar nach der be- ecbafPenheit des bei zwei classen zu ergänzenden prädikates. Bei der ersten classe ist die copula oder ein ihr ähnliches ▼erbum zu ergänzen; bei der zweiten ein verbum wie „ha- ben^ oder „be^itzen^ (classe der bahuvrihi); die dritte classe ergänzt nichts; bei der auflösung in einen satz liegt das prädikatsverbum vor in einem verbalnomen irgend welcher art. Hierzu gehören sehr viele composita. Es sind haupt- sächlich drei gründe, welche mich bestimmen, auch diese zu den vollkommenen zu rechnen, 1 ) das verbalnomen kommt selbständig in den wenigsten fällen vor und wird nur zum zwecke der composition gebildet; 2) bei einigen findet sich das relative suftix „(o'', und endlich 3) das Domen verbale drückt die mannigfachsten zeitbeziehun- geo der handlung aus: alffeai/ioiog enthält an der citirten stelle offenbar futurbeziehung, rakaneiQiog perfectbeziehung^

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ebenso SvgaQKftoroxeia a= ^welche den besten söhn zu dessen eigenem verderbep geboren hat^, ebenso naxQotpo- vBvg SB ^der seinen vater getödtet faat^; endlich die mei- sten hierher gehörigen Zusammensetzungen drücken eine präsentische handlung aus. Man sieht also auch bei diesen verbalen Zusammensetzungen, wie gleichsam der gedank- liche inhalt die lautliche form überwuchert, wie auch bei ihnen vielfach wenigstens ergänzungen stattfinden müssen behufs des vollen Verständnisses, und das gerade scheint mir das rechte criterium der vollendeten composition zu sein, dafs in ihr mehr liegt, als man nach den wortele- menten auf den ersten blick in ihr zu suchen geneigt sein konnte.

Es würden nun zunächst diejenigen composita aufzu- ' zählen sein, welche eine präposition an erster stelle haben und im zweiten theile ein Substantiv, das von jener ab- hängig zu denken ist. Da aber überhaupt alle mit präpo- sitionen gebildeten Zusammensetzungen bis jetzt allzu wenig in der darsteliung der compositionslehre berücksichtigt wor- den sind und auch die im sechsten bände der Curtiusschen Studien s. 371 u. flgd. von G. Meyer gelieferte Zusammen- stellung derselben nicht ausreicht, so wird es vieilleicht nicht unpassend sein, an dieser stelle genauer auf diese art von compositionen einzugehen und sie im zusammen- hange zu behandeln. Ueber dieselben bringt 6. Meyer an der angeführten stelle nach unserer meinung ziemlich un- haltbare ansichten vor, die kaum worin anders ihren grund haben können, als in dem bestreben, diese bildungen in die altindische Schablone hineinzupressen, und gerade sie sträuben sich am energischsten dagegen. Sie sollen näm- lich nach G. Meyer entweder den karmadhäraja oder den tatpuruäa oder den bahuvnhi angehören können, und zu den tatpuruäa diejenigen gehören, wo der zweite theil des Wortes von einer präposition regiert erscheint, wie z. b. iyxerpakog gehim. Wie G. Meyer dies vertheidigen will, ist mir rein unerfindlich; bei den tatpuruäa soll doch das bestimmende glied in einer bestimmten casusform zu den- ken sein; nun bestehen diese composita aus zwei theilen:

homerische zusammenBetzaiigeii. 509

einer präposition und einem Substantiv. Welches soll denn nun das bestimmende glied sein? Doch ohne zweifei die präposition. Wer aber wird diese so ohne weiteres für eine casusform ansehen? Oder soll etwa das substantivum das bestimmende glied sein? Dies wäre geradezu wider- sinnig. Die Wahrheit ist, dafs bei diesen compositis der zu bestimmende begriff ganz aufserhalb der Zusammensetzung selbst liegt und entweder unbedingt zu ergänzen ist oder doch nur durch ein suffix angedeutet. Dies hat auch G. Meyer geftkhlt, wenn er zu kyxicpakog etwa f^vakog er- gänzt. Hiefse das compositum iyxa(faXofivekog^ so würde niemand bedenken tragen, dies für ein tatpuruäa zu er- klären; nun aber heifst es nur kyxi(fa?.og; es ist gleichsam nur die bestimmung da, aber das zu bestimmende fehlt. Aus Homer liegen noch andere beispiele vor, wie ävridv Qov^ von G. Meyer erklärt: „gegenüber der thür**. Die Verbindung mit einer präposition zeigt, dafs es Substantiv ist: öxi] dt xav^ avtidvQov xXiairig^ Od. XVI, 159. Es kann nichts anderes heifsen als to avxl Ttjg &vQag oV, der platz, welcher der thür gegenüber liegt, und die bestim- mung ist auch hier hinzuzudenken. Ebenso heifst x6 hni* ööoiTQov SB o hnl r(p acirpcp haxiv^ was auf dem hölzernen radkranze sitzt, der eiserne radreif; hmyowig ist o ini x^ yovaxi kaxiVf was auf oder über dem knie sitzt = lende; ngo&vgov s= o tiqo t^g &VQag kcxiv^ platz vor der thür; ^exdffQBVov^ vielleicht mit suffix o gebildet, ss to (iBxa xag cf'Qivag 6V, was hinter den (pgivBg liegt, rücken, und fiixon- nov was zwischen den äugen liegt, x6 uexcc toZg ocp&ak- fAolg 6v^ Stirn. Alle diese composita sind selbstverständ- lich substantivirte adjectiva. Wirkliche adjectiva mit der nämlichen bildung sind a^cpißqdri]^ äcnig^ von G. Meyer selbst erklärt ajucpl ßgorov ovaa^ eine erklärung, die ganz mit der meinigen stimmt: '^ ct(i(fi xov ßgoxov höxiv sb der den mann umgiebt, ihn ganz deckt; iifaXog am meere ge- legen, hnaQovQog auf dem lande lebend, eiifpvXog in seinem stamme lebend, iXgcnnog in sieht kommend (ügfUTtol hyi- vovxo vmv sie kamen in sieht der schiffe, II. XV, 653). Von diesen bildungen sollen nun nach G. Meyer ganz ge-

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sondert werden alle, „welche hinten ein Beoundftrsnffix zei- gen, z. b. naQfx&aX(i(5öiog\ hier habe man von dem noch selbständig in der spräche vorhandenen zweiten theile aus- zugehen {O^aXdaaioQ am meere befindlich), dem zur ge- nauem nüancirung seines begriffes das adverb nagd vor- gesetzt wurde. Das ganze sei hier eine karmadhäraja-za- sammensetzung.'^ Ich glaube, wenn O. Meyer auch nur die homerischen bildungen dieser art genauer in erwägong gezogen hätte, so würde er sich bedacht haben, diese be- hauptung aufzustellen. Abgesehen davon, dafs sich fUr die wenigsten einfachen, mittelst suffizes lo gebildeten adjectiva eine örtliche bedeutung nachweisen läfst (man vergleiche di^fiiog das volk betreffend und fueTctärifuiog unter dem volke befindlich, odiog den weg, die reise betreffend und eho- ötog auf dem wege befindlich), so würde er auch gezwun- gen sein, Zusammensetzungen ihrer bildung nach von ein- ander zu trennen, die begrifflich sich vollständig decken, z. b. naQaxaiQiog (Hes.) und nagdxatQog (Luc), imonkd" xiog und vnov^jiog (Hom.), ixToniog und ixronoq (Soph.), kxvouiog ungewöhnlich (Pind.) und ixvo^og ungesetzlich, u. a. Nicht einmal die homerischen Zusammensetzungen nct^i-- aiog und k^aiöiog lassen sich als Verbindungen der präpo- sitionen nagd und k^ mit dem adj. aiatog auffassen; fol- gende erwägungen verbieten es. UaqaiGia atjfAara IL IV, 381, die Zeus schickt, sind „unglückverkündende zeichen^ = d nagd rriv aladv kanv, die gegen die alaa (hier sub- jectiv : „das was jemandem (nach seiner meinung) zukommt^, „was er erwarten zu können glaubt^) sind; i^aiciog s=s o ^1 ahfjg kaxiv^ was aufserhalb des (objectiv) gebührlichen, des rechtes, liegt, frevelhaft, Od. IV, 690 : ot/re tivd pi^ag i^aiatov oijTi ti ünatv\ Od. XVII, 577: ij rivd nov öeitfctg k^atöiov (einen frevler); II. XV, 598: i'va Oinöog S* i^ai" (Siüv dgrjv ndaav knixgTJvsis, scheint es gleichfalls mit sub- jectiver bedeutung zu stehen: dgrn k^aiatog ist eine lytte, die man von der Thetis nicht erwartet hätte. Das ein- fache adjectivum ataiog in der bedeutung „glüokverheis- send^, „glückbringend^ findet sich an einer stelle in der Uias XXIV, 376. Wenn nun G. Meyer mit seiner oben

homerische zuaammensetzimgen. 511

citirteD behauptang recht hätte, so müfsten in den beiden vorli^eodeD compositis naqaiaiog und hi,aiaioQ die präpo- sitionen, da sie das ganze von dem begriffe des aiaiog aus- schlieisen, so ziemlich die bedeutung des <iv priv. haben. Diese bedeutung mfifste sich aber dann auch in anderen adjectivischen Zusammensetzungen nachweisen lassen. Das ist nicht der fall, nur in einem einzigen bei ganz späten scbriftstellern vorkommenden compositum habe ich obige bedeutung entdeckt: nccQa-avvtj&rjg ungewohnt. In allen übrigen finden sich fQr nagä folgende bedeutungen: neben: nagaXevxog weifsdaneben, ncc^aixto^ nebenschuldig =s mit- schuldig. Ein begriff, der neben einem anderen sich hin erstreckt oder neben ihm liegt, kann nun entweder aufge- faßt werden als demselben sehr nahe liegend, fast in seine Sphäre übergehend: na()dua)()og dem begriffe des fiutQOQ nahe liegend, also „fast närrisch^, „etwas närrisch % nagd" kvTiQog etwas unergiebig, naqd^tjQog etwas trocken, nagd- niKQOg etwas bitter, nagdTT^s^og fast voll oder aber aus dem neben hin kann sich auch der begriff der aus- sdiliefsuDg entwickeln, denn was neben dem begriffe eines anderen hingeht, ist doch auch aus der begrifflichen Sphäre desselben ausgeschlossen. In dieser bedeutung findet sich nuD Tiagd in nicht wenigen präpositionell abhängigen Zusam- mensetzungen, wie in nagdvo^iog = was von dem begriffe des gesetzmäisigen, des vojtiogy ausgeschlossen oder gegen denselben ist, ungesetzlich, nagdloyog unerwartet, nagd- gv&uog unrhythmisch, TiagdcpQOiv verrückt, nagdfiovaog mifs- tönend (eigentl.: was wider die musen ist), nagmonovöog bundbrüchig, nagdxaigog, Tiagaxaigiog unzeitig, ungebühr- lich und in dem homerischen nagalaiog. In nagavcryjgog nnd nagd&egfjiog endlich scheint nagd zu sein == nagd t6 dlxaiov avarrjgog gegen das rechte maafs streng, und Tragd- &tgfiog gegen das rechte maafs leidenschaftlich, allzu heftig. Noch günstiger ist die Sachlage bei ^|. In sämmtlichen Zu- sammensetzungen mit dieser präposition fand ich keine ein- zige mit der für h.i,aiaiog erforderlichen bedeutung des dv priv. In der örtlichen bedeutung „heraus^, „hervor^, „aufser- halb^ findet es sich in den lieideu babuvrlhis tHgiv hervorste-

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hende nase habend und k^ocp&akfiog beraasstehende äugen babend, und in zablreicben abbängigkeitscooipositis: ixnd^ Tioi; was aufserbalb des gewöbnlicben weges {ndrui;) liegt, aufsergewöbnlicb, äkyog (bei Aescb.), k^üimug (cfr. kv-cin-iay u. eig-ton-og) wer aus siebt ist, h^dÖBXcpog bruder- oder scbwesterkind , ixöt^f^og aufser landes, ixSixog was aufser- balb des begriffes der Sixri liegt, widerrechtlich, ix^th]g mifstönend, ixfiSTQog unmäfsig, 'ixQv&fxog unrhytbmiscfa, ix- anovSog von dem vertrage ausgeschlossen, htipQVDv sinnlos, ixfpvkog nicht zum volksstamme gehörig, i^aXog aus dem meere, opp. eivdhog^ i^eÖQog fern von seinem Wohnsitze, 'i^oygog 1) aus der zeit der jugendbiQtbe heraus 2) unzeitig. In Zusammensetzungen mit adjectiven hat ix, i^ die bedeu- tung: aufserordentlicb , sehr: Hxätjkog, ixkanrog sehr dünn, l^xlsvxog sehr weifs, ixjuavijg sehr rasend, ixnixQog sehr bitter; dieselbe bedeutung in bafauvrihis: ix&vfiog muth in hohem maafse habend, ixderjg mangelhafkigkeit in hohem maafse habend, sehr mangelhaft, ixna&fjg sehr leidenschaft- lich, ixnvQog sehr heifs, 'i^oivog berauscht (doch wohl: wein in grofser menge in sich habend). Ich vermag also nicht einmal naQalaiog und k^aiaiog als karmadhäraja-zusammen- setzungen aufzufassen; noch viel weniger aber die übrigen mit Suffix 10 gebildeten; dann bleibt ft&r alle diese nur eine classe übrig, zu der sie mit recht gezählt werden können, nämlich die der präpositionellen abhängigkeitscom- posita, die, wie schon ausgefQhrt wurde, in keine einzige von den indischen classen so recht sich einfügen lassen wollen. 'Bei Homer kommen folgende derartige Zusammen- setzungen vor: 1) dvri statt: avriavuj^a = ri dvx* dvdgog köTiv, dvri&iog og dvxl ätov h(nw\ 2) ^ibtA zwischen, während: (itxaiid^iov arrjd'og ist der theil der brüst, wel- cher zwischen den brustwarzen (fia^oi) liegt, iitraStifjLiog^ fiBtadoQTHog während des mahles. Od. IV, 194; 3) inl auf: inovQdviog == 6g in ovgdvip hativ der auf dem oigavog lebt, knix^oviog, kniSitffQiog was auf dem ÖitfQog liegt, pro- leptisch gebraucht Od. XV, 51, 75: dutga hniäiffQ^a x^Hy^ i?6ici;, wo an einen adverbiellen gebrauch des compositums durchaus nicht gedacht zu werden braucht; inofMifahog,

homerische znsammensetzaiigeii. 513

n.VII, 267: /Sdkev adxog ino(iCfdXtov\ knivtcfgld-iog (von einem stamme vEtpgiS = 6 v6q)Qüg^ der sonst nicht vor- kommt) was an den nieren sitzt, (h]^t6g, II. XXI, 204; iqaXog am meere gelegen, inaQovQog^ Od. XI, 489; i^Tii- ä^fiiog wer oder was bei oder unter dem volke ist (bei Sopb. kniSfjfAog ohne suffix); kfianog wer an seinem heerde oder in der heimath ist, IL II, 125; Od. XXIII, 55; Od. in, 234; anders Od. VII, 248: iui ktfiariov ijyaye daiuwv zu, ihrem (der Kalypso) heerde führte mich ein dämon; kiprjiiiQiog was fQr einen tag reicht, kffriukqta cfQovEiv Od. XXI, 85; etwas anders Od. IV, 233 (bei späteren kcfi^ue- Qog ohne suffix); kTier^öiog (ion. kTTSTecüg) für das ganze jähr, nur Od. VII, 118. Substantivisch wird gebraucht hniaifVQiov^ ro was an den knöcheln sitzt, schnalle zur be- festigung der xvi]fuSsg an den knöcheln. 4) vtio unter: imonXdxiog^ VTiovrjtog unter dem Neion gelegen; imwooffio^ wer anter dem dache, d. i. im hause ist, IL IX, 640 (vnoj- QOtfog ohne sufBx bei späteren); vnovgdviog unter dem himmel befindlich; vnaaniSiog unter dem Schilde gedeckt; das neutr. plur. als adv.; vnox^iQtog was man unter der band hat, xQ^^^Q'i C)d. XV, 448; vTtoxagrdQiog unter dem Tartarus befindlich, Tirrjveg, IL XIV, 297. Subst. vnwTna^ rd was unter den äugen liegt, gesiebt; vtiwqsicc^ tj gegend am fufse eines berges, II. XX, 218. 5) iv^ ein kvagiifuto^ wer in einer zahl ist. Od. XII, ()5; IL II, 202: ovr kv tio- XkfAtp ivaqi&fiiog ovt ivl ßov?Jj einer, der weder im kriege noch im rathe zur zahl sc. der besten gehört; kvsvvaio^ was in der bettstelle ist, SeQjna Od. XIV, 51; pl. subst. rd kv. die betten Od. XVI, 35; kvOvfiiog der oder das je- mandem am herzen liegt. Od. XIII, 421 ; eivodiog nur IL XVI, 260: (rq)t]7<£ö(Si eivoöioig; €ii/«/(og (später ^i/«Aog ohne Buffix) im meere befindlich, xrjrog Od. IV, 443; xootavt] V, 67; ivimviog was im schlafe kommt; als adv. II. II, 56; Od. XIV, 495; ivvvxiog der in der nacht etwas thut, Od. in, 177; IL XI, 683, XXI, 37; dasselbe ohne suffix oder vielleicht mit suffix o, cfr. Bivd-wx-eg^ h-vv^og IL XI, 706: ^X&€V hw^og; ivöiog wohl für kvöi^iog {öif „heitere him- melsluft^, dann die zeit, wo der himmel hell und heiter

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 6. 33

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ist im gegensatz gegen die nebelige frühe, also ^mittag^) n. XI, 726; Od. IV, 450; iu(pvkog, Od. XV, 273; substan- tivisch ta kvüjma was jemandem (beim eintritte ins haus) in die äugen fallt, seitenwände des einganges. 6) eig: dg- (üTiog. 7) xarä: xaraj^ifoviog unterirdisch, Zsvg^ IL IX, 457 ; xaTCüfiddiog was man von der schütter ausholend wirft? II. XXIII, 431: oVor« Si diffxov ovga xarcofiaSioio Tiikovrai; zu vergl. das avjajibhäva xatOD^adov; xara^i^vfiiog am herzen liegend 2) nach jemandes sinne seiend, II. X, 383, XVn, 201; Od. XXII, 392. 8) dno: dno&vfxiog was dem herzen jemandes fern ist, mifsfällig, dnod^vfiia IIqöeiv rivi^ II. XIV, 261. 9) noTi: noriSooniog zum nachtmahl die- nend. Od. IX, 234, 249. 10) vniQ „über** in dem substan- tivischen neutrum vubqi^vqiov^ t6 was oberhalb der thür ist, oberschwelle. Endlich gehört hierher auch noch der zweite theil des bekannten epitheton des Ares akko-ngog- aXkog; der erste theil des compositums hat wohl abiativi- sche bedeutung, so dafs das ganze als eine tatpuruäa- Zu- sammensetzung anzusehen ist, und heifst: der sich von dem einen zum andern leicht wendet. Bei den übrigen präposi- tionellen Zusammensetzungen werde ich mich kürzer fassen können. Zu den vollkommenen gehören 2) zahlreiche bahu- vrlhis mit einer präposition in adverbiellem sinne an erster stelle. 1) df.i(fi: dfitpicpogsvg (bei Hom. (poQBvg^ träger, vorkommend) träger d. i. henkel auf beiden Seiten habend = äjbKp'üJTug; G. Meyers annähme, dafs (pogsvg adjecti- visch zu fassen (studicn VI, 2, 376), ist wenig überzeu- gend; dfX(fi(pakog hinten und vorn einen schirm habend; dpKfiakog ringsum das meer habend, *l&dxtj; dfi(fiyvog von der lanze, wohl mit ausgeschweifter spitze; dfiqjixofiog ringsum belaubt, II. XVII, 677. 2) Ttegi sehr: nBqiyXctytig viel milch habend ; nBqixakkr^g sehr schön ; ntQifABTQog aufser- ordentlich grofses maafs habend, larogr, TiSQifttjxrjg sehr grofs; dasselbe nsgifAijxeTog; nsgiTievxrig {*Td nsvxog^ cfr. ij^sTievxtjg) sehr viel schmerz bringend, ßelog; ntQinXt^&rjg eine grofse Volksmenge habend, OQTvyhj; TisoiipQoav viel verstand habend. 3) ngo hervor, vorwärts: ngocpgtDV den sinn jemandem zugeneigt habend, fem. ngdcpgaaaa fikr nqo"

homerische Zusammensetzungen. 515

^ar-ja; ngoxooaaog (ai xQoaaai) ziDDen nach vorn habend, U. XIV, 35; TiQO'jrgi^oQ die wurzeln hervor habend, d. i. mit der wurzel ausgerissen, wie nooifkXvuvog die grund- läge hervor habend, mit der grundlage ausgerissen, U. IX, 541; U. X, 15. Anders II. XIII, 130. 4) nagd daneben: naQctxoitrig^ fem. naqdxoirig {xoirrj lager) gatte und gat- Un. 5) vniQ über: vnegfdevijg übermächtig; VTiigßiog gewalt Qbermäfsig habend, gewöhnlich im tadelnden sinne: über- müthig; VTzig&vfiog muth übermäfsig habend, hochgesinnt; ▼ielleicht auch vnegxvSag stolzes hochgefühl in überhohem maafse habend; cfr. Suhle, Homerlexikon, unter xvöog^ xv- daivio cet. 6) ngogxTjSi^g sorge habend gegen jemanden, Od. XXI, 35 ^eivoavpf]g 7iQogy.?jÖeog, 7) vno unter: i;ro- j^grivog ein lamm unter sich habend. 8) evog^^og hoden an sich habend, unverschnitten, fAijka^ II. XXIII, 147; iufto- Qog antheil habend an . . . riuijg^ Od. VII, 480. 9) ^tiI an: ini(fgwv klugheit an sich habend, kni-ky&og Vergessenheit an sich habend, (fdguaxov; iffvdgog feuchtigkeit bei sich habend, vom Zephyrus Od. XIV, 458. 10) xard: xd^tuo- Qog {fAogog Schicksal, insbesondere „trauriges Schicksal^, &dvaTov fi6gov re revxsiv) unglOck auf sich habend. 11) diA durch und durch, sehr: Öiargvyiog {tgvyij) traubenreich. 12) dno: dnT]?.ey7]g nur im adv. aTitßeyewg vorhanden IL IX, 309; Od. I, 373 rov uv&ov d7ni?.eyiu)g dnofsineiv. Zu gründe liegt wahrscheinlich ein nicht vorkommendes t6 äks- yog von dliya) = rücksicht nehmen, so dafs das adjecti- vum hiefse: rücksicht fern habend, rücksichtslos; diese ab- leitung scheint trotz allem mehr für sich zu haben als die auch von Zacher (s. 25) adoptirte Rödigersche. Das com- positum läfst sich schwerlich trennen von övgrj?.eyijg ^ und wie ich überhaupt in der Zusammensetzung die einschie* bung einer uralten präposition ?;, von der man sonst im griechischen nichts mehr weifs, mit Rödigcr und Zacher nicht anzunehmen im stände bin, so mufs ich eine solche auch für das compositum dvgißeyrjg zurückweisen. Dann bleibt schwerlich eine andere ableitung übrig als von dXiyvo. Vielleicht könnte man noch an dlyog und d}^eyEiv6g den- ken, wie es denn in der that in dem Suhleschen Homer-

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lexikon erklärt wird: „sehr dXsyeivog^. dygr^lsyi^g hiefse demnach: „schlioiine sorge, angst bringend" und wäre dem dvgxi]d7^g Od. V, 466 zu vergleiphen. Es ist epitheton des Ttoksfiug IL XX, 545 und des \fdvarog Od. XXII, 325.

Die unvollkommenen Zusammensetzungen mit präposi- tionen gehören zu den karmadhärajas; das zweite glied ist entweder a) ein Substantiv, oder b) ein adjectiv. a) hTii- noifiijp^ kmßüJTwg^ knaQj} fluch, kniiayr] {Ibdyrj)^ knifidQTVfyog^ kTtaoiöi]^ inixovQog^ 7is()iwnfj warte, kvwnj} anblick, nur im adverbiell gebrauchten dativ; dasselbe ävwxp im acc. xav kpwTicc II. XV, 320; jueTceyyslog Zwischenbote, ^vvigt'&og mitarbeiter, v(ft]vioxog^ nqogojnov^ nQodouog^ ugodog^ vno- S^wg VI. a. b) kTTifeixeXog^ hnairiog^ ini^vvog^ kmafAvyeQog^ nur adv., dpupiukXag^ djucfijcihaaai {jriXt^)^ ducfiÖdoBia^ nsgt- xXvTog^ ntQLCfQCtSrig^ nsüiÖkiiog^ kvdt^iog^ kvaiaifiog, ivahy- xi>og^ kvavriog^ kvinXeiog^ 'if.inkeiog^ knatvog^ kTtrjfAOißog, k^rj- fjLOißog^ knaQwyog {agonyog helfend), kTiiök^tog^ ixdrjXogy dvT- d^iog gleichwerth, vniQonXog (oTiXog nur im comp, onko: Tsgog und sup. onXorctrog)^ 7igonQi}vrig^ xaTangtjVijg^ xara- Qiyt]).og^ xciia&viiTog^ ^VLKfi^jdö^iwv. Einen comparativ an zweiter stelle haben: knacavxeoog^ vnoXi^wv etwas weniger.

Ich wende mich nun wieder zu der aufzählung der übrigen Zusammensetzungen, bei dei*en auflösung in einen relativsatz die copula zu ergänzen ist. a) der zweite theil ist im nominativ zu denken und fungirt als prädicatsnomen ; der erste theil ist a) ein Substantiv und in einem bestimm- ten casus zu denken: ßooro'Xoiyog = og twv ßgovcov Aoi- yog kanv^ der das verderben der menschen ist*); ähnlich gebildet der orakelausdruck dd'tigijkoiyog; TtodrjvsfAog = ?] Tovg noäag ävejiiog kanv^ die hinsichtlich ihrer f&fse wind ist; dvögaxx^rjg = o dvdgl d^t^og karip, was für einen

*) Wenn 6. Meyer (stndien VI, 1 s. 252) ßQOToXoiyoq als ein tatpnmSa erklärt, so scheint dies in anbetracht dessen, dafs die y Xvy bei Homer nur in ein paar nominibus ein kümmerliches leben führt, aber als verb nicht ge- bräuchlich war, wenig gerathen zu sein; allerdings läfst sich das wort nur höchst gezwungen als bahuvrihi auffassen, worauf schon Berch (s. 11) auf- merksam macht; wenn aber eine andere möglichkeit da ist, dasselbe ange- zwungen als Zusammensetzung mit ?,oty6q „verderben ** aufzufassen, worauf schon der accent hinzudeuten scheint, so ist eine solche erklärung unbedingt der G. Meyerschen vorzuziehen.

homerische zusammen setznngen. 517

mann eine last ist, x^gfidSia Od. X, 121 ; jroivdnsSog was ein boden fär wein ist, (i?^a)7J; &vfiokaoov = og &vuw Umv iariv^ der darch seinen muth ein löwe ist; vielleicht auch vavXo^oq^ Xifir]v^ der für schiffe ein lager ist; der erste theil ist ß) ein adjectiv: o^vßeXijg = o o^v ßilog koriv, was ein scharfes geschofs ist, ojrtarog II. IV, 126; nokvtj* yEQYig (*ro äyspog = ?/ ayoQ7j)^ Inixovgoi^ die eine zahl- reiche Versammlung bilden; ^tjövnorog was ein angenehmes getränk ist^ ^oivog; 'XQaraiTieSog was ein harter boden ist, nur Od. XXin, 46 : XQuiameSov oväccg il^ovTsg] ndvooixog^ Xifiijv, = og ndvTTj OQfxog koTiv; y) ein indeclinabile : ccyr^ vu>Q der in hohem grade ein mann ist; dvrjvcoQ der kein mann ist; dffQtJTcuQ der kein (pQt}T}](}^ d. h. zu einer sippe gehöriger ist (vielleicht läfst sich dieses compositum auch als bahuvrihi auffassen), du(fixv7Tel?.og^ öinag^ was auf bei- den Seiten ein becher ist, doppelbecher; hnonwfjiog (bei Pin- dar inu)VVf.Hog mit suff.), ovoua^ eigentlich: ein name, der ein beiname ist, d. h. bei einer bestimmten gelegenheit ge- geben, b) der zweite theil ist im gen. des Stoffes zu den- ken: navdgyvQog = o ndvtwg aQyvQOV hativ^ was ganz von silber ist, x(>i^t?7^; oder in einem andern gen.: navSfj^ uiog (später ndvdt}fiog ohne suff.) = og navtog rov Srifiov kartv^ der das ganze volk angeht, ntw^og. Aehnlich lassen sich die durch suff. lo gebildeten ableitungen von compo- sitis auffassen : evayyeXiov = o ivayyiXov hariv^ was einem, der gute botschaft bringt, zukommt, lohn fiir gute bot- schaft; 6Soin6()tov was einem wanderer nöthig ist, reisegeld; fioi^dymov (wahrscheinlich von einem nicht vorkommenden fÄoixayQog im ehebruch ertappt) strafe für ehebruch; dso- nQoniov was einem &eo-7TQ6nog^ einem die götter befra- genden zu theil wird, götterantwort, und vielleicht noch rd dvSodygia waffenbeute und ccIttoIlov ziegenheerde. c) im acc. : Ttavvvx^og dveuog (IL XXIII, 217) ist ein wind, der die ganze nacht weht; ndvvvxog vnvog ein die ganze nacht dauernder schlaf; navi^uegiog (später 7rccvf]usgog ohne suff.) was den ganzen tag dauert; sivd-wx-^g was neun nachte dauert.

Ueber die sogenannten bahuvrihis sind nur wenige

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Worte Dotbig. Bei ihnen ist der begriff des „habens^ oder „besitzens^ zu ergänzen. Mit suf&x io finden sich folgende beispiele: axorof^rjviog ^ vvS:^ = y rj fjirivri kv axotcp idriv^ welche den mond in dunkel gehüllt hat; denn ohne zwei- fei ist das erste glied des compositums locativisch aufzu- fassen; xvavo'TtocüQS'iog mit stahlblauem vordertheile ; nav- oucfa-log der alle vorbedeutenden stimmen {ofKfoq) hat, vom Zeus; 6^0'yd(STQ'ioq dem nämlichen mutterleibe ent- sprossen; kvved'ßo'iog was den werth von neun stieren hat, ixarojA" dcoöexd' rsooaQd' ijrBixoad-ßoiog; d&SfiiaT-iog und mit suff. o d&ejLuaT'og frevelhaft; aTteiQia-iog und dnegEi- aiog (TteiQar-) ohne ende, unermafslich ; vtjvifjiLog windstill {yakrjVf] V7]VBfiit]) neben V7]VBfjiog, Mit suff. o: sv-reixB'Og schöne mauern habend; daneben acc. sg. eireixia; ixaToy- yBiQ'Og hunderthändig; dvg-x^ifXBQ'og einen harten winter habend, JcoSdvtj; dytjoa-ogy zusammengezogen dyijQcog nicht alternd; vyjixBOMg für ^xiga-og hochgehörnt; ;^()i;(r-ao^-og goldschwerttragend ; aufpior-og öhre oder henkel auf bei- den Seiten habend. Mit suff. ?;(>o entsprechend dem lat. ali : 7tBVTa-^BT'7]Qog = quinqu-enn-älis. Endlich einige mit Suffix ßBVT ^ nom. j:Big\ ßa&vSivrifBi^g = ßct&vdlvr^g tiefe Strudel habend; dlu-^VQrr^Big vom meerwasser fluthend; TtoTi'Cfwvirj^Big eine stimme zum anreden habend; äfufi- yv7]zfBig krömmungen auf beiden Seiten oder beinen habend, krummbeinig = xv^ko-TtoSitüV.

Von den übrigen bahuvrihis sind folgende unterabthei- lungen zu scheiden 1) der erste theil ist ein adjectiv: Acvx- loXBvog^ xaXU'&gi^y nvxi-fitjörjg verständigen sinn habend, cfr. nvxa cpQovBiv {nvxi wohl für nvxo, von welchem adj. nur das neutr. pl. nvxa als adv. vorkommt); ebenso gebil- det dgyi'oSovg^ agyi-xi^ccwog mit hellem blitzstrahl; von diesem dgyi ^hell'^, „glänzend'^ ist trotz der lautlichen Übereinstimmung zu scheiden dgyi „schnell^ in dgyi-novg schnellfüfsig; (oxv-uoQog schnellen tod habend; Sohx'^yX^i^^ alv-ccQiTf]g der eine schreckliche tapferkeit besitzt; svgv-jrona (nom., voc. und acc.) der eine weithin schallende stimme hat (G. Meyer „weithin tönend"; doch vergl. meine obige anm. über ßgorokotyog)^ nolv'jrgtjvog, dat. sg, noXv'^agv»^

homerische zasammensetznngeD. 519

nom. pl. noXih/rgtiv^sg der viele lämmer hat; noXv^ndfxoiv^ nokvxTtiuwv; xXvrO'TBxvtjg der eine berühmte kunst hat; xAvrd-ro^og, &QaaV'y.ägSi>og^ okßiO'daifiwv der einen glück- lichen Sai/Äcav hat {daiuwv ^gottheit, sofern sie wirkt, men- schen wohlthut und schadet", cfr. den vortrefflichen artikel daifiuiv and Saiuoviog in dem Homerlexikon von Suhle); ofW'Ufiog der die nämliche ehre hat; olfo-yiTo^v der den leibrock allein an hat; iregiijuegog der immer einen um den andern tag hat, sc. zum leben auf der oberweit, von Ka- stor und Polydeukes, Od. XI, 303: Cwova irsQTj^eQoi; crcer- canog (ornj) was eine enge öfinung, einen engen eingang bat; noXv-conog mit vielen maschen, ölxtvov^ Od. XXII, 396) und zahlreiche andere. Ein verbalnomen an erster stelle in raAa-<jppwr, Talaai-cfQMv einen ausharrenden, sich durch gefahr nicht beugen lassenden sinn habend; ccfBai- tpQov entweder von cifti^i : einen wehenden, d. i. unbestän- digen sinn habend, oder von aßdia = cfqiva ey^tnv ij (toi/ i^ovta sc.) ofdei; ccfeai passivisch zu fassen liegt kein grand vor; vielleicht ntj/eol-^talkog cujus lana compressa, densa est. 2) ein zahlwort an erster stelle: öfi-Titv/og doppelt gefaltet; S/i-^vy^ nom. ()flL^v^ mit zwei Jochen; rgi- yktjvog mit drei edelsteinen; üxrd'XvtjiÄog achtspeichig, u. a. 3) ein Substantiv, welches in einem bestimmten casus zu denken ist a) als prädikatsuomen : ^si-öwgog geschenke ha- bend, welche getreide sind; ^eigo-noxog wolle als bedek- kung habend; noxog von der wz. Tiex ist die wolle, sofern sie verarbeitet werden kann^ ^elgog von der wz. var, so- fern sie bedeckt; TivgL-r^Aj^g {*t6 äxog) feurige spitze ha- bend; Soko'fjifJTrjg und doXourjTig anschlage, die listen sind, habend; vielleicht auch: „auf list sinnend". Auch A£/€- noirig ziehe ich hierher, obwohl mir kein beispiel bekannt ist, wo das g eines s-stammes in der composition wegge- fallen ist; ^eigo-xofiog und jreigonoxog {tu ^elgog) sind an- ders zu beurtheilen. Das compositum würde dann nicht mit Umstellung der glieder zu erklären sein : „in der wiese sein lager habend", sondern „gras als lager** oder „zum lager habend^. Ich würde die G. Meyersche erklärung: „gras hinbreitend" (zum lager) V, 1, s. 109 als sehr poe-

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tisch acceptiren, wenn sich das compositum nur als bei- wort eines flusses fände, wie II. IV, 383 des Asopus; es findet sich aber häufiger bei Städten, so bei Jlteleog 11. II, 697, und in den hymnen bei Tav/Ai]aö6g (h. Ap. 224) und 'Oyx^GTog (h. Merc. 88). Der flufs kann als ein thätiges wesen aufgefafst werden, welches sich sein lager selbst schafit und hinbreitet, von städten finde ich es unpassend. Es worden nun b) die vergleichenden bahuvrihis fol- gen; da aber G. Meyer (Studien V, 1, s. 11) die verglei- chenden composita für nichts als eine fiction der gramma- tiker erklärt, so bedarf es zunächst einer Untersuchung, was diese behauptung auf sich hat. Uhdolph hatte in sei- her Schrift: de linguae latinae vocabulis compositis die ver- gleichenden composita zu einer Unterart der elliptischen gemacht; ellipsen soll aber die spräche nach Cr. Meyer nicht kennen. Wenn hier das wort ellipse in seinem ge- wöhnlichen sinne genommen wird, nämlich als bestehend in einem verschweigen gewisser untergeordneter begriffe, die zum zweck grammatischer Vollständigkeit in gedanken zu ergänzen sind, so ist mir jene so ohne jede einschrän- kung gemachte behauptung unverständlich; mir scheint viel- mehr die ellipse das sprachliche leben von seiner vollkom- mensten äufserung an bis zum unbeholfenen stammeln des kindes geradezu zu beherrschen. Die spräche ist ja kei- neswegs ein genaues abbild des denkprocesses, sondern Worte sind nur örjuuTa rrjg (pcovijg^ wodurch bestimmte wichtige und zum verständnifs nothwendige glieder aus diesem processe hervorgehoben werden. Und je denkge- übter jemand ist, desto mehr dergleichen denkoperationen vermag er gleichsam mit einem blicke zu überschauen, desto, weniger brauchen ihm in diesem fortlaufenden flusse des denkens, diesem vergleichen, verbinden und trennen der begriffe, welches wir „urtheilen'^ und „schliefsen^ nennen, die untergeordneten glieder sprachlich und lautlich zum be- wufstsein gebracht zu werden. Darauf beruht eben häufig die schwerverständlichkeit der Schriften grofser und tiefer denker, dafs sie in ellipsen reden, d. h. in ihrem denken gleichsam zu grofse schritte machen, die mittelglieder zwi-

homerische zosammenBetziingen. 521

sehen wichtigen begriffen überspringen und die oft schwie- rige aufsnchung derselben den ihnen nachdenkenden über- lassen. Ebenso spricht das gewöhnliche leben meist in ellipsen; je bekannter und vertrauter der uns umgebende kreis von menschen ist, desto elliptischer kann unsere aus- dracksweise sein, ohne dafs wir zu beftirchten brauchen, mifsverstanden zu werden. Doch ellipsen können ihren grund auch in geistiger unbeholfenheit haben, in der Un- fähigkeit, zu dem, was man denkt und aussprechen will, die nöthigen und entsprechenden worte zu finden. So in der spräche der kinder. Wenn ein kind sagt: „apfel^, so kann das unter umständen heifsen: „ich will einen apfel haben^ oder: „gieb mir den apfel", und- dieser gedanke ist dem kinde ganz klar, es hat aber zum ausdrucke des- selben nur ein wort zur verftigung und bedient sich also nothgedrungen einer kühnen ellipse. Diesem stammeln des kiüdes gleicht die menschliche rede in ihrem frühesten Ur- zustände, da sie gleichsam ihre kindheit durchlebte. Und je näher eine spräche diesem Urzustände steht, desto lapi- darischer und laconischer ist ihre ausdrucks weise, gleich- sam lauter wortabbreviaturen. Die vollkommenen Zusam- mensetzungen sind nichts anderes, als solche wortabbrevia- turen, kühne ellipsen, zu denen das denken noch mancherlei hinzuzuthun hat, um sie verständlich zu machen. Um nun die anwendung auf den besondern fall der verglei- chenden composita zu machen, so wird es nach dem obi- gen weiter nicht absonderlich sein, dafs die spräche ver- gleichungen ausdrückt, ohne diese vergleichung auch nur mit einem laute anzudeuten. Stehen die beiden in einem solchen compositum verbundenen begriffe in dem Verhält- nisse der vergleichung des einen mit dem andern, und zwar hinsichtlich gewisser merkmale, die beiden zugleich zu- kommen, so ist das compositum als ein vergleichendes zu bezeichnen, wenigstens wüfste ich keinen passenderen aus- druck. Alles sprachliche hat ja diese zwei Seiten: eine geistige oder begriffliche, und eine gleichsam körperliche oder lautliche; wenn eine seite die wichtigere ist, so kann dies nur die begriffliche sein, da die lautliche seite der

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spräche doch wesentlich nur subsidiäre bedeutuDg hat und dazu dient, die begriffliche auch andern zum verständnils zu bringen. Zwar läfst sich, so zu sagen, in erster in- stanz bei dem indischen compositum puruSa-vjäghra die annähme einer vergleichung umgehen, indem man es erklä- ren kann: „ein tiger, der ein mann isf^ oder „einer, der zugleich tiger und mann isf^, d. h. die eigenschaften eines tigers mit denen eines mannes vereinigt; nicht aber, wie mir scheinen will, in letzter instanz, wenn man auf das wirkliche verhältnifs der beiden in dem compositum ver- bundenen begriffe näher eingeht: puruSa-vjäghra heifst ja nicht „ein mann, der ein wirklicher tiger ist", wie werwolf „ein mann, der ein wirklicher wolf isf^, sondern nur: der ein tiger ist in bezug auf die und die eigenschaften, Wild- heit und starke z. b. Der unterschied zwischen den bei- den begriffen, ebenso wie ihre identität ist also wirklich im sprachbewufstsein vorhanden und wird vorgestellt und empfunden; dies ist aber nur möglich durch eine verglei- chung der beiden begriffe. Für mich bleibt also das be- griffliche verhältnifs, in dem zwei in einem compositum vereinigte Wörter zu einander stehen, das hauptsächlichste criterium zur Classification des compositums, und ich glaube deshalb nicht, dafs man die annähme von vergleichenden Zusammensetzungen wird umgehen können. Bei Homer ge- hören folgende bahuvrihis hierher: xvv-ujTtfjg äugen wie ein hund habend, fem. xw-wnig; ßqfWTiig^ fisUyrjgvg^ j:6\p ^eiQijvouv^ einen klang so lieblich wie honig habend; jUcAi- r](i7]g (ro ?jSog)^ fA,eliq)Q(ji)V {(fgrjp wahrscheinlich hier „em- pfindung" oder „das was empfunden wird"; sonst ist es ja immer das subject des empfindens) „eine empfindung", oder einen „geschmack" wie honig habend; vom weine, weizen, brote und schlafe ; Osofsidi^g aussehen wie ein gott habend, tjegofeidrig aussehen wie luft oder nebel habend; fiojreid/jg^ ^vXqfBi8rig;^ioövB(frig (*ro dviipog^ wozu 5voqp€- o6g dunkel) dunkele färbe wie ein veilchen habend; ah- TTOQcpvQog Purpurfarbe wie das meer habend (cfr. G. Meyer in den Studien V, 1, s. 12); xQO'/OTtenlog ^ xvavongfpgog^ xvavoTiQcpgeiog^ xvavoxcclTi]gf xvavünig^ !Afi(pQiTQlttjj a(fyv^

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gons^a füfse wie Silber weifs habend, agyvgodivyjg, ;^aAxd- novg ftfse wie von erz habend, ^oöodccxrvXogy ccfsXlonog ALfse schnell wie der Sturmwind habend; avXtonig {omq) loch wie eine röhre habend, TQvcpdXeia; substantivisch: xv- xkanff ein äuge wie ein kreis habend.

c) im genitiv: dgyvQoro^og einen bogen von silber habend ; d()yvQ6ff]log^ ;^aAxo/9a(>^;$ (t6 ßagog)^ jroivoßagijg^ Xahcoßazfjg (*ro ßdrog = „Fufsboden'* oder „Schwelle"), ;jfaAxo;'Äw;^ti/, ^a?aoxv}juig^ x^^'^^^^QV^^ (vom helme), ;^«A- xo;jfiT(wy, xQ'^^^dfATTv^^ ^Q^^doQog^ ;^()i;(T?;^axarog, XQ^^V^^^S^ XQVöo&QOVog^ XQvaoniSikog^ XovcronTSQog^ XQvaqfQamg^ ?jvo^ &tig7]^, TcvavüTtB^a fiifse von stahl habend, rgdmi^a; ^oivo» 7iXt3&i]g^ TcoSdgxrjg (*to agxog, wovon dgxia) für dQxia-jfa abgel., cfr. rJQXB(S'fiai), in7i6xo(.iog, innovnig mit dem schweife eines rosses versehen; &vuaXyr]g^ nodcixt^g (*to (oxog), ö'eov- iijg für &eo'öj:e't]g {t6 SfBog)^ furcht vor den göttern ha- bend; vielleicht Soficfgwv erfahrung im kriege habend. d) im comitativ: tuikTondgijog Seiten mit röthel habend, von den schiffen; (foivixondQjjog Seiten mit purpurfarbe ha- bend, VYivg. e) im locativ; x^uauvvi}g (yctuai loc. = humi), ;^aMa^£i;i/a^; dygavlog wohnung auf dem lande ha- bend, noifievsg^ ßovg\ dxgoxouog das haar auf dem scheite! habend, von den Thrakern; f) im dativ: kreQa?.xr/g (*t6 akxog = dlxf]) die Übermacht dem einen von zwei beeren verleihend, &vfjirjÖ7]g. g) mit einer präposition: dve- uoaxBTiijg schütz gegen den wind gewährend, x^alva; ov- oavofiTjXTig höhe bis zum himmel habend, kXdvj]; 4) ein indeclinabile an erster stelle

a) dv priv.: dv-i/redvog^ dv-aifxcov^ av-aXxiS^ nom. -g, acc. sg. 'IV und 'ida; dv-siticov, arf.gojv^ dniXE&qog kein ple- thron habend, unermefslich; d-vofog^ d-Sfeir^g und ddjrsrjg (ro Sjrecog^ ^J^^og\ dax7]&7Jg (*t6 axrj&og), d-öneguog^ d-xi- xvg^ d'^ovrog {*j:ovti] wunde, wovon ^oi;r«-w) und viele andere; dazu mit dem nahe verwandten viy: vtj-xegdrjg^ vi?- nowog {noivri)^ vr/'7ievi^7jg ^ v-tßerjg^ v-rjVBuog, h) d int. fQr ursprüngliches sa, meistens mit dem begriff des latei- nischen idem: ä-Xo^og eundem lectum habens, dxohi^g^ äxottigj dtdXavTog^ d-öeX^s-iog^ dÖelif'eog (äekifvg); in der

524 Schaper

form 6 findet es sich in O'&gi^^ o-jrkrriq^ o-nargog. Die bedeutung der präp. avv scheint es zu haben in o-ßgiaog {ßgifitjl) robur secum habens; endlich = ayav^ sehr in ä'TtoTfiog sehr unglücklich, ä-^vXog dicht bewaldet, vXt] II. XI, 155; äßQouog (ßgofiog) sehr lärmend, Tgcüeg II. XIII, 41. c) ^v, ijü, ev: kv'&gi^^ rjv-yevetogy iv'fiuskitjgy ev-MTiig und zahlreiche andere, d) dvg: dyg-^i^Xog schlimme leiden- schaft habend, jähzornig; dvg-^aXm^g schlimme, d. h. we- nig, wärme habend, kalt, ;^€iaa>V IL XVII, 549; dvg-'xrjSi^g^ 8ug-wvvfxog u. u. e) äya = admodum: dya'xkefjjg^ ayd- vi'Kfog (vicfog für aviq>og^ goth. snaivs). f) igt = valde: hQi'ß(aXa<^ und igi'ßwkog^ Iqi'ySovnog u. a. g) vijjl: inpi^ ^vyog die höchste würde habend, vom Zeus: vyji'xdgrjvog^ vip^ogocf'Og^ infj-ayoorjg eine stolze rede habend, prahlend u. a. h) Ja: ^d-xotog grofsen zorn habend, i) «ort: apri- novg behende oder flinke fOfse habend, vom Ares und der Ate; aQTi-jrsnrjg flink mit werten, redegewandt; dQTi'yQcov rechten sinn habend, wohlgesinnt, nur Od. XXIV, 261. k) dyx^' dy^i'^eog die götter nahe habend, dyx^'^^og das meer nahe habend; beide lassen sich auch als abhängig- keitscomposita auffassen = og äy^t &bwv^ aXog kariv den göttern oder dem meere nahe seiend; dy^i-vq^og geistes- gegenwart besitzend, dy^i'ßad-tjg tiefe in der nähe habend. Es folgen die composita, welche ein verbalnomen ir- gend welcher art entweder an erster oder zweiter stelle zeigen. Während ich früher betreffs derjenigen, die no- mina verbalia an erster stelle haben, der ansieht war, dafs diese auf zwei grundformen zurückzuführen seien, nämlich 1) nomina mittelst des sufBxes ti gebildet und 2) partici- pien in sogenannter schwacher form, die dann in der man- nigfachsten weise verstümmelt wurden, glaube ich jetzt nach dem erscheinen der arbeit von G. Meyer: „Beiträge zur Stammbildungslehre des Griechischen und Lateinischen^ in den „Studien^ von G. Curtius, sowie der zusammenfas- senden Untersuchung Zachers: de prioris nominum compo- sitorum Graecorum partis formatione, dafs für die in frage stehenden nomina eine viel gröfsere mannigfaltigkeit der bildung anzunehmen ist, eine mannigfaltigkeit, die ganz

homerische zusammensetzimgeii. 525

speciell auf griechischem boden erwachsen ist. Da giebt es 1) nomina, ursprünglich mittelst Suffixes a gebildet, wel- ches dann im griechischen in der form o und erscheint (cfr. Sanskrit bhar-a in bhar-a-ti = (fsge in y£()-«-rt, <]pä- ^€f, bhar-a-8 = ^og-o-g): rjhr'O-fiyjvog (ahT'Siv)^ (pvy'O- TWToXs/Äog {ffvy'Slv)^ (ftX'O^xrictvog^ (fiko-xiQTOuogy (fiXo-^evog, fptkO'TtaiyfiODV (7r«Z/a«(r)), (pilo'\pevih]g^ (pü^-rjosTfiog^ ccnr-o^ ^eni]g hx'i-O'v^og^ ix^-THüKog^ ^/s-tj evxrjg^ kxi-tfQtov^ Hxe- XltwVj fABVB'XOtQ^oig ^ fievS'7TT6?.F.iiog ^ uevs'örjtog ^ aye-keitj^ aQ^i^xccxog, cc'Xsoo-e'Xo/Afjg (würz, kart, xbqt in xigr-ofiog nach L. Meyer, xona-f^g^ xoga-tj) der sein haupthaar nicht (a priv.) scheert. 2) uomina mittelst Suffixes n gebildet: ßw-Ti'dvetQcc männer nährend, ßtj't'ciQuwv der nach dem tacte schreitet {*ä()fice = dem abgeleiteten ccQ^ovia^ da meistens die neutra auf fJLCi(r) in der composition an zwei- ter stelle dieses suffix in ^lov^ nom. uodv verwandeln); alle übrigen verwandeln das r des Suffixes in ai ßa-ai-X^vg (herzog), ccfeo'ai'Ttovg^ cfV'di'Qoog^ h^v-tsi-TiTohg^ jreova'do- fActreg (nom. pL), dke^i-xctxog {cc/.s^t vielleicht für ccXs^^ri^ dXs^-'at)^ dke^'dveuog^ (f&i-cfi'fAßgoTog^ (p&KT-rjvwg ^ regipl- fißgoTog, Xv'(Si'^eXi]g, Tthj-a-iattog {7tiu'7iXt}'Ui\ nh]l^-innog {7iXij(t(S(a für nhy/-jw)^ J^Q^i^'^h'wg iforjy'Vv^t)^ w?^s^(Si'Xag7iog {oks in oAftyAe-x«, oÄ€-(tw), (fofe-ai-ußgoTog (Pindar: (pav- aiußgoTog)^ ravV'ai-nrEqog^ ip-vo-ai-yaiog (nach Savelsberg för kP'jro'Oi' von wz. jroö- = vadh pellere), kvoai-yj^^v^ üvoai'tpvXXog^ fAiai^cpovog mit mordblut befleckend; uiai wahrscheinlich entstanden aus jutfccfti von uifaivo) für /ni- jrdv'ju}, wie der homerische eigenname Takat-uivtjg aus TaXaai'fiivijg oder das spätere TaXaicpqwv aus ralaaitfQon' (Hom.); raiuai'XQ^^^ {rau-elv), 'S) nomina mittelst Suffixes ia& = sanskritischem asi gebildet: kkx-eai'Tienkog^ d)Af'B(si- ßoiog; jedoch könnten diese auch nach der analogie von loksaixaQnog^ ra^uoixgwg gebildet sein. 4) nomina mittelst Suffixes i gebildet: ?.(x&'i-xj]St}g^ TegTi^i-xigawog, vielleicht noch ^eiX'i'Ttovg, wenn ^sili nicht etwa mit ersatzdehnung für jral'ai<f ^eX-ti steht, wie rjyyetXa flQr ijyyek-aa.

An zweiter stelle finden sich 1) nomina durch suffix o gebildet, welche die wurzelvocale a und 6 meist zu o um-

526 Schaper

lauten nnd den accent auf der Wurzelsilbe zu haben pfle- gen: dä'ko-(püQog^ ineö'ßoXog (ßa?^)^ (fac6o-q)6voq^ Sixaa- noXoq {niX'O^av = versari), xogvit-alokog {ccioXkco för ai- oA/o)), &60'7iQ67rog (ngsTt = lat. prec in prec-es, prec-ari) der die götter befragt; TtovTO'Ttogog (neigo) für negju)^ tibq = Kar), &vfjiO'(p&6gog^ ^oivo-xofog {x^^f^)'i nroXi-nog&og und mit suff. lo nroXinogä-iog {negö-)^ ^givo'togog {Tog-elr^ Tig'BTQov)^ xBgafo-^qfog {^i/rco)^ ß^vuo-ßogog {ßog^ ßgo in ßißgajaxa))^ Xofo-öcojrog {aevco ftir aifco)^ d^vo^axofog (xo- jrio) für öxqfico^ lat. cav-ere, goth. skavjan), &vga'jrtijg6g^ nvXa-jriügog {jrog-oucu = q^vXdaaca^ ovgog für ^ogog wie ovgavog tilv ^ogctvog = varuna), av^cpogßog (cpigß^u))^ dg- fAarO'nriyog (Tnjy-vvui)^ oxsr-fjyog (äyiti)^ ;|fC*i"a-(>pQfo^, x^^ fAocQQovg (II. XI, 493), x^^^^QQ^^ ^™ winter oder unwetter fliefsend, norccuog^ und viele andere. Mit verlust des Suf- fixes o xogv&'Ofix^ nom. -q>rt^ für xogv&djrixog {djrioao) für djrix'jco) belmscbüttelnd ; rgix-d^i^ Od. XIX, 177 = xo- gv&djriS:^ der den (rofs)haar(buscb), belmbuscb diaasi (Suhle, Homerlexikon); substantiva sind geworden x^Q^^V^ ^^ X^9' viß'og {viTi-Tü)) und ßov-TiXri^ für ßovnXriyog {nXy\cG(o för Ttktjy'jo)), 2) nomina agentis durch die suf&xe r?;-^, fem. TiSj nom. r/g, tbq^ nom. r?;p, fem. rc/pa för tBg-ja^ zog nom. rwp gebildet: iTm-riXd'^Trig^ nom. i;i;i?;AaTa; fjir^ti'i'Tfig {i für j€ in jijrjui)^ nvX-dg'Tfjg {dg-ag-iaxü))^ dgyBi^ffov^rrig (qpar), dvögBi^cpov^r^jg {(pBv), VBrpBk-tjyBgi'Tt^g, xvV'i]yi'Ti]g^ faarV'ßodi'TTjg^ ai&gt]*yBvi'Tr]g und al&griyBvrig = og ai- d'griv TtoiBi^ cfr. yBv^Ttjg = ;rar?^p ,• ij€()o-()po2-Ti^, T€«;|f€<y*-^Ai;- Tiyg (TraAAco für ndk-jw) mauerzertrümmerer oder ^^gegen die mauern stolsend'^; öag'nlrj'tcg {TidXku)) fackelschwin- gend; duakko'dB'Ti]g^jroivo-no''TfjQy Xrj'i-ßo'TBiQa^ nav^daftd- TMg. Der bedeutung nach geboren hierher io^xif^^^^ ^^ ^oX^'Ccgja (;^4^w) und oövvrrtpaTog (qpa, (pBv) was die schmerzen stillt. 3) nomina vermittelst des Suffixes £g, nom. tjg^ Bg^ gebildet: OvfiO'öax^i]g, nod-riVBX'i^g was bis auf die füfse reicht; öovg-tjVBxtjg soweit dogv cpigBrai^ einen speer- wurf weit; fuBVü'jrBiX'TJg^ {tv^i-ag-rtg. Aufser den angefahr- ten gehören zu dieser classe noch zahlreiche andere com-

homerische zuBammensetzimgen. 527

posita sowohl activer als passiver bedeutang, deren anf- zählung UDQÖthig ist.

IV. Zu der classe der avjajibhäva oder der vollkom- menen adverbialen composita ist nicht jedes beliebige com- ponirte adverb zu zählen, wie z. b. ocTt'dvev&sv^ ngo-nd- Qoi&tv^ v7C'6PBQ^sv^ ^(f-vTiBo&ev^ h^-üTtia&BV u. a., sondern nur diejenigen, welche einen deutlich erkennbaren con- junctionalen satz enthalten und mit einem solchen zu um- schreiben sind ; gerade diese art der composition ermöglicht fast noch grölsere kürze im ausdrucke als die schon er- wähnten relativen Zusammensetzungen. II. XV, 352 heifst es : fidöTiyi ijkaaep i'nnovg er trieb die rosse mit der geifsel an, xaruijuaäov in der weise, dai's er von der schulter her mit der geifsel ausholte; Od. XVIII, 33: oi pih (Odysseus and Virus) oxqiomvto nav&vuadov sie wurden so erbittert, dafs sie der zorn ganz und gar erföllte oder übermannte; ovojnaxkTJStjv steht Od. IV, 278: ^x d' ovouaxlriSriv Javatav ovüfjia^sg doiaTOvg du zähltest die besten der Danaer auf, indem du ihre namen nanntest; ^^ovoiaaxhjär^v Od. XII, 250: kfxi Se (p&iyyovTo xa?.svrTeg ^^i)vouaxk}]Si]v sie fleh- ten mich an, indem sie mich bei namen riefen; IL XXI, 166: nii^vv ßd?.sv kmygdßSrjv er traf den unterarm, so dafs derselbe auf der Oberfläche geritzt wurde; ähnlich kniXiySriv II. XVII, 599: äxQOV a>uov ß?.)JTO SovqI iniXiydrjv; II. XV, 556 : ov ydg i^r iöTiv dnocTadov ylQyuoi^öi. fudgvarr&ai jetzt darf man nicht mehr gegen die Achäer kämpfen, indem man fern steht; Od. VI, 143: aTtoaraSd; Od. X, 173: av€- yeiga 8' kraigovg fiuXi^ioig ^STiiscfcfi naQaötctÖov dvSga jrixaatov ich ermunterte die genossen, einen jeglichen mit freundlichen Worten, indem ich zu jedem herantrat; IL V, 80: eXaa üjuov (paaydvco ai^ag ueTadgoitdÖ7]P indem er hinterherlief. So oder in ähnlicher weise sind alle voll- kommenen adverbialen Zusammensetzungen, namentlich die auf Sov^ da, Stjv^ öirjv^ Ober deren ableitung die meinun- gen noch vielfach auseinandergehen, zu erklären. Aufser den genannten finden sich bei Homer noch folgende bei- spiele: xaTa-cpvkadov {(fvko-v) stamm weise IL II, 668 f ;

528 Schaper

verbalstämme liegen zu gründe in : ku-ßa-SoVy II. XV, 505 f ; nBQi'-aTaSov^ kni-araSov^ öia-XQidov {xqIvm)^ Ttaga^xX^dov^ Od. IV, 348, XVII, 139; klava-cpavdov, nur Od. XX, 48: f:BQk(jD öi TOI ki,ava(favS6v ich werde es verkünden, indem ich es ganz offenbar mache; auq>aöüv und afiCfaSd; äu" (padirjv; daneben das adj. dfi(f>ddiog; vnoßh'jdrjv^ Ttagaßkr]- örjVj TtQOTfjoTidSrjP , (foßiovTo IL XVI, 304 f; h7iiTQ0xddi}v darüber hinlaufend, tropisch bei dyoQEmiv = kurz berüh- rend sagen, II. III, 213; Od. XVIII, 26 = zungengewandt; kTciöTQocfddfjv^ if.inXriYbi}v^ Od. XX, 132 f; d^ßoXd^St^v auf- wallend, II. XXI, 364 f; d^ßhiSrjv anhebend, yodp, II. XXII, 476 f ; avToöyB8ii}v (cfr. amoö^BSirt) indem man sich nahe an einander hält, sich unmittelbar zu leibe geht; ebenso avTOöxBäov und avroaxsöd^ II. XVI, 319 f. Nahe mit die- sen suf&xen scheint suff. Öig in inafjioißadig zusammenzu- hängen; bei Hesychius auch hna^oißaSov. Anders gebil- dete adverbia sind ijimkf]v nur II. II, 526: otix^g Boicoruiv 5* 'ifxnhiv kn dgiareod &a)g/]aaovTo; nXtjv ist wahrschein- lich der adverbielle accusativ eines nomens nlrj aus nolrjy wie ouoxhj aus ofxoxah}^ und die dazu gehörige wurzel scheint tieX in niXofAai = versari zu sein; ÜfAuXtiv also: prope oder in eodem loco versautes; dvrlßiov und avTi- ßir]v^ kv'ccvtißiov indem man gewalt entgegensetzt, von dem bahuvrihi dvrißiog. Auch dvuxQv{g) scheint ursprünglich bahuvrihi zu sein = den köpf oder die spitze entgegen habend {xqv aus xcc^vg^ xaQpax wie Sqqv aus 8oQpa{j)^ xaqajrar^ cfr. Benfey W. L. II, 285). Andere adverbia übergehe ich wegen zu schwieriger herleitung und erwähne nur noch diejenigen, welche an zweiter stelle einen locativ zu haben scheinen: a-dee-f, Od. XIII, 353: ovx d&eBi txei; das sufBx des locativs war ursprünglich i, welches in eini- gen hierhergehörigen bildungen verlängert ist: dp-tSgatT'i II. XV, 228, und dv-aificür-t; die stamme auf o verwan- delten bei antritt des locativischen v das o in €, wie auch im voc. sg. : d^anovÖB-i ; für dieses bi zeigen sie öfter 7 (cf. lat. humi aus hume-i, humo-i): doTtovSty ^Bra^Ctoi/l^ a-^o/'jyri, dv'ovxrtxi^ dv^iafiati; verkürzt ist dieses I in xQt^CTOixl; d'fixi}X'i. wohl vom stamme fBxovx = „wider willen".

homerische Zusammensetzungen. 529

Die UQvolIkommeneD Zusammensetzungen zerfallen in zwei Unterarten, je nachdem der zweite theil ein substan- ti?am oder ein adjeetivum ist.

A. Ein substantivum kann attributiv bestimmt werden

1) durch ein adjeetivum: nav^axctioi^ lofiO'yegoav^ ^tCu- mSoVj 6 fiiöa-avloq^ auch to = media aula; aXao^axoniii^ axgO'TioXig^ utöo-Sfiti für ueaodüjnt], xccxü'jriXtog, yjsvö'dyye- kog (adj. xfjBvÖOQ^ i], 6v?),

2) durch ein pronomen: ccvTO'Xcccfi)'vr^TOi;j avT-^fAug^ ctVTO'^tTBg, avTO'VVX'i (dat.), noca-ij^ag.

3) durch ein verbalnomen: ^KSy-äyAeta =^ ayxog o fuüyei.

4) durch ein indeclinabile: iipu^rdXavTov, ijui-TieXsxxüVy i^fti''OVog, Jvg'Tiagig^ övg'fi/jT)j(}j na?^'ia)^ig = nahvdiw^ig.

5) durch ein Substantiv, welches im genitiv zu denken ist: /u/^7(>o-7Ccifra>(), xovi'öcckog^ noXv'Xoiqaifi)]^ TToXv-^idgehj^ dfjfiO'ytQCüV^ ^vy6'öa(Jf40V, xwct-uvia^ diax-ovga, rd = öioxuv ovQtt IL XXIII, 135; inno-Ögopiog^ dgtÄa-TQoxirj , nargü- xaaiyvr^Tog^ löto-niöti nicht ^fufs des mastbaumes'^, dann „bebältnifs für den fufs des mastbaumes^, wie 6. Meyer merkwürdigerweise Studien VI, 1, s. 251 erklärt, sondern ^fessel des maitbaumes'^, niöi^ rov iötov^ dann „schuh des mastbaumes^, worin der mastbaum steht; fuls des mast* baumes konnte doch nichts weiter sein als der untere theil des mastbaumes; nodd-viTtgov ^ xgrj'deuvov^ O^eiXu^Ttsdov? Im dativ ist der erste theil zu denken in jroix-wcpskii] nutzen fbr das haus, gute wirthschaft, nur Od. XIV, 223.

6) durch ein numerale; diese composita heifsen bei den indischen grammatikem dvigu: ivv-rjfjiag^ k^-'^fiag^ rgi- ^BTBg, nsvTdifeveg^ i^d-jrersg cet. Auch ixarofi-ßrj gehört hierher, wenn es nicht aus ixarofjißoif] sc. &v(sirj zusam- mengezogen ist; ß)] würde entsprechen dem sanskritischen gä, welches im acc. sg. gäm, altbaktrisch gäm, vorhan- den ist.

B. Ein adjectiv kann bestimmt werden

1) durch ein anderes adjectiv mit adverbiellem sinne: nafA'Ttoi-xtlog^ nav-aioXog, Ttay-^QVifaog, nav-dnox^ug^ nav- aoigiog; dcigtog ist bahuvrihi, ebenso d(p'fjh^ in Ttav-aipfi- >U| qui aequales procul habet; nokv-Tiixgog ^ noXv-öiipiog^

Zeitschr. f. vgl. spracbf. XXII. 6. 34

530 Schaper, homerische zoBammeiisetziingeii.

7tokihThjf40)v^ 7tokv'jriS(jigy 6fA>'ijli^; Superlative an zweiter stelle in Ttav'Vni^raTog^ nav-vararog; ein zahl wort in nd/A-

TlQiüTOg,

2) durch ein Substantiv, welches in einem bestimmten casus zu denken ist: ovko-xvTai^ ai = ^vtov o ovhj (mola) ioTiv; t^eo-^eixakog^ dkko'yvwrog^ dgr^UipiXog^ dgjjU&oog^ (XEOcii-noktog {fieaai alter locativ); SovQi-'XkvTog y ovofjid' xXvTog entweder „durch seinen namen berühmt^ oder „in bezug auf seinen namen berühmt^ ; xf^^^f^'^OQvatrjg mit erz gerüstet {xogvcvijg)^ iTtTTO'XOQvaTiig,

3) durch irgend ein indecliuabile: äa-^oipog, dya- xkuxog^ TfjkS'xXvTug, d-vofrjfjiwv^ ä-^vÖQig^ d^fAuXi/^og^ dyTSixi- hog^ ä'TiLöTog^ d-voaniÄog, d'&igcpaxog^ d-fißgoTog^ d-ßgort]; mit suf&z 10 dfißgoiSiog ; d^nrijv verlor das o des Suffixes {7iTfjV0''g)\ iV'7i)yBiog^ kv-cpQadfjg, dvg-du^oQog^ d'ßXtiXQog sehr schwach; naXt'QQo&iog^ i()i-^t]Qog^ nom. pl. kQi-jrriqeg^ cfr. ^tiQu (fBQHv; TQig'fiaxa(}.

Cöslin, im mai 1874. Dr. F. Schaper.

"Aeaa äfeaa und verwandtes.

Die hergebrachte Zusammenstellung des homerischen daaa oder, wie wir lieber gleich sagen, djreaa mit d/rijvai (Odyssee 3, 183 und 10, 25) oder djrnuavm (Ilias 23, 214 und Odyssee 3, 176) „wehen^ ist sehr bedenklich. Dafs man sie iudess bis in die neueste zeit fQr durchaus gut hält, zeigt noch die eben ausgegebene neue aufläge der gruudzüge der griechischen etymologie von Georg Curtius. Er fährt unter „o^ d^w hauche^ an, dafs Lobeck aa> dicw deaa für identisch mit dw dijaco halte (was wir aber doch nur für einen misgri£F in der behandlung der form des Wortes halten können) und dafs er den Übergang vom athem zur Vorstellung des Schlafes in einer note begründe, die uns hier eben so wenig interessiren kann, als was Cur- tius zu jener note an vermeintlich noch zufügenswerthem beibringt, weil dabei nicht vor allen dingen die bedeutung von daaa an und für sich hinreichend abgewogen ist. Cur^

Leo Meyer, diaa c^ftaa und verwandtes. 531

tius hebt hervor, dafs er in gleichem sinne wie Lobeek im ersten bände dieser Zeitschrift (seite 29) lavu) „schlafe^ als redaplicirtes präsens zum aorist äeaa zu begründen ge* sticht habe, worin ihn weder der aorist iavaai in der Ne- kyia (Odyssee 11, 261), noch Potts hin und herreden (warzelwörterbuch 1, 1254) irre mache. Curtius sagt au der angeführten stelle, dafs iavco den verben zuzuzählen sei, die ihren präsensstamm durch reduplication bilden, und das i darin allein die wurzel vertrete und diese wür- ze] of cd) sei. Dieselbe erscheine deutlich im aorist of-i" (fatj einer bildung, die in bezug auf das e mit doeaai^ fia» XioaaS'ai zu vergleichen sei. Man könne daher geradezu ein verbum lavco aorist äaaa zusammenstellen. Was die warzel of betreffe, so sei sie unstreitig identisch mit dem qf von äj:f]fii, avQa^ ä(j:)i]Q. n^ou dem sichtbaren tie- fen athmen gelangte die spräche zur Vorstellung des Schlafens.^

Eben so wie Curtius stellen unter anderen auch Ah- rens (in dieser Zeitschrift 3, 165), der allerdings manches fremdartige beimischt, und Sonne (13, 429) aj:a(Sa zu jener warzel a/, und weiter zum beispicl auch Leskien in Cur- tius Studien (2, 107). Der letztere bemerkt allerdings, die etymologie von aß^oa sei nicht aufgeklärt, indess sei die zuerst von Lobeck aufgestellte vermuthung, dafs es einer Wurzel sei mit 4^a;, sehr ansprechend, da man sich wohl vorstellen könne, dafs der tiefe schlaf vom hauchen, ath- men benannt sei.

Ganz anders urtheilt Sophus Bugge über unser wort in dieser Zeitschrift (20, 33); er hält ataa für identisch mit Äsasiäam oder asusisam „ich schlieft, dem aorist des altindischen und wie es scheint auf die alte spräche der Veden beschränkten sas „schlafen^: sästi „er schläft^, wonach es also aus einem alten iodaeaa entstanden sein würde. Bugge bewundert Potts Scharfsinn, dafs er dieses richtige schon geahnt. Wir müssen bemerken, dafs die genaue Übereinstimmung von äeaa mit jenen altindischen aoristformen doch nur auf täuschung beruht. Von einer griechischen verbalgrundform aag^ wie sie bei jener zusam-

34*

532 Leo Meyer

uieostellaDg angenommen wird, könnte ein alter aorist, wenn wir ihn gleich augmentlos nennen, wohl aoöa (oder äaaa) und in verkürzter form aaa (oder äaa) lauten oder, wenn an ein einfach abgeleitetes verbum zu denken wäre, ät]aa (oder a/;<Ta): in äe()a aber würde zunächst ein abge- leiteter verbalstamm aa^ (aus önasg) zu vermuthen sein, nach dem der aorist zunächst äecsaa lauten konnte. Wei- ter aber ist für einen griechischen aorist das bei jener Zu- sammenstellung angenommene schwanken der quantität des vermeintlich inneren wurzelvocales unerhört, wie es bei Homer zum beispiel 'äfiaauev (Odyssee 3, 151) und «eca (Odyssee 19, 342) neben 'ieaav (Odyssee 3, 490 = 15, 188) und ai(Sat, (Odyssee 1 5, 40) zeigen. Der hier entgegentre- tende vocalunterschied kann vielmehr nur mit der augmen- tirung zusammenhängen, wie zum beispiel auch in 'ofie „er hörte" (Ilias 10, 532 und 21, 388) neben den kurz- vocaligen, also augmentlosen, cifiev „er hörte" (Ilias 11, 463) und cifiov „sie hörten" (Ilias 18, 222). Weiter aber ergiebt sich die Unrichtigkeit der angeführten Zusammen- stellung noch aus der bedeutung der dabei in frage kom- menden Verben. Das wird ganz deutlich werden bei dem vollständigen überblick über die stellen, in denen der aorist äeoa^ vielmehr cifeaa^ bei Homer vorkommt; sie ge- hören sämmtlich der Odyssee an.

Nestor erzählt dem Telemachos von dem heftigen Zwiespalt, der im beer der Achäer vor ihrem aufbrach in die heimath ausgebrochen, und gebraucht die worte (Odys- see 3, 351)

vi'XTa jUBV oficfafiBV x^lend (fgaalv oQfiaivovTsg

dkh'jloig

„wir brachten die nacht hin, böses gegen einander

sinnend", wobei natürlich an kein tiefes schlafen, bei dem ein wind- ähnliches athmen oder schnarchen zu bemerken wäre, zu denken ist, wie denn auch Faesi zu dieser stelle ausdrück- lich hervorhebt „wir ruhten die nacht hindurch ohne jedoch wirklich zu schlafen". Ebenso ist Odyssee 19, 342, wo Odysseus von sich sagt

ofcra ^fftta und verwandtes. 633

noXXäq yaQ Sj] vvxtac; ofeixelixo kvi xoirrj äfe<ta xai t aveuetva kvt^(ßOvov ll^oa Siav ^ viele Dächte habe ich hingebracht und die morgenröthe erwartet^* wegen der Verbindung mit dem erwarten der morgenröthe nicht an ein tiefes schlafen zu denken; ja Voss übersetzt geradezu „denn schon viel der nacht* . . hab' ich durchwacht", und in der ältesten ausgäbe ,, viele schlaflose näehte hab' ich . . . hingebracht". Auch Odys- see 3,490 = 15, 188

iv&a de vuxT ofscrrev^ o de Tolg ttocq ^eivc H&t^xsv kann man, da unmittelbar daneben vom darreichen der gastgeschenke die rede ist, nicht wohl an schnarchende schläfer denken. Dasselbe gilt von den werten des Änti- noos Odyssee 16, 367:

äfia S* iifüJcp xaraSvvTc

oii noi in f)7ieioov vvxt äau^ev^ aXX' kvl novrco

vrifi i^qftj nleiovTsg huiavouev 'Hjroa dlctv, die freier blieben die nachte auf dem meere, die morgen- röthe erwartend, und auch an der letzten stelle, die noch zu erwähnen ist, in der aufibrderung der Athene an den Telemachos Odyssee 15, 40

ivß'cc Se vvxt' ccfiaai soll wieder durchaus nicht an wirkliches schlafen gedacht werden; „dort verweile die nachf^ übersetzt Voss trefflich. Wie Homer ein wirkliches schlafen benennt, das zeigen andere stellen, wie Ilias 24, 344 = Odyssee 5, 4^ = 24,4: imvciovrag iyel()st, „er weckt die schlafenden" vom Her- nieias; Odyssee 23, 18: ov ytig ttio roinvch xarkSgaß-ov „noch nie schlief ich so fest", sagt Penelopeia, als Eury- kleia sie weckt; Ilias 2, 2: cilKoi nh on /)^soi rs xai dvi- Qfg iTtnoxoQVdTai evSov Tiavin^iot^ /f{fcc ö^ ovx 'iye vrjSvfioi^ VTTVog „die anderen götter und männer schliefen, nicht aber Zeus"; Ilias 2,23: evöet,:^ 'Jrüifog vle datcpQorog iTTTroSci' iiOio\ ov xQT^i navvvyiov evdeiv ßovh^ffooov civSoa „schläfst du, Agamemnon? Ein gebietender mann darf nicht die ganze nacht schlafen"; Ilias 10, 474: 'Fri(rog ö' iv ueaco evds „Rhesos schlief in der mitte".

Die verbalform c{feaa bezeichnet durchaus nicht „schla*

594 Leo Meyer

fen**; sie begeguet überall nur in Verbindung mit dem ac- cu8atiy vvxrcc oder vvxrag und die bedeutet nichts anderes als „sich eine nacht aufhalten^ oder „die nacht hinbrin- gen". Das ergiebt sich deutlich in bezug auf die bedeu- tung des wortes; was aber seine form betriffl, so wurde einmal reinvocalischer anlaut darin wahrscheinlich, und auf der anderen seite stellte sich eine alte verbale grundform auf 'S^ heraus, als die wir daher aeg oder vielmehr ofsg ansetzen dürfen. Das anlautende ä darin dürfen wir ebenso ansehen wie in a/riin neben altindischem vami „ich wehe", in aj:ki,i» „ich mehre" neben altindischem väksämi „ich wachse"^ in ccuiXysiv neben lateinischem mulgere „mel- ken" und ähnlichen formen, in denen man es gewöhnlich als blofsen vocalischen verschlag anzusehen pflegt. So werden wir unmittelbar auf das altindische vas: vasati, ^an einem orte bleiben, halt machen, übernachten, verwei- len, sich aufhalten, wohnen" geführt, das bisher in ein- fachen griechischen verbalformen noch nicht wieder gefun- den war, dessen genaue Übereinstimmung mit dem home- rischen ofaaa aber auch darin noch besonders treffend heraustritt, dass es namentlich gern vom nächtlichen auf- enthalt, vom nachtquartier, gebraucht wird. So zum bei- spiel Mahäbhäratam 3, 11991: täm avasan pritäs ra- ganlm tatra „die nacht blieben sie vergnügt dort"; 3,3004: rätrim kathajantäu purätanam üsatas „die beiden blieben die nacht altes erzählend". Mehrfach ist der begriff „nacht" geradezu zu ergänzen, so Täittirljasä- hitä 3, 4, 10, 2: jätra dä^a usitvä prajdti „wohin er nach zehnmaligem übernachten fortgeht"; Pahlravi^abräh- manam 16,6, 3,7: aranje tisras vasati „drei (nachte) hielt er sich im walde auf"; Täittirijasahitä 6, 2, 8, 4: J2im vanaspatisu avasat „(die nacht) welche er in den bäumen zubrachte".

Unbemerkt darf hier nicht bleiben, dafs vor mehr als dreifsig jähren schon von Benfey ofBCa mit dem altindi- sehen vas zusammengestellt ist, nämlich im ersten baode seines griechischen wurzellexikons, seite 298. Dort wird aber der klare Zusammenhang völlig getrübt durch die

atffa cifitra und verwandtes. 535

.flberkttnstliche annähme, oftaa stehe fbr qf^saaa und das 8ei zusammengezogen aus altem of^fBaan^ worin das oft mit dem altindischen verbalpräfix ava „ab^ übereinstimme. Eine nachträgliehe bemerkung (band 2, seite 349) erklärt indess das anlautende ä von äftaa für das alte sa-, das tinseres wissens aber als verbalpräfix überhaupt noch nicht nachgewiesen ist.

Dafs Invuv „schlafen" zu of/rcrr« gehört, liegt auf der hand, wie denn auch bereits Pott in der ersten aufläge seiner etymologischen forschungen (band I, seite 196) beide mimittelbar zusammenstellt und noch bestimmter Benfey an der oben genannten stelle ihren Zusammenhang aus- spricht. Wir können indess nicht mit dem letzteren in dem anlautenden i das altindische präfix vi wieder erken- nen, sondern nur den rest einer alten reduplication. Georg Curtius ist, wie schon oben angeführt wurde, dieser ansieht auch, wir können ihm nur nicht darin beistimmen, dafs er lavio geradezu als reduplicirtes präsens zum aorist äfeaa ansieht: darin mache ihn, sagt er ja, der aorist lavöai (Odyssee 11, 261) nicht irre. Dieser aorist genügt indess vollständig, um fQr die homerische spräche den speciell pr&sentischen charakter mag ein solcher auch ursprüng- lich bestanden haben des reduplicirten laico bestreiten zu lassen, wie denn auch weiter der gebrauch beider Wör- ter sich keineswegs ganz deckt. Was die bildung von ittvcD^ das gewiss zunächst für iav(tia steht, noch weiter anbetrifft, so darf man das avg- darin neben q/'cg- mit dem geläufigen av^civeiv neben dem homerischen ofi^siv vergleichen. Das anlautende i ist der einzige Vertreter der reduplication darin, wie zum beispiel in idX?M, über das in einem früheren bände dieser Zeitschrift (5, 193 206) in so eingehender weise gehandelt ist. Die wurzel aber von lav(o ist im griechischen entschieden als vocalisch an- lautend behandelt und man kann nicht etwa noch an ein altes ^lavu) denken, wie es zum beispiel Benfey im grie- chischen Wurzellexikon (1, 298) noch ansetzt. Dafür zu sprechen scheint allerdings Odyssee 24, 209: iv T(p airia- xovTo xai i^avov 7jö^, invov und an f&nf anderen stellen

536 Leo Meyer

(Odyssee 11, 261: iv dyxoivtjaiv lavaar, Ilias 14, 213: kv dyxolvyoiv lavecg; Hias 18, 259: inl vr^valv iavcov; Ilias 19,71: kni vtivaiv lav^^sv und Odyssee 22,464: nagd re uvrj<TTiiQ(7iv iavov) würde man durch fortschaffung eines nachklingenden v dem wau platz schaffen können ; die übri* gen zehn stellen aber, an denen die homerische dichtung das verbum iavsLv aufweist, wehren ihm durchaus den an- lautenden consonanten.

Uns scheint nicht überflüssig, auch für lavBiv die ho- merischen stellen vollständig zusammen zu tragen. Mehr- fach ist es, wie das einfache äfsaa^ auch mit vvxrrtg ver- bunden, so Odyssee 5, 154: dXV ?; toi vvxTag uev lamaxav xal dvdyxjj

kv (rniferSi yXatfvgoiai Tiaq' ovx k&iXwv

k&alovörj^ Ilias 9,470: elvdvvxBg dk uoi du(p' avr^ nagd vvxrag

iavov ot piiv diABißoutvoi (pvlaxdg %ov, Ilias 9, 325: (Lg xal kyia noXXdg uiv dvnvovg vvxrag

iavov.

Odyssee 19, 340: xeiat d* ojg t6 ndgog nsg dvnvovg vvxtag

iavov.

1 wo also überall auch wieder nicht von wirklichem schlafen

die rede ist. Weiter sind anzufahren:

Hias 19, 71 : d x' i&ikioa* knl vtjvalv iavifisv^

Ilias 18, 259: ;^ai(>€<yxoi/ ydg kyd ye f^o^yg knl vr^volv

lavcüv^ Odyssee 24, 209 : kv t^ (firiaxovro xal i^avov rjSi iavov

Suctjeg dvayxaioif Odyssee 9, 187: Hv&a S' dvrjg kviavB nsXwQiog^ Odyssee 15, 557: ia&kog iu)v iviavB (avßwT7ig\ Odyssee 11,261: i] drj -xal Jipog bv^bx' kv dyxoivyaiv

lavaai^ Ilias 14, 213: Zijvog ydg tov dgiavov hv dyxoivrjciv

iaifBig^ Odyssee 22, 464 : nagd re fAVjjarijgaiv iavov^ Ilias 9, 336: «i'^cr*, «^«t S' aXo^ov &vuagia ' rij

TTagiavwv TBgnia&w^ Odyssee 9, 184: firjX' ofiig re xal alyeg lavecxoPj

afcra aftaa und verwandtes. 537

Odyssee 14, 16: d-iqkußcti roxASsg toI S' ägaeveg kxrog

iavov {(Tvsg)^ Odyssee 14, 21: nag Si xvveg i^7]oe(t(ti, ^sfOixoTeg aijrkv

iavov.

Za äfe(fa und iavio gehört an sonstigen Wörtern ohne Zweifel noch ccvlrj „hof, gehöft, wohnung", das Curtius auch unter dj: „hauchen^ unterbringt: das altindische vasra-, n. „haus, wohnung", das im Petersburger Wörter- buch ohne beleg angegeben wird, lässt sich unmittelbar dazu stellen. Weiter schliefst sich an auch svvrj „lager, bett** und, wie wir nicht bezweifeln und wie auch schon ▼on Benfey im griechischen wurzellexikon (1, 300) ver- mnthungs weise ausgesprochen ist, svi^siv „schlafen, ruhen", Worin das ö nur verbal weiterbildendes nicht altwurzelhaf- tes element sein wird. Dafs aVrr, jraarv „Stadt" nebst alt- indischem yästu- „Stätte, haus" und västu- „sitz, ort", so wie auch das lateinische Vesta nebst itsria^ jr^aria^ ho- merisch ^Ktrh] (Odyssee 14, 159; 17, 156; 19, 304; 20, 231) „heerd" zugehören, ist längst erkannt, liegt auch mehr auf der hand.

Dorpat, den 18. [6.] october 1873.

Leo Meyer.

Die Zusammenstellung des griechischen Seioi], später digrj „hals" mit dem lateinischen dorsum „rficken", die, von Pauli in seiner abhandlung über die benennung der körpertheile bei den Indogermanen (1^67) beigebracht, in dieser Zeitschrift (17, seite 233) als „neu und beachtens- werth" bezeichnet wird, und dann auch in Picks verglei- chendem Wörterbuch und den grundzflgen von Georg Cur- tius aufnähme gefunden hat, welcher letztere im ersten bände seiner Studien (seite 256 258) auch noch in einem besonderen aufsatze darüber handelt, verdient keinen heifall.

Vor allem ist die Verschiedenheit der bedeutung nach- drücklich zu betonen: dorsum heisst „der rücken", mehr-

538 Leo Meyer

fach auch in übertragener bedeutung wie „bergrücken" und niemals ^der nacken" oder „hals", dsigi] dagegen und ^iot] heifst nie „rücken'*, sondern nur „hals". So erweisen es sämmtliche homerische stellen, die das wort enthalten. Das einfache wort begegnet allein dreizehn mal in der ho- merischen dichtung: Alexandros wird Ilias 3, 371 vom Menelaos am helmriemen geschleift, so dafs er am halse {ce7Tah]v vno öeigy]v) eingeschnürt wird, und ganz ähnlich sind Odyssee 22, 472 den erhängten mägden die schlingen um den hals gezogen {aucpi S^ ndaaiq SeiQfjftLV ßgoxoi y^cfav), Oileus' söhn Aias schlägt Ilias 13, 202 dem Imbrios das haupt vom halse (anaXiig ccfio SsiQijg). Ganz ähnlich heifsts Ilias 18, 177: rauovT' ccTtaXr^g cctio SBiQjjg „das haupt vom halse abschneidend". Mehrfach wird die Ssigt] als nach- baf gebiet der brüst bezeichnet, so Ilias 19, 285, wo die Briseis aus trauer über Patroklos' tod sich brüst, hals und antlitz zerkratzt (arij&eA r' f]d* anakrjv Ssigijv); Ilias 12, 204, wo die schlänge dem adler neben den hals in die brüst (xard (tTfj&og aagd ösiqijv) beifst; Ilias 14, 412, wo Aias mit einem steine die brüst des Hektor in der nähe des halses ((ttrj&oq f}eß?.^xei>v . . . ay^o&i SeiQrjg) trifil. Gan:^ ähnlich ist Ilias 11, 26 von den schlangen auf dem hämisch des Agamemnon die rede, die sich dem halse zukehren {6qo}Q8xccto ttqoti Ssigijv). Zwei adler zerkratzen sich Odyssee 2, 153 gegenseitig wangen und halse (Sgvxftn- luvoi 8' üvif/safTi Tiagsidg ccucfi re (higdg). Bei der Umar- mung wird der hals umschlungen, so Odyssee 23, 208, wo Penelopeia den Odysseus umarmt (a/iqpi Ji X^^Q^^ ^^^Q^ ^dlV X)dv6TJfi)^ um ihn nicht sobald wieder loszulassen (Odyssee 23, 240: SetQrjg 3' ov nco ndfjinav dq)ietQ ni^x^^^ Afi/xw). Dann ist noch Odyssee 12, 90 anzufahren, wo von den sechs halsen der Skylle die rede ist {j:h^ di ri ^oi SBigal nBgtitfjxieg)^ und endlich noch Ilias 3, 396, wo Alexan- dros den hals, die brüst und die äugen der Aphrodite (ttc- gixceklice Setgtjv ffrtj&ed &* iuagofBvta) erkennt. An kei- ner einzigen dieser stellen ist etwa nur die hintere Seite des halses, der naoken, gemeint. Die bedeutung „hals" ist dann namentlich auch allein möglich in den zusammen-

Siiffi^ ^igtl. 539

setzangen, die wir zur erschöpfenden Vollständigkeit ans Homer auch noch aufführen wollen: es begegnen f^einoro- ueiv ,,den hals abschneiden^ (dsipOTourjösig Ilias 21, 89; dsiqovouiqOBi Ilias 21, 555; SeiQorojLiTjaag Ilias 23, 174; Sei- poTOfAijaat Odyssee 22, 349) und das gleichbedeutende ano- ÖBiQOTOfjLBlv {aTtoäetooTornjacü Ilias 18, 3H6, ccnodetQoroui^' aeiv Ilias 23, 22; dnsdsiQordui'^aa Odyssee 1 1, 35) und aufser- dem SovXixoduooq „langhalsig^ als beiwort der schwane {xwcvfüv SovhxodeiQoov Ilias 2, 460= 15, 692). Es ist da- her nicht gut, wenn Pick (seite 90 und 457) seiner Zu- sammenstellung mit dorsum „rücken" zu gefallen Ssiotj nur mit der bedeutung „nacken" ansetzt. Wenn nun aber Curtius (Studien I, 257) bei der Zusammenstellung von öeigrj

und dorsum „die vertauschung der bedeutung nur auf

den ersten blick auffallend'^ findet^ da es „ursprünglich wohl nur die vertauschung zwischen nacken und hals" sei, 80 können wir dem nicht beistimmen. Curtius meint, ganz ebenso entspreche ronxyßoq „hals" dem lateinischen ter- gum ^rücken", fasst diese meinung in den grundzfigen (seite 185) indess in die ganz unsichere wendung „viel- leicht gehört Todpßog „hals, nacken" wegen seiner beweg- lichkeit hierher" [zu roixuv „laufen"] „und das davon schwerlich zu trennende tergum". Wir halten dagegen die identificirung von Todyi^log mit tergum kaum für we- niger unsicher, als die Verbindung von tergum „rücken" mit TQi)[Biv „laufen". Als weitere bestätigung der ange- nommenen bedeutungsvertauschung wird dann noch ange- führt, dafs höchst wahrscheinlich auch vtorov „rücken" und nates „hinterbacken" stammverwandt seien, was wir wei- ter zu prüfen hier nicht für nothwendig halten.

Der unterschied des geschlcchtes (von dunr] und dor- sum sei von keiner bedeutung, bemerkt Curtius (Studien 2, 257) weiter, und zwar um so weniger, als Hesychios die mit dorsus identische maseulinform detnog „hügel, abschüssiger ort" darbiete. Ganz bedeutungslos aber wird man den geschlechtsunterschied bei Substantiven jedenfalls nie nennen dürfen, wenn auch bei noch nicht ausreichend tief eingedrungener forschung auf diesem gebiet uns noch

540 Leo Meyer

manche unsichere Schwankungen entgegen zu treten schei- nen. Unbedingt aber bleibt es immer besonders beachtens- werth, wenn identische Wörter in verschiedenen verwandten sprachen auch im geschlecht genau übereinstimmen.

Wenn wir nun aber die äufsere form von ÖsiQf]^ Seorj und dorsum noch genauer in erwägung ziehen, so ist zu- nächst in bezug auf das letztere zu bemerken, dafs, so weit wir wissen, inlautendes lateinisches rs nie ursprünglich ist, wie denn zum beispiel arsi aus ardsi entstand, arsum aus ardtum, farsi aus farcsl, sparsus aus spargtus, mersus aus mergtus, tersus aus tergtus, tersi aus tergsl, versus aus verttus, morsus aus mordtus, orsus aus ordtus, nrsus aus arctos: altes inlautendes rs wird im lateinischen zu rr, wie in er rare aus ersäre, ^horrßre aus horsere, torröre aus torsere, ferre aus ferse, porrum aus porsum. Mithin können wir dor- sum mit seinem inneren rs gar nicht unmitttelbar mit for- men in verwandten sprachen vergleichen: Fick achtet die- ses bedenkens sehr wohl, schafft sich aber (seite 90) den völlig willkürlichen ausweg, dafs dorsum aus dorosum contrahirt sei.

Wenden wir uns dann zu dem griechischen dsiQrj und degr] selbst, so ist zunächst auszusprechen, dafs die erstere dieser formen, das homerische Sbiqi]^ in der that aus dsoai] entstanden sein könnte. Das beweisen aoristformen, wie txSsiQag (aus -digöai;) „abhäutend^ Odyssee 10, 19; xei- gnad^ai (aus xigaaa&cci) „sich abschneiden" Odyssee 4, 198; Ilias 23, 46; anexHQciTo (aus 'Exigaaro) „er schnitt sich ab" Ilias 23, 141 ; rjysigce (aus i'jy^gaa) „ich sammelte" Odyssee 2, 41 ; ayugct (aus äyBqaa) „ich sammelte" Odys- see 14, 285; dystgag (aus ccysQaccg) „versammelnd" Ilias 9, 338, neben denen aber doch auch das ganz unversehrte na in der homerischen spräche noch sehr beliebt ist, wie in xegtSavTsg „abhauend" Dias 24, 450; ano . . . Üxsgasr „er schnitt ab" Ilias 13, 546; aTio . . . xigtre „er schnitt ab" Ilias 10, 456; 14,466; Siaq^x^egasi „er wird zerstören" Ilias 13, 625; agaijv „männlich" Ilias 8, 7 und sonst; xoo- öfjv „die schlafe" Ilias 4, 502; 5, 584; wgae j^er erregte"

SfiQ^y öi^ij, 541

Ilias 1, 10; 4, 439; 5, 8 und sonst; xvQcag „stofsend^ Ilias 23, 428.

Womit ist nun aber weiter erwiesen, dafs aus einem alten Öegörj^ Öegad später ein blofses Öt(jii ohne zischlaut und auch ohne ersatzdehnuncr werden konnte? Prüfen wir die aus Ehrungen darüber von Cnrtius weiter. Er betont an erster stelle, dafs dkg)^ in jeder heziehung in analogie mit x6()ti stehe: wie zo^r? finde sich Öaoä bei den tragi- kern nur in melischen stellen: dem diphthongen xoiqjj des epo8 stehe ÖeiQ}} gegenüber, dem dorischen xo'ifja ein ötjod^ wie es aus dem kretischen uamen /hiQu^ entnommen wird, und mit dem aus xuauiov „kleines mädchen" (bei He- sychios) erschlossenen xoQoa stehe das von Choeroboskos angeführte äolische Öeooa auf einer liuie. In alle dem wird noch keine spur eines alten inneren ga für Öiof] geboten. Was dann aber den beweis des alten ^o" für Jt^// weiter betrifift, „so ist davon", heifst es auf seite 257, „vielleicht [I] eine spur in dem thrakischen volksuamen Jegactlot er- halten^, die Herodot (7, 110) erwähnt, während Stephanus von Byzanz sie /Jeü(ja2üi nenne. „Deutlicher", wird dann aber noch bemerkt, weise auf den Sibilanten das lateini- sche dorsum: da wir das nun aber als nicht hierher ge- hörig bereits oben zur seite geschoben haben, fehlt für das alte Q(7 von öiot] auch die letzte spur eines beweises.

Wir haben nun auch noch die ausführungen über Xü()f^ „mädchen" nachzuprüfen, wie Curtius sie seite 250 bis 256 giebt, da er in bezug auf die bildung von Öigr] auf sie zurückweist. Zunächst ist von den bereits oben herangezogenen formen xoo//, xooa^ xovgjj^ xciga, xogga die rede, aus denen allen auf eine zu gründe liegende alte form mit einem nach dem inneren g ursprünglich noch vorhan- denen consonanten geschlossen wird, dessen existenz zu bestreiten auch wir durchaus keinen grund haben. Dann wird Ficks Zusammenstellung von xogi^ mit dem altindi- schen karl „junge frau" und kärikä „dienerin" und dem altbaktrischen karäiti „mädchen, frau" abgewiesen und bemerkt, dafs Benfey in seinem wurzellexikon (2, 176) jyfichtiger gesehen" habe, wo er xogou als grundform auf-

542 Leo Meyer

stelle, während die herleitung von xoqö aus der altindi- schen Wurzel kart „scheeren" und die deutung ^der jung- ling, der sieh den hart abscheert^ nicht befriedigen könne. „Dennoch ist, glaube ich'', fahrt Curtius fort, „die wurzel richtig gefunden, es ist keine blofse homonyraie, wenn xav- Qog, xovQa an xovqcc^ xov^svg anklingen. Beide Wörter- gruppen stammen von der wurzel xe^j von xeigoo ..." Mit dem aus dieser wurzel weiter gebildeten kart, heifst es weiter, dürfe man aber die griechischen Wörter nicht vergleichen, da sich der Übergang von t in (X nicht hin- reichend rechtfertigen liefse. „Eher ist in dem a ein wei- terbildendes dement zu erkennen, ein wurzeldeterminativ . . . also ein xeqö neben xbq anzunehmen''. Deutlich zeige sich das c in formen mit der bewahrten grundbedeutung „scheeren, schneiden", wie sie aus Hesychios beigebracht werden: xoQaoiJp^ y^xeigeiv^^ anoxoQamGafiivaig^ y^anoxaiga' fAkvatq^^ xoQ<S(OT7]o und xoQacüteigj y^xovoevg^^ xogdojTijgiov ,fXOV()elov^j xoQöevg y^xovfjevg^ und in xu^örjgj das nach Chrysippos (bei Athenäos 13, 565) der Spottname des ersten, der sich den bart wegrasirt hatte, gewesen. Versteckter sei, wird fortgefahren, das a in xovqcc^ xogevg^ xovgig „scheermesser'^, xovgi^eiv^ xovgiag^ xovqiaVy wo man den dipbthongen als ersatz fQr die ursprüngliche doppelconso- nanz betrachten dürfe. Ganz unbeachtet gelassen ist da- bei, dafs die letzt angeführten sechs Wörter mit innerem ov keine homerischen, sondern attische Wörter sind, während sichs doch um das homerische xovq}} neben dem attischen xoori (ohne ov) handelt. Dafs aber in ihnen das 'OVq- aus 'OQ(S' entstanden sei, ist bewiesen auch in keiner weise; wie das alte innere -oga- im attischen behandelt zu wer- den pflegt, lehrt sehr deutlich das unmittelbar vorher von Curtius besprochene xoQori „schlafe", dessen ältere form im homerischen xootsri vorliegt.

Was weiter dann noch zur Vermittlung der bedeutung von xBiQO} und xöo}] aus griechischen sitten beigebracht wird, brauchen wir hier nicht genauer in erwägung zu ziehen. Es gipfelt in der bemerkung, dafs es sehr wahr- scheinlich werde, „dafs die Wörter xovQog, xogrj dieser

dtte^ [des haarabschneidens] „ihreu Ursprung verdanken, uraprfingliüh also geschorener, geschorene hiefsen", wo- gegen wir bemerken, dafs xe'vqhv in der homerischen Sprache, also im ältesten griechisch, das wir kennen, gar nicht „scheeren = durch schneiden des haares berauben^ heUst, sondern „abschneiden^, und wo sichs um abschnei- den des haares handelt, dieses (xccitag, xofAtjv, rgi^ccg) da- neben genannt wird; es würde sich also statt „geschore- ner, geschorene'^ für xovüog und xov^jfj eher die bedeutung „abgeschnittener, abgeschnittene^ ergeben. Uns genügt, zu constatiren, dafs Curtius ebenso wenig in bezug auf xo^fj als auf äigt]^ um das es sich uns zunächst handelte, irgend etwas beweisendes für eine in ihnen früher vorhan- dene consonanten Verbindung (ja beigebracht hat.

Vor mehr als dreifsig jähren bereits hat Benfey im zweiten bände seines griechischen wurzellexicons (s. 290) das griechische äi()}] als dem altindischen grivä f. „hals, hinterhals, nacken^ entsprechend bezeichnet, und diese Zu- sammenstellung ist auch im zweiten bände (seite 249) mei- ner vergleichenden grammatik angeführt. Sie entspricht allen anforderungen, die die Sprachwissenschaft machen kann und machen muss.

Die bedeutung von ätfjrj^ öugri und griva entspricht sich ganz genau.

Auch das geschlecht ist in beiden Wörtern das näm- liche.

Hervorgehoben darf auch werden, dafs die betonung der Schlusssilbe im homerischen ÖH{)rj und altindischen grivä ganz dieselbe ist. Die betonung des attischen dt{)y weicht davon in auffälliger weise ab; diese ab weichung aber, genügt hier zu bemerken, gehört ohne zweifei der Specialgeschichte des griechischen an, sie trägt das ge- prftge jüngerer entwicklung.

Was noch weiter die form von grIvä und öblqtj an- betrifft, so entsprechen sich zunächst die anlautenden ö und g ganz, wie zum beispiel in öehfvg „gebärmutter'^ neben altindischem gärbha-, m. „mutterleib'^ und in ccd^XifBog^ aöUfpog „bruder^ neben altindischem sägarbhja-, „aus

544 Leo Meyer

demselben leibe geboren". Das innere rl darf man bei der grofsen bewegliehkeit des r an die stelle eines ursprüng- lichen ar getreten vermuthen, ganz wie zum beispiel in den wurzelformen vrl „wählen" und gri „altern", wie sie die altiudiscben grammatiker neben den geläufigen var „wählen" und gar „altern" beibringen, oder in ^rl „mischen, mengen": ^rlnäti „er mischt", dessen ältere form noch aus dem griechischen xeQccvvvf^i „ich mische" herausblickt, oder auch im lateinischen tri vi und tritus neben terere „reiben" und im griechischen ^Intsiv „wer- fen" und dem homerischen fQinri j^wurf" neben gotischem vairpan „werfen" mit seiner alterthumlichen Stellung des r nach dem inneren vocal.

Dafs im attischen, wo das auslautende weibliche ä neben q regelmäfsig bewahrt wird, wie in doqa „abgezo- gene haut", x^Q^ wg^g®"^^"? ^^® ^] voD nLOQYi und BkQt] durch einen ursprünglich noch nach dem {} stehenden con- sonanten hervorgerufen wurden, wäre eine nahe liegende vermuthung, auch wenn es nicht durch das attische x6()()7] „schlafe" neben dem homerischen xufjai] so klar erwiesen würde. Gerade das jr aber, das die homerische spräche sich noch so lebendig erhielt, fällt neben consonanten spä- ter mehrfach ohne alle nachwirkung aus, wie zum beispiel in ü?^og (aus ok/rog) „ganz" neben dem altindischen sarva- „all". Im äolischen digga dagegen würde assimilirt, ganz wie zum beispiel in ni^ygata (Ahrens 1, 60) aus ntQfata, Man darf vermuthen, dafs die echt homerische form gar noch nicht öuqi]^ sondern noch d^g^i] lautete. Auch xovgrj „jung&au" mag wohl für xoQf}] stehen; eine weitere mutb- mafsung über das wort halten wir noch zurück.

Unter zahlreichen altindischen Zusammensetzungen mit dem griva als scblusstheil, wie mani-grivä- „dessen hals mit perlen geschmückt ist", tuvi-griva- „starkhalsig, starknackig" und ähnlichen, heben wir noch hervor, findet sich auch dirgha-griva- „langhalsig", das als männliches Substantiv „kameel" oder „schwarzer reiher" bezeichnet und genau mit dem schon oben angeführten homerischen öovktx6'ÖBL(jo<:; {äov?ux6'ÖeQfüg) „langhalsig" übereinstimmt.

StiQfi, Sigti. 545

Da Siorj nach Hesychios auch von „bergrücken** ge- brancht wurde, so hängt zweifelsohne eng mit ihm zu- sammen auch deigci(% „bergröcken'*, das Oppian auch wie- der vom „halse'* gebraucht hat. Homer hat es nur in der Zusammensetzung no?.V(ieLocig „vielgipfelig", eigentlich „viel- halsig'*, die dreimal (Ilias 1, 409 = 5, 754 = 8, 3) den Olympos kennzeichnet. Dafs diese bedeutungsöbertra- gung nichts für einen besonderen Zusammenhang von diQfj mit dorsum beweist, welches letztere auch mehr- fach von „bergröcken" gebraucht wird, ist selbstver- stfindlich. Ficks Zusammenstellung (seite 90) von dsigdd- mit dem altindisehen drsad, die bezüi^clich des sufiixes sehr interessant sein würde, ist auch, von dem oben ausgeführten abgesehen, schon wegen der bedeutung des altindischen wertes durchaus nicht zu billigen; es bedeutet nach dem Petersburger wörterbuche „felsen, ein grofser stein, mOhlstein", insbesondere „der untere der beiden mOhlsteine^.

Dorpat, den 25. [13.] november 1873.

Leo Meyer.

"E X e y o g.

Die ansichten der alten über den etymologischen Ur- sprung des Wortes iXeyog^ von dem k?.eyBia abgeleitet ist, sind bekannt und bedürfen hier keiner weiteren Wider- legung. Auch die von neueren gelehrten gegebenen erklä- rungen entbehren, wie ebenso anerkannt ist, aller Wahr- scheinlichkeit. Daher haben denn andere, wie Otfried Müller (gesch. d. griech. literatur p. 186) und Bernhardy (grundriss der griech. literatur 2, 399 2. bearb.) die ver- muthung ausgesprochen, dafs das wort überhaupt nicht griechischen Ursprungs, sondern von Karern und Lydern, „welche in dem rufe standen, in todtenklagen und über- haupt in melancholischen sangweisen ausgezeichnet zu sein, zugleich mit solchen melodien und licdern" zu den Joniern gelangt sei. Allein die Verlegenheit wegen der etymologie

Zeitflchr. f. vgl. sprachf. XXII. 6. 35

546 Froehde

ist kein grund zu der aoDahme, dafs die Griechen, die doch sonst für ihre dichtangsarten einheimische bezeich- nungen haben, den für eine so hervorragende von barba- ren angenommen haben sollten ; das wort selbst klingt kei- neswegs ungriechisch, und trauerlieder hatte Griechenland schon in alter zeit.

Elegos hat die feste bedeutung einer klageweise, eines klagegesanges, wie ihn z. b. bei Aristophanes (av. 212) die nachtigall um den vielbeweinten Itys oder bei Euripides (Iph. Taur. 1089) der eisvogel um den gatten anstimmt; es wird als synonym mit &Q7Jvog verbunden und durch dieses erklärt; vgl. z. b. schol. Arist. av. 217 toig aoig iXi' yotg ' avxi xov roig (Solg &g7]voig JiSvfiog de (pf](TiVj ori ol TiQog avkov (j^dofisvoi &gijpoi ' xov ydg avkov Tiiv&ifAOV vneikr^ffv^ai. Die elegie dagegen braucht keineswegs eigent- liche klage zum Inhalt zu haben; sie ist mehr ein preis- lied, ein lied zum lobe eines gegenständes, der verschiede- ner art sein kann. Bald feiert dieselbe die tapferkeit und die kriegerische ehre, bald besingt sie politische thaten und ereignisse, bald preist sie die liebe oder die freuden des geselligen lebens, das mahl und den wein, bald dient sie zur Verherrlichung für das Vaterland gefallener beiden oder zum ehrenden nachruf für einzelne todte. Dem alvBZv aber liegt das nagaivaiv nicht fern, die lehre und ermab* nung, und diese ist ein anderer bestandtheil der elegie, der in allen ihren richtungen hervortritt. Die kriegerische elegie ermahnt zum tapferen kämpfe, die politische fordert zu politischem handeln auf, die sympotische empfiehlt den frohen genuss des mahles, die erotische den der liebe, die gnomische legt lebensregeln und tugenden ans herz. So enthält, um nur einiges anzuführen, das einzige grö&ere bruchstück des Kallinus eine aufforderung zur tapferkeit und ein lob kriegerischer ehre; es preist den ruhmvoll für das Vaterland fallenden tapferen im gegensatz zum ruhm- los sterbenden. Die berühmteste politische elegie des Tyi> taeus Eunomia war ein preis der wohlgeordneten verfas* sung Spartas und der gesetzlichkeit; die vno&fixai, eben- desselben feiern den tod für das Vaterland und ermuntern

zur tapferkeit. Archilochus preist in der mehrzahl der bmchstficke die freuden des mahls und den wein; aufser- dem dichtete er trauerlieder zu ehren verstorbener. Mim- Dermus besang in einer elegie die schlacht der Smyrnaeer gegen Gyges und die Lyder; das hauptthema des dichters aber ist die Schönheit der jugend und die liebe, deren ge- nu88 er empfiehlt. Solons elegien sind theils politische er- mahnungen an das volk, theils „Sprüche einer lebensweis- heit, welche reichthuw, behagliches leben und sinnliche freuden liebt und schätzt.^ In einem brucbstOck des Xeno- phanes (Bergk poet. lyr. gr. p. 376) werden die gaste auf- gefordert, nach einem hymnus an die götter das lob trefi*- licber thaten und der tugend zu singen. Die gnomologie des Tbeognis enthält theils tugendlehren, theils paraenesen zum frohen genuss des weines und des freundschaftlichen gelages, theils lieder der liebe (Bernhardy p. 457). Simo- nides dichtete eiae elegie auf die schlacht bei Plataeae und eine andere zu ehren der bei Marathon gefallenen, mit der er den Aeschylns fiberwand.

Es erhebt sich die frage, was ein so beschaffenes ge- dieht mit dem klagegesange eleyog gemeinsam hatte, dafs es einen von diesem abgeleiteten namen erhalten konnte. Die verschiedenen ausichten, die über diesen Zusammen- hang geltend gemacht worden sind und von denen keine ohne bedenken ist, eingehender zu behandeln, ist für mei- nen zweck nicht nothwendig und hier nicht der ort. Eine einfache und natürliche erklärung wird, wie mir scheint, gewonnen, wenn sich die Wörter auf eine wurzel zurück- fbhren lassen, die sowohl wehklagen, als auch dichte- risch besingen, verherrlichen, preisen, loben, feiern bedeutete. Es ist eine gröfsere anzahl von wur- zeln vorhanden mit der grundbedeutung des brüll ens, laut ertönens, die entweder beide bedeutungen neben einander oder eine von beiden ausgebildet haben:

w. rat skt. ratati rathati brüllen, heulen, schreien, laut wehklagen, zujauchzen, laut verkünden. Hierzu gehört lat. lessus geheul, todtenklage, aus letsus oder latsas (vgl. fessus). Auch lätrare rauschen, schreien,

35*

48 Froehde

bellen nebst katga^w (= ßaoßnglL^a) hei Hesych) Xarga' ßd^ot) XaTcia(to) wird lautlich einfacher hierher gestellt, als mit Lottner ztschr. 7, 20 und Corssen bcitr. 24 zu skt. rä; ähnlich gebildet sind patrare flagrare f'ragrare u. a.

w. ras skt. rasati brüllen, tönen, singen, loben räsate heulen, schreien, wehklagen, ahd. reren brüllen, got. razda spräche, altclev. raisen unsinnig lärmen, toben, nhd. rasen.

w. rap skt. riapati sprechen, loben, lapati flüstern, sprechen, wehklagen, gr. 6lü(fVQoinccL wehklagen. Fick wörterb. ^ p. 165 will auch lat. lamentum aus lapmen- tum erklären, das jedoch ebensowohl zu oder rak in gr. AafTxw gehören kann.

w. ru skt. räuti brüllen, heulen, laut schreien, rau- schen, toben, gr. ojgvouai brüllen, heulen, brausen, weh- klagen, jubeln, jauchzen, mhd. riuschen rüschen rauschen, lat. lusc-in-ia = Sängerin, wie skt. ruta n. auch vom gesange der vögel gebraucht wird.

w. rud skt. roditi rudati jammern, heulen, weinen, lit. raudoti wehklagen raudä klage. Zu dieser Wur- zel gehört aufser rudo brüllen, schreien auch lat. lausus aus laud-sus wehklage, das Corssen beitr. 3 mit Pott von gr. y.Xaio) ableiten will. Allein bildungen mit dem sufBx tu von vocalisch auslautenden wurzeln erhalten das t (vgl. fle-tus fla-tus u. a. gegen plausus lusus u. a.); überdies ist der ab fall eines anlautenden c vor 1 durch kein allgemein anerkanntes beispiel bewiesen; auch lau- dare kann ebensowohl zu unserer würzet gehören, wie z. b. skt. navana lob zu näuti brüllen.

w. gar skt. garate rauschen, tönen, anrufen, be- grüfsen grnäti rufen, loben, preisen, besingen, be- grOfsen, gr. yi]gvio tönen, besingen, sagen, ahd. kerran rauschen, zischen, schreien, seufzen, altn. kaera klagen.

w. gu skt. gavatg ertönen lassen, lit. gauti beulen, gr. yodw wehklage ßoccco schreie tisq 6i]Tog berüch- ^ig*9 gepriesen.

w. kan gr. xava^siv schallen tönen, lat. cano von der stimme der frösche, eulen, raben, krähen, dann singen.

W*yo«. 549

blasen, besingen, feiern, dichterisch verherr- lichen, gr. xivvQog webklagend, jammernd, xi^vvqo- fiai schallen, klagen.

w. nu skt. näuti navate brüllen, schallen, schreien, jauchzen, lobsingen nava preis navana lob, preis. Zu dieser wurzel ziehe ich lat. nenia todteuklage, das nach Cicero aus dem griechischen stammt und aus einer grund- form navanja^ ableitung von navana, durch coutraction entstauden ist. Vielleicht aber ist der begriff des wortes aus der bedeutung des lobens abzuleiten; vgl. Festus p. 161: naenia est carmen, quod in funere laudandi gratia can- tatur ad tibiam. Cic. de leg. II 24: honoratorum virorum laudes in concione memorentur easque ctiam cantu ad tibicinem prosequantur, cui nomen et nenia. Aehnlich er- klfirt Didymus bei Orion p. 58: ikeyog ' &QTJvog Sia t6 öi,^ cevTov Tov &Q7JV0V SV XiysLV Tovg xaroixofiivovg.

w. vak skt. väpjatg brüllen^ heulen, begrüfsen, weh- klagen, vivakti erschallen, sprechen, verkündigen, Iht. agio quaken, vocalis tönend, singend, schreiend, sprechend.

w. dhar altn. drunr gebrüll, skt. dhranati gr. &gBouai lasse ertönen O^goog lautes rufen &Qvlog &6'' Qvßog lärm geräusch xtQrjvog todtenklage &gf]veiv wehklagen.

Diese beispiele beweisen zur genüge, dafs aus der be- deatung des brüll ens, laut ertönens sowohl die des Wehklagens als auch die des besingens, preisens, verherrlichens hervorgehen konnte.

In der wurzelform kley wird man von vorn herein entweder das anlautende als prothetisch oder das zweite als eingeschoben zu betrachten haben. Die sich so erge- bende wurzel key erscheint zunächst in kkeki^ofiai weh- klagen, einer intensivform wie akaXccL^a) öXokv^o). Die beziehung von Heyog zu diesem verbum zeigt sich deut- lich Arist. av. 212 ff.*), wo mit rolg aoZg äkeyoig auf ^^€-

*) dye avvvofii jttott navaai /c^v vnvovy

550 Ftoehde

kitof4>iv7] zurückgewiesen wird. Die Schwächung des s zu t, Ober die Curtius grundz. * p. 641 handelt, kann ver- schiedene Ursachen haben. Vor f findet sie sich in /i5^ii^o^* neben /ö-e^, in i'^ojuai. neben 'iSog, in xgi^oi) neben xgexu) und in den von o-stämmen abgeleiteten verben auf i^o) wie vofiiCot) loyi^ofiaL u. a., die sich zu denen auf eo) ver- halten wie die auf aCo) zu denen auf aco. So unterschei- det sich k^ski^ouai wehklagen auch lautlich von dem homonymen intensivum ikeki^io erschüttern, in wel- chem, wie skt. rggati und got. laikan beweisen, der vo- cal i ursprünglich ist (Fick ztschr. 19, 252).

Nun wird kkekiC(o auch vom Schlachtgeschrei gebraucht (z. b. Xen. an. I 8, 18: iXeliL,()V(7L tq3 *EvvaXi(p)\ hieraus erhellt, dafs die ursprüngliche bedeutung des wer- tes die des Schreiens, laut ertönens überhaupt war, und so ergiebt sich die Zugehörigkeit von Xiyvq Xiyvgog hell tönend (oft von der wehklage) liya\ivo) schreien, laut rufen, hell tönen kiyvQiCcD hell singen Xiy^e aor. er- tönte, erklang (vom bogen).

Die so gewonnene griechische wurzel Isy kiy*) aber halte ich fnr eine modification der indogermanischen ark oder rak in skt. arkati rkati brüllen, brausen (vom winde, wie oft auch hyvg)^ tönen, jauchzen, besingen, lo- ben, preisen, begrüfsen, verehren arka m. lobpreis, lied rK: lied, gedieht, vers. Die erweichung der tenuis, beson- ders der gutturalen, ist im griechischen nicht selten (Cur^ tius grundz. * p. 467 und p. 602); von schallwörtern zeigen sie auch xgcc^oj xAccc^w (Fick wörterb. p. 48) xgi^ta xi- XQiya neben 'ixßixo;if ^ xgavyt] neben skt. kröpa, xgei^a neben lat. crocio. Wie XQi^ta zu w. krak, so verhält

oi'c SUt. &tiov arofiaroQ ^gijvtlq TOI' iftov itat ffov nokvSaxginf "Ivvp

yirvoq ^ov&iJQ,

xa9^agd /OD^fl ^la (pi'Xkox6fi4)v

fiiXaxoq ij/« Tigoq Jioq V^(»«?,

tv 6 /(»t'doxd^a? 0olßoq axovwv,

Tolq (Folq fXiyohq dpTtxffäXXotr . . .

*) BestHtigt wird diese ansieht darch die eigennaraen Ainvfiv&os Licymnia, wenn dieselben richtig von X^yvq hergeleitet werden.

fltyoq. 551

sich äXeXiC^ zu w. ark oder rak. Dafs die wurzel ark im griechischen auch darch /^daxco vertreten ist (Fick p. 14), begründet keinen einwand gegen diese erklärung; Ahnliob hat sieh die eben angeführte indogermanische wür- zet krak in verschiedene formen gespalten.

Ob ark oder rak als grundform anzusetzen sei, scheint mir zweifelhaft; für letzteres spricht der umstand, daifi es eine grofse anzahl von schall Wörtern giebt, die mit dem schnarrlaut r (der dann später zum theil in 1 über- ging upd im griechischen durch vortretende vocale aus sei- ner Stellung verdrängt wurde) anlauten und mit einander ▼erwandt sind:

skt. w. ran (ranati tönen, klingen) ratrathrap lap ras rabh(rambhat6 brüllen, erschallen lassen) riph ribh (r^bhati brüllen, knistern, laut reden, jubeln, loben) ru rud.

gr. ä-Qaß'Oq (^aßdaaco (nach Fick p. 165 zu rabh; doch kann ß auch aus n oder ;' entstanden sein) ^a'Co) pd&ayog Qoffoq (zu rat) (jolßSog (zu ribh?) pol^og po^&og kakiu) kd^co dkakccLoo XaTctOOfa karocc^ü)

XtjQBlV 6Xo(f>VQOIA.ai OQVyOJ U>(JV(M).

lat. rabula (zu rabh oder rap, vgl. po&iorrjg^ latrator und skt. rebha laut tönend, rufer, declamator) r&na (wohl für racna) rancare rictare rumor rudo rugio lamentum latrare u. a.

ahd. röhön brüllen (w. rä) ags. rärian ahd. r^rgn blöken, brüllen altn. rymja brüllen (vgl. lat. ru-m-or) niederl. ratelen nhd. rasseln (zu rat?) nhd. rascheln rauschen raunen röcheln u. a.

Aus der wurzel ark ergiebt sich, wie aus den obigen bemerkungen erhellt, sowohl der begriff der wehklage als der des liedes, insbesondere des preisliedes (vgl. jrK arka) auf ungezwungene weise, 'ikayog verhält sich hinsichtlich seiner bedeutung zu skt. arkati wie ifptjvog naenia lessus lausus zu den wurzeln dhar nu rat rud. Möglicher weise ist auch gr. Xivog lied, klagelied nebst ai-Xvvog (composition wie weh-klage) subst

552 Froehde

klagelied, adj. jammernd, klagend und oho-hvog todten- klage zu der wurzel ran tönen, klingen zu ziehen*).

Das unbelegte ^?ysyaiv(x)^ welches im Et. M. durch nagacpQovalv erklärt wird, liefse sich allenfalls auch von w. ark herleiten. So habe ich oben nhd. rasen zu w. ras gezogen, w. ru hat im sanskrit auch die bedeutung toben, ebenso schwz. rasszien bei Maaler (vgl. Schmidt- benner wörterb. II p. 463)9 auch wird lat. rabere wüthen von rabula nicht zu trennen sein.

Der name der tochter des Neleus, !Ekey7]tg^ widerstrebt meiner erklärung nicht, ist aber mehrdeutig.

In den berichten der sächsischen gesellschaft der Wis- senschaften 1864 p. 3ff. hat Curtius die identität des la- teinischen elogium mit kkeyeiov darzuthun gesucht, in- dem er besonders an die übereinstimmende Verwendung beider zum ehrenden andenken an verstorbene (elogia mortuorum) erinnert. Ich stimme ihm darin bei, dafs beide derselben wurzel angehören; nur der annähme, dafs ersteres entlehnt sei, scheint mir, abgesehen von den übri- gen leichter zu erklärenden abweichungen, die länge des e zu widerstreben. Das wort macht ganz den eindruck einer acht lateinischen bildung wie colloquium, adagium, suffra- gium u. a.; warum sollte dasselbe nicht urverwandt sein? Die erweichung der tenuis ist auch im lateinischen häufig genug; vgl. vagio neben skt. vä^, mugio neben fivxdo" fiai^ digitus neben ion. SaxofiaL, ruga neben lit. rauka (Bugge ztschr. 20, 9) und anderes bei Corssen voc. Pp. 77; in beiden sprachen übereinstimmend findet sie sich in pango pagus knceyijv von w. pak (Curtius n. 343), in plango plaga nkrjyt] von w. plak (Curtius n. 367), in

*) Alvoq ist dann eigenname wie 'Idh/u^oq* Sollte nicht auch der thra- kische sänger Orpheus, durch dessen klagen alle natur bewegt wird, als der thrakische wind (bei Horaer xfkäöfjjv xfxXtjyo)q genannt) zu deu- ten und zu rabh brüllen, erschallen lassen zu ziehen sein? Denn so genau der name auch formell zu skt. fbhu stimmt (ztschr. 4, 114), so zeigen doch die sagen vom Orpheus und den Ribhus keine unmittelbare Übereinstimmung. Der name des Thamyrls, der ebenfalls aus der hcimath der winde, Thra- kien, stammt, liefse sich auf w. dham skt. dhamati blasen zurUckftlhren.

tXtyoq. 553

figo ag)iyy(o neben boeot. fl)ixa = 2q>iyya. Ich sehe sonach keinen zwingenden grund, elogium als lehn wort zu betrachten. Den Zusammenhang desselben mit dem wnrzelgleichen loqui (Düntzer ztschr. 16, 275) haben die Römer jedenfalls nicht mehr gefühlt, so wenig wie etwa den von vacca d.i. *väca und vagio. Die bedeutung lobspruch, die elogium, frz. eloge, eigentlich hat, stimmt gut zu skt. arlEati loben, preisen, verehren, die allgemeinere des ausspruch es überhaupt mehr zu loqui. Liegnitz, october 1873.

Froehde.

Miscellen.

Lat. lacus und altirisch loch see; germanisch lagu nass

und ksl. lokva regen.

Das germanische lagu-, an. lög-r nass, ags. lago, ahd. lagu m. see, meer ist bis jetzt mit lat. lacus zusammen- gestellt worden, mit dem es sich zu decken scheint. Al- lein fasst man die grundbedeutung beider Wörter ins äuge, so sieht man leicht, dass keine Vermittlung möglich ist. Lat. lacu-s heifst wie lacü-na ursprünglich „einbiegung, Vertiefung" dann erst vertiefte stelle = sumpf, pfötze, teich, landsee". Zu gründe liegt die wurzel lak biegen, die auch in ?Mxxo'g = lax-^fo-g grübe, lat. lä-ma für lac-ma pfütze = ksl. lo-mü pfütze (für lok-mü), lit. lankä f = ksl. l^ka Vertiefung, wiese, sumpf u. s. w. vorliegt. Gleichen Stam- mes und vermuthlich genau mit lacus identisch ist auch altirisch loch, landsee. Dagegen bedeutet an. lög-r „nass, flüssigkeit", wird von wasser, meth u. a. gesagt, geht also von einem ganz verschiedenen grundsinne aus und kann daher mit lacus Vertiefung auf keinen fall zusammenhängen. Vielmehr stimmt das germanische lagu- nass durchaus zum ksl. lok-va f regen, und zwar so, dass höchst wahrschein- lich germanisch lagu- aus ursprünglichem lagva- == ksl. lok-va verkürzt ist, ein Vorgang, der in den germanischen sprachen durch wenigstens ein ganz sicheres beispiel zu

554 MiBceUen.

belegen ist, nämlich durch das altsächsische ehu- pferd, das, wie die verwandten sprachen lehren, aus ehva- zusam- mengezogen ist.

A. Fick.

Qr^nidant.

Im Rgveda X, 20, 3 findet sich ^ränidant, ein pos- sessives adjectiv, als epitheton des Agni. Nach dem Petersb. Wtb. wäre die bedeutung: „dessen zahne eine reihe bil- den.^ Ich glaube nicht, dafs das compositum dies be- zeichnen kann, aber sei dem wie ihm wolle, ein solches epitheton des Agni kommt sonst meines wissens nicht vor. Dagegen ist ^ükidant ein passendes und wohl verbürgtes epitheton des feuergottes; 8. RV. V, 7, 7; VII, 4, 2. Da ^uKi begrifflich das deutsche „rein^ ist und ein skr. ^r^ni lautlich dem gotischen hraini, nomin. hrains, altsächs. hr^ni, u. s. w. entspricht, sind wir berechtigt, 9ränidant fbr ein synonym von pükidant zu halten und dem Indi- schen ein adjectiv ^räni == rein zuzuweisen. Es gehört natürlich zu demselben stamme wie ^rl, ^rlra, pllla, a. s. w., während ^räni „reihe^ unmittelbar zu prita, ^rajati, xkiveiv^ u. s. w. zu stellen ist. Ursprünglich iden- tisch mit rein ist ags. claene und klein; letzteres verhält sich zu ersterem wie kring zu bring, wie klemme zu got. hlamma, u. s. w. In betreff des begriffsüberganges vgl. Grimms wtb. s. v. klein.

Leiden, 12. mai 1874.

H. Kern.

Verzeichnis eingegangener Schriften.

H. d^Arbois de Jubainville. Deux documents latins inödits, IX«, VII« si^cles. (Eztrait de la Biblioth^ue de r£cole des chartes, t. XXXIV.) 8 ss. 8.

Sprachwissenschaftliche Einleitung in das Griechische und Lateinische (dr obere Gymnasialclassen von Ferd. Baar. Tübingen 1874. XV und 111 S8. 8.

Verzeichnis eingegangener Schriften. 555

Zur bedeutnng des schwachen präteritums der germani- schen sprachen von Wilhelm Begemann. Ergän- zung zu des Verfassers schrift: Das schwache Präteri- tum der germanischen sprachen. Berlin 1874. LH und 192 SS. 8.

üeber die indogermanischen Endungen des Genetiv Singu« laris tans, ias, ta von Theodor Benfey. Aus dem neunzehnten Bande der Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Göttio- gen 1874. 61 SS. 4.

W. Corssen. Commentationes epigraphicae tres. I. De titulo sepulcrali Osco Lucanorum. II. Supplementum inscriptionum Oscarum. III. De inscriptione Sabellica agri Praetutiani. (Aus der Ephemeris epigrapbica^ Vol. n p. 153—197.)

Johann Gustav Cuno. Etruskische Studien [Jahrbücher för class. philol. 1873, s. 649—695. 777-804; 1874, 8. 297—332].

Studien zur griechischen und lateinischen Grammatik her- ausgegeben von GeorgCurtius. Siebenter Band. Er- stes Heft. Leipzig 1874. 272 ss. 8.

Das altindische Verbum aus den Hymnen des Rigveda sei- nem Baue nach dargestellt von B. Delbrück. Halle 1874. Vm und 248 SS. 8.

'B. P. Hasdeu. Istoria Critica a Romaniloru. Pamentulu

TerreT - Romanesci. Volumulü I. Intinderea Territorialä.

Nomenclatura. Actiunea Naturei. Editiunea 11

revedutä si forte adausä. Bukuresci 1874. XII und

316 SS. 4.

Fünfzig Bemerkungen zum Grimm'schen Wörterbuche von Dr. W. L. van Helten. Rotterdam und Leipzig 1874. VIII und 86 SS. 8.

Schulgrammatik und Sprachwissenschaft. Studien über die Neugestaltung des grammatischen Unterrichts nach den Ergebnissen und der Methode der vergleichenden Sprach- wissenschaft. Von Dr. Julius JoUy. München 1874. VII und 92 SS. 8.

Die Sprachwissenschaft. W. D. WhitneyU Vorlesungen

556 Verzeichnu eingegangener sehriftn.

über die Principien der vergl eichenden Spraehforsdiiing für das deutsche Publikum bearbeitet und erweitert TOD Dr. Julius Jolly. München 1S74. X'XTT und 713 SS. ^ Gedanke, Laut uud Aeeent als die drei Factoren der Spriicbbililung coniparativ und physiologisch am He» bräi eben dargestellt von Dr. Eduard König. Wei- mar 1S74. VII und 155 SS. S.

Arya, dtr Arier-Name. Von Dr. Joseph Kühl. Beilage zum Herbst- Prograu tm des Progymnasinms zu Jfilich. Jülich 1S74. IV und 32 SS. nebst 2 SS. Kadi-

trag. kl. S.

Mittelhochdeutsches band Wörterbuch Ton Dr. Matthias Lexcr. Zehnte lieferung. (Zweiten bandes dritte lie- ferung.) Leipzig 1S74. sp. 641 960.

Memoires de la Sociote de Linguistique de Paris. Tome seconJ 4^me Fascicule. Paris lS74. [Enthält n. a.: F. Mcunier. Sur le passage du sens interrc^atif ao sens affirmatif. L. Havet. L'unite Ungnistiqae eo- ropeenne. La question des deux k arioenropeens. d'Arbois de Jubainville. L'accent breton. Michel Breal. La premiere personne du singulier en ombrien. James Darmes tet er. Notes sur quelques expressions Zendes. Louis Havet. Toe, (>';'«5 ccrgsyscTogj dsSgot- y.oL\ Michel Breal. Vindex. Note suppl^mentaire sur fagne, fange, hohe veen.]

Nabljudenija i vyvody po sravnitelinoma arjiskomu jazy- koznaniju. S. P. Mikuckago. Varsava 1874. 49 88.8-

Die Entstehung der synkretistischen Casus im Lateinischeii, Griechischen und Deutschen. Ein Beitrag zor YC^rglei- chendeu Casuslehre von Carl Penka. Aas dem Pro- gramme des k. k. Real- und Obergymnasiums im IX. Bezirk Wien's für das Schuljahr 1873/74 besonders ab- gedruckt. Wien 1574. 26 SS. 8.

Revue de l.^inguistique et de Philologie comparee. Recneil trimestricl publie par M. Abel Hovelacque eta Tome sixieme, IV^me Fascicule. Paris 1874. Dass. poblU

Verzeichnis eingegangener Schriften. 557

par M. Girard de Rialle etc. Tome septifeme, le' et Fascicule. Paris 1874. Mittelniederdeutsches Wörterbuch von Dr. Karl Schiller nnd Dr.. August Lob ben. Fünftes, sechstes, sieben- tes Heft, devestok godespennink. Bremen 1874.

Johannes Schmidt. Anzeige von August Fick, die ehe- malige Spracheinheit der Indogermanen Europas (Jenaer Literaturzeitung, Jahrgang 1874, Artikel 201).

üeber die formelle Unterscheidung der Redetheile im Grie- chischen und Lateinischen mit besonderer Berücksichti- gung der Nominalcomposita. Von Leopold Schroe- der. Von der historisch -philologischen Facultät der Kaiserlichen Universität zu Dorpat am 12. December 1872 gekrönte und auf Kosten dieser Universität ge- druckte Pn^isschrift. Leipzig 1874. X und 562 SS. 8.

The Periodical Literature of the United States of America. With Index and Appendices. By E. Steiger. New York 1873. V, 139 und IV, 14 ss. 4.

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Philological Society. On Peile's Grcek and Latin Etymo- logy. By Professor W. D. Whitney. 29 ss. 8. (d.d. June, 1873.)

Darwinism and Language. By Professor W. D. Whitney. Reprinted from the North American Review for July, 1874. 30 SS. 8.

Zeitschrift für deutsche Philologie herausgegeben von Dr. Ernst Höpfner und Dr. Julius Zacher. Fünfter Band. Heft IV. Sechster Band. Heft I. Halle 1874.

Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. Herausgegeben von Dr. M. Lazarus und Dr. H. Stein- thal. Achter Band. Zweites Heft. Berlin 1874.

Zeitschrift für deutsches alterthum herausgegeben von Karl Müllenhoff uüd Elias Steinmeyer. Neue folge.

558 Verzeichnis eingegangener schrifteib

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Phonologie de la Langue Fran^aise par C. Ayer. Paris 1875. VIII und 136 ss. kl. 8.

De graeea radice MAN cognatarum linguarum ratione ha- bita. Scripsit Jonas Babad. Dissertatio inauguralis . . . amplissimo ordini pbilosophorum Lipsiensi propo- Sita. Vratislaviae MDCCCLXXIV. 40 ss. 8.

Ueber die A -Reihe der gotischen Sprache. Eine gram- matische Studie von Dr. Adalbert Bezzenberger. Göttingen 1874. 71 ss. 8.

üeber die Sprache der Etrusker. Von W. Corssen. Er- ster Band. Leipzig 1874. XXXVI und 1016 ss. 8.

J. ten Doornkaat Koolman. Auszug aus einem in Ar- beit begriffenen Ostfriesischen Wörterbuch mit dem ergebensten Ersuchen um geneigte Besprechung oder briefliche Mittheilung Ober Inhalt, Bearbeitung und Ausstattung. Norden in Ostfriesland. 18 ss. 8.

Die Sprache als Kunst von Gustav Gerber. Zweiter Band. 2. Hälfte. Bromberg 1874. IV und 301 SS. 8.

Letture sopra la Mitologia Vedica fatte dal Prof. Angelo de Gubernatis alP Istituto di Studii superiori di Firenze. Firenze 1874. X und 367 ss. 8.

Beiträge zur Tirolischen Dialektforschung von Dr. Val. Hintner. 11. Wien 1874. s. 49—96. 8.

H. Kern. Noms Germaniques dans des Inscriptions La- tines du Rhin inf^rieur. [Revue Celtique II, p. 153 177 Übersetzung der Zeitschrift XXI, 478 verzeich- neten abhandlung.]

Proben aus dem för das schweizerdeutsche Idiotikon ge- sammelten Materiale. [Von den redactoren F. Staub und L. Tobler.] 32 sp.

Index graecorum vocabulorum in linguam latinam trans- latorum quaestiunculis auctus. Scripsit Alezander Saalfeld. Berolini MDCCCLXXIV. 86 ss. 8.

Sprachwissenschaftliche Abhandlungen hervorgegangen aus Georg Curtius' grammatischer Gesellschaft zu Leip-

Verzeichnis eingegangener Schriften. 559

Zig. Leipzig 1874. 175 ss. 8. [Enthält: C. Anger- mano. Bemerkungen über den Difierenzierungstrieb auf dem Boden des Griechischen und Lateinischen. R. Merzdorf. Die sogenannten aeolischen Bestandtheile des nördlichen Dorismus. R. Fritzsche. Ueber grie- chische Perfecta mit Präsensbedeutung. H. Üble. Die Vocalisation und Aspiration des griechischen star- ken Perfectums. J. Jolly. Zur Lehre vom Particip.

E. Beermann. Griechische Wörter im Lateinischen.

E. Wörner. Die Substantiva auf via. P. Cauer. Die dorischen Futur- und Aoristbildungen der abgelei- teten Verba auf -i^w. K. Brugman. Zur Geschichte der präsensstammbildenden Suffixe.]

Der Infinitiv bei Plautus. Eine sprachwissenschaftliche Un- tersuchung von Ernst Walder. Berlin 1874. 64 SS. 8.

Buneskriftens Oprindelse og Udvikling i Norden. Af Ludv. F. A. W immer. Med 3 Tavler og Afbild- ninger i Teksten. [Ssertryk af Arb. f. nord. Oldk. og Bist. 1874.] Köbenhavn 1874. 270 ss. 8.

Berlin, 31. december 1874. E. K.

L Sachregister.

Accent der nomina mit d. sufBx -lo !

499. 501. Adjectiva auf: «To, oTo, osk. aaio, lat ario 261 ; mo 484 f.; tjnin 486; cunio 487; in 488 f.; aP.f'o 490; lo von n- und conson. stammen 490 ff.; a-io, t}~iOy o-io, (fi-io, w-o 493 ff. ; a-c)io 495; *-»o 496 f.; f-o 497 f.

Uebersicht d. bildungen 498 ff. j

Sanskr. -eja 496. 1 Adverbia im got. 279 ff. j Anlaut: die stärkste u. bedeutendste

stelle des wortes (wenigstens im I Deutschen) 141. |

Aspiraten: & wohl dem f nahe 112; ! d. älteste germ. blos th (p, ^), dies einf. laut, theils f, theils s sich nä- hernd; fränk. ahd. th, dh dem got. (ags. nord.) im lautwert entspre- chend? ausspr. des alts. ungewifs (zuw. einf. t, d); hd. f, v (alts. bh), ch, ß keine asp., ebensowenig z (ts), pf (wirkl. doppell.); also nhd. ph, kb, th echte aspir.? gründe 112 ff.

Aspiraten u. tenues in schweizer, mandart 112 ff.

Aspiration: unorganisch 216.

Assimilation: gb, db = bb im fries. 93; 1b = 11 im lat. 260; nd = nn im umbr. 455; assim. des voc. der unbetonten silbe u. in Wurzelsilben im osk. 451.

Asyndeton im altital. 430.

Deklination: im alban. 77 ff. romanische in der meroving. zeit 158 ff.; roman. aus d. lat entwik- kelt 167 ff.; Übertragung d. nord- westroman. und ital. deklinations- systems 181 ff.; zweicasusdeklinat. auf dem ganzen gebiet d. churwäl- schen früher wohl viel weiter aus- gedehnt 184 f.; ungleichsilbige od. ungleich tonige d. eigennamen 186 ff.

dekl. griech. lehnwörter im osk. altlat. nach einheimischer weise 307.

Dentale: ihr regelrechtes Verhältnis nach n seit ältester zeit getrübt u. schwankend im deutschen 129.

Diphthonge: au = urspr. an im ausl. u. vor kons. 88 f. ie vor- wärts wirkend im roman. 173 f. at, (by oij VI vor vok. in att. prosa in der regel unurspr. 261. eu im lat., meist zu ou 366 f.

Djissimilation: im got. 437; f=p im osk. 463 f.; v = b im lat. 454.

Dual: dessen ausgangspuncte in den verschied, sprachen 7.

Dvandva. im griech. u. lat. Iff.; aus götternamen meist das 1. glied auf ä 271; vulgärgr. im pl. neutr. u. ags. 477 f.

Ellipse: begriff und gebrauch 520 f.

Gutturale: im alban. 75 ff.; ihre Verhältnisse im ahd. u. auch noch mhd. sehr verwickelt u, stellenweise verwirrt 121 f.

Infinitiv: des aor. auf ^aat 885 f.; lat. -se = -re 836; lat. inf. pass. 336 f.; epexeget. bei Homer 838; auf a-//«»on bei Homer 474 f.

Kasus. Im griech. d. rein locale gebrauch ders. schon in d. homer. spräche sehr zurückgedrängt: ^|, an 6 st. des abl., ir st. des loc, f<; st. des einf. loc. acc. ; rein drtl. Verhältnisse durch -&fr, -&i^ -de bezeichnet; der rein loc. gebrauch des abl. gen. bei Homer insbesond. schon ziemlich selten 37 ff.; der loc. dat. u. loc. acc. noch mehr selbst, erhalten 41 ff. 5 kasus im al- ban. 79.

Nominativ: auf ies im latein. 146 ff.; der stamme auf -ro u. -ri im roman. 172 ff.; nom. sing, der

Sachregister.

561

nevtra lang od. karz im skr. 272; nom. pl. -as neben -a im ahd. 820 f.

Accttsativ: bezeichnet das ziel bei Verben der bewegung 339. . griech. d = osk. lat. -em 306 f. ; plnr. im nmbr. -f, osk. -ss 418 ff., in and. altital. dial. (nicht im osk.) 426 ff.

Dativ: gmndbedeutung richtung, daraas Wirkung, absieht 888.

Ablativ: d bleibt im osklschen 897, 2).

Genitiv: adverb. Verwendung im dentschen häufig 322.

Locativ: als infinitiv 338; des- sen sufßx 528. Keltisch: ohne einflufs auf das ro-

man. in d. deklin. 162 f. Komposition: deren entstehung 10 f. Konjugation: im alban. 85 ff. Konjunctiv: des perf. im osk. 444];

vocal kurz bei Homer 474. Konsonanten s. Aspiraten, Dentale, Gutturale, Tenues.

b lat. got. = f osk. 452.

ß = l^ ark. aeol. maked. 207, 60).

c ^ g im lat. 264.

ch anl. ahd. ^ mhd. k 119.

d SS ^, germ. t (ahd. z) 110 f.; altbulg. lit. = got. th 319; altb. aus d, dh, t 324; = germ. th 324; anal, im osk. 397 ff.

J[= ^ 110, 11); parasitisch 496.

f lat. anl. aus sf = sp (?) 102; anl. = urspr. gh, dh, bh 103 ; (nicht anL) = p im altital. 453 f.

g -|- h = k im dtscb. , g mhd. ausl. ^ c 119.

j ^* 497 ; ju= i im slav. 379, 10).

k = f im sanskr. 6 1 ; vertreten durch 7c im griech. 61; k fränk. s= ch alem. 121; = t im dtsch. 187; k (skr. k, 9) europ. oft = kv, germ. hv 381, 13).

1 in d. indogerm. grundspr.? in d. grundspr. nicht differencicrender laut; 1 gegenüber iran. r und um- gekehrt, skr. 1 gegenüber europ. 1; iran. eingebUfst od. durch neubil- düngen ersetzt; fehlt im altpers. 856 ff. 1 (inl.) = d, r, rs im nmbr., = d im lat. 456.

n nicht = 1 im lat. 250, 2).

p im wurzelausl. im germ. sehr h&ufig un verschoben 265 ; vor r = b im lat 328.

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XXII. 6.

r siehe 1; r =s n im alban. 80; anl. in schallwortem 551.

Q anl. meist ss ;t od. ein vocal tritt vor 263 f.

s anl. hat aspir. einflufs im griech. (im lat.?) 102; ausl. urspr. noch im ahd. 320; ausl. ^ sz im lit. 383, 15); = f namentlich im umbr. 418 ff. 428; = f und umge- kehrt im roman. kelt. germ. 435 ff.; = z nach n im altumbr. 461; inl. s bleibt vor n, m im osk. umbr. sabell. 465.

t ausl. im altir. vielfach erweicht 374, 4); ausl. im osk. umbr. 400 f.

& = d im maked. 195. 210, 73). 232.

^ anl. nicht im maked. 223; = ßi (/, nicht umgekehrt 269.

tfi nicht im maked. 201, 28), da- für ß 224.

zh im alban. 77. Konsonantenabfall.

anlautend: c vor 1 im latein. nicht erwiesen 548; gh im latein. 884. h vor r, 1 im lat. 250 ff.

s im altbulg. 94, 1), im roman. 172»), vor k 316-, 5), vor m im dtach. nicht zu erweisen 883, 14); a vor Q 267 f. j: vor ^ 264 ff. -X 269.

inlautend: f im 5sk. perfect 451. g im lat. vor v 253 ff., vor m 294; y vor fi dial. 213, 100). - n im altital. 428. a vor secundärem o 95; in ableitun- gen auf ««o, Ofo, im fem. auf via 261; im praesensst. 262 f.; in stam- men auf urspr. -as (a^, o?, *?) 493.

f 544; im fem. der adj. auf-ts und in sonstigen stammen 261, im praesensst. 262, zwischen anlaut. a und folg. vocal 263.

Konsonanteneinschub: s zwischen guttur. u. suffixalem t im litt 97; vor t im got. 277. ^ 383, 15). Konsonanten gruppen.

fn, sn anl. wechseln im schwed. 435; sn =s= fn schon im älteren genn. (?) 437.

ft, st inl. u. ausl. wechseln im germ. 436.

ggv got. Verstärkung e. germ. v 376, 7).

gn anl. im dtsch. aus ge- 120.

y^ = ß 877, 7).

56

562

Sachregister.

kt SB ht (nicht kk) im osk. 482. nt = nd im neuumbr. 465. rf :^ rb, rs (zwischen voc.) := rr 423.

rs lat. nie arspr., altes inl. rs = rr 540.

crx, CT, an anl. s= axi ^^y fff 102.

e= vv 106, 6). sp anl. bleibt od. bUfst s ein od. fällt ab, nie wirkt s auf p aspi- rierend 105.

a7t = (r(f> nicht graecoital. 105. 8V = 814, 2). t/" anl. = (if 263. tsch anl. im dtsch. verhältnis- mäfaig selten, meist fremden nrspr., inl. sehr häufig; neben tsch bildun- gen auf k (assim.) 188 f.; = tz 187; tsch anl. nicht in deutscher scbriA- spr. 141. tsch in Schweiz, mond- art 188 ff.

Konsonantenvorschlag: von gntt. im lit. 817; von j im slav. vor e 819.

Kontraktion: aai zu av im maked. 214, 106).

Kopula: weglassung ders. im skr. u. lat. 6. ^

Lautgesetze: deren entwickelung 820.

Lehnworter: die alten lat. zunächst aus d. grofsgriech. dial. 102, 2).

Metaplasmen griech. eigenn. in la- tein. 186 ff.

Neutrum: im roman. verloren in folge Verwischung der lautl. kennzeichen; behandlung der ungleichsilbigen n. 174 f.

Nomina agentis: durch -ii|-; (fem. -rw)), -Tt(j {xfLQo), lo^ 526.

Numerale: dessen zusammenrückung von eilf an 12.

Parataxis zur Hypotaxis 405.

Partikeln: im got 279 ff.

Patronymica auf-^^Ji^t; von o-stäm- men wohl nur bei rom. dichtem 281.

Personalendungen. indoeuro- päisch: -nti primär, -nt secundär 898 f. Sanskrit: 8. plnr. med. -ante, -at6 886. italisch: prim. n. secund. des osk. u. nmbr. 885 ff.; umbr. nie -nt, -t, wo osk. -ns, nie -ns, -s, wo osk. -t, -nt 887; regel fUr d. osk. umbr. (tabell. volsk.?) 888 f. ; endung der 3. p. sg. praes. {

perf. wegge&llen im umbr. sabell. volsk. 404 f. oskiscb: -nt, -t 885, -ns 868; -t, -d 8. p. sg. act. 897 ff.; .t (nicht -d) und -d (nicht -t) 401 ff.; -ed 8. p. sg. ind. perf. 402. umbrisch: -nt, -t, -n, -ns, -s 887. 401 f.; endungen im pass. 896. sabellisch: -t 402.

Plural im Italien. 175 ff.

Praepositionen: Verbindungen von de, ad in den roman. kasus 171 f.

Praesensstamm: -ai'w nach langer, "dvio nach kurzer silbe 52.

Pronomen: declin. im alban. 81 ff.; im roman. 165 f.

Satzverbindung durch 9k im grie- chischen, en im altnorweg. 892.

Schreibweisen auf ital. inschrifLen 812.

Silben: ausfoll der ersten von zwei gleichlaut, im griech. u. lat 98 ff. 222. 284. 371 f.

Spiritus asper vor anl. v Überall (dial. abgesehen), vor » mehrfach entwickelt 50 f.

Suffixe s. Adjectiva, nomina agen- tis. — Bei der Zusammensetzung im griech. germ. 507. a = gr. n, « 525; ia, ja 481 ff.; ri aus ra 109, 9); ta, ti urspr. ident. 485; tra-m s= westslav. dlo 824.

Sanskrit: ja 482 ff. (part. ne- cess. 484); vant 372.

Griechisch: a/o, maked. ayo 280; ^i* 472; ia in mak. namen 215; f^526; ((r» (= skr. asi) 525 ; J^a, ßo 288; /"«iir 872. 518; r^qo 518; * 525; »o, ia HO, 10). 195. 481 ff., patronym. 221, ableitnngen von compos. u. bahnvrihis 517 f.; «ra 214, 104); taxo demin. 196, 11), in eigenn. 281 f.; ixy\ besond. h&u% in boeot. namen 225; k als verbalsuff. 254, 7); ^ax secund. 218, 100); fit, 206, 51); ^or 525; o 518. 525 f.; if^q 214, 106); to, xi 485. 525; To^ 214, 106).

Latein: ali 518; asio, asia in familienn. 298; c als verbalsuffix 254, 7); culo 810; er an ältere Stämme antretend 106, 6); io 482; ösus (älter önsus): ion-önsus = i-önsus := i-ÖBUs 372; tit: Verkür- zungen beim antreten neuer suffixe 100 f.; tion 482; tu erbalten bei bil- dungen von voc. ansL 'Vforstln 548.

Sachregister.

563

Oskisch: asio, asia in fami- lienn. 298; io = ie if ii = { i 298. 806; iio d. i. ijo = skr. ja 459; tinom 482.

Umbrisch: tine 482.

Sabellisch: calo 810.

Gotisch: fnja, bnja; snja, sna 487.

Altbulgarisch: ia = ija ije (abstr., meist collect.) 483.

Litauisch: kla (kle) = 1 879 f.

Altpreufsisch: sennia, sna (no- mina action.) 487.

Keltisch: mad (irisch), met

(brit) ordin. 7—10 bildend 108, 8).

Superlativ: formen desselben im lat.

142 ff. Supinum: lat. auf tum = dat. tui

888. Synizese: im conj. der 1. p. plur.

bei Homer 478 f. Ten n es: reine (wie roman. slav.) anl. vor vocalcn im gebildeten nhd. ge- neigt sich durch aspir. zu verstär- ken; reines k nicht mehr, bei p, t die aspir. noch nicht allgemein 114 f.; deren erweichunglm griech. 650, im lat. 552. Urverwandtschaft der semit. und indogerman. sprachen: harte semit. stummlaute im indogerm. wesentl. gleich geblieben 243 ; in der gruppe | k-1 5 dem sem. indog. gemeinHarae wurzeln 244; weiche sem. stumml. im indog. meist zu harten, nament- lich b zu p 245; semit. b das p flberwiegend, indog. p unermefslich Über b 246 f. ; bestimmte lautgesetze sem. mit indog. verkntlpfend 247 f.; Verwandtschaft der semit. wurzeln mit den indog. 248 f. (s. Wurzeln). Verba: lat. denom. auf -eo bezeich- Btü ein sein, einen zustand, auf -are meist transit. od. intransit. thätig- keit, dem entsprechend die bedeu- tnng der inchoat. auf -csco 256 ff.; lat. auf e = osk. auf {456. Verbalendungen: entstehung der

conson. anlautenden 149 ff. Vocale.

£ rein ausl. im german. (aufser im got.) ^ ü (u) 66; S durch ö = fi im lat. 314, 1).

S osk. häufig =r { 415; e lat. häufig = osk. { 456.

c, (S im alban. 75; fi stummes

den Gegen, besond. den nordwestl. unbekannt 84.

i = j im skr. altbaktr., = ij im Psli 482.

( =s ((. im osk. 425 ; mittellaut zwischen i und e 457.

0 durch ou = u im lat. 258. o =5 oc vor lab. im griech. 214, 102).

0) ^ maked. thess. nv 197, 17). 215, 106); = t, 379.

u = vo im lat. 253, 3 : ; uu ahd. = wu 192.

}• wohl nicht strengdor. u. maked. (nur u) 194, 5).

Vocalausfall: im osk. 306. 448.

Vocaleinschub: a 195, 7). 202, 32). 205, 50). 210, 7a).

Yocalschwächung: a zu e im lat. 260; im altpreufs. 317; « zu i im griech. 550.

Vocalsteigerung: deutsch e (i) zu a, a zu ö; i, u zu ei, ai, iu, au; griech. a zu ä, fj, w] i, i' zu fi, «r, ot, Ol-; slav. i, i, e (oi, ai) zu ü, y, u (ov, av) 361 ff. schon in d. grundspr. Wechsel von e a ä, i ei ai, u eu au 366 f.; europäisch gegenüber d. arischen 368 ff.

Vocalvorschlag: o 194, 5). 198. 534; f 264; o 194, 5); o, 264.

Wurzeln: sem. aus 3 cons. u. min» destens zweisilbig, indogerm. eins. 239; doch hat manche schwache sem. WZ. nur 2 cons. od. die bei- den stärkeren laute sind eigentlich träger der bedeutung 240 ; nicht we- nige indogerm. wz. haben mehr als 2 cons. 241.

Zusammensetzungen: nominale bei Homer 501 ff. ; 3 classen der aus relativen Sätzen entstand, composita 507; vollkommene zusammens. mit praep. 508 ff. ; bahuvnhis mit einer praep. in adverb. sinne an 1. stelle 514 ff.; unvoUk. zus. mit praepos. (karmadhärajas) 516; zusammen»., bei deren anflösung in e. relat. satz die copula zu ergänzen ist 516 f. 523; bahuvnhis 517, unterabtbei- lungen 518 f, vergleichende 620 f.; e. indccl. an 1. stelle 523 f.; compos. mit e. vorbalnomen an 1. od. 2. stelle 524 tl.; vollkomni. adverb. compos. 527 f.; unvoUkomm. zusammensetz. 529 f.

36*

564

Wortregister.

IL Wortregister. A. Oermanische sprachen.

1. Gotisch.

abrs 327. 328.

air 95. 96.

airis 320.

aiththau 822.

aiva 66.

aiz 95.

andanumts 437.

atta 107.

augö 881, 13).

auhns 61. 192.

ausön 373, 2).

avSthja- 278.

avi- 277. 278.

avistr 276. 277.

azgön 381, 18).

bansts 135.

bi-sauljan a. s.w. 479, 4).

bi-übta 97.

bliggvan, blaggv 376, 7).

diazam 190.

draubsna 437.

dulga (haitja) 873, 3).

fadrein 9.

fana 257.

fava- 108, 7).

filusna 437.

fragan, fraihnan 6K

fraisan 437.

fra-vairthan, vardjan 319.

fula 257.

fulbsnja 487.

ga- 281.

gai^an 251, 5).

gakvumths 436.

ganaitjan 824.

ganavistron 276.

garuDJo 256, 1).

gasötjan 471.

gavnndön 437.

geis, gais 383, 15).

göds H25**).

gras 251, 3).

gr§dö-, gridi 281.

hails 245.

hansa 98, 2).

hat-ands, -jands 459.

blamma 554.

hlatha 819.

hraini 554.

bulistra, hnljan 276. 277.

hvairba 269.

hvas, hvi u. s. w. 65. 66.

hvathrö, hvathar 278.

is 65. 67.

ita (pron. st.) 67. 899.

laikan 550.

-leithan 319.

nahts 321.

naatbjan 819.

♦navistr 276 ff.

neitha 324.

nih 281.

nima, nam 274 f.

paida 228.

qithan 824.

razda 548.

rinnan, rans 256, 1).

sa, 80, si 67.

sada 471.

salithvos (pl.) 275.

sianis 882, 18).

skaidan 215, 115).

slahaD 266.

Bötha 471.

sparva 316, 7).

stikan, stak 104.

svairban 268.

sviglon 268.

taihsva 484.

thamma u. s. w. 67.

thata 899.

this u. 8. w. 65. 66.

thiada 874, 4).

thlahsjan 255 *).

tbliuhan 118. 480, 9).

thnsundi 317.

afhja, ubnja 487.

fih- 281.

uh-teigo, -tinga, -tvön 97.

usdandö 280.

uzanan 191.

vairpan 265. 544.

valdan 267.

valdufbja 437.

varjan 264, 7).

vato 253, 2).

vitan, vitubnja 487.

vithms 824.

vraiqs 255. 264. vnndafnja 437.

2. Althocbdeotsch.

AdalbiriD 98.

anad-o, ön 276.

antarön 120.

araweiz 110, 2).

anaist, -a 278.

az 400.

biscoppot 131.

biata 67.

blOzan 137.

bözen 182.

breton, brettan 186.

briozan 135.

chara 118.

chniozan 186.

chanft, chumft 486.

der 67.

Diotpirin 93.

disiu, desiu n. s. w. 66 ff.

dümo 257.

dunni 260, 6).

Eilbem 94.

eiris 820. 821.

ör (ir) 65.

eristo 96.

ethes a. 8. w. 818 ff.

euaida 278.

ewist, ewit 278.

falo 257.

fihala, nia 480, 9).

flins, vlins 110, 8).

mohan 118. 480, 9).

Folkbem 94.

fravali, frabari 826. 827.

Frithabirin 98.

gareb 124.

Gari-birin, bem 98.

geil 251, 5).

geisila 883, 15).

gifebo 125.

grS 251, 6).

gretan 186.

grind 250, 2).

gussi 185.

hSrisön 184.

hniz 250, 2).

Hobnn 94.

bAo-v«], -«ön 268, S).

famr IS 8.

bill 12E.

Hrod-piTiD, bim 93.

hrncki 989.

hat 3ie, 5).

bwia, hwiD B. a. w. 66.

io, to, lo 66.

k»-bigin S7S.

karrui 51S.

k>tli 121.

knUtJui 136.

kmujap 186.

UgD E&B.

Ildan 480, 8).

mbi 382, 14).

maro 260, 6).

marwi, marairi 2S0, S).

DagKl 273. D*ht SSI. S22. ntbDl 276. ntlnan 324.

nlheJD, Qahein 118. ODDitJ 278. P'nhtmuatingu 821. phona 117. pSznn 186. prcta 136.

136.

Briiibern n tIrSn hiS. 5SI. Tlbsn iSi. man 1.15. rShSa SAl. TQowk, ri" 376, nioun 267. ul ^7B. ralbCn 816, 6). Sub«Tn 94. sc«ra 380, II). •erinlin, scrant 1

3 Mittelhochdentacli.

jbiehen 131. der, <iWta u. », w. 66 ff. ,drindii, drsnt 479, 3). ^enlctin, nekein 1 18.

jeSRen 123. gcl)ür(e) ISO. Herecb 124.

knulzen 136. krialen 317. mUrwr^ 260. SreH'«tzel]n 137. phiiSien 436. pritzp 136.

renken 26S. riu^chen. rfitclien S4S. ru be 363, k). ruovTf. tSve 376, 6). schflppl MO. ectiuo'h)p07 140.

Sibirli

Sigipin

■pii 111. 6). Hirba 257. •wsqi 269.

Vigibirin 98. «afia 814, I). vtigjin 123. wir (bwer) 65.

ampftr 193, 3). I Hntem 120. jarg 201, 27). I bins^i banseii 138. I bantiche (scbwftb.) 18h. I banzfl (hinn^b.) 135. j behagen 878. Ibften, bitten 131. Ibinez 136. {bleui'n 376, 7|. ; blitzen 133. 134. 'Hörle !S7.

tulke roppe

127, 2). Ii7. 2) 136.

unaat

471.

if>6. i).

vlokz

n 13S.

vrtire

u. ». w.

826

827

wHge

128.

4. Henhocbdeubcli

ibd heutige ober- n. mit teldentacbe dialscte *).

egge 122,

er 65.

erbse 110, 2).

er^le B6.

etH-, eti-lich (dial.) 823.

faheo 12S.

färbe 212, 98). <>ilRi-heii 134.

ätschen, fltien 133. I flackern 255.

flinte 110, 3).

flucht 134. , flunkem 256. i tVanib rn-iigeuDer-iennc- i dfutarh-berliaerei 2l

! verk-ma-i chicer le 23. ' froach-mctluskcn-brei-Ba- I tuT 22. 1 gackicD 184. 'ge- 120. 126. ! gedenken 126. jgedrang 127. gehereo 121. Iglnckaen 184.

BOttmensoh 85. grap-en 186.

ranke 25 5.

rn-rn 375, 6). 548.

6. Ilederdentaeh.

rasseln, ra^eheln 551.

arflen 110, 2).

heerd 537.

raasdeu (Schweiz.) 352.

dih 104.

hemch^a 134.

raubmord 25.

Miezen (nnl.) 486.

hindere 129.

rauehwanren 124.

hei 245.

hören 121.

rauh 18?.

kletaen 137.

hummer 210, 79).

rauschen, launen 561.

komst, kumst (nnl.) 486.

66.

rieseln 120.

quid 479, 7).

jnchzen ISl.

riWen 136.

slert lU, 8).

junter 119.

röeheln 651.

wrack 269.

katze leS.

rabo 378, 6).

wriven 264.

kein 118. 119.

rüBsel 267.

kieselBUiu 35.

Sauerampfer 198, 3).

7. inKeU&chstieh.

kUUclien IST.

sehandern, ecbaueni 188.

kUcken IST.

Schärpe 140.

»(Tomsverian 478.

klein S64.

Acheermaus 380, 11|.

kohlrab«nachw.rz 20. SO.

schluchzen 184.

l-thrunden 479, 8).

kommen 120.

schmatzen 184.

beado 137.

kennen 120.

schnappe 181.

cUcne 561.

krilchien 134-

s'-lintemil.'bn-eirs 20. SO.

dysig 127, 2).

eoved, eo-, e-vaatre 278.

kunde 25S.

srh«el,!n, schwill SU. 2).

flacor 265.

kuna 436.

sehen, sieht 124.

Hint 110, 8).

kür, chur 118.

fneCsan 486.

lau 136.

üpitz 111, 6). spuren 120.

fVegnan 61.

lecbzi'n 134.

grindan 260, S).

leu 186.

sLhen 104.

hat 816, 6).

iDlhre, mUhrchen 882,14).

Sterz 111, 8).

beafan 258, 2).

sUd-ast, weit 28.

hBg 378.

mensch 135.

tatze 136.

teich 104.

lag» 558.

mufk^en 134.

thier 190 f.

lIAn 480. 8).

oberlotlhaua-überechnap-

tBchüret,t8ehfirl 187.188.

mearn 260, 6).

punga-narrenschifl 22.

Ufer 256, 2).

nio-, neo-bed 378.

Ofen 2*6.

verdutzt 186.

on-lihe 259.

Ohr 878, i).

vertuschen 186.

ririan 561.

oetern 95.

wer, wie 66. 66.

röv 376, 8).

Wirbelwind 26.

se, sed 67.

pWicben (p«t2er.) 187.

zagen 123. zitze 141.

suhterge-fSdeMU 478.

snhtor.fMran 478.

20. 80.

BUlh 268.

pflupgten 111. B|.

sveUn 814, S).

prnKckl (bair.) 436. pfboMFl (Schweiz.) 436.

5. Altaäcbslsch.

temn 359. (hrtciui 266*).

pfone 117.

ando 276.

thrlite 334.

picken 133.

ebu- 554.

Tcot 967.

plumpsen 135.

hr«ni 664.

pracht, prangen, prunk 181.

huC (huie) 66. It^an 480, 8). .

8. FrieslKh..

priUehe 136.

■iuu 882. 18).

Atbem 98.

put (höhncben) 107.

tbit, thids n. .. w. 68.

Freth-, bem, Frelh, Frei

puta 268.

98.

putten 136.

Geilbcru 9t.

r.gBn 120.

hwi 65.

Wortregister.

567

mlika 479, 6). quid 479, 7). Bodbern 98. Sibbem, Sibern 98. Thjabbem, Tjabern 93. Wigbera, Wippern 0«.

9. Englisch.

da^er 104. few 108, 7). flat 111, 4). roach 253, 2). Bnarl, snatch 436. roeeze 436.

spick-and-span-new 80. wither 324.

10. Altnordisch.

Adalbiom 93. 94. afl 827. at 400. bmnd 437. By-leiftr, -leiptr 436. dranr 549. duft, dapt 436. Egilbiörn 94. fa<frar 445. fe^gar 9. fjÖrdr 861. fnasa 486.

fniö kr, hni^skr 436. Folkbjörn 94. freista 437. Frid'-letfr, -bjöm 98. fricTr 98. Geirbjöm 93. geysa 384.

HAbjdra 94.

hagr 378.

hsttr 878.

herstr 479, 5).

hnidsa 436.

högr, hoegr 378.

höttr 8ie, 5).

Hro^jörti 93. 94.

hrds, hrdsa, hroesni 478, 1).

hümanr 210, 79).

hverr, hver 65.

kaera 548.

kurr 479, t).

lf<fa 480, 8).

lögr 558.

maerr 382, 14).

naust 278.

ofn 246.

ReginbjSra 94.

rifa 264.

(roar gen.) 376, 6).

ryfnja 651.

sa, 67.

samkund 436.

Sigbjörn 93.

8jön 382, 13).

snerkja 436.

spakr, spakt 94, 1).

speki, Bpekt 94, 1).

svarf 268.

thel(thjöl,tbjalar)480,9).

thessi, theasa u. 8. w. 68.

thrüclV 324.

Vigbjörn 98.

vitr, vitr-t 109, 9).

v6kr 257.

11. FarSisch.

snertin 436.

12. Norwegisch.

blotgoefi 91. 93. fnykr (alt) 486. Frey, Freysgo^ 91. god^ 91. Hjalmhlatip 91. hiaup 91. hofgo^Ti 91. 92. knattleikr 90. KtiattvöUr 91. knöttr 90. knykr 436. leik-, Leik- 90 ff. Skedjnhof 92. skeidagodl 92. skeid"-, Skei^- 90 ff. skop, Skop- 91. snasa (dial.) 486. snorkjen 436. snur (dial.) 436. snykr (snik, snaek) 436. v^ 92.

13. Schwedisch.

ärste 486.

fnSske, inusk 486.

fhurken (dial.) 436 f.

rocka 268, 2).

skejdä (dial.) 91.

snatta 436.

sniosk, snyske n. 8. w.

(dial.) 436. snorken (alt) 436. vriffa 264.

14. D&nisch.

rokke 258, 2).

B. Griechisch.

a- (intens.) 528 f.

aa^oi 193, 1).

a/^;'ia (raak.) 193, 1).

aßatjr (mak.) 198, 8).

aßXn^ (mak.) 198, 4).

aßifa 216.

"Jß^ia^ (mak.) 215. 232.

aßiiO(lf,üJV 109, 10).

Ckßitoq 216.

aß{)olntfi (mak.) 184, 5).

«;/(*- 524, e). 'Ay^Blvoi; 224. 'ulya&iK, '/4yd&ij 187, 6). ayaiofiai 262. ayavoq 58. dyana» 246. 'Ayanf\wo}q 282. a/ai'Of 226. "yiytgifoq (mak.) 216. dym<TixvßriXiq 28.

dyrjfta (spart.) 194, 6). dyfivoiQ 617. ayri^oi; 518. oi/xaAi/, dynaXiq 194, 7). dyxXop (Hes.) 194, 7). ayvo^a 261 *). dygavXoq 628. 'jlyv^Qioq 216. dyxftQfio^ (mak.) 208, 68). 215^ 118).

äy}ai'Qoi 95.

Uiai-«; (mak.) 216.

'v*JolWi]( 216.

ÖJaJic (mak.) I9&, 8).

216. ädjat (mak.) 196, 9). WJi« tmak.) 216. äill<i-ini;, -öq hit, iS^ (mak.) 195, 10).

äitOMor (mak.) 196, 1 1).

'ASf^To^ S16.

<£.)(.« (dar.), äJo; (Hn.)

196,

üd^aiä (mak.) 195, IS). ^3if 195.

^^uraüi« (mak.) 196, 13).

äuxiXmq, ä»^l.i>; 489.

ÖlUn^ö/o« 20. '-^((onii^ 196, U). 217. aiQOifi 217.

GBO ff. ^Tfii,!. 528. ^fMäixaq 628. iif.oJif(™^ 519. äCiani; 504. (T^ai/o? 490. ö*(f< 628.

otf»j/itfj-io(, -o( 518. ä»i,oi|ioij-(ij 61S. aia 226. ^/ÖHjc 226- aifha" 25- AUiaiOi (mak.) 217.

aWoi-o;,-ü«(195.216. ™J*ii(), o»g-ij, -B 195,

195. 596. al»i 195. öiicrnc BS. aUivr»; 561. (.r,,nro (»^fffO 488. «J^iUo?, -l.o( 488. nlrofjiijc 518. Alr-ttaq, -i«s 221. o?ff,;iu,j. 517. afcrio; 510. ofüi' 261. äxtgamnurK 626.

aiaiiio-- 196, 16).

axovia 268.

äii,(a (mak.) I9T, 16).

,i.,n^<M.c,,ui 29. «.;,o,o,,«5 5;8, e). di^n; 197, 16). »^»»■'(»((mak.) 197,17). infiw 197, 17). 216,

-in.i7>'^o<; 622. äli^R *(m>k-) 197, 18). ^Ji,, (mak.) !9B, 19). riJi..,. n. a. w. (Hesych.) ailinc 492. [198.

äliayh« 198 f. 202, 82). (it.i-i;ßinc. -(nc 98. W»;ia? 218. 225. 'Al.,ii.at! 232. oll». 218.

'.-^Jui-^n^o?, 'iiim 218. ^;...dr- 218. öUtnallijlnt 16. ^;JJ^,^^l,■.<,«;.J„5 i7. 6i4.

ÖUnr,.«.; 489. älva-a-i« 52. dJi.fiAi^<»r>; 604. G07. äl^ua 211, 84). öl^n! 454. ä;iaiäq 199, 20). 490.

ni'a(..i'<irtni 383, H). «)r-|J"lai)ii.--;ä''ii*'c528. a/i-ßi^ natffi;. -ßt/n t o f 4 8 6 . 'jtfH.r{t.i 222. äficai 467 ff. 'A/itfiai: 218. 'Appia^i 215 iof, ci,in;'t,ri 528. •..^/.Tidiins 229. äii^iloxäqiifa (nengr.)

ä/inaiiK 207, 64). Afti'i'ard^oz 218 Id. !^f(i'Fi't-tM, -at, -«( 218.

«V-'"«' 218.

ttfi g;a-Jo''.-d«,'Jii7p628.

a/i</.air(i^(hDin.)3n8,68}.

(i^i(i-<ili« 614; -ßi/oiri 609; -y,.^,^, .yvm^ 514. 618; -».W,Un( 617; -smiof, ~7'0u(Uf 614.

■^^rJln^Of 218.

ä/iifo^n\ 100, !^/iifor»po« 218.

ifiifiuie« 518.

;,- (priT.) 628, a).

äm>iöv>o; 492.

^rasWoio; (mak.) 519.

äi-ä^amq 484.

'ytrSi/iaii 215. 319.

arily-(ij'y«517;-B/*i)! 516,

Öi'JtJn-xi^'ie 26, -^urop 14.2S.477*),-«/a26, -,iä/n( 20, -,,«0! 498,

25.

v^rd^o/jinj^ 219.

ÖK/ioiricf^i^f 538. arr^wliDi; 489. •it^rmQ 517. 'Ar»,!,:vaia 199, 2t). '^flHi.ii'iriici^iui' 36. oj'.jIkvi; 638. ä>oi'tiiii 528. Wnfa«(mak.)2I6. 119.

221.

512,

-ßi^v 628, .#,nt512,

-»%,^o, 609, -a(ü(t)

528. '■*» if- j'»^««, - j'O >'o(, -yönj,

-pazoi;, -«xoi 319)

--larpot 230, äraf^ii 528. öli-ne.V«. (volg.) 477, (it«e 484. ÖJo!, ÖJ.;« 189, SS).

300. ärrolii; 490. o^iaproc 183.

aTar-4)loc, -irlflo^ 489.

8. BIS.

Wortregister.

569

antx^^vofiou 52. ajffiltyiftK; 616. 'A'nla (yrj) 266. anXdtoq 486. ano-0'Vftioq 614, ~<na-

(Yor 527, -(fi(t)Xioq 489. «Tr^xrog 68. drrqd u. 8. w. 200, 24). ao«|9af 222. d^aßnq 551. *-/f^ai,'^(>ai'TM- 200,25). 'Agy-aioq, -/a;, -*a^^?

220 f. a^/aA^o? 490. d^yt- (hom.) 201, 26).

518; -xf^ai'»'o?,-o(¥ois'

518; -7101'? 200, 26).

518. dQyoq 201, 27). a^/i'^acrn^tcJ*? 201. aQyvQo-Aivrjq 528 ; -;i?^a

499.522f.;-ioSo(;528. 'Aqte^', ^A(ihfi<i 221. a^»- 221. A^ifioCio^ 222. a(>/5^Aoc 207, 64). yf^trrrtrrno? 50. et^icrToJ*»:i»'oi' 27. d{)HTTOv 96. 96. a(ixoi' 200, 22). 201,27). a^/(ajMa^a 27. d{trax(q 99. 222. 234. de^y^? (He») 200, 26). d^TraA/o? 490. "AonaXfit; n. s. w. 222. d^Trftinifi 201, 28). ä^7r#ta 201, 28). ^^jnvq 201, 28).

l4()(JO-, A (loi-ßaToq

a. 8. w. 222 f. 'Aifd^aq (mak.) 215. 228. 'Aijaii'öfj 223. «()r<- 524; -^ar,;? 205,

- *7).

a^rtog 484.

ctQiö-xijfaq 27, -Aayi'i'o? 23, -ii'pia'oc, -ii'^e- rac: (vulg.) 477.

d^T^rc; (mak.) 201, 28).

*.^(>/aaoq 228.

Aox^^"^^^ 225. AiTafS^nq (mak.) 223. änßnXnq 314, 2). airxo-.Tijj^a, ivifv?} 25.

27. dcrnrero? 485.

diTTriXoq 202, 29). dffTift? 111, 6). dffnnvSfl 628. dffr»', ^dazv 687. "AffT^'-Xnq, -yitvoq, -o^oq

306. o-fftjpr, -cr<jpf (aeol.) 314,

, 2)-

ao'fpof^^fAoi; 490. 'AtaXdirtj 223. draAo(; 490. art/, am? 467 ff. drra 107. ai»Ai7 537. ai'AcüTriq 523. ai'^ofjfihiffiq 28. y^i'Sci 227. d}<7i*'nq 470. ai'Ofjxio? 264. ac^xoi' 95.

528. av)(iot 224. arctfc 95. dff f )'0(; 827 f.

af.iK-avbiy -viouat. 45 f. 50.

d(f{}riT(üQ 617. ßaß(t7]v (mak.) 202,' 30). |9ar)d;? (mak.) 202, 31). /9a<Jf?.f;'M (mak.)202, 32).

205, 60). ßaf)^fi).rj (mak.) 202, 83). ßa^don (mak ) 202, 34). ßa&vSnti]Pttq 618. ßafrrj, Bahwv 228. J?aA-ax«oc, -av/nq

(mak.) 223 f. 232. J5dA-ftro?, -Ivoq (mak.)

224. ßdoa^Qa 207, 60). ßafT-Cl(ia, -iXffa 261. ßd(Tx-toij -tXXoq (Hes.)

224. ßdv-nq, ~aXoq 202, 81). ßaTQaxfifivouaxia 18.

19. 20. ßavßvnfz (mak.) 202,36). /Jr^d/Aw, ßmXa 202, 82). /9fioo)', /9^(>^oi' (Hes.) 203,

37). BfOf-f BfQ-rCxa, BiQfjq

224. ßfjluaTiXftO) (mak.) 203,

36). ßijjdQ/itior 625.

BlX^mioq (mak.) 224 f. /9^o<; 877, 7). ßlQQ-ri, "Ol (mak.) 203, 37).

ß)i(T(T(0, ßXKTTfjQCq n. 8. W.

225. ßodvB'QMTioq 26. /9oaoi 548.

-ß(ifioq, 'ßoioq 492.618. ßqfüfrttq 522. BoTx/a, Bnrrtov 225 f. ^o?'x«(/:dAa(; (thess.) 225. ß^anaXni» 266. j^V^itfO) 269. ß(ji^nq, ß^i&vqy ß^l&M

53.

Bg^ffa, BqKtivqt Bgiatp'-

226. Büojiifnoq 222. 226. ,9(i*o^/o? 226. Bonvr'ivoq 229. ßJiOT^a? 215. ßooTlio; 224. ßuninXntyn^ 516 U. *). BftnvaiS-, Bqovüiad-

226. /9(>t'xäi 254, 7). B{}*iSwv 226. ßfjvffotyn-^oaffv^axftO"

Xfli^'i-xigitaini 20 f. ßvviüt^ ßt'w 52. ßt'tToq^ Bi'TTnxnq 226. ßu)TiavfiQa 626. yaßaXdv (mak ) 203,88). ydrfo? (He8.) 196, 11). ;^ata 226. ^atiu 226. 262. yaXfö-fivo-fiaxia 20. ynt^-^Aarov 27. ^'aoxar, ydooa (mak.)

203, 39).'' /\«i'a»'i7? 226. yar^o? 226. yfA-o«oq, -0T05 494. ;/<|fi/MaTa (Hes.) 109, 10). yfQai'O-fiaxia 20. y^«(>o.' 203, 39). yfVM 263. yi;^^w 226. yri&-n(rvvnq 100. yf///a (Hes.) 109, 10). yrjgvo) 548.

;'Y7r(xd (mak.) 203, 40). riyavTouaxioi 20. ylyrofiai 53.

voq

570

;'i^o:z^d/9aTa (iMtigr.) 14.

TQ^niov 21. rXvxlvoq 224.

yX VX t't^TllHQO ?, -(TT^IA^I

18. 29. yoati) 548.

yoda (mak.) 204, 41). yolinq 204. ^oTai' (mak.) 204, 42). ygdla 261. ygvn^ttUToq, ~aX<infji

24. 26. yi'otia?, yt'aXof 204, 48). rvy-aia, -avtj 226. yvfjivo{}Qvna^n(; 29. ^i;i-afxai'7/() 25. ^'t^faMioTiatc)» (vulg.) 14.

477.

yil^K» yvqixa^ 204, 44). ^i'^o? 255.

yätnaq (mak.) 205, 45). Sayxaro) 192. SafQ- 195. ic^i^QMv 523. ($ai'xiä//fi'o; 499. 6aifitav 519.

-T^öi', -r^ö^, -Ti5? 205,

46). ^i^<u 259. iaio). Statut 205, 46).

262. daxoXov (Hes.) 194, 7).

(vnlg.) 477. Jnr^atqy -dij 187. Sav-iwj -<K 205, 47). JäQQ^y 205, 48). 227. ^a(>i'AAoc(mak.) 205,50).

210, 73). daffnXriTiq 526. dar^ofiai 99. 262. rfoi-ij^ioc, -i;rii? 98 f. ^ctro? (mak.) 205, 49). Waro 207, 64). Jnqa^q 227. ^«»(>a; 645. ^«ion, ^^pi; 587 flf. SfiQOc 539. (ffn)OTOfiiiP 539. ^^Xf^ii^ 548.

<J<S-tdc, -»T*^«?4W.499. 2^^(}^a« 227. 4A*-irTi'/oq, -^i;S 619. <yi;ios 499 n* *).

Wortregister.

S^Xoq, SifXoq 207, 64). Jrjuatiijq 221. Sfiunyhfimv 506. ^i^MO-erto?, -T1J? 486. Sir-ixiiof/at 46. dfa-x^tddv 528; -x^^fri;;

57; -TtQVffioq 484;

-p«»ota 261; --r^up^to?

491. 515. öiaXa; (kret.) 207, 64). S^datTMia 314, 1). r5*^i;i«aj 207, 64). Sixai-adixoq 29. fTixa^TioAog 526. SiXa^ 208, 65). /f(nri/(7>«AfSa*-^(>0? 28. Siq&aiTiq 205, 47). <^0(o/ 494. dnXix-fy/i'iQ 518. ^ditjfo? 873, 8). SoX't-fjtjtijqf -(HfjTn; 519. rTnpa 544. finov(^Qi-r avov 27. ^o-, rfri»-Ti7(>, t^iotmg 207,

64). 214, 106). dovXt)(nAftQnq 644. (loi'^arfn^ 493. doyuoq^ 6^j(fjnnq 488. S^fifntqy S^d/aiv (mak.)

205, 51). S^riyfq u. f. w.'(mak.) 206,

52). SQOffn^fifXi^ •''rtäx''fl 27. Sqvc 205, 60). *!»»<;- 824; -agnrrnroKfta

508; -nwci» 109, 10);

-rjXfyi^q 61 5 f.; -^ar»/?

205, 47); -j^H^ffjoq

518. Jvznaqiq 604. Slaxgnq (mak.) 206, 68). «Iw/ia 218, 100). ifwoaS (mak.) 206, 54). JonTo)v 227.

7ß^nftoq n. 8. w. 108,8). iyxiifaXnq 509. Vifo? 650. *B&vkrr*iq 288. ^^(if? 824. ' #fx«tf 88. 86. J/fa 109, 10). fliaXiöQ 518. ffva*^vxf(; 517.

46; -0)710? 500^. 614. ^x-J«i^9, -^Ao9, -^^oc,

-(^»X09, -i^l//MO«, -i*-

:rio?, -A<i>xo?, -ftaffjq^

-jAfXtjq^ -fitT^oq 512;

-vo^iito?, "Pnftoq 510;

-nad^C, -:ror«o?, -;t*-

x(>o? 5 1 2 ; ^ngirTfjq 57 ;

Trr^og 512; -^ir 511 f.;

"QV^fioq, "trnoi'doq

512; -idffMic, -TOTio?

510; -q){}m»y ~<f.vXoq

612. 'Exarf^id? 219. 227. ixaio^/f»()0( 518. fxaTOftßij 529. "^Xa(ro<; 231. fXaxvq 880, 11). fXtyoUvüt 552. O.fyilnv 552. 'EXfyrfiq 652. >Af/o$, fXtyela 546 ff. Wfy/oc 857. ^fif 252.

^XfA/£-o>, -o^a» 549 f. /Afds 498. Uxo? 264, 5). Ufuvq 209, 71). Wtto?. ntfnq 816, 6). ffi-ßotdov 528; -ftntHiq

515; -n^^^c^i;*', -nÄiji'

528;-./vi.Aoi;509.514. ^' (mak. ^r) 207, 64). 208,

66).

f v~avr ißt nv 528; -apc- ^//»o<;613; -dio« 208, 66). 518; -fiifato?, -&vfjiinq^ -vi'xioq 513; -0(ij|fo; 515; -i'TivfO?, -wrrKl 518. 514.

hat'ov (kypr.) 816, 4).

rovq 21.

ivro<ri-y lyotf*-^a*oc* ~(pifAAo(;, -;ifi9-«"i* 626.

Vi'i'iyu 106, 6). 10«, 10).

e£-a(T^2^o? 612; '•aiffioq 610; -alo? 612; -ag^ rnq 282 ; -«xr^o/id» 45. 50; -0»»^?, -©«^Ä-al- /(og,-'oin»o^-ft)^o?612.

'EtrixKTT^tiXxidai 26.

"Engroqy '^o^Jd^ 306, 65).

in-afiotßch-Stqt -Sor 628 ; -ot^ni'^o? 609. 613; -fTiJcTio?, -ir#»05"486f. 518; "OftifdXioqy "O^vq

17; -ovQav^oq 514: -ctfvi'/to^ 517.

-ctfvi'/to^ 517.

inh-ßa{}vq, -yXvxvq 17;

-yoi'i'iq 509 ; -y^dßArjv

- ^(i>:ifi

-SrjXnq l'i ,

fnoQ 618; -diqt^to'^

-yoi'i'iq 509 ; -y^dßArjv 527; -(r<*ni'»<; 206,

627; -Snnrlfi 206, 66); -V>S 17; -()i7- ^iog 618; -diqt^^o'^ 612 ;-« iitf Aoc 1 7 ; -xa^ ffio? 484; -Aa^KTT^in^, -Ifi'xo^ 17; -iiji'^o; 516;-Ky(yiji.627;-/i^ la^ 1 7 ; -veqtQidioq 613;

-m'^^o<;, ~euvyf(j6(; 17 ; 'fffffvoi 268 ; -affto' i^ov 609; -(TTaryor 628; -crT^öyyi;Aos 17; -aTQrnpaörip 528 ; -fftf}'-' f)iov 513; -Tooj^aAr]!' 628;-f^()wv5l6;-/^o- vto;; 512.

toafMOU 876, 6j.

*EüaTtov 229.

c^oo) 375, 6).

*JE(»yi»'0(; 229.

fgißiv&oq 110, 2).

*^«^oc 264.

fQfidü) 264.

ifftixw 264.

igfinta 264.

iQtvyoftni 264.

^^1^ 221. 524.

^^«rä<J«s' (mak.) 206, 67).

/^»»i'a^w 207, 57).

/pirö- 207, 57).

^^evi^? 200, 26).

i^iif tri ftaja (lak.) 218, 100).

*^xtTo* (mak.) 207, 58).

'Eiffio-xdixö-^ar&oq 28.

tof^adaiai Hl, 7).

c^^c<fa»o? 221.

iqv&qö-Xivxoq ^ -fiAaq 29.

fQvO-^toq 264.

/prxu 254, 7).

fgvfiay i^vfiroq 254, 7).

^ßi'w 254, 7). 266 u. ♦).

^^wijr 875, 6).

^atia, Ataxia y ^kttIti 687.

latnqya 61.

/i€oq 497.

jr«^-aAx^<; 628; -rjfjfonq 619.

fu 401.

Wortregister.

ffiiaatoq 487 f.

^1»- f]V' fi'- 524; if-nyyi-

Xtnv 517; -f/uwi' 109,

10); -KTiif^ioq 198;

'Qta'ia 267 ; - rfij^tnq

518. El ßovXo-^e6/iiß{iOToq 28. fi'f^'oi 587. fiu'i; 637. *p(>ayiy 264. frgoi'oioq 28. ErQvMxfi 227. fv(ji<^nna 618. EinfitaTTiq 360. Eit](i^yu»o 232. *i'w 263. ¥if-aXoq 509.5 1 3 ; -/ff rtoQ,

-fj/itiiiinq 618; -yxiio-

ftou 46; -»»y^o? 17;

-rfy(>o;j 516. fxf^f^'^^<i 233. t;^ö^fV 884. /;^|.(>o,- 109, 9). f;^w 57. fotufv 467 ff. füt^ffOtmq 486. /"eitio» 199. 22). ^fiXlnnvq 525. ^«/(iorroxo? 519. J="a 254, 7). ^rjdvnoioq 517. >C-t',)yt. 109, 9). /■»o-fJi'fY-/;?, ^fKfij^*522. ßnixnq 32. ^

^oixojqifXirj 629. ^ono-n^^oq 617; -nXiy-

^jjc; 628. ^o^ 264, 7). ßfi^yi'i'fit 269. /"^^^It? (aeol.) 264. J^pt-TTTj 544. ^onSaroq 68. -^wQoq 626. tayxAoi', ZayxXtj 194,7). ^axoro; 624. t:fia 262. tf*J«^o? 519. Zfuji^r (mak.) 207, 59). Ca;^*»' (ark.) 207, 60). ^/(>f '^^a (mak. ark.) 207,

60).

xani Qtüioq 21. Zfi'ioi 227. Zi^ifi-nocr^i^dir 28. Ci/teo) 99, 1). 234.

571

^ijreo^ 99. 284. tv^tUriq 206, 44). 'Hyrjai/Tnoq 225. 'H/i^rrcü 227. »;()'o?, t/Ji'i My^difiTua 196,

11). ij/^ito? 96. 96. 492. Kfij'iffidtjq 522. ^xui 84 ff.

t^Ao?, ^Aföc 489. 497 f. Hua&Ca 207, 61). in-, fifii-fJiiStfii'^v 100. i;^«^o-i'»'XTa 14; -i'i'x-

T/o? 28. fjui-'&ayijq 205, 47);

-^«oQ 608 f.; -rcUav-

rnv 504. J7-Taxo;r»-fi7'o>i' 14. wn^fwiog (a'-T-j 256. >/oi, '^tuylvfia 96. 96. ij*Ji'X<>q 488. t9a).a(T(riynroq 491. öaAij,- 187. 0a//i'4u; 552*). ^aocaA^nq 490. dOMVI'HO? 100.

BotQ^tav 227.

0aiViio?,-Ao5(mak.)^7, 62).

&fn-fttdiiq 522; -ftaxia 20; -:T^>«,-ri}^57;-T^o- nto> 68. 64; -n^OTriov^ Tif^oriirj 68. 64; -rr^o- 9io; 54 ff. 517. 626; "lai'Onq 26.

^«oi'^i^« 628.

&€Qunxvaftoq 26.

&f(Tn((r*oq 486.

^io 190. 467 f.

^j^yw 104.

^^i^^ 112. 877, 7).

&iyydv(o 104.

^Äi/9w 86. 63. 877, 7).

.900? 190.

&nQvßnq 649.

envQidiq (mak.) 207, 68). ,t^oi;^oc, &ovf}tnq 488.

»Qariai 206, 61).

f^fiaffiaq 216.

@^»acr('Jain; 221.

^(iairi'i>-tfffAoq 29; -xot^ Sioq 619.

&{iifÄfjin 206, 61).

&gfBftat 649.

^^^io(; 646. 649.

^^00? 64».

^ai'Xni; (40.

laxära. tax" ^^- ^^■

.^l,,«?li«,a...w.2IO,

*..f»TW 876, 7).

Iranä, (He>.l 208, 67l.

76).

*«^-aJlr^;62B;-oJol/.ii

.-TKC^...cieoL)8I4, S).

,.„u,,lu,y 489.

27.

'Lj,„l«^ 284.

■>/(,«. 648.

»K^nUf- S17.

',*,(< 888, 16).

Hla..«^i^ 100.

»../.n? 112.

»«;(?;-. felo"- 19B, *)■

('laCi'Ew 209, 70).

-»..nax-l^o? 626.

-anrap-n^ 208, 68).

KUtva^i 231.

*iW IIB.

.H,C 244.

*™,«rT« B5. 27.

.„,7,;.;.„„. 46.

KfJ.Mi-vny.ciia., -iiSii»;

«ro^lii 20S, 58).

(a»«31.,/210, 76).

98.

»,'«fK 4es.

■a^i>,.« 228.

■writ {«(«0«, .-..do

t<jiiw es. bBb.

■ajoi 244. 262.

487.

7„„,ii,^.-,„l,y,^»t 28.

•aXa,.i-»^ 99.

Kii'irXfgnfiaxia 20.

i'oaiin.'n; 2e.

-ilinc'ro' ("»I^O 309,

»f-i-tFOr. ■-«(,. -(«, 99.

7»ff.'. 227.

70).

^..^«.•M-,.. 48. fi44.

fi<i^ä»a>u<: IS. 24. 2G.

Knia-;, KiU.ai (mak.)

.•(.««Ho; 490.

fai(i"; 9B. 234.

227.

x*e-Tu«os. -li,,«,! 488.

/o.'«. 681. 636.

.„i>« 244,

.M>i9ar« 62.

r;.«,..? 61.

.«K*-! (mak.) 209, 71).

«VaJ-, (-.«|9-II..k.)208,

iüioS. ,>.,£ 86.

x..Uiȣ,.J 618.

88). 310, 76).

4";.>,-86.

.in.oc. -ri«, 2!7.

x/^i™j« 261, 6),

)»(.n7Öiuf; 288.

»oln„iy™*„'^ 16.

».,*« 208, 10).

i^a« (m.k,) 207, 64).

>aUc 244.

It»,.«' 660.

Kq^kw.» 217.

-Ti.ffr.«; 27.

'/«a.qcnn« 486.

■'...aatf? 209, 72).

M^(...f 248.

r«mc, '»vt 109, 9).

.«».jlnriö,,,»«),. 26.

.^ti,,q 496.

frai-ii; 62.

K<i»»aoVK (tnak.) 209,

>ci>i.4 879.

I>f<;>-°> 34 IT. 62.

72).

iniiOMw/.n» 284,

't.a,;nf,ir.!,n,. !8.

.«-,mpnc 616.

lui-aioi;, -Tif!, -liaiot

.i,:Xr,. (mak.) 30S, 60).

'•"^V'""- -""V: 2"'

64. 486 ff.

210, 78).

81), 216, 106).

).H'fl,.a. u. ».w. 81 ff.

■«•a^fli 648.

..Vi/» "■

riai Cm«k.) 807, 66).

«m/.« 246.

K.aafi't 229.

««n,, ;>«-^, 61.

.«(^9"; 210, 74).

...l.o^,in, 26. 28.

i«,;,^. 110,10).

Ka.,or-c 228.

hHa (m.k.) 207, 64).

.«..a?. (Hw.) !0B, 89).

>>/(..,/,. 262.

208. 66).

Koa«.--» 228.

fltj;.. 6G0.

^,s- 106, 6). 110, 10).

■Jai» 262. 468.

RcJo, 308, 67).

,„(.*■■<»■ 259.

xlara,yi).«<; 27. SO.

'"/'^»l"« 536.

«^.,-rw.. C-Sinf dor.)

KLIi.,^, KiüitH, 229.

in.n,- 61. 191 f. 246.

328.

<J.(i*i 262.

Iirn-ahitiii-at 24. 26;

*fi»n-rtn«)?, -Jcc 22t.

-Hn^o? 16; ~ovi/vi

100).

lirn-vi-ftia 393.

62a.

rnQi,<i-. ta^xa-U-xii^t).

.»r« 66i.

7«r.«„o5 826.

Ki»-K^t^rtr,\,..,.-av-

■liffi'o 816, 5).

7<inaaf>; IS1.

»M 228.

»llTr,-,;,.,,;,-Toj0!619.

'JiiBirnc 22».

K<Ma,-h,.«, -ö», 238.

■rai. 262.

Jinn-Wriar.«Ov26;-.ä*-

Kftartdr.^a 228.

»r,xnn..yi.o! 28.

^nc 628; -.«,.^05.

«.r.-»-a*ü«. -aJrir

■.«Rd',.; 310,81). 280.

-Tpa^i/aT-^ 26.

614. 627.

KrÜn.t. i[*»;i;a; 380.

rann^ 60. 61. 218.

»».<,-fl.V.ne6I4; -T»-

''■-^»/"'«T«t!u.ei),

Innoio 218.

1«W- 627; -x»6r.oi:

K..«n^( 211,81). 280.

I^Tauat 61.

614.

.-riv.211,81).2I6,10a).

fa*Ji (m.k.) 208, 67).

««.-B.a 816, 8).

„0»m 479, 7).

;o.o.<Jq 629.

K<M-«--^'-"!«08,a8).

Xoirn, {m.k.) 280.

nTjoi/ot 490.

110,76). 329.

noliii; 498.

Wortregister.

573

KoXXvQixfi<; 206, 44). xo^a^ai (mak.) 210, 79). xofißa 205, 45). xoftno-(f>aKtXo'q^^fi(av

20. 21. xoviieq 250, 2). xoviqy xoviTj 499. Kogavvoq 210, 80). 228.

280. xo^, xo^a n. 8. w. 541 ff. xogga^Kogaf]) 280. 542 ff. Koifgayoq {Koggaioq)

280. xoQv&'aloXo<;j -dfi^ 526. xoQwvexdßtj 25. xovKOvßoua (neugr.) 79 *). xovglSioq 496. xoD^oc;, xoi'^a 542 f. x^ot^oi 550. xgaiQa 228. xgajaineSoq 517. X^ax-^o?,-«*''«? 216.280. K^aTf()b(; (mak.) 280. xQaTtv-jaif ^Ttjgia 280. x^ai/^^ 550. xQixttt 550 (bis). x^^;o>206, 52). 550(bi8). xgivovy Kgtvtav 280. xgofifii'-oh'-gtyftia 21. x^oi'vo~;^VT^o>Ai7^a»ov

21. x^vf^oc 96. x^i;o(; 188. 244. xgtut^ta 550. Kti^itw 227. xT^^ctf, xTi(r»; u. S.W. 198. xvaf-ctf/rt? 522. xt;ai'o-;i«^a 523; -ngo)-

gttoqfngo)QoqblS.622;

-/atT^? 522. xvddvüi 52. xvxXwxp 528. X^A-aq, -1/? Ö27. 229. xvfißaxo- 280.

xvfuvo-ngtffTo-xagöafio-

yXvq)oq 22. xi'vaAwnfjf 26. xvyio) 52. JTt^i^itrxo? 281. Kvvvaj Kvvdvrj 281. xi;iroi*ni? 197, 17). 210,

81). 215, 106). 280. xvvantjq 522. xvmw 244.

xr^vo» (mak.) 211, 82). xvTo; 816, 5).

Ktt^Mv 204, 40).

xw/ionoXiq 27.

xfOfiiO'-f xm/n^So'iiddaxa''

Xdq 100. xoi^t;xo< (mak.) 211, 88). ^a;^o?200,22).27).281. Ao^o<r<rq/'o9 526. A(x^a> 551. Xaiöq 261.

ilaxc Ja/ua (mak.) 2 11,84). ilaxccr 814, 1). Xdxxoq 288. 658. AaA^cü 661. Xodo-ßagv-nagob-fieXo'-

gvS-fio^ßdraq 22, Aafi^aroi 52. Xaaxw 548. 551. AaT^a^oi, -a/?a^o>, Xci-

rdffffiu 548. 551. Afißri&gor 211, 85). AcZo? 261. 854. Xtknvgia 100. Act^^o-TroiL^-aff^a;!'}; 26. Ato-y Atvi'-vd'toq (mak.)

281. Xina^o%ifAaxo(i 15. XintaXioq 490.

A*ffT-«Äi-il«7lT0? 16.

AinTwv 229. ;i*ir^o? 211,86). A«i7ea/o<; 490. X(vx-igv&goq2^; -wXevoq

518. A*i'xi7 1Ö7, 18). Atvxmnoq 50. Aci/xo-^^a;, -TioiXiAo?,

-n6gq)vgo<;, ~nvggo<;,

-xX(ago<: 28. 29. Xevg6(; 854. il«/*;ro*i;? 619 f. ^*eü-y6^ac281 ; -nginrjq

57. Aij^fTi' 551. XißopoToq 28. Xty'-atvoii -vgöqj -vq 550.

^^01' 26. Aixvfivtoq 650^*), XtXaloficu 262. AtuFO^ailacro'a 27. Atro^w^i/f 528. A/vos, ^^ros 651. 552 ♦). Als 855.

Xixvo-ifhX-aQY^^goq 29. Aoiyö^, XotYtoq 488. Ao(<r^o?, Aoia^frOs' 488.

^ojfayo« 194, 6). At/x-ar^^ctfTXO^ 26. Avxiaq 216. Avxo-nay^^ 26; >^oic

27. Xvnfi 269. Av<Toq (mak.) 281. M»i]q (mak.), MdXq

(phryg.) 282. fiaifioua 877, 8). /lati'öAa; 878. fialofiai 262. 877, 8). fiaiga 883, 14). Maxedüv 221. (Auxgo-xafin vA-ar/i^v

21. 29. fiaXdxfi 280. ,aon«»i' 209, 72). juoe^*; 888, 14). /iiagfialgw 888, 14). judr^fjfn, -iwy -{Via 99.

881, 12). ^aTi;^ (spät) 99. |tiaTT%(mak.)212, 87). fiaxougonigova (neugr.)

14. ftaipiSioq 496. MtyaXiaq (mak.) 216.

282. fiiitov 262. fitXafi-nogipvgoq 29. /(cAay-aero? 200, 26);

-*»/wwv 109, 10). /(cAaya) 52. fifXi-ytjgvq 622; -ly^i)?

522; -AaiTO<; 26; .j.-

^fiuyo^^ifvijlfijl^aia 21 ;

"(fQtav 522. fjfXiffxhOv 196, 11). MiXurrixti 225. Mf^ii^a? (mak.) 282. ftiaaoq 499. fuaeoxpfigQv 212, 88). fitTa-dfi/nioqj -Sogmoq

512; -ögofidSfi^ 527;

-/ua^koi' 512; -ajoixi

528; -^^(irKov 509. ^dxoutftai 213, 96). fiitoinov 509. /«i/Ao-xi'rfcii'ttt (vnlg.)

477; -n^JTitfi' 26. /iijTK, fifitifit 877, 8). /«YjT^ona^^fi'o^ 26. ^i/T^iü^oc 496. ^»at(föfo^ 625. /itATOTicKf^ijos 628.

89),

Mvtaioi (mak.) 2S2. jiVitaofiai 6&3. f,.-.x,t,o«{iü»k.)21S,8»). ^ü.o; 344.

pVfO-ßäXarm 26; -hkf- ui).vi 260.

>a.'ai 263 n. *). S74.

ni-o« ae.

«ii.i]i; (Hes.) 174. >'auAo/ot 51V. raSo; (Mol.) 163*). '(^0«, vf^iot (*(io(,

rddf) 18B. »mpot, rbv« 376. nifllll-iiintiv(io^ 36. tJfoi; 37 G.

- 638.

r^iuia 494. rqwf 493.

naai^^rt (tnak.) 313, SO). 314, 106).

-tot 488.

*B/ffij'.*eft» 18. 19. si.

£»4..« (mak.) 31), »I).

91). |ifo-d(fJn(ira' 37; -uö-

_ ^„.^„ 18. 24. 27.

^ (intern.) ä3S f. Ä, * 67. 'Oaioe 189, 82). 0|9(i«r.n-Ai>.o» 27. ißi,.f,oi; *n. 634. Ö;'<)o-^arii>,-otl0e,8).

äilvilifaint f>36. oidui'u 62. o«.,j 362. o^oihfr 619. n^iit,! 2ia. otVof S3. 318.

-yaniev. -ptX* 27. otD^ai 363. oliiXaQ-i 663.

6%xän*tifAO^ 619.

o)^.o^'^tiir 619. Idii.« 86. \'OlKi<x<i 333. id^Dlu!;* 619. ' ÖJIat 644.

öioytpo/mi 648. 6S1.

oi^Difiiäto^ 496.

dlu,o« i9S.

Opayv^o^ 216.

ö^tadi; 49».

ö/ißfifioi; S38.

i^jätiDt 276.

ö^o-^0i^a<; 492. 618;

n/iniia;, o/r»t»; 494. dfif aide 274. nWiW 837. 'Oraao;, 'Oräiof U. (. «.

281. dftiito« 334. drt<(>tiD( 493.

fo; 36.

örofianiiidifr 627.

Öi'i'f 373.

oi-alpti, -iXamv 37.

ä£i>-;8(J(i|f 617; -j-o^» 37;-;'i|..t.5 2M; -^ti» 27; -,,«(,<« 13- 29-

ü:i«»*/.ati 100.

6nJlat (mak.) 212, 92). IxiaUa; 490. Ina»» 879.

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'Oi,;(F.fl;(-asinrit.)3a3f.

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.«F,^ 327. d^^al'id? 881, 13). di/>i>i'';*194, 6). 884. d/iied5 109, 9),

198. nai; 108, 7). 193. nalia 262. 7a!.t»d,~ 346. naiaM^im 09. 233.

234. na/i-nifhmiq 67. nnii-äyjiupoi;, -d^/tiof,

-.|^i5.oc,-frji:io?617i

-o/if aia; 618; -oo^o;

617. irar#u;(addi' 627. ninavxo'; (m»k.) 324.

383. narioiinroi 236. 282.

(]joO(>',-noi(io!,-i'ii-

t^^o; 23. ^a^a*(7rnc."CMf*0(,-ftjf

aii|po5"510 f; jia^,a-^J^ai]»638;-*«(r-

diW 638;-inh(j;616;

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^A« -a:in''dn; 611; .#.a*i.' 627 TTO^ao^ (mih.) SIS, 93).

283. aöfi»«! (.Bm.) kl2, SS).

ttätf/onloii !34. xaipofKirti't EOS. iia((*M«t, näTpwf 492. nau» 108, 7). [496. nft^wa^'att 27. R(i«ai Bfi. Tltigoaiif 231.

n(f(« 56.

luifffia, ndcri^^ 105. «tlä^» 48. atla^öt 29.

n(;ii«i>or 2as. iitWü 218, flfi). 499. niJUafor 312, 94). :»Uq.' (mtk.) 213. Tiüwf D.B.W. 243. 4S9. ntrtfi^Df lOG.

■^ä, njgctio?, Titpöi' 64. nt^ciu. bG. S4. R(«;'aü;iDi> (Bes.) SIT. Dtqiinai; (m>k.) 217.

28! f. ni^iE 2». nlfi-^öljto« 848; -^rAa-

yjj«, -«nliif« 614;

-llTj<...(198l-^,TeO(,

-y^mj! 514; -ouirn.« 487; -aeat^i, -lür,- «i7;E14;-0iads>'62a; -fi(vrGU;-a;(Fioe48T.

Ttt^i^ii 21S, 96).

ntv^ra^ 238.

n(i,;T.o<niali,)21B, 96).

IlttjOldai; |iBak.l 233.

JliQfwßoi 322.

stiari'r^. 48. 289. 446.

Uirpaib; 238.

Ithpaj:»; 230.

llivtiat-a^, -rfi 238.

ni^op. (mflk.) 313, 9?).

itijfKiifialloi 619.

nnliiac 66.

ni7*o; 267.

n4)Tav (oiBk.) 318, 98).

niOi;n-al.ä!itil 36.

nJ»Of 106.

WortngiiUr.

nnriv 62. 37«. niivfl^t 4g. 146. n.i..(iiiiic ^06, 44). niayutf 26B. :TAa«arnv 110, 4). nlftur 261. nAt'c* 468. :ii->iyll 662. 7ti»jaio5 486. nlqawiü 259. nUi.*o? HO, 8). TAoIor 261. ii>.ovBvfieHt 37. TivJu 468.

:io3-a^tt^i 528; -ijr«^n^ 602. 616; -Uli,; 6S8. noJo-xiifala(vnlg.)477. A<»i» 362. aouiMt/>'»Qoq 29. -num; 362. nolui^' 499.

480, 10) i -j:Qiiyoi 518 f.i -.r^tps 517; -»■oj/idii', -fia^wi 619;

619.

2SS. jioAi'i?, Tioilfi? 367. noiTonövo« 626. :i(Jffffi7 345.

; 61S.

noifiiia 218, 100). Ti^iyoi; 61. ^(laairiu 61. 62. 64. ll^inilaBi; 328. 233. npfnw 55 f. nnip(i^(i n. B. w. 63 ff. rfyi,W 227.

-»«lir/ji'oc 614; -S,- (11» 609; -iißoaan« 516; -ifiinäitjr 588; -V(iu* 514 f.

ncm^xijJijc 516. :.t«e<< 144*). J7y<.ii«i! 216. 284. ;iiaii>> 2SI. nroiw 269. rni« 2S2. . nioUfaloi; 284. ^iioAiio^ffo; 489,

niwjr-alai;«;», -llA i] 35 ;

niBjfowinwrmc 29. ii'yayfOi 300, 26).

nirm/ifläi,? 618. TiuUd (msk.) 318, 9»).

26). 3vJ 100.

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322. 661. pa^dn; 364. 'Padäaat»vi (B^ IFul.)

264. (iai^a/im; 264. gaStroq (ßij- >eol.) 364. ^^Sitii (ßfoUiOi aeol.)

264. ia'^u, ^äOayn^ 661. ^ffaii-«! 264.

^««ofiirE in, 7). 264.

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fä<iu{ M. «S. tu.

-?■•««»■

xo^tvTO'XvQ'Curn&dO'

nfijfoq 22. ToQVfißaq 285. xotrcoq 499. TQayilatpoq 26.

xaXoq lOO/ T^a/tfio? 689. TQiqtm 206, 61). T^i-yAij»*©? 619; -ij/iego-

yi'iiTO? 28; -ajoixl

628. T^//?« 86. 58. T^^«! T^ixxo« 206, 62). Töi-Tog, -ToiTos (hom.)

108, 8).

T^ft/-(|^*5 626. x^ftfQoq, T^öfioq 222. 226.

T1'7l-0;, -TW 244.

TvQQtfidq 234.

v}^<i7C 106, 6).

ÜQ-'aQyvQoq 26; -Matov 27.

vdoo- 106, 6).

v^w 106, 6).

vyr*c, vi'i'ij 106, 6).

vn-curnidtoi; 613; -«<t/- vioftou 62; -otito^, -6^»09 486 ; -o i/^ci t'to?, -«;r*a, "WQfta 613; -w^o^o^, cd^^^to; 489. 518.

vni^ßtoq 516; -t^v^ior 514; ~&vfioq, -uvöatiy "fifrfjq 616.

vis«^*o? 496.

vno^ßlijSfivbZS; -^(itivoq 516; - xafiiffoßqäxka {viilg.)477;-vi7^,-510, 518;-niaxii;&08;-;^ci- ^; 492. 618.

vntioq 486.

t/fFTarto^ 485.

v<p (wnrz.) 106, 6).

Wortregister.

vxpi^ 624; ''XfQwq 618.

(f)ayf}ai-n6aia 23 f.

^aAax^o?, <&aA- 223.

^aXlvoq 224.

(pa(jfiax6-fAavTtq 26.

<jpa<Tx-or, -wAo? 224.

(jparA-«7r/-yai'Ao? 16.

(jpar>>lo? 106, 4).

(pißo/aat 368.

qp«;vax6-/favTt? 26.

4>«^c-x^aTi7?, -xi/d»^?, -T^^a 224.

mQfiq 224.

(jpijil-ijrij;,-o?,-ow 104,4).

(^ijp 112. 377, 7).

(^(Oaxi'ij 106.

fpixa (boeot.) 553.

^iXa 235.

ifiXai 208, 65).

0Ch7inoq 224 f.

qpi'AoTi^d'to? 492.

<pXfßo~vtviiwSf\q 21.

</:A//9w 876, 7).

^o/9ij 358.

(]po»)'ixo;ra(>i;o? 528.

qpod'o^, (foCvMq 489.

(pi'^oi (aeol.) 459.

(yji^Afrijq 218.

(fiffftq^ qvffTtq 209, 72).

<jp(W() 314, 1).

Xdltq 209, 71).

XaP.xa; (mak.) 236.

Xakxo-ßuQi^q, -ßaTtiqt -ylüt^^fi "Xvjiftiq^ -71 o- ^ijo;, 7101/?, -jfiTa»!' 628.

X^iftcti 383, 15). XaftaifvvTjq 628, ;|ra^»T(iü(rio(; 487. XciQftV 216, 118). XaQfüioq 229. ;^a^orro? 215, 118). ;^a9<ui' (mak.) 209, 68).

215, 118). ;fft« 204, 41). Xfifiddtoq 495 f.

677

Xfitiagoq 202i 29). Xftf^iQ-toqj -*i'o; 492. Xnqlaofpoq 99. ;if«^(r6i'i;(T05 27. ;f;w 102, 1). /,;A-i}, -o? 212,92). XtivaXütnril 26. X&a^ialöc, 383, 16). 490.

jfAaZia 250, 1). XXatviai 228. xXmqofiikaq 29. ;^Aw^ö? 250, 3). 267. x66avoq 204, 41). XOiQ'ikaqoq^ XOtgö-yQuX'

Xoq^ ~7t(&fixoq 26. ;for6|>*Ti/? 205, 44). XÖgroq 251, 3). XQaofiaty XQ^'f'^y XQj"<i^

XQf},u Ott - ^t« , -taftoq

252. XQcii'Oi 468. Xniw 263.

qparnt'O? 23; -i/Aaxa- TO?, -lyrto? 523. XQvofoq 251, 4).

-7i(^*Ao;, -n I f (jo? 523 ;

-p^a;!«? 214, 101). Xqvaoq 251, 4). 252, 9). X^gci 544. i/zatcD 262. xptjgöq^ \ffflQO~nvQiiaq

(mak.) 215, 119). ipCjjagoq 202, 29). i^oAoQ 314, 2). oixiftoQoq 618. 01^0? 463. oiga, wQkoq 96. wQfyfioq 264. (üQvo) 264. 548. 651. ojjf^o-Aji'xo?, ^ftiXaq 29.

iftr 79 ♦). af, aj6 82. iSt 75. ati 82.

EtureTe(t) 84. bcnj, bf«rj 78.

C. Albanesisch.

babiia, bagila, -6& 77. 80. bombarda§it 79. gj^mm(<§it 79. gjii 80. gjuQ 80. grua 80.

Zeitsehr. f. vgl. sprachf. XXII. 6.

^ruStesit 79. ^f«mb 78. dUmenkt 79*). dr^d 86. dreitönj 85. drekj 186.

37

578

Wortregister.

drau SO.

il>*m 78.

manj 86.

dua 86.

Ijis 78.

85.

fma 82.

IjöttCsit 79.

§^8 86.

«mbelj 74.

IJuljia 81.

8i 84.

friinj 85.

maanj 85.

Skas 86.

Jfraer 74.

min* 86.

§k«ljkj(<DJ 85.

^iarm u. s. w. 70.

' mats muliri 79.

lox 86.

Cog 78.

'matii 78. 79.

spörvj^resit 79.

^68 78.

robiel 86.

stotnli;^^ 77.

^ikke 78.

mbrett 186.

eures 82.

^om^ ^em 87.

83. 84.

tat 85.

^ua 78.

m^ (präp-) 84.

tata 82.

iil 78.

; mfina 82.

täxinj 85.

jäm, jem 87.

; menit 79 *).

triwt« 78.

jaü 82.

; mmcvL 79 ♦).

ih 82. 83.

>ma 82.

i m^rr 86.

taintsfrr 79 ♦).

jet 74.

!mi 84.

t8<$p6§it 79.

jSt« 186.

miia, ma 83.

tu (geg.) 88.

jüve(t) 84.

nävet 84.

i

Ti'iy, IV 83.

kafge 83.

|nd« 80. 81.

77.

kam, k§m 87.

84.

;^ii^ 78.

k6tü'reTe(t) 84.

. DfDgj 78.

ÜStSra (ital. alb.) 81.

kii, kejö 82.

; nepffinte 79 *).

ustrfa (skodr.) 81.

kjiel 78.

Dgks 76. 86.

usttiar, ustSrtor (ital. alb.)

kjeper, kjepr^ 186.

nipp 186.

81.

kjos, kji§ 83.

per 84.

vÄpö 186.

krna 78.

p^rrua 78.

vas 80.

kait u. s. w. 84. 85.

pi^nts 78.

vee 80.

knkuvaike 79').

pit62€ (pitosö?) 79').

v6n^8 (geg.) 79*).

kas 82. 83.

porsfnj 85.

veströn (stron) 88.

Ijak 78.

\ ronta 80.

vettShee a. a. w. 81. 82.

lj«f 86.

rrij 88.

D. Italische sprachen.

1. Uteliiiscli.

ab 323.

abdo. abscondo 291. accendo 110, 1). acqniesco 121. acvpedina 499. ad 400. aea 95.

Aeseminus 299. aestivus 101. Agathe u. s. w. 187. ale-eco (alt), -tndo 101. algeo 269. alimentum 884. amanis 193. Amphio 187. anim-a, -al, -na 191. •naer 106, 6). S84.

; apium 246.

apud 898. I Apalia 256. I aranea 268. I Arnos 256. I atqae, ac 328.

Attis 187.

auis 873, 2).

aurora 888, 15).

aoram 317.

austro-africQs 28.

autem 400 f. i banbari 203, 36). j btto. beto (baeto) 440. ! bub-^re, -o(n) 208, 36).

bura. buris 255.

burras 203, 37).

cacula 379.

caedo 216, 116).

caja, ciO«re 262, 2). Cajus 253, 2). caümitosas 101. Calatinas 299. caleo 244. Camer-inos, -ins n. s.

299. 806. candeo 110, 1). cano 548. canus 106, 6). capio 457. careo 259. cassis 316, 6). celer 244. Celtiberi 28. Ceres 424. cerritQS 424 n. *). cea 448. Cicero 187.

Wortregister.

579

cicindela 110, 1).

cinis 106, 6).

Cloilius, ClouUu8 261**).

comis 377, 9).

coromugento (alt) 412.

concinnus 378.

condo 291.

congruo 252, 8).

consuetudo 101.

coDsul 468.

coniu 244.

crassus 479, 5).

Credo 291.

crocio 550.

cmcifixas 103.

cmdus, craor, crusta 138.

cutis 316, 5).

dagarius (celt. lat) 104.

Danae 187.

dautia 262.

debilito 100.

decido 215, 116).

dedo 40G.

denseo 258.

dentio 101.

dexter 484.

digitus 552.

dignitosus 101.

dimidiuB 212, 88).

doceo 314, 1).

doleo 259.

dorsum 537 ff.

dulc-amarus 29.

ebrius 216. 328.

ec-qui, quia, quando, cubi

328 f. egestosus 101. elementum 384. elogiam 552 f. emo 274. Eros, Ero 187. ervnm 110, 3). esse (sam, edo) 144 f. eoro-aquilo 28. Eutyches 187. examen 378. exao 315, 4). facio 254, 7). factiosuB 372. Facnltalis 372. falle 104, 4). faro-ilia, -ulus 291 ff. fascia 136. 224. fascis 224. fecandito 371. feUcito 871.

fero 144. 145.

ferveo 255. 454.

fessus 452.

n 106, 5).

fidelia 105.

Fidenas 299.

fides (saiten) 105.

fig (schmieren) 106, 5).

figo 102 ff. 553.

fio 459.

Fir-idia a. s. w. 296.

fiscus 224. ! flagellum 376, 7). I flagito 61. I flagmm 376, 7). ' fligo 376, 7). I Florentinus 299.

Florianes (inscr.) 187.

fluo 194, 4).

fores 112. 290.

formido 258.

formosas 872.

fonim 290.

forvns 257.

fraga 269.

fragosus 101.

frango 268.

Fregellanus 299.

frendo 250, 2).

frigus 269.

fruitus 433.

fucas 314, 1).

fulcio 254, 7).

fumus 112.

fnnda , fundo , funditor u. 8. w. 102, 1).

ftuigus 102, 2).

für 314, 1).

Gallo-graeci 28.

garrio 479, 2).

geruli-figuliis 30.

gradier 461.

gramen 251, 3).

gratia 486.

babitudo 101.

haereo 383, 15).

hanrio 884.

hebetado 101.

Hedone 187.

Helpis 187.

helno 251, 5).

helvus 384.

herba 251, 3).

hereditarins 100.

Hermes 187, 1). 5).

hice, hie 831. 382.

hilnm 888, 15).

bolas 384. i bospes 324. j hostorium 101. I humanns 814, 1). I ibi 453. I Iconium 187. I imber 275. I imbnrvus 254, 8). I incendo 110, 1). jindo 291. I Indo-Scjthae 28.

indulgeo 373, $).

indao 815, 4).

ingruo 252, 8).

inqnietudo 101. i insece 276.

insnla 274.

is 65.

jaceo 259.

jacio 254, 7). 259.

Jovia 466.

jubeo 258.

labosus 872.

lacteo 258. 456.

lacas, lacnna 563.

laena 250, 1).

laetns 251, 5).

lama 378. 658.

lamentum 548. 651.

laqueus 186.

latrare 547. 661.

lande 648.

lausns 548.

lendes 250, 2).

lessus 647.

levir 196.

levis 854.

licet 259.

Licymnia 660 *).

lien 106.

lingo 264.

lino 197, 18). 198.

linqno 264.

liqu-eo, -er 269.

liv.or, -eo, -idus 864.

loqnor 814, 1). 558.

Indo (alt leide) 268.

Inreo 257.

luror, Inridua 260, 8). 854.

Inscinia 548.

lusciesBS 872.

lut-ens, -um 261. 268,9). 354.

lympha 102.

37*

580

milo-gnnitam 35. SO.

pone 106, 6).

rnmor 551.

muuQetiido 101.

pono 262.

maon-biBB, -brinm 838.

PopiliDB 806.

mo 252, 8).

m«c«a 2BT.

port« 117.

mtili» 252, 9).

UsduUlDD)! 399.

portorinm 101.

eicroBanctna 80.

mil-apinm 26.

ponui 861.

Saepiniu 299.

meruä 38S, 4).

poaco 61.

sambDciiia 871.

HraispU 266.

posrom 466 f.

=arnü 2bi, 7). 367.

IDelior 877, 8).

po.ti.lo 61.

wrcnlam 314, 104).

tniaintri. (»p«) 872.

poCflna 466 r.

B>mi«ntiini 268.

miseret 358,

potior 457.

SaniD. 265 f.

maecho-cinuda* SO.

pötam 879.

aairio 214, 104).

malliB 360.

pravns 255.

Ml, aatia o. a. ir. 898.

mitgio 661.

pnz, precoi 61. 345.

470 f.

iDDtilo 186.

Primogme (inwr.) 187,

scindo 215, 116).

Nw 266.

prinma 144.

scjtalo-aagitÜ-peUi-gar

liBbia> 275.

probnun 825 ff.

20.

ntco, DM 376.

proc-w, -n» 61.

Mco 881, IS).

noDia 64«.

proprietwia» 100.

aedition« S72.

Nic-iu, -u, -wo 167.

pDbliDB 306.

ae-m«atria, -modliu 101

DobUiU 100.

pngnba 106, 6).

aep-ea, -io 245.

BOU 358.

pnllus 107. 267.

septimaa 108, 8).

nnbes 275.

pupiU* 246.

aeptuaginta 108, 8).

nnci-penlcniD 80.

putTdo 466.

wrra 368.

nimcDpa SU, 1).

put-M, -illns 107.

SevioB 398.

DiiDting t&S.

qwdi. 66.

Eiccitarinm S71.

nntrix 101. 873.

qni« 65.

Birp-, »cirp-na 267.

obLvJo 854.

raber« 662.

aiato 405.

raball 878. 661 f.

Sofia 187.

ocUyns 108, 8).

ncemiu 318, 100).

aolitariü. 871.

oculni 881, 18).

ndo 136.

sollicitado IDl.

odi 276.

raja 368, 2).

solnm 376.

rant 561.

Borbso 267.

opimns 246.

nmco 561.

■ordeo 367.

p.ga<. 553.

rapa 263.

BOspiUa (aplt) 872.

Palataa 101.

r.Dd<K 262. 8).

ptllea 357.

nvas 251, 6).

■palinm 106.

puigo B61.

reburm. 208, 87).

aprane 105.

puina» 267.

reor 963, 7).

spIenLÜfico lapäti 873.

paiT* 817. 42S.

TM 251, 7).

iMnia 446.

pauo 348. 259. 445.

res public« 9.

atipcndiiuD 101.

P.I.CI. 108, 7).

reua 261, 7).

Btrideo (ibido) 359.

ricto 661.

■ab 818.

pavBO 369.

ridic» 364.

enbdo 391.

piTia 359.

rima, rimor 264.

BOffragor Sl.

pcDd-ec, -0 103, 1}. 106.

ringor 264.

gnlCH), -Dl 368.

■69.

ritUoqiÜDm 38. SO.

sDOTataarUia 18. 19. 21

psmlHes ■>7S.

liv-Jig, -inn» 874, 6).

24.

Philernflli-uni, ^ 187.

robnr 266.

Syrophoenicea 18.

pingo 313.98). 364.

rogo 61.

Ubum 968.

plagi, pUngo 563.

roslram 367.

tunino 878.

pltoreBu.i.ir.Cal0a61").

nidera 363, 8).

lango 104.

plo-o, -vii 345.

ruda 548. 651.

pocalDm SlO.

mga 662.

TautoniD* 805 f.

poUeo 167.

mgio 551.

temeritaa 257.

poU«x 267.

Rddio 166.

Wortregister.

581

tenniB 260.

tergnm 589.

tero 58. 544.

Ticinns 256.

timeo 257.

tinea 263.

tongitionem (alt) 432.

torpeo 257.

torris (alt -na) 260.

toms 278.

torvus 266 ♦).

tStus 100.

trans 422.

traosfixns 108.

Trebulanus 299.

tremonti (C. S.) 898. 412.

triumphus 102.

tmcido 101.

tnmeo 267.

TutUia 305. 806.

ubi 458.

ulciscor (alt volc-) 254,7).

Ulcus 254, 5).

omeo 267.

omerus 468.

nnda 258, 2).

Urbi-co8 Q. B. w. 806.

nrbs 268, 4).

urgeo 254, 6).

urina 268, 1).

nrna 264, 7).

uro 254, 7).

nrvns 254, 8).

usio (alt) 432.

osasfhictas 30.

nveo 267.

uxor (alt VOX-) 253, 3).

racca 553.

vagio 549. 662.

valeo 257. 267.

valva 290.

Var-os, -usa 266.

-ve 448.

vegeo 106, 6).

Veient-o, -anus 299.

velle 144 f.

Vena 106, 6). 110, 10).

Venafranus 299.

venalic!a-8, -m 466.

veneficus 101.

veno (stamm) 466.

vergo 256.

verro 266.

vespa 814, 1).

Vesta 587.

vicennium 872.

vieo 466. vilito 871. vincio 264, 7). vinitor 102, 1). vipera 79 ♦). virga 255. viridis 260. vitilena 30. vitns 314, 3). vocalis 549. volnntarins 100. voluptarina 871. vom-is, -er 106, 6). Zoaime 187.

2. Romanisclie sprachen.

a. Italienisch.

anno 180.

assieme 174.

assillo 178.

balcone 169.

barbastregio (venez.) 178.

bava 185.

bi-s<51co, -fölco 435.

bdifido (dial.) 435.

Brindisi 172.

cesp-o, -ite (ceato) 179.

ched (alt) 166.

cinffo 140.

Civitavecchia 178.

da 398.

desire (alt) 173.

Den (altaard.) 186.

dieci 174.

Dionigi 178.

duolo, dolore 178.

farfalla 178.

fieto (dial. fetn, fetore)

179. frate 178. frutta 166. ginbb-a, -one 140. gorgo 178. gna' (tosk.) 190. indi 174.

istamine (sard.) 176. ivi 174. laccio 186. lampa 178. mamma 82. manco 79 *). mart-ire, -ore (alt) 178.

Memmo, Mimmo, M5nuno

(rSm.) 189. mi (= mira) 190. miU 178. mo^ (tosk.) 190. moglie, -re 179. mozzare 186. Nena, Nina (r5m.) 189. nievo (alt), nevo (Ug.)

177*). 179. nipote 179. onde 174. orafo, orefice 179. ossamine (sard.) 176. oste 81. ove 174. pari 174.

parons (iVianl.) 186. poltrons (friaol.) 186. pome (alt) 174. pot^re 467. pregno 178. prete 178. pnzzola 79 *). ramine (sard.) 175. rezza 166.

San Pnlinari (alt) 174. sangne 178 f. Santa Trinita 178. sarto 180. sbolfink (tirol.) 486. serpe, -nte 179. sette 174. sino 436. sospire (alt) 178. speme 169. strozzo 178. saora 178.

talpon(s) (frianl.) 186. Tebro, Teverone 179. tempesta 178. Teta, Töta, TuU 189. tizzo, -ne 179. to* (tosk.) 190. tormente (alt) 174. uomo 178. vangelo 178. vieto 178. vipistrello 178. zanzara 79 *).

b. Spanisch.

alun 176.

betnme (alt), betnn 176.

cardnme 176.

582

Wortregifrter.

Carlos 186.

ceurugia (alt) 173.

dios 186.

eramne(alt), erambre 176.

hübe 452.

huebos (alt) 186.

lename (alt) 175.

lumbre, lumne (alt) 175.

Marcos 186.

matines(a]t),maitine8l 73.

nomne (alt), nombre 175.

poder 457.

qoien 170.

ren (alt) 161.

sain (alt) 175.

8upe 452.

to (=: toma) 190.

c. Portugiesisch.

honve 452. poder 457. rem (alt) 161. soobe 452.

d. Proven9alisch.

maitin 173. palaizi 173. poder 457. quez 166. ren 161. tors, tor 161.

e. Französisch.

battre 187. bec 188. brace (alt) 105. baffet 182. chapel (alt) 140. choaette 140. coor 118. cuisin« 173. doublet 127. ^oge 558. fi, pf^i 106, 5). foilia (alt) 178. f rapper 186. maitin (alt) 178. mon 170. patte 137. pouvoir 457. quid, qued (alt) 166. rien 161. 170. rnisseau 166.

son 170. suif 166. suivre 1 66. ton 170.

f. Churwälsch.

basegns, bsögn 184.

dad 398.

Dieus, Dieu u. s.w. 183 f.

fanzegna 185.

ülunz 185.

fix 184.

fnons, funs, fond 184.

gi 188.

lavunz, luvrunz 185.

medunz 185.

meis, mies u. s. w. 184.

muronz 185.

pavlunz 185.

pescader, piscadur 184.

pez, pett 184. , purtonza 185. ! saltunz 185. I sbevuDs u. 8. w. 185. ; sdratschlnnz 185.

temps, temp 184.

tissunz 185. I tschessar 141. I tschuetta 140 f.

uffont 185. I van-gonz, -gonts 185.

vannunz 185.

' vischdnnz 185.

! zer-, zier-clunz 185.

I

I

g. Rumunisch.

cucuvaia 79*). doamni; 171. fioare 171. kafer 186. leu 186. oaste 81. ostas 81. putek 457. tsintsaru 79 ♦).

3. Umbrisch.

abrof 421. aferum 455. ahesnes 465. Akefunie 456. alf-u, -er, -ir 454.

ampr-ehtu, ambr-etuto an- 454. [461.

an9if 427.

andersa, andirsa 455. anderaafust 454 fr. 461. an-ferener 455. 461. anseria 463. ar 400. arsir 45'6. asa 312.

a-tefafust 454 ff. 461. azeriatu 460. bennrent 387. benuso 416 ff. Qerfo 428 f. 9er8na 465. combifian9i 405. 444. covortuso 4 1 6 ff. cnmaco 483. daetom 400. 4S7. 468 f. dersicust 427. destre 462. dirsa-ns, -s 887. 405. dirstu, ditu 405. eaf 429.

eitipes 387. 416. -em, -en 461. emantur 896. efek, erse 899. 409 f. esmei 465. eso 408. est, et 401. etaia-ns, -s 887. I euze, onse 460 ff. fafia 427. faknrent 887. famerias 291 ff. 456. feAire 387. -fem, -fe, -f 426. ferar 414 f. fesnafe 465. fiktu 488. frateer 415. fro8eto(m) 468. faiest, fuia 446. 459. furfat 887. habas 387. habe 409. 411. haburent 887. habus 452. heri 402. 411. heriest 460. herinties 460. heritn, hereitu 413 f. herter n. s. w. 410. 417. 460.

Wortregister.

588

ier 411. 417.

ife 429. 458.

ige 449.

kajretu, 9ar8itu 466.

kastruvu 434.

kumnaklom 428.

kupifiaia 405.

menzaru 461.

mestra 448 f.

magatu, mujeto(m) 412 f.

natine 432.

niuctu 434.

ostensendi 396. 411.445.

parfara, parfa 423.

peiu 434.

pepe, pire u. s. w. 399.

409. 413. peseto 412. pis-her 402. 460. portust 452. Prest-ate, -ote 484. pnfe 409. 4^6. 458. pnsme 465. pustin 427. puze, pnse 443. rehte 483. refe 405. rubine 462. rufru 434. 8e9cto 412. sent 387.

sestentasiam 812 f. sesta 810. 405. sis 887. sopir 411. staheren 387. 392. stahi-tu, -tnto 392. 8tahinito(m) 409. sabahtu 434. tenzitim, tesedi 461. tefa, terta u. s. w. 405. terkantar 396. tepast, dirsust 455. ti9it 401. 411. 460. trSf, trahaf 422. trahvorfi 423. trebeit 401. 405. 407 ff. tribn9a 482. 434. tursiandu 396. nhtur 438. uze 460. va9eto 412. verfale 409 f. ver-u- 290.

4. Oskisch.

Aadirans 308. aasai 812. Aderlo 446. Alafatemum 454. altt[rofl] 448. atnanafed 402. amfret 385. 461. amvfanad 461. angitust 404. '^TiiXAnvvijt 807. Asis 296. 808. Aukfl 299. avt 400 f. Baifs 298 f. Bantins 303. Bivellis 296. casnar 465. censaum 412. 465. censazct 385. comonom 428. comparascuster 416. 418. dadfkatted 398. 427. 450.

464. dat 897 ff. 427. ihSfT 403. deicans 886. 425. deiuaid 403. dicust 425. didest 405. 450. eestfnt 885 f. 450. 460. ehtrad 806. 432. ni'ftft 425. eftuns 389 f. ekso 408. embratur 806. errins 886. 441 ff. faor 899. estud 401.

faamat 290 ff. 401. ' factud 438. famelo 291 ff. fatf 456. fefacid 408. 444. fifsno 465. Ffsanis 296. fruktatiuf 481 f. Frunter 299. 806. fufans 386. 446. fnid, fbsfd 408. 441 ff. fast 446. Gaaviis 258, 2). hafiest 450 f. 456. 460. Hefrenis 296. 308. Heirens 806.

Here-klefs, -klof 807. heriiad 408. 458 ff. hipid 408. 444. 449 ff. hipust 449 ff. horz 808. idic 409. {nfm 425. ionc, insc 429. (p 429. 458. fsfdum 425. {st 401. fttfom 448. izic 409. Kalinis 296. keenzstur, kenztor 461. Kemrs 306. Kern 306. 424 ff. kofniks 807. kombened 417. lamatir 414 f. Xftxf^T 402 f. Ifgatois, ligud 456. Kkitud 456. ^inxaxftx 402 f. Maiiof 298. Mara 298.

meddeix 877, 8). 426. meddfss 425. medfkef 898. 425. 464. MeeKkieis 807. mluii 404. Matn 299. nei, ni 425. Nitiinsls 296. Ohtavis 296. 808. ofttfom 447. ofttiuf 481 f. 447 f. Oppiis 296. opsed 451. Paap-i, -if 298. Pakis 296. 808. Patanaf 445. patensfns 386. 441 ff. patTr 414 f. Perkens 308. pertem-est, -ost 401. 451. pertnmam 451. pfd 397. 400. pfdorn 899. pocapit 899. 408. pod 897. Pompaiians 803. poterem 306. poti (^ lat. pote) 456. pot{-ad, -ans 886. 408. 456 ff.

584

Wortregister.

nwT 899. 408.

poos 448.

profated 402.

profattens 310. 386. 416.

proffed 451.

prahipid 403. 444. 449.

pmhipust 449.

pnf 426. 458.

pnv 443.

saahtom 433.

8akah{ter 410. 416.

sakarater 410. 416.

Salava 306.

* Sarins 295.

Sestes 803 f.

set 885.

Silli 298.

stafet 890 ff.

sta{t 401. 404.

Steols 296. 803.

Udait 403.

Tafidins 299.

tanginom 482.

teremnattens 810. 386.

416. thesavT-e{, -om 307. Titi 298. tiurrf 424.

tonto, touta 806. 374, 4). Tonis 805 f. tovtfks 808. Treb-is, -üs 808 f.

tifbarakatt-oset, -ins

885 f. 444. trfbarakavnm 465. trfbarakkiaf 431 f. trffbom 410. Upils 306. uupsens 386. 416. reia 464. veru 290. Vifbis 296. 803. vincter 410. 433. Vfrrfiis 426. zicolom 456.

5. YolskisclL

asif 426 f. atahas 400. covehrin 400. Cumnios 427 f. d«dca 402. fasia 405. 427. sistiatiens 810 f. 888.416. toticu 400.

6. Sabelliscli.

agine 400.

alpam 454.

amatens 388. 416. 466.

asum 312. 430.

atrat 402.

auiatas 464 f.

Cerie 424.

didet 402. 405 f.

ems, ein[eii]8 388. 416.

esmen 465.

ferenter 896.

feret 402.

iafc 429 f.

iDom 426.

irkes 388.

Joviois 810.

kiperu 400.

ortfns 388.

pedi 405. 444.

peien 388.

pid, piu 400.

Puclois 810.

scensa 465.

sei 405.

sesUttens (?) 809 ff.

uenalinam 465 f.

7. Gampanisch.

Bai-a, -onins, -us 298 f.

Etruskisch.

Alpan, -n 454. Cumn-if, -ia, -i 428.

£. Lettisch -slawische sprachen.

1. Altpreorsisch.

angstelnai 97. aokta 97. aosis 817. gnntwei 192. clokis 817. crixtitwi u. s. w. 817. nag-e, -utis 274. nage-pirstis 817. perbandSsnan 437. scmnd-os, -ns 192. sperglawaoag 817. sporglis 317. suckans (acc. pl.) 384. tusna-n (acc.) 378, 2). tiualse 878, 2).

umpn-a, -is, omne, umnode

191 f. waisnan 437. weldlsnan 437. wosee 192. wundan 192.

2. Litaniscli.

akU 881, 18). algk 874, 8). alüde 192. anksztas o. s. w. 97. apsiaiiti 815, 4). arklas 379, 10). asztrüs 880, 11). äuksas 817. atlksztas 97.

aas\s 378, 2).

anszrk 95.

aiiszti 95. 888, 15).

bag-as, -ötas 298.

baob-lys, -ti 208, 85).

bnivis 884.

bublys 208, 85).

budrüs 880, 11).

czelas 245.

dag^s, daig^ 104.

dausas 191.

dig 102. 104.

dig-e, -nis, -ti 104.

dige-jimas, -tis 106, 5).

digüs 104. 106, 5).

drdtes 324.

dväse 191.

gacfinti 479» 7).

Wortregialer.

585

gad:^ti 826 ♦♦).

gaisz-as, -öti n. 8. w. 383,

ganyti 192. [15).

gärsas 479, 2).

gauti 548.

genü, ginti 192.

glindas 250, 2).

griuti, griaati 252, 8).

ilgas 373, 3).

imü 274.

j<5ti 191.

kamszyti, kimszti 98.

kertu-s, -kas 380, 11).

kiautas 316, 5).

kimsztas 98.

kosti 381, 13).

kr\ksztyti 317.

krosas 478.

lanklk 553.

lyde'ti 319.

l^Tia 198.

loskk 358.

lükys 317.

lul-eti, -öti 480, 11).

mat'aü, -yti, -imas, -omas

naszykle 379. [381,12).

naüjas 488.

nusiaüti 315, 4).

pa-velde'ti 437; -vystu

paütas 108, 7). [324.

pela 480, 9).

Perkünas 246.

plrsztas 317.

piu-kla8,-kle,-ti379, 10).

prikimsztas 98.

pülti 104, 4).

put-ytia, -uzis 107.

raud-ä, -dti 548.

rauka 859 f.

r<5pe 263.

salä 275.

8«U8 105.

Byk 381, 13).

skandyti, sk^stu 111,5).

snig 376, 7).

s«5t-us, -as, -18 471.

sparvk 317.

strajfe (strajä) 278.

sv\lti 314, 2).

tekü 256.

treda, tredzu 479, 3).

tükstantis 317.

vala 267.

valdyti 437.

vandu' 192.

veriü, v^rti 290.

v^lkas 819.

virpia 264.

zade ti 324.

zelmä (gen. -mens) 384.

zuvis 384.

zvaigzde' 817.

zv\rbli8 317.

3. Lettisch.

kaajn 258, 2). läzis 817. l9hIoht 480, 11). pirk8t8 817. war^t 267.

4. Altbulgarisch.

^chati 191. ! §tri 324. ' bezvodije 488. I bogatii 293. bratü-sestra 3 1 *). bndru 380, 11). chul-a, -iti 479, 4). c^stü 98.

crüstv-ii, -iti 479, 5). crüt§, cresti 380, 11). -de 319. dlügü 373, 3). duchü, dusa 191. dychati 191. gadati 324 ♦♦). gaditi 479, 7). glasü 479, 2). goditi (sg) 324**). gospodi 324. govTno 204, 42). ide 319. igo 879, 10). iz-uti 316, 4). jacbati 191. jadro 324. jede(s) 319 ff. klad§ 319. kras-a, -iti 478, 1). kristiti 317. krütii 380, 11). l§ka 553. ligota 380, 11). lokra 553. lomu 378. 553. malu-zena 31 *). -meru 382, 14). motriti 381, 12). n^diti 319. 324.

noga, nogoti 274.

nosilo 879, 10).

Doste-dmi8tvo 31.

ob-uti 815, 4).

oko 381, 13).

ostru 380, 11).

paziti 94, 1).

pgdT 111, 6).

pila 879, 10).

pisan-, pit-ije, -ije 483.

po-tuchn§ti 373, 2).

put-a, -ica q. 8. w. 107 f.

ralo 379, 10).

ravinü 375, 5).

rivinu 374, 6).

8edinT 824.

selo 275.

stigno 192.

sü-inej§, -melii 377, 8),

svrubii 268.

sytü, syti 471.

taj^, taiti 374, 4).

tati 374, 4).

tek^, tecinu 256.

tichu 373, 2).

tokü 256.

tr^dii 479, 3).

treperiti 381, 12).

tuka-lo, -ti 480, 9).

tys^Sta 317.

u-vgdati 324.

vlad§ 267.

Vladimeru 382, 14).

vrabij 317.

vrediti 319.

zvezda 317.

zas- 383, 15).

5. Russisch.

tolm^b 127.

6. Serbisch.

njidro 324*).

7. Polnisch.

j^dro 324*). 8di?g-» 8di§g-no 192. tlamacz 127, 2). wröbel 317.

8. B5hmisch.

Idska 858. tlumac 127.