( RT 2» ICOD. Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE r t herausgegeben von Carl Theodor v. Siebold, Professor an der Universität zu München, und Albert Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg. Pi N (M.3.SCHLEIDEN) Ru Siebenter Band. Mit 24 Kupfertafeln. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1856, N re N Kerne La en u Rt ws ER a | j Be? 172 „> wer ie ; ae noal A} { Inhalt des siebenten Bandes. Erstes und zweites ' Heft. (Ausgegeben den 20. Mai 1855.) Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gordiaceen. Von Dr. en Meissner in Göttingen. (Mit Taf. I-VIL.). . .. . Beiträge zur Lehre von der Regeneration durchschnittener ER, von Eduard Lent. (Mit Taf. VIL) . . . . Sul Bemerkungen über den Bau der häutigen Spiralleiste her Sühnecke, von Dr. M. Claudius, Prosector in Kiel. (Mit Taf IX. A.) . - Beitrag zur Entwicklungsgeschichte eines Cephalophoren. Ein Schreiben von C. Vogt an Dr. Gegenbaur in Würzburg. (Mit Taf. X.) . Kleinere Miltheilungen und Correspondenz-Nachrichten. . . . Bauer die Schwimmblase des Oligopus ater Risso. Aus en "Schreiben des Prof. Filippo de Filippi in Turin an A. Köllike Baber die ERBURL and der Fische. Aus einem Berctkeihen des Prof. 6, Bruch an C. Th. v. Siebold. (Mit Taf. IX. B.) Ueber das Wassergefässsystem der Mollusken. Eine briefliche Mittheilung von L. Agassiz an C. Th. v. Siebold. Ueber die Einwirkung kaustischer Alkalien auf die ES ALIEEE der Samen- 5 fäden. Eine vorläufige Mittheilung von A. Köllike Notiz über das Vorkommen von AH EBEHEL Ih "den Anfängen der Lymphgefässe, von A. Köllike Ueber die Einwirkung einer onkenkriten Harnstofflösung auf die Blut- zellen, von A. Kölliker. ) Drittes Heft. (Ausgegeben den W. September 1855.) Ueber das Wesen der von Dr. ©. Thomas auf Linsenschliffen entdeckten Curvensysteme. Von Prof. Johann Gzermak. (Mit Taf. XT.). Einige Worte über die systematische Stellung der Räderthierchen, von C. Vogt in Genf. (Mit Taf. XI.) Se Er A Physiologische Studien über die Sameonussigkt. Von A. Kölliker. in Taf, XII.) } Ueber die Drüsen und Hitten! Muskeln in der äussern Ban von ans tem- poraria, von A. Hensche aus Königsberg. . Ueber den Entwicklungscyelus von Doliolum, nebst Ka kinaen über die Larven dieser Thiere, von Dr. Carl Gegenbaur, (Mit Taf. XIV, XV, XVi.) . 470 283 IV Seite Beiträge zur Physiologie der Verdauung, von Professor Otto Funke in Leipzig. (Mit Taf. XVII. A.) EN 22 EEE Kleinere Mittheilungen und Correspondenz -Nachrichten. . . » 2... ..7. 328 Ueber die Schleimkanäle der Fische, von C. Vogt. Ueber Pentastomum constriclum, von Prof. Bilharz in Cairo. (Aus einem a desselben an Professor v. Siebold.) (Mit Taf. XVII. B. ig. 1—5.) dr Bestimmung der Blutmenge bei einem Hingerichteton, von Th. L. W. Bi- schoff, Professor der Anatomie und Physiologie in München. Ueber die Degeneration und Regeneration der Nerven mit besonderer Be- ziehung auf die Mittheilungen von Eduard Lent. Von Dr. Schiff in Frankfurt a. M. Eine infusorielle Selbstbeurtheilung, von Professor J. F. Weisse in Pe- tersburg. Eine neuro-pbysiologische Beobachtung an einem Triton cristatus. Brief- liche Mitthellung an Prof. A. Kölliker von Prof. J. N. Czermak. Viertes Heft. (Ausgegeben den 51. December 1855.) Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Fische, von Dr. Hermann Au- bert in Breslau. (Mit Taf. XVII.) ups N Zee, 7, PEN RE Ueber die Einzelligkeit der Amoeben, von Dr. Leopold Auerbach in Breslau.‘ - {Mik "Taf. ZIX. KR, ERI SIRIE) Eee 365 Ueber die Fortpflanzung der Räderthiere, von Ferdinand Cohn in Breslau. IMiE Taf, ISIN u, SKIV,).. 20200 SS E Be GE 73 2, U Supplement-Helt, (Ausgegeben den 1. April 1856.) Jahresbericht über die auf dem Gebiete der Zootomie in den Jahren 1849 —1852 erschienenen Arbeiten. Von J. Victor Carus. . . 41—228 Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gordiaceen. Von Dr. Georg Meissner in Göllingen. Mit Tafel I— VII. 1. Einleitung. Der Wurm, welcher seit Zinne den Namen «Gordius aquaticus » führt, scheint den Alten unbekannt gewesen zu sein, da alle die Stellen, in welchen von Galen, oder (sofern nicht dieser, sondern Herodotus der Autor der Isagoge ist) von Herodotus an bei den griechischen, arabischen und römischen Schriftstellern von einem ähnlichen und später auch wohl mit dem Gordius aquaticus verwechselten oder iden- tificirten Wurm die Rede ist, nur auf die Filaria Medinensis bezogen werden können. Bei Albertus Magnus!) geschieht zuerst des Gordius Erwähnung unter dem der Aehnlichkeit mit einem Pferdehaar ent- lehnten Namen «Seta». Fast genau dieselben Worte, mit denen hier er Wurm nach seinem Aufenthalte, hinsichtlich des Mangels eines opfes, hinsichtlich der Lebensgefahr,- welche das Verschlucken des- selben mit sich bringt u. s. w. geschildert wird, finden sich bei dem Schüler Albert's, Thomas Cantipratensis, in dessen Buche: De natura Terum ?). r ') dlbertus Magnus, de Animalibus. Lugd. 1654; liber XXM. ®?) Diesing hat dieses Buch eitirt (Systema helminthum, Il, pag. 84), welches sich handschriftlich in der Universitätsbibliothek zu Krakau befindet, und hat die auf den Gordius bezügliche Stelle mitgetheilt. Derselbe giebt an, dass das Buch wahrscheinlich aus dem Anfange des 46. Jahrhunderts stamme, was die Meinung Murr’s ist (Journal für Kunstgeschichte von v. Murr. Bd. X, pag. 240, 4784), welcher den Codex auffand und eine Nach- richt über seinen anscheinend reichhaltigen Inhalt gab (a. a. O.), ohne jedoch den Autor zu kennen. Nach Cave indessen (Scriptorum ecelesiasticorum historia litteraria, autore Guilielmo Cave. Vol. Il, pag. 309) und nach Jöcher Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VII Rd, A 2 Bei Gesner !), welcher den «Vermis aquatieus» selbst sowohl im Wasser als im Garten auf Pflanzen beobachtet hat, führt er den wahr- scheinlich im Volke entstandenen Namen «Vitulus aquaticus», Wasser- kalb, für welchen derselbe die Benennungen «Amphisbaena aqualica » und «Trichias» vorschlug. Aldrovandus *) bemerkte, dass der Wurm nicht zu den Insecten gerechnet werden dürfe, weil die Haut ganz glatt sei und er sich nicht wie Lumbrieus bewege. Seine Verschlin- gungen verglich er mit Gordischen Knoten, woraus der Name entstand, unter welchem Linn ®) in seiner Klasse der Vermes die erste Gattung der Intestina zusammenfasste, zu welcher er ausser dem G. aquaticus und G. argillaceus zwei Arten der spätern Filaria piscium und die. Filaria Medinensis ‚rechnete, welche letztere, mehrfach, wie bemerkt, mit dem Gordius aqualicus in nähere Beziehung gebracht, wahrschein- lich zu dem Glauben von der Gefährlichkeit und Giftigkeit des Gordius die Veranlassung gegeben hatte, aus dessen Biss noch Linne Parony- chie entstehen liess, indem er das gegabelte Schwanzende anfänglich für zwei horizontale Maxillen hielt. Obwohl Müller *) eine enger begränzte Gattung Gordius aufgestellt hatte, in welcher er, unter Auslassung der parasitisch lebenden Arten Linne’s, den frei lebenden G. aquaticus und G. argillaceus einige neue, zum Theil noch jetzt den Namen tragende Arten hinzufügte, wurden doch in der Folge wiederum viele in Insecten und Wirbelthieren, zum Theil in abgeschlossenen Körperhöhlen eneystirt, gefundene fadenförmige Würmer -mit den frei im Wasser oder im Boden lebenden als Gordien zusammengestellt. Goese®) aber hieli, obwohl er eine Aehnlichkeit der «Intestinal- und Wassergordien» zugestehen zu müssen glaubte mit O. Fabricius 6), den Unterschied zwischen einer freien und einer (Gelehrten -Lexicon. Vol. IV, pag. 1146) lebte der Brabanter Thomas, wel- cher von der Abtei Cantimpre bei Cambray jenen Beinamen erhielt, Ende des 42. bis über die Mitte des 43. Jahrhunderts (4486 —1263?) u war in Cöln ein Schüler ‚des Albertus Magnus (4193 — 1280), worauf er Subprior und Lector eines Ordens in Löwen wurde. Er schrieb ausser einigen Biographieen und ausser einem «Bonum universale de Apibus» betitelten Buche ein grosses, aus 20.Büchern bestehendes Werk: De natura rerum, welches vor Auffindung jenes Krakau’'schen Codex für verloren gehalten wurde (Cave a. a. O.), aber von Aldrovandus noch citirt ist. ( Ul. Al- drovandi de Animalibus insectis libri septem. Lib. VII, Cap. X.) ») C. Gesner ” Nomenclator aquatilium animantium, 4560; de anim. in dule. aquis: de inseclis. ?) U, Aldrovandi de Animalibus libri septem. 4618, Lib. VII, Cap. X, °) Systema naturae. Edit. XIl, A766, T.I, P. II, pag. 4075. *) 0. F. Müller, Vermium terrestr. et fluviatil. historia. 4773, Vol, I, 2, pag. 30. ®) Naturgeschichte der Eingeweidewürmer, 4787, pag. 123. 6) Fauna Groenl., 1780, pag. 266. cn ® 3 parasitischen Lebensweise für massgebend, eine Trennung beider vor- zunehmen. Die Wassergordien (die «Cauda bifida») nicht weiter be- rücksichtigend, theilt er seine Beobachtungen über das ihm von allen dunkelste Geschlecht der Intestinalgordien mit, deren Einwanderung in Insecten ihm noch besonders ein «Gordius Gordiorum » !) zu sein schien, und deren er ausserdem in Vögeln und Fischen gefunden hatte, die er selbst aber schon von den Gordien der Insecten getrennt sehen wollte 2). Gmelin?) führte jene Trennung noch weiter aus, indem er den Gattungsnamen nur für die freilebenden der bisher darunter begriffe- nen Arten, für die Wassergordien beibehielt, und als solche den 6. aqualicus, G. argillaceus Linne, G. Filum Müll., G. lacteus Müll., G. are- narius Müll. aufführte, während alle Intestinalgordien Goeze’s, so wie der G. medinensis Linne’s nebst vielen anderen in Wirbelthieren und - Insecten beobachteten ähnlichen Würmern in dem Genus Filaria von ihm zusammengefasst, der G. lacustris und G. marinus Linne’s zu den Ascariden gerechnet wurden. So war der G. aquaticus aus der Verwandtschaft und Nähe der Helminthen ganz entfernt, während die Insectenfilarien mit den Wirbel- thierfilarien vereinigt eine Abtheilung der von Zeder *) schärfer als bisher begränzten Classe der «Rundwürmer» (Ascariden) bildeten, aus welcher ersteren derselbe einige besonders durch Walch, Bloch und Goeze bekannte, in Wirbelthieren encystirte filarienartige Würmer als ein besonderes Genus Capsularia ausscheiden wollte. Rudolphi®) widersetzte sich indessen dieser Trennung, welche schon damals, wie früher der Goeze’sche Vorschlag, hätte zu der erst vor Kurzem zur Ausführung gekommenen Scheidung der Insectenfilarien von den Wirbelthierfilarien führen können, vereinigte die Capsulariae wieder theils mit den Filarien, theils mit den Ascariden und suchte ebenfalls die scharfe Trennung des freilebenden Gordius von den pa- itischen Filarien festzustellen. In demselben Sinne verfuhr Cuvier ©), welcher den Gordius, der den ursprünglich die Filaria medinensis be- zeichnenden Namen «Dragonneau» (dpaxovrıov Galen, dracunculus) er- halten hatte, abgesondert an das Ende der Anneliden stellte. Nach diesen Wanderungen im System fing man an, den Gordius allmählich seinem frühern Platze wieder zu nähern. Schon Audowin ?) .") Neue Berliner Manchfaltigkeiten. Jahrg. IV, pag. 123. 2) Daselbst pag. 146. ®) Linne, Syst. Nat. Edit. Gmelini. 4788, T. 1, P. VI, pag. 3082. *) Nachtrag zur Naturgesch. der Eingeweidew., 1800, pag. 7. ®) Entoz. historia naturalis. 4809, Vol. IL, P, 4, pag. 12. %) Regne animal. A. edit; 4817, T. II. ?) Dietionnaire classique d’histoire nat, (nach Dujardin). 4 und Blainville*) wollten ihn mit den Filarien wieder vereinigen, und Lamarck 2), welcher den Dragonneau an das Ende der Nematoden stellte, sprach sich gleichfalls dabin aus, dass derselbe wahrscheinlich nur eine Filaria sei (von denen er ihn trennte, um sich dem Gebrauche zu fügen), da Unterschiede des Aufenthaltorts nicht massgebend für die Trennung seien. Berthold?) sah sich durch anatomische Unter- suchungen ebenfalls veranlasst, dem Gordius einen Platz in der Nähe der Filarien anzuweisen. Dagegen hatte sich schon früher Charvet*), ebenfalls auf anatomi- schen Untersuchungen fussend, wiederum für eine nicht nur, wie bis- her, durch Verschiedenheiten der Lebensweise, sondern auch durch positivere Organisationsverschiedenheiten begründete Trennung des Gor- dius von den Filarien und somit von den Nematoden ausgesprochen. Ganz besonders aber war es nun v. Siebold ®), welcher auf das Ent- schiedenste die Verwandtschaft des Gordius mit den Nematoden, zwi- schen denen man nur naturgeschichtliche Unterschiede statuiren wollte, in Abrede stellte: er fand die Organisation so eigenthümlich und räthsel- haft, dass er den Gordius als einzig in seiner Art hinstellte, Indessen hatte man angefangen, das grosse und ziemlich unbe- stimmte Genus Filaria einer Kritik zu unterwerfen. Beawmnont ®) hatte eine Inseetenfhilaria aus der Leibeshöhle von Blaps mortisaga zwei Mo- nate frei im Wasser fortleben gesehen, und Leblond wollte gefunden haben, dass eine ähnliche Filaria aus Blaps in der Organisation dem Gordius ähnlich sei, so wie Gervais”) eine Filaria ebenfalls aus Blaps mortisaga gradezu für identisch mit dem Gordius aquatieus hielt. v. Sie- bold®) hatte gleichfalls bemerkt, dass manche Insectenfilarien von dem Baue der Nematoden, denen sie zuzählten, durchaus abweichen, und auch er hatte einen in Suceinea amphibia schmarotzenden, mit den Insectenfilarien übereinstimmenden Fadenwurm mehre Wochen md Wasser, wie Gordius, leben gesehen. Auf der andern Seite dagegen lehrten v. Siebold’s Untersuchungen !) Dietionnaire des sciences naturelles. 2) Histoire naturelle des animaux sans vertebres. 4. &dit. 1816, T. III, pag. 619; 2. edit. 1840, T. III, pag. 670. 3?) Ueber den Bau des Wasserkalbes. In den Abhandlungen der k. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen. Bd.I, 4842, pag. 18. 4) Obseryations sur deux especes du genre Dragonneau. Nouvelles annales - du Museum d'histoire naturelle. T. III, 4834, pag. 43. ö) Helminthologische Beiträge. Nro. IV, im Archiv f. Naturgeschichte. Jahrg. IV, 1838, Bd. 4, pag. 302, Anm. 2. 6) Froriep's Notizen. Nro. 1024, pag. 483. L'Institut. 4836, Nro. 439, Pag. 3. ”) Annales de la societ& entomologique. 4835, Nov. %) Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. III, 4837, Bd. 2. Jahresbericht, pag. 255. 5 der Filaria piscium !), dass diese, abgesehen von ihrer Geschlechts- losigkeit, eine mit dem Bau der Nematoden übereinstimmende Orga- nisation besitzt, Indem auch. Hope?) beobachtete, dass einige In- seetenfilarien aus Phryganiden eigenthümliche Verhältnisse darboten, so dass derselbe besondere Arten aus ihnen machen . wollte, schien sich also nach und nach herauszustellen, dass man bisher in der Gat- tung Filaria Würmer von ganz verschiedener Organisation, die nur im Aeussern Aehnlichkeit hatten, zusammengestellt hatte, von denen die Einen schon durch die, ausser der vorhergehenden parasitischen, beob- achtete freie Lebensweise im Wasser sehr an den Gordius aquaticus erinnern mussten, wiewohl Leon Dufour 3) sich noch auf das Entschie- denste gegen eine Verwandtschaft oder gar Vereinigung der Filarien und des Gordius, ausgesprochen hatte, und letztern geradezu für einen Anneliden erklärte. v. Siebold wandte nun den Insectenfilarien ganz ‚besondere Auf- merksamkeit zu und sprach, indem ‚er die vereinzelten Beobachtungen über das Vorkommen ‚derselben, über ihre Auswanderung und über ihren, Bau,-zusammenstellte*), die Vermuthung‘ aus, es möchten ‚alle Insectenfilarien. durchaus. verschieden sein von den Filarien aus. Wirbel- tbieren, obwohl ihm. die schon behauptete Identität der ersteren mit Gordius noch. zweifelhaft war. Dujardin) publicirte darauf seine ana- tomischen Untersuchungen über. Gordius ‚und eine Filarie, welche er geschlechtsreif auf feuchtem Boden gefunden hatte, und von der .er vermuthete, dass sie vorher in den Larven des Maikäfers schmarotzt habe, also eine ausgewanderte Insectenfilarie sei.. Die Organisation dieses Wurms schien es ihm zu rechtfertigen, ihn. als eigne Ordnung Mermis unter dem Namen Mermis nigrescens getrennt von den Nema- toden aber auch vom Gordius, mit welchem er keine Verwandtschaft entdecken konnte, hinzustellen. F Der Ansicht Dujardin’s, dass Mermis eine Insectenhlarie sei, die - nach erlangter Geschlechtsreife auswandert, trat v. Siebold 6) um so eher bei, als er selbst unter zergliederten Insectenfilarien theils solche fand, welche jener Mermis nigrescens sehr nahe verwandt zu sein ’) Helminthologische Beiträge. Nro. IV, Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. IV, 4838, Bd. A, pag. 305. ?) L’Institut. 4838, Nro. 246, pag. 302. ®) Annales des sciences naturelles. Ser. II, T. VII, 4834, pag. 7. *) Ueber die Fadenwürmer der Insekten. Entomologische Zeitung. Jahrg. II, 4842, pag. 446. 5) Sur les Mermis et les Gordius. Annales des sciences naturelles. Ser. II, T. XVIIL, 4842, pag. 429. %) Ueber die Fadenwürmer der Insekten. 1. Nachtrag Entomologische Zei- tung. Jahrg. IV, 4843, pag. 79. 6 schienen, theils aber auch solche, welche er für identisch mit Gordius halten musste, so dass dieser, bis dahin nur als frei lebend bekannt, demnach ebenfalls als eine Insectenfilarie zu betrachten war. Diese letztere Ansicht erhielt noch besonders durch die Mittheilungen Crep- lin’s und Diesing’s Unterstützung, welche den Gordius aquatieus in In- seeten gefunden hatten ?), was früher schon zuerst Charvet ?) behauptet hatte. Jene der Mermis nigrescens verwandte Filaria führte ». Siebold _ als neue Species, Mermis albicans ?), eine andere, ebenfalls in Inseeten gefundene verwandte, vorläufig als M. acuminata *) ein. Nachdem der- selbe darauf sich auf das Bestimmteste davon überzeugt hatte, dass der Gordius aquaticus zu gewissen Zeiten ein parasitisches Leben, In- sectenfilarien »anderseits: zu gewissen Zeiten ein freies Leben führen, und nachdem er die Verwandtschaft des Gordius mit dem Genus Mer- mis, so wie die völlige Verschiedenheit beider von den Nematoden erkannt hatte, stellte er die beiden Gattungen als eigne selbstständige Helminthenordnung unter dem Namen der «Gordiacea» zusammen ®), in- dem er die Berechtigung derselben als Ordnung durch viele die An- gaben Dujardin’s und Berthold’s theils berichtigende, theils erweiternde anatomische und natürgeschichtlicbe Beobachtungen nachwies. 5 Die Gordiaceen besitzen die Körpergestalt der Nematoden, die be- sonders charakteristische Eigenthümliebkeit ihrer Organisation liegt in dem Bau des Verdauungsapparats. Ein eigentlicher Darmkanal ist nicht vorhanden, sondern wird vertreten durch ein wesentlich aus Zellen bestehendes Organ, durch einen Zellkörper, welcher die ganze Leibes- höhle durchsetzt, in welchen die Nahrung durch eine sehr enge, nicht mit Papillen versehene Mundöflnung und durch einen bei Gordius ein- fachen, bei Mermis dagegen sehr zusammengesetzten Zuleitungsapparat gelangt, und aus welchem kein After wiederum nach aussen führt. Zu diesem der Verdauung und Ernährung vorstehenden Apparat tritt ein beträchtlich entwiekeltes Secretionsorgan. Die Geschlechter sind ge- trennt, und in der Gestalt der reifen Samenelemente liegt ebenfalls ein unterscheidendes Merkmal der Gordiaceen; sie sind haar- oder nadel- förmig, aber unbeweglich, so dass sie von den gleichfalls starren, aber nie nadelförmigen Samenkörperchen der Nematoden einerseits, anderseits ’) v. Siebold, Ueber die Fadenwürmer der Insekten. 1. Nachtrag. Entomolo- gische Zeitung. Jahrg. IV, 1843, pag. 81. Vergl. auch II. Nachtrag. Jahrg. IX, 1848, pag. 291. 2) A. a. O, pag. 43. ®) I. Nachtrag. Entomol. Zeit. Jahrg. IV, pag. 80. *) Daselbst pag. 32. °) Archiv f. Naturgesch. Jahrg. IX, 1843, Bd. 2, pag. 302. Ueber die Faden- würmer der Insekten. Il. Nachtrag. Entomol. Zeit. Jahrg. IX, 1848, pag. 290, und IIl. Nachtrag. Entomol. Zeit. Jahrg. XI, 1850, pag. 329. EEE Zu 7 von allen Arten beweglicher Samenfäden unterschieden sind. — Die jungen, entweder ib der Erde oder im Wasser aus dem Ei geschlüpften Gordiaceen, welche einer mehr oder weniger durchgreifenden Metamor- phose zu unterliegen haben, wandern in Insecten, Arachniden ein und leben parasitisch in der Leibeshöhle (nicht im Darmkanal) derselben, bis, vielleicht nach fernerer Wanderung, sich die Generationsorgane ent- wickelt haben oder sich zu entwickeln anfangen. Dann wandern sie freiwillig aus ihren Wirthen aus, Mermis in die Erde, Gordius- in’s Wasser, ym sich zu begatten und Eier zu legen. "Von den Thieren, in welchen bisher "Gordiaceen, geschlechislos, als Insectenfillarien, gefunden wurden, hat v. Siebold ein genaues Ver- zeichniss gegeben *): in der einzigen Succinea amphibia beobachtete er selbst Mermis albicans); unter den Crustaceen ist der Monoculus Apus zweifelhaft als Wirth einer Gordiacee aufgeführt; in mehren Arachniden wurden sie beobachtet, endlich ‚hauptsächlich in vielen Gattungen alle Insectenclassen. e © Der Bestand der Gordiaceen-Ordnung hat ‚sich nicht vergrössert, es sind ‚nur die beiden Gattungen: Gordius und Mermis, »zu welchen Diesing ®) noch als zweifelhaft die wenig gekannte. Sphaerularia Bombi (Dufour) gestellt hat. — Was die Species betrifft, aus denen sich die beiden Gattungen zusammensetzen, so ist deren Zahl ebenfalls nur gering. Nachdem v. Siebold erkannt hatte, dass die von ihm zuerst erwähnte Mermis acuminata *) keine besondere Art, sondern nur eine noch nicht geschlechtsreife, noch mit dem Schwanzstachel der Larven- haut versehene Mermis albicans ist 5), giebt es nur zwei wohl charak- terisirte ünd sichere Arten: Mermis albicans und M. nigrescens, da alle die, welche Diesing ©) als einzelne Species inquirendae aufgeführt hat, welche nur nach dem Insect, in welchem sie angetroffen wurden, unterschieden sind, nicht wohl als besondere Arten zu betrachten sind, worüber sich bereits v. Siebold ausgesprochen hat ?). > Im Genus Gordius werden allerdings eine grössere Zahl von nicht ') Vergl. die schon citirten Aufsätze über Fadenwürmer der Insekten; ferner den IV. Nachtrag. Entomol. Zeit. Jahrg. XV, 1854, pag. 103. 2) Beiträge zur Naturgeschichte der Mermithen. Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. V, pag. 201. #) Systema Helminthum. Vol. II, pag. 412. Vergl. hierüber: v. Siebold, Bei- träge zur Naturgeschichte der Mermithen. . Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. V, pag. 201. #%) Vergl. oben. #) Beiträge zur Nalurgesch. der Mermithen. Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. V, pag. 204. *) Systema helminihum. ?) Entomol. Zeitung. Jahrg. XV, 4854, pag. 10%. 8 allein nach den Wohnthieren unterschiedenen Arten aufgeführt, mehre, welcbe bisher nur frei gefunden wurden; ich werde 'auf diese unten zurückkommen, und antieipire hier nur, dass auch die Gordius-Speeies wahrscheinlich auf eine kleinere Zahl eingeschränkt werden müssen, unter denen als völlig sichere der Gordius aquaticus und G. subbi- furcus (v. Sieb.) sind. Nach einer früher in dieser Zeitschrift mitgetheilten anatomischen Untersuchung der Mermis albicans !), zu welcher die Liberalität Herrn v. Siebold’s die Gelegenheit geboten hatte, hegte ich den lebhaften Wunsch, auch die anderen Hauptrepräsentanten der Gordiaceen einer Untersuchung unterwerfen zu können, da theils manche Organisations- verhältnisse derselben noch sehr im Dunkel, theils viele der bei Mermis albicans gefundenen, vom Bekannten sehr abweichenden Thatsachen mir eine Vergleichung mit der Organisation der Verwandten und be- ziehungsweise Bestätigung bei denselben zu verlangen 'schienen. Die Gelegenheit, dieses auszuführen, wurde mir wiederum ‘durch Herrn v. Siebold ‘geboten, dem ich dafür aufs Dankbarste verpflichtet bin. Derselbe fing im Anfang des verflossenen Sommers, auf einer Reise begriffen, bei’ Streitberg (ohnweit Muggendorf in der fränkischen Schweiz) in einer Quelle 35 Exemplare des Gordius, zum Theil noch beschäftigt, die bisherigen Wirthe, Carabiden, zu verlassen. Diesen ganzen werth- vollen Vorrath der im Allgemeinen nicht sehr häufigen Thiere, in welchem, wie sich später ergab, zwei durch Männchen und Weibchen vertretene Species enthalten waren, erhielt ich zum Geschenk. Sie kamen, sogleich nach dem Einfangen in Gefässen mit Wasser abge- sandt, alle lebend in meine Hände, und ich verwendete sie für die unten folgende anatomische Untersuchung. Da ich durch glücklichen Zufall gleichzeitig auch ein Paar Exem- plare von Mermis nigrescens erhielt, wovon ich das eine gleichfalls der Güte Herrn v. Siebold’s verdanke, so war ich im Stande, auch die Ver- gleichung dieses, der Mermis albicans nächststehenden Repräsentanten vorzunehmen. 2. Untersuchungen über Mermis nigrescens. Hierzu Taf. I u. II. Drei lebende Weibchen waren es, welche ich für die folgende Untersuchung benutzen konnte, von denen das eine, wie gesagt, Herr ’) Diese Zeitschrift. Bd. V, pag. 207. Da ich im Folgenden nicht umhin kön- nen werde, oftmals auf diese Untersuchung zu verweisen, so ist dieselbe immer nur als «M. albicans» mit der betreffenden Seite oder Abbildung eitirt. 9 v. Siebold ‘mir aus München schickte, das zweite mir freundlichst von Herrn Professor Krämer in Göttingen überlassen wurde, und das dritte ich selbst im Juni des Morgens im Garten auf feuchter Erde gefunden hatte. In demselben Monat waren auch die beiden anderen Exemplare, nach Auswanderung aus den früheren Wirthen, frei auf dem Boden angetroffen worden. Zur Controle mehrer, besonders äusserer Ver- hältnisse, konnten auch einige in Weingeist aufbewahrte Weibchen meiner Sammlung benutzt werden. Mermis nigrescens ist getrennten Geschlechts; aber Männchen wurden bisher noch nicht beobachtet, und es scheint hier ein noch bedeutenderes Misverhältniss in der Zahl der männlichen und weib- lichen Individuen obzuwalten, als bei Mermis albicans; denn während bei letzterer etwa (kaum) zwei Männchen auf 100 Weibchen kommen, fand van Beneden bei Gelegenheit jener merkwürdigen, in Löwen beob- achteten Erscheinung !), als die Gärten der Stadt eines Morgens (4. Juni) nach einem heftigen nächtlichen Regen mit Mermis nigrescens wie über- säet waren, unter 400 Exemplaren kein einziges Männchen. "Das eine der drei lebenden Exemplare hatte, als ich es erhielt, seine Eier bereits alle gelegt, die Zeit der Geschlechtsreife war schon vorüber, wie die spätere Untersuchung ergab; die beiden anderen da- gegen waren noch ganz mit reifen Eiern angefüllt, und sie legten die- selben auch nicht vor dem Anfang des Juli. Da ich nämlich durch die Untersuchung des Gordius aquaticus verhindert war, die Mermithen sogleich nach dem Empfang zu zergliedern, so setzte ich sie in ein Gefäss mit feuchter Erde, wo sie sich über einen Monat lebend er- hielten. Gewöhnlich lagen sie zusammengerollt ruhig in der Erde ver- borgen, oft fand ich sie einzeln, oft auch alle drei in ein Knäuel, wie Mermis albicans zusammengewickelt. Wenn ich die Erde benetzt hatte, pflegten sie sich kurz darauf langsam in Bewegung zu setzen und einige Zeit an der Oberfläche zu verweilen. Gegen Berührung waren sie empfindlich, besonders am Vorder- und Hinterende, was sie durch raschere und ausweichende Bewegungen kund gaben. — Obgleich das Thier, nachdem es das parasitische Leben aufgegeben hat, auf die feuchte Erde als Aufenthaltsort, für gewöhnlich wenigstens, angewiesen zu sein scheint (denn nicht nur wurden sie von Dujardin, van Be- neden u. A. auf dem Boden gefunden, sondern sowohl Dujardin konnte, wie ich, mehre Exemplare einige Wochen in feuchter Erde lebend erhalten, als besonders v. Siebold?), welcher eine grössere Zahl zur Geschlechtsreife aufzog); so können sie doch auch längere Zeit im Wasser ") Note sur une apparition de vers apres une pluie d’orage; par van Beneden. Bulletins de l’academie royale de Belgique, Tome XX, Nro. 7. %) Entomol. Zeitung. Jahrg: XI, 1850, pag. 334. 10 zubringen: Dujardin bewahrte fünf Exemplare acht Tage lang im Wasser, bemerkte aber, dass sie, um die Eier zu legen, trockene. Orte aufzu- suchen strebten, und das mir durch v. Siebold übersandte Exemplar hatte die Reise im Wasser gemacht, wonach es sich vollkommen wohl befand. Die Körpergestalt ist fadenförmig mit besonders nach vorn zu- gespitzten Enden. (Eine Abbildung des Thieres in natürlicher Grösse bei Dujardin, l. c. Pl. 6, Fig. 4.) Der Quersehnitt des Leibes ist, mit Ausnahme der beiden Enden, nicht vollkommen kreisförmig, sondern auf der Rücken- und Bauchfläche ist das Thier ein wenig abgeplattet, wie Mermis albicans (Fig. 1). Bis zum vordern Fünftel oder Sechstel hat der Körper gleichen Durchmesser, dann verjüngt er sich allmählich und erreicht etwa ein "/,;”” vor dem Ende sein Minimum (Fig. 2a a). Das äusserste Ende des Kopfes ist etwas knopflörmig verdickt, abge- rundet oder in geringem Grade eckig (Fig. 2), mit kreisförmigem Quer- schnitt. Am Schwanze trilt erst kurz vor dem Ende eine Verjüngung ein und das äusserste Ende selbst ist in eigenthümlicher und sehr charakteristischer Weise zugespitzt. Von der Bauch- oder Rückenfläche gesehen ist die Gestalt lancettförmig, gleichmässig auf beiden Seiten, mit abgerundeter Spitze. Betrachtet man das Schwanzende dagegen von’ der Seite, so zeigt sich, dass die Rückenfläche gewölbt-und rasch absteigend zu der Spitze herabläuft, während die Bauchfläche nahezu in gerader Richtung ausläuft, so dass die Schwanzspitze bauchständig, nicht axenständig genannt werden muss (Fig. 3). Man bemerkt 'auf der Mittellinie der Bauchfläche etwa Y," vor dem Ende eine schwache hüglige Erhebung, eine kleine Papille (Fig. 3a), und von dieser ab bis zur Spitze ist die Bauchfläche sogar ein wenig concav gestaltet, bei dem einen Individuum mehr, bei dem andern weniger. Die Länge des geschlechtsreifen Weibchens beträgt zwischen 3%, und #”, auch wohl noch etwas über 4”. Der Durchmesser in der Mitte des Leibes (und am grössten Theile der Länge des Thieres) beträgt in der Höhe, von der Rücken- zur Bauchfläche, nahezu "/,", von einer Seite zur andern zwischen Y, und Y,". Die Verjüngung am Vorder- ende geht bis auf den dritten Theil dieser Durchmesser, so dass der des Kopfes an der dünnsten Stelle (Fig. 2a@) Yo -— Yıs” beträgt. Wenn das Tbier nicht mit reifen Eiern angefüllt ist, ist die Farbe an dem beiweitem grössten Theile des Leibes milchweiss; gegen das Vorderende zu tritt fast Farblosigkeit ein, welche unmittelbar vor dem Kopfe einer röthlich-braunen Färbung Platz macht. Man nimmt dieses braune Halsband ohne Vergrösserung kaum wahr, es ist beschränkt auf eine Strecke von etwa Y,” Länge, heginnt sehr allmählich in der Gegend des Schlundganglienringes (Fig. 2k,!), ist am dunkelsten da, wo das Kopfende die schon erwähnte schwache Einschnürung besitzt 2 on 0 un il (Fig.2 a), und verliert sich von da ab wieder allmählich. Das Pigment in ‘dieser Gegend hat aber seinen Sitz ‘nicht in den Hautschichten, welche überall durchaus farblos sind, sondern unter denselben, worauf ich zurückkommen werde. Bevor das Thier seine Eier gelegt hat, ist die Farbe des Leibes braun; doch erkennt man schon mit blossem Auge, dass diese Färbung nur von einem in der Mitte des Leibes liegenden und die beiden Körperenden nicht erreichenden Strange her- rührt, welcher bald dieker, bald dünner, hie und da auch wohl unter- brochen ist: es ist dies der mit den rein braunen Eiern angefüllte Uterus (Fig. 4 %k), welcher durch die Körperwand durchscheint und so dem Thiere seinen Speeiesnamen verschaffte t). Die milchweisse Farbe, die sonst vorhanden ist, rührt von einem gleichfalls durchscheinenden Theile des Verdauungs- oder Ernährungsapparats her (Fig. AZ), wie bei Mermis albicans. Ohne nähere Untersuchung und Präparation lässt sich am unver- letzten Thiere Folgendes von der innern Organisation erkennen. Eine dicke, fast überall gleichmässige Hautschicht begränzt den Körper; sie gibt sich zu beiden Seiten als ein heller, glänzender Saum zu er- kennen‘(Fig. 4 b, Fig. 2 f). Etwa %,3”” hinter dem Vorderende ist die Haut verdickt, so dass sie an derselben Stelle, wo der Körper ein wenig eihgeschnürt ist, einen nach innen vorspringenden ringförmigen Wulst bildet (Fig.2«). Weiter nach vorn, ungefähr, auf der Mitte des noch übrigen Theiles des Kopfes, ist sie an sechs im Allgemeinen gleichweit von einander entfernten Punkten des Umfanges bis auf ein Minimum verdünnt, es sind sechs triehterförmige Lücken der Haut ge- bildet, in welche ebenso viel Papillen aus dem Innern des Kopfes hineinragen, ohne sich jedoch über das Niveau der Haut zu erheben (Fig.2d). Der Kreis, auf welchem diese sechs Papillen liegen, bildet oft eine melır oder weniger deutliche abgerundete Kante an dem Umriss des Kopfes. Grade auf der Mitte des abgerundeten Vorderendes ist ein kleiner konischer, nach innen hineinragender Fortsatz der Haut von der sehr engen Mundöffnung durchbohrt (Fig. 2b), und dieser Fortsatz, Mundtrichter, wie ich ihn unten genannt habe, ist umgeben von einem schmalen Ring, in welchem die Haut wiederum bis auf ein Minimum verdünnt ist, ähnlich, wie an den sechs Papillen. Dieser verdünnte Ring erscheint bei Betrachtung des Kopfes von allen Seiten als zwei aus dem Innern in die Haut hineinragende Papillen zu den Seiten des Mundtrichters (Fig. 2 c). Diese allgemeine Beschreibung des Vorderendes stimmt mit der von Dujardin gegebenen überein. Eine sehr auffallende Differenz herrscht ’) Dujardin, 1. c. pag. 135, 442. ». Siebold, in Wiegmann’s Archiv für Natur- geschichte. Jahrg. 9, 4843, Bd. Il, pag. 309 12 aber zwischen den Angaben Dujardin’s und van Beneden’s einerseits und meinen Beobachtungen anderseits hinsichtlich der Lage der weib- lichen Geschlechtsöffnung. Dujardin *) giebt an, diese Oeflnung finde sich 45 Millimeter hinter dem Kopfende, sei eine quere Spalte, stehe aber weder mit einem Uterus noch mit einem Eierschlauch in Verbindung, die überhaupt nicht vorhanden seien. Van Beneden”?) giebt auffallender Weise auch an, er habe das Eierlegen aus einer nicht weit vom Kopfe gelegenen Oeffnung gesehen. Nach meinen Untersuchungen an 12 Exem- plaren (hierzu konnten natürlich auch Weingeistexemplare benutzt werden) befindet sich eine Vulva (Fig. 40) stets %,—1” hinter der Mitte des Leibes, so genau immer an derselben Stelle, dass man nur eine Mermis so zu legen braucht, dass Kopf- und Schwanzende: bis auf die angegebene Differenz 'neben einander liegen, um sogleich in dem gebildeten Knie des Leibes die Geschlechtsöffnung zu finden. In den Notizen v. Siebold’s über Mermis nigrescens, die derselbe‘ mir freundlichst zur Vergleichung schickte, finde ich ebenfalls angegeben, dass eine Vulva in der Mitte des Leibes gelegen ist. Bei Mermis albi- eans ist die Länge dieser Oeffnung; genau dieselbe. Dort, wohin Du- Jardin die Vulva verlegt, habe ich nichts Besonderes gesehen, und.ich muss um so mehr glauben, dass (derselbe sich durch eine Falte oder künstliche Oeffnung täuschen liess, als nach dem Auffinden der Vulva die Erkenntniss einer eigenthümlich gestalteten Vagina und eines doppelten Uterus (Fig. 10) so unmittelbar gegeben ist, dass Dujardin gewiss nicht die Existenz dieser Organe geleugnet haben würde, wenn'er die wahre Geschlechtsöffnung gesehen hätte. An eine Verschiedenheit meiner Würmer von der Mermis nigrescens Dujardin’s kann wegen der übri- gen Uebereinstimmung wohl nicht gedacht werden. Die nähere Be- schreibung der Geschlechtsöffnung, welche, wenn man ihre Lage nicht zu Hülfe nimmt, nicht so leicht in die Augen fällt, weniger, als: die von Mermis albicans markirt ist, verschiebe ich bis zu einern spätern Abschnitt. Eine Afteröffnung fehlt: hierin stimmen alle Beobachter überein. Unmittelbar unter dem von der Haut gebildeten Cylindermantel erstreckt sich vom Schwanzende bis nahe zum Munde ein ungefähr ebenso dicker Hohleylinder von muskulöser Natur. Im Profil stellt sich derselbe als ein heller, sehr zart längsstreifiger Saum zu beiden Seiten dar (Fig. 2 9), während seine Zusammensetzung ihm von der Fläche ge- sehen, ein sehr deutlich längsgestreiftes, hie und da auch wohl schwach irisirendes Aussehen verleihet. Die Muskelschicht begränzt eine Leibes- höhle, deren Durchmesser in der Mitte des Körpers etwas. über 4/4" !) Loc. cit. pag. 436. 2) Loc. cit. pag. 3. 15 beträgt. In derselben liegt der Verdauungsapparat und die Generations- organe frei oder wenigstens nur locker in später zu beschreibender Weise angeheftet (Fig. 1 1, k). Die Haut. Die Hautbedeckung unseres Thieres besteht, wie die von Mermis albicans, aus drei Schichten, welche schon Djardin kannte. Die drei Häute sind, von Aussen nach Innen gehend, eine zwar gewöhnlich, aber der Entwicklungsgeschichte nach nicht structurlose Epidermis von sehr geringer Dicke; eine aus zwei Faserschichten, mit gekreuzter Rich- tung der Fasern, bestehende Haut, gleichfalls sehr dünn, und darunter eine dicke strueturlose Schicht, für welche ich den bei Mermis albi- caus für die gleiche Schicht gebrauchten Namen Corium beibehalte. , Die mittlere der drei Häute, die Faserhaut, ist mit Ausnahme eines sogleich zu erwähnenden Umstandes ganz so beschaffen, wie die Faserhaut von Mermis albicans. Zwei Lagen sehr zarter Fibrillen sind so fest mit einander verklebt (nicht verflochten), dass sie nicht von einander getrennt werden können. Die Fasern jeder Lage lau- fen unter sich vollkommen parallel und unmittelbar neben einander. Die Richtung des gradlinigen Verlaufs der Fasern ist in der einen Schicht die einer von links nach rechts, in der andern die einer von rechts nach links gewundenen Spirale, so dass alle Fasern der einen Schicht sich mit denen der anderen unter nahezu rechtem ‘Winkel kreuzen. Die Dicke dieser Faserhaut beträgt Ysoo”. Bei Mer- mis albicans habe ich in der übrigens ganz gleich beschaffenen Faser- haut sechs vom Kopf bis zum Schwanz in graden Linien herablaufende Nähte beschrieben, welche durch ein bogenförmiges Umwenden eines grossen Theiles der Fibrillen beider Schichten bedingt sind, wie man sie sehr leicht an ausgestreiften oder der Länge nach aufgeschnittenen Hautstücken wahrnimmt (vergl. M. alb. Fig. 2). Solche Rhaphen fehlen bei Mermis nigrescens, alle Fasern laufen continuirlich, ohne umzu- wenden, von einem Körperende zum andern. Nur am Schwanzende, wo gewissermassen der Anfang der Spiralen ist, findet sich auf einer kurzen Strecke, meistens an der Seite des Leibes, Naht, mehr oder weniger deutlich, von der Beschaffenheit, wie bei Mermis albicans. Sie beginnt an der Schwanzspitze und lässt sich eine Strecke von Yy — Ya" hinauf verfolgen. Dwjardin hat dieselbe abgebildet (l. c. Fig. 7). In der Umgebung der natürlichen Oeflnungen des Körpers, des Mundes, der Geschlechtsöffnung, ferner im Umkreis der Papillen am Kopfe bil- den die Fibrillen Wirbel, indem sie zum Theil bogenförmig umwenden, zum Theil seitlich ausweichen, so dass Oeflnungen der Faserhaut ge- bildet werden (vergl. Dujardin, 1. c. Fig. 4). Die feine. gekreuzte Zeich- nung, welche von dieser Faserhaut herrührt, ist schon am unverletzten 14 Thiere bei gehöriger Focusstellung zu erkennen, und sie wird, ausser der Beschreibung Dwjardin’s, auch von v. Siebold !) erwähnt. Auf der Faserhaut liegt eine Epidermis von Yo0” Dicke. Sie ist so fest mit jener verklebt, dass eine Isolirung nicht möglich ist; nur beim Streichen mit dem Skalpell oder bei Behandlung mit kausti- schem Natron gelingt es zuweilen, einige Fetzen dieser Haut isolirt darzustellen. An Umschlagstellen der Faserhaut giebt sich die Epi- dermis deutlich durch einen hellen Saum zu erkennen. Die bei Mer- mis albicans so deutlichen Spuren einer Zusammensetzung aus Zellen, die allmählich verschmelzen, waren bei den von mir untersuchten Exem- plaren von Mermis nigrescens nur selten und sehr schwach vorhanden. Meistens war die Epidermis völlig structurlos; nur zwei Mal habe ich «ine matte Zeichnung sechsseitiger Felder wahrgenommen. Auf das chemische Verhalten dieser und der anderen Hautschichten werde ich unten bei Beschreibung der Haut des Gordius zurückkommen. Dwjar- din’s*) Exemplare besassen gleichfalls eine structurlose Epidermis. Wo die Faserhaut unterbrochen ist, besitzt auch die Epidermis Oeflnungen. Das Corium ist eine Yyo— 1%," dieke Haut, die sich, wie ge- sagt, schon am unverletzten Thier als ein heller breiter Saum bemerk- lich macht (Fig. 2 f). Sie zeigt auf Längsschnitten, wirklichen oder scheinbaren, eine zarte parallele Längsstreifung, welcher auf Quer- schnitten eine Zeichnung, wie von concentrischen Lamellen herrübrend, entspricht (Fig. 1 5). Querschnitie des Leibes, die indessen bei Mer- mis nigrescens schwieriger, als bei Mermis albicans und Gordius her- zustellen sind, wegen des geringern Durchmessers und der grössern Weichheit des Körpers, zeigen, dass das Corium nicht an allen Punkten des Umfanges gleiche Dicke hat, sondern dass es drei der Länge nach herablaufende, nach innen vorspringende Wulste besitzt, von denen der eine kleinere auf der Mittellinie des Bauches (Fig. 1 c), die beiden anderen breiteren, symmetrisch zu beiden Seiten, der Rückenfläche etwas genähert, verlaufen (Fig. 1 dd), so dass der Umfang durch diese drei Wülste in drei nahezu gleiche Abtheilungen zerfällt. Die Bedeu- tung dieser Längswülste ist ganz dieselbe, wie die der ebenso be- schatfenen Hautpartien bei Mermis albicans (vergl. M. alb. pag. 243, Fig. 4), und werde ich später darauf zurückkommen. Nach dem Vorderende zu verjüngt sich das Corium sehr allmählich, entsprechend der Abnahme des Körperdurchmessers, springt dann aber Yo— hs" hinter dem Munde mit einem breiten ringförmigen Wulste von Yan” Dicke nach innen vor (Fig. 2a), um von da ab, sich plötzlich bis auf Ys0” verschmächtigend, das Kopfende zu überziehen. Hier nun 2) Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 9, 1843, Bd. H, pag. 308. ®) Loc. eit. pag. 136. j PR 15 ragen zunächst die schon erwähnten, im Kreise stebenden sechs Pa- pillen aus dem Innern in trichterförmige Lücken des Coriums hinein (Fig. 2d). Es ist schwer zu sagen, ob diese Lücken an der Peripherie ganz offen sind, so ‚dass jene Papillen ganz frei zu Tage liegen, oder ob noch eine dünne Hautschicht über sie wegläuft; ich werde unten hierauf zurückkommen. Betrachtet inan das Kopfende von oben her, nachdem man die äusserste Spitze nur so weit abgeschnitten hat, dass diese sich von selbst auf die Schnittfläche legt, so zeigt sich, dass die sechs Papillen nicht in ganz gleichen Abständen stehen, sondern dass je drei eine Gruppe jederseits bilden, die durch einen etwas grössern Zwischenraum in der Mitte des Bauches und des Rückens getrennt sind (vergl. M. alb. Fig. 14). So kommt es, dass wenn man den Kopf, von einer der beiden Seiten her betrachtet, nur drei Papillen zugleich sicht- bar sind, zwei nahezu im Profil, und eine.von der Fläche, während bei Betrachtung der Bauch- oder Rückenfläche vier Papillen zugleich übersehen werden, zwei ganz im Proßl und zwei von der Rläche (Fig. 2). Bei Mermis albicans ist die Anordnung der sechs Papillen dieselbe (vergl. M. alb. Fig. 42 u. 44). Abweichend von Mermis albi- cans ist das Corium in der Umgebung des Mundes beschaffen; denn während bei ersterer das Corium vorn stark verdickt ist und in der Mitte eine trichterförmige Einsenkung hat, der Mund, von welchem der Oesophagus seinen Ursprung nimmt, anfangs noch vom Corium umgeben (M. alb. Fig. 42); ist bei Mermis nigrescens diese Haut im Umkreis des Mundes sehr verdünnt (Fig. 2c), so dass eine ringförmige Lücke vorhanden ist, über welche sich nur eine sehr dünne Hant- schicht fortsetzt, und in der Mitte dieses Ringes bildet das Corium _ einen konischen nach innen hineinragenden Fortsatz (Fig. 2b), wel- _ eher von der sehr engen Mundöffnung durchbohrt ist. -Die Länge die- ses Fortsatzes, den ich den Mundtrichter nennen will, ist wechselnd bei verschiedenen Individuen, sie beträgt zwischen %, und Y,o"; die Dicke %5 — Yo”. Dieser Mundtrichter mit dem in der Mitte durch- seizenden Mundkanal ist übrigens oft nur schwer zu erkennen, er kann bei Betrachtung des Kopfes von der Seite leicht übersehen wer- ‚den; sehr deutlich dagegen ist die Mundöffnung und der scheinbare Durchschnitt des Mundtrichters bei Betrachtung von oben. Die drei on genannten Längswülste des Coriums beginnen da, wo sich der tingförmige Wulst hinter dem Kopfende (Fig. 2a) befindet. - Ich erwähnte schon, dass die weibliche Geschlechtsöfßnung von Mermis nigrescens weniger markirt ist, als bei Mermis albicans. Dies hat darin seinen Grund, dass bei ersterer das Corium keinen dicken ‚nach aussen vorspringenden Wulst bildet, keine Lippen (vergl. M. alb. Fig. 33), sondern die ovale Spalte nur auf einer sehr schwachen Er- hebung gelegen ist (Fig. 40). Eine in ihrer Umgebung nach innen 16 vorragende Verdiekung des Coriums soll bei der Beschreibung der Ge- schlechtsorgane erwähnt werden. In der Schwanzspitze ist das Corium - beträchtlich verdickt (Fig. 3). - Ein eigenthümliches Verhalten zeigen alle drei Hautschichten noch an einer Stelle des Leibes, welche in der Mittellinie des Bauches, Yo—'" vor der Schwanzspitze gelegen ist (Fig. 3a). Es ist die- selbe Stelle, die ich oben schon als eine kleine Erhebung oder Warze“ erwähnte. Es ist daselbst nämlich eine Oeffnung, sowohl in der Bpi- dermis und Faserhaut, als auch im Corium, doch durchsetzt sıe letz- tere meistens nicht vollständig. Die Deutlichkeit und Grösse dieser Oeffnung ist individuellen Verschiedenheiten unterworfen. Es mündet mit dieser Oeflnaung kein Organ nach aussen, sie hat weder die Be- deutung eines Afters, noch die des Ausführungsganges eines Secre- tionsorganes, sondern wahrscheinlich stammt sie aus einer frühern Lebensperiode des Thieres, vielleicht als die zurückgebliebene Spur eines früher vorhandenen, der Haut zugehörigen Organs, welches nach erlangter Geschlechtsreife verloren geht. Dies wird besonders durch einen analogen Umstand bei Mermis albicans wahrscheinlich. Dieses Thier besitzt, wie bekannt, so lange es parasitisch lebt, einen Stachel am Schwanzende (M. alb. Fig. 6); mit der nach erlangter Geschlechts- reife eintretenden Häutung wird dieses Organ abgeworfen, das frei lebende geschlechtsreife Thier besitzt ihn nicht mehr; aber zuweilen fin- det man an der Schwanzspitze desselben, genau der Stelle des frühern Stachels entsprechend, ein Loch oder eine Vertiefung in der Haut (M. alb. pag. 209), welche als zurückgebliebene Spur der Ursprungs- stelle jenes Stachels anzusehen ist. Vielleicht besitzt nun Mermis nigres- cens an jener Stelle in einer frühern Periode ebenfalls einen Stachel; eine andere Deutung jener, an allen von mir untersuchten Individuen vor- handenen Stelle scheint sich wenigstens vor der Hand nicht darzu- bieten. Von Mermis nigrescens wurden bisher noch keine Larven, d. h. noch parasitisch lebende, geschlechtlich noch nicht entwickelte Individuen beschrieben; wenn, was nach Mermis albicans zu ver- muthen, eine Häutung auch bier zur Zeit der erlangten Geschlechts- reife eintritt, so muss diese wohl kurz nach dem Auswandern aus dem Wirthe stattfinden, da auch bisher noch keine abgeworfene Häute gefunden wurden, welche von Mermis albicans bekannt sınd. Das Corium ist nicht so fest mit der Faserhaut verbunden, dass sich dasselbe nicht leicht auf grössere Strecken isoliren liesse. Ent- sprechend der erwähnten Streifung auf Längs- und Querschnitten lässt es sich in Lamellen spalten, und oft bleibt beim Ausstreifen der Haut ein Theil des Coriums mit der Faserhaut verbunden, während einige Lamellen sich umstülpend mit den Muskeln heraustreten, wie ich es auch bei M. albicans beschrieben habe. “Die Zusammensetzung aus | 17 solchen, für sich durchaus structurlosen Lamellen hindert keineswegs, das ganze Corium als 'structurlos, als eine Glashaut zu bezeichnen, denn ohne Zweifel sind die Lamellen nur die Andeutungen des durch Auflagerung von innen her stattfindenden Wachsthums dieser Haut, wie denn auch die Schichtungen nach innen zu deutlicher zu werden pflegen. Das Corium von Mermis, albicans sowohl wie nigres- cens, bietet in der That grosse Aehnlichkeit mit den Glashäuten höherer Thiere, ganz besonders aber mit der Membrana Descemetii dar. Auch diese Membran zeigt nicht nur eine ihren Flächen parallele Streifung, wie sie Brücke, Leydig u„A. sahen, sondern Henle !) sah sie nach längerem Kochen in Wasser in feine Plättehen zerfallen: Kölliker?) deutet gewiss mit Recht diesen mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen lamel- lösen Bau, diese Schichtung als den Ausdruck des in Intervallen vor sich gehenden Wachsthums der Haut. Es findet in histologischer Beziehung noch eine Uebereinstimmung zwischen dem Corium von Mer- mis und der Membrana Descemetii statt, auf welche ich unten zurück- kommen werde. — Die ganze Haut von Mermis nigrescens ist voll- kommen farblos. Dujardin ®) beschrieb das Corium als tube cartilagineux, bestehend aus 15— 30 concentrischen, homogenen Schichten. Den Umstand, dass v. Siebold*) diese Hautschicht nicht finden konnte, glaube ich auf die Jugend des untersuchten Exemplars zurückführen zu können; denn auch bei Mermis albicans, wo dieselbe schichtenweise Auflagerung des Corium stattfindet, habe ich beträchtliche Dickenunterschiede dieser Haut zwischen noch parasitisch lebenden und geschlechtsreifen Indivi- duen gefunden, so wie auch Dujardin’s Angabe von 45 bis 30 Schichten bei Mermis nigrescens solche Unterschiede beweist. Die Muskeln. - Unmittelbar unter dem Corium liegt eine deutlich und scharf längs- gestreifte muskulöse Schicht von durchschnittlich Yo” Dicke. Sie be- ginnt eine kurze Strecke hinter dem Munde, an dem ringfürmigen Wulste des Corium, und erstreckt sich, der Länge nach ununterbrochen, bis in die Schwanzspitze. Der Quere nach»ist sie nieht ununterbrochen, sondern zerfällt, ganz der Anordnung bei Mermis albicans entsprechend, in drei Abtheilungen, welche durch die drei oben beschriebenen, nach innen vorspringenden Längswülste des Corium getrennt werden (Fig. 1). ') Cannstati’s Jahresbericht. 4853. Allgemeine u. specielle Anatomie, pag. 8. 2) Mikroskopische Anatomie. II, IT, 2, pag. 618. “») Loc. eit. pag.437. #) Loc. cit.'pag. 309. Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VII. Rd. 2 18 Die eine, etwas breitere Schicht nimmt die Rückenfläche, zwischen den beiden seitlichen Längswülsten, ein (Fig. 4 e); die beiden anderen etwas schmaleren Strata bekleiden die Seiten und den Bauch, lassen aber in der Mittellinie des letztern einen schmalen Zwischenraum, in welchen der kleinere Bauchwulst des Corium vorspringt (Fig. 4 ff). Jede dieser drei Muskelschichten wird wiederum durch eine in der Mitte herablaufende seichte Furche in zwei Hälften getheilt (Fig. A e, ff); die Furche der Rückenmuskelschicht liegt demnach grade in der Mittel- linie des Rückens, gegenüber dem Bauchwulst des Corium. Die Höhe oder Dicke jeder Muskelschicht ist verschieden an den einzelnen Punk- ten jeder Hälfte, indem nämlich zu beiden Seiten der mittlern Furche die grösste Dicke, und von da ab eine allmähliche Abnahme bis an die Gränze jedes Stratums stattfindet. Die grösste Dicke beträgt etwas über Y,,”, an den Rändern der Strata erheben sich die Muskeln nur sehr wenig über die Haut (Fig. 1). So wie in den eben besprochenen Verhältnissen völlige Uebereinstimmung herrscht zwischen Mermis albi- cans und nigrescens (vergl. M. alb. Fig. 4), so auch in dem Verhalten der Muskeln an den beiden Körperenden und in der Nähe der Vulva. Nachdem nämlich die Schichten gegen das Vorderende zu allmählich an Dicke abgenommen haben, verschmelzen sie mit‘ oder entspringen sie von dem ringförmigen Wulste des Corium (Fig. 2aa). Die Ver- jüngung des Körperdurchmessers bringt es mit sich, dass Theile der Muskelschichten schon früher nach und nach mit dem Corium ver- schmelzen. Das braune Pigment, welches sich in dieser Gegend vor- findet, hat seinen Sitz zum Theil in diesen Anfängen der Muskelschicht, zum Theil auch unter derselben und in den Zellenschläuchen. Vor der, grade in der Mittellinie des Bauches gelegenen Vulva weichen die bei- den seitlichen oder Bauchmuskelschichfen weiter aus einander, nehmen den Anfangstheil der Vagina zwischen sich, um dann sogleich wieder ihre ursprüngliche Lage einzunehmen (vergl. M. alb. Fig. 32,33). Im Schwanzende nehmen die Muskelschichten ebenfalls allmählich an Dicke ab und verschmelzen mit dem Corium; die letzten Spuren reichen bis in die Spitze. Die Structur der Muskeln ist wie bei Mermis albicans. Eine grosse Anzahl dicht neben einander gestellter Bänder setzen jede Schicht zu- sammen, so zwar, dass immer die Höhe oder Breite eines auf der Kante stehenden Muskeibandes die ganze Dicke der Muskelschicht be- dingt. Die Breite der Bänder ist demnach verschieden, entsprechend den genannten Verschiedenheiten in der Dicke der Muskelschicht. Jedes Band ist mit der einen Kante an das Corium locker befestigt, während die andere frei in die Leibeshöhle sieht. Ein Muskelband ist das Ana- logon eines Muskelprimitivbündels, sofern es zusammengesetzt ist aus einer grossen Zahl äusserst zarter Primitivfibrillen, an welchen jedoch u Je u a 19 keine Querstreifung zu entdecken ist (Fig. 4). An-abgerissenen Enden der Muskelbänder isoliren sich diese Fibrillen durch Zerfasern leicht und sie verleihen überhaupt dem auf der Fläche liegenden Bande eine feine Längsstreifung (Fig. 4), welcher auf Querschnitten eine zarte, bald mehr, bald weniger deutliche Querstreifung entspricht (vergl. M. alb. Fig. 8). In isolirten Muskelbändorn nehmen die Fibrillen häufig einen leicht wellenförmigen Verlauf an. Die Dicke der Muskelbündel von Mermis nigrescens ist geringer, als bei Mermis albicans; sie messen zwischen Yz00 und Ys00”, und sind dünn genug, dass einerseits hie und da zuweilen von der innern gereiften Oberfläche eines Stratums schwache Interferenzerscheinungen entstehen, welche sich jedoch weit stärker bei Gordius finden, und dass anderseits die Gestalt des Quer- sehnitts, obwohl dessen Ränder divergiren müssen, kaum keilförmig genannt werden kann (vergl. Mermis alb. Fig. 8). Die Primitivfibrillen messen Yısoo”. Von einem Sarcolemma der Bündel, und von einem Perimysium der Muskelschichten habe ich, wie bei Mermis albicans, Nichts wahrgenommen. Nach innen sind die Muskelschichten nicht glatt und gleichmässig begränzt, sondern, wie schon aus dem genannten optischen Verhalten geschlossen werden kann, jedes Band springt mit der schmalen Kante etwas vor, um in später anzugebender Weise mit den Nerven in Ver- bindung zu treten. Obwohl in Folge der Verschmächtigung des Leibes, besonders nach vorn zu, nicht alle Muskelbündel gleichzeitig vom Co- rium entspringen, sondern das eine höher, das andere tiefer, so habe ieh doch ausserdem kein Auslaufen des einen Bündels vor dem an- dern gesehen, alle erstrecken sich parallel und continuirlich von einem Ende des Körpers zum andern; auch Anastomosen der Bündel sah ich nicht. Dies Längsmuskelsystem ist der einzige Bewegungsapparat des Kör- - pers; Quermuskeln sind, wie bei Mermis albicans nicht vorhanden, und "die Angabe v. Siebold’s *), dass weitschichtig von einander stehende Querfasern vorhanden seien, beruht wahrscheinlich auf einer Verken- nung des peripherischen Nervensystems. Ueber die Längsmuskeln sind die Angaben Dujardin’s?) zu vergleichen. Bei Gelegenheit der Beschreibung der Muskulatur von Mermis albicans beschrieb ich zugleich ein aus drei mit Zellen gefüllten Schläuchen bestehendes Organsystem, welche ihre Lage zwischen den Muskelschichten auf den Hautwülsten haben (M. alb. pag. 214): diese Organe sind auch bei Mermis nigrescens vorhanden, doch will ich !) Loc. eit. pag. 309. 2) Loe. eit. pag. 138. 2 *“ 20 ihre Beschreibung mit der des Verdauungs- oder EM urnggaui a verbinden. Das Nervensystem. Hinsichtlich der Entwicklung und relativen Grösse des Nerven- systems steht Mermis nigrescens der albicans kaum nach; aber es fin- den sich in der Anordnung des peripherischen Nervensystems grössere Verschiedenheiten, als man vielleicht hätte erwarten sollen. — Die Untersuchung des Nervensystems ist bei Mermis nigrescens leichter auszuführen, als bei der andern Species; denn während bei letzterer nicht nur die Zuhülfenahme der kleineren und durchsichtigeren Männ- chen, sondern auch die Untersuchung vieler Exemplare überhaupt noth- wendig war, reichten die drei lebenden Weibehen von Mermis nigres- cens recht gut zur Feststellung der wichtigsten Verhältnisse aus. Das centrale aus ansehnlichen Ganglien bestehende Nervensystem ist auch hier dem bei weiten grössern Theile nach im Vorderende, ein kleiner Theil im äussersten Schwanzende gelegen. Schon bei Betrach- tung eine® unverletzten Thieres fällt ein Theil der im Vorderende ge- legenen Kopf-Ganglien sehr leicht in die Augen. Es zeigt sich ," hinter dem Munde, da, wo die letzten Spuren des erwähnten braunen Halsbands verschwunden sind, eine grosse rundliche helle Masse oder ein Wulst im Innern des Leibes, der den ganzen Querdurchmesser der Leibeshöhle einnimmt (Fig. 2k,!). Sowohl bei Betrachtung von der Bauch- als von der Rückenfläche sieht man, wie dieser Wulst sich jederseits plötzlich wie zu einem kurzen Stiel verschmächtigt und mit- telst derselben gleichsam an den: Muskeln aufgehängt zu sein scheint (Fig. 20); Länge und Höhe des Wulstes beträgt etwa Y,,”. Eine in der Längsaxe dee Körpers verlaufende dunkle Linie oder Furche theilt diese Ganglienmasse in zwei seitliche Hälften, während sie durch ein in querer und etwas abwärts gebogener Richtung verlaufendes helles Band, welches mit jener Furche sich kreuzt, in eine vordere und hin- tere Abtheilung, von nahezu gleicher Grösse, zerfällt (Fig. 20). Diese Abtheilungen sind, wie die weitere Untersuchung ergiebt, in der That vorhanden, und jenes helle Band, welches die vordere von der hintern zu scheiden scheint, sind zwei Nervenwurzeln, welche grade zwischen den beiden Abtheilungen verlaufen. Der am Wei- testen nach hinten gelegene Theil der Kopfganglien (Fig. 2%) ist‘ der Schlundring; die beiden unmittelbar vor ihm gelegenen Ganglien, die besonders bei Betrachtung von: der Bauchfläche deutlich sind, sind die hinteren Kopfganglien (Fig. 2!). Weiter nach vorn er- strecken sich in dem mittlern Theile der Leibeshöhle zu den Seiten des Oesophagus noch zwei schmalere langgestreckte Ganglien (Fig. 2 m), die indessen ohne weitere Präparation nur undeutlich gesehen werden 21 können; es sind dies die beiden vorderen Kopfganglien, welche sich wegen ihrer versteckten Lage und wegen der braunen Pigmenti- rung der über ihnen liegenden Muskeln schwer bis zu der Höhe des - ÜUrsprunges der Muskeln von dem ringförmigen Wulst des Corium 5 . » . { (Fig. 2a a) verfolgen lassen. Diese die Gehirnmasse zusammensetzen- den Ganglien entsprechen ihrer Lage und Anordnung unter einander - nach vollkommen den gleichnamigen Theilen bei Mermis albicans (vergl- -M. alb. Fig. 12, pag. 221, 222). Um die Beschaffenheit der genannten Ganglien genauer zu erkennen, muss man sie isolirt darstellen, was - nicht so schwer gelingt, wenn man die äusserste Spitze des Kopfes in der Gegend der Einschnürung (Fig, @«@) abschneidet und dann aus dem offenen Ende den Leibesinhalt, wo möglich ohne die Muskeln hervor- - streift. An dem auf diese Weise präparirten Gehirn (Fig. 5) findet sich zunächst, dass eine aus einer sehr zarten structurlosen Membran be- stehende Hülle alle Ganglien umgiebt und zusammenhält (Fig. 5 «). Auch bei Mermis albicans habe ich angegeben, dass eine solche Hülle der Ganglien vorhanden ist, dort aber gelang es nicht, diese an präparirten Gehirnen vollständig zu erhalten, so dass an solchen die Ganglien immer aus einander fielen (M. alb. Fig. 13). Mermis nigres- cens ergänzt somit in vortheilhafter Weise das bei Mermis albicans Vermisste, indem bei jener die Hülle sehr leicht ganz vollständig er- -* halten bleibt, und man daher alle Theile noch in ihrer natürlichen - Lage vereinigt sieht. ‘ ö a Der Schlundring wird von zwei schildförmigen Ganglien gebildet, dem obern (Rücken-) (Fig. 2 u. Fig. 5r) und dem untern (Bauch-) Schlundganglion (Fig. 2 u. Fig. 5%); beide verschmälern sich nach den Seitenflächen des Leibes zu und sind daselbst durch eine schmale Commissur verbunden (vergl. M. alb. Fig. 13 ee). Das untere Schlund- ganglion (Fig. 5%) ist in der Mitte von vorn nach hinten sowohl, als von der einen Fläche zur andern etwas eingeschnürt, und jede auf diese Weise entstandene seitliche Hälfte ist etwa linsenförmig gestaltet. Der Durchmesser von vorn nach hinten beträgt Y4,”. Das obere Sehlundganglion (Fig. 5 n) ist platt, schildförmig, und der Durchmesser von vorn nach hinten beträgt etwas über Y;,", so dass man bisweilen schon am unverletzten Thier dieses Ganglion ein Wenig über das un- tere Schlundganglion nach hinten hinausragen sieht (Fig. 2). Die seit- lichen Commissuren vervollständigen den Ring, durch welchen bei Mer- mis nigrescens nur der Anfangstheil des Verdauungsapparats hindurch- tritt (Fig. 5 e); die drei Zellenschläuche, welche bei Mermis albicans noch ausserdem durch den Schlundring verlaufen (M. alb. Fig. 12), und, wie schon gesagt, auch bei Mermis nigrescens vorhanden sind, treten bei diesem Thier nicht durch den Schlundring, sondern verlaufen ausserhalb desselben. | j y 1 ) j . - | 22 ‘Die beiden hinteren Köpfganglien sind birnförmig gestaltet (Fig. 2 u. Fig. 5) und haben von vorn nach hinten nahezu */,,"" Durch- messer. Sie sind ganz getrennt von einander, liegen aber gegen ein- ander geneigt, so dass sie sich zum Theil berühren; sie liegen der Bauchfläche näher, als der Rückenfläche und haben zusammen fast die Gestalt, wie das untere Schlundganglion (Fig. 2 u. Fig. 5l). Jedes der beiden Ganglien verjüngt sich nach hinten in einen dünnen Stiel, welcher sich mit dem Schlundringe vereinigt, indem er an der Ueber-- gangsstelle des untern Schlundganglions in die seitliche Commissur mit dieser verschmilzt (vergl. M. alb. Fig. 13«@). Als einen Unterschied von Mermis albicans wüsste ich nur die gedrungenere Gestalt der hin- teren Kopfganglien von Mermis nigrescens hervorzuheben: (vergl. M. alb. Fig. 121). Die beiden vorderen Kopfganglien (Fig. 5 m) sind langgestreckt, spindelförmig; sie liegen der Rückenfläche näher, als der Bauchfläche und erstrecken sich am Weitesten nach vorn, bis in die Gegend der Einschnürung des Kopfendes (Fig. 2a). In der Mittellinie des Rückens berühren sie sich fast in ihrer ganzen Länge und der Oesophagus läuft zwischen ihnen durch. Wie die hinteren Kopfganglien verjüngen sich auch die vorderen nach hinten in einen dünnen Stiel, welcher nahezu schon in derselben Höhe beginnt, bis wohin die hinteren Kopfganglien sich hinauf erstrecken (Fig. 4), so dass also vordere und hintere Kopf- ganglien selbst nicht neben einander, sondern hinter einander liegen. Der Stiel der vorderen Ganglien ist dem entsprehend länger, als der der hinteren (vergl. M. alb. Fig. 12, 43). Die Stiele gehen in die Com- . missuren des Schlundringes über. Vorn sind die vorderen Kopfgang- lien nicht, wie die hinteren, abgerundet, sondern sie setzen sich auch hier in einen dünneren Stiel fort (Fig. 5g), welcher in das äusserste Kopfende eintritt und in später anzugebender Weise mit den sechs Papillen ih Verbindung tritt. 3 Diese beschriebenen sechs Ganglien bilden, in ganz gleicher Weise, wie bei Mermis albicans, die Gehirnmasse; sie werden, wie schon ge- sagt, von einer gemeinsamen Hülle zusammengehalten, welche sich zwischen die einzelnen Ganglien hineinschlägt; wie sich dieselbe an den nach vorn ziehenden Fortsetzungen der vorderen Kopfganglien ver- hält, konnte nicht ermittelt werden. Bei der Präparation bleiben ge- wöhnlich die drei Zellenschläuche, die ausserhalb des Schlundringes verlaufen, an dem Gehirne haften; den beiden seitlichen, dem Rücken etwas genäherten Zellenschläuchen liegen die beiden vorderen Kopf- ganglien an, während der in der Mitte des Bauches herabziehende in der Furche verläuft, welche durch die an einander liegenden hinteren Kopfganglien und durch die Einschnürung des tuntern Schlundganglions gebildet wird (Fig. 5). Es gelingt aber leicht, die Zellenschläuche zu A ee ee ee 23 entfernen, so dass man dann das Gehirn ganz isolirt und unverletzt erhält, wie die Fig. 5 von einem solchen Präparate ohne Ergänzung genommen ist; nur der Oesophagus pflegt mit dem Präparate in Ver- bindung zu bleiben, mitten zwischen den Kopfganglien wie durch den Schlundring verlaufend. Schon bei der Untersuchung des noch im Leibe liegenden Gehirns _ erkennt man die Zusammensetzung aus Ganglienzellen, deren helle Kerne mit kleinen, das Licht stark brechenden Kernkörperchen hie und da oft sehr deutlich durchschimmern. Weit besser aber lassen sich die einzelnen Ganglienzellen in den präparirten Ganglien unterscheiden. Ihre Beschaffenheit ist, wie bei Mermis albicans; der Durchmesser be- trägt Y00— so”. Dass sie in einen oder zwei Fortsätze ausgezogen, also uni- oder bipolar sind, erkennt man an vielen, aber für die Unter- suchung dieser Verhältnisse ist das Gerhirn von Mermis albicans weit besser geeignet, weil die Ganglienzellen dort ohne weitere Präparation aus einander fallen, was die resistentere Hülle bei Mermis nigrescens verhindert (vergl. M. alb. Fig. 43). Ein Zerfasern der Ganglien bei letzterer führt zu Nichts, und man muss sich mit dem, was der An- blick der zusammengehaltenen und dicht gedrängten Zellen bietet, be- gnügen, wozu also anderseits Mermis albicans das Fehlende. ergänzt. Dass die Commissuren der Schlundganglien und die mit diesen ver- sehmelzenden Stiele der Kopfganglien aus den von den Ganglienzellen entspringenden Fasern bestehen, lässt sich jedoch mit Sicherheit er- - kennen; ebenso gewahrt man, dass, wie bei Mermis albicans, die hin- ME u nn BE ul Lin 5 ZU 0 m 6 Ze teren Kopfganglien vorzüglich aus unipolaren, die vorderen haupt- sächlich aus: bipolaren Ganglienzellen ‚bestehen (Fig. 5; vergl. M. alb. Fig. 13). e Schneidet man einen beliebigen Abschnitt des Leibes an der Seite der Länge nach auf und betrachtet man denselben aus einander ge- breitet von der innern Fläche, so zeigt sich das peripherische Nerven- System, wie es bis zu seiner Ursprungstelle in allen Leibesabschnitten gleich beschaffen ist. In der Mittellinie des Bauches lassen, wie oben angegeben, die beiden Bauchmuskelstrata einen Zwischenraum, in wel- chen der Bauchwulst des Corium hineinragt. Auf diesem läuft, wie bei Mermis albicans, der eine der drei noch zu beschreibenden Zellen- schläuche; derselbe besitzt auf seiner Mitte eine ansehnliche Furche (Fig. A g), so dass ein Querschnitt sehr deutlich herzförmig gestaltet ist. In dieser Furche verläuft der eine der beiden Nervenstränge, der Bauch- nervenstrang (Fig. Ah, Fig. 6d). Der zweite, der Rückennerven- strang, liegt jenem grade gegenüber auf der Mittellinie des Rückens, in der oben erwähnten mittlern Furche der Rückenmuskelschicht (Fig. 12). Der Bauchnervenstrang ist der ansehnlichere von beiden. — Auch bei Mermis albicans verläuft auf dem Zellenschlauch des Bauches und 24 gegenüber auf der Rückenmuskelschicht ein Nervenstrang (M. alb. Fig. 7A, B), von denen ich erstern als Splanchnicus aufgeführt habe; aber ausserdem sind dort noch zwei seitliche kleinere Nervenstränge vorhanden, die in der mittlern Furche der beiden seitlichen- oder Bauchmuskeln liegen (M. alb. Fig. 7 kk). Diese fehlen bei Mermis nigrescens, und dieser Mangel ist in sogleich zu beschreibender Weise dahin ausgeglichen, dass der Bauchnervenstamm, der bei Mermis albi» cans der isolirte und selbstständige Splanchnicus ist, bei Mermis nigres- cens sowohl den Splanchnicus, als die beiden seitlichen Nervenstränge repräsentirt, während der Rückenstrang in beiden gleichwerthig ist. Bei Mermis albicans entspringen die vier Nervenstämme in der Weise, dass sie sich aus sechs Wurzeln zusammensetzen, von denen zwei, aus der Mitte des untern Schlundganglions kommend, sogleich die beiden seitlichen Nervenstränge, je zwei der vier übrigen, aus den Commissuren oder der Vereinigung aller sechs Kopfgauglien entspringenden Wurzeln durch Vereinigung auf der Mittellinie den Splanchnicus und den Rücken- nervenstrang bilden (M. alb. Fig. 13). Ganz entsprechend sind auch die Ursprünge der beiden Nervenstämme von M. nigrescens. Aus der Mitte der innern Fläche des untern Sehlundganglions entspringen zwei sogleich nach entgegengesetzten Seiten verlaufende Faserbündel (Fig.5 0), welche man schon als jenes helle quere Band am unverletzten Thiere erkennt (Fig. 20). Diese Wurzeln nehmen noch Fasern, welche aus den Commissuren des Schlundringes entspringen, auf und treten dann auf der Mittellinie des Bauches in der Furche des Zellenschlauches zu dem Bauchstrang zusammen. Die beiden Wurzeln des Rückenstranges (Fig. 5p) entspringen, wie bei Mermis albicans, aus den Commissuren und vereinigen sich dann ebenfalls in der Mittellinie. Der Bauchnervenstrang trifft in seine Var auf die weibliche Geschlechtsöffnung; das Verhalten daselbst st ganz wie bei Mermis albicans: während der Zellenschlauch, auf dem der Nerv liegt, sich vor der Vulva theilt und dieselbe ringlörmig umgiebt, läuft der Nerv ungetheilt auf der einen Seite herum (vergl. M. alb. Fig. 32). In der Schwanzspitze liegt ein zweiter kleinerer Theil des cen- tralen Nervensystems, zwei spindelformige Schwanzganglien näm- lich, in welche die beiden Nervehstränge übergehen. Den untern Theil dieser Gänglienzellenanhäufungen, der grade das Ende der Leibeshöhle in der Mitte zwischen den drei Zellenschläuchen einnimmt, kann man ohne weitere Präparation schon recht gut erkennen (Fig. 3c; vergl. M. alb. Fig. 45). So wie die oben sogenannten Stiele der Kopfganglien,. die Com- missuren des Schlundringes und die Wurzeln der Nervenstränge sehr deutlich fasrige Structur zeigen, die sich, wie gesagt, bis zu den Fort- sätzen der Ganglienzellen verfolgen lässt, so bewahren auch die Nerven- 25 stränge selbst in ihrem ganzen Verlauf einen sehr deutlich fasrigen Bau, _ und hierin unterscheiden sie sich von den Nervensträngen der Mermis albicans, welche nur im Anfang fasrig, dann aber homogene, durch - spindelförmige Lücken geflechtartig erscheinende, Bänder vorstellen, die vielleicht als aus verschmolzenen Fasern bestehend angesehen werden können (vergl. M. alb. pag. 233, Fig. 47). Auf die Bedeutung dieses Unterschiedes zurückzukommen, behalte ich mir bis nach der Beschrei- bung des Nervensystems des Gordius vor. Flach, bandartig sind die Nervenstränge der Mermis nigrescens ebenfalls, doch aber erkennt man sie, besonders den ansehnlichen Bauchnervenstrang deutlich auf Querschnitten ‘des Leibes (Fig. 4). Die Breite des letztern beträgt Yso— Yıao“ ; die des Rückennervenstranges Yıso— Yo”. Die Breite bleibt, wie bei Mermis albicans, im ganzen Verlauf ein und dieselbe. Sehr gross ist die Zahl der von diesen Stämmen entspringenden Aeste. - Die Anordnung derselben ist im Allgemeinen so, dass sie in Zwischen- u räumen von Y;,” alterirend auf beiden Seiten entspringen und unter - rechtem Winkel von dem Stamme abgehen. Jeder Seitenast aber zieht den Stamm gleichsam etwas nach seiner Seite herüber, so dass der Verlauf des letztern ziekzackförmig wird, was besonders bei dem Bauchnervenstrang deutlich ist. Die Aeste sind entweder ganz so be- schaffen, wie der Stamm, nämlich breite bandförmige Faserbündel, deren Durchmesser meistens dem des Stammes gleich ist, was ein - nicht unwichtiger Umstand "für die Bedeutung der Nervenstränge ist, oder aber die Fasern entspringen einzeln neben einander, bald mehr, bald weniger; Zwischenformen finden sich häufig. Durch eine ganz regelmässige Verbreitung dieser Aeste erhält jeder der beiden Nerven- stränge ein bestimmtes Verästelungsgebiet, wie bei Mermis albicans. Der Bauchnervenstrang verzweigt sich auf den beiden seitlichen oder Bauchmuskelschichten und giebt ausserdem zahlreiche Aeste an die in der Leibeshöhle frei liegenden Eingeweide; hierdurch also, so wie durch die Art seines Ursprunges von den Kopfganglien giebt er sich deutlich als die vereinigten seitlichen Nervenstränge und Splanchnicus _ der Mermis albicans zu erkennen. Der Verbreitungsbezirk des Rücken- nervenstranges ist die Rückenmuskelschicht. — Die Aeste ziehen in ‚grader Richtung über die Muskelschichten, sich rechtwinklig mit den Muskelbändern kreuzend, und zerfallen nach und nach in divergirend _ ausstrählende Zweigchen, feine und "feinste Fasern, welche letztere 00 —Yıo00” messen. Dabei bilden die Zweige oft Plexus, wobei aber stets der kürzeste Weg und ein möglichst gradliniger Verlauf beibehalten wird. Die aus einem Seitenast des Stranges entspringen- den Fasern bleiben in der Regel auf der Strecke, welche zwischen dem nächst höbern und dem nächst tiefern Seitenast derselben Seite ein- geschlossen ist; und da demnach jeder Seitenast in Gemeinschaft mit 26 der Hälfte des nächst höhern und des nächst tiefern eine Strecke von 1,0” Länge und von der Breite des halben Muskelstratums beherrscht, welche letztere durchschnittlich !/3” beträgt, so gehören die in einem Seitenast enthaltenen oder repräsentirten Fasern, so weit sie zu den Mus- keln allein gehen, einer Strecke von %/4,” Länge und "/,3”" Breite an. Der Nervenreichthum und der Reichthum an Punkten, in welchen Wechsel- wirkung zwischen dem Nervensystem und den Organen einerseits und der Aussenwelt anderseits stattfinden kann (sofern auch viele Fasern in die Haut eindringen), ist also, wie bei Mermis albicans, ein sehr bedeutender, da bei einer Länge des Thieres von 4” nahe an 2000 Aeste jederseits von jedem der beiden Stämme entspringen und es ist gewiss nur gering angeschlagen, dass jeder Ast sich io 12 bis 45 feinste Fasern, die sich zum Theil an die Muskelbänder inseriren, auflöst. Ich werde auf das Verhältniss dieser feinsten letzten Fasern zu den in den Aesten und in den Stämmen selbst sichtbaren Fasern unten zurückkommen. Die beiden Nervenstämme, besonders aber der Bauchnervenstrang lassen sich leicht auf grössere Strecken ganz isolirt darstellen; dann sind aber die Seitenäste kurz nach ihrem Ursprunge abgerissen, denn diese sind in ihrem weitern Verlauf und in ihrer Verbreitung fest auf die Muskelschichten angeheftet. Auch folgen die Nervenfasern der Oberfläche der Muskeln so genau, dass sie in der mittlern Furche der beiden seitlichen Muskelschichten einbiegen, was hie und da den, An- schein geben kann, als ob in der Furche ein feiner Längsstrang herab- liefe, eine Täuschung, welche die Verhältnisse bei Mermis albicans begünstigen. P Der Verlauf und das endliche Schicksal der letzten Fasern: ist, obwohl diese sehr zart sind, deutlich zu erkennen. Jede Faser ver- breitert sich an ihrem Ende zu einem terminalen Dreieck, welches mit der vorspringenden Kante eines Muskelbandes verschmilzt: es ist nicht zu entscheiden, ob das terminale Dreieck als solches der Nerven- faser oder als eine kleine vorspringende Spitze dem Muskelbande an- gehört; von einer Schlingenbildung findet sich keine Spur: jede‘ der zu den Muskeln gehenden Fasern lässt sich bis zu einem solehen Ende verfolgen. Bei Mermis albicans habe ich ‘eine durchaus gleiche Endigungsweise der Muskelnerven beschrieben (vergl. M. alb. pag. 234, Fig. 47); doch sind die terminalen Dreiecke, wie die feinsten Nerven- fasern selbst, bei Mermis nigrescens schmaler und zarter. Dass die beschriebene Endigungsweise der Muskelnerven mit terminalen Drei- ecken eine bei wirbellosen Thieren häufigere ist, dafür habe ich als Beleg schon früher an die Beobachtungen von Doy2re bei Tardigraden, von Quatrefages bei Eolidina, Anneliden und Rotatorien erinnert. Ich selbst habe bei mehren Ascariden ein gleiches Verhalten beobachtet 27 und führe ich namentlich Ascaris mystax, Asc. triquetra und Asc. com- mutata an, bei welchen die Verbreitung der Nervenfasern und ihre Endigung Kir deutlich, ja. sogar schon ohne Präparation zuweilen, “durch die Hautbedeckung hindurch wahrzunehmen sind. Die Breite der letzten Fasern und die Grösse der terminalen Dreiecke scheint bei - verschiedenen Arten sehr wechselnd zu sein; bei Ascaris messen jene Yaoo”, sind Inakliihunig und entsprechend gross sind die terminalen _ Dreiecke }). Es sind nicht allein die Muskeln, welche von den beiden Stäm- _ men mit Nerven versorgt werden, sondern diese senden auch feine Zweige zur Haut, und der Bauchnervenstrang Zweige zu .den Ver- _ dauungs- und Generationsorganen. Die zahlreichen zur Haut gehenden _ Fasern zweigen sich von Muskelnerven ab und durchsetzen die Muskel- "schichten in grader Richtung zwischen zwei benachbarten Bändern. Sie dringen in das Corium, meist ziemlich senkrecht zu deren Rlächen ein und sind schon am unverletzten Thiere oft in dem im Profil sich zeigenden Theile des Corium zu sehen (Fig.2). Ihre Endigungs- _ weise konnte ich nicht wahrnehmen. Durch die vom Bauchnerven- ‚strang zu dem Eierstocke, Uterus, Vagina, Verdauungsapparat gehen- an Nervenfasern erscheinen db Organe an manchen Stellen wie - aufgehängt oder angeheftet an die Bauchwand. Auf das weitere Ver- - halten dieser Eingeweidenerven werde ich zurückkommen. + Es ist noch übrig, von den beiden dicken Fasersträngen zu reden, in welche sich nach vorn zu die beiden vorderen Kopfganglien fortsetzen (Fig. 2 u. Fig. 4). Jeder derselben theilt sich in der Höhe der Einschnürung des Kopfendes (Fig. 2 «@) in drei Zweige, welche %) Ich kann nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit an die neuesten Beob- achtungen Kölliker's und H. Müller’s über die Structur der Retina zu er- innern, die ich einem grossen Theile nach wiederholt habe. Nachdem die von den inneren Enden der Stöbchen und Zapfen entspringenden Müller’- schen Fasern durch alle Lagen der Retina in radiärer Richtung hindurch- getreten sind, wobei sie bekanntermassen in organischen Zusammenhang mit den Elementen der verschiedenen Schichten getreten sind, breiten sie sich einzeln, jede Faser für sich, auf der äussern Fläche der Membrana — Jimitans zu einem Dreiecke, ganz ähnlich dem terminalen Dreiecke der - Nervenfasern jener Würmer, aus; ihr Zusammenhang mit der Memibran ist nach Külliker kein sehr inniger, wogegen jedoch Bergmann Zweifel erhoben hat (Zeitschrift für rationelle Mediein. V, 185%, pag. 248). Ob zwischen die- sem Verhalten der Müller'schen Fasern, welche indessen nicht von allen Beobachtern (Remak) für nervöse Elemente gehalten werden, und der be- sprochenen Endigungsweise der Nerven jener Thiere mehr als eine bloss äussere, bedeulungslose Aehnlichkeit stattfindet, muss die Zukunft entschei- den; in jedem Falle würde die Endigung nervöser Fasern an der Mem- brana limitans ein sehr auffallendes und wunderbares Factum sein, Vergl. Kölliker, Mikroskopische Anatomie. II, 2, pag. 679, Fig. 40%, 0b. 28 etwas divergirend in das äusserste Kopfende und daselbst in die drei auf jeder Seite gelegenen konischen Lücken des Corium eindringen und die schon mehrfach erwähnten, aus dem Innern des Kopfes vor- springenden Papillen bilden. Wie bei Mermis albicans also sind diese sechs Papillen nervöser Natur; die Fasern endigen stumpf, wie abge- schnitten, so viel ich erkennen konnte, und dem entsprechend hat eine von der Fläche gesehene Papille ein fein punktirtes Ansehen. In- dessen tritt bei Mermis nigrescens noch etwäs hinzu. Es liegt näm- lich über den Enden der Nervenfasern, in dem äussersten Theile jener Lücken des Corium ein sehr kleiner dreiseitig-konischer Körper, wel- cher, von sehr scharfen Contouren begränzt, den Eindruck eines klei- nen Bläschens macht (Fig. 2 d). Ein solches, etwa mit Flüssigkeit gefüllt, würde als ein schützender, vielleicht auch zuleitender Apparat für das Sinnesorgan, als welches wir jene sechs Nervenpapillen be- trachten können, aufgefasst werden dürfen. Aehnliche Bildungen fin- den sich auch über Papillen am Kopf mancher Nematoden, und bei- spielsweise führe ich Ascaris mystax an, bei welcher ein grosses und als solches sehr deutliches Bläschen über den Papillen angebracht ist und ganz frei über die Hautoberfläche hervorragt. — Der Mechanis- mus für, bei Einwirkung gewisser Reize auf diese Papillen etwa er- folgende, Bewegungen des Körpers, für Reflexbewegungen also, findet sich in dem anatomischen Verhältniss angedeutet, darin, dass, wie bei Mermis albicans, die Ganglienzellen der vorderen Kopfganglien grösstentheils bipolar sind, und zwar die einen nach vorn gehenden Fortsätze nichts Anderes sind, als die Wurzeln jener Sinnesnerven, während die anderen nach hinten auslaufenden Fortsätze durch die Commissuren des Schlundringes hindurch als Nervenfasern in die zu den Muskeln sich verbreitenden Nervenstämme übergehen. Ausser den bisher besprochenen, in grösseren bestimmten Stämmen entspringenden Nervenfasern treten nun noch sehr viele einzeln aus den Kopfganglien hervor, welche man an in angegebener Weise prä- parirten Gehirnen zum Theil abgerissen sehr deutlich wahrnimmt. Namentlich sah ich solche Fasern sogleich an-den durch den Schlund- ring verlaufenden Oesophagus gehen. Auch an die übrigen, dem Ge- hirne zunächst benachbarten Theile, Muskeln, Haut treten, wie ich solches auch bei Mermis albicans erwähnte, feine isolirt entspringende Fasern. i Der Verdauungsapparat. Die Verdauungs- und Ernährungsorgane sind zwar sehr ähnlich eingerichtet, wie die von Mermis albicans, aber es herrscht nicht voll- kommene Gleichheit bei beiden Arten. Die sehr enge (Ys00") Mund- öffnung liegt, wie schon angegeben, auf der Mitte des Vorderendes, 29 find führt zunächst in einen Kanal von gleichem Durchmesser, der en Mundtrichter in grader Richtung dnechsotkt und, wie dieser, 780 Yo" lang ist (Fig.@ 5). Hier schliesst sich nun jener schon bei Mermis albieans beschriebene Apparat von so eigenthümlicher und zu- 'sammengesetzter Beschaffenheit an, welcher mit zum Theil zuleitender, zum Theil schon für die Verdauung vorbereitender Function zwischen "Mund und eigentlichem Verdauungsorgan eingeschoben ist. Aus dem untern Ende des Mundkanals nimmt eine Rinne, ein Halbkanal, aus "Chitin bestehend, seinen Ursprung (Fig. 2e, 5e, 7«), welcher als ‚Oesophagus bezeichnet werden mag. Derselbe erstreckt sich, einge- bettet in die sogleich zu beschreibenden Theile, in fast gestreckter tung 3—4"" weit im Leibe herab. Zugleich mit dem Oesophagus atspringen vom untern Rande des Mundtrichters zwei zartwandige häuche, von denen der eine in dem andern liegt (Fig. 7b, f). In ‚dem inneren von diesen beiden Schläuchen verläuft der Oesophagus, zunächst umgeben von einer eigenthümlichen weichen Substanz, welche as Lumen des innern Schlauches ganz ausfüllt (Fig. 7b). Derselbe t an seinem Ursprunge sehr eng, so dass sein Lumen nur ausreicht, "um die Oesophagus-Rinne zu fassen und deren Höhlung also zu einem Kanal zu vervollständigen. Allmählich erweitert sich der Schlauch und gleichzeitig tritt in ihm eine feingranulirt erscheinende zähe Masse ‚auf, dieselbe, welche ich bei Mermis albicans beschrieben und als s nice Substanz bezeichnet habe, was ihr Verhalten und ihre ‚muthmassliche Function vielleicht am Besten charakterisirt. Es füllt ‚diese Substanz den innern Schlauch fast überall vollständig aus, so dass er wie ein solider Strang erscheint; mitten in ihr liegt die Rinne. Nachdem den Schlauch durch den Schlundring getreten ist und den Durchmesser von etwa Y50” erreicht hat, Be: zinnen an ihm jene eigenthümlichen Bildungen, welche ich bei Mermis Ibicans als Magenhöhlen beschrieben habe und die dem ganzen Schlauch ei, schwächerer Vergrösserung ein perlschnurartiges Ansehen verleihen ergl. M. alb. Fig. 49). Von Zeit zu Zeit nämlich, in Abständen von —/,", schwillt der Schlauch mit seinem Inhalt zu einer spindel- igen Erweiterung an (Fig. 7 dd), deren im Ganzen, bei einer Länge es Schlauches von 3—4", ungefähr 30 vorhanden sind; die dem Munde er gelegenen dieser Anschwellungen sind klein, sie beginnen ganz ählich, weiter herab nehmen sie an Länge und Dicke zu (vergl. M. alb. Fig. 49), und die grössten, welche die Mehrzahl ausmachen, nd zwischen Y,, und %/,0"” dick und etwa Y,,” lang. Mit einer chen Anschwellung endigt der innere Schlauch, blind geschlossen nd mit ihm auch die in ihm liegende Oesophagus-Rinne, deren Ende ch dem einer Hohlsonde beschaffen ist (M. alb. Fig. 19 B). ‚Jede dieser Anschwellungen birgt eine nach aussen oflene Höhle 30 (Fig. 7 ee), die aber nicht in dem Schlauche enthalten, nicht ein Theil von dessen Lumen ist, sondern dadurch entstanden zu denken ist, dass die Membran des Schlauches auf der Mitte der Anschwellung in diese eingestülpt ist und so eine Tasche bildet, wobei man im Auge behalten muss, dass die Anschwellung des Schlauches so wie dieser im ganzen Verlauf überhaupt mit jener schwammigen Substanz ange- füllt, also gewissermassen als solide anzusehen ist. Der Theil der Membran des Schlauches, welcher auf diese Weise zurückgestülpt ist und die so entstandene Höhle auskleidet oder begränzt, ist verdickt, wie ich das auch bei Mermis albicans angegeben habe. Die Gestalt dieser Magenhöhlen ist rundlich, meistens ist ihr (nach aussen gerichteter) Eingang enger als der Durchmesser der Höhle selbst, welcher "0" und Yo” im Durchschnitt beträgt, indem entsprechend der spindel- förmigen Gestalt der Anschwellungen die Magenhöhlen länglich sind. Der Oesophagus verläuft am Grunde der Magenhöhlen vorbei. Der ganze bisher beschriebene Apparat steckt nun in einen zwei- ten äussern Schlauche, welcher gleichfalls unmittelbar hinter dem Munde beginnt und in ziemlich weitem Abstande sich über den innern Schlauch mit seinen Magenhöhlen heraberstreckt (Fig. 5, Fig. 7f). Bei Mermis nigrescens ist diese Anordnung leichter und deutlicher, als bei Mermis albieans, zu erkennen. An den Anschwellungen des innern Schlauches schliesst sich der äussere enger an und sendet .über der Oeffnung jeder Magenhöhle einen Kanal, wie einen Seitenast, ab, welcher in das sogleich zu beschreibende Organ, das Analogon des Fettkörpers von Mermis albicans, einmündet (Fig. 7 9 9). z So weit ist demnach die Einrichtung des Verdauungsapparats dureh- aus ein und dieselbe bei Mermis albicans und nigrescens; Verschieden- heiten finden sich nur in den Dimensionen der einzelnen Theile. Die Breite der Oesophagus-Rinne beträgt bei Mermis nigrescens nur Ya, — Yy50”, während dasselbe Organ bei Mermis albicans Y,3o” breit ist. Bei letzterer sind auch die Anschwellungen des innern Schlauches und die in ihnen befindlichen Magenhöhlen grösser, als bei Mermis nigres- cens, deren Dimensionen in diesen Theilen schon angegeben wurden; kurz der ganze bisher betrachtete Apparat ist bei Mermis nigrescens in kleinerem Massstabe ausgeführt. In der zarten Membran, welche den äussern Schlauch bildet, finden sich sparsam Kerne, wie eingesprengt (Fig. 7), die aus früheren Ent- | wieklungsstadien herzustammen scheinen. Der äussere Schlauch um- | giebt, wie gesagt, den innern nicht eng, besonders zwischen je zwei | Anscehwellungen; und in dem Raume, den der innere Schlauch übrig | lässt, befindet sich eine klare Flüssigkeit, in welcher hie und da kleine ' Fetttröpfehen suspendirt sind. Diese Flüssigkeit communieirt, wie aus den beschriebenen Verhältnissen hervorgeht, sowohl mit dem Inhalte Den ni 51 er Magenhöhlen, als mit dem der Seitenkanäle; in letzteren finden h "ebenfalls oft Gruppen von kleinen Fetttropfen. Die Seitenkanäle münden nun nach kurzem, abwärts gerichtetem Verlauf in einen weiten Schlauch ein, der unmittelbar hinter dem "Sehlundringe beginnt (Fig. 2?) und sich durch die ganze Leibeshöhle | kurz vor das Schwanzende erstreckt. (Fig. Al, Fig.3.d, Fig. 7.h). ich will dies Organ der Kürze halber, wie das gleichwerthige, aber inders gebaute Organ von Mermis albicans, den Fettkörper nennen. agenhöhlen kommenden Kanäle einmünden, ein überall geschlossener wandiger Schlauch. Er wird von einer dicken structurlosen Mem- bran gebildet, welche innen mit einer zusammenhängenden Lage kern- iger Zellen ausgekleidet ist. Der Durchmesser des Schlauches be- an seinem vordern Ende, dicht hinter dem Schlundringe, nur grössten Theile seiner Länge nach den Durchmesser von Ya — "is" ie Zellen auf seiner innern Oberfläche sind flach und etwa Yıoo” ‚und breit; ihre Kerne sind sehr deutlich, scharf contourirt. Das von ihnen begränzte Lumen des Fettkörpers ist ganz angefüllt mit einer us kleinen dunkelen Körnchen bestehenden Masse, der grössere und einere Fetttropfen beigemischt sind (Fig. 7h). (Hierbei muss ich in Erinnerung bringen, dass die Exemplare, bei denen dies gefunden wurde, bereits über die Zeit der Geschlechtsreife streng genommen hinaus yaren; sie enthielten lauter befruchtete Eier. Vergl. unten.) Dieser Inhalt des Fettkörpers lässt sich leicht herausdrücken und er vertheilt ich dann im Wasser; von ihm rührt die milchweisse Farbe des Thieres her, wo nicht reife Eier im Uterus die braune Färbung bedingen. - Jener zuerst beschriebene Apparat nun, mit Oesophagus und Magen- öhlen, windet sich um den obern Theil des Fettkörpers in einer lang- ezogenen Spirale, und die schräg nach hinten gerichteten Seitenkanäle es ersteren münden mit runden Y— Yo" weiten Oeflnungen in den eitkörper, indem die Membran derselben, die also eine Fortsetzung des issern Schlauches ist, ununterbrochen in die structurlose Membran Fettkörpers übergeht (Fig. Tii). Auch dieser Zusammenhang ist bei M. nigrescens leichter, als bei M. albicans nachzuweisen, und ich be besonders hervor, dass vermöge der ansehnlichen Dicke der "ucturlosen Membran des Fettkörperschlauches und bei der leicht :ch Entleeren des Inhalts herzustellenden Durchsichtigkeit desselben, e mit den Seitenkanälen communicirenden Oeflaungen leicht von der fläche zur Anschauung gebracht werden können (Fig. 7). Bei Mermis albicans war der Bau des Fettkörpers ein anderer: sr Schlauch, in welchen auch dort die Seitenkanäle einmünden, ist anz angefüllt mit sehr grossen Zellen, und in diesen sind Fetttropfen, 32 Krystallisationen u. s. w. als Inhalt des Fettkörpers enthalten, ein eigent- liches Lumen desselben ist nicht vorhanden. Indem ich mir vorbehalte, auf eine Vergleichung der Verdauungs- und Ernährungsorgane unten beim Gordius zurückzukommen, erinnere ich hier nur, dass die Ver- schiedenheit im Bau des Feitkörpers zwischen M. nigr. und M. alb. keine so grosse ist, als es auf den ersten Blick scheinen könnte; die physiologischen Aequivalente der grossen Zellen des Feitkörpers von M. alb. sind jene kleinen Zellen, welche nur die innere Oberfläche des Fettkörperschlauches von M. nigr. auskleiden: Gordius wird eine dritte interessante Modification dieses den Gordiaceen eigenthümlichen Er- nährungsapparates ohne After, welches die Rolle eines Darms und Gefässsystems vertritt, aufweisen. Bei M. alb. trat nun gewisser- massen zwischen den Fettkörper, als Magazin des Ernährungsmaterials, einerseits und die zu ernährenden Organe, Muskeln, Nerven u. s. w. anderseits noch ein System freier Zellen, die, vergleichbar einem Gefäss system, sich als eine zusammenhängende verzweigte Masse durch die ganze Leibeshöhle erstreckten (vergl. M. alb. pag. 229, Fig. 18). Ein Ana- logon dieser Zellen, die ich für die Ernährung, nicht für die Seeretion, glaube beanspruchen zu dürfen, wofür auch die Verhältnisse bei Gor- dius sprechen werden, fehlt bei M. nigr. Der Fettkörperschlauch selbst ° erstreckt sich durch die ganze Leibeshöhle und ist fast überall in Con- tiguität mit deren Wänden und mit den neben ihm herablaufenden Generationsorgenen. 1 Secretionsorgane aber sind vorhanden, ganz ähnlich denen von M. albicans. Zwischen den Muskelschichten nämlich verlaufen der Länge nach durch den ganzen Körper drei Kanäle, festgeheftet auf den zwischen die Muskelschichten vorragenden Längswülsten des Corium (Fig. 199g). (Vergl. oben.) Diese überall geschlossenen Kanäle sind, wie die Zellenschläuche von Mermis alb. (vergl. M. alb. pag. 21%), mit grossen kernhaltigen Zellen angefüllt. Auf demjenigen dieser Zellen- schläuche, welcher in der Mittellinie des Bauches verläuft, liegt der | Bauchnervenstrang (Fig. 6), der sich mit seinen Zweigen in diese Unter- lage etwas einsenkt, so dass sich zwischen je zwei Zweigen des Nerven | eine Zelle des Zellenschlauches hervorbaucht. Der Durchmesser der Zellenschläuche beträgt Yo — Yao""; die Zellen liegen in doppelter Reihe neben einander oder alternirend. Diese Zellenschläuche sind Drüsen ohne Ausführungsgang, die Zellen sind die secernirenden Elemente, deren Thätigkeit sich in der Weise äussert, dass sie selbst, ihr Zelleninhalt und ihr Kern eine eigenthum- liche Veränderung erleiden, die als Secretionsproduct anzusehen ist. Bei Mermis alb. bestand diese Veränderung in einem allmählichen Inerusti- | rungsprocess des ganzen Zelleninhalts, der zuletzt jene stets ganz gleich beschaffenen festen Körper hervorbrachte, die die Zellmembran | 33 frühern Secretionszelle ausfüllen (vergl. M. alb. pag. 218, Fig. 9, 10, 11). Mermis nigr. ist das Secretionsproduet ein anderes, was nicht so sehr Vunder nehmen darf, da schon die Verschiedenheit in der Einrichtung es Verdauungsapparats, die, wenn auch keine morphologische, jeden- s eine physiologische ist, auf Differenzen in den einzelnen den Stofl- wechsel zusammensetzenden Vorgängen ‚zwischen M. alb. und nigr. | hindeutet. Feste Incrustationen bilden sich bei M. nigr. nicht, son- dern der Kern der Zellen verwandelt sich allmählich in einen homo- genen, das Licht stark brechenden Körper von wachsartiger Beschaflen- heit, wobei seine Grösse zunimmt; die Gestalt ist ganz unbestimmt, meist ist sie langgestreckt, wurstlförmig, oder scheibenförmig (Fig. 8). Der ursprünglich feinkörnige Zelleninhalt verschwindet während dieses organgs allmählich und die Zellmembran legt sich enger um den ver wandelten Kern. So trifit man nun auf Zellenschläuche oder Theile derselben, in welchen statt der sonst das Lumen ganz ausfüllenden rossen Zellen nur jene glänzenden scheibenförmigen Körper locker en, weiche den Zellenschlauch nicht mehr ausfüllen, so dass die- er sich faltet oder auch wohl stellenweise ganz leer ist, während sich an einer andern Stelle jene Körper zusammengehäuft haben. Es liegt ' auf der Hand, dass dieser Vorgang im Allgemeinen nicht en Art und Weise, in welcher bei Mermis der Secretionsprocess statt- findet, sich an‘ bei anderen Thieren Bekanntes, namentlich an die Nierensecretion bei Acephalen und Gephalophoren anschliesst. — Dass jardin *) zwei dieser Secretionsorgane kannte, sie aber als «bandes ovariennes ou placenta longitudival» beschrieb und die Zellen in ihnen für junge Eier hielt, habe ich schon früher erörtert (M. alb. pag. 220). 5 'w. Siebold ?) bezweifelte die Richtigkeit dieser Deutung. " Die Nerven, welche zu den Verdauungsorganen treten, und wie obe angegeben, theils unmittelbar aus den Kopfganglien, besonders is dem Schlundring, theils aus dem Bauchnervenstrang kommen, ‚sich an herauspräparirten Theilen meist sehr zahkeieh erkennen ; pd Y,oo—Yaoo” dicke Stämmchen, welche sich mit mehren aus nder fahrenden feinen Aesten inseriren, die ich dann aber nicht verfolgen konnte (Fig. 7 k). Die weiblichen Geschlechtsorgane. ‘So wie die schon durch Dujardin’s und v. Siebold’s Beschreibungen ekannten Eier von Mermis nigrescens grosse Verschiedenheiten von 2) Loc. cit. pag. 139. 2) Loc. eit. pag. 309, Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Bd 3 34 denen der M. alb. zeigen, so finden sich auch erhebliche Differenzen in der Anatomie der inneren weiblichen Geschlechtsorgane. Es ist ein doppelter Geschlechtsschlauch vorhanden: der eine nimmt die vordere, der andere die hintere Hälfte der Leibeshöhle neben dem Fettkörper ein; beide vereinigen sich etwas hinter der Mitte des Körpers zu einer gemeinsamen Vagina, die an der bezeichneten Stelle nach aussen mündet. An jedem der beiden Geschlechtsschläuche lassen sich zunächst vier anatomisch und physiologisch verschiedene und scharf abgegränzte Abtheilungen unterscheiden, ‚welche, vom äussersten Ende an nach der Vagina zu gerechnet, sind: Eierstock, Eiweissschlauch, Tuba und Uterus. Was das allgemein Topographische dieser Abtheilungen betriflt, so nimmt der Uterus den bei weitem grössten Theil der Länge der Leibeshöhle ein; er reicht in gestrecktem Verlauf von der Mitte des Körpers einerseits bis etwa 8” hinter (len Mund, anderseits bis 6— 7" vor das äusserste Schwanzende. Erst in diesen beiden Körpergegenden geht der Uterus durch eine kurze Tuba in den Eiweissschlauch und durch diesen in den Bierstock über. Eiweissschlauch und Eierstock zusammengenommen stehen aber dem Uterus nicht nur nicht nach an Länge, sondern übertreffen ihn noch, indem diese beiden Abtheilungen des Schlauches in dichten Windungen ein Knäuel im Vorder- und Hinter- " ende des Leibes bilden, zusammengedrängt jederseits auf einen Ab- schnitt von nur 6—8”. Bei M. alb. ist die Anordnung anders: der” | und die bei weitem längeren Abschnitte, Eiweissschlauch und Eierstock liegen ohne Windungen, gestreckt in der Leibeshöhle (vergl. M. alb. Fig. 28) Den Eierstock von MN. nigr. habe ich nur im leeren, nicht mehr functionirenden Zustande beobachten können, was unten bei der Ent- wicklung des Eies zur Sprache kommen soll. Er stellte einen am Ende geschlossenen Yo— Yo” weiten dünnwandigen Schlauch vor, von einer structurlosen Tunica propria gebildet, der, theils ganz leer und zusammengefallen, theils mit feinkörniger Masse, in der hie und da auch wohl noch ein Ei steckte, angefüllt, in vielfachen Windungen im Schwanzende und im Kopfende, hinter dem Schlundringe gelegen war. Einige Schlingen waren in der Schwanzspitze des unverletzten Thieres sogleich zu erkennen, da der Fettkörper nicht ganz so weit hinab- reichte und daher das Ende des Körpers durchsichtig liess (Fig. 3.c). Streift man, z. B. nach abgeschnittener Schwanzspitze, den Leibesinhalt aus, so erhält man leicht das ganze Knäuel des Eierstocks. Seine Länge kann ich nicht genau angeben; jedenfalls ist sie sehr beträchtlich. Verfolgt man den Eierstockschlauch in seinen Windungen genau, so gelangt man endlich an eine, ihrer Lage in der Leibeshöhle nach Uterus bildet nur einen sehr kurzen Abschnitt des ganzen = 35 nicht bestimmte Stelle, wo die Wand des Schlauches etwas verdickt er selbst eingeschnürt ist. Die Verdiekung der Wand rührt von "welche ich zurückkommen werde, und ‘die ich vorläufig als contractil bezeichne. Es ist dies der Uebergang aus dem Eierstocke in den Eiweissschlauch, eine sphincterartige Stelle, entsprechend einem eben solchen Sphincter zwischen Dotterstock und Eiweissschlauch bei Mermis albicans (vergl: M. alb. pag. 252). Der Eiweissschlauch setzt - die Windungen des Eierstocks fort; sein Durchmesser beträgt, wo er leer von Eiern ist, nicht mehr als der des Eierstocks; die Eier, welche _ einzeln in ihm herabrücken, dehnen ihn aus. Was die Structur seiner Wandung betriflt, so besteht dieselbe zunächst aus einer Fortsetzung der Tunica propria; auf der innern Oberfläche derselben aber liegt noch eine Zellenschicht, die freilich in dem Zustande, in welchem ich den Eiweissschlauch untersuchte, nur noch fragmentär hie und da vorhanden war, aus mehren Gründen indessen, auf die ich zurück- kommen werde, kann geschlossen werden, dass während der Höhe der Function eine zusammenhängende Zellenschicht den ganzen Eiweiss- ‚schlauch auskleidet. Derartige Bildungen, wie ich sie bei Mermis alb. als Haustra und Kammern beschrieben habe (vergl. M. alb. pag. 253), finden sich bei M. nigr. nicht: Der Schlauch ist ganz einfach gestaltet und sein Lumen ist überall gleichmässig. Ich fand in ihm nur hie "und da noch einige Eier, welche einzeln hinter einander lagen, indem jedes eine spindelförmige Anschwellung des Eiweissschlauches bewirkte. den sonstigen Inhalt werde ich zurückkommen. Das Ende dieser ‚btheilung des Geschlechtsschlauches liegt, wie gesagt, 6—8” jeder- eits vom Körperende entfernt, ein Paar Male fand ich es erweitert in auf den Durchtritt durch die enge Tuba warten. - Die Tuba ist ein kurzer, sehr enger Theil des Schlauches, dessen Lä nge kaum 4," beträgt (Fig, 9B). Durch eine ansehnliche, auf die a propria aufgelagerte Ballet ist die Wandung dick; so s der Querdurchmesser Yo — Ya; beträgt, wobei aber im von ern leeren Zustande fast kein Lumen vorhanden ist. — Die Muskel- und, allmählich wieder abnehmend, sich auf den Uterus fortsetzen, wo sie in eine sogleich zu beschreibende Schicht von dessen Wandung übergehen. Eine eigenthümliche und für die Entwicklungsgeschichte der - Eihüllen interessante Beschaffenheit besitzt die Tunica propria der Tuba. ‚Sie ist nämlich in äusserst dichte Längsfalten gelegt, die an beiden Enden der Tuba allmählich und convergirend beginnen, im mittleren 3” 36 Theile aber so nahe und dicht parallel neben einander hegen, dass das Innere der Tuba ganz dunkel und fein gereift erscheint. Obwohl man ihre Existenz auf die starke Contraction der Ringfasern zurück- führen mag, so muss ich doch hervorheben, dass diese Falten auch dann kaum ganz ausgeglichen sind, wenn ein Ei grade im Durchtritt durch die Tuba begriffen ist und dieselbe ausgedehnt hät. Die Tuba erweitert sich plötzlich zum Uterus (Fig. 9C). Dies ist ein diekwandiger Y5— Yo” weiter Schlauch, welcher ganz grade durch die Leibeshöhle neben dem Fettkörper bis zur Mitte der Körper- länge verläuft (Fig. 4 k), und also nahezu 4%,” lang ist. Seine Wand besteht aus der Fortsetzung der Tunica propria und aus einer dieser aussen aufliegenden Schicht, welche auf dem scheinbaren Durchschnitt ein fein granulirtes Anschen hat, in welcher aber keine Zusammen- setzung aus einzelnen Elementen erkannt werden konnte, Die aus Ringfasern bestehende Muskelschicht der Tuba setzt sich ununter- brochen in diese Schicht des Uterus fort und theils deshalb, theils wegen der im Leben oft zu beobachtenden Contractionen des Uterus, die die Form einer peristaltischen Bewegung haben, stehe ich nicht an, letztere für eine contractile, muskulöse Schicht zu halten. Eine ebenso beschaffene Schicht ist es, welche sich an dem sphincterartigen Uebergang aus dem Eierstock in den Eiweissschlauch auf die Tunica propria auflagert (vergl. oben). Mermis nigrescens besitzt nicht allein eine solche contracetile Schicht, in welcher einzelne Muskelfasern nicht unterschieden werden können, ‘die aber vielleicht ursprünglich vor- handen sind, sondern wir werden dieselbe an den entsprechenden Organen des Gordius wieder finden. Auf der innern Oberfläche der Tunica propria finden sich flache Zellen mit kleinen Kernen, die aber keine zusammenhängende Schicht bildeten, sondern in Streifen oder Zügen, die der Länge nach verliefen, lagen: ob indessen nicht früher, bevor der Uterus ganz mit reifen Eiern angefüllt war, eine continuir- liche Zelienschicht hier vorhanden war, die sich vielleicht zum Theil abgestossen hatte, verbraucht war (vergl. M. alb. pag. 270), kann ich \ nicht angeben. Etwa 4” hinter der Mitte des Körpers gehen beide Uteri, nach- dem sie sich allmählich bis auf Ya— gs" verengert haben, in die Vagina über (Fig. 10). Dieser Uebergang ist so beschaffen, dass zu- nächst die beiden Uteri in grader Richtung zusammenfliessen und aus ihrer Vereinigungsstelle die Vagina entspringt. Dieselbe inserirt sich aber nicht an dem der Bauchfläche zugewendeten Theile des Umfangs, nicht an die der Vulva zunächst gelegene Partie der vereinigten Uteri, sondern. sie entspringt im Gegentheil von deren Rückenfläche, von einem Theile des Umfanges, welcher der Vulva grade entgegengesetzt liegt (Fig. 40). Hier ist die Vagina in schräger, nach vorn zu gekehrter 37 htung eingeheftet und verläuft dann erst eine kurze Streeke nach hinten und gegen den Rücken gerichtet, um einen Halbkreis um den n. der Längsaxe des Leibes durchlaufenden Uterus zu beschreiben und o erst auf die Bauchfläche, in deren Mittellinie sie ausmündet, zu ge- langen (Fig. 40 e). Uebrigens liegt diese fast ®%/, eines Kreises be- gende Krümmung der Vagina nicht in der Ebene eines Querschnitts des Leibes, sondern während jener Krümmung beschreibt die Vagina wich noch eine in der Richtung der. Längsaxe liegende Sförmige Bie- gung (vergl. M. alb. pag. 256, Fig. 34). Die Wand der Vagina wird der Fortsetzung der Tunica propria und einer aussen aufliegen- 1, sehr mächtigen Muskelschicht gebildet, welche letztere aus tiefer genden Längsfasern und darüber gelagerten Ringfasern zusammen- tzt ist. Die Ringfasern beginnen schon allmählich auf den End- ilen, der beiden Uteri, wo ebenfalls ein Uebergang in die oben ‚erwähnte contractile Schicht desselben stattfindet. Der Durchmesser er Vagina beträgt im Anfang Y,;”, nach der Vulva zu nimmt er in Folge einer allmählichen Verdickung der Tunica propria zu. Das Lu- ‚men beträgt Y,,—Yso” erweitert sich aber nach der Vulva hin. Dicht unter der Haut bildet die Tunica propria einen ringförmigen Wulst, welcher aber nicht nach aussen vorragt, sondern nur die Gegend be- zeichnet, wo diese Haut mit dem Corium verschmilzt (Fig. 10. d). Inner- halb dieses Hautwulstes ist das Lumen der Vagina am weitesten, und nun verjüngt es sich zur Vulva (Fig. 10 c), die ein ovales, bald mehr, bald weniger spaltförmiges Loch, ohne besondere Auszeichnung, ohne verdickten Rand, darstellt und Y,,— Yo” im Durchmesser hat. Die skelschicht erreicht auf jenem Hautwulst ihr Ende. — Die Unter- hung der Vagina geschieht am Besten, nachdem man den Leibes- t des mittlern Abschnitts ausgestreift hat; die Vagina pflegt dann unmittelbar unter der Vulva abzureissen, übrigens unverletzt, und mit den Uteri in Zusammenhang zu bleiben. An der erwähnten verdickten Stelle der Tunica propria, wo sie jit dem Corium verschmilzt, ist eine Eigenthümlichkeit zu bemerken, lies auch bei Mermis albicans an der entsprechenden Gegend häufig vorhanden war, was ich früher anzuführen unterlassen habe. Es fin- den sich daselbst nämlich rundliche Warzen der Tunica propria, die ‚aussen zwischen die Muskelschicht vorragen und, von der Fläche ehen, sich wie zwei eoncentrische Kreise ausnehmen (Fig. 10 d). Ihre Grösse, Zahl und Anordnung ist völlig unbestimmt und regellos, und ohne Zweifel haben diese Bildungen durchaus keine weitere Be- - deutung. Ich führe sie aber deshalb an, weil es scheint, als reiheten sie sich an analoge Bildungen, die an einer structurlosen Membran des enschen zu beobachten sind. Da nämlich zwischen der Membrana - Descemetii im Auge der Wirbelthiere und dem Corium der Gordiaceen, 33 von welchen der in Frage stehende Wulst um die Vulva eine Fort- setzung, als Uebergang in die Tuniea propria, ist, eine schon oben in anderer Beziehung hervorgehobene Aehnlichkeit herrscht, so möchte ich jene von Hassal), Henle?) und Kölliker ?) beobachteten warzenförmi- gen Verdiekungen in der Nähe des Randes der Membrana Descemetü mit diesen, ihrem Verbalten nach ganz ähnlichen Excrescenzen des Co- riums von Mermis vergleichen. Eine Bedeutung ist jenen Warzen der Descemet’schen Haut auch nicht zu vindieiren; sie, so wie die ihnen parallelisirten Bildungen können nur gewissermassen als Unregelmässig- keiten der Auflagerung an Uebergangsstellen der einen Haut in eine andere betrachtet werden, sind aber eben als solche nicht unwichtige Momente für die Begründung der Gleichartigkeit oder grossen Aehn- lichkeit der beiden genannten Membranen. "Sehr zahlreich sind die Nervenfasern, welche vom Bauchnerven- strang an den Geschlechtsschlauch, besonders an den Uterus und an die Vagina treten, in ihrem Verlauf und Ende konnten sie jedoch, wie beim Verdauungsapparat, nicht verfolgt werden. Dujardin hatte, wie die Vagina, so auch den ganzen innern Ge- schlechtsapparat übersehen, wogegen v. Siebold *) den Uterus als einen mit den reifen Eiern angefüllten Schlauch erwähnt, und, wie schon oben angegeben, die Vagina kannte. Das :Ei. Meine Beobachtungen über die Entwicklungsgeschichte des Eies konnten leider nur fragmentär sein, woran aber weder die geringe Zahl der Exemplare von Mermis nigrescens noch eine etwaige Schwierig- keit der Untersuchung zunächst Schuld sind, sondern eine Eigenthum- lichkeit in der Physiologie des Thieres. Ich fasse das, was sich über die Geschichte des Eies im Allgemeinen aus den Beobachtungen theils ergab, theils mit Wahrscheinlichkeit schliessen liess, kurz zusammen. Von der ersten Anlage des Eies an bis zum Augenblick des Gelegt- werdens können drei Hauptperioden in der Geschichte des Eies unter- schieden werden. Die erste reicht bis zur völligen Reife des Dotters, die zweite umfasst die Zeit vom Eintritt des Eies in den Eiweissschlauch bis zum Austritt aus demselben durch die Tuba in den Uterus, während wel- cher das Ei befruchtet, und mit einer doppelten Hülle umgeben wird; die dritte Periode endlich ist ein längerer Aufenthalt des völlig fertigen - 1) Mikroskopische Anatomie, pag. 509, Taf. 67, Fig. 11. ?2) Cannstatt’s Jahresbericht. 1853. Anatomie, pag. 28. °) Mikroskopische Anatomie. II, 2, pag. 620. *) Loe. eit. pag. 309. 39 Eies im Uterus. Die Eigenthümlichkeit von Mermis nigrescens besteht nun darin, dass diese drei Perioden nicht für jedes einzelne Ei besonders _ existiren, sondern für eine ganze Generation von Eiern fast gleichzeitig. an findet bei Mermis nigrescens nicht, wie, um mich des nächst- enden Vergleiches nur zu bedienen, bei Mermis albicans, zur Zeit Geschlechtsthätigkeit, gleichzeitig Keimzellen und Eikeime im Bier- mstock, reifere und reife Dotter im Dotterstock, in der Befruchtung d Umhüllung begriffene Eier im Eiweissschlauch, endlich fertige Eier m raschen Durchtritt durch den Uterus: sondern man wird bei Mermis escens im Anfange der Geschlechtsthätigkeit nur die erste Entwick- ssperiode im Eierstock vertreten finden, in einem folgenden Zeit- m nahezu alle Eier in der zweiten Periode, während der Befruch- g und Umhüllung, und endlich gegen das Ende der Geschlechts- thätigkeit trifft man die ganze Generation von Eiern fertig im Uterus, während Eierstock und Eiweissschlauch schon aufgehört haben zu fanctioniren. Es bedarf dabei kaum der Erwähnung, dass, da der sschlechtsapparat als ein enger Schlauch nur je einem Ei zur Zeit ı Uebergang aus einer Abtheilung in die andere gestattet, und über- aupt nicht alle Eier gleichzeitig ganz genau in ein und demselben Bntwicklungsstadium sein können, jene Abgrenzung der Perioden für die ganze Generation von Eiern nicht so zu verstehen ist, als ob nicht während des Ueberganges aus der einen in die andere eine gewisse, ‚aber verhältnissmässig kurze Zeit verstriche. Auch werden vereinzelte Nachzügler angetroffen, deren Zahl aber sehr gering ist. Was nun das Verhältniss der drei Perioden in der Geschichte der Eier zu den Lebens- srioden des Thieres betrifft, so scheint es, dass die beiden ersten on jenen in die allerfrüheste Zeit des freien Lebens von Mermis nigres- cens fallen, kurz nachdem das Thier das parasitische Leben aufgegeben bat, ja es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Eiergeneration bereits zur Reife gedeiht, befruchtungsfähig wird, bevor das Thier in die Erde ausgewandert ist, und dass kurz nach dieser Wanderung schon die Befruchtung geschieht. Alle diese Entwicklungsperioden der Eier en bisher noch nicht beobachtet, sondern alle Beobachtungen be- hen sich eben auf Mermis «nigrescens», d. h. auf solche Weib- n, in welchen bereits alle Eier, befruchtet und mit Hüllen versehen, ig im Uterus die dritte der oben genannten Perioden durchmachten. jb diesem Stadium fand auch ich die Eier und nur ein genaues Durch- suchen liess im Eiweissschlauch noch hie und da einige Eier erkennen; der Eierstock functionirte gar nicht mehr. Der Umstand aber, dass die zahllose Menge von fertigen Eiern im Uterus mit sehr wenigen Ausnahmen sich in ein und demselben Entwicklungsstadium des Dot- ‚ters befand, lässt schliessen, dass alle Dotter innerhalb eines kurzen Zeitraumes sowohl ihre Reife erlangt hatten, als auch fast gleichzeitig der 40 Befruchtung unterlegen waren. Auch das Legen der Eier geschieht, wie hiernach zu erwarten ist, nicht nach und nach, wie bei Mermis albieans, sondern nachdem alle Eier gleichzeitig eine gewisse Zeit im Uterus ver- weilt haben, ‘werden sie innerhalb einer kurzen Zeit alle gelegt; ich konnte dies bei einem meiner Weibchen beobachten, welches, nach- dem die fertigen Eier fast einen Monat im Uterus beobachtet worden waren, dieselben alle während einer Nacht gelegt hatte, und keine Spur von brauner Färbung mehr zeigte. Aus diesen Verhältnissen geht hervor, weshalb ich nicht angeben kann, ob der Eierstock von Mermis nigrescens sich in einen Eierkeim- stock und Dotterstock sondern lässt, Abtheilungen, die nur durch die Verschiedenheit des Inhalts, der Entwicklungsstadien des Eies bedingt ‚sind, ob die Eier sich, wie die von Mermis albicans und mehren Ne- matoden, aus primitiven Keimzellen in der Art entwickeln, wie ich es. an anderen Orten beschrieben habe t). Die Analogie aber, welche bei so nahe verwandten Thieren diese fundamentalen Vorgänge als gleich vermuthen lässt, wie sie sich denn auch bei Gordius werden nach- weisen lassen, wird unterstützt durch die charakteristische dreieckige Gestalt einiger Eier, die ich im Anfangstheil des Eiweissschlauches als Nachzügler der grossen, schon im Uterus verweilenden Masse noch antraf. Die Functionen des Eiweissschlauches und die Veränderungen, welche das Ei daselbst erleidet, konnten mit Sicherheit noch aus einer kleinen Anzahl von Eiern und einigen anderen Umständen erkannt werden. In dieser Abtheilung des Schlauches machte sich zunächst eine eigenthümliche Art von kleinen, länglichen, unregelmässig ge- 7 stalteten Feittropfen sehr bemerklich, welche hie und da in grosser Menge angehäuft lagen. Trotz des Unbestimmten und Unregelmässigen ihrer Form, bewahrten doch alle dieselben Dimensionen und eine un- ” verkennbare Gleichartigkeit. Sie massen durchschnittlich Yon”. Im ganzen Eiweissschlauch fanden sie sich, jedoch nicht über jene Stelle hinaus, welche diese Abtheilung vom Eierstock trennt; im Ute- rus aber waren sie auch enthalten (Fig. 9), Nach dem, was ich über das Schicksal der Samenkörperchen bei mehren Nematoden beob- achtet habe, nachdem dieselben entweder zur Befruchtung verbraucht in den Dotter gelangt sind, oder im Eiweissschlauch und Uterus liegen geblieben sind, wo sie einer Fettmelamorphose unterliegen und zuletzt zu formlosen Fetttropfen zusammenschmelzen ?), kann gar kein Zweifel sein, was jene Körperchen im Eiweissschlauch und Uterus von Mermis nigrescens sind: es sind auch hier die überflüssigen, zur Befruchtung ') M. alb. pag. 262. — Beobachtungen über das Eindringen der Samenelemente in den Dotter. Nro.1l. Diese Zeitschr. Bd. VI, pag. 208. ?) Ebendas. 4 nieht verbrauchten und der Fettmetamorphose anheimgefallenen Samen- 'körperchen. Leider war letztere überall schon so weit vorgeschritten, die Gestalt schon so indifferent geworden, dass die Körperchen keinen Aufschluss mehr geben konnten über die Gestalt der zur Befruchtung reifen Samenkörperchen, welche, wie die Männchen von Mermis nigres- cens selbst, noch unbekannt sind. Die reifen Dotter aus dem Anfangstheil des Eiweissschlauches messen Y,,”; eine Dotterhaut war an ihnen deutlich zu erkennen. Innerhalb des Eiweissschlauches erhalten die Eier eine doppelte Hülle, _ doch muss ich, bevor ich deren Bildung beschreibe, zuerst kurz an ‚die Beschaffenheit des fertigen Eies aus dem Uterus erinnern. — Das- selbe stellt einen linsenformigen braunen Körper dar von Yo— Yso” Durchmesser (Fig. A1 a,b). Selten legt sich ein Ei auf die Kante, dass man die Linsenform ärkennt; von der Fläche gesehen ist es kreis- örmig. Die doppelte Hülle, in welcher der in der Regel schon weit entwickelte Embryo eingeschlossen liegt, ist sogleich zu erkennen, und ‚bei mässigem Druck klafft zunächst die äussere Schale allein quer über - die Mitte aus einander; dann zeigt sich, dass diese fast farblos ist und die braune Farbe ihren Sitz in der innern Hülle hat (Fig. 44 c, d). "Die äussere, die Schale hat an ihrem Rande einander grade gegenüber zwei durch halbkuge!förmige Knöpfe ausgezeichnete Pole von deren "Mitte ein dünner Strang ausgeht, welcher sich am Ende in einen dieken Quast sehr feiner Fasern auflöst oder wie vielfach zerspalten ist. Die innere Hülle, das Chorion, ist ganz eben und gleichmässig. Das Ei ist bei seinem Eintritt in den Eiweissschlauch nur der von der Dotterhaut umgebene Dotter, und nach seinem Austritt durch die Tuba in den Uterus hat es jene sonderbare Beschaffenheit erlangt. Die innere Hülle, das Chorion, etwa Yo,” dick, bildet sich soklbu"kühze Zeit, nachdem das Ei in den Eiweissschlauch getreten ist; im hintern jeile desselben fand ich einzelne Eier schon damit versehen, doch ist es dann noch farblos. Eier, welche sich weiter vorn im Eiweiss- schlauch befanden, nahe vor der Tuba, lagen eingebettet in eine aus ellen, schr blassen Kugeln oder Tropfen bestehende Substanz, welche sich nach dem Herausdrücken im Wasser bald verloren. Von dieser Substanz schien eine beträchtlich dicke glänzende Schicht herzurühren, elche sich um das Chorion gelagert hatte (Fig. 9d). Diese war durchaus farblos und von weicher Beschaffenheit, so dass sie sich um das Ei verdrücken liess. Letzteres hat jetzt noch eine ovale Gestalt und liegt mit seinem langen Durchmesser in der Axe des Schlauches, welcher, bei dem oben erwähnten engen Lumen, das Ei eng um- schlossen hält und bewirkt, dass jene helle weiche Schicht über den beiden Polen des Eies dicker ist, als am übrigen Umfange (Fig. 9 d, e). Glücklicherweise traf ich nun in einer Mermis einige Eier, die eben 42 noch im Passiren der Tuba nach einander begriffen waren, so dass ich sehen konnte, wie jene Anhänge der Schale entstehen. Die helle eben erwähnte Schicht ist die spätere Schale und die beiden ver- diekten Stellen derselben, welche das enge Lumen des Eiweiss- schlauches bedingt, sind die künftigen Pole und deren Anhänge. Wäh- rend nämlich ein Ei in der äusserst engen Tuba steckt und sich letz- tere sowohl vor, als hinter dem Ei eng zusammenschnürt (Fig. 9 e), drückt sie die noch weiche Schicht so, dass die Verdickung derselben über dem Vorder- und Hinterende des Eies noch stärker wird und hier viel Substanz sich anhäuft, während am übrigen Umfange, der dem Druck der Wandung ausgesetzt ist, die Schale ihre definitive ge- ringe Dicke von Yg0o0” erhält. So bilden sich also wie ein Abguss die beiden halbkugeligen Knöpfe der Eischale; und indem die über den Polen angehäufte noch weiche Substanz beim langsamen Vorrücken des Eies nach rückwärts durch die zusammengeschnürte Tuba aus- gezogen wird, wie weiches Wachs, welches man durch die Hand zieht, entstehen die beiden dünnen Stränge. Die Tuba ist kurz und das Lumen erweitert sich in das des Eiweissschlauches, und es ist daher ein- leuchtend, wie der vom Pol des Eies nach rückwärts ausgehende dünne Strang an seinem Ende wieder angeschwollen sein kann, indem dorthin, wo der Raum es gestattet, die zähe Substanz verdrückt wird. Um nun zu verstehen, wie aus diesem verdickten Ende des Stranges beim weitern Vorrücken des Eies jener Quast feiner Fasern wird, muss man sich an die oben erwähnte Beschaffenheit der Tunica propria der Tuba erinnern. Dieselbe ist in sehr feine und äusserst dichte Längsfalten gelegt, und während also die Tuba sich so fest als ımög- lich um den allmählich erstarrenden und fester werdenden Strang der Eischale zusammenzieht, schneiden die zahlreichen Falten "der innern Haut ein und zerspalten und zerfasern das sich durchziehende Ende auf eine Strecke, so weit als es eben die nach dem Ei zu zu- nehmende Consistenz des Stranges gestattet. Auf diese Weise entsteht nicht nur der Anhang an dem nach rückwärts gerichteten Eipole, son- dern auch der ebenso beschaffene an dem andern Pole, indem dieser Anhang nicht vorwärts nach dem Uterus zu, sondern rückwärts über das Ei geschlagen, ebenfalls nach hinten gerichtet ist, und, wie der hintere Anhang, nachgezogen wird. Diesen Umstand kann man nicht nur an Eiern, die noch in der Tuba stecken, wahrnehmen, sondern auch an solehen, welche eben im Uterus angekommen sind, und deren Anhänge noch beide, rückwärts gerichtet, in der Tuba festgehalten werden (Fig. 9 f); ist das Ei ganz frei im Uterus, so sind Schale und Anhänge vollkommen ausgebildet, während ein unmittelbar. vor der Tuba im Eiweissschlauch liegendes Ei noch Nichts davon, als das Ma- terial, besitzt, woraus die Tuba dann jene bildet und formt. Wie 43 passend für jene Anhänge die Bezeichnung Chalazen durch v. Siebold gewählt wurde, wie ich sie in den mir vorliegenden Aufzeichnungen desselben gebraucht finde, geht aus der Bildungsweise hervor. Die Schale bleibt, wie gesagt, stets fast farblos, nur bisweilen hat sie einen schwach bräunlichen Schein, ebenso bleiben die Chalazen farblos; dagegen erlangt das Ghorion während der Umlagerung der " Schalensubstanz nach und nach die dunkelbraune Farbe der fertigen Zier. — Wie es kommen kann, dass ein Ei statt der in‘der Regel vorhandenen zwei Chalazen auch wohl drei, vier, selbst fünf kleinere hat, Unregelmässigkeiten, deren auch v. Siebold*) schon erwähnte, _ dass man ferner auch wohl Eier findet, die nur einen Knopf am Pole oder nur einen kurzen Strang ohne Faserquast besitzen, erhellt aus der beschriebenen Bildungsweise dieser Theile von selbst. An der Schale ist noch eine schon von Dujardin 2) erwähnte Eigen- hümlichkeit zu bemerken, nämlich eine Furche, welche ringsum das i zieht, und im Verhältniss zu den als Polen bezeichneten Stellen den Aequator des Eies vorstellt (Fig. 11 a). In dieser Furche klafft die Schale leicht beim Druck aus einander und lässt dann das vom Chorion umgebene Ei ganz frei hervortreten; zwischen beiden Hüllen ist kein Zusammenhang (Fig. A1 d, e). ! Der schon erörterte Irrthum Dujardin’s, dass er die Secretions- _ organe für «bandes ovariennes » hielt, einerseits, und anderseits die un- - vollkommene Kenntniss des auf dem Zellenschlauch des Bauches herab- laufenden Nervenstranges, verleiteten diesen Autor zu der Annahme, als entständen die Eier mit den Chalazen an den Seitenästen des Nerven- anges befestigt, um sich nach erlangter Reife loszureissen (vergl. Dujardin 1. c. pag. 4139, Fig. 14). ' Die Embryonalentwicklung beginnt schon sehr früh; der Furchungs- rocess muss ganz im Eiweissschlauch schon ablaufen, ich fand sogar in dieser Abtheilung schon einzelne Embryonen in Eiern, deren Hüllen j0ch nicht fertig gebildet waren. Im Uterus habe ich nur selten Bier funden, in denen nicht schon ein junges Würmchen lag. Während s langen Aufenthalts der Eier im Uterus, erleiden sie, abgesehen on der langsam fortschreitenden Entwicklung des Embryo, keine Ver- änderung mehr. Die oben schon hervorgehobene Eigenthümlichkeit in r Einrichtung des Geschlechtsschlauches von Mermis nigrescens, näm- die beträchtliche Länge des Uterus im Gegensatz zu der Kleinheit ‚dieser Abtheilung bei Mermis albicans, hat ihre physiologische Bedeu- ng, wie leicht ersichtlich, in diesem Umstande, dass die ganze Ge- ion von Eiern bestimmt ist, eine Zeit lang gleichzeitig im Uterus 2.2 1) Loc. cit, pag. 310. 2) Loc. eit. pag. 440. 44 zu verweilen. Sehr oft traf ich in ihm die Eier in lebhaft hian- und herfliessender Bewegung in Folge von peristaltischen Bewegungen des Uterus. Wenn man dabei die Vagina und den Anfangstheil beider Uteri beobachtet, so lässt sich leicht die Bedeutung erkennen, welche die eigenthüumliche Gestalt der Vagina für die Uterogestation der Eier hat. Die Bedeutung besteht in dem Verschluss des Uterus nach aussen. Man sieht, wie die eng zusammengedrängten Eier, die gewiss unter beträchtlichem Drucke stehen, fortwährend aus einem Uterus in den an- dern frei hinüber und herüberfliessen, ohne dass etwa an der Insertions- stelle der Vagina eine Stockung, ein Aufenthalt entstände, ohne dass je ein Ei in die Vagina hineingelangte, geschweige denn geboren würde. Der sehr‘ gekrümmte Verlauf der Vaginua bewirkt es, dass sie sich ganz wie ein selbstständiger Kanal verhält und beide Uteri ganz grad- linig und ohne Gränze in einander übergehen (Fig. 10). Um die Eier durch die Vagina auszupressen, müssen gleichzeitige Contractionen beider Uteri in entgegengesetzter Richtung stattfinden. Niemals erlangt der Embryo während der Uterogestaätion. seine völlige Ausbildung, nie schlüpft er im Uterus aus, so dass also Mer- mis nigrescens nicht vivipar, sondern kaum ovovivipar genannt wer- den kann. Der Embryo liegt in zur Geburt reifen Eiern in zwei bis drei, der grössten Durchschnittsfläche des linsenförmigen Eies parallelen Spiralen gewunden (Fig. 41 a, d). Drückt man ihn durch Zersprengen der Schale und des Chorions hervor, -so zeigt er zuweilen schwache Bewegungen, von denen es jedoch zweifelhaft ist, ob sie nicht, rein physikalischer Natur sind. Er hat im Allgemeinen die Gestalt eines jungen Nematoden; die Länge beträgt Y,,” (Fig. 1 ff). Nahe am Vorderende ist der Querdurchmesser am grössten, Yıso”, derselbe verjüngt sich continuirlich bis zur Schwanzspitze, die nur Yg40" dick ist und wie abgestutzt endigt. Im Vorderende zeigt sich eine helle kurze Längslinie, die nicht ganz genau in der Richtung der Längsaxe des. Leibes verläuft und sich ausnimmt etwa wie die Anlage eines ' Oesophagus bei jungen Nematoden. Diese Bedeutung hat sie aber nicht, sondern es ist ein in den Leib zurückgezogener Stachel, wel- cher vorgeschoben werden kann: ich traf ihn bei einigen Individuen vorgestreckt an und konnte es bei anderen durch Bi zuweilen dahin bringen, dass er vorgestreckt wurde (Fig. 41 f, «). Uebrigens ' ist von innerer Organisation noch gar Nichts zu erkennen, ‚weder ein f Mund, noch ein Darm, und ich muss den Angaben Dujardin’s.!) ent- gegentreten, in welchen derselbe dem Embryo einen deutlichen Darm zuschreibt; doch vermuthe ich, dass hier nicht ein Irrthum in der Beobachtung, sonderu eine Verwechseluong mit anderen jungen Würmern ) !) Loc. cit. pag. 440. 45 ‚vorliegt. Die Abbildung nämlich, welche Dujardin ') von dem Em- bryo von Mermis gegeben hat, hat so wenig von der charakteristischen « "Gestalt dieser Embryonen mit dem dicken Vorderende und dem halb Er dicken abgestutzten Schwanzende, dass ich glauben muss, Dujardin "hat junge Anguillulen für ausgeschlüpfte Mermis-Brut gehalten, zumal a er selbst angiebt, dass die ausgeschlüpften Würmchen im Wasser gelebt haben und er ihre grosse Aehnlichkeit mit Jungen von Anguil- "Iula hervorhebt, welche keineswegs im Einzelnen, sondern nur. ganz im Allgemeinen in Bezug auf die Körpergestalt vorhanden ist. "Da- gegen hat v. Siebold?) den Embryo von Mermis nigrescens beschrieben, ‚als mit einem stark verdickten Vorderende versehen, in welchem er ‚einen vorstreckbaren Stachel (oder ausstülpbaren Oesophagus [?]) er- kannte. — Versuche, welche die Einwanderung der jungen Mermithen, welche dem Obigen zu Folge Larven sind und einer Metamorphose unterliegen müssen, bezweckten, auf deren Erfolg ich nach den glück- ‚lichen Resultaten, welche v. Siebold 3) mit den Jungen der Mermis albicans erzielt hatte, und besonders, nachdem mir selbst inzwischen "ähnliche, unten beschriebene Versuche mit jungen Gordius-Larven Ernnaen waren, hoffte, schlugen fehl. Ich setzte in ein mit feuchter rde gefülltes Gefäss zu den Mermis-Eiern eine Anzahl Eier von Eu- ia Caja, aus welchen nach einigen Stunden die Räupchen aus- schlüpfen mussten. Hierdurch würde ich die Garantie gehabt haben, dass, falls sich später in den Räupchen junge Würmer gefunden hätten, diese nicht etwa schon früher darin gewesen sein konnten; ausserdem schien Euprepia Caja geeignel, weil gerade Mermis nigrescens in der- en bereits angetroffen wurde *). Ich habe die Raupen lange Zeit gezogen und fast täglich eine untersucht, bis auf die letzte, aber von en Mermithen fand ich keine Spur in Hm, Da ich des Versuchs ] alber auf diese hatte verzichten müssen, sofern ich nur wenige der tleinen Eier aus der Erde wieder hervorsuchen konnte, so weiss ich nicht, was aus ihnen geworden ist; in der ersten Zeit fand ich die Embryonen noch im Ei unverändert. Vielleicht bleiben sie so noch eine längere Zeit, in welcher möglicherweise auch die Chalazen irgend inen Zweck erfüllen, und wandern erst spät im Herbst ein oder brin- gen vorher noch einige Zeit frei im Boden zu. 4) Loc. cit. Fig. 46, pag. 41. ?) Loc. cit. pag. 310. _°) Entomol. Zeitung. Jahrg. XI, 1850, pag. 330. 5) v. Siebold, in der entomol. Zeitung. Jahrg. IV, 4843, pag. 8%; Jahrg. IX, ABhB, pag. 298. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. _ 46 Erklärung der Abbildungen. Tafel I u. I. Mermis nigrescens. Querdurchschnitt von Mermis nigr., ungefähr in der Mitte des Leibes. A Rückenfläche; B Bauchfläche; a Epidermis und Faserhaut; 5 Corium; c Längswulst des Corium in der Mittellinie des Bauches; d, d seit- liche Längswülste des Corium; e Muskelschicht des Rückens; ff seit- liche- oder Bauchmuskelschichten; g gg die drei Seeretionsorgane (Zellenschläuche); h Bauchnervenstrang; @ Rückennervenstrang; k Ute- rus mit reifen Eiern gefüllt; 2 Fettkörperschlauch. Kopfende von M. nigr., von der Bauchseite. a a Schwache Einschnü- rung, dünnste Stelle des Körpers; ringförmig nach ionen vorspringen- der Wulst des Corium. Ursprung der Muskeln. Braunes Halsband; b Mundtrichter mit Mundöffnung; c ringförmige Lücke des Corium; d Papillen (6); e Oesophagus; f Corium; 9 Längsmuskeln; Ah dıe beiden seitlichen Secretionsorgane; ? oberes Ende des Fettkörper- schlauchs; k Schlundring; Bauchganglion desselben; I! hintere Kopf- ganglien; m vordere Kopfganglien, n oberes Schlundganglion; o Wur- zeln des Bauchnervenstranges. A Schwanzende von M. nigr., von der Seite gesehen. A Rückenfläche ; B Bauchfläche; a Warze mit Lücken in den Hautschichten; 5 Ende der Zellenschläuche; d Ende des Fettkörperschlauchs; e Windung des Eierstocks. Einige Muskelbänder (Muskelprimitivbündel), stärker vergrössert. a Ner- venfasern mit terminalen Dreiecken. Gehirn (Kopfganglien und Schlundring) isolirt, von der Bauchfläche gesehen. (Die die Ganglien bezeichnenden Buchstaben entsprechen denen in Fig. 2.) «a Hülle des Gehirns; e Oesophagus, umgeben von dem innern und äussern Schlauch; %k unteres (Bauch-) Ganglion des Schlundringes; 2 hintere Kopfganglien; m vordere Kopfganglien; n obe- res (Rücken-) Ganglion des Schlundringes; o Wurzeln des Bauch- nervenstranges; p Wurzeln des Rückennervenstranges; q Faserstränge, welche aus den vorderen Kopfganglien nach vorn entspringen und zu den sechs Papillen gehen. ) Nervenverbreitung auf den Muskeln. a Zellenschlauch des Bauches; ) b seitliche oder Bauchmuskelschicht; c mittlere Furche in derselben; ) d Bauchnervenstrang; e seitliche Aeste desselben. Verdauungsapparat. a Oesophagus-Rinne (Halbkanal); b innerer, den Oesophagus zunächst umgebender Schlauch mit schwammiger Sub- stanz gefüllt; d d Anschwellungen des innern Schlauches; ee höhle innerhalb derselben; f äusserer Schlauch mit eingesprengten Kernen; g Seitenkanäle desselben, die über den Magenhöblen ent- springen und einmünden in A Fettkörperschlauch; i Oeffnungen in demselben, mit denen die Seitenkanäle einmünden; %k Nervenfasern. Zellenschlauch stärker vergrössert. a Zellen desselben mit grossen wurstförmigen glänzenden Kernen; b weiter veränderte Zellen. | A Ende des Eiweissschlauches; B Tuba; C Anfang des Uterus; a Ring- muskeln der Tuba; 5 ein Ei vor dem Eintritt in die Tuba; c Chorion 47 ini desselben; d helle, weiche Schicht um dasselbe, aus welcher wäh- rend des Durchgangs durch die Tuba die Schale mit den Chalazen ge- formt wird; e ein Ei in der Tuba, welche hinter demselben eng zu- sammengeschnürt ist; / ferliges Ei, eben in den Uterus gelangend; ; g in der Feitmetamorphose begriffene Samenkörperchen. Fig. 10. Mittlerer Leibesabschnitt mit der Vagina, von der Seite gesehen. . A Rückenfläche; B Bauchfläche; a Corium; b Muskeln; ce Vulva; d riog- förmiger Wulst der Tunica propria der Vagina beim Uebergange in das ni Corium; warzenlörmige Verdickungen; e Vagina; ff die beiden Uteri. Pig. 41. Reife Eier und Embryonen. «a Reife Eier aus dem Uterus mit Chorion und Schale; an letzterer die Chalazen und eine im Aequator verlaufende Furche. Der Embryo ist bereits entwickelt; b ein Ei auf der Kante liegend (Linsenform); cc eine in der Furche klaffende Schale; d das I in hervorgetretene Ei vom Chorion umgeben; e unregelmässig geborstenes Hi Chorion; f/ künstlich herausgedrückte Embryonen; « Vorderende mit vorstreckbarem Stachel; ß Schwanzende. : 3. Untersuchungen über Gordius. Hierzu Taf. II— VI. Schon oben habe ich angegeben, wie ich durch die Güte Herrn ». Siebold’s das für die folgende Untersuchung verwendete Material von 35 Gordien im Juni des verflossenen Sommers erhalten hatte. Als ich die Würmer aus dem Wasser, in welchem sie versandt waren, heraus- pahm und in frisches Wasser setzte, zeigten sie nur wenig Bewegung, d ich fürchtete, sie möchten zum Theil schon abgestorben sein. Sehr d indessen begannen sie schlängelnd und windend sich lebhaft zu bewegen und in ein dichtes Knäuel sich zu verschlingen; am folgen- len Tage schon beurkundeten sie ihre volle Lebensthätigkeit und Ge- indheit durch den in der Folge häufig wiederholten Begattungsact. jie wurden in täglich erneuetem Wasser an einem schattigen Orte auf- ewahrt, und ich habe, während fortdauernd zur Untersuchung davon verbraucht wurden, von dem am 42. Juni erhaltenen Vorrath über inen Monat lang lebende Exemplare gehabt. Doch hielten nicht alle lange aus, bis die Reihe an sie kam, und mehre starben unter er anzugebenden Umständen. Schon eine aufmerksame Betrachtung mit unbewaflnetem Auge °hrte, dass ich zwei Species des Genus Gordius vor mir hatte, welche beide durch Männchen und Weibchen vertreten waren, und die Ergeb- e der weitern Untersuchung rechtfertigten die Unterscheidung voll- Bevor ich zu der Beschreibung übergehe, kann ich nicht umhin, einen Blick auf die bisher unterschiedenen Gordius-Arten und 48 ihre Berechtigung als solche zu werfen, da es’nothwendig ist, einer- seits schon hier von vorn herein das Verhältniss festzustellen, in wel- chem jene beiden von mir untersuchten Arten zu den früheren stehen, in welchen ersteren wir eine der letzteren wieder erkennen werden, und anderseits die Zahl der theils nur höchst unsicher als Gordien charakterisirten, theils in Folge unvollkommener Kenntniss der Orga- nisation ohne allen Grund aufgestellten Arten einzuschränken. In dem Systema helminthum von Diesing sind ausser dem Gordius Seta s. aquaticus noch 147 als unsicher bezeichnete Species aufgeführt. Abstrabiren wir sogleich von 107 nur oder fast nur nach den Wohn- thieren, in welchen sie angetroffen wurden, unterschiedenen Arten, unter welchen zwar ‚vielleicht wirklich neue Speeies verborgen sein ” können, 'über deren vorläufige Unzulässigkeit sich jedoch bereits v. Siebold !) ausgesprochen hat, so bleiben von den als Species inqui- rendae bezeichneten noch übrig: G. truncatulus Dies., G. subbifureus Sieb. (beide noch parasitisch lebend gefunden); G. argillaceus Linn., G. tolosanus Dujardin, G. gratianopolensis Charvet, G. chilensis Gay und 6. Filum Müller (die letzteren fünf Arten wurden frei, zum Theil im Wasser angetroffen, ihre früberen Wirthe sind. unbekannt. Drei andere Arten, ausser den eben genannten, werden von Diesing selbst ” als ganz zweifelhaft, ob überhaupt zu Gordius gehörig, angeführt, näm- 7 lich: G. arenarius Müller, G. einetus 0. Fabr., G. lacteus Müller. # Der Gordius truncatulus Diesing 2) ist die Filaria truncatula Rudol- ph’s®) aus der Leibeshöhle von Phalangium Opilio, von welcher Ru- dolpli angiebt: «Pars (in aqua disruptae) mihimet oblata fere bipolli- caris, tenuissima, alba; capite truncato, ore, ni fallor, sex papillis eincto; parte posteriore paullulum inerescente. Tubus cibarius reetus in quadam ab ore distantia cinetus.» Aus dieser Charakteristik lässt sich mit ziemlicher Sicherheit entnehmen, dass diese Filaria kein Gor- dius war; dagegen lassen die weisse Farbe, der mit Papillen um- gebene Mund und die Erwähnung eines Darmkanals vermuthen, dass E| Rudolphi eine Mermis vor sich hatte, da bei dieser, wenn auch nicht unmittelbar der Mund, so doch das Kopfende mit sechs Papillen ver- sehen ist, und der Verdauungsapparat, besonders von Mermis nigres- cens, einem Darmkanal gleicht (vergl. oben), bei Gordius aber sich kein, einem Darmkanal gleichendes Organ darstellen lässt. (Hinsicht- lich der Diagnose des Gordius muss ich mich hier schon auf die im Folgenden dargestellten Organisationsverhältnisse zweier Species beziehen.) !) Entomol. Zeitung. Jahrg. XV, 1854, pag. 104. 2) Systema helminthum. II, pag. 97. 3) Synopsis entozoor., pag. 21k. 49 Linne’s Beschreibung des Gordius argillaceus '), welcher später als solcher nicht wieder erkannt wurde, lautet: Flavescens, extremi- tatibus concoloribus (im Gegensatz zu den e. nigris des G. aquaticus). ‚ Babitat in argilla, proprio suo elemento, quam ubique tranat, adeoque abi illa foditur. frequens. Diese Angaben enthalten wenig Charakteri- ches, und schon Gmelin”) meinte, der argillaceus sei kaum ver- chieden vom G. aquaticus, was um so wahrscheinlicher ist, als die gelbe Farbe des Körpers und der Körperenden mit der Beschaffenheit des Weibchens übereinstimmt, wie denn auch Charvet den G. argillaceus für das Weibchen seines Dragonneau de Risset (vergl. unten) hielt, wel- cher ohne Zweifel identisch mit dem G. aquatieus ist. - Ueber die Unzulässigkeit des G. tolosanus Dujardin 3), als eine _ vom 6. aquaticus oder enge verschiedene ie hat sich E: hliesslich auf die, in den nehluldrngäien begründete, verschie- dene Beschaffenheit der Epidermis (vergl. unten), und aus’ dem Ver- ältniss der Dicke des Kopfendes und des mittlern Theiles des Körpers jenes G. tolosanus lässt sich mit Wahrscheinlich auch, was das Männ- ch ien betrifii, zwischen jenen beiden Arten für den G. subbifurcus ent- 'Charvet®) unterschied, weil er sie unter Linne’s Gordien nicht Enreiten konnte, nach ihrem Fundorte zunächst zwei Arten, den Dra- onneau de Claix (G. gratianopolensis) und den Dragonneau de Risset. zterer wurde in der Folge, wie auch vermuthungsweise von Charvet bst, mit Recht für identisch mit dem G. aquaticus gehalten, und F den Angaben über die Beschaffenheit des weiblichen Schwanz- es und des Kopfes ist der Dr. de Risset speciell identisch mit dem unten vom G. subbifureus unterschiedenen G. aquatieus, welche beide meistens bisher unter letzterem Namen zusammengefasst wurden. Der gratianopolensis dagegen bildet höchst wahrscheinlich mit einem angs den Filarien noch zugerechneten, bisher unbestimmten Gordius @ besondere Art, auf welche ich sogleich zurückkommen werde. Das, was Gay) über den Gordius chilensis sagt, lässt eben höch- tens einen Gordius überhaupt erkennen, berechtigt aber durchaus noch nicht zur Aufstellung einer besondern Species oder zur bestimmten Einreihung in eine ältere. 1) Systema Nat. edit. XII, T.I, P. II, pag 1075. ?) Systema Nat. T.I, pag. VI, pag. 3083. ?) Annales des seiences natur. Serie II, T. 48, pag. 446. #) Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 9, 4843, Bd. II, pag. 307. ®) Nouvelles Annales du Museum d’hist. nat. T. Ill, pag. 37. #) Historia fisic. y polit. de Chile. (Zool.) III, pag. 108. Zeltschr. f. wissensch, Zoologie. Vi. Bd. k 50 ' "Vom Gordius Filum sagt Müller *): Corpus filum sericeum, album, subtilissimum simulans, altera extremitate subattenuatum, intus pas- sim materia lactea repletum, caeterum hyalinum. intra corticem tubi abietini olim aquae ductui inservientis, jam plures annos in aprieo derelieti, euniculos formaverat. Da dieser Aufenthaltsort ‘wohl kaum einen Gegengrund abgiebt, so möchte ich in dieser Beschreibung die einer Mermis albicans erkennen, deren Fettkörperinhalt, wie ich ihn früher beschrieben habe ?), das von ganz durchsichtigen Stellen unter- brochne milchweisse Aussehen bedingt. Auch Diesing ?) vermuthete schon im Gordius Filum eine Mermis. Der G. arenarius Müller’s*) kann schon wegen der auf 2” ange- gebenen Dicke bei einer Länge von 4Y,” wohl kaum als hieher gehörig betrachtet werden, wie das auch Diesing ®) schon ausgesprochen hat, Der G. einctus des Fabricius ®) ist dagegen wahrscheinlich, den wenigen Merkmalen nach zu urtheilen, identisch mit dem G. aquaticus, Was endlich den 4" langen G. lacteus Müller 7) betrifft, so geht aus der Angabe, dass, wenn man den in stehendem Wasser in sehr grosser Zahl angetroffenen Wurm berührte, derselbe sich rasch con- trahirle und wieder ausdehnte, zur Genüge hervor, dass dieser Wurm weder zu den Gordiaceen, noch zu den Nematoden gehört, welchen beiden die Fähigkeit, die Körpergestält zu verändern, sich zu conira- hiren, durchaus mangelt, i Ausser dem noch zu besprechenden G. gratianopolensis ist der Gordius subbifurcus noch übrig. v. Siebold®) erhielt einen Molops elatus zugesandt, aus dessen Hinterleibe ein hellbrauner Gordius her- vorhing, der am Schwanzende eine seichte Längsfurehe besass. Eben solche Gordien traf v. Siebold®) auch in einigen anderen Coleopteren, f Calathus eisteloides, Procrustes coriaceus, Omaseus melas, nigrita, me- lanarius, Poecilus lepidus. Da diese Beschaffenheit des Hinterendes weder mit der des weiblichen, noch mit der des männlichen Schwan- zes des G. aquaticus der Autoren übereinstimmte, so unterschied v. Sie- bold jene Gordien vor der Hand als Gordius subbifureus, wobei er es zweifelhaft lassen musste, ob er diesen Namen einer Eigenthümliehkeit 1) Hist. Vermium terrestr. et fluviat. Vol.], 2, pag. 31. 2) Vergl. Mermis albicans, diese Zeitschr. Bd. V, pag. 208 u. 240. 3) Systema helminth. II, pag. 106. %) Loc. eit. pag. 33. 5) Loc. eit. pag. 107. 6) O. Fabricius, Fauna Groenl., pag. 270. ”) Loc. eit. pag. 32. ®) Entomol. Zeitung. Jahrg. 9, 1848, pag. 296. °) Ebenda. Jahrg. 45, 1854, pag. 442, 443. 51 des Männchens oder des Weibchens entlehnt hatte, da die Gordien h parasitisch lebend gefunden, also noch nicht geschlechtsreif waren; finde ich in den von ihm über Gordien aufgezeichneten Beobach- en, welche Herr v. Siebold mir freundlichst zur Vergleichung über- dt hatte, dass derselbe jene Exemplare des Gordius subbifurcus ür Weibchen anzusprechen gleich anfangs geneigt war, so wie auch in einer spätern brieflichen Mittheilung diese Vermuthung ausgesprochen war. In der Folge scheint dieser Gordius von Anderen nicht mehr beobachtet zu sein, obwohl Diesing in der Diagnose desselben sagt: eauda maris subbifurca *), was in v. Siebold’s Angaben nicht enthalten ar, (Dies muss deshalb besonders erwähnt werden, weil durch Zusatz die Charakteristik falsch wird, indem es allerdings, wie bold vermuthete, die Weibchen sind, welche diese sehr bezeich- de Eigenthümlichkeit des Schwanzendes besitzen, während das nliche Schwanzende des G. subbifurcus nicht verschieden von dem 'G. aquatieus ist (vergl. unten). ‚Es bedurfte nun keines langen Suchens, um unter jenen 35 Gor- mehre Exemplare mit der Cauda subbifurca herauszufinden, welche ‚durch ihre helle Farbe und beträchtlichere Dicke sogleich als Weib- kund zu geben schienen, und als die Vergleichung dieser mit ibrigen Weibchen noch andere äussere Unterschiede, besonders in Gestalt des Kopfendes herausstellte, fanden sich auch sogleich die nchen des G. subbifurcus. Diese sind jedoch nicht so unmittelbar den Männchen des G. aquaticus zu unterscheiden (besonders wenn sie nicht beide neben einander gesehen hat), wie die beider- gen Weibchen unter einander, und -in der Charakteristik, welche -G. aqualicus gegeben wird, sind weder die Kennzeichen des G. aticus, noch die des G. subbifurcus enthalten, sie passt vielmehr ide zugleich. Dies ist indessen auch ganz der Natur der Sache echend, sofern nämlich ohne Zweifel bisher die Männchen beider s, die gewiss gleich häufig angetroffen wurden, für identisch ge- ı sind, und bald die einen, bald die anderen der Beschreibung n?); während die Weibchen des G. subbifureus, die, wie die BI ‚andern Art, überhaupt viel seltener als die Männchen sind, ent- eder vor v. Siebold wirklich der Beobachtung fast ganz entgangen, der, für Männchen gehalten, auch früher zur Aufstellung besonderer \rten Veranlassung gewesen sein mögen. Auf einen andern Irrthum, zu welchem die Weibchen des G. subbifurcus geführt haben, werde ch sogleich zurückkommen. u. - }) Systema helminth. II, pag. 90. \ ®) So fügt Gmelin der Diagnose des G. aquaticus hinzu: varius altero fine pa- rumper acuminatus, was sich auf den G. subbifurceus beziehen muss, k %* 52 Es ergiebt sich aus dem Gesagten, dass die Art, welche im Fol- genden als G. aquatieus aufgeführt werden wird, keineswegs identisch ist mit der bisherigen unter diesem Namen begriffenen Art der Auto- ren, sondern dass diese (wenigstens was die Männchen anlangt), jetzt gespalten werden musste in zwei Arten, in welche nun auch ein Theil der älteren Arten einzelner Autoren untergebracht werden können. Beide Arten hätten somit mit gleichem Rechte das Erbtheil des alten Namens beanspruchen können, wenn nicht zugleich mit der durch v. Siebold vorgenommenen Unterscheidung allein der Weibchen beider Species ein Name für die eine, erst jetzt vollständig getrennte, schon entstanden wäre, welcher, da er das Hauptkennzeichen, dem Weibchen entlehnt, noch jetzt enthält, kaum passender gewählt sein konnte, und somit der andern Art der alte Name zugefallen wäre; wiewohl nach meinen Erfahrungen nicht sowohl dieser jetzige G. aquaticus, als viel- mehr der G. subbifurcus der häufigere zu sein und das grössere Con- tingent zu der frühern, beide begreifenden, Art gestellt zu haben scheint. h Sowohl unter jenen lebenden Exemplaren stellte sich dies Verhältniss heraus, als auch unter den Weingeistexemplaren dreier Sammlungen, welche ich nachsah: unter der Aufschrift G. aquaticus fand ich immer von beiden Arten und mehr vom G. subbifurcus, jedoch nur Männchen, In Diesing’s Diagnose des G. aquaticus ist das Merkmal «Caput obtuse conicum» höchst wahrscheinlich von einem Gordius subbifurcus entnommen; ebenso passt auf das Männchen dieser Art die Beschrei- bung und Abbildung, welche De Geer !) vom Gordius gab. Weibchen des G. subbifureus hat wahrscheinlich früher schon Berthold?) beobachtet; seine Abbildungen Fig. 4 u. 47 (a.a. O.) lassen nämlich nach dem nur sehr kurz gespaltenen oder nur gefurchten Schwanzende vermuthen, dass dieselben von weiblichen G. subbifurcus genommen wurden. In- dem Berthold diese also und die Männchen mit tief gabelförmig ge- spaltenem Schwanz für gleichwerthige Individuen gehalten zu haben scheint, musste dieses von Seiten Berthold’s, neben der Auffassung eines beiden Geschlechtern gemeinsamen Organs als Hoden, die un- richtige Annahme des Hermaphroditismus des Gordius beglinstigen ?). Ich muss nun schliesslich noch eines Wurms Erwähnung thun, welcher wahrscheinlich seine bisherige unbestimmte Stellung aufgeben > und, mit dem Gordius-gratianopolensis Charvet vereinigt, unter die ') Memoires pour servir ä l’histoire des Insectes. II, pag. 555. 2) Ueber den Bau des Wasserkalbes. Abhandl. der k. Gesellschaft der Wissen- schaften zu Göttingen. Bd. I. ®) Nach mündlicher Mittheilung theilt Berthold selbst die Vermuthung, dass eine Verwechselung weiblicher Gordius subbifurcus mit Männchen statt- gefunden habe 53 Gordien als besondere Art eingereihet werden darf. — Leon Dufour !) sah aus dem Hinterleibe eines Grylius bordigalensis einen sechs Zoll langen fadenförmigen Wurm hervorkommen, welchen er mehre Tage im. Wasser lebend beobachtete. Das Vorderende des Wurms war schwarz und endigte mit einer «Calotte blanchätre». Das Merk wür- ste war die Gestalt des Hinterendes, welches nämlich in drei ab- sstumpfte konische Spitzen (pointes ou mamelons conoides) auslief, die im Dreieck standen, und in deren Mitte sich eine Oeflnung befand, welche Leon Dufour für den After hielt. Nachdem derselbe die Filarie zwei oder drei Tage im Wasser gehalten hatte, sah er eine dicke weisse lange Schnur aus dem vermeintlichen. After sich langsam her- vorwinden. An weiterer Untersuchung und Beobachtung wurde er verhindert. Leon Dufour hielt diese Filarie für eine neue Art und führte sie als Filaria trieuspidata (welchen Namen er später mit dem er Filaria Grylli vertauschte) in’s System ein. Schon durch Charvet ?) später durch v. Siebold®) und Berthold*) wurde berichtigt, dass jener sich aus dem Hinterende hervorwindende Faden nicht eine Filaria Filariae war, wie L. Dufour gemeint hatte, sondern eine Eierschnur, wie solche von Gordien bereits mehrfach beobachtet worden waren, ‚welche nicht aus dem After, sondern aus der Vulva hervorkam. Da Mermis keine Eierschnüre, sondern einzelne Eier legt, dem Gor- { dagegen jene Form des Eierlegens ganz eigenthümlich ist, so ann hiernach mit Sicherheit geurtheilt werden, dass jene Filaria tri- uspidata jedenfalls ein Gordius war, womit auch die übrigen Angaben Dufour’s übereinstimmen, namentlich die dunkele Farbe des Vorder- es mit der weissen Mütze. Schon Charvet®) war dieser Meinung, nd als Gordius ist das Thier auch später im System aufgeführt, aber esing ®) hielt Leon Dufour’s Beobachtung für nicht genau genug, um icht die Dreitheilung des Schwanzes in sofern zu bezweifeln, als er int, das abgerissene Ende eines gewöhnlichen Gordius sei für eine auda tricuspidata gehalten worden. Um zunächst L. Dufour’s Beob- 'htung allein zu berücksichtigen, so ist in seinen Angaben ein Um- and enthalten, welcher durchaus gegen die Deutung, als sei es ein bgerissener Gordius gewesen, spricht. Ich meine den Umstand, s das Abgehen einer Eierschnur zwei oder drei Tage nach dem angen des Wurms beobachtet wurde. Den unten folgenden Dar- }) Annales des sciences naturelles. T. XIV, 41823, pag. 222. 2) Loc. cit. pag. 43. ; ?) Entomol. Zeitung. Jahrg. IV, 4842, pag. 154. #) Loc. eit, pag. 48, ®) Loc. cit. pag. 43. ®%) Systema helminth. II, pag. 95, No. 51. 54 stellungen muss ich es hier schon entnehmen, dass eine zusammen- hängende wirkliche Eierschnur (wie sie beschrieben und abgebildet 7 ist) nur während des normalen Austritts der reifen Eier aus einem uterusartigen Behälter durch die Vulva gebildet werden kann, und dass, wenn die Eiermassen aus einem selbst dicht vor dem Hinter- ende abgeschnittenen Weibchen hervorquellen, sie niemals zusammen- haften, sondern sich wie eine milchige Masse im Wasser zerstreuen; zu diesem an und für sich schon ganz beweisenden Moment kommt noch das, dass, wenn ein geschlechtsreifes, mit Eiern angefülltes Weib- chen durchschnitten wird, die Eierstöcke sich unmittelbar unter dem Messer unaufhaltsam entleeren, und die Eier nicht wohl erst nach zwei bis drei Tagen herausfliessen können. Ich muss hieraus den Schluss ziehen, dass Uterus und Vulva bei jenem Gordius erhalten, und somit das Schwanzende integer war, wofür indessen auch die Abbildung desselben spricht. Es könnte nun noch vielleicht der Einwand ge- f macht werden, Leon Dufour habe einen weiblichen Gordius subbifurcus 4 vor sich gehabt, dessen gefurchtes Hinterende zweien jener drei Spitzen entsprechen könnte, und für die dritte sei entweder die in der Schwanz- furche liegende zwar nur niedere Warze, welche die Vulva trägt (vergl. unten), oder etwa das erste Endchen der heraustretenden Eier- schnur gehalten worden. Einerseits aber wird bestimmt angegeben, ] die Oeffaung sei in der Mitte des durch die Spitzen gebildeten Drei- ecks gelegen, und der Wurm wurde nicht bieuspidatus, nachdem die Eierschnur weiter hervorgetreten war, und anderseits enthält die Be- schreibung noch ein positives Merkmal, welches dem G. subbifureus | nicht zukommt, nämlich das schwarze Vorderende mit der Galotte blanchätre 4), mit welchen Ausdrücken wohl das Kopfende des G. aquaticus, aber nicht das des G. subbifurcus bezeichnet werden kann. — Wenn nun demnach schon die einzige Beobachtung Leon Dufour’s recht wohl zur Aufstellung einer besondern Gordius-Art, wenn auch vor- läufig nur durch drei Weibchen, und daher noch nıcht ganz sicher, fest- gestellt, berechtigen würde, so liegt um so weniger ein Grund dagegen vor, als Charvet gleichfalls diesen Gordius tricuspidatus beobachtet und beschrieben hat, sofern derselbe nämlich identisch ist mit dem Dragonneau de Claie s. G. gratianopolensis. Die Beschreibung des Weibchens desselben lautet?): L’extrömite posterieure est divisee en trois lobes courts, dont un dorsal ou superieur et deux late- raux. Le prolongement de la ligne ventrale correspond ä lincisure, qui s&pare les deux lobes lateraux, la ligne dorsale partagerait le lobe superieur en deux moilies egales, si elle se prolongeait sur 1) Vergl. die Fig. 2 a. a. O. und die hieber gehörige Fig. 2. 2) Loc. cit. pag. 38. 55 ui. — — —!) la matiere blanche (se. die Eier) s’£paisait et finit par acquerir assez de consistance pour sortir entre les trois lobes termi- naux de la queue, en longs ceylindres blanes — — —. Wenn diese Beschreibung ?) vollkommen mit der Beschreibung und Abbildung des 'Schwanzes der Filaria trieuspidata Dufour’s übereinstimmt, so ist die Beschaffenheit des Kopfendes des Dr. de Claix nicht weniger beweisend - die Identität beider; — —?) l’extremite anterieure se termine en un bout arrondi, form& par une calotte hemispherique, blanchätre, demi- ransparente, d’apparence cornee. Schon Churvet sprach sich ganz estimmt für die Identität der Filaria Grylli mit dem Weibchen des Dr. de Claie aus *), und es lässt sich, da, wie ich glaube, die beiden Arten G. aquaticus und G. subbifurcus ganz sicher festgestellt sein den, wohl Nichts dagegen einwenden, jene beiden zu einer dritten zu vereinigen, für welche ich statt des wenig bezeichnenden Namev gratianopolensis die Dufour'sche Benennung G. trieuspidatus vor- 3 agen möchte, zumal auch der G. subbifureus seinen Speciesnamen einer Eigenthümlichkeit des Weibchens entlehnt hat. Charvet hat auch = Männchen dieser Art heobachtet, welche, wie die Männchen der bei- _ den anderen Arten unter sich, weniger auffallend von diesen unter- schieden zu sein scheinen. Das Männchen des G. subbifureus würde zwar deutlich sich durch die Gestalt seines Kopfendes vor beiden an- ‚deren auszeichnen, während das Kopfende des G. aquaticus dem des’ 6. trieuspidatus sehr ähnlich zu sein scheint; doch giebt Charvet °) dass die Schwanzgabel des G. trieuspidatus tiefer getheilt zu sein ien, als die des G. aquaticus (d. i. Dr. de Risset), und in der. That sst die grosse Verschiedenheit des weiblichen Schwanzendes zwi- schen G. aquaticus und tricuspidatus einige Verschiedenheiten der innlichen Schwanzgabel erwarten, weil bei dem Begattungsact die stalt und Beschaffenheit dieser beiden Theile wesentlich in Be- A kommt (vergl, unten), und eine, wenn auch geringe derartige Verschiedenheit auch zwischen den Männchen des G. aquaticus und ifureus sich findet. Fernere Untersuchungen müssen hierüber - Das Folgende enthält zunächst eine allgemeine Beschreibung des Sordius und der beiden Species: G. aquatieus und G. subbifureus mit orhebung der äusseren, zoologischen Kennzeichen; dann folgt die ‚Pag. 42. -#) Nur höchst ungenau und unvollständig hat Diesing die gute und klare. Be- schreibung.Charwet's in der Diagnose des G. gratianopolensis wiedergegeben. 2) Pag. 38. *) Loc. cit. pag. 43. ®) Loc. eit. pag. 45. 56 Beschreibung der einzelnen Organe und die Entwicklungsgeschichte; am Schluss folgt die kurze Diagnose der drei Gordius-Species sowohl, als der beiden Mermis-Species, welche Herr v. Siebold. zusammenzustellen die Güte hatte. Die Körpergestalt des Gordius ist bekannt und durch die ver- schiedenen Namen, die ihm von älteren Autoren gegeben wurden t), hinlänglich bezeichnet. Ein Querschnitt des Körpers ist kreisrund (Fig. 7), ohne Abplattung am Bauch und Rücken, wie bei Mermis. Eine allgemeine Bestimmung der Länge des geschlechtsreifen Thieres lässt sich nicht angeben, weil dieselbe innerhalb weiter Gränzen schwankt, und es liegt hierin ein auffallender Unterschied von Mermis, so wie überhaupt vielleicht bei keinem Thier im fortpfllanzungsfähigen Zustande die Grösse der einen Dimension des Körpers so beträcht- lichen Schwankungen unterliegt. Es giebt Männchen von der Länge eines Fusses und darüber, und solche, welche kaum 2” messen. Die von mir untersuchten lebenden Männchen hatten alle eine mittlere Länge von 3—6”, während ich fusslange Weingeistexeniplare ver- gleichen konnte. Diesing’s Angabe zu Folge finden bei den Weibchen noch beträchtlichere Schwankungen statt: diese sind danach die grös- seren, indem sie bis zu 3%,’ Länge erreichen; die von mir unter- suchten Weibchen waren kürzer als die meisten Männchen, ihre Länge betrug zwischen 3 und 4%/,”. Die Dicke nimmt keineswegs propor- tional der Länge zu, sondern scheint im Gegentheil nur sehr geringen Schwankungen zu unterliegen. Sie betrug bei den 3—6” langen Männchen, G. aquaticus sowohl wie G. subbifureus, zwischen %, und !/,", bei einem in Weingeist aufbewahrten männlichen G. aquaticus von 45” Länge zwischen Y, und Y,”, und ebenso viel bei einem 41” langen männlichen G. subbifurcus. Die Weibchen sind dicker, als die Männchen, auch bei bedeutenderer Länge der letzteren: bei einem Männchen von 4°/,” Länge betrug der grösste Durchmesser in der Mitte des Leibes 0,3”, bei einem Weibchen von 3” Länge 0,4”; eine ent- sprechend verschiedene Dicke besitzen auch die in beiden Geschlech- tern gleich gestalteten Vorderenden des Leibes. Die im Allgemeinen braune Farbe kommt in manchfachen Nuan- eirungen vor. Die Männchen’ sind durchgehends dunkler und vor- wiegend schwärzlich gefärbt, vom glänzenden Mäusegrau bis zum tief- sten glänzenden Braunschwarz, welches an einigen Körperstellen auch in reines Schwarz übergehen kann. Die Farbe der Weibchen ist stets heller und nicht glänzend, vom Isabellgelb fast bis zum gesättigten Gelbbraun. Auf der Mittellinie des Bauches und des Rückens verläuft ') Vergl. Diesing, Systema helminthum. II, pag. 8%. rn re Den 57 "bei Männchen und Weibehen ein dunklerer Längsstreif, der auch bei den übrigens dunkelsten Männchen noch wahrnehmbar ist. ' = Eine Mundöffnung liegt auf dem Vorderende, nicht genau in der _ Längsaxe des Körpers. Ein After fehlt. Die Geschlechtsöffnung ist bei beiden Geschlechtern am Schwanz- ende gelegen. Während als allgemeines Kennzeichen des Genus Gor- dius das bekannte gabelförmig gespaltene Schwanzende des Männchens, vor welchem auf der Bauchfläche die Geschlechtsöffnung gelegen, an- gegeben werden kann, lässt sich von dem Schwanzende des Weib- ns im Allgemeinen nur sagen, dass eine eigentliche Gabel fehlt, und dass die Geschlechtsöffnung nahezu am Ende der Längsaxe des Kör- pers, auf einer Endfläche liegt. Ds M Gordius aquaticus. Von dieser Species besass ich zehn Männchen und vier Weibchen. )er sogleiclr am Meisten in die Augen fallende Unterschied der Ge- eehter, auf welchen ich bier zunächst eingehen muss, besteht in Gestalt des Schwanzendes. Der Körper des‘Männchens verjlingt ı ein wenig bis in die Gegend der Geschlechtsöffnung auf einer ecke von etwa %,” und läuft dann, vom Rücken zum Bauch ge- spalten, in zwei kurze Schenkel, in die Schwanzgabel aus (Fig. 12, 13). Die Länge jedes Schenkels beträgt Y," und ist auch bei Individuen von der verschiedensten Körperlänge kaum Schwankungen unterworfen ; die Dieke und Breite ist Y,—Y,", und der Schenkel endigt, ohne Zu- pitzung oder Verjüngung, abgerundet. Die Gabel ist so gelegen, dass las Perinäum zwischen den beiden Schenkeln sich in die Mittellinie des Bauches und des Rückens fortsetzt (Fig. 12). Schon eine kurze Strecke r der Spaltung beginnt der Körper meistens sich nach der Bauch- e hin zu krümmen, so dass die Gabel nach Art der Schwanzenden er Nematoden-Männchen hakenartig umgebogen getragen wird. Die Schenkel schliessen für gewöhnlich nur einen kleinen Winkel ein. Be- achtet man die Gabel von der Bauch- oder Rückenfläche, so ist die undung am Ende jedes Schenkels nicht gleich auf der innern und sern Seite (Fig. 12), sondern während beide innere einander zu- wendete Schenkelflächen fast in grader Richtung bis zum Ende ver- en, kommen die äusseren Flächen in um so höherem Grade ge- krümmt auf jene zu; man könnte die Gabeläste in geringem Grade gegen einander gebogen nennen. Die Ansicht von der Seite (Fig. 43) zeigt die bauchwärts gerichtete Krümmung beider Schenkel und ein starkes Hervortreten der Rückenfläche des Körpers grade oberhalb der Spaltung, indem der Dickendurchmesser des Körpers (vom Rücken 58 zum Bauch) ziemlich plötzlich in den geringern der Gabeläste über- geht. Die Projection des Perinäums würde etwa Y,—Y, Kreisbogen darstellen, nicht eine grade Linie. Untersucht man das Schwanzende von der Bauchfläche mit einem Deckglase bedeckt und mässig gedrückt, so ist es bei der Dicke des Objects und bei der erwähnten Krümmung. kaum anders möglich, als dass beide Schenkel sich etwas seitwärts legen, wobei dann der obere Theil des einen, d. i. sein Ursprung vom Körper, etwas über den des andern zu liegen kommt, scheinbar als ob die beiden Gabeläste nicht gleichmässig an den Leib gefügt wären, sondern der eine über den andern übergriffe, ihn umfasste. Berthold *) glaubte, es sei wirklich so; man kann aber leicht nach Belieben bald dem einen, bald dem andern Schenkel diesen Anschein geben. Der letzte Theil des Körpers selbst, auf einige Linien Länge, und die Gabel pflegen dunkler gefärbt zu sein, als der übrige Körper und der dunkele Längsstreifen auf Rücken und Bauch entspringt aus dem Perinäum. Die männliche Geschlechtsöffnung (Fig. 12, 43a) liegt am Ende der Mittellinie des Bauches, unmittelbar vor dem als seichte Furche beginnenden Perinäum. Die nähere Beschreibung der Oeffoung und ihrer Umgebung muss ich auf einen spätern Abschnitt verschieben. Das weibliche Schwanzende (Fig. 3)?) ist von allen Seiten ganz gleich beschaffen, es endigt nach geringer Verschmächtigung stumpf, wie abgeschnitten, bildet eine Endfläche, jedoch mit abgrundetemn kreis- förmigem Rande (Fig. 3 AA). Diese Endfläche ist schwach concav und in ihrer Mitte liegt die weibliche Geschlechtsöffnung (Fig.3«). In dieser. Beschaffenheit des weiblichen Schwanzendes liegt. ein haupt- sächlicher Speeiescharakter. Einen andern ebenso wichtigen bildet die Gestalt des Kopfendes, die in beiden Geschlechtern durchaus gleich ist. Nur unbedeutend und sehr allmählich nimmt der Durchmesser des Körpers nach vorn zu ab, und nachdem derselbe Y,—!/," vor dem Ende sein Minimum auf dieser Seite erreicht hat, ist der äusserste Theil des Kopfendes wiederum etwas verdickt, um dann abgerundet zu endigen (Fig. 4, 8). Zuweilen ist sowohl die Einschnürung, als die darauf folgende knopfförmige Anschwellung nur in sehr geringem Grade aus- gesprochen, was aber, wie sich bei der Beschreibung des Kopfendes der anderen Species ergeben wird, das Charakteristische dieses Körper- abschnitts durchaus nicht beeinträchtigt. Numerische Angaben über die Dimensionen werden unten folgen. Das vor der Anschwellung gelegene zugerundete Ende ist nicht gleichmässig an der Rücken- und Bauch- ') Ueber den Bau des Wasserkalbes, pag. 6. ?) Die Figuren 1—6 sind in geringerem Maasse vergrössert gezeichnet, als alle übrigen. 59 fläche, sondern die letztere ist im Verhältniss zu der gewölbtern Rückenlläche wie flachgedrückt (Fig. 9), und wenn man die Mund- öfinung als den Vereinigungspunkt beider Flächen betrachtet, so greift die Rückenfläche nach vorn etwas über, es liegt mit anderen Worten der Mund nicht in der Axe des Körpers, sondern ein wenig bauch- ständig (Fig. 9d). Diese Abweichung ist ganz constant, aber nur so gering, dass man sie nur bei Seitenansichten des Kopfendes unmittel- ar wahrnehmen kann, während sie im Uebrigen nur bewirkt, dass ‚man die Mundöflnung von der Bauchfläche leichter und deutlicher er- kennt, als bei Betrachtung des Thieres von der Rückenfläche. -- Grade da, wo die erwähnte knopfförmige Anschwellung des Kopf- endes sich befindet, ist die Haut dunkeler gefärbt, so dass ein sehr deutliches Halsband gebildet wird (Fig. 1 AA), welches sich sowohl der wenn auch dunkelen Färbung des übrigen Leibes, als beson- ders vor dem darauf folgenden äussersten Ende, auszeichnet, indem etzteres immer ganz hell, fast weiss ist, so dass es den Anschein hat, als wäre dem Thier ein weisses Knöpfchen vorn aufgesetzt. Es liegt in diesen Verhältnissen der Pigmentirung ebenfalls ein Speciescharakter, leher jedoch bei den überhaupt heller gefärbten Weibchen weniger 1 fallend ist, als bei den Männchen, deren weisses Spitzchen vorn, heller, als irgend ein Theil des Leibes, sie augenblicklich erkennen lässt. Aus dem dunkeln Halsbande EEE der schon erwähnte "Rücken- und Bauchstreifen (Fig. 4 B), welche bei den Männchen eben- s markirter sind, als bei den Weibchen. Gordius subbifurcus. Bei dieser Species beginnt der Durchmesser des Körpers in der Entfernung von A1—1Y,” hinter dem Munde sich sehr merklich nach orn zu verjüngen. Das Vorderende erscheint auf eine lange Strecke chon dem unbewaffneten Auge deutlich zugespitzt. Bis zu einem /a— Ys" hinter dem Munde gelegenen Punkte (Fig. 24 A, Fig. 1044) erfolgt die Abnahme des Durchmessers ununterbrochen und allmählich, an jenem Punkte aber ist ein Absatz, indem die Verjüngung plötzlich 0 rascherem Verhältniss zunimmt, so dass das äusserste Ende noch besonders zugespitzt erscheint (Figg. 2, 10). Hier findet sich über- aupt am ganzen Körper der kleinste Durchmesser, der nur den drit- en Theil von dem eines mittlern Körperabschnittes beträgt. Ich habe bei 45 Männchen und 6 Weibchen, ausser einigen Weingeistexemplaren, e beträchtliche Zuspitzung des Vorderendes ganz constant und sehr harakteristisch gefunden; durch sie unterscheidet schon das blosse uge diese Art von der vorigen mit dem dicken knopfförmigen, gegen den übrigen Körper nur sehr wenig verdünnten Vorderende. Folgende 60 Zahlen mögen den Unterschied beweisen. Bei einern männlichen G. aquaticus und einem männlichen G. subbifureus, die beide 3%,” lang waren, betrug der Durchmesser in der Mitte des Körpers (grösster Durchmesser) nahezu 0,3”, ebenso war bei beiden. der Durchmesser vor der Schwanzgabel gleich, nämlich 0,2”; dagegen war der Durch- messer des G. aquaticus am Vorderende, wo die knopflörmige An- schwellung ist, über 0,2”, während an der entsprechenden Stelle die Dicke des G. subbifurcus nur 0,1” betrug. — Von der Bauchfläche oder vom Rücken betrachtet, endigt das Vorderende meist wie abgeschnitten, stumpf (Figg. 2, 10), nur zuweilen fand ich es in geringem Grade ge- rundet. Die Betrachtung von der Seite lehrt aber, dass daneben eine äbnliche Verschiedenheit der Bauch- und Rückenfläche stattfindet, wie bei G. aquaticus (Fig. 11). Diese beiden Flächen laufen nicht so plötz- lich umgebogen zusammen, wie die beiden Seitenflächen (Fig. 40), so ; dass das Vorderende von der Seite stets mehr zugerundet erscheint, _ und dabei greift ebenfalls die Rückenfläche ein wenig über, der Mund (Fig. 44 d) liegt um ebenso Geringes, wie bei der andern Art, bauch- ständig. Die dunkele Halsbinde der vorigen Art fehlt dem G. subbifurcus, so wie auch die helle Spitze vor derselben; nur allmählich wird die Färbung nach vorn zu heller (vergl. Fig. I u. 2). Das Schwanzende des Männchens zeigt in der Gestalt und Be- schaffenheit der Gabel keine Verschiedenheit von G. aquaticus. Die- Gegend der Geschlechtsöffnung bildet einen schwachen Hügel grade vor der Bifurcation (Fig. 12), doch muss ich die genauere Beschreibung hiervon, so wie von einigen anderen Unterschieden, die sich aber erst bei genauerer Untersuchung am Schwanzende finden, bis zur Bespre- chung der Geschlechtsorgane verschieben, da diese Momente in enge- rem Zusammenhange mit dem Begattungsacte stehen. Das Weibchen besitzt nun noch ausser dem, dem männlichen ganz gleichen, Vorderende einen sehr wichtigen Speciescharakter in der Be- schaffenheit des Schwanzendes, welcher die Art ihren Namen verdankt. Dasselbe ist der Länge nach gefurcht oder in geringem Grade gespal- ten, wenn auch nicht in der Art, dass man diese Beschaffenheit mit der Schwanzgabel des Männchens vergleichen könnte (Fig. 4 [Bauch- fläche], Fig. 5 [Rückenfläche]). Die Gestalt ist sehr eigenthümlich und schon das unbewaflnete Auge bemerkt die Verschiedenheit von dem grade abgestumpften Schwanzende der Weibchen der andern Art. Von der Bauchlläche betrachtet (Fig. 4) lässt sich die Gestalt etwa mit der einer menschlichen Glans penis, die von der untern Fläche gesehen wird, vergleichen. Es erheben sich seitlich von der Mittellinie der Bauchfläche ziemlich plötzlich zwei Wülste (Fig. 4 A A), welche eine anfangs breitere und seichtere, dann enger und tiefer werdende-Furche 61 ‘zwischen sich lassen. Diese Furche spaltet das ganze Schwanzende ; zur Rückenfläche, wo sie plötzlich aufhört (Fig. 5b); sie liegt genau in der Richtung der Mittellinie des Bauches und .des Rückens, deren lünkeler Längsstreif sich durch die Furche fortzieht (Figg. 4, 5 B). Die den Wülste steigen in schräger Richtung von der Bauchfläche gegen die Rückenfläche an, während sie, entsprechend dem Tieferwerden der mittlern Furche, an Höhe zunehmen; und, so wie die Furche, an der Rückenfläche angelangt, plötzlich aufhört, so endigen daselbst auch die beiden Wülste, ohne sich wieder allmählich zu verlieren. Sie erschei- nen bei Betrachtung von der Bauchfläche, und besonders von der zunächst den Körper des Wurms am Ende schräg abgeschnitten, wie eine Flöte, so dass die Rückenfläche länger hinausragt, als die Bauchfläche, und dann auf diese schräge Endfläche seitlich die beiden in ihrer Projection fast bohnenförmigen Wülste aufgesetzt; die Furche zwischen ihnen bezeichnet dann den freigebliebenen Rest der gedach- en schrägen Endfläche. So wird es sogleich verständlich sein, wie Gestalt darbietet. Die Tiefe der Furche oder die Höhe der Wülste ıinterliegt geringen individuellen Verschiedenheiten. _ Die Geschlechtsöffnung ist zwischen den Wülsten, im Grunde der Spalte gelegen, ungefähr am Ende der Längsaxe des Körpers, eher der Rückenfläche etwas genähert, als der Bauchfläche (Fig. 4 «). _ Die Färbung des G. sübbifärcus ist im Allgemeinen dunkeler, es inden sich häufiger Männchen von gesättigt dunkelbrauner Farbe, wäh- end ich bei keinem das eigenthümliche glänzende Mäusegrau fand, velches mehre Männchen des G. aquaticus auszeichnete. Auch die farbe der Weibchen zieht mehr in’s Braune, ist aber in demselben /erhältniss heller, als die der Männchen, wie bei der andern Art. Das jalsband hinter dem Munde, so wie die helle äusserste Spitze fehlen dem G. subbifureus, nur allmählich wird, wie schon bemerkt, die Fär- ing nach vorn zu heller, während das Schwanzende des Männchens, sabel, auch bier der dunkelste Theil zu sein pflegt. Der Pigment- auf einer kürzern oder längern Strecke an den beiden Körperenden. Indem ich die Angabe "der übrigen Speciesunterschiede bis zu wähnen. Nachdem ich die beiden Species erkannt hatte, trennte ich ie, hauptsächlich deshalb, um die Eier und Jungen Höider später von einander unterscheiden zu können. Beide Arten würden i in ganz gleicher D 62 Weise in einem geräumigen Gefässe mit täglich frischem Wasser ge- balten; die Verhältnisse schienen indessen beiden nicht in gleiche Weise zu entsprechen. Der G. subbifurcus war fortwährend in leb- hafter Bewegung, die Begattung fand häufig statt, und Eier wurden in grosser Zahl gelegt. Es starben mir im Verlauf eines Monats und darüber nur zwei Exemplare. Dagegen befand sich der G. aquaticus schlechter, die Bewegungen waren weit (räger, so dass zuweilen der ganze Knäuel ruhig dalag; die Begattung fand seltener statt, und ich. erhielt nur sehr wenige Eier, an denen ausserdem ein später zu er- wähnender U:sstand den Mangel voller Lebenskraft der Eltern zu be- urkunden schien. Am Auffallendsten aber war die Sterblichkeit in dieser Art; ich musste fast die Hälfte meiner Exemplare nach dem Tode untersuchen. Die Art des Todes, oder vielmehr die yoraus- gehende Krankheit war immer ein und dieselbe. Es zeigte sich näm- lich an dem allmählich träger werdenden Thiere ein feiner weisser Flaum, zuerst nur an einem oder an den beiden äussersten Körper- enden, in der Nähe des Mundes und der Geschlechtsöffnung; dieser Flaum war ein Fadenpilz, welcher mit ausserordentlicher Schnelligkeit sich von den beiden Enden nach der Mitte zu ausbreitete und endlich die ganze Haut überzog. Verderblicher, als dies aber war die gleich- zeitige Zerstörung im Innern, denn ebenso, wie auf der Hautoberlläche, bereitete sich der Pilz auch im Leibe aus, wobei alle Organe ange- füllt und zerstört wurden; von der Mundöffnung einerseits: und von der Geschlechtsöffnung anderseits drang der Pilz hinein. Der Wurm stirbt erst allmählich während der Ausbreitung des Parasiten ab; der mittlere Theil des Körpers lebt noch, bewegt sich, während Kopf und Schwanzende schon ganz abgestorben schlafl herabhängen. Die zwei Exemplare des G. subbifureus, welche mir zu Grunde gingen, starben an derselben Krankheit. Der Pilz war in allen Fällen genau derselbe und pflanzte sich wohl ohne Zweifel durch Ansteckung fort, trotz vor- sichtiger Absonderung der Erkrankten; aber da ich denselben niemals anderswo in dem Gefässe fand, worin die Gordien waren (ausser den Gordien war Nichts in dem Wasser), von wo er sich hätte zufällig ‘ über die vielleicht anderweitig kranken Würmer ausbreiten können; da ich auch an diesen immer als das erste Zeichen des Erkrankens schon. den Pilz an und im Vorder- oder Hinterende oder an beiden zugleich fand, so muss ich glauben, dass derselbe in besonderem cau- salen Zusammenhange mit dem Absterben der Thiere steht, dass der Pilz die Krankheit selbst und der lebende, gesunde (?) Gordius der für seine Entwicklung nothwendige oder dieselbe ganz besonders begün- stigende Boden ist. Es sind auch, was von Wichtigkeit ist, ‚nicht ' meine Gordien allein, die auf die beschriebene Weise zu Grunde gin-. gen, sondern aus den sogleich anzuführenden Worten des Alexandre | | 63 le Bacounin *) geht hervor, dass dieser dieselbe Krankheit und Todes- der Gordien beobachtete. Er sagt: Les Gordius sont fort sujets ine moisissure, qui recouyre leur corps en tout ou en partie. La isissure commence ordinairement A croitre sur une des extr&mites u corps; elle s’etend ensuite de plus en plus et finit par couvrir tout nsecte, qui en est bientöt Epuise et meurt. Cette moisissure vue au hicroscope presente A Ja vue une multitude de filamens qui se ceroi- nt en tout sens. Der Gordius aquaticus war bei mir jener Krankheit eit mehr unterworfen, als der Gordius subbifureus, obwohl beide neben einander unter ganz gleichen Bedingungen sich befanden. Leider habe ich versäumt, Versuche zu machen, ob die Verbältnisse nicht auch für e günstiger einzurichten gewesen wären; Erde auf den Boden des fässes zu bringen unterliess ich, weil es sonst nicht möglich gewesen ein würde, die Eier aufzufinden. Iı Vergleich zu Mermis ist es sehr merkwürdig, wie lange ab- eschnittene Stücke des Gordius fortfahren sıch zu bewegen und über- aupt gewissermassen lebendig zu bleiben, was schon durch ältere eobachtungen bekannt ist2), denen dann freilich auch wohl das Aus- sen der Stücke zu neuen Würmern hinzugefügt wurde, was nicht jattfindet. Eine zerschnittene Mermis krümmt sich noch einige Male, liegt Jann aber regungslos im Wasser, und fallen die Organe bald der Zer- ‚setzung anheim; in der Erde trocknen die Stücke. Unterschiede zwischen pf- und Schwanzende oder mittleren Theilen konnte ich nicht be- erken. Dagegen habe ich ganz kleine Stückchen von Gordius, eben- lls aber ohne Unterschied der Körpergegend, Tagelang im Wasser bewahrt, wobei sie sich fortwährend bewegten und ganz frisch und ohl erhalten blieben, so dass sie zur Untersuchung tauglich waren. ücke der Weibchen sterben aber früher ab, als männliche. — Wäh- end Mermis, wie früher erwähnt, in der Erde und im Wasser leben inn, trocknet Gordius, selbst in feuchter Erde, bald ein, und wenn an ihn nicht sehr rasch wieder in’s Wasser bringt, so stirbt er, ohne ‚er etwa wieder zum Aufleben gebracht werden könnte; denn Bewegungen, die ganz eingetrocknete Gordien, wenn sie in's Wasser werden, zeigen, sind nur physikalischer Natur. R Ich habe oben einen auf dem Vorderende gelegenen Mund er- ähnt; die bisherigen Angaben über das Vorhandensein desselben en unsicher und zum Theil einander widersprechend. Bacounin ®) „ 1) Observations sur la physique etc. par Rogier, Tome XXXIX, 4791, pag. 213. ®) Vergl. Müller, Verm. terrestr. et fluv. hist. I, 2, pag. 40. — Alex. de Ba- counin, 1. c. pag. 213. — Hanow, Seltenheiten der Natur. I, pag. 592. #) Loe. eit. 64 erkannte eine Mundöffnung, während Müller !) keine Spur davon ent decken konnte. Von Interesse wird unten eine hierauf bezügliche An2 gabe Charvet’s?) sein, welcher sagt, es sei auf der Mitte des Vorder= endes keine Oeffnung vorhanden, dagegen finde sich eine in der Nähe der Mitte, in der Richtung eines später zu besprechenden Kanals an der Bauchfläche, die zuweilen nur sehr undeutlich sei; Charvet selbst ist zweifelhaft, ob er diese Oeflnung als Mund bezeichnen soll, und in der That glaube ich, obwohl hier Abbildungen leider vermisst werden, dass Charvet nicht den nur so äusserst wenig excentrisch gelegenen Mund gesehen hat, sondern eine andere Oeffnung, für welche seine Angaben passen, auf welche ich jedoch erst unten weiter eingehen kann. Auch Dujardin 3) erkannte die Mundöfloung nicht, obwohl Berthold *) dieselbe bereits genauer beschrieben hatte, als sehr eng, tichterförmig und ein wenig bauchständig gelegen. v. Siebold ®) sah dieselbe ebenfalls, äusserte sich jedoch zweifelhaft, ob es nicht nu eine seichte Vertiefung der Haut sei. Oft ist der Mund allerdings‘ recht schwer zu entdecken, und man muss dann geeignete Kunstgriffe zu Huülfe nehmen (z. B. Behandlung der Haut mit Alkalien), doch habe ich ihn bei keinem Gordius vergeblich gesucht; Berthold’'s Beschrei- bung ist im Allgemeinen richtig, obwohl seine Ansicht über Organe mit denen der Mund in Verbindung stehe, durchaus irrthümlich ist, was bereits v. Siebold hervorgehoben hat. Wie zu erwarten, schliesst sich Gordius binsichtlich der Beschaffenheit und Grösse der Mund- öffnung an Mermis an; Genaueres darüber bei den Verdauungs- und Ernährungsorganen. ; Es ist auch ein After des Gordius beschrieben: Charvet °) hielt die von dem Schwanzende gelegene Ausmündung eines vermeintlichen Darms für den After; Berthold”) sprach als solchen die Geschlechts- öffnung an, vor welcher er einen Darm und die Geschlechtsorgane zu einer Cloake sich vereinigen liess; schon v. Siebold ®) erkannte diesen Irrthum, und Berthold’s Beschreibung passt ganz genau für männliche und weibliche Geschlechtsöffnung; dagegen muss es zweifelhaft bleiben, ob Charvei nicht eine andere vor dem Schwanzende vorhandene (später zu beschreibende) Oeffnung für den After hieli, da wenigstens die’ 2) Loc. cit. pag. HH. 3) Loc. cit. *) Loc. cit. pag. 44, Fig. 17 f. j °) Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte. 14843, II, pag. 307. | ®) Loc. eit. pag. 4. u ?) Loc. cit. pag. 12. | j n % [ '| Historia vermium teırestrium et fluviatilium. Vol. I, 2, pag. 31. | | ®) Loc. cit. pag. 303. t 65 Beschreibung der Lage desselben bei den Weibchen nicht für die Ge- hlechtsöffnung passt, und er diese als auch solche kannte. Diese eben ähnte Oeffnung ist indessen sicher kein Alter, wie aus der Be- sc hreibung der Organisation der Ernährungsorgane hervorgehen wird. iesing hat mit Recht die Gordiacea an die Spitze seiner Ordnung der \procta gestellt. Ich gehe nun zur Beschreibung der einzelnen Organe ber, welche, wo nicht besonders die Species angeführt ist, für beide \rten gilt. Die Haut. Die Haut des Gordius ist, im Allgemeinen der Haut von Mermis nalog, aus drei Schichten zusammengesetzt; aus. einer Epidermis, einem Corium und einer aus gekreuzten Fasern bestehenden Schicht, elehe letztere aber wahrscheinlich richtiger, wie sich ergeben wird, nur als ein in gewisser Weise besonderer Theil des Coriums betrachtet erden muss, wie denn auch dieselbe ihrer Lage nach nicht der ge- euzten Faserhaut von Mermis, die eine ganz selbstständige Schicht entspricht, da diese zwischen Epidermis und Corium, jene des Sordius aber unter dem Corium gelegen ist. Unmittelbar unter der dermis liegt bei Gordius das Gorium. Letzteres ist auch hier die i weitem mächtigste Schicht, deren Durchmesser von Yo — Yao” fast e Dicke der ganzen Haut ausmacht. Am unverletzten Thier erscheint s Corium zu beiden Seiten als ein lichter brauner Saum (Figg. $, 1, 40,41 u), der nach aussen durch einen schmalen dunkelern Reifen, © Epidermis, begränzt ist. Querschnitte des Leibes an den verschie- ensten Punkten lehren, dass diese Haut einen ganz regelmässigen und ı allen Punkten der Peripherie völlig gleich beschaffenen Cylinder- bildet (Fig. 76), und nicht jene drei nach innen vorspringen- "Längsleisten von Mermis besitzt. Nach dem Vorderende zu wird je ganz allmählich und continuirlich dünner und erreicht in der Um- ang des Mundes den kleinsten Durchmesser von Yyso— Yıso“ sg.8,9,40, 44). Fast auf der Mitte des Vorderendes aber schwillt s Corium ganz plötzlich zu einem nach innen hineinragenden koni- hen Fortsatz an, welcher von der Mundöffnung und dem Mundkanal urchbohrt ist (daselbst d). Die Grösse und Gestalt dieses Fortsatzes, 's Mundtrichters, zeigt Verschiedenheiten der beiden Species, die ich t in einem spätern Abschnitt beschreiben werde. Am Schwanzende, vohl des Männchens als des Weibchens, ist das Corium ebenfalls, ber nur in geringem Grade verdünnt. Um die Geschlechtsöffnung bildet s bei beiden Geschlechtern einen ringförmigen, nach aussen vorsprin- ‚enden Wulst (Figg. 3, 4, 42, 13a), und geht von hier aus, wie bei Mermis, in die die inneren Generationsorgane bildende Haut unmittel- Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Bd. 5 66 bar über. Längsschnitte, scheinbare und wirkliche, lassen eine fein parallele Streifung erkennen, welcher auf Querschnitten des Hant- eylinders concentrische Linien entsprechen. Trotz dieser Andeutung” aber der schichtweisen Zusammensetzung oder Auflagerung, gelang es nicht, das Corium, wie hei Mermis, zu spalten in der Richtung jener Linien; es ist überhaupt weit derber und fester bei Gordius, als bei Mermis. Eine bedeutendere Verschiedenheit von letzterer besteht abe darin, dass das Corium des Gordius nicht structurlos ist, sondern dass jede- der durch die erwähnten Strecken oder Linien angedeuteten Schich ten aus einer doppelten Lage sehr feiner Fibrillen besteht. Bei einigen” Exemplaren liess das Corium schon ohne alle Behandlung eine zarte, blasse Zeichnung von sich kreuzenden Fasern erkennen (Fig. 45 c), und bei Zusatz von kaustischem Alkali sowohl wie von Essigsäure stellte” sich diese Structur ganz deutlich heraus. Die Fasern jeder Lage laufen” ganz dicht und parallel neben einander in einer Spirale um den Kör-” per, welehe in der einen Lage von Rechts nach Links, in der darauf folgenden von Links nach Rechts gerichtet ist, so dass die Fasern sich unter nahezu rechtem Winkel kreuzen. ‘An Schnitträndern lockert sich unter Wirkung der genaunten Reagentien der Zusammenhang der Fi-7 brillen, so dass sie einzeln. auf kurze Strecken hervorragen. Es könnte nach diesem Verhalten zweifelhaft erscheinen, ob diese Hautschicht dem structurlosen Corium und nicht vielmehr der wenn-” gleich sehr dünnen Faserhaut von Mermis zu parallelisiren sei. Dafü liegt aber in der That kein zwingender Grund vor, da vielmebr einer-" seits das Verhältniss, in welchem die fragliche Hautschicht mit den inneren Organen, mit Verdauungs- und Geschlechtsapparate steht, durch aus gleich demjenigen dieser Organe zu dem Corium von Mermis ist, und somit beide Theile in dieser wichtigen Beziehung gleichwerthig sind, und da anderseits, jene Structur des Goriums von Gordius nur ein Analogon ist zu dem Verhalten einer andern ähnlichen Haut in einigen Fällen, mit welchen ich das Corium von Mermis bereits oben. verglichen habe: die Membrana Descemetii, in den meisten Fällen bis auf lamellösen Bau structurlos und daher dem Corium von Mermis ver- gleichbar, zeigt bei den Vögeln, den Beobachtungen Valentin’s *), Pappen- heim’s?) und Huschke’s ?) zu Folge, eine Zusammensetzung aus recht- winklig sich kreuzenden, beim Pferd, Rind, Hirsch, nach Pappenheim eine Zusammensetzung aus parallelen Fäden. Das Corium des Gordius ist schwer löslich in Alkalien (schwerer, als das von Mermis); es ist in hohem Grade dehnbar und elastisch, so .!) Repertorium, 4836, pag. 315. 2) Gewebelehre des Auges, pag. 65. ®) Sömmering, vom Baue d. menschl. Körpers. Eingeweidelehre, pag. 675. 67 E ein Stück des leeren Hautceylinders sich bis fast auf das Doppelte seiner Länge strecken lässt. © Die Epidermis ist mit der äussern Oberfläche des Coriums schr vereinigt, so dass sich erstere nur durch starkes Streichen mit lem Skalpell in kleineren Stücken isolirt darstellen lässt. Hast bei edem Individuum bietet diese Haut ein besonderes, von dem der übri- etwas abweichendes Ansehen dar, woraus aber keineswegs auf eine wirkliche Structurverschiedenheit bei den einzelnen Individuen geschlossen werden darf, da die Untersuchung vieler Exemplare so- gleich herausstellt, dass man es mit Entwicklungsstadien ein und der- selben, eprünglich stets gleich beschaffenen Haut zu thun hat. Ich e diese Phasen einer fortschreitenden Entwicklung bei den von mir jersuchten Gordien bis auf die kleinsten Nuancen repräsentirt ge- funden, und es ergab sich daraus mit völliger Sicherheit, dass die Epi- -dermis ursprünglich aus kleinen sechsseitigen, epitelartig 'abgeplatteten kernhaltigen Zellen besteht, welche sich einzeln darstellen lassen. Alle ‚beobachtenden Verschiedenheiten redueiren sich nun darauf, dass ‚diese Zellen, wie bei Mermis albicans und nigrescens, sowohl in ihrem "Innern ‚als nach aussen mit, einander verschmelzen, um’ zuletzt eine ‚völlig homogene zusammenhängende Haut zu bilden, ach welcher kaum noch schwache Spuren sechsseitiger Felder zu erkennen sind. Zwi- schen diesen beiden Extremen, von denen das erstere am seltensten gefunden wird, kommen alle nöplichen Zwischenstufen der Verschmel- ung zur Beobachtuug. Die Kerne der Zellen verschmelzen zuerst als t ennen, dann aber werden sie mit dem Zellinhalt Eins. Indem eichzeitig der Unterschied zwischen Zellmembran und Zellinhalt sich mählich verwischt, stellt nun jede Zelle ein kleines flaches Schüpp- ‚oder Plättchen dar (Fig. 15a, Fig. 7a). Dies ist ein Stadium, es ich sehr häufig fand; durch Streichen mit dem Messer oder ‚durch Behandlung mit Alkali lassen sich die einzelnen Schuppen eicht isoliren. Sie sind durchaus braun gefärbt und völlig homogen ; der mittlere Theil, dem früheren Kerne entsprechend, ist etwas ge- lbt; die Ränder krempen sich gern um. Betrachtet man ein unver- tes Hautstück, so erkennt man nach dem Rande des Präparats zu en Buckel, welchen jedes Schüppchen besitzt, sehr deutlich. Nach ‚Kopf- und Schwanzende zu werden die Plättchen allmählich klei- ‚ner und flacher, so dass hier der Contour des Körpers gleichmässiger, glatt erscheint, nicht rauh von den in der Mitte des Körpers einzelnen orspringenden Schuppen. Der Durchmesser derselben beträgt, wie ‚der der ursprünglichen Zellen, Y,30— Yıso”. Bei weiter fortschreiten- dem Verschmelzungsprocess haften die Plättchen fester an einander und nach und nach hört die Isolirbarkeit der einzelnen auf; da, wo früher 5* 68 zwei Zellwände an einander gränzten, zeigt sich jetzt nur noch eine helle Linie, in welcher sehr oft kleine glänzende Pünktchen, höchst wahrscheinlich kleine Fetttröpfehen, reihenweise liegen. Die ganze Haut zeigt jetzt nur noch eine Zeichnung sechsseitiger Felder, und auch diese kann noch bis zur fast völligen Homogeneität verwischt werden. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass je weiter die Ele- mente der Epidermis in dem sowohl innern, als äussern Verschmel- zungsprocesse vorgeschritten sind, desto fester diese Haut mit dem darüber liegenden Corium verklebt ist, so dass in dem zuletzt ge- nannten Stadium eine theilweise Trennung nur selten noch gelingt. Diesem Verhalten der Epidermis zu Folge darf nun wohl mit völ- liger Sicherheit geurtheilt werden, dass der Gordius tolosanus Dijar- din’s nichts Anderes ist, als ein Gordius aquaticus (oder vielleicht subbifurcus) (vergl. oben), dessen Epidermis noch deutlich die Zu- sammensetzung aus sechsseitigen Feldern oder Schüppchen zeigte, wel- chen allein aus diesem Grunde Duwjardin von dem Gordius aquaticus trennte, da er an einem andern Exemplare keine Epidermis nach- weisen konnte, die aber gewiss vorhanden, nur wahrscheinlich in dem letzten Stadium der Verschmelzung und daher von dem OR nieht trennbar, so wie schwer wahrzunehmen war. Einige der ursprünglichen Zellen’ der Epidermis zeigen noch eine besondere Entwicklung. Man bemerkt nämlich, hauptsächlich häufig bei den Männchen, bei Betrachtung der Haut von der Fläche zwischen den sechsseitigen Feldern hie und da einzeln und unregelmässig ver- theilt stehende helle, etwas grössere Flecken oder Felder, in deren \ Mitte ein noch hellerer glänzender Punkt sich befindet (Fig. 15 b, Fig. 413g). Von der Seite gesehen erkennt man diese Felder als flache Wärzchen, aus deren Mitte sich ein kürzeres oder längeres Spitzchen erhebt. Es finden sich diese Wärzchen vorzugsweise auf der Bauch- fläche des Schwanzendes beim Männchen, oberhalb der Geschlechts- öffnung; ferner am Vorderende, sowohl auf der Bauch-, als auf der Rückenfläche. Sie fehlen auch den Weibchen nicht, und einige Male habe ich sie auch bei ihnen besonders am Schwanzende entwickelt gefunden. Ihr Vorkommen, ihre Ausbildung und Zahl zeigte keine Beständig- keit, und oft war das erwähnte Spitzchen im Centrum kaum angedeutet. Warzen und Spitzen oder Borsten anderer Art finden sich noch in grosser Zahl constant an bestimmten Stellen des männlichen Schwanz- endes, in der Umgebung der Geschlechtsöffnung entwickelt; da diese indessen einen Theil der äussern Geschlechtsorgane ausmachen, so sollen sie später erst berücksichtigt werden. Charvet *) beschrieb die Haut als von vielen Poren durchbohrt, !) Loe. cit. pag. 39. 69 und ebenso nahm Berthold!) da, wo zwei sechsseitige Felder der Epi- dermis zusammenstossen, eine Pore an. Schon v. Siebold?) hat sich über diese Poren, als irrthümlich, ausgesprochen, er erkannte die Zu- sammensetzung der Epidermis aus kernhaltigen gewölbten Zellen, und die Poren der Autoren sind entweder, wie v. Siebold meint, die Kerne ieser Zellen, oder, was mit der Besuoschenk Berthold’s noch mehr a stimmen scheint, die kleinen Fetttröpfchen, die ich oben als zwi- schen den verschmolzenen Zellen gelegen erwähnte; auch mögen viel- eicht jene Wärzchen mit der kleinen mittlern Spitze zu der Annahme von Poren verleitet haben, welche letztere ich an keiner Stelle der aut gefunden habe. Dujardin ®) hielt die kleinen Fetttröpfchen zwi- schen den Epidermisschuppen bei seinem G. tolosanus für den opti- hen Ausdruck kleiner nach innen vorspringender Spitzchen, doch vergleicht er sie selbst schon mit perlschnurartigen Reihen kleiner Körnchen, was sie in der That sind. Die Structur des Coriums er- sannte zuerst Dujardin, und derselbe zählte 20—24 Lagen feiner gekreuzter Fibrillen; übereinstimmend sind auch die Beobachtungen . Siebold’s. Ungleichmässige Verschmelzung der Epidermiszellen, wie ich sie bei M. albicans beschrieben habe, in Folge deren sechs der Länge nach verlaufende Rhaphen, entsprechend denen der Faserhaut, eut- anden, findet bei Gordius nicht statt. Die chemische Beschaffenheit der Epidermis zeigt Verschieden- heiten, die proportional den scheinbaren Verschiedenheiten der Structur ind. Sie ist überhaupt schwer löslich in Alkalien, und zwar in desto jöherem Grade schwer löslich, je weiter die Verschmelzung der Ele- nente vorgeschritten ist. In früheren Entwicklungsstadien lassen sich e einzelnen Plättchen durch Alkalien isoliren, indem die verbindende Intercellularsubstanz gelöst wird; je mehr diese mit den Zellwandun- en und dem Zellinhalt Eins wird, desto gleichartiger auch in chemi- cher Beziehung, desto unlöslicher wird die. Membran. Es befindet sich nun unter dem Corium, zwischen diesem und n Muskeln, noch eine sebr dünne einfache Lage gekreuzter Fibrillen, elche nicht sowohl als eine besondere dritte Hautschicht, als viel- ehr als eine, in gewisser Weise besondere, nämlich jüngste Lage des joriums betrachtet werden kann. Die Fibrillen haben dieselbe Dicke, yelelie denen zukommt, aus welchen die einzelnen Schichten des Co- jums zusammengewebt sind, und ihre Anordnung ist ebenfalls die- Ibe, wie im eigentlichen Corium. Aber diese unterste Schicht trennt N) Loc. eit. pag. 6. ®) Loc. cit. pag. 303. #) Loc. cit. pag. 146. 70 sich‘ sehr. leicht vom Corium, so zwar, dass sie sich als eine zu- sammenbängende Membran überhaupt nicht -darstellen lässt, sondern ” sich bei jeder Art der Präparation äusserst leicht in ihre Elemente zerfasert; die Fibrillen isoliren sich auf lange Strecken, und bleiben zum Theil auf der innern Fläche des Coriums, zum Theil auf der äussern Fläche des Muskelcylinders haften (Fig. 15d). Das, was ausser diesem Verhalten diese Faserschicht sehr leicht zur Anschauung bringt, ist die dunkele Färbung der Fibrillen, welche besonders auf der Mittel- linie des Bauches und des Rückens ausgesprochen ist, wo sich die sehon genannten dunkelen Längsstreifen finden. — Erwägt man die’ durchaus gleiche Structur dieser untersten Schicht und jeder der ein- zelnen Lagen, welche, fest mit einander verklebt, das Corium bilden, und den Umstand, dass das Wachsthum des Coriums nur durch” schichtenweises Anlagern von innen her stattfinden kann, ein Vorgang, der deutlich in dem lamellösen Bau dieser Haut sowohl bei Gordius als bei Mermis angedeutet ist, so ist es wohl gerechtfertigt, die zuletzt beschriebene innere Faserschieht als die jüngste Schicht des Coriums anzusprechen, die noch nicht so fest in sich und mit den älteren Lagen desselben verschmolzen ist. Uebereinstimmend mit dieser Auffassung ist das chemische Verhalten, sofern diese jüngste Schicht grössere Löslichkeit in Alkalien zeigt, als das Corium selbst. | Die braune Färbung des Gordius hat ihren Sitz in der Haut, und ” zwar sind alle Schichten an der Pigmentirung betheiligt. Die Epider- 7 mis ist desto dunklerer gefärbt, je weniger die Schüppchen verschmol- zen sind, und entsprechend diesem Verhalten ist auch die jüngste Schicht des Coriums immer der dunkelste Theil dieser Haut. Behand- lung mit Alkalien hell die Färbung auf, und beim Kochen mit Kali wird die ganze Haut fast farblos, wasserhell, wie die Haut von Mer- mis, indem sich der braune Farbstoff rasch auflöst. Grube hat bereits in der Haut des Gordius das Chitin nach wiesen; ich selbst fand diesen Körper in der Haut von Mermis albicans. Wenn te Unlöslichkeit in Alkalien, auch beim Kochen ein unbeding- tes Erforderniss für die präsumtive Annahme des Chitins ist, so müsste ich nach meinen Untersuchungen an Gordien den Chitingehalt leugnen; denn obwohl Alkali in der Kälte die Hautschichten allerdings nicht löste, so widerstanden dieselben doch nach kürzerer oder längerer Zeit dem kochenden Alkali nicht mehr. Hier möchten jedoch folgende Momente zu berücksichtigen sein. Carus !) hat gewiss mit Recht darauf‘ aufmerksam gemacht, dass das Verhornen von Epitelialgebilden bei’ Wirbelthieren unter den Wirbellosen sein Analogon finde in dem Pro- cess des Chitinisirens. Derselbe Autor meint, dass die weite Ver- ') System der Morphologie, pag. 92, 9%. 71 breitung des Chitins bei so vielen Wirbellosen darauf hindeute, dass ‚daselbst ein schneller sich vollendender Metamorphoseneyclus der histo- etischen Substanzen vorliegen möchte, dessen Kreis mit der- Pro- duction des unlöslichen festen Chitins geschlossen werde; man habe es mit einer Reihe sich in einigen Merkmalen übereinstimmend ver- jaltender Substanzen zu thun, deren genauere Unterscheidung mit der hntniss der chemischen Seite des Stoflwechsels bei niederen Thieren zusammenhänge. Auch Leuckart betrachtet das Chitin in diesem ne als eine Collectivbezeichnung. Dieser Ansicht, dass also keines- vegs immer ein ganz bestimmt nach allen Seiten scharf begränzter per, ein concretes «Chitin» erwartet werden darf, sondern dass man: es vielmehr überhaupt mit einer Reihe chitinartiger Körper, die sich noch besser als einzelne Stadien des Chitinisirungs -Processes be- ehten lassen, zu thun habe, reden die Verhältnisse, welche sich an Haut der Gordiaceen beobachten lassen, sehr das Wort. Als ich mein Erwarten die Haut mehrer Gordien sich beim Kochen in i lösen sah, untersuchte ich sogleich die Haut einiger in Wein- ‚aufbewahrter Exemplare von Mermis albicans, die ich früher in kochendem Alkali unlöslich gefunden hatte. Einige Individuen zeigten auch dies Mal diese Unlöslichkeit, die Haut anderer. aber löste sich $ langsam auf. Ebenso fand ich später die Haut von Mermis nigrescens nur schwer löslich in Alkali. Bei genauerer Untersuchung der Gor- dien stellte sich nun heraus, dass auch hier individuelle Verschieden- heiten herrschen, indem die Haut sich bald unmittelbar schon bei Be- ginn des Kochens, bald erst nach einiger Zeit löste. Schon oben habe ich angeführt, Base, den: Grad, der+Lößlichkeit, der Epidermis sich rich- tete nach dem Grade der Verschmelzung der ursprünglichen Zellen; weiter letztere vorgeschritten war, desto mehr Widerstand leistete ‚Haut dem Lösungsmittel; ferner ist die oben als jüngste Schicht s Coriums bezeichnete Schicht stets am leichtesten löslich in Alkali. ägt man nun noch, dass Grube «Chitin», letztes Metamorphosen- ed-also, gefunden hat, und dass die von mir untersuchten Gordien ‚geringen Grösse nach sämtlich jlingere Individuen waren, so ist es in hohem Grade wahrscheinlich, dass die Haut der Gordiaceen mit ‚dem zunehmenden Alter des Thieres einem allmählichen Verwandlungs- ‚esse unterliegt, der sowobl chemisch, als histologisch deutlich wahr- nehmbar ist, ein Process, der in einer Zunahme der Festigkeit und Unlös- liehkeit, Hand in Hand gehend mit allmählich eintretender histologischer indifferenz, besteht, und als dessen letztes Endglied das vollkommene Chitin auftritt. Als ein fernerer unmittelbarer Beleg für die Richtigkeit dieser Anschauungsweise muss die interessante Beobachtung Leydig’ Re) ’) Diese Zeitschrift. Bd. VI, p. 13. 12 angesehen werden, welcher fand, dass der Kauapparat junger Indivi- duen von Stephanoceros sich vollständig in kaustischem Kali löst, wäh rend der des erwachsenen Thieres, wie bekannt, ganz unlöslich ist. Was für das Chitin in der oben Ensdienteten Bezichiehie gilt, hat seine Geltung für alle jene Körper, welche die organische Chemie als Pro- ducte des thierischen Stoffwechsels zwar, aber nur als einzelne Punkte, einzelne Glieder aus einer langen Kette herausgreift, deren genaue De- finirung, d.i. ihr augenblicklicher transitorischer Zustand nicht sowohl, als vielmehr das mit Hülfe der Kenntniss desselben erkannte oder zu erkennende Werden und Verwandeln für die Physiologie von Wichtig- keit ist. Und nicht nur für den Physiologen, sondern «selbst für den Chemiker scheint es eine fruchtbarere Auffassung zu sein», um mich der neuerlichst bei Gelegenheit der leimgebenden Gewebe ausgesproch- nen Worte Bruch’s!) zu bedienen, «wenn er die verschiedenen Reac- tionen thierischer Gewebe als in einander übergehende Producte des Stoffwechsels und Wachsthums in gewissen Reihen gleichsam hinter einander kennen lernt, als wenn er sie gleich den Reactionen der un- organischen Elementarstoffe und Verbindungen in ontologischer Weise neben einander’stellt. Die planmässige Verfolgung solcher chemischer Entwicklungsreihen an bestimmten Geweben scheint eine der dringend- sten und dankbarsten Aufgaben der physiologischen Chemie zu sein.» Wie ein allmähliches Chitinisiren der Haut der Gordiaceen in leicht verständlicher Uebereinstimmung mit der Naturgeschichte dieser Thiere, mit den Verhältnissen, unter denen sie in verschiedenen Lebensperioden sich befinden, steht, braucht kaum erinnert zu werden. Eine Häutung, wie sie bei Mermis albicans nach Beendigung des parasitischen Lebens stattfindet, mit welcher diese die Larvenhaut ab-+ wirft, habe ich bei Gordius nicht beobachtet (die von mir untersuchten Exemplare hatten zum Theil erst vor Kurzem ihre früheren Wirthe ver- lassen); auch von auderen Beobachtern finde ich darüber Nichts be- richtet, ausser einer nicht ganz vollständigen Beobachtung von Alexandre de Bacounin?), welcher einen Gordius die Haut des Kopfes abstreifen sah. Verschiedenheiten in naturgeschichtlichen Verhältnissen zwischen Gordius und Mermis dürften übrigens auch keineswegs unerwartet und auffallend erscheinen, da solche die Beschaffenheit der jungen Gordien und deren erste Lebensperioden (s. unten) erwarten lassen. Die Muskeln. Die Muskulatur des Gordius, schon durch die Beobachtungen Char- vel's, Berthold’s, Dijardin’s, v. Siebold’s bekannt, ist ganz analog der ’) Ueber Bindegewebe. Zeilschr. f. wissensch. Zoologie. Bd, VI, p. 152. 2) Loc. cit, pag. 213. 73 von Mermis. Es ist ein aus Längsmuskeln bestehender Cylinder (Fig. 7 d, 8.8, 9, 10, A1c, Fig. 16a), welcher unter der Haut gelegen ist, h ununterbrochen von einem Körperende zum andern erstreckt, und lessen Lumen von den der Ernährung und Fortpflanzung dienenden Organen eng ausgefüllt ist. Die Dicke der Muskelschicht beträgt am mittlern Theile des Leibes, wie Berthold angab, etwa das Doppelte ‚und darüber von der Dicke der Hautschicht, nämlich zwischen Y,;, und %,,”; sie übertrifit demnach die Dicke der Muskelschicht von Mermis bedeutend, während auf der andern Seite bei dieser Gattung die Haut dicker ist, als bei Gordius. Bei Mermis albieans sowohl, als igrescens, ist, wie ich beschrieben habe, der Umfang des Muskel- sylinders drei Mal in der ganzen Länge unterbrochen, so dass ge- ennte, zwei seitliche- oder Bauchmuskelschichten und eine Rücken- uskelschicht vorhanden sind. Jede Schicht besitzt ausserdem eine n der Mitte herablaufende Längsfurche. Bei Gordius fehlt, entsprechend em Mangel von Längswülsten des Coriums, jede Unterbrechung der uskelschicht, und nur eine einzige Furche, in welcher die Muskel- icht gleichsam zu dem Cylindermantel mit den Rändern an einander elöthet ist, findet sich auf der Mittellinie des Bauches herablaufend g.7e). An dem übrigen Umfange ist die Schicht überall geschlossen ind gleichmässig. Die Furche ist auf leicht darzustellenden scheiben- rmigen Leibesabschnitten sehr deutlich zu erkennen; ihr Grund er- icht nicht die Hälfte der Dicke der Muskelschicht, so dass durchaus ne völlige Unterbrechung der letzteren vorhanden ist. Es dient die urche zunächst zur Aufnahme des einzigen Nervenstranges (Fig. 7 f), nalog den bei Mermis beschriebenen Verhältnissen. Die Structur der Muskeln ist wie bei Mermis beschrieben: es sind inne Bänder (Fig. 47), welche mit ihren Flächen fest an einander ügt sind und deren Kanten einerseits an die Haut (jedoch nicht itelbar, wovon sogleich) geheftet sind, anderseits die Leibeshöhle zen. Jedes Band stellt ein Primitivbündel aus einer grossen Zahl t feiner glatter Fibrillen bestehend dar. Die Dicke eines Bandes er Bündels, noch geringer als bei Mermis nigrescens, beträgt Y;oo 500”; die Dicke der Primitivfibrillen Y500”. Auf Querschnitten ie Structur der Bänder durch feine Querstreifen, auf den beiden hen durch zarte Längsstreifung angedeutet. Die Substanz der Muskeln ist straffer und fester, weniger leicht isslich, als bei Mermis; dem blossen Auge erscheint die aus der üt gestreifte Muskelschicht wie ein atlasglänzendes feinfaseriges und in der Längsrichtung spaltbares Band, dessen Ansehen schon rthold mit dem der Sehne verglichen hat. Unter dem Mikroskop itzen die Muskeln eine schwach gelbliche Färbung. In ausgezeich- ‘ Weise zeigen sowohl die innere als die äussere Oberfläche der 74 Muskelschicht, beide durch die Kanten der einzelnen Bänder fein ‚ge reift, Interferanderacheinungen. Sie ist in hohem Grade undurehsichtig, \ was für manche später in Betracht kommende Punkte der Untersuchung sehr hinderlich ist. Die Verbindung der Muskelschicht mit der Haut ist weit inniger; als bei Mermis, und man muss am lebenden Thiere bedeutende Krafl anwenden, um durch Streichen ein Stück des Hauteylinders zu ent- leeren; oft riss eher der ganze Körper, als die Muskeln herauswichen, Da der Muskelcylinder bis auf die Bauchfurche am ganzen Umfang gleich beschaffen ist, so zeigen auch alle Primitivbündel gleiches Ver- halten, gleiche Höhe und Breite, und nur die die Furche bildenden sind etwas. niederer, als die ubrigen- Wie bei Mernis finde ich jedes | Band continuirlich, ohne Unterbrechung und ohne Anastomose von einem Körperende zum andern verlaufen. Die Muskelschicht erreich nicht ganz das äusserste Vorderende, hört etwa Yo” hinter dem” Munde auf, dort also, wo sich bei Gordius aquaticus die Anschwellung und das dunkele Halsband finden. Gegen diese Stelle hin nehmen die einzelnen Bänder an Höhe, die Muskelschicht also an Dicke allmählich ab, und immer dünner werdend verschmilzt sie mit der das vordere Ende des Ernährungsapparats umgebenden Membran in später zu be. schreibender Weise (Figg. 8, 9, 10, 41 g, Fig. 16c); man erkennt diese Art der Endigung zunächst daran, dass die Muskelschicht sich allseitig” von der Haut entfernt und sich nach innen zusammenwölbt: das nähere Verhalten muss durch geeignete Präparation ermittelt werden Bemerkenswerth ist der Unterschied, welcher durch dieses Verhalten des vordern Endes der Muskelschicht zwischen Gordius und Mermis besteht, bei welcher letztern die Muskeln mit dem Gorium verschmelzen, Nach dem Schwanzende zu wird die Muskelschicht gleichfalls nach und nach dünner, setzt sich aber auf der Rückenfläche und einem Theil des seitlichen Umfanges bis zum Ende, beim Männchen bis zum Ende der Gabeläste fort (Fig. 43 e); auf der Bauchfläche dagegen erreicht sie früher, oberhalb der Geschlechtsöffnung beim Männchen, etwa Y;" vor dem Körperende in beiden Geschlechtern ihr Ende, während gleich zeitig eine andere Muskelschicht allmählich an ihre Stelle twitt, die nach hinten zu’an Mächtigkeit zunimmt. Da indessen diese Muskeln nich der Locomotion, sondern bei dem Fortpflanzungsgeschäft dienen, so sollen sie später beschrieben werden. Ich deutete schon an, dass die Muskeln bei Gordius nicht un mittelbar an die Haut, an das Corium gränzen; es besteht nämlich da von Mermis abweichende Verhalten, dass zwischen beiden Organe eine einfache Lage flacher kernhaltiger Zellen liegt, die eine zusammen hängende Membran bilden (Fig. 17 cc). Obwohl diese Zellen ebensowo l der Ernährung der Haut, als den Muskeln dienen mögen, so will i 75 sie doch kurz als Perimysium bezeichnen, besonders da sie bei der räparation stets mit der Muskelschicht in Verbindung bleiben. Man jemerkt dieses Perimysium schon ohne weitere Präparation an gut ge ungenen Querschnitten des Leibes, wo es sich deutlich zwischen n gelbbraunen Corium und der gleichfalls gelblichen Muskelschicht ein schmaler heller Saum zu erkennen giebt (Fig. 7c). Um es nauer zu sehen, muss man den Muskelcylinder möglichst wohl er- halten aus der Haut hervorschieben, was leichter bei eben verstorbenen ndividuen gelingt; au solchen Präparaten erkennt man das Perimysium wohl von der Fläche, als am Rande im Profil als eine Yon” dicke mbran, welche aus fünf- oder sechsseitigen hellen Zellen besteht, welche %,30” breit sind und deren jede in der Mitte mit einem scharf ourirten, das Licht stark brechenden Kern versehen ist. Durch Zufall gelingt es auch nicht selten, Stücken des Perimysiums isolirt zustellen. Abgesehen von den später zu beschreibenden Muskeln auf der achfläche des Schwanzendes besitzt Gordius ebenso wenig, wie Mer- , Quermuskeln. h Ich reihe jetzt hier der Beschreibung der Muskeln die eines sigenthümlichen Organes an, dessen Bedeutung und Function zwar nicht ganz klar, dessen muskulöse Natur nicht sicher ermittelt werden ! e, ha aber jedenfalls weder mit der Ernährung, noch mit er Fortpflanzung in Beziehung steht, auch nicht dem Nervensystem gehörig ist und somit wohl am schicklichsten bei den Locomotions- rganen seinen Platz findet, wofür die Beschaffenheit des Organs eben- am Meisten direct spricht, wenn sie auch nicht mit absoluter herheit diesen Platz als den richtigen erkennen liess. Auf der Mittel- e des Bauches verläuft innerhalb des Muskeleylinders über der dort efindlichen Furche der Muskelschicht ein dieker, nahezu cylindrischer lider Strang (Fig. 7 9, Fig. 20 a) von einem Ende des Leibes bis zum ‚ ohne Unterbrechung und ohne organischen Zusammenhang mit einem andern Organe des Gordius, welcher, um einer sich lleicht zunächst aufdrängenden, aber falschen Deutung sogleich ent- egenzukommen, wie schon bemerkt, nicht nervöser Natur, sondern ler nur der Träger des einzigen Nervenstranges ist, indem letzterer, geheftet auf der Mitte der nach aussen, nach den Muskeln gewen- n Fläche jenes Stranges, in die Furche der Muskelschicht einge- et verläuft (Fig. 7 f, Fig. 20 5). Ich nenne im Folgenden der Kürze ı ' das in Frage stehende Organ den Bauchstrang. Ein Quer- schnitt desselben ist nahezu kreisföürmig an dem grössten Theile seines nges; die nach aussen gewendete Fläche zeigt in Jer Mitte eine Aängsfurche, welche der Furche in der Muskelschicht grade gegenüber iegt; beide Furchen stellen einen Kanal dar, in welchem der Nerven- 76 strang liegt. Der Durchmesser des Bauchstranges ist bis auf die in, den äussersten Körperenden gelegenen Theile überall gleich und be- trägt Yyo— Yo". Das Organ, ein solider Cylinder, ist fest und derb; aus abgeschnittenen oder abgerissenen Körperstücken pflegt es meist als ein dem blossen Auge sichtbarer feiner weisser Faden kürzer oder länger hervorzuragen, und ebenso lässt es sich bei herausgestreiftem Leibesinhalt auf grosse Strecken leicht ganz isolirt darstellen. Das Ansehen des Stranges ist blass, farblos und sehr wenig auffallend, kaum schwache Spuren der Structur sind wahrzunehmen; nur der Querschnitt ist durch einen hellen Glanz ausgezeichnet. Niemals ergab die Untersuchung irgend eine Andeutung vom Vorhandensein eines Lumens, von einer etwaigen kanalartigen Beschaffenheit des Stranges, sondern sowohl Querschnitte, als die Ansichten von der Seite lehrten stets aufs Bestimmteste, dass das Organ ganz solide und überall aus derselben Substanz besteht. Diese Substanz sind äusserst zarte, dicht an einander gefügle Längsfasern, welche, ein rundes Bündel darstellend, in ein zartes häutiges Rohr eingeschlossen sind. Diese Scheide umgiebt die Fasermasse sehr eng und ist so fest mit derselben verbunden, dass sie sich nicht isolirt darstellen lässt, sondern sie sogar an abgerissenen Enden des Stranges immer in gleicher Höhe mit den eingeschlossenen Fasern abreist, oder, was bezeichnender für das Verhalten des Stran- ges, abbricht. Die Scheide besteht aus einer zarten structurlosen Mem- bran, in welcher zahlreiche, sehr schmale langgestreckte Kerne einge- sprengt liegen, welche besonders bei Behandlung mit Essigsäure sehr schön und deutlich hervortreten. Alle Kerne, ohne Ausnahme, liegen in der Richtung des Querdurchmessers des Stranges, und finden sich hauptsächlich in zwei Längsreihen auf dem nach aussen gewendeten Theile des Umfanges, zu beiden Seiten von der Furche, welche den Nervenstrang aufnimmt (Fig. 20). Essigsäure und Alkalien machen die längsfaserige Substanz des Stranges aufquellen und erblassen, und ver- wandeln sie bald in einen zerfliessenden Brei, der aus dem offenen Ende der Scheide herausquillt. Ich habe das beschriebene Verhalten sowohl bei allen Individuen, als an allen Stellen des Leibes völlig gleich gefunden, und es besteht weder mit den Muskeln, noch mit irgend einem andern Organe ein continuirlicher, organischer Zusammen- hang des Stranges. Sehr bemerkenswerth ist sein Verhalten im äusser- sten Kopfende. Da nämlich, wo die schon beträchtlich verdünnte Muskelschicht beginnt, sich von der Haut nach innen abzuheben, um mit dem Anfangstheil des Ernährungsapparats in Verbindung zu treten, verbreitert sich der Bauchstrang nach und nach. Die Furche der Muskelschicht wird tiefer, bis zuletzt eine völlige Unterbrechung der- selben stattfindet, in weleher Lücke der sich ausbreitende Bauchstrang liegt (Fig. 16). In der Höhe, wo die Muskeln ihr Ende erreichen, | | z “@ 77 EEE strahlen die Längsfasern des Bauchstranges nach allen Seiten fächer- sörmig aus einander und bilden so, unmittelbar unter der Haut liegend d bogenförmig zurücklaufend, eine geschlossene Kapsel im Kopfende, deren Fasern man ganz deutlich ohne weitere Präparation durch die Haut erkennen kann (Figg. 8, 9,40, 41 2)%). In diese Kapsel, welche dem Kopfe trotz der beträchtlichen Verdünnung der Haut grosse Festig- keit und Härte verleiht (calotte cornee Charvet’s), ragt von vorn der ndtrichter hinein, welcher sich in einen kurzen Oesophagus fort- etzt, und ausserdem liegt in der Kapsel das den genannten Anfangs- heil "des Verdauungsapparats umgebende centrale Nervensystem, auf lessen Lage und Anordnung ich noch zurückkomme. Die Enden der asern des Bauchstranges scheinen nach Bildung der Kapsel mit der "zu verschmelzen, Im Schwanzende sah ich ebenfalls den Bauch- {rang sich ausbreiten (Fig. 14 g), doch konnte ich nicht mit Sicher- it ermitteln, ob jene Fasern hier eine ähnliche Kapsel, wie im Kopf- nde bilden. Was die Bedeutung und Function des beschriebenen Or- ans betrifft, so bleiben bei sicherem Ausschluss der nervösen Natur zwei Möglichkeiten übrig, nämlich entweder muss der Bauchstrang | eigenthümliches muskulöses Organ angesprochen werden, gegen he Deutung sich aus der Structur, die sehr ähnlich der der Pri- ündel ist, kein Gegengrund erhebt, oder man müsste in ihm feste stützende Axe für den Körper, gewissermassen analog einem 'Skelet (einer Chorda « ventralis»), sehen wollen, welche Function s Träger für das peripherische Nervensystem ohne Zweifel stattfindet, Hauch übrigens, die Natur und Bedeutung des Stranges sein mag. man gegen die letztere Deutung einwenden möchte, dass es , ‚sei, einen Yo — Yso” dicken, wenn auch einigermassen festen en, so können doch auch Bedenken gegen die Annahme eines sondern, von den übrigen Längsmuskeln völlig getrennten Muskel- inges erhoben werden, wiewohl die Structur und die Lage auf der fläche bei dem stets in dichten Windungen verschlungenen Thiere ı wohl den Ausschlag für die letztere Deutung abgeben möchten. Analogon entbehrt das Organ jedenfalls, mag man es auf die e oder andere Weise deuten, sowohl bei Mermis als, nach den bis- igen Beobachtungen, auch bei den Nematoden. Dass dieses als Bauchstrang beschriebene Organ auch den früheren achtern bekannt war, lässt sich aus der Beschreibung der Lage es freilich ganz anders gedeuteten Organs ersehen. So beschreibt Der mit k in Fig. 10, mit f in Fig. 14 bezeichnete und auch in Fig. 5 an- gedeutete helle Strang ist der durchscheinende Bauchstrang. 78 Berthold *) offenbar den Bauchstrang als Darm, indem er ausdrücklich vor Verwechselung mit einem über demselben liegenden, ebenfalls faden- förmigen Organ warnt, welches ich später beschreiben werde, und welches, als ein wirklicher Kanal, eher der Deutung als Darm hätte unterliegen können, als der durchaus solide Bauchstrang; von de spiraligen Windungen, welche Berthold zu erkennen glaubte, habe ich” keine Spur gefunden. v. Siebold?) hat mit den «beiden auf der Bauch“ seite herablaufenden Röhren » gleichfalls den Bauchstrang erwähnt; es ist «die zunächst auf der Bauchwand aufliegende Röhre», die stärkere von beiden, deren oberes und unteres Ende v. Siebold nicht erkennen konnte, und deren Bedeutung er daher zweifelhaft liess. Pr Des Verständnisses und der leichtern Orientirung wegen ist es nothwendig, der Beschreibung des Nervensystems die des Verdauungs oder Ernährungsapparats vorausgehen zu lassen. Der Ernährungsapparat. In der Beschaffenheit des der Verdauung und Ernährung’ dienen- den Organsystems liegt die grösste Eigenthümlichkeit des Gordius, und obwohl sich in Bezug hierauf eine sichere Analogie zwischen Mermis und Gordius herausstellen wird, so zwar, dass ein gemeinsamer Typ des Verdauungsapparats beider Gattungen der Gordiaceen die Trennung derselben als eine besondere Ordnung von allen übrigen Abtheilungen der Würmer in vollem Masse rechtfertigt, so finden sich doch zwi. schen den beiden Gattungen grössere Verschiedenheiten der fraglichen Systeme, als man der Analogie nach vielleicht hätte erwarten sollen, Unterschiede, welche auf den ersten Blick das Durchgreifende, Gemein- same kaum erkennen lassen, für die richtige Deutung und Würdigung der einzelnen, den so sehr complieirt gebauten Ernäbrungsapparak von Mermis zusammensetzenden Theile aber von grosser Wichtigkeit sind. Ein Darm oder etwas einem Darm Aehnliches, eine Verdauungs höhle überhaupt fehlt dem Gordius durchaus. Eine Mundöffnung, äbn- lich der von Mermis, ist, wie schon gesagt, vorhanden. Ein After fehlt allen Gordiaceen. Die Mundöffnung oder der kurze Mundkanal (Figg. 8, 9, 40, 44.d) führt zunächst in einen einfachen, nur sehr kur- zen membranösen Schlauch, welchen ich als Oesophagus bezeichnen will (Figg. 8,9, 40, 44 e), und welcher nur die Länge des äussersten zugerundeten Kopfendes hat. Der Oesophagus geht unmittelbar in ein’ grosses, den ganzen Körper durchsetzendes solides Zellenparenchym über, welches, durchaus vergleichbar einem Pflanzen- Zellenparenchym die ganze Leibeshöhle zwischen den Generationsorganen und einem noch näher zu beschreibenden Secretionsorgane vollständig ausfüllt. !) Loc. cit. pag. 12. *) Loc. cit. pag. 304. 79 "Die Muskelschicht umschliesst bei Gordius nicht eine eigentliche Leibes- höhle, in welcher, wie bei Mermis, Verdauungs- und Generationsorgane frei liegen, sondern der von den Muskeln begränzte Raum wird eng ‘on dem genannten Zellkörper, dem Verdauungsorgane, ausgefüllt, ind erst in diesem finden sich gewisse Höhlen, die die übrigen Or- "gane enthalten, so dass der ganze Leib des Gordius wie der Stengel einer Pilanze als durchaus solide-zellig angesehen werden kann. Bei jeder Art von Präparation fallen Theile des Zellenkörpers so- jleich in die Augen, und die Verbindung desselben mit der innern Fläche der Muskelschicht ist so innig, dass sich letztere kaum isolirt darstellen lässt. Schneidet man z. B. ein Stück des Leibes der Länge nach auf, so bemerkt man bei Betrachtung der ionern Oberfläche des ebreiteten Stückes, dass die Muskelschicht in ihrer ganzen Aus- nung von einer zusammenhängenden mehrfachen Lage grosser Zellen sdeckt ist, bei deren Anblick man sogleich auf’s Lebhafteste an Pflanzen- m erinnert wird, und ich weiss in der That Nichts, womit die ctur des fraglichen Organs passender verglichen werden könnte. eicht gelingt es, durch Präparation mit Nadeln oder Streichen mit Messer grosse Stücken des Zellkörpers zu isoliren, selbst ganz "pur eine Lage Zellen enthaltende Lamellen darzustellen, und, kennt mit dem Ursprung derselben, würde sie kaum Jemand für hes Gewebe halten können (Figg. 18, 49). Bei einigermassen siehtigen Exemplaren sieht man schon ohne irgend eine Präpa- ‚ die Zellen überall durch die Muskeln und Haut “durchscheinen ig. 8,40, 16, 44). Die Zellen, welche überall durch den ganzen Körper völlig gleich schaffen sind, bestehen aus einer Zellmembran von ansehnlicher e, so wie man sie fast nur bei vegetabilischen Zellen zu finden yöhnt ist, welche sich stets deutlich als ein doppelter, das Licht rk brechender Contour zu erkennen giebt. Sie umschliesst einen durchsichtigen, farblosen, flüssigen Zellinbalt, in dessen Mitte phärischer, meist blasser, fein granulirter Kern (Fig. 48a) mit en kleinen Kernkörperchen liegt. Zuweilen finden sich in dem Zell- halt kleine Fettkörnchen suspendirt, und nicht selten liegt in jeder lle neben dem Kern eine Warze von Krystallen (Fig. 48). Die össe und Gestalt der Zellen ist bei den beiden Species verschieden. Gordius aquaticus stellen die Zellen kurze fünf- oder sechsseitige len dar, die mit ihrem grössten Durchmesser stets parallel der ıgsaxe des Körpers gelegen und in fast ganz regelmässigen Quer- en angeordnet sind. Die Breite und Dicke der Zellen beträgt o— Yo”, die Länge Yy— Yo” (Fig. 48). Bei Gordius subbifureus nd die Zellen kaum halb so gross, indeıh ihre drei Durchmesser fast eich, nämlich Y2o—Y00” sind (Fig. 49); isolirt stellen sie fast - 80 sphärische Bläschen dar, die sich in Verbindung mit einander gegen- seitig abflächen. Im Uebrigen sind die Zellen bei beiden Gordius- Arten gleich beschaflen, die Zellmembran misst Ys;0”, der Kern durch. schnittlich Yo”. Von grosser Wichtigkeit für die Erkenntniss der Organisation des Gordius ist die richtige Vorstellung von der Anordnung der in Rede stehenden Zellen, von den anatomischen Verhältnissen des Zellkörpers. Zu diesem Zwecke sind scheibenförmige Segmente des Leibes die un- umgänglich nothwendigen Präparate; besser aber noch, als diese, sind folgende. Bei eben verstorbenen Gordien kann man leicht den Inhalt eines Leibesabschnittes ganz unverletzt herausstreifen und von diesem Querschnitte machen, welche also nicht mehr von der Haut umgeben sind; von solchen Querschnitten schält sich nun auch meist sehr leicht die Muskelschicht ab, und so behält man nur einen Querschnitt des Zellkörpers ganz frei, wie er sonst nicht darzustellen ist, übrig, an welchem sich der Bau besser, als an von der Haut umgebenen Prä- paraten erkennen lässt. Dic' Zellen bilden zunächst eine aus 2 bis % Lagen bestehende ringförmige Schicht, welche überall der innern Ober- fläche der Muskeln dicht anliegt (Fig. 7 h), mit Ausnahme des der Mittel- linie des Bauches entsprechenden Theiles des Umfanges, wo der sich zwischen Muskeln und Zellkörper einschiebende Bauchstrang (das. g) eine seiner Gestalt entsprechende Rinne des Zellkörpers bewirkt. Von dieser ringförmıgen (auf den Querschnitt bezogen) Zellenschicht tritt von der Mittellinie des Rückens aus eine aus denselben Zellen bestehende Scheide- - wand mitten durch die von jener ringförmigen Schicht eingeschlossene Höhle, in grader Richtung auf die Mittellinie des Bauches zulaufend ° (Fig. 7). Durch dieses Septum werden danach zunächst zwei seitliche Höhlen (daselbst ii) im Zellkörper gebildet, welche parallel neben einander im Leibe herablaufen. Das Septum theilt sich nun, nachdem es etwa die Axe des Leibes erreicht hat, gabelförmig in zwei Schenkel, welche nach den Seiten des Leibes aus einander weichen, um sich zu beiden Seiten von der Mittellinie des Bauehes wieder mit der peri- pherischen ringförmigen Zellenschicht zu vereinigen; und so ist also eine dritte unpaare Höhle im Zellenkörper entstanden (Fig. 7 k), welche über der Mittellinie des Bauches, im Dreieck mit den beiden anderen Höhlen, diesen parallel herabläuft. Diese dritte Höhle besitzt einen fast drei- seitigen Querschnitt, während die beiden anderen rundlich gestaltet sind. In diesen drei Höhlen des Zellkörpers, welche in dem bei wei- tem grössten Theile des Körpers ganz gleichmässig vorhanden sind. {sie verschwinden in näher anzugebender Weise nur in den beiden Körperenden), liegen die ausser dem Nervensystem noch übrigen Or- gane eingeschlossen, nämlich in den beiden seitlichen Höhlen, die der Rückenfläche näher, als der Bauchfläche verlaufen, der doppelte Hoden | | sı und resp. Eierstock, in der mittlern kleinern Höhle das schon genannte \Secretionsorgan (Fig. 7k). Diese Organe füllen die Höhlen vollständig us, hirgends bleibt etwa ein mit Flüssigkeit erfüllter Spielraum für Bewegungen, wie es bei Mermis in der Leibeshöhle der Fall ist. Der bei den Muskeln beschriebene Bauchstrang liegt ausserhalb des Zellkörpers, doch so, dass er sich von der Mittellinie des Bauches in denselben gleichsam hineindrängt (Fig. 7 9), ihn von den Mus- teln abhebt und eine Rinne für sich bildet. Die Schicht des Zellkörpers indessen, welche die untere (Bauch-) Wand der mittlern Höhle bildet, velche also das in derselben eingeschlossene Secretionsorgan von dem jauchstrang trennt, ist nur sehr dünn und auf Querschnitten des gan- en Körpers, aus denen sich die Organe zum Theil hervordrängen, oft "kaum wahrzunehmen; überhaupt sind, wie gesagt, Segmente des iso- | Zellkörpers nothwendig. Es kann den Anschein haben, als oh ıch der Bauchstrang in einer abgeschlossenen Höhle des Zellkörpers ngebettet wäre, gleich dem über ihm liegenden Secretionsorgane; 's rührt davon her, dass sich die durch den Bauchstrang von den skeln abgehobenen Theile des Zellkörpers sehr dicht an jenen an- hmiegen und sich, so weit als möglich, zwischen ihn und die Muskel- hineinziehen: eine Vereinigung aber auf der untern Fläche des hstranges findet nicht Statt, und letzterer liegt, wie gesagt, nur er nach unten offenen Rinne des (durch eine Membran [s. unten] inzten) Zellkörpers, also ausserhalb desselben, in ähnlichem Sinne och ohne dass ein Mesenteriam zu Stande kommt), wie die Einge- side der Wirbelthiere ausserhalb des Bauchfells liegen. Der beschriebene Bau des Zellkörpers findet sich beim Männchen ad Weibchen in gleicher Weise, nur mit dem Unterschiede, dass n Weibchen die beiden seitlichen, für die Aufnahme der Generations-. ne bestimmten Höhlen (Fig. 7ii) geräumiger sind, nicht nur ab- ut, sondern auch- relativ, indem die Wände derselben, d. h. die a Muskeln aufliegende Schicht des Zellkörpers nur aus zwei Lagen jellen durchschnittlich besteht, während dieselben beim Männchen > bis vier Lagen dick ist. bönde findet sich der beschriebene Bau, ® drei Höhlen, in der ganzen Länge des Thieres zwischen einerseits om etwa */,"" hinter dem Munde und anderseits einem etwa 4," %) r dem Schwanzende gelegenen Punkte. In den beiden Körperenden, zu jenen Punkten gerechnet, ändert sich das Verhalten. Im Schwanz- e nämlich hört die mitilere Scheidewand des Zellkörpers, welche i@ beiden seitlichen Höhlen bedingte, auf, und es fliessen somit diese iden Höhlen in eine zusammen. (Es bedarf kaum der vorläufigen I) Die Maasse haben zunächst nur Geltung für Individuen von der oben an- gegebenen Länge. Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VIl. Ba. 6 82 Bemerkung, dass diese Veränderung bedingt ist durch das Zusammen fliessen der beiden Eierstöcke zu einem Uterus, der beiden Hoden zu einem Vas deferens.) Auch die dritte Höhle, welche das Secretions organ beherbergte, erreicht fast gleichzeitig ihr Ende, und beim Weib- chen erstreckt sich der Zellkörper nun als ein einfacher Hohlcylinder; der am untern Ende‘ durchbohrt ist, bis in das äusserste Leibesende. Beim Männchen ist das Verhalten bis zur Bifurcation des Schwanzes ebenso, dann aber erstrecken sich Fortsätze des Zellkörpers, als zwei solide konische Zellenmassen in die beiden Gabeläste, deren von den Muskeln begränztes Lumen ganz von diesen Zellen ausgefüllt ist. Bevor ich das Verhalten des Zellkörpers im Kopfende, besonders den Zusammenbang mit dem Munde beschreibe, muss ich Einiges nach- tragen, was bisher unberücksichtigt blieb. Die Zellen des Zellkörpers gränzen nicht unmittelbar an die Muskeln und ebenso wenig begränzen die Zellen selbst zunächst das Lumen der drei Höhlen, sondern der Zellkörper wird überall von einer zarten membranösen Scheide um- geben; er ist ein mit Zellen gefüllter dünnwandiger Schlauch. Aber die Zellen haften, so wie unter einander, mit der umhüllenden Mem- bran so fest zusammen, dass sich letztere nicht als leerer, isolirter Kanal darstellen lässt. Man erkennt sie aber leicht an fast allen prä parirten Stücken des Zellkörpers, so wie sich an solchen auch leie kleinere oder grössere Flächen der Membran von den Zellen befreie lassen (Figg. 48, 49 c); an gut gelungenen Querschnitten stellt sie sic als ein heller, die Zellen rings urogebender und das Ganze scharf und glatt begränzender Saum dar. Die Membran ist structurlos, misst Y%oo” und zeigt häufig auf der innern Oberfläche, wenn man sie von den Zellen befreit bat, den Abdruck derselben als ein Netzwerk mit polye- drischen Maschen. Fasst man, nach Erkenntniss dieser Membran, den Zellkörper in der besprochenen Weise als Schlauch auf, so ist es num leicht, seinen Zusammenhang mit dem Munde zu verstehen. Der Mund ist, wie oben schon angegeben, auf dem Vorderende gelegen, nicht genau in der Mitte, sondern ein wenig bauchständig. Das Corium schickt hier einen durchbohrten konischen Fortsatz nach Innen, den Mundtrichter mit dem Mundkanal (Figg. 8, 9, 10, 41 d). Die Grösse ‚und Gestalt desselben zeigt zwar nur kleine, aber sehr con stante Speciesunterschiede. Bei Gordius aquaticus (Figg. 8, 9d) hat der Mundtrichter die Gestalt einer kleinen rundlichen Papille, deren Länge und Dicke nahezu gleich sind; der Durchmesser beträgt an de Basis (d.i. vorn) Yo — 70”; die Länge beträgt nur Yoo— Yo". Bei Gordius subbifureus (Figg. 40, 14.d, Fig. 15 e) ist der Mundtrichter ee besonders länger, und daliör auch viel leichter wahrnehmbar. Dicke an der Basis Yya—Ysu"” beträgt. Das Ende des Mundtrichters Ss 3 ist. bei beiden Arten nicht ganz regelmässig, zuweilen ist er wie schräg abgeschnitten, oder einseitig abgeflächt, Er ist. in der Mitte von dem — Yıso” weiten, also nur äusserst engen Mundkanal durchbohrt. us dem lEinde des Mundtrichters entspringt ein weiterer, von einer dünnen Membran gebildeter Kanal (Figg. 8, 9, 40,44 e), entsprechend - dem Ursprung: des innern und äussern, die Oesophagus-Rinne um- gebenden Schlauches bei Mermis. Dieser Kanal wird im weitern Ver- lässt. So wie der Mundtrichter, 50 zeigt auch der Oesophagus in 'sei- ner Gestalt kleine constante Speciesverschiedenheiten. Der Ursprung "aus dem Ende des Mundkanals ist, bedingt durch die Weite des letz- arn, bei beiden Arten gleich eng. Die Membran ist hier gefaltet, als b sie, ursprünglich weiter, in eine Spitze zusammengefasst wäre. Bei ordius aquaticus geht der Oesophagus dann in eine birnförmige Er- weiterung über, welche, entsprechend der bauchständigen Lage des undes, der Bauchlläche etwas näher, als der Rückenfläche liegt (Figg. 8, 9e). Darauf wird der Kanal wieder allmählich enger und rläuft, etwa Ya” weit, bis in die Gegend des Kopfendes, wo sich lie knopfförmige Anschwellung desselben befindet, wo die Ausstrah- ng des Bauchstranges beginnt, also bis etwa Y” oder %,”. hinter dem Munde. So ist die Gestalt des Oesophagus, denn an der be- eichneten Stelle erreicht derselbe schon sein Ende, spindelförmig. Bei Gordius subbifurcus (Figg. 10, 41 e) ist die Gestalt trichterförmig, in- dem er von dem engen Ursprung an sich fortwährend erweitert und in der entsprechenden Gegend des Kopfendes gleichfalls sein Ende erreicht, daselbst aber, wie bei der andern Art, doch noch viel enger ist, als ‘ Anfangstheil des Zellkörpers. Ja beiden Arten findet nun der ergang des Oesophagus in den Zellkörper in gleicher Weise sehr einfach statt, indem der Schlauch sich plötzlich an der bezeichneten stelle erweitert, so dass er sogleich die ganze Weite der von den eln hegränzten Leibeshöhle ausfüllt und gleichzeitig mit dieser Er- rung die das Lumen vollständig anfüllende Zellenmasse beginnt 38. 8,9, 40,44 f). Denkt man sich einen weiten Kanal, der ganz ch in eine enge Spitze ausgezogen ist und diese Spitze gleichsam gedrängt, in den weiten Theil etwas hineingesenkt (invaginirt), man eine richtige Vorstellung ‚von der Art des Ueberganges des phagus in den Zellkörper und zugleich die Erklärung dafür, dass, ‚enn man in schon ınehrfach angegebener Weise ein von der Haut eites Präparat dos Kopfendes herstellt, die Gestalt der in Frage benden Gegend des Verdauungsapparats etwas abweichend ist von Anblick, welchen sie in ihrer natürlichen Lage und Verbindung bietet; die eben genannte Einsenkung des Oesophagus hat sich dann 6 ” 85 nämlich ausgeglichen und daher ist die Gestalt die in Fig. 46 gezeich- N nete, deren Vergleichung mit Fig. 8 u. 10 sogleich das eben Gesagte veranschaulichen wird. Schon oben habe ich angegeben, dass die Längsmuskelschicht des Körpers sich nach vorn zu allmählich verdünnt und sich endlich all- seitig von der Haut abhebt, nach Innen weicht, um nicht, wie bei Mermis, mit dem Corium, sondern mit dem Anfangstheil des Zell- körpers in Verbindung zu treten. Dieses geschieht dadurch, dass die sehr dünn gewordene Muskelschicht mit der Membran des Zellkörper- schlauches verschmilzt (Figg. 8, 9, 40, 414g, Fig. 16 c); die letzten Spuren der Muskeln lassen sich grade bis zu der eingesenkten Ueber- gangsstelle vom Oesophagus zum Zellkörper verfolgen, und die eben besprochene Einsenkung des erstern in den Anfangstheil des Zellkörpers erklärt das allmähliche Zurückweichen der mit der Membran des Zell- körpers verbundenen Muskelschicht von der Haut: die Lücke, welche zwischen beiden entsteht, wird durch die ausstrahlenden Fasern des Bauchstranges ausgefüllt. Die drei der Länge nach im Zellkörper verlaufenden Höhlen, welche ich oben beschrieben habe, beginnen nicht sogleich mit dem Zellkörper selbst, sondern dessen vorderster Theil ist durchaus solide. Zuerst tritt die mittlere Höhle auf der Mitie des Bauches, für das Seceretions- organ bestimmt, auf, worauf ich bei der Beschreibung dieses Organs selbst zurückkommen werde. Die beiden anderen Höhlen zur Auf- nahme der Eierstöcke und Hoden treten später auf; beim Weibchen etwa Y,— Y/," hinter dem Munde (Fig. 46k k); beim Männchen später, doch kann ich dafür keinen bestimmten Ort angeben. Der Inhalt des Oesophagus bestand fast bei allen Exemplaren aus grösseren und kleineren Fetttropfen, gemischt mit feinkörniger, nicht feitiger Substanz. Diese Theile konnte ich mehrmals ohne irgend eine Verletzung aus dem Munde hervordrücken. Auch in dem Anfangstheil des Zellkörpers finden sich meistens Fetttropfen sowohl frei zwischen den Zellen, als in denselben eingeschlossen. Das Vorkommen kleiner krystallinischer Warzen in den Zellen habe ich oben schon erwähnt. Dieselben lassen keine bestimmte Krystallform erkennen, es sind nur äusserst kleine glänzende, zu einem Klümpchen zusammenhaftende Körnchen; bei Zusatz von Essigsäure verschwinden diese Warzen als solche und an ihrer Stelle erscheint eine Anzahl kleiner Fetttropfen. Nicht in allen Exemplaren fand ich diese Gebilde in den Zellen und auch meistens nicht durch den ganzen Zellkörper verbreitet, sondern vorzugsweise im vordern Theile, wobei jedoch wahrscheinlich die Jugend der von mir untersuchten Exemplare berücksichtigt werden muss. Endlich finden sich noch hie und da Krystalle von kohlensaurem Kalk, theils frei zwischen den Zellen, theils innerhalb derselben. 8 Bei der erwähnten grossen Aehnlichkeit der Zellen des Zellkörpers mit Pflanzenzellgewebe, welche schon v. Siebold !) hervorgehoben hat, und angesichts gewisser bekannter Thatsachen, lag es nahe, zu unter- "suchen, ob man es hier nicht wirklich mit Cellulose zu thun habe. "Die chemische Untersuchung ergab jedoch, dass dies nicht der Fall ist; dagegen verhalten sich jene Zellen chemisch sehr ähnlich der Haut es Gordius, und theilen mit derselben besonders die Schwerlöslich- it in kaustischem Alkali. Die Zellenkerne verschwinden schon bei blossem Zusatz des Reagens, während die Zellmembranen ganz unver- ändert bleiben und sich erst nach und nach beim Kochen auflösen. Essigsäure lässt die Zellen unverändert; Wasser übt gar keinen Ein- fluss aus; nach mehrtägigem Liegen in Wasser, bei heisser Tempe- atur, habe ich Stücken des Zellkörpers ganz unverändert, ohne Spur von Zersetzung gefunden. Dabei theilt der Zellkörper auch die Festig- keit und Resistenz anderer chitinartiger oder chitinisirender Gewebe, so dass man seinen Bau mechanisch nicht zu zerstören vermag. Wie Pflanzenparenchym, lässt sich das Gewebe mittelst Nadeln leicht in Bib feinsten Lamellen und Fasern, die nur eine einzige Zellenreihe ent- Iten, zerspalten. Nach der oben besprochenen Anschauungsweise wie kaum erwähnt zu werden braucht, in der durchaus zelligen haffenheit des fraglichen Organs nicht der geringste Gegengrund en die Einreihung desselben in die chitinisirenden Gewebe. Obwohl Charvet den Zellkörper und seine Structur nicht gekannt ı haben scheint, so war ihm doch nicht das Vorhandensein der mitten rch den Körper setzenden Scheidewand entgangen ?), von der er ', dass sie zwei Kanäle innerhalb des Muskelcylinders bilde, welche im Hinterende des Thieres zusammenfliessen. Berthold scheint die Zellen des Zellkörpers zwar gesehen zu haben, indem seine Fig. 8 hl auf nichts Anderes bezogen werden kann, doch hielt er dieses ‚Gewebe für eine innere Hautschicht. Die beiden für die Geschlechts- ehläuche bestimmten Höhlen kannte Berthold, und bei den weiblichen hlechtsorganen beschrieb er wahrscheinlich den Zellkörper selbst s die zusammengefügten beiden Eierstocksröhren, welche jedoch erst, wie ich weiter unten beschreiben werde, in jenen Höhlen des Zell- pers liegen. — Dujardin beschreibt den Zellkörper als das Muskel- ohr ausfüllend und eine mittlere Scheidewand bildend; über die Be- tung des Organs findet sich bei ihm Nichts angegeben. Eine fast ß richtige Beschreibung des Baues des besprochenen Organs gab w. Siebold ®), indem er sagte, dass das eigenthümliche, dem Pflanzen- ,») Loc. cit. pag. 306. ®) Loc. citl pag. M. *) Loc. cit. pag. 308. 86 parenchym ausserordentlich ähnliche zellige Gewebe, welches den gröss- 1 ten Theil der Leibeshöhle ausfülle, zwei hohle Räume enthalte, welche im Hinterleibsende zu einem einzigen verschmelzen, und dass dasselbe auf der Bauchseite einen rinnenförmigen Raum frei lasse zur Aufnahme zweier Kanäle. In dieser Angabe ist nur das irrthümlich, dass auch das Secretionsorgan ausserhalb «des Zellkörpers verlegt wird, gleich dem Bauchstrang, während es, wie oben angegeben, in der dritten mittlern, aber bauchwärts dünnwandigen Höhle des Organs verläuft. Uebrigens ist auch v. Siebold geneigt, den ausgehöhlten Zellkörper selbst als die Wand der Hoden- und Eierstocksröhren zu betrachten, und es entging ihm nicht, dass diese ‘vermeintlichen Wände beim Weibehen dünner sind, als beim Männchen. Bevor ich auf eine weitere Betrachtung des beschriebenen Ver- dauungsapparats und eine Vergleichung mit dem von Mermis eingehe, muss ich als den zweiten Haupttheil des vegetativen Organsystems das Secretionsorgan des Gordius beschreiben, dessen schon mehrmals im Bisherigen Erwähnung geschehen musste. Untersucht man einen wohlgelungenen Querschnitt des Thieres, aus beliebiger Gegend des Körpers, so zeigt sich über dem auf der Mitte des Bauches liegenden Bauchstrang der kreisförmige Durchschnitt eines Kanals (Fig. 7%), an wel- chem man sogleich eine ansehnlich dicke, dem grössten Theile nach aus kernhaltigen Zellen bestehende Wand und ein bald engeres, bald weiteres Lumen erkennt. Dieser Kanal ist rings umgeben von Theilen des Zell- körpers, indem er nämlich in der dritten, mittlern Höhle desselben verläuft. An anderen Präparaten, Längssehnitten des Leibes oder aus der Haut gestreiftiem Inhalt, ist dieser Kanal ebenfalls leicht aufzufinden (Fig. 20 e), indem er einerseits nicht leicht zerstört wird, nicht zerbricht oder zer- reisst, sondern sich meist wie ein langer, dem blossen Auge schon sichtbarer Faden darstellen lässt, und er anderseits auch oft mittelst der erwähnten Schicht des Zellkörpers auf dem Bauchstrang, welcher so leicht zur Anschauung kommt, befestigt bleibt. Solche Ansichten des Organs von der Seite, auf lange Strecken, bestätigen das, was Querschnitte lehrten, nämlich, dass es ein Kanal mit deutlichem Lumen ist, dessen Wandung aus zwei Schichten besteht, Eine zarte structur- lose Membran nämlich ist auf ibrer innera Oberfläche mit einer zu- sammenhängenden Schicht grosser kernhaltiger Zellen ausgekleidet, die, von keilförmiger Gestalt, das Lumen des Kanals begränzen (Fig. 20 d). Der Durchmesser des ganzen Organs beträgt durchschnittlich Yo”, doch finden sich sogleich zu besprechende engere und weitere Stellen. Oft findet sich das Lumen leer mit zusammengefallener Wandung; an anderen Stellen ist der Schlauch angefüllt und erweitert durch theils feinkörnige in Flüssigkeit suspendirte, theils zähe, klumpige oder bröck- lige Substanz (Fig. 20 e), ohne irgend bestimmte Formen, welche sich 87 aus dem’ oflenen Ende des Kanals leicht hervordrücken lässt. An sol- ‚chen Stellen fehlen die Epitelialzellen häufig vollständig, oder sie sind im Zerfallen begriffen, während dort die Zellen am regelmässigsten und hönsten gebildet zu sein pflegen, wo gar kein oder nur flüssiger Inhalt in dem Kanal enthalten ist. So leicht es ist, das in Frage stehende Organ in seinem Verlauf sowohl der Lage als dem Baue nach zu erkennen, so schwierig ist es, das Verhalten des Schlauches an den beiden Körperenden, Anfang and Ende zu ermitteln. Vielleicht verdanke ich das Auffinden der frag- lichen Verhältnisse nur dem Zufall, dass, als ich den ersten Gordius aquatieus untersuchte und mich zunächst von dem Vorhandensein eines ndes überzeugen wollte, ich auf der Mitte des Vorderendes und in en nächster Umgebung durchaus Nichts von einer Oeflnung ent- lecken konnte, dagegen aber auf der Bauchfläche eine Strecke hinter a Vorderende ungefähr da, wo die Zurundung des Endes beginnt, ne überaus deutliche Oeffnung. bemerkte, welche, von abgerundet eiseitiger Gestalt, begränzt von einem schmalen hellen Saum, Ya,” archmesser hatte. Ich konnte diese Oeilnung für.Nichts, als für die ıdöffnung halten, zumal da dieses mit den Angaben Charvet’s und old’s übereinzustimmen schien. Als ich später bei allen Exem- laren ohne Ausnahme die wahre, oben beschriebene Mundöffnung mit Mundtrichter fand, die zwar auch ein Wenig bauchständig, aber immer doch auf dem Vorderende, unmittelbar neben der Mitte gelegen, nd durchaus verschieden -von jener ersten Oeflnung ist, musste die muthung entstehen, dass letztere sich regelmässig ausser der Mund- nung vorfinden möchte und eine besondere Bedeutung habe. Die ntersuchung ergab nun, dass es allerdings so ist; aber in den mei- | Fällen war es so äusserst schwer, diese Oeffnung wieder auf- inden, dass ich zweifle, ob ich sie zufällig gesehen haben würde, an nicht jene erste unzweifelbafte Beobachtung stets so dringend im genquesten Nachsuchen aufgefordert hätte. Bei einigen Exempla- habe ich zwar vergeblich gesucht, was indessen bei den Schwierig- 1, die der Gordius überhaupt der Untersuchung darbietet, nicht len darf; und bei der Mehrzahl, sowohl von Gordius aquaticus subbifureus, habe ich mich von dem Vorhandensein jener Oeffnung bestimmter Stelle theils durch Ansichten von der Fläche, theils durch nsichten überzeugt (Figg. 8, 9, 10, A4 h). — Zunächst ist es die der Oeflaung, welche an und für sich das Auffinden derselben wert: da sie nämlich Y,,” etwa hinter dem Munde auf der Bauch- a gelegen ist, dort also, wo das Kopfende beginnt, sich zuzuspitzen, sieht man die an sich kleine Oeflnung bei Betrachtung des Thieres der Bauchfläche nieht ganz von der Fläche, sondern schon ver- . Dazu kommt noch, dass grade an dieser Stelle bei G. aqua- 88 ticus. die Haut sehr ‚dunkel pigmentirt ist, und oft durchaus kein Licht durchfallen lässt. Die Gestalt der Oeflaung ist nicht ganz regelmässig, oft. ist sie ‚spaltförmig, oft dreieckig oder rundlich; bemerkenswerth ist, dass ihr Durchmesser wechselnd ist, und dass sie verengert und er- weitert werden zu können scheint. Sie liegt nicht genau‘in der Mittel- linie des Bauches, sondern etwas seitlich, bald mehr, bald weniger. Mit dieser Oefinung mündet nun der beschriebene Schlauch nach aussen, was man an einigermassen hellgefärbten und durchsichtigen Exemplaren bei Betrachtung von einer der Seitenflächen‘ beobachten kann. Um zu der Oeflnung zu gelangen, muss der Kanal seine ur- sprüngliche Lage verlassen, und man kann auch an von der Haut 'be- freiten Präparaten sehen, wie das Organ, sich allmählich verengernd, kurz hinter dem Anfang des Zellkörpers die Lage über dem Bauch- strang verlässt, sich seitlich neben demselben zur Muskelschicht wendet, um so zur Haut zu verlaufen, wohin einige Muskelbänder folgen, um sich in der Umgebung der Oeffoung mit dem kleinen vom Gorium gebildeten Rande derselben zu vereinigen. Damit erklärt sich ohne Weiteres, wes- halb die Oeffnung nicht grade in der Mittellinie des Bauches gelegen ist, Aber das Secretionsorgan, als welches wir den in Rede stehenden Kanal betrachten, mündet nicht nur vorn am Kopfende nach aussen, sondern am Schwanzende findet sich eine zweite, ganz ähnliche Oefl- nung. Dieselbe liegt oberhalb der Geschlechtsöflnung, beim Weibchen ungefähr %,” vom Schwanzende entfernt (Fig. 14e), beim Männchen etwa 4,” oberhalb der Bifurcation (Figg. 12, 13 f), an einer Stelle, die sich weiter unten noch. näher wird bestimmen lassen. Auch diese Oeffnung ist in den meisten Fällen ein von einem schmalen hellen Saume begränzter Spalt von Y,,— Yso” Durchmesser, aus welchem ich bisweilen durch Druck auf den Körper das Seeret des Organs, jene oben beschriebene klumpige Masse, hervordrücken konnte. Das Auf- finden dieser hintern Oeffnung ist wegen der Undurchsichtigkeit der Haut wicht leichter, als das der vordern. Was nun frühere Beobachtungen über das Secretionsorgan betrifft, so wird der Schlauch gewöhnlich ‚mit dem Bauchstrang zusammen erwähnt, welche man sehr oft, wie gesagt, in ihrer natürlichen Nach- barschaft an den Präparaten antriflt. Berthold *) kannte das Organ, beschrieb es als über dem vermeintlichen Darm (Bauchstrang) ver- laufend, bemerkte auch, dass es ganz vorn mit einem an der Leibes- wand befestigten Ende beginnt und deutete es als Hoden (indem er den Gordius für hermaphroditisch hielt), welchen er in das Ende der weiblichen Geschlechtsorgane einmünden liess. Samenbestandtheile konnte Berthold nicht entdecken, wohl aber liessen sich kleine Körn- ’) Loc. eit. pag. 13. j Be, u ie ten Zn 89 chen ‚hervorpressen. Wahrscheinlich ist der von Charvet *) beschrie- bene Canal ventral der Seeretionsschlauch. In der Richtung dieses Organs sah Charvet bei Männchen und Weibchen nahe dem Vorder- ende‘ eine rundliche Oeffnung, die bei einigen Individuen nur schwer u erkennen war; am Hinterende liess Charvet den Kanal mit einer vor der Geschlechtsöffnung gelegenen Oefinung ausmünden, welche er für den After hielt. Es ist offenbar, dass mit diesen beiden Oeffnun- gen die oben beschriebenen gemeint 'sind. Auch Dujardin) hat die ‚vordere Oeffnung bei einem Weibchen gesehen. Von den beiden auf der Bauchseite herablaufenden Röhren, welche vw. Siebold®) nie ver- misste, ist die obere, der Bauehwand nicht unmittelbar aufliegende, das Secretionsorgan. Anfang und Ende erkannte v. Siebold nicht. Nach den beschriebenen anatomischen Verhältnissen der vegeta- iven Organe lässt sich ein ungefähres Bild von der Art und Weise Ernährung des Gordius entwerfen. Die aufgenommene Nahrung, elche, wie bei Mermis, höchst wahrscheinlich ausschliesslich aus lüssigen, gelösten Substanzen besteht, da die enge Mundöffnung keine festen Körper durchzulassen im Stande ist, gelangt zunächst in den esophagus, der wohl nur als ein Behälter anzusehen ist, in dem die "Nahrung, ohne verändert zu werden, so lange verweilt, bis 'sie nach und nach in das eigentliche Verdauungsorgan aufgenommen wird. Dieses ıd die Zellen des Zellkörpers, jenes Zellenparenchym, mit welchen die im Oesophagus verweilenden Substanzen in unmittelbarer Berührung ind. Diesem Organ allein muss die Function der Verdauung, so weit von einer solchen die Rede sein kann, und zugleich die Function, las Aufgenommene, Verdauete im Körper weiterzuführen, die Function, die übrigen Organe zu ernähren, zugeschrieben werden. Die ganze beshöhle, so weit sie nicht von den Organen der Bewegung, Fort- anzung und Secretion eingenommen wird, ist eng mit dem Zellen- fenchym angefüllt, welches somit in inniger, (abgesehen von der um- umhüllenden Tunica propria) unmittelbarer Berührung mit den Muskeln, Verven, dem Secretionsorgan, und den Hoden und Eierstöcken ist. Durch die Saftbewegung in jenen lebendigen Zellen wird allen Organen die Ernährungsflüssigkeit zugeführt, welche in der Zelle, als zeitwei- er Zellinhalt dieses elementaren Organismus, die zur Assimilation jihwendigen Veränderungen erfahren wird, während gleichzeitig die jen ebensowohl im Stande zu sein scheinen, einem Austausch dieser hrungsflüssigkeit gegen verbrauchtes Material vorzustehen, für en definitive Abscheidung wiederum aus dem Ernährungsorgane #) Loc. eit. pag. 40, 4. 2) Loc, eit. pag. 118. #) Loc, cit. pag. 305. 9% und’ Ausführung aus dem Körper jener mit Secretionszellen ausgeklei- dete, nach aussen mündende Kanal angesproshen werden darf. Die allmählich mit dem zunehmenden Alter des Thieres in dem Zellkörper auftretenden Krystaällisationen sind entweder als ein von vorn herein für den Stoffwechsel des Gordius Unbrauchbares oder als ein gleichfalls. Verbrauchtes, aber unlöslich in den Zellen Abgeschiedenes anzusehen #). Sehen wir ab von dem besondern Aufnabme-Organ für die Nab- rung, dem Munde und von dem besondern Se- und Exoretionsorgan, so haben wir eine Mechanik der Verdauung und Ernährung bei Gordius, die sehr analog derjenigen bei den Pflanzen ist. Der Stofl- wechsel des ganzen Körpers wird hier auf dieselbe einfachste Weise vermittelt, wie er bei höheren Thieren nur je in den kleinsten Theilen oder Bezirken der Organe, so weit die Provinz eines die Ernährungs- flüssigkeit zuführenden feinsten Gefässes reicht, stattfindet, welches letztere, nicht anders als der Mund des Gordius, das herbeigeschaflle Material einem Zellenhaufen, einer von ihm versorgten Gewebsprovinz, | Ernährungseinheit (Räirchökr ja; zur weitern Verarbeitung und zum Verbrauch überliefert, und es gegen Verbrauchtes austauscht. x Es ist diese Einrichtung des Ernährungsapparats unter den man- cherlei Formen, die in der Reihe der Wirbellosen an diesem Organ- system zu finden sind, eine neue und, wie es scheint, in ihren Grund- zügen für die Ordnung der Gordiaceen charakteristische. Denn obwohl es anfangs scheinen möchte, als ob der Gordius in dieser Beziehung wiederum gleich eigenthümlich und besonders neben Mermis dastände, so ergiebt doch eine nähere Betrachtung des beiden Gattungen Gemein- samen genug, so zwar, dass die drei Repräsentanten der Gordiaceen (indem nämlich hier Mermis nigrescens neben Mermis albicans beson- ders aufgeführt werden muss, während Gordius aquaticus und subbi- furcus durchaus zusammenzufassen sind), in der Organisation ihrer vegetativen Organe eine Reihenfolge von Modificationen ein und des- selben Typus darbieten. h Gemeinschaftlich ist zunächst allen dreien eine zur Aufnahme us siger Nahrung bestimmte sehr enge Mundöffnung, die Abwesenheit eines Afters, einer zur Ausfuhr von von vorn herein untauglichem, überflüssig aufgenommenem Material bestimmten Oeffnung des Verdauungsapparats; - dagegen das Vorhandensein eines besondern Secretionsorgans, welches die zunächst unwesentlichen Unterschiede darbietet, dass die drei überall geschlossenen Zellenschläuche von Mermis ein Secret in unlös- licher, fester Gestalt abzuscheiden und in sich abzulagern haben, !) Vergl. über ähnliche Verhältnisse Mermis albicans a. a. O. ?) Vergl. Virchow, Ernährungseinheiten und Krankheitsheerde.: Archiv für pa- thologische Anatomie. IV, 375. 9 während flüssige, zum Theil gelöste Stoffe von dem nur einfach vor- handenen, nach aussen mündenden Seeretionskanal des Gördius ab- geschieden und nach aussen geführt werden. Der zwischen den beiden äussersten Punkten, Mund und Secretionsorgan, liegende Apparat ist es, welcher wesentliche Modificationen zeigt. Für Mermis ist es cha- rakteristisch, dass zunächst auf den Mund jener eigenthümliche Ap- arat folgt, welcher aus einem doppelten Schlauche besteht, innerhalb welcher ein feiner Halbkanal die aufgenommene Nahrung herableitet nd zu auf früher beschriebene Weise gebaueten Höhlen führt, von wo aus die nun schon in irgend welcher Weise veränderte, vielleicht nur mechanisch filtrirte Ernährungsflüssigkeit durch ein System von eitenkanälen einem andern Organe übergeben wird. Dieses Organ ı allen Gordiaceen gemeinsam, es ist der grosse, durch die ganze Leibeshöhle sich erstreckende, blind endigende Schlauch der Mermis ligresoens, dessen innere Wand mit Zellen ausgekleidet ist; es ist der ogenannte Feltkörper von Mermis albicans, jener Schlauch, der ganz ‚sehr grossen Zellen ausgefüllt ist, wie ich ihn früher näher be- ieben habe; es ist endlich der Zellkörper des Gordius, das einzige er der Verdauung vorstehende Organ, indem jener bei Mermis zwi- schen Mund und Fetikörper eingeschobene Apparat dem Gordius fehlt. Vährend Mermis nigrescens sich vermöge der blinddarmähnlichen Be- lenheit ihres Fettkörpers, welcher ein freies Lumen und nur eine ie Wandung auskleidende Zellenschicht besitzt, sich noch an die Thiere mit Mund und afterlosem Darm, zunächst unter den Würmern also an lie Trematoden und rhabdocoelen Turbellarien anreibt, doch aber durch en zuführenden Apparat als ganz eigenthümlich schon dasteht, bildet ermis albicans den Uebergang von der nigrescens zu Gordius, indem i ihr zwar auch jener Apparat zwischen Mund und Feitkörper ein- hoben ist, letzterer aber schon durchaus zellig, parenchymatös, e freies Lumen ist, und der Umstand,. dass dieser Fettkörper sich ch nicht, wie bei Gordius, eng an und zwischen alle Organe schmiegt ıd hineinzieht, sondern, wie bei Mermis nigrescens, frei und beweg- ich in einer Leibeshöhle liegt, dadurch zum Theil aufgewogen zu sein !heint, dass ein besonderes System freier, zwischen Feitkörper und m übrigen Organen liegender Zellen vorhanden ist, wie ich sie früber chrieben habe, die sich gleich einem Gefässsystem durch die ganze - sliöhle in staammenhängeniden Zügen und Reihen erstrecken. Im s erreicht die Organisation in der angedeuteten Richtung die sste Einfachheit, indem der einzige Zellkörper allein alle Functionen m Munde ab übernimmt; an die Stelle des so complieirt gebauten esophagus von Mermis tritt ein einfacher kurzer Schlauch, der hier der Magenhöhlen und Seitenkanäle die Nahrung den verdauenden saltbewegenden Zellen überliefert, und statt der zwei Arten von 92 Zellen, die bei Mermis albicans der Ernährung vorstehen, tritt ein überall gleichartiges Parenchym auf, welches eine Leibeshöhle voll- kommen verdrängt. Durch diese Organisation des Gordius ist ein zweiter Anknüpfungspunkt für die Gordiaceen gegeben, indem sich dieselbe den Formen anreiht, bei welchen das ganze Körperparenchym selbst, ohne Vermittlung eines Mundes der Nahrungsaufnahme an der äussern Oberfläche und der Verdauung und Ernährung vorsteht, obwohl die Vorstellung der zelligen Natur dieses Parenchyms erst beginnt, die über die Beschaffenheit der sogenannten Sarcode fast allgemein ver- breiteten zu verdrängen ?). Ich habe schon Eingangs als einen dem Gordius sehr eigenthüm- lichen und auffallenden Umstand die in so weiten Gränzen schwan- kende Körperlänge des geschlechtsreifen Thieres hervorgehoben, ein Umstand, der einerseits eben so wenig sich auf die gewöhnlichen Grössenunterschiede zwischen jungen und alten Thieren sogleich redu- ciren lässt, weil grade bei wandernden Helminthen die Geschlechtsreife noch mehr als sonst ein bestimmtes Zeichen für die Vollendung der individuellen Entwicklung abgiebt, als er anderseits isolirt bei Gordius sich findet, indem Mermis sehr bestimmte, nur in sehr engen Gränzen schwankende Dimensionen besitzt. Vielleicht möchte sich in der Be- schaffenheit des überall gleichartigen gestaltlosen Ernährungsapparats zunächst eine Erklärung für die Möglichkeit eines fortdauernden kangene H wachsthums des Leibes finden lassen. Die Verschiedenheiten in dem Secretionsapparat zwischen Merci und Gordius bestehen, wie schon gesagt, wesentlich darin, dass in den geschlossenen Kanälen bei Mermis die das Lumen ganz ausfüllen- den Secretionszellen, nach Art der Nierenzellen bei Mollusken, ent- weder vollständig oder zum Theil einem Incrustationsprocess unter- liegen, d. bh. das Secret in fester Form in sich ablagern, welches unverändert liegen bleibt, so dass man z. B. Exemplare von Mermis albicans findet, deren drei Zellenschläuche durchaus strotzend gefüllt sind mit zahliosen der früher genauer beschriebenen, von je einer Zellmembran umgebenen Incrustationen; während dagegen die Secre- tionszellen des Gordius allmählich zerfallen und das ilüssige Exeret in dem Schlauche nach beiden Seiten hin abfliesst und aus dem Körpe entfernt wird. Abgesehen von der durch Verschiedenheit der Lebens- weise, der Nahrung, welche die Wirthe den parasitisch lebenden Gordiaceen bieten, sicherlich vor Allem bedingten Nothwendigkeit der ne ENT 1) Vergl. Leydig. Einige Bemerkungen über den Bau der Hydren. Müller's Ar- chiv. 4854, pag. 270. — Ich Ban hier beiläufig, dass schon vor On Allman die Ansicht von dem zelligen Bau der Hydra aufgestellt hat: On the structure of Hydra viridis. Report-of the brilish association for the advance ment of science. Hull. 1853. Transactions of the sections, pag. 6%. a BusAT: 93 besprochenen Unterschiede in der Organisation der vegetativen Organe bei Mermis und Gordius, lässt sich nicht verkennen, dass für den im Wasser lebenden und beweglichen Gordius eine Einrichtung des Se- eretionsapparats, wie wir sie bei der trägen, in der Erde lebenden Mermis finden, unzweckmässig genannt werden könnte. Jon L. Das Nervensystem. = Wenn angesichts eines so umfangreichen und entwickelten Nerven- jstems, wie ich es bei Mermis gefunden hatte, sich die Ueberzeugung ängen musste, dass auch dem Gordius ein wenigstens in den aptzügen analog gebildetes Nervensystem zukommen müsse, so ver- e die Nothwendigkeit, dasselbe aufzufinden zu suchen, anfänglich ı keine geringe Verlegenheit; denn nachdem ich bereits alle Organe rer Lage, Zusammensetzung und Bedeutung nach kannte, hatte ich, ‚Ausnahme von Spuren eines peripherischen, noch Nichts von einem ensystem entdecken können, und die Hoffnung, centrale Massen, oglien zu finden, wurde Bachnilere schon dadurch gering, dass ich em überall dich ganz gleich verhaltenden langen Wurm durchaus ıen Ort sah, wo Ganglien zu vermuthen gewesen wären, nirgends chien ein Raum für solche gelassen, da die ganze Leibeshöhle zwi- :ben den übrigen Organen durch den Zellkörper ausgefüllt ist. Es lieb, nachdem das Vorhandensein und die Beschaffenheit des periphe- schen Nervensystems festgestellt war, kein anderer Weg übrig, als esem so weit nachzugehen, bis es auf seinen Ursprung, das centrale ystem, welches vorhanden sein musste, führte. Das peripherische Nervensystem besteht, sehr abweichend von rmis, in einem einzigen Nervenstanım mit seinen Verzweigungen, cher auf der Mittellinie des Bauches in der dort befindlichen Furche er Muskelschicht, festgeheftet an die untere Fläche des Bauchstranges, rabläuft (Fig. 7 f, Fig. 205). Es ist ein bandartiger schmaler Strang, n welchem zu beiden Seiten zahlreiche, aber meist äusserst feine © unter im Allgemeinen rechten Winkeln entspringen, die sich an ‚Organe des Leibes verbreiten. Auf die nähere Beschreibung werde später eingehen. Da man diesen Nervenstamm sehr deutlich auf rschnitten des Leibes an seinem hellen glänzenden Durchschnitt in jestimmten Gegend erkennen kann, so schlug ich den Weg ein, segmente bis hinauf zum Kopfe zu machen, um zu schen, wo dieses Nervenband aufhören oder seine Beschaflenheit ver- n würde. Nachdem ich mich auf diese Weise zunächst überzeugt je, dass in der Gegend, welche der Lage der Gehirnganglien bei mis entspricht, bei Gordius kein centrales Nervensystem liegt, son- n dass der einzige Nervenstrang sich unverändert bis ins äusserste 94 Vorderende verfolgen lässt, wurde ich auf die zugerundete Spitze des- selben, die calotte cornee Charvet’s geführt, durch deren Mitte der Oesophagus in oben beschriebener Weise verläuft, und in welcher die allseitig ausstrablenden Fasern des Bauchstranges unter der verdünnten. Haut eine Art Kapsel bilden. "In diesem äussersten Theile des Kopfes, welcher nach hinten durch den Anfang des Zellkörpers begränzt und abgeschlossen ist, bemerkt man bald deutlicher, bald nur sehr schwach angedeutet (je nach der Durchsichtigkeit der Haut) einen hellen rund- lichen Wulst, welcher den Raum zwischen der Faserkapsel und dem Oesophagus einzunehmen und durch welchen mitten hindurch der letztere zu verlaufen scheint (Figg. 8, 9, 10, 44). Die Undurchsichtigkeit der Haut und der ausstrahlenden Fasermasse des Bauchstranges gestattet nie, irgend Etwas von Structur an diesem Wulst zu erkennen, dessen. Gränzen überhaupt sich nur selten mit einiger Deutlichkeit wahr- nehmen lassen. Er reicht vorn bis zum Mundtrichter, hinten bis auf den Anfang des Zellkörpers, besitzt eine Länge von etwa Yıg” bei fast gleichem Breiten- oder Dickendurchmesser. Die verschiedene Gestalt des Kopfendes und des Oesophagus bei den beiden Gordius-Arten - bedingt kleine Unterschiede auch in der Gestalt des Wulstes. Die weitere Untersuchung, besonders die Erkenntniss der Structur ‚des fraglichen Kürpers ergab nun, ‘dass derselbe, ringlörmig den Schlund umgebend, allerdings das centrale Nervensystem ist, ein Schlundring, von welchem auf der Bauchseite zwei Nervenwurzeln entspringen, die sich alsbald zu dem ‚einen in der Mittellinie des Bauches herablaufenden "Stamme vereinigen, Verhältnisse, die im Allgemeinen denen bei Mermis analog sind. ' Bei vor kurzer Zeit verstorbenen Individuen gelang es, an dem abgeschnittenen Vorderende den ganzen Inhalt der Haut unversehrt hervorzubringen (dabei habe ich statt des Wassers eine schwache Lö- sung von chromsaurem Kali angewendet, welche für manche Gewebs- theile, besonders aber für die leicht zerstörbaren Ganglienzellen weit geeigneter ist). Solche Präparate zeigen nun folgende Verhältnisse (Fig. 46). Nach aussen liegt zunächst der Muskelcylinder, aus wel- chem ganz deutlich die Zellen des Zellkörpers, so wie, auf der Bauch- seite, der Bauchstrang (Fig. 16 e) und das Secretionsorgan durchscheinen; vorn (Yo— Ya” hinter dem Munde) erreicht der Zellkörper sein Ende und mit ihm zugleich die Muskeln in der oben beschriebenen Weise (Fig. 46 c). Die Furche in der Muskelschicht auf der Mitte des Bauches erweitert sich nach vorn zu allmählich und lässt endlich -den sich, ausbreitenden Bauchstrang zu Tage treten. Zur Seite desselben er- scheint das von der Hautöffluung abgerissene Ende des Secretionskanals (Fig. 16h). Die kapselförmige Ausstrahlung. des Bauchstranges ist so fest mit dem Corium verbunden, dass sie in dem Hautcylinder sitzen En Bene 95 u und der Bauchstrang abreist (Fig. A6f). Dies ist für die Unter- runs günstig, denn nun liegt se der genannten Theile, zu- ächst in der Mitte des Oesophagus, welcher an seinem Ursprunge sich von dem Mundtrichter gelöst hat und sich ununterbrochen in die den Zellkörper umgebende Membran fortsetzt (Fig. 46 d), und um don Desophagus herum ein grosser Haufen von Ganglienzellen, welche ganz frei und locker aus einander fallen. Wegen dieses Verhaltens ‚geht meistens ein grösserer oder geringerer Theil der Ganglienzellen bei der Präparation verloren, aber viele blieben stets am Oesophagus haften (Fig. 162). Sie sind klein, sehr blass, farblos und äusserst leicht zerstörbar. Wasserzusatz lässt sie bald zerfallen und sich auflösen, ogegen chromsaures Kali sie nicht nur in ibrer Gestalt wohl erhält, 0 indern auch die Masse besser im gg darzustellen erlaubt. r Durchmesser der Zellen beträgt "/o—Yıau” , sie enthalten ausser inem fein granulirten Inhalt einen sphärischen bläschenartigen, hellen (ern mit einem kleinen Kernkörperehen. Alle haben sehr zarte Fort- sätze, und zwar habe ich nicht nur bipolare und unipolare, sondern ehr deutlich auch multipolare Zellen gesehen, die mit benachbarten ‚miltelst der Fortsätze in Zusammenhang standen. Die Fortsätze haben um Y,900” Dicke; ihre Länge beträgt nicht viel mehr als der Durch- esser der Zellen. Die Zahl der Ganglienzellen ist sehr gross, so dass @ sehr eng und fest zusammengedrängt in der Kapsel liegen müssen, che ihre einzige Hülle bildet, - "Die Fortsätze der Zellen ziehen hauptsächlich nach hinten, nach er Bauchseite zu, wo sie sich jederseits zu einer anfangs Y,;0” breiten ındartigen Nervenwurzel vereinigen, die, allmählich schmaler wer- nd, sich um den Anfangstheil des Bauchstranges herum auf dessen e (untere) Fläche begiebt und hier durch Verschmelzung den gen Nervenstrang bildet (Fig. 416g. Der Ursprung beider Wurzeln s dem Schlundring ist, wie es meistens geschieht, zerstört.) In sem ist keine Zusammensetzung aus einzelnen Fibrillen mehr zu erkennen, sondern, wie bei Mermis albicans, stellt er ein homogenes änzendes Band von Y,00” Breite dar. Max findet diesen Nervenstrang s auf frei präparirten Stücken des Bauchstranges, an welchem er geheftet ist, aber da derselbe nieht durchsichtig ist, so muss man on seiner untern, der Bauchlläche des Thieres zugewendeten Fläche rachten (Fig. 20 b). Die Ursprünge der seitlichen Aeste sind an ölehen Präparaten ebenfalls meistens erhalten. Sie entspringen in ganz regelmässigen, immer aber nur kleinen Abständen, also in grosser Zahl, unter nahezu rechtem Winkel und messen Yzoo— 50”. Wie der Stamm sind sie homogen und glänzend. Ihr wei- ter Verlauf und Endigung sind sehr schwer zu verfolgen. Solche parate, wie ich sie von Mermis albicans und nigrescens abgebildet 96 habe (M. alb. Fig. 7 u. 47, M. nigresc. Fig. 6), lassen sich bei Gordius nicht. darstellen. Der Ghunil davon liegt in der Beschaffenheit und Anordnung des Zellkörpers. Schneidet man nämlich ein Stück des & Leibes der Länge nach auf, um 'es auszubreiten und von der innern Oberfläche zu Untersuköin so bleibt der peripherische, den Muskeln unmittelbar aufliegende Theil des Zellkörpers, also eine zwei- bis vier- fache Schicht von Zellen auf der Muskelschicht haften. Versucht man sie abzustreifen, was wohl möglich ist, so zerstört man unvermeidlich die feinen Nervenzweige fast alle, und nur an einigen kleinen Partien kann man sich noch überzeugen, dass die von dem Stamm ent- springenden Aeste unter Theilungen zwischen der Muskelschicht und dem Zellkörper sich verbreiten und sich endlich zum Theil als äusserst zarte, doch aber an ihrem glänzenden Verhalten leicht zu erkennende Fädchen von kaum Y,300” Dicke mit einer nur geringfügigen Verbrei- terung,. einem kleinen terminalen Dreiecke, an die vorspringenden Kan- ten der Muskelbänder inseriren. Ein anderer Theil der Fibrillen dringt in den Zellkörper ein, durchsetzt denselben und gelangt so in die Höhlen des Zellkörpers und zu den in ihnen eingebetteten Organen, an welchen man, wenn sie herauspräparirt sind, die zahlreichen glänzen- den Fädchen abgerissen meist recht deutlich erkennen kann. An die- sen Organen, Eierstöcke, Hoden, Schlauch des Zellkörpers, habe ich die Fasern nicht weit verfolgen können, das Verhalten war ähnlich‘ dem bei Mermis nigrescens beschriebenen und in Fig. 7 k (M. nigr.) abgebildeten. Vergeblich habe ich bei Gordius nach Ganglienzellen im Verlauf der zu den Eingeweiden gehenden Nervenfasern gesucht. Der Nervenstamm läuft ohne Unterbrechung und Veränderung, ohne, troiz der Abgabe so zahlreicher Aeste, an Durchmesser abzunehmen, bis zum Schwanzende. Bei einem Weibchen des Gordius aquatieus, welches besonders günstig zur Untersuchung war, habe ich gesehen, dass der Nervenstamm sich etwa 4,” vor dem Ende des Leibes theilte in zwei allmählich divergirende Zweige (Fig. 1% g), die jederseits 'sich bis zur Seite der Geschlechtsöffnung herabzogen. Es ist wahrschein- lich, dass beide hier wiederum mit Ganglien, Schwanzganglien, wie bei Mermis, in Verbindung stehen, doch liess sich dieses nicht beob- achten. Bei dem Männchen ist von dem Verhalten des Nervenstamms im Hinterende noch weniger zu entdecken, und nur so viel glaube ich mit Sicherheit sagen zu können, dass der getheilte Stamm nicht in die Gabeläste eindringt, sondern nur Zweige, gleich den übrigen seit- lichen, hineinschickt, dass also auch die wahrscheinlich vorhandenen Schwanzganglien nicht in den Gabelästen liegen werden. Besondere Sinnesorgane, als welche die sechs nervösen Papillen am Kopfende von Mermis angesprochen werden durften, finden sich bei Gordius nicht. 97 Eine Vergleichung des Nervensystems von Mermis albicans, nigres- cens und Gordius stellt leicht den Typus des Baues, eine bestimmt usgesprochene Grundform für die Gordiaceen heraus. Ein aus Gan- Jlienzellen bestehendes Centralorgan findet. sich in zwei gesonderten heilen vor, von denen der eine im Vorderende, der andere (kleinere) im Hinterende gelegen ist. An dem im Vorderende gelegenen Theile indet sich die für die meisten Wirbellosen typische Anordnung als Ring um den Anfangstheil des Verdauungsapparats, als Schlundring. eide Ganglienmassen werden durch ein in grader Linie durch den {örper ziehendes leitendes Organ verbunden, für welches charakte- istisch ist, dass dasselbe überall, von vorn bis hinten, gleichen urchmesser bewahrt, ein Moment, welches besonders auch physiolo- isches Interesse darbietet; gleichwohl aber entspringen von diesem itenden oder verbindenden Organ in grosser Zahl peripherische ervenzweige, zu beiden Seiten, in nahezu gleichen und bestimm- en Abständen von einander und unter rechten Winkeln, um sich, nter Einhaltung eines möglichst gradlinigen Verlaufes, also auf dem ürzesten Wege zu den einzelnen Organen zu begeben. ‘Am einfach- en ist nach diesem Typus das Nervensystem des Gordius gebildet, em im Vorderende Nichts weiter als der gangliöse Schlundring vor- en ist, welcher mit dem wahrscheinlich vorhandenen Schwanz- nglion durch einen einzigen -bandartigen, auf der Bauchseite ver- aufenden Strang von stets gleich bleibender Beschaffenheit verbunden ‚ von welchem zu beiden Seiten alle peripherischen Zweige für en ganzen Körper entspringen. Bei Mermis nigrescens tritt zunächst ne bedeutende Complication des centralen Nervensystems auf, in- em zu dem typischen Schlundring noch vier Ganglien hinzukommen, e sich jedoch deutlich als hinsichtlich der in Frage stehenden Be- hungen accessorische Ganglien, mit Rücksicht auf den Schlundring, durch manifestiren, dass die aus ihnen entspringenden Nervenfasern ch zunächst mit dem Schlundringe vereinigen, durch diesen hindurch- ten und erst dann zu dem Ursprung des peripherischen Nerven- stems beitragen. Mit diesen accessorischen Ganglien treten beson- > Sinnesorgane auf, so weit es berechtigt ist, jene von Fasern der rderen Kopfganglien gebildeten Papillen, welche in der Haut fast frei Tage liegen, als solehe vorläufig zu deuten.‘ Entsprecheffd der Ver- fältigung der centralen Elemente, tritt bei Mermis nigrescens auch ® Verdoppelung des leitenden Organs, des sogenannten Nerven- nges auf: sowohl auf dem Bauche, als auf dem Rücken läuft ein ind von den Kopf- zu dem gleichfalls verdoppelten Schwanzganglion. ‘Mermis albicans erreicht endlich das Nervensystem eine noch be- shtlichere Entwicklung, indem, bei zwar nicht weiterer Complication, } ehr. f. wissensch. Zoologie. VII, Bd. e 7 98 vielleicht aber doch rein quantitativ stärkerer Ausbildung der Gehirn- ganglien, ein vierfaches peripherisches Nervensystem, ein vierfaches Nervenband mit seitlichen Aesten vorhanden ist, welches in der Weise entstanden zu denken ist, dass der Bauchnervenstrang von Mermis nigrescens, dessen Verästelungsgebiet die beiden Bauchmuskelschichten sind, und der ausserdem noch die für die Eingeweide bestimmten Fa- sern in sich, physiologisch wenigstens, vereinigt oder repräsentirt, bei Mermis albicans in drei gesonderte Stränge zerfällt. Der Splanchnieus, wie ich bei Mermis albicans den den Verdauungs- und Generations- apparat versorgenden Strang genannt habe, welcher auf dem UVeber- gange vom Gordius zu Mermis sich nur in so weit aus dem allge- meinen für den ganzen Körper bestimmten peripherischen System getrennt hatte, dass seine Fasern sich nur noch mit denen der beiden seitlichen oder Bauchmuskelschichten vereinigten, erlangt bei Mermis albicans vollkommene Selbstständigkeit, indem seine Elemente allein zu einem Stamm in der Mitte des Bauches vereinigt bleiben, und die Muskelnerven zu zwei gesonderten kleineren Stämmen aus einander treten, deren jeder auf der Mitte einer Bauchmuskelschicht, die sein Verästelungsgebiet ausmacht, verläuft. Die drei Körper- oder Muskel- nervenstränge bedingen die Dreizahl der Schwanzganglien bei Mermis albicans; die diesen wahrscheinlich entsprechenden Ganglienzellen des Splanchnieus, bei Gordius, wie der Stamm selbst, vereinigt mit den übrigen Ganglienzellen, finden sich vereinzelt und zerstreut im Verlau der die Eingeweide umspinnenden Fasern. Was die Verbreitung dieser Form des Nervensystems betriflt, so scheint sich nach meinen Beobachtungen dasjenige der Nematoden jenem allgemeinen Plane, welchen unter den Gordiaceen in einfachster Gestalt der Gordius repräsentirt, gleichfalls unterzuordnen. Durch die mit der Segmentirung des Leibes auftretende Multiplication der An- häufungen centraler Elemente ist die Form des Nervensystems der Anneliden wesentlich von der besprochenen Form verschieden. Da- gegen scheint bei den wurmförmigen Echinodermen auch in der An- ordnung des Nervensystems ein Uebergang gleichsam zu den Würmern gegeben zu sein, und zwar zunächst eine Annäherung an die Form des Nervensystems der Gordiaceen und Nematoden, indem der Schlund- ring mit einer gangliösen Änschwellung im Hinterleibsende durch einen einfachen, knotenlosen Strang verbunden wird, von welchem zu bei- den Seiten die Nerven entspringen !). ; In Bezug auf das Histologische des Nervensystems verhalten sich, besonders was zunächst den Bau der Gentralorgane anlangt, die Gor- diaceen nicht nur unter sich völlig gleich, sondern die Ganglienzelle ') Vergl. v. Siebold, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, pag. 86. 99 zeigen überhaupt durchaus die eigenthümliche Beschaffenheit, die Ver- bindungsweise unter einander und mit den peripherischen Elementen, ‚sie sich bei genauerer Untersuchung überall in der Thierreihe, von ‚höchsten Formen bis zu»den niedersten, so weit sich überhaupt ese nervösen Elemente finden, als wesentlich gleich und überein- stimmend herausstellen und gewiss noch herausstellen werden. Die als erven-Stämme oder Stränge beschriebenen Theile zeigen das eigenthüm- e und für die Physiologie des Nervensystems gewiss wichtige Ver- alten, vermöge dessen sie nicht als Stämme, als anatomische Vereini- ungen isolirter Nervenprimitivfasern angesehen werden dürfen, sondern s besondere zwischen Centralorgan und eigentliches peripherisches Vervensystem eingeschobene Leitungsorgane. Sollten sie wirklich ein- ch als Nervenfaserstäimme, in dem Sinne wie ein Nerv der höheren ere, betrachtet werden können, so müssten sie einerseits die Zu- mmensetzung aus den einzelnen Fasern erkennen lassen, anderseits müssten sie vor Allem’in dem Verhältniss, wie Fasern von ihnen egeben werden, an Durchmesser abnehmen. Beides findet bei den genannten Nervensträngen der Gordiaceen nicht Statt. Dieselben tellen bei Mermis albicans und bei Gordius homogene Bänder dar, e Spur von histologischer Differenzirung; und wenn bei Mermis rescens allerdings deutlich eine Faserung zu erkennen ist, so be- es doch nur der Vergleichung der Aeste einer kurzen Strecke Stranges mit der Zahl der in diesem sichtbaren Fasern und Berücksichtigung des unveränderten, gleichbleibenden Durchmessers Stranges in seiner ganzen Länge, um die Ueberzeugung zu ge- nen, dass jene Faserung Asche keineswegs der anatomischen ereinigung der Zweige zu einem Stamm entsprechen kann. Das Ver- 1 bei Mermis nigrescens kann nur aufgefasst werden als eine Mo- jcation desjenigen bei den beiden anderen Gordiaceen: während mlich bei diesen ein homogener Strang physiologisch alle die von n entspringenden Aeste einerseits und anderseits die Fortsätze aller ‚Ganglienzellen, die zu seinem Ursprunge beitragen, ohne Sonde- üg repräsenlirt, oder wenigstens dem anatomischen Befunde nach -repräsentiren scheint, so ist bei Mermis nigrescens eine anatomisch ehimbare Sonderung in sofern eingetreten, als je eine der in dem 'venstrang sichtbaren Fasern angesehen werden kann als physiolo- her Repräsentant eines Theiles der von dem Strange entspringen- Aeste einerseits, eines Theiles der Fortsätze der Ganglienzellen erseits. "Wenn nun jene nervösen Stränge oder Bänder der Gordiaceen cht als eine blosse Zusammenlagerung, Vereinigung von Fasern be- et werden können, welche etwa in ihnen jede isolirt von einem 7 * 100 Punkte der Peripherie zu einer Ganglienzelle oder umgekehrt ver- liefen, so fragt sich nun, welcher Bildung in dem Bau des Nerven- systems den; und besonders höherer Thiere jene Leitungsorgane # parallelisirt werden können, ob sich überhaupt ein ern Aequivalent dafür in höheren Thieren finden lässt, oder ob wir e mit einer qualitativ ganz besondern Einrichtung des Nervensystems zu thun häben. Letzteres ist, abgesehen von der Einsprache, welche” sonstige grosse Analogien din feinern Bau des Nervensystems aller Thiere thun, von vorn herein unwahrscheinlich, und wir müssen viel- mehr suchen, ob nicht, während das Nervensystem eines höhern Orga- nismus als Ganzes genommen eomplieirter eingerichtet ist, dennoch in den einzelnen dieses Ganze zusammensetzenden Theilen vielleicht der- selbe einfachere Plan zum Grunde liegt, nach welchem bei jenen Wür- mern das Nervensystem des ganzen Körpers organisirt ist. Mit einem Rückenmark kann das einfache oder mehrfache Nervenband der Gor- diaceen nicht wohl verglichen werden; denn wenn jenes freilich eben- falls nicht als ein blosses grosses Nervenfaserbündel angesehen werden. darf, so ist doch auch diese negative Uebereinstimmung die einzige, welche sich zwischen den beiden genannten Organen findet. Be- trachten wir dagegen eine einzige Primitivfaser eines Wirbelthieres mit‘ ihrem Verästelungsgebiete, so bietet diese im Wesentlichen dieselben Verhältnisse dar, welche ein Nervenstrang der Gordiacden mit sei- nem Verästelungsgebiete zeigt. : Eine Primitivfaser theilt sich‘ in ihrem Verlauf in: zahlreiche gleichbeschaffene Zweige, welche zusammenge- nommen an Masse die mütterliche Faser bedeutend übertreflen, sehr oft sind die aus einer Theilung entspringenden Aeste jeder eben so diek, wie die sich theilende Faser. Die primären Zweige thei- len sich wieder in secundäre, und die Multiplication erreicht gewiss oft eine bedeutende Grösse; endlich gehen aus den letzten Theilungen blasse, nicht doppelt contourirte Endäste hervor, welche an der Peri- pherie ‚endigen, geschickt von den äusseren, centripetalen Reizen 'er- regt zu werden, oder die centrifugalen Reize auf chemisch bewegliche Elemente zu übertragen. Alle diese zahlreichen Endäste werden phy-" siologisch repräsentirt durch die eine mütterliche Faser, wobei es hier zunächst gleichgültig ist, dass die Physiologie noch nicht ermittelt hat, öb das, was ich physiologisch repräsentirt genannt habe, darin besteht, dass alle die die einzelnen Endpunkte treffenden Reize sich zu einer Resultante in der mütterlichen Faser combiniren, oder darin, dass auch innerhalb dieser anatomisch einfachen Bahn dennoch jeder der von den Endästen überlieferten Reize, jede einzelne Bewegung ihre besondere Bahn findet, und für sich, ohne sich mit benachbarten zu mischen, zum Centrum sich fortpflanzen kann. Diese beiden Möglichkeiten, für deren jede sich Gründe, wenn auch vielleicht gewichtigere für die letztere, 101 ellen lassen !), haben wir nicht nur für eine doppelt contourirte Primitivfaser, sondern in gleicher Weise auch für das homogene Nerven- band der Gordiaceen, welches wir jener parallelisiren. Letzteres setzen r gleich einer einzigen Primitivfaser, die seitlichen Aeste des Stran- es, völlig gleich beschaffen, oft auch dem Durchmesser nach, sind nalog den primären Zweigen der Primitivfaser, welche beide sich "abermals mehrfach theilen, und endlich resultiren aus beiden die letz- on Endäste, wie wir sie bei den Gordiaceen sich mit jenen termi- len Dreiecken an die Muskelprimitivbündel inseriren sahen. Dem erästelungsgebiet der Primitivfaser des Wirbelthieres, der von ihr ersorgten Gewebsprovinz steht bei Mermis albicans der vierte Theil, M. nigrescens die Hälfte des Körpers, bei Gordius, wo nur ein iger Nervenstrang vorhanden ist, der ganze Körper, alle Organe, genüber, wie wir einen solchen Vergleich 'einer Gewebsprovinz mit m ganzen Körper schon bei Gelegenheit der Besprechung der Er- ungsvorgänge machten. Wenn es etwa zu gewagt erscheinen e, in dieser Weise ein im Verhältniss zum ganzen Körper so. klei- erästelungsgebiet einer Primitivfaser mit dem ganzen Leibe eines us zu vergleichen, so will ich als an ein verbindendes, den ergang vermittelndes Glied an die bekannte Beobachtung von Bil- 22) erinnern. Der für das elektrische Organ des Malapterurus elec- $ bestimmte ‚Nerv besteht aus einer einzigen Primitivfaser, welche :h in eine grosse Zahl ‚von Zweigen und Aesten auflöst, durch e das ganze Organ versorgt wird. Dieses Verhalten. ist eben so ‚qualitativ verschieden von den bei den Gordiaceen stattfindenden t nach Neues, nicht als etwas qualitativ ganz Besonderes unter den igen das Nervensystem der: Wirbelthiere überhaupt betreffenden alomischen Thatsachen dasteht. Das elektrische Organ des Malap- urus ist eine sehr grosse Gewebsprovinz, kolossal im Verhältniss den kleinen Verästelungsgebieten der z. B. zu den Muskeln, zu aut gehenden Primitivfasern; ein Uebergang, ein Zwischenglied ist sr auch hier gegeben, z. B. in den dicken Primitivfasern, welche zu ' elektrischen Organ von Torpedo gehen, deren Zahl freilich be- ist, deren jede aber doch auch ein ausserordentlich grosses Ich habe auf einen dieser Gründe hingewiesen, in den «Beiträgen zur Ana- - tomie und Physiologie der Haut», pag. 4. — Der entgegengesetzten Ansicht ist Wagner, welcher sich in den «Neurologischen Untersuchungen», pag. 12, über diesen Punkt und speciell über die Verhältnisse bei Mermis ausge- sprochen hat. ) Nachrichten von der G.-A.-Universität und der k. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen. 4853, 2. Mai (A. Ecker). 102 Verästelungsgebiet hat, sich in sehr viele primäre Zweige und endlic in zahllose Endäste auflöst, welche erstere meistens plötzlich zu glei- cher Zeit aus der Mutterfaser entspringen, so dass jene besonde: durch die Abbildungen von Wagner *) bekannten doldenformigen The lungen, wie man sie so häufig an der seitlichen Oberfläche der das elektrische Organ zusammensetzenden Säulen findet, von wo aus die zahlreichen Zweige wie die Arme eines Kronleuchters nach allen Seiten aus einander fahren, um sich zwischen den Platten der Säule zu ver- ästeln, ein recht anschauliches Bild von der Grösse des Verästelungs- gebietes einer Primitivfaser, wie sie aus dem elektrischen Lappen entspringt, geben. Es was bisher von den Nervensträngen der Gor- diaceen nur in ihrem Verlauf und Verzweigungen die Rede; der Ur- sprung muss noch berücksichtigt werden. Dieser ist, wie ich es bei Mermis albicans und nigrescens genauer beschrieben habe, so beschaffen, dass sich die Fortsätze vieler Ganglienzellen zu einer Nervenwurzel, und meist zwei Nervenwurzeln zu einem Strange’ vereinigen. Betrachten wir also den Strang wie eine Primitivfaser, so würde diese von einer Anzahl Ganglienzellen entspringen. ‚Die Histologie der Centraltheile der höheren Thiere ist noch nicht zu so zweifellosen Resultaten über den Ursprung der Primitivfasern gelangt, dass sie entschiedene Einsprache gegen die obige Anschauungsweise über das peripherische Nervensystem der Gordiaceen auf Grund der Betheiligung vieler Ganglienzellen an dem Ursprung eines Stranges thun könnte; und mittelbar stehen jedenfalls auch die Primitivfasern höherer Thiere mit vielen multipolaren Ganglienzellen in Verbindung, so dass man von dieser Seite her nicht etwa berechtigt wäre, für einen Nervenstrang der Gordiaceen, wenn in ihm das Analogon einer Primitivfaser gesehen werden soll, auch nur eine einzige Ganglien- zelle zu postuliren. Eine derartige von Ecker für Malapterurus ge- stellte Anforderung ist freilich durch die neueren Beobachtungen von Bilharz 2) als eine berechtigte erwiesen, sofern Letzterer sich über: zeugt hat, dass die elektrische Primitivfaser jederseits von einer ein- zigen kolossalen Ganglienzelle, die allein das Centralorgan ausmacht, entspringt. Was die Endigungsweise der letzten feinsten Nervenfädchen, der Endäste, betrifl\, so ist dieselbe, so weit ich sie überhaupt Benbackiei konnte, nämlich an den Muskeln, bei den beiden Gattungen der Gor- !) Vergl. besonders: R. Wagner, Ueber den feinern Bau des elektrischen Or- gans im Zitterrochen. (Abhandli. d. k. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen. Bd. Ill, Figg. III B, VII, X.) ?) Berichte über die Verhandlungen der Gesellschaft für Beförderung nl Natur- wissenschaften zu Freiburg i./B. 185%, Nro. 5. 4 103 liaceen gleich beschaffen: mittelst terminaler Dreiecke, von übrigens wechselnder Grösse, verschmelzen die Fasern mit den Muskelprimitiv- "bündeln. Die aus der Anatomie einiger anderer wirbellosen Thiere bekannten Facta, an welche sich diese Verhältnisse unmittelbar an- = reihen, sind schon früher in-Erinnerung gebracht, so wie, dass die | Endigungsweise der Nerven bei den Nematoden gleichfalls in der be- ‚schriebenen Weise stattfindet. In der Feststellung dieser Thatsachen, die Endigung der motorischen Fasern betreffend, ist die Histologie des # "Nervensystems der niederen Thiere derjenigen der Wirbelthiere voraus; 2 von Schlingenbildung der Fasern an der Peripherie weisen die nie- deren Thiere kein einziges Beispiel auf, und auch da, wo die Endi- gung der sensitiven Fasern nicht sicher ermittelt werden konnte, z. B. bei den Gordiaceen und Nematoden in der Haut, sind Schlingen jeden- falls ausgeschlossen. a Die Geschlechtsorgane. Nachdem wir im Bisherigen den cylindrischen, von der Haut um- chlossenen Leibesraum des Gordius nach und nach ausgefüllt haben den Organen, deren Bedeutung für die Locomotion und für das vegetative Leben wir so viel als möglich festzustellen suchten, nach- dem wir sahen, dass jener Leibesraum zunächst durch einen musku- en Cylindermantel eingeschränkt wird, dass dann auch dieser keine freie Leibeshöhle begränzt, sondern theils von dem eigenthümlichen auchstrang, dem Träger des Nervenstranges, theils von dem Zell- körper ganz ausgefüllt wird, nachdem auch als Contentum der einen er drei in dem Zellkörper gelassenen Höhlen als ein besonderes Secre- nsorgan erkannt wurde, ist im ganzen Leibe des Gordius kein an- freier Raum mehr übrig, als jene beiden cylindrischen Höhlen es Zellkörpers, welche über der für das Secretionsorgan bestimmten beiden Seiten herablaufen (Fig. Tii): diese Höhlen müssen jetzt noch ausgefüllt werden, und zwar mit den inneren Generations- jrganen, Hoden und Eierstücken, welche, wie ihre Behälter, paarig vorhanden sind. En. w Die männlichen Geschlechtsorgane. G Die beiden Hoden stellen jeder einen einfachen Schlauch von durch- "schnittlich ?/,,“ Weite dar. Eine kurze Strecke oberhalb der Geschlechts- nung fliessen die beiden Hodenschläuche zu einem Kanal zusammen (Fig. 24), welchen ich Vas deferens nennen will, und dieser mündet sit der schon früher ihrer Lage nach beschriebenen Oeffnung nach en. Ich muss aus später ersichtlichen Gründen hier noch ein Mal 104 ganz besonders hervorheben, dass jene beiden seitlichen Höhlen des Zellkörpers, die Behälter der Generationsorgane, nicht selbst diese Organe, zunächst nicht selbst die Hoden sind, so als ob die die Höhlen begränzenden Schichten des Zellkörpers etwa die zelligen Wandungen der Hodenschläuche, die Höhlen selbst die Lumina dieser Organe wären; sondern die Hoden sind besondere Schläuche; welche in jenen Höhlen liegen, freilich aber ihr. ganzes Lumen auch ausfüllen. Ob- wohl ınan bei der Untersuchung ‚des Gordius sehr bald, theils durch direete Beobachtung, theils auch auf dem oben angedeuteten Wege der Exelusion zu dem Resultate gelangt, dass jene beiden seitlichen Höhlen des Zellkörpers, als die einzigen noch nicht verwertheten, den männ- lichen (und resp. auch den weiblichen) Zeugungsstoff enthalten, so ist doch einer der schwierigsten Theile in der Anatomie unseres Thieres, sich davon zu überzeugen, dass die Höhlen nicht unmittelbar den Zeu- gungsstolf enthalten, also nicht selbst die keimerzeugenden Höhlen sind, sondern in sie erst die Hodenschläuche eingebettet sind. Die Mem- bran nämlich, welche diese Schläuche bildet, ist einerseits so zart und leicht zerstörbar, anderseits so fest an die innere Wand der Zellkörper- höhlen angeheftet, \dass es nur bei der grössten Vorsicht und in sel- tenen glücklichen Fällen gelingt, sie als einen Röhrenabschnitt darzu- stellen. Im geschlechtsreifen 'Thiere sind die Hodenschläuche so eng und strotzend mit Sperma ‚angefüllt, dass dasselbe aus jedem Präpa- rate sogleich in Gestalt eines grossen weissen milchigen Klumpens her- vorquillt, und zwar, sich so vollständig entleert (in Folge eines im frischen Zustande starken Zusammenhaftens der Elemente), dass nun die, ‚bis auf ganz vereinzelte der äusserst kleinen, unscheinbaren Samenelemente, ganz leeren Hodenröhren. im Zellkörper haften ‚bleiben, zusammenfallen, sich in zahlreiche Falten legen und sich, durch. die ° undurchsichtigen Gewebstheile ‚der Muskeln und des Zellkörpers ver- steckt, gar leicht dem Blicke entziehen. Die Herrichtung der Präpa- rate mit Wasser ist ganz unzweckmässig; bessere Dieuste, besonders für die ‚Erhaltung der zarten Membran, leistet chromsaures Kali in schwacher Lösung. Die Verbindung der Membran des Hodenschlauches mit der innern Wand der Zellkörperhöhle geschieht durch zahlreiche feine Nervenfädchen, deren abgerissene Enden man sowohl an Quer- schnitten des Leibes im Umfang der Zellkörperhöhlen, aus denen, wenn die Segmente dünn genug sind, die Hoden meist herausgefallen sind, als an präparirten Stücken der letzteren antrifit, wo: sie leicht durch ihr glänzendes Aussehen in die Augen fallen. Der Länge nach füllen die beiden Hodenschläuche jene Höhlen nicht immer vollständig aus, so fern ich einige Male letztere weiter vorn schon auftreten fand, als die Hodenschläuche. Durchschnittlich haben diese, die Länge des hal- ben Körpers, so dass man ihren Anfang ungefähr in der Mitte des 105 _ Leibes suchen muss; nicht immer sind beide Schläuche gleich lang. Ihr ‚Anfangstheil istein einfacher, von den übrigen Abschnitten nicht verschie- dener Blindsack. Der Schlauch wird von einer einfachen, sehr zarten F embran gebildet, deren Structur bei verschiedenen Individuen Unter- chiede zeigt, welche sich, analog ähnlichen Unterschieden in anderen Geweben des Gordius, z. B. in der Epidermis, auf Verschiedenheiten der Entwicklungsstadien reduciren. Bei einigen Individuen fand ieh \ämlich den ganzen Hodenschlauch aus einer einzigen zusammenhängen- den Schicht flacher Zellen gebildet (Fig. 21 au). Sie waren von läng- ieh runder oder polyedrischer Gestalt, ihr längster Durchmesser, der a der Richtung der Axe des Schlauches gelegen war, betrug durch- ehnittlich. Yo”. Die Zellmembran umschloss einen ganz durchsich- igen Inhalt mit wenigen feinen Körnchen und einen länglichen, stark länzenden Kern, durch dessen Verhalten sie sogleich von den auch | übrigens verschiedenen Zellen des Zellkörpers zu unterscheiden waren. ei anderen Individuen waren diese Zellen zu einer structurlosen zarten lembran verschmolzen, in welcher zwar keine Spur der Zellwände mehr u entdecken war, in der aber noch die Kerne, wie eingesprengt, lagen. ier ist demnach eine Entwicklungsweise einer Membran, die vielleicht letzt eine durchaus homogene wird, welche sich unmittelbar an rüber beschriebene Vorgänge in der Epidermis anreiht. Ganz gleich- ; sig. verlaufen die beiden Hodenschläuche bis etwa Y,—1” ober- lb. der Geschlechtsöffnung. So wie hier‘ die beiden seitlichen Höhlen es Zellkörpers in eine einzige mittlere zusammenfliessen, so entsteht s der Vereinigung beider Hodenschläuche ein Vas deferens (Fig. 21 b). jer Durchmesser desselben ist verschieden, je nachdem man es leer nm Sperma oder gefüllt antrifft. Im leeren Zustande liegen die Wände st unmittelbar auf einander, und das Lumen ist nur durch einen inen heilen Saum angedeutet. Der Durchmesser des Schlauches be- ügt im gewöhnlichen Zustande, wenn er eine geringe Menge Samen- lemente enthält, Y,,”. Davon kommen aber über zwei Drittel auf dicke Wand dieses Theiles des Geschlechtsschlauches. Dieselbe d nämlich von zwei Schichten oder Membranen gebildet, deren ere die ununterbrochene Fortsetzung des Hodenschlauches, wie dort, ie zarte structurlose Membran ist (Fig. 21 ec). Auf dieser liegt eine wa Yo” dicke Schicht, welche auf dem scheinbaren Durchschnitt fein granulirtes Aussehen hat und keine bestimmte fasrige oder llige Structur erkennen lässt (Fig. 21 d). Es ist dieselbe Schicht, jelche sich auch an bestimmten Abschnitten des weiblichen Geschlechts- auches des Gordius finden wird, dieselbe ferner, welche ich am us von Mermis nigrescens beschrieben habe, und glaube ich die- be auch bei Gordius wegen früher hervorgehobener Analogie als actile Schicht betrachten zu dürfen. Gegen das untere Ende des | 106 Vas deferens zu wird die contractile Schicht allmählich dünner, wäh- rend die structurlose Membran sich ein wenig verdickt und zuletzt allein das Ende des Kanals bildet (Fig. 24 e), welcher Yo—Yyo" weit in der Mitte der Bauchfläche vor der Bifurcation des Schwanzes mit einer Längsspalte von Y,,—!/,0"” Lünge, der oben schon genannten Geschlechtsöffnung (Figg. 12, 13a), nach aussen mündet. Die Aus- mündung geschieht in der Weise, dass, wie bei Mermis, die Tunica propria des Geschlechtsschlauches mit dem ringförmigen Wulst des Coriums verschmilzt. Die Oeffaung liegt unmittelbar vor der Furche, mit welcher die Bifurcation beginnt (Fig. 43), betrachtet man sie aber von der Bauchfläche, so liegt sie etwa Y,,” vor der Spitze des von den Gabelästen eingeschlossenen Winkels (Fig. 12), was nach der oben. angegebenen Gestalt des Perinäums zwischen den Gabelästen keiner weitern Erklärung bedarf. Zu den äusseren männlichen Geschlechtsorganen, d. h. zu den dem Mechanismus der Begattung vorstehenden Theilen, gehört Folgendes: „unächst die Geschlechtsöffnung selbst; mehre Gruppen eigenthümlicher Bildungen der Epidermis, Haftborsten und Spitzen; ein System von Muskeln auf der Bauchseite des Schwanzendes, die nach Art einer Bauchpresse wirken und wahrscheinlich die Ejaculation des Samens vermitteln helfen; endlich muss auch die äussere Gestalt des Schwanz endes selbst, die Schwanzgabel zu den äusseren Geschlechtsorganen gerechnet werden. Ein Penis oder andere derartige leitende Begat- tungsorgane, wie sie Mermis albicans besitzt, fehlen durchaus. Die Geschlechtsöffnung ist eine Längsspalte, welche Aehnlichkeit mit der menschlichen Vulva hat. In Form eines Ovals wird die Oefl- nung von einem rundlichen Wulst umgeben, der sich als zwei, oben und unten verbundene seitliche Lippen darstellt, deren Commissuren weniger hervorragen als die seitlichen Theile. Die Breite des Ovals beträgt Yo — 145”, die Länge Ygu”. Die Lippen sind Verdickungen des Coriums, welche sich nach innen unmittelbar in die nach der Oefl- nung zu gleichfalls verdickte Tunica propria der Geschlechtsschläuche fortsetzt. Die Lippen sind über ihre ganze Fläche mit sehr dicht stehenden kleinen, schräg abwärts gerichteten nadelförmigen Stacheln besetzt, welche sich, allmählich kleiner werdend, ganz bis in die spalt- lörmige Oeflnung hinein erstrecken (Figg. 12, 13a). Ihre Länge beträgt’ durchschnittlich Ygoo”. Am hintern Umfange der Oeffnung sind die Stacheln stärker angehäuft, und sie setzen sich von da in eine andere Art von Haftspitzen fort, welche die Gegend unterhalb der Geschlechts- öffnung bis zur Bifurcation des Schwanzes nebst den seitlich von der Oefinung gelegenen Gegenden der Bauchfläche und einen Theil der innern Oberfläche der beiden Gabeläste überziehen (Figg. 12, 13c) Diese Spitzen sind von konischer Gestalt, sitzen mit grosser, fast kreis- 107 runder Basis auf der Epidermis auf und laufen rasch in eine kurze, schräg abwärts gerichtete Spitze aus. Sie sind nicht irgend wie regel- _ mässig angeordnet, stehen bei weitem nicht so dicht, als die kleinen verher genannten Stacheln, doch ist ihre Zahl, da sie über eine grosse Rläche verbreitet sind, beträchtlich, wechselnd jedoch bei verschie- denen Individuen. Der Theil der Gabeläste, über welchen diese Spitzen ‘verbreitet sind, kann als innere Schenkelfläche bezeichnet werden, doch reichen sie nicht ganz bis zum Ende, sondern verlieren sich, allmählich kleiner werdend, schon auf dem zweiten Drittel etwa der Gabeläste. Der Durchmesser der Basis beträgt bei den grössten dieser Spitzen Yo". - Die merkwürdigste und eigenthümlichste Art von Haftapparaten indet sich nun noch als eine dritte Classe von Stacheln oder Borsten oberhalb und seitlich von der Geschlechtsöffnung. Diese wird nämlich n einer Entfernung von Yo —Yıs“ oberhalb umgeben von einem im Allgemeinen halbkreis- oder hufeisenförmigen Kamme langer schmaler Borsten, deren Länge Y—Ys0" beträgt (Figg. 12,135). Sie stehen licht zusammen und sind alle in gleicher Weise schwach gebogen, mit der Spitze nach hinten gerichtet. Genauer besteht dieser Borsten- kranz aus zwei seitlichen Kämmen, welche in der Mittellinie des Bau- es 5” oberhalb der Geschlechtsöffnung zusammenstossen, ohne edoch ununterbrochen in einander überzugehen. Sie beginnen etwa in gleicher Höhe mit der Geschlechtsöffnung auf der Gränze der Seiten- chen und der Bauchfläche des Thieres, und ziehen sich dann, schräg aufsteigend, convergirend bis zur Mittellinie des Bauches; hier bleibt schmaler freier Raum zwischen den letzten Borsten jedes Kammes, und diese Stelle ist es, wo sich die oben genannte zweite Oeffnung les Secretionskanals befindet (Figg. 12, 13 f). In der nähern Beschaffenheit: dieser beiden Borstenkämme zeigt sich eine Speciesverschiedenheit zwischen Gordius aquaticus und G. ubbifurcus. Bei ersterem nämlich besteht jeder Kamm durchschnitt- nur aus einer, hie und da nur doppelten Reihe von Borsten (Pig. 43), welche fast gradlinig auf die Mitte des Bauches zuläuft, so ss beide Kämme eine umgekehrt Vförmige Figur bilden. Bei Gor- ius subbifurcus (Fig. 12) sind die Kimme breit, bestehen aus mehren enreihen und laufen in gekrümmter Richtung auf einander zu, dass sie eine hufeisenförmige Figur bilden. — Die Grösse der n ist in der Mitte der Kämme am beträchtlichsten, nach den iden Enden zu nimmt sie allmählich ab. Sehr oft finden sich orsten, die an der Spitze in zwei oder auch in drei kurze Aeste heilt sind. Sowohl diese Borsten, als die anderen vorher genannten Spitzen ‚der Umgebung der männlichen Geschlechtsöffnung sind Bildungen, i 4 108 welche der Epidermis angehören und sich wahrscheinlich von einzelnen ihrer Zellen aus entwickeln. x Was die Untersuchung aller dieser Theile betrifft, so ist es trotz ihrer Grösse und Zahl, trotz ihrer oberflächlichen Lage nieht immer leicht, sie zu erkennen, weil das männliche Schwanzende grade in dieser Gegend aın undurchsichtigsten ist; die Behandlung der frei prä- parirten Haut mit kaustischem Natron leistet gute Dienste. Es muss noch eine, freilich ebenfalls nur ‚geringe, Speciesverschie- denheit an den äusseren männlichen Geschlechtsorganen erwähnt werden. Während nämlich bei Gordius aquaticus die Gegend der Geschlechts- öffnung nicht über das Niveau der Bauchfläche sich erhebt (Fig. 13), abgesehen von der wulstförmigen nächsten Umgebung, liegt bei G. sub- bifurcus die Geschlechtsöffnung mit ihrem Wulste auf einem flachen Hügel (Fig. 12), der vor der Bifurcation beginnt und sich nach “2 Borstenkämmen zu allmählich verliert. Schon oben habe ich angegeben, dass die Längsmuskeln des Leibes auf der Bauchfläche des Schwanzendes sich früher verjingen und frü- her ihr Ende erreichen, als auf der Rückenfläche. Während des all- mählichen Dünnerwerdens dieser Schicht beginnt auf der äussern Fläche derselben, zwischen dem sogenannten Perimysium und dem Corium eine Hautmuskelschicht aufzutreten, ‘welche aus handartigen glatten Streifen besteht, die, in schräger Richtung von einer Seite zur andern verlaufend, sich kreuzen oder scheinbar ein Flechtwerk bilden. In der Gegend ‚etwa, wo die Borstenkämme zusammenstossen, beginnt diese Quermuskelschicht. Sie erstreckt sich nicht nur bis zur Bifur- cation herab, sondern überzieht auch die Innen- und Bauchflächen der Gabeläste (Figg. 42, 43 d), deren äussere und Rückenflächen noch, wie oben angegeben, von Längsmuskeln. ausgekleidet sind. ‘In den abgerundeten Enden der Gabeläste sind Richtung und Verlauf der letzten Längsmuskelu dieselben, wie die der letzten Quermuskeln geworden. Ursprung und Insertion dieser Muskelschicht ist das Corium, an wel- ches sie überhaupt festgeheftet ist. Die Isolirung ihrer Elemente ge- lang nicht, und über eine etwaige Structur kann ich Nichts angeben. Die Function dieser Muskeln ist leicht zu errathen; ich komme darauf zurück. Das Letzte nun, was zu den äusseren männlichen Geschlechts- organen gerechnet werden muss, ist die Schwanzgabel selbst, die ich schon oben in der allgemeinen Beschreibung des Gordius ihrer Gestalt und bauchwärts gekrümmten Haltung nach, so wie auch später ihrem nichts Besonderes darbietenden innern Baue nach beschrieben habe. Auf ihre Function bei der Begattung werde ich zurückkommen. Von den männlichen Geschlechtsorganen der Mermis albicans sind die des Gordius beträchtlich verschieden. Ein doppelter Hodenschlauch, 109 regelmässig bei Gordius, wird bei Mermis nur ausnahmsweise beob- "achtet; doch gewinnt diese Ausnahme eben in dieser Vergleichung an Interesse und Bedeutung. Die äusseren Geschlechtswerkzeuge sind fast rchaus verschieden bei beiden. Statt der Haftspitzen und der eigen- thümlichen Schwanzgabel ist bei Mermis ein die Vereinigung der Ge- schlechter vermittelnder doppelter Penis vorhanden, und nur wenige leine, der Bedeutung nach weit untergeordnetere Wärzchen finden sich auf der Bauchfläche des einfach abgerundeten Schwanzendes. Das System gekreuzter Quermuskeln des Gordius findet sein Analogon in len in grader Richtung verlaufenden Quermuskeln in der entspre- chenden Gegend des Schwanzendes von Mermis. - - Frühere Beobachtungen über die männlichen Generationsorgane des Gordius finden sich spärliche und unvollständige. - Berthold hielt, wie hon erinnert, den Secretionskanal für den Hoden des seiner Meinung "nach hermaphroditischen Thieres; die Geschlechtsöffnung hielt derselbe für den After. Aeussere Begattungsorgane läugneten Charvet und Bert- jold durchaus. Dujardin kannte die beiden Borstenkämme und be- schrieb sie als einen hufeisenförmigen Saum konischer Papillen *); auch ih er die kleinen Stacheln, welche den Wulst und die Geschlechts- besetzen ?). v. Siebold®) gab eine Beschreibung der beiden 'hrenförmigen, unten zusammenfliessenden und mit’ der Geschlechts- finung ausmündenden Hoden, welche bis auf den Punkt richtig ist, ass, wie schon oben urgirt wurde, nicht die Höhlen des Zellkörpers lbst die Hodenröhren, der Zellkörper ihre Wand ist, ‘sondern dass lie besonderen Hodenschläuche in jenen Höhlen liegen. "Die weiblichen Geschlechtsorgane. ei Dass die inneren weiblichen Generationsorgane sehr ähnlich den lichen gebaut sind, kann schon aus der durchaus gleichen An- den, Ein* doppelter Eierstockschlauch durchzieht fast die ganze ge des Thieres, jeder derselben geht nicht weit oberhalb. des Zu- mmenflusses der beiden sie beherbergenden Zellkörperhöhlen in eine urze Tuba über (Fig. 1% aa), ‚welche, beide in einen gemeinsamen einmünden (Fig. 44 b);. dieser öffnet sich, ohne dass eine eigent- che Vagina gebildet ist, nur mit einem verengerten Halse mit der am ierende gelegenen, früher schon aufgeführten Vulva nach aussen 110 ‚Die Eierstockschläuche sind beträchtlich weiter als die Hoden- schläuche, was nicht nur dadurch bedingt ist, dass das Weibchen, bei gleichen Dimensionen der übrigen Organe, überhaupt dicker ist, sondern auch dadurch, dass, wie schon v. Siebold bemerkte, die Höhlen. des Zellkörpers beim Weibchen auch relativ weiter sind, ihre Wan- dungen, d. h. die peripherischen Schichten des Zellkörpers relativ dünner, als beim Männchen. Die Weite eines Eierstockschlauches be- trägt YYo— Ya". Auch an Länge übertreffen die Eierstöcke die Hoden, sowohl relativ, als auch meistens absolut. Denn während die Hoden im Allgemeinen in der Mitte der Körperlänge beginnen, liegt der An- fang der Eierstöcke ganz vorn, nicht weit hinter dem Munde (Fig. 46 kk); und da keines meiner Männchen doppelt so lang war, als die Weib- chen, so waren die Eierstöcke auch der Länge nach umfangreicher, als die Hoden. Wie sich die Verhältnisse bei sehr langen Individuen gestalten, weiss ich nicht. : Die Darstellung der Eierstockschläuche ist denselben Schwierig- keiten unterworfen, von denen ich oben bei den Hoden sprach. Die Structur der einfachen zarten Membran, welche sie constituirt (Fig. 22), ist dieselbe, wie die der Hoden. Längliche, oft etwas eckige helle Zellen mit deutlichem glänzendem Kern setzen ohne Dazwischenkunft eines andern Gewebstheiles eine Y5;o0"” dieke Membran zusammen, in welcher nach allmählicher Verschmelzung der Zellwände unter einander und mit dem Inhalt die Kerne wie eingesprengt übrig bleiben. Ganz gleichmässig und ohne Abtheilungen laufen die Eierröhren, die ich schon %," hinter dem Munde habe beginnen sehen, neben einander bis etwa Y,"” oder Y," vor das Ende des Schwanzes. Nun verengen sich beide Schläuche allmählich, während gleichzeitig ihre Membran dicker wird. Als Tuben von "/;,"" Weite münden sie, jeder ganz besonders für sich, in einen weiten blasenförmigen Behälter, den ich Uterus nenne (Fig. 14). Bei Gordius aquaticus stellt dieser Uterus eine etwa herzförmig gestaltete Blase vor von Y,—Y,” Länge, deren Querdurchmesser fast den ganzen von den Muskeln begränzten Raum einnimmt, und den Zellkörper auf eine einfache flache Zellschicht redu- cirt. Die Spitze der Blase ist grade abwärts nach der Vulva zu ge- richtet, und oben münden zu beiden Seiten die Tuben ein (Fig. 44). Bei Gordius subbifureus findet sich wahrscheinlich eine kleine. Ver- schiedenheit, welche theils wegen der an und für sich schwierigen Untersuchung, theils wegen zufällig verschiedenen Grades ‚der Aus- füllung mit Eiern, mit Sicherheit nicht festgestellt werden konnte. Wahrscheinlich sind die Tuben des G. subbifureus länger und vereini- gen sich unter spitzem Winkel zu einern schlauchförmigen Uterus. Diese Verhältnisse könnten jedoch bei starker Anfüllung des Uterus mit Eiern möglicherweise in die bei G. aqualicus beschriebene Form übergehen. 111 Uterus wird zunächst von der Fortsetzung der Tunica propria der rstöcke gebildet, auf deren innere Fläche sich ein Epitelium kleiner Zellen mit feingranulirtem Inhalt auflagert, während die äussere Fläche einen wahrscheinlich contractilen Ueberzug erhält, dieselbe Schicht nämlich, welche ich bei dem Vas deferens beschrieb. An der hals- jrmigen Verengerung des Uterus hört diese Schicht, so wie das Epi- elium auf, dagegen verdickt sich die Tunica propria und bildet einen ırzen, Y,0” weiten Kanal, welcher mit der Vulva ausmündet, indem e Tunica propria in das Corium übergeht. Die äusseren weiblichen Geschlechtsorgane begreifen nur die Vulya nit ihrer Umgebung, zu welcher bei Gordius subbifureus auch die genthtimliche Spaltung des Schwanzendes gerechnet werden muss, nd eine Schicht querer gekreuzter Muskeln auf der Bauchfläche. Die Vulva hat bei beiden Arten im geschlossenen Zustande die estalt eines in drei Zipfel ausgezogenen Spaltes, geöffnet ist sie dem ntsprechend dreiseitig. Ihr Durchmesser beträgt Yao— so”. Sie ‚d umgeben von einem ganz regelmässig kreisförmigen, stark vor- ngenden Wulst des Coriaums, dessen Ring Y,,"" Durchmesser hat 3, &a). Während der die Oefinung zunächst begränzende Saum ses Wulstes ganz hell und farblos ist, findet sich in dem äussern e desselben ein sehr dunkeles Pigment angehäuft, welches sich nählich in die übrige Hautfarbe verliert. An dieser dunkelen Fär- ung der Umgebung ist die Vulva mit blossem Auge oder mit der pe sehr leicht zu erkennen. Bei Gordius aquaticus liegt sie grade ‚der Mitte der etwas concaven Endfläche des Schwanzes, so dass Höhe des Wulstes etwa im Niveau des Randes der Endfläche liegt igg. 3, 14). Bei Gordius subbifureus liegt sie in der Mitte der Furche sitlichen Wülsten des Schwanzendes, wie oben bereits beschrieben ‚de (Fig. 4). — Die zu den Geschlechtsorganen gehörige Muskel- ist ganz so beschaffen, wie die des Männchens. Sie be- | etwa %,” oberhalb des Endes als eine dünne Lage zwischen r und den sich allmählich verdünnenden Längsmukeln des Bau- hes, wird nach unten mächtiger und bildet besonders an der End- iche eine sehr dicke Schicht. in welcher die Bänder die Richtung ' der Bauch- zur Rückenfläche angenommen haben (Fig. 14 d). -Charvet*) hielt die beiden Höhlen des Zellkörpers, deren Vereini- ng im Hinterende er kannte, für die Eiröhren selbst. Berthold?) be- rieb diese als spiralig gewunden und bandwurmartig gegliedert, ein ein, der wohl von der Structur des Zellkörpers herrührte. Den 112 oben als Uterus beschriebenen Theil verglich v. Siebold mit einem Re. i ceptaculum seminis !), dessen grössere Länge (2”’) wahrscheinlich aui beträchtlichere Grösse des untersuchten Weibchens zurückzuführen is Die Samenkörperchen. Der reife Samen des Gordius ist, eine milchweisse, zähe zusammen- haftende Masse, welche man während der Begattung an den ver- einigten Hinterenden der beiden Individuen überlliessen findet, die auch am Hinterende des Männchens kurz nach vollzogener Begatiung in grösseren oder kleineren Ballen angetroffen wird. Schneidet man einen geschlechtsreifen männlichen Gordius durch, so quillt der Same sogleich in grosser Menge hervor, ist aber dann flüssiger, mit Wasser leichte mischbar, als der freiwillig ergossene reife Same. Was die Entwicklung der Samenelemente betrifit, so ist es wahr- scheinlich, dass das sogleich zu beschreibende Stadium, welches das früheste von mir. in geschlechtsreifen Exemplaren angetroffene ist, nicht das erste Entwicklungsstadium ıst, sondern dass deren noch eines oder mehre vorausgehen, welche während der Zeit völlig, für die ganze künftige Samenmasse, ablaufen, in welcher sich überhaupt der Gordius zur Geschlechtsreife entwickelt, und die daher in reifen Indi- viduen nicht mehr angetroffen werden. Ich werde auf diesen Punkt zurückkommen. So wie die reifen Samenkörperchen durch ungewöhn- liche Kleinheit ausgezeichnet sind, so sind auch. ihre früheren En wicklungsstufen äusserst kleine, unscheinbare Bildungen, die nur durch ihre ausserordentliche Menge sogleich die Aufmerksamkeit auf sich ziehen Im hintern Theile: der Hodenröhren. besteht. die milchige Flüssigkeit aus sehr kleinen sphärischen Zellen von Y0o0— Yaso” Durchmesser (Fig. 23 a). Dieselben enthalten einen. verhältnissmässig grossen Kern von Yzoo” Durchmesser, und. anfangs leicht. granulirtern Aussehen, mit einem kleinen Kernkörperchen. Diese Zellen sind, wie.der Ver lauf der Untersuchung ‚ergab, die, Entwicklungszellen der. Samen- körperchen: aus jeder Zelle bildet, sich ein Samenkörperchen. Der Kern wird ‚allmählich homogen, indem ‚auch das Kernkörperchen mi ihm verschmilzt; dabei erlangt der Kern ein glänzendes Ansehen, starkes Lichtbrechungsvermögen (Fig. 23 b).. Er füllt das Lumen der Zelle fas ganz aus, so dass diese jetzt nur als ein schmaler blasser Saum um | ihn zu erkennen ist. Nun ändert der Kern. seine Gestalt und: Lage. Indem er nämlich bei fortschreitender Verdichtung flach linsenförmig wird, legt er sich hart’ an die Zellwand. Wandständig verwandelt.er sich nach und nach in ein oblonges Körperchen, welches sich nach 1) Loc. eit. pag. 307. 113 ‚den Dimensionen der Zelle krümmt, desto mehr, je mehr der Kern auf Kosten seiner Breite und Dicke in die Länge wächst (Fig. 23 c). 1 diesem Entwicklungsstadium ist die Membran der Zelle, die Ent- wicklungszelle als solche leicht zu erkennen, sowohl, wenn sich das bogene Stäbchen im Profil zeigt, als wenn es, von der Fläche ge- hen, die Zelle in zwei Hälften zu theilen scheint. Jetzt differenziren >h zunächst zwei Hälften des stäbchenförmigen Körperchens; an einem nde behält es das starke Lichtbrechungsvermögen und bleibt daselbst ich etwas dicker, während das andere Ende stärker in die Länge ächst, dünner wird und ein blasses Aussehen erlangt (Fig. 24 a). ie bisher noch nahezu sphärische Gestält der Entwicklungszelle ver- andelt sich in eine birnförmige; in ihrem dünnern Theile liegt das lere Ende des Stäbchens, ‘das glänzende, scharf abgesetzte, noch jwas gekrümmt, in dem weiteren Theile (Fig. 2% b). Dieses Entwick- gsstadium traf ich stets in grosser Menge im unteren Theile der ‚ und es ist schon nahezu die letzte Form, welche die Samen- perchen im Männchen erreichen; ihre definitive Gestalt erlangen sie nach der Ueberführung in die weiblichen Geschlechtsorgane. An ı Samenkörperchen des freiwillig ergossenen Samens hat der meta- orphosirte Kern der Entwicklungszelle die Gestalt eines kurzen Mes- s, an welchem das glänzende, etwas gebogene Kopfende den Griff, blassere Schwanzende die Klinge darstellt. Die Länge beträgt —Yao0". Die Zellmembran überzieht noch das ganze Körperchen stalt einer birnfürmigen Blase. m die fernere Entwicklung zu verfolgen, braucht man nur den lt des untern Abschnittes eines Eierstocks zu untersuchen, in wel- ‚man nach der Begattung zwischen den Eiern zahllose Samen- ıente findet. An diesen zeigt sich, dass der vorher als Schwanz- le bezeichnete Theil des Stäbchens sehr in die Länge wächst, während h das ganze Körperchen diinner wird. Wenn es bisher das ere Kopfende war, welches meistens noch von einem frühern en her etwas gekrümmt in dem weitern Theile der Zelle lag, s ‚sich nun das in die Länge wachsende Schwanzende hleifen rmig um und die früher messerförmige Gestalt des Samenkörperchens "in eine nahezu lancettförmige (aber nur durch die Lage des hwanzendes bedivgt) über (Fig. 24 c). _ Während bis hieher die Samenkörperchen von Gordius aquaticus sordius subbifurcus sich ganz gleich verhalten haben, tritt nun terschied auf, indem bei G. aquaticus das vorher bestimmt ab- elzte, etwas dickere Kopfende so weit in. dem. Längenwachsthum ; Schwanzendes aufgeht, dass sich die Gränze verwischt und das : Körperchen ein sehr feines nadelförmiges Spitzchen darstellt, wel- l nur nach dem einen Ende zu ganz allmählich ein wenig an- %eitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Rd. 8 114 schwillt (Fig. 26). Dagegen bleibt bei G. subbifurcus das Kopfende stets deutlich markirt und setzt sich als ein längliches feines Knöpf- chen 1) gegen das ebenfalls spitz auslaufende Schwanzende ab (Fig. 25). Wenh durch, das Längenwachsthum des Stäbchens die Spannung der Entwicklungszelle einen gewissen Grad erreicht hat, so platzt sie, das Samenkörperchen streckt sich uun plötzlich grade und hat damit die Höhe seiner formellen Eutwicklung erreicht, die Gestalt, -in welcher es geschickt ist, in das Ei einzudringen. Die Länge der reifen Samenkörperchen beträgt Yıso—Yıro”; die Dicke nur Yıooo — Yaso” (Figg. 25, 26).- Der genannte Speciesunterschied ist zwar nur ein sehr geringer, aber dennoch bei der grossen Menge, in welcher man die Elemente zusammen findet, sehr deutlich und charakteristisch. Eigen- thümliche Bewegungen, denen der Spermatozoiden entsprechend, habe ich an den Samenkörperchen des Gordius nicht erkennen können, da ich die mehrfach, aber nicht constant wahrgenommene zitternde Be- wegung, welche sie, bei ihrer ausserordentlichen Kleinheit mit umher- liegenden Körnchen, Dottermolekeln zerstörter Eier theilten, für nichts Anderes, als Molecularbewegung halten kann, obgleich v. Siebold*) den im weiblichen Geschlechtsschlauch gefundenen reifen Samenelementen des Gordius eine lebhafte Beweglichkeit zugeschrieben hat. 3 Die Gränze zwischen dem Entwicklungsstadium , welches die Samenkörperchen im Hoden erreichen und dem letzten, welches im Allgemeinen erst im Eierstocke vor sich geht, ist nicht so scharf, dass man nicht zuweilen auch reife im Vas deferens antrifft, was, wie ich schon bei. einer andern Gelegenheit hervorgehoben habe °), ein nicht unwichtiger Umstand für die richtige Würdigung dieses bereits bei mehren Nematoden und bei Mermis albicans beobachteten Factums ist, dass die Samenelemente ihre vollständige Reife in formeller Beziehung im Allgemeinen erst im Weibchen erreichen. Die auf das zuletzt beschriebene Stadium, in welchem die Samenkörperchen in die Eier eindringen, noch folgenden Veränderungen, sind hinsichtlich der Gestalt vegressive Metamorphosen, die in Nichts von denen bei den Samen- elementen von Ascaris mystax, marginata, megalocephala, triquetra, beobachteten abweichen; sie sollen später noch erwähnt werden. 0 ) Ganz übereinstimmend ist eine Abbildung dieser Samenkörperehen von ; v. Siebold, welche mir vorliegt, bei welcher ich aus dieser Gestalt und aus der Gestalt und Grösse der Zellen des Zellkörpers, welche sich von dem- selben Thier daneben abgebildet finden, schliessen kann, dass ein G. subbi- furcus das Object war. . 2) Loc. cit. pag. 307. ?) Beobachtungen über das Eindringen der Samenelemente in den Dotter. Nro. 1. Diese Zeitschrift, Bd. VI, pag. 216. 115 Es schliesst sich die Entwicklungsweise der Samenkörperchen des Gordius aus dem Kern der Entwicklungszelle nicht nur genau an die bei Nematoden beobachtete an, sondern auch speciell ganz besonders an die bei Mermis albicans, da hier auch die Uebereinstimmung der nadel- oder haarförmigen Gestalt stattfindet, durch welche sich, wenn auch die Samenelemente von Mermis nigrescens denen von Mermis albi- s ähnlich sind, was wohl za vermuthen ist, ein fernerer werth- oller Unterschied zwischen der Ordnung der Nematoden, bei welchen sich keine haarförmigen Samenkörperchen finden, und der Ordnung der _ Gordiaceen herausstellen würde. Die nach den Beobachtungen v. Sie- bold’s *) bekannte Gestalt der reifen Samenkörperchen von Mermis albi- eans ist im Grossen fast ganz dieselbe, welche die des Gordius subbi- fareus besitzen, nur ist die Länge jener fast das Doppelte von der der Die Entwicklungszellen waren das Erste, was im Hoden des Gor- lius zur Beobachtung kam; bei keinem Thier aber wurden bisher diese als die erste ursprüngliche Zellengeneration im Hoden mit Sicherheit eobachtet, sondern überall geht dieser noch eine erste Generation von erzellen oder männlichen Keimzellen, wie ich sie genannt habe, aus, aus welchen sich, vielleicht in verschiedener Weise, die Ent- eklungszellen der Samenkörperchen als Tochterzellen entwickeln ; halb, und besonders auch, weil "Mermis albieans durchaus jenem atze folgt, glaube ich mit Sicherheit vermuthen zu dürfen, dass im Hoden des Gordius den beobachteten Zellen eine Generation eimzellen vorausgegangen war, von denen jene abstammten, die als solche bereits alle zur Zeit der erlangten Geschlechtsreife ver- wunden waren und sich nicht von Neuem fortwährend nachbilden. e solche Annahme wird das scheinbar Willkührliche und Unglaub- he verlieren, wenn ich an ganz ähnliche Verhältnisse, an analoge tliche Trennungen gewisser Entwicklungsperioden des weiblichen gungsstoffs als Ganzes erinnere, die ich bei Mermis nigrescens be- eben habe, und besonders, wenn ich sogleich wiederum dieselben hältnisse in der Entwicklungsgeschichte des Eies des Gordius auf- hren werde, wo sich bestimmtere und sichere Anhaltspunkte, ausser ler blossen Analogie, für die Ergänzung frühester, nicht direet beob- teter Entwicklungsstadien ergeben werden. Die Eier. e 80 wie sich die Entwieklungsgeschichte und Beschaffenheit des ännlichen Zeugungsstoffes des Gordius eng an die gleichwerthigen A) Diese Zeitschrift, Bd. VI, pag. 237. 116 Verhältnisse bei Mermis albicans anreiht, so ist auch die Entwicklung der Eier ganz übereinstimmend bei beiden Gordiaceen. Die verhältniss- mässig sehr geringe Grösse der Samenkörperchen findet ihr Analogon und die für das Zustandekommen des Befruchtungsvorgangs nothwen- dige Ergänzung in der Kleinheit des Eies, welches, nicht grösser als das vieler mikroskopischer Nematoden (Anguillulae), nur Yo” Durch- messer hat, ein Volumen, welches zu dem des erwachsenen Gordius in einem Verhältniss steht, wie wir es unter den Wirbellosen fast nur bei den einem Generationswechsel ‚oder einer vollkommenen Metamor- phose unterworfenen Formen, zunächst unter den Würmern bei den Trematoden und Gestoden anzutreffen gewohnt sind, und welches hier unter den den Nematoden scheinbar nächstverwandten Gordiaceen vor der Kenntniss der eigenthümlichen Eniwicklungsgeschichte des Gordius sehr auffallend erscheinen muss, durch letztere aber gauz verständ- lich wird. Aus dem durchschnittenen Weibchen quellen die Eier in zahl- loser Menge in Gestalt einer weissen milchigen Masse hervor, ebenso kann man sie meist durch Druck 'auf das Hinterende aus der Vulva entleeren. Die Beschaffenheit freiwillig gelegter Eiermassen ist ver- schieden von der gewaltsam entleerter, wovon später. Aus der Beschaflenheit des Inhalts der Eierstockschläuche ergiebt sich mit Sicherheit der schon oben angedeutete für die Naturgeschichte des Gordius interessante Umstand, dass für alle Eier, welche während der Brunst, im Verlauf des Juni, gelegt werden, die erste Anlage und das erste Entwicklungsstadium in eine frühere Periode fällt, so dass das geschlechtsreife Thier nicht mehr fortfährt, wie, um nur den nächstliegenden Vergleich zu nennen, Mermis albicans, junge Bier zu produciren, sondern sich um diese Zeit schon die ganze Quantität von Eiern, die gelegt werden soll, auf einem weiter vorgeschrittenen Ent- wieklungsstadium vorfindet. Dieses Stadium ist dasjenige, in’ welchem Jie fast reifen Eier meist zu 8—20 vereinigt traubenförmige Gruppen um den Rest der ursprünglichen Keim- oder Mutterzelle bilden, mit welcher sie mittelst kurzer dünner Stiele, Dotterkanäle, die späteren Nikropylen, zusammenhängen (Fig. 22). Hiermit ist sehon. ausgespro- chen, in welcher Weise die erste Bildung der Eier stattfindet, denn die Beschaffenheit des Inhalts der Eierstöcke lässt nicht nur darauf zurückschliessen, dass überhaupt schon frühere Entwicklungsstadien abgelaufen sein müssen, sondern, mit Bezugnahme auf eine Reihe ana- loger Verhältnisse, auch darauf, wie diese Entwicklungsstadien sich verhalten haben müssen. Der bei weitem grösste Theil der beiden Eierstöcke, vom äussersten Ende an, ist im geschlechtsreifen Thier ‚an- gefüllt mit Eiertrauben, welche sich von den Trauben, in welchen. die Eier der Mermis albicans und die mehrer Ascariden sich entwickeln, 117 pP dadurch unterscheiden, dass die sehr‘ viel kleineren Eier des dius meistens in grösserer Zahl mit einander vereinigt sind, so ass Trauben, die aus 12—18 Eiern bestehen, zu den häufigeren, solche aus nur 4—6 Eiern bestehende zu den selteuern gehören. In ler aus dem durchschnittenen Thiere hervorquellenden Eiermasse sind, ach gehöriger Verdünnung mit Wasser, oder besser mit chromsaurem i, die zahllosen Eiertrauben unmittelbar aufs Deutlichste zu er- kennen, indem die Untersuchung hier, wie bei Mermis albicans, . nicht urch das bei Nemätoden stattfindende feste Zusammenbaften des Inhalts der Eierröhren erschwert wird. Die aus birnförmigen «zusammenkleben- den» Eiern bestehenden Trauben, als Inhalt der Eierröhren des Gor- dius, kannte schon v. Siebold *). Man überzeugt sich leicht, dass die zu einer Traube vereinigten Eier in organischem Zusammenhange mit einander stehen, dass sie mittelst feiner, aber nur kurzer Stiele an sinander hängen, und wenn auch die häufigeren aus sehr vielen Eiern bestehenden Gruppen es nicht gestatten, den Zusammenhang klar, lächenartig auszubreiten, so finden sich doch auch hinreichend klei- here, welche völlig zweifellos dieselben Verhältnisse erkennen lassen, die ich früher von Mermis albicans und Ascaris mystax u. A. be- eben habe. Trotz der grossen Zahl von Eiern, die meistens eine e bilden, bedingt doch die Kleinheit der Eier, dass mehre Trau- a im Querdurchmesser des Eierstockschlauches liegen, und es findet durchaus keine Regelmässigkeit ihrer Gruppirung, wie man sie ei Ascariden beobachtet, wo dieselbe die bekannte dreikantige Ge- alt der reifen Eier bedingt. Die nahezu reifen Eier von Yo — Yso” Durchmesser sind rundlich oder gedrungen birnförmig. Die Dotierhaut deutlich zu erkennen, besonders wenn sie sich in Folge von Wasser- satz von dem Stiele her in radiäre Fältehen legt, was ich mehre ® beobachtet habe. An jedem Ei bildet dieselbe einen kurzen feinen ‚ einen Kanal, welcher im Centrum der Traube mit denen der nderen Eier zusammenhängt, indem hier der meist kaum noch als er erkennbare Rest der primitiven weiblichen Keimzelle liegt, aus er sich die Eier als Tochterzellen durch Ausstülpung gebildet - Die Dotterhaut umschliesst den feinkörnigen Dotter, in dessen "oft versteckt, das helle Keimbläschen von Yz30” Durchmesser dem Keimfleck liegt. — Wenn die Dotter vollig reif geworden sind, en sich die Eier ab, und im hintern Viertel des Leibes trillt el eine nur Yo — 00” weite Mikropyle darstellt. Je weiter nach sm Ende des Eierstocks, desto seltener werden die Eiertrauben, desto iger die reifen isolirten Bier, die sich nach und nach abrunden, 118 indem der Stiel sich ausgleicht, . In den Uterus gelangen sie. immer einzeln, und hier werden sie von einer zähen Substanz umflossen, die wahrscheinlich das Produet der die innere Uteruswand auskleidenden Zellen ist, Diese Substanz hat einen doppelten Zweck. Der eine wird später bei dem Eierlegen in Betracht kommen; der andere, hier zu- nächst interessirende, ist der, das Ei mit einem Chorion zu versehen. Es lagert sich eine Schicht auf die Dotterhaut und erstarrt zu einer Ys00" dicken, das Ei überall abschliessenden Haut. Dabei nehmen die Eier eine ovale Gestalt an; der längere Durchmesser beträgt Yo”, der Querdurchmesser Y,; — Yso”; auch etwas kleinere Eier kommen vor. Zwischen den Eiern des Gordius aquatieus und subbifurcus ist kein Unterschied. Die für das ganze Zeugungsmaterial als ein Ganzes geltende zeit- liche Abgrenzung gewisser Entwicklungsperioden, wie sie mit Sicher- heit bei den Eiern und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch bei dem Samen des Gordius stattfindet, wurde oben auch bei Mermis nigres- cens beschrieben, doch ist der Unterschied hervorzuheben, dass bei letzterer die Abgränzung und die Gleichzeitigkeit der Perioden für alle Eier so weit geht, dass man zuletzt alle Eier befruchtet und von ihren Hüllen umgeben in dem sehr grossen Uterus eine längere Zeit ver- weilend antrifft, während bei Gordius nur die früheren Entwicklungs- perioden gleichzeitig sind und später eine successiv erfolgende Ent- wicklung eintritt und die Eier nach und nach durch den nur kleinen Uterus rasch nach aussen entleert werden. Die Zeit des Eierlegens ist bei Mermis nigrescens kurz, binnen einer Nacht sind alle Eier ‚aus dem Uterus entleert; bei Gordius dauert das Eierlegen läugere Zeit, es wird der in den Eierstöcken angehäufte (und. sich ebenfalls nicht mehr vermehrende) Vorrath von gleich weit entwickelten Eiern erst allmählich verbraucht. Die Begattung und Befruchtung. Den Vorgang der Begattung zu beobachten, hatte ich häufig Ge- legenheit. Die beiden Species waren, wie schon angegeben, nachdem. ich sie unterscheiden gelernt hatte, von einander abgesondert, bauptsäch- lich zu dem Zweck, etwaige Verschiedenheiten der Eier und der Em- bryonalentwicklung mit Sicherheit erkennen zu können; jetzt muss ich leider bedauern, nicht auch Männchen der einen mit Weibchen der andern Species zusammen gelassen zu haben, um zu wissen, ob sich beide Arten etwa fruchtbar begatten können, Versuche, wie sie über- haupt bei niederen Thieren zur Feststellung des Begriffs der Art noch nicht gemacht worden sind. 119 = Das Benehmen der Männchen und Weibchen zeigte Verschieden- heit. Erstere bildeten mit ihren Hinterenden vielfach verschlungen ‚und mittelst der hakenförmig gebogenen Schwanzgabel fesigehakt ein dichtes, oft schwer zu entwirrendes Knäuel, aus welchem sie die Vorderenden nach allen Seiten frei hervorstreckten, die fortwährend ‚in wellenförmig hin- und herschwingender und hohrender Bewegung ‚waren. Die Weibchen verhielten sich dagegen weit ruhiger mitten in lem Knäuel der männlichen Schwanzenden; sie pflegten nicht mit dem ppfe hervorzukommen und sich zu bewegen, sondern lagen vielfach unden und fest verschlungen inmitten jenes Knäuels. Bei der Begattung wickelt das Männchen sein Hinterende in mehr- - fachen spiraligen Windungen um das Hinterende des Weibchens (Fig. 27), ohne dass eins von beiden etwa das Knäuel verliesse oder sich sonst nders, als gewöhnlich, benähme. Das Weibchen (Fig. 27 b) biegt das Schwanzende etwas rückwärts und das männliche Schwanzende mut nach der letzten Umwindung in kürzerem oder weiterem Bogen m Rücken her, um sich mit der Bauchseite der Schwanzgabel von n über oder auf die Endläche des Schwanzes des Weibchens zu ‚ so dass also, die beiden Schwanzenden in grade entgegen- zesetzter Richtung an einander liegen. Dabei fügt sich die männliche Seschlechtsöffnung grade auf die weibliche, und die beiden gespreizten ‚Gabeläste heften sich, stark bauchwärts gekrümmt, auf das hintere inde der Bauchfläche des Weibchens. Dabei dienen nun die oben hriebenen Spitzen und 'Borsten des Männchens zur Befestigung ; zunächst heften sich die feinen Spitzchen des Wulstes um die männ- liche Geschlechtsöffuung in den die Vulva umgebenden Wulst. Das nnchen spreizt die Gabel so weit aus einander, dass diese das weib- e Hinterende zum Theil von der Seite her, Bach Art zweier haken- mig gekrümmter Finger, umfasst, während das Weibchen sein nach ickwärts übergebogenes Schwanzende gleichsam zwischen die Gabel- ste binaufzuschieben strebt und so mit der Geschlechtsöffnung vor ie Bifurcation, wo die männliche Geschlechtsöffnung liegt, stösst. Die n schmalen Borstenkämme des Gordius aquaticus heften sich dabei "den Rand der concaven Endfläche des Weibchens, die beiden breiten nme des Gordius subbifurcus auf die breiten Wülste des wie schräg hnittenen weiblichen Schwanzes. Für die zwischen diesen Wül- gelegene Furche, in deren Grunde sich die Vulva befindet, be- der männliche G. subbifurcus jenen Hügel vor der Bifurcation des ;chwanzes. Die Anklammerung der Gabeläste wird durch die Spitzen f den inneren Schenkelflächen begünstigt. So haften die beiden Individuen längere Zeit zusammen, wobei das Männchen den Samen in grosser Menge ergiesst. Dies geschieht wahrscheinlich hauptsächlich in Folge der Contraction jener die Bauch- 120 fläche des Schwanzendes überziehenden 'gekreuzten Quermuskelschicht, } welche nach Art einer Bauchpresse wirken muss; man kann dieselbe künstlich nachahmen und so ebenfalls den Samen jentlaesen: Sehr viel des freiwillig bei der Begattung ergossenen Samens wird verschüttet, indem er von allen Seiten zwischen den: vereinigten Schwanzenden hervorquillt ‚und diese in dicken weissen zähen Flocken, wie ein Schaum, verhüllt und verklebt. Reste dieses unverbrauchten Samens findet man auch fast immer ‚sowohl zwischen der Schwanzgabel ‘von Männchen, ‚als in der Umgegend ‘der Vulva' von Weibchen, ‘die vor Kurzem die Begattung vollzogen ‘haben, haften; auch auf dem Bo- den des Gefässes, worin die Gordien waren, fand ich jene weissen Flocken, in beträchtlicher Menge; sie bestehen nur aus Samenkörper- chen, die ‚die oben beschriebene messerförmige, noch nicht ganz reife Gestalt haben. Die Epidermis des weiblichen Schwanzendes in der Umgebung der Vulva zeigt oft ein rauhes, zerrissenes Ansehen, offenbarı die Spur der. beider Begattung sich einheftenden Borsten des Männchens. In. befrachteten Weibchen findet man die Samenkörperehen, zum “srössten Theile reif, wie ich sie oben beschrieben habe, nicht nur im Uterus, sondern auch weit hinauf in den Eierstocksröhren. Genau kann ich die Gränze nicht angeben, bis wohin sie vordringen, sicher aber ist, und das kommt allein wesentlich in Betracht, dass sie so weit vordringen, dass die Eier‘ unmittelbar, nachdem sie sich ‘von den Trauben gelöst haben, mit den: Samenkörperchen in, Berührung kom- men. Die feinen haarförmigen oder nadelföürmigen Samenkörperchen dringen in die Eier ein, und ‚zwar ‚durch die Mikropyle, welche die Dotterhaut jedes Eies ‚vermöge seiner Eniwicklung besitzt... Ich habe nicht selten Eier getroffen, in dessen Mikropyle ein: Samenkörperchen, wie der Stiel an ‘der Birne, steckte (Fig. 25). Die ganze ‘oben be- schriebene Entwicklungsgeschichte der Samenkörperchen, das Streben des anfangs runden Kerns: nach einer möglichst langgestreckten din- nen Gestalt, die harmonische Kleinheit 'beiderlei Zeugungsstoffe, das Verhältniss zwischen der: Grösse der Mikropyie und der Feinheit der Samenkörperchen, alles dieses deutet schon deutlich auf die Mechanik der Befruchtung hin, alle. diese Verhältnisse stehen in oflenbarer: innig- ster Beziehung mit einander, wie ich. solche einander ergänzende und für einander abgewogene und abgemessene Eigenschaften der weib- lichen Zeugungselemente schon für einige andere Thiere hervorgehoben habe t), unter denen besonders hier die sich unmittelbar Anschiie Mermis albicans zu nennen ist. k ’) Beobachtungen über das Eindringen der Samenelemente in den Dotter, Nro. I. a. 2.0. f 121 Bei der Frage, auf welche Weise die starren Samenkörperchen in ‚die Mikropylen gelangen, sind, abgesehen von der masslosen Zahl der Samenkörperchen zwischen‘ den dicht gedrängten Eiern, die Bewe- gungen des Körpers zu berücksichtigen, welche die Gelegenheit für das Einhaften ersterer in die Mikropylen genugsam herbeiführen können. Was aus den eingedrungenen Samenelementen innerhalb der Dotter wird, habe ich unmittelbar nicht beobachten können; da aber ohne Zweifel die Analogie hier zu Hülfe genommen werdendarf, so glaube :h aus den Veränderungen, welche die im Eierstock unverbraucht erbliebenen Samenelemente erleiden, auf diejenigen der in den Dotter Pingedrungenen schliessen zu dürfen, da, wie ich früher bei mehren iscariden und bei Lumbricus gezeigt habe, diese Veränderungen ausser- halb und innerhalb. der Eier durchaus "gleichartig sind. Man findet tets zwischen den Eiern ausser den reifen, noch unveränderten Samen- körperchen solche, die in Feitmetamorphose begriflen sind. Diese zeigt sich ganz so, wie ich sie früher beschrieben habe, die Körper- chen werden kürzer und dicker, bekommen stärkeres Lichtbrechungs- vermögen, runden sich immer mehr ab und-sind 'endlich in kleine öpfchen verwandelt. Die Kleinheit der Samenkörperchen und die durchsichtigkeit des Dotters verhinderten, diese gewiss auch inner- Ib der Eier vor sich gehende Verwandlung in ihnen zu beobachten: 0 "Die Embryonalentwicklung und die Larve. io Dass die im hintern Abschnitt der Eierstockröhren befruchteten Bier im Uterus von einem Chorion umgeben werden, welches wahr- heinlich von den die Uteruswand auskleidenden Zellen -geliefert wird, je ich schon angegeben. ‘Die Eier werden nun nicht einzeln gelegt im Wasser zerstreut, sondern in eigenthümlicher Weise zu’ grossen ssen, Schnüren oder Ballen vereinigt, welche'bis zum Ausschlüpfen Embryos als solche persistiren. Der oben schon angedeutete zweite ck der zähen erstarrenden Substanz, aus welcher 'sich im Uterus jedes Ei ein Chorion bildet, besteht nämlich darin, die Eier wäh- d der Geburt im Ganzen zu überziehen, sie fest unter einander zu vereinigen und zusammenzuhalten. Daher legt der Gordius Eierschnüre ler Eierballen, nach Art der Batrachier und mancher Gasteropoden. Eine he Eierschnur windet sich sehr langsam: aus der Geschlechtsöffnung or, welche zu klein ist, als dass sie mehr, als zwei Eiern viel- ‚zugleich den Austritt gestatten könnte; indem’ nun aber mit den mn eine anfangs noch weiche, mit Wasser sich aber nicht mischende, ebende Substanz ergossen wird, häufen sich die einzeln heraus- schlüpfenden Eier zunächst vor der Vulva zu einem Klumpen an. Der 122 Dicke‘ desselben ist aber dadurch eine Gränze gesteckt, dass die umhüllende Substanz im Wasser bald erstarrt, fest wird, und so kommt _ es, dass die Eierschnüre stets nahezu gleichen, von dem Durchmesser der engen Vulva aber ganz unabhängigen Durchmesser, etwa die Hälfte der Körperdicke, besitzen, und dass sie überhaupt zu wirklichen lan- gen Schnüren werden können, indem, wenn sich ein Mal ein Abschnitt einer festen ceylindrischen Eierschnur gebildet hat, die ohne Unter- brechung langsam nachfolgenden, später gebornen Eiermassen jenen immer weiter vorschieben und seine Fortsetzung bilden. Dabei bleibt aber die sich fortwährend langsam verlängernde Schnur nicht grade gestreckt, sondern in Folge der Erstarrung der Bindesubstanz wickelt oder drillt sie sich spiralig eng zusammen und stellt so diekere rund- liche Klumpen vor, welche man wieder entwickeln kann, ohne dass «die Schnur dabei immer zerbricht. Untersucht man ein Stück der Eierschnur bei stärkerer Vergrösserung, so zeigt sich, dass die dicht gedrängten Eiermassen von einer dünnen cylindrischen Hülle, wie von einem Schlauch, umgeben sind. Darin liegen die Eier aber nicht frei, sondern von jener äussersten Hülle treten gleichsam Scheidewände, zellige Septa zwischen alle Eier, die auf diese Weise ganz fest mit einander verklebt liegen, was Alles in der Entstehungsweise der Schnüre durch eine anfänglich flüssige, die Eier einhüllende und allmählich erstarrende Substanz seine Erklärung findet. Während die frisch ge- legten Eierschnüre milchweiss und von breiiger Consistenz sind, neh- men sie nach und nach, aber erst nachdem sie frei im Wasser liegen, eine dunkelgraue Farbe an, welche noch bis zum Braun oder Schwarz nachdunkelt, wobei zugleich die Consistenz die des Wachses wird, so dass man ein Stück der Schnur z. B. mit dem Deckglase ganz flach, zu einer Scheibe quetschen (was zur Untersuchung nothwendig ist) und es dann, noch immer zusammenhaltend und hinsichtlich der Eier völlig integer wieder in’s Wasser legen kann. Zuletzt tritt jedoch Brüchigkeit ein. Bei der Farbenveränderung der Eierschnüre ist nicht etwa irgend ein sich entwickelndes Pigment im Spiele, sondern die Ursache des Dunkelns kann nur die zunehmende Erstarrung und Con- traction der die Eier verklebenden Substanz sein, wodurch die farb- losen Eier immer enger an einander gedrängt werden. Die Eierschüre des Gordius sind längst bekannt. Charvet'!) be- schrieb sie genau mit ihren allmählichen Veränderungen. Erstaunlich sind seine Angaben über die Länge der Schnüre; er berichtet, dass ein 8%,” ‚langes Weibchen innerhalb 4 Tagen 4 Fuss Eierschnur gelegt _ habe; ein 44” langes Weibchen soll innerhalb 9 Tagen 63” Eierschnur, und damit noch nicht zufrieden, später in zwei Absätzen noch 22” !) Loc cit. pag. 42. 123 ‚gelegt haben. Berthold t) beobachtete nur kleinere Eierballen. Grube ?) and knollige und schnurförmige Eiermassen des Gordius an Pflanzen- engeln. Wahrscheinlich waren die «Excremente» des Gordius, von en Alexandre de Bacounin ®) spricht, nichts Anderes als Eierschnüre. s das, was Leon Dufour *) als eine Filaria Filariae beschrieben hat, e er aus dem Hinterende eines Gordius tricuspidatus sich bervor- winden sah, eine Eierschnur gewesen ist, davon war schon oben lie Rede. > Wenn Charvet’s: obige Angaben nicht so positiv wären, so möchte ich einige Uebertreibung vermuthen, da alle meine Gordius- Weibchen sammen nicht mehr als einige Zoll Eierschnur gelegt haben, indessen wohl zu berücksichtigen, dass die von Charvet beobachteten Weib- 'hen beträchtlich grösser waren, als die meinigen, und dass jene, wie sonders bemerkt ist, bereits zu legen angefangen hatten, als sie ein- gefangen wurden, während die meinigen sich erst in der Gefangen- :haft, also unter jedenfalls ungünstigen Bedingungen begatteten. Dass ein solcher Einfluss der Gefangenschaft wirklich stattfindet, scheint mir Umstand zu beweisen, dass die Weibchen des Gordius aquaticus, wie die Männchen, überhaupt kränkelten, nur wenige kleine Eier- ilumpen legten, beträchtlich weniger als die weit munterern Weibchen es Gordius subbifureus. (Von dem Pilz, dem viele Exemplare des Gordius aquaticus erlagen, war oben schon die Rede.) Auch brachten es meine Gordien nie zu langen Schnüren, sondern letztere brachen hald ab, so dass sie rundliche gedrillte Klumpen bildeten, woran schr ohl der von Charvet hervorgehobene Umstand Schuld sein kann, s meine Weibchen stets mit vielen anderen, besonders Männchen, usammen waren, die durch ihre Bewegungen und Verschlingungen r leicht das frühzeitige Abbrechen der Schnüre bewirken konnten; 'h musste ich selbst die Weibchen zu oft behufs der Untersuchung ren. Die gelegten Eierballen sind schwerer als Wasser, sie liegen immer Grunde. Die Untersuchung der Embryonalentwicklung ist durch e beschriebene Beschaffenheit der gelegten Eier sehr begünstigt. Denn wenn diese kleinen Körper einzeln im Wasser lägen, so würde es obl, selbst bei grosser Menge, schwer halten, sie herauszufischen, id die untersuchten würden so gut, wie zerstört sein. So aber kann a einen Eierballen von Nadelkopf-Grösse herausnehmen, ihn flach #) Loe. cit. pag. 16. Deber einige Anguillulen und die Entwicklung von Gordius aquaticus. Archiv - für Naturgeschichte. 4849, I, pag. 371. #) Loc, eit. #) Annales des sciences naturelles. 4828, XIV, pag. 224. 124 drücken und nach der Untersuchung dem Wasser wieder rn ohne die Entwicklung der Eier gestört zu haben. £ Die erste Veränderung, welche die Dotter nach der Bofrtichruui zeigen, besteht in einem Vorgange, an welchen ich kürzlich auch bei den Eiern von Nematoden als übereinstimmend mit einem entsprechen- den Vorgange im Säugethierei erinnert habe. Der Dotter verdichtet sich nämlich, verliert das ursprünglich grobkörnige Ansehen und ver- wandelt sich in eine feingranulirte Kugel, in welcher kein Keimbläs- chen mehr zu entdecken ist, und welche iv der mit dem Chorion ver- klebten Dotterhaut frei, oder vielmehr in einer ausgepressten Flüssig- keit schwimmend liegt. Das Ei behält dabei ‚seine ovale Gestalt. Grube *) hat diese Verdichtung des ursprünglich die Dotterhaut ganz ausfüllenden Dotters ebenfalls beobachtet, wie aus seinen Abbildungen, Fig. 3—6, zü ersehen ist. Die Eier; welche in der Mitte des Juni gelegt waren und in täg- lich erneueförn Wasser aufbewahrt wurden, brauchten lange Zeit bis zur Vollendung der Embryonalentwicklung; ich sah die ersten reifen Embryone nach der Mitte des Juli. Nachdem der totale Furchungs- process in gewöhnlicher Weise (Fig. 28 a, b), aber sehr langsam ab- gelaufen war, nahm der maulbeerförmige Dotter eine nierenförmige, dann aber durch Dünnerwerden der einen Hälfte sehr bald eine birnförmige Gestalt an (Fig. 28 c). Das dünnere Ende‘zog sich dann auf Kosten der Dicke des ganzen Dotters in die Länge und bog sich, der Gestalt des Eies folgend, um, so dass eine dem unter dem Namen «Palme» bekannten Muster ähnliche Gestalt ent- stand (Fig. 28 d). Gleichzeitig mit dieser Formveränderung verliert der Doiter dası rauhe höckerige' Aussehen, indem er sowohl von einem glatten ‚scharfen Contour begränzt, als im Innern homogener und heller wird. Das dünnere Ende, das spätere Hinterende des Embryo, wächst noch so weit in die Länge, wobei die Dicke des ganzen Körpers ab- nimmt, dass es, scharf umgebogen und dem diekern Vorderende dicht auliegend, etwa zwei Drittel der Länge des letztern erreicht; damit ist bereits die definitive Länge des Embryos vorhanden, ebenso wie die gleichsam im Rohen ausgehauene Gestalt desselben; die weiteren Ver- änderungen bestehen nur in.einer feinern Ausarbeitung dieser Gestalt und einigen Entwicklungsvorgängen im Innern. In dem vordern Theile des diekern (Vorderleibs-) Endes tritt ein mittlerer heller Raum auf, welcher in der Längsaxe des Leibes eine kurze Strecke herabläuft (Fig. 29a). Es macht dieser helle Raum den Eindruck, als ob.eine nach vorn.zu sich erweiternde Furche das Kopfende in zwei seitliche Wülste theilte. Da man indessen diese Wülste und die. Furche voll- !) Loc. cit. 125 ommen gleich von allen Seiten des Embryos sieht, nicht etwa bloss uf der Bauch- und Rückenfläche, welche sich nicht unterscheiden assen, sö wird man schon hierdurch darauf geführt, dass die Wülste nd die Furche nur der optische Ausdruck eines nicht oberflächlichen, ondern eines centralen, nach allen Seiten hin gleichen Entwicklungs- nganges sind, nämlich der Ausdruck eines in der Axe des cylindri- hen Leibes entstehenden Hohlraums, eines von vorn bis zu einer wissen Tiefe hineinsetzenden trichterförmigen Kanals, dessen Wände ‚als jene beiden seitlichen Wülste darstellen. Selbst bevor die pätere Entwicklung dieses zur Genüge beweist, geben schon Ansichten es Embryos, wie die in Fig. 29 d abgebildete, vollkommene Sicher- sit; man sieht häufig genug den Embryo nicht im Profil, sondern von en auf das Kopfende, in der Richtung der Längsaxe, und dann zeigt ch im Centrum der vordern Endfläche eine helle Stelle, der Eingang u jenem trichterförmigen Kanal, aus welchem sich eine Anzahl ra- järer Falten nach allen Seiten erstrecken, welche in der Seitenansicht ch als jene beiden seitlichen Wulste darstellen. Grube!) hat die eben evorgehobenen Momente nicht berücksichtigt und er stellte daher jenen wicklungsvorgang so dar, als ob jene scheinbare Furche die Bauch- d anfangs in zwei Hälften theilte, was ihm sogar an die Ent- icklungsweise der Lumbricinen zu erinnern schien, mit welcher ch die Entwicklung ‘des Gordius durchaus keine Aehnlichkeit hat. "Nach und nach markirt sich an dem Embryo deutlich ein diekerer erieib von eylindrischer Gestalt und überall gleichem Durchmesser ıd ein etwa um Y, dünnerer, ebenfalls eylindrischer Hinterleib oder wanz, deren immer schärfer werdende Gränze grade da liegt, wo Fr Körper umgebogen ist (Fig. 29 d, e, f), Der Schwanz endigt ab- undet, während der Vorderleib eine abgestutzte Endfläche bekommt, ass er von der Seite fast eckig erscheint; diese Endfläche ist in ‚Mitte schwach vertieft als Eingang jener trichterförmigen Höhlung. Vorderleib ist in der Ausbildung dem Schwanze vorausgeeilt, wie s$ überhaupt der Fall zu sein pflegt; jener ist schon ganz homogen ‚hell, während im Schwanze sich noch viele Körnchen finden und ‚der äussere Contour noch weniger scharf ist, Bald erhob sich Grunde der trichterförmigen Höhle des Vorderleibes, welche etwa is vordere Drittel desselben durchsetzt, eine kleine konische Papille, Polge dessen jene scheinbare Furche nach hinten in zwei Schenkel laufen schien (Fig. 29 e, f). — Der Embryo hat nun, wie schon srkt, sowohl seine definitive äussere Gestalt, als Grösse erreicht; er Vorderleib ist Yo” lang und Y,50” dick, der scharf abgesetzte nterleib ist kaum kürzer, aber nur Y40 — Yıso“ dick. Am Vorderleib Loc. cit, pag. 373. 126 tritt zuerst ein doppelter äusserer Contour auf, als Ausdruck der Difle- renzirung einer besondern Hautschicht. Bald darauf zeigt sich eine sehr zarte Querringelung des Vorderleibes, die sich sowohl durch einen leicht wellenförmigen oder gezahnten Contour, als auch durch zarte Querlinien zu erkennen giebt (Fig. 29e, f). Diese Ringelung reicht bis an das äusserste Vorderende einerseits und zunächst nur bis zur Gränze des Vorder- und Hinterleibes anderseits. Die kleine Papille im Grunde der trichterförmigen Höhle hat indessen an Höhe zugenommen, sie wächst von hinten nach vorn in das Lumen der Höhle hinein. Gleich- zeitig machen sich voran in der Mitte einige sehr feine kleine Spitzchen bemerklich, welche dicht an einander liegend grade aus dem Eingang der Höhle hervorragen (Fig. 29 f). Ich konnte die Embryone auf die- sem Stadium unversehrt aus dem Ei hervordrücken; dann glich sich die Krümmung des Leibes zum Theil aus, aber nie so, dass der Em- bryo ganz grade gestreckt war (Fig. 30 b). Deutlicher aber, als wenn der Embryo eng zusammengeknickt im Ei liegt, erkennt man die Schei- dung in Vorder- und Hinterleib. Letzterer endigt nun auch wie ab- gestutzt und auf der Endfläche zeigen sich zwei sehr kleine haken- förmig gebogene Spitzchen, welche nicht centrisch, sondern, wenn man sich die Endfläche abgerundet viereckig denkt, auf den beiden Ecken aufsitzen, die bei der Umknickung des Leibes dem Vorderleibe an- liegen (Fig. 30a, b). Später markirt sich die Kante, welche diese beiden mit den Spitzen versehenen Ecken verbindet, schärfer, wäh- rend sich die gegenüberliegende abrundet, so dass dann der Hinter- leib wie schräg abgeschnitten endigt. Bei vorsichtigem Drucke entfaltete sich nun am Vorderende ein sehr eigenthümliches Verhalten, welches den Zweck der früheren Ent- wicklungsvorgänge daselbst sogleich offenbarte. Es zeigte sich näm- lich, dass das, was sich in der Profilansicht als zwei seitliche Wülste im Innern darstellte, die Wandungen also der centralen trichterförmigen Höhle nichts Anderes sind, als ein in sich selbst und in den Vorder- leib zurückgestülpter Kopf. Wenn man das geschlossene Ende eines Handschuhfingers zurück einwärts stülpt, so hat man im Wesentlichen ein Bild, wie der Kopf des Gordius-Embryo entsteht und wie er sich nun aus seiner ursprünglichen Lage hervorstülpen kann (Fig. 30 c, d). Was vorher innere Oberfläche der trichterförmigen Höhle war, ist die äussere Oberfläche des Kopfes. Die scheinbaren Wülste entwickeln sich bei mässigem Drucke aus dem Eingange der trichterförmigen Höhle, indem sie sich nach aussen umkrempen, wobei natürlich die Höhle selbst verschwindet, wie die in dem Handschuhfinger vorn gebildete, wenn man diesem wieder seine ursprüngliche Form giebt. So hat nun der Embryo einen rundlichen, etwas verdickten Kopf, welcher sich gegen den Vorderleib scharf, mit einer Kante vorspringend absetzt. 127 Die Querringelung des Vorderleibes, welche, wie angegeben, vorher bis um äussersten Vorderende, reichte, beginnt jetzt erst hinter dem Kopfe, dessen Länge etwa den dritten Theil der Länge des Vorderleibes be- st und der völlig in sich selbst und damit in den Vorderleib ein- zesttilpt sich entwickelt hatte. Die Papille, welche sich vom Grunde er trichterformigen Höhle erhob, ist jetzt der vorderste Theil des opfes. Ich erwähnte vorher einige kleine Spitzen, welche dicht zu- ammenliegend aus dem Eingange der trichterförmigen Höhle hervor- sten; wie diese sich nach der Ausstülpung des Kopfes darstellen w erden, lässt sich schon vermuthen. Es ist eine Bewäflnung des (opfes, welche aus zwei Reihen oder Kränzen von Haken besteht; jede Reihe enthält sechs Haken. Der hintere Hakenkranz umgiebt den intern Rand des Kopfes, mit welchem dieser von dem Vorderleibe bgesetzt ist (Fig. 30 c, d). Da dieser Theil des Kopfes im eingestülp- ten Zustande der vorderste ist, nämlich der Rand des Einganges der ichterförmigen Höhle, so waren die hier befindlichen hinteren Haken vorher die vorderen, und ragten, wie die zusammengelegten Finger, aus jener Höhle hervor. Bei der Aussiülpung des Kopfes gehen sie m Bogen aus einander und stehen rückwärts gekrümmt in regel- ässigen Abständen um den hintern Rand des Kopfes. Ein gleicher akenkranz befindet sich auf dem vordern Theile des Kopfes; die ‚en desselben, gleichfalls rückwärts gebogen, lagen vorher dicht sammen im Grunde der trichterförmigen Höhle, wo man sie bei iger Aufmerksamkeit, besonders im ganz reifen Embryo aüch er- ennen kann. Jeder Haken verdickt sich an seinem Ursprung zu einer lichen Warze, so dass also sechs Einschnitte den vordern und intern Rand besetzen. Diese Einschnitte des hintern Kopfrandes sind 5, welche sich früher als jene radiären Furchen oder Falten auf der irdern Endfläche bei Betrachtung ‘von oben darstellten, die aus dem Eingange der trichterförmigen Höhle entsprangen (Fig. 30 a). 80 weit nun waren die meisten Embryone des Gordius subbi- ıs elwa vier Wochen nach dem Eierlegen entwickelt. Vergebens te ich auf Bewegungen, auf freiwilliges Ausstülpen des Kopfes und schlüpfen aus den Eiern. Die Entwicklung war noch nicht voll- Die im Grunde der durch den eingestülpten Kopf bedingten e sich 'erhebende Papille bekam schärfere, dunkele Contouren, > sich nach hinten zu verlängerten und fast bis zur Mitte des srleibes reichten; die Papille schien sich in einen stabförmigen or zu verwandeln, der mitten im Leibe lag (Fig. 30 f). Endlich 46. Juli sah ich zuerst freiwillige Bewegungen der Embryonen in Eiern. Diese bestanden darin, dass sie den mit den 12 Haken allneten Kopf langsam aus- und einstülpten, und dabei zeigte sich >h, welche Bedeutung jene zu dem stäbchenförmigen Körper aus- 128 gewachsene Papille hat: wenn nämlich der Kopf ganz. ausgestülpt war), so schoben die Eımnbryone aus der Mitte des Kopfes noch einen borni- gen Rüssel hervor, welcher vorher als jenes Stäbchen im Leibe ver borgen gelegen war (Fig. 30.h). Dieser Rüssel ist dreikantig, stilet- artig, endigt aber, ‘ohne sich zuzuspitzen, mit drei abgerundeten Knöpfchen. An seiner Basis verbreitert er sich etwas und geht all- mählich in die, Leibessubstanz über. ‘Wenn er ganz hervorgeschoben ist, so wird eine Scheide sichtbar, die ihn bis zu seinem obern Drittel umgiebt (Fig. 30 kk). So wie zuerst der Kopf ganz ausgestülpt und dann der Rüssel hervorgeschoben wird, so wird auch zuerst letzterer wieder eingezogen und darauf» der Kopf zurückgestülpt. Diese aus vier Tempo’s zusammengesetzte Bewegung wurde. fortdauernd, aber sehr langsam ausgeführt. Wenn Kopf und Rüssel im Vorderleibe ver- borgen liegen, so hat letzterer eine Dehnung in die Länge erlitten, seine Querriegel entfernen sich ‚weiter. von einander, indem der Leib den Kopf in sich hinein, ‚oder sich über. den Kopf zieht. Ist Kopf und Rüssel ausgestülpt, so drückt ersterer den Leib zusammen, die Quer- riegel treten gauz dicht ‚an einander, die Ausstülpung des Kopfes ge- sehieht auf Kosten der Zusammendrückung des Leibes, und in der That scheint der ‚Ausgangspunkt der Bewegung der Leib selbst zu sein, und der Mechanismus des Ausstülpens also der, dass sich der contractile. Vorderleib zusammenzieht und-den Kopf aus seiner Ruhe- lage, denn das ist der eingestülpte Zustand, hervorpresst. ! Der dünnere: Hinterleib bekommt nun auch Querringel‘ und ‚es markirt sich deutlich, ‚wie. vorher ‚schon am Vorderleibe, eine. Haut- schicht. Die Körnchen und Kügelchen im Innern haben sich ganz ver- loren und der ganze Leib des Embryo erscheint homogen und eigen- thümlich glänzend, das Licht stark brechend, fast wie ein Fetitropfen. Von inneren Organen-ist im Vorderleibe, abgesehen von den bespro- chenen eingestülpten Theilen, keine Spur. Im Hinterleibe aber machen sich nach vollendeter äusserer Gestalt des Embryo zwei kleine helle rundliche Körper bemerklich, welche hinter einander in der Längsaxe liegen und von denen der vordere stets etwas kleiner ist, als der hin- tere (Fig. 30 f, 9, h,k). Diese, beiden Körper machen den Eindruck von Hohlräumen, und dies wird besonders‘ dann wahrscheinlich, wenn man einen feinen hellen Streif von dem hinteren Körper nach der Oberfläche der Hautschicht ziehend bemerkt, der ein feiner Kanal zu sein scheint, welcher nach aussen mündet. Diese Mündung liegt auf der Fläche des Hinterleibes,. nicht weit vor dem Ende, auf welcher sich. die beiden genannten ‚Schwanzspitzen am äussersten Ende: be- finden, ‘welche immer die bei der Krümmung des Embryos concave, die dem Vorderleibe anliegende ist; diese Fläche kann somit wohl als Bauchfläche bezeichnet werden. Am Vorderleib findet sich gar kein 129 Interschied der Seiten; die Zacken stehen im regelmässigen Sechseck (Fig. 30 e). Die so beschaffene Gestalt und Organisation hatten die Embryone des Gordius subbifureus nach etwas über einen Monat, vom Eierlegen a gerechnet, erreicht. Die Dimensionen des scharf auf der Gränze es Vorder- und Hinterleibes umgebogenen Körpers waren die oben schon angegebenen Be Wenn der Kopf ausgestülpt ist, misst der ganze Embryo Y,,— Ys,” in der Länge; davon kommt re gleich auf Vorder- und Hinterleib. Der Kopf ist Y50” lang, vermehrt ber die Körperlänge nicht oder kaum, wenn er ausgestülpt ist, da ann der Leib selbst contrahirt ist. Die starke Gontraction des Vorder- s ist ein Zeichen der Reife und des Lebens des Embryos, und Iche, die zu früh aus dem Ei hervorgedrückt wurden, pflegten län- zu sein, als ganz ausgebildete, lebende Embryone. Die Länge des ssels beträgt Yy30”, die der Haken am Kopfe Ygso"- - Der erste Gebrauch, den die Embryone von ihrer Bewaffnung achten, bestand nun darin, dass sie sehr lebhaft und energisch gegen Eihulle operirten. Dies geschah in der oben schon angegebenen se, aber jetzt bei weitem rascher. Der Kopf wurde umgestülpt, bei die von innen nach aussen im Bogen herumgeführten Haken en die Eihülle drängten, dann wurde der Rüssel mit einem raschen sse vorgeschoben und so verweilten sie eine kurze Zeit, worauf ssel und Kopf rasch ganz tief zurückgezogen wurden, um das Werk m Neuem zu beginnen. "Nicht ganz reife Embryone trifft man weilen in einem Zwischenstadium jener Bewegung verharrend, in chem die Haken des nur halb ausgestülpten Kopfes alle gradeaus erichtet sind. Die Embryone durchbohrten nun wirklich auf die gegebene Weise die Eihülle und schlüpften aus, wobei sie sich der ärts gerichteten Haken bedienten. Es waren also diese kleinen 35 langen, sonderbaren Wesen die jungen Gordien. Sie setzen so- hl durch ihre äusserst geringe Grösse, im Verhältniss zu fusslangen sgewachsenen Gordien, als besonders durch ihre Gestalt und Orga- ion in Erstaunen. Abstrahiren wir von der in der Organisation d Naturgeschichte begründeten Berechtigung der Gordiaceen als eigne nung, so können wir nicht anders sagen, als dass der Gordius ‚äussern Gestalt nach ein Rundwurm ist. Das aus dem Ei des ordius schlüpfende Junge ist aber kein Rundwurm, sondern, wenn är einen Vergleich mit bekannten Formen machen wollen, so hat ‚äussere Organisation dieses Jungen am Ersten Aehnlichkeit mit der er Acanthocephalen. Der Gordius-Embryo ist eine Larve, welche fächtliche Metamorphosen erleiden muss, um die Gestalt eines natodenartigen Wurms zu erlangen; jedoch muss ich sogleich hier chon angeben, dass ich trotz später zu beschreibender Bemühungen Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VII. Rd. 9 130 leider nicht im Stande war, diese Metamorphosen zu beobachten, so dass auch durch Beobachtung wenigstens die Möglichkeit nicht aus- geschlossen ist, dass jener Embryo eine Amme wäre, was aber wohl im hohen Grade unwahrscheinlich ist. ' Die Annahme eines Generations- wechsels bei einer Gordiacee würde jeder Stütze entbehren, während mit der Metamorphose der Gordius sich an Mermis anreihet, wenn auch die Bedeutung dieses Vorganges für beide sehr verschieden ist, sofern bei Mermis nur ganz untergeordnete kleine Veränderungen, viel- leicht nur das Abwerfen des Schwanzstachels der Larve das reife Thier charakterisiren,, während sehr durchgreifende und besonders frühzeitig eintretende Verwandlungen bei jener Gordius-Larve stattfinden müssen. Die ausgeschlüpften Jungen strecken sich zwar etwas, doch gleicht sich die ursprüngliche Krümmung des Leibes nie völlig aus. Mit den bohrenden Aus- und Einstülpungen des Kopfes fahren sie fort und machen dabei meistens auch träge schwingende Bewegungen des Hinter- leibes, welche fast das einzige. Mittel zur Locomotion im Wasser sind; denn sie können die beiden Schwanzspitzen anstemmen und sich so ruckweise, unter synchronischen Ausstülpungen der Kopfhaken Etwas fortschieben. Aber diese Ortsbewegung ist sehr unbedeutend, und gewöhnlich liegen sie ruhig auf dem Boden, nur mit dem Kopfe boh- rend. Sie schwimmen durchaus nicht. Die Entwicklung der Dotter des Gordius aquaticus ging in ganz gleicher Weise, aber noch bedeutend langsamer vor sich. Die spärlich gelegten Eierballen waren lockerer und weicher, blieben auch weiss, was Alles wahrscheinlich nur abnorm, Folge des Kränkelns der Weib- chen war, indem der die Eier verklebende und schützende Stoff nicht in 'gehöriger Menge ergossen war. Die Folgen davon waren, dass Pilze und Infusorien zwischen ‘die Eier drangen, und viele derselben zu Grunde gingen; nur wenige machten träge den Furchungsprocess durch. Erst in der Mitte des August, also zwei Monate nach dem Eierlegen, waren die Embryone reif. Sie unterschieden sich durchaus nicht‘ von denen des Gordius subbifurcus. Grube!) ist der Einzige, welcher bisher die Entwicklung und die Embryone des Gordius beobachtet hat, doch ist seine Darstellung nieht ganz genau und ohne Irrthum. Letzteres liegt besonders darin, dass er den Larven einen Darmkanal mit Oesophagus zuschrieb. Da Grube angiebt, dass der hornige Rüssel im Oesophagus liege, so geht daraus hervor, dass er die durch die Einstülpung des Kopfes bedingte trichter- förmige Höhle später für den Anfang eines den ganzen Leib durch- setzenden Kanals gehalten hat. Ein solcher existirt im Vorderleibe nicht, sondern nur im Hinterleibe befinden sich jene beiden genannten ») Loe. cit. - i 151 Hohlräume, die nur eine vor dem Schwanzende gelegene feine Oefl- nung haben. Als ich nun so zu Hunderten die jungen Gordius-Larven auf den "Boden meiner Gefässe liegen hatte, täglich durch eine grosse Zahl neu ausgeschlüpfter vermehrt, ruhig und unbeweglich bis auf die fortwähren- den Aus- und Einstülpungen des Kopfes und Rüssels, wodurch sie auf las Deutlichste kund gaben, dass ihnen nur der Gegenstand zum Ein- "bohren fehlte, da drängte sich natürlich die Nothwendigkeit und Pflicht auf, Versuche zu machen und das weitere Schicksal dieser merk wür- digen Geschöpfe zu verfolgen. Solchen Versuchen aber, die die Ein- "wanderung der Larven bezwecken sollten, schienen nicht unerhebliche Schwierigkeiten entgegenzustehen. Die Larven sind so klein, dass sie ' bei starken Vergrösserungen erkannt werden können, bei welchen sich wiederum derartige Versuche nicht wohl machen zu lassen schie- nen; selbst einen in ein Insect etwa eingewanderten Gordius wieder aufzufinden, schien einen sehr günstigen Zufall zu verlangen. Vor Allem aber war der Umstand auffallend, dass die kleinen Larven immer so ruhig am Boden lagen, fast durchaus keiner Ortsbewegung, am Wenigsten aber einer freien Bewegung im Wasser fähig waren; gleichwohl aber musste ich doch glauben, dass das Wasser der für ie nach dem Ausschlüpfen bestimmte Aufenthaltsort ist, da sie sich ‚wohl befanden und die Bewegungen, zu welchen ihre Organisation sie jefähigte, lebhaft ausführten. Es war offenbar, dass die Larven sich " ihre künftigen Wirthe selbst aufsuchen konnten, sondern sie mussten darauf warten, dass ihnen ein passendes Thier in unmittel- are Nähe kam, und auch daselbst einige Zeit verweilte; es schien ‚ als wenn ich den Gordien solche Tbiere darbieten musste, welche chfalls ruhig am Grunde sich aufhalten; Inseeten glaubte ich wegen bekannten Aufenthalts erwachsener Gordien vor der Geschlechts- wählen zu müssen. Versuche mit im Wasser oder Schlamm enden Käferlarven gaben kein Resultat, sie sind zu undurchsichtig, ss man etwa eingewanderte Gordius-Larven in ihnen erkennen Ye un bei der Präparation fand ich Nichts. Ich fing einige Larven a Ephemeriden ein, und versuchte, ob, wenn ich sie im Uhrglase nit einer grossen Menge Gordien zusaimmenbrachte, die Einwanderung ‚beobachten sein würde. Ich beobachtete bei etwa A00facher Ver- erung, wobei die Gordius-Larven eben noch als solche erkannt erden konnten. Indessen so oft ich dieses auch wiederholte und so © ich es fortsetzte, nie kam es zur Einwanderung. Die Ephemera- arve schoss stets unruhig im Glase umher, während die Gordien g am Boden lagen. Versuche mit Dipteren-Larven scheiterten auf slbe Weise. In der Meinung, die jungen Gordien möchten viel- ht bestimmt sein, aus dem Darm in ihren Wirth einzuwandern, 9 %* 132 liess ich verschiedene Wasser-Inseeten einige Eierballen, in welchen ausgesehlüpfte Larven sich befanden, fressen. Diese Fütterung gelang zwar; aber die im Darın wiedergefundenen Gordius-Larven waren todt, bis auf die feste Haut mit den Haken und dem Rüssel verdaut. Ich setzte nun einige Ephemera-Larven in das Gefäss, in welchem sich Eier und Junge befanden, um sie länger ruhig zusammenzulassen, in- dem ich auf die unmittelbare Beobachtung des Einwanderungsactes verzichtete. Nach etwa 42 Stunden, in welche die Nacht gefallen war, untersuchte ich eine der durchsichtigen Larven und sah zu meiner grossen Freude, dass mehre Gordien eingewandert ‘waren; was aber sogleich vor Allem die Aufmerksamkeit auf sich zog, war ein Umstand, welcher das Räthsel löste, wie die rubig am Boden liegenden Thier- chen in die Ephemera-Larven hatten hineingelangen können. Die Ex- tremitäten nämlich waren es, in welche das Einbohren stattgefunden hatte, und von wo aus nun die Einwanderung in den Leib: der Larve geschah: fast in allen Füssen traf ich Gordien an, von der Gegend des untersten Tarsalgelenks an aufwärts (Fig. 31). Offenbar hatten sie die Gelenkmembranen der Füsse durchbohrt, während die Ephemera-Larven sich Nachts, wie sie es auch unter einigermassen natürlichen Umständen am Tage oft zu thun pflegen, rubig am Boden aufgehalten und mit den Füssen den Grund berührt hatten. Die durchsichtigen Larven gestat- teten, Alles genau zu schen, obne sie zu tödten und zu zerdrücken ; nach der unter Bedeckung mit einem dünnen Deckglase bei gewöhn- lich starker Vergrösserung vorgenommenen, nicht zu langen Unter- suchung setzte ich sie wieder in’s Wasser und erhielt sie häußg noch am Leben. In alle die Ephemera-Larven, welche die Nacht in jenem Gefässe zugebracht hatten, war die Einwanderung geschehen; noch aber wur- den alle Eindringlinge innerhalb der Beine angetroffen , vorzugsweise in. der Nähe der untersten Gelenke, einige schon zwischen den Mus- keln bis hinauf in die Coxa. Sie lagen zum Theil ruhig mit einge- zogoem Kopf und Rüssel, andere aber waren im geschäftigen Bohren begriffen, besonders die zwischen den Muskelprimitivbündeln befind- lichen (Figg. 31, 32), und ich sah, wie sie sich zwischen denselben hinaufarbeitetem Dieses geschah mit denselben Bewegungen, ' welche ich oben schon beschrieben habe; die beiden Hakenkränze am Kopf wirkten nach Art der sechs Häkchen der Taenien-Larven, sie er- weiterten die durch den Rüssel gebohrte Lücke und zogen den Leib nach sich, welcher gleichzeitig durch die Schwanzspitzen nachgeschoben wurde. Bei diesem Vordringen waren den Gordien die Contractionen der Muskeln der Ephemera-Larve sehr hinderlich und störend, indem sie oft hin- und hergeschleudert, und ihre Anstrengungen vergeblich gemacht wurden. Einen Gordius traf ich bei dieser ersten vor Kurzem u an m en el er un u she dinge 133 gefundenen Einwanderung schon im Leibe, mitten im Fettkörper, vo er eifrigst bemüht war, sich zwischen den für seine Dimensionen gewaltigen Fetttropfen durchzuarbeiten, er drängte sie aus einander, und hinter ihm flossen sie dann wieder zusammen. © Dass ich nun sogleich eine grosse Menge von Ephemeriden- und - Phryganiden-Larven einfing und sie in das Gefäss zu den Eiern und jungen Gordien setzte, brauche ich kaum zu erwähnen. Diese Larven "schienen mir nun von Allen die geeignetsten, besonders da ihre Durch- ‚sichtigkeit die Untersuchung im Leben gestattete; und in der That wiesen sich später andere Insectenlarven bei weitem nicht so günstig, da auch die Einwanderung spärlicher geschah, Um mich nun auch unmittelbar von dem Mechanismus des Ein- wanderns zu überzeugen, der sich freilich schon deutlich genug. durch die fortwährenden Bewegungen der freien Gordien und durch das auf ganz gleiche Weise bewerkstelligte Fortbohren zwischen den Muskeln Insektenlarven zu erkennen gab, brachte ich eine zerdrückte kleine ve mit einer grossen Zahl Gordien unter das Mikroskop bei starker ergrösserung. Nur bei sehr grosser Zahl der Gordien konnte. ich h offen, den einen oder andern in die Nähe von zum Einbohren passen- den Stellen zu bringen, denn sehr bequem und leicht musste es den ägen Würmern gemacht werden. Ich beobachtete nun, wie mehre dien, sobald sie unmittelbar an der Larve lagen, plötzlich ihre öhrenden Bewegungen sehr beschleunigten und das Vorderende senk- cht gegen die Hautoberfläche richteten. Es war erstaunlich, mit wel- her Kraft sie ruckweise den Rüssel vorschoben; beim Einziehen des- elben wichen sie immer ein wenig zurück, um bei dem neuen Ver- such sich wieder vorzuschnellen, wobei sie die beiden Schwanzspitzen um Anstemmen gebrauchten. Das Einbohren gelang aber nicht unter ‚meinen ı Augen, auch dann nicht vollständig, wenn ich einen Gordius in die Nähe eines Leibes-Einschnitts gebracht hatte. Besser gelang ie unmittelbare Beobachtung, als ich kleine Schnecken nahm. Hier schienen nur die Flimmercilien den Gordien ein Hinderniss zu sein, en Bewegung sie oft wieder zurlickwarf; doch gelang es mehren, tief in den Fuss einzubohren, was, nachdem sie ein Mal darin aren, ziemlich rasch von Statten ging. _ Die Einwanderung in die Ephemera- und Phryganiden-Larven Be unaufhörlich. Eines Tages traf ich einen Gordius grade in enke zwischen Tarsus und Tibia einer Larve; ich isolirte diese Sorrlkone dass der Gordius im Verlaufe von etwa acht Stunden bis in das obere Ende der Coxa gelangt war: die Larve war von mittlerer Hhpresse: Je länger ich die Larven in dem mit Gordien imprägnirten asser liess, desto grösser wurde die Zahl der eingewanderten Wür- mer. Ich fand sie in allen Organen der Larven, in den Beinen, in den 134 Palpen', im Fettkörper, überall überhaupt in der Leibeshöhle; sogar im Rückengeläss, wo ich z, B. einen Gordius an einer Klappe iin sogleich anzugebender Weise festliegend fand, der nun bei den Pulsationen immer hin- und hergeworfen wurde. Zum Theil hatten sie sich schon zur Ruhe 'begeben, lagen still mit eingezogenem Kopf und Rüssel, zum Theil suchten sie sich noch ihre künftige Wohnstätte, wo dann so- gleich zu beschreibende Vorgänge eintreten, — Es ist von Wichtigkeit hervorzuheben, dass die Gordius-Larven bei der Einwanderung keines ihrer Organe abwerfen, wie es z. B. die Gercarien thun. Die Zahl der Parasiten nahm so überhand in den Larven, — ich habe in mehren über 40 Stück gezählt, — dass ich vermuthen muss, eine grosse Sterblichkeit, die sich plötzlich unter meinen Ephemeriden ein- stellte, hatte ihren Grund in dieser Helminthiasis, Wirklich nahm das Zugrundegehen ab, als ich von nun an die Larven nur etwa acht Tage mit den Gordien zusammenliess, und sie dann in andere Gefässe setzte. Dennoch verlor ich aber im Laufe der Zeit viele dieser werth- vollen Gordius-Wirthe, da sie theils leicht in Folge der Untersuchun- gen, besonders leicht aber auch während der Häutung starben, Die Häutung ist übrigens ein Mittel, durch welches sich die Larven oft von einigen ihrer Gäste wieder befreien können; denn alle die kurz vor derselben eingewanderten Gordien, die noch nicht bis in's Innere vor- gedrungen sind, bleiben ausserhalb der neuen Haut, und man findet sie in der abgestreiften. Obwohl schon aus oben Berichtetem 'hervor+ geht, dass die Gordien auch in andere Thiere, sogar in Schüecken einwandern können, so scheinen sie doch eine besondere Vorliebe für die genannten Larven zu haben, diese müssen ihnen sehr bequem und günstig sein; denn während ich in diesen, wie erwähnt, bis zu 40 ein- gewandert fand, habe ich in Dipteren-Larven stets nur sehr wenige angetroffen, nicht mehr, als auch in Cyclopiden und sogar in Naiden, Es galt nun zu beobachten, was die jungen Gordien in den Orga- nen ihrer Wirthe beginnen, was aus ihnen daselbst wird. Nachdem sie meistens die Extremitäten, in welche sie die Einwanderung bewerkstelligt, verlassen hatten und in den Leib hinaufgegangen waren, bohrten sie sich vorzugsweise in die Muskelprimitivbündel und zwischen die Primitiv- massen der schon in der Entwicklung begriffenen Flügelmuskeln (ich fand ein Mal ein beträchtlich ausgedehntes Primitivbündel des Rumpfes, in wel- chem acht Gordien dieht binter einander lagen); manche waren auch sehon auf ihrem Wege durch die Extremitäten in die innerhalb derselben verlaufenden Muskelbündel gelangt. Einige fand ich, wie erwähnt, an der innern Wand des Rückengelässes, in der Darmwand, in den An- Jagen der künftigen Geschlechtsorgane, im Feitkörper. Wenn sie das Ziel ihrer Wanderung an einem dieser Orte erreicht haben, so ziehen sie den Kopf mit seinen Haken und den Rüssel tief in den Leib zurück, 135 Sie biegen den Hinterleib wieder scharf um, so dass das Schwanzende an das Vorderende zu liegen kommt und verhalten sich so ganz ig. Veränderungen sind mit ihnen indessen nicht vorgegangen, kein gan hat sich im Innern gebildet, kein provisorisches oder Larven- ‚Organ ist abgeworfen; ibre Grösse ist unverändert geblieben: sie jegen, den Leib so eng als möglich zusammengezogen, sehr unschein- bar, ofı kaum von einem grossen Fetttropfen des Fettkörpers zu unter- scheiden, ganz so, wie sie früher im Ei gelegen waren. Bei denen, jelche innerhalb der Muskelprimitivbündel zu Rube gekommen sind, bemerkt man, dass sie zunächst von einem hellen schmalen Saume umgeben sind, der nach aussen scharf begränzt ist; in der Um- ung desselben hat das Muskelbündel seine Structur eingebüsst, eine ige, bröcklige Masse liegt umher, häufig-auch noch den Weg an- deutend, auf welchem. der Gordius gekommen war (Fig. 33). Etwas anders gestaltete sich die Sache bei denjenigen Gordien, welche an der nnern Herzwand und zwischen den Geschlechtsorganen, im Fettkörper te. lagen: um diese hatte sich sehr bald von Seiten des Insectenorganis- s eine mit dem umliegenden Gewebe zusammenhängende Üyste ge- et, welche aus concentrischen Schichten einer fasrigen oder lamel- sen Substanz mit eingebetteten Zellenkernen bestand; im Herzen waren einige der Blutkörperchen, welche mit einander verklebt den Gor- ius umgaben. Innerhalb dieser äussern Cyste.aber wurde der Gordius jächst ebenfalls von einem schmalen hellen, scharf begränzten Saume eben (Figg. 36, 37). Wenn ich solche schon von Seiten des In- jectes encystirte Gordien isolirte, was oft recht gut gelang, so war jeutlich zu erkennen, dass eben diese äussere, oft beträchtlich dicke, aber unregelmässig gestaltete Hülle in continuirlichem Zusammenhange mit den Organen des Insectes stand und sicher von diesem herrührte, icht etwa von dem Gordius. Dies bestätigte sich später auch voll- komm en, und besonders wichtig hierfür war ein Fall, in welchem ich ich zwei Gordien dicht neben einander von einer einzigen fasrigen le eingeschlossen fand, innerhalb welcher aber jeder für sich mit hellen Saume umgeben war (Fig. 36). Dieser helle Saum rührte a einer dünnen Schicht einer zähen Flüssigkeit her. Oft begann die ve, nachdem ich sie aus der Hülle befreit hatte, von Neuem ihre wegungen, — Die in den Muskelbündeln eingebetteten ‚Gordien ent- on der äusseren vom Insect gelieferten Hülle, welche hier nur ‚jene von zerfallener Muskelsubstanz herrübrende bröcklige Masse Br wurde. -Bemerkenswerth ist noch, dass der helle innere , ‚meistens an einer Stelle des Umfanges etwas ausgezogen, birn- ig war (Fig. 34). Diese kanalartige Verlängerung des Innenraums offenbar den Weg an, auf welchem der Gordius gekommen war, so wie auch in der bröckligen Muskelsubstanz, wie erwähnt, die 136 Spuren der letzten Bewegungen des Parasiten hinterlassen waren, und da ist es von Interesse, dass der Wurm immer so gelegen war, dass sein Vorderende nach dieser Verlängerung des Innenraums gerichtet war, das Thier sich also, während es sich zur Ruhe legte, herum- gedreht haben musste. Nach Verlauf einiger Tage ergab sich, dass der helle Saum um den Gordius beträchtlich an Dicke zugenommen hatte, und dass er nun ein,; aus einer homogenen stark brechenden Substanz bestehende Cyste war, mit der sich der Wurm selbst umgeben hatte (Figg. 34, 35, 37). Offenbar war eine anfangs flüssige Substanz von dem Thiere abgeson- dert (vielleicht aus dem mit einem Ausführungsgang ausmündenden oben genannten. Organe im Hinterleibe), welche zu der (yste erstarrt war; diese war bei allen Individuen, in welchen Organen der Ephemera- Larve sie auch lagen, gleich beschaffen. Sie liess sich aus den Muskel- bündeln isoliren (Fig. 38), so wie auch aus der äussern, gleich anfangs vom Insect gelieferten Hülle herausschälen. Der Durchmesser der Gordiuseyste betrug durchschnittlich Y,,”, die Dicke: der Cystenwand 00 — Yaso”. — Diese Hülle verhielt sich grade so, wie diejenige, mit welcher sich zum Zweck der Fortpflanzung manche Infusorien, Eugle- nen, Vorticellen u. A. umgeben; sie: ist das Analogon der Cyste, in welche sich die Cercarie, um sich zu verwandeln, einkapselt. So lagen also die jungen Gordius-Larven wiederum völlig so, wie [rüber in ihrer Eihülle. Ihre erste Lebensperiode war abgelaufen, in welcher sie aus dem freien Aufenthalt im ‚Wasser, in welchem die zur Geschlechtsreife herangewachsenen Eltern lebten, sie gezeugt und geboren hatten, sich ein Wohnthier, einen Wirth gesucht hatten, um innerhalb der Organe desselben in einen zweiten Eizustand überzu- gehen und während dieses Larvenlebens die für die folgende Lebens- periode nothwendige Entwicklung zu erlangen. Im Allgemeinen wenig- stens kann so der weitere Verlauf der Naturgeschichte des Gordius vermuthet werden, denn leider muss ich hier abbrechen, da es mir nicht gelungen ist, die weiteren Schicksale der Larven zu verfolgen. Es fehlte nicht an Material; ich hatte eine grosse Menge Ephemera- Larven, welche alle voll von Gordien waren; täglich untersuchte ich, ob diese sich veränderten, aber vergebens. Sie blieben, wie’ sie waren, ihre Grösse, Gestalt, Lage, Alles unverändert; aber eben so wenig, als eine Entwicklung eintrat, gingen sie zu Grunde, so dass ich annehmen darf, dieser Rubezustand war nieht etwa abnorm. Die Wohnthiere bielten aber nicht aus, bis dass etwa Entwicklungsvorgänge eingetreten wären; und im Anfang des Octobers musste ich mit den letzten Ephemera-Larven die Untersuchungen beschliessen, und damit auf den wichtigsten und interessantesten Theil der Naturgeschichte un- seres Thieres verzichten. Glücklichere Versuche, als die meinigen, 137 müssen ergeben, ob die encystirten Larven etwa darauf warten, mit ihrem Wohnthier in den Darm anderer Insecten zu gelangen und von aus wiederum in die Organe desselben zu wandern (ich fütterte asserkäfer mit Ephemera-Larven, konnte aber von Gordien keine Spur auffinden), ob sie also einer ersten passiven Wanderung unter- iegen, oder ob sie vielleicht bestimmt sind, den Winter hindurch in jener Ruhe zu verbleiben und erst im Frühjahr sich weiter zu ent- wickeln, vielleicht active Wanderungen zu unternehmen. Sole..., oder passive Wanderungen, oder auch möglicherweise beide müssen in der Naturgeschichte des Gordius noch wichtige Rollen haben, da so viel jedenfalls aus der Beschaffenheit der jungen Larven und aus den obi- gen Versuchen hervorzugehen scheint, dass sie zunächst nur in im Wasser lebende Insecten eindringen, die ausgebildeten Gordien aber bei weitem häufiger in Landinsecten angetroffen werden, unter denen iche sind, in welche sie aus den Ephemera-Larven z. B. wohl ‚aum anders, als durch wiederholte Wanderungen gelangen können, enn auch anderseits manche Gordien mit den sie beherbergenden Eintagsfliegen sogleich in den Leib des definitiven Wirthes eingeführt jerden mögen. Die immerhin nicht sehr grosse Häufigkeit ausge- vachsener Gordien könnte auffallend erscheinen zu der grade hier auf en des Volumens des einzelnen Eies so ausserordentlich zahlreichen hkommenschaft. Doch schliesst sich ia dieser Beziehung der Gor- as nur an die bekannten gleichen Verhältnisse bei allen Helmin- hen an, und liegen schon in der Trägheit und Unbeweglichkeit der ordius-Larven hinreichend Gefahren für die junge Brut, aus welcher h vielleicht unter natürlichen Verhältnissen nur je einer durch glück- h bewerkstelligte Einwanderung reiten mag, so wissen wir ausser- em nicht, auf wie mancherlei Weise vielleicht noch diesen ein Mal genen in späteren Lebensperioden der Untergang drohen mag. Göttingen, den 13. November 1854. Erklärung der Abbildungen. en Tafel ITN—VI. 4. Kopfende des Gordius aquaticus von der Bauchfläche. A 4 Dun- keles Halsband an der verdickten Stelle des Kopfes; B Pigmentstreif auf der Mittellinie des Bauches; a Mund, ®2. Kopfende des Gordius subbifurcus von der Bauchfläche. A A Ge- gend, wo die raschere Zuspitzung des Kopfes ‚beginnt; B Pigment- streif auf der Mittellinie des Bauches,; a Mund. 3. Schwanzende des weiblichen Gordius aquaticus. A A Endfläche, a Vulva; B Pigmentstreif. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. MM. . 12. 13. 44. 135 Schwanzende des weiblichen Gordius subbifurcus (von. der Bauch- fläche). AA Schräg gegen die Rückenfläche ansteigende Endfläche mit den beiden seitlichen Wülsten; a Vulva; b Längsfurche der End- fläche, mit dem Anfang des Pigmentstreifens des Rückens; B Pigment- streif des Bauches. > Schwanzende des weiblichen Gordius subbifurcus von der Rücken- fläche. b Ende der Längsfurche der Endfläche; B Pigmentstreif des Rückens. Schwanzehde des weiblichen Gordius subbifurcus von der Seite, A A Die beiden seitlichen Wülste; 5 Ende der Längsfurche der Endfläche. Querdurchschnitt eines Gordius aquaticus. (Ungefähr in der Mitte des Leibes.) A Rückenfläche; B Bauchfläche; a Epidermis; b Corium; c Zellenschicht zwischen Corium und Muskeln, Perimysium; d Muskel- schicht; e Furche in derselben in der Mitte der Bauchfläche; f Nerven- strang, in dieser Furche verlaufend; g Bauchstrang; h Zellkörper; ii die beiden seitlichen Höhlen des Zellkörpers zur Aufnahme der beiden Geschlechtsschläuche; k Secretionsorgan in der dritten mittlern Zell- körperhöhle. Kopfende des Gordius aquaticus von der Bauchfläche. AA Hals- förmige Einschnürung; 2 B knopfförmige Verdiekung (A—B entspricht dem dunkeln Halsbande in Fig. 4); « Corium; b Perimysium; c Muskel- schicht; d Mund; e Oesophagus; f Uebergang des Oesopbagus in den Zellkörper; g die von dem Corium sich trennende Muskelschicht wen- det sich nach innen, um mit der Membran des Zellkörpers zu ver- schmelzen; h vordere Oeffnung des Seceretionsorgans; i centrales Nerven- system, ein ringförmiger Wulst, durch weichen der Oesophagus verläuft; k der als heller opaker Streif durchscheinende Bauchstrang; I die Aus- strahlung der Längsfasern desselben zur Bildung der Kopfkapsel. Dasselbe Kopfende des Gordius aqualticus von der Seite. A B Bauch- fläche. _ Bedeutung der Buchstaben wie in Fig. 8. Kopfende des Gordius subbifurcus von der Bauchfläche. AA Ge- gend, wo die raschere Zuspitzung des Kopfes beginnt (vergl. Fig. 1]. Bedeutung der Buchstaben wie in Fig. 8, Dasselbe Kopfende des Gordius subbifurcus von der Seite, A Bauch- fläche. Bedeutung der Buchstaben wie in Fig. 8. Schwanzende des männlichen Gordius subbifurcus von der Bauch- fläche. a Geschlechtsöffnung, mit kleinen Spitzen umgeben, bb die beiden Borstenkämme; c Spitzen auf den inneren Flächen der Gabel- äste; d Quermuskelschicht auf der Bauchfläche des Schwanzes; e Ende, der Längsmuskeln; f hintere Oeffnung des Secretionsorgans. Schwanzende des männlichen Gordius aquaticus von der Seite. Bedeutung der Buchstaben wie in Fig. 42. g Warzen der Epidermis; Schwanzende des weiblichen Gordius aquaticus von der Bauch- fläche. a a Ende 'der beiden Eierstöcke, welche durch kurze Tuben übergehen in b Uterus; c Vulva; d gekreuzte Quermuskeln auf de Bauchfläche des Schwanzes; e hintere Oeffnung des Secretionsorgans; f der durchscheinende Bauchstrang mit dem auf ihm verlaufenden Nervenstrang, welcher bei y sich theilt, wo auch der Bauchstrang be ginnt auszustrahlen. | i u 139 ib. Die abgestreifte Haut des Kopfes von Gordius subbifurcus. & Epi- 2 dermis-Schuppen; b b Warzen der Epidermis; c Corium;.d gekreuzte in: Fasern der untersten, jüngsten Schicht des Corium; e Mundtrichter : des Corium; f Hautöffnung der vordern Oeffnung des Secretionsorgans. 9, 16, Das Kopfende eines weiblichen Gordius subbifurcus, von welchem 10 die Haut abgestreift ist, von der Bauchfläche. a Muskelschicht; 5 Aus- einanderweichen derselben als Ende der Furche in der Mittellinie des Bauches (weiter, als normal aus einander gezerrt); c Ende der sehr = > verdünnten Muskelschicht, wo sie mit der Membran des Zellkörpers verschmilzt (je weiter nach vorn, desto deutlicher scheinen die Zellen des Zellkörpers durch die verdünnten Muskeln hindurch); d Oesopha- gus vorn vom Mundtrichter abgerissen; e der durchscheinende Bauch- strang mit dem Nervenstrang, welche beide bei b zu Tage treten; -/ der Anfang der Ausstrablung des Bauchstranges, welcher zur Seite 0. gezerrt und, wie gewöhnlich, vor der Ausstrahlung abgerissen ist; 9 Theilung des Nervenstranges, welcher oberhalb abgerissen ist; h Se- . erelionsorgan; i ein Haufen Ganglienzellen als Rest des den Oesophagus - umgebenden Schlundringes; k k der Anfang der beiden Eierstöcke, mit Eiern gefüllt. 47. Einige Muskelbänder schräg von der äussern Fläche gesehen; a Seiten- > © fläche eines Bandes; D äussere Fläche der Muskelschicht; ce die Zellen- schicht zwischen Corium und Muskelschicht, Perimysium. 8. : Ein Stück, des Zellkörpers von Gordius aquaticus, a Kern der ap} Zellen; b Krystallwarze; c äussere Membran (Schlauch) des Zellkörpers; .d abgerissene Nervenfädchen. ‚ Ein Stück des Zellkörpers von Gordius subbifurcus. c Membran desselben. " 20. a Bauchstrang, von der äussern Fläche; b Nervenstrang, in der Furche - des Bauchstranges, mit seitlichen Aesten; c Secretionsorgan; d Lumen “desselben, von den Secretionszellen umgeben; e Stelle des Schlauches, die mit zerfallenen Zellen angefüllt ist; f Theile des Zellkörpers. 2. Das Ende der beiden Hodenschläuche, welche zum Vas deferens zu- sarmmenfliessen. @a Die beiden Hoden, deren Wand aus membran- arlig vereinigten, später verschmelzenden Zellen gebildet ist; b Vas deferens; c Tunica propria desselben; d contractile Schicht; e samen- blasenartige Erweiterung des Vas deferens kurz vor der Ausmündung mit fası reifen Samenkörperchen gefüllt. Ein Stück eines Eierstockes, dessen Wand ebenfalls aus später ver- schmelzenden Zellen gebildet ist, mit herausgefallenen Eiertrauben. , Entwicklungszellen der Samenkörperchen. «a Solche im jüngsten Zu- _stande; b solche, in denen der Kern homogen und wandständig ge- _ worden ist; c solche, deren wandständiger Kern begiant stäbchen- förmig zu werden. Weitere Entwicklung der Samenkörperchen aus dem Kern der Ent- gszelle. a An dem stäbchenförmigen Kern differenzirt sich ein Kopf und Schwanzende; b indem das Schwanzende in die Länge wächst, bekommt das Samenkörperchen eine messerlörmige Gestalt; © das fadenförmige Schwanzende liegt umgebogen in der Janggestreck- ten, dicht anliegenden Entwicklungszelle. Letztes Stadium, welches im Hoden erreicht wird, Fig. 25. Fig. 26. Fig. 27. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30. Fig. 31. Fig. 32. Fig. 33, Fig. 36. Fig. 37. Fig. 38. 140 Reife Samenkörperchen und reife, isolirte Eier mit Mikropyle aus dem untern Theile des Eierstocks von Gordius subbifurcus. Die nadelförmigen Samenkörperchen besitzen ein längliches knopfförmige Kopfende. Reife Samenkörperchen des Gordius aquaticus, ebenfalls aus dem Eierstock. Kopf- und Schwanz gehen allmählich in einander über, ohne deutlich abgesetztes Knöpfchen, Die Schwanzenden eines männlichen und weiblichen Gordius in de Begattung begriffen (Vergrösserung etwa 4’/,). a Männchen; b Weib chen (von der Bauchfläche gesehen). Fig. 23—38 sind etwa doppelt so stark vergrössert gezeichnet alı alle früheren Figuren. Gelegte Eier des Gordius subbifurcus (die des Gordius aqua ticus verhalten sich in allen folgenden Stadien ebenso) mit beginnen der Embryonalentwicklung. a Eier, mit dem Chorion umgeben, in den verschiedenen Furchungsstadien; b abgelaufener Furchungsprocess e Krümmung des Dotters, welcher nierenförmig und biroförmig wird d das dünnere Ende (das künftige Schwanzende) biegt sich stark rück-' wärfs. Palmform des Embryo. } Weitere Entwicklung. «a Vorderende, in welchem eine trichterförmi Sr Höhlung auftritt; d Hinterende; ce Gränze zwischen Vorder- und Hinter leib, stärker ausgebildet in e, f; d ein Embryo, dessen Vorderende von oben gesehen wird mit dem Eingang der trichterförmigen Höblung e im Grunde der trichterförmigen Höhlung erhebt sich eine Warze, die Anlage des hornigen Rüssels; der Vorderleib wird geringelt; der Höhlung ragen eine Anzahl kleiner Spitzen hervor. Di zwischen Vorder- und Hinterleib ist deutlicher geworden. Weitere Entwicklung bis zur Reife. a Stadium wie f in Fig. 24; zwe kleine Spitzen am Schwanzende; b Embryone dieses Stadiums gewal sam aus dem Ei gedrückt; eben solche mit durch Druck hervorge- stülptem Kopf, an welchem zwei Hakenkränze; d halb ausgestülpter Kopf; e Embryo, dessen Kopf von vorn gesehen wird; f reifer Em bryo mit ausgebildetem Rüssel im Vorderleibe und mit den beiden runden Blasen im Hinterleibe, deren hintere an der Bauchfläche aus mündet; g reifer Embryo, im Hervorstülpen des Kopfes begriffen h Embryo mit ganz entwickeltem Kopf und vorgeschobenem Rüssel i, k reife ausgeschlüpfte Embryone. Unterste Tarsalglieder einer Ephemera-Larve, in welche zwei Gordius Larven eingewandert sind, die im Hinaufkriechen begriffen sind. Tibia- und Femur-Eaden einer Ephemera-Larve mit einwandernden Gordius-Larven. 34, 35. Muskelprimitivbündel von Ephemera-Larven, in und zwischen welchen Gordius-Larven sich eneystirt haben. Zwei Gordius-Larven, welche in der Leibeshöhle einer Ephemera Larve aussen von einer gemeinschaftlichen fasrigen, vom Insect ge lieferten Cyste umgeben sind, deren jede aber innen sich selbst mit einer besondern Cyste umgiebt. Gordius-Larve in der Leibeshöhle einer Ephemera-Larve encyslirt. Cyste aus einem Muskelprimitivbündel isolirt. ä 141 ® Zusatz von Professor v, Siebold. Es war zu Anfang Juni 4854, als ich eine zoologische Exeursion in das liebliche Wisenithal der fräukischen Schweiz unternahm, wo ich zwischen Streitberg und Muggendorf in einem kleinen engen Seiten- al’die von einem ausgetrockneten Bache hinterlassenen Lachen unter- ‚suchte und in diesen ein Paar lebende Gordien erblickte, welche mich ispornten, auf diese Thiere meine besondere Aufmerksamkeit zu richten. eine Mühe blieb nicht unbelohnt, denn nach mehrmäligen, in kurz ° uf einander folgenden Tagen vorgenommenem Durchsuchen der eben wähnten Localitäten erhielt ich mehrere funfzig bis sechzig Stücke eser Fadenwürmer. Sie bestanden aus den beiden Arten Gordius jalicus und subbifureus, unter denen sich aber die erstere nur sehr yarsam vorfand; bei beiden Arten waren die männlichen Individuen s vorherrschende Geschlecht. - Es erforderte übrigens das Auffinden dieser Würmer eine gewisse bung und Aufmerksamkeit, indem man sie einzeln im ausgestreckten istande bei ihren trägen, schlangenföormigen Bewegungen oder zu iehreren in einen Knäuel aufgewickelt, bei ihrer dunkeln Farbe zwi- hen den verschiedenen, auf dem Grunde des Wassers liegenden erirten Pflanzenfasern leicht übersehen konnte. Manche ragten zwi- 1 Steinen und Wurzeln nur mit ihrem Vordehleibkends- hervor, er steckten an den Ufern des Wassers theilweise im Schlamme, und en dann noch schwerer. zu bemerken. Da ich wusste, dass ich es hier mit ausgewanderten Parasiten zu hatte, so sah ich mich in der Umgebung des Fundortes dieser emer nach ihren ehemaligen Wohnthieren um, und konnte auch chiedene Carabiden in jenem Thale bemerken, von denen mehrere ı Wasser ertrunken lagen; ich brach allen diesen Käfern den Hinter- ib auf und erhielt wirklich aus einer Feronia melanaria einen männ- jiehen Gordius aquaticus. Ei häufig übrigens die Gordiaceen in der Umgegend von Streit- 'g vorkommen, konnte ich noch aus einem andern Umstande ent- Der Posthalter und Gastwirtk im Dorfe Streitberg kannte h die Fadenwürmer, denen ich mit so vielem Interesse nach- ‚ recht gut, da sie, wie er mir mitftheilte, nicht selten in dem Brunnentroge hinter seinem Hause gefunden würden, auch wusste der- selbe, dass diese Würmer mit dem laufenden Wasser seines Röhren- 142 brunnens dort hinein gelangten, weshalb er es seiner Dienerschaft” zur besondern Pflicht gemacht, bei dem Herbeiholen von Trink- wasser stets nachzusehen, ob nicht ein solcher Fadenwurm in das dem Brunnenrohr untergehaltene Gefäss mit dem Wasser hineingespült worden sei. Ich nahm hiernach Veranlassung, einige Brunnentröge des Dorfes zu untersuchen und erhielt auf diese Weise wirklich noch einige Gordien. Hierdurch wurde ich in meiner Vermuthung noch mehr bestärkt, dass jene Sennerin, welche, wie ich vor einiger Zeit gemeldet (s..di entomologische Zeitung 4854, pag. 407), einen mehrere Zoll lange: lebenden Gordius aquatieus ausgebrochen, diesen Wurm wahrscheinlich mit Trinkwasser verschluckt haben mochte. Seit einer Reihe von Jahren habe ich meine Aufmerksamkeit de Gordien zugewendet, erhielt aber immer nur in langen Zeitzwischen- räumen einzelne Individuen zur Zergliederung, so dass ich aus Mangel an hinreichendem Material mit dieser Untersuchung bisher nie zu einem gehörigen Abschluss gelangen konnte. Nachdem mir endlich der Zufall eine so reiche Ausbeute an Gordien in die Hände gespielt hatte, konnte ich dieselbe aber wohl nicht besser verwenden, als dass ich einen Theil derselben an Herrn Dr. Meissner übersendete, der sich bereits als Bearbeiter eines mit Gordius verwandten Wurmes (Mermis) so tüchtig bewährt hätte, und der nun mittelst dieser Sendung die, wie ich aus eigener Erfahrung weiss, die grösste Geduld und Geschicklich- keit erfordernden Untersuchungen über den so höchst merkwürdigen, aber ebenso schwierig zu erforschenden, Bau der Gordien mit dankens- werther Ausdauer zu Stande gebracht hat. r Nachdem jetzt eine grössere Anzahl von Individuen der Gordiaceen gleichzeitig von mir hat verglichen werden können, lassen sich folgende Charaktere für die Gattungen und Arten dieser Fadenwürmer- Familie feststellen. 2 Gordius. u Corpus longissimum filiforme. Os traetus intestinalis coeei mini- mum terminale subcentrale. Apertura genitalis maris et foeminae cau- dalis, pene nullo. 41. G. aquaticus. ”s Corpus fuscescens antrorsum parum attenuatum. Caput subdisere- tum rotundatum et; decolor annulo fusco circumelusum. Extremitas caudalis maris subtus incurvata bifurcata; apertura genitalis ventralis in bifurcatione. Ante aperturam genitalem series spinularum simplex seu subduplex in angulum disposita. Extremitas eaudalis‘\ioeminae truncata margine rotundato et apertura genitali mediana. ha 143 2. G. SA LER Corpus fuscescens antrorsum sensim et distinete altenuatum. Caput conlinuum et sensim decolorescens subtruncatum. Extremitas. caudalis maris subtus incuryata bifarcata; apertura genitalis ventralis in bifur- eatione. AÄnte aperturam genitalem spinulae multiseriatim in arcum dispositae. Extremitas caudalis foeminae oblique (runcata rolundata - süleo medio subbifurcata, apertura genitali in bifurcatione. ; Für die bis jetzt nur unvollständig gekannte dritte Art lässt sich ungefähr folgende Diagnose aufstellen : s br g 3. G. trieuspidatus. 2 r Corpus fuscescens antrorsum parum attenuatum. Caput subdiscre- m rotundatum. Extremitas caudalis maris subtus incurvata bifur- ata. — Extremitas caudalis foeminae trilobata, apertura genitali in- te nlan. Mermis. Corpus longissimum filiforme. Os tractus intestinalis coeci mini- 'mum terminale centrale. Apertura genitalis maris pene corneo duplice munita ante extremitatem caudalem sita. Apertura genitalis foeminae in regione corporis media. 5 4. M. albicans. Corpus albicans antrorsum attenuatum. Caput continuum. Cauda otundata. Extremitas caudalis maris pone aperturam genitalem multis papillis obsessa.. Penis crura simplicia semicanaliculata subarcuata. _ Apertura genitalis foeminae haud procul post corporis medium collo- _ eala. Ovula alba simplicia. | | | | 2. M. nigrescens. Corpus albicans antrorsum attenuatum. Caput subdiseretum. Ex- mitas caudalis maris? — Penis? — Superficies ventralis caudae eonicae foeminae recta et linea media impressa. Apertura genitalis foeminae haud procul post corporis medium collocata. Ovula fusca lentieularia capsulis bilocularibus bipedicellatis. In Bezug auf die Wohnthiere, in welche die hier aufgeführten Gordiaceen-Arten einzuwandern pflegen, giebt mir meine Helminthen- Sammlung folgende Aufschlüsse. GosWius aqualicus besitze ich aus Carabus violaceus F., Feronia melanaria Jll., Omaseus melas Crtz. aus der Larve von Dytiscus mar- ”. 4 ginalis Z., aus Locusta viridissima Z., Dectieus verrucivorus L. und Gomphocerus viridulus Ch. Gordius subbifurcus erhielt ich aus Carabus hortensis F., Pro- erustes coriaceus F., Feronia melanaria Ill. und metallica F., ferner aus Pterostichus nigrita F., Omaseus melas Crtz., Molops elatus FR, Poecilus lepidus F., Harpalas Hottentota Dft., Calathus cisteloides IZU., Pelor blaptoides Ortz., und aus der Spinne Drassus fuscus Ltr. Mermis albicans enthält meine Sammlung aus Melo& proscarabaeus Z., Mantis religiosa L., Gomphocerus Morio F. und biguttulus Ch., aus der Larve von Athalia spinarum F., aus der Raupe von Vanessa Jo (?), Zy- gaena Minos, Notodonta Ziezac, Pygaera Bucephala, Liparis Chrysorrhoea, Gastropacha Pruni (?), Euprepia Caja, Catocala sponsa, Cucullia Tana- ceti, Mamestra Pisi, Episema Graminis, Tortrix textana, Penthina sali- cana, Yponomeuta padella und cognatella, aus Cordylura pubescens M. und aus der Schnecke Succinea amphibia Drp. Die aus Aepfeln er- haltenen Individuen rührten wahrscheinlich von der Raupe der Carpo- capsa pomonana her. Beiträge zur Lehre von der Regeneration durchschnittener Nerven, n von Eduard Lent. ‚ Mit Tafel VI. Beim Beginne des Sommersemesters 1854 wurde ich von Herrn rof. Kölliker aufgefordert, eine Reihe von Untersuchungen über die ler Durchscheidung von Nervenfasern folgenden Vorgänge vorzunehmen, velche vor Allem zur Prüfung der Waller’schen Ergebnisse dienen ollten, die einen neuen Anstoss auf diesem so interessanten Gebiete geben halten. Obschon nun meine Beobachtungen nicht zu dem bschlusse gelangten, den ich anstrebte, weil mein Fortgang von Würz- ırg im Herbste 1854 denselben ein Ziel setzte, so glaube ich doch die heilung derselben nicht länger aufschieben zu sollen, weil dieselben rhin nach gewissen Seiten ganz bestimmte Ergebnisse geliefert ben und vor Allem den Beweis leisten, dass die Waller’schen Sätze chts weniger als gesichert sind. . Ich benutzte zu meinen Untersuchungen Frösche, Tauben und Ka- ichen, von welchen Thieren mir die ersten am meisten Mühe machten, ‚ich keine Vorrichtung besass, um dieselben in fliessendem Wasser terzubringen und es nur durch tägliches Wechseln des Wassers ge- zen wollte, dieselben nach der Operation kräftig zu erhalten. Der | h gruppiren sich meine Experimente folgendermassen. Beim Frosch wurde der Ischiadicus 54 Mal, der Medianus al, der Peronaeus 2 Mal durchschnitten und 6 Mal das Gehirn Auf die Taube fallen 8 Durchschneidungen des Ischiadicus des Vagus, beim Kaninchen endlich trennte ich je 4 Mal den dicus und Medianus und 4 Mal den Vagus. Die Zeiten, welche em Momente der Nervendurchschneidung bis zur Untersuchung ossen, ergeben sich aus folgender Zusammenstellung : hr. f. wissensch, Zoologie. VI. Ba. 0 146 Zahl der Untersuchungen: Tag nach A. Beim Frosch. B. Bei d. Kaninchen.[C. Beid,. Taube. der Ope- |[schia- N Media- ralıon, nus. Pero-| Ge- [Ischia-| Media- Fi SER Li [24 . Fi . naeus.| hirn. | dicus. | nus. Vagus dieus. Vagus dieus. „-Ssoutvwuer muB o-_— 147 Was nun die gefundenen Resultate anlangt, so stimme ich im All- gemeinen mit der Beschreibung, welche Waller von dem Zustande- kommen der Degeneration in dem peripherischen Stücke eines durch- "schnittenen Nerven gibt, überein, habe mich dagegen nicht überzeugen können, dass, wie Schiff will, zwischen der anfänglichen Gerinnung des Nervenmarks nach der Durchschneidung und derjenigen, die nach m Tode eintritt, ein Unterschied sich findet. Nach dem, was ich sehen habe, zerfällt das Nervenmark mit den Centren nicht mehr erbundener Nervenröhren zuerst in grössere, durch Querlinien ab- renzte Stücke. Im weitern Verlauf werden diese Stücke immer iner und mehr rundlich, während auch schon Körnchen von Fett iftreten, welche schliesslich die Nervenhülle ganz anfüllen, und sich um noch grössere Gonglomerate von Nervenmark anhäufen. In iesem Zustande verweilen die Nervenröhren längere Zeit, bis schliess- ch auch die Fettkörnchen nach und nach zur Resorption gelangen ind nichts als leere Nervenhüllen zurückbleiben, an denen dann die [rüber durch das Nervenmark verdeckten Kerne besonders deutlich ei Zusatz von Essigsäure sichtbar werden (Fig. a—f). Während dieser Vorgänge büssen auch die Nervenröhren nicht unbedeutend in ihrem urchmesser ein und fallen gleichsam zusammen, nachdem ihr Nerven- mark geschwunden ist. Mikroskopisch kann man diesen Zustand schon n der bedeutenden Blässe des Nerven erkennen, auch lässt sich der- elbe beim Präpariren sehr leicht zerzupfen. Bei diesen Vorgängen ler Desorganisation von bestimmten Perioden zu sprechen (Waller), ist Dicht gut möglich; indem dieselben je nach verschiedenen Umständen bald so, bald anders sich gestalten, dagegen muss ich mit Schiff auf die : fründlichen und paralytischen Erscheinungen bei der Degene- ation durchschnittener Nerven aufmerksam machen, welche, obschon n Wesentlichen sehr verschieden, doch beide zum gleichen Resultate, ni lieh zur fetligen Metamorphose des Nervenmarks führen. Unter- ıcht man die Durchschnittsenden der Nerven zu der Zeit, wo noch e he Erscheinungen vorhanden siad, so findet man beide Enden auf gleiche Weise verändert, oberer an unterer Stumpf sind cht zu unterscheiden. Wenn Waller den obern Stumpf nach zwei fonaten normal fand, so hatte derselbe schon die Folgen der Entzün- ing überstanden. Die ersten Erscheinungen nach der Durchschneidung sind entzündliche; ist die Entzündung heftig, so ist auch die Verän- lerung der Nerven eine mehr ausgebreitete. Die Heftigkeit der Entzün- dung hängt aber von dem Eingriff bei der Operation ab; als ich in der Durchschneidung der Nerven noch nicht geübt war, und die Ope- rationen gerade nicht immer mit der gehörigen Feinheit, mit Vermeidung Be Zerrung der Muskeln u. s. w. ausgeführt wurden, zeigte sich ‚Degeneration auch viel heftiger. Nach späteren Operationen waren 10* 145 die entzündlichen Erscheinungen, und mit ihnen die Degeneration der Nerven auch weniger exquisit. Diese entzündliche Degeneration tritt auch auf, wenn in der Nähe der Nerven eine entzündliche Reizung stattfindet; so ergab sich, als ich die Operation zur Durchschneidung des Nerven machte, denselben aber nicht durchschnitt, dieselbe Ver- änderung des Nervenmarks, wie nach Durchschneidungen. Die ent- zündliche Degeneration unterscheidet sich von der paralytischen durch Nichts, ausgenommen, dass erstere viel schneller vor sich geht, und ist ganz analog der fettigen Metamorphose in anderen Geweben nach Entzündung derselben, wie der fettigen Degeneration der Ganglienzellen des Gehirns nach Encephalitis, der Muskelfasern bei der Myitis u. s. w. Ist die Entzündung abgelaufen, so ergeben sich auch an dem An- fange des peripherischen Nervenstumpfes, ebenso wie in den Gegenden, die nicht im Bereich der Entzündung lagen, die Erscheinungen der paralytischen Degeneration. Diese zeigt sich nämlich an dem ganzen peripherischen Ende des durchschnittenen Nerven. Alle unter der Durehschnittsstelle gelegenen Nerven gehen die fettige Metamorphose ein und kommen schliesslich alle an dem Punkt an, wo nach Re- sorption des Nervenmarks die leeren, zusammengefallenen und kern- haltigen Nervenhüllen zurückbleiben. Die paralytische Degeneration geht übrigens ziemlich langsam vor sich, und dauert das Stadium, in welchem das Nervenmark, in bald grössere bald kleinere Abschnitte zerfallen, noch vorhanden ist, oft sehr lange. Dagegen scheint die- selbe an dem ganzen peripherischen Ende zu gleicher Zeit auf- zutreten. Hervorzuheben ist jedoch, dass die Nervenröhren von fei- nerem Durchmesser viel schneller in die Degeneration eingehen, als die von stärkerem Durchmesser, so dass man nicht selten die ersteren alle schon als leere Hüllen findet, während von diesen noch keine an diesem Stadium angekommen sind. Da die leeren Nervenhüllen der feinen Fasern auch zusammeniallen, sö ist es oft schwer, dieselben als das zu erkennen, was sie wirklich sind; allein jeder Zweifel, ob man es mit Nervenfasern zu thun habe, schwindet, wenn man in solchen Fasern noch hie und da einen Rest der fettigen Degene- ration, noch einige Fettkörnchen antrifft. Solche mikroskopische Ob- jeete, die ich zu wiederholten Malen gehabt habe, halte ich bei der Frage von der Regeneration für sehr wichtig, und werde ich auf sie nachher zurückkommen. Eine wichtige Frage ist die, wo der Axencylinder des Nerven bei dem Zerfall des Nervenmarks bleibt. Es ist diese Frage besonders angeregt durch die Behauptung von Schiff, dass der Axencylinder nicht mit degenerire, sondern normal bleibe, und dann später den An- knüpfaungspunkt für die Regeneration des Nerven gebe. Die Schwierig- keiten, die häufg der Untersuchung des Axencylinders sich entgegen- i 149 stellen, zeigen sich in erhöhtem Maasse an den Nerven nach Durch- hneidungen und kann ich mich nach vielfachen Untersuchungen nur für aussprechen, dass ich in den Nervenröhren jenseits der Durch- bnittsstelle den Axeneylinder niemals mit Sicherheit gesehen habe, "ohne sagen zu können, wo er bleibt und was aus ihm wird. Waller “erwähnt den Axeneylinder nirgends, wogegen Bruch denselben sah, "doch handelt es sich in seinem Falle von schon regenerirten Nerven, in denen möglicherweise der Axencylinder sich wieder gebildet haben ‚konnte. Alles zusammen genommen, möchte dieser Punkt noch einer weitern genauern Untersuchung zu unterliegen haben, bevor derselbe ‚zum Abschlusse gelangen kann. Noch mache ich einige Punkte namhaft, die man bei Untersuchungen "über die Degeneration wohl ins Auge fassen muss. Erstens finde ich, wie Waller, dass die Degeneration bei jungen Thieren schneller er- folgt, als bei erwachsenen, und zweitens läuft auch bei warmblütigen Thieren — Kaninchen, Tauben — die ganze Degeneration viel schneller ‚ als bei Fröschen, bei denen sich das Stadium-der Degeneration ungemein lange hinauszieht, so dass unter günstigen Verhältnissen die Regeneration eher erfolgt, als die Degeneration beendet ist, "Wir kommen zur Regeneration der Nervenfaser. In welcher Verbindung steht sie mit der Degeneration? Hier herrscht nun grosse "Meinungsverschiedenheit. Waller behauptet, das peripherische Ende des durchschnittenen Nerven gehe gänzlich verloren, und die Regene- ion erfolge vom contractilen Ende her. (Les anciennes fibres d’un -divise ne recouvrent jamais‘ leurs fonctions originelles.) Waller klärt den Irrtbum der früheren Untersucher besonders aus dem Um- stande, dass dieselben nur den Process in der Narbe, nie in der peri- pherischen Verbreitung verfolgt hätten. In den Verzweigungen des lossopharyngeus beim Frosch will Waller 3—4 Monate nach der Durchschneidung, wenn er die Papillae fungiformes untersuchte, Nerven- fasern neuer Bildung angetroffen haben, die er von den degenerirten und normalen scharf trennt. Diese jungen Nervenfasern sollen nach im erst dann in dem peripherischen Ende auftreten, wenn sie sich auch schon in der Narbe vorfinden; dieselben liegen zwischen den degenerirten Nervenfasern und messen in der Narbe Y,—/,, in dem fipherischen Ende Y,—!/, des Durchmessers der normalen Nerven- fasern. Frägt man, wie Waller die fibres nouvelles von den fibres ‚desorganisees unterscheidet, so ergibt sich, dass er jene als sehr blass, heinend, ohne doppelte Contour, und von ungleichem Durch- ser, bald sehr dünn, bald angeschwollen schildert. Hiergegen muss ‚nun bemerken, dass die degenerirten Fasern, die ich beobachtete, zu der Beschreibung dieser neugebildeten Fasern von Waller en, nur dass der Durchmesser derselben etwas grösser war. Es 150 ist jedoch leicht möglich, dass Waller bei seiner Grössenangabe vor- züglich die feineren Nervenröhren im Auge hatte, welche, wie oben schon bemerkt, viel schneller ihren Inhalt ganz verlieren und ganz blass werden, während bei den gröberen Fasern dieser Process lang- samer vor sich geht. Wenn Waller Nerven vor sich hatte, deren Röhren noch nicht alle ganz degenerirt waren, so konnte er leicht dazu kommen, die feineren, schon inhaltlosen, für neugebildete, und die gröberen, noch markhaltigen, für alte degenerirte Fasern zu halten. Ich wenigstens kann nach Allem, was ich gesehen habe, nicht anders als Waller’s fibres nouvelles, wie er sie beschreibt und abbildet, nur für die leeren Nervenhüllen degenerirter Nerven zu halten (Fig. i), indem ich alle Uebergänge der dunkelrandigen Röhren bis zu diesem Stadium aufs deutlichste verfolgen konnte, und namentlich in den feinsten blas- sesten Röhren sehr häufig noch Reste des frühern Markes beobachtete. Dass Waller diese Fasern nur gesehen, nachdem sich in der Narbe be- reits junge Nervenfasern gebildet hatten, müsste man hiernach für ein zufälliges Zusammentreffen halten. Da ich eine Neubildung von Fasern nicht zugebe, so kann ich auch Waller’s Ansicht, dass die Nerven- röhren des peripherischen Theiles rettungslos verloren seien, "nicht theilen, vielmehr bin ich der Ansicht, dass die durchschnittenen Enden der Nervenröhren sich wieder vereinigen und die leer gewordenen Röhren des peripherischen Stückes nach und nach wieder dunkel- randig werden. Wie geht nun diese Vereinigung vor sich? Nach dem, was ich sah, treten sowohl in dem obern Ende des peripherischen Stücks, das, wie wir fanden, ganz degenerirt oder, besser gesagt, schliesslich nur marklose Nervenröhren erhält, wie auch am untern Ende des centralen Stumpfes, in welchem durch die Entzündung auch eine Art Degeneration, wenn auch nicht sehr hoch hinauf, bewirkt wurde, eine Vermehrung der Kerne in den Nervenhüllen ein (Fig. gu. h). Ob diese durch Theilung der ursprünglichen Kerne erfolgt, oder anders, vermag ich nicht an- zugeben, doch halte ich ersteres für wahrscheinlich. Die Schwierigkeit der Untersuchung der Narbe ist nämlich so bedeutend, dass es schwer hält, zu einer Gewissheit zu kommen. Da dieselbe häufig ungemein fest, bis zur Knorpelconsistenz hart war, so machte ich sowohl Längs- als Querschnitte derselben und da zeigte sich denn in den Fällen, wo noch keine Wiederherstellung der Function eingetreten war, dass die Nerven- hüllen mit reichlichen Kernen von beiden Seiten”in die Narbe hinein- reichten (Fig. !). Leider fehlen mir jedoch für diese Stadien zablreichere Untersuchungen; denn die wenigen Fälle, wo ich nach hergestellter Function die Untersuchung machte, können hier nicht entscheiden, weil, dieselben nur das Resultat des Processes zeigen, aber nicht den Process in seiner Entwicklung. In der That fand ich auch in Nerven, deren 151 y N Vereinigung eine vollständige war, die Nervenröhren auch schon wie- der mit Mark gefüllt (Fig.k). Wie nun aber diese Anfüllung mit Nervenmark vor sich geht, und wie sich der Axeneylinder dabei ver- hält, darüber kann ich leider nichts Gewisses aussagen, und muss ich diesen Gegenstand fernerer Untersuchung überlassen. H Der Ansicht von Schiff über die Regeneration der Nerven, der die Axencylinder für das Wichtigste bei der Regeneration hält, kann ich mich schon aus oben erläuterten Gründen nicht anschliessen; ich habe den Axencylinder in den degenerirten und erblassten Röhren der peripherischen Nervenenden nirgends gesehen, und halte denselben mithin für einen Theil, der beim Vorgange der Regeneration keine Rolle spielt. Wahrscheinlich bildet sich derselbe später mit dem Mark wie- der von Neuem in ähnlicher Weise wie in den embryonalen Nerven- - röhren, wenn dieselben zu dunkelrandigen sich gestalten. Was die Bruch'sche Beobachtung anbetrifft, so gibt sie uns, wie ich schon erwähnte, nur das Bild der Zusammenheilung des durch- - schoittenen Nerven; wie diese zu Stande gekommen, lässt sich jedoch aus derselben nicht entscheiden. Bruch schreibt dem Axencylinder und der Nervenhülle einen Antheil an der Regeneration zu. Was mir aber an der ganzen Beobachtung unklar ist, und auch Bruch selbst ist dies aufgefallen, das ist der gänzliche Mangel an Callusmassen; da fand sich ‚keine Zwischensubstanz, kein Exsudat, das Neurilem selbst war eher - dünner, als stärker, die Fasern ober- und unterhalb vollkommen nor- mal, von gewöhnlicher Breite, doppelt contourirt, und der Abstand der ursprünglichen Nervenenden höchst unbedeutend, Das sind Alles Umstände, die die Sache sehr räthselhaft machen. Nehmen wir selbst © günstigsten Verhältnisse für den regenerirten Process an, ein junges hier, höchst unbedeutenden operativen Eingriff, sehr günstige Lage - der Nervenenden zu einander, so ist doch kaum zu glauben, dass schon nach vier Monaten eine so vollständige Regeneration sich eingestellt abe, dass auch nicht die geringste Spur eines Exsudats mehr sich achweisen liess, ja dass im Gegentheil die Nervenfasern eher loser, denn sonst, verbunden gewesen seien. Die Vermuthung Bruch’s einer ‚Prima intentio lässt sich daher wohl nur als Vermuthung hinstellen, sun was ist eine Beobachtung bei einem so schwierigen Gegenstande? unerhin ist es gedenkbar, dass’ diese vereinzelte Beobachtung das Bild eines sehr interessanten Vorganges darstellt, den weiter auf- zuklären, späteren Untersuchungen vorbehalten ist. Dass Bruch die fetlige Entartung des Nervenmarks nicht gesehen hat, erklärt sich natürlich aus dem Umstande, dass die Untersuchung zu einer Zeit vor- genommen wurde, wo dieselbe längst abgelaufen war und der Neu- bildung des Nervenmarkes Platz gemacht hatte. Ist die Vereinigung der Nervenenden erfolgt, haben sich die 152 Nervenhüllen der. beiden Stümpfe verbunden, so steht das peripheri- sche Stück von dem untern Ende des cen'ralen Stumpfs an auf dem Stadium der embryonalen Nerven; es kommt die Periode, wo sich die Nervenhüllen mit Mark anfüllen. So aufgefasst, kann auch ich in der Regeneration der Nerven eine Wiederholung «embryonaler Processe » sehen. Uebrigens will ich nicht behaupten, dass vor der Regeneration die peripherischen Nervenröhren immer ihres Markes ganz verlustig gehen, und halte ich es, für möglich, dass in günstigen Fällen manche Nervenröhren bei den ersten Graden der Zersetzung des Markes stehen bleiben, um dann wieder zu genuinen normalen Fasern zu werden. Bei dem ganzen Vorgange der Regeneration sind offenbar die Nervenscheiden das wichtigste, in dem sie allein bleiben, und bleibt wohl nichts An- deres übrig, als anzunehmen, dass sie gleich Zellmembranen, unter- stützt von den in ihnen enthaltenen Kernen, einen beständigen Stofl- wechsel unterhalten und so die Wiederbildung von Mark und einem Axencylinder efmöglichen, vielleicht auch am Zusammenheilen der ge- trennten Enden direct sich betheiligen. 3 Was die Fälle anbetrifft, in denen ich beim Frosche das Gehirn exstirpirte, so stellte ich diese Operation zu dem Ende an, um das Verhalten der Retina zu studiren, besonders um zu untersuchen, wie ' sich die Stäbchenschicht bei der Degeneration des Nervus opticus verhält. Ich erzielte jedoch hierbei kein wesentliches Resultat, ob- schon der Stumpf des Nervus opticus die gewöhnlichen degenerati- ven Veränderungen zeigte. — Waller gibt am Schlusssatze seiner Ab- handlung eine Reihe von Sätzen, die sich aus seinen Untersuchungen ergaben. Denjenigen unter ihnen, auf welche meine Beobachtungen Bezug haben, stelle ich daher auch schliesslich folgende Sätze gegenüber: 4. Die Nerven des unter der Durchschnittsstelle gelegenen Stum- pfes kommen durch eine fettige Metamorphose, die theils auf ent- zündlicher, theils und besonders auf paralytischer Desorganisation be- ruht, auf den embryonalen Standpunkt zurück und sind Waller’s übres nouvelles nichts als die leeren d. h. des Markes und eines deutlichen Axencylinders entbehrenden Nervenhüllen der degenerirten Nerven. 2. Die Vereinigung der Nervenenden selbst kommt durch neu ent- stehende Fasern zu Stande, deren Bildung wahrscheinlich mit einer Vermehrung der Kerne der alten Scheiden zusammenhängt. Ist diese geschehen, so erlangt der untere Theil seine Function wieder und füllen sich seine blass gewordenen Nervenröhren nach und nach mit Mark und erhalten auch einen Axeneylinder in ähnlicher Weise, wie diess bei der Entwicklung der embryonalen Röhren geschieht. Zum Schlusse will ich noch bemerken, dass ich durch die Ver- öffentlichung dieser Bemerkungen einer Aufforderung des Hrn. Prof. Kölliker nachkomme, unter dessen Leitung ich meine Beobachtungen anstellte spreche. 153 und dem ich hier wiederholt meinen wärmsten Dank aus- ia Berlin, den 44. Januar 1855. Erklärung der Abbildungen. Tafel VII. Fig. a—/ stellt die Degeneration der Nerven dar. Fig. a. Fig. b. Fig. c. Zerfall der Markscheide in grössere Abschnitte, der Bender | ist noch sichtbar. Zerfall in kleinere Stücke. Die Markscheide ist zu kleinen Fetitröpfchen zerfallen, die mit grösse- ren Tropfen vermischt sind, Die Nervenscheide ist ganz mit Fetttröpfchen angefüllt. Die Fettkörnchen sind meist resorbirt, einige sind noch in der Nerven- scheide, deren Kerne deutlich geworden sind. Leere Nervenscheide. Eine Nervenfaser vom untern Ende des centralen Stumpfes; die Mark- scheide ist bis auf einen kleinen Theil vorhanden, wo die leere Nerven- scheide sichtbar ist. Leere Nervenscheide aus dem obern Ende des peripherischen Stumpfes; oben bei « zeigt sich eine Vermehrung der Kerne, Leere Nervenscheiden von Nerven feineru Durchmessers. Regenerirte Nervenfaser aus der Verwachsungsstelle; die Markscheide ist beinahe ganz hergestellt; auch der Axencylinder ist wieder sichtbar. Ein Stück aus einer Narbe mit anhängenden Nervenröhren des obern und untern Stumpfes. Die Narbe enthält verändertes Nervenmark, ver- änderte Blutkörperchen, Körnchenzellen und Fettkörnchen. Bemerkungen über den Bau der häutigen Spiralleiste der Schnecke, von Dr. M. Claudius, Prosector in Kiel. Mit Tafel IX A. Die häutige Spiralleiste ist nicht eine einfache häulige Platte, auf welcher in der Vorhofstreppe das Cortische Organ lüge, sondern sie stellt einen durch zwei einander parallel ausgespannte Membranen überall gegen beide Treppen abgeschlossenen, mit grossen dünnwan- digen Zellen erfüllten Raum in der Schnecke dar, und in diesem liegt der von Corti beschriebene Apparat. Die untere dieser Membranen (stets die Schneckenaxe senkrecht stehend gedacht), die Lamina spiralis membranacea der Autoren, die Meınbrana basilaris (Fig. 1 h—c), ist zwi- sehen der Unterlippe der Crista suleata und dem Kölliker’schen Spiral- band ausgespannt, und zerfällt in eine innere kleinere, ungestreifte Abtheilung, und in eine äussere, mit dicht liegenden parallelen Strei- fen versehene, die Zona pectinata. Letztere zeigt keine Gefässe, erstere das Vas spirale internum an der Unterseite ihres Aussenrandes und ein weitmaschiges Capillarnetz, welches von Gefässen gebildet wird, die aus der knöchernen Spiralleiste hervorkommen und wieder dahin zurückgehen. Diese innere Abtheilung ist die schwächste Stelle der -Membran, hier biegt sie sich auf feinen Querdurchschnitten und reisst leicht ab, welches bei der Zona pectinata nicht oft vorkommt. An ihrer Unter- oder Paukentreppenseite findet sich ein in wenigen Schichten aufgelagertes Pflasterepithel. In Betreff des Spiralbandes ist zu erwähnen, dass die von Kölliker in demselben beschriebenen Lücken die Löcher sind, in welchen die Venen der Corti’schen bande vascu- laire externe das Band durchbohren. Sie kommen nur in der ersten Windung in grüsserer Anzahl vor. | Das Verhalten dieser Membran ist leicht zu studiren. Bei weiten mehr Schwierigkeiten bietet die Erscheinung der zweiten, obern Haut, | 155 "der Cortischen Membran (Fig. 4 !). Sie ist ziemlich zäh, aber äusserst "dünn, so dass sie in der Flüssigkeit des Objectträgers die vielfälligsten ‚Falten wirft; und zeigt eine von äusserst feinen parallelen, dunklern _ Linien herrührende Streifung. In der losgetrennten Haut sind diese - Linien stets wellig gebogen; gelingt es aber, die ganze häutige Spiral- leiste unter das Mikroskop zu bringen, so zeigen sie sich grade. Die Membran scheint. also Elastieität zu besitzen, und in einem geringen ‚Grade von Spannung angeheftet zu sein. Dem Einfluss des Wassers dürfte diese Erscheinung nicht beizumessen sein, da sie sich auch in eoncentrirten Zuckerlösungen zeigt. An der Zona pectinata bemerkt man nie eine wellenförmige Biegung der Streifen. Die Cortsche Mem- bran beginnt an der dem Modiolus zugewandten Seite der Crista sul- _ eata, unter dem Epithel, ohne bemerkbare Gränze, überzieht dann die Oberseite der Crista bis zu den Zähnen, und ist von der Spitze der Zähne (der Oberlippe der Crista), parallel der Membrana basilaris, querüber bis an das Periost der äussern Schneckenwandung ausge- spannt. Hier findet sich aber nicht eine vorspringende Parthie, wie sie das Spiralband für die Lam. membran. liefert, sondern sie legt sich einfach unter dem Epithel an das Periost an. Die Untersuchung dieses Punktes ist einer der schwierigsten von allen hier in Frage kommenden. Vie findet man bei Abtrennung der Corti’schen Membran an der äussern Wand ein Stück derselben anhängen, und ihre Abtrennung findet hier stets am leichtesten statt, daher Corti auch dieselbe über der Zona peetinata mit einem freien Rande enden liess. Am leichtesten dürfte man auf folgende Weise zum Ziele kommen. Man bringe aus einem gehörig behandelten Felsenbein einen Theil der weichen Spiralleiste nd des äussern Periosts auf eine hölzerne Unterlage und mache mit einem möglichst scharfen Messer, ohne zu ziehen, Querschnitte?;von mässiger Dicke (bis Y,””) und untersuche diese auf der Seite liegend. _ Beim Ziehen des Messers folgt die Membran dem Messer und reisst in zelmässige Stücke. — Einige Male habe ich einen dünnen und ge- n Saum an der Corti'schen Haut beobachtet, wahrscheinlich ist der äussere, an das Periost befestigte Rand derselben. Auf ihrer Seite trägt sie ein, wie mir scheint, einschichtiges Epithel,“ wel- sehr leicht abfällt. Bei Embryonen haftet es fester. Beide Membranen bleiben sich in allen Theilen der Schnecke gleich. Die äussere Seite des von den beiden Häuten eingeschlossenen Raumes wird vom Periost der äussern Schneckenwand gebildet, die innere vom Halbkanal der Crista sulcata. Die letztere ist hinreichend ‚bekannt. Ich möchte nur hinzufügen, dass die Furchen zwischen den Zöhnen auch im Sulcus bemerkbar sind, worin sie bis über die ‚Hälfte seiner Höhe herablaufen, ohne jedoch die Unterlippe zu erreichen. Die spindelförmigen Körperchen, aus denen die Leiste grösstentheils 156 besteht, stehen mit ihren längsten Axen senkrecht auf die knöcherne Spirallamelle, und sind an der Oberfläche besonders leicht isolirbar. Betrachtet man nach Entfernung der Cort”’schen Membran die Leiste bei auflallendem Licht von oben, so zeigen sich die Spitzen der Binde- gewebskörperchen als rundliche Hervorragungen, und es sind dies die elobules, qui remplissent les sillons, de la bandelette sillonnee (Corti). Die Zähne der zweiten Reihe sind lange nicht so scharf markirt, wie sie Corti abbildet. Man bemerkt bei einer Ansicht von oben am Aussen- rande der Unterlippe eine Reihe ovaler Grübchen, in deren Tiefe die Löcher für den Durchtritt der Nerven liegen, ohne sonstige Abgrän- zung. — Von der Unterseite des Aussenrandes der Unterlippe, dicht (nach aussen) an den Löchern geht eine schmale Platte nach unten und innen hin ab, an welche sich das die Unterseite der knöchernen Spirallamelle überziehende Periost anschliesst. Diese Platte ist ein Theil der Crista, indem sie fest mit derselben zusammenhängt und aus der- selben knorpelartig zähen Substanz besteht wie jene. Die Form der Crista suleata variirt nicht unbedeutend bei den verschiedenen Säugethieren: ebenso die Textur derselben. Am weich- sten ist; die die genannten Bindegewebskörperchen zusammenhaltende Intercellularsubstanz beim Igel. Hier zerfällt die Crista leicht in eine Anzahl durchsichtiger Säulchen. In den höheren Regionen der Schnecke aller Säuger wird dieselbe übrigens weicher, und nahe am Hamulus ist es nicht mehr möglich, Durchschnitte von ihr herzustellen. Sie ist hier sehr niedrig, die Zähne lang, weit getrennt, sehr dünn, biegsam und vollkommen durchsichtig, und die Crista selbst lässt sich leicht zwi- schen Glasplatten zerquetschen. In dem Raum zwischen den beiden Häuten liegt das Corti’sche Organ so, dass die inneren Enden der innern Stäbchenreihe sich nahe bei den Löchern der Unterlippe der Crista, die äusseren Enden der äussern Stäbchen auf der innern Hälfte der Zona pectinata finden. Auf dieser liegen auch die Reihen der Ganglienzellen. Der ganze übrige Raum ist mit einem Parenchym grösserer dünnwandiger Zellen ange- füllt, und in diesem Punkt zeigt sich Corti’s Arbeit ungenügend. Da er nicht Querschnitte anfertigte, so blieb er über die Höhe des Sulcus spiralis oder, was dasselbe ist, des Raumes zwischen den Membranen der Lam. spir. im Unklaren, und glaub! da nur einzelne Zellen annehmen zu dürfen, wo in der That ein vielfach geschichtetes, von dem Suleus spiral. bis an die äussere Schneckenwand reichendes Lager sich findet. Die Zellen haben 0,006—0,009" Diam., zuweilen finden sich auch kleinere. Ihre Membranen sind äusserst dünn, vollkommen. durch- sichtig, so dass man selten Reste derselben sieht, wenn sie geplatzt sind. Isolirt sind sie rund, in grösseren Massen zusammenliegend platten sie sich gegen einander ab, und zeigen so eine helle Fläche, welche von > 157 sehr feinen und scharfen geraden Linien in eine Menge einzelner Felder - getheilt ist, in denen dann die 0,003’ grossen dunklen Kerne liegen. Die grosse Zartheit dieser Zellen ist die Ursache, dass man sie selten in grosser Zahl auf dem Objeeiträger sieht; ausser grosser Vorsicht bei der Behandlung der Präparate gehört auch Glück dazu. Die Kerne derselben finden sich stets in grosser Anzahl auf frischen Präparaten. Chromsäure macht den dünnflüssigen Zellinhalt gerinnen und runzelt die Membran, wodurch die Zellen so viel Consistenz gewinnen, dass ‘es möglich wird, sie auf stärkeren Querschnitten in situ zu erhalten. Doch werden sie dadurch undurchsichtig und man kann daher auf solchen Präparaten die einzelnen Zellen nicht mehr unterscheiden. > Die Grösse dieser Zellen ändert sich in den verschiedenen Regio- nen der Schnecke wenig, und man findet sie am Hamulus ganz in ‚derselben Beschaffenheit, wie am Anfang der Spiralleiste. Die Zahl der über einander liegenden Schichten hängt aber von der Höhe des Sulcus 'spiralis ab, und ist demgemäss in der Nähe des Vorhofs grösser als am _ Hamulus. Es ist nicht leicht, die Höhe des Sulcus genau zu messen, da die Oberlippe durch den Druck des Messers beim Durchschneiden leicht sich verbiegt. Zudem lassen sich nur in der untern Hälfte der Schnecke Querschnitte der Crista machen. Beim Hund, der Katze, dem Kalb, Schwein und Menschen ist die Höhe des Suleus im Anfang er ersten Windung 0,028— 0,032”. (Die senkrechte, von der Spitze der Zähne auf die Unterlippe der Crista gemessen.) Hier werden also 3—5 Lagen der genannten Zellen über einander liegen. Weiter gegen die Spitze der Schnecke hin wird die Zahl derselben geringer werden, am Hamulus schwerlich mehr als eine derselben vorkommen. Von der Axe gegen die Aussenwand werden bei den genannten Thieren 20— 30 neben einander liegen, bei einem alten Hunde zählte ich 44 der Zona pectinata. _ Die Zellen bedecken von oben her das Corti’sche Organ völlig, so dass man die Stäbchen und Ganglienzellen bei gelungenen Be durch dieselben hindurch sieht. Der Raum, in welchem diese Zellen und das Corti'sche Organ liegen, ist sowohl am Vestibularanfang der Lam. spir., wie am Hamu- Jus, vollständig geschlossen. Ob am letztern Orte die Corti’sche Mem- m an das Periost des Spindelblatts übertrete, also das Helicotrema ‚sehliesse, habe ich noch nicht mit Bestimmtheit nachweisen können, 'indess ist es mir nach mehreren Beobachtungen wahrscheinlich. Ebenso ist es mir in den meisten die Verhältnisse des Cortischen Organes betreffenden Fragen, namentlich bezüglich der Verbindung der Nerven mit dem Cort’schen Organ noch nicht gelungen, mir klare An- ‚schauungen zu verschaffen; nur in folgenden zwei wesentlichen Punkten ‚glaube ich die vorhandenen Beschreibungen verbessern zu können. Die 158 Stäbchen der innern Reihe haben nicht dieselbe Breite, wie die Stäb- chen der äussern, so dass also jedes äussere Stäbchen je einem innern entspräche und eine unmittelbare Fortsetzung desselben bilde. Sondern die Stäbchen der innern Reihe sind etwa um ein Drittheil schmäler (0,002 — 0,003”) als die der äussern (0,003— 0,00&”). Auf diese Weise wird auch die Verbindung der beiden Reihen eine ganz andere, wie sie Corti und Kölliker abbilden. Die Stäbchen, weiche in dem grössten Theil ihrer Länge hohle Röhren sind, platten sich gegen die Verbin- dungslinie hin ab, und sind hier, sowohl seitwärts mit den. neben ihnen liegenden als mit den gegenüberstehenden der andern Reihe in einer zusammenhängenden Platte verbunden. Die Verbindungslinie der Reihen ist nicht gerade, sondern vielfach wirklich unterbrochen, und im Durchschnitt treffen hier zwei Stäbchen der äussern Reihe mit drei Stäbchen der innern Reihe zusammen. Es ist deshalb die Summe der innern Stäbchen einer Schnecke etwa um ein Drittheil grösser, als die der äussern. Das Verhältniss‘ hat sich in allen von mir untersuchten Schnecken (aus der Ordnung der Fledermäuse, Raubthiere, Nager, Pachydermen, Wiederkäuer, Einhufer) constant in derselben Weise ge- funden, und zwar in allen Höhen der Spiralleiste. Nicht mit derselben Sicherheit, aber mit der höchsten Wahrschein- lichkeit lässt sich behaupten, dass die Stäbchen der äussern Reihe mit ihren Aussenenden nicht frei flottiren, sondern auf der Zona peeti- nata festgeheftet seien. — Corti’s Abbildungen der Enden der Stäb- chen stimmen nicht mit seiner Beschreibung überein und man sieht sie nie in dieser Weise. Gewöhnlich liegen sie abgerissen und durch- brochen auf dem Objectträger, da sie sehr spröde sind. Geschah der Riss mehr in der Mitte, so sind die Contouren der Bruchstelle deut- lich und oft findet sich vor derselben ein ausgetretenes Häufchen gru- mösen Inhaltes. Sind sie aber dem äussern Ende nahe abgerissen, so sind die Gränzlinien äusserst fein. Nicht selten findet sich aber eine Erweiterung am Ende des Stäbchens (Fig. 5), welche von einer äusserst feinen Membran gebildet wird. Dies ist das normale Ende desselben, mittelst dessen es auf der Zona pectinata befestigt ist. Auf Quer- schnitten nämlich fand ich das erweiterte Ende in unmittelbarer Be- rührung der Zona, und zwar, so oft ein solches Präparat zur Beobach- tung kam (vier Mal deutlich), stets auf derselben Stelle (Fig. 2). Für einen bessern Beweis dieser sehr schwierig zu eruirenden Thatsache halte ich aber das Präparat, welches in Fig. 3 gezeichnet ist. An die- sem Stücke der Zona pectinata eines Hundes waren die äusseren Stäb- chen in der Mitte durchrissen, die äusseren Enden aber lagen etwa 127 an der Zahl genau in einer Reihe mit ihren erweiterten Extremitäten auf. der Zona unter dem Zellenparenchym. Wäre hier nicht eine Be- festigung vorhanden, so würden dieselben sicherlich verrückt worden 159 sein, weil die Kraft, mit welcher die Stäbchen durchgerissen wurden, edenfalls grösser gewesen sein muss, als das Gewicht der getrennten Enden. Uebrigens ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Stäbchen nach aussen hin frei flottiren, an und für sich sehr gering, denn sie egen nicht, wie Corti annahm, in einem mit Flüssigkeit gefüllten Hohl- raum, sondern sind überall mit Zellen überlagert. — Hoffentlich wird es fortgesetzten Bemühungen gelingen, das einzige beweisende Prä- parat, nämlich eine von allen Zellen entblösste Zona pectinata mit den Die Spiralplatte der Vogelschnecke ist im Wesentlichen der der Säugethiere gleich gebaut. Die beiden Knorpel gehen an den Rän- n, mit welcher sie das Knochenrohr berühren, in das Periost des- elben über, und dieses verdickt sich am blinden Ende der Schnecke Lagena, in welche also die Knorpel aufgehen. An der der Pauken- reppe zugewandten Seite der Spiralplatte befindet sich eine zwischen zwei hervorspringenden Leisten der Knorpel ausgespannte Zona pecti- . In der Substanz des innern (dem Gehirn zugekehrten) Knorpels n die Fascikel des Hörnerven durch Kanäle an die Zona. In der Vorhofstreppe hat jeder Knorpel noch eine andere vorspringende Kante. [on der des innern Knorpels, ‚der ae Gehörzähne trägt Ball der e die Membrana Cortii, hoch in die Vorhofstreppe Be ch der ann Seite hinüber. Sie wird getragen von einem se Me chnecks, zwischen (oder in?) welchen die Otolithen Beet Der ist also der Hauptsache nach derselbe. Abweichend ist nur die ässhaltigkeit der Corti’schen Membran, und der Umstand, dass die tere Membran des Spiralblatts in ihrer ganzen Ausdehnung gestreift t. Von einem Corti’schen Organ habe ich bis jetzt noch keine An- sutung gesehen. Die Zona pectinata zeigt eine Eigenthümlichkeit, die arless der der Säugethiere mit Unrecht zuschreibt, nämlich eine Isolir- irkeit ihrer Streifen. Sie fordert um so mehr zur-Beachtung auf, als im Vogel ein dem der Säugethiere analoges Corti'sches Organ zu hlen scheint. Zur Entschuldigung der fragmentarischen Beschaffenheit der vor- ehenden Mittheilungen möge folgende Bemerkung dienen. Aus meiner alersuchung der Schnecke, die ich den ganzen vergangenen Sommer durch fortgesetzt habe, wollte ich, als ich sie für das Winter- Inester wegen Mangels an Zeit unterbrechen musste, wegen ihrer 160 Lückenhaftigkeit nichts veröffentlichen. ‘Vor Kurzem erschien aber in Müller’s Archiv eine Arbeit von Reissner, welche die Fortschritte, die wir durch Corti-Kölliker’s Bemühungen auf diesem schwierigen Feld der Histologie gethan haben, zu gefährden drohte. Um diesem Ein- flusse entgegenzutreten, glaubte ich meine Notizen veröffentlichen zu müssen. ; Reissner, ‚essen Verdienste um die Entwicklung des Labyrinthes unbestreitbar sind, hat die ausgebildete Schnecke des Säugethieres nur unvollkommen untersucht. So ist seine Behauptung, dass von der Oberlippe der Crista aus Gefässe nach dem äussern Rand der Schnecke verlaufen, für das ausgebildete Labyrinth entschieden falsch. Beim Vogel sind sie bekanntlich in grosser Anzahl vorhanden. Beim Säuger # öffnet sich post partum die Vorhofstreppe in den Vorhof. Auf Seite 423 # wird die Cort’sche Membran als neu entdeckt beschrieben. Die Be- schreibung der im Schneckenkanal liegenden Membran, Seite 425 — 426, würde auf das Corti’sche Organ zu beziehen sein, wenn nicht die Ab-- bildung etwas ganz Anderes zeigte. So ist sie völlig unverständlich. Der Name Schneckenkanal ist für die Lamina spir. membranacea in toto unpassend. Wenn sie auch nach Huschke’s, von Reissner be- stätigter Entdeckung als (doch wohl schon ursprünglich mit Zellen ge- fülltes?) Rohr entsteht, so ist sie in vollendeter Ausbildung eine solide Platte. Für sie wird der bisher nur für einen Theil derselben ange- wandte Name häutige Spirallamelle der richtigste sein, weil die ersten Entdecker in getrockneten Felsenbeinen ohne Zweifel die ganze La- melle beschrieben. Für die untere Membran der Lamina spiralis membranacea schlage ich den Namen Membrana basilaris vor, weil sie die alleinige Stütze. des Spiralblatts abgiebt. Erklärung der Abbildungen. Tafel IX A. Fig. 4. Ein ziemlich dicker Querdurchschnitt durch die Spirallamelle, nahe dem runden Fenster. Vom Schwein. Das Felsenbein hat 48 Stunden in verdünnter Chromsänre gelegen. Man sieht, wie die Lamina spi- ralis membranacea der Membrana basilaris k—i, der Membrana Corti ! und dem Zellenparenchym, in welchem bei o das Corti'sche Organ liegt, gebildet wird. Die einzelnen Zellen lassen sich theils wegen der Dicke des Schnittes, theils wegen der Einwirkung der Chromsäure nicht erkennen, Die hellere Stelle bei n rührt wahrscheinlich von einem während des Schnittes entstandenen Defect im Präparate her. Die Stäb- chen des Corti'schen Organs, welche bei o zu erkennen sind, sind etwas aus ihrer normalen Lage gekommen. Das Epithel der Cortschen 161 wie der Basilarmembran ist abgestreift, nur bei c zeigt sich etwas Epithel auf dem Periost der Paukenhöhlenfläche der knöchernen Zona. a Crista sulcata; b Lamina spiralis ossea; d Periost der äussern Schnecken- wandung; e Ligamentum spirale; / Nervus acusticus; g Loch in der Unterlippe der Crista sulcata, durch welches die Nervenröhren in die Lamina membranacea eintreten; A—k innere ungestreifte Abtheilung der Basilarmembran; k—i Zona pectinata; ! Membrana Corti, nur als feiner Streifen sichtbar; m Zellenparenchym der Lam. membr. In der äussern Hälfte bemerkt man häufig senkrecht auf die Membrana Corti auslaufende Linien, als wenn hier längliche Zellen vorhanden wären; o Corti’sches Organ. 2. Dünner Querschnitt in der Mitte der ersten Schneckenwindung frisch von der Katze. Die äussere Stäbchenreihe sitzt bei / mit erweiterten ID. ‚Enden auf der Zona pectinata auf. Diese Festhaftung habe ich in vier Präparaten jedes Mal in derselben Weise deutlich gesehen. a Mem- brana Corti mit ihrem Epithel; 5 Zellenparenchym; d Verbindungsnaht der inneren und äusseren Stäbchen; e Ganglien des Corii’schen Organs, ihre Stiele ragen nach oben ein wenig hervor; / Ansatzpunkt eines äussern Stäbchens auf der Zona pectinata g. — Bei c war das Präparat ü durch einen nicht dazu gehörigen Körper verdeckt. g. 3. Ein Theil der Zona pectinata "aus den oberen Schneckenwindungen eines Hundes. Frisch. Das Epithel der Zona ist entfernt, man sieht die Zona von unten. Die äusseren Stäbchen a liegen zwischen ihr und dem Zellenparenchym d. In dem Präparate lagen über 42 mit ihren erweiterten Enden b in einer Reihe neben einander; c Ansatz- linie der Zona an das Lig. spirale. 4%. Bruchstück des Cort’schen Organs, Ende der ersten Windung von einer jungen Katze, ganz frisch untersucht, «a Aeussere Stäbchen, c innere. Bei b die unregelmässig gebrochene Verbindungsnaht. Man "sieht den verschiedenen Breitendurchmesser der beiden Stäbchenreihen. Vor den Bruchenden der äussern Stäbchen liegt ein wenig aus den- selben hervorgetretene krümelige Masse d. ö ‚Stäbchen der äussern Reihe mit ihren erweiterten, dünnwandigen äusseren Enden. Von einem alten Hunde. Simmtliche Figuren sind bei 350maliger ‚Vergrösserung gezeichnet, ehr. f. wissensch. Zoologie. VII. Ba. 4 Beitrag zur Entwicklungsgeschichte eines Cephalophoren. Ein Schreiben von €. Vogt an Dr. Gegenbaur in Würzburg. . Mit Tafel X. Ich -erfahre so eben durch Freund Kölliker, dass Sie sich mi einem grössern Werke über Pteropoden beschäftigen, in welchem auch die Resultate Ihrer Untersuchungen über Entwicklungsgeschichte nieder- gelegt werden sollen. Kölliker bestätigt mir, nach Ansicht meiner Zeich- nungen, dass Ihre Beobachtungen wesentlich von den meinigen ab- weichen, und er ermuntert mich, meine Untersuchungen sobald als möglich zu veröffentlichen. Es bedürfte indessen zu ihrer Ausführun noch specieller Studien über die Anatomie der Pteropoden, zu welchen mir Zeit und Material fehlt. Da Sie diese Studien gemacht haben un ich nicht liebe, meine Bröcklein mit fremder Sauce aufgewärmt al frisches selbstgemachtes Ragout aufzutischen, so ziehe ich es vor, Ihnen eine Reihe von Zeichnungen zuzusenden, deren Erklärung ich beifüge, es Ihnen überlassend, die Beziehungen derselben zu Ihren Beobach- tungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte in’ Einklang zu bringen. N Das Material zu meinen Beobachtungen bestand aus zwei gelati- nösen, durchsichtigen, abgeplatteten Eischoten von 8 Millimeter Länge, die mir zufällig am 4. December 1851 in das Netz kamen. Später, am 26. Januar, fand ich noch eine dritte Eischote, aus welcher die vierte Figur entnommen ist. Sie ging durch einen Zufall zu Grunde, ohne dass ich die weitere Entwicklung beobachten konnte. Sämmt- liche Figuren sind unter der Schiek’schen Linsencombination 4, 5, 6 Bus ne 22a. nen 163 mit dem aplanatischen Ocular o, mittelst der Gamera clara gezeichnet, und wie Sie aus den beigefügten Daten ersehen, stellen sie eine Ent- vicklungsreihe von 46 Tagen dar. Die Eihüllen, welche bei den Figuren 2—40 sich finden sollten, habe ich aus Raumersparniss weg- gelassen. Die Figuren 44, 42 und 43 stellen freigewordene Embryonen oder Larven vor, Einige Tage nach der Sprengung der Eihüllen star- ben alle Larven weg, so dass ich ihre weitere Entwicklung nicht beob- en konnte, Fig. 2 u. 3. Profil- und Rückenansicht des jüngsten Stadiums, velches mir zur Beobachtung kam. Der Körper des Embryos besteht aus zwei Substanzlagen, einer äussern mehr durchsichtigen, und einer ern gelblich schimmernden, die in mehrere Klumpen zerfällt ist. n sieht deutlich die Ruder, den Fuss, der sich zu erheben beginnt, und einen zapfenartigen Fortsatz, der von einer kegelföürmigen Schale umhuüllt ist, die concentrische Reifen zeigt. Unter dem Bade beginnt die Bildung eines Raumes, der sich zum Ohrbläschen umgestaltet. Die ilung der inneren Massen erzeugt in der Mitte des Leibes eine Art oder Spalte, die ich auch bei Acteon gesehen und in der Ab- dlung darüber fente mamellonnaire genannt habe. Die Embryonen rehen langsam in der Eihülle. Die Figg. k, 5 u. 6 zeigen in Profilansichten die stufenweise Aus- ung der Räder, des Ohrsackes, des Fusses und der inneren assen, so wie die allmähliche Rückbildung des stielartigen Körper- rtsatzes, der in die Schale hineinreichte. Diese wird allmählich cker und lose, und gänzlich abgeworfen, schwimmt aber bis zum de der Eientwicklung in der Eiflüssigkejt umher, wobei sie von en Wirbelbewegungen bald da, bald dorthin geschleudert wird. In ig. 8 u. 9 habe ich einige solcher Stellungen der abgeworfenen Schale jeigefügt. Was in dem Zeitraum, der von Fig. —6 eingeschlossen ‚ noch besonders auffällt, ist die starke Entwicklung der Wimper- f e an den Rädern, die in beständiger Bewegung sind. Die Em- bryonen drehen mit so unbändiger Schnelligkeit, dass die Beobachtung erschwert wird, und die Festhaltung ihrer Formen wird noch ieriger durch die Ausbildung einer Leibeshöhle. Die inneren, gelb- ich gefärbten Massen concentriren sich mehr und mehr; die helle Sub- verdichtet sich in der Peripherie und so bildet das Innere des F nach und nach einen grossen Hohlraum, der von einzelnen j en, den Sehnenbalken des Herzens äbnlich, durchzogen wird und dig antagonistische Contractionen zeigt. Wenn sich Fuss und ‚ wie in Fig. 6 ausdehnen, zieht sich die entgegenstehende Leibes- ein und umgekehrt, Diese wechselnden Aufblähungen, die ein en Herschwemmen der innern Körperflüssigkeit bedingen, danern on „1% 164 auch noch nach der Entstehung des Herzens fort und dienen haupt sächlich, wie mir scheint, zur Sprengung der Eihülle, iR Schon in Fig. 6 erblicken Sie auf der Mitte der obern Fussfläche eine Erhebung, die in Fig. 7 sich als eine doppelte zeigt, und schon eine dreieckige Form angenommen hat. Wie Sie sich aus den folgen- den Figuren überzeugen können, sind diese Erhebungen der mitllern Fussfläche die Rudimente der Flügel, die sich mehr und mehr von denı Fusse absondern und gegen Ende des Eilebens schon in meist lebhaft schwingender oder zitternder Bewegung sind. Sie werden sich leicht überzeugen, dass diese Flügel unabhängig von den Rädern entstehen, dass sie eine specielle Ausbildung des Fusses darstellen, ähnlich wohl den seitlichen Lappen, womit die Porzellanschnecken ihr Haus zu über- ziehen pflegen, und dass demnach unbedingt die Flügel der Ptero- poden als Theile des Fusses angesehen werden müssen. Fig. 7 ist eine fast reine Profilansicht. Fig. 8 dreiviertel Knkioh von vorn. Fig.9 Ansicht von der unteren Bauchfläche her, bei empor- &geschlagenem Fusse, so dass die erhobenen Flügel die Räder decken. Man sieht in der Tiefe an der Basis des Fusses den Mund. Besonders mache ich Sie nuch aufmerksam auf einen dunklen Körper ©, der in der Tiefe des Körpers unter dem Darm liegt und zuletzt eine fast drei- eckige Gestalt annimmt. Ebenso auf mehrere seitliche Vorsprünge, deren einer sich etwa in der Leibesmitte, ein anderer mehr unten auf der entgegengesetzten Seite sich befindet, und mehrere grosse Zellen im Innern des Fusses. Fig. 40. Bauchansicht eines Embryos, der Räder und Flügel be- sonders aufgeblasen hat, um die Eihülle zu sprengen. Der Fuss ist heruntergeklappt, so dass man den Mundeingang und den muskulösen Schlund sieht. Das Herz zeigte 73 Schläge in der Minute. Fig. 44. Ein freier Embryo von der Rückseite aus. Durch die schon schwindenden Räder hindurch sieht man den Fuss und die Flügel. An dem untern Ende des Körpers hat sich eine Art Wimperkranz ent- wickelt; ebenso stehen Wimperbüschel an den Seiten. Fig. 12. Profilansicht eines ältern Embryos, der schon mehr durch Schwingen der Flügel, als durch die Wimperbewegungen der Räder des Körpers schwimmt. R Fig. 13. Gleichalteriger Embryo von vorn gesehen. Der Fuss ist nach oben in die Höhe gerichtet und die Räder stark zusammengezogen. Mit Ausnahme ‘von Creseis, von welcher zwei Arten, eine lange schmale und eine breite kurze, in Nizza oft schaarenweise vorkommen, sind Pteropoden dort selten. Cymbulia, Hyalea, Pneumodermon kom- men nur in einzelnen Exemplaren vor; welcher von diesen Gattungen werden nun die beschriebenen Embryonen angehören? Creseis dürfte es nicht sein, denn diese legt, wenn meine Noten richtig sind, ihre 165 an die innere Fläche‘ des Schaleneinganges, und zudem. scheint s mir sonderbar, dass ein beschalter Pteropode die Embryonalschale vürfe und eine Zeit lang schalenlos umherschweifte, um später eine eue sich umzubilden. ‘So bliebe denn nur Pneumedermon übrig, was mit Ihren und Müller’s Beobachtungen nicht zu stimmen scheint. Erklärung der Abbildungen. a Räder; b Flügel; ce Fuss; d Ohr; e Schale; f Mund; g Schlund; h Magen; Darm; % After; ! Herz; m fente mamellonnaire; n Körperfortsatz; = dunk- r Körper. 6 enf, den 20. September 1854. Nachschrift von In €. Gegenbaur. . Prof. Vogt hatte die Güte, mir im verflossenen Herbsie die rstehende höchst interessante Entwicklungsgeschichte' eines für einen eropoden gehaltenen Thieres mitzutheilen, um die von ihm gemachten öbachtungen mit den meinigen über Pteropoden-Entwicklung in mög- ‚Einklang zu bringen, mit dem dankenswerthen Zugeständnisse, en bei einer Veröffentlichung meiner Arbeit im gegebenen Falle benutzen. Der Hr. Verfasser glaubte die in Rede stehenden Larven zur Gattung :umodermon zählen zu müssen, und eine solche Deutung lag in der auch nahe, da einerseits damals (4851) noch nichts von dem ab- henden Entwicklungstypus des Pneumodermon, oder überhaupt Glioideen bekannt war, und andererseits die mächtigen zu beiden en des Kopfes aus dem Fusse sich herausbildenden Flossen den /pus der Pteropoden, und zwar bei dem frühen Verluste der Schale, der nackten in eclatanter Weise zu repräsentiren scheinen. ie erste von Hrn. Vogt in den Bildern aus dem Thierleben ge- ne Mittheilung der Entwicklung erregte in mir mancherlei Bedenken gen die Pferopodennatur des Thieres, von dem die zu Nizza auf- chten Eischläuche stammten, und ich‘ konnte die in jenem Buche childerte Bildung so wenig mit den von mir gesehenen Verhältnissen 166 A der Pteropoden-Entwicklung in Uebereinstimmung bringen, dass ich die beschriebene Lärvenform in den Typen einer andern Ordnung der Gephalophoren zu suchen mich veranlasst sah, und glaubte ich denn gar bald eine Familie gefunden zu haben, bei welcher sich ohne Zwang und mit grosser Wahrscheinlichkeit die Flügellarven von Nizza unter- bringen liessen. # Noch mehr bestärkt wurde meine Vermuthung bei dem Empfängd der Abbildungen (s. die vorstebender Mittheilung beigegebene Tafel)’ jener Entwicklungsreihe, und ich erlaube mir jetzt die Gründe, durch die ich bestimmt wurde, jenen Larven eine andere Deutung zu geben, hier aus einander zu setzen. Wenn wir die gegebene Darstellung auf die Entwicklung eines Pteropoden beziehen, so kann nur die Familie der Clioideen, wie auch Hr. Vogt schon darlegte, hiebei in Betracht kommen, denn die Larve verliert schon sehr früh ihre Schale, und stellt demnach im erwach- senen Zustande einen nackten Pteropoden vor. Die Hyaleaceen und Cymbulieen können wegen des Besitzes einer Schale nicht bier ange- # zogen werden; wollte man aber dennoch die letztere Familie berück- sichtigen, weil ihre Schale eine innere und von der äussern der Hya- leaceen morphologisch und genetisch verschieden ist, so können diesem zwei Punkte als Einwand entgegengesetzt werden; der erste betrifft 7 die Anordnung der Eingeweide, die bei den Cymbulieen in einen engen "F spindelförmigen Sack (dem sogenannten Nucleus) verpackt sind, wäh- ” rend sie bei unseren Larven in einer geräumigen Leibeshöhle liegen; der zweite Differenzpunkt findet sich in dem Verhältnisse der Flossen # zur Mundöfoung. Ich habe in meiner Abhandlung über die Ptero- poden (Untersuchungen über die Pteropoden und Heteropoden, ein Bei- trag zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte dieser Thiere. 4855) zu zeigen gesucht, dass bei diesen Thieren, und namentlich bei den ° Cymbulieen die Mundöffnung nach vorn zu noch von den Flossen um- zogen wird, so dass sie gewissermassen noch innerhalb derselben sich findet, und führte diess als einen Gegengrund gegen die Annahme an, welche die Flossen der Pteropoden als seitliche Ausbreitungen des Fusses erscheinen lässt. Nun ist aber bei den Flügellarven von Nizza die Mundöffaung deutlich oberhalb des Fusses und durch eine die beiden Lappen verbindende Brücke von ihm geschieden angebracht (Taf. X, Figg. 9, 10,43 f), zeigt sich somit ganz verschieden, als es bei Cymbulia oder Tiedemannia der Fall ist. | Nach Elimination der Cymbulieen verblieben noch die Clioideen, bei welchen dann folgende Fragen aufzuwerfen wären: 1 4. Stimmt die Entwicklung dieser nackten Pteropoden mit jener der Flügellarven von Nizza überein oder zeigt sich schon hierin eine typische Verschiedenheit ? 167 2%. Was lässt sich aus dem Baue der Glioideen für die Bestim- g der Flügellarven ableiten? Die Beantwortung beider Fragen dürfte sich in Folgendem cr- nm: Der Entwicklungstypus von Pneumodermon, dem sich noch eine bachtung von Troschel (Archiv für Naturgeschichte. 41854, 2. Heft) Clio (Cliopsis Krohnii Trosch.) anreihen wird, ist völlig ver- £ :bieden von jenem durch die Flügellarven von Mira repräsentirten, Die Larven der Clioideen sind mit drei Wimperkränzen versehen, sen und Fuss sprossen unabhängig von einander, als von An- beginn selbstständige Theile hervor, während bei den Flügellarven die Flossen unzweifelhaft aus einem seitlichen. Auswachsen des Fusses ihren Ursprung nehmen, und die Larve selbst in ihrer Gestaltung durch den Besitz eines Wimpersegels und einer Schale an den Ga- stropodentypus (im engern Sinne) sich anreiht; es hätten demnach beide Entwicklungstypen in dieser Hinsicht mit einander keine Ge- meinschaft. 0 Wichtige Verschiedenheiten ergeben sich aber ausserdem noch bei einem Vergleiche des Baues älterer, nur noch mit dem rückgebildeten, schon verkümmerten Segel versehenen Flügellarven, mit der Organisa- ion der ausgebildeten Clioideen. Der Fuss der Larve ändert im Laufe ‚der Entwieklung immer mehr seine Bedeutung, indem er sich nach beiden Seiten hin in breite Lappen ausdehnt, die an jener Stelle, wo der !uss ursprünglich hervorkam, mit einander wie durch eine Brücke in Verbindung stehen, die Flossen gehören gänzlich dem Fusse an; ausser esen Flossen existirt noch ein kurzer, aus der Verbindungsstelle der Flossen sich erhebender Fortsatz, der als unpaares Mittelstück des Fusses zu betrachten ist. Anders verhält es sich mit den Clioideen; diese sind allesammt mit einem deutlichen, vorn an der Bauchfläche zwischen bei- den Flossen entspringenden Fusse versehen, der eine Hufeisenform be- sit, nach hinten häufig noch in einen zipkelisen Fortsatz sich verlängert mit den Flossen durchaus keine Verbindung nachweisen ‘ lässt; ferner, vor den Flossen und vor dem Fusse besitzen die Clioi- _ deen immer einen ausgebildeten, in seiner Mitte mit der Mundöffnung henen Kopf, der Mund ist demnach weit vom Fusse und entfernt den Flossen angebracht, während bei den Flügellarven von einem Kopfe kaum eine Andeutung vorhanden, und die Mundöffnung dicht oberhalb der zu zwei Flossen ausgedehnten Füsse zu finden ist, Der Darmkanal der Flügellarven zeigt eine Blindsackbildung, niemals aber der Darmkanal der Clioideen, die Aftermündung der Flügellarven ist weit hinten am Körper, die der Clioideen weit vorn in der Nähe ‚der Flossenbasis. Im Zusammenhalte dieser aus der Morphologie der Flügellarven 168 und Clioideen entnommenen Thatsachen, wird nun zur Genüge her- vorgehen, dass diese merkwürdige Larvenform auch in keine Be- ziehung zu den nackten Pteropoden gebracht werden könne, dass somit auch die letzte Stütze fällt, welche die Stellung der in Frage stehenden Larven bei den Pteropoden zu erhalten schien. Natür- licherweise ist eine Folgerung von der Flossenbildung bei den Flügel- larven auf die Entstehung und Bedeutung der Pteropodenflossen nun- mehr unstatthaft. j Nachdem wir auf analytischem Wege nun zu einem Ausschluss der ganzen Ordnung der Pteropoden gelangt sind, so erübrigt nur noch die Betrachtung der Gastropoden, unter welchen sich unsere Larven mit grösserer Währscheinlichkeit unterbringen lassen. Betrachtet man die Entwicklungsweise der Flügellarven, so sieht man, dass das Charakteristische derselben hauptsächlich ‘auf die Bil- dung seitlicher Verbreitungen des Fusses gerichtet ist, welche als Flossen zu funetioniren haben. Das ausgebildete Thier wird demnach mit aller Wahrscheinlichkeit einem solchen Typus der Gastropoden angehören, in welchem der Fuss in seitliche Schwimmlappen verlängert ist; das Thier wird ein schwimmendes sein. Diese Bildung des Fusses ist nun in ausgeprägter Weise der Fall bei der Familie der Acera oder Bullida, unter welchen einige Ge- nera mit deutlichem Schwimmfusse versehen sind, so dass wir uns nur die Flossen der Larven im Verhältniss zur Körpergrösse in zu- nehmender Entwicklung vorzustellen brauchen, um eine ausgebildete Form zu erhalten, die etwa mit Doridium oder Gasteropteron !) die grösste Aehnlichkeit besitzt. Beide sind schalenlos, sie müssen deshalb nach Analogie anderer nackten Gastropoden schon im Laryven- zustande ihr Gehäuse verloren haben; in beiden Gattungen sind weit ausgedehnie Seitenfortsätze des Fusses vorhanden, die als Flossen zu wirken im Stande sind, also Verhältnisse, die mit der Entwieklungs- weise der Flügellarven im Einklange stehen. Während der Mangel einer Zunge bei den Larven zu Gunsten von Doridium verwerthet werden könnte, so ist doch bei der Möglichkeit, dass dieses Organ in einem spätern Stadium seine Entstehung nimmt, die grössere Wahrscheinlichkeit für Gasteropteron, eine Wahrschein- lichkeit, die sich vorzüglich auf die Form der beiden Flossen (vergl. Fig. 40) begründen lässt, denn bei Gasteropteron und den Flügellarven ist der eigentliche Fuss auf Kosten der Flossen nur wenig entwickelt, er ist in ein anderes Organ umgebildet und gleichsam darin auf- ') Gasteropteron Meckelii findet sich nach Verany (Catalogo degli animali in- - vertebrati marini del Golfo di Genoya e Nizza) an der Nordküste des Mittel- meeres. 169 gangen, indess Doridıum den Kriechfuss, ungeachtet der seitlichen breitung, deutlich wahrnehmen lässt. Wenn ich auch weiss, dass der Hauptbeweis über die Abstam- g der Flügellarven immer noch zu führen ist, und nur durch irecte Beobachtung ermittelt werden kann, ob den besprochenen Lar- en wirklich die Stellung zukomme, welche ich ihnen zu vindiciren ver- uchte, so bleibt doch so viel gewiss, dass sie der Pleropoden - Ordnung, welcher Familie auch immer, nimmermehr beigezählt werden dürfen. ı wiefern meine freilich nicht unbegründete Vermuthung, dass aus u Flügellarven Gasteropteron hervorgehe, sich bewahrheitet, werden ältere Untersuchungen der Brut dieses Thieres zu zeigen haben. Kleinere Mittheilungen und Correspondenz Nachrichten. Ueber die Schwimmblase des Oligopus ater Riss, Aus einem Schreiben des Prof. Filippo de Filippi in Turın an A. Kölliker. Unter dem unpassenden Namen Oligopus ater beschreibt und zeichnet Risso in seiner «Ichthyologie de Nice» (pag. 442, Fig. 41) einen kleinen Fisch des Mittelmeeres ab, welcher wahrscheinlich sonst von Niemand gesehen worden ist, indem Alle, die seither von den Fischen des Mittelmeeres gehandelt haben, denselben mit Stillschweigen übergehen. ; Vor Kurzem erhielt ich ein Exemplar dieses seltenen Fisches in Alkohol, und ergriff ich gerne diese Gelegenheit, um mir durch eine Zergliederung über die Stellung desselben im System eine Anschauung zu verschaffen. Hierbei ergaben sich sehr eigenthümliche Verhältnisse zwischen der Schwimmblase und dem Skelett, welche einer vorläufigen Mittheilung nicht unwerth sind. Die einfache und ovale Schwimmblase nimmt das vordere Dritttheil der Unterleibshöhle ein, entbehrt eines Ausführungsganges und besitzt eine sehr dicke Wand, die vorzüglich aus einer aus parallelen, wellenförmigen Fibrillen gebildeten sehnigen Haut besteht. An ihrem vordern Ende trägt dieselbe jeder- seits eine kleine Hervorragung oder ein Horn mit noch dickeren und undurch- sichtigeren Wänden, von welcher drei Muskeln ausgehen, von denen der erste nach vorn und oben gerichtete an das Os occipitale laterale und der zweite a Ende etwas verbreiterte an den obern innern Theil des Scapulare sich ansetzt, während der dritte nach unten gerichtete mit dem innern Theil des Beckenknochen sich vereint. Alle diese Muskeln sind willkürliche, d. h. aus quergestreiften Muskelfasern gebildete und ist es einleuchtend, dass dieselben durch ihre Con- traction die Schwimmblase gegen den Kopf ziehen, in welcher Action sie noc) durch die Bewegung der seitlichen Flossen unterstützt werden müssen. Hiermit ist jedoch das Anatomische der Schwimmblase des Oligopus ater noch nicht erschöpft, vielmehr findet sich noch am Körper des vierten Wirbels auf jeder Seite ein kleiner knöcherner Bogen, der, indem er seine Convexitä 171 nach oben wendet, am innern Ende durch Bänder mit dem Wirbel sich ver- eint, während sein äusseres Ende mit der kleinen vordern Hervorragung der Schwimmblase sich verbindet, an welcher auch die vorhin erwähnten Muskeln befestigt sind. Aehnliche Verhältaisse wie bei Oligopus ater bieten nur noch die Abthei- lungen der Ophidini und Gadidi dar!). Alle Fische der ersten Familie und einige der zweiten besitzen einen muskulösen Apparat, welcher die Schwimm- se gegen den Kopf zieht, doch sind die Skeletttheile, an welche diese Mus- eln sich anheften, bei den verschiedenen Arten und Gattungen verschieden, enn während dieselben bei Ophidium barbatum und Broussoneti (Mall.) von _ den hintern Theilen des Schädels ausgehen, ist bei Ophidium Vassalli das Pflug- scharbein ihr Vorsprungspunkt, während es bei Gadus morrhua die Querfortsätze der ersten Wirbel sind (Delaroche, Annales du Museum, T. 4#). Die Opbidien bieten auch eine grössere Complication in der Art dar, dass bei ihnen jederseits zwei {nochenfedern von der Wirbelsäule zur Schwimmblase gehen. Nach J. Müller firkt dieser Apparat in der Art, dass die Schwimmblase vorn an den Seiten von Wirbelfortsätzen festgehalten wird, und dass die Muskeln die vordere Wand er Blase von dem fixirten Theil entfernen, ungefähr so, wie wenn man mit iner Hand den Hals einer Flasche festhält und mit der andern Hand einen jopfen aus dem Hals der Flasche auszieht (l. c. pag. 170). Bei Oligopus ater werden die Knochenfedern der Ophidien durch die oben rwähnten knöchernen Bogen dargestellt, nur wirken dieselben hier blos durch Blastieität und ziehen die Blase zurück, wenn sie durch ihre Muskeln vor- 'reten war. Das hier Mitgelheilte, verbunden mit der ziemlich genauen Beschreibung n Risso zeigt, dass der besprochene Fisch nichts mit der Gattung Oligopus hacepede gemein hat, vielmehr zu den Gadidi in die Nähe von Brotula ge- Verany und ich werden denselben in einer Abhandlung tiber einige Fische ss Mittelmeeres unter dem Namen Gadopsis beschreiben. urin, den 25. November 485%. #1) Man vergl. besonders J. Müller in Abbandl, der Berliner Akad. 4833. 172 Ueber die Mikropyle der Fische. Aus einem Sendschreiben des Professor €. Bruch in Basel an €. Th. v. Siebold. Mit Tafel IX 2. Schon vorigen Winter ging ich, wie Sie wissen, mit dem Gedanken um, auf unserer Anatomie eine kleine Fischzüchterei anzulegen, die jedoch nicht zu Stande kam, da wir kein laufendes Wasser besitzen. Eine künstliche Vor- richtung bewährte sich nicht, und im vorbeifliessenden Rheine dieselbe an- zulegen, rieth man mir ab, weil bei Regengüssen das Wasser sich trübt und dıe Eier zu Grunde gehen. Da die Befruchtungsversuche aber zwei Mal wöchentlich fast vor meinen Fenstern ausgeführt werden, mir überdies jeder Zeit Eier aus verschiedenen Stadien zu Dienst stehen, so habe ich vorläufig jenen Plan aufgegeben und mir von den Fischern befruchteie Eier verschafft, die sich immerhin einige Tage frisch erhalten lassen. Meine Untersuchungen sind noch nicht sehr weit gediehen, ich glaube jedoch, dass schon namentlich mit Rücksicht auf die neuere Befruchtungstheorie und die Gontroverse über die An- _ wesenheit einer Mikropyle, eine Beobachtung von Interesse sein wird. Dieselbe ist ausser bei Salmo fario auch bei $. salar constatirt. Es betrifft die Existenz einer Oeffnung in der Eihaut, die zwar mikroskopisch, und von winzigem Durchmesser, aber dennoch mit freiem Auge von mir zuerst be- merkt wurde. Hält man ein reifes oder frisch befruchtetes Forellenei, nament-, lich wenn es einige Stunden im Wasser gelegen, auf der flachen Hand so gegen das Licht, dass der Embryonalfleck dem Beobachter zugekehrt ist, so bemerkt man eiwa A—1Y,”' von demselben entfernt, auf irgend einer Seite eine punkt- förmige Vertiefung, einem trichterförmigen Eindruck vergleichbar, die einen Schatten wirft und daher weniger durchscheinend ist. Oeffnet man das Ei und breitet das betreffende Segment der Eihaut, nachdem man ohne Zusatz von Wasser, welches die Eiflüssigkeit gerinnen macht, mittelst eines Pinsels die an- hängenden Contenta des Eies entfernt hat, auf einer Glasplatte aus, so üiber- zeugt man sich schon bei schwächerer, am besten bei 350maliger Vergrösserung, durch successive Veränderung des Focus leicht, dass die mit freiem Auge wahr- nehmbare Vertiefung in der That der trichterförmige Eingang eines Kanals ist, der die Eihaut in gerader oder etwas schräger Richtung durchbohrt und un- mittelbar in die Eihöhle mündet. Man erkennt die Stelle an dem spiegelnden Hofe, der die Oeifnung umgiebt und sie von dem gleichmässig chagrinartigen Ansehen, welches die Eihaut bei stärkerer Vergrösserung darbietet, unter- scheidet. Das Bild ist jedoch verschieden, je nachdem die äussere oder innere Oefinung des Kanals dem Beobachter zugekehrt ist. Die äussere Mündung zeigt sich bei 3k0maliger Vergrösserung, wie erwähnt, als einfacher Trichter, der sich allmählich verjingt und ungefähr in der Mitte des Kanals die grösste Ver- engerung darbietet (Fig. 3); nach innen erweitert sich derselbe wieder und fi 173 endigt ziemlich scharf ausgeschfitten. Die innere Mündung erscheint daher als ein kreisförmiger Ausschnitt der chagrinartig getüpfelten Eihaut, in dessen Mitte die engste Stelle des Kanals, von dunkeln Rändern begrünzt, aufschwillt (Fig. #). Bei schwächerer Vergrösserung erscheint der dunkle Contour des Kanals ais blosser schwarzer Punkt in dem lichten Ausschnitte, der die eine Trichteröffnung bildet, wie es Fig. 4 und 2 bei 480maliger Vergrösserung und successiver An- näherung der Objectivlinse dargestellt ist. Der helle Hof, welcher bei Fig. A noch die Trichteröffnung selbst umgiebt, ist rein optisch, von der unvollstän- digen Einstellung des Focus bedingt; bei Fig. 2 befindet sich die Fläche des ausgebreiteten Eihautstückes schon etwas diesseits desselben. Bei Fig. 3 befindet sich die Mitte des Kanals im Focus, bei Fig. 4 genau die innere Mündung des- selben. In allen Fällen ist es unerlässlich, mit dem Focus den ganzen Kanal zu durchwandern, um zur klaren Einsicht zu gelangen und sich von der Existenz der Oeffnung zu überzeugen. Was die Weite desselben betrifft, so beträgt sie an der innern Mündung 0,003—4#”', an der engsten Stelle des Kanals (Fig. 3) aber gewiss kaum 0,001”. Die Zeichnungen geben die Grössenverhältnisse ziem- lich gut an, stehen aber weit hinter der Schönheit des’Bilds in natura zurück, das wahrhaft frappant ist, und sehr unvollkommen ist namentlich das chagrin- artige Anselien der Eihautflächen wiedergegeben. Wenn Ihnen Eier zur Hand sind, werden Sie dieselben durch einen geübtern Zeichner leicht ersetzen lassen können. Ich brauche nicht hinzuzufügen, dass sich diese sonderbare Bildung an allen Eiern der Forellen ohne Ausnahme findet, dass jedes Ei nur eine einzige Oeffaung besitzt, und dass sie mithin als eine typische und charakteristische Bildung anzusehen ist. Ihre Stelle variirt indess einigermassen in Bezug auf den Embryonaifleck, so jedoch, dass sie in einem Umkreis von etwa 2’ stets an- getroffen wird. Nie traf ich sie unmittelbar über oder in der Mitte desselben, öfter aber noch in seinem Bereiche; am häufigsten 1” davon entfernt. Am besten thut man immer, sie erst mit seinem Auge bei durchscheinendem Lichte aufzusuchen, was besonders bei frischen, klaren Eiern selten vergeblich ist. Bei Salmo salar, dessen Eier dunkler und mit zahlreicheren und grösseren Fett- tröpfchen angefüllt sind, gelang mir der Nachweis jedoch nur, indem ich die Ei- haut Stück für Stück unter dem Mikroskop durchmusterte, und so mag es auch bei anderen Fischen sein, bei denen das freie Auge Nichts wahrnimmt. In der Literatur habe ich mich, wie gesagt, vergeblich nach Angaben um- gesehen, welche hierher zu ziehen wären; namentlich findet sich bei Vogt (Em- bryologie des Salmons) keine Andeutung davon. Auch was Lereboullet (Annal: des sciences nat. 485%, T.T, pag. 240, 242, 245) von seinen ‘Poren (tubes mi- eroscopiques) sagt, welche die äussere Eihaut beim Hechte und Barsche durch- bohren und zur Wassereinsaugung dienen sollen, bezieht sich ohne Zweifel nicht hierauf, sondern auf die chagrinarlige Oberfläche der Eihaut. ' Dagegen erwähnt C. E. von Baer (in seinen Untersuchungen über die Entwicklungs- geschichte der Fische. Leipzig 1835, S. 9) einer trichterartigen Einsenkung der äussern Eihaut bei Cyprinus Blicca, welche sich über dem Keim befinden soll (wie Fig. 4 daselbst abgebildet ist). Mit einer feinen Nadelspitze konnte v. Baer in den Trichter eingehen, «dessen Spitze beinahe die Dotterkugel erreicht.» Durch die Wassereinsaugung ver- schwinde diese Bildung schon nach zwei Stunden. Von einer Oeffaung oder einem Kanale in der Eihaut spricht v. Baer nicht, auch stimmt es nicht‘ zu meiner Beobachtung an der Forelle, dass der Trichter sich"tiber dem Keime befindet, und dass er durch Wassereinsaugung verschwinden soll. Ich finde 174 die Bildung mit freiem Auge bei der Forelle sowohl an befruchteten, als an unbefruchteten Eiern; bevor sie ins Wasser gelangt sind und wenn sie Tage lang darin gelegen haben, ja sie wird deutlicher, wenn die Eihaut aufgequollen ist und es ist gut, die Eier einige Zeit in Wasser zu legen, um sie zu finden, Auch passt v. Baer’s Erklärung nicht dazu, der sie vom Hervordrängen des Keimbläschens ableitet, wodurch die Ablagerung des Eiweisses liber dem Keime gehindert und dass eine dünnere Stelle der Eibaut bedingt werde, die beim Aufquellen anfangs zum Trichter einsinke, durch die fortschreitende Aufsaugung aber wieder ausgeglichen werde. Gleichwohl möchte ich die Vermuthung »icht abweisen, dass beide Bildungen verwandt sind, und bedaure nur, dass mir dermalen keine Karpfeneier zu Gebote stehen, um mir hierüber Gewissheit zu verschaffen. Ueber die organologische Bedeutung dieser neuesten «Mikropyle» will ich mich vorläußg nicht weiter auslassen. Sie werden begreifen, dass ich mir viele Mühe gegeben habe, über das «Eindringen der Spermatozoen in das Fischei» ins Klare zu kommen. Allein ich muss bekennen, dass meine Bemühungen bis jetzt fruchtlos waren, und dass ich auch nicht absehe, auf welche Weise bei der Grösse der Forelleneier und der eminenten Kleinheit der Spermatozoen der Fische der Beweis zu führen wäre. Um durch blosse Einstellung des Focus das Eindringen der Spermatozoen zu sehen, fand ich die Eier zu dunkel, zu gross und zu ungeschlaeht. Dass die Spermatozoen aber, die man in der Eiflüssig- keit des geöffneten Eies öfter kurz nach der künstlichen Befruchtung noch in Bewegung trifft, Nichts beweisen, versteht sich von selbst, wenn man das Ge- wimmel um das Ei herum gesehen hat. Vielleicht sind Andere oder ich selbst in dieser Hinsicht noch glücklicher, Bis jetzt habe ich ein Eindringen von Spermatozoen weder durch den beschriebenen Kanal, noch an anderen Stellen der Eihaut, überhaupt nicht wahrgenommen. Die Analogie des Säugelhier- und Froscheies ist der Annahme einer thierischen Mikropyle nicht günstig. , Was Bischoff, v. Hessling und ich selbst bei den Najaden beobachtet haben, ermun- tert nicht sehr zu neuen Hypothesen, Es fragt sich daher, was sich sonst aus jener eigenthümlichen Bildung machen lässt. In dieser Beziehung bieten sich kaum bessere Haltpunkte; von einem Stiele, an welchem das Ei im Eierstocke befestigt wird, wie bei den Najaden, ist bei den Fischen Nichts bekannt. Rathke sagt zwar (Entwicklungsgeschichte des Blen- nius viviparus, S. 4), dass das Ei dieses Fisches, nach dem Zerplatzen des Kel- ches, «noch einige Zeit durch einen kurzen Stiel, der als eine Verlängerung des Kelchstieles anzusehen sei, und durch den früher einige Blutgefässe in das Ei eindrangen, mit dem Grunde des Kelches zusammenhänge»; allein an den Eierstockseiern der Forelle habe ich Nichts der Art finden können und nie sah ich hier Blutgefässe mit dem Ei selbst zusammenhängen, noch einen Stiel oder «eine warzenartige Erhöhung» am Eie, Die Möglichkeit, dass Spermatozoen durch eine präexistirende Oeflnung im Eie in das Innere desselben eindringen, wird man nicht abweisen können, und es darf hervorgehoben werden, dass die Wände dieser Oeffnung bei der Forello und dem Hechte genau mit der Grösse der Spermatozoenkörper bei diesen Thie- ren übereinstimmt. Auch bei den Najaden, wo notorisch eine viel weitere Oefl- nung vorhanden ist, ist diese Möglichkeit nicht widerlegt, so lange das Ein- dringen derselben auf anderem Wege nicht nachgewiesen ist, und muss um so mehr im Auge behalten werden, je mehr man geneigt scheint, ein allgemeineres Gesetz in diesem Sinne anzunehmen. Kann das Eindringen beim Fischeie, nach 175 Bischoff's Beobachtung an allen Stellen geschehen, auch wo keine präformirte Oeffnung besteht, so schliesst dies den bequemen Modus nicht aus, wenn dia Bedingungen dazu gelreten sind. Gründe genug, wie ich glaube, um eine solche Beobachtung der Aufmerksamkeit denen zu empfehlen, denen Gelegen- heit zu weiteren Prüfungen geboten ist. Ich habe nur noch nachzutragen, dass ich durch den Aufsatz von Remak in Müller's Archiv auf eine Stelle bei Prevost und Dumas (Annales des sciences. 4824, T. Il, pag. 404) aufmerksam gemacht worden bin, worin diese von einer Oeflnung im Froschei sprechen, die sich über dem Embryonalileck befinden soll, die sie jedoch nicht weiter gewürdigt haben. Auch muss ich hervorheben, dass diese Oeffnung mit den von Joh. Müller beschriebenen Porenkanälen in der Ei- kapsel der Fische Nichts gemein hat. Letztere sind, wie Remak mit Recht her- vorhebt, viel zu fein, um den Spermatozoen dieser Thiere den Eintritt zu ge- statten; ebenso wenig bin ich aber von der Vermuthung des Letztern befriedigt, welcher die Spermatozoen zu Trägern einer samenähnlichen Substanz machen will, welche durch diese Poren eintreten können, Sind die Spermatozoen ein- mal im Innern der Eier selbst angetroffen, wie es nun wohl feststeht, so müssen andere Wege gesucht werden, wenn man nicht annehmen will, dass sie die Ei- haut an jeder beliebigen Stelle durchbohren können. Behr wichtig schien es mir in dieser Beziehung, dass weder’ Bischoff beim Froschei, noch früher Derbes beim Seeigelei (Annales des sciences. 4847), noch überhaupt sonst Je- mand, den Act des Eindringens in dieser Weise beobachtet hat; dass sie vielmehr beide ausdrücklich angeben, die Spermatozoen dringen nur in die Eiweiss- oder Gallerthülle ein, wie es namentlich von Bischoff wiederholt beim Säugethierei abgebildet ist, und hielten on der eigent- lichen Dotterhaut oder Zona pellucida still, Ich gestehe daher, dass mir die Existenz einer thierischen Mikropyle nunmehr viel wahrscheinlicher ist, und dass ich gar nicht mehr daran zweifeln würde, wenn Müller’s Postulat er- füllt und die Existenz einer Ei- Oeffnung in verschiedenen Thierclassen dargethan würde, wie es nun von Wirbelthieren zum ersten Mal mit Bestimmitheit geschieht. Basel, den 28. December 4854. 176 Ueber das Wassergefässsystem der Mollusken. Eine briefliche Mittheilung von L. Agassiz an c. Th. v. Siebold. Nahant, an der Meeresküste, unfern Boston, den 45. Sept. 1854. Verehrtester Herr College! Während meines vorletzten Aufenthaltes in Süd-Carolina, im Winter 4851 — 1852 bemühte ich mich, die Verbindung des sogenannten Wassersystems der Mollusken mit der Circulation zu ermitteln. Ich halte mich zuvor von der Richtigkeit der Beobachtung Milne- Edwards über den unterbrochenen Kreislauf in diesem Thiere überzeugt. Das Verhältniss des von der Oberfläche her durch den Füss und Mantelrand eindringenden Wassers zum Blute blieb mir aber bei diesen meistens an Weingeistexemplaren angestellten Untersuchungen dunkel. Die Zweifel, die Sie selbst in Ihrer Anatomie der wirbellosen Thiere über die Möglichkeit einer direeten Verbindung des Blutsystems mit dem umgebendem Wasser ausgesprochen haben, waren mir gegenwärtig. Das Vorkommen grosser Arten Gasteropoden an der atlantischen Küste der südlichen Vereinsstaaten bot indess eine glinstige Gelegenheit dar, über diesen schwierigen Punkt einige Aus- kunft ‚zu erhalten. Besonders waren es die Pyrula carica und canaliculata, die zu einer genauern Untersuchung einluden. Ich bemerkte nämlich in der Mitte des Fusses dieser Thiere eine bedeutend grosse Oeflnung, weit genug, eine ge- wöhnliche Federspule aufzunehmen, die sich in dem Fusse verästelt und end- lich frei durch eine Menge kleiner Zweige in die Bauchhöhle mündet. Auf diese Weise schien die directe Aufnahme von Wasser von aussen in die Bauchhöhle möglich, und ich beobachtete wirklich zu wiederholten Malen, dass der Fuss beim Herausstossen sich nicht ausstreckte, sondern auch bedeutend schnell und dabei viel weicher und wie mit Flüssigkeit angefüllt zu fühlen war. Dies ver- anlasste mich, durch diese Oeffnung der Fusssohle mittelst einer weiten Röhre zu injiciren und mit der grössten Leichtigkeit glückte es jedes Mal, nicht nur den Fuss, sondern auch die Bauchhöhle und bei anhaltender Injection auch das ganze Gefässsystem zu füllen. Ich spritzte auch auf diese Weise Carmin- und Indigo- Auflösungen in geringer Menge in die Bauchhöhle des lebendigen Thieres und sah die gefärbte Flüssigkeit verdünnt im Blutgefässsystem weiter geführt. Hiermit war erwiesen, dass Wasser in bedeutender Menge nicht nur in die Bauchhöhle aufgenommen werden kann, sondern sogar in das- Gefäss- system eindringe. Wie aber das Wasser wieder ausgestossen werden könne, ohne zugleich das Blut theilweise in seinem Strome mitzunehmen, konnte ich nicht ermitteln; dass es aber ausgestossen werde, war augenscheinlich, denn ich sah es aus oben beschriebener Oeffuung ausströmen, so oft ich ein völlig ausgestrecktes Thier aus dem Wasser, mit dem Fuss nach oben gekehrt, heraus- nahm. Es liesse sich denken, dass das dichte Netz contractiler Fasern, wel- ches die Bauchwand bildet, die Bauchböhle von den Verzweigungen des Wasser- systems im Fusse abschliesst und so das Ausströmen des organischen Safles u 9 v 177 verhindert, während das Wasser leicht durch die ‘Contraction des Fusses aus demselben entfernt werden kann. Hierbei“müsste aber natürlich das in die Bauchhöhle gelangte Wasser im Organismus zurückbleiben. Dem sei nun mit Pyrula ‚wie es wolle; ich habe ganz kürzlich diese Untersuchungen mit einer grossen Mactra, M. solidissima, die in grosser Menge an der Küste von Massa- chussets vorkommt, wieder aufgenommen und bin damit zu ganz sicheren und vollkommen befriedigenden Resultaten gelangt, die ich Ihnen hier in Kürze mit- theilen will. Mactra solidissima, wie alle Arten dieses Genus, hat einen sehr grossen, bedeutend vorstreckbaren Fuss, mit dessen Hülfe das Thier sich plötz- lich fortschnellen kann. Bei diesen Bewegungen wird der Fuss rasch nach einander ein- und ausgezogen, wobei er sehr schnell ausserordentlich an- schwillt, dann seitwärts gebogen, mit der Spitze auf den Boden gestemmt und wie eine Springfeder plötzlich gestreckt und damit das ganze Thier fortge- schnellt.. Gelingt es nun während ‚dieser Bewegungen die Schalen zu schliessen, während der Fuss ausgestreckt ist, und denselben zwischen den Rändern der Schalen einzuklemmen, so sieht man eine bedeutende Menge Wasser aus ganz deutlichen Poren des Fusses ausfliessen. Ich habe auf diese Weise einen ganzen Esslöffel voll Wasser aus einer fünf Zoll langen Mactra gesammelt, die ich mit nach oben gerichtetem Fuss aus dem Gefäss, in dem es sich gestreckt hatte, heraushob. Selbst nachdem der Fuss ganz entleert ist, lassen sich die Poren, aus denen das Wasser strömt, ganz deutlich mit blossem Auge erkennen. Sie sind regelmässiger in schiefen Reihen zu beiden Seiten des Fusses an seiner untern Hälfte geordnet; nach innen vereinigen sie sich zu immer. weiteren Ka- nälen und bilden im obern Theile des Fusses eine geräumige Höhle. Umge- kehrt von dem, was bei Pyrula ‚beobachtet worden, bei der ein weiter Kanal sich in immer engere Zweige vertheilt, vereinigen sich hier enge Gänge zu einer weiten Höhle, die jedoch durch eine dünne poröse Wand von der Bauchhöhle getrennt ist. Diese lockere Wand gestattet jedoch einen directen Uebergang des Wassers aus der Höhle des Fusses in die des Bauches; nur ist die Communica- tion nicht ganz frei, sondern durch eine. Art elastischen und contractilen Sieb’s vermittelt. Es ist also hier, wie bei Pyrula, die Möglichkeit eines Ueberganges des Wassers von aussen in die Bauchhöhle und von dieser aus in das Gelässsystem, wie ich so eben zeigen werde. Die grosse Leichtigkeit, mit welcher gefärbte Flüssigkeiten in den Fuss eindringen und wieder ausgestossen werden können, erklärt den Mechanismus der Bewegungen des Fusses ganz befriedigend: beim wiederholten Ausstrecken desselben füllt er sich strotzend voll mit Wasser, wel- ches beim Fortschnellen ausgestossen wird. Nachdem dies zur. Genüge beob- achtet worden, fing ich an künstliche Injectionen vorzunehmen, iheils durch den untern Theil des Fusses, theils durch die Höhle seines obern Theiles. In beiden Fällen gelingt es, die Bauchhöhle und bei gelindem anhaltenden Pressen weiter das ganze Gefässsystem und die Lacunen anzufüllen. Ist man einmal mit diesen Manipulationen vertraut, wobei es besonders darauf ankommt, sanft und anhaltend die Injection vorzuschieben, so erhält man die schönsten Präparate. Es ist mir in dieser Weise gelungen, nicht nur die aus der Bauchhöhle ent- stehenden Venen und das Herz nebst den Hauptstimmen der Arterien, sondern sogar das lacunäre Netz des Mantels, die Mundtaster und die Kiemen anzufüllen. Es ist somit erwiesen, dass hier, wie bei Purpura, das Gefäss- und Lacunar- system mit einander und mit der Fusshöhle in directer Verbindung stehen, und dass Wasser von aussen in dieselben eindringen kann. Es blieb mir noch die - Erage nach der Abschliessung des Gefiss- und Wassersystems beim Ausstossen Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VII. Bd. 12 178 des Wassers zu beantworten. Die Trennung der Bauchhöhle von der des Fusses durch eine zwar poröse Wand deutet schon darauf hin, dass für eine Beschrän- kung der Saftentleerung innerhalb der Fussregion durch die Organisation des Thieres gesorgt ist; die Frage war mithin eine doppelte: ob diese Abtrennung während der Contraction eine vollkommene ist, und ob während der Ausdeh- nung Wasser auf natürlichem Wege in das Blutgefässsystem gelangt (dass dies in Folge von künstlicher Injection geschieht, ist bereits erwähnt worden). Die erste Frage zu beantworten, passte ich einer thätigen Mactra auf, und nachdem sie ihren Fuss öfters ein- und ausgezogen halte, schob ich einen Keil zwischen ihre Schalen, um sie zu verhindern, dieselben zuzuschliessen, so dass beim Herausnehmen aus dem Wasser alle das Thier umgebende Flüssigkeit leicht ab- fliessen konnte. In diesem klaffenden Zustande kehrte ich es behutsam nach allen Seiten um, um wo möglich alles noch zwischen den Kiemenblättern und in den Siphonaldrüsen enthaltene Wasser zu entfernen. Nachdem dies geschehen war, wurde das Wasser, das in Folge der weitern Contractionen des Fusses aus demselben ausfloss, gesammelt und unter dem Mikroskop beobachtet, wobei es sich herausstellte, dass eine bedeutende Anzahl Blutkörperchen darin herum- schwammen, und zwar in hinreichender Menge, um das Wasser ganz leicht zu färben und beim Zugiessen von Alkohol zu trüben. \Wer öfters das Blut dieser Thiere untersucht hat, kann seine eigenthümliche hellbläulich - weisse Färbung nicht verkennen, und es ist mir seitdem aufgefallen, wie stets das Wasser, das von grossen, frisch aus der See aufgehobenen Gasteropoden und Acephalen ab- fliesst, eine solche hellbläulich-weisse Farbe zeigt, unzweifelhaft von einge- mischtem Blute bedingt. Das Wasser, das durch Oeffnen der Fusshöhle erhalten wurde, enthielt natürlicherweise eine grössere Anzahl Blutkörperchen, wie über- haupt jede spätere Contraction des Thieres ein an Blut reicheres Wasser aus- presste. In einem erschöpften Thiere mag wohl zuletzt eine Menge Blut aus- geleert werden, was im natürlichen Zustande, wenn das contractile Gewebe der Bauchwandung in voller Kraft verbleibt, nie ausgeflossen wäre; es bleibt aber nichts desto weniger ausgemacht, dass eine gewisse ‚Menge Blut bei starker Contraetion dieser Thiere mit dem Wasser, das von aussen aufgenommen wor- den, ausgestossen wird. Die eigenthümliche Beschaffenheit der Blutkörperchen erleichtert ihr Auffinden im Wasser, sogar wenn sie spärlich darin vorhanden sind. Obgleich unerwartet, so ist dieses Resultat doch ganz im Einklang mit dem, was wir über Actinia und Acalephen schon längst wissen, nämlich dass diese Thiere Seewasser in ihre Leibeshöhle aufnehmen, mit den verarbeiteten Nahrungsstoffen mischen, in die peripherischen Gänge und Kanäle vertheilen und endlich wieder auswerfen. Der einzige Unterschied ist, dass hier in den Mollusken der Kreislauf der nährenden Säfte sich deutlicher von der Leibes- und Darmhöhle absondert, obgleich er noch mit denselben mehr oder weniger direct zusammenhängt. Zur Beantwortung der zweiten Frage, ob während der Ausdehnung dieser Tbiere Wasser auf natürlichem Wege in das Blutsystem gelangt und mit dem Blute eirculirt, sammelte ich die Flüssigkeit aus der Bauchhöhle und aus dem Herzen besonders von mehreren äusserlich sorgfältig abgetrockneten Macitren und verdunstete dieselben bis zum gänzlichen Vertrocknen, wobei deutliche Salzkrystalle zum Vorschein kamen. Es ist somit erwiesen, dass das Anschwellen der im Wasser lebenden Acephalen und Gasteropoden durch Aufnahme von Wasser bedingt wird, dass dieses Wasser besonders im Fusse in bedeutender Menge eindringt und namentlich in Natica und Sigaretus denselben zu einer 179 unglaublichen Grösse anschwillt, wobei die Schale fast gänzlich in seinen Falten begraben wird, dass die weitere Verbreitung des so aufgenommenen Wassers im Organismus durch die eigenthümliche Anlage das Wassersystem in verschie- denen Mollusken auf verschiedene Weise regulirt wird, dass aber stets eine directe, mehr oder weniger ireie Communication dieses Systems mit der Leibes- höhle und von dieser aus mit dem Gefäss- und Lacunarsystem stattfindet, dass die Leibeshöhle und mit ihr das Gefässsystem sich theilweise wenigstens durch Contraction ihrer Wandungen von dem Wassersystem abschliessen kann, wobei der Fuss sehr thätig bleiben kann, dass jedoch bei allgemeiner und starker Con- traction des ganzen Leibes Blut in das Wassersystem getrieben und von diesem aus mit dem früher aufgenommenen Wasser nach aussen entleert wird, und dass umgekehrt bei stark aufgeschwollenem Leibe Wasser mit dem Blute ge- mengt und mit demselben im Kreislaufe fortgeführt wird. Injectionen durch Mund und After zeigen ferner eine directe Verbindung zwischen dem Verdauungs- und Circulationssystem. Im Actaeon gelingt es beinahe jedes Mal beim Injieiren durch den Mund das Herz und sogar die im Mantel fächerartig verzweigten Re- spirationsgefässe zu füllen. Wenn sich mir eine günstige Gelegenheit darbietet, will ich Ihnen eine Reihe von Präparaten zuschicken, die die oben beschriebenen Verhältnisse klar vor die Augen legen. Wäre ich nicht so anhaltend mit embryo- logischen Untersuchungen beschäftigt, so würde ich einige Zeichnungen dieser Beschreibung hinzugefügt haben; diese Winke mögen aber vor der Hand genügen, die Aufmerksamkeit der Anatomen wieder auf diesen Punkt zu lenken und auf die wichtigen Resultate, die beinahe unmittelbar aus Milne- Edwards umfassen- den Untersuchungen des Kreislaufes der Mollusken folgen. Ich habe neulich keine Gelegenheit gehabt, das Wassersystem der Cephalo- poden zu untersuchen; um so vollständiger dagegen sind meine Beobachtungen über die erste Bildung des Gefässsystems bei Loligo. Die Beobachtung Kölliker's, dass der Dotterstock in keiner genetischen Verbindung mit dem Darme steht, ist vollkommen richtig. Der innere Dotterstock wird zur Bauchhöhle und der Darm bildet sich unabhhängig vom Dotter aus der diesen umkleidenden thieri- schen Wand; die Venen dagegen aus Ausstülpungen oder bauchartig spitz aus- laufenden Vorsprüngen des Dotters in diese Wand, so dass, wenn der Dotter aufgezehrt und der Kreislauf vollständig hergestellt ist, diese Gefässe mit klaffen- der Mündung mit der Leibeshöhle in directer Verbindung stehen. Diese Bildungs- weise der Gefässe ist bei Loligo illecebrosa besonders deutlich an den Kiemen- und Mantelvenen zu sehen, so wie im Pedunkel des Auges. - Ein ganz leicht anzustellendes Experiment beweist auf das Augenscheinlichste, obgleich auf indirectem Wege, die oben besprochene Aufnahme von einer grossen Menge Wasser in den Körper gewisser Mollusken. Der Körper unserer nord- amerikanischen Natica Heros, so viel ich weiss die grösste lebende Natica, an Grösse der fossilen Natica gigantea Al. Braun gleich, nimmt, wenn ausgedehnt, ungefähr drei Mal mehr Raum ein, als wenn in der Schale eingezogen. Setzt man nun ein grosses zusammengezogenes Exemplar in ein passendes Gefäss voll Seewasser, so kann sich das Thier zur grössern Ausdehnung ausstrecken, ohne dass ein Tropfen überfliesst. Würde nicht Wasser in demselben Verhältnisse in den Körper eindringen als er sich ausdehnt, so müsste natürlicherweise eben so viel überfliessen, als das Thier nach und nach einen grössern Raum einnimmt. Der Umstand, dass der Theil des Körpers, der am meisten aufgetrieben wird, der Fuss, den körperlichen Inhalt der Schale sammt dem zusammengezogenen Leib wohl zwei Mal an Umfang tiberwiegt, schliesst jede Möglichkeit aus, dieses 12* 150 Factum durch einfaches Eindringen des Wassers in die Respirationshöhle und den durch Heraustreten des Körpers leer gewordenen Raum des Gehtuses zu’ er- klären. Ich habe übrigens dasselbe Resultat mit allerlei Gasteropoden und Ace- phalen unserer Seeküste erlangt und bei Untersuchung kleiner Arten mich fein graduirter Glasröhren bedient und gleichzeitig eine Menge Exemplare unter die Oberfläche des Wassers im zusammengezogenen Zustande gesenkt und selbst, wenn die Thiere ganz ausgezogen in der lebhaftesten Bewegung sich befanden, oder beim Anschlagen des Glases geschreckt sich schnell einzogen und später wieder ausdehnten, nie den geringsten Unterschied im Wasserstande bemerkt. Wie sich Landgasteropoden verhalten, kann ich in diesem granitischen, von Helices ganz unbewohnten Bezirke nicht ermitteln. Es wundert mich übrigens sehr, dass Niemand auf die Wasserporen der Fische aufmerksam gemacht hat !). Seit sechs Jahren kenne ich sie in ganz eigenthümlicher Entwicklung bei einer Menge von Familien, abgesehen von der Seitenlinie und den grösseren Kopfporen. Sehen Sie einmal die Opereularfläche und die Schläfengegend der Clupeiden nach. Ich kenne kein schöneres Wunder- netz, als das der Wasserporen dieser Gegend in einigen unserer gemeinsten Fischarten. Noch merkwürdiger ist Rhombus eryptosus, ein nordamerikanischer Scomberoid, der in einiger Entfernung der Rückenlinie zu beiden Seiten eine Reihe weit geöflneter Wasserporen besitzt, die leicht injieirt werden können und durch einen gemeinsamen Gang in den Cuvier’schen Sinus münden und somit dem Blute Wasser zuführen können und wirklich zuführen. Was sagen Sie dazu: Salzwasser im Blute? Es lautet abentheuerlich und ist nichts desto weniger wahr! !) Sollten nicht jene Schleimgänge der Fische hierher gehören, von welchen Carl Vogt meldete, dass sich zwischen ihnen und dem Lymphgefäss- und Venensystem vermittelst Injectionen Verbindungen nachweisen lassen, und dass aus diesen Schleimgängen vermittelst eines Klappenapparats Flüssig- keiten in die Venen und Lymphgefässe, nicht aber aus diesen in jene über- gehen können (vergl. den amtlichen Bericht über die zwanzigste Versamm- lung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Mainz im September 1842, pag. 220). v. Siebold. A TERRBEEWES 181 #; Ueber die Einwirkung kaustischer Alkalien auf die Bewegungen der Samenfäden. Eine vorläufige Mittheilung von A. Kölliker. Ausgehend von der bekannten Beobachtung von Virchow über die Ein- wirkung von kaustischem Kali und Natron auf die Flimmerhaare, untersuchte ich in dem verflossenen Winter den Einfluss der Caustica auf die Samenfäden. Zu meiner freudigen Ueberraschung ergab sich eine vollständige Uebereinstim- mung der beiderlei beweglichen Gebilde, nur dass ich auch durch Ammoniak eine Einwirkung auf die Samenfäden erzielte, welche von Virchow bei den Flimmerhaaren vermisst worden war. Um die Einwirkung der Caustica auf die Samenfäden zu sehen, ist es das Beste, dieselben in einer verdünnten Zucker- oder Eiweisslösung ganz zur Ruhe kommen zu lassen und dann erst die Lösung des Causticum in geringer Menge unter das Deckgläschen zu bringen. Dann sieht man an allen Stelien, wo das Kali oder Natron hingelangt, die ruhende Masse wieder in die lebhafteste Bewegung kommen, welche derjenigen ganz frischer Samenfäden nicht im Geringsten nachsteht, jedoch nach Verfluss einer kurzen Zeit (;—4—-2 Minuten) einer totalen Ruhe Platz macht, aus der die Samenfäden durch kein Mittel mehr zu erwecken sind. Am schönsten sieht man die beschriebene Erscheinung, wenn man eine 1—5%, KO oder NaO-Lösung langsam und in geringer Menge einiliessen lässt. Bei grösseren Mengen des Alkali zeigt sich dieselbe zwar auch, doch geht die Bewegung in einem solchen Falle rascher vorüber und kommt auch nicht an allen Samenfäden zu Stande, von denen viele, namentlich die, welche mit dem einfliessenden Strome zuerst in Berührung kommen, statt lebhafter Schwingungen und Ortsveränderungen nur ein paar Axendrehungen zeigen und dann gestreckt stille liegen. Concen- trirtere Lösungen von kauslischen Alkalien von 40—50%, bewirken das Phä- nomen des Wiederauflebens einer zur Ruhe gekommenen Samenmasse ebenfalls und sehr schön, doch ist bier Vorsicht noch nöthiger als bei verdünnteren Lösungen. Die angegebene Erscheinung kommt nun nicht blos bei Säugethieren vor, bei denen ich dieselbe zuerst beobachtete, ‘sondern auch bei Amphibien, nur bedarf man hier (beim Frosche) viel verdünnterer Lösungen von kaustischen Al- kalien, um dieselbe zu erzielen, weil die Samenfäden dieser Thiere viel leichter zerstörbar sind als die der Säuger. Was die Vögel und Fische anlangt, so sind meine Untersuchungen über diese Abtheilungen noch nicht geschlossen. Verfolgt man die Einwirkung der kaustischen Alkalien auf die Samenfäden weiter, so ergibt sich, dass dieselben nieht nur in grösserer Concentration mäch- lige Erreger der Sanıenfäden sind, sondern auch in verdünnten Lösungen auf dieselben einwirken. Mengi man eine Zuckerlösung, welche die Bewegungen der Samenfäden nicht alterirt, mit minimalen Quantitäten von Kali causticum, 182 so dass Lösungen mit Yıooo— Ysoo„. KO entstehen, so zeigt sich, dass eine solche Flüssigkeit nicht nur die Bewegungen der Samenfäden stundenlang erhält, son- dern dieselben selbst lebhafler erscheinen lässt, als die reine Zuckerlösung selbst, so dass es den Anschein gewinnt, als ob sehr schwach alkalische Flüssigkeiten - von einer gewissen Concentration die Bewegung der Samenfäden am meisten begünstigen. Da meine Beobachtungen auch nach dieser Seite noch nicht be- endet sind, so begnüge ich mich vorläufig mit dieser Bemerkung und verweise auf eine ausführlichere Arbeit, die ich für das nächste Heft zu vollenden hoffe. Würzburg, den 26. März 1855. 2. Notiz über das Vorkommen von Lymphkörper- chen in den Anfängen der Lymphgefässe, von A. Kölliker. Nachdem durch die neueren Untersuchungen von Virchow einerseits und von Brücke, Donders und mir anderseits die Lymphdrüsen als eine Haupt- bildungsstätte der zelligen Elemente des Chylus nachgewiesen worden sind, er- hebt sich nun die weitere Frage, ob ausser in diesen Organen auch noch an anderen Orten Lymphzellen gebildet werden, namentlich ob die bis vor Kurzem fast allgemein angenommene selbständige Bildung solcher Zellen in den An- fängen der Chylusgefässe wirklich durch sichere Thatsachen sich belegen lässt, eine Frage, die auch in sofern von Interesse ist, als die Bildung der Lymph- zellen in den Anfängen der Lymphgefässe bisher als eines der sichersten Bei- spiele der Bildung von Zellen um frei in einer Flüssigkeit entstandene Kerne galt, während die neueren Erfahrungen der ‚Histologie eine freie Zellenbildung unabhängig von schon vorhandenen Zellen immer mehr beschränken. Ueber- blickt man die vorliegenden Thatsachen, so könnte nun allerdings die aufge- worfene Frage auf den ersten Blick als ziemlich überflüssig erscheinen, da es schon längst feststeht, dass die Chylusgefässe des Dünndarms auch in ihren An- fängen, zwischen dem Darm und den Mesenterialdrüsen Lympbkörperchen ent- halten, es ergibt sich jedoch für diese Fälle die Möglichkeit, die Zellen aus den Peyer’'schen und solitären Follikeln abzuleiten, deren Zusammenhang mit den Chylusgefässen von Brücke behauptet wird, und die desswegen auch als eine Art Lymphdrüsen angesehen werden. Bei dieser Lage der Dinge ist es vor Allem nöthig zu untersuchen, unter welchen Verhältnissen und an welchen Orten die Lymphgefässe vor den Lymphdrüsen zellige Elemente führen, an: welchen nicht, eine Untersuchung, die, wenn man an ihre genaue Ausführung geht, sich als schwieriger ergibt, als es auf den ersten Blick scheint. Obschon ich nun noch nicht Gelegenheit und Musse hatte, eine ausführliche Untersuchung in die- ser Richtung anzustellen, so kann ich doch einige Thatsachen mittheilen, welche zu ferneren Forschungen einladen. Bei einem grossen Hunde, der einige Stunden vor dem Tode reichlich gefüttert worden war, und bei welchem alle Lymphgefässe der Unterleibs- 183 organe sirotzend gefüllt sich zeigten, fanden H. Müller und ich in den Chylus- gefässen, die von den wie in solchen Fällen immer angeschwollenen Peyer'schen - Drüsen kamen, in allen untersuchten Präparaten eine beträchtliche Menge von farblosen Zellen. Der Chylus aus anderen Gefässen des Dünndarms enthielt jedoch ebenfalls Zellen, doch waren dieselben im Allgemeinen spärlicher, ob- schon ihre Menge in einem Falle ebenfalls nicht unbedeutend war. Eben so fan- den sich auch in den vom Diekdarm stammenden Lymphgefässen eine gewisse Zahl von Zellen in der Dlassen Lymphe. Dagegen war es uns nicht möglich, in der Lymphe aus den mächlig gefüllten Gefässen der Leber eine Spur von zelli- gen Elementen zu finden. Es würden mithin unter der Voraussetzung, dass auch die solitären Follikel des Dünn- und Dickdarms mit Lymphgefässen zusammenhängen, diese That- sachen nicht übel mit der Hypothese stimmen, dass nur die Lymphdrüsen und die ihnen analogen Follikel des Darmes Bildungsheerde der Lymphzellen sind. Dagegen fand ich zweitens in den starken Lympbgefässen des Samenstranges von Stieren dicht am Nebenhoden in mehreren sehr sorgfältig untersuchten Fällen obne Ausnahme eine gewisse allerdings geringe Zahl von Zellen, welche von Lymphkörperchen in nichts sich unterschieden. i Weitere Untersuchungen, zu denen ich die Lymphgefässe aussen an der Magenschleimhaut von Schweinen, und die des Uterus und der Leber an grossen Säugethieren empfehle, werden zu zeigen haben, in welchen Fällen Lymphzellen inLymphgefässen, die mit keinerlei Iymphdrüsenartigen Organen in Verbiodung stehen, sich finden. Sollte sich herausstellen, woran ich kaum zweifle, dass der von mir an den Lymphgefässen des Hodens beobachtete Befund häufiger sich wiederholt, so wird dann dem Ursprunge dieser Lymphzellen weiter nachzuspüren und hierbei vor Allem zu berücksichtigen sein, ob nicht vielleicht doch die Epithel- zellen der kleineren Lymphgefässe an dieser Zellenbildung mehr sich betheiligen, als man bisher anzunehmen geneigt war. Der Würzburg, den 27. März 1855. ae Ueber die Einwirkung einer concentrirten Harnstofflösung auf die Blutzellen, von - ‘ A. Kölliker. Bei einer Reihe von Untersuchungen über die Einwirkung verschiedener Rea- gentien auf die Samenfäden benutzte ich immer nebenbei die Blutzellen als Prüfer für die Concentration der angewandten Flüssigkeiten. Hierbei stiess ich beim Frosch auf eine merkwürdige Veränderung der Blutzellen durch eine concentrirte Harnstofflösung von 30%. Die Blutzellen wurden nach und nach zackig und wandelten sich bald in die schönsten sternförmigen Zellen mit meist mit 3—6 ziemlich langen und mehr kolbenförmigen Fortsätzen um, so dass sie den un- regelmässigen sternförmigen Pigmentzellen der Lamina fusca scleroticae sehr ähn- lich sahen. Diese zierliche Form erhielt sich jedoch nicht lange, vielmehr be- 184 gannen nun bald die Fortsätze wie einzuschmelzen, indem sie theils vom Rande aus allmählich sich auflösten und verschwanden, theils unter Ablösung grösserer und kleinerer gefärbter Tröpfchen, die sofort erblassten und vergingen, nach und nach ganz zerfielen. So blieb am Ende nur der kernhaltige Theil der Zelle als eine kleine runde, dunkelrothe, glänzende Kugel zurück, welche zuletzt ebenfalls erblasste und bis auf den Kern spurlos verging. Zur Ermittlung der Ursachen dieser sonderbaren Veränderungen der Blutzellen prüfte ich nun zuerst Harnstofllösungen von geringerer Concentration. Hierbei zeigte sich, dass Lösungen bis zu 45%, dieselben Veränderungen hervorriefen, die oben beschrieben wurden. Ebenso, wenn auch langsam, solche von 42%, oder ungefähr 1,043 spec. Gew. In Lösungen von 1,026 spec. Gew. waren die Zellen fast unverändert, während sie in noch diluirteren bis zu 1,004 spec. Gew. herab rund und zum Theil entfärbt waren, mit deutlich sichtbaren Kernen, so wie sie beim ersten Einwirken von Wasser sich zeigen. Diese Erscheinungen, so wie die Bedenken, die der Annahme einer chemischen Einwirkung einer indilferenten Substanz, wie des Harnstoffes, auf die Blutkörperchen sich entgegenstellen, ver- anlassten mich auch noch mit anderen concentrirten Lösungen auf die Blutzellen des Frosches zu reagiren, und da zeigte sich denn, dass in Milchzucker- lösung von 30% ebenfalls viele Blutzellen so erblassen, dass nur noch die Kerne sichtbar sind. Dasselbe geschieht in einer concentrirten Lösung von Gly- cerin mit allen Zellen, nur siebt man in diesem Falle an vielen Kernen noch sehr zarte, von den Zellmembranen herrührende Säume, ebenso in einer concen- trirten Lösung von Quittenschleim. In keiner dieser Lösungen wurden jedoch die Blutzellen sternförmig und zeiglen jenes sonderbare Einschmelzen unter Ab- lösung von kugeligen Tropfen, wie in der Harustofflösung, worauf jedoch wohl weniger Gewicht zu legen ist, da menschliche Blutzellen in Harnstofflösung von 30%, ebenfalls einfach sich verkleinern, kugelrund werden und erblassen, ohne vorher irgend eine andere Erscheinung darzubieten. Von Salzen prüfte ich bisher nur NaCl und Na0O Ä. Werden concentrirte Lösungen derselben mit Froschblut gemengt und ein paar Minuten sich selbst überlassen, so sind ebenfalls die über- wiegende Mehrzahl vollkommen erblasst und bis auf die Kerne kaum mehr sicht- bar. Verfolgt man die Veränderungen genauer, so sieht man dass die Blutzellen zuerst runzelig werden, in welchem Zustande auch manche längere Zeit ver- harren; dana folgt aber ein Stadium, in welchem sie sich verkleinern und ab- runden, auch wohl einzelne, rundliche Ausbuchtungen treiben, bis sie endlich ganz erblassen. Bei langsamer Einwirkung des Kochsalzes sieht man oft die Zellen von einer ganzen Wolke ausgetretener Farbstoffpartikelchen umgeben und scheinen selbst die Zellen durch die energische Einwirkung der concentrirten Lösung oft ganz zu schwinden. Diesem zufolge wird es erlaubt sein, das ganze Phänomen als ein Shrek. lisches anzuschen und anzunehmen, dass ebenso wie diluirte Lösungen durch Endosmose die Blutkügelchen entfärben, so auch stark concentrirte Lösun- gen dasselbe hervorrufen, indem sie einen vorwiegend exosmolischen Strom aus den Blutzellen in die umgebende Flüssigkeit veranlassen. Die sehr energi- sche Wirkung des Harnstoffes erklärt sich vielleicht aus der Grösse des endos- motischen Aequivalentes dieser Substanz, über die ich später Genaueres hoffe mittheilen zu können. Würzburg, den 28. März 1855. — Ueber das Wesen der von Dr. 6. Thomas auf Linseuschliffen entdeckten Curvensysteme. Von Professor Johann Uzermak. Mit Tafel XI. - In den vorliegenden Zeilen beabsichtige ich den Beweis zu liefern, dass die überaus zierlichen concentrischen Zeichnungen auf Schliffen - von getrockneten Krystalllinsen, welche Dr. Thomas!) in Königsberg - in Pr. zuerst beobachtet, beschrieben und abgebildet hat, ein präg- nanter Ausdruck der Linsenfaserung sind, und somit aus der bis jetzt bekannten Structur der Linse entweder zu erklären sein wer- den oder aber zu einer andern, bessern Einsicht in die Anordnung der Linsenfasern führen müssen. ‚Indem ich auf diese Weise die wissenschaftliche Bedeutung der mühsamen und fleissigen Untersuchungen des Dr. Thomas überhaupt und seiner neuen Präparationsmethode insbesondere in das rechte Licht zu. stellen mich bemühen werde, hoffe ich einerseits dem Verdienste des Dr. Thomas, die demselben gebührende Anerkennung, anderer- seits aber der Wissenschaft eine Errungenschaft, weiche in Folge der oberflächlichen Würdigung von Seite der Zeitgenossen leicht wieder verloren gehen und vergessen werden könnte, zu sichern. Die eben ausgesprochene Befürchtung ist wegen der noch immer nicht feststehenden Ansicht über das Wesen der Thomas’schen Gurven- systeme nicht ganz unbegründet, denn sollte die Ansicht, dass diese zierlichen Zeichnungen nur ein zufälliges optisches Phänomen sind und in keiner directen Beziehung zur Faserung der Linse stehen, eine !) Prager Vierteljahrschr. 4854. Ausserordentliche Beilage pag. 1. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, VII. Bd, 13 156 allgemeinere Aufnahme finden, so dürften sich die Histologen wohl kaum veranlasst fühlen, der Thomas’schen Entdeckung ihre Aufmerk- samkeit ernstlich zuzuwenden und auf dem durch dieselbe eröffneten Wege fortzuschreiten, und es würde die ganze Sache unfehlbar der Vergessenheit anheimfallen. Zwar hat schon Brücke *) die Behauptung aufgestellt, dass die Thomas’schen Curvensysteme mit dem Bau der Linse in direetem Zusammenhange stehen, und erklärt, dass sie uns «einen Blick in die mathematischen Eigenschaften der Curven doppelter «Krümmung thun lassen, welche die Fasern, aus denen die einzelnen «Schichten der Linse zusammengesetzt sind, beschreiben, und dass «sie es uns möglich machen, den faserigen Bau der Linse bis in tie- «fere Schichten, in denen keine andere Präparation mehr zu exacten «Resultaten führt, ja selbst bis nahezu zum Mittelpunkte zu ver- «folgen», — allein Thomas selbst (a: a. O. pag. 22) vermuthet, dass man «zur Erklärung des vorliegenden Phänomens noch über die Faser «hinaus zu feineren Formelementen der Linse seine Zuflucht werde «nehmen müssen», während Kölliker?) es gar für wahrscheinlicher hält, «dass das ganze Phänomen vom anatomischen Standpunkte aus «nicht zu deuten sei. » Bei dieser Meinungsverschiedenheit wird der von mir beabsichtigte Beweis für den directen Zusammenhang der Thomas’schen Zeichnun- gen mit der Faserung der Linse wohl nicht unwillkommen sein! Ich liefere denselben durch eine von Keinem der genannten Au- toren hervorgehobene oder gemachte einfache Beobachtung, welche ich an allen den schönen Linsenschliffen, die mir Dr. Thomas vor eiwa drei Jahren, bei seinem Aufenthalte in Prag, in grosser Menge zu ver- ehren die Freundlichkeit hatte, bestätigt gefunden habe. Diese Beob- achtung besteht nun darin, dass als die eigentliche und einzige Ursache der Thomas’schen Curven, die durch die Schliff- ebene in verschiedener Richtung und Ausdehnung theils durchschnittenen, theils blossgelegten Linsenfasern deut- lich zu erkennen sind. Ein Blick auf Fig. 1, welche die Thomas’- schen Curvensysteme, wie sie sich unter einer etwa 350maligen Ver- grösserung, auf jedem halbwegs genau senkrecht auf die Aequatorebene einer Dorschlinse (parallel zur Sehaxe) geführten Schliffe darstellen, möglichst naturgetreu wiedergibt, wird wohl Jeden von der Richtig- keit meiner Beobachtung überzeugen, da die einzelnen Linsenfasern mit ihren gezackten Rändern ebenso wenig zu verkennen sind, als ihr Antheil an der Erzeugung der Thomas’schen Curvensysteme. Thomas hat ‚seine Abbildungen bei viel zu geringen oder unklaren Vergrösse- !) Sitzungsber. der Wiener Akad, Bd. VL, pag. 286. ®?) Mikroskop. Anatomie. Bd. II, 2. Abtheil., pag. 713. nn ee ee ei en ME u 187 rungen aufgenommen, so dass sie nicht mehr als zarte concentrische Linien, welche eben nur der Totaleindruck des von mir gezeichneten Details sind, wiedergeben konnten und aus diesem Grunde zweifelhaft lassen mussten, welchen Verhältnissen jene Linien ihren Ursprung ver- danken mögen. Nachdem ich hiermit das Verhalten der bekannten elementaren Formelbestandtheile der Linse auf den Schnittebenen als die alleinige und eigentliche Veranlassung zur Entstehung der Thomus’- schen Curvensysteme erkannt und nachgewiesen habe, so steht es auch ein für allemal fest, dass diese letzteren der prägnante Ausdruck der Linsenfaserung sein und als das exacteste (in Bezug auf den Linsen- kern, einzige) Mittel zur Erforschung derselben angesehen werden müssen. Ich kann diese Mittheilung, deren eigentlicher Zweck im Grunde schon erreicht ist, unmöglich schliessen, ohne dieselbe noch durch die Aufklärung eines Verhältnisses gewissermassen zu vervollständigen, wel- ches auf den ersten Blick in der That so paradox erscheint, dass es begreiflich wird, wie dasselbe sowohl von Thomas als von Kölliker für absolut unvereinbar mit der bisherigen Ansicht über die Structur der Linse erklärt werden konnte, indem es bekanntlich dem Erstern die Vermuthung aufdrängte, dass es nöthig sein werde, «über die Faser hinaus zu feineren Formelementen der Linse seine Zuflucht» zu neh- men, dem Letztern aber die Deutung des ganzen Phänomens «vom anatomischen Standpunkt aus» überhaupt unmöglich erscheinen liess. Ich meine das von Thomas entdeckte Vorhandensein mehr als Eines, nämlich zweier, dreier, ja selbst noch mehrerer sich interferirender, concentrischer Curvensysteme, auf einem ebenen Linsenschliffe. Thomas hebt das Paradoxe dieses Verhältnisses richtig und scharf hervor, wenn er hierüber sagt (a. a. O. pag. 21 —22): «es scheine «wenigstens einigermassen bedenklich zu sein, nach einer leichten An- «knüpfungsweise des vorliegenden Phänomens an die schon lange be- «kannte Zusammensetzung der Linse aus genau concentrischen und für «die Fischlinse auch hinreichend genau sphärischen Lamellen zu suchen. «Es müsste denn sein, dass man es [ür erlaubt erachtete, der Natur «die Lösung einer Frage aufzubürden, deren Aufstellung wenigstens «die elementare Mathematik verbietet; die Frage nämlich, wie ein Sy- “stem genau sphärischer und’ concentrischer Lamellen beschaffen ge- «dacht werden müsse, um von einem und demselben ebenen Schnitte «doch an mehr als einer Stelle tangirt werden zu können. Ebenso «unzulässig erscheint es», fährt Thomas fort, «in der Wirbelung der “Linsenfasern und der damit verbundenen, doppelten Krümmung der- «selben auf den concentrischen Lamellen einen allgemeinen Erklärungs- 13% 188 «grund dieser Erscheinung zu suchen, denn bei der Linse des Dorsches «ist weder von einer Wirbelung, noch von einem Verlauf der Fasern «in doppelter Krümmung die Rede. » Da Brücke, welcher, der Einzige, das Wesen und die Bedeutung der Thomas’schen Untersuchungen richtig erkannt und gewürdigt. bat — ohne freilich seine einfach hingestellte Ansicht irgendwie zu be- gründen, auch über dieses in mehrfacher Hinsicht interessante Pro- blem nicht näher sich ausspricht, so glaube ich nichts Ueberflüssiges zu thun, wenn ich, wie gesagt, gewissermassen als Ergänzung meiner obigen Mittheilung, die Lösung desselben hier anschliesse. Zuvor bemerke ich nur noch, dass ich der folgenden Betrachtung die Dorschlinse zu Grunde lege, indem für dieselbe, wie Thomas richtig hervorhebt, wegen ihres einfachen Baues — (die Fasern verlaufen in den concentrischen und sphärischen Lamellen bekanntlich von Pol zu Pol, wie die Meridiane am Globus) — das scheinbar Paradoxe im Ver- halten der concentrischen Curvensysteme am meisten imponirt und für complieirter ‚gefaserte Linsen von selbst binwegfällt, wenn es für die Dorschlinse gehoben ist. Denken wir uns für einen Augenblick, dass die concentrischen und sphärischen Lamellen der Dorschlinse nicht aus sehr regelmässig angeordneten Fasern zusammengesetzt wären, sondern aus einer völlig structurlosen Substanz beständen, so erkennen wir sofort, dass auf einer ebenen Schoittfläche der Dorschlinse nur ein einziges System von continuirlichen concentrischen Kreislinien, als Ausdruck des lamel- lösen Baues erscheinen könnte und müsste. Kommen daher auf den Schliffen wirklicher Dorschlinsen mehrere concentrische Curvensysteme zum Vorschein, so können dieselben offenbar nur dem Umstande ihren Ursprung verdanken, dass die Lamellen der Linse eben nicht aus einer structurlosen Substanz bestehen, sondern dass sie aus regel- mässig an einander gereihten Fasern zusammengesetzt sind. Es folgt hieraus mit Nothwendigkeit, dass jene überzäbligen paradoxen Curven- systeme als der Ausdruck der Anordnung und des Verlaufes der Linsenfasern anzusehen sind, nicht aber als einfache Folge der concentrischen Schichtung und der lamellösen Structur der Linse, welcher in der That nur Eines dieser Systeme direct ent- sprechen kann. Hiermit ist nun schon der scheinbare Widerspruch, das eigentlich Paradoxe des ganzen Problems, an welchem Thomas gescheitert ist, glücklich beseitigt, denn wenn wir auch in Folge der eben angestellten Ueberlegung, noch nicht die Möglichkeit der Entstehung der mehr- fachen Curvensysteme aus der bekannten Faserung der Dorsehlinse begreifen — das Problem demnach noch nicht als gelöst betrachten können; so ist doch wenigstens so viel gewonnen, dass wir bei einem 189 Erklärungsversuche nicht mehr gleich von vorm herein auf eine Ab- surdität stossen, welche jede Hoffnung auf das Gelingen desselben geradezu unsinnig erscheinen lässt. Die Frage, welehe wir jetzt uns stellen werden, ist nämlich nicht die: wie ein System von genau sphärischen und concentrischen La- mellen beschaffen gedacht werden müsse, um von einem und dem- selben ebenen Schnitte an mehr als einer Stelle tangirt werden zu kön- nen?! — sondern die: ob concentrisch in der Richtung der Meridiane verlaufende, und in Folge dieser Anordnung eine Kugel zusammensetzende Fasern gegen eine senkrecht auf die Aequatorebene, parallel zur Axe dieser Kugel geführte plane Schnittfläche so gestellt sind,‘ dass ihre auf dieser Fläche zum Vorschein kommenden Durchschnitte und Ent- blössungen in mehrfachen, sich interferirenden, concentri- schen Gurvensystemen angeordnet erscheinen müssen? Zur Beantwortung dieser Frage reicht das gewöhnliche Maass von Imagination nicht aus und lässt sich dieselbe verständlich und exact zugleich, nur mit Hilfe geometrischer Gonstruetionen geben; — ob- schon wir, nach meiner oben mitgetheilten Beobachtung über die nächste Ursache der Entstehung der Thomas’schen Curven, a priori sicher sein können, in welchem Sinne die Beantwortung ausfallen werde. Ehe ich zur constructiven Beantwortung der Frage übergehe, halte ich es für gut, die Bemerkung einzuschalten, dass man der Dorsch- linse wohl einen concentrisch geschichteten Beh; streng genommen aber keine lamellöse Structur zuschreiben dürfe, weil die sogenannten Lamellen eigentlich nur Kunstproducte und nieht natürliche seeundäre Elementargebilde sind. Die Fasern der Dorschlinse haben nämlich einen in die Breite gezogenen sechseckigen Querschnitt und sind dem- gemäss so neben und auf einander geordnet (vergl. Fig. 2), dass die in gleicher Entfernung vom Mittelpunkte der Linse gelegenen Fasern (wie au. b, cu. d, Fig. 2) sich gar nicht berühren — und daher auch keine zusammenhängenden Lamellen, welche die Gestalt von Kugelschalen hätten, bilden können. Will man hier dennoch von Lamellen sprechen, so darf man nicht vergessen, dass die Fasern, welche zu einer Lamelle gehören, d. h. in einer und derselben Kugelschale liegen, kein Continuum bilden, sondern durch regelmässige Spalten aus einander gehalten werden, deren Breite der langen Seite des sechseckigen Querschnittes der Fa- sern entspricht, vergl. Fig. 2. Ich erwähne Diess, weil es sich hieraus erklärt, warum auf den Linsenschliffen das den Lamellen direct entsprechende Curvensystem aus regelmässig unterbrochenen Linien besteht, und warum die Unter- 190 breehungen zweier auf, einander‘ folgenden Curven dieses Systems so zu sagen alterniren (vergl. Fig. 4). Auf die.Construction jener, geo- metrischen Zeichnungen zurückkommend, welche unserer ungeübten Imagination bei der Beantwortung der oben aufgestellten Frage zu Hilfe kommen müssen, bemerke ich, dass ich dabei weder auf die eben erwähnte Beschaffenheit der Lamellen, noch auf den sechseckigen Querschnitt der Fasern, welcher vielmehr als viereckig angenommen wurde, Rücksieht genommen habe — um nämlich die Verhältnisse durch keine unwesentlichen Bedingungen zu complieiren. Die nach den gewöhnlichen Regeln gezeichnete Construction Fig. 3 A, B, € ist durch sich selbst klar und bedarf keiner weitern Erläuterung. Nur bezüglich der schachbretarugen Sehattirung will ich anmerken, dass sie lediglich desshalb angebracht wurde, damit die Anordnung der Faserdurchschnitte und -entblössungen in mehrfachen concentrischen Curvensystemen deutlicher hervortreten möge. Ist es mir schon oben gelungen, dem Thomas’schen Paradoxon die Spitze abzubrechen, so habe ich doch erst durch die eben be- sprochene Construction, das Problem der Thomas’schen Curvensysteme, auf eine allgemein giltige Weise gelöst. Es liegt nicht in meiner Ab- sicht und würde mich zu weit führen, auf dem betretenen Wege ins Speeielle einzugehen. Dies überlasse ich Jenen, welche sich die Fa- serung der Linse zum Gegenstande einer eingehenden Untersuchung erwählen werden, und erlaube mir nur noch schliesslich nochmals daran zu erinnern, dass sich Dr. C. Thomas in Königsberg — wenn es ihm selbst auch nicht vergünnt war, über seine Entdeckung zur Klarbeit zu kommen und seinen Untersuchungen, welche ich schon früher in einem Punkte aufzuklären Gelegenheit hatte (siehe: Prager Vierteljahrschr. Bd. #4, pag. 176) t), einen solchen Grad von Vollendung ') Ich erlaube mir hier meine a. a. ©. über die Saugplatte des Rtissels der Stubenfliege, deren Abdrücke, wie ich zeigte, von Thomas als eigenthüm- liche «schildförmige Körper» an einigen Dorschlinsen beschrieben wurden, gemachten Angaben nachträglich zu erweitern und in einem Punkte zu berichtigen. Das von mir beschriebene System von aufgeschlitzten, tracheenartigen Röhren der Saugplatte ist, was ich übrigens bereits früher vermuthet hatte, und nun mit Sicherheit aussprechen kann, in der Thst kein Abschnitt des Tracheensystems der Fliege, sondern steht vielleicht mit dem unpaaren Aus- führungsgange der Speicheldrüsen, welcher merkwürdiger Weise Tracheen- structur besitzt, in Beziehung, was ich jedoch nicht bestimmt behaupten kann. Das tracheenartige Ansehen der geschlitzten Röhren rührt nicht, wie ich früher glaubte, von einem platten, im Ziekzack gebogenen hornigen Faden her, sondern von vielen einzelnen, (uergestellten hornigen Stäbchen, welehe die Form einer kleinen Gabel mit zwei kurzen gebogenen Ziuken und einen langen, dünnen Stiel besitzen, und so angeordnet sind, dass die 191 zu geben, um ihnen eine wissenschaftliche Geltung zu verschaflen, — - doch ohne Frage durch seine neue Präparalionsmelhode und die hier- durch ermöglichte Entdeckung der concentrischen Curvensysteme ein bleibendes Verdienst um die Histologie der Krystalllinse erworben habe. Fig. Erklärung der Abbildungen. 1. stellt die drei concentrischen Hauptcurvensysieme, welche gewöhnlich auf einem parallel mit der Sehaxe, 'senl,recht auf die Aequatorebene geführten Schliffe einer Dorschlinse erscheinen, bei einer etwa 350ma- ligen Vergrösserung dar. Man erkennt deutlich, dass sich die Curven aus den Contouren der Schnittenden der einzelnen Linsenfasern zu- sammensetzen. Dort, wo die Fasern in grösserer Ausdehnung auf dem Schliffe erscheinen, ist ihre seitliche Zähnelung zu sehen und lässt keinen Zweifel über die directe Beziehung der Faserung der Linse zu den Thomas’schen Curvensystemen. Beiläufig erlaube ich mir bier noch auf einen, im Texte nicht erwähnten Umstand aufmerksam zu machen, welcher insofern von grosser Bedeutung ist und eine ge- nauere Erörterung verdient, als er den gewöhnlichen histologi- schen Charakter der Curvensysteme wesentlich bedingt. Je nach ihrer topologischen Beziehung zur Schnittebene werden die Linsenfasern nämlich theils gänzlich durchschnitten, theils in grösse- ter oder geringerer Ausdehnung angeschnitten, theils endlich nur eniblösst. Da nun aber die Fasern meist sehr dünn, d. h. bedeutend bandförmig abgeplattet sind und einen gewissen Grad von Sprödig- keit besitzen, so bröckeln die dünnsten und dünneren Stellen ihrer Durchschnitte und Anschnitte, beim Schneiden und Poliren der Lin- sen, häufig ganz heraus, — und es entstehen dann statt der reinen Schnittenden Furchen und Vertiefungen, welche letzteren den Con- touren der ersteren niemals ganz vollständig entsprechend begrenzt sind. "Diese auf die angegebene Weise motlivirten Furchen und Grüb- chen, welche die auf den Schliffen erscheinende Figur der Faser- durchschnitte im Ganzen und im Einzelnen oft nicht unwesentlich verändern, zeichnen sich, wie bekanntlich alle ähnlichen mikroskopi- schen Unebenheiten der Oberfläche, durch einen eigenthümlichen Licht- schimmer aus, welchen ich in der Zeichnung durch eine zarte Schat- tirung wieder zu geben versucht habe, Es versteht sich von selbst, dass Jie erörterte Erscheinung weder auf allen Linsenschliffen, noch Zinken des 4., 3., 5., Tten..... Stäbehens und das einfache Stielende des 2,3,0% Bten..... Stäbchens den einen, dagegen die Zinken des 2., %., 6., Sten... und das einfache Stielende des 1., 3., 5., 7ten.... Stäbchens den andern Rand der aufgeschlitzten Röbre bilden helfen, indem die Stel- lung der unmittelbar benachbarten Stäbchen eine entgegengesetzte ist und ihre gleichnamigen Enden abwechselnd nach der einen und nach der an- dern Seite gerichtet sind. Fi. 2, Fig... 3. 192 auf allen Punkten eines Schliffes in gleicher Ausdehnung zu beob- achten ist. Die Richtung der Schnittfläche, die Dimensionen der Fa- sern, der grössere und geringere Grad der Sprödigkeit ihrer Substanz und endlich die mehr oder weniger sorgfältige und geschickte Prä- paration kommen hierbei wesentlich in Betracht. — Diese Andeutungen werden künftigen Beobachtern von Nutzen sein! Zur weitern Orientirung erwähne ich noch, dass die optische Axe der Linie A B, die projicirte Aequatorebene aber der Linie C D entspricht. stellt ein Stück eines senkrecht auf den Verlauf der Linsenfasern ge- führten Schnittes dar. : liefert den constructiven Beweis, dass die Durchschnitte und Ent- blössungen concentrisch in der Richtung der Meridiane verlaufender und in Folge dieser Anordnung eine Kugel zusammensetzender Fasern von viereckigem Querschnitt, auf einer senkrecht auf die Aequator- ebene, parallel zur Axe der Kugel geführten planen Schnittfläche in mehrfachen, sich interferirenden, concentrischen Curvensystemen an- geordnet erscheinen müssen. Fig. A zeichnet, nach dem gemachten Voraussetzungen, :das Verhalten der Fasern auf einer durch die beiden Pole der Kugel geführten Durchschnittsebene, während Fig. B das Verhalten der Fasern auf der mit der Aequatorebene zusammenfallen- den Schnittfläche gibt. Die Linie « db ist in beiden Figuren, Au. B, die Projection jener senkrecht auf den Aequator und. parallei mit der Seh- axe geführten Durchschnittsebene, für weiche die, auf derselben noth- wendig erscheinende Form und Anordnung der Faserdurchschnitte construirt werden soll. Die nach bekannten Regeln, durch Combination von Au. B, aus- geführte Construction ist nun Fig. C, deren schachbrettartige Schat- tirung bestimmt ist, die Anordnung der Faserschnitie deutlicher sicht- bar zu machen. Man wird dabei bemerken, dass die beiden seit- lichen Curvensysteme, welche übrigens vollkommen congruent sind, eine durchaus entgegengesetzte Schatlirung zeigen. Dies rührt daher, dass die in dem innersten Kreise des mittlern concentrischen Systens entblösten Fasern in gerader Zahl vorhanden sind. Der Mittelpunkt der Construction ist zufällig zwischen zwei Fasern, statt in die Halbirungslinie einer Faser gefallen. Prag, den 42. Januar 1855. Einige Worte über die systematische Stellung der Räderthierchen, , von C. Vogt in Genf. Hierzu Taf. XII, Die von Herrn Zeydig im 4. Hefte des 6. Bandes dieser Zeitschrift mitgetheilte Abhandlung tiber den Bau und die systematische Abhand- lung. der Räderthiere ist so reich mit Thatsachen ausgestattet, dass man sehr wohl geneigt sein könnte, auch die systematischen Folge- rungen anzunehmen, welche derselbe aus seinen Beobachtungen zieht. Indessen dürfte es doch bei vollkommener Anerkennung der Thatsachen erlaubt sein, gerade gegen diesen Theil der Abhandlung einige Zweifel geltend zu machen, da er, wenn ich anders recht beuriheile, an Schärfe und Nothwendigkeit der Schlussfolgerungen weit hinter dem ersten Theile zurücksteht. Wenn man überhaupt mit Systematik sich beschäftigen will, so darf, glaube ich, nicht wohl dasjenige in Anschlag gebracht werden, was uns persönlich zusagt, sondern es müssen die Charaktere, welche sich aus der Beobachtung ergeben, sorgfältig abgewogen und in sol- cher Weise mit einander verglichen werden, dass man bei zweifel- ‚haften Gegenständen durch dieses Abwägen selbst auf den richtigen Pfad geleitet wird. Das persönlich Zusagende, das meistens nur aus äusserlichen Aehnlichkeiten hervorgeht, wird hier ganz in den Hinter- grund treten müssen und nur da, wo das Zünglein der Waage ein- spielt, wird man sich auch erlauben dürfen, die persönliche Zuneigung zu Rathe zu ziehen. Meine persönliche Zuneigung würde auch in die- sem Falle, wie gewöhnlich, ohne Weiteres der Minorität gewonnen sein, wollte ich dem oppositionellen Zuge des Innern folgen — so aber sehe ich mich genöthigt, trotz den Beobachtungen Zeydig’s noch immer die Meinung der Majorität zu vertheidigen, welche die Räderthierchen für Würmer und nicht für Krebse hält. Am allerwenigsten aber würde ich, selbst wenn die Stelle bei Würmern ihnen versagt würde, dazu greifen, die Räderthiere als Ordnung der Classe der Krustenthiere anzureihen, wie Leydig es ihut. Wäre ich gezwungen, sie als Glieder- ihiere zu betrachten, so würde ich sie sicherlich als gleichwerthige 194 Classe den Krebsen, Spinnen und Inseeten anreihen, nicht aber als Ordnung einer Classe zuweisen, mit denen sie wohl Aehnlichkeiten, aber keinen durchgreifenden Grundzug gemein haben. Vor allen Dingen scheide ich demnach unter den Gründen, welche Leydig mit herbeizieht, diejenigen aus, welche auf Vergleichungen und äusseren Aehnlichkeiten: beruhen, 'wie. z.B. die von Nitzsch, Ehrenberg und Dujardin angestellten Vergleichungen der Räderthiere mit Krebsen und Krebsflöhen hinsichtlich der Bewegung und des Verhaltens. Man kann ebenso gut in der Körperbewegung der Philodinen eine ausser- ordentliche Aehnlichkeit mit derjenigen der Blutegel anerkennen, wie in dem Schwimmen einiger anderer Räderthiere Aehnlichkeit mit, dem Hüpfen der Wasserllöhe oder dem Ueberstürzen der Karpfenläuse. Die borstentragenden Infusorien hüpfen ganz auf dieselbe Weise, wie die borstentragenden Räderthiere, und Notonecta schwimmt ganz auf die- selbe Weise auf dem Rücken, wie Eosphora najas. Deswegen zählen wir aber die Räderthiere weder zu den Infusorien, noch zu den In- secten. ‘Solche Vergleiche tragen zur Lösung der Frage durchaus nichts bei, da sie nur entferntere Aehnlichkeiten, nicht aber den tiefer liegen- den Grundplan der Organisation betreffen. Wir gehen desshalb auf die specielleren Gründe ganz in derselben Reihenorduung ein, wie Leydig sie S. 108 u. fl. entwickelt: hat. Die äussere Gestalt spreche entschieden mehr für die Schaalen- krebse als für den Wurmtypus. Es kommt dies vielleicht auf die Be- trachtungsweise au. Ich meinestheils kann keine Aehnlichkeit zwischen einem festsitzenden Rädertbiere, zwischen einer Notommata von sack- förmiger Gestalt und einem Schaalenkrebse erkennen und finde die Aehnlichkeit zwischen einem Stephanoceros und einem Moosthiere, die- jenige zwischen Notommata tardigrada und einem Wurme bei weitem grösser als die zwischen einem andern Räderthiere und einem Wasser- flohe. Kennen wir nicht Würmer von platter, ovaler, scheibenförmiger, gestreckter Gestalt? Kennen wir nicht andere, an deren Körper eine nieht minder deutliche Abtheilung in mehrere ziemlich verschiedene Körper-Regionen ausgeprägt ist? Die äussere Gestalt kann, wie das Verhalten und Gebahren nur in höchst secundärer Weise in Anschlag gebracht werden. «Der unpaare Fuss ist geringelt oder gegliedert und ausschliess- lich Locomotionsorgan. » Eine Verwechslung der Ausdrücke und der Begriffe, die man mit denselben verbindet, kann leicht za unrichtigen Schlüssen führen. Die paarigen gegliederten Bewegungsorgane, besonders aber die Ein- lenkung der einzelnen Stücke, welche dieselben zusammensetzen, sind durchgreifender Charakter der Gliederthiere, sei es im Larvenzustand, sei es als ausgewachsene Thiere. Ich wiederhole es, es ist nament- | 195 lieh die Einlenkung, welche: den wesentlichen Charakter abgibt, und nicht die Gliederung, sonst müsste man auch die Syllis-Arten mit ihren en Seitenranken zu den Gliederthieren rechnen. Die Gliede- rung. in Ringe, auf die Zeydig beim Körper und beim Fusse der Räder- thiere ein Gewicht legt, ist auch bei den Ringelwürmern vorhanden, und die Bewegungen des Fusses beschränken sich auf fernrohrartiges Ein- und Ausschieben, das ganz in derselben Weise stattfindet, wie bei einem grössern Ringelwurme, einer Eunice z. B. Auch hier sind die einzelnen Ringe des Körpers fester in ihrer Mitte und an ihren Rändern unter und über einander verschiebbar. Spitzen und Haken, in ähnlicher Weise beweglich, wie die Zange am Fusse der Räder- thiere, finden sich aber bei vielen Würmern, besonders bei Schma- rotzern. Paarige gegliederte Bewegungsorgane, welche kei- nem Gliederthiere zu irgend einer Zeit oder während des ganzen Lebens abgehen, finden sich also niemals bei den Räder- thieren. «Die Verdickung der Oberhaut zu einem Panzer. findet sich bei keinem Wurme.» Diess ist richtig, wenn man den Umstand festhalten will, dass der Panzer aus einem Stücke bestehen müsse, obgleich man auch dann noch das kuorpelige Hautrohr der Gordiaceen und die ‚feste Oberhaut mancher anderen Rundwürmer hier anführen könnte. Will man aber zugestehen, dass die Verdickung und Verpanzerung der Oberhaut aus mehreren Stücken bestehen dürfe, so kann 'man die ganze Familie der Seeraupen anführen, bei welchen die harten Rücken- sehuppen einen vollständigen gegliederten Panzer darstellen, der gewiss an Festigkeit demjenigen der gepanzerten Räderthiere nichts nachgibt. Wenn indessen Zeydig keinen Wurm mit panzerartiger Oberhaut kennt, so kenne ich keinen Krebs, bei welchem die Oberhaut in ähnlicher Weise von einer Gallerthülle bedeckt wäre, wie bei Notommata cen- irura, während ähnliche Gallerthülsen bei vielen Würmern, besonders aber, nach Grube, bei Siphonostomum uncinatum und Eriographis bo- realis vorkommen. «Die Beschaffenheit‘ der Muskeln, die bei einigen Räderthieren quergestreift seien und würfelförmigen Inhalt baben, nähern die Räderthiere den Krebsen, » Seitdem man quergestreifte Muskeln auch bei den Salpen ge- funden hat, dürfte diese Thatsache wol keine grössere Bedeutung für die Systematik besitzen, zumal da auch bei einigen Strahlthieren (Köl- liker, Gewebelehre, S. 67) quergestreifte Muskeln vorkommen, deren Inhalt in ‚Scheiben zerfällt. Sobald quergestreifte Muskeln auch bei anderen Wirbellosen, als bei den Gliederthieren, vorkommen können, ist das ausnahmsweise Vorhandensein derselben bei Räderthieren kein Grund, sie den Gliederthieren anzureihen. 196 «Die Aehnlichkeit des Nervensystemes mit demjenigen der niedersten Krustentbiere sei unverkennbar. » - Wenn ich die Leydig’schen Abbildungen des Nervensystemes von Notommata Sieboldi, Taf. II, Fig. 42 und 46, dieses in der Mitte ver- schmolzenen Ganglion und seine zu den Borstengruben ausstrahlenden Nerven, die bei den niedersten Krustenthieren kein Analogon besitzen, mit dem Nervensystem der rhabdocoelen Strudelwürmer und den zu den seitlichen Wimpergruben derselben stehenden Nerven vergleiche, so finde ich nicht nur Achnlichkeit, sondern fast Identität. Ich sehe dieselbe Achnlichkeit in dem Nervensysteme aller Plattwürmer, der Nemerten, Planarien und Trematoden; ich finde dieselbe Entwicklung der Augen von einem einfachen Pigmentflecken an bis zu einem etwas weiter gebildeten Organe mit einem lichtbrechenden Körper bei allen diesen Würmern, und in den Abbildungen von Quatrefages über das Nervensystem der Nemerten sehe ich ganz dieselben Endigungen der Nerven, wie sie Zeydig bei Räderthieren und niederen Krustenthieren gesehen hat. Die Bildung des Nervensystemes und der Sinnesorgane stimmt also weit mehr mit derjenigen der Plattwürmer, als mit der- jenigen der niederen Krustenthiere überein. In dem Gebiss junger Daphnien findet Leydig grosse Aehnlichkeit mit den Zahnformen einiger Räderthiere, er erinnert aber zugleich daran, dass auch viele Würmer einen ähnlichen Kauapparat haben. Was mich betrifft, so kenne ich kein krebsartiges Thier, welches den Schlundkopf in ähnlicher Weise hervorstossen könnte, wie manche No- tommaten den ihrigen, der mit einem Zangenkiefer bewaffnet ist, Ich kenne- keinen Krebs, dessen Schlundkopf ein Fangorgan wäre, wälı- rend diess gerade bei den Würmern die gewöhnlichste Bildung ist. Auch gibt es kein Gliederthier, bei welchem After und Mastdarm gänz- lich fehlten, wie bei den von Leydig beschriebenen Rädertbierarten, und wenn auch der Mastdarm bei der Larve des Ameisenlöwen, wie Leydig erwähnt, in ein Spinnorgan umgewandelt ist, so ist er doch vorhanden und hat nur: eine andere functionelle Bedeutung erhalten. Dass bei den Würmern diese Unvollkommenheit des Darmkanales etwas Gewöhnliches ist, brauche ich nicht zu erinnern. Die Structur des Darmkanales weist also auch auf die Würmer und nicht auf die Krusten- thiere hin. Leydig spricht als ein Harnsecret dunkle Zellen an, "welche er in der Kloake der Jungen gefunden hat, und vergleicht dieselben mit ähnlichen Ansammlungen in der Kloake der jungen Cyclopen. Ich lege hier zwei Zeichnungen aus einer schon vor Jahren begonnenen Entwicklungs- gesehichte der Cyelopen bei (Taf. XIl.), die unvollständig geblieben ist, die aber genügen werden, das Verhältniss anschaulich zu machen. Die eine Figur stellt eine eben ausgeschlüpfte Cyclopenlarve mit drei Paar 197 "Beinen, die andere eine solche etwas ältere mit vier Paar Beinen dar. Beide sind unter derselben Vergrösserung, Objectiv No. 7 von Ober- ser gezeichnet und zeigen die Bauchseite. Man ersieht daraus leicht, dass dieses Secret, ursprünglich von grüner Farbe, in zwei seitlichen am Darme gelegenen Drüsensäcken gebildet und in die Kloake über- geführt wird, wo es eine gelbe Farbe erhält. Ich finde nichts Auf- fallendes darin, dass diese Drüsensäcke, denen man wohl die Be- deutung der Leber vindieiren muss, und die bei den Würmern häufig genug vorkommen, schon im Jugend- und Larvenzustande ihr Secret absondern, das sich gewissermassen als Kindspech in der Kloake sammelt. y Das bedeutendste Gewicht legt Zeydig, und wohl mit vollem Rechte, auf die Erscheinungen des Geschlechtslebens. Auf Sommer- und Wintereier, so wie auf Herumtragen der Eier will Zeydig weniger Ge- wicht legen und mit vollem Rechte, denn ausser der erwähnten Clep- sine dürfie man auch Polyno@, Exogone und Cystonereis aufführen, die ebenso wie manche Rädertbiere und Kruster ihre Eier mit sich herum- tragen. Der wesentliche Grund, den Zeydig anführt, wird von ihm in der Verkümmerung der männlichen Individuen gefunden !). Dieser Grund wäre vielleicht von grossem Gewichte, wenn wir - bei den Würmern nicht auch Verschiedenheiten fänden, die uns zeigten, dass in dieser Beziehung kein entscheidender Charakter aufgefunden _ werden kann. Krohn hat ausdrücklich nachgewiesen, dass die Männ- chen von Autolytus prolifer eine bedeutende Verschiedenheit von den Weibchen zeigen. Bei den meisten Rundwürmern treffen wir eine auffallende Verschiedenheit und selbst Verkümmerung der Männchen an. Es gibt ja kaum eine Gattung unter den Nematoden ohne Un- gleichheit der Geschlechter und brauche ich nur an Tropidocerca (Tro- pisurus) Dies. zu erinnern, um zu zeigen, auf welch’ hohen Grad diese - Verschiedenheit sich steigern kann. Ebenso können die Unterschiede wohl kaum weiter gehen, als bei Distoma Okenii und Distoma haema- tobium, die doch wohl auch zu den Würmern gehören. Die Ungleich- heit der männnlichen und weiblichen Individuen ist demnach ebenfalls kein entscheidender Charakter, da er ebensowobl einigen Krustenthieren, wie sehr vielen, ja den meisten zweigeschlechtigen Würmern zukommt. «Der Nachweis einer Metamorphose bei einigen festsitzenden Räderthieren soll diese nach Zeydig den Krustern nähern. Auch das Verkümmern und Schwinden des Auges kehre bei Krebsformen wieder.» 2) Der Entdecker der missgestalteten Räderthiermännchen ist nicht Dalrymple, wie Leydig angibt, sondern Brightwell. S. dessen Aufsatz in The Annals and Magazine of natural history. 2" Series, No. 9, September 1848, pag. 453, Tab. 6. 198 Vollkommen richtig, aber ganz dieselben Verhältnisse finden sich auch bei Würmern, und gerade bei Röhrenwürmern sind beide Mo- mente, die Metamorphose und das Schwinden der Augen in nicht minder auffallend ähnlicher Weise, wie bei den Räderthieren, vor- handen. Ja, wenn ich die Leydig’sche Figur der Stephanoceros-Larve mit demjenigen, freilich seltener vorkommenden Typus der Anneliden- Larven vergleiche, welche den Wimperkranz des Kopfes vor den Augen tragen; wenn ich dieselben ferner mit der einzigen bekannten Nemertinen- Larve, dem Alardus caudatus vergleiche, so müsste ich wirklich der Evidenz die Augen schliessen, um hier nicht eine weit grössere Con- formität der Bildung zu erkennen, als die von Leydig berührte mit den Larven der schmarotzenden Krustenthiere. Es dürfte aus dem Vorstehenden hervorgehen, dass alle von Leydig angeführten Charaktere durchaus keinen exclusiven Charakter besitzen, und dass überall, wo er eiye Annäherung zu den Krustenthieren finden will, ein wenigstens gleichmässiges Verhält- niss zu den Würmern vorhanden ist. Sehen wir uns um die Gründe um, welche uns zwingen, die bisherige systematische Stellung bei den Würmern festzuhalten, und die Annäherung zu den Krebsen zu ver- werfen. } Zeydig erwähnt die Anwesenheit der Flimmercilien, die aller- dings in meinen Augen insofern einen exclusiven Charakter darstellt, als sie jedenfalls die Entfernung von den Krustenthieren bedingt. We- der bei den Krustern, noch sonst bei irgend einem Gliederthiere hat man die Wimperbewegung nachweisen können, und nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse dürfen wir dreist den Satz aufstellen, dass die Wimperbewegung und der Gliederthiertypus (nicht das Chitin, wie man eine Zeit lang behauptete) sich gegenseitig ausschliessen. Ich gebe zu, dass dieser Satz durch andere, zwingende Gründe von grös- serem Gewichte umgestossen werden könne; aber so lange man ihm nur solche schwankende und mehreren Typen gemeinschaftlich zu- kommende Charaktere entgegen stellen kann, wie Leydig sie für seine Meinung anführt, dürfte er sich wohl in seiner durchgreifenden Gel- tung ohne Schwierigkeit behaupten. Es wäre thöricht, sagen zu wollen, die Anwesenheit der Flimmerbewegung bedinge die Stellung der Räder- thiere zu den Würmern; jedenfalls aber muss sie so lange die Entfer- nung von den Gliederthieren nach sich ziehen, bis sie durch einen Charakter von gleicher oder bedeutender Tragweite verdrängt ist. Die Kanäle mit Wimperfakeln, die Leydig so genau beschrie- ben hat, bilden einen zweiten wichtigen Punkt, da Organe dieser Art bis jetzt bei keinem Gliederthiere vorgekommen und auch. wirklich mit dem Typus der Athemorgane, wie sie bei den wasserathmenden Gliederthieren vorkommen, vollkommen unverträglich sind. Wenn u D 199 Athemorgane bei Krustenthieren vorhanden sind, so sehen wir die- selben stets in Form von Kiemen auftreten. Leydig gibt zwar selbst zu, dass die Aehnlichkeit der Fakelgefässe der Räderthiere mit den füllbornähnlichen Organen der Synapten nur eine entfernte sei (Müller’s Archiv. 4852, S. 513); aber er wird anderseits zugestehen müssen, dass zwischen diesen Organen ‘der Räderthbiere und denjenigen der Strudelwürmer, wie sie Schmidt und Schultze uns kennen gelernt haben, eine so überraschende Aehnlichkeit in Form, Anordnung und Structur existirt, dass man wohl kaum frappantere Analogien auffinden dürfte. Ob diese Organe Respirationsorgane sind oder nicht, lassen wir vor- läufig dahingestellt; es thut auch zur Sache durchaus nichts; wenn sie aber Athemorgane sind, wie Leydig annimmt, so muss die gänzliche Verschiedenheit in dem Typus des Baues der Respirationsorgane bei allen Krustenthieren ohne Ausnahme bedeutend in das Gewicht fallen. In diesem, wie: in dem entgegengesetzten Falle ist es aber sicher, dass kein, auch nur entfernt ähnliches Organ bei irgend einem Krustenthiere sich findet, während sehr ähnliche, ja identische Organe bei den mei- sten Plattwürmern ausgebildet sind. Die Entwicklung liefert uns weitere Gründe für unsere und gegen die Leydig’sche Ansicht. Man hat: bis jetzt noch kein Glieder- tbier auffinden können, bei welchem der Embryo nicht aus einem Primitivtheile entstünde, der dem Dotier gegenüber gestellt wäre. Selbst bei den Tardigraden hat Kaufmann einen solchen Primitiytheil nachgewiesen. Leydig dagegen überzeugt uns durch seine Beobach- tungen an den Räderthieren auf das Vollständigste, dass ein solcher Primitivtheil nicht existirt, und dass dieselben sich, wie alle Würmer aus dem ganzen Dotter entwickeln. Auch dieser so allgemeine Cha- rakter, dessen systematische Bedeutung man stels mehr und mehr würdigen wird, wiederstreitet jeder Annäherung der Räderthiere zu den Gliederthieren. ; - Selbst in der Metamorphose finden wir die Bestätigung unserer Ansicht. Ich glaube nachgewiesen zu haben, dass diejenigen Krusten- thiere, welchen Leydig allein die Rädertbiere annähern konnte, näm- lich die Schmarotzer, die Krebsflöhe und selbst die Rankenfüsser aus einen gemeinschaftlichen Larventypus entstehen, der einen der cha- rakteristischsten Typen bildet und der später vielleicht einmal dazu dienen dürfte, die sämmtlichen diesem Larventypus entsprungenen For- men sogar als eigene Classe von den übrigen Krustenthieren zu trennen. Wie dem aber auch sei, so ist jedenfalls zwischen diesen mit drei Paar gegliederten und eingelenkten Füssen versehenen Larven und den Jungen der Larven der Räderthiere auch nicht die geringste Spur einer Achn- lichkeit zu finden. Betrachtet man dagegen die Larve von Stephano- ceros, die Leydig Taf. 1, Fig. 3 abbildet, mit ihrem grossen vordern 200 Wimperkranze, mit dem hintern Wimperbüschel, mit ihren seitlichen Augen und ihrem undeutlich geringelten Wurmleibe, so ist die Aehn- lichkeit mit vielen Larvenformen der Würmer, die wir in der neuern Zeit kennen gelernt haben, besonders aber den oben erwähnten gewiss auffallend gross und der Unterschied zwischen dieser Form und den- jenigen einiger bekannten Wurmlarventypen nicht grösser, als der Unterschied, den diese unter sich selbst darbieten. Entwicklung aus dem Ei, Larvenform, Structur der Respirationsorgane drängen demnach die Räderthiere unbedingt zu den Würmern hin, während die Existenz von Wimperorganen und die übrigen so eben angeführten exelusiven Charaktere sie gänzlich von den Krebsen abscheiden. Bei solchen Ver- hältnissen könnte dann meiner Ansicht nach die Entscheidung nicht zweifelhaft sein und die bisherige systematische Stellung der Räder- thiere bei den Würmern müsste jedenfalls festgehalten werden. Ich gebe zum Ueberflusse hier noch eine Uebersicht der debattirten Cha- raktere in tabellarischer Form, aus welcher Jeder das Resultat leicht ziehen kann, Räderthiere. Charaktere, wel- che mit den Kru- |Charaktere, wel- stenthieren un- [che den Würmern vereinbar sind, Jund Krustenthie- aber denWürmern | ren zukommen. zukommen. - Charaktere, | Charaktere, | Charaktere, die welche mit | welche nur !nicht exclusiv sind den Würmern|den Krusten-/und auch bei an- unvereinbar | thieren zu- |dern Classen vor- sind. kommen. kommen. 4. Flimmerbewe- 4. Ringelung des — —— 4. Panzerbildung. gung. Körpers mit ein- ö schiebbaren Seg- menten. 2. Gefässe mit Wim- |2. Structur desNer- — — 2. Muskelstructur. perfakeln. vensystems und der Sinnesor- 7 - gane. u 3. Entwicklung des |3, Gebiss. — — 3. Structur des Embryo aus dem Darmkanals. ganzen Dotter ohne Primitivtheil. f 4.Bildungstypus der |#. Eierbildung und Larven und Jun-| Herumtragen gen ohne geglie- derselben. derte paarige Be- wegungsorgane. 5. Gänzlicher Man- |5. Ungleichheit und gel.paariger ge-| Verkümmerung gliederter Bewe-| der Männchen, gungsorgane . während des ganzen Lebens, Genf, den 44, März 4855. — —— _|i. Harnsecret? ' a > Physiologische Studien über die Samenflüssigkeit. Von 8 A. Kölliker. Hierzu Tafel XII. Nachdem ich seit Langem keine Veranlassung gehabt hatte, mit der Untersuchung des Spermas einlässlicher mich zu befassen, wurde ich in diesem Winter (1854/55) durch die gelegentlich gemachte Beobach- tung, dass die ruhenden Samenfäden des Hundes durch Natron causti- cum in die lebhafteste Bewegung kommen, von Neuem auf dieses Thema geführt. Hatte früher mehr die vergleichend anatomische und histologische Seite desselben meine Aufmerksamkeit in Anspruch ge- nommen, so waren es jetzt, entsprechend dem Interesse, das die _ Samenflüssigkeit und vor Allem die Samenfäden mit Bezug auf ihre Beziehungen zu dem Ei erregen, vor Allem die physiologischen Ver- hältnisse, die Bewegungen der Samenfäden und ihre chemische Zu- sammensetzung, welche mich fesselten, doch wurde ich im Verlaufe meiner Untersuchung auch wieder auf die Entwicklung derselben ge- führt, welche noch einmal zu verfolgen ich um so weniger unterlassen mochte, als bei dem neuerdings von verschiedenen Seiten behaupteten und allerdings kaum mehr zu bezweifelnden Eindringen der Samen- fäden in das Ei, die Feststellung der wahren anatomischen Bedeutung derselben für die ganze Lehre der Befruchtung von Wichtigkeit ge- worden ist. I. Ueber die Bewegungen der Samenfäden und die ihnen zu Grunde liegenden Ursachen. Als ich in meiner ersten Arbeit über die Samenflüssigkeit (Beitr. zur Kenntniss d. Samenfl. Berlin 4844) mir alle Mühe ‘geben musste, Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Bd. Ah 202 um die nicht thierische Natur der beweglichen Elemente des Samens darzuthun, ahnte ich nicht, dass kaum mehr als ein Jahrzehend später die Ansichten der Physiologen dergestalt umgestimmt sein würden, dass es sich jetzt gerade umgekehrt darum handelt, ob den Bewegun- gen der Samenfäden irgend eine Spur eines animalen oder vitalen Vor- ganges inne wohnt. In der That zweifelt jetzt nicht nur Niemand mehr daran, dass die Samenfäden keine Thiere sind, sondern es wird auch von den neuesten Autoren, wie von Funke und Ankermann, mehr oder weniger bestimmt die Ansicht vertreten, dass ihre Bewegungen rein von physikalischen äusseren Ursachen abhängen. Funke sagt über diesen Gegenstand wörtlich Folgendes): «Es fällt somit die Theorie, die Bewegung der Samenfäden sei willkürliche thierische Bewegung, haltlos zusammen. Welche physikalischen Kräfte aber dieses Phäno- men erzeugen mögen, ist noch" völlig dunkel. Ja wir können noch nicht einmal mit Bestimmtheit behaupten, obwohl diess wahrscheinlich ist, dass die Samenfäden auch im Organismus, im Hoden oder in den weiblichen Genitalien sich bewegen, es kann Niemand mit Bestimmt- heit widerlegen, dass nicht etwa diese Bewegungen erst in, den aus dem Organismus entfernten Objeeten unter dem Mikroskop, als ein Analogon der Brown’schen Molecularbewegung entstehen, sei es durch Verdunstung oder irgend eine andere physikalische Ursache. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Bewegungen wenigstens in einer physikalischen Wechselwirkung zwischen Flüssigkeit und Samenfäden begründet sind, wofür schon die ausserordentliche Abhängigkeit der Bewegungen von der Concentration und Beschaffenheit der Flüssigkeit, ferner vor Allem die Abänderung der Bewegungsacte durch Zusatz von Wasser, die Abhängigkeit der Art der Bewegung von der Form der Samenfäden der verschiedenen Tbiere spricht, Umstände, welche auch auf andere Weise als durch einfache Adhäsionsverbältnisse, Vermeh- rung und Verminderung des Widerstandes zu wirken scheinen. Die eigenthümliche Form der Samenfäden, besonders ihres Schwanzes, kann sehr wohl in Betracht kommen, ein Anstoss an einen kleinen Theil des Schwanzes kann einen Wellenzug in demselben hervorbringen, dessen Folge die Locomotion des ganzen Gebildes ist. Hätten die Blut- körperchen einen Schwanz, würden sie sich wahrscheinlich ebenso bewegen (! K.). Entschieden kann Zeuckart?) auch nicht den Schatten eines Beweises für seine Behauptung bringen, dass «kein Zweifel ob- walten könne darüber, dass diese Bewegungen wirklich selbständige Bewegungen sind, nicht etwa durch hygroskopische oder andere äussere physikalische Einflüsse hervorgebracht». Sie sind gewiss ebenso wenig ') Lebrb. d. Physiol. von Günther. 11. Bd., IV» Abth., 4853, pag. 1027. *) Art, Zeugung im Handb. d. Physiol., pag. 823. 203 selbständig als die Bewegungen der Schwärmsporen von Algen, die sich ebenfalls stets geradeaus (dem Lichte zu) bewegen; Nägeli erklärt diese Bewegungen sehr geistreich aus ungleich über die Oberfläche des Körperehens vertheilten endosmotischen und exosmotischen Strömungen. Wir ‚wollen einen solchen Vorgang für die Samenfäden keineswegs be- haupten, halten ihn aber immer noch für wahrscheinlieher, ‚als eine selbständige Bewegung, als welche wir freilich auch die Bewegungen der Flimmereilien, trotzdem dass sie auch an isolirten Flimmerepithel- zelien vor sich gehen, nicht betrachten mögen. Jedenfalls müssen wir uns vor der Hand noch bescheiden, eine irgend halibare Theorie dieser Bewegungen aufzustellen. » Ist auch auf diese Meinungsäusserung von Funke kein zu grosses Gewicht zu legen, da dieselbe auf keine neuen und besonderen Beob- _ achtungen sich stützt und, wie die Vergleichung mit geschwänzten Blut- kügelchen zu zeigen scheint, selbst den Gedanken erregt, dass ‚der Ur- heber derselben noch keine ächten lebhaften Bewegungen der Samenfäden von Säugern und Fischen zu beobachten Gelegenheit hatte, so wollte ich dieselbe doch anführen, um zu zeigen, wie ganz anders, die neuere Zeit gegenüber der beregten Frage sich verhält. . Noch entschiedener als Funke hat sich nun freilich Ankermann ?) geäussert, welcher auch - den Vortheil geniesst, eine Reihe eigener Erfahrungen hinter sich zu wissen. Ankermann fasst die Resultate seiner Beobachtungen über das Sperma des Frosches in folgende Sätze zusammen (pag. 1%): 4) «Motus filorum spermaticorum non invenitur in testieulo aut in semine e testieulo deprompto; is efficitur semine non nisi im- 7 minuto. 2) Narcotica vim. propriam in motum non habent, ‚sed ei finem imponunt, si ratione chemica structuram histologieam filorum spermaticorum destruant. - 3) Vis noxia omnium aliorum corporum reagentium pendet ab illa effieacitate chemica. 4) Omnium corporum reagentium, quae ratione chemica siructurae filorum spermaticorum non nocent, aut quidem non subito no- eent, solutiones in aqua concentratae motus opprimunt, atte- nuatae rursus revocant», und kommt schliesslich zu dem Ausspruche: i «Motus filorum spermaticorum pendet a legibus diffu- sionis, qua etiam efficitur.» Es wäre nun sicherlich ein bedeutender Fortschritt auf der Bahn, welche die Physiologie in der neuesten Zeit verfolgt, wenn sich zeigen u 7) De motu et evolutione filorum spermaticorum ranarum. Diss. ing. Regi- monti A854 Ah* 204 liesse, dass die Bewegungen der Samenfäden von so einfachen äusseren physikalischen Ursachen abhängen, wie Ankermann glaubt, um so mehr, wenn man bedenkt, dass diese Bewegungen für das Zustandekommen der Befruchtung unumgänglich nöthig sind, allein gerade desswegen erscheint es auch als wnabweisliche Aufgabe der Wissenschaft, die Thatsachen, welche solchen Aussprüchen zu Grunde liegen, genau zu prüfen. Sollte auch bei einer solchen Prüfung die Hoffnung, wieder einen organischen Vorgang begriffen und auf die bekannten Natur- gesetze zurückgeführt zu haben, sich nicht verwirklichen, so wird die- selbe doch sicherlich dazu beitragen, die endliche Lösung der Frage wieder um einen Schritt näher zu rücken. Nach diesen Vorbemerkungen gehe ich nun zur Aufzählung meiner in den Monaten Februar, März und April bei einer Zimmertemperatur von A4—A6° R. angestellten Versuche über die Einwirkung verschiedener Reagentien auf den Samen über, in Betreff welcher ich noch die Bemer- kung vorausschicke, dass bei denselben weniger die Absicht vorlag, alle möglichen Substanzen zu prüfen, als die Gesetze aufzufinden, nach denen die Bewegungen der Samenfäden sich regeln. Alle wichtigeren Versuche wurden zum Theil sehr oft wiederholt, indem es nur durch langanhal- tende Beschäftigung mit diesem schwierigen Gegenstande möglich ist, zu allgemeinen Resultaten zu gelangen, was ich alle Die wohl zu beachten bitte, welche im Falle sein werden, die Richtigkeit meiner Angaben zu prüfen. Die Reactionen der Samenfäden sind nämlich nicht nur bei den grösseren Thierabtheilungen sehr verschieden, sondern schwan- ken auch bei nahe stehenden Gattungen und Arten, ja bei verschie- denen Individuen einer Art innerhalb gewisser Grenzen. Ausserdem sind das Alter des Sperma’s, der Grad der Eindickung desselben, die äussere Temperatur und noch so manches Andere wohl zu beachten, wenn man constante Erfolge erzielen will. Säugethiere. Zu diesen Versuchen dienten vor Allem die Samenfäden des Stiers, dessen Testes ich mir bier in ziemlicher Menge verschaffen konnte, dann die des Hundes, Kauinchens und Pferdes, und ist, wenn nichts Anderes angegeben ist, immer das reine Sperma aus dem Vas deferens und dem Ende des Nebenhodens gemeint. Einige That- sachen wurden auch an den Samenfäden des Menschen constatirt, doch gab ich es von vorn herein auf, hier ausführlichere Erfabrungen zu sammeln, weil das Sperma, das man von Leichen erhält, wie sie gewöhnlich auf Anatomien kommen, nur in-selteneren Fällen grössere Mengen beweglicher Fäden enthält. 205 A. Verhalten der Samenfäden in reinem Sperma. Von verschiedenen Seiten wird die Behauptung ausgesprochen, dass die Samenfäden in reinem Sperma sich nicht bewegen. Die Mei- sten erklärten diess aus der Dichtigkeit des unverdünnten Samens und legten kein weiteres Gewicht darauf, da jedoch diese Thatsache auch in anderem Sinne gedeutet werden kann, wie es von Ankermann wirk- lich geschehen ist, so nämlich, dass die Samenfäden im reinen Sperma sich nicht bewegen, weil in demselben keine Differenz zwischen der in den Samenfäden enthaltenen Flüssigkeit und dem interstitiellen Flui- dum und mithin auch kein endosmotischer Strom in das Innere der Fäden sich finde, so verlohnt es sich doch der Mühe, zu fragen, ob die Thatsache wirklich begründet ist. Nach dem, was ich gesehen habe, muss ich diess für die Säugethiere verneinen. Fast immer fand ich, wenn ich einen Tropfen reines frisches Sperma aus dem Ende des Nebenhodens oder aus dem Anfange des Vas deferens unter das Mi- kroskop brachte, an einzelnen oder vielen Stellen mehr oder weniger lebhafte Bewegungen, die selbst zu einem intensiven Flimmern der ganzen Samenmasse führen konnten. In der Regel findet sich die Be- wegung allerdings nur am Rande des Tropfens, nicht weil hier eine Verdunstung des Samens statt hat, wie ein eingefleischier Gegner der vitalen Bewegung der Samenfäden allenfalls vermuthen könnte, son- dern weil am Rande des Tropfens die Intercellularflüssigkeit in etwas bemerklicherer Weise sich ansammelt. In anderen Fällen geht die- selbe, wie bemerkt, aber auch ins Innere. — Lässt man die Hoden mehrere Tage stehen, so wird das Sperma gewöhnlich dicker und vermisst man dann die Bewegungen in unverdünnten Tropfen, doch habe ich beim Stier Fälle gesehen, wo dieselben noch am sechsten Tage nach dem Tode des Thieres zu beobachten waren. B. Einwirkung des Wassers auf die Samenfäden. Wasser hebt ohne Ausnahme die Bewegungen der Samenfäden der Säuger auf, doch zeigt sich ein Unterschied, je nachdem man dasselbe gleich in Menge oder langsam einwirken lässt. Im erstern Falle,. wenn man z. B. etwas Sperma mit zwei Tropfen Wasser mengt, so ist von einer Bewegung der Fäden auch bei sofortiger Untersuchung keine Spur mehr zu schen, lässt man dagegen etwas Wasser unter dem Deckgläschen zu reinem Sperma einfliessen, so zeigen die Fäden der sich lockernden Samenmasse, namentlich im Innern derselben, noch eine kurze Zeit lang (Y/,— Y,—A Minute lang) lebhafte Bewegung, die dann aber schwindet, so wie das Wasser die Samenflüssigkeit durch und durch verdünnt hat und auf alle Fäden einwirkt, Nach der Ein- 206 wirkung von Wasser zeigen die Samenfäden der Säuger alle oder we- higstens die überwiegende Mehrzahl einfache oder schlingenförmige Oesen, so dass die hintere Hälfte des Fadens nach vorn umgebogen ist und oft in einer Spiraltour den vordern Theil desselben und den Kopf umgibt, oder es ist in anderen Fällen der Faden nach Art einer Uhrfeder eingerollt. Diese Oesenbildungen, deren genauere Kenntniss wir namentlich vw. Siebold verdanken, wurden bisher allgemein als ein Zeichen des eingetretenen Absterbens der Samenfäden betrachtet (Siehe Henle, Allgem. Anat., pag. 955 u. 956, und AR. Wagner, Phys., 3, Aufl., S. 22, Anmerkung 2, bei welch’ letzterem Autor sich übri- gens die Angabe findet, dass baldiger Zusatz von Blutserum, Blut u. Ss. w, zu mit Wasser behandeltem Sperma zuweilen wieder regel- mässige Bewegungen: hervorbringe, welche aber bald ganz aufhören), das Phänomen dem natürlichen Tode der Fäden, in welchem sie immer gerade ausgestreckt liegen, an die Seite gestellt und mit v. Siebold als Folge der Einsaugung von Wasser erklärt. Diese Erklärung ist nun wohl unzweifelhaft die richtige, allein ganz irrig ist, wie ich finde, die Meinung, dass Samenfäden mit Oesen todt seien. Solche Fäden sind nur scheintodt und können immer wieder selbst nach längerer Zeit aus ihrem ruhenden Zustande zur lebhafte- sten Bewegung erweckt werden. Die erste Beobachtung der Art machte ich beim Kaninchen mit „NaO HO, PO, von 10%,, und war allerdings sehr erstaunt, als ich die durch das Wasser vollkommen eingerollten und ganz bewegungslosen Samenfäden sich aufrollen und nach und nach wieder in die lebhafteste Bewegung kommen sah. Da diese Erfahrung in eine Zeit fiel, wo mir Moleschott’s und Ricchetti's Wahrnehmungen über den günstigen Einfluss gewisser Natronsalze auf die Bewegungen ‚der Samenfäden schon bekannt waren (s. unten), so dachte ich natürlich zuerst an eine specifische Wirkung dieses Salzes, als ich dann aber fand, dass auch eine Zuckerlösung von 1040 — 1050 spec. Gew. und gewöhnliches Hühnereiweiss, mit Wasser behandelte Samenfäden vollkommen auferweckt, musste ich natürlich diesen Ge- danken verlassen. Eine weitere Verfolgung dieses Gegenstandes er- gab nun in der That, dass viele concentrirtere Lösungen der Sub- stanzen, welche überhaupt der Bewegung der Samenfäden günstig sind, mit Wasser behandeltes Sperma wieder beweglich machen, wie nament- lich Blutserum, ferner Zucker, Eiweiss, Harnstoff von 40, 15— 30%, concentrirte Lösungen von Glycerin und Amygdalin, „Na0O HO, PO, von 5%, und 40%, Na Cl von 1%, 5%, und 40%, Zucker mit Yıooo KO. Hierbei sind noch folgende Punkte im Einzelnen hervorzuheben: Einmal wirken bei diesen Wiederbelebungen nicht nur jene Con- centrationen, welche in reinem Sperma Bewegung veranlassen, sondern auch stärkere. So bewegen sich die Samenfäden des Stieres, Hundes 207 und Kaninchens nur in Na Cl von 1%, nie in solchem von 5 und 10%. - Ist jedoch der Samen mit Wasser behandelt, so wirkt niebt nur die erstere, sondern auch die beiden anderen Lösungen wiederbelebend Dasselbe zeigt sich bein Harnstoff, dessen 30%, Lösung niemals die Fäden von reinem Sperma fiimmern macht, und beim Zucker. Es versteht sich von selbst, dass in solchen soust ungünstig wirkenden Lösungen die Bewegung der Fäden nicht lange anhält, namentlich wenn grössere Mengen zugesetzt werden, während beim Zusatz an und für sich günstig wirkender Lösungen die Samenfäden nach dem Wieder- aufleben oft noch 2—3 Stunden sich bewegen. Zweitens ist zu bemerken, dass die verschiedenen concentrirten Lösungen in ihrer Wirkung auf mit Wasser hehandeltes Sperma nicht ganz gleich sich verhalten. Wenigstens schienen mir in allen Ver- suchen die Salzlösungen, besonders Na Cl am raschesten zu wirken, langsamer die Zuckerarten und der Harnstoff, am langsamsten Eiweiss und Glycerin. — Da das ganze Phänomen des Wiederauflebens offenbar auf einer Wasserentziehung und einer Durchtränkung der Samenfäden mit einer concentrirten Lösung beruht, so darf es nicht Wunder neh- men, dass nicht alle Substanzen sich gleich verhalten. Die von mir gefundenen Differenzen stimmen nun auch in der That nicht schlecht mit den von Graham für die Diffusion von Kochsalz, Zucker und Eiweiss in Wasser gefundenen Differenzen, indem ersteres am leich- testen, letzteres am schwierigsten diffundirt (nach Graham verhält sich das Diffusionsvermögen der genannten Substanzen bei 20%, Lö- sungen wie 100 : 45,36 : 5,24), so wie mit der von Cloeiia nachge- wiesenen Imbibitionsgeschwindigkeit des Kochsalzes (siehe unten). Eine besondere Erwähnung verdient endlich drittens noch, dass caustische Alkalien, die sonst mächtige Erreger der Samenfäden sind (siehe unten), auf mit Wasser behandelte Fäden fast gar nicht einwirken. Bei einer grossen Zahl von Versuchen mit sehr verschie- denen Concentrationen hat es mir doch nur einige wenige Male ge- lingen wollen, und zwar durch Lösungen von KO von 41—5%, und von NH,O von A%, an mit Wasser behandelten Fäden wiederum Bewegungen hervorzurufen, und selbst in diesen Fällen waren die Bewegungen schwach und durchaus nicht allgemein. Die meisten Fäden machten, indem sie sich aufrollten, nichts als ein paar Axen- drehungen und waren dann still. ‘Da nach Graham’s Versuchen (Phil. Trans., 4854, I, pag. 38, und 4851, II, pag. 483) die cau- stischen Alkalien ebenso rasch oder noch etwas rascher diffun- diren als die alkalischen Salze, und das Aufrollen der Oesen auch beweist, dass dieselben in die Samenfäden eindringen, so ist das Ausbleiben der Bewegungen wohl nur dadurch zu erklären, dass an mit Wasser behandelten Fäden die durch sie bewirkte Aende- 208 rung der Molecularverhältnisse derselben viel schneller eintritt als in reinem Samen. C. Verhalten der Samenfäden in thierischen Flüssigkeiten. A) Lymphe und Blutserum. In diesen beiden Flüssigkeiten tritt die Bewegung der Samen- fäden ohne Ausnahme mit vollster Energie ein und dauert unter gün- stigen Verhältnissen, d. h. wenn die Flüssigkeit vor dem Verdunsten geschützt und in einer entsprechenden Temperatur erhalten wird, 3—6 Stunden und mehr mit gleicher Intensität fort. — Verdünnung der genannten Flüssigkeiten mit der einfachen oder doppelten Menge von Wasser hebt die Bewegung auf. 2) Secret der Samenbläschen, der Prostata, des Uterus masculinus und der Cowper’schen Drüsen. Bei Kaninchen bietet sich eine günstige Gelegenheit dar, das Se- cret des Uterus masculinus auf die Samenfäden zu studiren, indem dieses Organ stets eine reichliche Menge einer eiweissreichen alkali- schen Flüssigkeit und, wie schon E. H. Weber und Leydig melden, Samenfäden enthält. Die Bewegung der Fäden ist in diesem Secrete von ausnehmender Lebendigkeit und langer Dauer. Ebenso günstig wirkt das alkalische gallertartige Secret der Samenbläschen des Men- schen auf die Fäden von Säugern, und das Gemenge von alkalischen Secreten im ejaculirten menschlichen Samen. 3) Eiweiss von Eiern. Die flüssigeren Theile des bekanntlich alkalisch reagirenden und viel-Na Cl haltenden Eiweisses von Eiern erhalten die Bewegungen der Samenfäden ebenso gut als irgend eine andere Flüssigkeit. Wird dagegen eine concentrirtere, z. B. durch theilweises Eintrocknen ge- wonnene Lösung genommen, so hört die Bewegung auf, doch kann dieselbe immer durch Verdünnen mit Wasser wieder hergestellt wer- den. Dasselbe geschieht in einer verdünnten Lösung, wenn dieselbe unter 4040—4020 spec. Gew. besitzt. In einem Falle beobachtete ich beim Stier ein Wiederaufleben von Samenfäden, welche über Nacht unter einem Deckgläschen in Eiweiss gelegen hatten und ein- getrocknet waren, bei Zusatz von neuem Eiweiss. 4) Speichel. Während Donne (Cours de Mieroscopie, pag. 290), Krämer (De motu spermatoz., pag. 37) und Vulentin (Nova Acta, XIX, P. I, pag. 239) 209 dem Speichel, und zwar Krämer sowohl saurem als alkalischem, eine schädliche Wirkung beimessen, fanden R. Wagner (Phys., 3. Aufl., S.24 u. 22) und ZLampferhoff (De vesie. seminal.) das Gegentheil. Ich muss meinen Erfahrungen zufolge den ersteren Autoren mich an- schliessen, indem ich, die vorübergehenden Bewegungen abgerechnet, die beim Verdünnen des Sperma’s entstehen, die Samenfäden nie in Speichel sich bewegen sah. Ohne Ausnahme bildeten auch in dieser Flüssigkeit die Fäden Oesen, wie in Wasser, was ebenfalls beweist, dass dieselbe schädlich wirkt, indem Samenfäden niemals in einer Flüssigkeit sich bewegen, die Oesen an ihnen erzeugt. Wird Speichel durch sehr verdünnte Lösungen von caustischen Alkalien — die mit concentrirteren Flüssigkeiten gemengt die Bewegungen der Fäden nicht aufheben — alkalischer gemacht, so wirkt er gerade auf dieselbe Weise, wie rein, wogegen Zusätze von indifferenten Substanzen, wie Zucker, die ihn concentrirter machen, seine schädliche Wirkung auf- heben. Es ist daher weder die zu geringe Alkalescenz noch etwas specifisches, was seine schädliche Wirkung bedingt, sondern wohl un- zweifelhaft sein grosser Wassergehalt. 5) Harn. Nach Donne (l. c. pag. 290) sterben die Samenfäden im Harn augenblicklich, ohne Oesen zu bilden, womit R. Wagner (l. c.) wenig- stens insofern übereinstimmt, als er die Bewegungen weniger lang beobachtete und zuweilen rasch aufhören sah, wogegen nach Krämer die Bewegungen im Harn fortdauern, mag derselbe frisch oder alt, warm oder kalt sein. Ich finde, dass im Harn des Menschen die Samenfäden der Säuger sich meist gar nicht bewegen oder, wenn es geschieht, nur schwach, vereinzelt und kurze Zeit. Die Ursache hier- von liegt nicht, wie beim Speichel, im Concentrationsgrade dieser Flüssigkeit, sondern hängt von ihrer sauren Reaction ab, indem alle Flüssigkeiten von einer gewissen Acidität die Bewegungen der Samen- fäden aufheben. Wird der menschliche Harn durch verdünntes cau- stisches Kali oder Natron neutral oder schwach alkalisch gemacht, so erhalten sich die Bewegungen der Samenfäden stundenlang in ihm. Tilgt man die Alkalescenz durch Zusatz neuen Harnes, so zeigt sich schon ein Einfluss auf die Bewegung der Fäden, so wie die erste Spur einer sauren Reaction eintritt, welcher bald in voller Schädlich- keit auftritt, wenn die Acidität wieder stärker hergestellt wird. Zur Bestätigung des Gesagten gilt die fernere Thatsache, dass, wie ich beim Kaninchen beobachtete, der alkalische Harn von Pflanzenfressern die Bewegung der Samenfäden nicht im Geringsten beeinträchtigt. Das- selbe gilt von durch Zersetzung schwach alkalisch gewordenem Harn, ie 210 doch kann derselbe auch durch zu viel kohlensaures Ammoniak schäd- lich einwirken, wie ich vom Harne des Hundes beobachtete. Nach Donnd (pag. 273 u. 287) sollen auch die Samenfäden in stark ammo- niakalischem Harn ziemlich schnell zerstört werden, während sie nach demselben Autor in saurem Harn noch nach Monaten aufzufinden sind (pag. 31k). 6) Galle. Die Behauptung von Krümer, dass dıe Galle die Bewegung der Samenfäden der Säuger nicht beeinträchtige, kann ich nicht ohne wei- teres unterschreiben, vielmehr stimmt, was ich fand, mehr mit R. Wag- ner’s Angaben überein (l. c.), nach denen die Samenfäden in Galle weniger lang und manchmal gar nicht sich bewegen. Die Samenfäden des Ochsen ‚bewegen sich in einer ziemlich dickflüssigen menschlichen Galle nicht, ebenso wenig in deutlich alkalischer frischer, aus einer Gallenblasenfistel stammender Hundsgalle. Da diese nur 1008—A040 spec. Gew. besass, so vermuihete ich, es möchte die geringe Concen- tration derselben die Schuld tragen, und vermengte dieselbe mit einer Lösung von Traubenzucker. In einer solchen Mischung von 1020 spec. Gew. bewegten sich schon einzelne Samenfäden, und in einer andern von 4037—1045 Gew. war die Bewegung ziemlich allgemein. Noch schlagendere Resultate erhält man, wenn man die Galle durch Ein- dampfen concentrirter macht, in welchem Falle leicht eine Flüssigkeit zu erhalten ist, die die Schlängelungen der Fäden nicht alterirt. Beim Hunde bewegten sich einzelne Fäden in der Galle eines andern Hundes lebhaft, während die grosse Mehrzahl derselben vollkommen ruhig blieb; beim Kaninchen endlich schadete Hundsgalle den Bewegungen nicht, 7) Milch. Bei diesem Secrete bietet sich wieder eine gute Gelegenheit dar, den Einfluss der Reaction einer Flüssigkeit auf die Samenfäden zu prüfen. In alkalischer Milch dauert die Bewegung der Fäden unge- trübt lange Zeit fort, und beziehen sich die bestätigenden Angaben von Donnd und Krämer sicherlich auf ein solches normales Seeret. Saure Milch dagegen hebt die Bewegungen augenblicklich auf und bekommen die Samenfäden in derselben auch Oesen, was wohl ein- fach durch die geringere Concentration des Plasma’s saurer Milch, in welcher das Casein geronnen ist, sich erklärt. 8) Humor vitreus. Die Glasfeuchtigkeit des Ochsenauges erhält die Bewegungen der Samenfäden lange Zeit in völliger Lebhaftigkeit, eine Thatsache, die 211 bei der geringen Concentration dieser Flüssigkeit auf den ersten Blick etwas sehr Befremdendes hat. Das Räthsel löst sich jedoch, wie mir scheint, leicht, wenn man die günstige Wirkung schwacher Kochsalz- und Chlorkaliumlösungen von Y—4%, auf die Samenfäden kennt (siehe unten) und die Zusammensetzung des Glaskörpers näher ins Auge fasst. Derselbe enthält nämlich nach den neuesien Untersuchun- gen von Lohmeyer (Zeitschr. f. rat. Med. 1854, pag. 64 u. fg.), welche die älteren Angaben von Berzelius und Frerichs weiter ausführen und bestätigen, auf 400 Theile in 4,46 fester Substanz 0,77 Na Cl und 0,06 K Cl, also mehr als %, %, zweier Salze, die selbst in bedeutender Verdünnung die Bewegungen der Samenfäden nicht stören. 9) Schleim. Die verschiedenen Schleimarten sind im Allgemeinen den Bewe- gungen der Samenfäden nicht hinderlich, ausser wenn sie zu zähe und consistent sind, was allerdings häufig genug der Fall ist. Seit Donnd wird auch auf die Reaction» des Schleimes Gewicht gelegt und nicht ganz mit Unrecht, indem wenigstens der Schleim aus dem Magen die Bewegung der Fäden aufhebt, wenn seine Reaction deutlich sauer ist, während dieselbe in allen alkalischen Schleimarten fortdauert. Was die Secrete der weiblichen Genitalien betrifft, so hätte ich gern die Angaben Donne’s geprüft, ich fand es jedoch bei einigen im hiesigen Gebärhause gemeinschaftlich mit Scanzoni angestellten Versuchen un- möglich, reinen Vaginal- und Uterusschleim zu erhalten, der diluirt genug gewesen wäre, um den Einfluss desselben auf die Samenfäden von reinem thierischem Sperma zu untersuchen. So viel ist allerdings richtig, dass der Vaginalschleim immer sauer und der Schleim des Cervix uteri alkalisch reagirt, doch glaube ich mit Donnd, dass der erstere den Samenfäden in der Regel nicht viel schaden wird, da die Aeidität desselben selten bedeutend ist. Was dagegen den zähen Schleim des Cervix uteri betrifft, so scheint die Consistenz desselben immer der Art zu sein, dass von einer Bewegung der Elemente des Samens in ihm nicht die Rede sein kann, wie wenigstens Versuche mit unverdünntern thierischem Samen lehren, und möchte daher mit Bezug auf die Ursachen der Sterilität auf die so häufige übermässige Secretion dieses Schleimes und die durch dieselbe bewirkte Unweg- samkeit des Cervix uteri viel mehr Gewicht zu legen sein, als auf die, wenn auch von Donnd behauptete, doch wohl kaum hinreichend constalirte zu grosse Alkalescenz des Uterinschleimes. Auf die von Donne ebenfalls erwähnte zu grosse Acidität des Vaginalschleimes in gewissen Fällen lege ich noch weniger Gewicht, indem es für die Be- fruehtung in der Regel wohl ziemlich gleichgültig ist, ob die Samen- fäden im Vaginalschleim am Leben bleiben oder nicht, ganz abgesehen 212 davon, dass das ejaculirte Sperma so stark alkalisch reagirt, dass es wohl vollkommen hinreicht, um die Säure des Schleimes zu neu- tralisiren. Von allen thierischen Flüssigkeiten, welche die Bewegungen der Samenfäden nicht stören, kann nun noch als allen gemeinschaftlich angegeben werden, dass dieselben in verdünnten Lösungen genau wie Wasser sich verhalten, d. h. Oesen erzeugen und die Bewegung hemmen. Auch in diesem Falle jedoch sind. solche Samenfäden nicht als todt zu betrachten, vielmehr lassen sich dieselben immer durch die oben schon namhaft gemachten concentrirteren Lösungen wieder ins Leben rufen. D. Einwirkung organischer, mehr indifferenter Substanzen auf die Samenfäden. Die von mir geprüften mehr indiflerenten organischen Substanzen zerfallen in zwei Abtheilungen, solche, welche in einer gewissen Con- centration den Bewegungen keinen Eintrag (hun, und andere, welche dieselben unter allen Verhältnissen aufheben, ohne jedoch die Lebens- fähigkeit der Fäden zu zerstören. Zu der ersten Kategorie gehören folgende : 4) Traubenzucker, Milchzucker, Rohrzucker. Mit den verschiedenen Zuckerarten habe ich mehr als mit irgend einer andern Lösung experimentirt, da dieselben als indifferente, in jeder beliebigen Lösung leicht herzustellende Körper vor allem sich darboten, als es sich um die Beantwortung der Frage handelte, ob wirklich nur Endosmose die Bewegung der Samenfäden veranlasse. Als ich dann gefunden hatte, dass in gewissen Zuckerlösungen die Bewegung der Samenfäden sich ebenso gut erhält, wie in den nahezu am günstigsten wirkenden thierischen Flüssigkeiten, benutzte ich eine Lösung von Zucker als gewöhnliches Verdünnungsmittel des Samens, und hatte so noch mehr Gelegenheit, ihre Einwirkung zu. erproben. Diese ist einfach so, dass concentrirte und diluirte Lösungen die Be- wegungen der Samenfäden hemmen, während dieselben bei gewissen mittleren Concentrationen aufs lebhafteste zu Tage treten und ist hier- nach Krämer’s Angabe, dass Zuckerlösungen, concentrirte sowohl wie diluirte, die Bewegungen der Fäden aufheben, zu verbessern. Die Einzelverhältnisse sind bei verschiedenen Säugern etwas verschieden, ausserdem auch nicht hei allen Individuen vollkommen gleich, wess- halb auch die folgenden Zahlenangaben, die ich beispielsweise anführe, nicht gerade als für alle Fälle gültig angesehen werden können. Kaninchen. Traubenzucker. Stier. Hund. 4) von 30% 0, 0, meist 0, einmal bei wenigen leise Zuckungen, 2) » 45%,0d.4060 sp. Gew.|Bewegung sehr| Bewegung spär- | fast allgemein, lebhaft, lich, von kurzer | nicht besonders Dauer, wenig leb- lebhaft, haft, 3) » 4057 » » ebenso, etwas besser, k) » 1050 » » ebenso, sebr lebendig |lebhaft, allgemein, langdauernd, all- gemein, 5) » 1048 » ebenso, ebenso, 6) » 400». » ebenso, 7) » 41030 » » Jjallgemein, aber| sehr lebhaft, fast ebenso, weniger lebhaft, allgemein, 8) » 1020 » » spärlich, weniger lebhaft, |noch lebhaft, aber viele Oesen, abge-] spärlicher, löste Köpfe, 9 » A047 » » |sehr vereinzelt oder fehlend, 40) » A010» » 0, 0, viele Oesen und| einzelne wenige abgelöste Köpfe, | zucken noch et- was, viele Oesen, A) » 1005 » » 0, Oesen, ebenso, ebenso, 42) » 1002 » » ebenso, ebenso, 0, Oesen. Die Dauer der Bewegungen war in den meisten günstig wir- kenden Lösungen sehr bedeutend. Beim Hund hatten dieselben an gewöhnlichen mikroskopischen Präparaten nach vier Stunden noch nicht aufgehört, und beim Kaninchen bewegten sich nach 46 Stun- den immer noch einzelne Fäden, so dass nicht zu. bezweifeln ist, dass unter günstigen Verhältnissen eine noch viel längere Dauer erzielt werden kann. Alle Zuckerarten, so wie überhaupt die hier abzuhandelnden organischen Substanzen zeigen nun noch übereinstimmend die Eigen- thümlichkeit, dass sie auch in ihren diluirten und concentrirten Lösun- sungen, welche die Bewegungen der Samenfäden aufhören machen, dieselben nicht tödten. Wie beim Wasser kann nach Zusatz diluirter Zuckerlösungen die Bewegung durch verschiedene concentrirtere Flüssig- keiten wieder hergestellt werden, und nach Anwendung dichter Lö- sungen wird durch eine einfache Verdünnung mit Wasser dasselbe erreicht. 214 2) Harnstoff. Wirkt genau wie die Zuckerarten, in Lösungen von 5— 10%, gün- stig, in diluirten und concentrirten Lösungen nachtheilig, doch nicht wirklich tödtend. 3) Glycerin. Verhält sich wie Harnstoff. 4) Amygdalin. Die einzige von mir angewendete Lösung von 1042 spec. Ge- wicht zeigte beim Kaninchen einige sich bewegende Fäden, während die meisten Oesen besassen. 5) Picrotoyin. Eine von mir versuchte Lösung von 4005 spec. Gewicht erzeugle an den Samenfäden des Stieres und Kaninchens Oesen, war also auf jeden Fall zu diluirt. 6) Salicin. In einer Lösung von 40142 spec. Gew. bewegen sich beim Kanin- chen eine gewisse Zahl Samenfäden. Manche liegen still oder haben Oesen. Offenbar wirkt die Lösung nur desswegen nicht besser, weil sie zu diluirt ist, was auch dadurch bewiesen wird, dass Zusatz einer concentrirten Zuckerlösung die Bewegung lebhafter herstellt. Zu den schädlich wirkenden indifferenten organischen Sub- stanzen zählen: 7) Gummi und Dextrin. Schon im Anfange meiner Untersuchungen hatte ich die Beobach- tung gemacht, dass die Samenfäden der Säuger in Gummi arabicum und Pflanzenschleim (Gummi tragacanthae und Mueil. sem. eydoniorum) sich nicht bewegen und Oesen erhalten, doch schrieb ich diess an- fangs auf Rechnung der zu grossen Verdtnnung meiner Lösungen. Als ich dann aber später fand, dass auch Solutionen von Gummi arabieum von 4022, 4035 und 4045 spec. Gew. denselben Erfolg haben, dass jedoch durch Zusatz gleich concentrirter Zuckerlösungen zur Gummi- solution die Bewegung der Samenfäden wieder hergestellt werden kann, musste die Sache doch die Aufmerksamkeit erregen. Bei der weitern Verfolgung dieser Angelegenheit wurde ich nun vor Allem an die Blut- zellen des Frosches gewiesen, von denen ich schon früher (s. diese Zeitschr. Bd. VII, pag. 483) gefunden hatte, dass sie durch Pflanzen- schleim erblassen. Ich hatte damals ohne weiteres Ueberlegen dieses Erblassen in ähnlicher Weise, wie das Farbloswerden der Blutzellen in sehr concentrirten Harnstoff-, Zucker- und Salzlösungen, auf einen exosmolischen Strom bezogen, der aus dem Innern der Blutzellen in 215 - die dichtere äussere Lösung, stattfinde, allein nun traten meine Beob- achtungen an den Samenfäden hindernd entgegen und forderten zu einer genaueren Prüfung auf. Diese ergab nun in der That, dass zwi- "schen der Einwirkung concentrirter Gummilösungen auf die Blutzellen und derjenigen der anderen genannten Substanzen ein sehr wesent- licher Unterschied besteht. In einer concentrirten Harnstoff-, Zucker- und Salzlösung nämlich ist die erste an den Blutzellen auftretende Veränderung ein Schrumpfen, ein Zackig- oder Faltigwerden, auf welches erst in zweiter Linie das Erblassen folgt, dem häufig noch ein Kugeligwerden der ganzen Zelle vorangeht, in Pflanzenschleim und Gummi arabieum dagegen fehlt das Runzeligwerden der Zellen voll- ständig, vielmehr machen dieselben genau die nänlichen Veränderungen durch, wie bei Zusatz von Wasser, werden erst kugelrund, dann nach und nach entfärbt. Wenn somit Gummi arabicum selbst in concen- trirten Lösungen sowohl auf die Blutzellen als auf die Samenfäden wie Wasser einwirkt, so liegt es nahe, die Erklärung darin zu suchen, dass auch das Gummi arabieum, wie der Pflanzenschleim, entgegen der bisherigen Annahme; sich in Wasser nicht wirklich löst, sondern - nur aufquillt. Unter dieser Voraussetzung könnte dann bei einer Gummilösung von einer endosmotischen Wirkung, wie bei,wirklichen Lö- - sungen, keine Rede sein, und dieselbe, auch wenn sie noch so concen- trirt wäre, immer nur durch ihr Wasser an endosmotischen Processen sich betheiligen, mit anderen Worten, es würde dieselbe, um ein grobes Bild zu wählen, sich gerade so verhalten, wie Wasser, das feste Theilchen, Sandkörnchen oder Fetttröpfchen, aufgeschwemmt enthielte. Ich weiss nun zwar wohl, dass diese meine Vermuthung mit der gewöhnlichen Annahme in bedeutendem Widerspruche steht, indem das Gummi ara- bieum allgemein als in Wasser wirklich sich lösend angesehen und demselben ein nicht unbeträchtliches endosmotisches Aequivalent (14,79) zugeschrieben wird, unterwirft man jedoch die bisher mit dieser Sub- stanz angestellten endosmotischen Versuche einer Kritik, so ergibt sich, dass dieselben mit meiner Annahme nicht so unvereinbar sind, als es auf den ersten Blick scheint. Jerichau (Poggendorf’s Annalen, Bd. XXXIV) trennte durch eine Membran zwei gleich concentrirte Lösungen von Gummi arabicum und Zucker, und fand, dass das speeifische Gewicht der Zuckerlösung abnahm, eine Beobachtung, die Brücke später be- slätigte (De diflusione humorum per septa mortua et viva. Berol. 1842, und Poggendorf’s Annal.:Bd. LVII). Brücke schloss hieraus, dass die Anziehungen nicht statt haben zwischen den beiden Lösungen, sondern zwischen dem Wasser und den gelösten Stoffen, und gründet zum Theil auf diesen Versuch seine bekannte Theorie der Endosmose. Die Erklärung fällt aber ebenso einfach aus, wenn man von meiner Ver- muthung ausgehend, das Gummi nicht als io Wasser wirklich gelöst, 216 sondern nur aufgequollen annimmt, in welchem Falle dann es sich ohne Weiteres versteht, dass in diesem Versuche nur von einer Endos- mose zwischen Zucker und Wasser die Rede sein könnte. In der- selben Weise deute ich auch Vierordt’s Angabe (Art. Transsudation und Endosmose in Wagner’s Handb. d. Phys. Bd.IlI, pag. 645), dass Zu- satz von Gummilösung zu einer Kochsalzsolution die Endosmose herab- setzt, und ebenso zeigt sich auch, dass der genaueste endosmotische Versuch mit Gummi von Jolly nicht das beweist, was man aus ihm geschlossen hat, wie er denn in der That auch von Jolly selbst als ungenau bezeichnet wird (Zeitschr. f. rat. Med. Bd. VII, pag. 443). Als Jolly nach 44 Tagen den Versuch wegen eintretender Fäulniss der Blase unterbrechen musste, «sah die Gummilösung aus wie durch- zogen von einem feinen Gewebe und hatte dem äussern Ansehen nach trotz dem in grosser Menge eingetretenen Wasser stets den gleichen Grad der Dickflüssigkeit». Es 'war also offenbar die Gummilösung noch lange nicht durch Wasser ersetzt, ja man vermisst selbst den Nachweis, dass überhaupt Gummi in das destillirte Wasser übertrat. Alle diese Versuche beweisen demnach noch nicht, dass das Gummi ächte Lösungen bildet, und wie solche an endosmotischen Pro- cessen sich betheiligt, ja man könnte selbst auf den Gedanken kom- men, dass dasselbe überhaupt gar nicht durch thierische Membranen hindurchgeht, namentlich wenn man sich noch an die Fütterungsversuche von Tiedemann und Gmelin (Die Verdauung nach Versuchen, Bd. 2, S. 486), von Boussingault (Ann. de Chemie et de Phys. 3° Ser., 48, pag. 544) und von Lehmann (Phys. Chemie, II, pag. 286) erinnert, nach denen bei mit Gummi gefütterten Thieren das Gummi stets in grosser Menge in den Excrementen, nicht im Blut, Chylus und Harn (Lehmann) gefunden wird. Diess hiesse jedoch sicherlich zu weit gehen, indem wahrscheinlich schon Jolly bei seinem Versuch ein theil- weises Uebertreten des Gummis in die Wasserlösung beobachtet hat, und auch Lehmann (Phys. Chemie, II, pag. 287) ganz bestimmt für einen solchen Uebergang sich ausspricht, was ich wenigstens für den Fall, dass Gummilösung und Wasser einander entgegengesetzt werden, bestätigt finde. Hieraus scheint mir jedoch noch immer nicht zu fol- gen, dass Mucilago gummi arabiei eine wirkliche Lösung ist, und dass Gummi ‚und Wasser so durch eine Membran sich austauschen, wie z. B. Kochsalz und Wasser. Vielmehr glaube ich, dass wenn Gummi- lösung und Wasser durch eine Membran getrennt sind, das Gummi einfach der Membran, die natürlich immer gleich getränkt bleibt, Was- ser entzieht und so immer mehr aufquillt. Dieser Vorgang kann wohl ebenso wenig Endosmose genannt werden, wie wenn von einer durch eine Membran von Oel getrennten Salzlösung Salz zum Oel übertritt (Brücke), oder ein trockner Kochsalzkrystall, der durch eine Membran 217 von Wasser getrennt ist, zerfliesst, Endosmose tritt nämlich im letztern Falle erst dann ein, wenn die entstandene Kochsalzlösung in die Mem- ‚bran eindringt und eine doppelte Strömung entsteht. Das Uebertreten von etwas Gummi in ‘das Wasser gibt nun freilich der Gummilösung eine gewisse Aehnlichkeit mit den wirklichen Solutionen, allein ich bin überzeugt, dass, wenn man dasselbe genauer verfolgt, es sich wird durch Zahlen ‚belegen lassen, dass eine wesentliche Differenz in dem Verhalten des Gummis und wahrer Lösungen besteht. Wenig- stens lässt sich die Wirkung des Gummis auf die Samenfäden und Blutzellen, die mangelnde Resorbtion desselben vom Darme aus kaum anders erklären, als wenn man annimmt, dass dasselbe, wenn es con- centrirteren Lösungen und mit dichten Flüssigkeiten getränkten Gebilden gegenübersteht, keinen Austausch mit denselben eingeht und von den- selben nicht eingesaugt wird, was doch der Fall seiu müsste, wenn dasselbe wie eine wirkliche Lösung sich verhielte. Ein Versuch, den ich mit einer diluirten Gummilösung (von 2%,) und einer concentrir- ten Kochsalzlösung (von 15%,) anstellte, spricht wenigstens ganz in diesem Sinne, indem selbst nach fünf Tagen keine Spur von Gummi in dem diluirt gewordenen Na Cl zu entdecken war. Ich deute daher das Eindringen von Gummi in die Membran und das Uebertreten des- selben in das jenseitige Wasser in Jolly’s Versuch als Phänomene, die _ mit dem Aufquellen dieser Substanz in Wasser zusammenhängen, durch welches eine Art unächter Diffusion derselben entsteht. In Manchem dem Gummi ähnlich wirkt das Dextrin. Ich prüfte Lösungen von 1020, 4030, A045 spec. Gew, und eine noch viel con- centrirtere von 30%). In keiner dieser Lösungen bewegten sich die Samenfäden eines frischen Sperma’s des Hundes, vielmehr bekamen dieselben in allen, namentlich aber in den drei ersten in ihrer grossen Mehrzahl Oesen. Zusatz von 2NaO HO, PO, von 5 und 40%, und von KO von 5— — 25°, zu mit Dextrin behandeltem Sperma erzeugte die Jebhaftesten Bewegungen, welche auch im Natronsalz lange anhielten, ‚womit wiederum bewiesen ist, dass Dextrin wie Wasser und Gummi die Samenfäden ‚nicht tödtet, sonderh nur durch bewirkte Quellung zur Ruhe briogt. Beim Dextrin ist jedoch die Wirkung auf die Blut- eine etwas andere als beim Gummi; in der 30°, Lösung run- zeln sich die Blutzellen des Frosches leicht von der Fläche, bleiben jedoch im Umkreis elliptisch, werden dann etwas entfärbt, so dass die Kerne deutlich sichtbar sind, doch erblassen nur wenige ganz. Dextrin von A045 spec. Gew. verändert die Blutzellen so zu sagen gar nicht, und solches von 4020 spec. Gew. zeigt dieselben etwas aufge- quollen, spindelföürmig und blasser. Etwas anders reagiren die Blut- zellen des Hundes in 30%, Dextrinsolution, indem dieselben nicht Zeitschr. f. wissensch. Zoologie VII. Ba 15 218 schrumpfen, vielmehr leicht aufquellen, jedoch ohne sich zu entfärben. Da mit Dextrin noch keine Diffusions- und Imbibitionsversuche an- gestellt sind, so wage ich es nicht, diese zum Theil widersprechen- den Resultate in ein Gesammibild zu vereinen, glaube jedoch diese Substanz ferneren Beobachtern empfehlen zu sollen. E. Nareotica. Mit Nareotieis habe ich nur wenig experimentirt, da mit Bezug auf die Frage, die mich vor Allem interessirte, ob den Bewegungen der Samenfäden endosmotische Vorgänge zu Grunde liegen, nicht viel von ihnen zu erwarten war. Lösungen von Morphium aceticum von 3%, und 6%, machten sowohl beim Hund als Stier Oesen, wirkten mithin wie Wasser. Die Samenfäden waren jedoch nicht todt, viel- mehr gelang es durch Kochsalz von 4%, wieder Bewegungen zu er- halten. Ebenso verhielt sich Strychninum nitrieum von 2%, und weckte auch hier Na Cl die Fäden wieder auf. Eine 42%, Blausäure wirkte nichts. Als sich aber etwas Paracyan in derselben gebildet hatte, zeigten sich, obschon dieselbe noch sehr stark war, lebhafte Bewegun- gen. Diesem zufolge wird auch für die Säugethiere der Schluss gerecht- fertigt erscheinen, zu dem ich schon vor Jahren für die Wirbellosen kam, dass Narcotica bei gewissen Concentrationen den Bewegungen der Samenfäden keinen Eintrag thun. F. Schädlich wirkende organische Substanzen. Viele organische Substanzen wirken schädlich auf die Samenfäden, weil sie chemisch die Substanz derselben angreifen, so Alkohol, Greosot, Chloroform, Aether, ätherische Oele, Gerbstoff. An- dere anbadan‘ weil sie Kisokanigch dieselben hindern, wie die Oele. Bei den ersteren gibt es natürlich, wie bei den Metallsalzen (s. unten), gewisse Verdünnungen, in denen sie, indifferenten günstigen Lösungen beigemengt, nicht schaden, doch habe ich über diesen Punkt keine besonderen Studien gemacht. G. Salze verschiedener Art. Ihrer Einwirkung nach zerfallen die wässerigen Salzlösungen in solche, welche, für sich allein angewendet, in keiner Verdünnung oder Concentration Dim egungen der Samenfäden veranlassen, und in andere, die wenigstens bei einem gewissen spec. Gew. die Bewegungen nicht hemmen. Zu den ersteren gehören die Metallsalze, zu den letzteren viele alkalische und Erdsalze. 219 Metallsalze. Die Metallsalze sind, wie Quatrefages zuerst bei Wirbellosen ge- zeigt hat (Ann. des se. nat. 4850), nicht absolut schädlich, viel- mehr gibt es bei jedem derselben einen gewissen Grad der Ver- dünnung, der nicht mehr einwirkt. Diese Lösungen sind jedoch so diluirte, dass man bei den Thieren, deren Fäden sich nicht in Wasser bewegen, um die Grenze der Wirkung zu finden, das Metallsalz einer eoncentrirteren indifferenten Lösung zusetzen muss. Da es für mich kein grosses Interesse halte, diese Grenze für mehrere dieser Sub- stanzen aufzufinden, so prüfte ich nur Sublimat. Hierbei zeigte sich bei den Samenfäden des Stieres, dass sonst günstige Zuckerlösungen wirkungslos werden, wenn sie nur Yjo,000 Sublimat enthalten ?). Bei noch geringeren Mengen kommt die Bewegung nach und nach, doch sah ich erst bei Y5,,000 des Salzes die Bewegungen der Fäden lebhaft und allgemein. Alkalische und Erdsalze. Dass verdünnte Salzlösungen die Bewegungen der Samenfäden nicht hemmen, findet sich schon bei einigen Autoren angegeben, wie bei R. Wagner und Leuckart (Art. Zeugung, pag. 825), doch haben erst Quatrefages, Newport und Ankermann genauere Untersuchungen über die Wirkung derselben angestellt. Quutrefages fand, dass die Samenfäden der Hermellen in concentrirten Kochsalzlösungen zur Ruhe kommen, während dieselben in solchen, die auf 32 Theile Meerwasser 4 Theil Seesalz enthielten, noch nach mehreren Minuten lebten, und ein Gemeng von 64 Theilen Seewasser und 4 Theil Seesalz eine « Acc6- leration &vidente dans les mouvements», eine «surexitation manifeste des spermatozoides» hervorbrachte (l. c. pag. A144). NaO CO, fand Quatrefages minder günstig, wenigstens starben die Samenfäden der ‚Hermellen in einer 5%, Lösung schon in einer halben Minute, und in einer Lösung mit Y;oo des Salzes die meisten in 5 Minuten, doch be- 'wegten sich von denen, die am Leben blieben, einige sehr kräftig. Noch schädlicher wirkte Alaun, während chromsaures Kali günstiger sich verhielt (1. c. pag. 148). — Newport. (Phil. Trans. 4853, II, pag. 283) 177 Ich bemerke hier, dass alle Lösungen über 4%, mit denen ich überhaupt arbeitete, von Jen Herren Oberäpotheker Carl! am Juliusspital und Apo- iheker v. Hertlein mit möglichster Sorgfalt bereitet wurden. Zur Herstel- lung der grösseren Verdünnungen bediente ich mich immer einer graduirten - Burette, wie sie zum Tittriren dient. Nur bei indifferenten Substanzen be- nutzte ich manchmal das Aracometer zur Herstellung verschieden concen- Ä trirter Solutionen. 5* 220 untersuchte die Einwirkung von KO CO, und NaO CO, auf die Samen- fäden Jdes Frosches. Eine Lösung von 4 Theil KO CO, auf 240 Theile Wasser hob die Bewegungen der Fäden nicht augenblicklich auf, wie stärkere Lösungen, sondern brachte dieselben nur ganz allmählich zum Erlöschen. Eine Lösung mit Y4s0 des Kalisalzes beschleunigte in den ersten Secunden die Bewegungen in hohem Grade, dann aber erlahmten dieselben ebenfalls nach und nach, wogegen sie bei Ygso Kali carbonicum, obschon die Fäden ebenfalls lebendiger wur- den, doch viel länger anhielten und erst nach vielen Minuten abnahmen, um endlich ganz aufzuhören. NaO CO, wirkte in ähnlicher Weise, war jedoch noch viel weniger schädlich. — Von Ankermann endlich wurden (l. c. pag. 10) beim Frosch NaO SO,; Na Cl, KO NO, und AlO,, 380, + KO SO, geprüft. Die Samenfäden wurden jedes- mal ruhig oder bewegten sich gar nicht, wenn dem mit Wasser be- handelten Samen etwas von diesen Salzen in Substanz beigemischt wurde. Wenn dann aber unter dem Deckgläschen auf der einen Seite Wasser zugesetzt und die Salzlösung durch Fliesspapier auf der andern Seite entzogen wurde, so kam, wenn nicht zu lange Zeit verstrichen war, die Bewegung der Fäden wieder. Soviel von den bisherigen Leistungen. Was nun meine Versuche anlangt, so bemühte ich mich, wie auch bei anderen Substanzen, ge- .nau die Concentrationen zu fixiren, bei denen die fraglichen Salze wirken, um so wo möglich die Gesetze zu finden, nach denen die Bewegungen der Samenfäden sich regeln. Ich hatte schon beim Na Cl und NaO Ä diese Bestimmungen gemacht, als ich die kurze Notiz von Moleschott und Ricchetti (Gaz. med. 7 Avril 4855, und Compt. rend. de la s&ance de l’Acad. de Paris du 26 Mars 4855) zu Gesicht be- kam, nach welchen Autoren, wie es schon Quatrefages für das See- salz angegeben hatte, gewisse Natronsalze in bestimmten Lösungen (NaO CO,, NaO SO, und 2NaO HO, PO, von 5%, und Na Cl von 4 %,) mächtige Erreger der Samenfäden sind, und an denselben noch Be- wegungen hervorrufen, wenn andere sonst günstig eingreifende Stoffe, wie Humor vitreus, unwirksam geworden sind. Ich muss sagen, dass bei meinen Untersuchungen dieser Gedanke sich mir nicht aufgedrängt hatte, vielmehr war es mir immer vorgekommen, als ob Salzlösungen vollkommen dieselbe Rolle spielen, wie die anderen günstig wirkenden Substanzen, doch ermangelte ich nicht, die Sache auch von dieser Seite zu prüfen. Die Resultate, zu denen ich bei den Säugern ge- langte, sind folgende: 4) Gewisse Salze geben in bestimmten Concentrationen voriref- liche Medien ab, in denen die Bewegungen der Samenfäden Stunden lang (2— 4 Stunden und mehr) aufs lebhafteste sich erhalten, und zwar zerfallen dieselben deutlich in zwei Gruppen, solche, die 221 nur bei geringen CGoncentrationen günstig wirken, und an- dere, bei denen erst dicbtere Lösungen unschädlich sind. Bei4% wirken günstig: NaCl, KCI,NaO NO,, KO NO,,NA,Cl; bei diesen Salzen bewegen sich in den meisten Fällen die Fäden auch noch in 2%, und 3%, Lösungen vereinzelt, ebenso in ", %, Solutionen, wogegen bei 5%, in der Regel und bei 40%, sicher jede Spur von Bewegung erloschen ist. Bei 5%, sind unschädlich: 2NaO HO, PO,, Na SO,, MgO SO,, Ba Cl; bei den beiden ersten Salzen lassen auch die 40°, Lösungen ebenso bei allen 4 Solutionen von 3%, und selbst manchmal von 2%, noch einige Bewegungen ins Leben treten, wogegen die A °/, Lösungen ohne Ausnahme schädlich sind. Vom NaO CO,, das Moleschott und Ricchetti auch loben, so wie vom KO CO, habe ich nur vorübergehende Wirkungen gesehen. Mengte ich Sperma des Stieres mit kohlensaurem Natron, so zeigte sich bei 5°/, Lösung constant eine lebhafte Bewegung, die aber nach 5 bis höchstens 15’ erlosch. Eine Lösung von 3,3%, bewirkte noch viel energischere Bewegungen, die aber auch nicht länger als 10— 45’ dauerten. Bei 1,63%, fand ich eine Dauer von nur 9’ und theilweise Oesenbildung, und bei 4%, fehlten die Bewegungen in einigen Fällen ganz, ohne dass jedoch Oesen sich einstellten. Die 10%, Solution bewirkte bald nichts, bald eine 2—5’ dauernde Bewegung, ohne Leb- haftigkeit. — Von KO CO, prüfte ich nur 4- und 2procentige Solu- En tionen, die beide sehr lebhafte Bewegungen hervortreten liessen, die- selben jedoch nur 5—8’ lang erhielten. Die grosse Lebhaftigkeit der durch diese kohlensauren Alkalien erzeugten Bewegungen verbunden mit der viel kürzeren Dauer derselben als in den anderen Salzen _ brachte mich auf den Gedanken, ob dieselben nicht, wie die causti- schen Alkalien, wirklich erregend und dann zerstörend einwirken, was sich in der That bei ferneren Beobachtungen bestätigte, indem ‚dieselben auch ruhend gewordene Samenfäden wieder in Thätigkeit versetzten. Immerhin ergab sich der Unterschied, dass dieselben nicht so stark wirken, wie die caustischen Alkalien, und daher auch das Leben der Samenfäden weniger rasch zerstören. So erklärt sich die längere Dauer der Bewegungen in diesen Substanzen, ferner die von mir beobachtete Thatsache, dass mit Wasser behandelte Fäden durch koblensaure Alkalien auf’ kurze Zeit (5—42’) sich erwecken lassen, während die caustischen diess in der Regel nicht thun, endlich dass mit concentrirten kohlensauren Alkalien, z. B. NaO CO, von 10%, behandelte Samenfäden, ebenfalls durch Wasser auf einige Minuten wieder zu sich kommen. #2) Bei den Salzen, welche in gewissen Concentrationen die Be- wegungen der Samenfäden nicht stören, wirken verdünnte Lösungen 222 wie Wasser, heben die Bewegungen auf’ und bilden Oesen. In allen solehen Fällen erzeugt Zusatz stärker eoncentrirter Lösun- gen der angewendeten Salze die Bewegung wieder, doch ge- schieht dasselbe auch, und diess scheint mir nicht ohne Interesse, durch Zusatz concentrirter indifferenter Substanzen, wenigstens sah ich durch 2NaO HO, PO, von 4%, ruhig gewordene und mit Oesen ver- sehene Fäden des Hundes durch Rohrzucker von 4050 'spee. Gew. wieder aufleben. { 3) Alle Concentrationen, die stärker sind als die oben angegebenen günstigen, heben die Bewegungen der Samenfäden auf, so Na El und KCl, NaO NO, und KO NO,, NH,CI meist schon von 5%,, sicherlich von 10%,, Ba Cl und MgO SO, von 10%, 2NaO HO, PO, und NaO 50, von 12—15%,. Sehr interessant ist die Thatsache, dass mit sol- chen concentrirten Lösungen behandelte Samenfäden durch Zusatz von Wasser und hierdurch bewirkte Verdinnung der Salzlösung wieder aufleben, wenn nicht zu lange Zeit nach der Anwendung des Salzes verstrichen ist. Uebrigens leisten.auch verdünnte Lösungen von Zucker, Harnstoff u. s. w. ganz dasselbe wie Wasser. k) Alle günstig wirkenden Salze beleben auch, wie früher be- rührt wurde, durch Wasser unbeweglich gewordene Samenfäden; da- gegen kann ich Molescholt’s und Ricchetti’s Annahme, dass dieselben besondere Erreger der Samenfäden seien, nicht unterstützen, und zwar aus folgenden Gründen: 4) Bringt ınan frischen Samen zum Theil in Zucker oder Eiweiss, zum Theil in eine solche Salzlösung, und schützt beide vor dem Eintrocknen, so dauert die Bewegung in der letztern nicht länger als in der erstern, oft selbst weniger lang. Wenn Samen- fäden in Zucker ruhig geworden sind, so lassen sie sich durch eine concentrirtere, sonst günstig wirkende Salzlösung (z.B. 2Na0.HO, PO, von 5 und 10%,) nicht wieder erwecken, wogegen die eigentlichen von mir aufgefundenen Erreger der Samenfäden, die causlischen Alka- lien, in allen Concentrationen im Nu alle Samenfäden, zu denen sie gelangen, in die lebhafteste Bewegung versetzen. Verdünnte Salz- lösungen, etwa NaCl von 1°%,, beleben in indifferenten Lösungen ruhig gewordene Fäden allerdings auch, jedoch ist hier nicht zu ent- scheiden, ob die Verdünnung der Zuckerlösung oder eine speecifische Wirkung die Schuld trägt, da Verdünnung mit Wasser dasselbe leistet. 3) Wenn Samenfäden durch Wasser oder Gummi und Dextrin oder wässerige Lösungen indifferenter Substanzen ruhig geworden sind, so beleben Salzlösungen dieselben zwar etwas “rascher als indiflerente diehtere Solutionen (Zucker, Eiweiss), doch ist die Differenz 'im Gan- _ zen so unerheblich, dass sie, wie oben schon erwähnt, vollkommen aus der raschen Diffusion der Salze in Wasser sich erklärt. %) So | lange die Samenfäden durch die günstige wirkenden Salze in Bewe- 223 gung zu versetzen sind, zeigen Sie auch noch in Eiweiss, Zuckerlösung, Haronstoflösung u. s. w. Schlängelungen, doch glaube auch ich angeben zu können, dass diese gegen den Augenblick zu, wo die Samen- fäden von älterem Sperma anfangen, ihre Irvitabilität zu verlieren, in den Salzen lebhaiter sind als in den indifferenten Substanzen. 5) Samen- fäden aus älterem Samen, die mit den genannten Salzen schwach oder gar nicht mehr sich bewegen, leben durch Zusatz von caustischen Alka- lien aufs lebhafteste wieder auf. Alles diess zusammen genommen kann ich zwar zugeben, dass Na Cl, 2NaO HO, PO,, NaO SO, unter gewissen Verhältnissen etwas rascher und eingreifender wirken als indifferente Substanzen, dagegen bin ich nicht im Stande, in ihnen specifische Erreger der Samenfäden zu sehen, die auch nur von ferne den caustischen Alkalien gleichkommen. Was dagegen die neutralen kohlensauren Alkalien, die ja auch cau- stisch sind, betrifft, so bin ich, wie vorhin bemerkt, in Folge der von mir mit denselben angestellten Experimente allerdings zur Ansicht gelangt, dass dieselben den caustischen Alkalien an die Seite zu stellen sind. H. Säuren. Die schädliche Wirkung der Säuren auf die Samenfäden der Thiere ist schon lange bekannt, ‚doch verdanken wir ‚erst Quatrefages (l. c. pag. 445) bei den Anneliden genauere Untersuchungen über die quan- titativen Verhältnisse. Er fand bei den Hermellen, dass eine Flüssig- keit, die nur Y24,000 gewöhnliche käufliche SO, enthielt, die Samen- fäden in 45—20 Minuten 'tödtete. Käufliche Salpetersäure in gleicher Verdünnung tödtete sie schon in 6 Minuten, wogegen in gutem Essig die Samenfäden bei nur 2000facher Verdünnung noch zwischen 10 und 45 Minuten lebten. Bei den Säugethieren heben alle Säuren ohne Ausnahme in nur etwas concentrirteren Lösungen die Bewegungen der Samenfäden augenblicklich auf, Ebenso wirken auch verdünnte Lö- sungen, doch lässt sich natürlich bei diesen, gerade wie bei den ver- dünnten Salzlösungen nicht ohne weiteres unterscheiden, was auf Rech- nung der Säure und was auf die des Wassers kommt. Ich habe daher auch bier, um die reine Wirkung der Säuren zu studiren, Lösungen von indifferenten Substanzen, die die Bewegungen der Fäden nicht stören, verschiedene Säuremengen zugesetzt, und so ergab sich denn, dass selbst sehr geringe Beimengungen von solchen schon schädlich wirken, Für die Salzsäure habe ich beim Stier die quantitativen Ver- hältnisse genau bestimmt und gefunden, dass Lösungen von Trauben- zucker von 0,040 spec. Gewicht, die* Y390 Cl H enthalten, die Bewe- gungen der Fäden nicht ins Leben treten lassen. Erst in Lösungen mit "/;s00 Säure begannen einige Fäden sich zu bewegen, doch wurde 224 die Bewegung erst in solchen, die Y,o,aoo Cl H enthalten, lebhafter, ohne jedoch allgemein zu sein. Versuche mit der'gewöhnlichen, schon verdünnten Salzsäure zeigten, dass die Samenfäden in Zuckerlösungen mit. Y,o,000— Yzo,ooo Solcher Säure sich lebhaft und allgemein be- wegten, dann bei mehr Säurezusatz allmählich erlahmten, bis sie in solchen mit Yz3900— Yaoo0o Säure vollkommen ruhig lagen. — Aehnlich wie die Säuren wirken auch saure Salze und begreift sich diesem zufolge die schädliche Einwirkung saurer thierischer Flüssigkeiten, wie des Harnes und saurer Milch, vollkommen. Pr I. Caustische Alkalien. Mit diesen Substanzen habe ich bei weitem am häufigsten reagirt, und ist die schon in der Sitzung der phys.-medicin. Gesellschaft von Würzburg vom 23. Febr. 1855 und im vorigen Hefte dieser Zeitschrift kurz mitgetheilte Beobachtung, dass ruhende Samenfäden durch cau- stische Alkalien wieder zur Bewegung kommen, der Ausgangspunkt der hier mitgetheilten Untersuchungen gewesen. In der That musste es auch im höchsten Grade überraschen, bei scheinbar so delicaten Gebilden, wie den Samenfäden, als einzigen wirklichen Erreger die so eingreifend wirkenden caustischen Alkalien zu finden, und bemühte ich mich daher, das Verhältniss derselben möglichst aufzuklären. Die Wirkung der caustischen Alkalien ist eine verschiedene, je nachdem dieselben rein oder in Verbindung mit indifferenten Sub- stanzen angewendet werden; im erstern Falle kann man durch sie die ruhenden oder sich bewegenden Fäden auf kurze Zeıt in die aller leb- hafteste Bewegung versetzen, auf welche dann der Tod derselben folgt, während im zweiten Falle durch ihre Beihülfe Lösungen sich erzielen lassen, in welchen die Samenfäden ebenso gut oder fast besser als in der bestwirkenden. thierischen Flüssigkeit sich lebenskräftig ep- halten. — Mit Bezug auf das Historische will ich bemerken, dass, ob- schon man bisher allgemein die caustischen Alkalien als der Bewegung der Samenfäden nachtheilig ansah, und Donnd selbst auf den zu alka- lischen Uterinschleim als schädlich aufmerksam gemacht hatte, doch schon Andeutungen über den günstigen Einfluss der Alkalien existiren. So sagt schon Donne (pag. 290), dass, obschon die Samenfäden im alkalischen Speichel und in dem sauren Harn sich nicht bewegen, sie doch im Allgemeinen eine schwach alkalische Flüssigkeit besser er- tragen, als selbst sehr verdünnte Säuren. Ferner gibt Qualrefages (Rech. exp. sur les spermatozoides des Hermelles ei des Tarets in Ann. des sc. nat. 1850, pag. 116) an, dass, als er eine Lösung von Y/yo Kali causticum den Samenfäden von Hermella zusetzte, dieselben «loins de souffrir par suite de ce melange, semblent se mouvoir avec 225 plus de vivacit&». Derselbe Autor fand auch überhaupt eine sehr ge- ringe Einwirkung der caustischen Alkalien auf die Samenfäden des genannten Thieres, denn dieselben bewegten sich in einer Pen von Seewasser mit ve KO fort und starben in einer solchen mit Y/, KO erst in 40 Minuten, ebenso lebten sie noch bis an 5 Minuten in (eier Solution mit Y, des gewöhnlichem caustischen Ammoniaks der Phar- macien. Ausser bei Quatrefages finde ich dann nur noch bei Anker- mann die kurze Notiz (pag. 12), dass sehr verdünnte Lösungen von caustischem Ammoniak und Kali zuerst die Bewegungen der Samen- fäden lebhafter machen, dann aber die Samenfäden zerstören, und dass concentrirte Lösungen dasselbe jedoch ungleich schneller hervorbringen. Dass ruhende, ja selbst in keiner andern Flüssigkeit mehr beweg- liche Samenfäden durch caustische Alkalien wieder in Bewegung versetzt werden können, so wie dass durch Zusatz von ver- dünnten caustischen Alkalien zu indifferenten Lösungen Mischungen zu gewinnen sind, in denen die Fäden vortreff- lich sich halten, wären somit Thatsachen, welche sich noch nicht aufgezeichnet finden. Nach diesem gehe ich nun zur speciellen Be- trachtung der Einwirkung der Alkalien über. a)Einfluss der reinen caustischen Alkalien auf ruhende Samenfäden. Bringt man zu reinem Samen, dessen Fäden, wie diess häufig der Fall ist, gerade keine Bewegung zeigen unter dem Mikroskop, Kali causticum von 1—40, ja selbst 50%,, so zeigt sich in der Mehrzahl der Fälle, dass an allen Stellen, zu denen die Lösung gelangt, die Samenfäden in die lebhafteste Bewegung kommen und aufs mannich- fachste mit den Fäden peitschen und sich schlängeln, doch dauert diese Erregung nur kurze Zeit (Y,—Y, Minute) und macht bald einer völligen Ruhe Platz, in welcher die Fäden mit blasser gewordenem Anhange und — so scheint es — leicht aufgequollenem Körper gerade ausgestreckt da liegen. Nicht in allen Fällen jedoch zeigen sich diese lebhaften Bewegungen, die, wenn die Samenmasse dicht liegt, wie ‚eine mächtige Flimmerbewegung über dieselbe ablaufen, vielmehr beob- achtet man nicht selten statt derselben an den einzelnen Samenfäden nichts als ein paar lebhafte Drehungen um die Längsaxe, welche mit den ‚vitalen Bewegungen der Samenfäden keine weitere Aehnlichkeit haben und meiner Meinung nach nur auf Rechnung einer chemischen Einwirkung des Causticums zu schreiben sind. Es hat mir nicht ge- lingen wollen, genau alle Verhältnisse zu ermitteln, welche das Hervor- der einen und der andern Bewegungsform veranlassen, doch glaube ich sagen zu können, dass die Axendrehungen vorzüglich dann auftreten, wenn die Kalilösung in zu grosser Menge oder zu rasch ein- fliesst, oder das Sperma etwas älter oder endlich zu dick ist. In 226 gewissen Fällen mag auch die Schuld in den Samenfäden selbst liegen, wenigstens habe ich auch bei frischem, nicht zu dickflüssigem Sperma, das gleich mit einem Gläschen bedeckt und vorsichtig mit Kali be- handelt wurde, in selteneren Fällen die Schlängelungen vermisst. Viel günstiger gestaltet sich die Sache, wenn man Sperma vorher mit einer günstig wirkenden indifferenten Substanz diluirt, wie mit Eiweiss, Zucker, Harnstoff u. s. w., dann, indem man die Präparate vor dem Eintrocknen schützt, zuwartet, bis die Fäden zur Ruhe ge- kommen sind — was, beiläufig gesagt, bis sieben Stunden dauern kann — und dann erst das KO zusetzt. Verfährt man hierbei vor- sichtig, so wird man fast immer sehr lebhafte Schlängelungen der Fäden erzielen, die auch länger (A4—2—-3 Minuten) dauern, als in dem vorigen Falle, doch kommt auch hier Alles darauf an, dass das Causticum nicht zu intensiv und rasch auf die einzelnen Samenfäden einwirkt, und erklärt sich so, dass die Samenfäden, die am Rande des Deckgläschens zuerst mit demselben in Berührung kommen, häufig nur einige Axendrehungen machen, während die weiter nach innen befindlichen das Phänomen der Wiederbelebung aufs schönste zeigen. Auch isolirt liegende Samenfäden sind zur Beobachtung desselben we- niger günstig als grössere, jedoch nicht zu dichte Massen von Samen, die nur allmählich von dem Kali durchdrungen werden. Was die Con- centration der Kalilösung anlangt, so ist dieselbe insofern unwesent- lieh, als alle Grade derselben erregend einwirken, doch wird man bei verdünnten Solutionen von A—5°%, die Erscheinung gewöhnlich sicherer erzielen, als bei concentrirteren, doch wirken auch solche von 40—50%, oft noch sehr schön. Diluirte Lösungen unter 4%, bis zu solchen von Y;, %, wirken häufig ganz ausgezeichnet, in anderen Fällen ergaben sich jedoch dieselben von weniger Einfluss, namentlich wenn das Sperma älter war. Dieselbe Einwirkung auf die Samenfäden hat das KO nun Arial, wenn dieselben in einem alkalischen Salze, wie z. B. in aNaO HO, PO, von 5 und 40%, oder in Na Cl von A%,, zur Ruhe gekommen sind. Bewegen sich die Fäden in einem solchen Salze noch, so zeigt sich die Einwirkung des Causticums nicht minder in der Art, dass es die Be- wegung viel lebhafter und allgemeiner macht. Besonders auffallend war mir die Beobachtung, dass auch dann, wenn man den Samen mit Salzlösungen behandelt, welche den Bewegungen der Fäden ganz un- günstig sind, dieselben durch KO wieder kommen. So sah ich beim Hund mit KCl von 40%, behandelte Samenfäden durch KO von 5% in Schlängelungen gerathen. Dagegen lassen sich, wie früher schon gemeldet wurde, mit Wasser behandelte und Oesen bildende Fäden durch caustische Alkalien in der Regel nicht mehr erwecken, eine That- sache, die für die Erklärung der Art und Weise, wie diese Substanzen 227 einwirken, nicht ganz unwichtig ist, namentlich wenn man dieselbe der Einwirkung der Salzlösungen auf solche Fäden an die Seite stellt. Endlich ist noch zu bemerken, dass auch Sperma, in dem durch kein anderes Mittel, weder durch indifferente Substanzen, noch durch alka- lische Salze (die kohlensauren Alkalien nicht ausgenommen) Bewegungen zu erzielen sind, durch caustische Alkalien wieder belebt werden kann. Bei dem bisher Erwähnten war vorzüglich. vom Kali causticum die Rede, mit dem ich in der Regel experimentirte. Eine Reihe von Versuchen hat mir gezeigt, dass Natron causticum und Ammo- nium causticum ebenso wirken. Dagegen habe ich bisher vom Aetzkalk und Aetzbaryt von 2 und 5%, die ich freilich nur an den Samenfäden eines Pferdes probirte, keine Wirkung gesehen. b) Einwirkung der caustischen Alkalien auf die Samenfäden, wenn sie indifferenten Substanzen beigesetzt werden. Wenn auch die caustischen Alkalien in den bisher geschilderten Fällen die Samenfäden der Säuger energisch erregen, so dauert doch die Bewegung nie länger als drei Minuten. Da mir nun daran lag, zu ermitteln, in welchen Verdünnungen die caustischen Alkalien nicht mehr schaden, so mengte ich dieselben wiederum mit Zuckerlösungen von günstiger Concentralion, wie ich es bei den Säuren gethan, wo- bei sich Folgendes ergab: ; 4) Bei einem ersten Stier ergaben sich Milchzuckerlösungen von 4040 — 4047 spec. Gew., denen Y, 400,000 — Yso,0ooo KO: zugesetzt war, als vollkommen unschädlich. Da der Versuch abgebrochen werden musste, so konnte in diesem Falle die Grenze, wo die schädliche Wir- kung beginnt, nicht bestimmt werden. 2) Durch diesen Vorversuch belehrt, begann ich in einem zweiten Falle mit %,,,000 KO in Milchzucker, und da zeigte sich‘, dass bis zu "000 KO die Bewegung sehr lebendig und allgemein war, doch kam ich auch jetzt nicht bis an die Grenze, denn in der Solution mit 0,000 und Yg400 beobachtete ich noch nach 1Y, Stunden die lebhaf- teste Bewegung und in der mit Yo0o KO noch nach 4 Stunde, worauf ich den Versuch enden musste. 3) Ein neuer Versuch zeigte mir, dass in Zuckerlösung mit Yıooo KO die Bewegung 14,2 Stunden anhält und dann mit der 3. Stunde gewöhnlich erlischt. Eine Lösung mit Y/,,, KO erhält die Fäden des Stiers 40—20 Minuten lebendig, eine solche mit Yzoo KO endlich 3—5 Minuten. Bei allen diesen Versuchen wurde der Samen mit der KO haltigen Zuckerlösung direct gemengt, dann erst unter das Mikroskop gebracht, und, um die Dauer der Bewegung zu finden, eine bestimmte Gruppe von Samenfäden beobachtet. Letzteres ist unum- gänglich nothwendig, wenn man sichere Resultate erhalten will, da 228 die einzelnen Stellen der Samenmasse, je nachdem die Fäden lockerer oder dichter liegen, die Bewegungen länger oder minder lang bewahren. 4) In einem vierten Falle ergab sich bei einer Lösung mit Yz,, KO nur eine kurz dauernde Bewegung von %/, Minute. Bei 4/,,0 KO währte dieselbe 3), — 4 Minuten, bei Y5;oo KO 5"/, Minuten, bei Yıooo KO mehr als 4 Stunde. In einer Lösung mit Ygooo KO, die um 4 Uhr Abends angesetzt wurde, beobachtete ich die Bewegung bis um 5 Uhr 45. Ich schützte darauf das Präparat vor dem Verdunsten und fand am Tage darauf um 10 Uhr, also nach 48 Stunden, immer noch eine ge- wisse Zahl von Samenfäden in Bewegung. Als ich dann Zuckerlösung mit Yao0 KO zusetzte, wurde die IIONEBHEE wieder allgemein und dauerte mehr als 8 Minnten. 5) Bei den Samenfäden des Stieres untersuchte ich auch die Wir- kungen des caustischen Ammoniaks. In einer Lösung von Trauben- zucker von 1045 spec. Gew., die Y,y00o NH,O enthielt, zeigte sich die Bewegung der Fäden ziemlich lebhaft und war nach 2 Stunden noch zu sehen. In einer Mischung, die Yooo Ammoniak enthielt, fand ich ebenfalls nach 1%/,—2 Stunden noch Bewegung, wogegen in einer solchen mit Yz4u NH,O die Bewegung zwar sehr lebhaft und allge- mein war, aber nicht länger als AY/,—?2 Minuten anhielt. Demnach scheint diese Substanz minder günstig zu wirken als Kali, namentlich wenn man dazu nimmt, dass die Bewegung nie so lebhaft war, wie bei diesem. 6) Endlich versuchte ich noch bei einem Hund die Wirkung einer KO haltenden Zuckerlösung von 1047 spec. Gew. In einer Solution . mit Y,ooo KO bewegten sich die Fäden sehr lebendig und allgemein, und zwar 4 Stunde lang. In der zweiten Stunde wurde die Bewe- gung schwächer, und nach 2 Stunden und 45 Minuten bewegten sich nur noch einzelne schwach. In einer Lösung mit Yso00 KO beobach- tete ich die Bewegung noch nach 5 Stunden. Bei Y,;,. KO dauert die - Bewegung unter dem Mikroskop an bestimmten Stellen 4, —2 Minuten. Bringt man jedoch Samen mit grösseren Mengen dieser Lösung in einem Uhrschälchen zusammen, so findet man noch nach 40 Minuten viele Fäden schwach beweglich. Von besonderem Interesse war es mir nun noch, zu beobachten, dass sowohl beim Stier, als beim Hund die kalihaltige Zucker- lösung mit Yooo—Yaooo KO viel energischer einwirkt als die reine Zuckerlösung, indem einerseits die Samenfäden in ersterer län- ger beweglich bleiben, anderseits die kalihaltige Flüssigkeit auch dann noch die lebhafteste Bewegung erzeugt, wenn der Zucker gar nichts mehr bewirkt. Durch diese, so wie überhaupt durch die letzten oben namhaft gemachten Experimente wird wohl besser als durch alles Andere gezeigt, dass die caustischen Alkalien wahre Erreger der Samenfäden sind. 229 v.o.g.e.] Aus dieser Abtheilung, deren Verhältnisse von denen der Säuge- ihiere wenig abweichen, besitze ich nur einige Beobachtungen über die Taube. Die Samenfäden dieses Thieres, die im reinen Samen selten in Bewegung gefunden werden, zeigen in Zuckerlösungen von 1015 — 1060 spec. Gew. die lebhafteste, allgemeinste und Stunden lang an- dauernde Bewegung, ebenso in den dünnen Theilen des Eiereiweisses. — Zur Ruhe gekommene Fäden werden durch KO von Ya—50%, auf kurze Zeit wieder in die lebhafteste Bewegung versetzt, worauf dann dieselben gestreckt ruhig bleiben. Wasser erzeugt Oesen und Ruhe, doch bringen ohne Ausnahme die günstig wirkenden Salzlösungen die Bewegung wieder. Was nun diese betrifft, so ergaben sich als günstig einmal 2NaO HO, PO, von 4 und 5°%,, in denen nach noch 4 Stunde die Bewegungen sehr lebhaft waren, dagegen wirkte die 40%, Lösung sehr schwach. In NaClvon 1%, war die Bewegung ausgezeichnet schön, nach einer Stunde jedoch nicht mehr so lebhaft, wie in dem phosphorsauren Natron; in einer 2,5°, Lösung bewegten sich noch ziemlich viele Fäden mässig lebhaft, wogegen eine Lösung von 5%, gleich vollständige Ruhe erzeugte. K Cl wirkte vortrefllich bei 4%,, bei 5%, dagegen trat keine Bewegung ein, wogegen umge- kehrt MgO SO, bei 5°, am besten sich erwies, und bei 4%, nur mässige Bewegungen hervortreten liess. In allen Fällen kamen durch zu concentrirte Salzlösungen ruhend gewordene Fäden durch Wasser- zusalz wieder zu sich. — Diesem zufolge unterscheiden sich die Samen- fäden der Vögel nur dadurch von denen der Säuger, dass sie von 2Na0 HO, PO, und MgO SO, etwas verdünntere Lösungen bedürfen, indem sie in 4%, Solution noch sich bewegen, in 10%, dagegen fast gar nicht. Amphibien. Von Amphibien habe ich den braunen Frosch (Rana tempo- raria) ziemlich ausführlich untersucht, doch wird bei der grossen Ueber- einstimmung vieler Verhältnisse mit dem von den Säugesthieren ge- ‚meldeten eine kurze Zusammenstellung des Gefundenen genügen. TER 4. Reiner Samen. Im reinen sehr zähen und dickflüssigen Samen aus dem Hoden bewegen sich die Samenfäden in der Regel nicht, doch geschieht es, wie auch Ankermann fand, dass hie und da einzelne derselben undu- liren. Ganz anders verhält sich die Sache in dem leichtflüssigen Sperma, 230 das aus den turgescenten Samenbläschen brünstiger Frösche in’ Menge zu erhalten ist, indem in diesem ohne Ausnahme die lebhaftesten Vibra- tionen der Fäden zu beobachten sind. Es ist jedoch nicht zu ver- gessen, dass das Sperma in den Samenbläschen mit Harn gemengt und so bedeutend diluirt ist. 2. Einfluss verschiedener Flüssigkeiten auf die Bewegungen der Samenfäden, a) Wasser. In Wasser quellen die Samenfäden etwas auf, werden blasser und bilden nach und nach die bekannten Oesen, wie diess zum Theil längst bekannt ist und neulich von Ankermann getreu beschrieben wurde, Das Wasser kann mithin wohl kaum als eine unschädliche Flüssigkeit angesehen werden. Immerhin bewegen sich viele Samen- fäden in Wasser noch eine gewisse Zeit lang fort, die je nach ver- schiedenen Verhältnissen eine verschiedene zu sein scheint. Nach Newport (Philos. Trans. 4854, I, pag. 212 fg. und 4853, II, pag. 234 fg.), dem wir hierüber die genauesten Untersuchungen verdanken, dauern die Bewegungen im Samen der Rana temporaria bei einer Temperatur von beiläufig 50° F., wenn derselbe mit Wasser vermengt wird, in der Regel kaum länger als vier Stunden. Doch beobachtete Newport in zwei Fällen bei derselben Temperatur eine Dauer derselben von 24 Stunden, ebenso wie schon früher Prevost und Dumas (Ann. des sc. nat. 4824) bei 64— 70° F. (18—22° C.) und Spallanzani, der die Samenfäden des Frosches und der Kröte in mit Wasser gemengtem Samen bei 40° F. noch nach 25— 34 Stunden befruchtungsfähig fand, wogegen allerdings im Samen der Kröte bei 70—73° F. nach sechs Stunden alle Bewegung erloschen war. Newport sucht die Abweichun- gen dieser Beobachtungen, abgesehen von dem, was auf Rechnung der Temperatur kommt, die auf jeden Fall von Einfluss ist, daraus zu er- klären, dass der Samen in gewissen Fällen viele Entwicklungszellen mit eingeschlossenen Samenfäden enthält, welche nachträglich erst frei‘ werden, in welchem Falle dann längere Zeit hindurch bewegliche‘ Samenfäden sich finden, ich glaube jedoch kaum, dass diese Erklärung $ die richtige ist; mir scheinen die Abweichungen daher zu rühren, dass der Samen, sei es, dass er aus den Hoden oder aus den Samen- bläschen gewonnen wird, bald mehr, bald weniger dick ist. Im letztern Falle schadet Wasser mehr als im erstern. Abgesehen hier- von fand ich, dass Samen aus dem Hoden mit Wasser gemengt, in der Regel nach 3—5 Stunden keine beweglichen Fäden mehr zeigt, während in solchem aus den Samenbläschen auch nach Zusatz von Wasser die Bewegungen meist noch 24 Stunden und länger sich erhalten. 231 Wie bei Säugethieren, so lassen sich auch beim Frosch die durch Wasser unbeweglich gewordenen und mit Oesen versehenen Samenfäden durch sonst günstig wirkende Salzlösungen und diluirte indifferente Substanzen wieder auferwecken und zu lebhafter Be- wegung bringen. Ebenso habe ich auch in Samen aus dem Hoden, der eines Abends mit Wasser befeuchtet worden war, am folgenden Morgen noch durch Zusatz von neuem Wasser die Bewegung wieder hergestellt. b) Thierische Flüssigkeiten, In Milch, Speichel, Blutserum, Lymphe, den dünneren Thei- len des Eiereiweisses bewegen sich die Froschsamenfäden vortrefl- lich. In menschlichem Harn von 1020 — 1028 spec. Gew. vermisste ich die Bewegung, doch kam dieselbe, wenn der Harn verdünnt wurde und war bei 1005—1007 spec. Gew. ganz allgemein und lebhaft, ohne dass die Fäden Oesen bildeten. Bei 4002 spec. Gew. war dieselbe auch noch da, doch waren nun Oesen aufgetreten. c) Indifferente Substanzen. Wie bei Säugethieren, so wirken auch beim Frosch indifferente Substanzen bei einer gewissen Concentration günstig, doch ergibt sich hier, wie schon aus der geringen Schädlichkeit des reinen Wassers hervorgeht, der Unterschied, dass die am besten wirkenden Lösungen die sehr diluirten sind. In Lösungen von Trauben-, Milch- und Rohrzucker bewegen sich die Samenfäden am besten und längsten bei einem spec. Gew. derselben von 4005—4020, und fehlen bei dieser Concentration auch die Oesen, was hier ebenfalls als Beweis angesehen werden kaun, dass das Medium vollkommen unschädlich ist. Bei noch grösserer Verdünnung fehlt zwar die Bewegung nicht, doch stellen sich nun auch Oesen ein und gestaltet sich die Dauer der Bewegungen kürzer. In Zuckerlösungen von 1045 spec. Gew. unduliren noch Y; der Fäden, und in solchen von 1050 und mehr fehlt die Bewegung ganz. — Glycerin wirkt am günstigsten bei 1002—1005 spec. Gew. ohne Oesen zu erzeugen, zeigt jedoch auch bei 10140 — 1045 spec. Gew. noch viele bewegliche Fäden, wogegen bei 1024 spec. Gew. solche ganz mangeln. Harnstofflösungen sind unschädlich bei 4004— A040 spec. Gew., doch zeigen sich bei manchen Oesen; über 4015 spec. Gew. ist Bewegung mehr zu erzielen und unter 1004 spec. Gew. sind die Oesen allgemein. Bei allen diesen Substanzen kann, wenn concen- trirtere Lösungen angewendet wurden, durch Wasserzusatz die Be- wegung wieder hergestellt werden. Gummi arabicum, Pflanzen- schleim, Dextrin wirken in allen Concentrationen wie Wasser, was wiederum als Beweis angesehen werden kann, dass diese Substanzen in Wasser nicht wirklich gelöst, sondern nur aufgequollen sind. 232 d) Salze. 4) Metallsalze. Von diesen gilt das bei den Säugethieren Bemerkte, dass sie fast ohne Ausnahme, wenn nicht in sehr starken Verdünnungen angewendet, die Bewegungen der Samenfäden aufheben. So der Sublimat und das essigsaure Bleioxyd, die bei %;000— Yıo,ooo noch schaden. Da- gegen fand ich, dass die Samenfäden in Antimonoxyd-Kali von 1043—4008 spec. Gew. 2—4 Minuten lang fortleben und selbst bei 1004 —A049 spec. Gew. der Lösung noch vereinzelt unduliren. | 2) Alkalische und Erdsalze. Nach Moleschott und Ricchetti verlangsamt Kochsalz die Be- wegungen der Samenfäden des Frosches, während schwefelsaures und phosphorsaures Natron dieselben aufheben, es wurde jedoch oben schon angeführt, dass Newport für kohlensaures Natron und Kali, und Ankermann für Alaun, schwefelsaures Natron und Salpeter zu dem Resultate gelangt sind, dass dieselben bei gewissen Verdünnungen wenig schaden. Aus Ankermann’s Versuchen geht jedoch allerdings nicht her- vor, ob verdünnte Salzlösungen wirklich unschädlich sind, da er die Bewegungen immer erst eintreten sah, wenn er nach zugesetztem Wasser für das Abfliessen der Salzlösungen sorgte und schien es mir daher nicht überflüssig, diesen Gegenstand noch einmal zu prüfen. Hierbei zeigte sich, dass alle Salze, die bei Säugethieren günstig wir- ken, beim Frosch sich ebenso verhalten, mit dem Unterschiede jedoch, dass die hier nöthigen Concentrationen geringere sind. Dagegen ergaben sich genau dieselben Gruppen von minder schädlichen und schädli- cheren Salzen, wie dort, die ich im Folgenden einfach aufzähle: Salze, die bei ", % günstig wirken: Na Cl Bei diesen Salzen ist bei 4°, Lösungen die Bewegung entweder gar nicht wahrzunehmen oder schwach, wie beim NaO CO, und NaO NO,. Salze, die bei 4%, die Bewegung nicht alteriren: 2NaO HO, PO, Na0O SO, \ MsO SO, Ba Cl Ca al Na0 A 233 NH,O CO, wirkte bei: Ya, 4 und 2%, schädlich, auch quollen die Fäden stark auf und bogen sich. Bei allen diesen Salzen fehlen bei den angegebenen Concentrationen die Oesen an den Samenfäden. Bei stärkeren Verdunnungen treten dieselben allmählich hervor mit den nämlichen Folgen, die einfaches Wasser bedingt. Stärkere Concentrationen dieser Salze heben die Be- wegungen der Samenfäden auf, doch treten dieselben ohne Ausnahme bei Zusatz von Wasser wieder ein. Beobachtet wurde diese Erschei- nung nach Behandlung des Samens mit NaO Ä von 2%, BaCl von 5%, CaCl von 3%, NH,Cl von 2%, 2NaO HO, PO, von 5%,, Na Cl von 4 und 5%,, NaO CO, von 5%. — Was die Dauer der Bewegungen der Fäden in diesen Salzen anlangt, so kann ich, wenn Zahlen ver- langt werden, nur mittheilen, dass ich bei BaCl eine Dauer derselben von A—2 Stunden, beim 2NaO HO, PO, von %,—4 Stunde fand, doch ist auch bei den anderen Salzen so viel sicher, dass die Bewe- gungen der Samenelemente längere Zeit in ibnen sich erhalten, mit einziger Ausnahme vielleicht des kohlensauren Natrons, das ich hierauf nieht geprüft habe. e) Säuren Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure wirken im Allgemeinen noch schädlicher als bei Säugethieren. So bewegen sich in diluirten Zuckerlösungen, die nur Y,500 Salzsäure enthalten, nur vereinzelte Samenfäden; in solchen mit Yjo,000 Säure wird die Bewegung etwas lebhafter, doch ist dieselbe erst bei Ys,,000 Säure ganz ungetrübt. Viel weniger schädlich wirkt Chromsäure, wenigstens bewegen sich die Fäden in Lösungen mit Yyo—Yıoo dieser Säure sehr lebendig und zum Theil bis 40 Minuten lang; ja selbst in Lösungen mit Y,, Säure dauern die Bewegungen noch 1—2 Minuten, worauf dann die Fäden mit einem sich bildenden Gerinnsel zusammenbacken. f) Caustische Alkalien. Bei diesen hat man ebenfalls zu unterscheiden zwischen Lösungen, welche die Bewegungen der Fäden dauernd erhalten, und solchen, die nor erregend wirken. Was. die ersten anbetrifft, so fand ich beim Kali, dass Zuckerlösungen von 4020 spec. Gew. mit Y/o,000 und "sooo KO die Bewegungen eine Stunde lang und mehr vortrefflich erhalten. Bei Zuckerlösungen mit Y,ooo KO beobachtete ich die Bewegungen 40 —15 Minuten lang, und bei solchen mit /y0o KO hörten dieselben gleich auf. Bei einem andern Frosch fand ich in einer Lösung von 4 Theil KO in 4000 Theilen Wasser noch nach 4 Stunde und 45 Minuten lebhafte Vibrationen, obschon die Fäden Oesen bildeten, wogegen ich wieder andere Male beobachtete, dass selbst in Lösungen von 1 Theil Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Bd. 16 234 KO in 2000— 3000 Theilen Wasser die Fäden nur kurze Zeit sich _be- wegten, dann aufquollen und manchmal selbst zerstört wurden. — Wasser mit 9000 NH3O schadete nichts, dagegen: waren bei Yo die Bewegungen fast Null. — Die erregende Wirkung der causti- schen Alkalien beobachtete ich beim Frosch in ähnlicher Weise, wie bei den Säugethieren, doch waren hier nur sehr diluirte Lösungen wirksam, indem concentrirtere die Samenfäden gleich zerstörten. Lässt man Samenfäden in Zuckerlösungen zur Ruhe kommen und setzt Kali- lösungen von Yıooo—Ysooo ZU, So tritt wieder die lebhafteste und allgemeinste Bewegung ein, die auch lange Zeit anhält, und dasselbe geschieht bei Anwendung sehr verdünnter Natron- und Ammoniak- solutionen. Ebenso kann man in älterem Samen, in welchem durch Wasser und Zuckerlösungen keine Bewegungen mehr auftreten, durch Kalilösungen von der angegebenen Verdünnung noch Bewegungen er- zielen. — Alle Kalilösungen über "oo, lösen die Samenfäden auf, in- dem dieselben aufquellen, sich einrollen und verschwinden. Bei diluir- ° teren Lösungen bleibt hierbei noch eine Zeit lang ein helles Klümpchen zurück, welches bei concentrirteren gleich schwindet. In schädlich wirkenden Ammoniaklösungen machen die sich einrollenden Körper der Fäden oft ein paar energische Schlängelungen, die nur Ausdruck der chemischen Einwirkung des Causticums sind, da die Körper der Samen- fäden bekanntlich bei den vitalen Bewegungen derselben sich voll- kommen passiv verhalten. . E_148.0.h,e, Die Samenfäden der Fische, von denen ich nur die des Cyprinus carpio und Leuciscus dobula untersuchte, zeichnen sich durch eine merkwürdige Zartheit und die kurze Dauer ihrer Bewegungen vor denen aller anderen Wirbelthiere aus. Im ausgepressten Samen ist die Bewegung sehr lebhaft und dauert auch viel länger als man ge- wöhnlich anzunehmen scheint, wenigstens habe ich beim Karpfen die- selbe an den nicht eingetrockneten Stellen der Präparate bis zwei Stunden lang beobachtet, und zweifle ich nicht, dass eine noch viel längere Dauer sich ergeben hätte, wenn ich den Samen vor dem Ver- dunsten zu bewahren im Falle gewesen. wäre. Ganz anders wirkt da-' gegen Wasser. Verdünnt man den Samen mit demselben, so hören selbst unter den günstigsten Verhältnissen die Bewegungen bald (nach 2— 8 Minuten) auf, wie besonders Quairefages (Ann. d. sc. nat. 1853) | durch sehr sorgfältige Untersuchungen ermittelt hat, aus denen auch hervorgeht, von welch grossem Einflusse schon geringe Temperatur-' differenzen auf die Dauer der Bewegungen sind. Sehr bemerkenswerth‘ sind auch die zum Theil schon von Dwjardin (Ann. d. se. nat. 2. Ser., 235 VII, pag. 297) wahrgenommenen Veränderungen, welche die Samen- fäden in Wasser erleiden, indem deren rundliche Körper nach und nach um das Doppelte und mehr aufquellen und erblassen (Fig. 6, 3.), während die Fäden allmählich Oesen: erhalten, auch wohl sich ver- kürzen und abfallen, so dass schliesslich von den Samenfäden nichts als ungemein blasse, 0,002—0,0025” grosse, helle und sehr zarte Ku- geln zurückbleiben, an denen die Stelle, wo der Faden sass, meist durch ein dunkles kleines Knötchen angedeutet ist (Fig. 6, #.). Häufig sieht man auch die Körper in den ersten Stadien der Einwirkung des Wassers eine Spindelform oder dreizackige Gestalt annehmen (Fig. 6, 3. 6). Indifferente Lösungen von gewisser Concentration, wie Zucker von 4046, A022— 14037 spec. Gew. erhalten die Bewegungen der Samen- fäden ziemlich gut, doch war die Dauer bei meinen bisherigen Ver- suchen nie länger als eine Stunde. Minder günstige Resultate gab Ei- weiss, auch wenn ich dasselbe mit Wasser verdünnte, was entweder von der Zähigkeit oder dem bedeutenden Kochsalzgehalt desselben her- rührt, welcher letztere auch die Ursache sein mag, warum Humor vitreus schädlich ist. Die alkalischen und Erdsalze nämlich wirken nur in ganz bestimmten Concentrationen, und auch in solchen nicht alle günstig, was ich durch folgende Angaben, die sich auf den Samen des Karpfen beziehen, belegen kann. Na Cl von 10%, 5% und 4%, zu Sperma aus dem Hoden ge- setzt, hob die Bewegung augenblicklich auf und waren die Körper der Samenfäden namentlich in der stärksten Lösung fürchterlich geschrumpft (Fig. 6, 2.). In einer Kochsalzlösung von 4, %, beobachtete ich die Be- wegung 8' lang; und in solchen von 1 Theil Kochsalz auf 300 und auf 400 Theile Wasser während 40—45’, woraus sich ergibt, dass Kochsalz hier lange nicht so günstig einwirkt, wie bei den höheren Thieren, In den letzten beiden Lösungen fanden sich die Samenfäden- körper aufgequollen, während sie in der Y,%, Solution eher eiwas verkleinert waren‘, woraus mithin folgt, dass auch nicht zu erwarten steht, dass noch verdünntere Kochsalzlösungen vielleicht günstiger wirken. Diess wird auch dadurch bewiesen, dass Samenfäden, die in Kochsalz von !/,,, zur Ruhe gekommen waren waren, durch eine Lösung desselben Salzes von 4%, wieder auf kurze Zeit auferweckt werden konnten. Als wieder Ruhe eingetreten war, machte Wasser von Neuem bei einzelnen Bewegung, doch quollen die meisten gleich sehr auf. ‚Viel günstiger als Na Cl wirkte 2NaO HO, PO,, zwar tödtete auch bei diesem Salz eine 5%, und 40%, Lösung die Samenfäden gleich, dagegen beobachtete ich an mikroskopischen Präparaten bei Lösun- gen von 4%, 4,7%, und 2,5%, noch nach 2—8 Stunden sehr leben- ‚dige Bewegung. Um die Dauer in diesen Lösungen genauer bestimmen zu können, brachte ich grössere Samenmassen in Uhrschälchen mit 16* 236 denselben zusammen, wobei ich Sorge trug, den Samen gehörig durch- zurühren und die Verdunstung zu hindern, und da ergab sich denn, dass in 4%, und 4,7%, Lösungen noch nach 20 —22 Stunden’ viele Samenfäden in lebhafter Bewegung waren. Nach 44 Stunden hatten sich in der 4%, Solution Infusorien gebildet, und war die Bewegung der Fäden auch durch caustisches Kali nicht mehr zu erzielen. In NaO SO, von 4%, beobachtete ich die Bewegung mehr als 6 Stunden, während sie bei 4,7%, schon nach 4—5 Stunden sehr vermindert war, und nach 6 Stunden nur noch bei einigen wenigen sich fand. Samenmassen, die ich mit diesen beiden Lösungen stehen gelassen hatte, zeigten noch nach 7 Stunden Bewegungen. Nach 22 Stunden waren dieselben erloschen, doch konnte durch Wasser und ebenso durch Kali causticum die Bewegung aufs allerschönste wieder hervorgerufen werden, wobei sich jedoch eine viel kräftigere Wirkung der letzten Substanz ergab. In Wasser nämlich dauerte die Bewegung nur 2)/,', während dieselbe bei Zusatz von etwas KO von Y, und Y, % 3—4' lang, bei Lösungen von 4, %, 8—9', bei solehen von Y,% endlich mehr als 4 Stunde sich erhielt. Selbst nach 30— 40 Stunden liessen sich die Samenfäden aus der 4%, NaO SO, Lösung noch auf- erwecken durch HO.... durch KO, zu einer Zeit, wo in dem mit „NaO HO, PO, gestandenen Samen schon Zersetzung sich eingestellt hatte, und wirkte auch jetzt noch eine Lösung von KO von Y5 %, so energisch, dass die Bewegung noch %, Stunden anhielt und nach 2 Stunden durch 4/,%, Salz wieder kam, während in Wasser die Dauer derselben äusserst kurz war. MgO SO, endlich erhält wie 4%, die Bewegungen der Samen- fäden etwa 5’ lang; wogegen in 5 und 10%, Lösungen dieselben gleich aufhören. - Aus diesen Erfahrungen ergibt sich eine bedeutende Uebereinstim- mung der Samenfäden der Fische mit denen der Frösche in ihrem Ver- halten gegen Salze, wenigstens mit Bezug auf den Concentrationsgrad der Salze, welcher die Bewegungen nicht hindert. Dagegen dauert bei den Fischen in einigen Salzen die Bewegung nur kurze Zeit, wäh- rend sie in Glaubersalz und vor Allem im phosphorsauren Natron so lange sich erhält, dass man unwillkürlich auf den Gedanken kommt, ob nicht vielleicht diese Salze ein vortreffliches Mittel an die Hand geben, um den Samen bei den künstlichen Befruch- tungen zu verdünnen, eine Vermuthung, welche freilich nur durch directe Versuche erhärtet werden kann, welche anzustellen ich bisher keine Gelegenheit hatte. — In allen Salzlösungen zeigen die Körper der Samenfäden aufs bemerkenswertheste die Phänomene des Aufquellens und des Schrumpfens, wenn dieselben zu concentrirt oder zu diluirt sind. Sehr bemerkenswerth ist, wenn man die Zartheit der Samenfäden | 237 der Fische bedenkt, dass es auch bei ihnen gelingt, sie wieder durch Wasser aufzuwecken, wenn sie mit zu concentrirten Salz- lösungen behandelt oder in solchen ruhig. geworden sind, wie Letz- teres schon angeführt ‘wurde. Ersteres ist mir gelungen nach An- wendung von 4 und 5°, Kochsalzlösungen und Glaubersalz von 5%, doch dauert in solchen Fällen die Bewegung nicht laug und quellen, wenn dieselbe erlischt, die Körper ungemein auf. — Ebenso lassen sich auf der andern Seite auch durch Wasser ruhig gewordene Fäden durch sofortigen Zusatz von phosphorsaurem Natron von 1%, einem guten Theile nach wieder ins Leben rufen. Die caustischen Alkalien endlich wirken auch bei den Fischen mächtig erregend, und gibt es kein schöneres Schauspiel, als wenn man reines, ruhig gewordenes Sperma mit Lösungen von Y,— "za " Kali causticum behandelt, indem die Samenfäden mit unglaublicher Ge- schwindigkeit durch das Gesichtsfeld schiessen. Da reines Wasser solche, so wie in Salzen ruhig gewordene Fäden auch wieder beweg- lich macht, so ist es übrigens nicht so leicht zu entscheiden, ob die caustischen Alkalien wirklich erregend wirken. Vergleicht man jedoch die Lebhaftigkeit der Bewegungen in dem einen und andern Fall, so wie ihre Dauer, worüber schon das Nöthige angegeben wurde, so neigt sich die Wage bald zu Gunsten der Caustica und gewinnt man die Ueberzeugung, dass ihre Einwirkung hier ebenso zu deuten ist, wie bei den übrigen Geschöpfen. Zusammenstellung der Resultate. Nach Aufzählung der von mir an dem Samen der verschiedenen Thiere gemachten Wahrnehmungen wird es nun gut sein, die gelun- denen Thatsachen kurz zusammenzustellen und dann erst die weiteren Folgerungen aus denselben abzuleiten. Für die Samenfäden der Säuge- thiere stelle ich folgende Sätze auf: 4) Im reinen Sperma aus dem Nebenhoden und Vas deferens trifft man sehr häufig bewegliche Samenfäden. 2) In Wasser und wässerigen Lösungen aller unschäd- liehen indifferenien Substanzen und Salze hört die Bewegung der Fäden auf und erhalten dieselben Oesen. 8) Diese mit Oesen versehenen Fäden sind nicht todt, wie man bisher allgemein geglaubt hat, vielmehr leben dieselben durch nachherigen Zusatz concentrirterer Lösungen unschädlicher indifferenter Substanzen (Zucker, Eiweiss, Harnstoff) und Salzen wieder vollkommen auf. 4) In allen thierischen Flüssigkeiten von grösserer Goncen- (ration oder grösserem Salzgehalt, die nicht zu sauer und nicht zu 238 alkalisch, auch nicht zu zähflüssig sind, bewegen sich die Samenfäden vollkommen, so in Blut, Lymphe, alkalischem oder neutralem Harn, alkalischer Milch, dünnerem Schleim, dickerer Galle, Humor vitreus, nicht in Speichel, saurem und stark ammoniakalischem Harn, saurer Milch, saurem Schleim, Magensaft, dünner Galle, diekem Schleim. Macht man die Concentration dieser Flüssigkeiten günstig und ihre Reaction neutral, so schaden sie nichts. 5) In allen Lösungen indifferenter organischer Substan- zen von mittlerer Concentration bewegen sich die Samenfäden voll- kommen gut, so in allen Zuckerarten, in Eiweiss, Harnstoff, Glycerin, Saliein, Amygdalin. Stärkere Concentrationen dieser Substanzen heben die Bewegungen auf, doch stellt nachträgliche Verdünnung mit Wasser dieselben immer wieder her. Zu diluirte Solutionen wirken wie Wasser (siehe No. 2 und 3). 6) Gewisse sogenannte Lösungen indifferenter organi- scher Substanzen wirken wie Wasser, auch wenn sie noch so concentrirt sind, so Gummi arabicum, Pflanzenschleim (Gummi tragacan- ıhae, Mucilago sem. cydoniorum) und Dextrin. Concentrirte Lösungen an- derer Substanzen stellen auch in diesem Fall die Bewegung wieder her. 7) Viele organischen Substanzen heben die Bewegungen der Samenfäden auf, weil sie chemisch auf dieselben einwirken, so Alko- hol, Greosot, Gerbstoff, Aether, Chloroform, andere, weil sie mecha- nisch dieselben hindern, wie die meisten Oele. Narcotica schaden bei gewissen Concentrationen nicht. 8) Metallsalze schaden schon in ungemeinen Verdünnungen, so Sublimat bei "/0,000- 9) Die meisten alkalischen und Erdsalze schaden bei einer gewissen, bei den einen grösseren, bei den anderen geringeren Con- centration nichts, so dass die Samenfäden 1—4 Stunden sich in ihnen lebend erhalten. Hierher zäblen 4%, Lösungen von Na Cl; KÜl; NH, Cl; NaO, NO,; KO, NO,; ferner 5—10°%, Solutionen von 2NaO HO, PO,; NaO, SO,; MgO, SO,; Ba Ül., Schwächere Goncentrationen als die günstig wirkenden, haben denselben Einfluss wie Wasser und machen Oesen, doch leben die Samenfäden durch Zusatz con- centrirterer Lösungen dieser Salze und von indifferenten Substanzen (Zucker, Harnstoff u. s. w.) wieder auf, Stärkere Salz- lösungen, als die günstigen, hemmen die Bewegungen ebenfalls, doch lassen sich dieselben auch in diesem Falle wieder auf- erwecken, und zwar durch Zusatz von Wasser. Eigentlich belebend wirken diese Salze kaum, wie vor Kurzem Moleschoff und Ricchetti diess behaupteten; denn in indifferenten Substanzen, Zucker 2. B., rubend gewordene Fäden leben durch sie nicht auf und ist ihre Wirkung von der wirklich erregenden der caustischen Alkalien i j 239 verschieden. Immerhin ist zuzugeben, dass ihre Wirkung eine sehr gute ist, und dass sie, jedoch wohl nur ihrer rascheru Diffusion im Wasser halber, eine Samenmasse rascher in Bewegung bringen, als andere minder diffundirbare Substanzen, wie Zucker und Eiweiss. Die kohlen- sauren Salze schliessen sich in ihren Wirkungen eher an die causti- schen Alkalien an, sie erregen die Samenfäden lebhaft, doch dauert deren Bewegung nicht lange. 40) Säuren sind schon in ganz geringen Mengen schädlich, so Salzsäure bei Y500- 44) Caustische Alkalien (Natron, Kali und Ammoniak), nicht Aetzkalk und Aetzbaryt, sind in allen Concentrationen von Y/ — 50%, eigentliche Erreger der Samenfäden. Mögen dieselben schon an und für sich, wie z. B. in älterem Sperma, ruhend sein oder in in- differenten Lösungen ihre Bewegungen eingebüsst haben, so kommen sie durch die genannten Substanzen wieder in die lebhaftesten, von den vitalen nicht zu unterscheidenden Bewegungen, die jedoch nach 2— 3 Minuten einer Ruhe Platz machen, aus der die Fäden durch kein Mittel mehr zu erwecken sind. In grossen Verdünnungen zu Yınoo — Ysoo indifferenten Substanzen, wie Zuckerlösungen, beigemengt, geben die caustischen Alkalien ein Mittel ab, um die Bewegungen der Samen- fäden lange Zeit hindurch vortreflich zu erhalten. 42) In indifferenten Substanzen und in Salzlösungen eingetrock- netes Sperma ist in gewissen Fälleu durch Verdünnung mit derselben ' Flüssigkeit oder mit Wasser wieder in Bewegung zu bringen. So viel von den Säugethieren, mit denen die Vögel fast ganz übereinstimmen, nur dass die phosphorsauren und schwefelsauren alkalischen Salze in etwas schwächeren Solutionen günstig wirken. Bei den Amphibien, d. b. beim Frosch, ergibt sich insofern eine Diffe- renz, als die Samenfäden, vermöge ihrer chemischen Beschaffenheit, minder concentrirte Lösungen nöthig haben, um sich naturgemäss zu bewegen. Daher wirken hier Wasser und wässerige Lösungen sehr wenig schädlich ein, und sind bei Salzlösungen grössere Verdünnungen nöthig, um ihre Bewegungen hervortreten zu lassen, als bei Säugern, d. b. 4, %, Lösungen von Na Cl, K Cl, NH,CI, KO, NO,; Na, NO,; _Na0,C0,; und 4%, Solutionen von 2Na0 HO, PO,: NaO, SO,; MgO, 50,; Ba Cl; CaCl; NaO, A. Alle anderen Sand allninge sind gleich, so neitientlich Ah Wiederaufleben aus concentrirten Salz- lösungen, nur wirken die Alkalien nur in ganz schwachen Lö- sungen erregend, in stärkeren zerstörend. Die Samenfäden der Fische stimmen durch ihr Verhalten gegen Wasser mehr mit den Amphibien, erhalten sich jedoch bei weitem nicht so lange lebenskräftig in demselben und unterscheiden sich von den Amphibien und allen anderen Wirbelthieren durch die grosse 240 Zartheit ihres Baues und durch die Schwierigkeit ihrer Bewegung gün- stiige Medien zu finden. Im Allgemeinen sind dieselben Concentratio- nen ihnen zuträglich, wie den Froschsamenläden, nur scheinen nur wenige Substanzen, wie 2NaO HO, PO, von 4%, und MgO SO, von 1% ihnen ganz günstig zu sein, in welchen Substanzen ich sie noch nach 6 - 12 — 22 Stunden in lebhafter Bewegung sah, und die viel- leicht zur längern’ Aufbewahrung von Fischsamen sich eignen. Das Wiederaufleben nach der Einwirkung von Wasser und von zu concentrirten Substanzen kommt ihnen in derselben Weise, wie denen der Säugethiere, zu. Ebenso wirken auch die caustischen Alkalien erregend, jedoch nur in diluirten Lösungen von Ys—Y,%, denn in stärkeren gehen die Samenfäden gleich zu Grund. a Allgemeine Betrachtungen. Fragen wir nun, nach Darstellung der Bewegungsphänomene der Samenfäden, nach den ihnen zu Grunde liegen Ursachen, so stossen wir vor Allem auf die von Ankermann ausgesprochene Behauptung, dass es nichts als Endosmose sei, welche dieselben“ veranlasse. Ich gestehe, dass dieser Ausspruch mir anfänglich als im höchsten Grade gewagt erschien, doch kam ich im weitern Verlauf meiner Untersuchun- gen bald selbst dazu, mir die Frage vorzulegen, ob nicht vielleicht doch ein physikalisches Phänomen den Hauptantheil an der Bewegung der Samenfäden habe, namentlich als ich den Einfluss der Salze auf dieselben genauer bestimmt und ihr Wiederaufleben aus zu verdünnten und zu concentrirten Lösungen aufgefunden hatte, indem namentlich diese Zähigkeit bei so zarten Elementartheilen die Deutung der Bewe- gungen als vitales Phänomen etwas unsicher erscheinen lassen musste. Je länger ich aber diesen Gegenstand überlegte, um so: mehr gelangte ich zur Ueberzeugung, dass die Ansicht von Ankermann unhaltbar ist, und will ich nun in Kürze die Gründe darlegen, welche meiner Mei- nung nach das ganze Phänomen als ein vitales darthun und jede Aus- sicht abschneiden, dasselbe als von äusseren Momenten veranlasst zu betrachten : Wenn die Bewegung der Samenfäden nicht durch in ibnen selbst liegende Ursachen erzeugt wird, so wäre wohl vor Allem an Endos- mose, dann vielleicht auch an Imbibition und Ghemismus zu denken; dagegen halte ich es nach den von mir gemachten Experi- menten für überflüssig, die hingeworfenen Vermuthungen von Funke, dass vielleicht auch Moleeularbewegung oder Verdunstung dabei im Spiele sei, zu besprechen; auch die Electricität und die Wärme möchten, wenigstens als von aussen wirkende Agentien, von vorn herein ei ee 241 als nicht wesentlich bestimmend ausgeschlossen werden dürfen. — Was nun die Endosmose anlangt, so hat, wie oben mitgetheilt wurde, Ankermann den Satz aufgestellt, dass alle verdünnten Lösungen und Wasser, vermöge des Gegensatzes zwischen ihnen und dem dichtern Inhalt der Samenfäden, durch ihr allmähliches Eindringen in die Fäden Bewegungen veranlassen, während bei dichteren Lösungen dieselben ausbleiben, entweder weil das äussere oder innere Medium gleich concentrirt seien, oder weil bei concentrirterer äusserer Flüssigkeit die Ausgleichung, der exosmotische Strom, zu rasch sich mache. Gegen diese Darstellung habe ich Folgendes einzuwenden: 4) Vor Allem gebe ich zu bedenken, dass die Existenz einer Membran und eines besondern Inhaltes an den Fäden keines Sperma- t0z00n nachgewiesen ist, und dass somit die erste Grundbedingung für die Annahme einer Endosmose keineswegs feststeht. Das Auf- quellen der Samenfäden gewisser Thiere in Wasser beweist nämlich noch keineswegs die Existenz einer Membran. Immerhin will ich auf diesen mangelnden Nachweis kein zu grosses Gewicht legen, um so mehr, da die unten zu schildernde Entwicklung der Samenfäden aus Kernen es nicht unmöglich erscheinen. lässt, dass dieselben auch im ganz ausgebildeten Zustande vielleicht noch Hülle und Inhalt besitzen. 2) "Dagegen scheint mir die Thatsache sehr wichtig, dass die Samenfäden so häufig im reinen Sperma oder wenigstens in ge- wissen Secreten innerhalb des männlichen Organismus sich bewegen, in welchem Falle doch wahrhaftig an keine Differenz, an keine Aus- gleichung zwischen der die Fäden umspülenden Flüssigkeit und ihrem Innern gedacht werden kann. Hätte Ankermann die Frösche statt im Herbst (l. c. pag. 49) in einer günstigern Jahreszeit untersucht, so hätte er sich überzeugt, dass die Samenbläschen derselben, die lange Zeit bindurch mit Samen (und Harn) strotzend gefüllt 'sind, doch immer bewegliche Samenfäden enthalten, obschon hier an eine nicht statt- gehabte Ausgleichung zwischen ihnen und dem äusseren Medium nicht zu denken ist. 3) Wie kommt es ferner, dass bei allen Wirbelthieren die Samen- am besten in Lösungen einer gewissen mittlern Concentration sich bewegen, die je nach den verschiedenen Abtheilungen zwischen u. im Mittel schwankt und so weit sich diess aus den weiter "anzugebenden Daten ersehen lässt, ungefähr dieselbe ist, wie die der Samenfäden, deren Wassergehalt in den Fäden selbst ich bei Säugethieren auf 90—93°/, anschlage? Nach Ankermann’s Hypothese müssten die Samenfäden in solchen Lösungen, wie in Blut, Harn, Milch, und in Zucker und Eiweisslösungen von 4020 — 1050 spee. Gew. fast voll- kommen ruhig sich verhalten. Wie geschieht es, dass in Wasser und diluirten Lösungen die Samenfäden vieler Thiere (Säugethiere, Vögel) 242 gar nicht sich bewegen, die der Fische wenigstens schnell absterben und selbst die der Frösche nach einiger Zeit alterirt werden? Wasser ist nach Ankermann doch die Substanz, die den lebbaftesten endosmo- tischen Strom erzeugen müsste, und gerade diese ist am schädliehsten, und zwar besonders und vor Allem bei den Fäden (Säugethiere), deren Gehalt an fester Substanz wahrscheinlich der grösste ist, während sie den Samenfäden weniger schadet, die selbst viel Wasser enthalten, wie denen der Amphibien. k) Uebrigens könnte, selbst angenommen, dass der, Vorgang der Endosmose und Exosmose bei der Bewegung der Samenläden mass- gebend sei, es wohl kaum die Endosmose sein, welche bei derselben eine Rolle spielt, sondern viel eher die Exosmose, wenigstens be- dingen fast alle Lösungen, die die Bewegungen der Samenfäden begün- stigen, an den Blutzellen einen Wasserverlust, indem sie dieselben verkleinern und zackig machen. Da nun der Inhalt der Samenfäden sicherlich nicht concentrirter ist als derjenige der Blutzellen, so könnte man eher die Exosmose als Ursache der Bewegung ansehen, um so mehr, als concentrirtere Lösungen mit Wasser behandelte Fäden wieder ins Leben rufen, allein hiergegen spricht, abgesehen von allem Andern, ebenfalls einmal das sub 2 Angeführte und dann der Umstand, dass concentrirtere Lösungen, die die günstig wirkenden nur um etwas überschreiten, die Bewegungen, statt sie zu beschleunigen, ‚gerade auf- heben, und dass dieselben in einem solchen Falle dnrah Wasserzusatz ae sich einstellen. 5) Gegen Endosmose oder Exosmose spricht ferner der Umstand, dass die caustischen Alkalien in Allen Concentrationen ächt vitale Be- 7 wegungen der Samenfäden hervorrufen, mögen die letzteren in diluir- ten oder concentrirten Lösungen zur Ruhe gekommen sein. Wäre } bier der genannte physikalische Vorgang im Spiel, so müsste doch irgend eine Beziehung zum Concentrationsgrade der erregenden Flüssig- keit sich herausstellen. 6) Wenn Endosmose die Bewegungen der Samenfäden veranlasste, so dürfte die Möglichkeit, dieselben ins Leben zu rufen, erst dann auf- hören, wenn die Substanz der Fäden sich zersetzt. Nun zeigt sich | aber bei den ungemein schwer zerstörbaren Samenfäden der Säuger, dass dieselben am 5.—7. Tage, wo ihre Fähigkeit, sich zu bewegen, in der Regel geschwunden ist, auch nicht die Spur einer Veränderung oder Zersetzung erlitten haben, wie sich auch daraus zeigt, dass sie’ in Wasser häufig noch Oesen bekommen, die in concentrirteren Lö-) sungen vergehen. Und doch tritt durch kein Mittel eine Bewegung‘ hervor, der beste Beweis, dass dieselbe nicht in äusseren Agentien’ ihre erste Veranlassung hat. 7) Endlich erwähne ich noch zum Ueberflusse, dass in gar. keiner 243 Weise denkbar ist, wie Endosmose Bewegungen, wie die der Samen- fäden, hervorrufen könnte. Betrachten wir den Faden als den Ort, ‘ wo diese Endosmose statt hat, so müsste die absonderlichste Hypo- these über ungleichmässig vertheilte und noch dazu abwechselnde en- dosmotische Ströme aufgestellt werden, um die mannigfachen Schlän- gelungen und Drehungen der Fäden zu erklären, und bliebe immer ganz unbegreiflich, wie trotz dieser lebhaften und viele Stunden lang dauernden Endosmose (dieselbe im Sinne von Ankermann als in keiner Beziehung zu vitalen Vorgängen in den Fäden stehend aufgefasst) die Fäden ihre Form doch nicht ändern, nicht etwas aufquellen oder schrumpfen. Man kann nun freilich aus dieser Schwierigkeit sich herausziehen, wenn man die Samenfäden mit den Schwärmsporen ver- gleicht und Nägeli’s Anschauung über die Bewegungen dieser zu Grunde legt, wie diess von Funke geschehen ist (l. s. e.), der diese Auffassung für wenigstens ebenso wahrscheinlich hält als die, dass die Samen- fäden selbständig sich bewegen. Nüägeli (Gattungen einzelliger Algen. Zurich 4849, pag. 49— 24) erklärt bekanntlich in scharfsinniger Weise die Bewegungen der Schwärmsporen der Algen aus zwei endosmoti- schen Strömen, von denen der eine (endosmotische) an dem die Wim- pern tragenden, bei den Bewegungen vorangehenden schmälern Ende der Sporen, der später sich festsetzt und daher als Wurzelende des- selben zu betrachten ist, statt habe, während der andere (exosmotische) an der entgegengesetzten Seite sich finde, und betrachtet die Bewe- gungen der Cilien als secundär durch die Strömungen im Wasser her- vorgerufen. — Ueberträgt man diese Anschauung auf die Samenfäden, so müsste man annehmen, dass die Körper derselben der Sitz eines energischen Stoffwechsels und zweier entgegengesetzten endosmotischen ‚Ströme sind, und dass die Fäden nur secundär sich bewegen. Wer ‚die früheren Darstellungen gelesen bat, weiss jedoch, dass die Samen- 'fäden der Thiere gerade in Lösungen von mittlerer Concentration, die ‚am wenigsten geeignet sind, endosmotische Erscheinungen an ihnen zu veranlassen, sich am besten bewegen, und brauche ich kaum noch ‚hinzuzufügen, dass diese Bewegungen in allen möglichen Substanzen einstellen, auch in solchen, die, wie Glycerin, Harnstoff und Salze ‚aller Art, sicherlich nicht zur Unterhaltung eines Stoffwechsels in den ern derselben dienen. Uebrigens ist diese ganze Auffassung auch on deshalb unmöglich, weil — wie Jeder, der nur etwas mit der Beobachtung des Sperma's, z. B. des Frosches, sich beschäftigt hat, weiss — auch isolirte Schwänze von Samenfäden sich bewegen, abgetrennte Köpfe derselben dagegen immer stille stehen. - Wiel weniger noch als an Endosmose kann bei den Bewegungen der Samenfäden an Imbibition und Chemismus gedacht werden. Erstere erzeugt zwar in gewissen Fällen Bewegungsphänomene, so, 2 244 wenn ein zarter, biegsamer, leicht tränkbarer Körper auf einmal mit Wasser oder einer sehr diluirten Substanz in Berührung kommt, allein diese Bewegungen sind immer von sehr kurzer Dauer. An solche Be- wegungen, die z. B. an den Samenfäden, wenn sie in Masse Oesen bekommen, an den Stäbchen der Retina beim Einrollen derselben in diluirten Medien, beim Myelin von Virchow in Wasser, bei den Dotter- körperchen der Fische und Amphibien durch Essigsäure u. s. w. sich zeigen, ist aber bei den Samenfäden aus dem Grunde nicht zu denken, weil ihre Bewegung gerade in concentrirteren Medien am lebhaftesten ist, und durch Wasser schwindet. Auch chemische Vorgänge, d.h. solche, die durch das äussere Medium veranlasst werden, lassen sich als ursächliehes Moment der Locomotionen nicht festbalten, denn wenn schon caustische Alkalien bei den Thieren, bei denen sie die Fäden in der Kälte zerstören, im Momente der Einwirkung ein oft von Schlängelungen und Krümmungen begleitetes Aufquellen veran- lassen, so ist doch bei den ächten andauernden Bewegungen der Samen- fäden, die in allen Medien statt haben, auch nicht von Ferne an Che- mismus zu denken. Wenn dem Gesagten zufolge weder Endosmose, Imbibition oder Chemismus, noch auch irgend ein anderes, von aussen auf die Samen- fäden wirkende Agens als erste und Hauptursache ihrer Locomotionen anzusehen ist, so bleibt nichts Anderes übrig, als die Quelle derselben in sie selbst zu verlegen, und anzunehmen, dass ihrer Substanz ge- rade wie derjenigen der Wimperhaare und der einfachsten Thiere das Vermögen inhärirt, zufolge einer bestimmten chemischen Zusammen- setzung und bestimmten Beziehungen ihrer Molecüle zu einander unter günstigen äusseren Bedingungen (zweckmässigem Medium, gehöriger Temperatur) sich zu bewegen. Eine solche Bewegungserscheinung nenne ich, wenn sie an einem von einem Organismus gebildeten und in einer gewissen Abhängigkeit von demselben stehenden Theile sich findet, eine vitale, und stehe ich mithin in vollem Gegensatze zu Ankermann und zum Theil zu Funke, die die Bewegungen der Samen- fäden als ein physikalisches Phänomen betrachten. Frägt man nach den genauen Verhältnissen des Vorganges: in den Samenfäden, so kann ich hierauf keine Antwort geben, doch lässt sich hier, wie bei den Muskel- und Nervenfasern, die Ursache der Bewegungen wohl kaum in etwas Anderem suchen, als in chemischen Umsetzungen der Sub- stanz der Fäden, durch welche vielleicht elektrische Kräfte sich ent- wickeln. Auffallend ist jedoch in hohem Grade die lange Dauer der Bewegungen der Fäden, die ja bei den Experimenten mit denselben 4—6—12 Stunden und. mehr beträgt und in weiblichen Thieren noch nach 6 und 7 Tagen beobachtet wurde. Wenn chemische Umsetzungen die Ursache der Bewegungen der Fäden sind, so. ist mit denselben 245 natürlich ein Stofiverbrauch gegeben, der immer neue Zufuhr nöthig i macht, wenn die Bewegung Dauer haben soll. Bei den Muskeln und Nerven besorgen die Blutgefässe diese Zufuhr, bei den Wimperhaaren die Zellen, welche dieselben tragen; die Infusorien, auch die mund- losen, ernähren sich aus dem umgebenden Medium und ermöglichen so die Entwicklung immer neuer Kraft. * Wie verhält es sich nun aber - bei den Samenfäden? Reicht das in den einzig beweglichen Fäden derselben enthaltene. Material, um die Bewegungen so lange Zeit zu unterhalten, oder nehmen dieselben vielleicht innerhalb der weiblichen - Genitalien aus dem Secrete der Schleimhaut brauchbare Stofe auf, ähnlich der Trichomonas, der Opalina ranarum u. s. w., ein Vorgang, der, wenn auch möglich, doch nicht wahrscheinlich ist, da die Samen- fäden auch in Substanzen, die sie nicht zur Erhaltung verwerthen können, wie in Salzen u. s. w., ebenfalls lange fortleben? Eher wäre daran zu denken, ob nicht vielleicht die Körper der Samenfäden sich zu den Fäden selbst verhalten, wie eine Zelle zu ihren Wimperhaaren, _ ‚und dieselben aus dem in ihnen enthaltenen reichlichern Material er- nähren, eine Vermuthung, die jetzt, wo ich zeigen kann, dass die Samenfäden aus den Kernen der Samenzellen sich bilden, wohl aus- gesprochen werden darf. — Zu erforschen ist auch noch, ob die Samen- _ fäden bei ihren Bewegungen elektrische Ströme entwickeln, und ob sie nicht, so lange sie sich bewegen, CO, abgeben, während sie O auf- nehmen, Verhältnisse, über die ich vielleicht später berichten kann. Nach diesen kurzen Bemerkungen über die Art und Weise, wie ich die Bewegungen der Samenfäden ansehe, habe ich nun noch zu zeigen, wie von meinem Standpunkte aus die Einwirkung der ver- schiedenen Reagentien sich erklärt. Die Bewegungen der Samen- fäden, die meiner Auffassung zufolge auf inneren Ursachen beruhen, müssen auftreten in allen Lösungen, die nicht chemisch die Substanz _ der Fäden zerstören, sie wesentlich alteriren oder durch bewirkte Quellung oder Wasserentziehung auf ihre moleculäre Zusammensetzung ‚einwirken, oder zu diek und zähe sind, mithin in tbierischen Flüssig- keiten mittlerer Concentration, die nicht zu sauer oder zu alkalisch sind, in nicht zu diluirten Lösungen indifferenter Substanzen, in ge- ‚wissen Salzsolutionen von bestimmter Dichtigkeit. Die Unterschiede, welche die letzteren zeigen, erkläre ich mir aus der Verschiedenheit der Imbibitionsverhältoisse. In der That stimmt die von mir oben mitgetheilte Thatsache, dass die Samenfäden der Säugethiere, Amphi- bien und Fische bei Behandlung mit Na Cl, KCl, NH, Cl u. s. w. von Y—1%, vorirefllich sich bewegen, in 5%, Lösungen dagegen un- beweglich sind, während beim Glaubersalz, phosphorsauren Natron, Bittersalz und Chlorbarium dieselben in 5—10%, Solutionen sich be- wegen, in 4%, dagegen Oesen bekommen, wie in Wasser, ganz gut 246 mit dem, was Ludwig (Zeitschr. f. rat. Med. VIII, 1849, pag. 17 fg.) und Cloetta (Diffusionsversuche durch Membranen mit zwei Salzen. Zürich 4851, pag. 22 fg.) über das Quellungsvermögen thierischer Mem- branen für Kochsalz und Glaubersalz gefunden haben. Nach Cloetta nämlich nimmt eine thierische trockne Membran (der Herzbeutel des Ochsen) nicht nur mehr Koch3alz auf als Glaubersalz (die gefundenen h Quellungsverhältnisse sind, das Gewicht der Membranen — 1 gesetzt, für Kochsalzlösungen von 5,4 und 24,2%, 1,35 und 4,04, für Glauber- salzlösungen von 4,8 und 44,6%, 4,15 und 0,86), sondern es besitzt ” auch die in die Membran gedrungene Kochsalzlösung einen bedeutend höhern relativen Procentgebalt als die Glaubersalzsolution (bei den ge- nannten beiden Kochsalzlösungen war die Relation des Procentgehaltes der äussern Flüssigkeit zu der in die Membranen gedrungenen wie 1:0,84, beim Glaubersalz dagegen bei einer äussern Solution von 14,6%, wie 4: 0,39, und bei einer Lösung von 4,8%, wie 4: 0,57). Ueberträgt man diese Verhältnisse auf die Samenfäden, indem man dieselben ‘als quellungsfähige Körper betrachtet — was bei ihrer chemi- schen Verwandtschaft mit den sehr imbibitionsfähigen Eiweisskörpern und dem von Gobley und mir aufgefundenen sehr bedeutenden Inhalt derselben an den slark aufquellenden phosphorhaltigen Fetten (s. unten) schon a | priori hätte angenommen werden dürfen, und für die Samenfäden der Fische und Amphibien vor Allem auch durch die directe Beobachtung leicht zu bestätigen ist — so ergibt sich, dass dieselben von einer Kochsalz- lösung mehr aufnehmen werden als von Glaubersalz, und dass bei jener die imbibirte Flüssigkeit fast dieselbe Concentration haben wird, wie die | äussere Lösung, während beim Glaubersalz dieselbe ungefähr einmal diluirter sein wird. Hieraus würde dann weiter folgen, dass schon mässig concenirirte, z. B. 5°, Kochsalzlösungen ihnen schaden, indem " zu viel Salz. eindringt und ihre moleculäre Zusammensetzung, ihren Elasticitätscoefficienten ändert (nach Wertheim [Annal. d. chimie, XXI] ist mit Kochsalzlösung getränkter Faserstoff schwerer auszudehnen als" mit Wasser getränkter), während Glaubersalzlösungen derselben Con- eentration sie noch nicht wesentlich alteriren. Uebrigens bin ich nicht der Ansicht, dass die von Cloetta gefundenen Zahlen so ohne weiteres vollkommen auf die Samenfäden übertragen werden dürfen, was natür- lich nur dann geschehen könnte, wenn dieselben sich auf die näm- liche, und zwar feuchte Substanz, wie die, welche die Samenfäden bildet; und genau auf die von mir angewendeten Salzlösungen be- zögen.. Immerhin scheinen mir dieselben doch einen Anhaltspunkt zw geben, -um die verschiedene Einwirkung der aufgezählten zwei Grup- pen von Salzen dem Verständniss etwas näher zu bringen, und darum habe ich es nicht unterlassen wollen, auf dieselben hinzuweisen. Ich will auch noch bemerken, dass die von mir aufgestellten zwei Salz- | ne se nad ne 247 gruppen, deren eine durch die Haloidsalze der Alkalien, die andere _ durch das Glaubersalz und Bittersalz repräsentirt wird, wicht nur in ihrem Imbibitionsvermögen, sondern auch durch ihre Ditfusionsver- hältnisse charakterisirt zu sein scheinen; nach Graham nämlich (Phil. - Traos. 4850, I, pag. 8, 10, 44, 46) zerfallen die Natren- und Kali- salze in zwei Abtheilaugen, leicht aiffundirbare, zu denen die salz- sauren und salpetersauren Salze gehören, und in schwer diffundir- bare, die schwefelsauren Salze, zu denen auch Ehlorbarium gehört. Die schwierıgere Diffusion und die langsame Imbibition möchten somit Hand in Hand gehen und letztere einfach als eine Diffusionserscheinung zu deuten sein, sofern es sich, wie bei den Samenfäden, um Imbi- bition feuchter Theile handelt. Mag dem angegebenen sein wie ihm wolle, so ist doch auf jeden Fall so viel sicher, dass die Samenfäden imbibitionsfähige Körper sind, und dass alle concentrirteren Lösungen von Salzen und anderen Sub- stanzen ihnen desswegen schaden, weil die auch in die Fäden ein- dringende concentrirte Lösung die moleculäre Zusammensetzung der- selben ändert und sie selbst schrumpfen macht, wie diess bei den Samenfäden der Fische aufs evidenteste zu sehen und selbst durch _ Messung zu bestimmen ist. In gewissen Fällen sind übrigens solche - Lösungen gewiss auch bloss ihrer Zähigkeit wegen hinderlich, wie beim Eiweiss, Zuckerlösungen von 30%,, concentrirtem Glycerin u. s. w. Die Wiederherstellung der Bewegung durch Wasser und diluirte Lö- ‚sungen nach Behandlung der Fäden mit concentrirten Lösungen erklärt ‚sich, wenn diese nur mechanisch hinderlich waren, einfach aus ihrer "Verdünnung, im andern Falle dagegen muss man annehmen, dass den mit salzreicher Flüssigkeit getränkten und geschrumpfien Fäden durch das Wasser wieder Salz entzogen und durch Wasser ersetzt wird, so dass sie wieder aufquellen 'und ihre ursprüngliche Beschaffenheit von Neuem erlangen, ein Verhalten, das bei allen imbibitionsfähigen Kör- sich findet, und von Chevrewl (Ann. de chim. et de phys., XIX) und v. Liebig (Untersuch. u. einige Ursachen der Säftebewegung, 1848) auch schon an mit Oel getränkten thierischen Theilen, die in Wasser gelegt werden, beobachtet wurde. Bemerkenswerth bleibt übrigens immer, dass die Samenfäden durch die Einwirkung concentrirter Salz- lösungen, wenn dieselben nicht zu lange auf dieselben einwirkten, nicht ‚getödtet werden, was für eine grosse Tenacität ihres Lebens spricht. Dass die schädliche Wirkung des Wassers und aller diluirten Lö- ‚sungen ebenfalls aus den Imbibitionsverhältnissen zu deuten ist, folgt aus dem bisher Bemerkten von selbst, ohne dass sich weiter nach- weisen liesse, warum die Samenfäden im aufgequollenen Zustand nicht länger sich bewegen. Die verschiedene Einwirkung des Wassers auf die Samenfäden verschiedener Thiere ist wohl daraus zu erklären, dass 248 dieselben nicht überall dieselbe Zusammensetzung, vor Allem nicht denselben’ Gehalt‘ an" festem und flüssigen Theilen darbieten. Die an festen Substanzen reichen Fäden der Säugethiere und Fische, von denen (die letzteren noch" dazu ungemein imbibitionsfähig sind, ertragen daher wohl einen’ Wasserzusatz' weniger als die der Amphibien, ob- schon auch die Substanz Wieser etwas aufquillt. — Dass durch Wasser bewegungslos gewordene Fäden durch concentrirte Lösungen wieder zu sich kommen, "folgt dann ebenfalls leicht aus den dieser Darstellung zu Grunde gelegten Sätzen, es dringt in diesem Fall die Salzlösung z. B. in die Fäden“herein, "während Wasser aus ihnen in die Salz- lösung übertritt, »dieselben* verkleinern sich wieder auf ihre normale Grösse, die Oesen strecken ‘sich, und mit der Wiederherstellung ihres gewöhnlichen: Aggregatzustandes tritt auch die Bewegung wieder ein. Dass Salzlösungen in diesem Falle weit rascher wirken als Zucker und Eiweisslösungen, erkläre ich'mir aus der von Graham gefundenen viel grösseren Diffusionsgeschwindigkeit derselben in Wasser, mit der wohl ein rasches Eindringen in (quellungsfähige Körper Hand in Hand geht. Wie es ‘kommt, dass Säuren und Metallsalze, Alkohol, Aether, Creosot, Gerbsäure u. s.\w. "den ‚Bewegungen der Samenfäden so äusserst nachtheilig. sind; braucht wohl kaum besonders aus einander gesetzt werden, wenn’ mansdie Zusammensetzung der Samenfäden aus einer den Eiweisskörpern verwandten Substanz und ihren bedeutenden Gehalt an Fett und“die’Einwirkung der genannten Reagentien auf die Proteinstoffe und Fette kennty und: will ich daher nur bemerken, dass die mikroskopische Untersuchung an den Samenfäden, wenn sie der Einwirkung ' dieser: Substänzen unterlagen, ein meist sehr deutliches Schrumpfen nachzuweisen «vermag. Alle zarteren Samenfäden werden übrigens‘ durchsSäuren>ganz oder“theilweise aufgelöst. Was die Alka- lien ‚änlangt,) "so.sist>zwar‘ die’ schädliche Wirkung coucentrirterer Lö- sungen «durch chemische Action derselben zu erklären, die ebenfalls bei. gewissen lassen so‘ weit geht, dass ‚die Fäden ganz zerstört wer- den, dagegen gestehe ieh, für die” erregende Wirkung derselben, so wiesiderskohlensäuren Alkalien’' vorläußg Keine Erklärung "geben zu können: Immerhin will ich daran erinnern, dass nach Virchow’s' Ent- deckung: auchWdıe ‘Wimperhaare "durch caustisches Kali und Natron erregt » werden; sor'wie, dass'dievcaustischen Alkalien auch Muskel- und: «Nervenreize' sind, ebenso "für ‘die "letzteren die kohlensauren Alkalien,; wie vdiess zum: Theil schon raus A. v. Humboldt’s Versuchen (Gereizte Muskel-'\und Nervenfaser; ‘II; pag.'362, "besonders 365 fg.) und. dann, aus: denen von Zekhard hervorgeht (Zeitschr. f- rat. Med., 1854, I, pag. 305). Die: ausführlichen Versuche des Letzteren,'so wie die theoretischen an.dieselben geknüpften Sätze laden überhaupt sehr zu einer Vergleichung der Nervenröhren und Samenfäden in ihrem 249 Verhalten gegen chemische Reize ein, es gelingt jedoch trotz mancher Aehnlichkeiten nicht, eine vollkommene Uebereinstimmung beider herzu- stellen. Die Nerven der Frösche sind erregbar durch NO, von 15—835 %,, CIH von A2—30%,, SO, von 50-—-79%,, während die in solchen Säurelösungen zum Theil unveränderten Samenfäden der Säugethiere durch dieselben nie in Bewegung kommen. Caustische Alkalien wirken nicht unter 1%, auf die Nerven, während die Samenfäden noch durch solche von !/;, °/, in Thätigkeit zu setzen sind, doch stimmen beide darin überein, dass die Erregung nur kurze Zeit dauert. Eine Aehnlichkeit zeigt sich ferner darin, dass alkalische und Erdsalze in den Nerven ebenfalls eine längere Thätigkeit veranlassen, die jedoch Y, Stunde nicht überschreitet, auch scheinen die wirksamen Lösungen ähnliche zu sein, wie bei den Samenfäden, worüber jedoch von Eckhard nichts Näheres mitgetheilt worden ist. Eine hübsche Uebereinstimmung ist auch, dass man durch Auswaschen eines mit Salz behandelten Nerven mit Wasser denselben wieder in den Zustand bringen kann, in wel- chem er den Muskel ruhig lässt, und dass die Salz- und Wasser- wirkung mehrmals hinter einander an ihm hervorgerufen werden kann, wie ich diess auch bei den Samenfäden sah. Eigenthümlich ist da- _ gegen den Nerven wiederum das Zucken in Alkohol von 85 —95 %, gesättigter Weinsteinsäure und Zuckerlösung, und manchmal in Essig- - säure und Aether. Mit Bezug auf die Deutung der Phänomene, so gilt, was Eckhard für die Nerven aussprechen zu können glaubt, dass bei chemischen Reizen der Tod des Nerven und die Zuckung ein- ander begleiten, und dass der Tod des Nerven mit hin- länglicher Schnelle herbeigeführt, Zuckungen mache, für die Samenfäden auf keinen Fall, indem die Salze vortreflliche Erhalter ihrer Bewegungen sind. (Bei den Nerven wirken übrigens die Salze auch nicht unmittelbar tödtend, und kann man ja durch HO ihre Wir- kung tilgen. Wie stimmt diess mit Zckhard’s Satz?) Auch die Wir- kungen der reinen caustischen Alkalien werden kaum in der ange- gebenen Weise gedeutet werden können, da dieselben in starken Verdünnungen gemengt mit indifferenten Lösungen Medien abgeben, in denen die Samenfäden besser als in allen andern sich erhalten. Deberhaupt scheint mir die Art, wie‘ Eckhard die Wirkungsweise der Alkalien und der Mineralsäuren' näher erklärt, nicht nur auf die Samenfäden unübertragbar zu sein, sondern auch, was wenig- stens die Alkalien betrifli, selbst für die Nerven kaum zu passen, dass nämlich dieselben die albuminösen Substanzen der Nervenröhren in den unlöslichen Zustand überführen, und die Zuckung durch eine momentane Coagulation derselben erzeugen. Bei den Samenfäden wir- ken die caustischen Alkalien auflösend auf die Substanz derselben ein, und stehe ich nicht an, zu behaupten, dass man nur von diesem Zeitschr. £, wissensch, Zoologie. VII. Bd. 47 250 Gesichtspunkte aus ihre Wirkung wird begreifen können. Es müssen dieselben in den Goncentrationen, in denen sie erregend wirken, jedoch die Samenfäden als Ganze unangetastet lassen, irgend einen Bestand- theil derselben verflüssigen und hierdurch die Molecular- Anziehungen und Abstossungen in denselben lebhafter machen, und ganz dasselbe scheint mir auch von den Nerven zu gelten. Wäre zur Zeit, da Eck- hard seine Untersuchungen anstellte, die bistologische Zusammensetzung des Nervenrohres näher gewürdigt gewesen, so hätten demselben wohl kaum darüber Zweifel bleiben können, welcher Theil hier allein 'erreg- bar ist, nämlich der Axeneylinder. Dieser ist aber, wie ich gezeigt habe, eine faserstoffartige Substanz, die in caustischen Alkalien (auch in NO, und A) aufquillt und schon in der Kälte allmählich sich auf- löst, so dass mithin wohl dieselbe Auschauung hier im Recht sein wird, die ich eben für die Samenfäden geltend gemacht habe. Für Alkohol und Greosot ist dagegen wohl Eckhard’s Auffassung die richtige. Die Wirkung der alkalischen und Erdsalze sucht Eckhard darin, dass dieselben dem Nerven Wasser entziehen, womit ich ganz übereinsimme, nur dass ich hinzusetzen möchte, dass diese Salze auf jeden Fall in den Axeneylinder eindringen und gerade wie Sublimat, Creosot, Jod und kohlensaures Kali, von denen ich diess gezeigt habe, ihn zum theilweisen Schrumpfen bringen, mithin die Anordnung seiner Molecule und seine Elastieitätsverhältnisse ändern, ferner, dass dieses Eindringen ein einfacher Imbibitionsvorgang und nicht eine Art endos- motischer Erscheinung ist. Bei den Samenfäden sind diese Salze in stärkeren Concentrationen auch Wasser entziehend, die Fäden zum - Schrumpfen bringend, allein hier erzeugt ein energischer derartiger Eingriff gerade keine Bewegung und tritt dieselbe nur dann ein, wenn die angewendete Salzlösung in ihrem Salzgehalt dem Gehalt der Samen- fäden an solchem gleichkommt oder denselben um nicht zu viel über- trifft, eine Thatsache, welche zeigt, dass eine einfache Uebertragung der Verhältnisse der Nerven auf die Samenfäden, die Annahme, dass die Salze auch bei diesen erregend wirken, nicht möglich ist. ‘ Uebri- gens wäre eine genauere Kenntniss des Concentrationsgrades der wir- kenden Salze für die: Nerven recht wünschenswerth. Allem Gesagten zufolge. wirken die Alkalien meiner Ansicht nach so; dass sie chemisch die Substanz der Fäden lockern und aufquellen machen, wodurch ein lebhafteres Aufeinanderwirken der Molecüle der- selben bedingt wird. Bei sehr verdünnten Lösungen, z.B. in der alka- k lischen Zuckerlösung, ist die bewirkte Aenderung des Aggregatszustandes _ eine so geringe, dass gerade die Bewegung ausgezeichnet schön und lange: vor sich geht. Bei stärkerer Einwirkung dagegen ist der Eingriff j sasbedeutend, dass der vitale Vorgang nur noch eine ganz kurze Zeit dauert und dann erlischt. j 251 .2u. Ende gekommen mit der Darstellung von der Art und Weise, wie’ ich die Bewegungen der Samenfäden und die Einwirkung der chemischen Substanzen auf dieselbe auffasse, will ich nun noch ver- suchen, die letzten Bedenken zu heben, die sich meiner Ansicht viel- leicht noch entgegenstellen. Die Thatsache, die mir selbst sowohl, wie gewiss auch jedem Ändern am meisten befremdend vorkömmt, und vor Allem für eine rein physikalische Ursache ‚der Bewegung der Samenfäden zu sprechen scheint, ist ihr Wiederaufleben nach der Be- handlung derselben mit Wasser einerseits, eoncentrirten Solutionen anderseits, dann dass sie. diese Behandlung mit Wasser und Salz selbst mehrere Male hinter einander ertragen. Ich habe nun zwar oben diese Erscheinungen aus den Imbibitionsverhältnissen der Samen- fäden und, wie ich glaube, nicht ohne Recht abgeleitet, allein ich be- durfte doch zur vollständigen Erklärung der Annahme einer ungemei- nen Lebenszähigkeit der Samenfäden, vermöge welcher sie alle diese Aufquellungen und Schrumpfungen überleben, für welche Tenacität alle weiteren Anhaltspunkte fehlten. Es war mir daher sehr erwünscht, als mir beim Weiterforschen der Nachweis gelang, dass die Wimper- haare und Infusorien ganz analoge Zustände darbieten. Was die ersteren anlangt, so untersuchte ich die über den ganzen Körper mit _ Gilien besetzte Opalina aus dem Mastdarm der Frösche und das _ Flimmerepithel der Zunge des Frosches. Die. Opalina t) lebt, vor- tweillich in Na Cl von A %,, in NaO SO, von 5%, , in.2NaO HO, PO, von 5 und 40%,, dann in Zucker, Harnstoff und Glycerin von 5%,, ebenso in Gummi und Dextrin von 30%,, welche letztere Thatsache wiederum die Behauptung unterstützt, dass diese letzteren Körper mit Wasser keine wirkliche Lösungen geben. Schädlich wirken auf sie Harnstoff von 30%, und concentrirte Glycerinlösungen, Zuckersolutionen von 40—30°%,, NaCl von 5 und 40%. Durch die letztgenannten Kochsalzlösungen schrumpft ie Opalina ungemein stark, doch kann selbst nach Einwirkung der 40%, Solution durch Zusatz von Wasser die Flimmerbewegung vollkommen lebhaft wieder hergestellt werden und nach 5%, Na Cl wirkt Wasser x ni "ı Die Opalina ist kein Infusorium, sondern die Larve wahrscheinlich eines " Wurmes (vergl. Schultze, Beitr. zur Naturgeschichte der Turbellarien, 1851, "pa. 67); und unterscheidet sich auch durch das Vorkommen vieler ge- nuiner Kerne im Innern, die durch Alkohol, Salzlösungen, Greosot Se 8, w. äusserstdeutlich werden, ganz bestimmt von den Infusorien. Ich male such, was vielleicht schon von Anderen gesehen ist, dass dieselbe runden Eiern stammt, die ich im Winter und Frühjahr häufig im Mast- darm der Frösche sehe, Diese enthalten zum Theil eine undeutlich con tourlrte, helle, granulirte Substanz, zum Theil einen deutlich im Ei schon Nimmernden Embryo. Solche zeigen sich auch frei: als runde Mimmernde Gebilde von derselben Grösse etwa wie die Eier, und von diesen finden sich manchmal alle Uebergänge zu den grossen -Opalinen, ‚ Ü scan? Fir un 252 so günstig, dass sie wieder munter umherschwimmt. Nach Behand- lung mit Harnstoff und Glycerin von 30%, sah ich je in einem Ver- such nachherigen Wasserzusatz obne Einfluss, dagegen kommt nach Behandlung mit den schädlich wirkenden Zuckersolutionen durch Wasser die Flimmerung und Ortsbewegung vollkommen wieder. Von den Fiimmern der Froschzunge kann ich mittheilen, dass dieselben in Na Cl von 4%, und 2NaO HO, PO, von 5 und 10%, in lebendigster Action bleiben, dass dagegen Na Cl von 5%, ihre Bewegung aufhebt, welche jedoch durch nachherigen Zusatz von Wasser wieder kommt. — Von Infusorien untersuchte ich die kleine, im Mastdarm der Frösche so zahlreich sich findende Art (nicht die Bursaria). Dieselben leben vor- trefllich in Na Cl von 4%, 2NaO. HO, PO, von 5 und 10%,, Na0O SO, von 5%,, in Gummi und Dextria. von 30%,, in Zucker von 40%, sterben in Zucker von 45%, und Na Cl von 5%, leben aber durch Zusatz von Wasser wieder auf. — ‚Die erregende Wirkung der cau- stischen Alkalien, die für die Wimperbewegung durch Virchow con- statirt ist, findet sich sicherlich auch bei den Infusorien, doch habe ich dieselbe noch nicht nachzuweisen versucht, weil es nicht leicht ist, dieselben zur Ruhe zu bringen. Am besten wird es gehen, wenn man dieselben in einer concentrirten Zuckerlösung bewegungslos macht und dann die Einwirkung einer sehr verdünnten Solution mit Kali causticum mit der ‚von Wasser auf sie vergleicht. — Durch diese Ver- suche wäre somit nachgewiesen,. dass auch Wimperhaare und Infuso- rien, bei welchen letzteren namentlich sicherlich Niemand.an Endos- mose als Ursache der Bewegung wird denken wollen, in. allen wesent- lichen Punkten den Samenfäden sieh gleich verhalten und glaube ich hierdurch meine Auffassung der der Bewegung der letzteren zu Grunde liegenden Ursachen noch fester gestützt zu haben, Auf einen Punkt erlaube. ich mir übrigens noch aufmerksam zu machen, nämlich auf .die Wirkung der verschiedenen Lösungen auf den Körper der Opalina. ‚und der Infusorien.' Derselbe schrumpft in den Kochsalzsolutionen. viel- mehr. als .in den Lösungen des pbosphor- sauren und schwefelsauren ‚Natron, was mit der Behauptung von Don- ders und Moleschoti *), dass-Na Cl den Blutkörperchen am wenigsten, die schwefelsauren Alkalien dagegen am meisten Wasser ausziehen, in | grellem Widerspruche steht, dagegen mit dem, was ich über ‚die. Ein- wirkung dieser ‚Salze auf die. Samenfäden, bei der freilich Imbibition und nicht Endosmose im Spiele.ist; vollkommen harmonirt. Ich nahm daher auch die Blutkörperchen vor ‚und siehe, dieselben (vom Frosch und Säugethieren) schrumpften schon in 4%, Na Cl Lösungen sehr stark, während sie in 4%, Solutionen von Alkalisulphaten und ‚-phosphaten ’) Hollünd. Beitr., I, S. 376, 377 — Eu 253 wie gegen Wasser sich verhielten, und erst in 40°, Solutionen der- selben sich zu verkleinern anfingen. Es lässt sich jedoch eine Ueberein- stimmung zwischen dieser Erfahrung und den Angaben von Donders und Moleschott herstellen, wenn man die Solutionen berücksichtigt, die diese Autoren anwandten. Die stärkere von ihnen versuchte Solution _ war A Theil Salz auf 7 Theile Wasser, also beiläufig 14,3%, und bei dieser soll das Schrumpfen am geringsten gewesen sein beim Na Cl und KCl. Donders und Moleschott schliessen hieraus auf eine geringere Exosmose, nach meiner Meinung jedoch beruht das beobachtete Factum darauf, dass, wie ich neulich mitgetheilt habe (diese Zeitschr. Bd. VI, Heft 4), stark concentrirte Salzlösungen die Blutzellen erst schrum- pfen, dann aber wieder aufquellen machen und endlich entfärben, bei welchem Vorgang, wie ich jetzt finde, Na Cl ebenfalls den anderen Salzen vorangeht, so dass Concentrationen, welche bei diesen die Blut- zellen noch runzeln machen, beim Kochsalz sie schon seeundär zum Aufquellen bringen. Donders und Moleschott hatten wahrscheinlich solche secundär wieder rund gewordene Zellen vor sich ünd schlossen hieraus auf geringe Exosmose, was, wie 'wir sehen, nicht angeht. - Eine ganz andere Schwierigkeit erhebt sich dagegen, wenn man die von mir erhaltenen Resultate an Blutzellen und Infusorien mit den _ endosmotischen Versuchen über Kochsalz und 'Glaubersalz vergleicht, nach denen bekanntlich das Aequivalent des ersteren viel tiefer steht, e weitere Ueberlegung dieser Verhältnisse führt zur Vermuthung, dass die Vorgänge, die wir an den Blutkörperchen durch concenirirte und diluirte Lösungen vor sich gehen sehen, gar keine endosmotischen Phänomene, sonderen Imbibitionserscheinungen sind, und dass die zarte Blutzellenmembran bei denselben nicht in Betracht kommt. In dieser Annahme wird man nur bestärkt, wenn ‘man berücksichtigt, dass der Inhalt der Blutzellen auf jeden Fall eine sehr concentrirte Globulin- lösung (Schmidt berechnet auf 400 Theile Blutzellen 32,22 feste Sub- - stanz und darunter 28,22 Globulin und Membranen) ist, so’ dass es bei dem endosmotischen Verhalten des Eiweisses (nach Dutrochet ver- "hält sich Eiweiss endosmotisch zum Zucker wie 12 : 44, vom Zucker hat aber Jolly das Aequivalent zu 7,15 und'Graham (On the Osmotie force in Phil. Trans. 4854, II, pag. 198) für 4 — 20%, Lösung: zu 4,43 — 5,85 bestimmt), kaum möglich ist anzunehmen, dass’ eine‘ 4%, ‘Na Cl Lösung einen exosmolischen Strom an denselben veranlassen "kann. Bevor jedoch endosmotische Versuche gerade mit Eiweiss und Salzlösungen an- gestellt sind, ist es nieht möglich, auf diese Frage "einzugehen, obschon dieselbe ‘vonder grössten allgemeinen Wichtigkeit ist, wie diess Jedem von selbst einleuchten muss, da, was für die Blutzellen richtig ist, wohl für alle zartwandigen Zellen, namentlich die wichtigen Epithelien Geltung haben wird. 254 Il. Einige Bemerkungen über chemische Zusammensetzung des Samens. Obgleich das, was ich hier mitzutheilen habe, spärlich ist, so glaube ich doch es nicht zurückhalten zu sollen, da der Angaben der Chemiker über die Constitutiom des Samens noch so äusserst wenige sind. — Da es der Reactionen der Samenfäden wegen vor Allem mich interessirte zu erfahren, wie viel feste Substanz das Sperma ent- hält, so unternahm ich zuerst einige Bestimmungen in dieser Richtung. 1. Sperma des Ochsen. | 1,022 gr. Sperma aus dem Nebenhoden und Samenleiter gaben bei 100— 440° getrocknet 0,183 grm. Rückstand, welche 0,027 arm. 7 Asche hinterliess !). 2. Spermardes Ochsen. 0,7562 grın. gaben 0,136 grın. Rückstand. 3. Sperma des Ochsen. Von 1,6529 grin. reinem Sperma erhielt ich 0,2845 grm. Rück- stand und 0,0445 grm. Asche. ; 4. Samen des Pferdes. 1,1668 grin. lieferten 0,2408. gem. trocknen Rückstand und 0,0488 grm. Asche. R 5. Samen aus einer Üyste des Nebenhodens des Ochsen, Diese Cyste hatte etwa die Grösse einer Kirsche und enthielt einen gelblichen, mehr flüssigen Samen, in. dem die Untersuchung viele Samenfäden, daneben aber auch eine ziemliche Zahl von fett- haltigen grösseren Zellen nachwies. Die Samenfäden waren zum Theil noch normal und: beweglich,- grösstentheils aber so degenerirt, dass ihre Schwänze in ihrer ganzen Länge oder nur am vordern Theil in Fetttröpfchen umgewandelt‘ waren (Taf. XI, Fig. 3). Solche” fettig metamorphosirte Schwänze oder Bruchstücke von solchen schwam- men auch viele isolirt herum, neben isolirten Körpern, die nie Fett enthielten, wohl aber zum Theil'etwas geschrumpft waren. Diess’ ala ’) Alle Samenverbrennungen, die Prof. Scherer zu besorgen die Güte halle, gaben schwärzliche Asche, wie diess auch Frerichs beobachtet hat a 0 EL. 2 « 25 ersten Beitrag zur Pathologie der Samenfäden. Bei diesem Anlass will ich auch bemerken, dass ich im Hoden des Ochsen sehr häufig ein- zelne Theile der Samenkanälchen, vollkommen verkalkt und schon ra blossen Auge durch ihre weisse Farbe bemerklich, fand. 5,757 grm. Samen aus der genannten Cyste gaben 0,5848 grm. ek siond und 0,176 grm. Asche, 6. Aus dem Hoden des Ochsen ausgepresstes unreifes Sperma, überwiegend aus Zellen und nur wenigen Samenfäden bestehend. 2,850 grm. davon gaben 0,3345 grm. Rückstand und 0,0345 grm. Asche. a00 7. Hodensubstanz des Ochsen. 43,440 grm. gaben 1,748 grm. Rückstand, 0,1755 grin. Asche. "08: Samen aus den Samenbläschen eines brünstigen Aus braunen Frosches. ” 0,4613 grm. Samen gaben 0,0408 grm. Rückstand und 0,0008 grın. Asche. Br 9. Samen aus dem Hoden eines Frosches. "u Vier Hoden von zwei brünstigen Fröschen, die fast nur Samen- fäden enthielten, von 0,625 grm. gaben 0,089 grm. Rückstand und -0,0085 grm. Asche. "0. Samen des Karpfen aus einem ganz entwickelten Hoden, so zu sagen nur aus Samenfäden bestehend. - 4,609 grm. gaben 0,388 grm. Rückstand. "1. Hodensubstanz des nämlichen Fisches sammt dem Sperma. 4,6216 gr. hinterliessen 0,3746 grm. Rückstand. Die Berechnungen auf 100 Theile aus diesen Bestimmungen stelle ich in folgender Tabelle zusammen. X. Kl: Froseh- Hoden- samen Pamen substanz "des des san. Dohsen. Ochsen Piordes. Ochsen. Ochsen. \ochsen. blasen. 59,8% 10,105 6,048 3,067 | a | 3,10 256 Ausserdem habe ich nun noch beim Ochsen eine Bestimmung des Fettes vorgenommen. 2,1838 grm. reinen Samens gaben getrocknet 0,3948 grm. Aus diesem Rückstand erhielt ich durch Aether 0,0473 grm. eines gelblichen und butterartigen Fettes und beim nachherigen Ver- brennen des Restes der mit Aether ausgezogenen Substanz 0,0576 grm. Asche. Auf 400 Theile berechnet, gibt diess: Wasser ih sWa, rt kanıkath 288,06 Feste Substanz . . . . ... 47,9%, davon kommen AUTWRBIE 20. Sans Nr Die Substanz der Samenfäden . 43,138 Die anorganischen Theile. . . 2,637. Die Bemerkungen, zu welchen diese Bestimmungen Veranlassung geben, sind folgende: 4) Das reine Sperma der Säugethiere ist viel reicher an fester Substanz als das ejaculirte Sperma des Menschen, in dem bekanntlich Vauquelin A0°/, feste Substanz fand. Dagegen enthält dasselbe auf- fallender Weise wenige Salze (Vauquelin fand in 400 Theilen 3 Th. phosphorsauren Kalk, 4 Th. Natron), woraus, vorausgesetzt, dass das menschliche Sperma nicht wesentlich von dem der Säuger sich unter- scheidet, folgt, dass die dem Sperma bei der Ejaculation beigemengten Secrete der Samenbläschen, der Prostata und Comwper’schen Drüsen reich an Salzen sein müssen. — Bedeutend ärmer an festen Bestand- theilen ist das unreife Sperma aus dem Hoden und der Samen aus einer Cyste, wie diess a priori zu erwarten war, doch ist beim letztern der grosse Aschengehalt auffallend; die Hodensubstanz endlich enthält etwas mehr feste Substanz als der unreife Samen in dem Hoden. 2) Der Froschsamen aus den Samenbläschen ist durch die ge- ringe Menge fester Substanz auffallend, doch kommt diess auf Rechnung seiner Vermengung mit Harn. Ganz anders verhält sich der Samen aus den Hoden, der, auch wenn man den Hüllen des Organes und den Drüsenblasen und Gängen, so wie den Blutgefässen und dem Blut Rechnung trägt, doch sicherlich 40—12% fester Substanz enthält. Sehr interessant war mir bestätigt zu finden, was ich schon aus den Reactionen der Samenfäden geschlossen hatte, dass dieselben auf jeden Fall viel mehr Wasser enthalten als die der Säugethiere. 3) Der Samen der Fische ist reicher an fester Substanz als das Sperma der anderen Wirbelthiere, doch scheint diess, wenigstens nach den Untersuchungen von Frerichs (Art. Semen in Gyel. of Anat., IV), mehr auf Rechnung des Fettes und der Salze als auf die der Protein- substanz der Samenfäden zu kommen. Frerichs nämlich fand in den Samenfäden des Karpfen in.400 Theilen 4,05 Fett und 5,21 Asche, in der er ausser Phosphorsäure auch Kalk nachwies. Diese Zahlen sind 257 übrigens mit den meinigen nicht ganz vergleichbar, weil Frerichs gut ausgewaschenen und ich frischen Samen untersuchte, immerhin glaube ich, dass dieselben doch den Schluss erlauben, dass auch im frischen Samen viel Fett und Asche sich finde, weil Wasser aus dem Sperma nicht gerade viel auszieht. 4) Ueber die Beschaffenheit des Fettes im Sperma besitzen wir ausser den Mittheilungen von Frerichs, der dasselbe im Samen des Karpfens gelblich und butterartig fand, und von Gobley (Journ. de Chi- mie et de Pharm., T. 9, pag. 4; Annal. d. Chem. u. Pharm., Bd. 60, St. 275), der im Samen desselben Thieres- Glycerinphosphorsäure auf- fand, gar keine Angaben, und wird es daher nicht. unerwünscht sein, zu erfahren, dass dasselbe sehr reich ist an einer Substanz, die mit den Gehirnfetten (Cerebrin, Cerebrinsäure, Oleophosphorsäure) über- einstimmt. Die erste Beobachtung über das Vorkommen solchen Fettes machte ich beim Karpfen in einem Samen, der mit NaO SO, von 1%, drei Tage gestanden war, indem sich in demselben mit eintretender Fäul- niss und Zersetzung der Samenfäden ausgezeichnete, Nervenmark ähn- liche Tropfen (Myelin Virchow) gebildet hatten. Andere Portionen des- selben Samens, die mit Kochsalz von 4%, und mit: Wasser standen, zeigten dagegen nichts von’ solchen Bildungen. Bei der weitern Ver- folgung dieser Sache erhielt ich dann ebenfalls aus dem Samen des Ochsen, als ich denselben mit Glaubersalz faulen liess, wobei die Samenfäden sich auflösten, diese Tropfen oder das Myelin von Virchow, "während durch Kochsalz und Wasser nichts der Art zu erhalten war, auch die Samenfäden sich nicht lösten. Diese Thatsachen wiesen dar- auf hin, dass die Samenfäden eine dem Gehirnfett ähnliche Substanz enthalten und machte ich mir ‘daher von frischem Samen des Ochsen und Karpfen Alkoholauszüge, welche dann in der That einen Rück- stand gaben, der bei Wasserzusatz die ausgezeichnetsten Formen einer dem Nervenmark ähnlichen Substanz hervortreten liess in derselben Weise, wie diess von Virchow so anschaulich beschrieben worden ist (Archiv, VI, pag. 562 fg.). Welchem der Gehirnfette dieselbe anzu- reihen ist, kann ich nun freilich nicht sagen, doch wird es einem ‚Chemiker nicht schwer fallen, dieselbe genauer zu untersuchen, da das leicht zu gewinnende Sperma der Fische dieselbe in so grosser Menge enthält. Mich interessirte das Vorkommen des Gehirnfettes in den Samenfäden auch noch seines ungemeinen Quellungsvermögens halber, und möchte ich fast glauben, dass: die Veränderungen, welche die Samenfäden in Wasser erleiden, ja ihre grosse Imbibitionsfähigkeit überhaupt einem guten Theile nach auf Rechnung dieser Substanz kommen, von der schon Virchow gezeigt hat, dass sie, nachdem sie in Wasser aufgequollen ist, in Kochsalz wieder schrumpft (l. c. pag. 569). Ich kann diese Vermuthung noch durch die Thatsachen unterstützen, 258 einmal, dass die Samenfäden des Karpfens, denen durch Kochen in Alkohol das Myelin ausgezogen ist, ihr Quellungsvermögen fası ganz eingebüsst haben, und zweitens, dass die Samenfäden der Fische, die viel mehr von dieser Substanz zu enthalten scheinen als die der Säuge- thiere, auch durch eine grosse Imbibitionsfähigkeit sich auszeichnen. — Das Myelin findet sich übrigens ausser im reifen Samen auch im Hoden selbst, in welchem es von mir beim Ochsen nachgewiesen würde, Ein zweiter Punkt, dem ich meine Aufmerksamkeit zuwandte, waren die Reactionen der Samenfäden gegen stärker einwirkende chemische Agentien, die, wie sich bald herausstellte, bei den ver- schiedenen Thierelassen sehr verschiedene sind. Die Samenfäden der Säugethiere sind die resistentesten von allen. Beim Stier, auf den die folgenden Angaben sich beziehen, färbt con- centrirte Schwefelsäure den Samen gelblich, löst jedoch die Samen- fäden nicht auf, welche, ausser dass ihre Körper etwas länger und platter, auch blasser sind, keine Veränderung darbieten. Nach 24 Stun- den: sind die Fäden noch unverändert. In Traubenzucker und SO, wird die Samenmasse purpurroth, doch betrifft die Färbung nur- die Zwischenflüssigkeit und sind die Samenfäden blass. Verdünnte Schwefel- säure verändert die Fäden nicht. Concentrirte Salpetersäure färbt das Sperma gelblich und, wie es scheint, auch die Samenfäden etwas, dieselben werden nicht gelöst, schrumpfen jedoch etwas. Nach 24 Stun- den sind dieselben noch da. Mit NO, 2 Minuten lang gekocht, lösen sich dieselben ebenfalls nicht. NO, und KO färbt das Sperma orange, aber die Fäden nicht, die nach 24 Stunden unverändert sind. Salzsäure veränderi in der Kälte die Fäden nicht. Nach dem Kochen sind die Körper noch da, aber ungemein blass, während die Schwänze verkürzt und ge- schrumpft erscheinen. Mit Millon’s Reagens gekocht, wird der Samen röthlich bis roth, und scheinen auch die Samenfäden etwas gefärbt. Acidum aceticum concentratum, und glaciale endlich wirkt weder in der Kälte, noch nach anhaltendem Kochen, und halten sich Samen- fäden Wochen lang in dieser Säure. Im Filirat des mit Acid. acet. glaciale gekochten Samens gibt Gyaneisenkalium einen schwachen Niederschlag. Viel stärker als die Säuren greifen caustische Alkalien ein, doch wirken auch sie ia der Kälte fast nicht, mag man 1%, oder 50% Lösungen ‚anwenden, nur werden die Körper der Samenfäden in ver- dünnteren Lösungen eher etwas kleiner, in eoncentrirteren etwas grösser und blasser. Bei erhöhter Temperatur lösen sich erst die Fäden und viel später die Köpfe, letztere jedoch: selbst in 50%, KO und NaO Solutionen langsam. Am unwirksamsten ist concentrirtes Ammoniak, das selbst die Fäden nur zum Theil löst. — Die alkali- N ) | | | 1 i « E j en 259 schen Salze wirken äusserst wenig ein und erhalten sich selbst beim Kochen in kohlensaurem Natron die Samenfäden unverändert. Ueber die Zwischenflüssigkeit des Samens kann ich nur so- viel mittheilen, dass das Filtrat des mit Wasser verdünnten reinen Samens beim Kochen nicht gerinnt. Ä gibt eine unbedeutende Trü- bung, die im Ueberschuss verschwindet und durch Ferrocyankalium stärker wieder entsteht. Ferrideyankalium, Alkohol und Alaun be- wirken keine, und Gerbsäure und Na0O, nur eine ganz leichte Trü- bung, Reactionen, die auf einen Eiweisskörper schliessen lassen. Beim Frosch verhalten sich die Samenfäden schon in Manchem an- ders. Acid. aceticum glaciale löst schon in der Kälte die Samenfäden auf, so dass nur die Körper übrig bleiben. Kocht man Samen mit Essig- säure, so bleiben die Körper ebenlalls übrig, sind jedoch mässig auf- gequollen, blass, stellenweise leicht varieös und fast alle wie fein gegliedert, was von einer theilweisen Auflösung ihrer Substanz herzu- rühren scheint. Im Filtrat des mit A behandelten Samens gibt Cyan- eisenkalium einen Niederschlag. Salpetersäure und Salzsäure lösen ie fadenförmigen Anhänge ziemlich rasch grösstentheils auf, während die Körper schmal und ruuzelig werden und,länger widerstehen. In Schwefelsäure werden sie blass und quellen auf, lösen sich aber auch nicht gleich, KO und NaO von 1 — 50%, zerstören die Fäden gleich. Dieselben quellen auf, rollen sich spiralig ein, fliessen zu einer blassen Kugel zusammen mad vergehen. Andere Male bleibt ein Detritus von blasen Kugeln, ganz blassen, ungemein aufgequollenen Fäden und feiner Molecularmasse. In Ammoniak quellen sie auf, rollen sich .ein oder bilden Oesen, zerfallen aber nicht gleich. Die Samenfäden der Fische (des Karpfens) endlich lösen sich im A glaciale gleich bis auf die ungemein schrumpfenden Körper, ebenso wirkt Salzsäure, Salpetersäure macht die Körper sehr klein, löst aber die Fäden nicht, wenigstens nicht gleich. Concentrirte Schwefelsäure verwandelt die Samenmasse in einen braunrothen Brei, in dem nur schwache Umrisse der Körger der Samenfäden hie und da zu erkennen sind. Jod färbt die Samenfäden gelb, und: bei Zusatz von SO, zum Theil braunroth. KO, NaO und NH,O schon von 1% lösen die Samenfäden gleich auf und verwandeln den Samen in eine schleimige Masse. In Samen, der mit schwefelsaurem Natron drei Tage stand, fand ich, als Fäulniss und Infusorienbildung eingetreten war, keine Samenfäden mehr, wohl aber, wie schon erwähnt, viele äusserst evidente Myelintropfen. 'Ueberhaupt gebt der Fischsamen für sich und mit diluirten Salzen bald (in 2—3 Tagen) in Fäulniss über, wird sehleimig und: zeigt keine Fäden mehr, während ‘die Samenfäden der Säugethiere auch (durch Fäulniss kaum zu zerstören sind. 260 Das Wenige, was aus dieser Untersuchung, die in der Hand eines Chemikers wohl ganz andere Resultate geliefert hätte, sich entnehmen lässt, ist einmal, dass die Samenfäden der verschiedenen Thiere in ihrer chemischen Zusammensetzung nicht unbeträchtlich von einander abwei- chen. Vorzüglien gilt diess für die fadenförmigen Anhänge, die bei den niederen Wirbelthieren durch A aufgelöst werden, bei den Säugetbieren nicht. Weniger different sind die Körper, die bei keinem der untersuch- ten Thiere in A sich lösen, doch resistiren auch sie bei Amphibien und Fischen den caustischen Alkalien und zum Theil den Mineralsäuren viel weniger. Was die Substanz betrifft, welche die Samenfäden bildet, so wird es wohl erlaubt. sein, diejenigen der fadenförmigen Anhänge der Frösche und Amphibien als einen Proteinkörper zu bezeichnen, da- gegen weicht die Substanz der Samenfäden der Säugethiere und der Körper der anderen Geschöpfe durch ihre Unlöslichkeit in Essigsäure namentlich von allen bekannten Eiweisskörpern sehr wesentlich ab, und nähert sich am meisten der Substanz, welche die Zellenkerne bildet, zum Theil auch dem elastischen Gewebe, von welchem die- selbe jedoch wiederum durch ihre leichtere Löslichkeit in caustischen Alkalien unterschieden ist. — Frerichs (Art. Semen in Cycl. of Anat,, IV, pag. 540) bezeichnet die Substanz der Samenfäden der Fische als Proteinbioxyd. Die alkalische Solution derselben gab durch Essigsäure ein reichliches Präcipitat, das im Ueberschuss sich nicht löste, und im schwachsauren Filtrat gab Cyaneisenkalium keine Fällung, — Dass auch mit diesen Angaben die chemische Untersuchung des Sperma’s nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann, liegt auf der Hand und wäre sehr zu wünschen, dass von Neuem ein Chemiker sich dieses Gegenstandes annehmen möchte. — Physiologisch interessant ist auf jeden Fall die grosse Resistenz der Samenfäden mit Bezug auf die Rolle, welche dieselben bei der Befruchtung spielen. Die neuesten Entdeckungen über das Eindringen der Samenelemente in das Ei haben nur darum ein solches Aufsehen erregt, weil man nun glaubte, über die bisherige Actio in distans der Samenelemente hinausgekommen zu sein und eine materielle Vermengang der beiden Zeugungsstoffe der Samen- fäden und des Dotters annehmen zu dürfen. Wenn aber die Samenfäden, wenigstens der höheren Geschöpfe, so äusserst schwer lösliche Gebilde sind, so entsteht eine neue Schwierigkeit dadurch, dass vorläufig nicht von Ferne einzusehen ist, wie ein Vergehen derselben im Dötter ge- schehen kann. Die’ einzige Thatsache, die’ vielleicht als Anhaltspunkt dienen kann, ist die,‘ dass’ die Samenelemente unter gewissen Ver- hältnissen eine Fettmetamorphose erleiden. Eine solche ist von Nelson und Meissner an den Samenkörperchen der Nematoiden, von Meissner bei Lumbricus und den Gordiaceen innerhalb der weiblichen Ge- nitalien und Eikapseln, ja bei den ersteren selbst innerhalb der Eier, und 261 von mir an den Samenfäden des Ochsen aus einer Cyste beobachtet wor- den (Fig. 3). Doch waren es in dem letzten Falle nur die Fäden, welche entartet waren und nicht die Körper. Weitere Untersuchungen werden nun zu zeigen haben, in welcher Ausdehnung solche Umwandlungen vorkommen, namentlich ob dieselben auch bei den Säugethieren sich finden, deren Samenfäden so äusserst resistent sind. Eine Beobach- tung von Meissner, der an Kanincheneiern, deren Furchungsprocess schon abgelaufen war, noch ziemlich viele Samenfäden beobachtete, scheint nun freilich nicht für eine rasche Auflösung derselben zu sprechen, doch ist es immerhin möglich, dass, wie Meissner andeutet, die beob- achteten Fäden nur der Rest einer grössern Anzahl waren. Sollte sich aber auch eine Auflösung der Samenfäden innerhalb der Eier bei allen Geschöpfen ergeben, so würde hieraus noch nicht folgen, dass die Vermischung der materiellen Substanz der Samenfäden mit dem Dotter die wesentliche Bedingung der Befruchtung und Entwicklung ist, viel- mehr müsste auch in diesem Falle noch gezeigt werden, dass die Ent- wicklung erst dann beginnt, wenn die Auflösung der Samenfäden statt- gefunden oder doch wenigstens angefangen hat. Ich muss gestehen, dass die_vorliegenden Beobachtungen mir gerade umgekehrt darauf hinzudeuten scheinen, dass schon das blosse Eindringen der Samen- fäden in das Ei befruchtet, ohne dass dieselben materiell mit dem Dotter sich vermengen, doch bin ich weit entfernt, über diesen schwie- rigen Gegenstand irgend etwas bestimmter äussern zu wollen, und ist der Zweck dieser Bemerkungen mehr nur der zu zeigen, dass es auf jeden Fall das Gerathenste ist, mit dem fernern Aufbau einer neuen Theorie der Befruchtung zuzuwarten, bis wir über das endliche Schicksal der Samenfäden etwas mehr wissen, als es bisher der Fall ist. Ebenso sehr als das Schicksal der Samenfäden verdient aber wohl auch das Studium ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrer chemischen Einwirkung auf andere Körper die Aufmerksamkeit, wenn man über ihre Bedeutung bei der Befruchtung ins Klare kommen will und möchten namentlich Versuche, wie die von Longet (Ann. des sc. nalur., 4855). der durch Samen eine Emulsionirung von neutra- len Fetien und eine Zerlegung desselben in Basis und Säure erhielt, einer Wiederholung und weitern Ausführung werth sein. Ich habe nach dieser Richtung bisher nur mit Amygdalin und Samen von Säuge- thieren experimentirt, und auch in einem Falle bestimmt eine Bil- dung von Bittermandelöl beobachtet, doch lege ich hierauf vorläufig noch) kein Gewicht, da ich in anderen Fällen negative Resultate erbielt und es mir noch nicht gelungen ist, genau zu ermitteln, unter welchen Verhältnissen diese Umwandlung eintritt. 262 II. Ueber die Entwicklung der Samenfäden. Nahm die Entwicklung ‘der Samenfäden schon früher ein bedeu- tendes Interesse in Anspruch, so musste dasselbe durch die neuesten Beobachtungen über die Rolle, welche die Samenelemente bei der Be- fruchtung spielen, noch gesteigert werden, indem möglicherweise die Kenntniss der wahren anatomischen Bedeutung der Samenfäden uns einen sichern Blick in ihre Einwirkung auf den Dotter und ihre Theilnahme an der Befruchtung wird thun lassen. Ich mochte es daher nicht unterlassen, auch diese Frage von Neuem zu untersuchen, ob- schon dieselbe früher schon zwei Mal Gegenstand längerer Studien gewesen war. Und nicht mit Unrecht, denn ich erprobte von Neuem die Richtigkeit der wohl von jedem Forscher schon gemachten Er- fahrung, dass Keiner im Stande ist, einen Gegenstand je vollkommen zu Ende zu führen, so dass nicht später demselben eine neue Seite abgewonnen werden könnte. Bei meinen früheren Untersuchungen über die Entwicklung der Samenfäden war ich bei der Anschauung stehen geblieben, dass die Samenfäden endogen in Bläschen sich bilden, welchen ich bei der grossen Mehrzahl von Thieren die Bedeutung von Kernen zuschreiben zu dürfen glaubte (Entwicklung der Samenfäden in Bläschen in Verh. d. schweiz. naturf. Gesellsch., Bd. VIII, 4846, pag. 49 fg.). Ich hatte gezeigt, dass theils einkernige einfache Zellen, die isolirt. oder in Hau- fen oder selbst endogen in Mutterzellen sich finden, theils in grösseren Zellen (Cysten) eingeschlossene, Kerne die‘ Ausgangspunkte der Bildung der Samenfäden sind. Aus dem bei höheren Thieren nament- lich beobachteten Vorkommen der Samenfäden in den letztgenannten Cysten an der Stelle der früher vorhanden gewesenen Kerne hatte ich ferner auf die Entwicklung derselben aus diesen Kernen geschlossen, und war, da ich die Samenfäden auch frei im Samen in Bläschen ge- sehen hatte, die häufig die Grösse der fraglichen Kerne in Nichts über- trafen, zu der Annahme gekommen, dass dieselben endogen in ‚den Kernen entstehen, welche Annahme auch dadurch unterstützt wurde, dass die: eingerollten Fäden in. den Cysten. von Membranen umgeben zu. sein, schienen. Diese meine Darstellung, die ich auf alle Thiere übertragen hatte, obschon es mir nicht möglich gewesen war, bei allen die einzelnen Vorgänge mit gleicher Bestimmtheit zu verfolgen, | ist von allen späteren Beobachtern in ihren wesentlichen Zügen ‘an- genommen, nur dass von Reichert ( Müller’s Archiv, 1847, pag..126 fg.), Leuckart (Handb. d. Phys., Art. Zeugung, pag. 854) und Funke (Günther's Physiologie, II. Bd., IV. Abth., 1852, pag. 1056 fg.) meine Deutung der Bläschen, von denen die Bildung der Samenfäden ausgeht, als Kerne 263 bestritten wird, indem diese Anatomen die fraglichen Bläschen für Zellen erklären. Diesen Streitpunkt durch eine weitläufige Erörterung zu besprechen, halte ich für überflüssig. Ich glaube ein Urtheil dar- über mir erlauben zu dürfen, was ein Kern ist und was eine Zelle ist, und will daher nur sagen, dass ich auch nach wieder vorgenommener Untersuchung bestimmt bei der Ansicht bleibe, dass die Bläschen in den kleineren einfachen Zellen des Samens und in den grösseren Cysten Kerne sind. Ich bin jedoch insofern in der Erkenntniss der Bildungs- weise der Samenfäden weiter gekommen, als ich nun behaupten zu können glaube, dass dieselben nicht endogen in den Kernen, son- dern durch eine directe Metamorphose der ganzen Kerne - sich bilden, und dass, wo die Samenfäden innerhalb von Bläschen liegen, diese nichts anderes als die zu diesen Kernen gehörigen Zellen _ oder Cysten sind. Wenn ich daher auch dabei bleibe, dass die Samen- fäden von Kernen aus sich bilden, so habe ich doch in der Annahme einer besondern Membran an den in den Cysten eingerollt liegenden Samenfäden und in der Deutung der freien kleinen Bläschen mit ein- geschlossenen Samenfäden als Kerne einen Irrthum begangen, der, _ wenn er auch von den genannten Autoren nicht erkannt worden ist, ihrer Behauptung doch einigen Schein von Gewicht gibt. Das eben Gesagte will ich übrigens vorläufig nur für einige Thiere _ mit Bestimmtheit ausgesprochen haben, vor Allem für die Säuge- thiere. — Bei ausgebildeten Thieren (untersucht wurden vor Allem _ der’Stier, dann auch der Hund und das Kaninchen) sind die Samen- kanälchen durch und durch von verschieden grossen Zellen erfüllt, yon denen die inneren direct zur Bildung der Samenfäden in Beziehung stehen, während die äussersten durch ihren Gehalt an kleinen Pigment- _ körperchen etwas sich unterscheiden, jedoch wohl nie ein regelrechtes für sich bestehendes Epithel air Beh Fragt man nun nach der Ent- stehung aller dieser Zellen, so wird man auf die erste embryonale _ Entwicklung ‘gewiesen. Niemals, weder beim Menschen noch bei "Thieren, habe ich in den Samenkanälchen ein freies, mit Flüssigkeit Lumen und ein besonderes Epithel gesehen, sondern immer waren, sowohl in der Zeit zwischen der Geburt und der Geschlechts- reife; als auch bei Embryonen, die Samenbläschen ganz von Zellen erfüllt, wie ich diess schon in meiner Mikroskop. Anatomie, II, 2, - pag. 393 u. 424 mitgetheilt habe. Da nun, wie ich ebenfalls gezeigt habe (l. e.) die Samenkanälchen in der ersten. Anlage solide Zellen- Stränge ohne Hülle sind, und bei Embryonen nach meinen und Anderer Erfahrungen von freier Zellenbildung sicherlich keine Spur sich findet, so sind die Zellen der Samenkanälchen unzweifelhaft in directer Folge ı den ersten embryonalen Zellen abzuleiten. Die Zunahme dieser Zen an Zahl, die mit dem Wachsthum ‘der Samenkanälchen statt hat, 264 kommt, da dieselben bis zur Pubertätszeit nicht an Grösse zunehmen, auf Rechnung einer Vermehrung derselben, deren Zeichen namentlich bei etwas älteren Thieren ziemlich leicht nachzuweisen sind, und, wenn ich meinen Erfahrungen ‘Glauben schenken darf, durch Theilung ge- schieht. Ist die Zeit, wo die Samenfäden sich entwickeln, da, so nehmen die Vorgänge insofern eine andere Gestalt an, als nun neben einer sehr energischen Zellenvermehrung auch die Bildung der Samen- fäden sich einstellt, welche Vorgänge folgendermassen mit einander verbunden sind. Die äusseren Zellen der Samenkanälchen, von denen, wie schon bemerkt, die äussersten häufig durch bräunliche Pigment- körnchen sich auszeichnen, sind der Sitz eines lebhaften Vermehrungs- processes, indem dieselben, die zum Theil ausgezeichnet grosse Kerne mit mächtigen Nucleolis besitzen, fortwährend sich theilen (Fig. A. ı.). So entsteht von diesem Bildungsheerde aus mehr nach innen zu eine ziemlich dicke Lage ' blasser, ‘zarter, in Wasser äusserst veränder- licher Zellen, in welchen dann erst die Bildung der Samenfäden statt hat. Nicht alle von diesen letztgenannten Zellen sind übrigens schon Mutterzellen von Samenfäden, vielmehr geht auch in dieser Lage noch eine energische Vervielfältigung der Zellen vor sich. Die eigentlichen Samenzellen sind, wie ich sie schon früher beschrieb, vorzüglich ein- kernige kleinere Zellen (Fig. 4. 2.) und grössere Cysten mit’ vielen, bis zu 40 und 20 und mehr Kernen (Fig. 1. 3.), welche letzteren jedoch pur bei vorsichtiger Behandlung des Samens zu erkennen sind, da sie in Wasser schnell vergehen; ausserdem finden sich auch Zwischen- formen, Zellen mit '2, 3, 4 Kernen. Bevor die Entwicklung der Samen- fäden begonnen hat, unterscheiden sich die kleineren Zellenformen mit 4— 4 Kernen schwer von denen, die noch sich vermehren, nur dass in den letzteren die Kerne weit grösser sind und grössere Nueleoli besitzen, auch häufig in verschiedenen Stadien der Vermehrung zu beobachten sind; so wie jedoch auch nur der erste Anfang der Samen- bildung gegeben, ist ihre Erkennung leicht. Es zeigt sich dann im Samenkanälchen eine ganz bestimmte Zone, in welcher die Samenfäden- bildung statt hat, von der 'nach aussen 2—5 Lagen in Vermehrung begriffener Zellen sich finden, während das Centrum des Kanals von Zellen und Cysten mit entwickelten Fäden eingenommen wird. Ueber die Entwicklung der Samenfäden selbst kann ich nun Folgendes sagen: Die Kerne der Samenzellen und Cysten sind anfänglich 'alle rund, von 0,0025 — 0,0035” mittlerer Grösse mit einem kleinen, nicht immer deutlichen, aber bestimmt vorhandenen Kernkörperchen. Bei meinen früheren Untersuchungen hatte ich dieselben nie anders gesehen, und war daber sehr erstaunt, als ich nun in manchen Zellen längliche, elliptische oder länglich-runde Kerne fand (Fig. 4. 5.). Bei sorgfältiger Durchmusterung der Elemente der Zone des Inhaltes der Samenkanälchen, 265 in welcher die Fäden sich bilden, traten mir nun Zellen mit solchen längliehen Kernen verhältnissmässig so häufig entgegen, dass ich mir gleich sagen musste, hier liege ein noch nicht gewürdigtes. wichtiges _Nerhältniss verborgen, zugleich ergab sich auch der Grund, warum _ diese Kerne bisher übersehen worden waren, darin, dass die sie ein- sehliessenden Zellen meist in compacteren Haufen beisammenliegen und lange nicht so deutlich in die Augen springen und so leicht zu durch- mmustern sind, wie die äusseren Zellen und diejenigen mit vollkommen ent- _ wickeiten Samenfäden. Eine weitere Verfolgung dieser länglichen Kerne - nun, bei welcher eine durch Wasser und diluirte Lösungen zu bewir- _ kende Isolirung derselben sich als sehr brauchbar erwies, ergab mir nun bald, dass dieselben in der That direet zu den Samenfäden sich ge- - stalten, indem die Hauptmasse des Kernes zum Körper der Samen- fäden wird und aus dem einen Pole desselben der fadenförmige Anhang sich bervorbildet. Hierbei gestalten sich nach dem, was ich bisher zu ermitteln vermochte, die Einzelnverhältnisse folgendermassen. Der _ runde Kern wird anfangs einfach länglich' ünd meist abgeplattet, ohne sonst sich zu verändern (Fig. 4. 5.). Dann zeigt sich eine Scheidung _ desselben in einen vordern, dunkler contourirten und einen hintern s kleinern blassrandigen Theil, welcher in Wasser gern rundlich illt (Fig. 4. 6.). Während am vordern Pole häufig eine ganz kleine lere knopfartige Verdickung sich zeigt, tritt am hintern Ende ein ? fadenförmiger Anhang auf (Fig. 4. .), der‘ bald zu einem län- Faden sich gestaltet (Fig. 4. &.), während zugleich der blassere I Theil des Kernes immer mehr an Grösse abnimmt. So ent- stehen "bald Formen, wie Fig. 4. 9. sie zeigt, in denen, da nun der _ vordere Theil der Herne mehr birnförmig wird, die typische Form der Samenfäden nicht zu verkennen ist. Das Ende des ganzen Processes ist, dass der noch mehr reducirte hintere Theil des Kernes, allem An- 5 nach auf Kosten des länger werdenden Schwanzes; zu dem FH etwas markirtern Theile des Samenfadenkörpers wird, wäh- . gleich der Faden seine volle‘ Länge erreicht (Fig. 1. 10. u. ı1.). ‚Alle ‚diese Stadien wurden an aus ihren Bildungszellen isolirten Ker- ‚und: Samenfäden beobachtet, doch lässt sich ein Theil derselben main der Zellen wahrnehmen (Fig. 4: 5. u.'6.); immerhin hin- ‚in diesem Falle theils der wenn auch helle Zelleninhalt, theils, wenn weiter vorgeschritten sind, dieWindungen der Fäden eine (genaue Beobachtung ‘und gewinnt man nur insofern- Sicherheit, dass der Samenfaden aus dem ganzen‘ Kern‘ sich ‘entwickelt, ohne über dieveinzelnen Verhältnisse zu einer ganzen klaren Anschauung zu kommen. Uebrigens ist es mir auch anden isolirten' Kernen bisher noch nicht gelungen, den Vorgang vollkommen zu übersehen; und gebe ich daher das Folgende vorläufig nur als das Wahrscheinlichste. Erstens Zeltschr. f. wissensch, Zoologie. VII. Rd. 18 266 «die Körper der Samenfäden entstehen. direct aus den Kernen, indem | dieselben unter den angegebenen Formänderungen solid werden und ihre. ebemische Natur in etwas ändern. Zweitens die Fäden wachsen aus dem hintern blassen Abschnitte der Kerne auf Kosten: desselben hervor. Ich habe auch. daran gedacht, ob die Fäden nicht in den Ker- nen sich bilden, so dass das Verhältniss der beiden Theile der Samen- fällen zu einander wäre, wie bei den Nesselkapseln der niederen Thiere, die, wie aus früheren Beobachtungen von mir (Beitr. zur Kenntniss .d. Samenil., pag. 43, Tab. I, Fig. 45) sich entnehmen lässt, wahrschein- lich auch die Bedeutung von Kernen haben und in Zellen sich bilden, allein ich bin nie im. Stände gewesen, eine Spur eines eingerollten Fadens im Innern der Kerne zu finden, und sehe ich mich. daher be- wogen, vorläufig bei der andern Anschauung stehen zu ‚bleiben, ohne jedoch‘ dieselbe ‚als vollkommen bewiesen bezeichnen zu wollen. Die entwickelten Samenfäden liegen einige Zeit zusammengerollt in ihren Mutterzellen (Fig. 2. 1.) und (Cysten und bedingen nicht selten gleich nach ihrer Ausbildung eine Aenderung. der Form. derselben (Fig. 2.2), indem wenigstens die Zellen mit Einem Samenfaden durch den sich. vordrängenden Körper des Samenfadens meist eine,gestielte Form annehmen. Das Freiwerden der Sarmenfäden, das,ich früher nicht so: genau: verfolgte, ‚geschieht. in sehr verschiedener Weise, meist so; dass, wahrscheinlich gleichzeitig, der Kopfan der einen; (der-Fäden an einer, andern Seite. durch die Mutterzelle brechen, in der Regel ohne von dieser. sich zu lösen, ‘wodurch je nach der Art und Weise, wie diess „geschieht; je nach der Zahl: der beisammen eingeschlossenen Fäden, sehr verschiedene Formen entstehen, von denen einige in.der Fig. 48 zusammengestellt sind. Die Reste der Mutterzellen blei- ben -tbeils als die schon von Anderen ‚angegebenen kappenförmigen Ueberzüge der Körper (Fig. 2. s.,5.@), namentlich aber als bedeutende Anhänge der Fäden (Fig. 2. .—1u.5b) noch länger an ‘den Samen- fäden sitzen, und sind letztere, die im Hoden und im 'Anfange des Nebenhodens, dort in beträchtlicherer Grösse, dicht am Körper, im Vas deferens als kleine rundliche Kerne weiter von demselben -ehtfernt gegen die Mitte des Fadens ansitzen, ebenfalls schon von Vielen wahr- genommen worden. Noch will ich bemerken, dass ich eine Zeit lang daran gedächt habe, ob nicht diese Anhänge Reste der hinteren Ab- schnitte der Bildungskerne der Samenfäden seien, schliesslich jedoch von dieser Vermuthung, die der regelmässigen Gestalt und Grösse dieser Anhänge wegen sich aufdrängte,; wieder abkam, einmal, weil die Samen- füäden, die zu mehreren oder vielen in einer Gyste liegen, keine Anschwel- lung besitzen (Fig. 2. 7., &.), und dann auch desswegen, weil die Umbil- dung der Zellenreste in die fraglichen Anhänge in vielen Fällen übera deutlich war. — ysten mit regelmässigen Bündeln eingeschlossene Ale 267 Fäden habe ich bei dieser Untersuchungsreihe nicht geschen, bei wel- cher freilich. gerade dieser Punkt kein: weiteres Interesse darbot. Dagegen führe ich noch an, dass ich sehr häufig Samenfäden mit zwei Körpern, auch mit gespaltenen Fäden in verschiedenen Stadien der Theilung vorfand. Einige dieser Bildungen ergaben sich jedoch be- stimmt als nichts als sehr innig verklebte Fäden, so dass ich schliess- lich auch an den Beobachtungen irre wurde, die mir über jeden Zweifel erhaben geschienen hatten. Andere mögen bei Untersuchung dieses Gegenstandes, den ich nicht weiter verfolgen konnte, mit der grösst möglichen Zweifelsucht sich wappnen. Ausser bei Säugethieren glaube ich nun auch noch bei anderen Geschöpfen die Entwicklung der Samenfäden aus Kernen darthun zu können. Bei der Taube habe ich aus den Samenkanälchen die in Fig. 4. 1.—10. verzeichneten Formen erhalten, die ohne weitere aus- führliche Beschreibung denselben Bildungsgang darthun, nur dass die Kerne nicht in zwei Abschnitte sich sondern, und viel bedeutender sich verlängern. Das Hervorwachsen des Fadens aus dem Kerne gibt sich _ auch. hier zuerst durch ein kleines Spitzchen an dem einen Ende des _ verlängerten Kernes kund (Fig. 4: 6.—8.), welches) allmählich länger wird. Da‘ die Körper‘ ‚der ausgebildeten Samenfäden 'aus, dem Vas deferens (Fig. 41) bedeutend kürzer und schmäler sind ‚als dıe ‘der unentwickelten Formen (Fig. 4. 10.), so möchte hier unbedenklich an- genommen’ werden dürfen; dass ‚der Faden: wirklich auf Kosten des ternes sich hervorbildet und nicht im Innern desselben entsteht. Beim Frosch‘ war die Sache schwieriger. In den Hodenbläschen desselben fand ‚ich 4) grössere: Zellen mit 4 —4 grösseren. ‚Kernen (Fig. 5. ı.). 2), Aehnliche Zellen mit rundlichen ‚oder länglich runden kernartigen Gebilden (Fig. 5. 2.). 3) Dieselben. Zellen mit längeren stabförmigen hen, mit fadenförmigen, zum Theil schon beweglichen An- (Fig. 5. 3). 4) Freie Bündel solcher Körperchen mit langen (selten). (Fig. 5.4). 5) Zellen mit vielen eingerollten Samen- f und deutlichem Zellenkern (Fig. 5.5.). 6) Aehnliche, oft deut- lich kernhaltige Zellen mit einem eingeschlossenen Bündel von Samenfäden I '5.6,,7%). 7) Dieselben an dem einen Ende geplatzt und die be- Be Samenfädenbündel bildend (Fig. 5. &). 8) Sehr verlängerte Zellen mit Andeutungen von Samenfäden im Innern und schönem Kern (Big. 5.9.),; und 9) ähnliche Zellen ohne Spur von Samenfäden (Fig. 5. 10.). leh eonstruire mir aus diesen Beobachtungen folgenden Entwicklungs- gang. Die rundlichen und länglichen Körperchen (Fig. 5. 2., 3.) werden durch Verlängerung zu den Körpern der Samenfäden und sind ihrer- seits nichts als Kerne, die mit den. Kernen der Zellen der Fig. 5. ı. in‘ Zusammenhang ‚stehen, welche ich. bei meinen früheren Unter- suchungen schon in viel grösserer Zahl wahrgenommen hatte. Im 4 3 18* 268 regelrechten Gange der Entwicklung bilden sich aus diesen die von Fig. 5.5.—7., welche endlich platzen und die Bündel Fig. 5. & liefern, seltener lösen sich die Fäden noch mit unreifen Köpfen aus ihren Zellen (Fig. 5. 4.). Fig. 9 u. 10 endlich halte ich für Rückbildungsformen von Cysten mit eingeschlossenen Samenfäden, wobei ich es jedoch un- entschieden lasse, ob Fig. 40 nicht auch durch directe Umwandlung der runden Zellen der Hodensäckchen entstehen kann. Diese meine Deutungen und Beobachtungen stimmen nun freilich it denen von Ankermann (l. e.) nicht überein, doch glaube ich er- klären zu können, wie dieser Autor zu abweichenden Ansichten ge- iangt ist. Derselbe stellte nämlich seine Untersuchungen im Herbste an, zu einer Zeit, wo die Samenbildung noch lange nicht im Gange ist, so dass es begreiflich wird, dass er manche Theile ganz anders fand, als sie zur Brunstzeit sind. So konnte er den Kern in den noch gan- zen und schon geplatzten Mutterzellen mit eingeschlossenen Samen- | fädenbündeln, den vor mir schon Remak gesehen hat (Müller’s Arch., 1854, pag. 253), nicht finden, was ihn’ zur unhaltbaren Ansicht bringt, es seien diese von mir schon seit langem beschriebenen Mutterzellen nichts als eine glutinöse, ‘von den Hodenbläschen um die Samenfäden herum 'secernirte Masse. Auch das, was Ankermann über‘ die Ent- wieklung ‘der Samenfäden vorbringt, ist kaum stichhaltig. Er fand im Samen eigenthümliche kleine, undulirende Zellen mit dunk- lem Kern, aus denen‘ nach seiner Meinung die Samenfäden sich hervorbilden. Diese‘ sogenannten: undulirenden ' Zellen (Fig. 5. 11a) sind nun aber nichts als losgelöste Endstücke von Samen- fäden, welche um die hellen im Samen sich findenden Ei- weiss(?)kugeln‘ sich herumlegen und mit ihrer knotigen Anschwellung einen Kern simuliren. Nicht selten sieht man auch an den Samenfäden selbst solche helle Kugeln ankleben und das Endstück des lebhaft undulirenden Fadens so um dieselben herumge- legt, dass der Schein einer undulirenden Membran entsteht (Fig.5. 11.5), durch welchen schon vor Ankermann 'auch Remak sich hat verführen lassen (l. s. e.), der die scheinbar 'undulirenden Bildungen sowohl an den Samenfäden als auch frei wahrnahm. — Von den Samenfäden lösen sich häufig auch nur die Knötehen mit dem Endtheile des Fadens ab und schwimmen wie Säugethiersamenfäden lebhaft herum (Fig. 5. 1. e, d). Diese und die anderen Bildungen habe ich oft direct in ihrem Ent- stehen beobachtet — beiläufig gesagt, bilden sich die scheinbar undu- lirenden Bildungen vorzugsweise in Wasser und diluirten Lösungen, welche, da sie heftiger auf die Samenfäden einwirken, leicht Ab- trennungen einzelner Stücke derselben hervorbringen — und muss man dieselben kennen, wenn man über die Bildung der Samenfäden ins Klare kommen will. 269 Wie bei den Amphibien und Vögeln, so glaube ich für die Fische eine Bildung der Samenfäden aus den Kernen behaupten zu dürfen. Man findet hier im noch unreifen Samen kleine Zellen mit 1, 2, 3—4 und mehr endogenen Bildungen (Fig. 6. 5.—8.), die, wenn sie grösser sind, deutlich als Kerne mit zarten Nucleolis sich erkennen lassen, wenn klein mehr homogen erscheinen und von den Körpern der Samenfäden in Nichts abweichen. Das Wervorsprossen des zarten Fa- dens an diesen Kernen habe ich nicht gesehen, doch möchte nach dem bei den übrigen Wirbelthieren Beobachteten kaum zu bezweifeln sein, dass auch hier die Kerne direct in die Samenfäden übergehen. Wenn demzufolge für alle Wirbelthiere mit mehr oder weniger Sicherheit eine directe Beziehung der Kerne zu den Samenfäden sich herausstellt, so wirft sich von selbst die Frage auf, ob nicht bei allen Geschöpfen die Bildung derselben in der nämlichen Weise vor sich geht. Ich habe bisher keine Musse gehabt, auch nach dieser Richtung meine Untersuchungen auszudehnen, will jedoch bemerken, dass jetzt schon manche Thatsachen vorliegen, die in diesem Sinne sich deuten lassen. Vor Allem erwähne ich, dass ich schon früher (Bildung der _ Samenfäden in Bläschen, pag. 24)‘ die Bildung der Samenfäden der Coleopteren im Innern von kernhaltigen Zellen beschrieben habe, so jedoch, dass die Fäden erst sichtbar werden, wenn die Kerne geschwun- - den sind, so dass es mir jetzt wahrscheinlich wird, dass dieselben aus _ den Kernen entstehen. Mit noch mehr Bestimmtheit möchte ich diess von Lumbricus und Distoma behaupten, bei denen ich die Verlänge- rung der Kerne direct beobachtete (l. c. Tab. I, Fig. 17 c. Fig. 31 h, k, m), jedoch dem damaligen Standpunkte meiner Ansehaunngen entsprechend, _ anders deutete. Ganz bestimmt entwickeln sich, wenigstens nach Leuckart (vergl. Art. Semen in Cycl. of Anat. IV, Fig. 372, 373, und Handw. d. BRRys-; ‚ Art. Zeugung, pag. 841) die Bimekkörpereben von Glubiona aus Kernen, was auch von den anderen Arachniden und den Milben gelten möchte (Leuckart, Art. Zeugung, pag. 842), so wie von den _Myriapoden. Auch bei den Crustaceen scheint sich eine wesentliche Betheiligung der Kerne an der Bildung der Samenkörperchen zu ergeben, ‚wie diess wenigstens Frey und Leuckart bei Galigus gesehen haben (Beitr. z. Kenntn. wirbelloser Thiere, ‘St. 435), doch sind die Formen der reifen Samenelemente dieser Thiere, so wie die Entwicklung der- selben noch zu wenig von diesem Gesichtspunkte aus erforscht, um sich mit Bestimmitheit über diesen Punkt äussern zu können. Dagegen erlaube ich mir noch auf die neuesten Untersuchungen von Meissner über die Samenelemente von Mermis hinzuweisen (Zeitschr. f. w. Zool., V, p. 261, Taf. XV, Fig. 39— 41), welche, zusammengehalten mit dem, was v. Ste- bold sah (ebendas. pag. 264), mit Sicherheit ergeben, dass hier nur die Kerne zu den Samenkörperchen werden. Dasselbe geht aus den Beob- 270 achtungen von Meissner über die Samenelemente’ von Nematoden hervor (diese Zeitschr., VI, Taf. VI, Fig. 4, 2, 3, 4), doch will ich auf diese vorläufig nicht zu viel Gewicht legen, weil die zum Theil widersprechen- den Angaben Bischoff’s (Ibidem, VI, pag. 39% fg.) eine neue Unter- suchung dieses Gegenstandes wünschbar machen. Hält man alles Dieses mit meinen neuesten Erfahrungen zusammen, so wird es wohl erlaubt sein, die Vermuthung auszusprechen, dass die Samenelemente aller Thiere direet aus den Kernen der Samenzellen sich hervorbilden. Ich gehöre zwar nicht zu denen, welche grundsätzlich darauf ausgeben, verwandte Erscheinungen überall | in Eine Form zu zwängen und der Natur die Fessel unserer natürlich beschränkten Ideen anzulegen, allein ieh erkenne vollkommen die Be- rechtigung des Strebens an — und habe dieselbe auch immer an- erkannt — welches darauf ausgeht, die Summe der Einzelerfahrungen unter allgemeine Gesetze zu bringen. Ich habe auch gar nichts da- gegen, wenn bei diesem Streben manchmal etwas Willkühr _mit auf- tritt und über Lücken in den Beobachtungen oder unvollkommen schei- nende Erfahrungen hinauszuhelfen sucht, vorausgesetzt, dass die objective Basis, auf der man fusst, immer klar hingestellt und die Mängel der- selben nicht verschwiegen werden. Gerade die Entwicklung der - Samenelemente, wie sie jetzt vorliegt, scheint mir eine solehe Behand- lungsweise zu gestalten, und schliesse ich daher mit folgenden Sätzen, die ich der Prüfung anderer Forscher empfehle. 1) Die befruchtenden Samenelemente Aller Thiere entwickeln sich durch direete Umwandlung der Kerne der Samenzellen. 2) Die unbeweglichen Samenelemente oder die Samen- körperchen der Arachniden, Myriapoden u, s. w. sind ein- fach verlängerte oder anderweitig in der Form umgewan- delte Kerne. 3) Bei den beweglichen Samenelementen oder den Samen- fäden hat sich neben dem Körper des Samenfadens aus dem Kern noch ein beweglicher Faden hervorgebildet. 4) Diesem zufolge entsprechen die Körper der beweglichen Samen- fäden den ganzen Samenkörperchen der anderen Thiere. 5) Sollte es sich ergeben, dass die Samenelemente gewisser Thiere wirklich nie einen beweglichen Anhang erhalten, so liesse sich hieraus vielleicht noch folgern, dass nur die Körper der beweglichen Samen- fäden der wirklich befvuchtende Theil derselben sind. Würzburg, den 19. Mai 1855. Fig. 1: em 4 Pie." 3: 3. 271 Erklärung der Abbildungen. 2. 3. Aus dem Samen des Stieres; 450malige Vergrösserung. ‚Bildung der Samenfäden. 1, Aeussere Zellen der Samenkanälchen in Vermehrung begriffen. 2. Einkernige Bildungszellen der Samenfäden oder Samenzellen. 3. Vielkernige Samenzellen oder Samencysten %. Eine solche mit drei Kernen. 5. Samenzellen mit verlängerten Kernen 5. Solche, in denen die Kerne einen dunkler contourirten vorderen und einen blassrandigen hintern Theil darbieten. 7. Ein solcher Kern frei mit erster Andeutung des Fadens. 8. Eben solche mit kurzem Faden 9. Dieselben mit längerem Faden und deutlich als Samenfäden zu er- kennen, deren Körper zum Theil schon. birnförmig ist, 10. Fast ent- wickelter Samenfaden mit kleinem Rest der hintern blassen Kernhälfte 41. Entwickelte Samenfäden ohne Anhänge aus dem Nebenhoden. Hervorbrechen der Samenfäden. A. Samenzelle mit eingerolltem Samenfaden. 2. Durch theilweises Strecken der Samenfäden birnförmig gewordene Samenzellen. 3. Samenzelle mit durchgebrochenem Faden. 4. Eben solche b, wo auch der Körper herausgetreien ist, jedoch noch eine Bekleidung von der Zellmembran a besitzt. 5. Eine solche Zelle mit zwei Fäden, die Köpfe unter einer Kappe a. 6. Seltenere Form eines aus seiner Zelle 5b brechenden Fadens. 7. u. 8. Zwei einzelne mit Körpern und Fäden aus ihren Zellen durchgebrochene Samenfäden. 9. Samenfäden aus dem Nebenhoden mit noch grösserem Rest der Mutterzelle b. 40. Ein ähnlicher mit kleinerem Anhang b. 41. Samen- faden aus dem Samenleiter, an dem der sehr verkleinerte Anhang b weiter rückwärts seitlich anhängt. Samenfäden mit fettig metamorphosirten Fäden aus einer Cyste des Nebenhodens. 4. Ein solcher, bei dem nur die vor- dere Hälfte des Fadens vertreten ist. 2. Ein anderer, bei dem die Ver- änderung fast den ganzen Faden betrifft. 3. Stück eines degenerirten Fadens,. 4. Abgetrennter Körper. ‚Samenelemente der Taube, 450 Mal vergrössert. A. Samenzelle mit rundem Kern. 2. Eben solche mit 4—3 Jlänglichen Kernen, 3. und 4. Dieselben mit noch mehr verlängerten Kernen. 5.— 8. Durch Wasser aus ihren Zellen herausgelöste Kerne in verschiedenen Zu- ständen der Verlängerung, die meisten mit einem Spitzchen als erster Andeulung des Fadens. 9. und 10. Noch längere Kerne mit kurzen Fäden, nun schon deutlich Samenfäden. 14. Entwickelter Samenfaden aus dem Vas deferens, a Stelle, wo der Faden in einen ganz feinen Anhang übergeht. Samenelemente der Rana temporaria, 350 Mal vergrössert. 1. Eine Samenzelle mit vier Kernen. 2. Samenzelle mit elliptischen Körperchen (Kernen?) ohne sichtbaren Kern. 3. Eben solche mit stabförmigen Körperchen. 4. Bündel von Samenfäden, deren Körper den in den Zellen 2 eingeschlossenen Körperchen ganz gleich sehen, 5. Kernhaltige Samenzellen mit vielen spiralig eingerollten Samenfäden 6. Eine solche mit einem Samenfädenbündel. 7. Samenzelle ohne sichtbaren Kern, mit regellos durch einander liegenden Samenfäden. 8. Samenzellen mit Kernen, aus denen die Samenfädenbünde! an dem einen Ende durchgebrochen sind. 9. In der Rückbildung (?) begriffene & 272 Samenzelle mit Samenfäden. 40. Eine verlängerte Zelle, die vielleicht aus 9. entstanden ist, 44. Losgetrennte Stücke von Samenfäden. a Scheinbar undulirende Zellen; jede besteht aus einem um eine helle Kugel herumgerollten Schwanzende eines Samenfadens, dessen Knötchen einen Kern simulirt. Was diese Knötchen, die ich schon früher abgebildet habe (Bildung der Samenf. in Bläschen, Tab. I, Fig. 45) bedeuten, ob nur Anbänge oder Verdickungen, und wie sie entstehen, wage ich nicht zu entscheiden. Dieselben mangeln eben erst gebildeten Fäden. b Ein um eine helle Kugel herumgelegtes Ende eines Samenfadens (der vordere Theil derselben ist nicht abgebildet), das den Schein einer lebhaft undulirenden Zelle darbot. c, d Los- gerissene Stücke von Fäden, die lebhaft umherschwimmen. Fig. 6. Aus dem Samen des Karpfens. 4. Samenfäden in reinem Samen. 2. Dieselben in concentrirten Salzlösungen u. s. w. geschrumpft. 3. Die nämlichen in Wasser und diluirten Salzen aufgequollen, a mit runden Körpern, b mit verlängerten Körpern, ein Faden mit einer Oese, der andere verkürzt. 4. Dieselben ungemein aufgequollen mit abgelösten Fäden. 5.—8. Samenzellen mit 1,2,3,& und mehr Kernen, die zum Theil deutlich als solche sich ergeben, zum Theil den Körpern der Samenfäden ganz gleich sehen. Nachtrag. Aus einer brieflichen Mittheilung von Moleschott trage ich noch nach, dass derselbe sich nun ebenfalls von der erregenden Wirkung der caustischen Alkalien auf die Samenfäden überzeugt hat. “ Die früheren abweichenden Angaben desselben (Wiener med. Wochen- schrift, 4855) erklären sich daraus, dass Moleschoti bei seinen ersten Versuchen den Samen und das caustische Kali erst mit einander mengte und dann unter das Mikroskop brachte, in welchem Falle auch ich nie Bewegungen beobachtete. Liess derselbe das Causticum in geringer Menge zu dem Samen einfliessen, so zeigten sich dieselben Phäno- mene, die ich oben ausführlich besprochen habe. Ueber die Drüsen und glatten Muskein in der äusseren Haut von Rana temporaria '), von A. Hiensche aus Königsberg. Ascherson und alle Beobachter nach ihm, die sich die Froschhaut zum Gegenstande anatomischer Forschungen machten, beschreiben die Drüsen, welche dicht gedrängt die Körperoberfläche bedecken‘, in einer gemeinschaftlichen Form. Eine anatomische Differenz an denselben statuirt Niemand; jedoch mit Unrecht, denn an Rana temporaria lassen sich zwei Arten von Drüsen nachweisen. Als eine dritte Art, oder wenigstens als eine in der Mitte stehende Form muss man die Drüsen ansehen, die am Daumenballen des Froschmännchens vorkommen. Ich _ will bei meiner Beschreibung vorläufig diese dritte Art unberücksich- tigt lassen, und nur durch vergleichende Zusammenstellung der beiden ersteren, die Annahme von zwei verschiedenen Formen zu rechtfertigen suchen. Jedenfalls haben alle Beobachter beide Arten von Drüsen ge- sehen, denn ihre Angaben beziehen sich bald mehr auf die eine, bald mehr auf die andere Art. Die allgemeinen Form- und Lagerungsverhältnisse der Hautdrüsen sind schon häufig in übereinstimmenden Beschreibungen niedergelegt worden, und um das Wiedererzählen so viel wie möglich zu ver- meiden, verweise ich auf die betreffende Literatur (siehe hierüber be- sonders: Ascherson in Müller’s Archiv, 1840, S.145. — Czermak, Mül- ler’s Archiv, 4849, S.232. — Leydig, Histolog.-anatom. Untersuchun- ‚gen über Fische und Reptilien, 1853). Der Unterschied zwischen beiden Drüsenarten macht sich in der Grösse, Lagerung und besonders in den Structurverhältnissen geltend, ist also jedenfalls durchgreifend. A) In der Grösse weichen sie dermassen von einander ab, dass der bedeckte Flächenraum sich meist verhält wie 4:4. Die kleineren ") Die Veröffentlichung dieser Mittheilungen wurde gegen die Absicht der Re- daction durch Versehen verzögert. 274 Drüsen sind 0,4 mm. breit. Ascherson beschreibt Drüsen von 0,006 P. Z. Länge und 0,0045” Breite, sagt aber nebenbei, dass die Mittel- grösse etwa die Hälfte beträgt. Daraus resultirt ein gleiches propor- tionales Verhältniss. 2) Lage. Die kleinen Drüsen stehen dicht gedrängt über alle Hautpartien verbreitet; nur auf der Rückenhaut und auf der Dorsalfläche der Schwimmhaut in weiteren Abständen. Die grossen Drüsen finden sich nur auf dem Rücken, den Dorsalflächen der Extremitäten, und am gedrängtesten um den After herum. Nie stehen sie so nahe, dass nicht noch eine Drüse von derselben Grösse zwischen ihnen Platz hätte. Ferner ragen die grossen Drüsen mehr in die tieferen Bindegewebs- partbien. Breitet man’ein Hautstück aus und {rennt mit einem scharfen | Messer die pigmentirte Schicht von der unterliegenden weissen Binde- gewebsschicht, so wird man bei mikroskopischer Untersuchung gewahr, dass die kleinen Drüsen in der Pigmentschicht haften, während die grossen im tiefern Bindegewebe eingebeitet liegen. Die letzteren kom- men erst bei Zusatz von verdünnter Ä zur Wahrnehmung, wobei zugleich 3) die verschiedene Structur der Drüsenwand als die wich- tigste Differenz sich erweist. Die dünne Hülle der grossen Drüsen zeigt sich aus einer einfachen Lage contractiler Faserzellen zusammen- gesetzt, Essigsäure lässt lange spindellörmige Zellen mit stäbchen- förmigem Kern. hervortreien, die deswegen sehr bequem zur Beob- achtung kommen, weil sich die Drüsenmembran leicht von dem um- gebenden Bindegewebe loslöst. Die kleinen Drüsen sind so fest von streifig gelagertem Bindegewebe umstrickt, dass es kaum nachzuweisen möglich ist, ob sie noch ausserdem eine Umhüllung besitzen. Ascherson beschreibt zwar die Hülle der Drüsen als etwas Specifisches, nach ihm soll die Dicke 0,00030— 0,00035 P. Z. betragen. Es fragt sich aber, ob dabei nicht das umhüllende Bindegewebe gemessen ist, was aber nicht als speeifisch angesehen werden kann, weil oft Faserzüge eine Drüse, verlassen und zur benachbarten übergehen. Ueber die anato- mische Beschaffenheit der Drüsenwand sagt Ascherson nichts Bestimmtes. Legt man eine Froschhaut mehrere Stunden in Salpetersäure von’ 20 %, und schabt hernach mit dem Messer die unteren Hautparthien vor- sichtig ab, so lassen sich in situ beide Arten Drüsen von: einander unterscheiden. Die grossen mit, glatten Muskeln erscheinen auf dem dunkeln Pigmentgrunde als feine, einzeln eingestreute, intensiv gelbe Punkte. Die kleinen sind weisslich und mit unbewaflnetem Auge kaum I bemerkbar. Unter dem Mikroskop treten jene charakteristischen Bigen- schaften der glatten Muskeln hervor, die jeden diagnostischen Zweifel beseitigen. Die spindelförmigen Zellen lösen sich leicht von einander, sind 0,20 mm. lang und 0,0425 mm. breit. ‘Die Kerne variiren von 275 der ovalen Form bis zu langen Stäben. Auch: das Zusammenschnurren isolirter Zellen beobachtete ich bei Wasserzusatz (man vergl. Kölliker, Mikroskop. Anatomie, Bd. II, S. 128, Fig. 21%). ‚Die muskulösen Elemente sind an einander gelagert in der Rich- tung nach dem Ausführungsgange. Man kann die spitzen Enden noch eine kurze Strecke herauf verfolgen. Da die Drüse kugelig ist, so folgt aus der beschriebenen Anordnung, dass an dem Pole, welcher der Drüsenmündung gegenübersteht, entweder sämmtliche Zellen sich mit den Spitzen vereinigen müssen, oder dass Spitzen auf die Kanten quer gelagerter Zellen aufstossen. Ein Bild der ersten Art möchte aus dem Bereiche der Wahrscheinlichkeit zu streichen sein, weil nie diese Elemente sich ih der dazu erforderlichen gleichmässigen Grösse und Lagerung gebildet zeigen. Das Anstossen von Spitzen gegen Kanten anderer Zellen kommt öfter zur Beobachtung. Muskelfasern, die sich (heilen oder anastomosiren, wie sie Eckhard (Müller’s Archiv, 1841, S.25) an den Hautdrüsen der Kröte beschreibt, habe ich nicht finden können; halte aber doch ihr Vorkommen für wahrscheinlich. Eckhard erwähnt von den Ohrdrüsen der Kröte, dass sie auf dem Grunde eine Art Einkerbung haben. Ich habe an den Drüsen von R. temporaria nichts Analoges finden können. - © %#) Auch durch den innern Bau unterscheiden sich die beiden _ Drüsenformen von einander. Jede grosse Drüse bildet einen Sack, oft prall gefüllt mit kleinen Körnchen. Daneben findet man einzelne Kerne ‚mit granulirtem Inhalt; zusammengenommen dieselben Bestandtheile, ‚aus denen der Schleim gebildet ist, der die Haut‘ der Frösche über- zieht. Das Innere der kleinen Drüsen ist aus vielen (30,40 und mehr) polyedrisch geformten Zellen zusammengesetzt. Jede Zelle hat einen wandständigen Kern und feinkörnigen Inhalt. Diese Angaben weichen ‘von der Auffassung der meisten Autoren ab. Ascherson beschreibt alle Drüsen als Hohlräume und spricht von einer geringen Zahl (6—10)_ wandständigen Zellen. © Bemerkenswerth ist, dass die grossen Drüsen sehr häufig der Wohnsitz einer oder mehrerer Filarien sind. - Die Drüsen münden sämmtlich auf der Oberfläche der Haut. Ge- iaue Beschreibungen und Abbildungen dieser Mündungen liefert Ascherson 8.43). Sie liegen zwischen zwei oder mehr zusammenstossenden Epithelzellen. Ascherson hat sie auch innerhalb des Umrisses einer ein- zigen Zelle hervortreten sehen. Eckhard fand nie Bilder der letzten Art. Auch ich suchte sie vergebens. WVebergangen ist von Ascherson eine Erscheinung, die zwar an sich klein, doch für die noch nicht erledigte Erage von Wichtigkeit zu sein scheint, ob der Ausführungsgang eine Mem- brana propria besitzt. Isolirt man die oberste Epitbelschieht — man kann auch die durch den Häutungsprocess abgestossenen Stücke nehmen — 276 so‘ sieht man vom innern runden Rande der äussern Drüsenmündung eine kurze structurlose Membran ausgehen. Dieselbe passt offenbar in den Drüsengang hinein. Am freien Ende ist sie immer sehr unregel- mässig, wie wenn sie da gewaltsam losgerissen wäre. War die Drüsen- mündung geschlossen und erschien sie wie ein Stern von drei gleich langen Strahlen, so zeigte der. eben beschriebene Gang drei ent- sprechende Längsfalten. Also ein Beweis, dass der Verschluss am Ausgange durch das Hervordrängen und die gleichzeitige Längsfaltung dieser Membrana propria gebildet wird. Wie weit diese Membran herunterreicht, in welchem Grade jene Schliessung ein vitales Phäno- men ist, wie die Regeneration nach dem Häutungsprocess vor sich geht, sınd Fragen, die den Werth jener Beobachtung vorläufig bedeutend schmälern. Es gelang mir nie, eine Drüse mit ihrem Ausführungsgange dermassen zu isoliren, dass ich den letztern in horizontaler Lagerung zu Gesichte bekam. Aus den Bildern mit senkrecht oder schräg auf- steigendem Ausführungsgang kann man keine klare Vorstellung ge- winnen. Das Bindegewebe geht nur eine ganz kurze Strecke an den Ausführungsgang hinauf, ebenso weit wie an den grösseren Drüsen die glatten Muskeln. Ascherson zeichnet die sternförmig contrahirte Drüsenmündung geradezu auf die Wand der Drüse. Ich sah den Anfang des Drüsen- ganges stets rund, etwas weiter als die Mündung und central auf der Drüse liegend, während das Ende des Ganges etwas seitlich mündete, Ueber die Drüsen des Daumenballens am Froschmännchen und über ibre Beziebung zu den kleinen schwarzen Epithelialpapilien sind von Mayer (Froriep’s Notizen) und Walter (Verhandl. des naturh. Ver- eins d. pr. Rheinl. u. Westph., 4851, S. 351) Beschreibungen erschienen. Da meine Untersuchungen in mehreren Punkten zu anderen Resultaten führten, so möge man eine nochmalige, vielleicht zu a Be- sprechung dieses Gegenstandes entschuldigen. Nach den genannten Autoren münden jene Drüsen durch die Spitze der kegelförmigen Epithelialerhebungen. Walter spricht von einem be- sondern Ausführungsgange, morphologisch verschieden von den Epithel- zellen, denn er sah ihn öfter über den letztern hervorragen. Mayer’s Angabe beschränkt sich auf einen an der Spitze mündenden Inter- cellularraum. Die’Angaben beider Autoren sind irrthümlich. Die Aus führungsgänge, haben mit jenen Papillen nichts gemein, vielmehr mün den sie stets zwischen denselben. Die Ausführungsgänge sind oval oder runde Oeffnungen von 0,06 mm. Breite, deren oberste Umgebum von Epithelzellen des schwarzbraunen Pigmentes entbehrt. Dadure kann man sie leicht von selbst jungen niedrigen und wenig pigmen tirten Papillen unterscheiden. In zweifelhaften Fällen sind die concen trischen Ringe massgebend, die sich als optisches Bild der tiefern 277 nicht deutlich eingestellten Umgebung darstellen. Auch kann die er- habene Mitte einer Papille von der vertieften eines Drüsenganges leicht durch die Schraube des Objecttisches unterschieden werden. Wenn sicher ist, dass neben den Papillen besondere Ausführungs- gänge existiren, so ist damit noch nicht direet die Möglichkeit von Ausführungsgängen durch die Papillen widerlegt. Folgende Thatsachen mögen auch dieser Angabe genügen. Erstens übertrifft die Zahl der Papillen bei weitem die der Drüsen. Es könnten also jedenfalls nicht alle Papillen Ausführungsgänge einschliessen, ganz davon abgesehen, dass Walter viele Drüsen sich zu einem Ausführungsgange vereinigen lässt. Zählungen ergeben, dass einer Fläche von eirca 10 Papillen eine unterliegende Drise entspricht. Aber auch auf 40 Papillen traf im Durchschnitt ein Ausführungsgang. Die Regelmässigkeit dieser Zahlen- verhältnisse ist ausserordentlich überraschend, und wenn sie auch nicht auf mathematische Genauigkeit Anspruch machen können, so sind sie doch für den vorliegenden Fall beweisend. — Ein zweiter _ directer Beweis für den vollständigen Verschluss der Papille ist die Färbung mit Jod, nachdem man nämlich eine der tieferen, helleren Epithellagen isolirt hat. Die Deutung der äussersten Spitzen an den Papillen hat bei Mayer und Walter Differenzen hervorgerufen. Einer sagt, die Spitzen haben einen, Stachel, der über die Mündung. herüberrage — der Andere tet ihn als. den hervorragenden Ausführungsgang, dessen Ende gleichsam die Form eines auf der Spitze aufsitzenden Bläschens erhält. Warum nur. gleichsam? Wenn wir. nach beseitigter Auffassung von Drüsengängen in den. Papillen die Beobachtungen ihrer teleologischen Auffassung entkleiden, so kommt einfach heraus, dass die Spitze der Papille von den bläschenförmigen Zellen der äussersten Epithelschicht ‚gebildet. wird; und je nachdem eine Zelle die Spitze einnimmt oder zwei sich den Rang streitig machen, entstehen Bilder, die zu den er- 'wähnten Irrthümern Veranlassung gaben. Walter’s Abbildung, |. c., Taf. V, Fig. 8, ist ganz naturgetreu, dagegen sind Figg. 1,2, 3, 5 un- möglich das direete Resultat mikroskopischer Anschauung. Bei den beschriebenen Ausführungsgängen unterliegt es keinem Ber: dass hier nur Intercellularräume vorhanden sind. Doch diese: ruck gibt auch hier keine deutliche Vorstellung, denn damit ist noch nicht gesagt, dass auch nach innen von der Epithelschicht der oft lange Gang von Zellen umgeben ist. Der Drüsengang erscheint wie ausgemauert von oft hufeisenförmigen Zellen. An einen Verschluss des Drüsenganges ist somit hier nicht zu denken. Man findet nie jene Blutegelstichform, die durch halbe Schliessung der anderen Drüsen- gänge gebildet wird. Es entsteht nun die Frage, was jene Papillen für eine andere 278 Bedeutung haben. Sie sind beiläufig 0,08 mm. hoch und an der Basis 0,063 mm. breit. Analoge Gebilde hat die übrige Froschhaut nieht aufzuweisen. Jene hügeligen Erhebungen der Epidermis, die sich auf dem Rücken und auf der obern Seite der hinteren Extremitäten des Weibchens im Laufe des Winters ausbilden, um bei der Begattung dem Männ- chen eine feste Stellung zu sichern (siehe Zeydig, 1. e. S. 108), zeigen viele Abweichungen. 4) Die Papillen am Fusse des Männchens sind durch Erhebungen im Corium vorgebildet. Die Papillen am Weibchen beschränken sich auf das Epithel. Daher ist zu erklären, warum nach der Begattung die ersteren ganz, die letzteren nur theilweise verschwinden, obwohl sie beide nur für die Zeit der Begattung ihre Thätigkeit entwickeln. 2) Beide werden gebildet durch die Umformung und das An- einanderrücken der Zellen jeder Epithellage; statt zu platten, gestalten sie sich zu polyedrischen bis eonischen Formen. In der Richtung von aussen nach innen ist die Zahl der Zellen nicht vermehrt, was für den Häutungsprocess von Wichtigkeit ist. 3) Die Papillen am Männchen sind spitze Kegel, die am Weibohen flache Hügel, welche Differenzen aus den Angaben’ in No. 4 sich er- klären lassen. #) Die Papillen am Weibchen sind farblos, die‘ am Männchen mit schwarzbraunem Pigment gefüllt, und zwar die äusserste Schicht am intensivsten !). 5) Die Papillen des Weibehens bilden sich ohne Rucksicht auf die Ausführungsgänge der unterliegenden Drüsen, und es tritt daher oft der Fallı ein, dass eine Drüse auf der Höhe einer Papille mündet. Beim Männchen vermeiden sich Papillen und Drüsenmündungen 'ge- flissentlich. Man sieht hier oft dicht neben den Ausführungsgängen Papillen, die in ihrer Entwicklung bedeutend den benachbarten nach- stehen, Für die Erklärung dieser Beobachtung liegen zwei Möglich- keiten vor. Entweder sind sie eben in der Entwicklung begriffen, oder sie werden in derselben gehemmt. Wenn man erwägt, dass !) Es ist dieses der eclatanteste Fall von Pigmentirung der Epidermis, aber keineswegs der einzige. Nach v. Wittich (Müller’s Archiv, 485%, S. 43) hat die Haut von Hyla arborea und Rana esculenta ein vollkommen farbloses Epithel. Für R. temporaria können diese Angaben nicht gelten, vielmehr muss hier Leydig’s Ausspruch in Kraft treten, dass in den unteren Lagen des Epithels sich Pigmentfiguren finden. Während jene unveränderlich dun- kelen circumscripten Stellen der Haut bei Hyla und R. esculenta nach vd. Wittich lediglich durch eine eigenthümliche Lagerung der Pigmente des Corium zu Stande kommen, gewinnen sie bei R. temporaria durch BIBERR infiltration der unteren Epithelschichten an Intensität. | 279 diese Beobachtungen an’ erwachsenen Fröschen kurz nach der Be- gattung angestellt wurden, also zu einer Zeit, wo die Neubildung von Papillen am unwahrscheinlichsten ist, ferner dass dergleichen niedrige Papillen immer nur dicht neben einem Ausführungsgange sich zeigen, so wird man gezwungen, sich für die Auffassung einer gehemmten Bildung zu entscheiden. Daraus folgt mit Wahrscheinlichkeit, dass die Papille eine besondere physiologische Bedeutung hat, und es war von Wichtigkeit, die unterliegenden Erhebungen der Cutis nach Entkleidung ihres Epithels zu erforschen. Fasst man das Gesagte zusammen, berücksichtigt man ferner den Werth dieser Theile für den Begattungsprocess, so liegt die Möglich- keit nieht gar zu fern, dass man Gefühlswärzchen vor sich hat. Die mikroskopische Untersuchung hat mir aber leider noch kein absolutes Resultat geliefert. Die zahlreichen Nerven, die sich um die Drüsen schlingen, kann man öfter bis dicht‘ an eine Papille verfolgen, aber dann sind dieselben sehr helle, dünne, einfach eontourirte Streifen geworden. Die Papille erscheint oben, wie durch Druck abgeflächt. Essigsäure oder ‚Natron machen sie etwas aufquellen und die Spitze in einem niedrigen Bogen sich hervorwölben. ‘Man bemerkt eine zweifache La- gerung der Elemente, ‚die, eine ‚angedeutet durch. feine Längsstreifen, besonders am Rande; ‚die andere erscheint als unregelmässige, aber meist (quer gelagerte,. viel dunklere Streifen in der. Mitte, zu denen man öfter einen einfach contourirten Streifen ‚aus der Basis. der Papille heraufsteigen sieht. Dass die letzteren Elemente Nerven sind, muss freilich so lange Vermuthung bleiben, als bis man einen Zusammen- hang mit den unterliegenden‘Nerven nachgewiesen bat. "Walter sah diese Papillen für Ausstülpungen der Drüsen an, ein Irsthum, den ich nach dem Obigen nicht weiter zu widerlegen brauche. Was die Drüsen selbst anbelangt, so nennt sie Walter trauben- förmig. Ich babe nur einmal die Confluenz zweier Drüsengänge ge- sehen, konnte dagegen sehr oft isolirt. verlaufende Ausführungsgänge verfolgen. Sie erreichen oft — 0,4 mm. Länge. Die Drüsen selbst sind meistens lang gestreckt, 0,35 mm. breit und 0,8 lang, und die grösseren überragen die kleineren nach innen in der Weise, dass eine Art alternirender Uebereinanderlagerung zu Stande kommt, wie sie Ascherson auch an den Drüsen der Schenkel- beuge gefunden hat. Von der Structur der Wandungen erwähnen die genannten Autoren nur. Streifen, die nach der Mündung zu laufen, Darunter ist gewiss das Bindegewebe verstanden, welches diese Drü- sen ebenso fest wie tie kleineren Drüsen der ganzen Haut umspinnt. Es fragte sich, ob auch glatte Muskeln auf der Wandung vorhanden sind. Die Grösse der Drüsen und der Umstand, dass sie nach Mace- ration in Salpetersäure sich intensiv gelb färbten, machten es wahr- 280 scheinlich. Trotzdem kam ich durch meine Untersuchungen zu einem negativen Resultate. Die gelbe Färbung rührt von dem Inhalte der Drüsen her, und es ist sehr wahrscheinlich, dass ausser jenem Binde- gewebe keine besondere Umhüllungsmembrän existirt. Ich erhielt näm- lich öfter die Drüsen von ihrem Bindegewebe befreit, mit noch intacter Lagerung ihrer Secretzellen. Hier war die Aussenseite der Drüse zu- sammengesetzt aus den polygonal abgegränzten, flach sphärischen Wänden der Secretzellen, die als kurze Cylinder zu der Mittelaxe der Drüse hinstreben. Die Stellung und Form der mehr nach innen ge- lagerten Zellen ist mehr schwierig zu verfolgen. Um die Drüsen zieht sich, wie schon erwähnt, ein Netz von Blut- gefässen und Nerven. Dichötomische Theilungen der Nervenfasern, wie sie Czermak (Müller’s Archiv, 4849, S. 232) aus anderen Gebieten der Froschhaut beschreibt, kommen auch hier häufig zur Beobachtung. Durch die vorgelegten anatomischen Verhältnisse ist für die Er- klärung der vitalen Processe noch wenig gewonnen. Anatomisch ist die Contraction der kleineren Drüsen noch ebenso wenig erklärt, wie das Verhalten der Chromatophoren. Besonders dem letzten Gegen- stande haben viele Forscher ihre Aufmerksamkeit gewidmet und mit Hulfe des Experimentes wichtige Thatsachen zu Tage gefördert. ‘Man suchte durch das Experiment nicht allein Erfolge für die Physiologie zu erringen, sondern auch der Anatomie entgegenzuarbeiten. In ‘dem zweiten Sinne scheint freilich die eingeschlagene Methode das still- schweigende Geständniss zu machen, dass man auf direct anatomi- schem Wege an glücklichen Erfolgen verzweifelte. Für die Erklärung der Drüsensecretion, so wie des Farbenwechsels der Chromatophoren haben sich‘ verschiedene Hypothesen geltend gemacht. Alle drehen sich um die Annahme contractiler Elemente, denn alle Thatsachen weisen darauf hin, mögen sie auf directen Experimenten beruhen, oder mag man analoge Fälle aus anderen Gebieten der Anatomie vor Augen haben. So lassen die glatten Muskeln um die Schweissdrüsen der menschlichen Haut, für die Drüsen der Froschhaut vergleichende Beziehungen zu. Für die Pigmente ist jener Präcedenzfall von Muskel- fasern an den Chromatophoren der Cephalopoden (Harless, Erichson’s Archiv, 1846, S. 34) von grosser Bedeutung. Ascherson spricht sehr ausführlich über die Contractilität der” Drü- sen, und hat namentlich an ganz jungen Fröschen die Veränderungen in sitn verfolgt. In seinen Angaben treten einzelne Widersprüche auf, die gewiss dadurch entstanden sind, dass er spontane Contractionen mit gewaltsam hervorgerufenen zu einer Anschauung zu vereinigen bestrebt war. Durch Einwirken von Salmiaklösung erhielt Ascherson aus der früher gleichmässig dieken Wandung ein rosenkranzförmiges _ Gebilde (1. e. Fig. 42). Mir scheint dieser Versuch gar nicht geeignet, 281 um: auf vitale Functionen Licht ‘zu verbreiten, denn ich kann ein an- deres Experiment anführen, welches einen sehr ähnlichen optischen Effect hervorbringt, ohne irgendwie von physiologischem Werthe zu sein. Isolirt man eine Drüse und lässt verdünnte Essigsäure auf sie ein- wirken, so fangen die peripherisch gelegenen Zellen an, sich von der Um- hüllung loszutrennen, weil sie, was man auch an isolirten Zellen nach- weisen kann, durch dieses Reagens etwas einschrumpfen. Diese Los- trennung geschieht in der Art, dass die Verbindungen zweier benach- barten Zellen am längsten fixirt bleiben. Daraus entsteht das bogen- förmige Aussehen, und zwar ohne Belheiligung der Drüsenwand. Die anderen von Ascherson angeführten Thatsachen, zumal seine Beschrei- bung der spontanen Contractionen sind als solche von ausserordent- lichem Werthe; nur kann ich mich nicht mit seiner Deutung einver- standen erklären, wenn er der Drüsenwand (schon oben ist auf die zweideutige Vorstellung hiervon aufmerksam gemacht) einen hohen Grad von Contractilität zuschreibt. Sollte etwa die umhüllende Binde- substanz ihrer Natur untreu werden und sich contrahiren können ? dieses ist nicht wahrscheinlich (siehe Leydig, I. c. S.444). Man wird daher gezwungen, die contractilen Elemente in der Umgebung zu suchen. Hier kann man auch wirklich anatomisch nachweisen, wie in der Schichtung der Cutis, wo Drüsen und Pigmente sich berühren, zahllose Bündel von glatten Muskeln transversal in den verschiedensten Richtungen sich kreuzen. Zur Untersuchung sind Hautstücke geeimet, die einige Stunden in Essigsäure und danach längere Zeit im Wasser gelegen hatten. Dann sieht man, nach Lostrennung der pigmentirten Cutisschicht von dem untern Bindegewebe, glatte Muskelbündel im Mittel von 0,025 — 0,017 mm. Breite, die sich in feinere Zweige theilen, oft so fein, dass sie nur aus der Breite einer spindelförmigen Zelle zu bestehen scheinen. Die einzelnen Zellen anastomosiren oft mit einander und in einem Falle sah ich, wie aus einem breitern Muskelbündel eine einzelne Spindelzelle hervortrat und sich an eine Drüse anlegte. Am andern Ende anastomosirte sie mit einer andern Zelle, die ich nur bis zum Rande der Drüse verfolgen konnte, weil sie dann sich nach hinten um die Drüse legte. Die erstere ganz sichtbare Zelle war leicht gekräuselt und ging über die schmalen Ausläufer einer schwarzen Pigmentzelle hinweg, wie solche häufig über die Drüsen sich aus- breiten und dann als Begleiter von Capillaren von diagnostischem Werthe sind. Die Spindelzelle war 0,140 mm. lang, die Kerne dieser Zellen sind 0,037 mm. lang, 0,002 mm. breit, sehr fein granulirt und im Verhältniss zu den Kernen anderer Gewebe äusserst fein contourirt. Ob und auf welche Art die glatten Muskeln mit den Pigment- zellen in Verbindung treten, ist eine noch nicht erledigte Frage. Harless (Zeitschr. für wissenschaftl. Zoologie), der auch diese Muskelbündel Zeitschr. f, wissensch. Zoologie. VII. Bd. 19 282 erwähnt, bat sich an Hy!a arborea überzeugt, dass sie nichts mit ein- ander gemein haben. Für R. temporaria gehört, zumal wegen der er- wähnten Spaltungen .der Muskelbündel, dieses zu den schwierigsten anatomischen Aufgaben. Nach der Rumpfseite kann man diese Muskelbündel auch noch eine Strecke weit verfolgen. Sie gehen bis unter die Drüsen bis zu jener Bindegewebsschicht, die aus zwei horizontalen, sich rechtwinklig durchsetzenden, gestreckt verlaufenden Faserzügen von beträchtlicher Dicke gebildet wird. Dieses Gewebe wuchs nämlich an einzelnen Stellen zu kreisförmigen Oefinungen aus einander, die 0,05 mm. breit in Abständen von 0,4—0,14 und mehr mm. sich fanden. Durch diese Oeffnungen steigen, wie durch Kanäle, die Blutgefässe und Nerven des Plexus interior nach oben. Nebenher sieht man Bindegewebsfasern von aussen in schräger Richtung sich in diese Kanäle hineinsenken, eine kurze Strecke unter dem Bindegewebsstroma verlaufen und dann durch einen andern Kanal wieder heraufsteigen. Ein gleiches scheint mit den glatten Muskeln statt zu finden. Oefter sah ich von oben her solehe Bündel in den Kanal hineingehen. Nie gelang es mir, ihre Spur weiter zu verfolgen. Würzburg, im Frühjahr 4854. Veber den Entwicklungscyclus von Doliolum, nebst Bemerkungen über die Larven dieser Thiere, von Dr. Carl Gegenbaur. Mit Tafel XIV, XV, XV. N In der kleinen Tunicaten-Gruppe der Doliolen wurde bekanntlich durch Krohn’s !) Untersuchungen eine über die Fortpflanzung sich er-. gebende merkwürdige Thatsache bekannt, nach welcher auch bei diesen Thieren ein Generationswechsel statt findet. Es stellte sich dieser in völlig ähnlicher Weise heraus, wie bei den Salpen, mit denen die Gattung Doliolum ohnehin schon durch mehrfache Verhältnisse der Form, der Organisation und endlich auch in der Lebensweise Ueber- einstimmung zeigt. Krohn fand nämlich, «dass man bei der Unter- suchung einer gewissen Menge ausgewachsener Individuen derselben Art, bei einigen immer nur Zeugungsorgane, bei anderen hingegen nur eitiön Keimstock (stolo prolifer), den Träger und Erzeuger der Gemmen antriflt », und weiterhin erwähnt er, dass die Knospen von letzterem einander hervorsprossen, in der Weise, dass «die äusserste immer die grösste und oft schon in eine junge Agcidie umgewandelt ist, wäh- rend die übrigen in der Entwicklung noch weit gegen sie zurück. stehen, und zwar um so weiter, je entfernter sie von ihr sind». «Die Sprösslinge hängen durch einen von ihrer Bauchfläche dicht unter dem Nahrungsschlauche entspringenden Stiel» mit dem Keimstocke zusammen, lösen sich mit demselben von letzterem ab, und sind dann mit jungen geschlechtslosen Individuen zu verwechseln, insofern ihr Stiel, der mit dem noch wenig entwickelten und noch gemmenlosen ») Ueber die Gattung Doliolum und ihre Arten, Archiv f. Naturgesch., 1852, , Bd. I, pag. 53. 19* 284 Keimstocke dieser Individuen dieselbe Lage am Bauche und auch die- selbe Form hat, leicht für den letztern angesehen werden könnte. Diesem Irrthume wird aber durch die nähere Untersuchung vorgebeugt, dass alle frei gewordenen Sprösslinge mit den Rudimenten der Zeugungs- organe versehen sind.» ° So weit scheint die Fortpflanzung allerdings mit jener der Salpen übereinzustimmen, und nur die Lagerung des Keimstocks, so wie das Hervorsprossen der Knospen an demselben liefert einige Verschieden- heit, die, obwohl nicht unwesentlich, doch nicht im Stande ist, die Lehre vom Generationswechsel in ihrer bisherigen Formulirung zu verändern. Eine von mir gemachte Beobachtung, die schon früher in der Kürze veröffentlicht ward !), dürfte geeignet sein, unsere Erfahrungen vom Generationswechsel um Einiges zu erweitern, wesshalb ich nicht anstehe, dieselbe hier in ausführlicherer Darstellung und von Abbil- dungen begleitet wieder zu geben. Eine grosse Doliolum-Form, welche von Hrn. Krohn alsbald für die von ihm als D. Troschelii beschriebene erkannt wurde, fiel so- gleich wegen des mächtig entwickelten und dicht mit Sprösslingen bedeckten Keimstockes auf, und konnte in mehrfachen Exemplaren untersucht werden. Die kleinsten davon massen nur 2” Länge, indess “die grössten ohne den Keimstock eine Länge von nahebei 1” erreichten. Charakteristisch für diese von Krohn als Typus einer Art aufgestellte Form sind die ausnehmend breiten, nur einen schmalen Zwischenraum lassenden Muskelbinden (Fig. 4,2 d), die fast: den ganzen Körper als geschlossene Reifen überziehen. Die erste Muskelbinde ist schmal und verläuft nahe an der vor- dern Leibesöffnung, die folgenden sieben sind breit und bilden, bis auf die beiden letzten, ebenfalls geschlossene Reifen, die siebente und achte 'Muskelbinde ist ungeschlossen, und zwar krümmt sich die sie- bente auf der Rückenfläche des Thieres nach hinten ‚und setzt sich von dort auf die Basis des Keimstockes fort, der neunte Muskelreifen endlich ist wiederum ebenso schmal als der erste, und umzieht, unter dem Keimstockursprunge hinweglaufend, die hintere Oeffnung des Leibes. (Vergl. über die Anordnung der Muskelreifen Fig. 4 und 2 auf Taf. 1.) Vom Rande beider, einander gegenüberstehender Leibesöffnungen ent- springt ein Kranz zugespitzter Läppchen, welche, wie schon Krohn angibt, die Einfassung wie gezähnelt erscheinen lassen. Sie sind be- weglich, und können bald nach dem Leibeshohlraum eingeschlagen, bald nach aussen hervorgestreckt werden, ohne dass jedoch in ihnen ’) Ueber die Entwicklung von Doliolum u. s. w. Diese Zeitschrift, Bd. V, 1853, pag. 43. Ts 285 eine besondere Bedeutung zu erkennen wäre, wie diess auch von so manchen anderen Verlängerungen der Körperhüllen bei Tunicaten der Fall ist. Am besten vergleichbar sind sie mit den Spitzen und Zacken, welche bei den Ascidien den Eingang in die Athemhöhle umstehen. Eine glashelle Mantelschicht überzieht die ganze Oberfläche des Thieres und schlägt sich über die Zäckchen hinweg nach innen, um auch dort den ganzen weiten Raum der Athemhöhle auszukleiden. Ausser dem später zu beschreibenden Keimstocke wurden von Organen noch das Nervensystem, die Kieme, der Nahrungskanal und das Herz erkannt. Das auf der Rückenfläche des Thieres angebrachte Nervensystem besteht aus einem leicht sichtbaren, 0,05— 0,09" grossen, zwischen die vierte und fünfte Muskelbinde eingebetteten Ganglion (Fig. 1, 2 n) von rundlicher Form, von welchem eine bestimmte Anzahl von Nerven- fäden ihren Ursprung nimmt, Ein unpaarer Faden verläuft gerade nach vorn und theilt sich etwa auf der zweiten Muskelbinde in zwei feine Zweige, die nach beiden Seiten herab verlaufen. Seitlich ent- springen je zwei andere Aestchen, die nach vorn und nach den Seiten- flächen treten, und sich dort in der Mantelsubstanz verlieren. Von dem hintern Aste des linken Paares zweigt sich ein Fädchen zu einem Bläschen ab, welches wir der Analogie zufolge als Gehörorgan zu‘ be- trachten haben werden. Vier andere Nerven treten vom Centrum aus nach hinten, und die beiden mittleren davon verlaufen gerade zur Basis des Keimstockes, in dessen Substanz sie sich noch eine kurze Strecke weit erkennen lassen. Im Ganglion erkenne ich deutlich eine zellige Structur; in den Nervenfäden nur eine leichte Streifung. Ueber das peripherische Verhalten der Nervenfäden gibt Doliolum keinen so eclatanten Aufschluss, wie z. B. die Salpen, da jeder Faden nur mit spärlicher Verzweigung blasser wird und endlich völlig ia der Mantel- substanz verschwindet. ' Dass auch in der Gattung Doliolum ein als schallempfindendes Organ zu deutendes Bläschen vorkomme, habe ich schon in meinem Aufsatze über Appendicularia t) gelegentlich mitgetheilt, und wieder- hole hier, dass ich es bei keinem dieser Tönnchen vermisst ?). Es liegt diess Gehörorgan zwischen der dritten und vierten Muskel- binde, und besteht bei D. Troschelii aus einem 0,02” grossen, hellen Bläschen, welches in wasserklarer Flüssigkeit einen 0,01” grossen, das Licht stark brechenden Körper einschliesst, der mit runden, zuweilen ’) Diese Zeitschrift; Bd. VI, pag. 419. *) Huxley gibt bei dem von ihm beschriebenen Dol. denticulatum ausdrücklich an, dass er ein Gehörbläschen vermisst habe. Remarks upon Appendicu- laria and Doliolum. Philosophical transactions, Part. IT, for 1851, pag. 601. 286 auch mit unregelmässigen Begränzungsllächen versehen, in Säuren un- löslich sich herausstellt, und somit auf keinen Fall aus kohlensaurem Kalke gebildet ist, wie die analogen Gebilde so vieler anderer niederer Thiere t). Der Otolith liegt, wie jener bei Appendicularia, völlig bewegungs- los, meist in der Mitte, zuweilen auch dem Bläschenrande genähert, und von Cilien auf der Innenwand des Bläschens ergab sich mir nicht eine Andeutung. Die Membran des Gehörorgaus ist äusserst dünn, und zeigt nur eine einfache Contour, in welcher sich einzelne dunkle Punkte, vielleicht die Reste von Kernen sichtbar machen und so auf eine ursprüngliche Zusammensetzung aus Zellen hinweisen, welche Structur dann auch nach Behandlung mit Essigsäure deutlich wird (vergl. Taf. I, Fig. 6). Ausser der Form dieses Organs ist es vorzüg- lich seine Verbindung mit dem Nervensystem, wodurch seine Natur als Sinneswerkzeug einigermassen behauptet werden darf, indem ein feiner Nery constant zur Wandung des Bläschens tritt und mit der- selben verschmilzt (Fig. 6). Krohn vermisste die Kieme unseres Doliolum, und-auch ich suchte lange, vergeblich nach diesem Organe, so dass ich zur Zeit meiner Mit- theilung über diesen Punkt gleichfalls im Ungewissen war. An grös- seren Exemplaren war sie niemals aufzufinden, und scheint somit leicht verloren zu gehen, aber bei sorgfältigem Nachforschen an jün- geren Thieren gelang es mir, sie in einer Anzahl von Individuen im unversehrten Zustande und vollkommen mit den anderen Doliolen über- einstiimmend zu entdecken. Sie stellt eine äusserst zarte, schräg von dem Rücken zur Bauchfläche die Leibeshöhle durchsetzende Membran vor, die oben zwischen dem sechsten und siebenten, unten bis: zum vierten und fünften Muskelreifen ausgespannt erscheint. Sie wird von acht etwas schräg gestellten längsovalen Oeffnungen durchbrochen, welche symmetrisch auf beide Seiten vertheilt sind, und desshalb in der Mitte ein Längsseptum lassen, welches am untern Dritttheile die Mundöffnung trägt. Bei den meisten der grösseren Exemplare war diese Parthie erhalten und desshalb auch der Darmkanal vollständig, während er bei anderen fehlte, so dass auch der Nahrungskanal unvollständig war. — Die Ränder der Athemspalten sind leicht ge- #) Ich will hier darauf aufmerksam machen, dass auch die sogenannten Rand- körper vieler Medusen Coneretionen einschliessen, die sicherlich gleichfalls nicht aus kohlensaurem Kalke bestehen, da sie der Einwirkung von Säuren beharrlichen Widerstand leisten. Diese Verhältnisse traf ich sowohl bei den höheren Medusen, deren Otolithen in Krystallform auftreten, bei Carybdea marsupialis und anderen, so wie äuch bei Scheibenquallen mit einfachen Randbläschen, z. B. bei Cunina, Aegina, während bei anderen sogleich eine Lösung unter Aufbrausen zu Stande kam. 287 kräuselt und werden von zarten, aber lebhaft schwingenden Gilien umsäumt ®). Ein für alle Tunicaten charakteristisches Organ ist die Bauch- rione, eine furchenförmige Vertiefung in der innern Mantelauskleidung, die, genau in der Medianlinie der Bauchfläche liegend, nahe an der vordern Leibesöffnung beginnt und bis zum Munde führt. Sie ist dicht mit feinen Cilien überkleidet, von welchen eine continuirliche Strömung zur Mundöffnuung erzeugt wird, und ist somit im Stande, feste, dem eingeschluckten Wasser beigemischte Partikelchen als Nahrung dem Munde zuzuführen. Vorn theilt sich die flimmernde Bauchrinne in zwei an den ent- sprechenden Seiten aufsteigende Linien, die, an der Rückenfläche an- gelangt, sich nach hinten krümmen, und sich schliesslich vor dem Ganglion, in dem Raume zwischen der dritten und vierten Muskelbinde, in spiraliger Krümmung vereinigen. Mit der fimmernden Bauchrinne wurde bei den Tunicaten bisher fast allgemein ein Organ identificirt, welches nur durch sein Vorkommen an derselben Stelle zu ihr in ge- wissen Beziehungen zu stehen scheint. Es ist das Endostyl Huxley’s, ein stabförmiger, genau unter der Bauchrinne liegender Körper, dessen homogene, stark lichtbrechende Beschaffenheit bei den Untersuchungen eines Doliolums gar bald in die Augen fällt. Seine beiden Enden sind abgerundet, und seine gegen die Athemhöhle gewandte Fläche ist der Länge nach von einer Furche durchzogen, in welche die Bauchrinne eingepasst ist. Vorn und hinten wird diese Furche seichter und die Bauchrinne lässt sich an diesen Stellen am leichtesten als ein vom Endostyl verschiedener Körpertheil beobachten, so dass das Endostyl der ersteren gleichsam nur als Unterlage dient, wie solches Verhältniss nach Huxley auch von Leuckart und Vogt erkannt worden ist. Der gleichfalls nur bei jüngeren Exemplaren wohlerhaltene und auch von Krohn schon beschriebene Darmkanal beginnt mit einer weiten, über die Fläche der Kiemenhaut hervorragenden Mundöffnung, die durch einen gerade nach hinten und abwärts verlaufenden Oesopha- gus in einen rundlich-viereckigen Magen führt, der von ersterem durch eine starke Einschnürung abgesetzt ist, und aus seiner untern Fläche un ") Es ist für die Bedeutung als Respirationsorgan durchaus nothwendig anzu- nehmen, dass die Kiemenhaut Hohlräume eiuschliesse, in denen das Blut zu- und abströmt und die Athemspalten umspült. Die Kiemenhaut muss desshalb durch eine doppelte Membran gebildet sein. Aber weder Huxley und Krohn ihun dessen Erwähnung, und auch mir glückte es nicht, mich von einer solchen Beschaffenheit unterrichten zu können, wobei wohl der ausserordentlichen Zartheit dieses Organes, so wie der nicht zu beobach- tenden Blutströmung, durch welche gleichfalls die Sache zu ermitteln wäre, die Schuld beizumessen ist. 288 einen mit der Speiseröhre gleich weiten Enddarm hervortreten lässt. Dieser biegt sich von der Bauchfläche schlingenförmig nach aufwärts gegen den Magen hin, und endet dann frei in die hintere Abtheilung der Athemhöhle nach aussen. Die Wände des ganzen Darmkanals sind hell, scharf contourirt, am Magen mit einem Stich ins Gelbliche versehen, und zeigen dort unregelmässige, ins Lumen des Magens vorspringende Warzen. Im ganzen Verlaufe des Darmkanals beobachtete ich eine zarte Flimmer- auskleidung, ohne aber über die Form der Zellen, auf denen die Cilien sassen, so wie überhaupt über die den Darmkanal zusammensetzen- den histologischen Elemente sichere Ergebnisse zu erhalten im Stande zu sein. Das Herz finde ich vor dem Magen, zwischen diesem und dem hintern Ende des Endostyls an der Bauchseite des Thieres gelagert. Es hat die Gestalt eines kurzen, spindelförmigen Schlauches, der mit seinem hintern Theile an einen den Raum zwischen der fünften und sechsten Muskelbinde durchsetzenden Knopf inserirt ist. Das vordere Ende des Herzens entspricht genau dem untern Ende der Kiemenhaut. Die Wandung des Herzschlauches ist, wie bei allen Doliolen, völlig hell, und zeigt ringförmig verlaufende, dunklere Streifen, von denen ich unentschieden lassen muss, ub sie von Fasern (Muskelfasern?) her- rühren oder in Faltungen der Membran ihren Ursprung ableiten. Die Annahme von Fasern dürfte aber die wahrscheinlichere sein,’ da auf Durchschnittsbildern die fraglichen Streifen eine Ringcontour erkennen lassen, die nach aussen von der durchsichtigen Herzmembran lagert, so dass diese dann als über den Herzschlauch hinwegziehend betrachtet werden müssen. Ein Pericardium scheint zu fehlen, könnte sich aber, da ich ein solches bei anderen Doliolum-Arten erkannt, nur der Beob- achtung entzogen haben. Die Contractionen des Herzens sind rasch erfolgende, peristaltische Bewegungen der Membran, die undulirend über die ganze Oberfläche hinziehen und gleich wie bei anderen Tu- nicaten bald von dem einen Ende, bald von dem andern ihren Aus- gang nehmen. Bei keinem Doliolum war es mir möglich, irgend ein, doch nothwendigerweise vorhandenes Ostium wahrzunehmen, wobei einerseits die grosse Durchsichtigkeit des Herzschlauches und anderer- seits die mangelnden Formelemente des Blutes Schuld tragen mögen, so wie auch aus den nämlichen Gründen von einer Gefässverbreitung und von den näheren Verhältnissen des Kreislaufs, namentlich von seinen Beziehungen zum Respirationsorgan, in keiner Weise ai zu erforschen war. Wenden wir uns nun nach dieser anatomischen Betrachtung zu dem für unsere hier gestellte Aufgabe wichtigsten Organe, nämlich zu dem Keimstocke, so finden wir diesen über der Ausgangsöffnung der 289 Athemhöhle, von der Rückenfläche des Thieres als einen konischen, schräg nach oben sehenden Fortsatz beginnen, sich nach hinten fast knieeförmig umbiegen und an dieser Stelle um ein merkliches dünner werdend mit einer schwachen Einschnürung versehen, worauf er sich, parallel mit der verlängerten Längsachse des Körpers ver- laufend, nach hinten fortsetzt und eine nach dem Alter des Thieres verschiedene Länge erreicht. Die Basis des Keimstockes befindet sich immer über der vorletzten Muskelbinde, welche dort eine derselben entsprechende Lücke zeigt, während die letzte Muskelbinde geschlossen unter und hinter derselben hinwegläuft, und die drittletzte, gleichfalls wieder ungeschlossen mit ihren Enden, wie schon oben angeführt wurde, in die Substanz der Keimstockbasis sich hinein verlängert. Hat man ein junges Thier zur Untersuchung, so sieht man am Keimstocke rechts und links eine kurze Reihe kleiner Sprossen in Form rundlicher Erhebungen, weiter gegen das Ende zu allmählich in birnförmige, etwas abgeschnürte Körper übergehend, ansitzen, und zwischen beiden Reihen erblickt man auf der Rückenfläche des Keimstockes in der Medianlinie noch eine lange Strecke weit rundliche Knospen hervor- ragen, die von noch geringerer Grösse sind als jene der Seitenreihen. An den grossen Keimstöcken älterer Thiere erkennt man mit Leich- tigkeit eine verschiedene Form der Sprösslinge, je nachdem die- selben an der Seite des Keimstockes oder auf der Medianlinie des Rückens desselben hervorsprossen. So auffallend und überraschend das Resultat einer solchen Untersuchung auch scheinen mag, so ist es doeh nichts weniger als zweifelhaft, sondern wurde durch oftmalige Beobachtung constatirt. Doliolum Troschelii stellt somit eine ungeschlechtliche Thierform vor, eine Amme im Sinne Steenstrup’s, und er- ‚zeugt durch Knospenbildung an seinem Keimstocke eine zweite, aber dimorphe Generation. " Die näheren Verhältnisse dieser zweiten Generation ergeben sich in folgender Weise: In einer dichten Reihe zur Rechten und Linken des Keimstockes sitzen mit einem schlanken, aber eigenthümlich geformten Stiele Thiere auf, die, obwohl nach dem Typus der Tunicaten organisirt, doch von jenem ihrer Ammenthiere bedeutende Unterschiede zu erkennen geben. In ihrem ausgebildetern Zustande sind diese Sprösslinge am besten mit einem ziemlich tief ausgehöhlten Löffel vergleichbar, dessen bau- chige Höhle dem blind geschlossenen Athemsacke des Thieres, und dessen Handhabe dem das Thier an den Keimstock haftenden Stiele entsprechen würde (vergl. Taf. I, Fig.3 BB). Die Sprösslinge sitzen so am Keimstocke, dass immer die Oefl- nung in den Athemsack nach oben sieht; von dieser längsovalen, vorn 290 breitern, nach hinten gegen den Stiel zu sich verschmälernden Oefl- nung aus wölben sich die Seitenwände der Athemhöhle sanft abwärts und treten unten in der Medianlinie des Thieres zu einer ziemlich scharfen Kante zusammen, die sich allmählich gegen den Stiel hin verliert. Bezüglich aller dieser nur sehr schwierig zu beschreibenden Verhältnisse der äusseren Gontouren dieser merkwürdigen Geschöpfe ver- weise ich auf die Abbildungen (Taf. XIV, Fig. 3 u. Taf. XV, Figg. 9, 40), durch welche, wie ich glaube, eine bessere Vorstellung gegeben wer- den kann. — Der Stiel (Figg. 3, 9, 10 p') ist an einer breiten, seit- lich hervorragenden Platte (Fig. 40 q) mit einem entsprechenden kur- zen Fortsatze des Keimstockes verbunden, und zieht sich mit seinem übrigen Theile in eine ovale oder rundliche Schuppe aus (Figg. 9, 40.p'), die auf der Unterseite des Keimstockes in der Weise sich anlegt, dass ihr Vordertheil immer von der Schuppe des zunächst folgenden Thieres bedeckt wird, indess sie in der Medianlinie des Keimstockes mit der Schuppe eines schräg gegenüberstehenden Thieres zusammeustösst, so dass dadurch die ganze Unterlläche des Keimstockes von den Schup- pen der beiden Sprossenreihen geschützt erscheint. Es trifft sich diess Verhalten der Schuppen der Lateralsprösslinge aber nur an einem ge- wissen Abschnitte des Keimstockes, indem vor demselben die Ent- wicklung der Schuppen eine zu geringe ist, als dass sie sich decken könnten, und nach demselben die Sprösslinge durch Verlängerung des Keimstockes schon wieder so weit aus einander gerückt sind, dass ihre Schuppen sich nicht mehr berühren. Das letztere Verhalten ist in dem Fig. 3 abgebildeten Endstücke eines Keimstockes vergegenwärtigk. Von der, einen zelligen Bau aufweisenden Ansatzstelle am Keim- stocke verlaufen ein Paar geschlängelte Muskelbinden (Fig. 40.d’) durch den Stiel an die Wandungen der Athemhöhle und verlieren sich in denselben. Ausser diesen findet sich noch eine Muskelbinde um den vordersten Theil des Körpers gelagert, welche nach einem mit der weiten Mündung der Athemhöhle eine Strecke weit parallel gehenden Verlaufe, sich etwa in der halben Länge des Thieres verliert. Ge- schlossene Reifen, welche sonst für die Gruppe der Doliolen so cha- rakteristisch sind, fehlen durchaus und ergeben dadurch eine ganz abweichende Organisation, die durch die Verhältnisse der Athemhöhle sich noch auffallender gestaltet. Die Athemhöhle besitzt nur eine einzige Oefinung, deren schon vorhin: Erwähnung geschah, also abermals eine gewichtige Differenz von der typıschen Organisation der übrigen Doliolum-Formen. Die das ganze Thier umhüllende Mantelsubstanz setzt sich am Eingange in die Athemhöhle fort und bildet dort ringsum unregelmässige Ausbuch- tungen, wodurch mitunter der Rand der Mündung ein sonderbar ge- zacktes Aussehen bekommt. Dicht am innern Rande der Athemhöhlen- 291 öffnung verläuft ein Wimpersaum (Fig. 409g), der an dem, dem Stiele zunächst gelagerten Bauchtheile des Thieres in eine wimpernden Rinne sich fortsetzt, indess er am. vordern, oder Rückenende !) eine Spiral- tour beschreibt (Fig. 7), zu welcher vom Nervencentrum aus ein Fäd- chen abgeschickt wird. Die ganze Tiefe des Athemsacks wird nach Art der Ascidien von einer dünnen, von zahlreichen, in zwei Längsreihen angeordneten Athem- spalten durchbrochenen Membran ausgekleidet, in deren Mitte und der kielförmig geformten, zwischen Rücken- und Bauchseite gelegenen Par- thie des Thieres entsprechend, ein undurchbrochenes Septum sich hin- zieht, welches die Kiemenhaut genau in zwei Hälften scheidet. Die Athemspalten (Fig. 40’) sind von längsovaler Gestalt, und mit ihrer Längsaxe bald mehr, bald weniger schräg auf das Septum gerichtet. Ihre Anzahl nimmt mit dem Alter der Sprösslinge zu und beträgt kurz vor dem Ablösen derselben gegen 12—148 auf jeder Hälfte. Sie liegen dann so dicht neben einander, dass nur ein schmaler Raum von der Kiemenhaut zwischen ihnen bleibt. Ihr Rand ist ziemlich wellenförmig gekräuselt und trägt einen dichten Wimpersaum, durch dessen Schwin- gungen das bekannte Räderphänomen hervorgebracht wird. Durch diese Athemspalten communicirt die Athemhöhle mit dem - hinter der Kiemenhaut gelegenen und von ihr überspannten Hohlraume, _ der aber eines besondern Ausführganges ermangelt, so dass demnach das durch die Athemspalten strömende Wasser wieder auf demselben Wege entleert wird. Der durch die übrige Anordnung ‚der Organe sonst ziemlich deutlich ausgesprochene Ascidientypus unserer Spröss- linge erleidet somit eine nicht unbedeutende Modification. Die vordere Begränzung der Kiemenhöhle wird da, wo sie am tiefsten ist, von der Bauchrinne gebildet, einer reichlich mit Wim- pern besetzten Vertiefung, die nach oben mit den beiden den Eingang der Athemhöhble umsäumenden Wimperlinien im Zusammenhange steht, und letztere gleichsam als ihre Ausläufer erscheinen lässt, indess sie unten in eine nach aufwärts verlaufende Brücke sich fortsetzt, welche direct zur Mundöffnung führt. -— Das unter der Bauchrinne gelagerte Endostyl (Fig. 10 e) ist von sehr auffälliger Bildung, und stellt einen schwach gekrümmten, oben an dem Eingange der Athemhöhle mit einem etwas abgeschnürten, nach vorn gerichteten Kopfe versehenen Stab vor, dessen starke Licht- brechung ihn sogleich in dem sonst sehr pelluciden Thierleibe unter- scheiden lässt. Auf der gegen die Athemhöble gerichteten Fläche ist eine anfänglich sehr tiefe Längsfurche eingesenkt, während die abge- ') Für diese Bezeichnungen wären mir die Lagerungen des Nervensystems und des Endostyls massgebend. 292 - wendete Seite kielförmig zugeschärft erscheini. Die Bauchrinne ver- läuft in‘der erwähnten Furche bis nahe an das etwas dünne Ende des Endostyls, hebt sich dann in fast rechtem Winkel von ihm ab und verläuft an den zwischen den beiden letzten Athemspalten angebrachten Mund, der frei aus dem Septum der Kiemenhaut hervorragt. Von der Stelle an, wo die Bauchrinne das Endostyl verlässt, erstreckt sich das letztere (Fig. 11 e) noch eine Strecke weit in die Leibessubstanz des Thieres und gibt hier seine Nicht-Identität mit der Bauchrinne in ecla- tanter Weise kund. Eigenthümliche Verhältnisse bietet der Uebergang der Bauchrinne zum Munde dar, indem die Rinne nahe an der Mund- öffnung zu einem bandartigen Vorsprunge wird, der spiralig um letztern herumläuft und einerseits seinen Cilienbesatz in jenen des Mundes übergehen lässt, andererseits wimpernlos in zierlicher Windung noch um den Oesophagus sich schlägt. Diess schwer zu beschreibende Ver- halten ist in Fig. A4 zu besserem Verständisse dargestellt. Der übrige Theil des Verdauungsapparates ist ebenso einfach gebildet als bei der andern Doliolumform. Der Oesophagus (Fig. 10 u. 44 h) steigt gleichweit und nur wenig gekrümmt in einen rundlichen Magen (i), dessen Wandungen aus grösseren, ins Innere vorspringen- den Zellen gebildet werden; nahe am Ende des Endostyls geht aus dem Magen ein anfangs weiter, dann immer enger werdender Darm (k) hervor, der sich um den Magen nach rückwärts krümmt, um etwa in gleicher Höhe mit der Mundöffnung auf der Rückenkante des Thieres nach aussen auszumünden. Die Afteröffnung springt stets etwas vor, und von ihr aus erhebt sich eine ‚von dem Mantel gebildete scharfe Längskante gegen den Stiel zu, von deren Mitte ein dünner, faden- förmiger Anhang (z) entspringt. Das Herz (Figg. 40, 44 m) liegt zwischen Magen und Endostyl, aber etwas zur Seite, so dass die vom Endostyl sich abhebende Bauchrinne etwa an seiner Mitte vorüberzieht. Seine Gestalt ist läng- lich, gegen die Athemhöhle convex, und etwas concav gegen das Endo- styl, und da sich die Contractionen ausschliesslich an der concaven Seite äussern, so geht daraus hervor, dass es an der entgegengesetzten befestigt ist. Der feinere Bau gestattet nur eine Bezugnahme auf das schon oben über das Herz der Doliolen Geäusserte, und auch die Cir- eulationsverhältnisse erlaubten keine tiefere Einsicht aus den schon oben angeführten Gründen, dennoch aber habe ich etwas gesehen, was auf das Vorhandensein von Gefässen deutet. Es verläuft nämlich ein dünner, durchsichtiger, fast nur auf seinen Durchschnittsbildern sicht- barer Kanal in der Nähe des Enddarms, und schlingt sich etwa in der Mitte desselben um ihn herum (Fig. 44m’), aber weder nach der einen, noch nach der andern Richtung hin ist er zu verfolgen gewesen. Da dieser Kanal nun mit keinem andern Organ in Verbindung zu bringen ist, 293 so dürfte mit Wahrscheinlichkeit das nicht ferne liegende Herz als seine Ursprungsstelle, er selbst aber als ein Blutgefäss (Arterie) anzusehen sein. Das Nervensystem besteht aus einem 0,028” grossen, rund- lichen, bei durchfallendem Lichte dunklen Ganglion, welches vorn an der Spitze des kahnförmigen Leibes liegt (Figg. 7, AO n), und diese sonst schwer zu deutende Körperregion als den Rücken bezeichnet. Die zellige Structur des Ganglions ist nicht schwer zu erkennen. Nach beiden Seiten hin tritt aus dem Ganglion je ein feiner, geschlängelt verlaufender Nerv (Fig. 10 n’) hervor, der parallel mit dem Muskel- bande längs den Wandungen der Athemhöhle herabtritt, und sich noch, bevor er die durch das Endostyl bezeichnete Bauchregion erreicht hat, ohne Verästelungen verliert. Ein anderer, aber unpaarer Nerven tritt zu der Spiralwindung jener Wimperlinie, die den Eingang der Athem- höhle umfasst (Fig. 7). Das sonst bei keinem Doliolum vermisste Gehörbläschen scheint diesen Sprösslingen abzugehen. Bezüglich der Mantelhülle muss noch hier beigefügt werden, dass dieselbe nicht jene structurlose Substanz vorstellt, wie bei den übrigen Doliolen, sondern dass in derselben schon bei mässigen Vergrösserun- gen theils rundliche, theils längliche Körperchen wahrzunehmen sind, die in homogene Grundmasse sich einbetten. Bei Anwendung stär- kerer Linsen erscheinen sie dann als gelblich gefärbte Hohlräume, oder vielmehr, da jetzt die Contouren ihrer Wandungen hervortreten, als Bläschen, von denen einzelne zarte Ausläufer abgehen: ‚ Mit dieser Organisation verlassen diese merkwürdigen Thierformen den Keimstock und beginnen eine freie, selbstständige Lebensweise, ohne von Fortpflanzungsorganen auch nur eine Andeutung zu besitzen. Ob und welche Veränderungen sie später eingehen, ist mir unbekannt, und das einzige, was an solchen, die mit dem feinen Netze gefischt wur- den, auffallend erschien, war eine Verkürzung des Stiels, eine An- näherung der Schuppe an den Körper, welche vielleicht durch die von der frühern Anheftungsstelle aus sich durch den Stiel erstreckenden Fa- sern (Muskelfasern) bewerkstelligt wird. Ueber die Formen der noch ansitzenden und der schon frei gewordenen Sprösslinge vergleiche man Fig. 3 B und Fig. 10. —— Höchst wichtig im Zusammenhalte mit der Körpergestalt und Or- ganisation der eben genauer beschriebenen Lateralsprösslinge des Keim- stockes von Dol. Troschelii sind die Formen der Sprösslinge der Median- reihe desselben Keimstockes, denn schon in der frühesten Periode der Entwicklung gibt sich an denselben, abgesehen von dem Orte ihres Entste- hens, eine Verschiedenheit von den ersteren kund, darin bestehend, dass sie in scheinbar unregelmässigen aggregirten Gruppen hervorkommen, während die Seitensprossen in regelmässigen Abständen von einander, 294 immer nur eine an an einer Stelle entstehen. 3—6 Knospen sind in der Medianlinie des Keimstockes zusammengruppirt, und einige dieser Knospen sind weiter in der Entwicklung vorgeschritten als die übrigen derselben Gruppe, aber in der Weise, dass vom Anfange bis zum Ende des Keimstockes eine fortschreitende Ausbildung sich erkennen lässt.” Bei der Durchmusterung eines wohlerhaltenen Keimstockes trifft man dann auf der ganzen Länge immer eine oder zwei entwickelte neben anderen nur in der ersten Anlage begriffenen Knospen, und zwar ist die Ausbildung eine um so vollkommenere, je näher die Knospe am Keimstockende sitzt. Charakteristisch für die Sprösslinge der Medianreihe ist daher vor Allem ihre beständige Neubildung, nicht um an der Basis des Keimstockes, wo eine Neubildung auch für die Lateralsprösslinge besteht, sondern auf der ganzen Länge des Keim- stockes, so dass das äusserste Ende desselben noch Mediansprösslinge producirt, während die Seitenreihen schon lange steril wurden. Es ist selbstverständlich, dass auf solche Weise eine viel reichlichere Pro- duction der Mediansprossen erzielt wird als der Lateralsprossen, deren Bildung nur auf einen kleinen Theil des Keimstockes sich beschränkt. Die Bildung der Thiere aus diesen Knospen sah ich in der Weise vor sich gehen, dass die rundliche, knopfförmige Gestalt der letzteren sich allmählich verlängert, in eine von der Seite her breitgedrückte Form auszieht, und an ihrer Ursprungsstelle durch eine leichte Ein- schnürung vom Keimstocke sich absetzt, so dass sie mit demselben wie durch einen Stiel in Verbindung steht. Mit der Vergrösserung der Sprosse erscheint deren erste Organisation, die in der Bildung des Endostyls und der Muskelreifen besteht, welch letztere in solcher Grösse auftreten, dass sie sich fast zu berühren scheinen. Der Spröss- ling rähert sich nun allmählich der Tönnchenform (Fig. 4), es ent- stehen die Oeffnungen der Athemhöhle, und die Athemhöhle selbst durch zwei an den entgegengesetzten Körperenden einwachsende Ein- stülpungen, die sich jedoch in der Mitte des Körpers nicht erreichen, sondern durch ein Septum geschieden bleiben. Das anfänglich solide Septum in der Athemhöhle wird zur Kieme, indem es an gewissen Stellen durchbrochen wird, und die stets paarig auftretenden Oeffinun- gen sich zu den Athemspalten gestalten, durch welche die vordere und hintere Partbie der Athemhöhle mit einander in Verbindung stehen. — Die später sich kundgebenden Veränderungen äussern sich vorzüglich in einem Wachsthum in die Dicke, wobei die Muskelreifen weit aus einander rücken und so im Verhältnisse zur nunmehrigen Grösse des Thieres von geringem Durchmesser erscheinen. Endlich hat der Spröss- ling eine Grösse von 0,2” erreicht (Fig. 5). Die Kieme wölbt sich in starker Biegung gegen das hintere Leibesende, Darmkanal und Nerven- system sind sichtbar geworden und ein Kranz zackiger Fortsätze am 295 Eingange der nun beträchtlich weiten Athemhöhle lassen das junge Wesen bestimmter charakterisirt erscheinen. Erhebliche Veränderungen zeigen sich nun am Stiele, der .das junge Doliolum mit dem Keimstocke seiner Amme verbindet, und von dem hintern Theile der Bauchseite des erstern seinen Ursprung nimmt. Man sieht dort nämlich an der der Athemhöhlenöffnung abgewendeten Seite des Stieles kleine Wärz- chen (Fig. 3 A, y; Fig. 5y) entstehen, deren Zahl sich bis zu vier er- hebt, und deren Bedeutung erst hinreichend klar wird, wenn der Sprössling sich vom Keimstocke abgelöst hat. Diese Trennung erfolgt bald nach dem Auftreten der ersten Körperbewegungen, und scheint - durch stärkere Contractionen veranlasst zu sein. Mit dem Sprössiinge löst sich auch der Stiel, der ihn mit dem Keimstocke verband. Unterstellen wir das abgelöste, nun frei lebende Wesen, dessen Entstehung am Keimstocke wir so eben verfolgt haben, einer nähern Betrachtung, so finden wir es vollkommen fassförmig, und nur der _ am hintern Ende von der Bauchseite vorragende kurze Stiel ist es, der _ die Tönnchenform einigermassen stört. Die Länge dieser Doliolen be- trägt 0,3— 0,5”, ihre Weite 0,25— 0,3”, Muskelreifen sind acht vor- handen, sie sind ausnehmend schmal, und der letzte wie der erste _ verläuft dicht an den betreffenden Oeffnungen der Athemhöhle, und _ wird nun noch von einem Kranze etwas abgestumpfter, meist nach innen eingeschlagener Zacken überragt. Die ersten sechs Muskelreifen, so wie der achte, sind völlig geschlossen, nur der siebente ist an der Bauchfläche offen und setzt sich dort mit seinen beiden Enden auf den Stiel fort, durch welches Verhältniss schon allein eine keines- wegs transitorische Bedeutung des Stieles des Sprösslinges ange- eutet wird. Das Endostyl (Fig. 3 A, e, Fig. 5e) beginnt constant hinter dem eiten Muskelreifen und verläuft bis gegen den fünften. Es ist au en Enden abgerundet, und in seiner innern Fläche mit einer tiefen, on der wimpernden Bauchrinne ausgekleideten Furche versehen. Vorn - die Bauchrinne in eine Wimperlinie über, welche den Eingang ‚die Athemhöhle schleifenartig umzieht (Fig. 3 A, g). Die Kieme beginnt von der Rückseite etwa in der Höhe des dritten reifens, macht dann eine tiefe Ausbeugung nach hinten, und t wieder, nach vorn gewendet, in der Gegend des dritten Muskel- an der Bauchseite. Sie stellt eine dünne Lamelle vor, die von 42—45 starren, queergerichteten Kiemenspalten durchbrochen wird und auf ihrer undurchbrochenen Mitte den Eingang in den Nahrungs- kanal trägt. - Die Mundöffnung ist immer etwas erweitert und mit gewulsteten Rändern versehen, sie führt in den gerade nach hinten und abwärts gerichteten Oesophagus, der in einen fast würfelförmig "gestalteten 296 Magen sich einsenkt (Fig. 32). Der an dessen hinterer Fläche hervor- gehende Darm ist anfänglich gerade nach hinten und unten gerichtet, biegt aber dann in mehr oder minder spitzem Winkel nach oben und mündet in den hintern Abschnitt der Athemhöhle noch ziemlich ent- fernt von der Oeffnung desselben aus. Das auf dem Rücken gelagerte Nervensystem unseres Thieres besteht aus einem genau im dritten Intermuscularraume befindlichen ovalen Ganglion mit deutlicher Zellstructur, und sechs von ihm aus- strahlenden Nerven, von denen je einer auf der Medianlinie des Rückens nach hinten und vorn verläuft, während jederseits zwei auf die Seiten- flächen der Körperwand sich fortsetzen. Das für meine hier zu verfolgenden Zwecke wichtigste Organ ist der kurze ceylindrische Stiel, mit welchem das Tbier auf dem Keim- stocke festsass, und der auch im freigewordenen Zustande des Spröss- lings nicht schwindet, wie man aus der von ihm nunmehr erfüllten Function, nämlich der Verbindung des Sprösslings mit dem Keimstocke leicht hätte schliessen können, Ich habe schon vorhin erwähnt, dass man schon im Sprossen- stadium des Thieres an dem Stiele einige höckerige Protuberanzen beobachten kann, die, obwohl unansehnlich und ohne innere Organi- sation, doch von bedeutender Wichtigkeit sind und auch nicht leicht an einem etwas gereiften Sprösslinge vermisst werden. Untersucht man nun den Stiel an schon vor einiger Zeit frei gewordenen Dolio- len, so findet man erstens die frühere Anheftungsstelle (das Ende des Stiels) etwas eingeschrumpft und glatt geworden, dann den Stiel selbst verlängert, und die an ihm entstandenen Hervorragungen theils an Grösse in der Art zugenommen, dass sie sich jetzt etwa auf 5—6 belaufen und eine ähnliche Organisation kund geben, wie sie früher an den Sprossen des Keimstocks von Dol. Troschelii zu sehen war. Forscht man an diesen Knospen weiter, so ergeben sie sich als die Anfänge einer neuen Generation; es hat sich somit der Stiel in einen Keimstock umgewandelt, und an dem Spröss- linge geht derselbe Knospungsprocess vor sich, wie an dem Ammenthiere, an welchem der Sprössling entstand. Doliolum Troschelii erzeugt somit an seinem Keimstocke wiederum geschlechtslose, durch Knospenbildung sich vermehrende Wesen, und die Rückkehr zur geschlechtlichen Form, die man vielleicht hier er- wartet hätte, erscheint um ein Merkliches in die Ferne gerückt. Krolm hat uns mit vier Arten von Doliolum genau bekannt ge- macht, und von diesen ist es die von ihm als Dol. denticulatum 0. et @. (für welche er bei der von den französischen Forschern gegebenen un- zulänglichen Charakteristik den Namen Dol. Ehrenbergü vorschlägt)# bezeichnet® Art, welche mit den Mediansprösslingen unseres Dol. 297 Troschelii in soleher Weise übereinstimmt, dass kein Anstand zu neh- men ist, sie für identisch damit zu erklären. Dol. Troschelii und Dol. Ehrenbergii Krolm gehören demnach zu einer und derselben Species. - Fassen wir das bisher Aufgeführte in wenige Worte zusammen, so erzeugt Dol. Troschelii Kr. an seinem Keimstocke zweierlei Sprossen, die zu beiden Seiten sitzenden (Lateralsprossen) sind Thiere mit einem von den übrigen Doliolen sowohl, wie auch von den bis jetzt bekann- ten Tunicaten-Formen abweichenden Typus; die Sprösslinge der Median- linie des Keimstockes dagegen tragen ausgeprägt die Doliolum-Form. Beiderlei Sprösslinge sind geschlechtslos, wie das Geschöpf, an dem sie entstanden, ja die einen derselben (die Mediansprossen) erzeugen wiederum Sprossen au dem Stiele, der zum Keimstocke wird, so dass auf diese Weise dreierlei geschlechtslose Generationen in einem ein- zigen Thierstocke vereinigt sind. Wenn es sich um die Frage handelt, was das Schicksal dieser Sprösslinge sei, so ist zu bemerken, dass dieselbe für die einen, nämlich für jene der Medianreihe schon dahin beantwortet ist, dass sie gleich- falls zur ungeschlechtlichen Vermehrung dienen, indem an ihnen ein mit Sprossen besetzter Keimstock zu finden ist. Man könnte hier noch - weiter fragen, ob nicht aus diesen Sprösslingen die erste ungeschlecht- liche Generation, nämlich Dol. Troschelii hervorgehe, so dass die ge- schlechtliche Form der Species aus den heteromorphen Lateralspröss- - lingen entstehen müsste, während die Mediansprösslinge sich nur in geschlechtslosem Cycius bewegten; dass solches nicht der Fall sei. d. i. dass Dol. Troschelii nicht aus Dol. Ehrenbergii hervorgehe, wird aus dem Vergleiche der Organisation beider Formen zur Genüge er- sichtlich sein, und ich will hier nur daran erinnern, dass wir an Dol. Troscholii neun Muskelreifen zählen, an Dol. Ehrenbergii aber nur acht, dass ferner bei ersterem der Keimstock von der Rückenfläche, bei letzterem dagegen von der Bauchfläche seinen Ursprung nimmt. Eine Verwechslung beider Formen ist desshalb unmöglich, beide bleiben getrennt von einander, wenn auch in einem Abhängigkeitsverhältnisse, "welches hernach noch berührt werden wird. - Die Mediansprossen bilden sich demnach in die geschlechtslose Forın des Dol. Ehrenbergii um, und lassen an ihrem Keimstocke Thiere hervorgehen, deren Geschlechtsverhältnisse nur mit Wahrscheinlichkeit sich angeben lassen, da nur ex analogia anzunehmen ist, dass hier Geschleehtsorgane sich treffen, aus deren Producten dann wieder junge ol. Troschelii hervorgehen. Es ist mir nicht gelungen, diesen Cyclus auf dem Wege der Beobachtung nachzuweisen, so sehr ich auch hierauf n Augenmerk richtete, wesshalb ich hier eine, wenn auch nicht de sehr wichtige Lücke lassen muss, deren Ausfüllung ich glück- licheren Forschern überlasse. Einstweilen mag an ihrer Stelle eine Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VII. Bd. 20 a © 298 Hypothese stehen; diese entbehrt aber keineswegs der Gründe. Erstlieh ist es unwalırscheinlich, dass sich aus den Knospen der geschlechts- losen zweiten Generation (Dol. Ehrenbergii) stets nur wiederum ge- schlechtslose Individuen entwickeln, in der Weise, dass die Fort- pflanzung von Dol. Troschelii durch die Mediansprossen seines Keim- stocks eine durchaus ungeschleehtliche sei, denn wir wissen, dass sonst überall einer ungeschlechtlichen Generation früher oder später einmal eine geschlechtliche folgt; demnach darf bier ebenfalls eine geschlechtliche erwartet werden, gleichviel, ob diese sich an den Mediansprossen oder an den Knospen derselben heranbildet. Ich halte diess desswegen hier für irrelevant, weil die Einschiebung zweier geschlechtslosen Generationen doch schon oflenbar vorliegi. Zweitens wurde bereits von. Krohn bei einer andern Species (Dol. Mülleri Kr.) die Entwicklung geschlechtlicher Sprösslinge an ungeschlechtlichen In- dividuen mwachgewiesen, welche bezüglieh der Zahl der Muskelreifen, so wie der Lagerung des Keimstocks niit der am Keimstocke von Dol. Troschelii erzeugten Form des Dol. Ehrenbergii in gleicher Reihe stehen, so dass hierdurch auch die gleichen Beziehurigen bezüglich der Fort- pflanzung gefolgert werden dürften. Endlich drittens hat. gleichfalls wieder Krohn geschlechtliche Individuen beobachtet, die mit, den un- geschlechtlichen, wie wir ihre Entwicklung in der Medianlinie -des Keimstoeks von Dol, Troschelii gesehen haben, in anatomischer Hin- sicht so übereinstimmen, dass nur die Geschlechtsverhältnisse und eine damit verknüpfte Abänderung der siebenten Muskelbinde eine Ver- schiedenheit boten, so dass von demselben Forscher beide Formen, die geschlechtliebe und die ungeschlechtliche, in eine Species — Dol. Ehren; bergii — vereinigt wurden, welchem auch ich durch meine Beobach- tungen. beizupflicbten im Stande bin. Hatten uns die Mediansprossen von Dol. Troschelii in der Erklä- rung ihrer Beziehung zur Fortpllanzung verbältnissmässig nur geringe Schwierigkeiten bereitet, da wir an ihnen eben einfach eine neue Ge- neration hervorsprossen sehen, so umgibt ein bis jetzt noch unerhelltes Dunkel die Bedeutung der so abweichend gebildeten Lateralsprösslinge. Von Geschlechtsorganen wurde, wie oben erwähnt, keine Spur ge- sehen, und es ist auch keine Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden, dass io ihmen sich solehe noch bilden werden, da in schon abgelösten, im offenen Meere eingefangenen Thieren gleichfalls noch keine Anstalt zur Bildung dieser Organe getroffen war; während doch der Zeugungs- apparat bei den geschlechtslosen Thieren dieser Familie sonst schon sehr frühe zum Vorschein kommt. Hiernach ist wohl anzunehmen — und diess ist so lange gerechtfertigt, als nicht das Gegentheil dur die Beobachtung erwiesen ist — dass sie geschlechtslos bleiben und gleich ihren Geschwistern von der Medianlinie zur Vermehrung 299 Art durch Sprossenbildung ınitzuwirken haben. Ob sich der mit einer sechuppenartigen Verbreiterung versehene Stiel dann in ähnlicher Weise in einen Keimstock verwandle, wie es von mir für die Sprossen der Medianreihe nachgewiesen ward, diess muss freilich noch offene Frage bleiben. Die ungeschlechtliche Vermehrung scheint an allen Thieren con- tinuirlich, ohne irgend eine Unterbrechung zu erleiden, vor sich zu gehen, da alle, von mir sehr zahlreich beobachteten, mit einem Keim- stocke versehenen Exemplare auch mit Knospen in verschiedener An- zahl versehen waren, aber stets war die Proliferirung bei Dol. Tro- schelii die bei weitem reichlichste. Dol. Troschelii und Dol. Ehrenbergii (nämlich die ungeschlecht- liche Form) zeigen in dem Modus der Proliferirung bemerkenswerthe Abweichungen von einander, indem bei letzterem die Sprossen nur in unregelmässiger Folge am Keimstock hervorkommen, und sich etwa gerade so verhalten, wie jene der Medianlinie von Dol. Troschelii. Die "Anordnung der Sprösslinge an dem Keimstocke dieser Form, nämlich die einfache Reihenbildung an den Seiten, so wie die continuirliche Neubildung und Ablösung von Sprösslingen in der Medianlinie, wel- cher zufolge das Endstück eines Keimstockes noch Mediansprossen bildet, während seine Productivität an den Seitenwänden schon er- loschen ist, dieser Umstände wurde schon oben Erwähnung gethan. Aber es ist noch eine Eigenschaft der Mediansprösslinge zu berühren, die vorzüglich an den Enden eines Keimstocks sichtbar wird, und aus welcher, ungeachtet der scheinbar unregelmässigen Sprossenbildung, doch eine gewisse Planmässigkeit nicht zu verkennen ist. Obgleich die Knospen nämlich in der Medianlinie hervorkommen, und zwar geuppenweise in verschiedener Anzahl entstehen, so entwickelt sich doch i immer nur eine in einer solchen Gruppe auf einmal, und zwar so sie immer einem Interstitium zweier Lateralsprössen entspricht, erst, wenn sie dem Ablösen nahe ist, entwickelt sich eine von ‚jungen Sprossen an ihrer Ansatzstelle gleichsam zum Ersatze. Mit organologischen Differenzirung der Mediansprossen erscheint dann eine Tendenz sich nach der Seite zu neigen und genau in den freien um zu ragen, der zwischen zwei Lateralsprösslingen befindlich ist, so dass hieraus auf eine bilaterale Productivität des Keimstocks ge- schlossen werden muss, wenn schon anfänglich die Knospenbildung ‚nur in der Medianlinie ihren Sitz zu haben schien. Das Verhalten der Mediansprossen zu den Lateralsprossen habe ich in Fig. 3 vom Ende eines vollständig erhaltenen Keimstoekes möglichst naturgetreu darzu- stellen versucht. Üeber die Frage, wie die Knospen am Keimstocke ernährt wer- den, habe ich nur noch mitzutheilen, dass eine Verbindung vermittelst 20 * $] 300 Gefässe durchaus nicht zu beobachten war, denn sowohl den Keim- stock als die Stiele der Sprossen fand ich solide und durchweg aus hyaliner Substanz zusammengesetzt, die nur am Keimstocke, nament- lieh in der Achse desselben, unter günstigen Verhältnissen einen zelli- gen Bau zu erkennen gab. Lange war ich der Meinung, im Keim- stocke einen undeutlich abgegränzten Achsenkanal wahrzunehmen, bis ich zur Ueberzeugung kam, dass diess nur eine innere aus weichen Zellen gebildete Schichte sei, durch welche vielleicht das Bildungs- material vom Organismus des Ammenthieres auf die Knospenreihen leichter übergetragen wird. Die ernährende Thätigkeit ist daher hier wohl ausschliesslich endosmotischer ‘Natur. Nach meinen Untersuchungen ist diese merkwürdige Form des Generationswechsels, die vorzüglich in der Bildung zweier ganz ver- schieden gestalteter, ungeschlechtlicher Wesen ihren Ausdruck findet, nicht allein auf die unter dem Namen Doliolum Troschelii bekannt ge- wordene Art beschränkt, sondern es gelang mir noch, zwei bisher unbeschriebene Formen aufzufinden, welche hinsichtlich der Production ° von dimorphen Sprösslingen die Beobachtungen bei Dol. Troschelii nur bestätigten. Die eine Art (Fig. 14) hatte die Form einer sehr lang gestreckten Tonne und erreichte eine Länge von 3”, während ihr Queerdurch- messer in der Mitte etwa nur 4” betrug. Neun Muskelbinden um- gürteten den Körper gleichwie bei Dol. Troschelii, waren aber von jenen durch ihre geringe Breite leicht unterscheidbar, denn ein Inter- muscularraum war immer fast doppelt so breit als die ihn begrän- zenden Muskelreifen. Der vorderste der letzieren wird durch ein schmales Bändchen vorgestellt, welches genau den Eingang in die Athemhöhle umzieht, die fünf folgenden sind an Breite einander gleich, und verlaufen wie geschlossene Ringe, während der siebente unge- schlossen ist und auf dem Rücken, mit beiden Enden nach hinten lie- gend, in den gleichfalls vom Rücken entspringenden Keimstock über- tritt. Der achte Muskelreifen ist auf dem Rücken ebenfalls ungeschlossen und hört etwa da auf, wo die beiden Enden des vorigen sich nach hinten biegen. Der neunte endlich ist geschlossen, wird von der Basis’ des Keimstocks überragt, und umgürtet als schmaler Ring die hintere | Oeffnung der Athembhöhle. An den beiden Oeflaungen der Athemhöhle sitzt ein Kranz von 40—12 zierlichen Zäckchen, die durch ihre Länge von denen alle übrigen Doliolen unterschieden sind und häufig bei den Bewegungen des Thieres nach innen umgeschlagen werden. Die Mantelhülle ergibt nichts wesentlich Differirendes von dem, was von Dol. Troschelii gesagt ward. Das Nervensystem findet sich, wie auch sonst, auf dem Rücken ee 501 und weist dort ein grosses rundliches Ganglion (Fig. 44) auf, das auch hier im fünften Intermuscularraume liegt, und zwar sehr nahe oder auch dicht vor dem fünften Muskelreifen. Sowohl vor als nach rück- wärts strahlen von ihm vier Nervenfädchen aus, von denen das mitt- lere Paar der nach hinten gerichteten etwa in der Höhe der siebenten Muskelbinde sich gabelförmig verzweigt und je ein Aestchen in con- vergirender Richtung gegen die Basis des Keimstockes sendet, in wel- chen dasselbe noch bis in den mit Knospen besetzten Theil zu ver- folgen ist. Das Gehörbläschen (Fig. 4 o) ward nicht vermisst; es misst 0,04" und liegt -inkerseits vor oder auf dem vierten Muskelreifen. Wie bei Dol. Troschelii scheint auch hier die Kieme eine leicht zu Verluste gehendes Organ zu sein, denn die Mehrzahl der unter- suchten Exemplare (circa vier) waren ohne solche, und es war an diesen nicht einmal etwas über ihre Anheftungsstelle zu eruiren. An ‚zwei Exemplaren war an der Bauchseite ein grosser Theil der Kiemen- haut ziemlich gut conservirt, und ergab dann ganz gleiche Verhält- nisse, wie bei Dol. Troschelii. Auch der Darmkanal zeigt das nämliche Verhalten und macht desshalb eine nähere Beschreibung überflüssig, Nur das kann er- wähnt werden, dass der Oesophagus mit dem Magen hier ein stär- keres Knie bildet, als es dort beschrieben ward. In einigen Fällen fehlte der ganze Tract. intest., so dass er mit der Kiemenhaut, auf der die Mundöffnung sich befindet, herausgerissen zu sein scheint, in anderen waren nur Stücke, z. B. der Enddarm sichtbar, und nur da, wo noch bedeutendere Kiemenfragmente vorhanden waren, konnte ich den Darmkanal in unversehrtem Zustande beobachten. - Endostyl, flimmernde Bauchrinne und Wimpersäume am Eingange der Athemhöhle bieten nichts Abweichendes dar. Wiederum ist es der Keimstock, der auch hier unser ganzes Interesse beansprucht, da an ihm eine Wiederholung der oben bei Dol. Troschelii geschilderten Sprossenbildung zu sehen ist. Er entspringt von der Rückseite des Thieres und beginnt mit einem pyramiden- _ förmig über die Ausführöffnung der Athemhöble hinausragenden Zapfen (Fig. 44 p), unter welchem die neunte geschlossene Muskelbinde hin- weg verläuft. Das Ende dieses Zapfens setzt sich nun unter ziemlich starker Zuspitzung in den Sprossen tragenden Abschnitt fort, der als ein abgeplatteter Cylinder überall von gleichem Durchmesser erscheint. Die Länge des Keimstocks ist sehr wechselnd, niemals aber besass er die wahrhaft kolossalen Dimensionen von Dol. Troschelii, sondern mass im höchsten Falle ein Dritttheil der Länge des ganzen Thieres. Uebri- ‚gens schien sein Ende auch dann noch abgerissen zu sein, so dass ich über die normale Länge keine Angaben zu machen im Stande bin. 302 Von davan, wo der cylindrische Theil aus dera pyramidenförmigen Basalstücke hervorgeht, erschien der Keimstock dicht mit Knötchen be- setzt, die wiederum in mehre Reihen zu unterscheiden sind. Zu beiden Seiten sassen solche (Fig. 14 B) mit ausgesprochenem Typus der Lateral- sprossen von Dol. Troschelii; die entwickelteren davon sassen auf einem langen Stiele und wiesen eine nach oben gewendete, wie schräg ab- geschnitten gerandete Athemöffnung. Ueber die innere Organisation der Sprösslinge war nichts Näheres zu eruiren, da die reiferen der- selben immer schon abgelöst waren, und im höchsten Falle erkennbar war das dunkelcontourirte Endostyl. Die Medianlinie der Rückenfläche des Keimstocks war dicht mit alternirend stehenden Sprösschen (Fig.144A) bedeckt, von welchen der ausgebildetere Zustand ebenfalls nicht ver- treten war, so dass es’ nur die völlige Analogie des Sprossungsmodus ist, so wie auch die nicht undeutliche äussere Form der Lateralsprossen, durch welche man zu dem Schlusse berechtigt ist, dass auch hier die gleichzeitige Erzeugung einer dimorphen Generation am gemeinsamen Stolo vorliege, wozu wohl Niemand, der das von mir ‚über Dol. Tro- schelii Gesagte mit diesen Verhältnissen verglichen hat,: seine Zustim- mung wird versagen können. Man könnte vielleicht versucht sein, in’Folge der gleichen Sprossen- bildung diese eben beschriebene Form für eine jüngere von ‚Dol.: Tro- schelii zu halten’ und die schmalen Muskelstreifen eben nur für einen Jugendzustand zu erklären, oder selbst auch nur eine blosse Varietät darauf zu begründen. Aber obgleich ich nichts weniger als die Ein- führung neuer Species zu foreiren im Sinne führe, so glaube ich doch Einiges zur Rechtfertigung des vorhin als neu beschriebenen Thieres lediglich im Hinblick auf die Wichtigkeit, welche die Sprossenerzeugung dieser Wesen für die Lehre vom Generationswechsel hat, anführen zu müssen, und vor Allem zu erklären, dass jüngere, an Grösse unserem hier zunächst zu berücksichtigenden Doliolum gleichkommende Formen von Dol. Troschelii stets schon durch die Breite ihrer Muskelreifen cha- rakterisirt sind, wie denn überhaupt die Breite der Muskelreifen der Doliolum-Sprösslinge nach meinen Beobachtungen mit der fortschrei- tenden Entwicklung niemals im Zunehmen sich zeigt, sondern sich in den späteren Perioden vielmehr allmählich verringert (vergl. oben). Ausserdem ist es noch die auffallend langgestreckte Form des Körpers, und das pyramidenförmige Basalstück des Keimstocks, wodurch wei- tere Unterschiede gegeben sind, die im Zusammenhalten mit der im Verhältniss zur Kürze des Keimstocks doch schon ziemlichen (Längs-) Entwicklung der Lateralsprossen zu einer nothwendigen Unterschei- dung von anderen Formen hinführen. Da es nach dem-in diesen Zeilen auseinander gesetzten Stande unserer Kenntniss der Gattung Doliolum sicher ist, dass zu einer einzigen Art immer mehre, zum mindesten 303 vier, Formen gehören, uud weitere Beziehungen der uns hier vor- liegenden Formen zu anderen annoch unermittelt sind, so wage ich es nicht, hierauf eine neue Species zu begründen. Ich halte dafür, dass hierzu vor Allem die geschlechtliche Form gekannt sein und beigezogen werden müsste. Eine zweite hierher gehörige Form (Fig. 8) erreichte nur eine Länge von 4%/,” und schlöss sich in ihren relativen Körperverhält- nissen ganz an Dol. Troschelii an, von welchem sie sich wiederum durch die schmäleren Muskelreifen unterschied, die aber immer noch breiter waren als bei der vorigen. Die Kieme (l) ist schräg von hinten und ‚oben nach unten und vorn ausgespannt, und trägt nur vier Athem- spalten. Nervensystem, Endostyl, Bauchrinne und Wimperlinien er- scheinen völlig gleich mit Dol. Trosch. gebildet, nur der Darmkanal war verschieden gestaltet, indem das aus dem Magen (i) hervorkommende Endstück nach einer nach abwärls gerichteten schlingenförmigen Bie- gung wieder hinauf zum Magen verlief und ‘an demselben mit dem Rande der Afteröffnung sich anheftete, so dass die dadurch gebildete Form ganz ähnlich war, wie es Krohn von Dol. Nordmannii beschrieben. Der Keimstock unseres Thieres begann von der Rückenfläche mit einer stark nach ‘aufwärts gerichteten Basis (p), wandte sich dann parallel _ der Körperachse nach hinten und erreichte eine Länge von nicht ganz _ einer Linie. Gegen das Ende hin*schien er allmählich verjüngt und schien so durchsichtig, dass zuweilen die Randcontouren nur mit Mühe wahrzunehmen waren. Knospen fanden sich nur höchst spärlich, doch liess sich selbst an den wenigen vorhandenen der oben geschilderte Dimorphismus erkeunen. Unsicher bin ich, ob diese Form dem Dol. Nordmannii Kr. bei- zuzählen sei oder nicht, wo sie dann im erstern Falle ein ausgebil- deteres Thier vorstellen würde (Fig. 42), als jenes, welches uns Krohn beschrieb. Endlich sei hier noch einer dritten Form (Fig. 42) gedacht, die ich in einem, aber nur ein einziges Mal mir zu Gesichte gekommenen _ Doliolum repräsentirt fand, und die so sehr mit dem Dol. Troschelii übereinstimmt, dass ich es kaum wagen würde, sie für neu zu er- klären, wenn nicht durch das Verhalten des Darmkanals solches hin- reichend motivirt wäre. Die Länge des ganzen Thierchens beträgt 22”, sein grösster Querdurchmesser über %,”. Neun Muskelreifen sind auch bier vorhanden, und verhalten sich wie bei allen mit dieser Anzahl versehenen Doliolen. Die-Breite jedes Reifens, den ersten und ‚letzten ausgenommen , ist beträchtlich, so zwar, dass Ein Intermuscular- raum etwa die Hälfte einer Muskelreifenbreite beträgt, und sich somit nabebei jene Verhältnisse finden, wie sie oben und auch schon früher von Krohn bei Dol. Troschelii sind beschrieben worden. Nervensystem, 304 Gehörbläschen, Endostyl, Bauchrinne und Wimperlinien sind wie bei der oben erwähnten Form gebildet, und tberheben mich dadurch einer näher eingehenden Beschreibung. Die Kieme (Fig. 43!) erscheint auch hier als eine äusserst dünne, schräg ausgespannte Membran, die nur mit vier, von feinen Wimpern umsäumten Kiemenspaltpaaren ver- sehen ist. Zwischen den beiden untersten Paaren liegt der Mund, nur wenig über das Niveau der Kiemenhaut hervorragend, und führt in einen langen, sich nur anfänglich etwas senkenden, dann aber hori- zontal verlaufenden Oesophagus, der in einen oval geformten Magen (Fig. 13 h, i) übergeht. Aus diesem entspringt, der Insertionsstelle der Speiseröhre gegenüber, ein überall gleichweiter Darm (k),‘ der auf der Körperwand festgeheftet ebenfalls gerade verläuft, und schliess- lich in ein schwach nach oben gekrümmtes Afterstück sich fortsetzt. Darm und Oesophagus besitzen gleiche Länge, und der erstere wird samrmat dem Magen von einer ziemlich dieken Schichte der glashellen innern Mantelsubstanz umhüllt. Den Keimstock sieht man von einem kurzen, etwas nach auf- wärts gerichteten Basalstücke, mit einer ziemlich auffälligen Einschnü- rung beginnen, sich dann gleichmässig nach hinten fortsetzen, wo©er dann die schon öfter beregte Knospenbildung zeigt. . Die Anordnung in eine Median- und zwei Lateralreihen ist auch hier nicht zu verkennen, und wenn auch die Sprossen der Medianreihe durchaus noch keine organologische Diflerenzirung offenbaren, so bot doch eine Sprosse der äussern Reihe (Fig. 12 B) das Bild jener heteromorphen Generation in vollkommenster Klarheit dar. Ich will die Beschreibung hier über- gehen, da sie fast völlig mit der betreffenden Darstellung, ‘die ich schon oben gab, zusammenfallen würde, und führe nur als Unter- schiedsmerkmal an, dass der Stiel relativ zum Körper der Sprosse um Beträchtliches kürzer war als jener von Dol. Troschelüi und der nach diesem beschriebenen Form. Von Athemspalten sind jederseits erst sechs angelegt, und diesem frühen Zustande entsprechend noch von einem hellen Wulste umgeben, wie diess bei den Ascidien im Larvenzustande der Fall ist. Der Wimpersaum am Eingange der Athemhöhle, Endostyl und Bauchrinne waren ausgebildet, ebenso der auf dem Rücken ausmündende Darm- kanal, und auch das Herz hatte mit lebhaften Pulsationen seine Thätig- keit begonnen. 2 Der Dimorphismus der zweiten Generation ist bei Doliolum somit nicht in einer einzigen Species beschränkt, und wird nach den Beob- achtungen, die ich oben mittheilte, als ein für die ganze Gattung allge- mein gültiges Gesetz zu erachten sein, denn alle von mir aufgeführten: Species tragen an ihrem Keimstocke einen nicht zu verkennenden Be- weis. Nach einer andern Seite hin resultirt aber auch, dass allen 305 diesen mit der Erzeugung einer dimorphen Generation betrauten For- men, welcher Species sie auch angehören mögen, gewisse gemein- schaftliche Kennzeichen zukommen, nach welchen sich in gegenwärtiger Sachlage selbst ohne Berücksichtigung der am Keimstock sitzenden Sprossengebilde, die Stellung dieser Formen zum ganzen Generations- eyclus der Species ermitteln lassen wird. Diese Charaktere bestehen . erstens in dem Besitze von neun Muskelreifen, von denen der siebente | | und achte auf dem Rücken oflen ist, und der siebente sich überdiess noch mit seinen Enden in die Basis des Keimstocks hineinerstreckt; zweitens in der schräg von oben nach unten ausgespannten, nur von wenigen Athemspalten durchbrochenen Kieme, so wie endlich drittens in dem Ursprunge des Keimstocks von der Rückenfläche, so dass folg- lich weder auf die Zahl der Muskelreifen, noch auf die Art der Kiemen- ausspannung, noch auf den Ursprung des Keimstocks Species- Charaktere aufgestellt werden dürfen. Wie ich nachzuweisen versuchte, summiren sich unter einer ein- zigen Species verschiedene Formen, welche theils die einen, theils die anderen Merkmale an sich tragen. " Gleichwie die geschlechtslose, dimorphe Knospen erzeugende Form, die ich als erste Generation'bezeichne, so ist auch die zweite Ge- neration durch gewisse charakteristische Merkmale leicht unterscheid- bar. Die eine Form dieser zweiten Generation, nämlich die früher als Lateralsprossen bezeichnete, ist schon zur Genüge bespro- chen worden und ihre von der Tönnchengestalt abweichende Bildung, wie ihre zu den Ascidien und Pyrosomen sich hinneigende Organi- sation erhebt sie-über jede mögliche Verwechslung. Die andere Form der zweiten Generation, die Sprösslinge der Medianreihe, in denen die Tönnchengestalt vollkommen repräsentirt wird, ist durch die auf acht beschränkte Anzahl der Muskelbinden, und den Ursprung des Keimstocks vom ‘Bauche gekennzeichnet. Der Keimstock dieser Form geht: aus dem Stiele hervor, mit welchem die Sprossen der Amme angeheftet waren. Hierher gehören die ungeschlechtlichen For- men der von Krohn beschriebenen Dol. Ehrenbergii und Dol. Müllerii. Endlich ist von jedweder Species noch eine dritte Generation bekannt, die, wie mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, von den Mediansprösslingen (der zweiten Generation) durch Knospung am Keim- stocke, also gleichfalls auf ungeschlechtlichem Wege, entstanden ist, wenn nicht gar noch mehre ungeschlechtliche Zwischengenerationen sich hier einschalten, ehe es zur Bildung einer geschlechtlichen kommt. Doch spricht bis jetzt die grössere Wahrscheinlichkeit für eine direete Abstammung der geschlechtlichen Form von der zweiten Generation. Die dritte Generation ist gleichfalls mit acht Muskelreifen versehen, die sämmtlich geschlossen sind. Die Geschlechtsorgane sind es ausser- 306 dem, welche sie gleich unterscheiden lassen, so wie auch bei manchen noch die Kieme durch eine weit in den hintern Leibesraum ragende Entwieklung auffällt, eine Auszeichnung, die sie auch mit der zweiten Generation gemein hat. Der Stiel, der den Sprössling mit dem Keim- stock verband, erreicht hier keine bleibende Bedeutung, er bildet sich zurück, und ist an erwachsenen Individuen verschwunden. Zu dieser Generation glaube ich die geschlechtlichen Formen von Dol. Ehrenbergii Kr., Dol. Mülleri Kr., ferner die von Huxley als Dol. dentieulatum Q. et G. beschriebene Art, die ich von dem durch Krohn näher be- kannt gewordenen Dol, Ehrenbergii für verschieden erachte, rechnen zu müssen, Dieser dritten Generation kommt die Fortpflanzung der Species durch geschlechtliche Zeugung zu, und zwar sind die aus den Eiern derselben hervorgehenden Jungen wieder jene Form, welche ich oben als die erste Generation bezeichnete, so dass hiermit der ganze Ent- wieklungscyclus abschliesst. Es ist durch Krohn nachgewiesen, dass das auf geschlechtlichem Wege erzeugte Junge der Doliolen mit neun Muskelbündeln versehen ist, so wie dass der Keimstock von seinem Rücken entspringt, welche Charaktere von ‚mir weiter oben als ausschliesslich der ersten Gene- ration zukommende aufgestellt wurden. Ich vermag die Beobachtung Krohn’s zu bestätigen, und glaube dieselbe noch durch andere That- sachen erweitern zu können. Bekanntlich zeigte Krohn, dass die geschlechtslosen, aus Eiern sich entwickelnden Individuen — nach der von mir gegebenen Darstellung ist diess die erste, eine dimorphe Brut erzeugende Generation — als cercarienförmige Larven zur Welt kommen, und demnach eine Meta- morphorse bestehen. Gleichwie die Larven der fesisitzenden Aseidien ist nämlich auch das junge Doliolum mit einem besondern Locomotions- apparate versehen, mittels dessen es während seiner ganzen Entwick- lungszeit im Meere sich umherbewegt, bis erst später der ganze Körper, resp. die denselben umgürtenden Muskelreifen als Bewegungsorgane functioniren. Das Bewegungsorgan der Larve aber besteht nach Krohn aus einem von der Bauchfläche am Hinterleibsende entspringenden Schwänzchen, welches mit einer, aus vielen einfach hinter einander gereibten rectangulären Zellen gebildeten Achse versehen ist, und mit dem Körper der Larve von einer gemeinsamen, vorm Mantel: wohl ver- schiedenen Hülle, der Larvenhülle, umgeben wird. Gegen das Ende der Larvenzeit verkümmert das Schwänzchen ganz auf dieselbe Art, wie es bei Aoucarmium proliferum und bei Phallusia mamillata beob- achtet ward. Es zieht sich nämlich die aus den vorerwähnten Zell- gebilden bestehende contractile Centralportion oder Achse allmählich ' aus der Larvenhülle und iu den Leib des jungen Thieres hinein, wobei 307 sie sich immer merklicher verkürzt. «Nachdem das junge Thier dar- auf, die Larvenhülle absireifend, zur Welt gekommen ist, findet man an dessen Bauchfläche, dicht unter dem Verdauungsschlauche, nur noch geringe Spuren des frühern Schwänzchens, in Form eines rund- lichen, bald ganz eingehenden Gebildes.» — Diese wichtigen Beob- achtungen Krohn’s betreffen jedoch nur Doliolum Nordmanni, und ich werde zeigen, dass auch andere Modificationen in der Entwicklungs- geschichte der Doliolen Platz greifen können, wenn auch dadurch die von Krohn statuirte Larvenform im Allgemeinen keineswegs in ihrer Gültigkeit beschränkt wird. Die von mir nicht selten beobachteten Larven waren, wenigstens an ihrem Körper, särnmtlich schon ibrer Hülle entblösst, und boten die Doliolumform in ganz ausgeprägter Weise. Der Körper war bei einer Länge von 0,3 — 0,4” nur wenig nach vorn und hinten zu ver- jüngt und glich "somit der von Krohn (loc. eit. Fig. 6) gegebenen Ab- bildung. Eingangs- und Ausgangsöffnung der Athemhöhle erschienen sehr enge, und erstere zeigte die Anlage der, wie wir jetzt wissen, der ganzen Gattung zukommenden Zähnchen, auf deren Vorhandensein Quoi und Gaimard die Diagnose ihres Dol. dentieulatum begründet hatten. An der ‚hintern Oeffoung ‘war es mir unmöglich, in diesem Entwicklungsstadium solche Zähnehen wahrzunehmen. Von den neun Muskelbinden der Larve waren die erste und die letzte ausnehmend schmal, die übrigen sieben aber ziemlich breit, auf Kosten der Inter- muscularräume. Von inneren Organen ist zuerst des Nervensystemes Erwähnung zu thun, welches auf der Rückenfläche des Thieres im vierten Intermuscularraume gelegen, einen rundlichen Knoten vorstellte, von welchem die peripherischen Nerven in bekannter Weise entspran- gen. Abweichend von den in erwachsenen Doliolen normalen Zu- ‚ständen sass das Ganglion (Fig. 45n) auf einem pellueiden Zapfen, von dem eine nach unten gerichtete Spitze die Mantelauskleidung der _Athemhöhle weit in letztere einstülpt (vergl. Fig. 45). Ich finde bei Krohn nichts von einem solchen Gebilde erwähnt, so dass es ent- _ weder nur ein vorübergehendes Larvengebilde vorstellt, oder die von mir gesehene Larve als eine neue beurkundet. Für letzteres sprechen auch noch andere, wesentlichere Organisationsverhältnisse. Dicht vor dem Basalzapfen des Ganglions sieht man die Spiraltour der Wimper- linie, welch’ letztere dann sich schräg nach der Bauchfläche begibt, um in die wimpernde Bauchrinne überzugehen. Unter der Bauchrinne liegt das Endostyl, welches bis über die vierte Muskelbinde sich hinaus erstreckt. Die Kieme der Larve ist schräg von oben nach unien aus- gespannt, und theilt die Athemhöhle in zwei ungleiche Räume, einen "vordern grössern und einen hintern kleinern. Die Athemspalten sind zu vier Paaren vorhanden. Genau in der Mitte der Kiemenhaut liegt 308 die Mundöffnung, die in einen kurzen, nach abwärts gebogenen Oeso- phagus führt. Der Magen ist fast genau kubisch und nimmt an. der obern Fläche die Speiseröhre auf, indess er von seiner untern den schwach bogenförmig nach rückwärts verlaufenden Enddarm hervor- gehen lässt, welcher dann nahe der Bauchlläche liegend, etwa im Be- reiche der vorletzten Muskelbinde in den hintern Raum der Athem- höhle mit schräg abgeschnittener Oefinung ausmündet. Das Herz ist von den erwachsenen Doliolen nur durch einen hellen runden Knopf unterschieden, der mit der contractilen Herzwand innig verwachsen ist und für das ganze Organ den vorzüglichsten Ort der Befestigung abzugeben schien. Sehr wesentliche Abweichungen von den Larven Krohn’s boten die von mir beobachteten bezüglich des provisorischen Locomotions- organes dar. Das Schwänzchen entspringt nämlich nicht von der Bauch- seite, sondern gerade entgegengesetzt vom Rücken der Larve (Fig. 45); etwa in ‚gleicher Höhe mit der siebenten Muskelbinde. Es besteht zu innerst aus einer Fortsetzung der Körpersubstanz, die anfangs sich kegelförmig erhebt, dann nach hinten gewendet mit einer starken, gegen die Bauchseite sehenden Ausbuchtung versehen‘ist, nach wel- cher sie sich in parallelem Verlaufe mit der Längsachse des Körpers gerade nach hinten erstreckt, und mit abgerundeter Spitze endet. ‘Ob dieser die Achse des ganzen Schwänzchens bildende pellucide Fortsatz einen Hohlraum umschliesst, oder ob er solide ist, darüber fehlt mir Erfahrung, so viel aber glaube ich aussprechen zu dürfen, dass in keinem Falle jene Zellgebilde zu beobachten waren, durch welche das analoge Organ der Larve von Dol. Nordmanni ausgezeichnet ist. Auch die äussere Mantelhülle (Fig. 45 c) setzt sich in dünner, gleichmässiger Schichte auf das Schwänzchen fort, und wird dort noch von einer andern Schichte, die erst an der Basis des Schwänzchens auftritt, über- lagert... Es ist diess die «Larvenhülle», welche hier nur noch das Locomotionsorgan überzieht, indess schon der ganze übrige Körper, welchen sie der Analogie gemäss ebenfalls umschliessen musste, von ihr frei geworden ist. Die Larvenhülle (Fig. 45 ©), welche weit über das Ende der Achse hinausreicht, bildet zugleich den grössten Theil der Breite des Schwänzchens und macht es auf diese Weise zum Ruder- organ geschickt. Es ist nicht schwer, die spätere Bedeutung des von der Larven- hülle befreiten Schwänzchens schon in den früheren Stadien, nämlich schon vor der Abstreifung der ersteren zu erkennen, wenn man erst- lich von der oben aus einander gesetzten Bestimmung der Doliolum- Larven Notiz genommen, und zweitens das Verhalten der Muskelbinden an der Basis des Schwänzchens studirt hat, denn man hat dann er- fahren, dass aüs der Larve die geschlechtslose, durch einen vom 309 Rücken des Thieres entspriogenden Keimstock ausgezeichnete Thierform hervorgeht, so wie aus dem Uebergange der. drittleizten Muskelbinde auf die Basis der Achse des Schwänzchens, die Umbildung des letr- tern in den Keimstock selbst, nicht nur erschlossen, sondern auch be- wiesen werden kam. Es ist somit das bei unserer Larve vom Rücken entspringende Schwänzchen kein nur vorübergehendes Larvenorgan, als welches wir das Bauchschwänzchen anzusehen haben, das in seiner ganzen Ausdehnung der Rückbildung anheimfällt, sondern es verhält sich in dieser Hinsicht ganz analog wie der Stiel, der die Medıansprossen (zweite Generation von Doliolum Troschelii) an den Keimstock heftet, indem auch dieser ebenfalls einem Larvenattribut vergleichbar, in ein bleibendes Organ, eben wieder in einen Keim- stock, übergeht. Einen vermittelnden Zustand zwischen der von Krohn und der so eben von mir beschriebenen Larvenform fand ich hinsichtlich der Lo- comotionsorgane in einer nur ein einziges Mal gesehenen Doliolumlarve auf, die mit zwei Schwänzchen versehen war, von denen das eine dem Rückenschwänzchen der vorigen Larvenform, das andere dem Bauchschwänzchen der Krohn’schen entsprechend war. Beide wirkten gleichmässig als Locomotionsorgan und waren schon mit unbewaffneiem Auge bei dem im Glase lebhaft umherschwimmenden Thierchen unter- scheidbar. Der Körper der Larve mass 0,3” in die Länge und 0,2” pP ’ 8 ’ in die Breite; das vom Rücken entspringende Schwänzchen hatte gleiche Grösse wie das vorhin beschriebene, das an der Bauchseite sitzende war kleiner, schmächtiger, beide aber boten in ihrem Baue nichts besonderes Abweichendes von dem dar, was ich oben über diesen Gegenstand vorbrachte. So viel aus der Organisation erkennbar war, - gehörte diese Larve zu der vorher beschriebenen und erschien nur wie ein früheres Stadium derselben, so dass ich kaum daran zweifeln möchte, dass die von mir beobachteten Larven mit einem Rücken- schwänzchen, früher auch noch mit einem von der Bauchseite ent- springenden Locomotionsorgan versehen waren, das sich in dem Masse rückbildet, als das Thier seiner Vervollkommnung entgegenschreitet, und schon verschwunden ist, wenn das mit einer dauerndern Function _ und sich steigernder Bedeutung betraute Rückenschwänzchen noch längere Zeit persistirt. In dieser Auffassung werde ich noch bestärkt durch das Vorhandensein einer knopfförmigen Hervorragung an der Bauchseite der einschwänzigen Larven (Fig. 15), genau an der Stelle, wo bei der zweischwänzigen das betreffende Locomotionsorgan sich fand, so dass ich, in Berücksichtigung des spätern gänzlichen Schwin- - dens dieses Knopfes, denselben, ohne zu weit zu gehen, wohl als einen Veberrest des Bäuchschwänzchens werde erklären dürfen. In, der leider nicht in Erfüllung gegangenen Erwartung, noch mehre dieser 310 zweischwänzigen Doliolumlarven anzutreflen, unterliess ich die An- ferligung einer genauey Zeichnung und begnügte mich mit einer Skizze den Mittheilungen mir ihre Dürftigkeit nicht gestattet. So weit reichen meine Beobachtungen über die Fortpflanzungs- geschichte der interessanten und erst in der Neuzeit gewürdigten Tu- nicatengattung der Doliolen, bei denen wir einen Generationswechsel statuiren müssen, der einmal in der Production zweier verschiedener Thierformen an einem und demselben Keimstocke, und dann in der Aufeinanderfolge ungeschlechtlicher, aber doch different gebildeter Ge- nerationen seine hervorstechendsten Punkte bietet und durch dieselben von der Brutpflege der sonst nicht sehr weitläufig verwandten Salpen sich wesentlich unterscheidet. Der ganze Entwicklungscyclus in schematischer Darstellung dürfte sich in folgender Weise formuliren : 1) Erste, ungeschlechtliche Generation, hervorgegangen aus einer geschwänzten Larve. Keimstock mit dimorpher Brut. 2) Zweite, ungeschlecht- Zweite, ungeschlechtliche (?) liche Generation, Spros- Generation, Sprossen der sen der Medianreihe des Seitenreihen. Keimstockes. rn 3) Dritte, N anteatiothe Generation, aus deren Pro- ducten geschwänzte Larven hervorgehen. Fortgesetzte Untersuchungen werden den Modus dieses Generations- wechsels nicht nur in ausgebreiteterem Vorkommen bei säthmtlichen Doliolen nachzuweisen haben, sondern es sind auch noch wichtige Aufschlüsse über jene sonderbare Sprossenform zu Tage zu fördern, die wir oben an den Seiten des Keimstocks entstehen sahen, und die sich ebenso weit von den Tönnchen entfernt, als sie sich den See- scheiden nähert. Ein wie weites Feld der Forschung noch von den pelagischen Mantelthieren eröffnet wird, lehren auch die neuesten Beob- achtungen C. Vogt’s), die uns mit einem Wesen bekannt machen, welches zum Theil wenigstens als ein vermittelndes Glied zwischen den ächten Tönnchen und jenen Lateralsprossen betrachtet werden !) Recherches sur les animaux inferieurs de la mediterrande, Second memoire. Du genre Anchinia, pag. 62. 311 kann, wenn es auch mehr den ersteren sich anreihen lässt. Aber es ergeben sich dennoch mehrfache und so bemerkenswerthe Verschieden- heiten, dass sich die Anchinia rubra V. schwerlich der Gattung Do- _iolum wird beizählen lassen können; Verschiedenheiten, die theils in dem Baue des Tbieres, namentlich in den mangelnden Muskelreifen, | theils in dem Modus des Hervorsprossens, und endlich selbst in der Contractilität des Keimstocks, an dem sie erzeugt werden, begründet sind, so dass hieraus auf das Vorhandensein einer bis jetzt nur durch diese Sprösslinge bekannten Tunicatenfamilie geschlossen werden darf, ‚deren einzelne Thiere sich, wie Vogt bemerkt, vielmehr jenen der - Pyrosomen anreihen lassen. Aber eben dieser Typus ist es, der mich bestimmen möchte, die von Vogt als Anchinia rubra beschrie- _ benen Wesen von jener Gattung, wie sie Rathke*) nach dem von Eschscholtz entdeckten Thiere mitgetheilt hat, zu trennen. Sehen wir zu, wie die Anchinia Savigniana beschrieben wird: «Der gemein- schaftliche Körper oder Thalamus» (Stolo), an welchem die einzelnen Thierchen hängen, «besteht aus einem walzenförmigen Faden, welcher Ya %ı Linien breit und mehrere Zoll (6) lang ist und einen schlei- migen Kern hat, welcher mit einer weisslich gefärbten, sehr dünnen Haut überzogen ist. An diesem Faden hängen kleine sälpenähnliche Thierchen mittels eines 'Stielchens fest, und zwar alle in einer Reihe ünd nur an einer Seite des Fadens. Wenn sie von ihm loslassen, so bleiben au ihrer Stelle kleine, dehnbare Zipfel stehen. Die einzelnen Thierchen sind höchstens anderthalb Linien lang, länglich-eiförmig, an den Enden abgestutzt und oflen. Die Bauchseite "geht am hintern Ende in einen ziemlich langen Fortsatz aus, mit welchem das Thier am Faden sitzt. » e «Die diesem Fortsatz entgegengesetzte Oeffnung des Körpers ent- spricht der vordert der Salpe, hat aber keine Lippen. Den grössten Theil der grossen Höhle des Körpers nimmt die breite Kieme ein; sie mt ihren Ursprung an der Rückenseite vom vordern Körperende, zwar in Gestalt von zwei Blättern, diese reichen dann bis nahe m hintern Körperende hin, wo sie sich nach der Bauchseite um- Shlagen und an ihr bis zur Mitte des Körpers wiederum hinaufsteigen. Jedes ‚Kiemenblait besteht aus feinen weissen Querfäden, von denen immer zwei an beiden Enden unter einander verbunden sind, und auf diese Weise einen zusammengedrückten Ring bilden; diese Ringe sind am Anfang und Ende der Kieme sehr klein, in der Mitte aber sehr breit. Zwischen den Blättern des obern Kiemenendes bemerkt man den etwas näher der äussern Haut liegenden, weissen, verhiältniss- I Memoires presentes a l’Academie imperiale des sciences de Saint -Pelers- bourg par divers savans. Tome If, 1835, pag. 177. 312 mässig ziemlich grossen Nervenknoten, und feine von ihm abtretende Nerven. Vor dem vordern Kiemenende aber bemerkt man einen weiss- lichen Faden, der anfangs in einen kleinen Kreis zusammengeschlungen ist, und darauf einen Faden links, einen andern etwas tiefer entsprin- den rechts abgibt; diese gehen am Rande der vordern Oefinung zur Bauchseite hin, und vereinigen sich hier in eine breite, weisse Bauch- linie, die bis zum Bauchende der Kieme reicht. Im hintern Winkel der Bauchseite bemerkt man den weisslichen, sackförmigen Magen und von ihm ein kurzes Darmstück sich nach oben wendend und sich dort mit erweiterter Oeffnung mündend, ein anderes kurzes, aber sich seit- lich wendend. Unter dem Magen pulsirt das’ kleine, wasserhelle Herz. Vom Darm oder Magen bis zur Spitze des Forsatzes verläuft ein feiner Kanal. Die Spitze des Fortsatzes selbst ist an zwei Stellen weisslich trüb und die hintere Ecke etwas ‚abgestutzt. Die hintere Körper- öffnung ist rund und ohne Lippen; sie sowohl als die vordere standen immer offen. Das Thier ‚schluckte bald.vorn Wasser ein und schwamm nach vorn, bald hinten ein, und schwamm rückwärts.» «Fünf feine Reihen von Muskeln, die den Körper in gleichmässigen Entfernungen umgaben, waren zu bemerken. » Es ist aus dieser Beschreibung ersichtlich, dass jene Anchinien Thiere waren, die mit Doliolum zusammenfallen, ja ein unter schwa- cher Vergrösserung untersuchtes Doliolum liess sich kaum richtiger und genauer darstellen, als es an jenem Orte geschehen ist, so dass ich an der generischen Identität dieser Wesen kaum einen Zweifel hegen zu dürfen glaube. Die Anchinia Savigniana ist nach meiner Ansicht ein Doliolum, das der Reihe nach an einem gemeinsamen Keim- | stocke sitzt, der’ im beregten Falle von einem der ersten Generation entsprechenden Thier abgelöst war. Das einzige, was Bedenken er- regen könnte, ist die Anführung von nur «fünf Reihen von Muskeln», während jene Doliolumform, welchen, die Anchinien von Eschschollz sonst correspondirten (ich setze sie vermöge ihrer Kiemenform gleich dem Dol. Ehrenbergii Krohn) stets mit acht Muskelreifen ausgerüstet erscheint. Solcherlei Anstände sind aber desswegen als unerhebliche anzusehen, weil erstlich der erste und der letzte stets durch ihre aus- nehmende Schmalheit ausgezeichnete Muskelreifen bei: Anwendung so schwacher Vergrösserungen leicht ‘übersehen werden konnten, und zweitens, weil überhaupt ein oder ein paar Muskelreifen mehr oder - weniger durchaus nicht alterirend auf den Typus der Thiere einwir- kend sind, so dass selbst unter Annahme von nur fünf Muskeln die Anchinien von Eschschollz als Doliolen angesehen werden müssen. Ein | anderes Verhältniss dagegen ist es, mit der Anchinia rubra Vogt’s, welche ich wegen des gänzlichen Mangels von Muskelreifen nicht mit den ächten Tönnchen zusammenstellen kann, so wenig ich sie ver- | 313 möge der Bildung ihrer Athemhöhle jenen Formen, die ich oben als Lateralsprösslinge beschrieb, werde beirechnen dürfen. ! _ Würzburg, im Monat Mai 1855. 4 ‘ Erklärung der Abbildungen. Tafel XIV. Fig. 4. Doliolum Troschelii Är. von der Seite, vergrössert. Vom Keim- stocke ist nur die Basis gezeichnet. Fig. 2. Doliolum Troschelii von der Rückenfläche, mit vollstäindigem, mit N Sprossen versehenen Keimstocke. Fig. 3. Endstück eines Keimstocks von Doliolum Troschelii, mit entwickel- e ten Lateral- und Mediansprösslingen, %. Junger Mediansprössling (Dol. denticulatum), mit beginnender Or- ganisation der Muskelbinden und des Endostyls. 5. Aelterer Mediansprössling, mit vollständig entwickelten Organen. 6. Gehörbläschen (?) von Doliolum. “ Tafel XV. 7. Verlauf des Wimperstreifens am obern Theile eines Lateralsprösslings von Dol. Troschelii. 8. Doliolum spec.? mit Keimstock; seitliche Ansicht. 9. Stück vom Keimstocke eines Dol. Troschelii, mit entwickelten La- teral- und unentwickelten Mediansprösslingen besetzt; von der Seite gesehen, um die Anreihung der Lateralsprösslinge zu zeigen. Abgelöster Lateralsprössling von Dol. Troschelii; seitliche Ansicht. Nahrungskanal desselben Sprösslings, stärker vergrössert. Tafel XV. Doliolum spec.? mit Keimstock; von der Rückenfläche. Nahrungskanal desselben Doliolums von der Seite. Doliolum spec.? mit.Keimstock; von der Rückenfläche. Larve eines Doliolum, mit vom Rücken entspringendem Ruderschwanze ; von der Seite gesehen. » Erklärung der Figurenbezeichnung. [2 B Sprösslinge der Seiten des Keimstocks. € Keimstock. ® a Vordere Oeffnung der Athemhöhle. b Hintere Oeffnung derselben. c Mantelschicht. 4 Muskelbinden; d’ Muskelfasern (?), die von der Ansatzstelle der Lateral- sprösslinge entspringen. _ Zelischr. 1. wissensch. Zoologie. VII. Ba. P2] 314 | e Endostyl. f Wimpernde Bauchriune. . 9 Wimperstreifen um die Eingangsöffnung der Athemhöhle. | h Speiseröhre. i Magen. k Enddarm. ! Kiemenhaut; !' Rn. m Herz; m’ durchsichtiger Kanal (Blutgefäss?). n Nervencentrum ; n' Nervenfäden. o Gehörbläschen. p Basis des Keimstocks und Stiel der Mediansprösslinge; p’ schuppenförmige Verbreiterung. fr q Ansalzstelle der Lateralsprösslinge. r Fadenförmiger Anhang. x Larvenhülle um den Ruderschwanz. y Anlage von Knospen an dem Stiele der Mediansprösslinge. ohrl Beiträge zur Physiologie der Verdauung, von Prof. @ito Funke in Leipzig. ya Hierzu Taf, XVII A, I. Durchgang des Fettes durch das Darmepithel. - Bereits in meiner ersten Abhandlung habe ich versucht, die von Brücke aufgestellte Ausicht, dass die Epithelzellen des en unten u d oben. oflene Trichter seien, durch deren schleimigen Inhalt die Peittröpfchen einfach hindurchschlüpfen, um in das Zottenparenchym zu gelangen, zurückzuweisen, und die Resorption des Fettes auf en- osmotischem Wege durch die Wandungen der Zellen zu vertheidigen. ie Lehre von den offenen Epitheleylindern hat seitdem neue Anhänger ;ewonnen, welche sich besonders auf Beobachtungen über den Ueber- ang fester Molecüle vom Darm aus in Blut und Chylus stützen. Mo- schott fand sogar Blutkörperchen von Säugethieren, welche in den m von Fröschen gebracht waren, in deren Blut wieder, sah ferner ch Injection von Pigmentemulsionen in einzelnen Fällen Molecüle des- ben in einer Epithelzelle, und schliesst sich demnach Brücke’s Lehre ibedingt an. Gerade diese Versuche von Moleschott und Marfels ren es, welche, weit entfernt mich von der Richtigkeit jener Lehre zu überzeugen, mich auf einen experimentellen Weg hinwiesen, auf welchem ich eine sichere Entscheidung der Frage, ob die Fetttröpf- ‚auf endosmotischem Wege durch geschlossene Zellen oder me- ch durch mit Schleimpfröpfen ausgestopfte offene Zellen in das B} parenchym gelangen, zu erhalten. hoffen: durfte. Die Resultate in diesem Sinne angestellten Versuche scheinen mir unzweideutige Beweise für den erstern Vorgang und gegen Brücke’s Theorie der Feit- resorption zu sein. Nicht blos «Zweckmässigkeitsbegriffe» und ein- mean Vorurtbeile, sondern eine längere Reihe. früherer Versuche die Resorption vom Darm aus, bei denen ich an mehr als hundert 2a1* 316 Thieren das Darmepithel auf das Genaueste mikroskopisch geprüft hatte, ohne ein einziges Mal ausser Fettröpfehen ein anderes morphologi- sches Element des Darminhalts in den Zellen zu finden, während man darin alle möglichen Theilchen finden müsste, wenn sie so groben Körperchen als den Blutzellen frei zugänglich wären, hatten mich zu fest in der Meinung, dass nur flüssige oder gelöste Körper die Zellenhöhle im Normalzustand passiren können, bestärkt, als dass ich auf zweideutige Versuchsresultate hin dieselbe aufgeben mochte. N Wenn Moleschott Blutkörperchen in den Darm brachte, und später im” Herzblut vorfand, so ist damit nicht bewiesen, dass sie durch offene Zellen gegangen waren; wenn Moleschott ferner in Wasser aufge- schwemmtes Pigment Fröschen in den Darm spritzte, oder dasselbe in Salzwasser unter Druck auf die Schleimhaut 'todter Säugethierdärme — wirken liess, und dann zuweilen in einer Zelle ein Pigmentkörnchen sah, welches, so weit dies möglich, mit Bestimmtheit als innerhalb derselben befindlich erkannt wurde, so muss erst manches gewichtige Bedenken beseitig, werden, ehe man darin einen unzweideutigen Be- weis für den freien Eintritt jener Körnchen in die Zellenhöhle erblicken darf. Es scheinen Injectionen in den Darm von Fröschen an sich be- denklich, es erscheint bedenklich, das Pigment mit reinem Wasser zu injieiren, es erscheint die Seltenheit der Auffindung "von Körnchen in” Zellen bedenklich, am bedenklichsten aber die Versuche an Säugethier- därmen mit einer Kochsalzlösung, welche unter einem Druck von 40 C.M, Quecksilber auf die Schleimhaut wirkte. Ein anscheinend gewichtigerer‘ Versuch ist der, in welchem sich Augenpigment, welches Moleschott einem lebenden Hunde längere Zeit mit der Nahrung gegeben hatte, nach dem Tode in den Chylusgefässen des Mesenteriums und dem Ductus thoracicus vorfand. Allein dies beweist nur, dass der Ueber- gang fester Partikelchen unter Umständen möglich ist, woran schon nach älteren Versuchen kaum mehr zu zweifeln war, aber noch nicht, dass der Weg dieses Ueberganges der von Brücke als der normale betrachtete ist. Auch von der Haut aus gelangen feste Partikelchen im das Blut, und Niemand wird consequenter Weise offene Poren der Hautcapillaren, oder offene Epidermiszellen annehmen wollen. Der Weg, auf welchem ich nun Entscheidung zu erlangen versuchte, ist | folgender. Ich habe mir immer vorgestellt, dass das Fett im Darm als flüssiger Körper resorbirt werde, dass die Tröpfehen, in welche es durch die Darmsecrete emulsirt wird, ohne Schwierigkeit, wie die einer andern Flüssigkeit, einer unendlich feinen Vertheilung fähig seien, und diese Vertheilung daher jedes Mal so weit gehe, dass die Partikel- ‘chen durch die hypothetischen Poren einer Membran, wie die andere Flüssigkeiten, hindurchwandern könnten. Die Hypothese von Schmi und Wistinghausen schien mir auf genügende Weise die Ueberwindun Pe 317 des Widerstandes, welchen das die, Zellenmembran durchdringende Wasser dem Eindringen der Fettpartikelchen entgegensetzt, zu erklären. Dagegen sprechen Andere von den überwandernden Fetipartikelchen immer wie von festen Körpern, von im Darm gebildeten «Chylus- _ körnchen » als von untheilbaren Formelementen, die als solche resorbirt. werden, Moleschoit identificirt geradezu den Uebertritt von Pigment- körnchen und Fetttheilchen, Brücke meint, dass die unendliche feine Vertheilung der Fetttröpfchen eine viel zu grosse mechanische Krafı beanspruche, und dass, da man diesseits und jenseits der fraglichen Deckelmembran der Darmzellen grosse Tropfen finde, unwahrschein- lich sei, dass blos für den kleinen Weg des Durchtrittes eine so feine Vertheilung stattinde.. Um nun zu beweisen, dass das Fett nur als Flüssigkeit resorbirt wird, kam es darauf an, den directen Beweis zu liefern, dass nur solche Fette, welche bei der Temperatur des Körpers flüssig sind, aus dem Darminhalt in Zellen und Zotten übertreten. Lässt sich darthun, dass Fette, welche erst - bei höheren Temperaturen schmelzen, trotzdem, dass sie genau unter denselben Bedingungen, in genau ebenso feiner Vertheilung, als wir flüssige Fette im Darm selbst finden, in den Darmkanal ge- - bracht werden, nicht resorbirt werden, so scheint mir damit be- _ wiesen, dass kein freier Eintritt für das Fett in die Zellen vorhanden ist, dass diese nicht offen sind, dass die alte Ansicht von dem endos- motischen Uebertritt der Fettflüssigkeit durch membranöse Wandun- dungen die richtige ist. Dass dem so sei, beweisen folgende sämmt- lich an Kaninchen angestellte Versuche, wie ich glaube, auf ganz unzweideutige Weise. Füttert man Thiere mit Oel, Butter oder anderen elainreichen thie- rischen Fetten, oder injieirt Oel durch den Mund oder durch eine Oefinung direct in den Darm, so findet man bekanntlich nach der ng an den Stellen des Darmes, an welchen sich das Fett be- et, Epithelzellen und Zottenparenchym auf das Prächtigste mit dicht- ngten Fetttröpfchen erfüllt, im Darminhalt das Fett selbst in Tro- ' von allen Grössen emulsirt. Das Resultat dieses Versuches, den "häufig genug wiederholt habe, ist stets dasselbe, sobald man eben ' nimmt, welche entweder wie Oel an sich flüssig sind, oder doch unter 40°C. bereits in flüssigen Zustand übergehen. Ein Feti, welches _ diese Bedingung nicht erfüllt, sondern erst bei weit höherer Temperatur schmilzt, ist das Wachs, mit welchem ich zuerst experimente. Es scheint mir unzweifelhaft, dass Wachs, da es bis auf den Schmelz- punkt mit andern Fetten alle wesentlichen physikalischen“und chemischen "Charaktere gemein hat, nach Brücke’s Theorie nothwendig ebenso in Zellen und Zotten übergehen muss, sobald es ceteris paribus in hin- reichend feine Tröpfchen zertheilt in den Darın gebracht wird. Nach 318 einigen Versuchen gelang es mir vollständig, eine Wachsmilch herzu- zusiellen, welche unter dem Mikroskop genau wie eine feine Emulsion von Oel aussah, indem das Wachs in Form durchsichtiger glänzender runder Tröpfchen erschien, von denen die grosse Mehrzahl um die Hälfte oder zwei Drittheile kleiner als der Querdurchmesser eines Epitheleylinders, die meisten nicht grösser waren als die feinen Fett- tröpfchen, die man bei Fettresorption in diesen Zellen wirklich findet. - Ich bereitete diese Emulsion, indem ich Wachs mit Gummilösung von gewisser mittlerer Concentration kochte, und dann, nachdem das Wachs voliständig geschmolzen war, bis zum Erkalten heftig schüttelte; ge- rieth die Emulsion nicht fein genug, so wurde entweder Gummi oder Wasser je nach den Umständen zugesetzt und die Procedur wiederholt. Meistens habe ich durch Alkanna rothgefärbtes Wachs genommen; ich überzeugte mich zwar, dass unter dem Mikroskop an den kleinen Tröpf- chen keine Spur von Färbung und an den grösseren selbst nur undeut- lich Röthe zu erkennen war, was insofern nicht nöthig war, als auch das farblose Wachs vollkommmeh sicher und deutlich unter dem Mikro- skop sich charakterisirt, indem es wie jedes andere Fett aussieht; der - Nutzen des rothen Wachses aber wird sogleich zur Sprache kommen. Mit dieser Emulsion verfuhr ich folgendermassen. Zunächst injieirte ich, um ein abgegränztes Untersuchungsterrain zu haben, mittelst einer kleinen Spritze kleine Mengen der Emulsion in abgebundene Dünndarm- schlingen von 5—40 Zoll Läuge, nachdem ich mich früher überzeugt hatte, dass nach dieser Operation, sobald sie unter den nöthigen Cau- telen angestellt ist, die Resorption unbeeinträchtigt vor sich geht, und dass insbesondere die Aufnahme von Fett in abgebundenen Schlingen in normaler Weise stattfindet. Ich machte, je nachdem ich einen obern oder untern Abschnitt des Darmes zum Versuch wählte, auf der rech- ten oder linken Seite des Bauches einen Längsschnitt von W—AYy Zo u er re Enden, ohne ein grösseres Gefäss mit in die Ligatur zu fassen, ab, machte an einem Ende eine kleine Oeffnung mit der Scheere, durch” welche ich sanft die Spritzenkanüle einschob, füllte den Darm lang- sam mässig voll, und zog dann eine anderweitige Ligatur unterhalb der Oefinung zu. Der Darın wurde vorsichtig reponirt, die Wund das Thier getödtet und die Schleimhaut unmittelbar darauf auf das Genaueste untersucht. Der erste Versuch der Art gab ein vollständig negatives Resultat, ebenso die späteren Wiederholungen mit verschie- denem Zeitraum A — #4 Stunden) zwischen Injection und Tödtung. Epithelränder der Zotten, welche zuweilen in Folge der (ontractior ihrer Muskeln auf das Schönste quergefaltet erschienen, glichen übera vollständig den normalen; von einer Erfüllung der Zellen ode 319 des Zottenparenchyms mii resorbirten Wachströpfchen war - nirgends eine Spur zu sehen. Wo solche auf den Zotten sichtbar - waren, liessen sie sich auf das Leichteste als von aussen anhaftend erweisen. Zur genauern Prüfung wurde an einer grossen Anzahl von Präparaten das Epithel durch Streichen oder sanften Druck losgelöst, und aun die einzelnen oder in Reihen verbundenen Zellen untersucht. Dieselben zeigten sich von ganz normaler Beschaffenheit mit dem ge- wöhnlichen mattgranulirten Inhalt, den doppelten Deckelcontouren und den auf Wasserzusatz vorquellenden hyalinen Blasen; in keiner ein- zigen war ein glänzendes Tröpfchen, von denen sie nach Oel- injection strotzen, nachzuweisen. Wo innerhalb der Zellencontouren ein solches sich zeigte, ergab sich beim Drehen der Zelle, oder bei sanftem Druck auf die Zelle, dass das Tröpfehen nur äusserlich an- haftete. ‚Um jeden Einwand zu beseitigen, dass die Einsperrung der Flüssigkeit in einer abgebundenen Schlinge oder unzureichende Gegen- wart von Galle die Ursache der Nichtresorption gewesen sei, habe ich folgende Versuche angestellt: bei drei Kaninchen machte ich nur einen einfachen Einschnitt in den Diinndarm und injicirte von dort aus in den freien Darm entweder vach oben, oder nach unten, oder zugleich nach beiden Richtungen grössere Mengen von Wachsemulsion. Hierbei er- wies sich das: rothe Wachs als sehr nützlich, insofern sich bei der Untersuchung des Darms leicht die Stellen, wo die Emulsion sich be- fand, an der Farbe des Inhaltes erkennen liessen. Bei zwei anderen Kaninchen endlich injieirte ich die Emulsion in grösserer Menge direct in den Schlund, einmal mit Hülfe der Schlundsonde, da beim einfachen Einspritzen in die Mundhöhle die Kaninchen schwer zum Hinunter- schlucken gebracht werden konnten, die Flüssigkeit daher grössten- ‚theils zwischen den Zähnen wieder herauslief. In keinem dieser Fälle war irotz sorgfältigster Untersuchung einer grossen Anzahl von Präpa- _ raten aus allen Theilen des Darmes an irgend einer Stelle eine Spur _ von Wachströpfchen in einer Zelle oder im Parenchym einer Zotte aul- - zufinden. In einem Falle brachte ich gleichzeitig mit der Wachsemulsion eine Emulsion von fein pulverisirtem Carmin in Gummilösung in den - Darm, fand aber auch von den deutlich im ganzen Darminhalt erkenn- - baren feinen Carminpartikelchen nicht ein einziges innerhalb einer Zelle. Obwohl schwerlich gegen die Beweiskraft dieser mit Wachs an- gestellien Versuche ein erheblicher Einwand zu erheben sein dürfte, habe\ ich doch noch ein zweites Material gewählt, dessen Natur viel- leicht noch überzeugender für meine Ansicht spricht. Es besteht das- selbe in möglichst chemisch reinem Stearin, welches ich durch die Güte des Herrn Professor Erdmann aus dessen Präparatensammlung in - hinreichender Quantität erhielt, um eine grössere Anzahl von Ver- suchen anstellen zu können. Dasselbe war von der bekannten physi- 320 kalischen Beschaffenheit, reagirte geschmolzen kaum merklich sauer, wahrscheinlich in Folge von geringen Quantitäten beigemengter Oel- säure; die wiederholte Bestimmung des Schmelzpunktes in feinen Ca- pillarröhrchen ergab, dass es bei 64°C. schmolz und bei 57—58° C. wieder erstarrte. Aus diesem Stearin bereitete ich mir nach derselben Methode, wie aus Wachs, eine feine Gummiemulsion, welche das An- sehen schneeweisser Milch erhielt, und unter dem Mikroskop eine mehr als hinreichend feine Zertheilung des Fettes zeigte; die grosse Mehrzahl der erstarrten Stearintröpfchen hatte einen Durchmesser von 0,004 — 0,0005‘ und darunter. Bei dem ersten Versuch hätte ich leicht in Folge eines eigenthümlichen Zufalls einer Täuschung anheimfallen kön- nen, welche mich nothwendig zu Brücke’s Ansicht hätte bekehren müssen. Ich hatte die Emulsion von der Mitte des Darmkanals aus nach oben und unten in grösseren Quantitäten eingespritzt und das Thier zwei Stunden darauf getödtet. Zu meiner grossen Ueberraschung fand ich fast den ganzen Darm entlang die Zotten und ihr Epithel auf das Prächtigste mit Fetttröpfehen erfüllt, so evident, dass an der Re- sorption nicht zu zweifeln war. Obwohl sämmtliche Kaninchen .aus meinem Stalle entlehnt waren, wo sie kein fetthaltiges Futter erhielten, bewog mich doch ein eigenthümlicher Geruch des Darmfettes und die deutlich gelbliche Beschaffenheit aller Fetttröpfchen in der Schleimhaut, so wie im Darmbrei eine Nachforschung anzustellen. Das Ergebniss derselben war, dass das betreffende Kaninchen ein neuer Ankömmling von selbigem Tage, und zwar aus einem Schafstall entlehnt war, in welchem es die aus sogenannten Oelkuchen bestehende Winterkost der Schafe getheilt hatte. Die Fettresorption war somit erklärt; ausser- dem muss ich aber noch hinzufügen, dass ich noch einmal später bei einem Versuch anderer Art bei einem Kaninchen, welches zuvor mit Weizenkleie gefüttert war, eine dichte Erfüllung der Zotten mit glän- zenden Tröpfchen fand, welche offenbar aus Fett bestanden, ohne dass sich dessen Herkunft in solcher Menge irgendwie ermitteln liess. Vollkommen meinen Voraussetzungen entsprechend waren die Ergeb- nisse der anderen mit Stearinemulsion angestellten Versuche. Bei zwei Kaninchen wurde dieselbe in eine abgebundene längere Darmschleife, die mit gallehaltigem Inhalt erfüllt war, injieirt, bei einem dritten von einer Oeffnung aus nach oben und unten, und die Thiere nach 1 —3- % Stunden getödtet. In den ersten beiden Fällen erschien der Inhalt der Schleife graugrün von der beigemengten Emulsion, wie das Mikro- skop erwies; allein in der Schleimhaut zeigte sich keine Spur von Fettresorption, in keiner einzigen Zelle ein Stearin- kügelchen. Im dritten Falle fand ich, so weit die Stearinemulsion im Inhalt erkennbar war, ebenfalls keine Spur davon in der: Schleim- haut. Nur an einer einzigen Stelle, weit entfernt von der Injeetions- 321 stelle, nahe am Magen, zeigten sich in den Epithelien einiger Zotten gelbliche glänzende Tröpfchen in mässiger Menge, welche indessen sicher nicht aus der Injection stammten, wie schon ihr Aussehen ergab. Es lässt sich demnach mit aller Bestimmtheit behaupten, dass Stearin ein reines, aber bei der Temperatur des Körpers nicht flüssiges Fett, wicht resorbirt wird, auch wenn es unter ganz gleichen Verhältnissen wie ein Jüssiges Fett der Schleimhaut dargeboten wird. Der Gegen- beweis liegt in folgendem Versuche. Ich bereitete eine eben solche Emulsion aus käuflicher Stearinsäure (Stearinkerzen) und fand dieselbe in allen Versuchen auf das Schönste in Epithel und Zotten- parenchym resorbirt unter denselben Bedingungen, unter welchen Stearin nicht resorbirt war. ‘Die Bestimmung des Schmelzpunktes ergab, dass derselbe zwischen 39 und 40°C. lag, mithin niedrig genug, um eine Schmelzung der Fettsäure im Darmkanal mehr als wahrscheinlich zu machen. So weit diese Versuche, die sich leicht noch weiter fortführen lassen, wenn auch durch die vorliegenden bereits der beabsichtigte Beweis geführt sein dürfte. Ich beabsichtige namentlich noch mit einer Substanz zu operiren, d. i. mit den Chlorophylikörnchen der Pflanzen. Diese Körnchen bestehen bekanntlich aus einer wachsartigen Grundlage, und sind ihrer unter dem Mikroskop noch sehr deutlich ausgesprochenen Färbung wegen leicht zu erkennen. Eine Chlorophyli- emulsion in hinreichender Menge zu erhalten, ist allerdings eine schwie- rige Aufgabe; allein ich hoffe mit den riesenzelligen Vaucherien voll- ständig zum Ziele zu gelangen, und darf nach den vorliegenden Versuchen mit Bestimmtheit voraussetzen, dass auch diese Cblorophyll- körnchen nicht resorbirt werden. Würden sie es, so müsste man sie leicht bei Pflanzenfressern zu jeder Zeit in der Schleimhaut finden; ‚irotz aufmerksamen Suchens habe ich niemals ein einziges in einer Epithelzelle gewahren können. Aus den völlig übereinstimmenden Resultaten der referirten Ver- suche glaube ich nothwendig schliessen zu müssen, dass die Re- sorption des Fettes, wie die jeder andern Flüssigkeit, nur auf endosmotischem Wege vor sich geht, dass die Zellen, ‚durch welche sein Weg geht, nicht offen, sondern wie jede thierische Zelle mit einer Membran, welche für feste Körper undurehgängig ist, geschlossen sind. Der Weg in die Säfte- masse ist demnach nicht durch unzählige freie Oeffnungen vom Darm- kanal aus zugänglich, wie Brücke’s Ansicht von der Beschaffenheit der Zellen und der Anfänge der Chylusgefässe ihn darstellt, sondern durch eine mosaikartig aus den einzelnen neben einander vereinigten Zellen- deckeln zusammengeseizte Membran gegen die Darmhöhle abgeschlossen und dadurch allein’ermöglicht, dass Chylus und Blut Säfte von bestimmter 322 chemischer Constitution bleiben, die sich nur in bestimmten Propor- tionen aus dem Gemisch des Darminhaltes, nach endosmotischen Ge- setzen versorgen, aber nicht, wie Schleusenwasser, Alles aufnehmen müssen, was nur eben klein genug ist, durch die Sieblöcher des Epi- thels in die offenen Mündungen der Ghyluskanäle zu schlüpfen. Von welcher Art die Deckelmembran der Epitheleylinder ist, kann nur die directe mikroskopische Beobachtung zeigen, welehe indessen _ bisber weder einen nähern Aufschluss über die Beschaffenheit der Membran, noch einen haltbaren Beweis für das Fehlen einer solchen Membran zu geben im Stande war. Dass Brücke’s der mikroskopi- schen Beobachtung entlehnte Gründe für die Nichtexistenz der Mem- bran mit vollem Gewicht in die Waagschale fallen, ist nicht in Abrede zu stellen, allein sie können meines Erachtens den für eine solche Mem- bran sprechenden, zu denen, wie ich glaube, die hier. mitgetheilten Thatsachen gehören, die Waage nicht halten. Selbst wenn es sich er- weisen sollte, dass nur ein glasiger Schleimpfropf die Zelle schliesst, so darf ich aus meinen Versuchen schliessen, dass derselbe im Normal- zustandle wie eine häutige Membran nur für Flüssigkeiten und ebenso nur für flüssiges Fett permeabel ist. Es versteht sich von selbst, dass ich alle Mühe darauf verwendet habe, unter dem Mikroskop irgend einen Aufschluss über die Beschaffen- heit der Basen. der Epithelialeylinder und der fraglichen Membran zu erhalten“ War es mir auch ebenso wenig wie anderen Beobachtern gelungen, eine objective Gewissheit zu erlangen, so habe ich doch ” gerade bei der oben mitgetheilten Versuchsreihe in drei Fällen. eine höchst merkwürdige Beobachtung gemacht, welche um so mehr: Auf- merksamkeit verdient, als sie vielleicht bei weiterer Verfolgung wesent- lich zur Aufklärung beitragen kann. Bei drei Kaninchen bot die ge- sammte Darmschleimhaut unter dem Mikroskop ein Bild dar, dass auf den ersten Blick sich die überraschende Ueberzeugung aufdrängte, die Zotten seien mit dem schönsten Flimmerepithel über- zogen. Jeder Unbefangene, dem ich ein solches Präparat, ohne zu sagen 'wo es herstammte, unter dem Mikroskop zeigte, erklärte augen- blicklich, einen ruhbenden Flimmerepithelüberzug zu sehen; so evident” | war: die Erscheinung. Es zeigte nämlich der bekannte breite glashelle Saum, welcher regelmässig die im Profil gesehenen vereinigten Zellen-” basen, also den Rand einer Zotte überzieht, eine scharf markirte, dicht” gedrängte Querstreifung von dunkleren, durch helle Zwischenräume” | getrennten Linien, welche einander parallel von der innern zur äussera Contour des Saumes verliefen. Der Anblick war täuschend derselbe als ob dicht gedrängte ruhende Flimmerhärchen einander parallel auf den in einer Reihe liegenden Zellenbasen ständen. Das Ansehen blieh dasselbe an dem von der Schleimhaut abgestreiften Epithel, und selbs 323 jede isolirte Zelle glich täuschend einer Flimmerzelle. Bei der grossen Mehrzahl liess sich indessen eine wirkliche Trennung der einzelnen scheinbaren Flimmerhärchen nicht erkennen, nur bei wenigen sah ich auf das Deutlichste einen Büschel divergirender, mit den Spitzen deutlich von einander abstehender blasser Stäbchen oder Härchen. Betrachtete ich an den unversehrten Zotten das Epithel senkrecht von oben, so dass die Mosaik der polygonal an einander abgeplatteten Zellenbasen und in der Mitte jedes Polygonums die Umrisse des Zellenkerns er- schienen, so erschienen die dunklen Streifen zu Punkten verkürzt, von denen sich an den meisten Präparaten keine bestimmte Anordnung erkennen liess. Bei einigen aber erschienen auf das Deutlichste die Punkte regelmässig den polygonalen Contouren der einzelnen Zellen entlang, und zwar dicht innerhalb dieser Contouren, zu zwei bis sechs innerhalb je eines Zellenumrisses gestelll. Wie diese Beobachtung zu deuten sei, ist mir vorläufig noch ein völliges Räthsel. An das Vor- handensein eines wirklichen Flimmerepithels zu glauben, ist schon darum unzulässig, weil dasselbe trotz der unmittelbar nach dem Tode vorgenommenen Untersuchung niemals eine Spur von Bewegung zeigte, eine solche auch durch Virchow’s Mittel nicht im Geringsten hervorzu- rufen war, weil ferner der Saum zu selten in den Streifen wirklich getrennt erschien, und dies, wo es der Fall war, sehr leicht nur Folge des Druckes sein konnte. Für eine anderweitige Auslegung fehlt es mir noch an hinreichenden Anhaltepunkten; es wäre voreilig z. B. an- zunehmen, dass die dunklen Streifen die Ausdrücke feiner Poren- kanälchen wären, welche senkrecht den Zellendeckel durchsetzten, und vielleicht die Wege für die eindringenden Fetttröpfchen darstellten. Gerade an den Stellen, wo die Zellen mit Fett erfüllt waren, habe ich nicht eine Andeutung dieses eigenthümlichen Verhaltens entdecken kön- nen; bin aber auch nicht im Stande, nur eine Vermuthung darüber auszusprechen, ob dasselbe als eine pathologische Erscheinung zu be- trachten sei oder unter welchen physiologischen Bedingungen es sich vorfinde. Vielleicht gelingt es mir, durch weitere Beobachtungen, zu denen ich Gelegenheit zu finden hoffe, Licht zu erhalten; ich behalte mir demnach weitere Mittheilungen vor. Vorläufig jedoch füge ich zum besseren Verständniss der Beschreibung einige möglichst getreue Ab- bildungen einzelner mikroskopischer Bilder, welche ich in den drei Fällen erhielt, bei. Taf. XVII. A. Eine andere merkwürdige Erscheinung begegnete mir bei einem andern Kaninchen. An einer Stelle des Darmes hatten sämmtliche Zotten das Ansehen yon Pinseln, indem sie an ihrer ganzen Oberfläche dicht mit langen Fäden besetzt waren. Diese Fäden waren unent- wickelte Formen vegetabilischer Parasiten, welche zwischen die Zellen des Epithels fest eingewachsen waren. Gleichzeitig fanden sich im 324 Darminhalt Unmassen von Schwärmsporen, ohne dass die dazu ge- hörigen Algen in entwickelter bestimmbarer Form aufzufinden waren. Schliesslich muss ich dankbar anerkennen, dass ich bei allen die- sen Versuchen und der mühsamen mikroskopischen Durchmusterung der zahlreichen Darmschleimhäute von meinem talentvollen Schüler, Herrn Stud. med. Hering auf das Trefflichste unterstützt worden bin. Nachschrift. Während des Druckes vorstehender Mittheilung er- hielt ich einen Aufsatz von E. Brücke: «Die Darmschleimhaut und ihr resorbirendes Gefässsystem » (Wiener med. Wochenschr., 4855, No. 25, pag. 385), über welchen ich mir einige Worte zu sagen erlaube, da er speciell gegen meine in dieser Zeitschrift (Bd. VI, pag. 304) mit- getheilten Ansichten und Beobachtungen gerichtet ist. Brücke!) thut mir in zwei Beziehungen Unrecht, in einer für die Wissenschaft voll- kommen gleichgültigen, nur auf einen Wortstreit hinauslaufenden,, aber auch, wie ich immer noch glaube, in einer zweiten, welche insofern wichtig ist, als die Antwort auf eine wichtige physiologische Frage eine ganz andere ist, wenn Brücke Recht hat, als wenn die von mir vertretene Ansicht die richtigere ist. In ersterer Beziehung nur we- nige Worte, und nur darum, weil Brücke es der Mühe werth ge- funden hat, eine Erörterung darüber anzustellen. Ich habe in meinem Referate (in Schmidt's Jahrb., Bd. 86, pag. 11) über Brücke’s bekannte treffliche Arbeit behauptet, dass ich ebenso, wie er, die sogenannten Weber’schen Chyluscapillaren nicht für Gefässe mit Wandungen, auch nicht für präformirte Bahnen gehalten habe, dass aber Brücke mich missverstanden habe, wenn er meine Erläuterung zu der betreffenden Abbildung in meinem Atlas der physiologischen Chemie im gegen- theiligen Sinne ausgelegt habe. Brücke druckt nun wörtlich die ganze Erläuterung zu dieser Figur ab, und unterstreicht diejenigen Worte und Sätze, welche darthun sollen, dass er mich nicht missverstanden, dass ich die Weber’schen Capillaren für wahre Gefässe gehalten habe. !) Herr Prof. Brücke wird es nicht übel deuten, wenn ich, wie dies von Alters her im literarischen Verkehr Sitte ist, ihn mit dem einfachen Namen eitire, anstatt jedes Mal «Herr Professor» vorzusetzen, wie er selbst con- sequent bei meinem Namen gethan. Es bedarf hoffentlich nicht des Zu- satzes, dass diese Weglassung nicht aus Mangel an Hochachtung vor dem genialen Forscher, sondern lediglich darum geschiebt, weil neuerdings diese specielle Titulirung ein sicheres Kennzeichen der bei wissenschaft- lichen Discussionen zur Mode gewordenen persönlichen Gereiztheit ge- worden ist. a 5 AM ee ei En En U 325 Für Diejenigen, welche ‚sich die Mühe nehmen sollten, meine Worte zu‘ vergleichen, 'ist es. ein Leichtes zu beweisen, dass Brücke sich irrt, ich brauche nur andere Worte aus jener Figurerklärung zu unterstreichen, welche wörtlich mit jener Aeusserung in meinem Referat übereinstimmen. Der leizte Satz: in der erstern lautet: Ge- sonderte Gefässwände lassen sich nur an den grösseren Chylus- gefässen, nicht an den Capillarästen wahrnehmen, möglicherweise kann durch Auseinanderweichen der Gewebselemente an jeder Stelle der Zotten ein solches Gefässchen sich bilden. Nach diesen Worten durfte ich wohl behaupten, dass «ich nicht von Ge- fässen mit Wandungen und nicht von präformirten Bahnen» im Atlas gesprochen habe. Doch genug hiervon, ich gebe Brücke gern zu, dass ieh. durch Beibehaltung der Weber’schen Bezeichnung «Gefässe und Ca- pillaren» für nicht präformirte wandungslose Bahnen den Irrthum ver- anlasst habe, darf aber wohl annehmen, dass ich mich in der letzten Arbeit in dieser Zeitschrift deutlicher ausgedrückt habe. Zweitens stellt Brücke mit apodiktischer Gewissheit die Behaup- tung ‚auf, dass alle von mir im Atlas sowohl als in dieser Zeitschrift abgebildeten Chylusgefässe Blutgefässe seien, deren Inhalt eine von Virchow und ihm beschriebene Leichenveränderung erlitten habe, dass ich demnach Blut- und Chylusgefässe nicht zu unterscheiden wisse. Zu einer derartigen Behauptung muss ich Brücke jede Berechtigung absprechen; er stellt sie nackt ohne den Schatten eines Beweises hin, es findet sich ein solcher aber auch nicht in irgend einer seiner frü- heren Abhandlungen über die Chylusgefässe. Wenn Brücke verlangt, dass blos auf die Autorität seines Namens hin ein so grober Irrthum, wie er ihn mir zur Last legt, geglaubt wird, so Kann auch ich mich auf die Autorität von E. H. Weber stützen, welcher die meisten der Präparate, die ich abgebildet und unzählige entsprechende gesehen und untersucht, und mit völliger Ueberzeugung für Chylusgefässe gehalten "hat und noch hält, was ich für solche oder für Fettstrassen durch das Schleimhautparenchym ausgegeben und abgebildet habe. Dass ich aber in Wirklichkeit keine Blutgefässe vor mir gehabt habe, noch viel weniger aber einen aus verändertem Blut gebildeten Inhalt, glaube ich besser beweisen zu können, als Brücke seine Anschuldigung, oder Virchow und Brücke die fragliche Leichenveränderung des Capillareninhaltes. In allen von mir untersuchten Fällen an menschlichen Leichen zeigte sich die Schleimhaut an den Stellen, denen die Präparate entlehnt sind, weiss; in der Tiefe verliefen weisse Streifen, welche endlich an der äussern Darmfläche in die Chylusgefässe des Mesenteriums übergingen, die neben den mit Blut gefüllten Venen und den leeren Arterien hin- liefen. Ausserdem habe ich mich wiederholt auf mikroskopischem Wege überzeugt, däss die im durchgehenden Licht schwärzlichen oder gelb- 326 lichen, im auffallenden weissen Kügelchen: Fetttröpfchen von einer in Essigsäure und Aetzkali löslichen Hülle umgeben waren, ‘während eben solche in Unmasse sich in dem zersetzten freien Darminhalt fanden. Endlich habe ich schon früher darauf aufmerksam gemacht, dass die Anordnung dieser schwarzen Kügelchenreihen, insbesondere das constante Einmünden derselben in den centralen Chyluskanal der Zotte, welcher sich bis in die unzweifelhaften Chylusgefässe der tieferen Strecken verfolgen lässt, entschieden gegen ihre Auffassung als Blutgefässe spricht, ganz besonders aber der Umstand, dass keine Gefässwände an ihnen nachzuweisen sind, dass man ferner unter Umständen die Blutgefässe neben ihnen deutlich wahrnehmen kann. Eine weitere Erörterung würde hier zu weit führen; ich glaubte nur mir es schuldig zu sein, diese hauptsächlichsten Gründe zu meiner Rechtfertigung aufzuführen; dass ich ein feineres, mit Wänden ver- sehenes Chylusgefäss unter dem Mikroskop zu unterscheiden im Stande bin, kann ich hier natürlich nicht beweisen. Eines muss ich jedoch noch hinzufügen, dass nämlich Brücke, bervor er mit solcher Be- stimmtheit die von mir abgebildeten Chylusgefässe für Blutgefässe mit einer gewissen Leichenveränderung des Inhaltes erklärte, zunächst eine genauere und namentlich von chemischer Seite besser gestützte Erklärung der fraglichen Blutzersetzung hätte geben sollen, als bisher geschehen ist. ; Was meine «seltsame Vermuthung », dass die dichten vollständi- gen Chylusablagerungen zwischen den Krypten, wie sie Brücke be- schreibt, zum Theil auf Extravasaten beruhen möchten, anbelangt, so glaubte ich zu einer Vermuthung, als welche ich sie ausdrücklich be- zeichne, hinlänglichen Grund in Folgendem zu finden. Ich hatte, ebenso wenig, wie andere Beobachter, weder bei menschlichen Lei- chen, noch bei Thieren (jungen säugenden oder mit Oelemulsionen gefütterten) jemals ein solches Bild, wie Brücke es beschreibt, auch nur andeutungsweise gesehen. Da ich nun aus jener Abhandlung von Brücke sah, dass er nur bei Thieren und Menschen, die an Er- stiekungstod gestorben waren, bei allen anderen aber nicht, ‘die vollständige Parenchymerfüllung. zwischen den Krypten beobachtet hatte, so lag die Voraussetzung wohl nahe, dass diese Ueberfüllung des Parenchyms abnorm, Folge gestörter Fortbewegung des Chylus, und diese Folge des bei der Erstickung auf den Ductus thoracicus ausgeübten Druckes sei. Ob nun die Ueberfüllung durch Extrava- sation aus den bereits gefüllten Chylusgefässen, oder dadurch zu Stande gekommen ist, dass das nachträglich noch resorbirte Fett in die gespannten Gefässe nicht eindringen konnte, und daher im Paren- chym sich anhäufte, wage ich nicht .zu entscheiden. Findet sich: die Ueberfüllung auch unter Verhältnissen, wo die von mir als Ursache Dies ee Klum: De en Bun Zu Te 327 vermuthete Störung nicht vorhanden war, so ist meine Vermuthung ' einfach widerlegt, ob sie aber grundios war, mögen Andere ent- scheiden. + Ich glaube demnach, dass nur weitere Untersuchungen und klare Beweise entscheiden können, ob die von Brücke mir angeschuldigte Täuschung in Wahrheit eine solche ist. Kommt diese Entscheidung mit der erforderlichen Sicherheit von Brücke selbst, so werde ich sie sicher, auch wenn sie gegen mich ausfällt, ebenso bereitwillig hin- nehmen und willkommen heissen, wie jede andere Aufklärung, mit welcher der hochverdiente Forscher unsere Wissenschaft in seinen elassischen Arbeiten bereits bereichert hat. Islam gi we at en Mr: Kleinere Mittheilungen und Gorrespondenz -Nachrichten. Ueber die Schleimkanäle der Fische, von €. Vogt. In Bezug auf die Schleimgänge der Fische und deren Communication mit dem Lymphgefäss- und Venen-Systeme (s. diese Zeitschrift, Bd. VII, pag. 180, Anm.) folgt hier die Citation aus der Anatomie des Salmones (Neuchatel 4845, pag. 138), die auch Agassiz’s Namen trägt, von mir aber ganz allein verfasst ist. Im Buche selbst findet sich zwei Mal derselbe Druckfehler (auf pag. 139, Zeile 4 und 8 von oben) interieur statt exterieur, wie sich übri- gens schon aus dem Zusammenhange ergibt, und die ich in der Uebersetzung corrigirt habe. «Wenn wir das System der Schleimkanäle im Ganzen uns vorstellen, so sehen wir, dass zwei Hauptrichtungslinien dieser Kanäle sich vorfinden, von welchen die eine die äusseren Theile des Kopfes und der Seitenlinie, die an- dere die Wirbelsäule bis gegen die Schädelgrundfläche und die Anheftung der Kiemenbogen hin verfolgt; dass diese beiden Linien durch mehrere Reser- voire zusammenhängen, die an der Schädelbasis und unter dem Schultergürtel liegen; dass sie zahlreiche Einmündungen in das Venensystem durch die Du- vernoy'sche Vene, den Cuvier'schen Sinus und die Cardinalvene haben; dass die Lymphgefässe des Körpers in die innere Linie einmünden, und dass end- lich die äussere Linie zahlreiche Mündungen nach aussen besitzt und demnach mit dem umgebenden Wasser durch die Löcher am Kopfe und wahrscheinlich auch durch die kleinen Kanäle, welche die Schuppen der Seitenlinie durch- bohren, in Verbindung steht. Ueber diesen letztern Punkt, nämlich über die Verbindung der Schuppenkanäle mit dem Seitenkanale hätten wir gern zur vollständigen Sicherheit gelangen mögen, aber wir gestehen ein, dass noch manche Zweifel hierüber aufzuklären sind. Doch haben wir niemals einen zweiten Kanal finden können, der im Innern der Haut selbst läge und alle kleinen Kanäle der Schuppen in sich vereinigte. Der Schleim, welcher den Körper der Fische bedeckt, ist ganz gewiss nicht, wie man bisher glaubte 329 und wie auch Hyrt! noch behauptet, eine Absonderung dieser kleinen Kanäle und der Schleimgänge des Kopfes. Dieser Schleim ist das Product der Haut an allen Punkten, er ist die wahre Oberhaut der Fische, 'aus Kernzellen zu- _ sammengeselzt, die sich durchaus nicht von dem Epithelium "unterscheiden, das die innere Fläche der Gedärme deckt. Diese Zellen würden sich gewiss _ wie die Zellen der Oberhaut der Luftthiere verhornen, wenn die Fische. nicht im Wasser lebten, wo die Zellen beständig mit Flüssigkeit geträukt sind.» «Geht man von diesen Thatsachen aus, so erkennt man leicht, dass das System der Sehleimgefässe, wie man es bisher genannt hat, nur ein System ‚absorbirender Gefässe ist, das die Lymphe enthält, welche von dem Körper und den Eingeweiden herkommt, und Wasser, welches von aussen her auf- _ gepumpt wird.» u Zi “ Ueber Pentastomum constrictum, von Prof. Bilharz in Cairo. (Aus einem Schreiben desselben an Prof. v. Siebold.) Hierzu Taf. XVII. B. Fig. 1 —5. «Sie erhalten Pentastomum constrictum in Natura und in Abbildung. Ich fand es vor etwa,vierzehn Tagen (Ende April 4855) in der Leber eines ‚Negers in drei Exemplaren, sämmtlich im Parenchym der Leber eingekapselt. Zwei davon verletzte ich stark, das dritte Exemplar konnte ich mit der unver- rien Kapsel herauslösen und sende es Ihnen in der Kapsel mit den übrigen Eingeweidewürmern und sonstigen Parasiten, die mit gegenwärligem Briefe ab- bbildung ersichtliche Form und Grösse ?). Sie ist mit dem Leberparenchym g verwachsen und besteht aus Bindegewebe, ist aber kein Product des Wurmes. Sie sitzt demselben so knapp an, dass die Form des Thieres darin gedrlickt ist, wie Pruner richtig bemerkte. Das Thier ist höchstens 6 Lin. ig und 4 Lin. breit,'also Pruner’s Abbildung, nicht aber seiner Beschreibung entsprechend. Die Form ist eylindrisch, an der Bauchseite mit einer Soble, die _ aber nur deren Mitte einnimmt. Das Hinterende ist konisch, das Vorderende Ze u weile . ’ N ') Diese höchst interessante, viel Neues enthaltende Sendung ist bereits im f meinen Händen, und werde ich demnächst in dieser Zeitschrift Bericht darüber abstatten. v. Siebold. - #) Vergl. diese Zeitschr., Bd. IV, Taf. V, Fig. 49. Die an mich eingesendete Kapsel stimmt fast auf ein Haar in Form und Grösse mit dieser Abbildung überein. v. Siebold. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Bd, 22 330 stumpf abgerundet, von oben nach unten abgeplattet, durch eine halsförmige Verengerung vom Rumpfe getrennt. Der Wurm ist stark geringelt. Die Ringel bilden am Rumpftheile breite Binder und sind durch starke Einschnürungen von einander getrennt. Nach vorn werden sie immer kleiner und die Einschnürun- gen seichter, doch lassen sie sich bis zum Ende des Kopfes verfolgen, was ich in.der Zeichnung angedeutet habe. An der Peripherie des Kopfes treten die- selben als kleine Wärzchen hervor. Die Haken sind unter sich gleich, stark, Rosendornen oder Katzenkrallen nicht unähbnlich, inwendig hohl, von horngelber Farbe. Die Thiere lebten, obgleich zerschnitten, fast einen vollen Tag, und krochen, sich ausdehnend und zusammenziehend, umher. Der sie beherbergende Neger, der an Ruhr gestorben war, wie in den beiden Pruner'schen Fällen, hatte ausserdem noch zwei faustgrosse Echinococcusblasen, je eine in einer Niere, welche beide von ihnen atrophisch zerstört worden waren. Es ist über- flüssig, zu bemerken, dass die Haken der oben beschriebenen Pentasfömen mit den früher gefundenen Haken aus den Verkreidungspunkten der Leber ') iden- tisch sind. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVIL. B Fig. 4. Pentastomum constrictum in natürlicher Grösse von oben. Fig. 2. Dasselbe vergrössert. Fig. 3. Dasselbe von unten und vergrössert. Die Haken eingeschlagen. Fig. %. Kopfende zwischen zwei Glasplättchen gedrückt, so dass die Haken im Profil zu sehen sind. Fig. 5. Ein Haken stark vergrössert. % ! Zusatz h von Professor v. Siebeld., Es ist mir gelungen, das mir übersendete Pentastomum constrielum aus seiner eng anschliessenden Kapsel unversehrt herauszupräpariren. Der milch- weisse Wurm stimmt ganz mit der von Bilhars gelieferten Abbildung überein, Biernach wird die von mir für diesen Wurm als Pentastomum constrictum aufgestellte Species fortbestehen müssen, Zenker befindet sich daher gänzlich im Irrthume, wenn er behauptet ?), dass die Beobachtungen Pruner's und Bil- harz’s sich auf das Pentastomum denticulatum beziehen sollten. Derselbe traut 1) S. diese Zeitschr. a. a. 0, pag..67. ?) Vergl. Zenker, Ueber einen neuen thierischen Paras ten des Menschen (Pen- MelaeR denticulatum) in der Zeitschrift für rationelle Mediein, 4854, Bd. V, Pag. 224. ®) Ebenda, pag. 223. 331 mir überhaupt ein schwaches kritisches Auge für Helminthen zu, da er sogar hinzufügt °), dass es sogar zweifelhaft sei, ob jener von mir als ein Pentasto- mum des Menschen ausgegebene Parasit wirklich ein Pentastomum gewesen sei. Ich will bier nur noch bemerken, dass das Pentastomum denticulatum zu den bestachelten Pentastomen gehört, während das Pentastomum constrictum eine glatte nackte Haut besitzt, dass ferner letzteres das P. denticulatum um ein sehr Bedeutendes an Grösse übertrifft, und dass das Hinterleibsende desselben konisch abgerundet erscheint, während der Hinterleib des P. denticulatum spitz zuläuft. Hiernach sehe ich mich veranlasst, die Diagnose, welche ich früher nur nach der Beschreibung und nach einer mangelhaften Abbildung aufstellen konnte, in folgender Weise für Pentastomum constrietum umzuändern : Corpus elongatum eylindricum, annulato -constrictum, antrorsum rolunda- tum, apice caudali conico-obtusum, ventre planiusculum. Long. 6". Latii. a’, Habitat in hepate hominis nigritae. un Ar ed 2 Bestimmung der Blutmenge bei einem Hingerichteten, von Th. L. W. Bischoff, Professor der Anatomie und Physiologie in München. Die am 7. Juli dieses Jahres hieselbst erfolgte Hinrichtung des Raubmörders 8. Langguth mittelst [des Fallbeiles bot mir eine Gelegenheit zur Bestimmung der Blutmenge desselben nach der Welker'schen ER welche ich um so mehr zu benutzen mich entschloss, da dieselbe bei dem Menschen noch nicht in Anwendung gesetzt worden ist und auch nicht leicht bei einer andern Ge- legenbeit in Anwendung gesetzt werden kann. Die genannte Methode besteht bekanntlich darin, dass man sich eine Blut- probe des zu untersuchenden Individui von durchaus normaler Zusammen- setzung verschafft und sodann die gesammte Blutmenge des Körpers durch Aus- spritzen der Gefösse mit Wasser, so wie durch Auswaschen des ganzen zer- ‚hackten Körpers in Wasser: auszuziehen sucht. Man erhält hierdurch eine ge Lösung des Blutrothes, deren Gehalt an Blut oder an Wasser man 5 der vorher gewonnenen Blutprobe zu bestimmen sucht, indem man dieselbe mit so viel Wasser verdünnt, bis man die Farbe des Waschwassers ‚erzielt hat. Aus der gemessenen Menge dieses Waschwassers und der Menge ‚des zur Verdünnung der Blutprobe angewendeten Wassers, kann man leicht die | Mönge des Blutes in jenem berechnen. ' Ich halte diese Methode ihrem Principe nach für durchaus zuverlässig und L enger als irgend eine andere bisher zur Bestimmung der Blutmenge _ eines Körpers angewendete. Sie hat mit der Welker'schen Bestimmung der _ Menge der Blutkörperchen nichts weiter gemein, als dass sie die Farben- muance des verdünnten Blutes als Maassstab benutzt. Diesen Maassstab dürfte aber Jeder, der sich desselben zu bedienen versucht hat, zuverlässiger und _ bestimmter finden, als man vielleicht a priori zu vermuthen geneigt ist. Die y92* 332 Vergleichung. zweier Blutfarbstofflösungen in Beziehung auf ihre Farbennuance ist, wenn man sie neben einander in auffallendem und reflectirtem ‚Lichte, bei durchfallendem Lichte und auf weissem Hintergrund betrachtet, innerhalb der Gränzen, auf welche es hier ankommt, ziemlich scharf. Wenn man sie nur zur Bestimmung der Blutmenge in Anwendung bringt, so hat sie nichts mit den Fehlerquellen zu schaffen, welche man ihr zur Ermittelung der Blutkörperchen- menge vorwirft. Sie ist nicht auf eine vorhergehende Zählung der Blutkörper- chen und alle Schwierigkeiten wie Bedenklichkeiten derselben basirt. Es ist auch ganz gleichgültig für ihre Anwendung zur Bestimmung der Blutmenge, ob die Färbekraft der Blutkörperchen und des Blutrothes bei verschiedenen Indivi- duen und ‘in verschiedenen Lebenszustinden eine verschiedene ist oder nicht. Es kommt hier nur einzig darauf an, eine ganz normale Blutprobe als Maass- stab zu besitzen, das Blutroth vollständig aus dem Körper auszuziehen und dann bei dem Vergleich der Farbennuancen so wie bei den Messungen keinen Fehler zu begehen. In Beziehung auf den ersten Punkt ist man in einem Falle, wie dem vor- liegenden, bei Anwendung der nöthigen Massregeln völlig sicher gestellt. In Be- ziehung auf den zweiten Punkt darf man bei der grossen Löslichkeit des Blutfarbe- stoffes im Wasser ziemlich sicher sein, nach Ausspritzen der Gefässe mit Wasser und Ausziehen des zerhackten Körpers in Wasser während zwei Mal 24 Stunden denselben nahezu vollständig ausgezogen zu haben. Am meisten handelt es sich 4 dabei wohl um den Farbestoff der Muskeln, Nach 48 Stunden sind dieselben, besonders bei ziemlich hoher Temperatur und bei wiederholter Uebergiessung mit Wasser, ganz blass geworden, und wenn sie auch alsdann noch Wasser immer färben, so erfolgt dieses doch nur in so geringem Grade, dass bei der bekanntlich sehr grossen Färbekraft des Biutrothes für Wasser, wenige Tropfen Blut genügen, um einer sehr grossen Wassermenge. dieselbe Färbung zu er- theilen. Weit eher könnte und kann man fragen, ob man nicht den Muskeln dabei einen Farbestoff entzieht, der dem Blute unmittelbar nicht mehr angehört. Ohne die Frage, ob die Muskeln einen solchen besitzen, hier entscheiden zu wollen (ich glaube es, weil die Muskelprimitivbündel auch noch einzeln unter dem Mikroskop bei den höheren Thieren und dem Menschen gefärbt erscheinen), ist für unsern Fall so viel gewiss, dass, wenn sie einen eigenen Farbestofl’ ent- halten, durch das Auswaschen desselben ein zu hohes Resultat gewonnen werden wird; die erhaltene Ziffer für die Blutmenge wird zu gross sein. Wir wissen aber bereits aus den Welker'schen Versuchen, dass es sich um diesen Febler hier am wenigsten handelt, und werden das auch in unserem Falle be- stätigt sehen. In Beziehung auf den dritten. Punkt, nämlich auf ‚die Vergleichung die Farbennuance der Blutrothverdünnungen, so habe ich gesagt, dass ich sie für sicher und leicht halte. Dieses gilt ganz gewiss für nicht allzugrosse Ver- dünnungen und bei frischem Blute. Wenn die Verdünnungen einen sehr hohen - Grad erreichen, über 400 Mal, so wird der Vergleich etwas schwieriger. Eia so sehr verdünntes Blut nimmt einen Stich etwas ius Bräunliche an, den mau dabei wohl berücksichtigen, und nicht allein auf. die Intensität der Farbe im Ganzen achten muss. Zwei Lösungen scheinen oft einander sehr nahe gleich intensiv gefärbt zu sein, ‚die eine sieht nur etwas lebhafter, wenn ich so sagen soll, als die andere aus, welche letztere dann etwas ins Bräunliche spielt. Ein vermehrter Wasserzusatz gibt dann bald auch der ersten diese Nuance. Dann wird der Blutfarbestoff bekanntlich beim Stehen an der Luft und Beginn der En s x 333 Zersetzung dunkel! Dieser Umstand wirkt bei den Verdünnungen nur wenig und trifft in unserem Falle beide angewendeten Blutproben gleichmässig, so dass dadurch nicht leicht ein Fehler entstehen kann. Dennoch gehört zu dem Vergleich ‚eine gewisse Uebung und Aufmerksamkeit, wie zu jedem Verfohreu in. der Welt, wenn es genau sein soll. Man wird auch bei Wiederholung des- selben Versuches mit denselben Blutproben in nur verschiedenen Quantitäten nicht leicht ganz dasselbe absolute und relative Resultat erhalten. Allein diese Verschiedenheit beruht weniger auf dem Schwankenden der Farbenvergleichung, als auf der Unsicherheit der Messung. ©. Bei der grossen Färbekraft des Blutes, bei den immerhin nur kleinen Quan- titäten, mil welchen man bei der meist nöthigen starken Verdünnung und den dadurch erhaltenen grossen Quantitäten arbeitet, ist ein Tropfen Blut mehr oder weniger, ob man bei dem Ablesen der Scala des Messinstrumentes einen kleinen Fehler macht, den untern Flüssigkeitsmeniscus oder den obern Rand derselhen zum Ablesen benutzt, durchaus nicht gleichgültig. Ich glaube mir bei meinen Harnuntersuchungen eine ziemliche Fertigkeit und Sicherheit in dergleichen Nes- sungen und Ablesungen erworben zu haben. Auch benutzte ich eine vortreii- liche in %,, Cem. abgetheilte Pipette von 25 Cem. von Fastre in Paris. Allein ich fand dennoch die Schwierigkeit des Ablesens der Höhe der Blutsäule schr gross, vorzüglich weil man bei dem Blute den untern Meniscus nicht zum Ablesen benutzen kann, weil dieser bei der Färbung des Blutes zu unsichere Gränzen hat. Auch der obere Rand der Blutsäule ist nicht scharf, weil das Blut immer stark an dem Glase adhärirt und die Färbung sich ganz allmählich in die Höhe zieht. Ich würde daher Jedem rathen, der sich mit Blutmessungen beschäftigen will, besonders mit kleinen Quantitäten von 1—5 Gem. sich nıcht der gewöhnlichen graduirten Pipelien, sondern solcher nur auf ein bestimmtes Maass von A, 2, 3, 4, 5 Cem. eingerichteter zu bedienen, die in eine engere Röbre ausgezogen sind. Ich war. darauf leider nicht vorbereitet, und würde auch im Wiederholungsfalle ‚wahrscheinlich eine Wiegung vorziehen. Die Fehler, | aus dieser Unsicherheit der Messung und: vielleicht auch aus der des Vergleichs der Farben entstanden sind, suchte ich durch die Zahl der Proben einigermassen ‚auszugleichen, obgleich dieselben auch noch grösser hätten sein ‚dürfen, wenn es mir nicht so sehr an Zeit 'gefehlt hätte. Man wird indessen bald sehen, dass es sich hier um Zahlen handelt, bei welchen diese Fehler selbst unter Hinzurechnen des Umstandes, dass man von ‚kleinen Quantitäten auf grosse schliesst, nicht von Bedeutung sind. Es handelt ‚sieh bier nicht um 4—2 Pfund Blut, eine Menge, die auf keinen Fall in den ‚EFehlergränzen eingeschlossen liegt, sondern um viel: grössere Quantitäten, die ‚ganz davon ausgeschlossen sind. Man wird in Zukunft, um absolut genauere Resultate zu erhalten, auch noch viel genauer verfahren können, selbst ohne ‚noch zu. solcher ‘Genauigkeit überzugehen, wie sie Vierordt und Welker bei Blutkörperchenzählungen ‚bereits in Anwendung gesetzt haben. Ich gehe nun zur Beschreibung des Falles seibst über. u Es gelang, das betreffende Individuum unmittelbar ‘vor der Abführung zur Hinrichtung, welche längstens /, Stunde nachher erfolgte, auf einer sehr guten Decimalwaage (Brückenwaage) zu wiegen, Es liatte das grosse Schwierigkeiten, und war nicht ‚möglich, von ‚mir selbst oder meinem Assistenten auszuführen. er ich habe doch alle Ursache zu glauben, dass die Wägung genau ausge- wurde, da der Delinquent gutwillig und der. Wiegende sorgfältig instrwirt =: Das Gewicht betrug 65,750 Grm. mit den: Kleidern. Um 5 Uhr 23 Min. 334 Morgens fiel das Fallbeilr. Um 5 Uhr 40 Min., also nach 17 Min. lag der Körper auf der Waage in der Anatomie. Er wog jetzt 62,280 Grm. abermals mit den- selben Kleidern. Die Kleider wogen 2880 Grm. Allein dieselben, namentlich das Hemd und ein blauer Kittel, waren ziemlich stark mit Blut getränkt. Dieser Umstand wurde anfangs in der Eile übersehen, und erst später, als das Blut längst getrocknet war, lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf denselben. Es war klar, dass dadurch das Gewicht der Kleider auf Kosten des Blutverlustes bei der Enthauptung zu gross ausgefallen war. Dieser Fehler konnte nur unvollkommen ausgeglichen werden. Ich wählte dazu zwei Mittel; einmal, indem ich das mit dem getrockneten Blute befleckte Hemd und den Kittel wog, dieselben alsdann auswaschen, wieder trocknen und wiegen liess. Sie hatten 97 Grm, an Gewicht verloren. ich nahm alsdann an, dass das Blut 75%, Wasser enthalten haben möge, wonach also die Kleider mit 291 Gr. Blut getränkt gewesen wären, welche also von dem Gewicht der Kleider abgezogen und dem bei der Ent- hauptung stattgefundenen Blutverlust zugerechnet werden mussten. Dieser Blut- verlust hatte demnach im Ganzen 3761 Grm. betragen. Sodann benutzte ich zweitens auch das Waschwasser zur Bestimmung der in ihm diluirten Blutmenge nach einer Probe des aufgefangenen Blutes. Dieselbe wurde aber dadurch un- sicher, dass der Kittel auch von seiner blauen Farbe an das Waschwasser ab- gegeben hatte. In der Befürchtung davon hatte ich Hemd und Kittel getrennt ausgewaschen, und in der That war nur das Waschwasser des Hemdes zur " Farbenbestimmung zu benutzen. Es erschien ungefähr 170 Mal verdünnt, und wenn das Waschwasser des Kiitels für eben so verdünnt angenommen wurde, so würden nach der Farbenbestimmung beide etwa 200 Grm. Blut erhalten haben. Da es hier indessen mehr darauf ankommt, einen Verlust zu verhüten, als etwa ein zu Viel zu berechnen, so halte ich es für geeigneter, bei obiger Zahl von 291 Grm. Blut stehen zu bleiben. Nachdem der Körper des Enthaupteten gewogen worden, wurden ver- schiedene Reizversuche an demselben vorgenommen, der Schädel geöffnet, das Gehirn herausgenommen u. s. w., wobei alles etwa abfliessende Blut sorgfältig mit einem Schwamme aufgewischt und in ein Gefäss mit Wasser ausgewaschen wurde. Hierauf wurden die Arterien der Extremitäten mit Wasser so lange aus- gespritzt, bis keine gefärbte Flüssigkeit aus den Venen mehr ablief. ‘Es trat dabei eine ausserordentliche Anschwellung aller Muskeln ein, welche hart und fest wurden. Das Wasser musste alle Elemente vollkommen durchdrungen haben; denn es zeigte sich beim Einschneiden nicht etwa bloss eine Infiltration des Bindegewebes, sondern alle Theile waren anscheinend trocken und nur allmäh- lich sickerte aus den stark geschwollenen Muskeln Flüssigkeit hervor. Alle Ein- geweide, Gehirn, Muskeln, Knochen u. s. w. wurden hierauf klein zerschnitten und in das Waschwasser gelegt, in welchem sie 48 Stunden unter öfterem Um- rühren stehen blieben. Dieses erste Waschwasser wurde sodann gemessen; es betrug 86,000 Cem.; eine Probe davon, die ganz klar und hell ablief, wurde filtrirt und deren Verdünnung sodann nach der Farbennuance geschätzt. Ich hatte zu diesem Ende veranstaltet, dass der Scharfrichter bei der Hin- richtung in einem Glase mit eingeriebenem Stöpsel eine Quantität Blut unmittel- bar bei dem Ausfliessen aus den Adern aufgefangen und dasselbe sodann mit einigen kleinen Kieselsteinen in dem verstopften Glase bis zum Gerinnen ge- schüttelt hatte. Dieses Blut konnte demnach ganz vollkommen als Probe benutzt werden, indem keinerlei Veränderungen durch Verdunstung oder sonst wie mit ihm sich ereignet hatten. Es zeigle sich dasselbe indessen von ungewöhnlicher 335 Art, indem ich wenigstens noch nie Blut weder von Menschen noch Thieren, selbst nicht von Pferden in Händen gehabt habe, welches ein so grosses Sen- kungsvermögen seiner Blutkörperchen besessen, als dieses. In Zeit von we- nigen Minuten, nachdem es still gestanden, hatten sich dieselben schon stark gesenkt, und die Scheidung erfolgte so stark, dass die Flüssigkeitssäule bald - in zwei fast gleiche Theile geschieden war. Auch geschüttelt stellte sich die Trennung bald wieder her. Mit dieser Erscheinung harmonirte es vollkommen, dass die bekannte geldrollenförmige Anordnung der Blutkörperchen sich unter dem Mikroskop im höchsten Grade ausgebildet zeigte. Nie erinnere ich mich auch in höherem Grade elastische Blutkörperchen und merkwürdigere durch die- selbe hervorgebrachte Formen derselben gesehen zu haben, namentlich auch solche, welche sehr geeignet waren, eine beginnende Theilung vorausselzen zu lassen, an die ich nach wie vor nicht glaube. Ausserdem befanden sich in diesem Blute ausser den wie gewöhnlich anzusehenden sogenannten Lymphkörperchen eine Art Zellen, wie ich sie sonst im Blute nicht gesehen. Es waren ziemlich grosse, vollkommen entwickelte, mit einem Kerne versehene Zellen, welche _ ausserdem noch einen körnigen Inhalt von verschieden grossen dunkelen Mole- cülen enthielten. Besonders zahlreich schienen sie mir im Lebervenenblut zu sein, fanden sich aber auch in anderen Gefässen. Wie es schien, standen diese Eigenthümlichkeiten des Blutes mit einem scorbutischen Leiden des Hingerich- teten in Zusammenhang, was sich auch an dem Zahnfleisch desselben aus- - sprach, und von Hrn, Dr. Martin während des Aufenthaltes des Delinquenten in - der hiesigen Frohnfeste behandelt worden war. ’ 2 \ Da der Faserstoff des geronnenen Blutes noch immer Blutkörperchen ent- hielt, die ich nicht vernachlässigen durfte, so wurde derselbe für sich in einer bestimmten Quantität Wasser zusgewaäschen, und von demselben den Blutproben nach Verhältniss der ganzen Menge des aufgefangenen Blutes zugesetzt. Ich nahm sodann verschiedene Quantitäten dieses Blutes und versetzte sie so lange mit bestimmt gemessenen Mengen Wassers, bis die Färbung des Waschwassers aus dem Körper erreicht worden war. Mit Ausnahme der ersten Probe, bei welcher die benutzte Blutmenge sehr klein war, und vielleicht auch sonst noch nicht mit Sicherheit verfahren wurde, zeigte sich eine ziemliche Ueberein- stimmung : un.‘ 4 Cem. Blut brauchte 444 Wasser, Rn. ib » ” 400 2) are Aa » » 481 » BA » » 440 » ur: 5 » » » 500 » . 0» » » 4050 » wet Mit Berücksichtigung nun der nach Verhältniss zugesetzten Waschflüssigkeit x des Faserstoffes und des.spec. Gew. des Blutes, welches ich zu 1050 annahm, _ erhält man für: TE 4) 698 Grm. Blut ulm an 2) 80 » » j 3) 90 » » 4) 810 » » 5) 879 » » * 6) 840 » » Mittel 844,5 Grm, Blut. e 336 Nach Abfüllung der ersten "Waschflüssigkeit waren die Theile nochmals mit Wasser überschüttet worden und ‘dieses wurde 24 Stunden später wiederum nach seiner Färbung geprüft. Die Resultate waren hier, wegen der schwachen Farbe noch .etwäs abweichender unter einander. Von den verschiedenen Proben erhielt ich j bei der Probe mit 1 Cem. Blut 170,8. Grm. Blut RN) ». 446,3» » 2 » » 402,6 » » 4.» » 457,5» » 5 » » A705» » Mittel 449,5 Grm. Blut. Es wurden hiernach 99% Grm. Blut aus dem Körper ausgewaschen. Hierzu kommen noch 20 Grm. Pfortader- urd Lebervenenblut, welche ich aus den betreffenden Gefässen der Leiche zur Untersuchung auf Zucker auf- gesammelt hatte }). [u Die Gesammtmenge des Blutes hätte hiernach betragen 4775 Grm. oder etwas mehr als 9%, Pfd. Zollgewicht, und etwas mehr als '/;; des Körpergewichtes. _ Man wird nicht umhin können, dieses Resultat unerwartet gering zu finden. Nach der Methode und Berechnung von Valentin, welcher als Gesammiresultat seiner Versuche bei Säugethieren, Y, des Körpergewichts als Blutgewicht, be- rechnet, würde unser Hingerichteter 42,636 Grm. oder 25, Pfd. Blut besessen haben. Auch nach der Methode von Ed. Weber und Lehmann würde die Blut- menge wenigstens Y, des Körpergewichtes betragen. Letztere haben sowohl bei der Enthauptung mehr Blut erhalten, nämlich bei einem Körpergewicht von 60,440 Grm. 5540 Grm. Blut, als auch auf eine grössere Menge des im Körper zurückgebliebenen Blutes nach ihrer Methode geschlossen, nämlich auf 4980 Grm. Während man für letztere Zahl vielleicht behaupten könnte, dass sie nach der angewendeten Methode zu gross ausgefallen sei, ist der Unterschied in der bei R der Enthauptung abgeflossenen Blutmenge (nämlich 4779 Grm. mehr bei einem etwas leichtern Individuum) besonders auffallend. Dass die Ausilussbedingungen bei beiden verschieden gewesen sein sollten, ist kaum zu glauben. Wenn in beiden Fällen die Gewichtsermittelungen genau waren und keine Fehler vorge- kommen sind (Lehmann gibt leider das Nähere nicht an), so würde man eher auf eine Störung des Parallelismus zwischen Blut und Körpergewicht schliessen müssen. Dass bei der Bestimmung des Blutverlustes durch Enthauptung auch bedeutende Irrthümer mit unterlaufen können, beweist die Angabe von Wris- berg, nach welcher bei der Enthauptung einer Weibsperson 24 Pfd. Blut auf- gesammelt worden sein sollen. ‘Was mag man dabei wohl Alles für Blut ge- halten haben? In unserem Falle war gar Nichts, namentlich auch kein Harn oder Samen verloren gegangen, wie die noch gefüllte Harnblase und die Wäsche zeigte. Ich gestehe indessen, dass mir auch der angenommene Parallelismus zwischen Blut und Körpergewicht noch lange nicht fest genug gestellt zu sein scheint. Seine Grundlage bilden die Valentin’schen Versuche, welche, wie nun kaum mehr zu zweifeln sein möchte, bedeutende und wohl nicht immer gleich- artige Fehlerquellen in sich einschliessen mögen. Welker hat ebenfalls eine ziemlich grosse Uebereinstimmung zwischen Körper- und Blutgewicht gefunden, !) Beide Blutarten zeiglen bei einem von Hrn. Prof. v. Liebig angestellten Ver- suche mit der Trommer'schen Probe die Reaction auf Zucker; das Leber- venenblut aber viel stärker als das Pfortaderblut. % 337 aber mehr für verschiedene Thierarten, als für dieselben Thiere in verschie- denen Zuständen. Ich bin geneigt, in dieser Hinsicht um so bedenklicher zu sein, als man in letzter Zeit angefangen hat, auf den Parallelismus zwischen Körpergewicht und den einzelnen festen und besonders flüssigen Bestandtheilen des Körpers Schlüsse zu begründen, die mir höchst gewagt und verleitend zu sein scheinen. Welker hat übrigens mit seiner Methode auch bei Thieren ver- schiedener Classen das Blutgewicht zu Y, des Körpergewichtes gefunden. __ Welche wichtige Modificationen die ganze physiologische und pathologische Blutlehre in Beziehung auf Stoffwechsel, Kreislauf und Absonderung erleiden wird und muss, wenn wirklich die Blutmenge so weit hinter der bisher ange- nommenen zurückbleibt, brauche ich hier wohl nur anzudeuten. D Ich habe oben bemerkt, dass an der Leiche des Hingerichteten auch mehrere Reizversuche angestellt wurden, mehr indessen zur Belehrung der Zuhörer, als um neue Resultate zu gewinnen. Der Einfluss des Sympathicus auf den Dilatator Pupillae wurde bestätigt. Der. Oculimotorius reagirte um 5 Uhr 45 Min. nicht mehr, wohl aber brachte | Reizung des Bulbus noch um 6 Uhr 45 Min. eine Verengerung der Pıpille her- ) vor. Der Facialis wirkte auf die Gesichtsmuskeln noch um 6 Uhr 7 Min. Reizung des Lingualis brachte um 6 Uhr 47 Min. keinen Speichelaustluss aus dem geöffneten Ductus Whartonianus zu Stande (nach Analogie des Ver-- - suches von Ludwig, welcher selbst nach Unterbiadung der zuführenden Arterien zur Gland. submaxillaris bei Reizung der Neryen noch reichlichen Speichel- ausfluss sah). Reizung des Ductus Whartonianus selbst bewirkte keine bemerk- ‚bare Contraction an demselben, Reizung des Vagus um 5 Uhr 50 Min. erregte keine Zusammenziehung an dem Magen. Eine Wirkung auf die noch schlagende rechte Herzyorkammer war zweifelhaft, doch schienen die Contractionen schwächer und seliener zu werden, so lange die Reizung dauerte, - Reizuog der sehr derben und ansehnlichen Milz brachte um 6 Uhr 27 Min. ne Wirkung hervor. Die Milzkörperchen waren in dieser Milz so zahlreich id deutlich, wie ich sie in einer menschlichen Milz noch nicht gesehen habe. Reizung eines Querschniltes der Corp. cavernosa penis bewirkte um 6 Uhr 36 Min. eine sehr deutliche Contraction des cavernösen Gewebes. - Ebenso war eine Verengerung des Lumens der Aorta thoracica auf einem Juerschnitt um 6 Uhr 48 Min. ganz deutlich. Ebenso eine Verengerung eines uerschnittes der V. cava inf. um 8 Uhr. Eine Verengerung des Lumen des Duct. hepatieus auf einem Querschnitt war um 7 Uhr 25 Min, ganz unzweifelhaft. An der Gallenblase konnte keine Wir- kung beobachtet werden. . ' Eine Zusammenziehung der Samenblase blieb um 7 Uhr 54 Min, zweifelhaft. u > Das (blutleere) Gehirn mit Pia mater und Arachnoidea, hinter der Med. ‚abgeschnitten, wog 1453 Gum. Die Leber mit Gallenblase und Galle 1243 Grm. Pr Die Galle frisch 48,27 Grm.; getrocknet 3,27 Grm., also 85,38%, Wasser. Das Herz, die Lungenvenen, obere und untere Hohlvene dicht an dem Ein- in den Herzbeutel; die Lungenarterie am Theilungswinkel; die Aorta hinter 338 dem Abgang der Subel. sin; die grossen Gefässstämme, an ihrem Austeitt aus den Arcus Aortae abgeschnitten, wog 243 Grm. Die rechte Niere 414 G:m,; die linke 408. , Der rechte Hoden 45 Grm.; der linke 43. ‚Die Lunge nach Entferaung der angeschwollenen Gland. bronchiales mit der Luftröhre bis zum Kehilkoepf 543 Grm. Die Samenblasen und Yasa deferentia enthielten nur sehr sparsame, die Urethra keine Spermatozoiden. Die Wandungen der Vas. def. und Duct. ejacu- latorii zeigten in ihrer innern Schichte ein sehr hemerkenswerthes braungrünes Pigment. In der Prostata fanden sich zahlreiche Baal Körper, die bei Zusatz von Jod schwach blau wurden. München, den 23. Juli 4855. Ueber die Degeneration und Regeneration der Nerven mit be- sonderer Beziehung auf die Mittheilungen von Kduard Lent. Von Dr. Schiff in Frankfurt a. M. über die Entartung und die Regeneration der Nerven, dessen Ergebnisse zwar im Allgemeinen mit den von mir in Betreff desselben Punktes erlangten Resultaten völlig übereinstimmen, der aber in Bezug auf einzelne Aeusserungen des Ver- fassers eine nähere Erklärung von meiner Seite erfordert. Als das Hauptresultat des polemischen, gegen Waller gerichteten Theiles meiner Arbeit hatte ich ausgesprochen '), dass Waller’s angebliche neugebildete Nervenfasern nichts Anderes seien, als die Nerven, deren Entartung die höchste Stufe erreicht habe, von denen also nichts mehr sichtbar sei, als die Hülle um die in derselben beständig vorhandenen Kerne, die in diesem Zu- stande nicht mehr durch die Anwesenheit der Markscheide dem Blicke entzogen würden. Es ist mir sehr angenehm, dass Herr ZLent, und zwar, wie es nach seiner Arbeit scheint, ohne sich meines, stark genug betonten, Ausspruches zu erinnern, ganz zu demselben Ergebnisse gelangt ist. Es ist mir dies um so erfreulicher, als die Untersuchungen von ZLent unter der Leitung von Herrn Kölliker angestellt sind, der, wie in seinen früheren Arbeiten so noch in der letzten Ausgabe seines Handbuches der Gewebelehre, die von mir entdeckten, in allen Nervenscheiden in ihrer ganzen Länge vorhandenen wechselsweise ge- stellten Kerne läugnet und die Scheide der Primitivfasern geradezu structurlos nennt. Ebenso bestätigt Herr Lent meinen Ausspruch über die Differenz der entzündlichen und der paralytischen Veränderungen des Nerven, und er scheint, wie aus einer Stelle seines Aufsatzes hervorgeht, auch gefunden zu haben, dass, “ 3 Das vorige Heft dieser Zeitschrift enthält einen Aufsatz von Herrn Z. Lent | i !) Archiv des Vereins für gemeinschaft. Arbeiten, 1853, pag. 615 u. 646. — Comptes rendus de l'academie des sciences, Tome XXXVIII, pag. 451 et 452. 339 wie ich es bemerkte, der entzündete Nerv viel schwerer zu zerfasern ist, als der paralytisch veränderte. Hingegen sagt er, «habe er sich nicht überzeugen «können, dass, wie Schiff will, zwischen der anfänglichen Gerinnung des Nerven- «markes nach der Durchschneidung und derjenigen, die nach dem Tode ein- «tritt, ein Unterschied sich findetv. Zwischen der anfänglichen Gerinnung habe ich nie einen Unterschied behauptet, wohl aber tritt ein solcher ganz ent- - schieden hervor, wenn die Zerklüftung, die eigentliche Entartung im paralysirten Nerven bereits angefangen hat, und ich werde später den Beweis liefern, dass t im lebenden Thiere diese charakteristische Zerklüftung nicht eintritt, ‚wenn man einen Nerven nicht blos durchschneidet, sondern völlig ertödtet: die Ansicht, dass die anfängliche Gerinnung von der nach dem Tode eintretenden sich wesentlich unterscheide, ist mir so fremd, dass ich bereits vor längerer Zeit gegen Herrn Luschka bemerkt habe !), dass, um die Veränderung der ge- " lähmten Nerven immer als pathologisch zu erkennen, man ganz frische Leichen, also nur eben 'getödtete Thiere untersuchen müsse. Bei Fröschen, wo das erste Stadium der Gerinnung, besonders im Winter, sehr lange dauert ?), ist es daher einige Zeit nach dem Tode nicht möglich, den gelähmten Nerven von den an- deren zu unterscheiden und hierin, und nicht in dem vor Herrn Lent gesuchten Umstande ist es begründet, dass Bruch die charakteristischen Veränderungen vermisste ®). Im regenerirten Nerven suchte Bruch sicher nicht nach Merkmalen der Degeneration. Herr Lent bemerkt, die Entartung scheine am ganzen peri- pherischen Ende des Nerven zu gleicher Zeit aufzutreten. Dies ist vollkommen richtig in Bezug auf das erste Auftreten, es ist aber zu bemerken, dass sie in den feinsten Verzweigungen der Nerven innerhalb der Organe ungleich rascher _ forischreitet als in den Stämmen. } Wenn Herr Lent gegenüber der von mir aufgefundenen Persistenz des Axencylinders sagt, dass er in den Nervenröhren jenseits der Durchschneidung ‚den Axencylinder. niemals mit Sicherheit gesehen habe, so kann dies nur an ‚der verschiedenen Behandlung des Objectes liegen. Ohne weitere Präparation sieht man den Axencylinder nie deutlich in entleerten Nervenröhren, weil er das Licht gerade so wie die Scheide bricht. Man vermisst ihn aber nie '), wenn man den Nerven erst 2% oder 48 Stunden in einer concentrirten Lösung ‚von Sublimat liegen lässt. Will man ihn sehr brillant sehen, so setze man dem tfaserten, mit Sublimat behandelten Präparal einige Tropfen verdünnter Essig- säure zu. Der Axencylinder schrumpft alsdann etwas zusammen, wird schmä- fr, und man sieht ihn jetzt als dunklen Faden, hier und da spiralig aufgerollt und meist zickzackförmig gebogen in der Nervenscheide liegen. Nie sieht man ihn so deutlich und allenthalben bei normalen Nerven. Wenn übrigens Herr Lent sagt, dass er sich meiner Ansicht über die Re- neration der Nerven deshalb nicht anschliessen könne, weil ich den Axen- eylinder, den er hier nirgends gesehen, für das Wichtigste bei der Regeneration al ®, so beruht dies auf einem doppelten Missverständniss. Zunächst ist meine Ansicht über den Vorgang bei der Regeneration so sehr vom Axencylinder unabhängig, dass meine ganze Darstellung beinahe zwei Jahre früher geschrie- _ 4) Tübinger Archiv, XII, pag. 384. ?) Oft bis in den vierten Monat, mu) Dies bestätigen mir Bruch's eigene mündliche Mittheilungen. —#) Vergl. meine Notiz in Vogel und Nasse’s Archiv, I, pag. 700. — Comptes rendus, pag. 452. 340 ben ist,. als ich die Persistenz des Axencylinders entdeckte, wie auch in meiner Schilderung gar. nicht von der Fortdauer des Axencylinders die Rede ist 1). Erst später, als ich den Axencylinder fand, sprach ich in einem Nach- trage die Vermuthung aus, dass die Regenerationsfähigkeit und nicht der Regenerationsvorgang von seiner Persistenz abhängen möge ?). Sodann ist auch das Wesentliche der Ansichten, die Herr Lent über die Regeneration im Nerven ausspricht, ganz und gar übereinstimmend mit,.dem, was ich aus mei- nen Beobachtungen entnommen habe, wie man sich beim Durchlesen meiner‘ Arbeit im Archiv von Vogel und Nasse leicht überzeugen wird. Es ist natür- lich, dass Herrn Lent bei der beschränkten Zahl seiner Versuche keine so voll- ständigen Beobachtungsreihen zu Gebote stehen konnten, wie sie mir jahrelange Studien geliefert haben, und wenn er hier mehr auf Vermuthungen hingewiesen ist, so ist es ein Beweis seines Scharfblickes, dass er hier wesentlich das Rich- tige getroffen hat. Indessen muss ich ihm widersprechen, wenn er Beobachtun- gen der Art, wie sie Bruch beschrieben hat, nur als Ausnahmsweise gelten lassen will. Sie kommen im Gegentheil bei angemessener Operationsmethode sehr SUR vor, wenn auch die Mehrzabl der Schriftsteller anderer Meinung ist °). Neu ist mir aber die Beobachtung von Lent, dass sich in der Nähe den sich bildenden Narbe die Kerne der alten Nervenhüllen vermehren sollen. Hier- auf werden spätere Versuche jedenfalls Rücksicht zu nehmen haben, Frankfurt a. M., den 29. Mai 4855. Eine infusorielle Selbstbeurtheilung, von Prof. 3. F. Weisse in Petersburg. Es wäre zu wünschen, dass jeder Naturforscher, dem die Wahrheit am Herzen liegt, nach einer längern Zeit die von ihm veröffentlichten Beobachtunger mit denen Anderer vergleichend, sich gleichsam selbst kritisirte und ehrlich Rechenschaft ablegte über das von ihm Vorgebrachte, um so Andere der Mühe’ zu entheben, dergleichen zeitraubende Vergleichungen vorzunehmen. In diesem Sinne will ich hier alle bisher von mir in St. Petersburg vermeintlich als neu entdeckten Infusorien der Kritik unterwerfen, ohne die dabei sich heraustellenden Prioritätsrechte besonders in Anspruch zu nehmen. 1. Syringogyra viridis (beschrieben und abgebildet ın dem Bullet. de la Cl. phys.-mathem. de l’Acad. Imp. d. Scienc. de St. Petersbourg, Tom. Ill, No. 2). Nach späteren Beobachtungen habe ich mich vollkommen davon über- zeugt, dass dieses Wesen nichts als eine Alge, wahrscheinlich zu Spirulina ge- hörig, sei. \ !) Vergl. meine Notiz in Vogel und Nasse's Archiv, I, pag. 616. 2) Ebenda, pag. 704: — Comptes rend., pag. 452. t ®) Vogel und Nasse's Archiv, pag. 619 "und 620. — Tübinger Archiv, 4853, pag. 380. — Dasselbe habe ich schon 4852 der Versammlung der Natur forscher in Wiesbaden mitgetheilt. 341 02. Conchularia paradoxa (ebend. No. 14, ohne Abbildung). ‚Dass ich _ die so eben aus den Wintereiern der’ Alcyonella stagnorum hervortretenden E.. mit’ den Eischalen in Verbindung gebliebenen Jungen irrthümlich für ein neues mikroskopisches Geschöpf gehalten, habe ich schon früher berichtet (ebend, No. 45). 8. Amoeba vermicularis (Bull., Tom. IV, No. 8,9). Diese von mir im 'e 4845 beschriebene und abgebildete neue Art ist wahrscheinlich identisch mi Dujardin' s Amibe Limace (Histoire naturelle des infusoires. Paris 4841, S. 236. Es fehlt eine Abbildung). '%. Arcella uncinata (ebend. beschrieben und abgebildet). Ist jetzt, sieben Jahre nach meiner Veröffentlichung, von Perty als Arcella Okeni aufgestellt wor- den (Zur Kenntniss kleinster Lebensformen u. s. w. Bern 1852). 5. Discodella multipes| (ebend. beschrieben und abgebildet). Später 6. Discodella Hystrix nicht wieder gesehen. "7. Epistylis Virgaria (ebend.). Ich vermuthe jetzt, nachdem ich die ‚meisten Epistylis-Arten kennen gelernt habe, dass die hier genannte nur der Jugendzustand von Ep. Anastalica gewesen. 8. Actinophrys ovata (ebend.). Dürfte wohl nicht ‚als besondere Art, ndern nur als eine veränderte Form von Act. Sol zu betrachten sein. 9. Anuraea divaricata (ebend.). Ist mir seit jener Zeit nicht wieder _ vorgekommen. } 40. Mastigocerca lunaris. (Bull., Tom. V, No. 45) — Botriocerca affinis ar (Erster. Nachtrag zur Infusorienkunde Russlands, Tab. IX, Fig. 9). I . Acineta cothurnata (ebend.) — Aecin. Diadema Stein (Die Infusorien auf Es Entwicklungsgeschichte untersucht. Leipzig 4854, Tab. I, Fig. 6, 7, 8). 42. Orcula Trochus (ebend. und auch Tom, VI, No. 23). Dieses von “ seit 4847 nicht wieder gesehene Wesen hat Stein als gestielten Acineten- stand der Vorticella micrpelonn in seiner vorher angeführten Schrift (Tab. IV, x. 30 u. 34) beschrieben. 43. Vaginicola gemella (Bull., Tom. VI, No.7). 44. Triarthra cornuta (ebend.) — Triarthra breviseta Gosse (Ann. of atur. Hist., Vol. VIII, Sept. 4851). Als ich diese neue Art, schon im Jahre 4846, beschrieb und abbildete, vermied ich den jetzt von Gosse gewählten Bei- imen, weil Ehrenberg schon seine Tr. mystacina zu deutsch: «Kurzbart» genannt. « AB. Limnias Melicerta (Bull., Tom. VI, No. 23). Diese neue sehr aus- eichnete Art, welche ich schon 4847 bei uns entdeckte, hat Ehrenberg auch in Berlin beobachtet, was ich im Sommer 4853 aus einer Handzeichnung bei ihm ersehen. Wahrscheinlich hat auch And. Pritchard' diese Art beobachtet. fan lese, was er in seiner neuesten Schrift: A History of infusorial Animal- alles ete. Lond. 1852, S. 619 unter L.—? sagt. De ze 46. Diglena granularis (Bull., Tom. VII, No. 48). Vielleicht Cercaria ellus Müll.? In neuester Zeit von Leydig für das Männchen der Digl. Catel- lina erklärt (Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, 135%, Bd. VI, Heft 4). 797. Cyelidium lineatum (Bull., Tom. IX, No. 5) — Coceudina crystal- a Periy (L. c. Tab. V, Fig. 13). Nach Voranstehendem bin ich also in einem \ Viertel Jahrhundert — seitdeih ' die Infusorien-Fauna von St. Petersburg beobachte — nur auf dreizehn sorien gestossen, welche ich noch nicht beschrieben fand; denn No. A u. 2 'ich irrthüimlich ftir solche gehalten und No. 7 u. 8 sind als unselbstständige n zu streichen. Von den dreizehn neuen Arten, worunter fünf Rüder- 342 thiere, sind ihrer acht auch von anderen Beobachtern gesehen worden, ohne dass sie meine Nachrichten über dieselben gekannt. Vergleichen wir nun diese geringe Zahl mit der enorm grossen Menge Arten eines Losano, eines Dujardin, eines Eichwald, eines Perty und Anderer, welche nur wenige Jahre beobachteten, so muss man mit Recht erstaunen, und es dürfte wohl die Annahme gestaltet sein, dass diese Herren die kleinen unschein- - baren Wesen nicht oft genug und nicht mit der erforderlichen Aufmerksamkeit angeschaut haben, um zu der Ansicht zu gelangen, dass die Unterschiede, durch welche sie verleitet wurden, so unendlich viel Neues zu sehen, nur scheinbar, nicht aber wesentlich seien. Auch mir ist es in den ersten Jahren meiner For- schungen, wo ich mit Vernachlässigung der innern Organisation mich nur durch die äusseren, so wandelbaren Formen leiten liess, nicht selten begegnet, dass ich ‚ein Thierchen beim ersten Vorkommen für eine neue Art anzusehen geneigt war, nach wiederholter Beobachtung aber, oft erst nach Jahresfrist, schmerzlich erkannie, dass es ein schon längst beschriebenes war. Man sei deshalb nicht zu schnell bei der Hand, neue Arten und Species zu creiren; die Verwirrung in der Synonymik ist schon so gross genug und es bedarf wahrlich keines neuen Materials — es sei denn gehörig verarbeitet worden! Eine neuro-physiologische Beobachtung an einem Triton cristatus. Briefliche Mittheilung an Prof. A. Kölliker von Prof. 5. N. Czermak. Gratz, den 30. Mai 4855. Ein Mitte Mai 1. J. gefangenes Männchen von Triton cristatus verfiel jedes Mal in eine Art Erstarrung, aus der es sich erst nach mehreren Seeunden er- | holte, wenn ich eine seiner Extremitäten oder seinen Schwanz mit den Branchen ! einer starken eisernen Pincette fasste und kräftig drückte. Ich bemerkte diese eigentbümliche Erscheinung ganz zufällig, als ich das Thier aus seinem mit” Wasser gefüllten Glase in ein anderes Gefäss bringen wollte und statt der Finger | einer Pineeite mich bediente. Es waren mir nämlich die Branchen der Pincette mehrmals an dem schlüpfrigen Leibe abgerutscht, weil ich — um dem Thiere nicht weh’ zu thun — keinen starken Druck ausüben wollte, als ich endlich, ungeduldig über das wiederholte Misslingen meines Vorhabens, den Schwanz des | Thieres erfasste und so kräftig und rücksichtslos zusammendrückte, dass m das Thier nicht entwischen konnte und ich mein Ziel erreichte. Es entging mir nun hierbei nicht, dass das Thier, auf dem Boden des andern ebenfalls mil Wasser gefüllten Gefässes angelangt, mit krampfhaft geschlossenen Augen in de Stellung, welche es während der bewerkstelligten Uebertragung aus dem eine Gefäss in das andere, vor Schmerz sich windend, angenommen hatte, starr u regungslos einige Secunden lang liegen blieb und erst nach Ablauf dies Zeitraumes, den Gebrauch seiner Glieder wieder erhaltend, hin- und he ; 343 ‚fahren begann. Einmal aufmerksam auf diese sonderbare Erscheinung erkannte ich bald, dass durch kräftiges Quetschen des Schwanzes sowohl, als des Ober- armes oder Oberschenkels dieser starrkrampfähnliche Zustand regelmässig her- 'vorgerufen werden konnte. Wurde das Thier an den bezeichneten Stellen mit der Pincette erfasst und tüchtig gequetscht, so wand es sich zunächst immer vor Schmerz und suchte zu entkommen, krümmte sich aber alsbald zusammen, ‚schloss krampfhaft die Augen und verblieb einige Zeit erstarrt und regungslos in der angenommenen Stellung — wenn die drückende Pincette auch schon längst entfernt war. Ich wiederholte diesen überraschenden Versuch wohl 45 bis 20 Ma! hinter einander, wobei das Thier einen sehr schaumigen, übel- 'riechenden Schleim absonderte und rasch an Kräften abnahm. Ich hatte das 'Thier in ein weites Gefäss von Blech gethan und bemerkte, dass der beschrie- bene Zustand der Erstarrung nun auch durch ein starkes Aufschlagen mit der Pincette auf den Boden des Blechgefässes hervorgerufen werden konnte — ob in Folge der Erschütterung oder des dröhnenden Schalles, lasse ich dahingestellt. - Als ich nach einiger Stunden den Versuch an dem sehr erschöpften Thiere wieder vornehmen wollte, misslang derselbe vollständig; die Reizbarkeit schien erloschen zu sein. ‘Unmittelbar darauf schenkte ich, in einer Anwandlung von Mitleid, dem gequälten Thiere die Freiheit. Ich hätte nun sehr gewünscht, die mitgetheilte auffallende Erfahrung an mehreren anderen Individuen von Triton cristatus zu bestätigen und weiter zu verfolgen, um festzustellen, ob diese Starrsucht nach heftiger Reizung der sen- sitiven Sphäre, als eine dieser Thierspecies allgemein zukommende Erscheinung ‚oder aber als ein bloss in Folge einer individuellen Reizbarkeit meines Exemplars eingetretenes, mehr zufälliges Phänomen anzusehen sei? Zu meinem grossen Leidwesen konnte ich aber seit jener Zeit, trotz aller möglichen Bemühungen, uch nicht Ein Exemplar des grossen Triton cristatus mehr in unserer Gegend ‚auftreiben, und muss ich es einer spätern Zeit oder anderen Forschern, wel- ehen solche Thiere gegenwärtig zu Gebote stehen sollten, überlassen, den Gegen- stand weiter zu verfolgen. Nichts desto weniger glaube ich aber, Ihnen diese in physiologischer Be- ziehung gewiss nicht uninteressante — wenn auch nur an Einem Individuum, doch mit aller Schärfe und Sicherheit gemachte — Beobachtung mittheilen ollen, denn wenn sich auch dieselbe später nicht an allen Exemplaren von fon cristatus oder überhaupt gar nicht bestätigen liesse, so bliebe sie darum ch für den Einen Fall nicht minder gewiss und verlöre wenig oder nichts ihrem neuro -physiologischen Interesse. Hervorzuheben ist noch, dass sich mein Thier, bevor ich auf die mitge- ] Versuche verfallen war, seit etwa acht Tagen in der Gefangenschaft \ nden und während dieser Zeit ausgehungert hatte, und ferner, dass es seine llechtliche Arheit bereits geleistet zu haben schien, indem der Kamm, wel- die männlichen Tritonen so auffallend ziert und auszeichnet, welk und — schon in der Schrumpfung begriffen war. hielt es nicht für überflüssig, diese Umstände, unter welchen ich meine bachtung machte, genauer anzugeben und besonders hervorzuheben, da kanntlich die nervöse Reizbarkeit anderer Lurche mit der Jahreszeit und ge- sen Verhältnissen des Lebensprocesses in unläugbarer Beziehung steht, und zu vermuthen ist, dass die Reizbarkeit oder Stimmung des Nervensystems Folge deren jene Starrsucht durch peripherische Reize hervorgerufen werden "konnte, ebenfalls an gewisse äussere und innere Bedingungen gekntipfi sein mag. 344 Bei den kleineren Arten der Gattung Triton, namentlich Tr. taeniatus, habe ich ‘bis jetzt keine Spur der mitgetheilten Erscheinung eintreten sehen. Diese Thiere suchen augenblicklich zu entfliehen, ohne auch nur einen Augenblick in jene Erstarrung zu verfallen, wenn sie des lästigen Druckes der Pincette ledig sind. _ Ich enthalte mich jeder weitern physiologischen Bemerkung, zu welcher der vorliegende Gegenstand wohl anregen könnte, und schliesse diese kurze Mit- theilung mit der Erinnerung an eine im Älterthume bereits bekannte, in gewisser Beziehung analoge Erscheinung bei einer ägyptischen Schlangenart. Ich meine das schon von den alten Psyllen practieirte Erstarren der Naja haje, über wel- ches man bei Oken (Allgem. Naturgeschichte. Stuttgart 4836. Thierreich, Bd. IH, pag. 563) folgende Notiz findet : € \ «Die sogenannten Zauberer fangen sie (die Haje, Nescher genannt) ebenfalls, «reissen ihr die Zähne aus und machen mit ihr allerlei Gaukeleien, um dadurch «Geld zu gewinnen. Sie sind namentlich im Stande, sie steif zu machen, dass «sie dieselbe wie einen Stock in der Luft hin- und herschwingen können, trotz «den Zauberern zu Pharaon’s Zeiten, welche Moses zu Schanden machen wollten, «der aber die Kunst ebenfalls verstand. Geoffroy St. Hilaire hat nämlich bemerkt, «dass sie dieselben mit dem Daumen hinter dem Kopfe drückten, wodurch sie «den Starrkrampf bekommen und steif werden.» ........ «Die ganze Wirkung «kommt hier augenscheinlich von dem Druck auf den Kopf. Geoffroy wollte - «daher haben, der Gaukler sollte nichts anderes thun, als ihr die Hand auf dem «Kopf legen. Das betrachtete er aber als einen fürchterlichen Frevel, und that «es nicht, ungeachtet aller Anerbietungen. _Geoffroy drückte ihr dann selbst etwas 2 «stark auf den Kopf, und sogleich: zeigten sich alle Erscheinungen, welche der «Gaukler nur durch ‚seine mysteriösen Gesten hervorzubringen glaubte. Als er «dieses sah, lief er aus Schrecken davon, weil er dieses Wunder für eine schauder- «hafte Entheiligung] hielt. » Erklärung. z Meine Entgegnung auf die von Herrn Dr. von Hessling (Bd. V, 8.392 — 49 dieser Zeitschrift) und Herrn Dr. Aubert (Bd. VI, S. 349 — 354 derselben) gegen einige meiner Beobachtungen gerichteten Angriffe befindet sich in einer so eben von mir unter dem’ Titel: «Martin Barry's Bestätigung einiger neueren mikroskopischen Beobachtungen» herausgegebenen Broschüre. Ich ver- fehle nicht, diejenigen geehrten Naturforscher, ‚welche sich für die von: mir besprochenen ‚Gegenstände interessiren sollten, darauf aufmerksam zu machen. Insterburg, im ‘April 1855: F. Keber. Berichtigung. Auf der ersten Tafel zur Abhandlung «Ueber den Bau der Räderthiere von Leydig» (Bd. VI, Taf. I dieser Zeitschrift) steht irrthümlich als Verferliger der Zeichnungen der Name Gegenbaur statt des Autors Leydig. Me Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Fische, , von Dr. Hermann Aubert in Breslau. Mit Tafel XVII. 1. Die Entwicklung des Herzens und des Blutes 4 im Hechteie. Die Entwicklung des Herzens und des Blutes hat die Aufmerk- samkeit der Embryologen immer in hohem Grade beschäftigt, indess gelang es erst Vogt (Embryologie des Salmones), die mit Postulaten und Beobachtungen vermengten Beschreibungen auf das zu reduciren, was die nüchterne Beobachtung lehrt. Da Vogt nur die Palee unter- sucht hat, so glaubte ich, dass eine Verfolgung dieser interessanten Vorgänge am Hecht und Barsch nicht ohne Nutzen sein würde, um so mehr, da nach Vogt Niemand die Entwicklungsgeschichte der Fische studirt hat. Ich habe daher schon vor zwei Jahren einen Theil meiner Beobachtungen in einer Gelegenheitschrift (Dissertatio ad impetrandam ndi veniam. Vratislaviae 4853) veröffentlicht, bin aber durch aller- ‚hand störende Verhältnisse verhindert worden, sie in deutscher Sprache und unter Beilegung von Abbildungen zu veröffentlichen. Ich halte letztere für unumgänglich nöthig bei Darstellungen aus der Entwick- lungsgeschichte, und glaube, dass der Mangel derselben der Arbeit von Lereboullet über die Entwicklung des Hechtes (Annales des sciences, IV"* Serie, Tom. I), die leider nur in so kurzen Aphorismen wieder- gegeben ist, viel von ihrem Werthe raubt. Die Durchsichtigkeit, Kleinheit und Beweglichkeit des Hechteies gestattet, wie dies schon aus Vogt’s vortrefllichem Werke hervorgeht eine viel genauere und weiter zum Ursprunge zurückgehende Beobach- tung der Herz- und Blutentwicklung, als es bei anderen Embryonen, Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VII. Bd, 23 346 z. B. vom Hühnchen und Säugethieren möglich ist. Ein Blick auf die mühevollen Untersuchungen eines Bischoff und Remak beweist dies zur Genüge. Ein Hechtei lässt sich ohne Präparation, ohne Unterbrechung seiner Entwicklung von allen Seiten beobachten, und wenn man es, was natürlich für viele Verhältnisse nöthig ist, präparirt, so kann man sich vorher über seinen Entwicklungszustand hinlänglich unterrichten. Das erste, was sich von dem Blutgefässsysteme bildet, ist nicht das Herz, sondern der Raum, in dem sich das Herz bilden soll, der spätere Herzbeutel. Man sieht nämlich zuerst am dritten bis fünften Tage, zu der Zeit, wo der Embryo etwa zwei Drittheile des Dotters umwachsen hat, wo die Einstülpung der oberflächlichsten Zellenschicht des Embryo in die Ausstülpung des Gehirns, aus der später die Augen werden, begonnen hat, Fig. 4 (s. die Erklärung der Abbildungen); zur Zeit, wo das Ohr durch eine ovale Blase repräsentirt wird, wo sich etwa 20 Wirbel- abtheilungen gebildet haben, die Schwanzfortsätze sich sehr zurück- gebildet und die Schwanzspitze noch nicht frei ist, sondern an dem Dotter anliegt: zu dieser Zeit bemerkt man ein dunkle Stelle zwi- schen dem Embryo und dem Dotter, als ob sich der Embryo von dem Dotter abheben wollte, in der Mitte zwischen Auge und Ohr (Fig. A h). Der Dotter ist an dieser Stelle nicht eingedrückt, er ist noch ganz rund, und nur der Embryo hat sich erhoben. — Betrachtet man den Embryo von oben, so sieht man entsprechend zwei jetzt noch sehr unbedeutende Erhebungen sich gegen die Seite hin abflachen und findet diese Stelle etwas durchsichtiger. In den nächsten 24 Stunden geschieht nun weiter nichts, als dass dieser Raum zwischen Dotter und Embryo sich allmählich vergrössert, theils durch eine stärkere Erhebung des Embryo, iheils durch ein Zurückweichen des Dotters. Dieser Raum bekommt etwa die Gestalt zweier, mit ihren concaven Seiten zusammengelegter Uhrgläser, deren vorderer Rand .die Anlage des Auges, deren hinterer die des Ohres begränzt. Da, wo die Schatten des Dotters und des Embryos nicht. mehr stören, sieht man diesen jetzt hellen Raum mit Zellen erfüllt, die sehr durchsichtig sind, und nicht blos die Wände zu bekleiden, son- dern den ganzen Raum auszufüllen scheinen. Von oben gesehen, er- strecken sich diese Zellen in einem seitlich etwas abgeplatteten Kreise, dessen Durchmesser die Entfernung zwischen Auge und Ohr ist, von dem Embryo her auf den Dotter und markiren sich sehr gut durch ihre Durchsichtigkeit und ihre trotzdem scharfen Contouren (s. Fig. 3pp). Sie sind rund, nicht polygonal gegen einander abgeplattet, und daraus muss man schliessen, dass sich eine Intercellularsubstanz zwischen ihnen befindet. Diese Zellen sind grösser und durchsichtiger als die übrigen Zellen des Embryo, sie machen eine besondere Art von Zellen 347 _ aus. Da sie zuerst in der Mitte zwischen Embryo und Dotter ent- stehen, nicht von der Seite her wuchern, und also auch nicht als eine Einstülpung, als Umschlag der Hautschicht angesehen werden können, so spricht diese Bildung ganz für das von v. Baer statuirte und von - fast allen späteren Beobachtern beibehaltene Gefässblatt, als der pas- _ sendsten Bezeichnung eines durch Differentiation der Zellen entstehen- den Systems im Embryo. — Die erwähnten Zellen sind mit Kernen versehen, die glatt sind, aber nur durch Essigsäure sichtbar gemacht werden können. Schon gegen Ende dieser Zeit, also 20 Stunden nach dem ersten _ Auftreten des Gefässblattes bemerkt man in dem Winkel dieses Raumes am Ohre einen dunklen dreieckigen Körper, dessen freie, nach vorn gerichtete Seite von jenen Zellen begränzt oder überzogen wird. Er ist feinkörnig, ich habe ihn aber nicht isoliren können. Es ist das Herz, welches hier entsteht und sich in den nächsten Stunden schon so weit entwickelt, dass es aus seiner Lage als solches erkannt wird. (Wenige Stunden später beginnt es schon zu schlagen.) Der Raum _ erweitert sich sehr schnell, indem die Intercellularsubstanz besonders schnell zuzunehmen scheint. Ob sie jetzt schon flüssig ist, habe ich nicht erforschen können; ihre schnelle Zunahme jetzt und in den näch- sten Stunden dürfte wohl dafür sprechen, da sich ja flüssige Zellen- ausscheidungen im Embryo wie im Erwachsenen viel schneller zu bil- _ den pflegen, als festere. Es ist sonach vielleicht schon jetzt der Liquor ‚pericardii vorhanden als Secret der Zellenauskleidung des Herzbeutels. Die hellen Zellen liegen gedrängter an den Wandungen, als in der Mitte; der hintere Winkel erweitert sich nach hinten und wird we- niger spitz, so dass jetzt auch die hintere Wand des Herzens sichtbar wird, die gleichfalls mit Zellen bekleidet ist. Das Herz erscheint jetzt als ein solider Cylinder, der hinten gegen das Ohr, vorn schräg gegen die Einsenkung des Dotters gerichtet ist. Durch das stärkere Zurück- ‚weichen des Dotters und die Abhebung und Krümmung des Embryo wird es bald darauf gerade gestreckt, so dass es die Richtung eines Dotterradius hat. Es ist gegen die Dotteroberfläche nicht scharf ab- gesetzt, sondern schmiegt sich demselben schon jetzt etwas an, wie Fig. 2h zeigt. Die Zellen, welche es überkleiden, setzen sich auf den zurückweichenden Theil des Dotters fort. In der Zeichnung lässt sich das körperhafte dieser Bildung nicht so gut wiedergeben, als es sich in der Natur bei der Betrachtung von verschiedenen Seiten darstellt, denn dieser Uebergang der Herzbasis auf die Vertiefung des Dotters tritt auf allen Seiten deutlich hervor. Das Herz wächst nun stärker in seiner Längenausdehnung, als sich Dotter und Embryo von einander entfernen, oder stärker, als sich der Herzbeutel ausdehnt. Daraus resultirt eine Krümmung desselben, 233" 348 wie sie Fig. 4 zeigt. Zugleich ist seine Form.nicht mehr. die eines einfachen Cylinders: es hat etwa in der.Mitte eine Einschnürung, von der ein’ diekerer becherförmiger Theil gegen den Dotter (Fig. A h), ein dünnerer cylinderförmiger Theil unter einem Winkel nach hinten, gegen die Ohrgegend gerichtet ist (Fig. & h'). Im Ganzen hat es also die Gestalt eines Pokals, dessen geschweifter Rand auf dem Dotter ruht, dessen Fuss nach hinten geknickt ist. ‚, Der erste grössere dieser Theile wird zum Ventrikel, der 'zweite zur Aortenzwiebel. Bald entsteht auch der Vorläufer des dritten Theiles, nämlich des Vorhofes, der in der An- lage schon. vorhanden ist: es ist die Zellenschicht, welche von dem nach aussen umgebogenen Rande des Ventrikels sich auf den Dotter, wo er zurückgewichen ist, fortseizt (Fig. 4 h”).. Bevor er sich aber deut- lich als eine besondere Membran, die von dem Dotter abgehoben ist, darstellt, macht sich im‘ Ventrikel eine sehr wesentliche, wenn "auch scheinbar nur kleine Erscheinung bemerkbar: man sieht einen Streifen in. der Mitte desselben, eine Sonderung der Zellen des llerzens zur Bildung, der Höhle in ihm. Diese Trennung der embryonalen Zellen des Herzens wird immer deutlicher, so dass man bald die Embryonal- zellen, welche die Wandung dieses Spaltes bilden, erkennt. Die Höhlenbildung erfolgt also in der Entwieklung des Herzbeutels, wie des Herzens in analoger Weise durch Bildung einer Iutercellular- substanz. zwischen Zellen, die ursprünglich dicht an einander gränzen, aber durch jene, immer mehr von einander entfernt werden, bis sie als Wandungen eines Hohlraumes, der keine Zellen enthält, ange- sprochen werden müssen, Das Herz bewegt sich.noch nicht; das ist indess nicht so leicht zu bestimmen, denn wenn man lange Zeit hindurch dieses Organ be- trachtet, so ermüdet das Auge und spiegelt sich leicht eine Bewegung vor, wo auch keine da ist, und andererseits wird es zu abgespannt, um eine kleine Bewegung nicht zu ‘übersehen; ich kann. also nur sagen, dass es mir nicht möglich gewesen ist, zu der Zeit, wo sich eben ein Spalt im Herzen zeigt, eine Bewegung desselben zu sehen. Meine Beobachtungen stehen in dieser Beziehung im Widerspruch mit denen von Vogt und von Lereboullet. Die aphoristische Beschrei- bung, des Leiztern lautet: Das Herz bewegt sich gleich, ‚wenn es ge- bildet ist (des quil est forme), sogar bevor es hohl geworden ist (Annales des sciences naturelles, 485%, Tom. I, pag. 268). Beide Aus- drücke sind zu unbestimmt. Vogt dagegen (]. c. pag. 485) drückt sich sehr klar und bestimmt aus, er hat 45 Contractionen in der Minute bemerkt zu einer Zeit, wo keine Höhle im Herzen ‚war, sondern die Zellen überall gleichmässig angesammelt (partout accumulees de la m&me' maniere). ‚Dergleichen kleine Verschiedenheiten mögen wohl von äusseren Dingen, wie Licht und Temperatur, die ja einen so ax 349 | grossen Einfluss auf die Heräbewegung ausüben, abhängen. ' Ausser- dem hat Vogt allerdiügs' weniger Bewegungen in der ‘Minute zuerst gesehen, als ich, und die wesentliche Erscheinung kann ich sicher - bestätigen, dass Bewegungen des Herzens stättfinden, bevör das Herz eine eigentliche Höhle hat, also bevor an eine Circulation zu denken ist. 5 Ich’habe nämlich sehr bald nachher, wo die inneren Herzwände noch sehr dicht an einander lagen, und zwar an einem kalten Morgen bei Sonnenaufgang, also nach einer für Bewegungen ungünstigen Zeit und Temperatur, die ersten Herzbewegungen wahrgenommen, und zwar 20 in der Minute. Sie hatten ganz den Charakter einer unbe- stimmten, zähen Bewegung, deren Direction nicht recht klar ist, und ich finde den Vergleich Vogt’s, der diese Bewegung den Bewegungen der Muskelprimitivbündel an einem ausgerissenen Insectenfusse ähnlich findet, sehr glücklich gewählt. Bei aufmerksamer Beobachtung be- merkt man sehr bald nachher eine Richtung der Zusammenziehungen, und‘ zwar vom Dottertheile des Ventrikels gegen den Embryo hin. Allmählich werden die Bewegungen unter zunehmender Erweiterung _ der Herzhöhle ergiebiger und häufiger. Schon eine Stunde später zählte ich 34, zwei Stunden später 55 Contractionen des Herzens in der Minute. Vogt hat sich besondere Mühe gegeben, zu erfahren, in welcher Beziehung die Zellen des Herzens zu den Contraetionen desselben stehen. Es muss dieses Factum, dass ein Organ, welches nur aus Zellen besteht, sich rythmisch zusammenzieht, Jedem auffallen, und ‚Wagner, der es beim Hühnchen gleichfalls beobachtet hat, nennt es mit Recht ein «kolossales» Factum. Indess ist es auch mir nicht -ge- ‚lungen, zu sehen, was sich eigentlich zusammenzieht, trotzdem, dass ieh-es unter schr günstigen Umständen untersucht habe. Es gelang mir nämlich, ein Herz herauszupräpariren und einige Stunden, wäh- nd welcher seine Zusammenziehungen immer schwächer wurden, zu bachten; dennoch kann ich nur so viel mit Gewissheit sagen, dass die äusserlichen Zellen nicht zusammenziehen; wie sich die Em- ‚bryonalzellen der Herzwandungen verhalten weiss ich nicht, zweifle ‚aber auch, dass die Contraction einer einzelnen Zelle, wenn sie sich zusammenzieht, noch gross genug ist, um bemerkt zu werden. Lere- let hat sich daher ganz der Erscheinung entsprechend, aber vom rätionellen Standpunkt allerdings etwas zu diplomatisch "ausgedrückt, wenn er pag. 262, No. k5 sagt: La masse entiere est coniractile, mais Dies eellules qui la composent ne se contractent pas! Inzwischen hat sich der Herzbeutel bedeutend vergrössert, und ‚enthält jetzt, wo das Herz schlägt, jedenfalls eine. leicht verschiebbare Masse, das heisst 'eine Flüssigkeit. Er ist sehr durchsichtig und ge- stattet daher sehr ‘gut die Beobachtung des Herzens; es wird diese 350 auch dadurch beim Hechte erleichtert, dass sich bei ihm keine Her- vorragungen des Dotters in der Herzgegend befinden. Die weiteren Veränderungen des Herzens bis zur Circulation der Blatkörperchen sind in Betreff des Ventrikels nur graduell; die Höhle wird allmählich deutlicher und grösser, die Krümmung wird stärker, die Gontractionen ergiebiger und häufiger. Es bildet sich ferner der Vorhof aus, indem die Membran, welche von dem becherförmigen Rande des Ventrikels ausgeht, stch immer mehr von dem Dotter ent- fornt, und dadurch ein neuer Raum zwischen ihr und der Dotter- einsenkung gebildet wird, der Vorhofsraum, oder der dem Herzen zu- nächst liegende Theil der Sinus Guverii. Denn eine Gränze zwischen dor Stelle, in welcher später die Venen einmünden, und dem Vorhofe bildet sich erst lange nach dieser Zeit. Wir müssen indess jetzt den zweiten Theil der Ciroulation be- trachten, den passiven, nämlich die Entstehung dos Blutes, und zwar zundichst die Entwicklung der Blutkörperchen. Der am meisten geeignete Ort für eine deutliche Beobachtung dor Entstehung der Blut- körperchen ist die Oberfläche des Dotters, und zwar die unter dem Mikroskop scheinbar linke, also factisch rechte Oberfläche desselben, Der ganze Dotter ist bedeckt von den von Vogt beschriebenen Epithelial- zellen, unter denen sich eine vor der Entstehung des Herzens schwer zu bemerkende Schicht findet, in der zur Zeit der Herzbildung kleine unregelmässig geformte Körper, von der Grösse eines Embryonalzellen- kernes, auftreten (Fig. 42). Ich glaubte hier den Anfang der Blut- körperchenbildung zu sehen und Lereboullet mag auch wohl diese Körperchen gemeint haben, wenn er pag. 270, No. 3 sagt: Les pre- miers corpuscules sanguins sont petits, peu normbreux et de forme irröguliöre, Aus diesen Körperchen werden aber, wie ich mich über- zeugt habe, nicht Blutkörperchen, sondern es werden daraus die stern- förmig vorästelten Pigmentzellen, welche zu Anfang der Blutbewegung zwischen der Oberhaut und dem Bluthofe liegen. Die Membran aber, in der sie liegen, stellt die Bauchplatten oder Bauchdecken dar. Unter | diesen, zwischen ihr und dem Dotter, bilden sich die Blutkörperchen (Fig. 4s), und hier sieht man dieselben auch nachher, wo die Ver- hältnisse deutlicher sind, eireuliren. ‘ Hier bemerkte ich zuerst sehr kleine runde Körperchen, von den oben erwähnten vorschieden, die schnell fast die Grösse der Embryonal- zellen erreichten. Sie waren glatt, durchsichtig, ohne Kern; auch mit Essigsäure, die ich schr verdünnt auf ein Ei in toto einwirken liess, konnte ich Kerne nicht sichtbar machen, während doch die Einwirkung der Essigsäure durch Trüubung des ganzen Embryo schr bald bomerk- bar wurde. Diese Zellen lagen unbewogt über der ganzen rechten Dotterhälfte, bis zum Herzen hin, theils zu der Zeit, wo 05 Sförmig 351 gekrümmt war, ohne sich zu bewegen, theils während es sich schon kräftig. contrahirte, Es vergingen sieben Stunden (an einem warmen _ Tage) zwischen dem Stadium, wo das Herz 20 Mal in der Minute schlug, und der Zeit, wo die ersten Blutkörperchen in das Herz eintraten. Ich habe eben bemerkt, dass das Herz, als es anfing zu schlagen, einen Spalt in der Mitte zeigte; dieser hat sich. während der Bildung der Blutkörperchen zu einer Höhle erweitert, die sich bei jedem Schlage des Herzens so bedeutend verengert und erweitert, dass es nicht nur deutlich, sondern auffallend ist. Ich hatte das Glück, meinem hoch- verehrten Lehrer und Freunde, Herrn Professor ». Siebold ‚ diese merk- würdige Erscheinung zeigen zu können, An einer Cireulation der Blutflüssigkeit ohne Blutkörperehenbewegung konnte nicht ‚gezweifelt werden, indess machte mich Herr v. Siebold aufmerksam darauf, und suchte selbst nach, ob nicht vielleicht irgend welche kleine rtikelcehen zu bemerken wären, die sich mit der Blutllüssigkeit be- wegten, und so die Circulation des Serums auch sichtbar machten. is gelang ihm indess nicht, dergleichen zu entdecken, und auch ich mich nachher vergeblich bemüht, etwas derartiges zu bemerken, solche Beobachtung würde natürlich eine Strömung der Flüssig- it des Blutes über allen Zweifel erheben. Da sie noch nicht gemacht so kann ich nur meine Gründe für die Annahme derselben an- wen; Zunächst muss vor der Bewegung der Blutkörperchen eine igkeit vorhanden sein, die mit der Zeit eine solche Intensität er- st, dass sie Blutkörperchen fortschwemmen kann, denn olıne Flüssig- ist ja ihre Bewegung überhaupt nieht denkbar, und namentlich ‚sie in Bewegung geseizt werden, muss man eine vorher eircu- » Flüssigkeit annehmen, Zweitens: wenn sich eine Höhle er- t, was hier am Herzen augenscheinlich ist, so muss dieselbe m irgend etwas ausgefüllu werden, was leicht verschiebbar ist; es also der grösser werdende Raum des Ventrikels durch eine gkeit erfüllt werden, und diese ist eben die Blutllüssigkeit. Bine solche Bewegung des Blutserums ohne Blutkügelchen ist von herein nicht geradezu unwahrscheinlich; sie ist aber hier physi- sch zur Erklärung der Erscheinung gesondert, desshalb glaube ich, ‚exislirt. ganze Aufmerksamkeit war nun darauf gerichtet, die erst hg der Blutkörperchen zu sehen; ich musste mehrere Stunden artöngsvoll ungeduldig Achtung geben, und wählte zur Beobach- die Blutkörperchen, die möglichst dicht an dem Herzen, vor dem 'hofe lagen und trotz des Schattens der schielen Ebene des Doters ‚deutlich waren. ch konnte erwarten, dass.diese durch die Bewegungen des Herzens 352 zuerst ‘würden losgerissen werden. Meine Geduld ist denn auch be- lohnt worden: ich habe mehrmals die ersten Blutkörperchen sich loslösen und in das Herz einpassiren sehen. Der Vorgang er- folgt in der Weise: die Contractionen des Herzens, die schon ganz lebhaft und ergiebig sind und 64—70 Mal in der Minute erfolgen, erweitern die Herzhöhle ansehnlich. Ein Blutkörperchen bewegt sich mit einem Male kaum in der Länge seines eigenen Durchmessers gegen das Herz hin; bei der Contraction des Ventrikels geht es aber wieder zurück; aufs Neue wird es gegen das Herz geschoben oder gezogen, geht aber nochmals zurück; dies wiederholt sich 4—6 Male; es nähert sich unterdessen immer mehr dem Herzen, und be- schreibt, indem es nicht immer nach derselben Richtung hin, in der es gegen das Herz gegangen war, zurückgestossen wird, eine zickzack- förmige Bahn. Endlich ist es dicht an dem Ventrikel; mit Rapidität geht es in denselben hinein, passirt ihn bei der nächsten Contraetion und ist.nun der Beobachtung entzogen, indem es in den Embryo, in die schon angelegte Aorta geht. Hier ist die Lage der Embryonalzellen, der Schatten des Dotters zu stark, als dass man das Blutkörperchen noch verfolgen könnte. Diesen ganzen Vorgang habe ich vor zwei | Jahren drei Mal, in diesem Jahre zwei Mal beobachtet. In den nächsten Stunden nimmt die Menge der bewegten Blut- körperchen nicht sehr zu, ja unter gewissen Umständen, die schon Vogt angegeben hat, bleibt Tage lang eine bedeutende Anämie. Die Bewegung derselben ist sehr langsam und ganz eigenthümlich. Noch immer machen die Blutkörperchen in dem Cuvier’schen Sinus eine während der Diastole gegen das Herz vorschreitende, während der Systole rückgängige Bewegung, so dass hier ein förmlicher Venenpuls existirt. Auf dem Dotter ist die Bewegung ziemlich gleichmässig, in der hintersten Gegend desselben aber auch mit der Systole pulsirend. Auch in der Aorta, noch mehr in den kleinen Kopfarterien, ist die Art der Blutbewegung bemerkenswerth. Wie an einem zur Stase neigen- den Froschfusse erfolgt die Bewegung nicht continuirlich, mit jedes- maliger systolischer Beschleunigung, sondern in wirklichen Stössen; das Blut fliesst nicht, sondern wird gestossen, geschoben. Alle diese Erscheinungen sind leicht zu erklären. Die hin- und hergehende Be- wegung in den Sinus Cuverii und im Vorhofe scheint daher zu rühren, dass bei jeder Systole des Ventrikels die an seinem untern Rande be- festigten Membranen, welche den Vorhof repräsentiren, nach der Mitte zusammengezogen, und dadurch angespannt werden; dadurch wird also eine Compression des in ihnen befindlichen Blutes hervorge- bracht, welches ausweichen muss, und dadurch eine rückgängige Be- wegung erzeugt. Die stossweise Bewegung in der Aorta und de Kopfarterien ist eine Folge der geringen Elastieität der Gefässwandungen,, en 353 £ wenn solche überhaupt existiren, was nicht‘ so leicht nachzuweisen sein dürfte. Es ist so gut, als ob das Blut in starren Röhren circu- lirte, eine Behauptung, die nach den Volkmann’schen und Weber’schen Erörterungen wohl nicht weiter zu beweisen ist. Indem die Blut- körperchen sehr langsam über den Dotter hinziehen, der grösste Theil derselben aber noch ruht, so bietet dies eine sehr gute Gelegenheit. sich von der Gleichheit der bewegten und unbewegten Blutkörperchen zu überzeugen, zwischen denen ich keine Verschiedenheit in Form, Grösse, Durchsichtigkeit habe finden können. Sie scheinen öfter an- zustossen, indem ihr Lauf auf dem Dotter plötzlich angehalten wird, und dann langsam wieder beginnt, wobei man keine oder eine sehr geringe 'Abplattung bemerkt; sie nähern sich sehr der Kugelform, die später in die kreisförmige Scheibe, und erst sehr spät in die ellipti- sche Scheibe übergeht. Eine Färbung der Blutkörperchen ist noch nicht wahrzunehmen. Die strömenden Blutkörperchen bekommen bald die Majorität über die ruhenden, die nach 48 Stunden nur noch in geringer Menge zu ‚bemerken sind, ausser in einer ganz andern Form, die ich als patho- logisch auffassen muss. Man sieht nun deutlich den Strom durch die ' Aorta gehen bis zum Ende des Dotters, bald ‚darauf schon bis zum After, hier umkehren, ohne alle Verzweigung und über den Dotter zum Herzen zurückkehren. Kurz zusammengefasst ist also die Blutbildung die: es bilden sich en, in denen anfangs kein Kern nachzuweisen ist, welche durch ' Herzbewegungen und die Blutflüssigkeit losgespult ‘werden, sich vermehren, ohne dass ein bestimmter Heerd der Blutbildung anzugeben ‚dentliche Kerne bekommen, sich abplatien und so einen vollstän- jülgen lebhaften Kreislauf bilden. " Es fragt sich nun: wo bilden sich die Blutkörperchen? wo und e vermehren sie sich? Auf die erste Frage antworte ‘ich mit Vogt: überall, wo sich Ge- bilden sollen, machen sich hie und da Zellen los, und werden von dem Strome mitgeführt (pag. 204). Es bilden sich nicht blos auf m Dotter die Zellen des Blutes, sondern auch in dem Herzen, in "Aorta, in den Venen, in den Kiemenarterien u. s. w. Alles diess auch Vogt geschen, aber trotz ‚seines allgemeinen Satzes anders gedeutet, indem er die Anhäufungen der Blutkörperchen als Blut- bildungsheerde ansieht, und so eine doppelte Art von Blutbildung sta- inirt, was, wie ich lache; die Erscheinungen nicht fordern. Erstens erwähnt Vogt Zellen in dem Herzen, die hin und her 1 oben werden, ohne von der Stelle zu kommen (pag. 188), und betrachtet sie (pag. 204) als Zellen, welche von der innern W and des Herzens losgerissen sind und durch die Gontractionen des Herzens hin 354 und her bewegt werden, bevor eine Girculation stattfindet. Diese Zellen habe auch ich gesehen (Fig. 4 bei h), glaube aber nicht, dass sie frei flottiren, noch dass sie die ersten sind, die den Blutlauf be- ginnen; dass sie vielmehr an der Wand des Herzens fesisitzen und nur durch eine optische Täuschung frei zu liegen scheinen, denn man bemerkt sie noch, nachdem die ersten Blutkörperchen von der Dotter- oberfläche das Herz passirt haben. Die Täuschung entsteht dadurch, dass das Herz sich (bei seitlicher Lage des Embryo) nicht blos von vorn nach hinten, sondern auch von oben nach unten zusammenzieht; dadurch kommt die untere mit Zellen bekleidete Innenwand des Ven- trikels bald in den Focus, bald (bei der Dilatation) liegt sie unter demselben, so dass die Zellen undeutlich werden: so hat es den An- schein, als ob freie Zellen hin und her bewegt würden. Später aber erscheinen die Herzwände nicht mehr höckerig (tuberculenses Vogt), sondern glatt; es müssen also wohl durch den Blutlauf diese Zellen entfernt werden. Ferner muss etwas Aehnliches in der Aorta-Anlage vorgehen. Man erkennt diese schon zu der Zeit, wo das Herz noch nicht schlägt, an- gedeutet; nämlich erstens an einem Ringe, der sich an der Gränze des Bulbus aortae und des Embryos markirt (Fig. 4 h’), zweitens als einen durchsichtigen Streifen dicht unter der Chorda dorsalis; es mag .die- ser dadurch entstehen, dass sich hier, wie in dem Herzen, eine mit Intercellularsubstanz gefüllte Höhle bildet, welcher durchsichtiger ist als das umgränzende Zellenparenchym des Embryos. Desgleichen sieht man da, wo die Aorta in die Dottervene, noch besser da, wo sie in die Schwanzvene umbiegt, die Begränzungen des Blutstromes sehr unregelmässig, wie zernagt, und sehr oft hinter dieser Umbiegungsstelle einen dreieckigen, mit der Spitze nach dem Schwanzende gekehrten Raum, in dem Zellen hin und her, auf und ab getrieben werden (Fig. 5%’), bis einzelne dieser Zellen in den Blut- strom gelangen und in dieser Weise eine immer weiter nach hinten gehende Minirung des Parenchyms hervorgebracht wird; auf diese Art verlängert sich zugleich die Aorta nach hinten. Endlich hat Vogt gesehen (pag. 209), und ganz dasselbe habe ich gesehen, dass an einem Kiemenbogen (bei Vogt. war es der fünfte, bei mir der zweite) eine Reihe von Blutzellen lag, die sich nicht be- wegten; da in dem ersten Kiemengefässe das Blut schon circulirte, so konnte ich erwarten, dass es auch hier bald geschehen würde, und bald bemerkte ich auch ein Hin- und Herschwanken der Zellen, wie in einem Froschfusse, wo sich die Circulation wieder herzustellen an- _ fängt, bis eine fortschreitende Bewegung mit intereurrirenden Rück- bewegungen anfıng und, nach kaum einer Stunde seit den ersten Schwan-- kungen, der Blutstrom durchging. Die Beobachtung wird leider öfter 355 durch die Bewegungen des Embryo, die mit den Bewegungen des Her- zens gleichzeitig aufzutreten pflegen, gestört, so dass grosse Geduld _ dazu erforderlich ist. Die Embryonen lagen übrigens länger ruhig, _ wenn sie reichlich mit Wasser umgeben waren, als wenn sich nur _ wenig Flüssigkeit in dem Schälchen befand. Alle diese Beobachtungen können wohl kaum einen bessern Aus- druck finden, als den oben angeführten von Vogt, dass überall, wo sich Gefässe bilden sollen, auch Zellen entstehen , die losgerissen werden. Sind diese Zellen Embryonalzellen oder wirkliche Blutzellen? Dass es wirkliche differenzirte Blutzellen sind, dafür spricht theils ihre Form, theils die theoretische Betrachtung. Die Blutzellen des Dot- ters, der Aortagränze, der Kiemenarterie sind anders, als die Embryonal- zellen. Sie sind glatt, scheinbar ohne Kern, ohne irgend einen körnigen Inhalt, und brechen das Licht etwas stärker, was wohl auf eine dickere _ Membran, als die der Embryonalzellen ist, hinweist; ferner sind sie in den Kiemenarterien gewiss als differenzirt anzusehen, weil zu dieser Zeit auch die übrigen Gewebe schon differenzirt, also eigentliche Em- bryonalzellen, wenigstens in dieser Gegend gar nicht vorhanden sind. Theoretischerseits ist zu berücksichtigen, dass überall, wo Blutzellen entstehen, auch Blutflüssigkeit entsteht; wenn sich nun nicht nach- weisen lässt, dass die Blutflüssigkeit das Secret der Blutkörperchen ist, so muss man doch jedenfalls eine eigenthümliche Thätigkeit gewisser Zellen voraussetzen, die an bestimmten Stellen Blutserum secerniren, und wenn man dies annehmen muss, so wird es der einfachste und natürlichste Schluss sein, dass mit der Bildung der Blutflüssigkeit die Bildung der eigentlichen Blutzellen Hand in Hand geht. Endlich spricht für die bald folgende Abplattung der Blutzellen, eine Differentiations- scheinung, welche auf schon vorher bestehende, Zellenunterschiede aweist. Die Frage wo und wie sich die Blutkörperchen vermehren, ist ı Vogt dahin beantwortet worden, dass sich auf dem Dotter ein scieller Heerd für die Blutentwicklung bildete, wesshalb er eine souche h&matogene auf dem Dotter statuirt. Er bringt damit die Er- heinung in Verbindung, dass sich mitunter auf dem Dotter, nament- in der Nähe des Cwvier’schen Sinus, Massen von Blutkörperchen uften, von den Haufen losgerissen und in die Cireulation gebracht wurden. Diese Anhäufungen von Blutmassen glaube ich indess nur für ein pathologisches Phänomen halten zu können. Erstens sind diese tanhäufungen durchaus nicht Regel. Bei den meisten Embryonen fin- sich nichts davon; für diese müsste also jedenfalls eine andere Ver- ee statuirt werden. Zweitens sind alle Embryonen, bei solche Anhäufungen von Blutkörperchen stattfanden, durch Ver- stopfung des Herzens, durch Embolie zu Grunde gegangen. Diese 356 Embolie hat theils ein pathologisches Interesse, theils ist sie in man- cher Beziehung für unsere Embryonen wichtig, wesshalb ich das, was ich ‘davon gesehen habe, ausführlich erörtern muss. Bei einem sehr blutreichen Embryo, den ich als Beispiel wähle, hatte sich schon am zweiten Tage der Bluteireulation eine eingesun- kene Stelle an der äussern Dotterseite gebildet, die durch ihre rothe Färbung dem unbewaffneten Auge bemerkbar war. Dies ist also ein Beweis, dass das Blut schon sehr früh roth ist, was nur wegen der Vertheilung desselben in normalen Verhältnissen der Beobachtung ent- gebt. Einen Theil davon fand ich am nächsten Tage in dem obern Sinus Cuverii, der indess davon nur so weit verstopft wurde, dass das Blut noch immer in Menge cireuliren konnte, Er nahm schnell an Umfang zu und der Sinus dehnte sich beträchtlich aus. Die Be- wegungen des Herzens dauerten indess ungestört fort, ich zählte deren 100-420 in der Minute. Plötzlich gerieth ein Stück davon in den Ventrikel, der davon aber nicht total verstopft wurde, so dass immer i noch 4—5 Blutkörperchen bei jeder Diastole in das Herz gelangten. Dies dauerte aber nur einen Tag; da war das Herz ganz undurchgänglich, der Bulbus- aortae war ganz leer, die Aorta gleichfalls. Alles-Blut hatte sich in den Sinus Cuverii angehäuft, die stark ausgedehnt waren und auch auf dem Dotter war nur wenig Blut. Die Blutmassen in den Sinus Cuverii wurden hin- und herbewegt, ohne von der Stelle zu kommen, und jegliche Circulation hatte aufgehört. : Trotzdem schlug das Herz mit seinem Pfropf ungestört fort, und zwar noch 40 Tage lang, eine Erweiterung und Verengerung war aber an ihm nicht''zu bemerken; 'es gipg nur auf und ab gegen den Dotter und nach unten; acht Tage vergingen, ohne dass sich in der Entwicklung Störungen gezeigt hätten; kein Organ blieb zurück. In den beiden letzten Tagen aber, wo die gesunden Embryonen lebhaft umherschwammen, lag die- F ses Individuum still und war nur noch durch Berührung zu kleinen Bewegungen zu veranlassen. Die Herzschläge waren seltener, hörten am letzten Tage ganz auf, und Bewegungen zeigten sich nur als kurze Zuckungen, die endlich auch nicht mehr durch Berührung hervorzu-' rufen waren. Da der Herzschlag aufgehört hatte, so glaubte ich ihn für-todt ansehen zu können, und secirte ihn am Morgen des elften Tages; "hierbei machte der junge Fisch aber starke Bewegungen, die sich bei verschiedenen Schnitten wiederholten. Schwerlick hätte sich dieses Thier wohl wieder erholt; 'indess verwahrte ich doch einige andere Embryonen, die an Embolie litten, noch einige Tage nach Auf- hören des Herzschlages, an denen sich denn auch bald der berüchtigte Schimmel als Todeszeichen in Masse einland. Ich glaube demnach, dass die Anhäufung von Blutzellen nich als ein normaler Zustand zu betrachten ist, dass er also auch mit de 357 Blutbildung überhaupt nicht in Verbindung gebracht werden darf. Es sind also auch diese Blutanhäufungen nichts weniger als Heerde für die Entwicklung der Blutzellen.. Fällt damit ‚aber überhaupt die An- sieht, dass die Dotteroberfläche Bildungsstätte der Blutkörperchen ist? - Gewiss nicht. Der Beweis für dieselbe würde sein, ‚wenn man immer - noch ruhende Blutkörperchen, auf ‚dem Dotter fände, die später mit- _ gerissen in die Cireulation. gelangten. In der That sieht man auch bei voller, lebhafter Blutbewegung immer einzelne ruhende Zellen auf dem Dotter; indess habe ich nicht gesehen, dass. sie fortgerissen worden _ wären. Es würde eine definitive Entscheidung, mehrere Tage ange- strengter Aufmerksamkeit auf diesen einen Punkt erfordern, wozu mir bei dem vielen übrigen, was. mein Interesse in Anspruch nahm, nicht Zeit geblieben ist. Untersuchen wir, wie sich sonst die Blutkörperchen vermehren können, so kann es eine Theilung derselben sein, wie sie von Remuk - (Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbelthiere, p. 22, Fig. 35, Taf.) beim Hühnchen, und von Kölliker bei Säugethierembryonen beobachtet ‚worden ist. Leider ist es mir nicht geglückt, bei den ‚Fischen sich tbeilende Blutkörperchen zu beobachten. Ich will damit durchaus. nicht die Beobachtungen Remak’s und Kölliker's in Frage stellen, da ja beim Hühnchen die Blutvermehrung viel schneller und auch in anderer Weise erfolgt als bei den Fischen. Wenn daher auch bei den Fischen eine Theilung der Blutkörperchen erfolgt, so werden ‚immer nur wenige sein, und es werden daher lange Untersuchungen der besonderes Glück dam gehören, um sie zu constatiren. - Eine Vermehrung der Blutzellen muss aber durch das weitere Rortsehreiten der Blutraumbildung herbeigeführt werden. So gut, wie ch Blutzellen auf dem Dotter, in dem Herzen, an der Aortenmündung, den Kiemenarterien bilden, und zuerst ruhen, später aber in die strömung aufgenommen werden, so werden sich ohne Zweifel auch en Aesien der Aorta, den Wirbelarterien und. ihren Venen u. s. w. lutkörperchen zuerst ruhend vorfinden, die nachher in die bewegte Blutmasse mit eintreten. Dadurch wird jedenfalls eine absolute Ver- ehrung des Blutes stattfinden müssen, die Quantität des Blutes wird proportional zu dem Blutraume bleiben. Denken wir uns den hfachsten Fall: die Geschwindigkeit des Blutes wäre in allen Theilen Blutraumes gleich. Es wird alsdann das Blut aus der Aorta über den. Dotter ‚strömen müssen; ebenso wird, das Blut aus den Verzwei- en der Aorta über den Dotter zu dem Sinus ‚Cuverii und dem en zurückkehren müssen. Nehmen wir an, dass in einer Minute Blutkörperchen über den Dotter strömen, welche aus der Aorta n, und dass 100 Blutkörperchen in derselben Zeit aus den Ver- aweigungen derselben kommen, so müssen in einer Minute 200 Blut- 358 körperchen über den Dotter strömen. ‘Es wird also die Menge des Blutes auf dem Dotter vermehrt erscheinen um das Doppelte. Unser Fall ist aber complicirter. Die Bewegung des Blutes ist nicht überall gleich. Es strömt viel schneller in den Arterien, als in den Venen, oder als auf dem Dotter. Setzen wir die Geschwindigkeit des Blutes in den Arterien noch einmal so gross als die in der Dottervene, so werden ungefähr 30 zu derselben Zeit in der Aorta sein, wo 70 auf der Dotteroberfläche und in den venösen Sinus sind; ebenso werden etwa 30 in den Zweigen der Aorta und die übrigen 70 auch auf dem Dotter sein. Die Vermehrung des Blutes auf dem Dotter wird also nicht in einfacher Proportion zu der Vermehrung des Blutes zunehmen, sondern die grösste Menge des hinzukommenden Blutes wird auf dem Dotter sein, also in steigendem Verhältnisse zuzunehmen scheinen, wenn man nur den Dotter berücksichtigt. Diese Betrachtung wirft ein ganz anderes Licht auf die Vermehrung der Blutkörperchen im Embryo, und ich glaube, dass sie die Zunahme des Blutes theilweise erklärt. Rechnet man dazu noch die Blutkörper- chen, die wahrscheinlich auf dem Dotter neu gebildet werden, wäh- rend das Blut cireulirt, so wird eine Vermehrung durch Theilung der Blutkörperchen kaum ein Postulat sein, und wenigstens erklären, dass es schwer sein wird, sich theilende Zellen zu finden. Man vergleiche damit das, was Remak (a. a. O. pag. 157) darüber sagt. Ich muss noch einmal auf die Anhäufungen der Blutkörperchen zurückkommen. Es muss im Blute eine Substanz sein, wodurch eine Zusammenballung der Blutkörperchen in der oben beschriebenen Art hervorgebracht wird, und es musste wahrscheinlich sein, dass dies Faserstofl sei. Bei einem Embryo, wo seit zwei Tagen Blut circulirte, welches ich durch Abschneiden des Schwanzes ohne Verletzung des Dotters herauslaufen liess, sah ich auch mehrere Blutklumpen, d. h. zusammenhängende Blutkörperchenhaufen, welche eine faserige Masse zwischen sich hatten; es ist also schon in dieser frühen Zeit Faser- stoff im Blute vorhanden. Jod liess denselben noch deutlicher her- vortreten. Lereboullet hat den Satz aufgestellt, dass das Blutnetz des Dotters der erste specielle Apparat sei, vorher aber die Athmung allgemein sei, Während ich mit dem letzten Satze ganz einverstanden bin, glaube ich den ersten beschränken zu müssen. Allerdings hat es den An- schein, als müsste eine an der Oberfläche verlaufende Circulation sehr geeignet sein, als Respirationswerkzeug zu dienen; ausserdem ent- wickeln sich die Kiemenarterien zu der Zeit, wo die Circulation auf dem Dotter beschränkt wird, indess fehlen doch zur Annahme einer wirklichen Respiration mehrere wichtige Anhaltspunkte. Erstens i keine Veränderung der Blutkörperchen in ihrer Färbung zu bemerke 359 was doch eintreten müsste bei einer Respiration; zweitens entwickelt sieh der Blutumlauf durch die Kiemenstrablen erst zu einer Zeit, wo nur noch wenig Blut über den Dotter strömt, es müsste also da- zwischen eine Zeit sehr mangelhafter Respiration stattfinden, in der Zeit, wo das Gefässnetz des Dotters beschränkt ist und noch keine Kiemeneirculation stattfindet. Drittens haben wir gesehen, dass die Fische mit: Embolie sich auch ohne Blutumlauf ganz normal bis zu einer gewissen Zeit entwickeln, in der eben die Respiration durch die Kiemen würde angefangen haben; die Dotterrespiration kann also nicht sehr wesentlich sein, allerwenigstens würde man ein Fortbestehen der allgemeinen Hautrespiration auch noch zu der Zeit als den wesent- lichen Theil der Athmung betrachten müssen, wo sich schon ein Blut- strom auf dem Dotter gebildet hat. Endlich spricht gegen Lereboullet’s Hypothese der Umstand, dass zur Zeit des Dotterblutlaufes noch keine Capillargefässe gebildet sind, und die Circulation im Embryo überhaupt sehr mangelhaft ist. Ist es die Bedeutung der Respiration, den Orga- nen Sauerstoff zuzuführen, und die in ihnen gebildete Kohlensäure zu entfernen, so wiirde bei der geringen Gefässverbreitung im Embryo dieser Zweck nur sehr unvollkommen erreicht werden, während die _ Hautoberfläche viel mehr geeignet sein würde, diesen Vorgang zu vermitteln. Zunächst muss ich aber beschreiben, wie das Blut über den Dotter jrömt. Die Abbildung eines eben ausgeschlüpften Fisches (Fig. 5) möge e Beschreibung der jetzigen Conformation der Theile ergänzen. Die | des Herzens ist die von Vogt beschriebene eines -doppelt ge- "ümmten S, welches, von der rechten Seite gesehen, als ein auf dem er ruhendes S, von vorn als ein mit seinem obern Bogen nach s gerichtetes, also nieht verkehrtes S erscheint, von hinten oder on als ein gerader, nach rechts gerichteter Körper wahrgenommen d. Die Höhle des Ventrikels ist bedeutend, die Abschnürung zwi- hen Ventrikel und Aorta viel stärker geworden, und auch die Ab- hnüirung des Ventrikels gegen den Vorhof ist angedeutet. Der Ven- rikel hat nicht mehr die Richtung eines Dotterradius, sondern er ist elmehr nach hinten gerichtet. Von dem Rande des Ventrikels be- nt, der Vorhof, d. h. eine Membran, welche von der Brustflosse - dem hintern Ende des Herzbeutels bis in dıe vordere Gränze on (d) bis zur Gegend des Auges reicht. Dieser Vorhofsraum wird auf der andern Seite durch den Dotter begränzt (Fig. 5 bei f); ‚er geht ohne weiteres in die Sinus Cuverii über, von denen der eine d, der andere bei e liegt; zwischen beiden ist aber noch keine jeidung auf der Dotterkante f, vielmehr strömt das Blut in der Breite des Herzbeutels von d bis e dem Herzen zu. Dieselbe Breite des Blutstromes findet sich auf dem ganzen Dotter, 360 und zwar auf seiner rechten Hälfte von dem freien Rande desselben (b) bis zu der Gränze zwischeu Dotter und Embryo; der Dotter wirft hier einen so starken: Schatten, dass die Gränze nicht näher zu bestimmen ist, und eine besondere Gränzmembran ist. weder hier, noch auf der freien Seite des Dotters zu demonstriren. Den übrigen Blutumlauf zeigt ; die Figur zur Genüge. Eine Frage, die mich nun sehr beschäftigt hat, ist die, ob. das Blut über den Dotter in Gefässen strömt, oder ob nur die Gränzwandungen an dem freien und dem embryonalen Dotterrande die Gefässwandungen dieses breiten Flussbettes darstellen. Lereboullet (pag.'20) sagt: la eirculation et d’abord diffuse, womit er ohne: Zweifel den Mangel: von Gefässwänden bezeichnen will. Vogt dagegen be- schreibt eine wirkliche Area vasculosa pag. 205 und bildet sie Fig. 142 ab. Die Erscheinung ist. folgende: Man sieht in der ersten Zeit, wo nur wenige Blutkörperchen strömen, dieselben in allen Richtungen über den Dotter treiben, zwischen den ruhenden hindurch, die dann gelegent- lich auch mit losgerissen werden. Sie gehen aber selten in gleich- mässiger Bewegung über den Dotter, sondern werden oft mit einem Male angehalten, und gehen dann langsam weiter. Ich glaubte dieses Anhalten so deuten zu müssen, dass ‚sie an nicht sichtbaren Zwischen- wänden anstiessen, und dann mit veränderter Direction weiter strömten. Indess sah ich oft da, wo ich eine Wand vermuthete, ein anderes Blut- körperchen ohne Anstoss passiren, musste also die Annahme einer “ Wand wieder aufgeben. — Später wird der Strom viel lebhafter,, es geht eine grosse Menge von Blutkörperchen über den Dotter, und nun kann man sehen, wie dieselben allenthalben in gleichmässigem Strome über den Dotter hingleiten. Nirgends ist ein Hinderniss in ihrem Laufe, während sie ‚doch nicht in einer einzigen Richtung gehen, son- dern von verschiedenen höher und tiefer gelegenen Abschnitten des Embryo zusammenströmen. Ich glaube demnach behaupten zu müssen, dass keine Zwischenwände in der Blutbahn auf der rechten Dotteroberfläche existiren, sondern dass das Blut in diesem Raume wie in einem grossen, weiten Flussbette strömt. Ich hatte die Ehre, auch diese Erscheinung Herrn Prof. v. Siebold MAR zu könuen (Fig. 5). i Da indess diese Erscheinung sehr auffallend ist und Remak an- sibt, dass beim Hühnchen die Zwischenwände des Bluthofes (a. a. O. pag. 43) sehr fein seien, auch Vogt ein fürmliches Gefässnetz ‘bei der Palee beschreibt, so glaubte ich zwei so ausgezeichneten Beobachtern gegenüber mir alle Mühe geben zu müssen, Wandungen, wenn sie da wären, nachzuweisen, indess bin ich nicht so glücklich gewesen, der- gleichen zu erkennen. Chemische Mittel, die den Embryo tödten, darf man nicht auwenden, denn eine dadurch ‚erfolgende Gerinnung des Blutes bringt Faserstofllamellen hervor, die den Schein von Gefässwänden ze Be 361 ML u = erborgen können. Es blieben also nur physikalische Mittel: starke - Vergrösserungen, die nichts erkennen liessen, und matte Beleuchtung, - die auch nichts erkennen liess, endlich schiefe Beleuchtung, die des- gleichen nichts erkennen liess. Später, am dritten bis fünften Tage nach Beginn der ersten Cir- eulation, fangen sich unregelmässige Zwischenräume auf diesem Bluthofe - zu bilden an, die zwar gegen das strömende Blut scharf abgegränzt sind, aber keine Membran erkennen lassen; auch ihre histologische Be- schaffenheit habe ich nicht ermitteln können. Man sieht nur, dass an einer zuerst sehr beschränkten Stelle, die meist in der Gegend liegt, wo der Blutstrom sich auf dem Dotter stark verbreitert (Fig. 6 a’), keine Blutkörperchen strömen, und dieser Fleck erscheint heller. Diese Stelle vergrössert sich allmählich, es bilden sich anderswo neue, und endlich ist eine Circulationverästelung da, wie sie Fig. 6 (a «) zeigt. Ob diese Inseln durch einen Niederschlag des Blutes oder durch Bil- - dung von Zellen, die sich durch den Blutstrom nicht lösen (und dann freilich sehr durchsichtig sein müssten), hervorgebracht wird, oder ob die Menge des Blutes nicht mehr ausreicht, um den ganzen Raum zu überfluthen, und dadurch ein Aneinanderkleben der obern und untern Wand ermöglicht wird, kann ich nicht entscheiden. Dass eine ge- ringere Intensität des Blutstromes zu dieser Zeit eintritt, lässt sich aber aus der jetzt erfolgenden Bildung des Darm-, Leber- und Kiemen- kreislaufes, die eine verhältnissmässig grosse Menge Blut dem Dotter- ofe entziehen, wahrscheinlich machen, und das würde natürlich eine theilweise Obliteration des Strombettes begünstigen, ebenso wie die Abzweigung eines Stromarmes, die Bildung von Sandbänken in dem jen Strome herbeiführt. i Eine andere Frage, die sich mir aufgedrängt hat, ist die, ob das Herz saugt? Um diese Frage zu entscheiden, werden wir den lutlauf mit Rücksicht auf seine Geschwindigkeit in den verschiedenen hnitten zu prüfen haben, um daraus die Druckverhältnisse in den- - Am schnellsten strömen die Blutkörperchen in dem Ventrikel, in n sie mit grosser Geschwindigkeit einpassiren ; sehr schnell strömen ie ferner in der Aorta, ihren Nebenzweigen und in den zurück- wird die Strömung viel langsamer, und sie nimmt an Langsam- eit zu, je näher sie dem Herzen ist. Dicht vor der Einmündung in ‚den Vorhof und in den Sinus Cuveri wird sie so langsam und es findet zugleich eine so massenhafte Bluthäufung statt, dass kaum eine egung der einzelnen Blutkörperchen zu bemerken ist. Von hier 5 aber, an der Gränze des Vorhofs gegen den Ventrikel, schiessen mit einer solchen Schnelligkeit in den Ventrikel bei seiner Diastole, Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. VII. Bd, 2% 362 dass auch die den hineinschlüpfenden benachbarten Blutkörperchen eine Bewegung gegen den Ventrikel hin machen, der sie aber im nächsten Momente bei der Systole wieder zurücktreibt. Diese plötzliche schnelle Bewegung in den Ventrikel bei seiner Erweiterung nach einer fast völligen Ruhe ist aber ganz das Bild eines Saugens des Ventrikels, und so verführerisch, dass gewiss Jeder, der es sieht, überzeugt ist, dass das Herz saugt. Man darf sich indess durch sine solchen Anblick nicht blenden lassen, und muss jeden- falls erst prüfen, wie sich die Druckverhältnisse in der ganzen Blut- bahn nach den zu beobachtenden ee ver- halten müssen. Wenn eine Flüssigkeit in einer in sich zurücklaufenden Röhre von ungleichem Lumen eirculirt, so wird, wenn an einer Stelle eine Druck- differenz fortwährend erzeugt wird, eine solche Circulation stattfinden, dass an der engsten Stelle der Röhre die Flüssigkeit am schnellsten, in der weitesten am langsamsten strömen muss. In dem Fische sind nun die engsten Stellen des Blutgefässsystems der Ventrikel, die Aorta wit ihrer Zwiebel und ihren Zweigen, und die aus denselben zum Dotter gehenden Venen; in diesen Theilen fliesst das Blut am schnellsten. Auf dem Dotter dagegen wird, je mehr nach der Mitte zu, die Ebene, in der das Blut fliesst, immer breiter, und nimmt auch in der Dicke gegen das Herz hin immer mehr zu, bis endlich der Raum für das Blut in den breiten und dieken Sinus Cuverii und dem Vorhofe seinen grössten Querschnitt erreicht; dem entsprechend wird nun die Strö- mung des Blutes immer langsamer und endlich in den Sinus Guverü fast unmerklich. Wie muss sich der Druck des Blutes in diesen Bah- nen verhalten? Vergleichen wir die Messungen der Seitendruckwerthe einer in starren Röhren strömenden Flüssigkeit, «deren Lumen weiter wird (Volkmann, Haemodynamik, pag. 46 u. 47), so wird der Seiten- druck am stärksten in den engsten Röhren, wo die Flüssigkeit am schnellsten strömt, am geringsten in den weitesten Abschnitten des Gefässsystems sein. Jedenfalls wird aber überall Druck sein; wenn also der Gegendruck der Wandung an irgend einer Stelle aufgehoben wird, so wird dorthin ein so schnelles Strömen stattfinden müssen, als die Druckdifferenz fordert. Wenn dieser Fall eintritt, indem der Ven- trikel in der Diastole erschlaffend keinen Gegendruck ausübt, so muss das Blut mit einer Schnelligkeit, die von dem Druck, unter dem es steht, abhängig ist, in den Ventrikel strömen. Dann wird aber das Blut nicht in das Herz gesogen, sondern in das Herz gedrückt. Es kann sich also schliesslich nur um die Frage handeln: ent- spricht die Schnelligkeit, mit der das Blut in den Ventrikel einströnt, dem Druck, unter dem es steht, oder muss ein negativer Druck seitens = a 363 des Ventrikels hinzukommen, um eine so grosse Geschwindigkeit des _ Blutstromes zu ermöglichen? Diese Frage suchte ich durch ein etwas ie, aber sehr einfaches Experiment zu entscheiden. Wenn ich nämlich einen Einstich in den Sinus Cuverii machte, musste hier zwi- ‘schen dem Blute in ihm und dem den Embryo umgebenden Wasser ‚eine Druckdifferenz entstehen, wo nur der positive Drück wirkte, und das Blut mit einer grössern oder geringern Schnelligkeit ausfliessen, als die ist, mit der es in den Ventrikel geht. Es gelang dies mit ‚einer sehr fein gespitzten Nähnadel: die Schnelligkeit des Ausströmens des Blutes war mir überraschend gross, und ich muss aus dem län- gere Zeit anhaltenden Ausströmen des Blutes, was durch die bald fol- - genden Contractionen des Embryos wohl begünstigt wurde, schliessen, dass der Druck in den Sinus Cuverii sehr bedeutend ist. Darnach glaube ich nun, dass es nicht nöthig ist, ein Saugen des Her- zens anzunehmen, und dass die Erscheinungen des embryonalen Blut- laufs beim Hechte nicht zu der Annahme einer Saugkraft des Herzens nöthigen. Noch habe ich die Veränderung der Blutkörperchen in Bezug auf ihre Form zu erwähnen. Sie werden, wie wir gesehen haben, sehr latt, bleiben aber vollständig runde Scheiben. In der ersten Zeit ist ein Kern nicht erkennbar; am zweiten Tage der Circulation hat jede Blutzelle einen Kern, der schon mit Wasser deutlich zu machen ist, noch stärker aber durch Essigsäure hervortritt; er ist dann wie mit einem feingefalteten Rande umgeben und feinkörnig. Die Blutkörper- chen massen frisch 0,000 —0,0005”, ihr Kern 0,00024—26”. Erst el später, zu der Zeit, wo die Kiemenarterien schon gebildet sind, werden die Blutkörperchen elliptisch. Auf eine specielle Darstellung der Circulationsverhältnisse in den elnen Gefässen einzugehen, würde theils viele Zeichnungen erfor- ‚ theils ein genaueres Eingehen auf die Entwicklung der übrigen Organe nothwendig machen; ich muss es daher auf eine ausführlichere | Arbeit über die Knlwicklungsgeschichte der Fische verschieben. 2 Die Entwicklung der Capillargefässe, zu deren Studium sich Fisch- bryonen, wenn auch nicht gerade Hechtembryonen, sehr gut eignen, rfolgt ganz in der Art, wie Schwann, Kölliker und Meyer diesen cess beschreiben, und ist, worin ich Kölliker in Betrefi' der Fische “ollkommen beipflichten muss, durchaus verschieden von der Ent- wicklung der grösseren Blutgefässe. Besonders schön konnte ich die pillargefässbildung an Fischembryonen untersuchen, die ich in den ermen von Flussmuscheln in grosser Menge fand }); diese hatten fast ) Diese Erscheinung ist schon von Cavolini beobachtet worden, siehe Cavo- lini, Erzeugung der Fische und Krebse. Deutsch von Zimmermann, 1792, 2, * 364 gar kein Pigment, so dass eine Verwechselung von beiderlei Zellen, die allerdings anfangs einander ganz ähnlich sind, nicht möglich war. Ich habe dabei sehr deutlich wahrnehmen können, ‘wie zuerst durch die sehr engen Capillarräume nur ab und zu, etwa in der Minute sechs Mal ‚ein Blutkörperchen hindurchging. Es muss also auch hier, wie zuerst in dem Herzen nur eine Circulation des Serums ohne Blut- körperchen stattfinden. Breslau, den 27. Mai 1855. Erklärung der Abbildungen. \ Taf. XVII. Fig. 4. Ein Hechtei vom vierten Tage, von der Eischalenhaut befreit. Der Embryo liegt um den Dotter herum, auf dem man mehrere Feittropfen- ansammlungen sieht. a Auge; b Ohrbläschen; c Chorda dorsalis (fein quergestreift); d—e Wirbelabtheilungen (20); g disponible Masse für die hinteren Wirbelabtheilungen; f Schwanzfortsätze (s. den ersten Aufsatz über die Entwicklung des Hechtes, Bd. V dieser Zeitschrift); h Raum für die Herzanlage, Fig. 2. Kopf und Herzgegend eines Embryos vom fünften Tage. a Auge; b Ohr; c Chorda dorsalis; A das Herz; pp Herzbeutel, oben gegen den Embryo, unten gegen den Dotter begränzt. Fig. 3. Derselbe Embryo von oben. a Auge; b Ohr; @ oberste Zellenschicht, die sich über den Dotter erstreckt; p Herzbeutel mit seinen Zellen. Fig. 4. Embryo vom sechsten Tage. Das Herz hat zwei deutliche Abtheilungen. h Ventrikel; A’ Aortenzwiebel; A” Membran, welche den Vorhof reprä- sentirt; s Blutzellen; 2 Anlage zu den sich verästelnden Pigmentzellen über dem Dotter. k Fig. 5. Ein eben ausgeschlüpfter Embryo vom achten Tage, mit 54 Wirbel- ” abtheilungen. a Der Dotier mit Fetttropfen und verästelten Pigment- ‘zellen. Ueber die ganze linke, wirklich rechte Dotterhälfte strömt Blut; d—e Sinus Cuverü; f Vorhof; g Ventrikel; h Aortenzwiebel; i Aorta (quer schraffrt); & Schwanzvene, die sich am Dotter über denselben verbreitet; k’ Stelle an der Gränze von Arteria und Vena, wo die Blut- | körperchen auf- und abschwanken; diese Stelle liegt in der colorirten Figur da, wo sich die drei Kreuze befinden; o Chorda dorsalis; e Brust- flosse; m After; n Darm. Fig. 6. ‚Blutlauf über den Dotter eines schneller entwickelten Embryo vom achten Tage. d—e Vorhof und Sinus Cuverii; g Ventrikel; i Aorta; k Schwanz- vene; aa Stellen auf dem Dotter, wo kein Blut strömt; a’ erste Stelle, wo kein Blut strömte; ce Chorda dorsalis; n Darm. | pag. 41, 42 und 78. Hier findet man auch schon die künstliche Befruch- tung der Fische erwähnt, von der Duhamel berichtet habe. Die Fische entwickelten sich bei mir nicht so weit, dass die Art bestimmt werden | konnte, } Veber die Einzelligkeit der Amoeben, von ß Dr. Leopold Auerbach in Breslau. Z Hierzu Tafel XIX, XX, XXI, XXI, Do 1 Seitdem Kölliker und v. Siebold es ausgesprochen, dass die Pro- _ fozoen einzellige Thiere seien, scheint diese Ansicht den Darstellun- gen der bedeutendsten der neueren Forscher auf diesem Gebiete zu Grunde zu liegen; doch ist sie von keinem derselben ausdrücklich _ anerkannt worden. In der That lässt sich nicht leugnen, dass jene Lehre, zumal in der Allgemeinheit, mit welcher sie für alle unter jene Thierclasse gezählten Wesen aufgestellt wurde, mehr eine glän- zende Idee als eine festgestellte Thatsache ausdrückte, dass sie auch heute, nach mancher neuen, ihr günstigen Entdeckung, einer z sichern Begründung ermangelt, und dass ihr Bedenken entgegen- ehen, welche um so wichtiger sind, als Interessen der gesammten ogie berührt werden, und es sich nicht um eine speeiell zoologi- /he, sondern um eine Frage von allgemein-physiologischer Bedeutung handelt. Die in Rede stehende Ansicht hat eine doppelte Seite, eine positive, dem sie annimmt, dass auch die niedersten Wesen des Thierreichs m allgemeinen organischen Gesetze der Zellen-Structur unterworfen "und eine negative, insofern sie leugnet, dass dieselben gleich den anderen Thieren aus einem Aggregate mehrerer zu einem Ganzen zu- 'sammenwirkender Zellen bestehen. Die letztere Behauptung fällt zum Theil zusammen mit der An- sicht von dem einfachen anatomischen Baue der Infusorien, welche nüber den Angaben Ehrenberg’s von der neuern Forschung immer meiner verfochten wird. Durch Dwjardin’s Beobachtungen zuerst det, ist diese Auffassung durch die Untersuchungen eines v. Siebold, Kölliker, Stein, Ferd. Cohn, Perty u. A. bestätigt und zur 306 | Anerkennung gebracht worden. Kein unbefangen Prüfender kann zwei- | feln, dass das Recht auf dieser Seite ist, und dass der reiche Schatz von Beobachtungen, mit welchen Ehrenberg die Wissenschaft beschenkt hat, erst durch die Entfernung mancher unbewährter Beimischungen und durch die umsichtigere Deutung, welche die oben genannten For- scher vornahmen, richtig verwerthet worden ist. Wenn es nun aber ° auch gewiss ist, dass die Infusorien keine gewundenen oder verzweig- ten Därme mit anhängenden Mägen besitzen, dass ihre contractilen Hohlräume keine Samenblasen sind u. s. w., so ist doch hiermit die | Möglichkeit, dass diese Thiere ihrer Zusammensetzung oder wenigstens ihrer Entwicklung nach mehrzellige seien, keineswegs ausgeschlossen. Es ist wahr, dass die bisherigen Beobachtungen keine Anschauungen gewähren, welche für eine solche Annahme bestimmen könnten, dass namentlich die Hauptmasse des Infusorien-Körpers anscheinend aus einer structurlosen, höchstens granulirten Substanz besteht; allein es gibt in der mikroskopischen Zoologie Erscheinungen, welche die Deu- tung dieser Thatsache im Sinne der Einzelligkeit bedenklich machen. Es finden sich auch ausser der Classe der Infusorien im Bereiche der niederen Thiere viele, an denen die mikroskopische Untersuchung mit den besten Hilfsmitteln entweder gar keine oder doch nur eine auf einzelne Organe beschränkte Zellenstructur hat nachweisen können; und doch sind diese Thiere nicht nur nahe verwandt mit anderen Arten, an denen eine Zusammensetzung aus Zellen viel mehr oder durch- aus erkennbar ist, sondern sie selbst sind hervorgegangen aus regel- mässigen, denen höherer Thiere wesentlich gleichenden Eiern, und ihre Entwicklung begann mit einem Furchungsprocesse, welcher wiederum | mit’dem an höheren Thieren gekannten durchaus übereinstimmt, einem Processe, welcher, wo er nur hat genau verfolgt werden können, auf nichts Anderes, als auf die Bildang von Embryonal-Zellen hinausläuft, Ich erinnere hier nur beispielsweise an die Embryonen vieler Nema- toden, welche, obwohl entwickelt aus einem Eidotter, nach Zerfallen desselben in viele kleine, mit Kernen versehene Furchungskugeln, doch wenn sie ausgeschlüpft sind, so wenig eine Spur: von Zellen- Gefüge zeigen als irgend ein Infusorium. Sei es nun auch, dass diejenigen Forseher Reclt haben, welche den Furchungskugeln eigene Membranen absprechen bis zu dem Momente, wo aus denselben die Embryonal- zellen selbst werden; sei es, dass wirklich in jenen niederen Thieren die Furchungskugeln letzter Ordnung, bevor noch ihre Membranen gebildet, wieder zu homogenen Häuten und Sarcode-Massen ver, schmelzen (die dann zum Theil später unmittelbar in feine Fasern zerlallen können), so muss man doch ein solches Thier seiner Ent- wicklung nach ein mehrzelliges nennen. Etwas Aehnliches bat si denn wohl aueh. Perty in. Bezug auf die Infusorien gedacht, wenn en 367 obgleich ihre einfache Structur entschieden vertheidigend, doch sagt: «Diese Wesen, wenigstens die vollkommeneren unter ihnen, sind keines- «wegs einer Zelle, sondern einer Combination nicht zur Entwicklung _ «gekommener Zellen vergleichbar.» (Perty, Zur Kenntniss kleinster Lebensformen, S. 51.) Nur liegen freilich für diese Ansicht aus der Entwicklungsgeschichte der Infusorien keine Thatsachen vor. Auch ist es sehr wohl möglich, dass vollkommenere Untersuchungsmethoden auch in den oben genannten Thieren noch die Spuren ihrer Zusammen- setzung aus Zellen nachweisen werden, wie ja auch die Hydren, in denen Ecker nur structurlose contractile Substanz mit eingestreuten Körnera salı, neuerlichst wieder von Leydig aus kernhaltigen Zellen bestehend gefunden worden sind. (Müller’s Archiv, 1854.) Die negativen Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung, welche so eben als unsicher in ihrem Werthe dargestellt wurden, hat man noch durch einen theoretischen Grund zu unterstützen gesucht, indem man darauf aufmerksam machte, dass die Grösse der Zellen, welche ein Thier zusammensetzen, sichtlich sich nicht vermindere mit der Gesammtgrösse des Tbieres oder mit der Vollkommenheit seiner Or- isation, dass vielmehr die kleineren Thiere nur aus einer geringeren ‚Anzahl von Zellen bestehen, welche im Durchschnitt eben so gross, zum Theil noch grösser sind als die entsprechenden Zellen grösserer U vollkommenerer Thiere. Abgesehen davon, dass eine Schluss- olgerung aus dieser Thatsache zu Gunsten der Einzelligkeit auf viele nilien der Infusorien wegen der Grösse ihrer.Individuen gar nicht wendbar wäre *), und dass ein Analogie-Schluss von den übrigen ‚diese sein Bedenken hat, weil die ganze Classe nur erst proviso- ‚ ihre zoologische Einheit nicht hinlänglich erwiesen ist, lässt sich leicht nachweisen, dass jene Ansicht von der gleichmässigen se der Zellen, wenn auch für die höheren Thierclassen richtig, h nicht allgemein durchführbar ist;. und ich will’ hier nur daran nern, dass sie mit der Lehre von der Einzelligkeit der Infusorien st im Widerspruch steht, Wenn nämlich alles Organische in der der Zelle existirt und jedes organische Wesen zum wenigsten Zelle darstellt, so ist es klar, dass dies wie von den grösseren sorien, so auch von den kleinsten Monaden und Vibrionen gelten ‚ und ebenso auch von den Bacterien, in Betrefl' deren es nichts ändern kann, dass dieselben nach Ferd. Cohn’s Entdeckung Schwärm- sporen eines Pilzes sind. Unter den Bacterien aber gibt es so kleine, dass schon eine sehr bedeutende Anzahl dazu gehören würde, um das "Volumen z. B. eines Alyscum saltans, eines der kleinsten unter den Viele Infusorien sind nicht kleiner, einige bedeutend grösser als die Jungen mancher Würmer und Gliederthiere, 368 Ciliaten, und immer noch eine beträchtliche, um das Volumen einer mittelgcossen Monade zu füllen. Ja wir können noch weiter gehen. Es ist bekannt, dass sich in fauligen Infusionen ausser Monaden, Vi- brionen, Spirillum, Bacterien, häufig massenweise noch kleinere und stufenweise immer kleinere Körperchen finden, deren Form gar nicht mehr zu erkennen ist, und welche gleichwohl Ortsbewegungen zeigen, die von der Moleeularbewegung ganz verschieden, vielmehr die grösste Aehnlichkeit mit den Ortsbewegungen der Infusovien besitzen; die Körperchen schwimmen nämlich in den verschiedensten Richtungen und in mannigfach gewundenen Linien durch einander hin und bieten ganz den Anblick wie ein Monadenhaufen, der durch eine schwache Ver- grösserung betrachtet wird. Wenn es erlaubt ist, in diesen winzigen Wesen Infusorien zu vermuthen, wie dies auch Ehrenberg gethan hat, indem er dieselben unter dem Namen Monas Grepusculum zusammen- fasste, so würde es demgemäss keine Minimalgränze der Zellen geben, welche innerhalb des Bereiches unserer optischen Hilfsmittel liegt. Alle diese Zweifel wären jedoch überflüssig, wenn es gelänge, in | positiver Weise an den Infusorien die Charaktere einfacher Zellen zu erkennen. Man kann aber nicht sagen, dass dies bis jetzt in gent- gender Weise geschehen sei. | Zur Charakteristik der vollkommenen, lebensthätigen Zelle gehört wesentlich, ausser der Hauptmasse, welche den sogenannten Inhalt dar- stellt, zunächst eine denselben einhüllende Membran. Eine solche war aber bis vor Kurzem an den Infusorien gar nicht nachgewiesen, und auch jetzt ist sie nur an einigen Arten aus der Familie der Paramäcien P dargestellt (vergl. Cohn, Ueber die Cuticula der Infusorien, diese Zeit- schrift, Bd. V), und an den Vorticellinen durch gewisse Erscheinungen einigermassen wahrscheinlich. Abgesehen hiervon hat man bis jetzt an den Infusionsthieren nur sehen können, dass ihre Körpersubstanz nach der Oberfläche zu dichter ist, dagegen nicht eine Hautschicht, welche optisch nach innen sich abgrenzte oder durch Reagentien isolir bar wäre. Selbst Cohn, welcher hierauf besonders seine Aufmerksam- keit richtete, ist es bei anderen als den oben genannten Infusorien nicht gelungen, und er glaubt sogar die von ihm an den Paramäcien entdeckte Körperhülle nicht als Zellmembran, sondern als eine A Cuticula auffassen zu müssen. Auf diese Deutung werde ich späte noch zurückkommen; dagegen sind jedenfalls die Panzer, welche die Körper -mancher Infusorien begrenzen, Zellmembranen so unähnlich, dass sie, wenn auch vielleicht aus solchen modifieirt, doch gewis nicht ohne Weiteres als solche anzusprechen sind. Ferner gehört zur Zelle wesentlich der Zellenkern. Und zwar kann es keineswegs gestattet sein, als solchen jeden beliebigen im Zellen inhalte abgegrenzten, in einer gewissen Art von Zellen mit einiger 369 Constanz vorkommenden Körper anzusehen. ‘In den ersten Zeiten der Histologie, als dieselbe einerseits noch vorzugsweise sich basirte auf die Untersuchung der ausgewachsenen, sehr differenzirten Gewebe der höheren Thiere und Pflanzen, und andererseits die Prüfung noch nicht so sorgfältig auf alles Detail gerichtet war, pflegte man die Kerne wohl zu beschreiben als solide, granulirte Körper von verschiedenen Um- _ rissen, unter deren Körnern sich häufig eines oder zwei besonders auszeichneten. Demgemäss gab. man unter Umständen die verschie- densten Innenkörper, wie selbst Chlorophylikügelchen, Pigmentanhäu- fungen, grosse Fetttropfen für Zellenkerne aus, und glaubte anderer- seits solche Kerne, die sich deutlich als Bläschen zeigten, wie die der Ganglien-Kugeln oder die Keimbläschen, nicht als Nuclei, sondern als eingeschlossene Zellen ansehen zu müssen. ' Jetzt stellt es sich immer bestimmter heraus, dass alle Nuclei entweder während ihrer ganzen Lebensdauer, oder doch so lange die Zellen nicht zu ganz einseitigen Functionen sich differenzirt haben, und namentlich so lange sie in der Entwicklung und Vermehrung begriffen sind, bläschenförmige Körper sind, welche ausser einem homogenen oder ganz fein (nur in patho- logischen Fällen grob) granulirten Inhalte, immer ein oder mehrere Nucleoli einschliessen; und diese letzteren sind ebenfalls als scharf , begränzte, das Licht stärker brechende, solide, bei bedeutender Grösse jedoch zuweilen eine oder einige kleine Höhlen in sich entwickelnde Körperchen bestimmt charakterisirt. ‘Der Umriss der Kerne ist rund oder elliptisch; nur wenn die Zellen zu Fasern oder Platten sich um- bilden, werden auch die Kerne stäbchen- oder scheibenförmig. Doch verändern sie ihre Form immer innerhalb enger Grenzen; seitdem die früher sogenannten Kernfasern als Zellengebilde erkannt sind, fehlt uch diese Analogie für Kerne, welche zu fadenartigen, gewundenen ‚oder gar verzweiglen Formen auswachsen könnten. = Noch entschei- dender wäre es für die Charakteristik der Zellenkerne, wenn wir ren Function im Zellenleben sicherer und umfassender kennten. er sind hierüber unsere Kenntnisse noch sehr dürftig, die vor- (denen Angaben widersprechend; doch kommt die Mehrzahl der bachter auf pflanzlichem und thierischem Gebiete darin überein, ‚bei der Bildung der Zellen die Kerne das Primäre sind, dass vor Theilung der Zellen in ihrem Innern zwei neue Kerne, entstanden 0 ch Neubildung oder durch vorangegangene Theilung des ursprüng- Jiehen Kernes, auftreten und als Centra wirken für die neu zu indi- vidualisirenden Theile. — Halten wir alles Dieses fest in der Beurthei- g des Vergleiches zwischen Zellen und Infusorien, so werden wir hen müssen, dass jene eigenthümlichen, in der Mehrzahl der In- rien vorkommenden Gebilde, welche von Ehrenberg meist als Ho- ‚ dagegen von den Neueren als Kerne bezeichnet werden, dem 370 eben geschilderten Typus der Zellenkerne sehr wenig entsprechen. Der Form nach sind sie zwar zum Theil rundlich, sehr häufig jedoch scheiben-, nierenförmig, oder sogar von der Gestalt eines langen, huf- eisenförmig gebogenen oder mannigfach gewundenen, glatten oder perl- schnurähnlich geformten Bandes. Im Uebrigen werden sie von allen Beobachtern geschildert als solide, sehr feste, granulirte, gelblich durch- scheinende Körper, an denen Nucleoli im Allgemeinen nicht bemerkt worden sind. Nur einzelne Infusorien besitzen Kerne, welche mit "Zellenkernen mehr Aehnlichkeit haben, wie Chilodon, Colpoda Cucul- lulus, Spirochona gemmipara Stein; an anderen sind wenigstens Kern-- membranen aufgefunden worden, wie bei Bursaria Loxodes und einigen Opalinen; dagegen können die Nebenkerne, welche bei Bursaria Loxo- des und Prorodon teres äusserlich an die Hauptikerne befestigt sind, mit den Nucleolis der Zellen nicht füglich in eine Linie gestellt wer- den. — Nicht günstiger sind der Vergleichung dieser Bildungen mit Zellenkernen die Erscheinungen, welche bei der Vermehrung der In- fusorien durch Theilung und durch innere Keime beobachtet werden. In Betreff der ersteren kann es nicht entscheidend sein, dass die so- genannten Kerne überhaupt sich mit theilen, und dass sie oft schon eine Einschnürung zeigen, bevor noch an dem äussern Thierumfange eine solche vorhanden ist, um so weniger, als Aehuliches auch an denı pulsirenden Hohlraume von Infusorien beobachtet worden ist. (Vergl. Stein, Die Infusionsthiere auf ihre Entwicklung untersucht, S. 250.) Uebrigens ist die Theilung des Infusoriums in der Regel nicht durch eine vollendete Theilung seines Kernes bedingt. Vielmehr gehen beide im Ganzen gleichzeitig vor sich; ja oft scheint erst die vom äussern Um- fange des Thieres vorrückende Einschnürung den Kern durchzuschneiden (Stein, a. a. O. über die Theilungen von Vort. mierost., Glaucoma seint., Chilodon u. a. m.). — Günzlich entgegen aber den Resultaten der bisherigen cytogenetischen Forschungen wären die merkwürdigen Beobachtungen von Stein über die Umbildung der Infusorien-Kerne zu jungen Thieren. Diese Sprösslinge müssten Tochterzellen verglichen werden, während doch sonst in der Geschichte der Zellen von einer Verwandlung der Kerne in Tochterzellen nichts bekannt ist. Zu allDem kommt aber noch, dass die Lebenserscheinungen eines „grossen Theiles der Infusorien von denen afler anderen Zellen doch so sehr verschieden sind. So ist es doch sonst, so viel wir bis jetzt wissen, allgemeine Regel, dass die Zellen durch eigene Thätigkeit nur Nlüssige Stoffe in sich aufnehmen, allgemeine Regel, dass, wenn Thiere feste Körper zur Nahrung in innere Höhlen bringen, die Verflüssigung und erste Assimilation dieser Körper ausserhalb der Zellen vor sich geht, und dass der unverdaute Rest nur an den Zellen vorbei nach aussen entleert wird. Von diesen Thatsachen ist denn doch ein 3a7ı gewaltiger Sprung zu der Vorstellung von Zellen, welche einen Mund und eine Schlundröhre besitzen, durch diese feste Stoffe in ihr Inneres aufnehmen, in ihrem Lumen verdauen und das Unverdaute durch einen Alter wieder entleeren sollen. "Wie ganz anders verhalten sich in allen jenen Beziehungen die Gregarinen mit ihrer membranösen, ringsum geschlossenen Hülle, mit ihrem bläschenförmigen, Kernkörperchen enthaltenden, einem Keim- bläschen täuschend ähnlichen Kerne, mit ihrer Ernährung durch Auf- saugung der umgebenden Flüssigkeit! So hegreiflich es ist, dass einem Beobachter, welcher die Anschauungen der thierischen Histologie leb- haft in sich aufgenommen, die Untersuchung der Gregarinen unwider- stehlich die Ansicht von deren Einzelligkeit aufdrängen musste, so gross sind doch die Schwierigkeiten, diese Idee auf das gesammte Reich der Infusorien zu übertragen. Es ist wahr, dass das Barocke, welches in der Vorstellung von fressenden, empfindenden und willkührlich herumschwimmenden, krie- chenden und laufenden Zellen liegt, nicht hinreicht, diese Idee als ver- werflich zu stempeln; aber es ist doch natürlich, dass der Geist gegen die ungewohnte Verbindung dieser Vorstellungen sich sträubt, so lange er nicht auf eine zwingende Weise dazu veranlasst ist. Jedenfalls ist es wohl übertrieben, wenn man gesagt hat, dass die Auffindung ein- zelliger Thiere wegen ‚der Analogie mit den einzelligen Pflanzen ein wissenschaftliches Postulat erfülle, da ja dem Thiere, seinem Begriffe nach, complicirtere Lebensäusserungen zukommen, als der Pflanze. Ja es. steht sogar die Vorstellung von Tbieren, an denen durch eine - Zelle alle thierischen Grundfunctionen gleichzeitig ausgeübt werden, mit den Grundanschauungen und Tendenzen, welche die physiologische Forschung bis vor Kurzem geleitet haben, in störendem Widerspruch; und wird namentlich dem hochstrebenden und an sich gewiss be- rechtigten Bemühen, die Grundfunctionen des thierischen Körpers aus den besonderen chemischen und morphologischen Verhältnissen der verschiedenen diflerenzirten Zellen zu erklären, aller Boden entzogen. Der gesammte Complex der eben dargelegten Betrachtungen machte mich, als ich vor einigen Jahren die Protozoen zu beobachten ange- fangen. hatte, in der Anerkennung der neuen Ansicht von der Ein- zelligkeit jener Thiere bedenklich. Ich fand von dieser Idee ab nach zweien Seiten hin die Aussicht geöffnet; ich sah, dass einerseits hinter der scheinbaren Einfachheit jener Geschöpfe sehr wohl noch eine actuelle oder doch wenigstens eine genetische Vielzelligkeit versteckt sein könne, und dass andererseits möglicher Weise auch Diejenigen Recht haben könnten, welche, die allgemeine Herrschaft der Zelle leugnend, die Protozoen als individuelle Gestaltungen thierischer Sub- stanz betrachten, die mit dem Principe der Zellenformation gar nichts 372 zu thun haben. Die ganze Frage, aber trat mir als eine so wichtige und interessante entgegen, dass ich beschloss, zu ihrer Entscheidung Untersuchungen anzustellen. Hierbei sagte ich mir sehr bald, dass irgend eine Entscheidung noch am ehesten herbeigeführt werden müsse durch die Erforschung der allereinfachsten unter den Protozoen, näm- lich der Amoeben, welche wegen ihres gänzlichen Mangels an be- stimmter Formation als völlig unmodifieirte und darum ganz charakte- ristische Zellen sich darstellen müssten. Ich war auf meine eigenen Beobachtungen um so mehr gespannt, als die vorhandenen Angaben gerade über diese Thiere der Einzelligkeits-Theorie durchaus nicht günstig sind. Mustern wir deshalb vorerst die Ergebnisse der früheren Beobachter. - Ehrenberg charakterisirt in seinem grossen Werke die Amoeben als «polygastrische, darmlose, mit einer einzigen Körperöffnung ver- sehene Tbiere ohne Panzer», welche fussartige, sehr veränderliche Fortsätze ausstrecken können, mit deren Hilfe sie sich bewegen. Als Fortpflanzungsorgane hat er allein bei A. princeps «eiartige Körnchen direct erkannt», und bei A. verrucosa «schien auch eine kugelförmige Samendrüse vorhanden zu sein». Ausserdem liessen sich bei der letztern und bei A. diflluens auch contractile Samenblasen erkennen. — Es ist bekannt, was man sich bei dieser Terminologie Ehrenberg’s zu denken hat. Wir sehen aber, dass Ehrenberg eine sogenannte Samen- drüse bei den Amoeben im Allgemeinen nicht hat auffinden können, und dass er eine solche nur bei einer Art unbestimmt beobachtet zu haben angibt. Auch sagt er in der speciellen Beschreibung der Amoe- ben nichts von einer dieselben umkleidenden Haut; doch mag die An- nahme einer solchen ihm wohl im Sinne gelegen haben, da er bei der Schilderung des Spiels der Fortsätze sagt, die Leibesmasse des Thie- res mit ihren Körnchen werde in die Fortsätze wie in einen Bruchsack hineingedrängt. Nach Dujardin sind die Amoeben: «animals formes d’une sub- «stance glutineuse, sans tegument, sans organisation appreciable, chan- «geant de forme & chaque instant par la protension ou la retraction «d’une partie de leur corps, d’ou resultent des expansions variables.» (Hist. nat. des zoophytes, pag. 226.) Er erzählt, dass es ihm gelungen sei, ein grosses Exemplar mit dem Messer in zwei Theile zu zer- schneiden, und dass dabei kein Inhalt ausgeflossen sei, sondern die beiden Hälften sich zusammenzogen und fortlebten, und fügt hinzu: «On peut aussi voir la une preuve de labsence de tegument» (p. 230). Bei der Beschreibung der Fortsätze von A. radiata sagt er: «Je ne «crois pas Wailleurs, que dans aueun cas on puisse suivant Tidee de «Mr. Ehrenberg considerer de telles expansions comme produites a la «maniere des hernies par le relächement local d'un tegument trös 373 «contractile; car il semble, qu'on devrait voir, par l’eflet m&me de «la contractilite du t£gument ces expansions se reduire et renirer «dans la masse plus promptement au lieu de rester flexueuse et Nlot- «tantes pendant Vagitation» (pag. 2337—238). Die Hohlräume sieht er natürlich nicht für Mägen und Samenblasen, die eingeschlossenen Kör- ner nicht für Eier an. Von einem kernähnlichen Gebilde erwähnt er gar nichts. Kölliker sagt in seinem Aufsatz über Achinophrys sol, in welchem er so sehr sich bemüht, die Lehre von der Einzelligkeit der Infusorien und Rhizopoden zu unterstützen: «Können die Rhizopoden einer Zelle ‚ «gleich gehalten werden? Auf den ersten Blick fällt die Antwort «verneinend aus; denn es mangelt denselben, Amoeba, Acti- «nophrys z. B. eine besondere Hülle, die als Zellmembran «gelten könnte, und wenigstens vielen derselben ein Zellen- «kern.» Kölliker sucht dann plausibel zu machen, dass dieser Mangel nieht gegen die Einzelligkeit entscheidend sei. (Diese Zeitschr., Bd. I, 8: 244.) Ecker beschreibt in seinem Aufsatze: «Ueber Bau und Leben der eontract. Subst.» (diese Zeitschr., Bd. I, S. 235), wie die Amoeben ihre Fortsätze ausstrecken, und sagt dabei: «Am wahrsten drückt man, wie amir scheint, sich aus, wenn man sagt, dass durch die Contraction «des Körpers allmählich der ganze Inhalt von diesem in den Fortsatz «hineingetrieben werde, wodurch dieser nun zum Körper wird und «das Thier zugleich vom Platze rückt. Eine äussere Hülle braucht «man deswegen nicht anzunehmen und eine solche existirt «auch nicht.» Uebrigens spricht er vielfach von den Körnchen, die in der contractilen Substanz der Amoeben eingebettet seien, da- gegen nicht von einem unter diesen sich auszeichnenden kernähnlichen Körper. " Perty sagt in seinem Werke: «Zur Kenntniss kleinster Lebens- formen. Bern 1852, S. 182», von den Süsswasser-Rhizopoden, unter welchen er auch die Amoeben begreift: «Die Frage, ob sie für ein- «zellige Thiere zu halten seien oder nicht; kann nur für Jene Bedeu- «tung haben, welche die Organisation nur vom Standpunkte der Zellen- - alheorie aus betrachten und auf diese Alles reduciren wollen. Die «urihierische Masse aber (contractile Substanz, Dotter, Molecularsubstanz «der Chorionzotten u. s. w.) hat nie Zellen, und letztere sind schon Pro- «duet einer höher organisirenden Thätigkeit und das Bildungsmateriale, _ «aus welchem sich die vollkommeneren Wesen aufbauen. Man kann «weder sagen, eine Amoebe sei ein mehrzelliges, noch sie sei ein ‚seinzelliges Thier; denn es fehlen ihr die wesentlichen Requi- “site einer Zelle: Kern und Hülle.» " © Zugleich will ich hier noch einige andere Beobachtungen anführen, 374 obwohl dieselben zu der Zeit, da ich meine Untersuchungen anstellte, noch nicht mitgetheilt waren. Bailey beschreibt, in dem American Journal of science and arts, Vol. 45, 4853, ein von ihm beobachtetes mikroskopisches Thierchen, welches er Pamphagus mutabilis nennt, und das höchst wahrschein- lich zu den Amoeben gehört. S. 343 sagt er darüber: «The sub- «stance, of which these animals are composed, is much like that «composing the bodies of the various species of Amoeba, being soft, «colorless, elastic and extensible. It is probably without any true «integument etc. ....: » Von Ed. Claparede erschien im December 4854 in Müller’s Archiv eine Abhandlung über Actinophrys Eichhornii. In dieser heisst es S. 443: «Den Actinophryen, Amoeben, Arcellen und anderen Rhizo- «poden fehlt eine Hautbedeckung, also eine Zellenmembran «gänzlich. Nicht minder muss ich den nackten Rhizopoden «(wenigstens Act. Eichh., Am. diffl., Am. radiosa) einen Kern «ableugnen; wahrscheinlich entbehren auch die beschalten «(wenigstens Arcella) dieser Gebilde.» v. Siebold freilich erwähnt auf S. 414 u. 24 seines Lehrb. d. vergl. Anat. eine Haut und einen Kern der Amoeben als vorhanden. Jedoch führt er keine speciellen Beobachtungen an, auf welche diese Annah- men sich gründeten; und so sehr ich auch diesen ausgezeichneten, oft bewährten Forscher hochachte, so konnte ich mich doch einiger Zweifel an der Richtigkeit oder wenigstens an der sichern empirischen Begründung jener Angaben nicht enthalten, um so weniger, als den- selben von allen späteren Beobachtern und selbst von Kölliker, dem Mitbegründer der Lehre von der 'Einzelligkeit der Protozoen, wider- | sprochen worden ist. So ging ich denn im Juli d. J. 4852 an die Untersuchung dieses Gegenstandes, ohne mich mit meiner Meinung mehr nach der einen oder nach der andern Seite hinneigen zu können. Und zwar wollte ich vorzugsweise auf Membran und Kern der Amoeben durch Anwen- dung von Reagentien prüfen. Meine ersten Versuche an vereinzelten Amoeben, welche ich in verschiedenen Infusionen und Sumpfwässern vorfand, schlugen gänzlich fehl. Dagegen fand ich bald eine eigen- thümliche, bisher nicht beschriebene Form von Amoeben, welche mir entscheidende Ergebnisse lieferte. Amoeba bilimbosa (spec. nova). (Hierzu Taf. XIX.) Vor meinem der Millagssonne zugewendeten Fenster hatte ich ein Arzneitläschchen stehen, in welches ich vor längerer Zeit das ziemlich” 375 klare Wasser aus einem Sumpfe bei Breslau gefüllt hatte. Das Wasser war bis zu etwa zwei Drittheilen verdunstet. Der Boden aber und die Wände des Gefässes hatten sich mit einem grünen Ueberzuge be- deckt, welcher nach der mikroskopischen Untersuchung vorzugsweise aus Zenodesmos und. Oedogonium bestand, vermischt mit einer ge- ringern Menge kleiner Naviculae und verschiedener einzelliger Algen. In dem diese Algen umspülenden Wasser bewegten sich mehrere Arten _ bewimperter Infusorien, vorzugsweise Oxytrichen und Chilodon unein. E. _ Ausserdem aber. befanden sich in den Zwischenräumen der Algen in | unsäglicher Menge Amoeben eigenthümlicher Art, welche meine Auf- merksamkeit sofort in hohem Grade fesselten. Dieselben (Taf. XIX, Fig. 1—4) waren im Allgemeinen von rund- licher Gestalt und ziemlich gleichmässiger Grösse; denn der Durch- . messer der bei weitem meisten Exemplare schwankte zwischen Y,, — 4,5"; doch kamen auch kleinere bis zu Y,,"” vor; diese waren aber selten und noch seltener grössere bis zu Y,,”. Fast alle Individuen aber zeigten gleich nach ihrer Herausnahme aus dem Glase, von der Oberfläche ihres Körpers in das Wasser hineinragende Forsätze, wie dieselben in Fig. 2— 4 abgebildet sind. Betrachten wir zunächst den Körper. Was an demselben vor Allem überraschend auffällt, ist, dass derselbe an seinem Umfange, in so weit nicht Fortsätze ausgehen, auf das Deutlichste und Schönste ‚von einer doppelten Contour begränzt ist, welche beide Contouren übrigens ganz constant nicht in einem Bogen, sondern, einander ziem- lich parallel, in kleinen Wellenlinien, dem optischen Ausdrucke von kleinen Höckern, Runzelungen der Oberfläche verlaufen. Diese beiden dunkelen Linien lassen zwischen sich einen schmalen lichten Streifen a ungefähr Y,300” Breite und begränzen also anscheinend eine dünne, rblose Schicht. Innerhalb dieser äussern Begrenzung besteht die Hauptmasse des örpers aus einer farblosen gallertähnlichen Substanz, welche jedoch stärker glänzt, das Licht stärker bricht, als dies bei den gewöhnlichen moeben der Fall ist. Dieselbe reicht überall bis dieht an die doppelt eontourirte Gränzschicht heran. Sie enthielt immer sehr zahlreiche Va- olen und ausserdem eine grössere oder geringere Menge von Algen und Algenbruchstücken, wie dieselben in dem umgebenden Wasser - vorhanden waren, eingeschlossen. Dunkle, scharf hervortretende Körn- chen waren nur in verhältnissmässig geringer Anzahl darin zerstreut; bei gehörig moderirter Beleuchtung erkannte man, dass die Grund- tanz durchaus sehr matt granulirt ist, mit Ausnahme einer schma- In äussern Zone. Zunächst nach innen nämlich von dem oben be- 4 schriebenen Doppelsaum zeigt sich ganz constant eine Zone von circa Yo00” Breite, welche gar nicht granulirt, sondern anscheinend ganz 376 homogen ist und somit auch ein etwas blasses Aussehen hat; ich will sie Cortiealzone nennen (Figg. 1, 2 u. ka). Dieselbe ist jedoch nicht durch eine linienartig erscheinende Grenze von dem innern Theile ab- gesondert, vielmehr wird die Grenze eben nur durch die äussersten der feinen Körnchen gebildet. Gewiss also stellt innerhalb des Doppel- saumes die Grundsubstanz 'eine continuirliche Masse dar, nur dass die feinen eingebetteten Körnchen nicht bis an deren Grenze, sondern nur bis zu einem gewissen, ziemlich gleichmässigen Abstande von der- selben reichen. Hierzu kommt aber noch der interessante Umstand, dass auch sämmtliche Vacuolen, so wie sämmtliche fremden (gefresse- nen) Körper in dem granulirten Bezirke liegen; oft ragte eine Vacuole oder ‚ein Algenzellchen bis dicht an die Gränze der Körnchen, nie über dieselbe hinaus. Einen Kern konnte ich bei einfacher Beobachtung nicht mit Ge- wissheit auffinden. Zwar sah ich zuweilen mitten in dem bunten Haufen der gefressenen Algen einen farblosen runden Körper von etwa der Grösse eines menschlichen Blutkörperchens; allein derselbe bot sonst nichts Charakteristisches und konnte sehr wohl ebenfalls ein von aussen eingedrungenes Ding sein. Auch bemerkte ich unter den vielen Vacuolen, welche die Thiere enthielten, keine pulsirende. Was nun die Fortsätze anbetrifft, so will ich hier gleich im Voraus bemerken, dass, wie die Berücksichtigung aller Umstände ergibt, diese Fortsätze durchaus nicht bestimmt gebildete Organe der Thiere sind, sondern, wie bei allen anderen Amoeben, einfache Verlängerungen der Leibessubstanz, welche vermöge ihrer Contractilität an beliebigen Stel- len sich vorstrecken. Ich hätte deshalb gewünscht, sie mehr in ihrem Werden und ihren Wandlungen schildern zu können. Allein fast alle Individuen waren, wie gesagt, schon mit ausgestreckten Fortsätzen versehen, wenn sie zur Untersuchung kamen, und hatten im: Allge- meinen sehr wenig Neigung, unter dem Mikroskop neue zu entwickeln, so dass es mir nicht gelungen ist, die erste Entstehung eines Fort- satzes direct zu sehen. Auch war überhaupt die Trägheit in den Be- wegungen dieser Art, so Jange ich dieselbe beobachtete, ganz ausser- ordentlich gross. Deshalb ziehe ich es vor, die Fortsätze so zu schildern, wie sie sich mir gewöhnlich präsentirten, und die bemerk ten: Bewegungserscheinungen hinzuzufügen. Die Fortsätze bestehen nun aus derselben klaren, anscheinend ga homogenen Substanz, wie die oben erwähnte Corticalschicht und gehe auch an ihrer Basis unmittelbar und ohne Grenze in diese über. Ihrer Gestalt nach sind dieselben von zweierlei Art. Die einen stellen klein papillenförmige Hervorragungen dar von Yyoo— Yzo0” Breite und ein Länge, welche entweder geringer ist als die Breite oder diese u 377 etwa das Zwei- bis Dreifache übertrifft. An ihrem freien Ende zeigt sich eine solche Papille entweder einfach abgerundet, wie in Fig. 3 d, - oder es gehen von diesem Ende wiederum ein, öfter jedoch zwei feine und blasse wimperförmige Fäden aus, wie in Fig. 3.5, welche meistens nicht die Länge der Papille erreichen, manchmal jedoch dieselbe über- trellen. Zuweilen sind diese secundären Verlängerungen stärker und geben dann dem Fortsatz ein gegabeltes Ansehen, wie in Fig, 4. Der innere granulirte Theil der Leibessubstanz reicht in die Papille niemals hinein, sondern seine bogenförmige Körnchen -CGontour läuft in dem ge- wöhnlichen Abstande von der Basis der Papille unverändert hin. Sehr merkwürdig verhält sich auch die äussere Doppeleontour des Körpers an der Stelle eines solchen Fortsatzes, Sie hört nämlich hier fast plötzlich auf, oder vielmehr sie geht in eine einfache Linie über, welche an der Basis des Fortsatzes unten noch dunkel ist, aber sehr rasch sich verfeinert, so dass sie an dem grössten Theile des Fortsatzes ganz blass und fein ist (Fig. 35 u. Fig. 4). Scheinbar freilich verhält sich manchmal die Sache anders; auf den ersten Blick scheint die hyaline Papille nur auf die äussere Contour wie aufgesetzt zu sein, wie in Fig. 3. d; aber eine genauere Prüfung zeigt, dass hier nur die Basis der Papille nicht im Focus des Instrumentes ist. — Ein solcher Fortsatz ist nun entweder vereinzelt oder es sind an entfernten Stellen der Oberfläche ein zweiter und selbst dritter ähnlicher vorhanden oder es zeigen sich ch. an. demselben Individuum Forisätze von der später zu beschrei- nden zweiten Form, Zuweilen aber stehen mehrere Fortsätze von eben beschriebenen Art in einer.Gruppe dicht bei einander , sogar ihrer Basis zum. Theil verschmolzen, während die übrige Ober- läche des Körpers fortsatzlos ist; das zierlichste mir vorgekommene emplar dieser Art habe ich in Fig. k abgebildet. An diesem Exem- lare zeigt sich auch besonders schön, wie der aus Körnchen be- ende Antheil der Leibessubstanz an der Bildung dieser Fortsätze partieipirt; die Masse der feinen Körnchen ist ein abgeschlossener zelförmiger Haufen geblieben. — Alle diese. so gearteten Fortsätze zen frei in das Wasser hinein. Von Bewegungen istan ihnen manch- kaum etwas zu bemerken, während andere Male einzelne der feinen len sich langsam krümmen und wieder gerade richten ; und zwar sind ‚sichtlich nicht durch Strömungen, sondern durch innere Ursachen orgebrachte Erscheinungen, also Contractionswirkungen. Auch ver- orn und verkürzen sich oftmals, freilich sehr langsam, sowohl ie Papillen wie auch ihre wimperförmigen Verlängerungen. Ein gänz- liches Einziehen dieser Fortsätze, welches mir wegen des Verhaltens der Contouren sehr interessant gewesen wäre, habe ich nicht beob- achtet. Dagegen sah ich, wie solche rundliche und dünnere Räden ausschickende Fortsätze, nachdem sie sich bis zu einem gewissen Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, VII. Bd. 25 i \ ! Ä ’ 378 Maasse verlängert hatten, auch nach den Seiten hin breiter wurden, auf Kosten ihrer Dicke sich immer mehr nach der Fläche ausbreiteten, scharfe und eingeschnittene Ränder annahmen und so in die jetzt zu beschreibenden Fortsätze der zweiten Form sich umwandelten. Diese letzteren (Figg. 2, 3 u.9e) sind ebenfalls einfache Verlänge- rungen der homogenen Grundsubstanz und mit der Cortiealschieht in un- mittelbarem Zusammenhange. Von Gestalt aber*sind sie platt. Ihre Basis nimmt an dem Umfange des scheinbaren -Querschnilts von etwa Y; bis zu Y, ein. Von dieser Basis verbreitern sie sich gewöhnlich etwas nach der Peripherie hin und verdünnen sich zugleich sehr, so dass sie an dem peripherischen Rande sehr blass sind, um so mehr, je grösser die Länge des Fortsatzes in radialer Richtung. Die letztere wechselt sehr, ist bald geringer als die Breite, bald ihr ziemlich gleich. Die seitlichen Ränder sind bald ausgeschweilt, bald ziemlich gerade, bald mehr convex; der peripherische Rand dagegen immer wie zer- rissen, durch unregelmässige, kürzere uud längere, spitzwinklige Ein- schnitte gezähnt. Zuweilen ist fast der ganze freie Rand so beschaffen, so dass keine Grenze zwischen seitlichem und peripherischem Rande besteht. — Die Doppeleontour verhält sich an diesen Fortsätzen ganz so, wie an den vorher beschriebenen, indem sie an der Basis plötz- lich zu einer einfachen verschmilzt und sich am Rande des Fortsatzes” rasch bis zur äussersten Zartheit verfeinert. — Die centrale Körnchen- masse tritt auch in diese Fortsätze häufig gar nicht ein; wo jedoch die Fortsätze sehr lang sind, greift die Abplattung offenbar in den Körper des Thieres hinüber; alsdann hat an dieser Stelle die granulirte Masse ihren kreisförmigen Umriss verloren und ragt ein wenig in die” Basis des Fortsatzes hinein (s. Figg. 2 u. 3 e); nie aber lösen sich Körn- chen los, sie zerstreuen sich nicht in der glashellen Substanz des Fortsatzes. ' An einem Einzelthiere ist entweder nur ein derartiger platter Fortsatz vorhanden, oder es sind zwei getrennte, aber gewöhnlich nicht weit von einander entfernte. Diese Fortsätze haben offenbar die Bestimmung, an einer festen Grundlage haftend durch kriechende Bewegungen sich auszubreiten, eit Vorgang, der von anderen Amoeben wohl bekannt ist. In der That sah ich dies an Exemplaren, welche ich erst einige Zeit, nachdem sie auf das Objectglas gebracht waren, der Beobachtung unterwarf. Went ich aber solche Fortsätze auch frei in das Wasser hineinragen sah, so glaube ich, dass dieselben ursprünglich an den Wänden des Fläsch- chens und an dem Algenteppich gehaftet hatten und nur durch die Präparation losgerissen waren. Beobachtete man nun einen solche auf dem Objectglase haftenden Fortsatz genauer, so sah man namen lich an dem gezackten Rande, wie derselbe fortwährend seinen Umris ee ee en 379 veränderte, indem neue Zäacken ausgestreckt wurden, während andere sich ausglichen. Sehr häufig verbreiterte und verlängerte sich hiermit der Fortsatz zugleich, doch höchstens, so viel ich sehen konnte, bis zu den oben von mir angegebenen Maximalgrössen. Die Trägheit dieser Bewegungen war aber ausserordentlich gross. Ich war neugierig, ob im Fortgange eines solchen Processes diese Thiere, gleich anderen Amoeben, sich gänzlich abplatten und lamellenartig ausbreiten, und sodann auf dem Glase herumkriechen würden; dies ‚sah ich jedoch direct niemals. Allein ich muss bemerken, dass diese Thiere über- haupt nicht mehr in einem jugendfrischen Zustande waren, was sich später noch mit grösserer Bestimmtheit herausstellte. Auch spricht ein Exemplar, welches ich erst nach Zusatz von Jod auffand und in Fig. 40 abgebildet habe, dafür, dass eine solche lamellenförmige Ausbreitung doch zuweilen Stait fand, und dass sie hier, wie in der folgenden Art (vergl. Taf. XX, Figg. 8 u. 42), mit Bildung eines hyalinen Sarcodehofes verbunden ist, — Andere jener Fortsätze verkürzten sich unter immer- fortwährenden Aenderungen ihres Umrisses. Wo zwei an einem Indi- viduum vorhanden waren, sah ich mehrmals, dass während der eine sich ausbreitete, der andere sich verkleinerte, Auch ereignete es sich einige Male, dass, während ich ıneine Aufmerksamkeit auf einen sol- chen Fortsatz Äixirt hatte, an einer andern Stelle des Thierumfanges unversebens ein papillenförmiger Fortsatz aufgetreten war, wie in Fig.3d. Das erste Entstehen eines solchen zu sehen, glückte mir aber nie; es hatte dies jedenfalls darin seinen Grund, dass Alles, was unter- halb des grössten Querschnittes, d. b. auf der dem Objectglase zuge- wendeten Hälfte der Thieroberfläche vorging, wegen der bedeutenden Trübung des Thierkörpers durch Algen, Körnchen und zahlreiche Va- euolen nicht klar gesehen werden konnte. Auch hätte ich, da diese warzenfürmigen Fortsätze in der Regel ziemlich senkrecht auf der Ober- Näche des Thieres standen, eine deutliche Profilansicht, die mir für den Vorgang der ersten Entstehung wichüg gewesen wäre, nur in dem besondern Falle erhalten können, wenn der Fortsatz gerade an dem Umfangs des grössten Querschnittes herausgetreten wäre. Genug, wäh- rend ein Forsatz, wie der in Fig. 3e sich verkürzte, verlängerte sich der andere, gleich dem in Fig. 3 d langsam, und breitete sich wohl auch, unter Anheftung an die Glastafel, nach der Fläche aus, während - der erstere immer mehr sich zurückzog, Das gänzliche Einziehen eines Fortsatzes habe ich jedoch nicht gesehen; es war auch hieran die un- gemeine Trägheit aller dieser Bewegungserscheinungen Schuld, welche zur Ergründung solcher Verhältnisse eine stundenlang anhaltende Beob- _ achtung desselben Individuums nöthig machte, und eine solche wurde zu oft durch die vielen kleinen Unglücksfälle, die bei derartigen Beob- achtungen einzutreten pflegen, gestört. 25 * er ee EEE ee ee es ee ee Ku A u u u de nn 380 Uebrigens geht aus dem Gesagten hervor, dass die runden freien Fortsätze in die platten, kriechenden tibergehen können, respective deren Entstehungsformen sind. b4 Dies’ waren die Ergebnisse der einfachen mikroskopischen Beob- achtung dieser Wesen während der ersten acht Tage meiner Unter- suchung. ‘Was ging nun daraus für die Frage von der Einzelligkeit hervor? Es ist natürlich, dass ich beim ersten Anblick dieser Thiere, welche ich bald für Amoeben erkannte, namentlich durch die Doppel- contour ihrer Körper freudig überrascht war; ich glaubte hier unmittel- bar die gesuchte Zellmembran zu sehen. Allein indem ich länger beobachtete, wurde ich über diese Ansicht bedenklich. Namentlich war mir das Verhalten der Contouren an der Basis der Fortsätze ein Stein des Anstosses. Ich hielt es für unwahrschemlich, dass eine dieke Zellenmembran an einer so scharf begränzten Stelle so sehr sollte ver- dünnt werden können. Deshalb warf ich mir die Frage auf, ob ich nicht vielleicht Rhizopoden mit einer membranösen Schale vor mir hätte, welche an gewissen Stellen für auszustreekende Fortsätze durch- löchert wäre. Hiergegen sprach freilich, dass ich nirgends, ausser wo Fortsätze jausgestreckt» waren, eine Unterbrechung der Doppelcontour wahrnahm, ferner die gänzliche Gesetzlosigkeit in der Anordnung der Fortsätze, deren wechselnde, zum Theil so bedeutende Breite an der Basis. "Andererseits aber konnte die Doppelcontour auch nur der opti- sche Ausdruck einer Runzelung der Oberfläche sein, wie eine solche ja auch durch den wellenförmigen Verlauf jener Contouren documentiet war. Auch dachte ich an eine Analogie mit einem auf unbekannten Moleeularverhältnissen beruhenden optischen Phänomen, nämlich an die doppelten Contouren, welche das ausgetretene Nervenmark häufig zeigt. Hierzu kam aber noch, dass meine um diese Zeit angestellten Versuche, durch Anwendung von Reagentien mir eine Zellmembran und einen etwa vorhandenen Kern deutlich zu machen, gänzlich fehl- schlugen. Jod machte Alles zu dunkel 'und verschrumpft, als dass ich | es hätte wagen können, unter den mannichfachen eingeschlossenen, durch das Reagens in Form und Farbe veränderten Körpern,‘ einen mir als Kern zu deuten. Ich hielt mich darum besonders an die Alka lien und die Essigsäure. Dass ich nun durch diese Reagentien den Kern nicht finden konnte, wird sich aus dem Folgendem ergeben; wenn ich aber auch die Membran nicht erkannte, so lag dies, wie ich später einsah, theils an Anwendung nicht genug verdünnter Lö sungen, theils an unvollkommener Deutung des Gesehenen. Ich würde dies erst gar nicht erwähnt haben, wenn nicht hierdurch eine Unte brechung in meinen Beobachtungen eingetreten wäre, die mir sehr glücklich zu Statien kam. Durch die Resultatlosigkeit meiner Bestre bungen ermüdet, beschloss ich die Beobachtung auszusetzen, um si , 381 nach einiger Zeit, vielleicht mit mehr Glück, wieder aufzunehmen. Ich wollte aber einen Theil meines .Vorrathes an diesen Thieren in andere Verhältnisse bringen, um sie so vielleicht zu regerer Lebendigkeit zu erwecken. Zu diesem Zwecke kratzte ich die Hälfte des grünen Ueber- zuges in meinem Fläschchen von dessen Wänden ab, und goss den grössern Theil des in dem Fläschchen befindlichen Wassers mit den darin flottirenden abgekratzten Fragmenten jenes Ueberzuges in einen Glasnapf, und verdünnte es hierin durch Zusatz von etwa der Hälfte - destillirten Wassers. In dem Napfe sanken die grünen Flocken nieder und bildeten einen Bodensatz, der sich übrigens im Laufe der nächsten Monate durch die lebhafte Vegetation der Algen vermehrte. Während der nächsten vierzehn Tage sah.ich mir von Zeit zu Zeit eine kleine Portion dieses Bodensatzes unter dem Mikroskope an. Da ich jedoch die in Rede stehenden Rhizopoden in allen ihren Eigen- schaften und namentlich in der Trägheit ihrer Bewegungen immer un- verändert vorfand, so kümmerte ich mich eine Zeit lang gar nicht um sie, Am 3. September jedoch nabm ich mir vor, die anfangs viel- versprechende Spur nochmals zu verfolgen, um durch. wiederholte Anwendung von Reagentien vielleicht doch zum Ziele zu ‚gelangen. Ich nahm also wiederum ein wenig von dem grünen Bodensatze unter das Mikroskop. Gross und freudig war nun mein Erstaunen, als sich inir, was ich mit viel Mühe hatte aufsuchen wollen, ganz von selbst auf das Deutlichste und Schönste darbot. Ich fand nämlich zwar die grosse Mehrzahl meiner Amoeben ganz so beschaffen wie früher, da- zwischen aber einige und bei fortgesetzter Beobachtung immer wieder einige, welche ein in mehreren Beziehungen wesentlich verändertes ‚Aussehen zeigten. Es waren dies theils ganz fortsatzlose, theils nur mit einem kurzen papillenförmigen Fortsatz versehene Exemplare, Ihre Eigenthümlichkeiten bestanden aber in Folgendem (s. Fig. 5). Erstens enthielten sie gar keine oder nur sehr wenige, 1—3, Vacuolen; zwei- ‚tens erschien die innere Masse im Ganzen blasser, während die in ihr eingebetteten zahlreichen, feinen Körnchen viel schärfer hervortraten ; drittens, und dies ist das Wichtigste, enthielt jedes dieser Exemplare _ einen wunderschönen Kern, welcher in seinem Innern ein grosses _ Kernkörperchen einschloss (s. Fig. 5n). Der Kern war rundlicher oder etwas elliptischer Gestalt, im Durchmesser im Mittel "/,60”, von einer _ scharfen, ziemlich dunkeln Contour begrenzt, anscheinend ein Bläs- "ehe, "welches ausser dem Nucleolus einen homogenen, das Licht ziem- lich wie die Umgebung brechenden Inhalt führte. Das Kernkörperchen war kugelrund, im Mittel Y,,,” gross, sehr scharf begrenzt, solide, ‚das Licht stärker als die umgebende Substanz, doch nicht so stark wie Feit brechend. Der Durchmesser: des Kernes betrug immer nahezu Y, =, von dem des ganzen Thieres; dagegen schwankte-das Verhältniss 382 des Kernkörperchens zum Kern von etwa Y,— #3. — Ich hatte also in diesen Thieren nicht blos überhaupt einen Kern gefunden, sondern einen, welcher vielen bekannten Zellenkernen ausserordentlich glich. Namentlich war die Aehnlichkeit mit den Kernen vieler Ganglienkugeln so gross, dass sie, isolirt, glaube ich, kaum zu unterscheiden gewesen wären. h , Sollten nun diese Kerne in den Thieren erst neu entstanden sein? Ich fing an, die anderen, in ihrer Beschaffenheit gegen früher nicht veränderten Individuen noch einmal auf einen solchen Nucleus hin zu untersuchen. Und siehe da, jetzt, nachdem ich dieses Gebilde in seiner Grösse und Gestaltung kannte, konnte ich es zu meinem Erstaunen fast in jedem der vielen von mir untersuchten Exemplare finden (s. Fig. 3 ec). Freilich war hier der Kern, abgesehen davon, dass er durch die vielen eingeschlossenen Körper immer zum Theil verdeckt war, viel weniger auffallend, er trat weniger dunkel hervor, war jedoch unzweifelhaft vorhanden. Uebrigens zeigte ich diese Befunde damals meinem Freunde Ferdinand Cohn, diesem auf dem Gebiete mikroskopischer Organismen bewährten Forscher, und derselbe bestätigte meine Beobachtungen durchaus. Auch erkannte ich jetzt, dass ich schon in den ersten Tagen meiner Beobachtung diese Kerne zum Theil gesehen hatte. Der oben S. 376 erwähnte, mir mehrmals aufgefallene farblose, runde Körper, welchen ich nicht gewagt hatte, als Kern zu deuten, war zwar nicht der Kern, aber augenscheinlich das Kernkörperchen gewesen. Dass mir vorher diese Körper nicht noch öfter und besonders die Contour des Kernes selbst gar nicht aufgefallen waren, wunderte mich bei der Verstecktheit und matten Erscheinungsweise dieser Dinge durchaus nicht. Es erging mir hier, wie so oft bei mikroskopischen Unter- suchungen, dass man Objecte, mit deren Vorhandensein und Erschei- nungsweise man bekannt gemacht worden ist, auf einmal sieht, wo man sie vorher gar nicht bemerkte. Worauf es nun beruhte, dass in den neu aufgefundenen, in ge- schilderter Weise veränflerien Exemplaren (Fig. 5) die Kerne so sehr leicht zu sehen waren, machte ich mir bald klar. Die Grundsubstanz dieser Individuen hatte offenbar ein geringeres Lichtbrechungsvermöge angenommen, wodurch einerseits die stärker lichtbreebenden Kern- gebilde, andererseits aber auch die feinen eingebeiteten Körnche deutlicher heryorireten mussten, was ja auch, wie oben schon mi getheilt, in auffallender Weise der Fall war. Auch liess sich für di Veränderung des optischen Verhaltens der Grundsubstanz unschwer di Ursache auffinden. Die gewöhnlichen Individuen enthielten, wie-ge- Sagt, immer sehr zahlreiche Vacuolen; die in Rede stehenden ver änderten Individuen dagegen keine oder höchstens ein Paar, N: bilden sich aber die Vacuolen der Infusorien, indem die Feuchtigkei 383 welche die Sarcode durchtränkt, an gewissen Punkten ausgesondert, zu Tropfen vereinigt wird. Wo viele solche Tropfen gebildet worden sind, wird die Sarcode an Feuchtigkeit ärmer, dichter, stärker licht- brechend sein; wenn die Vacuoleu wieder verschwinden, die Flüssig- keit sich wieder zwischen den Molecülen der Sarcode gleichmässig verbreitet, wird diese letztere wieder dünner, schwächer lichtbrechend N werden müssen. — Eine weitere Frage war nun die, welches die Ver- - anlassung und die physiologische Bedeutung dieser ganzen Veränderung war. Daraus, dass diese Exemplare keine oder kaum eine Spur von Bewegung zeigten, dass die Vacuolen fehlten, und dass ich da, wo etwa ein Paar solcher vorhanden waren, auch unter diesen der Beob- achtung güvstigeren Umständen keine pulsirende finden konnte, schloss ich, dass es wohl abgestorbene oder dem Absterben sehr nahe Thiere sein möchten. Diese Ansicht hat sich aber später als irrig herausge- stellt. Ich werde bald auf diesen Punkt wieder zurückkommen. Nachdem ich nun einerseits die Kerne meiner Thiere erkannt hatte, andererseits an den vielen fortsatzlosen, vermeintlich abgestorbenen, Exemplaren die Doppelcontour bei jeder Ansicht den Körper ringsum hatte begrenzen sehen, ging ich daran, zu prüfen, ob sich die durch jene Anschauungen wahrscheinlich gemachte Zellmembran nicht durch Reagentien isoliren lassen würde, Die Behandlung der Individuen von dem ursprünglichen Ansehen, wie der vermeintlich abgestorhenen, lieferte im Wesentlichen ganz gleiche Resultate. Bei Behandlung mit mässig verdünnter Essigsäure schrumpften die Thiere, indem zugleich die Fortsätze rasch eingezogen wurden, zu einem rundlichen, an der Oberfläche unregelmässig gerunzelten Körper zusammen. Zugleich verwandelte sich der Doppelsaum in einen ein- fachen, aber sehr dunkeln und breiten Rand; der Kern aber wurde "ganz blass. Indem aber die Essigsäure länger einwirkte, quoll der | per allmählich wieder auf bis zum 4%,fachen des ursprünglichen Durchmessers; der dunkle Rand nahm dabei eine vollkommene Kreis- form an; im Innern aber wurde bis auf die fremden Körper und einen Theil der Körnchen Alles aufgelöst, so dass schliesslich das Thier sicht- lieh in eine kugelförmige, gespannte Blase mit flüssigem Inhalte ver- ‚wandelt war (s. Fig. 7). En "Durch die Einwirkung verdünnter Lösungen von Alkalien oder Ammoniak quollen meine Thiere ungemein auf, bis zum Vierfachen ihres Durchmessers und darüber. Dabei wurden sie sehr blass, in- dem im Innern bis auf einige Pilanzenreste und feine Körnchen Alles aufgelöst würde, Die Membran dagegen leistete lange Widerstand; im Verlaufe des Aufquellens wurde sie immer feiner und gespannter, so dass sie zuletzt eine grosse, blasse, sehr pralle, dünnwandige Blase worstellie. Endlich, nach eiwa einer halben Minute, wurde auch die 384 Membran aufgelöst, und das Ganze floss aus einander. Auch dieser Vorgang machte das Vorhandensein einer geschlossenen Hülle augen- scheinlich. Wenn mir übrigens über diesen Punkt damals noch ein Bedenken geblieben wäre, so würde ein solches seildem durch die später mitzutheilenden Beobachtungen an anderen Amoeben-Arten gänzlich beseitigt worden sein. Die doppelte Contour dieser Amoeben ist also nicht ‘ein auf un- wesentlichen Umständen beruhendes Phänomen, sondern wirklich die Begrenzung einer dieken ringsum gaschleksenen Hülle, welche aber sehr ausdehnbar ist, und wo Fortsätze sich ausstrecken, ausserordent- lich verdünnt wird. ü Nach Allem zweifelte ich an der einzelligen Natur dieser Wesen nicht mehr. Dass auch das chemische Verhalten der Hüllmembran und des Kernes dieser Auffassung nicht ungünstig sind, werde ich in der Schlussbetrachtung dieser Auikkulunk nachweisen. Durch Jodlösung (vergl. Figg. 8, 9 und 10) wurde die ei Gentralmasse stark gebrädnt: ee Kern und Kernkörperchen braun - und etwas geschrumpft. Die Fortsätze blieben noch lang ausgestreckt, und die in ihnen isolirt zu Tage tretende Grandsubstanz wurde anfangs kaum gefärbt. Die Doppelcontour wurde enger, zum Theil einfach. Nach längerer Einwirkung des Jod aber wurden auch die Fortsätze gelblich gefärbt und allmälich eingezogen, die Contour überall dunkel und einfach; das Ganze schrumpfte zusammen. Abgesehen von diesen Veränderungen, entdeckte ich durch da Jod eine sehr überraschende Thatsache. Ich habe oben gesagt, dass die Corticalzone und die Substanz der Fortsätze ganz homogen erschien. Allein jetzt zeigte sich, dass in derselben, wenigstens sehr häufig, Amylumkügelchen eingebettet waren, welche durch das Jod tief blau gefärbt wurden. Dieselben waren kugelrund, immer ziemlich gleich gross, im Durchmesser ungefähr Yıgoo”, sehr zahlreich, lagen iw scheinbaren Querschnitt der Corticalzone in einer einfachteiig aber un- regelmässigen Reihe, in den Fortsätzen sparsamer zerstreut. Sie traten auch in die rundlichen Fortsätze und selbst in deren gabelföürmige Aeste ein, wo die letzteren nicht zu fein waren. Besonders schön zeigte sich dies in einem Exemplare, welches ich in Fig. 40 bei 500facher Vergrösserung abgebildet habe. Das Amylumkörnchen nahm dann oft fast die ganze Breite des dünnen Fortsatzes ein, und ver ursachte sogar stellenweise eine varicöse Anschwellung desselben, wie in Fig. 10a. Zuweilen waren diese Kügelchen zum Theil durch eine sehr feinkörnige amylumartige Substanz vertreten, indem in manchen Thieren nach Zusatz von Jod ein Theil der Corticalzone oder ein F satz eine diffuse, schön violette Färbung und äusserst feine violett Körnchen zeigte. — Auch jetzt konnte ich ohne Reagentien von diesen 385 Amylumkörnchen nichts sehen; dagegen wurden sie auch sichtbar, natürlich ungefärbt, durch Anwendung von Sublimat. — In dem gra- nulirten Centraltheile fanden sie sich nicht vor. Ob nun diese Amylumkörnchen, wie andere fremde Körper, viel- leicht sogar als Bestandtheile der letzteren, von aussen eingedrungen, oder ob sie im Innern des Thieres gebildet, zu seinem typischen Ge- halte gehörig waren, kann ich nicht entscheiden. Doch ist mir das erstere unwahrscheinlich, erstens weil in dem Wasser Amylum durch- aus nicht in beträchtlicher Menge verbreitet war, zweitens weil ausser- dem nie einer der fremden (gefressenen) Körper in der Corticalzone und in den Fortsätzen zu sehen war, drittens weil in dem innern, granulirten Theile der Thiere solche Amylumkörnchen nicht zu finden waren. Auch ist ja nach neueren Erfahrungen die Bildung und typische Verwendung von Kohlenhydraten im thierischen Körper nichts Seltenes. Ich erinnere hier nur beispielweise an die Cellulose der Ascidien, an den Zucker, welchen die menschliche Leber produeirt u. s. w. All das eben Mitgetheilte hatte ich durch anhaltende Untersuchung bis Mitte September festgestellt. Meine Thiere erhielten sich aber, und zwar zum Theil in allen oben beschriebenen Formen, den ganzen Winter hindurch bis zum März d. J. 1853, und ich habe während dieser Zeit durch vielfach wiederholte Beobachtungen mich meiner ge- wonnenen Anschauungen versichert. Auch zeigte ich die Thiere Herrn Professor v. Siebold, und ich darf anführen, dass derselbe meine Be- funde, namentlich die doppelt contourirte Membran, die bläschen- förmigen Kerne und den Gehalt an Amylum bestätigt hat. Ausserdem bemerkte ich noch manche Einzelnheiten, welche ich hier nachträglich anführen will. 80 viel ich sah, enthielt jedes Thier immer nur einen Kern; ebenso der Kern in der Regel nur ein Kernkörperchen. Einmal jedoch traf ich in einem jener vermeintlich abgestorbenen Exemplare einen elliptischen, ungewöhnlich länglichen Kern, welcher zwei Kernkörper- chen enthielt (s. Fig. 6 «). Das Kernkörperchen erschien in der Regel solide; nicht selten ‚jedoch Zeigte es entweder von selbst, oder nach Application von Jod, im Innern eine runde Höhlung (s. Fig. 65), eine Erscheinung, welche _ durchaus der gleichen an den Nucleolis mancher anderen Zellen, z. B. Ganglienkugeln, Krebszellen, zu beobachtenden glich, und wiederum eine deutliche Analogie zu diesen lieferte. Gegen Ende des October bemerkte ich zuerst ın dem Wasser, - welches der Wohnort meiner Thiere war, jene eigenthümlichen Körper, die ich später als Oxytricha-Kysten erkannte und in dieser Zeitschr, Bd. V, S. 430, beschrieben habe. Nun aber enthielten von dieser Zeit an einzelne meiner Amoeben solche Kysten in ihrem Innern. Sie 386 mussten also um diese Zeit an ihrem natürlichen Aufenthaltsorte doch gefressen haben, obwohl mir dies auf dem Objectglase zu sehen nicht gelang. Von einer Selbsttheilung dieser Thiere habe ich nur ein Mal eine Andeutung gefunden. Ich sah nämlich nach Anwendung sehr ver- dünnter Essigsäure ein Ding, das ich in Fig. 41 abgebildet habe. Das- selbe stellte eine dünnwandige, bisquitförmige Blase dar, ia welcher zwei Amoeben dicht bei einander lagen, so dass das Ganze den An- blick einer Mutterzelle mit zwei durch Theilung entstandenen Tochter- individuen hatte. In dem einen der leizteren war noch der Kern zu sehen (Fig. 44 n), obwohl sehr blass; die Essigsäure hatte wohl durch die äussere Blase hindurch nicht so kräftig einwirken können, wie sonst. Die Contouren der beiden Einzelthiere waren einfach, was ent- weder Wirkung der Essigsäure war, oder auf Bildung einer neuen dünnern Zellmembran hindeutete Ausserdem enthielt die Blase eine Oxytricha-Kyste; jedoch schien die letztere nicht in einem der beiden Amoeben-Körper zu stecken; vielleicht war sie während des Thei- lungsvorganges in die Höhle der Mutterblase ausgestossen worden. — Eine fernere Untersuchung dieses Objectes missglückte durch einen Zufall, und später habe ich nichts Aehnliches wieder gesehen. Dagegen kam mir sehr deutlich allmälich eine andere Lebens- erscheinung meiner Amoeben zu Beobachtung, wodurch sich mir nun auch die physiologische Bedeutung jener oben geschilderten Verände- rung im Aussehen einzelner Individuen aufklärte, welche ich für ein Zeichen des Todes gehalten hatte. Es kamen nämlich derartig ver- änderte Individuen immer unter den übrigen vor, und zwar je tiefer - es in den Winter hineinging, in verhältnissmässig grösserer Anzahl. Es waren dies Individuen jeder Grösse und selbst unter den über- haupt sehr seltenen, die unter %,,” bis zu %/so” herab massen, traf ich solche. Uebrigens erkannte ich, dass zwischen dieser Form und dem ursprünglichen Ansehen keine schroffe Kluft ldg; ich fand häufig Exemplare, die zwischen beiden in der Mitte standen, indem sie noch einige papillenföürmige Fortsätze ausgestreckt hatten, im Innern aber nicht mehr so zahlreiche Vacuolen enthielten, und in Folge dessen die Granulirung der Centralsubstanz und den Kern deutlicher hervortreten liessen. Nun aber bemerkte ich um jene todt geglaubten Individuen sehr häufig rings auf der ganzen Oberfläche eine schleimige, nach aussen nicht scharf begrenzte Materie abgelagert, in welche gewöhnlich mehr oder weniger reichlich dunkele Körnchen eingestreut waren. Ich hielt diese umhüllende schmutzige Masse für einen Niederschlag von aussen, oder etwa für das Product einer beginnenden Fäulniss. Mitte November aber begannen eigenthümliche, duukele, kugelrunde Körper meine Aufmerksamkeit zu fesseln, welche neben allen den früher 387 genannten Organismen und neben den inzwischen gebildeten Oxytricha- Kysten in dem Wasser sich eingefunden hatten. Ich hatte dieselben seit einiger Zeit schon vereinzelt gesehen, indessen nicht sehr beachtet. Allmälich waren sie aber zahlreicher geworden. Sie hatten durch- schnittlich die Grösse meiner Amoeben-Art; und als ich sie nun ge- nauer untersuchte, fand ich zu meiner Freude, dass sie nichts Anderes waren, als enkystirte Individuen derselben (s. Fig. 12). Die Kyste war eine überall geschlossene Kapsel, mit biegsamer, membranöser, aber - starker, nämlich Yo — Ys00” dicker Wandung, auf welcher äusserlich - oftmals noch eine unregelmässige Schicht feinkörniger Materie haftete. Bei durchfallendem Lichte erschien die Kyste schmutzig braungelb, und wurde überdiess durch feine dunkele Körnchen in ihrer Dicke, so wie durch eine Art von Spalten, die sich in dem mikroskopischen Bilde als dunkele Querlinien darstellten, noch undurchsichtiger. Gleichwohl war sie noch so durchscheinend, dass man bei heller Beleuchtung das Innere sehen konnte. Die Höhlung der Kyste war nun entweder ganz vollständig von dem Thiere ausgefüllt, oder es blieb häufig zum Theil ringsum eine feine, unter dem Mikroskop rosig erscheinende Spalte. Die so enkystirte Amoebe enthielt noch, wie früher, ihre gefressenen Algen, auch konnte man oft den Kern durch die Kyste hindurch deut- lich erkennen. Mehrmals zerdrückte ich solche Kysten, so dass sie platzten. Hierdurch wurde aber das Thier immer mit zerdrückt. Die Sareode floss in kleineren und grösseren Kugeln, vermischt mit den eingeschlossen gewesenen Algen, aus. Auf diese Weise gelang mir aber, was ich früher an den nackten Thieren vergeblich versucht hatte, nämlich den Kern bloszulegen. Derselbe trat mit aus und lag dann in dem äussern Wasser isolirt da, so dass ich mich jetzt noch be- — stimmter überzeugen konnte, dass es wirklich ein zusammenhängendes ‚von der übrigen Substanz abgesondertes Gebilde war. — Der ganze Zusammenhang der hierher bezüglichen Erscheinungen war nun klar genug. Jene Veränderung in dem Aussehen der Thiere, welche ich für ein Zeichen des Todes gehalten hatte, war vielmehr die Vorbereitung zum Enkystirungsprocesse. Die Thiere zogen zu dem Zwecke ihre Fortsätze ein, liessen ihre Vacuolen eingehen, schwitzten dann langsam durch ihre Membran eine schleimige Materie aus, welche allmählich zu einer Kapsel erhärtete. Diese enkystirten Individuen wurden nun von Mitte Februar 1853 an sehr zahlreich, während die Anzahl der nicht enkystirten sich immer mehr verringerte, so dass sie Anfangs März nur noch sehr vereinzelt vorkamen. Eine oft wiederholtesUntersuchung der enkystirten Indivi- _ duen ergab bis Ende Februar nichts Neues. Um die Mitte des März dagegen traten sehr bedeutende Ent- wicklungsvorgänge ein. Leider war ich in diesem Monat an einer 388 fleissigen, ausdauernden Beobachtung dieser Dinge verhindert. Deshalb ist, was ich davon noch mittheilen werde, fragmentarisch, in seinem innern Zusammenhange zweifelbaft. Gleichwohl glaube ich besser zu thun, es auch so zu veröffentlichen, um andere Forscher auf diese oder analoge Erscheinungen aufmerksam zu machen. Anfangs März bemerkte ich einzelne leere und zevrissene Bälge, welche durch ihre ganze Beschaffenhuit als von meinen enkystirten Amoeben herrührend sich documentirten (s. Fig. 43). Lebendige Thiere der frühern Art jedoch sah ich nicht, überhaupt nichts, was ich mit diesen leer gewordenen Kysten glaubte in Zusammenhang bringen zu können. Am 12. und 13. März fand ich solche entleerte Kysten häufig, die gefüllten dagegen selten geworden. Auch jetzt war von Amoeben der frühern Form nichts zu sehen; dagegen fand ich in ziemlicher Menge eine andere Form von Amoeben, welche von jener, aber auch von allen sonst beobachteten Arten sehr verschieden war. Dieselben (s. Figg. 14— 22) zeigten sich im Allgemeinen als sehr blasse Gallert- klümpchen von rundlicher Gestalt, mit einfachen zarten Gontouren, ohne irgend welche fremde Körper in ihrem Innern. Nur die Fort- sätze dieser Thiere erinnerten sehr an diejenigen der A. bilimbosa. Sie waren nämlich entweder einfach papillenformig, wie in Fig. 46a, oder auf der Spitze dieser wurde eine zweite kleinere Papille ausge- streckt, wie Figg. 14 u.165, oder diese letztere war in einen feinen, langen, fadenförmigen Fortsatz ausgezogen, wie Fig. 45 c, oder die Fort- sätze waren gegabelt, wie in Figg. 16 u. 20 d. Waren diese Thiere auf das Objeetglas gebracht, so fingen sie bald an, sich abzuplatten und auszubreiten, gewöhnlich zuerst an der Stelle eines Fortsatzes und krochen dann in abgeplatteter Gestalt, jedoch immer mit grosswelligen, ganzrandigen Umrissen, nach Art anderer Amoeben, mit mässiger Lang- samkeit, auf dem Objectglase hin. Bald zeigte sich, dass sie eben- falls aus einer blass granulirien Centralmasse und einer homogenen Corticalschicht bestanden. In der Jetztern waren nur oftmals einige wenige, das Licht stark brechende Kügelchen eingebettet (Figg. 16, 20, 22), welche bei den Contractionen des Thieres stark mitbewegt wurden und auch in die Fortsätze eintraten. (Dieselben waren aber nicht Amylum.) Die granulirte Centralmasse enthielt nie fremde Kör- per, sehr sparsam Vacuolen und niehts dem Kerne der A. bilimbosa Gleichendes. Hingegen entdeckte ich bei moderirter Beleuchtung eine andere, sehr merkwürdige Thatsache. Jedes dieser Thiere enthielt nämlich im Centrum 1—4 sehr eigenthümliche Körper. Dieselben waren in kleineren Individuen von rundlicher, in grösseren von läng- licher, elliptischer Gestalt und schr blass granulirt; sie hatten grosse Aehnlichkeit mit jenen Körpern, aus denen sich in den Acineten die Schwärmsprösslinge entwickeln, wie Stein entdeckt hat, und wie ich 389 selbst zu beobachten Gelegenheit gehabt habe. Durch verdünnte Essig- säure wurden diese Innenkörper deutlicher. Im Uebrigen wurde durch dieses Reagens, so wie durch Alkalien ein eigentlicher Kern nicht sichtbar, eine Membran aber wahrschein- - lich, indem die Erscheinungen den oben an der A. bilimbosa beschrie- benen ähnlich waren. Neben diesen sich bewegenden Thieren nun zeigten sich in be- trächtlicher Anzahl andere Gebilde, welche damit in einem kaum zweifelbaften Zusammenhange standen. Es waren dies (Fig. 49) runde, der Kugelform sich nähernde, aus Sarcode bestehende Körper, in deren Innerem ich anfangs ausser einer schwachen Granulirung nichts We- sentliches bemerken konnte. Von aussen waren diese Körper von einer theils formlosen, theils in Kügelchen geformten, ebenfalls sarcode- ähnlichen, übrigens nicht weiter begrenzten Materie eingehüllt. Aber bei starker und schiefer Beleuchtung entdeckte ich in sehr vielen dieser Objecte einen Körper, welcher den oben beschriebenen granulirten Innenkörpern der blassen Amoeben wesentlich glich. Ein Lebens- zeichen gaben diese Dinge nicht von sich. — Hiernach war es mir mebr als wahrscheinlich, dass ich ein Entwicklungsstadinm der eben Apeahnehsen Amoeben vor mir hatte. Eine andere Frage war aber lie, ob beide zusammen nicht aus den enkystirten A. bilimbosae her- vorgegangen waren. Hierfür sprach erstens die Entleerung des grössten eils jener Kysten, zweitens die Aehnlichkeit in der Form der Fort- sätze,. drittens. der Umstand, dass jene ruhenden Gebilde (Fig. 19) an ‚kleiner als die A. bilienkosa immer von einer Schicht zerfallener jarcode umhüllt waren. Ich dachte mir, dass die enkystirten A, bilim- ae in ihrem Innern diese verjüngten Amoeben produeirt hätten und t nach ihrem Ausschlüpfen durch Auflösung, Zerfallen ihres eigenen ers frei liessen. Ob diese Deutung richtig war, überlasse ich tigen Beobachtungen zur Entscheidung. Was mich aber in dieser Deutung der einhüllenden schleimig- kugeligen Materie besonders unsicher machte, war das Vorhandensein r dritten Form von Gebilden, welche ich sowohl um deswillen, ; auch wegen des Folgenden kurz erwähnen muss, obwohl sie mit n wahrscheinlich in gar keinem Zusammenhange stehen (siehe I; Figg. 47 u. 18). Es waren dies kugelförmige, wasserhelle Blasen von eirca Yoo”’ Grösse, in deren Höhlung, diese zu 4 —%/, ausfüllend, ein kugeliger, _ unbewegter Infusorienkörper lag, der immer ein kleines rundes Kern- chen und eine langsam pulsirende Vacuole enthielt. Die Blase aber War immer von einer der oben beschriebenen ähnlichen, schleimig- kugeligen Materie eingehüllt, so dass die Blase selbst ohne Weiteres LE 390 nicht gesehen werden konnte, sondern, erst nach Anwendung von Alkalien, welche jene Materie auflösten (Fig. 48). Ich war natürlich auf die weiteren Veränderungen aller dieser Dinge sehr gespannt und freute mich auf interessante Entwicklungs- beobachtungen. Allein in den folgenden Tagen trat ein Vorgang auf, welcher diese Hoffnung zu Schanden machte, an sich aber interessant genug war. Am 44. März nämlich fand ich in den blassen Amoeben sowohl (s. Figg. 20— 22), wie in ihren ruhenden Formen (s. Fig. 25) die gra- nulırten Innenkörper ungemein deutlich geworden; sie zeigten sich jetzt sehr regelmässig dunkel punktirt, als ob sie viele feine Fett- körnchen einschlössen. Dabei war die Bewegung der Thiere sehr träge, oder dieselben blieben auch in kugeliger Gestalt, ohne Fort- sätze auszuschicken oder sich auszubreiten. Diese Beobachtungen be- stärkten mich anfangs in meinem Glauben, eine normale Entwicklungs- erscheinung, und zwar wohl einen Fortpflanzungsprocess vor mir zu haben. Allein bald zeigte sich, dass ein Theil der Amoeben sichtlich abgestorben war; sie stellten blasse, zartwandige, schlaffe Säckchen dar, in denen die dunkel granulirten Innenkörper frei darin lagen. — Hierzu kam aber noch, dass auch ein grosser Theil der blasigen Ge- bilde, die ich in Fig. 47 und 48 abgebildet habe, eine entsprechende Veränderung eingegangen war. Der in ihrer Höhlung suspendirte In- fusorienkörper war nämlich ganz dunkel granulirt geworden, wie aus lauter Fettkörnchen zusammengesetzt (s. Fig. 24), Indem so dieser Körper sehr jenen Körnchenzellen glich, welche den Physiologen und Pathologen wohl bekannt sind, kam ich auf den Gedanken, ich möchte wohl eine pathologische Veränderung aller dieser Organismen vor mir haben. Wirklich waren am folgenden Tage sämmtliche Amoeben ab- gestorben; von vielen mussten sich auch die Membranen aufgelöst haben; denn ich fand viele jener granulirten Innenkörper frei im Wasser. Von den blasigen Gebilden war keines mehr in seinem ursprünglichen Ansehen vorhanden; alle hatten sich in der beschriebenen Weise (Fig. 24) verändert. An vielen war der Process noch weiter gediehen, die Fett- körnchen hatten sich in der Höhlung der Blase zerstreut (s. Fig. 25) und zeigten lebhafte Molecularbewegung. Behandelte ich eine solche Blase mit Alkali, so dehnte sie sich etwas aus und platzte dann; durch den Riss traten die Kügelchen aus, wurden aber nicht aufgelöst und erwiesen sich so ganz bestimmt als Fett. Nach Allem glaube ich nicht zu irren, wenn ich die beschriebenen Vorgänge mit jener fettigen Zellenkrankheit zusammenstelle, welche i neuerer Zeit von den Beobachtern des menschlichen Körpers erka und ausführlich untersucht worden ist. Wie Rokitansky, Reinhardt und Virchow entdeckt und beschrieben haben, gehen viele thierische Zelle: 391 dadurch unter, dass die Plasmasubstanz ihres Inhaltes, wie des Kernes Fett in sich erzeugt, welches in feinen Körnchen sich darstellt. Zuerst treten gewöhnlich die Fettkörnchen im Kerne auf, dann auch im übri- gen Zellinhalte, immer zahlreicher, bis die ganze Zelle von lauter Fett- körnchen erfüllt ist. Schliesslich wird auch die Zellmembran aufgelöst, das Ganze ist ein kugeliger Haufen von Feitkörnchen, welcher dann zer- fällt (vergl. z. B. Reinhardt, Ueber die Entstehung der Körnchenzellen in Virchow’s Archiv für pathol. Anatomie, Vol. I, 4847). Mit diesen Vorgängen wurde auch das Wasser in meinem Glas- napfe trüber und fernerhin war darin nichts hierher Bezügliches mehr zu beobachten. ‘Die bis jetzt mitgetheilten positiven Ergebnisse meiner achtmonat- lichen Beobachtungen mussten mich natürlicher Weise anspornen, die ‚Untersuchung auch auf andere Amoeben-Arten auszudehnen. Indessen war mir dies im Sommer d. J. 1853 nicht möglich. Erst mit dem Frühjahr 4854 fing ich an, eine Menge verschiedener, an mikroskopi- schen Organismen reicher Sumpfwässer, zum Theil mit dem Boden- schlamm einzusammeln, auch mannigfache Infusionen zu bereiten, um möglichst reichliches Material zu gewinnen. Ich muss hier bemerken, dass man sich nach meinen Erfahrungen mehrere Arten von Amoeben mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit massenhaft verschaffen kann, wenn man im Sommer von irgend einer thierischen Substanz eine kleine Quantität mit viel Wasser infundirt, die Infusion dann in einem Glase ‚so aufstellt, dass sie möglichst viel direct von den Sonnenstrahlen ge- iroffen wird, und das Wasser anfangs nicht erneuert, sondern erst, wenn es bis unter die Hälfte seines ursprünglichen Volumens ver- du ist, von Zeit zu Zeit eine kleine Quantität Wasser nachgiesst. Nach wenigen Tagen finden sich unter diesen Umständen in der Regel allerlei grüne Algen, Bacillarien, schwimmende Infusorien, und nach 3 Wochen, zuweilen auch früher, gewöhnlich grosse Mengen der en oder andern Amoeben-Art ein. Auch Infusionen pflanzlicher Sub- ‚stanzen sind unter denselben Umständen zuweilen sehr dankbar. Uebri- zeigen auch die Wässer aus Sümpfen, Gräben u. s.w. mit ihren verschiedenartigen schlammigen Niederschlägen, wenn man sie ge- ft hat, gewöhnlich nur sehr vereinzelte Amoeben; erst nachdem sie längere Zeit in Gefässen dem Sonnenlichte aysgesetzt waren und stark eingedunstet sind, werden die Thiere jener Gattung zahlreicher. Das Wesentlichste hierbei ist jedenfalls die intensive Wirkung des _ Sonnenlichtes, nächstdem die grössere Concentration des Wassers durch Verdunstung. — Auf diese Weise habe ich während des Sommers 4854 fast alle bisher von Anderen erwähnten Arten von Amoeben und ausserdem eine neue in grösseren Mengen beobachtet. b et. 392 Ich kann nieht umbin, bier einen Punkt zu besprechen, welcher für die Erkenntniss dieser Thiergattung von Wichtigkeit ist. Es ist nämlich nicht zu leugnen, dass die Aufstellung von Arten in dieser Gattung etwas Missliches hat. Allein wenn ein Anfänger vielleicht‘ zu geneigt sein mag, in zufälligen Eigenthümlichkeiten specifische Ver- schiedenheiten zu sehen, so ist es doch andererseits ebenso gewiss ein Fehler, wie mehrfach geschehen ist, das Vorhandensein oder die Möglichkeit der Begründung verschiedener Arten gänzlich zu leugnen. Je länger und genauer ich beobachtete, desto mehr bestärkte sich in mir diese Ueberzeugung. Jede Amoebe ıst allerdings in ihren Bewe- gungen einem unendlichen Gestaltenwechsel unterworfen; trotzdem wird man finden: erstens dass immer für gewisse Gruppen in diesen wandel- baren Formen etwas Charakteristisches liegt, ‘welches sie von der Formenreihe einer andern Gruppe unterscheidet, ferner ‘aber, dass mit diesem Charakteristischen im Formenwechsel immer auch gewisse andere Eigenthümlichkeiten Hand in Hand gehen, welche sich auf die Grösse der Thiere, auf die Beschaffenheit ihrer Körpermasse, auf das Vorhandensein, die Gestalt und das sonstige Verhalten eigenthümliecher typischer Körnchen, auf die Lage der pulsirenden Vacuole u. s.w. be- ziehen, so dass nach einiger Erfahrung gewisse Arten gar nicht mit einander zu verwechseln sind, und man, auch wenn dieselben zu- sammen: vorkommen, kaum je ein Individuum finden wird, von dem man zweifeln könnte, in welche Gruppe es gehöre. Unter:der grossen Zahl dieser Gruppen mag ein Theil nur Entwicklungszustände anderer, oder von localen und vorübergehenden Umständen bedingte Varietäten umfassen, andere aber sind gewiss specifisch verschieden... Vor Allem will ich nun eine Art beschreiben, welche, obwohl mir sehr häufig vorgekommen, sonderbarer ‚Weise sonst noch nir- gends erwähnt ist; und zwar stelle ich sie deshalb hier voran, weil sie noch am meisten Verwandtschaft hat mit der oben beschriebenen Amoeba bilimbosa. Amoeba actinophora (noya species). (Hierzu Taf. XX.) Diese Art habe, ich während des vorigen Sommers in. grossen Massen ‚beobachtet, und zwar fand ich sie zuerst in einem ‚Wasser aus einem Graben bei Breslau, späterhin ‘aber, nachdem ich sie durch - ihre Eigenthümlichkeiten von anderen Arten unterscheiden gelernt hatte, in fast allen meinen Infusoriengläsern, wobei ich unentschieden lassen muss, ob sie in allen ursprünglich vorhanden oder von einem in die übrigen zufällig übertragen war. 393 “Zum grossen Theil erscheinen diese Thiere, unmittelbar, nachdem sie, auf das Objectglas gebracht sind, fortsatzlos (s. Figg. Au: 2). Als- dann ‚hat jedes Individuum eine im Ganzen rundliche, zuweilen voll- kommen kugelige Form. Die Grösse schwankte in der Regel zwischen Yo” und Y,,"” Durchmesser; doch kommen auch kleinere vor bis zu 180”, seltener grössere bis zu Y;o”. Die Hauptmasse des Körpers besteht aus einer farblosen, fein granulirten Sarcode, welche jedoch das Lieht ungewöhnlich stark bricht, so dass sie in der dieken Schicht, welche man bei rundlicher Gestalt des Thieres vor sich hat, stark glänzt mit einem entschiedenen Stich ins Bläuliche. Die äussere Be- - grenzung erscheint gewöhnlich als ‚ein einfacher, mässig dunkler Saum ; doch findet man oft bei genauem Zusehen schon ohne Weiteres stellen- weise eine doppelte Contour, wie in Figg.A, 2, 4,6 aa, eine Er- scheinung, auf die ich anfangs nicht viel gab, die aber, wie sich bald berausstellte, in einem wesentlichen Umstande begründet ist. Ausser den sebr feinen Körnchen, welche bei dieser -rundlichen Gestalt des Thieres wenig hervortreten, enthält aber die Grundsubstanz in der Regel grössere, eigenthümliche Körperchen ungleichmässig eingestreut, ‚welche das Licht stark, fettähnlich brechen. Die Anzahl dieser Körper- chen ist gewöhnlich beträchtlich, doch sehr variabel, von etwa 40 bis gegen 80 und wohl noch darüber. Wir werden später sehen, dass solche fettähnliche Körnchen in allen Amoeben-Arten vorkommen; ‚doch. sind sie in den jüngeren Individuen sehr klein und sparsam. ser Art aber ist es eigenthümlich, dass auch die kleinsten Indivi- duen solehe Körnchen, und zwar verhältnissmässig grosse enthalten; doch nehmen sie an Grösse mit der Grösse des Individuums im Ganzen Ihre Gestalt ist nicht ganz regelmässig; aber der grossen Mehr- I mach sind sie in dieser Art länglich, von ziemlich ellipsoidischem schnitt, manche mehr stäbehenförmig mit abgerundeten Enden. — erdem bemerkt man. in der Regel einige Vacuolen, und: unter en zuweilen eine, welche in längeren Intervallen verschwindet und er ‚auftritt. — Von dem später zu. beschreibenden Kerne bemerkt zuweilen das Kernkörperchen; doch selten und nicht mit der chenswerthen Klarheit. — Die kleinsten Exemplare, und zwar ‚von ao” abwärts, enthalten ausser dem Erwähnten nichts er; alle mittleren und. grösseren jedoch zeigen, in die Grund- z unregelmässig eingebettet, mannigfache pflanzliche Gebilde, nzelichen, Bruchstücke von Bacillarien, Navieulae u. s. w. Man ; 1 hiernach nieht. zweifeln, dass diese fremden Körper in das fer- _lige Thier von aussen eindringen, und da man dieselben sehr häufig in Form und Farbe veräudert, selbst breiig zerfallen findet, so liegt niebts näher als anzunehmen, dass sie zur Ernährung des Thieres ver- wendet werden. Gleichwohl ist von einer Mundöffnung an der Ober- Zeitschr, f. wissensch. Zoologie. VII. Ba. 236 394 fläche des Thieres nicht das Geringste zu sehen. Nicht selten fand ich Exemplare von der sonderbaren Gestalt, welche in Fig. 3 wieder- gegeben ist; es zeigte sich, dass dies immer Individuen waren, welche eine für ihren Durchmesser zu lange Navicula verschlungen hatten, und in Folge dessen sich nicht mehr rundlich zusammenziehen konnten. Die Mehrzahl dieser Thiere jedoch zeigt, so wie sie ihrem Wohn- orte entnommen sind, Fortsätze ausgestreckt, und zwar meistentheils in der Gestalt, welche die Fig. 4 veranschaulicht. Es ist nämlich als- dann der grösste Theil der Oberfläche des Thieres von Fortsätzen frei, und die kreisförmige Contour des Thieres iss nur an einer einzigen Strecke, welche bis zu Y, des Umfanges betragen kann, von Ver- längerungen der contractilen Substanz unterbrochen. An dieser Stelle sitzt an dem rundlichen Körper ein schmaler Streifen sehr blasser, gänzlich homogener Substanz, von dessen freier Seite eine verschie- dene Anzahl feiner Strahlen ausgehen, welche aus derselben Substanz bestehen, in ihrer Länge übrigens wechseln, doch, so viel ich sah, höchstens 4%, Mal so lang sind, wie der Durchmesser des Körpers. Nicht immer aber ist die gemeinschaftliche Basis dieser strahlenförmigen Fortsätze so schmal, wie in Fig. 4, sondern nähert sich oft mehr der lappigen Form von Fig. 6 An anderen Individuen sind die strahligen Fortsätze nicht so zu- sammmengedrängt, vielmehr an der Oberfläche des Thieres unregel- mässig zerstreut, wie in Fig. 5. Diese Strahlen sind entweder durch- aus sehr fein, oder an ihrer Basis dicker, wie in Fig. 5c. Zuweilen stehen sie paarweise zusammen, und indem sie zugleich an ihrer Basis verschmolzen sind, entsteht eine Bildung, welche den gegabelten Pos sätzen der A. bilimbosa ähnlich ist (Fig. 5 d). Ganz constant und charakteristisch ist, dass von den Krnchenl im Körper des Thieres niemals etwas in diee Fortsätze eintritt. 14 An mehreren solchen mit Fortsätzen versehenen Exemplaren habe ich das Verhältniss der contractilen Vacuolen sehr gut beobachten können. In diesen Fällen waren in jedem Individuum immer zwei‘ vorhanden, weiche der Oberfläche nahe lagen, aber gewiss nicht nach aussen sich öffneten (Fig. 5 u. 6v). In langen Intervallen, welche über eine Minute dauerten, auch niebt ganz gleich waren, verschwan- den sie alternirend und bildeten sich an derselben Stelle wieder. Doch zogen sie sich nicht so plötzlich zusammen, wie dies bei anderen In- fusorien gewöhnlich ist; vielmehr verkleinerten sie sich ganz allmä= lich bis zum gänzlichen Verschwinden und öffneten sich nach ein Pause eben so langsam. \ Sonst bemerkt man an den Thieren, so lange sie die hasehiriel bene Form beibehalten, wenig Thätigkeit. Nur zuweilen werden ein- zelne Strahlen gekrümmt oder gestreckt, benachbarte wie zwei Finge 395 aus einander gespreizt oder genähert. ‚Aber einige Zeit nachdem diese Thiere auf das Objectglas gebracht sind, beginnt die Mehrzahl der- selben ein Spiel von Bewegungen, durch welches sie allmählich eine ganz flache, lamellenförmige Gestalt annehmen. Nehmen wir an, wir hätten ein Thier, ‘wie das in Fig. 4, vor uns, so fängt die hyaline Fortsatzmasse an, ihren Umriss langsam, aber continuirlich zu ändern. Die gemeinschaftliche Basis der Strahlen vergrössert sich immer mehr, während die Strahlen selbst verhältnissmässig und absolut immer klei- ner werden, so dass eine Form, wie in Fig. 6 herauskommt, und schliesslich nur einen zabnigen Rand des breiten Fortsatzes bilden, wie in Fig. 7. Zugleich hat sich dieser Sarcode-Fortsatz an das Object- glas geheftet, und breitet sich sehr bald auch nach den Seiten hin aus, indem er an der Circumferenz des Körpers immer um sich greift, bis der letztere schliesslich rings herum von einem blassen Hofe umn- geben ist. Das Hervordrängen dieses Sarcode-Hofes geschieht natür- lich auf Kosten der Grösse des ursprünglichen Thierkörpers. Anfangs sitzt noch der letztere, wie ein Buckel, in der Mitte des scheiben- - förmigen Fusses auf; indem aber der beschriebene Ausbreitungsprocess ferner fortschreitet, der Umfang des Thieres immer mehr sich ver- grössert, lacht sich auch der mittlere Theil des Körpers gänzlich ab, und das Thier bekommt schliesslich die Gestalt eines sehr dünnen Fladens, welcher mit seiner ganzen untern Fläche auf der Glastafel haftet, von unregelmässigem Umrisse begrenzt ist, im Ganzen aber eine ovale Form hat (s. Fig. 8). Von der ursprünglich dunkeln Con- tour des Körpers ist nun keine Spur mehr zu sehen, sie ist ganz in die feine, blasse Contour des Sarcode-Hofes aufgegangen. — Im We- sentlichen ganz gleich ist der Vorgang bei solchen Individuen, welche von Anfang an nach entgegengesetzten Richtungen hin strahlige Fort- sütze ausgestreckt hatten, nur dass hier die Bildung des Sarcode-Hofes an mehreren Stellen zugleich beginnt, In diesem Falle hat zuweilen das abgeplattete Thier eine Zeit lang noch einen mannigfach ausge- schweiften und gezackten Umriss, wie in Fig. 42; doch geht derselbe gewöhnlich bald in einen im Ganzen kreisfürmigen oder elliptischen über. — War das Thier von Anfang an fortsatzlos, so streckt es an einer beliebigen Stelle seines Umkreises ein anfangs rundliches Läpp- chen blasser Sarcode hervor, welches sich abflachend und ausbreitend bald ebenfalls die Form von Fig. 7 annimmt und auf dem oben be- schriebenen Wege endlich zu demselben Resultate führt. Der beschriebene Vorgang ist aber keineswegs ein Zerfliessen des Thieres, wie es den Anschein haben könnte, sondern ein physiologi- scher Act der Contractilität, welcher die Ortsbewegungen des Thieres vorbereitet. Wenn nämlich dasselbe nahezu oder ganz die Form von Fig. 8 erlangt hat, beginnt es nach irgend einer Richtung hin auf 26 * v 396 der Glastafel ‚geradlinig fortzukriechen. Es‘ geschieht dies stetig, aber sehr langsam, in kurzen Zeiträumen fast unmerklich,' im Uebrigen ganz in der bekannten Weise der Amoeben, unter fortwährenden' Ver- änderungen des Umrisses und ohne jedes andere Hilfsmittel als die nach ‚allen Richtungen gleichmässige Contraetilität ihrer Substanz. An dem Rande des Thieres zeichnet sich gewöhnlich diejenige Stelle, welche für die jedesmalige Richtung der Bewegung vorn liegt, durch ihr ge- zähntes Ansehen aus (s. Fig. 8c). Indem nun hier die Zähnchen immer verlängert, dann zwischen den alten neue vorgeschoben und wiederum so. lange verlängert. werden, bis sie die ursprünglichen überragen und dann in sich aufnehmen, und indem von den Seiten her die hyaline Sarcode zu dieser Stelle hin nachdringt, gleitet das Thier continuirlich vorwärts, Oftmals, wenn es bei diesem Fortgleiten auf einen hindern- den Körper stösst, oder auch ohne jede bemerkbare Ursache, ändert das Thier auf einmal die Richtung seiner Bewegung, indem das ‚oben beschriebene Spiel an eine andere Strecke des Randes verlegt wird, welche nun zu einem vorübergehenden Vorn: wird. Die früher erwähnten mannigfachen Körper, welche im Innern des Thieres enthalten sind, verhalten sich bei diesen Vorgängen in fol- gender Weise. Die feinen Körnchen, so wie die fettähnlichen Körper- chen sind durch die‘ Abplattung weiter aus einander gerückt und darum deutlicher zu sehen. Aber, und dies ist wieder für diese Art ganz charakteristisch, so wie nach dem Obigen von allen diesen Kör- perchen in den strahligen Forisätzen niemals etwas sich zeigt, so bil- den auch in dem abgeplatteten Thiere die Körnchen einen geschlosse- nen, unregelmässig begränzten Haufen, von welchem höchstens da und dort ein Zipfel in den blassen Sarcodehof hineinragt (s. Fig. 8). In dem Rayon dieser Körnchen und zwischen ihnen liegen auch sämmtliche frem- den Körper, so wie meistens sämmtliche Vacuolen, welche gewöhnlich zahlreicher sind, als in Fig. 8 gezeichnet ist. Zwischen all diesen Körper chen ist gewiss dieselbe Sarcode vorhanden, welche die Fortsätze und den Hof constituirt und hängt mit diesem überall zusammen, was die unmittelbare mikroskopische Anschauung, so wie auch die ganze Bil dung des Hofes und seine fortwährenden Veränderungen lehren. Es existirt also keine Scheidewand zwischen dem Körnchenhaufen und dem Hofe. Nichts desto weniger bleiben die Körnchen immer beisammen: Während der kriechenden Fortbewegung verschieben sich die feinen blassen, die grösseren fettähnlichen Körnchen, die fremden: Körper und die Vacuolen fortwährend an einander und verändern ihre gegen- „seitige Lage, wie man dies auch an anderen Amoeben kennt; nie aber lösst stehe ein Körnchen von dem Haufen los, selten ist in dem blassen Hofe ‚eine Vacuole zu sehen. ! In: der beschriebenen Weise können die Thiere Pe for 397 kriechen; oftmals bleibt eines nach einiger Zeit ganz ruhig oder unter schwachen Veränderungen seines Umrisses an derselben Stelle liegen und fängt wohl dann auch wieder von Neuem an, weiter zu kriechen. Nie aber sah ich, dass ein so abgeplattetes Exemplar sich wieder zu rundlicher Form zusammengezogen hätte. ' Wenn man zuerst die sehr häufigen Individuen von der Form der Fig. 4 findet, kann man glauben, eine Diiflugie vor sich zu haben, bekleidet von einer Schale mit einem Loche, aus welchem die Fort- sätze ausgestreckt werden; sieht man dann Individuen ähnlich der Fig. 5, kann man zweifeln, ob nicht die Difflugie ihren Mund nach unten gekehrt habe und die einzelnen Strahlen nur scheinbar von ent- fernten Stellen des Körpers ausgehen. Allein sobald man’ die Um- wandlung in die flachen kriechenden Formen beobachtet, an denen von der vermeintlichen Schale keine Spur mehr zu sehen ist, wird die Unrichtigkeit jener Annahme evident. ich habe mir viel Mühe gegeben, zu schen, ob diese Thiere bei ihrem Fortkriechen nicht zuweilen eines der vielen im umgebenden Wasser vorhandenen Algenzellchen umfliessen oder in ihre Substanz hineindrängen; denn so hat man sich bei den Amoeben das Eintreten dieser zu ihrer Ernährung dienenden fremden Körper erklärt. Allein es ist mir nie gelungen, so etwas mit Sicherheit zu sehen, womit freilich die Möglichkeit eines solchen Vorganges keineswegs geleugnet sein soll. "Was uns nun aber bier besonders interessirt, ist, dass in diesen Amoeben, wenn sie sich fladenförmig ausgebreitet haben, auf das Schönste ein bläschenförmiger Nucleus mit grossem Nucleolus zu ‚sehen ist, während er in den rundlichen Formen durch die vielerlei ‚Körperchen zu sehr verdeckt ist. Jedes Individuum enthält ganz con- ‚stant einen solchen Kern (s. Figg. 8 u. 12n). Derselbe liegt ebenfalls immer im Bezirke der Körnchen, zwischen diesen, übrigens seine rela- tive Lage bei den Bewegungen des Thieres fortwährend ändernd. Der Kern erscheint als ein deutlich contourirtes Bläschen, von rundlicher Borm, ist in grösseren Individuen durehschnittlich grösser als in klei- neren, doch nicht genau proportional, misst gewöhnlich Yyoo — Yaoo”: Seine Nöhlung schimmert rosig, ähnlich den Vacuolen, und in ihrem Centrum liegt ein sehr scharf begränztes, kugeliges, solides, glänzen- des Kernkörperchen von "/— Yaoo” Durchmesser. vis all diesem wesentlich ergänzend sind die Ergebnisse der An- wendung von Reagentien. Applieirt man verdünnte Essigsäure auf ab- gellachte kriechende Individuen, so stirbt das Thier sofort ab, seine Bewegungen hören auf; aber es bleibt in der Form, welche es im Momente der Einwirkung gerade hatte auf dem Glase kleben. An dem Rande ist sonst keine bedeutende Veränderung zu bemerken; im Innern 398 aber gehen sämmtliche Vacuolen ein; die Körnchen dagegen und das Kernbläschen mit seinem Nucleolus werden dunkler. Wendet man concentrirte Lösungen an, so behalten die Thiere ebenfalls ihre lamel- löse Form bei; aber die feinen Körnchen und der Kern mit seinem Nucleolus werden äusserst blass; die fettähnlichen Körperchen.. lösen sich langsam auf, indem sie immer kleiner werden bis sie ganz ver- schwunden sind; der Rand bietet oft das Anseben einer dieken auf- gequollenen Membran dar. Entsprechend ist die Wirkung dieser Reagentien auf die rund- lichen Individuen, nur dass hier schon nach Anwendung verdünnter Lösungen der Körper deutlich von einer Doppelconiour begränzt er- scheint, wie in Fig. 9, so ‘dass es höchst. wahrscheinlich wird, dass er von einer geschlossenen Membran bekleidet ist, welche durch die Essigsäure aufquillt und darum leichter zu unterscheiden ist. N Zur Gewissheit wird diese Annahme durch die Untersuchung ver- mittelst verdünnter Lösungen von Kali, Natron oder Ammoniak. Im ersten Momente der Einwirkung dieser Reagentien nimmt das Thier ebenfalls das Aussehen von Fig. 9 an; bald darauf aber wird der In- halt sammt den feitähnlichen Körperchen und den Kerngebilden bis auf ein blasses Wölkchen sehr feinkörniger Substanz aufgelöst, und es “bleibt so eine mit Flüssigkeit erfüllte Blase übrig, welche unter dem Mikroskop das Bild eines messbar dicken Ringes darbietet und sich als überall geschlossen erweist (s. Fig. 40 B). Die Dicke dieser so aufgequollenen Membran beträgt ungefähr 000”. Eine solche Blase ist das Resultat der Einwirkung von Alkalien auf alle Formen dieser Amoeben, seien es fortsatzlose, oder mit strahligen Forisätzen ver- sehene, oder gänzlich abgeplattete kriechende Individuen. An Exem- plaren, wie das Fig. 4 oder Fig. 7, sieht man in glücklichen Fällen, wie zuerst die Fortsatzmasse sich abrundet und von einer Membran begränzt erscheint, welche mit der entsprechenden des Thierkörpers in unmittelbarem Zusammenhange steht (s. Fig. 10 A), und wie ein Moment darauf das @uaze sich zur Kugelform abrundet. Bei sehr hutsamem Verfahren geschieht dieser Vorgang langsamer und ist deu lich zu verfolgen. Zuweilen platzt unter den Augen des Beobachte die Membran, bevor der Inhalt aufgelöst wird; alsdann quillt der letz tere aus dem Risse hervor, wie in Fig. 14 A; einen Moment dara wird er plötzlich bis auf eine feinkörnige Wolke aufgelöst und d leere zerrissene Balg bleibt zurück (Fig. 14 B). Und zwar geschie dies auch an ganz runden, fortsatzlosen Individuen. Diese Erscheinungen habe ich sehr vielfältig beobachtet und au meinem Freunde Ferdinand Cohn gezeigt. Ich kann demnach ni zweifeln, dass diese Thiere von einer geschlossenen Membr bekleidet sind, welche durch die Forisätze nur hervorgestülpt | ! 399 äusserst verdünnt wird, Da sie überdies einen bläschenförmigen Kern mit Kernkörperchen enthalten, so ist die einzellige Natur auch dieser Amoeben erwiesen. Nach Eeststellung dieser wichtigsten Thatsachen muss ich noch einige andere Beobachtungen hinzufügen. Bei Behandlung dieser Thiere mit Jod zeigte sich auch hier, dass zuerst die feinen Körnchen im Innern dunkelbraun wurden. Die blasse Substanz der Fortsätze und des Hofes der kriechenden Individuen blieb anfangs farblos, und wurde erst nach langer Einwirkung des Jods braun, indem sie sich zugleich allmählich zusammenzog, so dass das Ganze eine unregelmässige, verschrumpfte Gestalt annahm. — Amylum- kügelchen enthielt diese Art nicht. Eines Tages war.mir. eine Schale mit Wasser, in welcher ausser vielerlei Algen die in Rede stehenden Amoeben im Wasser vorkamen, fast ganz eingedunstet, indem der übrig bleibende Schlamm nur noch ein wenig feucht war. Ich goss, sobald ich dies bemerkte, Wasser zu. Als ich nun einige Stunden darauf nach den Amoeben in dieser Schale sah, fand ich sie im Ganzen wohl erhalten und lebendig vor; sie fingen bald an, sich auszubreiten und auf dem Glase hinzukriechen, obwohl etwas träger als gewöhnlich. In ihrem Innern aber war eine sehr auffallende Veränderung eingetreten. Es waren nämlich in allen Exem- plaren die oben beschriebenen elliptischen oder stäbchenförmigen feit- ähnlichen Körperchen verschwunden, und statt deren enthielt jedes dieser Thiere eine Anzahl scharf begrenzter Krystalle, ebenfalls stark liehtbrechend und darum dunkel aussehend (s. Fig. 12). Die grosse "Mehrzahl dieser Krystalle erschien beim ersten Anblick als Würfel, deren itenkanten von Y300— Yaoo” massen. Bei genauem Zusehen aber erkannte man, dass es vielmehr dieke rhombische Tafeln waren mit Winkeln, welche rechten sehr nahe kamen. Zwischen diesen kamen mehr vereinzelt auch längliche Octaeder und Säulchen mit Octaeder- flächen vor. Einige solcher Krystalle habe ich in Fig. 43 in vergrösser- tem Massstabe abgebildet. — Wie oben mitg;theilt, wurden die ge- wöhnlichen, stark lichtbrechenden Körperchen dieser Amoeben-Art durch kalte verdünnte Alkalien rasch aufgelöst; sie waren also kein Fett. Ganz dasselbe found aber auch bei den jetzt gefundenen Kry- stallen Statt. Durch Essigsäure wurden die letzteren nicht so raselı wie jene aufgelöst; erst nach längerer Einwirkung der Essigsäure wur- - den sie allmählich blass, bekamen Sprünge und zerlielen in kleinere Stückchen, welche sich aber auch allmählich auflösten. Ganz ähnlich war auch die Wirkung der Salzsäure. Durch Jod schienen die Kry- stalle gebräunt zu werden; doch war dies bei ihrem durch die stärke ‚Liehtbrechung bedingten dunkeln Ansehen nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden. — Ich vermuthe, dass diese Krystalle aus den gewöhn- 400 lichen fettähnlichen Körperchen dieser Art sich gebildet hatten. Die letzteren entsprechen jedenfalls den ähnlichen ‚Körpern im "anderen Amoeben-Arten und in Difflugien, welche oft sehr‘ gross sind und dann durch Jod deutlich gebräunt, durch Alkalien gelöst werden. Ein Paar Mal traf ich zwei Individuen in der Weise vereinigt, wie in Fig. 44. Die mikrochemische Untersuchung missglückte und ieh muss unentschieden lassen, ob es ein zufälliges Aneinanderhaften oder ein Theilungsvorgang war, oder auf eine Conjugation dieser Wesen hin- deutet. ‚ Endlich sei mir noch erlaubt, zu erwähnen, dass ich Beobach- tungen gemacht habe, welche mir es wahrscheinlich machen, dass: die Actinophrys viridis Ehrenb., oder wenigstens mikroskopische Wesen, welche den betreffenden Abbildungen Ehrenberg’s entsprechen, nichts Anderes sind, als grosse Exemplare dieser Am. actinophora, welche sich mit grünen Algenzellchen sehr vollgefressen haben; doch behalte ich mir weitere Mittheilungen hierüber noch vor. Dass übrigens diese Art der vorher beschriebenen A. bilimbosa sehr nahe steht, wird dem Leser nicht entgangen sein. “Gleichwohl sind beide gewiss specifisch verschieden. Ich hatte anfangs geglaubt, in A. actinophora nur eine frühere Entwicklungsstufe der A. bilimbosa vor mir zu haben. Allein obwohl ich jene Art in grossen Mengen und in verschiedenen Gelässen während mehrerer Monate des Sommers 4854 zur Beobachtung hatte, blieben sich die Thiere doch‘ immer wesentlich gleich, sie nahmen nicht das Ansehen der A. bilimbosa an. Die Unterschiede beider Arten iassen sich zum Theil besser sehen als beschreiben, zum Theil bestehen sie darin, dass A. actinophora im Vergleich zu A. bilimbosa 1) eine durchschnittlich bedeutend geringere Grösse, 2) eine glatte, nicht wellige' Oberfläche, 3) viel häufiger 'ein- fach strahlige, nicht gegabelte Fortsätze, 4) eine dünnere Zellmembran hat, so: dass dieselbe ohne Anwendung von Reagentien nicht deutlich doppelt contourirt erscheint, 5) in der grossen Widerstandsfähigkeit dieser Zellmembran gegen Alkalien, 6) in dem Gehalt an länglichen, stark lichtbrechenden Körperchen, 7) in dem Mangel eigenthümlicher Amylumkügelchen. Doch sollen diese Unterschiede nicht endgiltig festge- stellte, sondern nur für weitere Beobachtungen vorläufig orientirende sein. Amoeba radiosa (E. und Dy.). (Bierzu Taf. XXI.) 3 u Die jüngsten Individuen dieser Art sind sehr gemein und finde sich selbst in Infusionen häufig ein. Ihre besonders charakteristisch Form ist in den Figg. I u. 2 wiedergegeben. Das Thier besteht a 401. einem rundlichen Körper und einer Anzahl von @—:8, nach verschie- denen Richtungen in das Wasser hineinragender strahlenförmiger Fort- sätze. Der Körper misst von Ygoo—Yı20”” imDurchmesser und be- steht aus einer blassen, ‘das Licht schwach brechenden Substanz, welche durchaus von blassen, sehr feinen Körnchen durchsetzt ist und gewöhnlich auch einige Vacuolen einschliesst. Sehr, häufig findet man ausserdem eine kleine Anzahl dunkler, das Licht stark brechender Körperchen eingebettet; dieselben sind aber immer sehr klein und er- weisen sich bei starken Vergrösserungen als kugelförmig. Pflanzliche Gebilde aus der Umgebung oder sonstige fremde Körper findet man in diesen jüngsten Individuen niemals. Den Kern sieht man in diesem frei schwebenden Zustande des Thieres nur selten und auch dann nieht recht deutlich. — Die Fortsätze übertreffen an Länge den Durch- messer des Thieres um das Zwei- bis Fünffache und sind im Allge- - meinen von konischer Gestalt, indem sie an ihrer Basis im Mittel un- gefähr Y4500” dick sind und von hier aus gegen das freie Ende hin sich verschmälern, so dass sie meistens mit einer scharfen Spitze, zu- weilen aber auch mit einem zwar dünnen, aber abgerundeten Ende aufhören. Sie erscheinen übrigens entweder ganz geradlinig ausge- streckt oder auch bogenförmig, wellig und selbst spiralig gekrümmt. Diese Strahlen sind nicht ganz selten ‚an der Oberfläche (des Körpers regelmässig angeordnet, z. B. bei einer Anzahl von vieren tetraedrisch oder in Kreuzform, öfter jedoch unregelmässig vertheilt. So können zwei oder drei ziemlich nahe bei einander stehen, während an ent- »nten Stellen noch ein oder mehrere andere von dem Körper aus- hen. Niemals aber findet man an einer Stelle mehrere solche Fort- ze und die ganze übrige Oberfläche fortsatzlos. Auch ist an der is jeden solchen Strahles der Körper konisch ausgezogen; deshalb eint: der Körper dieser strahligen Individuen nie so schön kreis- Di gubegränzt, wie inder vorigen Art. In ihrem untern Drittheile a bestehen jene Fortsätze aus derselben fein granulirten Masse, wie ‚Körper, in ihrer grössern peripherischen Hälfte dagegen sind sie ‚und zeigen nur eine hyaline, äusserst blasse Substanz. Die erwachsenen Individuen unterscheiden sich von jenen nur da- ‚ dass sie fast immer pflanzliche Körper aus der Umgebung ent- ‚ dass die fettglänzenden Körper in: ihnen absolut grösser sind, n öfter sichtbar ist, und dass der Körper meist an der Basis ‚der 'strähligen Fortsätze zipfelartig ausgezogen ist, wodurch sehr un- regelmässige, barocke Formen entstehen (vergl. z. B. Fig. 3). Dagegen fand ich in einer Quantität Sumpfwasser aus Neudamm, welches mein Freund Ferd. Cohn von Herrn Dr. Iltzigsohn zugeschickt erhalten und mir zum Theil zur Untersuchung überlassen hatte, ausser mehreren anderen colossalen Arten von Süsswasser-Rhizopoden eine A. radiosa 402 von ungeheuren Dimensionen, deren Gestalt etwas abweichend erschien. Diese Thiere hatten, aus dem Wasser genommen, zum grossen Theil einen kugeligen oder mehr eiförmigen Körper, von Ya, — Ya” mittlern Durchmessers und rings an seiner Oberfläche mit 8—20 und mehr dornförmigen Fortsätzen besetzt, wie in der linken Hälfte der Fig. 4. Auch in diesen reichte die feinkörnige Masse in die dornförmigen Fort- sätze hinein. Die fettglänzenden Körperchen waren zahlreich, gross und kugelig, die Vacuolen zahlreich; die gefressenen fremden Körper lagen meist in eigenen, deren Form entsprechend runden oder läng- lichen Vacuolen, wie in unserer Fig. 4 eine Navicula und eine Tra- chelomonas; der bläschenförmige Kern mit dem: Nucleolus war leicht zu erkennen (Fig. A n). In den beschriebenen Formen findet man die Thiere zum grossen Theil, so wie man sie aus dem Wasser nimmt, und in eben.dieser Form verharren sie auch oft sehr lange starr und regungslos. Andere Male aber sieht man sie einzelne ihrer Fortsätze tasterartig bewegen, auch selbst knieförmig beugen und strecken; oder es fängt nach eini- ger Zeit das Thier an, durch contractive Abplattung unter dem An- scheine des Zerfliessens auf der Glastafel sich auszubreiten. Und zwar beginnt diese Ausbreitung in die Fläche zuerst auf einer Seite, wie in unserer Fig. 4 auf der rechten und ergreift allmälich den ganzen“ Körper, so dass das Thier schliesslich die Gestalt einer dünnen La- melle angenommen hat und dann auf der Glastafel herumkriecht, wo- rauf ich bald wieder zurückkomme. Wie jene strablen- und dornförmigen Fortsätze sich: bilden, kann man da, wo die Thiere massenhaft vorhanden sind, leicht finden, und ich habe es sowohl an unserer gemeinen A. radiosa wie an der colos- salen Neudammer Varietät beobachtet. Die ursprüngliche Gestalt des Thieres nämlich ist die einer Kugel von Yg0o — Yo” Durchmesser und durchaus granuliriem Ansehen, und in dieser Gestalt trifft man einen grossen Theil der Individuen zu Anfange der Untersuchung an. Unter | dem Mikroskop jedoch verändert das Thier bald diese Form. Es quellen nämlich an vielen Punkten seiner Oberfläche blasse, kleine, hal kugelige Fortsätzchen hervor, welche durch Verlängerung bald warzen förmig werden und dem Thiere das Ansehen von Fig. 5 geben. Inden diese Fortsätze sich immer mehr verlängern, werden sie zugleich spi und an ihrer Basis breiter, so dass binnen Kurzem die gezackte Morgen: sternform von Fig. 6 herauskommt. Wenn nicht gleich jetzt das Thier anfängt, sich nach der Fläche auszubreiten, so verlängert es ferner nu noch vorzugsweise einzelne jener Zacken, während die dazwische) befindlieben zurückbleiben und sich sogar ganz ausgleichen. So nähe! es sich immer mehr dem Form-Typus der Figg. 1—4. Zu einer gänz lichen Ausbildung solcher Formen kommt es jedoch unter dem Mikros] 403 in der Regel nicht; denn jetzt tritt allmälich die Umwandlung dieser freien, im Wasser schwebenden in die flache, kriechende Form ein. Es geschieht dies, indem zuerst die Zacken an ihrer Basis in horizon- taler Richtung sich verbreitern und, indem zugleich der Körperrand vorgeschoben wird, an der Basis mit einander verschmelzen, so dass Uebergangsformen,, ähnlich der Fig. 7, entstehen. Weiterhin aber schreitet diese Ausbreitung in die Fläche auf Kosten der Dicke von der Peripherie nach dem Centrum fort, bis das Thier als ein haut- förmiges, überall ziemlich gleich dünnes Wesen auf dem Glase haftet mit einem Umriss, der sehr verschieden, immer aber mannigfach ge- zackt und ausgebuchtet ist, nach dem Typus der Figg. 8 u. 9. Sobald durch diese Abflachung das Objeet durebsichtiger geworden ist, erkennt man in jedem Exemplare einen Kern. In grösseren Indi- viduen erscheint derselbe deutlich als ein scharf begrenztes dunkel- randiges Bläschen (s. Figg. 4 u. 9), dessen Durchmesser mit der Ge- samımtgrösse des Thieres ‘wächst und bis Y,;0” betragen kann. In der Höhle dieses Bläschens liegt bald centrisch, bald etwas excentrisch ein Nucleolus, dessen Durchmesser %,—Y, von dem des Kernes be- trägt; der Nucleolus ist scharf begrenzt, meist kugelrund, glänzend, solide; in den grossen Neudammer Thieren aber zeigte er oftmals eine kleine Höhlurg (vergl. Fig. 4). — In sehr jungen Individuen sieht man scharf begrenzt nur den Nucleolus; dieser ist aber von einem lichten Hofe umgeben, der Höhle des Kernbläschens, dessen Wandung wahr- scheinlich sehr zart ist und deshalb sich nicht deutlich von der um- gebenden Sarcode abgrenzt. An solchen jungen Individuen dieser Art hat auch A. Schneider den Nucleolus gesehen, wie aus einer Anmer- kung zu seinem Aufsatze über Polytoma (Müller’s Archiv, 1854, S. 204) lersorgeht; aber er sieht irriger Weise den Nucleolus für den Nucleus selbst an. Die Körnchenmasse ist in dieser Art über die ganze Fläche, welche das Thier einnimmt, verbreitet; sie reicht bis dicht an den Rand, und höchstens bleiben die Spitzen einzelner Zacken in einer kurzen Strecke - körnchenfrei, homogen. © Ünter den Vacuolen findet sich häufig eine, welche von Zeit zu en sich contrahirt und später wieder auftaucht; doch ist dies der durch die Ortsbewegungen des Thieres verursachten fort- währenden Veränderung ihrer relativen Lage nicht leicht zu beobachten. Sobald nämlich die Ausbreitung in die Fläche vollendet ist, be- ginnt das Thier auf der Glastafel herumzukriechen, indem an irgend einer Stelle des Randes eine Verlängerung vorgeschoben und dann nach ‚dieser Stelle hin der übrige Körper theils nachgezogen wird, theils durch selbstthätige Contraction sich gleichsam hinschleicht, darauf ent- weder an derselben Stelle des Randes oder an einer andern, mehr 404 oder weniger entfernten, selbst ganz entgegengesetzten dasselbe Spiel von Neuem beginnt. Es ist jedoch dieser Art eigenthümlich ‚dass sie sich nicht in 'so ausgesprochenen geradlinigen Richtungen fortbewegt, wie die. vorige und noch einige andere Arten, sondern in sehr un- regelmässigen Ziekzack- und Bogenlinien, indem die sich vorschieben- den Stellen des Randes, die zeitweiligen Vorderenden sehr rasch wech- seln.. Ja es kommt vor, dass das Thier gleichzeitig mit der einen Hälfte nach der einen und mit der andern nach der entgegengesetzten Richtung hinarbeitet, wodurch es sich natürlich in eine sehr gestreckte Form verlängert. — Dass aber bei diesen Ortsbewegungen immer die gesammte Grundsubstanz activ ist, beweisen die immerwährenden Wandlungen des gesammten Umrisses und das Verhalten der inneren Theile. Durch jene kann das Thier in der That alle erdenklichen und bizarren Formen annehmen. Vorherrschend bleiben jedoch in dieser Art auch während ihrer Ortsbewegungen Gestalten mit vielfach gezack- tem und ausgebuchtetem Rande, wie in Figg. 8 u. 9. Indem, wie eben erwähnt, das Thier oftmals mit zwei Hälften seines Körpers gleichzeitig nach entgegengesetzten Richtungen binarbeitet, geschieht es nicht sel- ten, dass der um den Indiflerenzpunkt der entgegenwirkenden An- strengungen. gelegene Körpertheil zu einem sehr dünnen Strange aus- gezogen wird, welcher die beiden Hälften des Thieres brückenartig verbindet, ‘wie in Fig. 9. In solchen Fällen wartete ich immer‘ mit Spannung, ob nicht der verbindende Strang endlich reissen und auf diese Weise vielleicht eine Theilung des Thieres bewirkt werden würde. Dies geschah jedoch niemals; nach einiger Zeit besann sich vielmehr das Thier eines Bessern und zog sich wieder mehr zusammen. — Die blassen und die dunkeln Körnchen, die Vacuolen und der Kern wer- den während dieser Bewegungen des Thieres in mannigfach sich kreu- zenden Richtungen an und durch einander verschoben, jedenfalls durch die contractive Mitwirkung der Grundsubstanz, in welcher sie einge- bettet sind. Bei genauer und anhaltender Verfolgung dieser‘ Erschei- nung wird dem Beobachter jeder Zweifel darüber benommen, dass im Innern keinerlei feste Verbindungen der Theile, keinerlei Scheidewände existiren; es ist nichts als eine weiche, allseitig verschiebbare und offenbar allseitig contraetile Masse. Jene Innengebilde werden oftmals io wenigen Secunden von einem Ende des Thieres an das entgegen- gesetzte hingedrängt, während ihre frühere Stelle durch benachbarte Theile ausgefüllt wird. Und “zwar treten die Körnchen und Vacuolen bis dicht an den Rand. Eben vorgeschobene Zacken sind gewöhnlich homogen und ganz blass; aber einen Moment darauf wird die Körnchen- masse‘ auch in diese bis fast zur Spitze hineingedrängt. In den bisher mitgetheilten Ergebnissen der einfachen mikrosko- pischen Beobachtung deutet nichts auf eine die, Thiere bekleidende 405 Memibran hin. ‚Die Contour‘ ist'immer einfach und an den Fortsätzen der sternförmigen wie an dem ganzen Rantle der kriechenden Formen sogar äusserst zart. Gleichwohl ist es auch bei dieser‘ Art leicht, die Membran sichtbar zu machen, und zwar durch Behandlung mit Reagen- tien. Die Wirkungen der im Folgenden erwähnten Reagentien habe ich an Individuen aller Formen und Grössen versucht; sie sind bei allen wesentlich gleich, aber natürlich. an stärkeren Individuen mehr in die Augen springend, leichter zu beobachten; indessen habe ich die Abbildungen, welche ich zur Veranschaulichung dieser Erscheinungen in Fig. 40 binzufüge, der Raumersparniss wegen ganz jungen Indivi- duen entnommen. Applieirt man. verdünnte Essigsäure oder sehr verdünnte Schwefel- säure, so sterben die Thiere ab, behalten aber die Form, welche sie im ersten Momente der Einwirkung gerade hatten, im Ganzen bei. Der Rand wird aber dunkel und scharf, auch der Kern, das Kern- körperchen und die feinen Körnchen dunkler, in der Höhlung des Kern- bläschens zeigt sich zuweilen eine sehr feinkörnige Trübung; die ganze innere Masse schrumpft etwas und zieht sich oftmals sogar von dem Rande zurück, so dass man schon hierdurch entschieden den Eindruck einer den Körper und die Fortsätze überziehenden Membran erhält. Concentrirte Lösungen jener Säuren wirken anfangs ebenso, nach län- gerer Einwirkung derselben quellen die Thiere wieder mehr auf, der Nucleus und Nucleolus werden äusserst blass, zuweilen ganz unsicht- bar (gelöst?); die feinen Körnchen werden rasch, die fettähnlichen langsamer aufgelöst; die Membran quillt ebenfalls auf, so dass sie als ein blasser, aber breiter Saum das Ganze überall begrenzt. Noch deutlicher lässt sich die Membran darstellen durch die Be- lung mit Alkalien. Bringt man vorsichtig an den Rand des Deck- ens einen Tropfen mässig verdünnter Alkalilösung und wartet das Herantreten derselben an die im Gesichtsfelde befindlichen Exem- pläre dieser Thierart ab, so findet man, dass in einem ersten Stadium ‚der Einwirkung das Thier seine Form noch beibehält, während sonder- barer Weise häufig die Körnchen ‘sich vom Rande und aus den Fort- Sätzen zurückziehen und in der Mitte zu einem kugeligen Haufen zu- -sammenballen, wie in Fig. 10 A. Sofort aber wird im Innern. Alles gelöst bis auf ein Wölkchen feinkörniger Substanz und etwaige Reste der Körper, während dagegen eine bekleidende structurlose Haut zurüekbleibt, welche nun ein überall geschlossenes, schlaffes unregel- mässig faltiges Sückchen darstellt. Durch Diffusion quillt dann häufig dieses Säckchen zu einer kugelrunden gespannten Blase auf, und wenn die Spannung bis zu einem gewissen Grade gediehen ist, sieht man die Blase an einer Stelle platzen, den Inhalt durch den Riss austreten, wie in Fig. 40 B, und es bleibt ein leeres, zerrissenes, zusammen- 406 gefallenes Säckchen zurück. ‘An ganz jungen Individuen ist dieses Häut- chen sehr zart; und nur bei gedämpftem Lichte zu erkennen; an grossen Individuen dagegen ist es recht stark und sehr leicht zu sehen. — In concentrirten Alkalien löst sich aber auch die Membran vollstän- dig auf. | Ausserdem findet man, wo diese Thiere massenhäft vorhanden sind, nicht selten abgestorbene Exemplare, an denen Membran und Kern von selbst isolirt erscheinen. Sie stellen sich dar als farblose | schlaffle Säckchen, welche etwas Flüssigkeit, eine verschiedene Menge ungelöster Körnchen und unverdauter fremder Körper enthalten, und ausserdem immer sehr schön den bläschenförmigen Kern mit seinem Nucleolus (s. Fig. 44). Die Attribute der Einzelligkeit sind also auch an dienam Art leicht nachzuweisen, Durch welche Eigenthümlichkeiten sich A. radiosa von der vorher beschriebenen A. actinophora unterscheidet, wird sich aus‘der Be- schreibung zur Genüge ergeben haben. Dagegen muss ich einen an- dern Punkt besprechen. Die nach der Fläche ausgebreiteten, kriechen- den Formen der A. radiosa werden von manchen Beobachtern als A; diffluens aufgefasst. So sagt Claparöde in dem angeführten Aufsatze über Actinophrys Eichhornii (Müller’s Archiv, 1854, S. 408): «Es ist «beinahe thöricht, verschiedene Arten bei den Amoeben aufstellen zu «wollen, so lange wir nichts Bestimmteres über ihre Grundorganisation «wissen, Ehrenberg’s A. rad. zeichnet sich durch ihre ziemlich regel- «mässigen Fortsätze und ihre im Allgemeinen als sternförmig leicht «erkennbare Gestalt aus. Aber wenn das Thier kriecht und frisst, «breitet es sich allmählich aus; seine charakteristische Form‘ ver- «schwindet, es fliesst dahin, wie ein wolkenartiger Schleier oder ein «Oeltropfen und A. rad. Ehrenb. ist zu A. diffluens Ehrenb. geworden. Hieran ist etwas Waähres, insofern A. diffl. Ehrenb. von A. radiosa nicht recht zu unterscheiden ist. Allein es gibt eine ganz andere Ar von. Amoeben, welche Dujardin unter dem Namen A. diflluens be- schrieben und abgebildet hat, welche ich selbst mehrfach, namentlich massenhaft in einer Heu-Infusion beobachtet und von A. rad. specifisch verschieden gefunden habe, Ich will mich hier, um das Volumen di Aufsatzes nicht zu sehr zu vergrössern, auf die Beschreibung diese Art nicht einlassen, ‘verweise vielmehr auf die zwar nicht vollkomme- nen, aber doch zur Wiedererkennung hinreichenden Beschreibung und Abbildungen Dijardin’s, und füge nur noch hinzu, dass aue diese A. diffluens Duj. einen Kern mit Nucleolus und ein bekleidende Membran besitzt. 407 Die drei Arten, welche ich bisher beschrieben habe, haben das Gemeinschaftliche, dass man die Individuen sehr gewöhnlich in einem Zustande antriflt, in welchem von dem rundlichen Körper langgestreckie, frei in das Wasser hineinragende Fortsätze ausgeben, welche sichtlich tastend bewegt werden. Im Ganzen behalten aber jene Fortsätze ihre Faden-, Strahlen-, Dornform, und zugleich der Körper seine einmal vor- handene Gestalt oft sehr lange bei. Das Ganze hat doch eine be- stimmte Gestalt und die Bewegungen des Tbieres bestehen eine Zeit lang nur in Schwankungen, Krümmungen, Streckungen der Fortsätze. Erst wenn das Thier zu Ortsbewegungen veranlasst ist, was aller- dings unter dem Mikroskope meist bald eintritt, breitet es sich unter dern Anscheine des Zerfliessens auf einer festen Grundlage nach der Fläche aus, und zwar häufig zuerst an seinen Fortsätzen, so dass die- selben aus frei in das Wasser ausgestreckten zu kriechenden werden und nach vollendeter Ausbreitung nicht mehr als unterscheidbare Theile vorhanden sind. Jenes häufige Vorkommen solcher durch freie, lange Fortsätze charakterisirten Formen am natürlichen Aufenthaltsorte und deren verhältnissmässige Permanenz macht es aber wahrscheinlich, dass es nicht blos Uebergangsformen sind, die zum kriechenden Zu- stande führen sollen. Auch spricht hierfür der Umstand, dass die meisten Individuen in ihren natürlichen Verhältnissen gar keinen festen Boden haben, auf dem sie kriechen könnten, indem sie meist zwischen Maschen eines Gewirres von Algen und Wasserpilzen stecken oder - dem Schleim haften, welchen manche dieser Gebilde ausscheiden. sie nun aber auch unter diesen Verhältnissen Nahrung aufnehmen, und sich vermehren, so ist es vielmehr wahrscheinlich, dass freien Fortsätze als solche für die Lebensweise des Thieres we- Hilfsmittel sind, dass sie ihm als Fühlfäden, vielleicht aber ch als Fangorgane dienen. Verschieden von diesen Arten verhalten sich einige andere, unter die jetzt zu beschreibende ij ». de Amoeba princeps. A (Hierzu Taf. XXII.) Diese Art soll nach den Angaben einiger Beobachter nur selten und in vereinzelten Exemplaren vorkommen. Dies ist richtig, wenn man Wasser oder Schlamm aus Sumpfen nur eben frisch eingebracht untersucht, Ich habe aber diese Art zwei Mal in grossen Massen beobachtet, in algenreichem Wasser aus zwei verschiedenen Sümpfen, nachdem das eine acht Tage, das andere gegen drei Wochen, dem Sonnenscheine ausgesetzt, in meinem Zimmer gestanden hatte. 408 Man findet die Individuen dieser Art zum grossen. Theil: in 'unbe- wegtem'Zustande. Alsdann haben sie eine im Ganzen rundliche, aber doch gewöhnlich unregelmässig begrenzte Gestalt, wie z. B. das Taf, XXI, Fig. A abgebildete Exemplar. Das Thier bat, das Ansehen eines durch- scheinenden, gelblich schimmernden Gallertklümpchens, von einer ein- fachen, mässig dunkeln Contour begrenzt, in welchem ausser blasseren und dunkleren Körnchen und einer grössern und geringern Anzahl ‚von Vacuolen meist auch fremde Gebilde, verschiedene grüne. Algen, Na- | vieulae u. s. w. eingebettet sind. Der Durchmesser dieser rundlichen Formen beträgt im Mittel Y3,”. Unter dem Mikroskope aber beginnen bald. die charakteristischen: Bewegungen. Das Thier treibt zuerst an verschiedenen Stellen ‚seiner Oberfläche rundliche Massen einer blassen homogenen Substanz’ hervor, von dem Ansehen Fig. 5m, als.ob grosse Schleimtropfen von dem Thiere ausgesondert würden. - Es zeigt. sich aber 'bald, dass es: nichts Anderes ist, als die die Hauptmasse des Thieres bildende Sarcode, welche an einzelnen Stellen derartig hervor- quillt: Sobald die Fortsätze bis zur Halbkugelform und etwas dar- über: verlängert sind, wird sofort ein Theil der Körnchen, Vacuolen und fremden. Körper in sie hineingedrängt. Indem dann von. dem Rande ‚dieser Fortsätze von Neuem solche blasse, bogig begränzte Ver- längerungen ausgeschickt werden, in welche dann wiederum. die Körncehenmässe nachdrängt, und indem wohl auch an anderen Punkten des Körperrandes derselbe Vorgang sich entwickelt, breitet sich das Thier auf dem Objectglase zu einem flachen, von unregelmässigen Wellenlinien begrenzten Wesen aus, wie dies die Figg. 2 und 3 ver: anschaulichen. Hiermit aber beginnen auch sogleich Ortsveränderungen des ganzen Thieres. Indem nämlich auch nach vollendeter Ausbrei tung der eben geschilderte Process an dem Rande des abgeflachte Wesens sich immer erneuert, und indem dies eine. Zeit lang vorzugs- weise auf einer ‚Seite, dann: aber auf einmal an einer andern Strecke des Randes geschieht, fliesst gleichsam, das Thier. unter fortwährenden; allmälich ablaufenden Wandlungen seines Umrisses in mannigfach wech selnden Richtungen auf der Glastafel hin. Hierbei entwickeln sich die manniglachsten Formen, welche aber immer bogige, wellige, niema zackige Umrisse annehmen. ‚Oftmals werden die Vorsprünge am Rande sehr lang, armartig, auch gablig getheilt, wie in Fig. 4. Solche For men, und selbst welche mit diekerem Mitteltheile, findet man: wohl auch. unmittelbar nach der Herausnahme aus dem Wasser zwische! den Algen; aber sie unterscheiden ‘sich von den entsprechenden Fo men der höheren Arten, erstens dass die Fortsätze immer verhältnis mässig dick sind und kuppig abgerundet endigen; hauptsächlich abe dass sie nichts Starres, haben, nicht als Ganzes bewegt, nicht wie'e Glied gekrümmt und gestreckt‘ werden: können, dass vielmehr. ihr 409 Bewegungen immer in jenen fliessenden Gestaltveränderungen bestehen, die mit den gleichzeitigen des ganzen übrigen il. in fortwährender Wechselwirkung sind. Nach vollendeter Ausbreitung dieser Thiere bemerkt man in jeden Individuum wenigstens ein kugelrundes, scharf begrenztes, Yo — Yaso” Durchmesser messendes, im Ganzen solides, zuweilen aber eine kleine Höhlung enthaltendes Körperehen, welches scheinbar in einer Vacuole liegt; denn es ist von einem rosig schimmernden Hofe umgeben (siehe Figg. 2, 3, 4n). In sehr grossen Exemplaren aber fand ich nicht - selten zwei solche Gebilde. Dieser Körper ist sehr blass, und ist es nicht zu verwundern, dass er von früheren Beobachtern übersehen worden ist. Nach meinen vorangegangenen Erfahrungen zweifelte ich | von vorn herein nicht, dass das beschriebene Körperchen der Nucleolus, der umgebende Hof die Höhle des Kernbläschens sei, ebwohl das letz- tere nicht scharf begrenzt erschien, und diese meine Ansicht hat sich später bestätigt. x Die Thiere dieser Art, welche ich zuerst auffand, enthielten ausser vielen blassen Körnchen immer nur wenige und sehr kleine dunkle, stark lichtbrechende Kügelchen (Fig. k); das zweite Mal jedoch enthielt jedes Individuum eine Menge grosser, kugelförmiger, fettglänzender - Körper (Fig. 2). "Während der kriechenden Bewegung werden durch die Contrac- n der Grundsubstanz die Körnchen, der Kern, die Vacuolen, die den Körper auf das Lebhäfteste durch einander hin und her ge- oben. Oft binnen wenigen Secunden fliesst scheinbar eine Gruppe r Contenta von einem Ende des Thieres in einen Fortsatz hinein, er an dem entgegengesetzten Ende liegt, während ihre frühere e von der Nachbarschaft her ausgefüllt wird, so dass man hier- h den unzweifelhaften Eindruck von der halbflüssigen, gänzlich clurlosen Beschaffenheit der Hauptmasse des Körpers erhält. Vergebens bemühte ich mich auch bei dieser Art, mit Sicherheit zu constatiren, dass ein so auf dem Glase herumkriechendes Indivi- ‚duuin von den vielen herumliegenden Algengebilden eines umflossen und so in seine Substanz hineingedrängt hätte, Einige Male habe ich 68 vielleicht gesehen, aber die Möglichkeit einer Täuschung ist hier zu ‚als dass ich die Beobachtung für sicher ausgeben möchte. Un- öft aber ist auch hier, dass die kleinsten Individuen dieser Art fremden Körper enthalten, wie das Exemplar Fig. 2, und zwei- tens, dass die letzteren in dem Thiere verändert, theilweise aufgelöst werden; die Algen findet man zum Theil entfärbt oder breiig zerfallen; auch muss ich anführen, dass der grüne Farbstoff des Chlorophylis offenbar allmälich in einen braungelben bis rothen umgewandelt wird. So kann man nicht zweifeln, dass alle solche fremde Gebilde auf irgend Zeitschr. f, wissensch. Zoologie VII. Ba 27 ‘ granulirten, dunkel contourirten Kugel geworden, in deren Innern, 410 eine Weise von aussen in das Innere des Thieres eingeführt werden, obwohl von einer Oeffnung, einem Munde nirgends eiwas zu sehen st, dass sie dann verdaut und zur Ernährung des Thieres verwandt werden. Ueber die einzellige Natur dieser Wesen gibt die Behandlung mit Reagentien die deutlichsten Aufschlüsse. Zwar waren mir verdünnte Lösungen von Essigsäure und Alkalien hier weniger belehrend, indem die Kerngebilde (selbst durch Essigsäure) sehr blass, und die Mem- bran in Folge starken Aufquellens auch nicht besonders deutlich wurde (am ehesten noch durch Ammoniak). Ich will mich deshalb bei der Beschreibung der Einwirkung dieser Stoffe nicht aufhalten und nur das anführen, erstens, dass die fettglänzenden Kügelchen auch bier durch Alkalien leicht gelöst werden, und zweitens, dass die schwache gelbliche Färbung, welche diese Thiere schon von selbst darbieten, durch beiderlei Reagentien lebhafter hervortritt, indem die Masse der feinen blassen Körnchen eine ziemlich intensive gelbe Farbe annimmt. Dagegen erhielt ich durch Application von Alkohol zu wiederholten Malen die folgenden, sehr überraschenden Erscheinungen. So wie die Einwirkung dieses Stoffes beginnt, zieht sich das Thier ziemlich rasch zu einer rundlichen Gestalt zusammen. Etwa lang ausgestreckte Fort- sätze verkürzen sich zuerst zu Halbkugelform, wie*in Fig. 5m, und dann. immer mehr, bis sie gänzlich in den übrigen Körper eingegangen sind. Während dieser Zusammenziehung aber platzt immer das Thier an irgend einer Stelle seiner Oberfläche und durch den Riss tritt ein Theil der körnigen Masse und sämmtliche fremden Körper aus (siehe Fig.50). Sobald die fremden Körper alle ausgestossen sind, schliesst sich der Riss wieder, verklebt, die dunkle Contour zeigt an der Stelle, wo eben die Oeffnung war, keine Unterbrechung mehr, und von jener ist nicht die geringste Spur mehr zu sehen. Zugleich sind im Innern sämmtliche Vacuolen eingegangen, die Kerngebilde aber dunkel und sehr deutlich geworden. Jetzt ist das Thier zu einer bräunlichen, gewöhnlich dem Centrum nahe, ein scharf und dunkel begrenzter, bläschenförmiger Kern mit grossem Nucleolus liegt (s. Fig. 6). Die durchschnittlichen Maasse ergeben aber, dass durch den Alkohol auch Nucleus und Nucleolus verkleinert, geschrumpft sind. Manche Exem- plare enthalten zwei Kerne und nehmen dann nicht eine kugelige, sondern mehr eine längliche, elliptisch erscheinende Form an (s. Fig. 7). Unter der fortdauernden Einwirkung des Alkohols ziehen sich nun die so veränderten Thiere langsam noch mehr zusammen bis zu etwa % ihres ursprünglichen Durchmessers. Hierbei platzen sie nicht selten zum zweiten Male; es tritt wiederum ein Theil der körnigen Masse aus und mit ihm ws Kern, v'n in Fig. 8 gezeichnet ist. So ist es 411 mir oft gelungen, die Kerne isolirt zur Beobachtung zu erhalten. Ich überzeugte mich dabei, dass die Kerngebilde in ihren Formverhält- nissen zuweilen von der Norm abweichen. Fig. 9 «@ stellt einen Kern dar, in dessen Nucleolus die Höhlung ungewöhnlich gross ist; 5 einen länglichen Kern mit länglichem Nucleolus; c ebenfalls einen elliptisch erscheinenden Kern, in welchem aber ein linsenförmiges Kernkörper- chen quer liegt; d ist ein bisquitförmiger Nucleus mit länglichem Nu- cleolus. Solche bisquitförmige Kerne und das Vorkommen zweier Kerne in einem Individuum weisen auf eine Vermehrung durch Thei- lung -hin. Auch das Vorhandensein einer umhüllenden Membran wird durch die beschriebene Erscheinung des Ausströmens von Inhaltstheilen durch einen Riss in der Oberflache zum Mindesten sehr wahrscheinlich. Noch deutlicher aber wurde die Membran sichtbar durch das Vorkommen abgestorbener Exemplare. Ich bemerkte nämlich zwischen den leben- den Thieren häufig wasserhelle, kugelige, gespannte Blasen (s. Fig. 10), anscheinend eine klare Flüssigkeit enthaltend, in welcher nur einige dunkle Körnchen, verschiedene, meist entfärbte oder zerfallene Algen- gebilde und gewöhnlich ein schöner bläschenförmiger Kern mit Kern- körperchen (s. Fig. 40 n) suspendirt waren. Auch die durchschnittlichen Durchmesser der Blasen im Ganzen und der Kerne rechtlertigten die Annahme, dass es abgestorbene Exemplare der A. princeps seien. "Nachdem ich so die einzellige Natur auch dieser von mir beob- achteten Amoeben-Art nachgewiesen habe, muss ich noch einen Um- stand besprechen, welcher es zweifelhaft machen könnte, dass ich wirklich A. princeps vor mir gehabt habe. Ehrenberg gibt nämlich den Durchmesser dieser Art auf 4,”, während die grössten Exem- plare, die ich beobachtete, im rundlichen Zustande etwa Y,,” massen. Nun hat wahrscheinlich Ehrenberg die Thiere im ausgebreiteten, krie- chenden Zustande gemessen, in welchem der mittlere horizontale Durch- messer um das 3—5fache grösser ist, und da überdies oft langgestreckte Formen sich entwickeln, selbst bei meinen Thieren zuweilen eine Länge von %," herauskaum. Dasselbe vermuthe ich von Perty, welcher an- gibt, A. princeps sei bis Y,” lang. Indessen hat Dujardin Exemplare beobachtet, welche im rundlichen Zustande, in seinem unpassender Weise ausschliesslich sogenannten «6tat de contraction», , Millim. gemessen haben sollen. Es mögen so grosse Exemplare vorkommen. ‚Jedenfalls kann ich an der Identität meiner Art mit A. princeps nicht zweifeln bei der grossen sonstigen Uebereinstimmung, welche sich sogar auf die gelbliche Färbung erstreckt, die schon von selbst be- ‚merkbar ist und durch Reagentien, essigsaure Alkalien, Alkohol noch lebhafter hervortritt. nr 27° N. 412 Ich gehe aber jetzt über zur Beschreibung einer andern, sehr interessanten Amoeben-Form, welche vielleicht nur ein Jugendzustand der A. princeps ist, und welcher ich deshalb vorläufig keine beson- dere Bezeichnung beilege. Diese ist nicht neu, sondern auch früher schon beobachtet, und u. A. von Periy auf seiner Taf. VIIL, Fig. 13, zwar unvollkommen, aber charakteristisch genug abgebildet, Perty nennt sie A. guttula; aber dieser Name gebührt einer andern, von Dujardin sehr gut charakterisirten und auf unserer Taf. XXI, Fig. 17 u.48 abgebildeten Art. Ich habe diese Form olt vereinzelt, einmal aber in grosser Masse in einem meiner Gläser beobachtet. Die Individuen, eben herausgenommen, erscheiuen als blass- graue, sehr fein granulirte, zart contourirte Kugeln von Yıso— Yo” Durch- messer (s. Fig. 44). Im Innern bemerkt man schon jetzt ein etwas dunkleres, glänzendes, kugelförmiges, scharf begrenztes Körperchen von Yoo— Yso0” Durchmesser, der Nucleolus, und gewöbnlich auch ein Paar, bis acht kleine, sehr dunkele fettähnliche Kügelchen, Als- bald beginnt aber ein ganz eigenthümliches, sehr interessantes Spiel von Bewegungen. Es quillt nämlich an irgend einer Stelle der Oberfläche in Form einer rundlichen Warze blasse Sarcode hervor, wie in Fig. 41a. Nachdem dieser Fortsatz entstanden ist, läufi er, wie eine Welle, mit grosser Raschbeit rings um das Thier berum und wird dann, in der Nähe seiner ursprünglichen Stelle angekommen, wieder gänzlich eingezogen. Nach einigen Seeunden Ruhe wird an der- selben oder an einer andern Stelle der Oberfläche wiederum ein sols cher Fortsatz ausgestreckt, um ganz, wie der vorige, das Thier zu umlaufen und wieder einzugehen. Diese seltsame Erscheinung wieder- holt sich oft einige Minuten lang immer von Neuem. Sodann werden aber gleichzeitig mehrere solche Sarcode- Wärzchen ausgestreckt, wie in Fig. 12, welche oft das beschriebene Spiel noch eine Zeit lang wiederholen. Endlich aber wird einer dieser Fortsätze mehr verlän- gert (Fig. 42), die Körnchenmasse in ihn hineingeschoben und die. anderen Wärzchen eingezogen. Indem nun jener Fortsatz sich immer mehr in derselben Richtung verlängert und zugleich nach allen Seiten) bin mit bogenförmiger Begrenzung ausbreitet, und indem die übrige Körpermasse immer mehr in diesen Fortsatz hineinfliesst, nimmt das Thier die abgeflachte, im Ganzen aber birn- oder keulenförmig um: rissene Gestalt an, welche Fig. 43 wiedergibt. Der Theil des Körpers, welcher zuletzt an der ursprünglichen Stelle des Glases haften blieb, ist in eine abgerundete oder unregelmässig abgestumpfte Spitze aus gezogen, welche für die jetzt beginnenden kriechenden Bewegunge des Thieres das Hinterende bildet. In der Nähe dieses Hinterendes sieht man jetzt ganz constant eine Vacuole, welche sich von Zeit 3 Zeit, obwohl nicht in regelmässigen Intervallen, langsam bis zum Ve 413 schwinden zusammenzieht und abwechselnd wieder öffnet (Figg.13, 16 v). Den Nucleolus sieht man jetzt von einem blassen, durch die Körnchen- masse Jdurchschimmernden Hofe umgeben. Jetzt wird an dem breitern, bogig begränzten Ende immer ein blasser Sarcodesaum vorgeschoben, nach welchem dann die übrige Körpermasse nachdrängt, und so gleitet das Thier in gerader Linie auf dem Objectglase fort. An einigen Indi- viduen habe ich die Geschwindigkeit dieser Ortsbewegung gemessen und gefunden, dass das Thier in der Secunde Yayoo— Ysoo” zurück- legt. An der Thätigkeit, welche dieses Fortschreiten bewirkt, parti- eipirt der grösste Theil des Körpers, wie man an den wellenförmigen Wandlungen der beiden seitlichen Grenzen und an den sehr bedeu- tenden Dislocirungen der Körnchen und des Kernes erkennt. Merk- würdig aber ist, dass das hintere spitzere Ende vou diesen Verände- rungen nicht berührt, sondern nur immer nachgezogen wird. — Nach einiger Zeit ändert oft das Thier die Richtung seiner Bewegung, aber auch dann geht der Unterschied seines vordern und hintern Theiles nicht verloren. In den Figg.43—46 habe ich die Art und Weise dieses Vorganges veranschaulicht. Nachdem das Thier eine Zeit lang - conlinuirlich in einer Richtung gekrochen ist, schickt es auf einmal in der Nähe des vordern Endes nach einer Seite hin, in unserem Falle nach der rechten Seite, eine rundlich begrenzte Verlängerung aus (s. Fig. 12 c), in welche bald die benachbarte Substanz hineindrängt. Dann zieht sich nach eben dieser Richtung allmälich die ganze vor- dere Hälfte, so dass die Form und Lage von Fig. 45 herauskoınmi, und indem ferner auch die hintere Hälfte des Körpers in diesem Sinne theils activ, theils passiv ihre Lage verändert, nimmt das ganze Thier eine auf der frühern in einem grössern oder kleinern, in unserem Falle in einem rechten Winkel stehende Richtung an (siehe Fig. 16). Die Figg. 42—46 zeigen auch, wie der Kern und die Köruchen ihre rela- tive Lage ändern, ebenso auch die pulsirende Blase, welche sich jedoch im Ganzen immer in der hintern Hälfte des Körpers hält. Das Durch- inander dieser Verschiebungen lässt sich nicht beschreiben, beweist aber augenscheinlich, dass der ganze Körper von einer allseitig con- tractilen Substanz durchdrungen sein muss. - Nachdem ein Individuum eine Zeit lang so auf dem Glase herum- gekrochen ist, zieht es sich oft wieder zur ruhenden Kugelform zu- sammen. - Die Permanenz des hintern Endes während des Kriechens könnte vermuthen lassen, dass dies ein bestimmter vorgebildeter Theil des ‚Körpers sei. Wahrscheinlicher war mir aber von: vorn herein, dass es nur der bei der Ausbreitung des Thieres zuletzt bewegte Theil sei, welcher nur durch die im Allgemeinen vorwärts strebende Bewegungs- tendenz des Thieres in seiner Lage und Form erhalten werde, Diese 414 Meinung bestätigte sich auch im Laufe fernerer Beobachtung. Die Thiere wuchsen nämlich in dem Gefässe während 414 Tagen bis zu Yo” heran, und hiermit änderte sich auch ganz allmälich der Cha- rakter ihrer Bewegungen, indem anfangs zwar noch der Uebergang aus dem kugeligen, in den kriechenden Zustand ganz in der beschrie- benen Weise Statt fand, aber die Abweichungen von der geradlinigen Ortsbewegung sehr rasch auf einander folgten, dann auch das hintere Ende nicht mehr so zugespitzt war und nicht so bestimmt festgehalten wurde, bis endlich die Thiere in ihren Gestalten und Bewegungen sehr jungen Individuen von Am. princeps glichen, wie in Fig. 2 dieser Tafel eines abgebildet ist. Dies und der Umstand, dass diese Thiere nie pflanzliche Gebilde von aussen aufgenommen hatten, brachte mich auf den Gedanken, dass es ein Jugendzustand von A. princeps sei; den Mangel an gelblichem Farbestoff erklärte ich mir so, dass derselbe auch bei A. princeps vielleicht nur von verdautem Chlorophyll her- rühre. Constatiren aber konnte ich dies Verhältniss nicht, weil bald darauf die Thiere durch eine Verderbniss des Wassers zu Grunde gingen. Vielleicht ist diese Form identisch mit der A. Limax Dwj. Das Fortschreiten in gerader Linie haben übrigens mit ihr noch einige an- dere Arten gemein, so die A. Gleichenii, die A. guttula, welche beide ich mehrfach beobachtet habe. Auch diese beiden Arten haben bläschen- förmige Kerne mit Nucleolis, und pulsirende Vacuolen. Die A. guttula habe ich in Figg. 17 u. 18 abgebildet (vergl. die Figurenerklärung). rn ee R'ülo.k Dar coE- Der wesentliche Gehalt der vorangegangenen Schilderungen ist der, dass die Amoeben in der Hauptsache aus einer sehr weichen, nach allen Richtungen contractilen Masse bestehen, welche von einer überall geschlossenen, structurlosen Membran umhüllt ist und immer einen Kern mit Kernkörperchen eingebettet enthält, welcher den entsprechen- den Gebilden vieler unzweifelhafter Zellen durchaus gleicht. Die einzelnen Momente dieser Behauptung bedürfen aber doch noch in mancher Beziehung einer nähern Besprechung. Was zunächst die überall geschlossene Membran betrifft, so mag die Annahme einer solchen bei den wunderbaren Formveränderungen und Bewegungen dieser Thiere anfangs paradox erscheinen. Sie ist in den meisten Arten schwierig zu erkennen, und ist es nicht zu ver- wundern, dass sie so lange übersehen worden ist, oder zu irrigen An- sichten Veranlassung gegeben hat. Eine solche ist die von Schneider in seinem Aufsatz über Polystoma uvella (vergl. Müller’s Archiv, 185%, 415 S. 201) gelegentlich ausgesprochene. Schneider sagt: «Auch Amoeba «hat wirklich einen Ruhezustand. Ich beobachtete, wie dieselbe an «einer Seite rund wurde und an dieser Stelle sich eine feste Membran «bildete, während der andere Theil seine eigenthümlichen Bewegungen «fortsetzte. Allmälich dehnt sich die feste Haut über den ganzen «Körper aus, der bewegliche Theil wird immer kleiner und zuletzt «entsteht eine vollkommen geschlossene Kyste, in deren Innern ınan «einen runden Kern mit röthlichem Hofe deutlich sieht.» Eine En- kystirung der Amoeben, wie ich eine solche bei A. bilimbosa beschrie- ben habe, kann Schneider nicht meinen; denn die Kyste bildet sich da gleichzeitig an der ganzen Oberfläche des Thieres, auch komint es sonst bei Enkystirungen nirgends vor, dass die Kyste allmälich um das Thier herumwächst. Die wirkliche Zellmembran bekleidet aber die Amoeben zu jeder Zeit ringsum und ist ebenso an den feinsten Fortsätzen wie an dem dicken Körper vorhanden. Schneider isı oflen- bar darch eine flüchtige Beobachtung der A. actinophora oder A. bilim- bosa getäuscht worden. In der That, wenn man zuerst Formen sieht, wie sie Taf. XIX, Fig. 2 und Taf. XX, Figg. 4 u. 7 abgehildet sind, er- scheint es zuerst, als ob die Thiere eine Schale mit einem grossen Loche hätten, durch welches die bewegliche Fortsatzmasse heraus- gestreckt wird; und wenn dann nach langsamer Einziehung des Fort- satzes- die dunkle oder gar doppelte Contour das Thier ringsum be- grenzt, wird man glauben können, die Schale sei über der Oeffnung zugewachsen. Wer aber gleichzeitig die Individuen mit. getrennten Fortsätzen berücksichtigt, wer an rundum dunkel oder doppelt con- tourirten Individuen unter partieller Verdünnung des Saumes solche Fortsätze hervortreten sieht, wer da sieht, wie alle die verschiedenen - freien Formen in die flachen, kriechenden (Taf. XX, Fig. 8) übergehen, welche durchaus nur von einer sehr zarten, kaum bemerkbaren Con- tour begrenzt sind und von der vermeintlichen Schale keine Spur mehr zeigen, wird die Irrigkeit jener frühern Annahme einsehen und zu der Alternative kommen, dass entweder gar keine Hülle vorhanden sei oder eine geschlossene, aber äusserst dehnbare. Für das Letztere spricht der Doppelsaum bei A. bilimbosa und actinophora, und ent- scheidet die Anwendung von Reagentien. Die beschriebenen an A. rad. und aectinoph. hundertfach geprüften Reactionen auf Essigsäure und Alkalien, und die Beobachtungen an A. princeps lassen hierüber nicht den geringsten Zweifel. Die Erscheinungen, welche oben auf S. 405 beschrieben sind, beweisen zugleich, dass auch die Fortsätze bis zur Spitze von der Membran bekleidet sind. Bei der Bildung der Bortsätze wird also die Membran in einem begrenzten Umfange unter Verdünnung hervorgestülpt, so dass sich hierdurch das Bild Ehren- berg's rechtfertigt, welcher sagt, die innere Masse werde in die Fort- 416 sätze wie in einen Bruchsack hineingedrängt. Bei der flächenartigen Ausbreitung wird natürlich die Oberfläche des Thieres ebenfalls viel grösser und steht damit die bedeutende Verdünnung der Membran, welehe in der Zartheit der Contour ausgedrückt ist, im Zusammenhang. Wenn aus alle dem die ausserordentliche Dehnbarkeit der Membran sich ergibt, so beweist andererseits das Einziehen der Fortsätze und die Zusammenziehung kriechender Individuen zur Kugelform, wobei die Membran der innern Masse immer unmittelbar folgt, die vollkommene Elastieität jener. Au diesem Punkt hat Dujardın Anstoss genommen; in dem oben S. 374 angeführten Citate spricht er die Meinung aus, dass, wenn die Amoeben von einer elastischen Haut bekleidet wären, die langen strahligen Fortsätze sich nicht so lang in ihrer Form er- halten könnten, sondern durch die elastische Kraft der Hautausstül- pung wieder in den Körper hineingedrängt werden müssten. Allein dieser Einwurf ist nicht stichhaltig; denn erstens wird dieselbe Con- _ tractionskraft, welche die Fortsätze hervortreibt, sie auch durch toni- sche Wirkung erhalten können; sodann aber ist wesentlich zu unter- scheiden zwischen grosser und vollkommener Elastieität; die Hullmembran der Amoeben hat geringe elastische Kräfte, insofern sie sehr leicht und in.bohem Grade dehnbar ist; aber ihre Elastieität ist vollkommen, in- sofern sie beim Nachlass entgegenwirkender Kräfte pünktlich und gänz- lich zur kleinsten Ausdehnung zurückkehrt. — Fraglich könnte es noch sein, ob die Membran nicht selbst auch contractil ist. Man kann zu dieser Ansicht sich veranlasst fühlen durch die fadenförmigen, zuweilen äusserst feinen Fortsätze der A. bilimb. und A. actinoph., bei denen die Vorstellung, dass auch diese so sehr dünnen Fäden hohle, mit eontractiler Substanz gefüllte Schläuche seien, schwierig erscheinen mag, während man sich gegentheils denken kann, dass sie reine Ver- längerungen der contractilen Membran seien. Doch ist zwischen die- sen und den Strahlen der A. rad. nur ein gradueller Unterschied, und wenn wir überdies bedenken, dass für contraetilen Zellinhalt Hunderte von Analogien, für contractile Zellmembran dagegen kein sicheres Bei- spiel vorliegt, so müssen wir die erstere Annahme für wahrschein- licher erklären. Wie gelangen nun durch diese Hülle ohne Oeflnung die frem- den Körper, welche zur Ernährung dienen, in das Innere? Denn das ist gewiss, dass die jüngsten Individuen jeder Art keine solchen fremden Körper enthalten, und dass diese von aussen eingeführt sein müssen. Es bleibt nichts Anderes übrig, als anzunehmen, dass die Hüllenmembran in ihrem natürlichen Zustande aus einer weichen un klebrigen Substanz besteht, dass die fremden Körper bei ihrem Ein tritt die Membran durchbrechen, und dass hinter ihnen die Oefinu wieder vollständig verklebt. Für einen solchen Molecularzustand d 417 Membran spricht auch die oben S. 374 angeführte Beobachtung von Dwjardin, welcher eine A. prince. in zwei Theile zerschnitt, wonach beide sich abrundeten und fortlebten, ohne dass Inhalt ausgeflossen wäre. Doch kann diese Anziehung zwischen den Molecülen der Mem- bran nicht über die Oberfläche hinauswirken; denn nie verschmelzen zwei sich berührende Fortsätze; auch habe ich oftmals zwei Individuen von A. princeps dicht auf und an einander herumkriechen sehen, ohne dass sie verschmolzen wären. Wenn die Amveben in Lamellenform herumkriechen, so haften sie mit grosser Kraft auf der Glastafel, sie werden auch durch starke Strömungen nicht fortgeschwemmt; aber dies ist ein willkührliches Festhalten, das beliebig unterbrochen werden kann; vielleicht bilden die Thiere auf ihrer untern Fläche kleine Saug- gruben. Die Einführung der Nahrungsmittel kann geschehen, entweder in- dem die Amoeben bei ihrem Umherkriechen die zufällig ihnen begeg- nenden Körper umschliessen und dann in ihr Inneres hineindrängen, was Dujardin und neuerlich auch Claparede (a. a. O0. S. 408) direct gesehen zu haben behaupten; oder es mögen auch Amoeben, wie die drei ersten von mir beschriebenen Arten ihre dünnen, frei in das Wasser hineinragenden Fortsätze als Fangorgane benutzen, mit diesen die Beute der Oberfläche des Körpers nähern und dann in ihn hinein- drängen, ähnlich wie es Kölliker für Actinophrys Sol beschrieben hat. Claparede hat beobachtet, dass Aectinophrys Eichhornü an jeder Stelle der Körperoberfläche seine Leibessubstanz in Form einer schleimigen Materie herausschleudern könne, welche zufällig sich nähernde Infuso- rien einhüllt und dann in den Körper hineinzieht. Etwas ganz Aehn- liches, nämlich das Hervorstrecken blasser Sarcode-Lappen, habe ich im vorigen Jahre auch an Actin. viridis gesehen, habe aber Ursache zu glauben, dass auch die Actinophryen gleich den Amoeben von einer - geschlossenen Membran begrenzt sind, welche nur durch die Sarcode ‚partiell hervorgestülpt werden kann, worüber fernere Untersuchungen ‚Genaueres lehren werden. Wenn ich nun auch an den Amoeben das Eindringen fremder Körper nicht in unzweifelhafter Weise beobachtet habe, so sehe ich doch, wie gesagt, keine andere Möglichkeit ab, als dass dies mittelst Durchbrechung der Membran geschehe. So barock diese Ansicht nun auch anfangs erscheinen möchte, so sehr sie der allgemein verbreiteten Annahme, dass die Zellen nur gelöste Stolle aufnehmen, widerspricht, so steht sie doch vielleicht nicht ohne Analogie da. Ich will noch nicht ein allzu grosses Gewicht legen auf das mehrfach ‚behauptete Eindringen von Spermatozoiden durch die Dotterhaut in das Innere des Eies; aber ich erinnere daran, dass nach Weber und Brücke während der Fett-Verdauung ungelöste Feittröpfchen in die Zotten-Epithelien eindringen. Und nachdem schon früher Herbst, mitgetheilt hatten, welche den Uebertritt theils fester Theilchen, theils ungelöster Flüssigkeitstropfen vom Darmkanal aus in das Gefässsystem wahrscheinlich machen, haben neuerlichst Marfels und Moleschott (vgl. Wiener med. Wochenschr., 4854, No. 52) von Pigmentkörnchen und sogar von ganzen Blutkörperchen ein Gleiches beobachtet und schliessen daraus, dass die Epithelialzellen des Darmes an ihrer freien Fläche nur durch einen weichen Schleimpfropf verschlossen seien, durch wel- chen ungelöste kleine Theilchen hindurchschlüpfen könnten. — Auf dem umgekehrten Wege müssen aus den Amoeben die unverdauten Reste auch wieder ausgestossen werden, und wir haben für diesen Vorgang ein Bild in dem, was bei A. princeps unter der Einwirkung von Alkohol eintritt, wo auch durch einen Riss der Membran alle frem- den Körper ausgestossen werden, worauf jene Oeffnung sich wieder gänzlich schliesst (vergl. S. 410). In chemischer Hinsicht ist für diese umhüllende Membran der Amoe- ben charakteristisch, dass sie an nicht ganz jungen Individuen bei ge- wöhnlicher Temperatur in Essigsäure, Mineralsäuren und verdünnten Alkalien unlöslich ist, in sehr concentrirten Lösungen von Alkalien aber sich auflöst oder wenigstens in diesen, so wie auch in concen- trirten Mineralsäuren aufquillt. Uebrigens werden auch in verdünnten Lösungen dieser Reagentien ihre physikalischen Eigenschaften wesent- lich alterirt; sie erscheint dunkelrandig, verliert ihre vollkommene Elasticität, und wenn sie geplatzt ist, schliesst sich die Oefinung nieht wieder. In der grossen Widerstandsfähigkeit gegen chemische Lösungsmittel stimmt sie überein mit dem structurlosen Oberhäutchen, welches Cohn an Paramaecien und Bursarien beschrieben hat. (Ueber die Cuticula der Infusorien, diese Zeitschr., Bd. V, $. 425.) Cohn folgert aber für dieses Häutchen aus obigem Verhalten, dass es «nicht in die Reihe der Proteinsubstanzen, wie die gewöhnliche thierische Zellmembran, ge- höre», und vergleicht es vielmehr mit der Cuticula der Pflanzen. Wäre dieser Schluss richtig, so würde auch unsere Amoeben-Haut nicht als Zellmembran aufgefasst werden können. Allein die leichte Auflös- lichkeit in Alkalien, Essigsäure und selbst in destillirtem Wasser, welche für die thierische Zellmembran vielfach vindieirt worden ist, bezieht sich nur auf ganz junge Zellenbildungen. In allen Zellen, die dies nicht mehr sind, ist jene Auflöslichkeit nur scheinbar, oder sogar augenscheinlich nicht vorhanden. Auf einer umfassenden Grundlage genau beobachteter Einzelheiten beruht die Darstellung, welche Don- ders von der thierischen Zellmembran gibt; als chemische Eigenschaften derselben zählt er auf: Unlöslichkeit in Wasser, Alkohol, Aether, Am- moniak, Pflanzensäuren; Schwerlöslichkeit in Mineralsäuren, Kali un 418 Oesterlen, Eberhard, Mensonides, Donders und Bruch Beobacktingeh } | 419 Natron, Aufquellen durch letztere Reagentien u. s. w.' (diese Zeitschr., “ Bd. IV, S. 243), und fügt später hinzu (S. 244): «Es sind die jungen «Zellen, die in ihrer Unauflöslichkeit in den genannten Reagentien den «älteren um etwas nachstehen ....... wiewohl ihre Auflösung ge- «ringer ist, als man gewöhnlich glaubt. Die Ursache dieser Erschei- «nung ist in der Dünnheit der jungen Zellmembran gelegen. Ganz «unauflöslich sind auch die älteren nicht .......... Bei: jungen Zell- «membranen ist vielleicht noch ihr höherer Wassergehalt von Bedeu- «deutung für ihre grössere Auflöslichkeit u. s. w.» — Man sieht also, dass die Auffassung der von mir nachgewiesenen Amoeben-Haut als Zellmembran durch die chemische Prüfung nicht nur nicht- widerlegt, sondern wesentlich unterstützt wird. Wenn übrigens Cohn seine Cuticula der Infusorien mit der Chitin- substanz zusammenstellt, ich die Amoeben-Haut für eine Zellmembran erkläre, so liegt in diesen Ansichten vielleicht nicht einmal eine wesent- liche Differenz. Werfen wir nämlich einen Blick auf diejenigen Organe der Insecten, welche vorzugsweise aus Chitin bestehen, die Oberhaut, die Flügeldecken, die Tracheen, so sind diese Gebilde aus Zellen ent- standen, von welchen aber, ausser häufig etwas Farbstoff, kaum mehr als die Zellmembran übrig geblieben ist. Durch Resorption des In- haltes sind diese Zellen theils nach vorangegangener Ablagerung einer spiraligen Verdickungsschichi und mit Erhaltung des Zellenlumens zu hohlen, lufthaltigen Schläuchen, den Tracheen geworden (vergl. Herm. Meyer, diese Zeitschr., Bd. I, S. 180), theils mit Verschwinden jedes Zellenlumens zu festen Plättchen und Stäbchen, die zu hautartigen Ge- bilden vereinigt sind. Bedenke ich überdies, dass bei der Darstellung des Chitins jeder etwaige Rest von Zellinhalt und imprägnirenden Sub- stanzen durch die Maceration in Kali entfernt wird, so vermuthe ich, dass das Chitin überhaupt nichts Anderes ist, als die iso- lirte Substanz ausgetrockneter, festgewordener thierischer Zellmembranen. Wenn die Horngewebe der Wirbelthiere, welche durch einen ähnlichen Schrumpfungsprocess der sie zusammensetzen- - den Zellen sich bilden, in ihrer chemischen Natur, unter Anderem be- sonders durch ihren Gehalt an Schwefel, von dem Chitin verschieden sind, so liegt diese Eigenthümlichkeit höchst wahrscheinlich in einem nicht ganz geschwundenen Antheil -von Zellinhalt und Kernen, vielleicht auch in einer vorhandenen Intercellularsubstanz. Diese Ansicht hat auch Lehmann, indem er sagt: «diese» (die Hullmembranen der Horn- gewebszellen) «verhalten sich gar nicht so, als ob sie eine Sulphamid- «substanz sein könnten; denn die mikrochemische Beobachtung zeigt, «dass das Ammoniak und der Schwefelwasserstoff, welche wir bei der '“makrochemischen Behandlung dieser Gewebe mit selbst sehr ver- «dünnten Alkalien entweichen sehen, wohl nicht von der Hauptmaterie, 420 «d. i. den Zellmembranen, sondern von dem Zelleninhalte oder, was «noch wahrscheinlicher, von dem Bindemittel herrühren müssen » (Lehrbuch d. physiol. Chemie, Bd. Il, S. 59). Aber selbst wenn mit jenen histologischen Veränderungen auch mehrfach nuaneirende, speci- fische Modificationen der chemischen Zusammensetzung der Zellmembran selbst verbunden sein sollten, so ist doch jedenfalls die Widerstands- fähigkeit gegen chemische Lösungsmittel, welche das Chitin charakte- risirt, auch solchen Zellmembranen in gewissem Grade eigen, welche noch sehr lebenskräftigen, an der Vegetation des Körpers lebhaft be- theiligten Zellen angehören. Dass selbst Chitin-Membranen für endos- motische und Diffusionsvorgänge nicht’ unbrauchbar sind, scheint der respiratorische Gasaustausch in’ den Tracheen und die Resorption in dem ebenfalls mit einem Chitinhäutchen ausgekleideten Darmkanale der Insecten zu beweisen. — In dieser morphologischen Bestimmung der Chitinsubstanz ist wohl auch eine Aufklärung enthalten über den merk- würdigen Umstand, welchen v. Siebold hervorgehoben hat, dass näm- lich in der ganzen Classe der Insecten keine Spur von Flimmerbewegung vorkommt, und dass überhaupt die Entwicklung von Flimmerepithelium mit dem Chitin nicht verträglich zu sein scheine. Halten wir nämlich an der Ansicht fest, dass überall, also auch in den Flimmerzellen, das Contractile nur der Zelleninhalt, nicht die Membran ist, so wird da, wo eine entschiedene Tendenz vorwaltet, alle den äusseren und inne- ren Oberflächen zugekehrten Zellen auf ihre Membranen zu reduciren, 7 die Möglichkeit einer Entwicklung von Flimmerepithelium von selbst ” negirt sein. Kehren wir von dieser Abschweifung zu unseren Amoeben zurück, so habe ich in Bezug auf die Haut derselben nur noch zu resumiren, dass sie in allen ihren Eigenschaften, ihrer ganzen Formation als ge- schlossener Sack, ihrer Structurlosigkeit, ihrer vollkommenen Elasti- eität, ihrem Verhalten gegen chemische Reagentien wesentlich mit der Hüllmembran thierischer Zellen übereinstimmt. Was die Kerne dieser Wesen anbetrifft, so muss ich hier noch einmal im Allgemeinen darauf aufmerksam machen, dass der solide, matt glänzende, meist kugelrunde Körper, welcher bei genauer Unter- suchung im Innern der Amoeben zuerst in die Augen fällt, und bei einigen Arten spurweise auch von anderen Beobachtern gesehen wor- den ist, nicht der Nucleus, sondern der Nucleolus ist, und dass der ihn umgebende, oftmals rosig schimmernde Hof die Höhlung des eigent- lichen bläschenförmigen Kernes ist, dessen membranöse Wandung nur gewöhnlich deshalb schwierig bemerkt wird, weil sie in ihrem Licht- brechungsvermögen von dem umgebenden Zellinhalte wenig verschieden ist. In günstigen Fällen aber ist sie doch deutlich genug durch einer dunkeln Rand der Höhlung bezeichnet und durch Zerdrücken ode 421 Anwendung gewisser Reagentien gelingt es zuweilen, dieses Bläschen als Ganzes austreten zu sehen und sich von der Selbstständigkeit seiner Wandung zu überzeugen (s. S. 388 u. 440). Man kann hiergegen ein- wenden, dass in Infusorien und Amoeben auch an der Grenze von zufälli- gen Vacuolen die Grundsubstanz oft membranähnlich verdichtet erscheint, und dass bei dem Zerdrücken der Thiere solche Vacuolen selbst noch von jener verdichteten Substanz umgeben, und so Bläschen simulirend, austreten können. Dieser Einwand ist an sich nicht unberechtigt; aber er wird entkräftet durch viele andere früher mitgetheilte Umstände. Als solche führe ich an: dass durch gewisse Reagentien oft alle Va- euolen eingehen, während der den Nucleolus umgebende Hof noch deutlicher, sein Rand dunkler wird; dass gerade in abgestorbenen In- dividuen, in welchen der übrige Zellinhalt aufgelöst und von Vacuolen keine Rede mehr ist, der bläschenförmige Kern mit dem Nucleolus im Innern am schönsten zu sehen ist; dass das Vorkommen derartiger Bläschen von Bisquitfiorm, mit zwei Nucleolis, und doppelt in einem Individuum, auf Wachsthum und Theilung hindeutet, und besonders auch, dass das Körperchen im Innern der Höhlung in seiner ganzen Erscheinung nicht den Kernen, wohl aber den Kernkörperchen anderer Zellen gleicht. In chemischer Hinsicht geht für die Kerngebilde der Amoeben aus meinen Untersuchungen hervor: 4) dass sie in Alkalien leicht löslich sind, 2) dass sie in verdünnter Essigsäure oder Schwefelsäure dunkler werden, indem zugleich in der Höhlung des Kernes sich häufig eine feinkörnige Materie niederschlägt; dass sie dagegen in concentrirten Säuren jener Art anfangs zwar sich ebenso verhalten, bald aber mehr aufquellen und äusserst blass werden, sich selbst ganz zu lösen scheinen. In diesen Eigenschaften stimmen sie wesentlich mit den Kernen anderer thierischer Zellen überein. Man führt zwar als Charakter der Nuclei gewöhnlich an, dass sie in Essigsäure dunkler werden; allein nach meinen Erfahrungen gilt dies nur für verdünnte Lösungen jener Säuren. So eben habe ich mich erst wieder an den Epithelialzellen des Frosch- darmes überzeugt, dass die Kerne derselben in concentrirter Essig- säure oder Schwefelsäure für eine kurze Zeit dunkel werden, dann aber aufquellen und so blass werden, dass sie nur schwierig zu er- kennen sind, und dass in vielen die Kernkörperchen sogar gänzlich unsichtbar werden. Ob auch die Kernmembranen solcher und ähn- licher Zellen ganz aufgelöst werden können, muss ich zweifelhaft lassen. “Wenn ich dies an einigen Amoeben beobachtet zu haben glaube, so muss ich zugeben, dass bei der Schwierigkeit, die Grenzen sehr blasser mikroskopischer Objecte noch zu unterscheiden, die gänzliche Auf- lösung möglicher Weise nur scheinbar gewesen ‘sein konnte. Es ist jedoch zu bedenken, dass zwischen starkem Aufquellen und Auflösung 422 nur ein gradueller Unterschied ist, und dass in dieser Beziehung sehr wohl individuelle und specifische Verschiedenheiten bestehen könnten. Ausser diesem Kerne gehört zum Inhalte der Amoeben -Zelle haupt- sächlich eine farblose homogene Substanz, welche in den Fortsätzen, am Saume kriechender Individuen und besonders schön in dem Hofe der horizontal ausgebreiteten A. actinophora isolirt zu Tage tritt. Bei der Bildung jener Fortsätze und Höfe muss sich jene Substanz aus den Zwischenräumen der Körnchen, Vacuolen u. s. w. gleichsam heraus- ziehen und an der Grenze dieser Körper durch Verschmelzung eine eontinuirliche Masse werden. Wenn dann in einen solchen Fortsatz die granulöse Masse wieder hineingetrieben wird, so sieht man oft die Körnchen sich zerstreuen, einzelne derselben in regellosen Bogen- linien in der Substanz des Fortsatzes hinschwimmen. All dies zeigt aufs deutlichste die halbweiche, structurlose Beschaffenheit jener blassen Substanz. Ihre allseitige, auf rein moleeularen Verhältnissen beruhende Contractilität wird aber bei den Bewegungen der Thiere durch die Wandlungen ‘des Umrisses und durch die Verschiebungen der unter- scheidbaren inneren Theile in einer Weise dargethan, die sich besser ad oculos als durch Beschreibung demonstriren lässt. { Diese Sarcode ist in Alkalien leicht löslich; in Mineralsäuren und Essigsäure schrumpft sie anfangs, quillt aber später wieder auf; durch Jod wird ‚sie nur ganz allmälich geschrumpft und gebräunt. In dieser Substanz sind immer in verschieden-grosser Menge sehr feine und blasse Körnchen eingebettet, welche zum Theil in Alkalien und Säuren sich lösen und durch Jod schnell gebräunt werden; ein verhältnissmässig verschiedener Antheil derselben aber ist in Alkalien unlöslich und kann ich über deren chemische Natur nichts weiter aussagen. Nächstdem aber kommen in allen Amoeben-Arten dunkle, stark lichtbrechende Körnchen vor. Die Anzahl derselben scheint mit dem Alter des Individuums sich zu vermehren und, was noch merkwürdiger ist, auch die Grösse der einzelnen Körnchen nimmt mit der Grösse des Individuums im Ganzen zu. In einer Species, der A. actinophora, enthalten auch die kleinsten Individuen: immer schon verhältnissmässig grosse Körperchen dieser Art. Diese fettähnlichen Körnchen sind meist von kugeliger oder ellipsoidischer Gestalt, zuweilen aber in deutlichen rhombischen Formen crystallisirt; sie sind in kalten Alkalien leicht löslich, lösen sich aber auch in concentrirter Essigsäure oder Schwefel- säure allmälich auf. Ob sie durch Jod braun werden, liess sich an Amoeben nicht feststellen. Allein andere Rhizopoden, Actinophryen, Difflugien u. s. w. enthalten ganz entsprechende Körper in ihrer Sub- stanz eingebettet. Nun gelang es mir an einer grossen Difflugien- Art, welche mit der oben beschriebenen colossalen A. radiosa in 423 demselben Neudammer Wasser vorkam, mehrmals durch Zerdrücken der Tbiere diese Körperchen in Masse austreten zu machen, so dass ich sie isolirt zur Untersuchung hatte. Sie waren von ellipsoidischer Gestalt und massen im Mittel Yz,0”” im Durchmesser. An diesen aber konnte ich mich mit Bestimmtheit überzeugen, dass sie durch Jod ge- bräunt werden. Ihre durch veigentbümliche Lichtbrechungsverhältnisse bedingte Erscheinungsweise erinnerte mich aber sehr an die Dotter- tafeln der Amphibien-Eier. Jedenfalls aber sind es nicht Stearin- oder sonstige Fettkörnchen. In einer Art, der A, bilimbosa, haben wir noch als gewöhnlich zum Inhalte gehörig Amylumkügelchen erkannt, und es waren Gründe vorhanden, welche es sehr bezweifeln liessen, dass jene von aussen aufgenommen und nicht vielmehr im Innern der Zelle gebildet seien, Die in wechselnder Anzahl vorhandenen Vacuolen kann ich auch an den Amoeben nicht anders auffassen, denn als Höhlungen in der Grundsubstanz, welche von einer dünnen, obwohl nicht rein wässeri- gen Feuchtigkeit erfüllt sind. Sie bilden sich, indem die Feuchtigkeit, welche die Sarcode überall durchtränkt, an einzelnen Punkten derselben vorübergehend in Tropfen ausgesondert wird und gehen wieder ein, indem die sie begrenzende Sarcode sich concentrisch zusammenzieht und die Feuchtigkeit wıeder zwischen ihre Molecüle aufnimmt. Wo in einem Individuum die Vacuolen nicht sehr zahlreich sind, bemerkt man gewöhnlich eine oder zwei, an welchen dieser Vorgang des Ein- ' gehens und Wiederauftauchens an derselben Stelle sich abwechselnd von Zeit zu Zeit wiederholt. Sie entsprechen den sogenannten con- tractilen Blasen anderer Infusorien und dienen wahrscheinlich einer Art diffuser Circulatior: der Körperfeuchtigkeit. Oft enthält eine Vacuole einen der fremden Körper in ihrer Höhle, obwohl die gefressenen Körper bei weitem nicht immer in eigenen Vacuolen, sondern ebenso oft auch unmittelbar in der Grundsubstanz eingebettet liegen. Wenn aber ein solcher Körper schwer zu verdauen ist, z. B. wegen einer harten, ihn bekleidenden Schale, und in Folge dessen die ihn einschliessende Vaeuole sehr lang besteht, verdichtet sich oft die begrenzende Sarcode zu einer dunklern Schicht, welche zwar nach aussen nicht scharf ab- gegrenzt ist, jedoch den Anschein einer Membran haben kann. Hier- mit hängt es zusammen, dass Ehrenberg solche Vacuolen für Mägen ansah, die als vorgebildete Organe in dem Thiere beständen, und mit einer Mundöffnung in organischen Zusammenhang wären. Die Un- haltbarkeit dieser Ansicht ist für die Protozoen im Allgemeinen von anderen Forschern vielfach besprochen worden und dürfte für die Amoeben im Besondern aus allem Vorangegangenen zur Genüge ein- leuehten. Zu allen sonstigen Gründen kommt aber hier noch ein neuer hinzu. Nachdem ich nämlich an den Amoeben die Charaktere ein- 424 facher Zellen in positiver Weise nachgewiesen habe, kann ein Gehalt an zusammenhängenden organischen Systemen nach dem Muster höherer Thiere nicht nur kein Postulat mehr sein, sondern er wäre sogar etwas gänzlich Heterologes. Die gefressenen Körper sind, so viel ich sah, fast nur Pflanzliche Gebilde: Protococeus viridis, Zenödennos, Bruchstücke von Oscillato- rien, Navieulae, Bacillarien und Aehntliches: Ausserdem sah ich nur einige Male leere Schalen von Trachelomonas. Möglich wäre, dass die weicheren Infusorien so rasch verdaut werden, dass sie selten zur Beobachtung kommen; aber es liegt sehr nahe, dass die schwimmen- den Infusorien den trägen Bewegungen der Amoeben leicht entfliehen können. Jedenfalls sind die letzteren vorzugsweise Herbivoren. — Die Verdauung dieser gefressenen Körper gibt sich durch mannigfache Veränderungen, Entfärbungen, Entleerung des weichen Inhalts, Zer- fallen in eine körnige Masse u. s. w. zu erkennen. Als eine Besonder- heit hebe ich noch hervor, dass das Chlorophyll oft in einen rothen oder braungelben Farbestoff umgewandelt wird. Doch bleiben auch unverdaute Reste zurück, welche wahrscheinlich wieder ausgestossen werden. — Durch die Aufnahme solcher fremden Körper vergrössert sich natürlich eo ipso das Volumen des Individuums. Aber abgesehen hiervon wird man finden, dass es nur die einigermassen erwachsenen Individuen sind, welche solche Dinge enthalten. Die jüngsten Indi- viduen müssen sich entweder nur durch Absorption gelöster Stoffe ernähren oder kleinere blasse Körper fressen, welche rasch verdaußg werden. Zur allgemeinen Lebensgeschichte der Amoeben gehört noch die ” Enkystirung, welche ich an A. bilimbosa beobachtet habe. Sonst habe ich für die Entwicklungsgeschichte dieser Thiere nichts mit Bestimmt- | heit erkannt. Aber die oben S. 387 ff. mitgetheilten Beobachtungen ent- halten vielleicht Andeutungen über die Fortpflanzung dieser Wesen. Ueberdies ist eine Vermehrung derselben durch Theilung sehr wahr- scheinlich. Die Individuen mehrerer Arten nahmen in meinen Gläsern | an Zahl ungemein zu. Während ich nun von einer andern Art der Vermehrung keinerlei Spuren finden konnte, wird dagegen eine Ver. mehrung durch Theilung nicht blos durch die Beobachtungen unter- stützt, welche auf Taf. XIX, Fig. 41 und auf Taf. XX, Fig. 4 veran schaulicht sind, sondern auch durch die Theilungsvorgänge an den Kernen, welche sonst so häufig die Theilung der Zellen vorbereite) Bei dieser Gelegenheit will ich eine entsprechende Beobachtung über Arcellen hinzufügen. Auch die Arcellen enthalten Kerne, welche denen der Amoeben sehr ähnlich sind und im Mittel Y,o0”, der Nucleolu Ya00" Durchmesser messen. Man kann diese Kerne zur Anschauung bringen, indem man das Thier mit Hilfe des Deckglases behutsa 425: zerdrückt. Alsdann zerbricht die Schale, der weiche Körper tritt aus, wird oft ebenfalls zerdrückt, so dass die Kerne frei ia das Wasser austreten und wunderschön als kugelförmige diekwandige. Bläschen mit grossem Nucleolus zu erkennen sind. Aber während ich in den Amoeben in je einem Individuum höchstens zwei Kerne gefunden habe, enthält jede Arcelle, wenigstens zu manchen Zeiten, mehrere solche, und zwar um so mehr, je grösser das Individuum ist. In den grossen, bis zu 4," Durchmesser messenden Arcellen, welche sehr häufig auf der Unterseite der Blätter von Nuphar luteum festsitzen, fand ich über 40 solche Kerne in einem Individuum. Ob dies mit einem Theilungs- vorgange zusammenhängt oder ob etwa die Arcellen mehrzellige Thiere sind, muss ich unentschieden lassen. Bi Absterben der Amoeben geschieht häufig, sad der leicht lösliche Theil des Inhalts schwindet, während die Membran, der Kern, ein Theil der Körnchen, und die Janverdautan Pflanzenreste sich noch lange zusammen erhalten. ‘Von der geringern oder grössern Aufnahme von Wasser aus der Umgebung hängt es dann ab, ob das todte Thier als eine gespannte Blase ‘oder als ein gefaltetes Säckchen erscheint. Ausserdem haben wir gefunden, dass 'infusorielle Gebilde und wahr- > scheinlich auch Amoeben zuweilen unter Erscheinungen zu Grunde gehen, welche der Körnchenzellen-Bildung, der fettigen Degeneration anderer 'thierischer Zellen entsprechen. Die Annahme eines solchen "Vorganges ist allerdings neu; allein es dürften schon manche frühere „Beobachtungen darauf zu beziehen sein. So deute ich mir wenigstens eine Beobachtung von Schneider an «Difflugia Enchelys», welche dieser Beobachter geneigt ist, auf Fortpflanzung zu beziehen. «In einem Ge- afäss mit Difflugia verwandelte sich bei allen Exemplaren die Körper- «substanz mit Beibehaltung ihrer Form und ohne Zerstörung der Hüll- «haut in Körnchen, die dicht, wie geschichtete Kugeln, an einander «lagen. Oft sah ich nun innerhalb. eines Schlauches, welcher von der h| «obersten Lage der Leibessubstanz gebildet schien, diese Körnchen in «lebhafter Molecularbewegung.» Man sieht, dass die Erscheinung ganz init meiner ‚oben beschriebenen auf Taf. XIX, Fig. 20 — 25 abgebildeten übereinstimmt. Mir aber erwiesen sich die Kügelchen sowohl durch ihr ‚optisches Verhalten, wie durch ihre Unveränderlichkeit in kaltem kausti- schem Kali als Fett. Ist demgemäss meine Deutung richtig, so ergibt sie eime fernere Analogie in den Lebenserscheinungen der Protozoen mit denen einfacher Zellen. „u . Resultate. 4) Jede Amoebe ist an ihrer ganzen Oberfläche begrenzt von einer überall geschlossenen Membran, welche: structurlos, "sehr ausdehnbar Zeitschr, f. wissensch, Zoologie. VII. Bd. 28 426 und vollkommen elastisch, in Essigsäure, Schwefelsäure und. Alkalien schwer löslich ist. J 2) Jede Amoebe enthält im Innern einen Kern. Dieser Kern ist ein ziemlich dickwandiges Bläschen, in dessen Höhlung ein verhältniss- mässig grosser Nucleolus liegt, Kern und Kernkörperchen sind in Alka- lien leicht löslich; werden in verdünnten Säuren dunkler; in concen- trirten werden sie äusserst blass, quellen auf und scheinen sich zuweilen ganz aufzulösen. 3) Die übrigen Körperbestandtheile der Amoeben bilden eine halb- weiche, structurlose Masse. 4) Die Amoeben: sind also einfache Zellen. Ihre Haut entspricht der Zellmembran, ihr bläschenförmiger Kern dem Nueleus, ihre übrige Körpermasse dem Inhalte anderer Zellen. 5) Diesen Zellinhalt der Amoeben bildet zum grössten Theile eine hyaline, homogene, allseitig contractile Substanz (Sarcode), welche in Alkalien leicht löslich ist, durch Jod nur langsam geschrumpft und u bräunt wird. 6) Mitten in dieser Substanz bemerkt man häufig ein oder zwei pulsirende und eine verschiedene Anzahl länger andauernde Vacuolen. 7) Ausserdem sind in älteren Individuen gewöhnlich von aussen aufgenommen: pflanzliche Gebilde, theils unmittelbar in die Grund- substanz eingebettet, theils in Vacuolen liegend. Diese fremden Körper können nur mittelst Durchbrechung der Zellmembran in die Zellhöhle gelangt sein, und werden bier sichtlich verdaut; die unverdauten Reste können wiederum nur mittelst Durchbrechung der Membran ausgestossen werden. Die jüngsten Individuen jeder Art aber enthalten keine irem- den Körper und scheinen sich mehr durch Absorption gelöster Siofle zu ernähren. 8) Nicht nachweislich von aussen aufgenommene, sondern wahr: scheinlich in dem Thiere selbst gebildete Theilchen sind dagegen: er stens feine blasse Körnchen, welche zum Theil durch Jod gebräunt werden und in Alkalien löslich, zum Theil aber in Alkalien unlöslich sind 9) Ferner: sehr häufig stark lichtbrechende Körnchen, meist ku- gelig oder ellipsoidisch, zuweilen aber in rhombischen Formen kırysta lisirt; sie sind in Alkalien, concentrirter Essigsäure und Schwefelsäure leicht löslich und werden durch Jod braun, sind also kein Fett, ob wohl wahrscheinlich eine organische Substanz; sie sind in älteren Indi- viduen zahlreicher und grösser als in jüngeren. 40) In A. bilimbosa auch Amylumkügelchen. | 44) Die ursprüngliche Gestalt jeder Amoebe ist die Kugelform. Diese kann aber durch die Thätigkeit der Sarcode jederzeit in mannig- fache andere Formen übergehen und das Thier jederzeit, wieder zu iht zurückkehren. Die rundlichen oder. strahligen Fortsätze sind vorge | 427 streckte Theile der Sarcode, von einer Ausstülpung der Zellmembran überzogen. Zum Zwecke der Ortsbewegung breiten sich die Amoeben auf ebenen Flächen zu dünnen Lamellen aus, womit nothwendig und sichtlich eine bedeutende Verdünnung der Zellmembran verbunden ist. 42) Ausserdem aber gibt es einen dauernden Ruhezustand der Amoeben, welcher zur Enkystirung führt. Diese erfolgt, indem um das kugelig zusammengezogene, gänzlich ruhende Thier eine schleimige, mit Körnchen vermischte Materie ausgeschieden wird, welche allmä- lich zu einer geschlossenen Kapsel erhärtet. 43) Eine Vermehrung der Amoeben durch Theilung ist wahr- scheinlich und wird dieselbe durch eine Theilung der Kerne vorbereitet. 4%) Auch die Arcellen enthalten Kerne, welche denen der Amoeben sehr gleichen. Jede Arcelle aber enthält (wenigstens zu gewissen Zeiten) mehrere, selbst viele solche Kerne, und zwar um so mehr, je grösser das Individuum ist. 45) Die Amoeben und andere Infusorien gehen oft durch eine Fett- körnchenbildung zu Grunde, welche der fettigen Rückbildung anderer thierischer Zellen entspricht. Anmerkung. In den Ann. d.sc. nat., 1852, pag. 241, gibt Dujardin eine Notiz über eine Rhizopode, welche er als in der Mitte zwischen Difflugia ‚ und Amoeba stehend betrachtet, und der er den eigenen Gattungsnamen Corycia gibt. Er sagt von ihr: Une sorte d’Amibe, tr&s remarquable, en . raison de son tegument membraneux, qui se plisse dans divers directions, suivant les mouvements et les contractions de l'animal .......... L'enve- loppe membraneuse, quoique parfaitement extensible et dlastique, reste Nlottant sur les cotes et persiste longtemps, quand avec des aiguilles on dechire sous le microscope la Corycie... Les dimensions varient de $— 20 centiemes de millimetre .... ses mouvements sont tres lents .... on voit d’ailleurs la masse sarcodique interne avec les vacuoles, les corps etrangers et les granules entremöles se mouvoir comme un courant d’un cöte & Vautre. Les expansions ne rampent point et ne glissent point sur le porte- objei comme celles des Amibes nues et des Arcelles; elies se produisent _ ä& diverses hauteurs sur tel ou tel cöl& de la masse et semblent agir plutöt en changeant le centre de gravite qu’en prenant un appui quelconque. Durch einige dieser Angaben wird man an meine A. bilimbosa erinnert; doch sind auch differente Punkte. Im Ganzen lässt sich nach dieser kur- zen Notiz nicht entscheiden, ob die Coryeia Duj. mit meiner A. bilimbosa identisch ist. ’ Erklärung der Abbildungen, Tafel XIX. Amoeba bilimbosa. Fig. 4. Eine A. bil., welche keine Fortsätze ausgestreckt hat; m die doppelt- eontourirte Zellmembran; a die hyaline, körnchenfreie Corticalzone 28* 428. Fig. 2. Ein Individuum mit einem ‘platten, kriechenden Fortsatz e; m und a wie. oben. Fig. 3, Ein Individuum mit zwei platten Fortsätzen ee; einem papillenförmigen Fortsatz mit zwei wimperförmigen Verlängerungen b; und einem eben ausgestreckten einfach warzenförmigen Fortsatz d; n ist der matt durch- schimmernde bläschenförmige Kern; nl der Nucleolus. Fig. 4. Ein Individuum, welches auf einer Seite, dicht bei einander eine Menge papillenförmiger an ihrer Spitze gabelig getheilter Fortsiitze ausgestreckt hat; a wie oben. \ ' Fig. 5. Ein Individuum, das sich zur Enkystirung anschickt. Der Kern n mit seinem Nucleolus ist sehr deutlich. ir Fig. 6. a Ein länglicher Kern von A. bil. mit zwei Kernkörperchen; b ein Kern von A. bil., dessen Kernkörperchen eine kleine Höhle enthält. N Fig. 7. Eine A. bil, nach! Einwirkung von Essigsäure; der Körper des Thieres ist in eine mit Flüssigkeit erfüllte Blase verwandelt. Fig. 8. Ein fortsatzloses Individuum mit Jod behandelt, In, der Corticalzone erkennt man Amylumktigelchen; der grössere (granulirte) Theil des Körpers ist gelbbraun gefärbt, der Kern n dunkler. Fig. 9. Ein anderes Individuum, mit Jod behandelt. Der platte kriechende Fortsatz hat sich noch nicht zurückgezogen, ist kaum gelblich gefärbt. Die Amylumkügelchen sind bei d in der Corticalzone und in, einem. Theile des Fortsatzes durch eine sehr feinkörnige, violett erscheinende (amylumartige) Substanz ersetzt. Fig. 10. Ein anderes Individuum, mit Jod behandelt. Man sieht, dass die Amylumkügelchen auch in die dünnen Aeste der Fortsätze eingetreten sind (vergl. S. 379 u. 385). i Fig. 44. Wahrscheinlich Theilung der A. bil., durch Bildung von zwei Tochter- zellen um die beiden Hälften des Zellinhalts. n der Kern des einen Individuums; o eine in der Mutterzelle mit eingeschlossene Oxytricha- Kyste (vergl. S. 386). Fig. 12. Eine enkystirte A. bil.; k die Kyste; n der durchschimmernde Kern des Thieres. Fig. 13. Eine zerrissene und entleerte Kyste von A. bil. Fig. 13—16 u. 49—22. Junge Amoeben, welche wahrscheinlich in den en- kystirten A. bil. sich entwickelt haben. Sie enthalten eigenthümliche granulirte Innenkörper (vergl. S. 388 ff.). Fig. 47 u. 48. Infusorielle Gebilde unbekannten Ursprungs, vielleicht enkystirte Glaucoma scint. Fig. 24—25. Fettige Degeneration derselben (vergl. S. 390). Tafel XX. Amoeba actinophora, Fig. A. Ein junges Individuum, welches keine Fortsätze ausgestreckt, auch noch keine Nahrung aufgenommen hat. Fig. 2. Ein erwachsenes fortsatzloses Individuum. Fig. 3. Ein Individuum, welches durch eine verschlungene Navicula ver. zerrt ist. Fig. 4. . Ein Individuum, das nach einer Seite hin vier strahlenförmige Fort sätze ausgestreckt hat. Fig: Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. gr . 13. . Ih. DD = , ° 429 Ein Individuum, das von entfernten Stellen seiner Oberfläche Strahlen ausgestreckt hat. Der Strahl ce hat eine dickere Basis; bei d sind zwei Strahlen an ihrer Basis verschmolzen; v die pulsirende Vacuole. Ein Individuum von dem Typus der Fig. k, welches angefangen hat, sich nach der Fläche auszubreiten; » zwei pulsirende Vacuolen. Der Abflachungsprocess ist weiter gediehen. Ein ganz lamellenförmig gewordenes, kriechendes Individuum; c der gezähnte Vorderrand; n der bläschenförmige Kern mit Nucleolus. Ein rundes Individuum, mit verdünnter Essigsäure behandelt, der Kern ist deutlicher, die Membran aufgequollen und doppelt contourirt. Au. B. Einwirkung von Alkalien. Das Thier verwandelt sich in eine diekwandige, mit Flüssigkeit gefüllte Blase (vergl. S.' 398). Ebenfalls Einwirkung von Alkalilösung. A Die Membran ist geplatzt der Inhalt quillt aus dem Riss heraus; B der Inhalt wird aufgelöst, die zerrissene Membran bleibt zurück. Ein lamellenförmig werdendes Individuum, in welchem die fettglänzen- den Körperchen Krystallform angenommen haben. Einige solche Krystalle in grösserem Maassstabe gezeichnet. Zwei zusammenhängende Individuen. Ob Theilung oder Conjugalion, ist zweifelhaft. Tafel XXI. Amoeba radiosa. Ein junges Individuum mit drei Strahlen. Ein eben solches mit fünf Strahlen. Ein älteres Individuum, das Algen und Naviculae gefressen hat; n der Kern mit dem Nucleolus. Ein Individuum von der grossen Neudammer Varietät. Auf der rechten Seite hat es angefangen sich lamellenförmig auszubreiten. Im Innern sieht man ausser verschiedenen grünen Algen eine Navicula und eine Trachelomonas in eigenen Vacuolen liegend; n der Kern; der Nucleolus zeigt eine kleine Höhlung. Ein junges kugeliges Individuum, welches eben hyaline Sarcodewärz- chen hervortreibt. Dieselben haben sich zu Zacken verlängert. Das Thier fängt an, sich nach der Fläche auszubreiten. Ein sehr junges kriechendes Individuum; n der sehr zarte Kern mit dem deutlichern Kernkörperchen. Ein grösseres kriechendes Individuum, welches sich derart ausgezogen hat, dass es aus zwei nur durch einen dünnen Strang verbundenen Hälften besteht; n der Kern mit dem Kernkörperchen. Ein junges Individuum mit Kalilösung behandelt (vergl. S. 405) Ein abgestorbenes Individuum; n wie oben (vergl. S. 406). Tafel XXll. Fig. 1—40. Amoeba princeps. Ein rulendes, rundlich zusammengezogenes Individuum. Ein junges kriechendes Individuum, welches noch keine Algen ge- fressen hat; n der zartwandige Kern mit dem deutlichern Nucleolus. 430 Fig. 3. Ein grösseres kriechendes Individuum. Es enthält gefressene Algen und grosse fettglänzende Kügelchen; n wie oben. Fig. %. Ein ähnliches Individuum, welches sich an mehreren Stellen in arm- arlige Zipfel verlängert hat; n wie oben. Fig. 5—9. Wirkung des Alkohols. ‚Fig. 5. Das Thier zieht sich zur Kugelform zusammen. Bei « platzt die Hülle, ein Theil des Inhaltes mit sämmt- lichen fremden Körpern tritt aus, worauf sich der Riss wieder schliesst. Das Thier stellt jetzt eine dunkelrandige Kugel dar, Fig. 6, in deren Innern der Kern sehr deutlich ist. Fig. 7. Ein eben so behandeltes Individuum mit zwei Kernen. Fig. 8. Ein anderes Individuum platzt zum zweiten Male und es tritt wieder ein Theil des Inhaltes mit dem Kerne aus. Fig. 9. Verschiedene Formen der so deutlich gemachten Kerne. Fig, 10. Ein abgestorbenes Individuum; n wie oben. Fig. 11—16. Amoeba limax, vielleicht ein Jugendzustand von Amoeba Princeps. Fig. 11. Ein kugelförmiges Individuum treibt ein hyalines Sarcodewärzchen her- vor, welches dann wie eine Welle rings um den Körper herumläuft (vergl. S. 413). Fig. 42. Das Individuum breitet sich zu einer dünnen Lamelle aus. Fig. 43. Das abgeflachte Thier hat einen birnförmigen Umriss und kriecht mit dem breitern Theile voran in gerader Linie hin; v die pulsirende Va- euole; n wie oben. Fig. 4&—16. Das Thier weicht von der ursprünglichen Richtung seiner Bewe- gung nach der rechten Seite ab (vergl. S. 414). Fig. 17 u. 18. Amoeba guttula. Die Thiere haben im kriechenden Zustande einen eiförmigen Umriss. Mit dem breitern, hyalinen Theile voran, gleitcn sie langsam vorwärts. Dicht am hintern Ende liegt die pulsirende Vacuole, davor der bläschenförmige Nucleus mit Nucleolus. Die Veränderungen des Umrisses während der Bewegung std fast unmerklich. Fig. 48. Ein Individuum mit blos feinen blassen Körnchen. Fig. 47. Ein Individuum, welches, wie sehr gewöhnlich, eine grosse Menge dunkler braungelber Körnchen enthält. Die Körnchen bleiben immer in der hintern Hälfte des Körpers und lassen vorn einen breiten, ganz hyalinen Saum frei. Ueber die Fortpflanzung der Räderthiere, von Dr. Ferdinand Cohn in Breslau. N Hierzu Tafel XXI u. XXIV. Seitdem die Lehre vom Bau und der Entwicklung der Räderthiere, _ wie sie von Ehrenberg mit meisterhafter Präcision aufgestellt war, durch Dujardin und v. Siebold in wesentlichen Punkten berichtigt worden, _ hat keine Untersuchung unsere Kenntniss von diesen merkwürdigen Thieren so sehr gefördert, wie die Abhandlung von Dalrymple über Notommata anglica (Description of an infusory animalcule allied to the genus Notommata, hitherto undescribed: Philos. Transactions of the Royal Society of rdon: 1844, II, pag. 3341 — 348, c. tab. XXXII, _XXXIV). Nicht nur hat Dalrymple in dieser sonst gleichartig gebauten _ Thierelasse einen neuen Typus aufgefunden, indem er eine Form mit Mund und Magen, aber ohne Darm, After und Fuss beobachtete; son- _ dern er hat auch die Sexualität derselben zwar nur bei einer einzigen Art, aber mit vollständiger Genauigkeit nachgewiesen, und indem er durch Auffindung der mund- und darmlosen Männchen die allgemeine Naturgeschichte durch ein höchst sonderbares Factum bereicherte, hat er zugleich die verschiedenen Organe der Rädertbiere in ihrer Function genauer bestimmen und insbesondere die Ehrenberg’sche Deutung der contractilen Blase und der aus ihr entspringenden Röhren als Samen- blase und Hoden mit der grössten Entschiedenheit widerlegen können. Die schöne Abhandlung von Zeydig (Ueber den Bau und die syste- malische Stellung der Räderthiere, Bd. VI, Heft 4 dieser Zeitschrift, pag. A —120, c. tab. I—IV) hat das grosse Verdienst, die Beobach- tungen von Dalrymple durch Entdeckung der Männchen an einer neuen, mit der englischen sehr verwandten Art (Notommata Sieboldii) zuerst 432 bestätigt und erweitert zu haben t). Zugleich hat Zeydig in conse- quenter Weise die neuere Auffassung des Räderthierbaues bei zahl- reichen Arten durchgeführt und dieselben durch eine grosse Menge neuer, vortrefllicher Beobachtungen schärfer begründet. j Die Männchen von Notommata anglica und Sieboldii sind kleiner als die Weibchen und in der Gestalt zwar etwas verschieden, sie be- sitzen jedoch nach den übereinstimmenden Beobachtungen von Dalrymple und Leydig einen ganz gleichföürmigen Bau; ihr Körper stellt einen hoh- len, völlig geschlossenen Sack dar, der am obern Ende von einem Wimperkranz (Räderorgan) umgeben, am untern nach innen zu einer grossen Blase eingestülpt ist, in. welcher sich die Spermatozoiden ent- wickeln (Hoden, Samenblase), und die in eine lange, ausstreckbare und einziehbare, inwendig finmmernde Röhre (Penis) ausläuft. Ausser- dem enthält dieser lebendige Sack noch ein entwickeltes Nervensystem, das im Gehirnknoten, Nervenfäden und in einem rothen Auge sich darstellt; er besitzt einen nicht minder complieirten Muskelapparat, so’ wie das vollständig durch contractile Blase und Wassergefässe ver- tretene Respirationssystem, aber weder Schlundkopf noch Schlund, weder Speiseröhre, noch Magen, noch Speicheldrüsen; Dalrymple fand in. der Leibeshöhle des Männchens, von Notommata‘ anglica' nur drei isolirte, ovale Bläschen, die er als Rudimente des Darmkanals ansieht; auch ‚bei der Napa Sieboldii, sind nach Leydig Henglkichin ve kümmerte ‚Gewebselemente vorhanden. Durch den Nachweis! der Männchen ergibt sich von selbst, dass die bisher allgemein bekannten, gewöhnlich als Hermaphroditen ange- sehenen Räderthierformen mit Mundöffnung und Verdauungskanal Weib- chen sein müssen; ein’ etwaiger Zweifel, ob. wirklich die Männchen mit. den. so ganz verschieden gebauten eierlegenden Thieren zu der selben ‚Art gehören, ' widerlegte sich durch ‚die - übereinstimmende Beobachtung Dalrymple’s. und Leydig’s, dass die afterlosen. Notom mata lebendige Junge gehören; es. liessen sich daher die Männchen i !) Es ist sehr ‚zu bedauern, dass weder Dalrymple noch Leydig, sich ver anlasst sahen, für die von ihnen entdeckten, offenbar generisch von übrigen Notommaten verschiedenen Formen einen besondern Gattun namen aufzustellen, und-es ist sehr zu wünschen, dass dies noch Leydig nachgeholt werde. Wenn‘ wir auch zugeben, dass überhauj ‚‚Ehrenberg's Gattung ‚Notommata, wie, sein ganzes System, einer ne) Bearbeitung bedarf, so folgt daraus. doch nicht, dass bis zum Erscheine) derselben neu entdeckte Formen in Gattungen gestellt werden müsste in die sie offenbar nicht gehören. Ich würde den Perty’schen Namel der Ascomorpha adoptirt haben, wenn nicht Perity gerade den Haupl charakter der Dairymple-Leydig’schen Arten, den Mangel a P seiner A. helvelica überseben hätte. 433 ihrer ‚ganzen Organisation, ja schon mit beweglichen Samenthierchen erfüllt, im Innern der trächtigen Notommataweibchen beobachten; und es stellte sich dabei heraus, dass in diesen Weibchen sich immer nur entweder männliche oder weibliche Junge entwickeln, nie gleichzeitig Embryonen beider Geschlechter. Brightwell hatte selbst ‘das Glück, bei Notommata anglica den Act der Begattung sieben Mal zu beob- achten, indem er ein Männchen mit mehreren Weibchen in einem Gläschen zusammenbrachte; das Männchen heftete sich mit dem Penis an die Seite des Weibchens, während sein übriger«Körper frei war; so blieben beide 20—30 Secunden an einander; ein Männchen be- fruchtete innerhalb 15 Minuten 5 Weibchen hinter einander (Annals of natural history, 1848, Sept.). Bei der gleichförmigen Organisation aller Räderthiere war es selbst- verständlich, dass die merkwürdige Vertheilung des Geschlechts auf ganz verschieden gebaute Individuen nicht allein auf die Gattung Notommata sich beschränken, sondern auch allen übrigen Arten zukommen und bei diesen noch entdeckt werden müsse. In. der That waren An- zeichen dafür vorhanden, dass die Männchen gewisser Räderthiere be- reits von Ehrenberg gesehen, jedoch nicht ‚als solche erkannt, sondern als besondere Arten aufgeführt worden seien. Von Enteroplea Hydatina bemerkte Ehrenberg, dass sie der be- kannten Hydatina Senta sehr äbnlich, aber: stets kleiner als diese sei (Hydatinae simillima); dass sie, wenn die Hydatina häufig ist, mit dieser zusammen vorzukommen pflege; dass ihre Eier zwischen denen der Hydatina zerstreut liegen; dass endlich Enteroplea das einzige Räder- thier sei, von dem die Abwesenheit der Zähne mit aller Sicherheit feststehe (Infusionsthierchen, pag. 412 fg.). Ein zweites, hierher gehöriges Factum bemerkt Ehrenberg von seiner Notommata Brachionus, welche ihre Eier gleich den auch sonst sehr ähnlichen Brachionusarten auf dem Rücken mit sich herumführt; einige‘ Thiere trugen viel kleinere Eier, zuweilen 5—6, von denen nur eins die Normalgrösse hatte; es stellte sich bald heraus, dass die kleineren Eier mit denen einer andern Notommataart (N. granularis Ehr.) völlig übereinstimmten, welche zwischen der N.'Brachionus lebt; dies leitete zum Auffinden der sonderbaren Thatsache, «dass N. granularis ihre Eier auf den Rücken der: N. Brachionus ablegt». Ehrenberg fand dasselbe später wieder bei Brachionus Pala, der auch. verschiedene Eier trägt, und sah in diesem Verhältniss etwas der bekannten Sage vom Kuckuk Aehnliches (Infus., pag. 434). Weisse beobachtete 4849 solche kleinere Eier auch an Brachionus urceolaris und vermuthete zuerst, dass dieselben von Notommata gra- nularis nicht, wie Ehrenberg annimmt, absichtlich auf den Brachionus abgesetzt, sondern nur zufällig hängen geblieben seien (zweite Nachlese 434 St. Petersburgischer Infusorien, Bull. phys. math. de l’Academie de St. Petersburg, VIII, No. 18). Im Mai 4854 überzeugte er sich jedoch, dass die sogenannte Notommata granularis in’ einem durch unzählige Individuen des Brachionus urceolaris zu milchweisser, rahmartiger Con- sistenz erfüllten Wasser nicht eher zu bemerken war, als bis er sie unter seinen Augen aus jenen angeblichen Kuckuks-Eiern hervor- brechen sah. Er ist daher geneigt, die vermeintliche Notommata gra- nularis nicht für eine besondere Art, sondern für eine Frühgeburt aller oben genannten Räderthiere (N. Brachionus, Brachionus Pala und Br. urceolaris) zu halten. Weisse ceitirt hierauf die oben bereits erwähnten Beobachtungen Ehrenberg’s über Enteroplea Hydatina, bemerkt die Uebereinstimmung derselben mit der Notommata granularis durch den Mangel des Ge- bisses und durch die Existenz eines besondern unpaaren, drüsigen, schwarzkörnigen Organs, das sich bei beiden Arten bereits in den Eiern finde und diese charakterisire; hieraus zieht er den Schluss, dass auch Enteroplea Hydatina nur eine Frühgeburt von Hydatina Senta sei. Als dritten Fall erwähnt Weisse noch, dass zwischen den grösseren Eiern, aus denen Diglena catellina Ehr. ausschlüpft, häufig sich klei- nere, durch den Mangel des Zahnapparats und durch einen schwarzen Fleck bezeichnete Eier finden, aus denen er die von ihm früher so- genannte Diglena granularis hervorgehen sah; auch diese sei sicher keine eigene Art, sondern nur das unvollendete, noch zahnlose Junge der D. catellina; der dunkle körnige Fleck, den Ehrenberg in allen diesen Fällen ein «in seinen Functionen noch unklares Organ» nennt, sei ein Rest unverbrauchter Dottermasse; die kleinen Eier seien nicht als Kuckukseier, sondern mit grösserem Recht als Abortiveier zu bezeichnen. » (Weisse, Ueber Kuckuk- und Wintereier der sogenannten Wappenthierchen, Bull. phys. math. de l’Acad. de St. Petersburg, IX, No. 22, pag. 346, c. tab.) { Für diese wünderbaren Verhältnisse wurde durch Zeydig eirte gan andere Erklärung ausgesprochen. Nachdem derselbe die Zahnlosigkeit der Notommatamännchen als das charakteristische, Kenuzeichen der- selben erkannt, welches sich bei keinem Weibchen finde, so gelangte’ er zu dem Schlusse, dass auch die zahnlosen Enteroplea Hydatina Ehr., Notommata granularis -Ehr., Diglena granularis Weisse nicht die Früh- geburten, sondern die Männchen der Arten seien, mit denen bereits Weisse sie zusammengestellt hatte. ’ Leydig motivirt diese Ansicht durch eine scharfsinnige und glück- liche Deutung der Organisationsverhältnisse, so weit sie namentlich für Notommata granularis aus den Beschreibungen +und Zeichnungen von Ehrenberg, für Enteroplea Hydatina ausserdem noch durch die Dujardin’- sche Darstellung sich entnehmen liessen. Da jedoch Hydatina Senta u 435 Würzburg zu fehlen scheint, so gelang es ihm nicht, seine Ver- muthungen über die Geschlechtsverhältnisse dieser Gattung durch das Experimentum crucis zu erproben. Auch bei Notommata granularis (den einander sehr ähnlichen Männchen der Brachionusarten und der Notommata Brachionus) existire wohl «der geknäuelte, kurze Eierstock nicht, den Ehrenberg beschreibt, aber nicht mit abbildet; statt seiner werden die Forscher, die fortan mit den jetzt gegebenen Kenntnissen an die Untersuchung derselben gehen, einen Hoden finden.» Schliess- lich spricht Leydig die Hoffnung aus, dass es ihm und anderen Natur- forschern bald gelingen werde, die Bestätigung dieser Vermuihungen durch Autopsie geben zu können (l. e. pag. 99-seq.). Ich freue mich, diese Vermuthungen für Enteroplea Hydatina und Notommata granularis schon jetzt bestätigen zu können. Bei der grossen Ueberschwemmung, welche im August 185% das ganze Oderthal ver- heerte, war das Wasser längere Zeit auf einem Kartoffelacker in einer Vorstadt Breslaus stehen geblieben und hatte beim Zurücktreten den mennigrothen Filz einer sehr seltenen und merkwürdigen Conferve, der Sphaeroplea annulina, auf dem Boden zurückgelassen, welche mir zu der Entdeckung der Sexualität und der wunderbaren Befruchtung bei dieser Alge Veranlassung gab (vergl. meinen Aufsatz über Ent- wicklung und Fortpflanzung der Sphaeroplea annulina in den Monats- berichten der Berliner Akademie vom 3. Mai 4855). Da, wo dieser Confervenflz noch feucht war, befanden sich zwischen ihm verschie- dene lebendige Algen und Infusorien, namentlich Eudorina clegans, Closteriumarten und Räderthiereier. Als ich etwas von dem Sphaeroplea- filze in ein Glas Wasser brachte, schlüpften aus den Eiern zwei Arten ‚ der Brachionus urceolaris und die Hydatina Senta. Gleichzeitig mit der letztern, doch spärlicher, fand sich die Enteroplea HIydatina, ‚und ich erkannte schon damals in ihr den Hoden mit den Spermato- zoiden, während Darmkanal und Gebiss nicht zu erkennen waren. Doch gelang es mir damals nicht, die Untersuchung mit überzeugender ‘Schärfe abzuschliessen, und ich erwähne diese Beobachtung nur des- halb, weil sie den Beweis liefert, dass die Enteroplea Hydatina nicht blos im Frühjahr, wo sie bisher allein gefunden worden war, sondern auch im Herbst (September) zugleich mit Hydatina Senta zusammen vorkommt. Ich besuchte das oben erwähnte Kartoffelfeld wieder Mitte April des gegenwärtigen Jahres (4855), um mich zu überzeugen, was wischen aus dem rothen Sphaeropleafilze (dessen Farbe von zahl- zinnoberrothen Sporen herrührie) geworden war. Ich fand Feld schon wieder von der Oder unter Wasser gesetzt; die Sphaeropleasporen waren gekeimt und zu den langen, vielzelligen Fä- den entwickelt, die diese Conferve charakterisiren, und dem Wasser 456 eine tief grüne, schleimige Färbung verliehen. Zwischen den Fäden bewegten sich zahllose Räderthiere, und zwar genau dieselben Arten, die ich schon das Jahr vorher bemerkt hatte und die,'also über- wintert hatten, ebenso wie die Eudorina elegans !). Anfangs war die Hydatina Senta in solch ungeheuren Massen: im Wasser vorhanden, dass sie eine weissliche «rahmartige» Haut an der Oberfläche desselben bildete. und in jedem Tropfen sich ‚eine, grosse Anzahl derselben fand. Allmälich. wurde jedoch ihre Zahl geringer und nach einigen Wochen der Gultur konnte ich nur wenig. Hydatinen auffinden, während inzwischen der anfangs nur spärliche Brachionus urceolaris sich unendlich vermehrt, 'hatte. { Die Hydatina Senta ist von allen Rotatorien durch Ehrenberg am) speciellsten erforscht und beschrieben, und gewissermassen als Normal- räderthier hingestellt worden, nach "dessen Organisationsverhältnissen der Bau der übrigen Arten zu beurtheilen sei. In der That sind Ehren- berg’s Untersuchungen über Hydatina, wie überhaupt über die Räder- thiere mit solch meisterhafter Gründlichkeit vollendet, dass wir noch heute, sobald wir nämlich die offenbaren Missverständuisse in seinen Deutungen berichtigen, nur wenig Neues hinzuzufügen wüssten; ebenso übertreffen seine Zeichnungen in Reichthum und Genauigkeit des Details die meisten seiner Nachfolger. Dennoch glaube ich eine speciellere Erörterung über den Bau der Hydatina Senta nicht umgehen zu können, theils wegen des nothwen- digen Vergleiches zwischen der Organisation der Weibchen und Männ. chen, theils um einige Berichtigungen der Ehrenberg’schen Darstellung anzubringen. Uebrigens meine ich keineswegs, das ganze Detail deı Organisation dieses merkwürdigen Thierchens erschöpft zu haben Vielleicht bei keiner Untersuchung ist es so uothwendig, mit den ver schiedensten Methoden mikroskopischen Sehens, bald mit, bald ohn Deckglas, bald bei heller, bald bei gedämpfter Beleuchtung zu beo b . achten, als gerade bei diesem kleinen, so überaus durchsiehtigen un dabei so complicirt gebauten Organismus. Trotz aller Bemühungen is mir hier noch Vieles, namentlich in der feinen Anatomie der Muskel und Nerven, dunkel geblieben. Die Weibchen der Hydatina Senta. (Hierzu Taf. XXI.) Ich beginne mit der Schilderung des Weibchens, welches alle bei Ehrenberg den Namen der Hydatina Senta führt. Es ist ein !) Auch von dieser Volvocine habe‘ ich den unbeweglichen Ruhezustand, rothen, ruhenden Sporen, entdeckt. d 437 der grössten Räderthiere, Y,)—Ys"" lang; doch sind die jüngeren Exem- plare weit kleiner. Seine Gestalt ist in ihren wahren Umrissen nur dann zu erkennen, wenn das Thier frei in hinreichendem Wasser umher- schwimmt; es ist so gross, dass jedes Deckglas seinen Körper un- natürlich zusammenpresst. Die Hydatina gleicht einem mächtigen spindel- oder kegelförmigen Sack, dessen breitere Basis dem Kopf ent- - spricht, während der Körper, sich nach hinten verjüngend, in einen zweizehigen Fuss ausläuft (vergl. Taf. XXI, Fig. 1—5). Das Kopf- ende hat einen kreisförmigen Rand, der sich schief nach unten zu einem Einschnitt, dem Munde entsprechend, hinabsenkt. Demgemäss ist die vordere Fläche des Kopfes als eine trichterförmige Vertiefung gebildet, die nach hinten und unten zur halbkreisförmigen Mundöffnung herab- führt. Der vordere Rand und die Innenfläche dieser Vertiefung ist mit Wimpern besetzt, und zwar so, dass dadurch ein ziemlich compli- eirtes Wirbel- oder Räderorgan gebildet wird. Der vordere Rand des Kopfes ist zunächst in seinem ganzen Verlaufe mit einer ununter- brochenen Reihe sehr langer und feiner Wimpern umsäumt, die sich nach unten in die Mundspalte und noch tiefer in den Trichterkanal hinein fortsetzen. Hinter diesem Wimpersaum finden wir auf der Rück- seite des Kopftheils eine zweite innere Wimperreihe; doch bildet diese nicht eine ununterbrochene Linie, sondern die Cilien sind in grösserer oder geringerer Zahl, scheinbar zu 5—6, in Bündel zusammengestellt, die sich auf halbkugeligen Polstern erheben; Ehrenberg zählt 44 sol- cher Bündel. Diese Wimpern sind weit breiter und länger, als die - der äussersten Reilie und gleichen mehr den Griffeln der Stylonychia- arten. Endlich findet sich hinter dieser noch eine dritte, innerste Reihe feinerer Cilien, die wieder, wie am Aussenrande, einen un- unterbrochenen Saum bilden, jedoch in mindestens zwei Linien hinter einander quincunxartig stehen. Alle diese Wimpern veranlassen in har- monischem Spiel gleichzeitig die Bewegungen des Thieres und das Eintreiben der Nahrung in den Mund. Wenn jedoch die Beute nicht immer wirklich in die Leibeshöhle hineingelangt, sondern durch einen Wasserstrom wieder hinausgeworfen wird, so liegt dies, wie ich glaube, weniger in der wirklich veränderten Thätigkeit der Wimpern, als in dem Umstande, dass für gewöhnlich die Mundhöhle und das Gebiss durch besondere Muskeln geschlossen sind, und daher selbst- verständlich die Beute nicht in den Verdauungskanal eintreten kann, so lange sich die Kinnladen nicht geöffnet haben. Da die Mundölfnung, wie oben bemerkt, am Rande des Körpers sich befindet, so lässt sie an demselben eine (untere) Bauchseite, an der der Mund sich befindet, und eine (obere) Rückenfläche unter- scheiden; letztere ist bei unbefruchteten, erstere bei trächtigen Thieren stärker gewölht; das Vorn ist durch das Räderorgan, das Hinten 438 durch den Fuss bezeichnet. In der äussern Contour des Körpers be- merkt man noch, dass in der Regel der vordere Körpertheil (Kopf) durch eine sehr flache Einschnürung (Hals) von dem Rumpf sich scheidet; ferner findet sich eine Reihe von kurzen Einschnürungen (nach: Ehren- berg 9), in denen die Haut (Cuticula) sich querfaltet, und die Ehren- berg bekanntlich für Quergefässe gehalten und als hohle Kanäle be- schrieben hat. Es ist jedoch leicht nachzuweisen, wie dies zuerst von v. Siebold geschehen, dass diese Faltungen von fadenförmigen Quer- muskeln herrühren, die kreisförmig, gleich Reifen, die Bauchhöhle um- h spannen; man sieht deutlich bei ihrer Cantraclion die Einschnürungen sich verengen und die Querfalten stärker hervortreten; zugleich werden auch viele Längsfalten sichtbar; die Ausdehnung des Körpers ge- schieht nach Leydig durch die Elastieität der Cuticula, noch mehr durch den Druck der zusammengepressten Leibesflüssigkeit. Ehrenberg leg i darauf Gewicht, dass man häufig die Querringe nicht bis an den Rand des Körpers reichen, sondern scheinbar vor demselben umbiegen sieht, als ob sie frei in der Körperhöhle hingen (a. a. O. bei Notommata Myr. h mileo, N. Syriox etc., Infus., Tab. XLIX; Leydig, Bd. VI dieser 2 Y schrift, Tab. Il, Fig. 21 von Notommata centrura ete.); Ehrenberg er- klärt dies damit, dass die Gefässe hier an einer feinern Innenhaut befestigt seien. Es scheint mir jedoch, als seien die Quermuskeln nicht N sowohl an eine besondere Innenhaut, als vielmehr au die innere Fläche der Cuticula geheftet, die, wie sich hieraus ergibt, eine gewisse Dicke besitzt; die Körnerschicht, die Zeydig bei den Räderthieren unter der Cuticula beschreibt, ist bei ausgewachsenen Individuen kaum solche zu unterscheiden. Uebrigens scheint es mir auch, als seien die Quermuskeln nicht an ihrer ganzen Peripherie, sondern nur an ein- zelnen Punkten der Haut angewachsen, welche je nach der Stellung bald im Rande des Körpers, bald vor demselben zu liegen scheine im letztern Falle bemerkt man bei der Zusammenziehung deutlich, auch die Längsfalten zu einem solehen Anheftepunkte hinführen. sehwache Einfaltung mit einem Muskelring scheidet den Kopf ve Rumpf; am stärksten ist diejenige Einschnürung, welche die beide Zehen des Fusses trennt, die ich übrigens nur für zwei kegelförmig Aussaekungen der Cuticula halte. j Die Zusammenziehung des Körpers in der Richtung seiner Läng achse geschieht durch eine bestimmte Anzahl von breiten bandförmiget Längsmuskeln, die theils auf der Bauch-, theils auf der Rücken seite, von der Gegend des Kopfes nach der Mitte des Körpers, ode von dort nach dem Fusse hinführen, und das Einziehen des Räder organs, die Bewegung der Zehen und manmnigfaltige Gestaltsverände rungen vermitteln. Ehrenberg hat neun dieser Längsmuskeln, die imm: mit breiterem Ende an der Innenfläche der Haut festsitzen, genau gezäh 4 439 und beschrieben, und ich will gern glauben, dass seine Myologie von Hydatina der Natur entspricht. Auffallend ist in der Structur dieser Muskeln, dass dieselben mir niemals Querstreifung zeigten; dafür be- merkte ich mitunter, dass ihre Substanz durch Vacuolen schaumig er- schien (Fig. 6«); an jüngeren Exemplaren erkannte ich auch einen Kern, der dem in der Mitte etwas verbreiterten Muskelbande auflag. Gewöhnlich betrachtet man auch zwei kolbige Körper als Muskeln, die am hintern Ende des Körpers vor den Zehen liegen, und diese in Bewegung setzen sollen (Fig. 1k). Mir scheinen jedoch zum letz- tern Zweck besondere Muskeln vorhanden und die kolbigen Körper mehr drüsenartiger Natur, vielleicht bestimmt, ein Secret zu erzeugen, mit dessen Hülfe sich die Hydatina oft an einem fremden Körper fest- bält. Auch Leydig bezweifelt die Muskelnatur dieser Gebilde. Von ihrer Spitze geben feine Fäden aus, die sich an zwei Punkten der Cuticula in ihrem untern Theile anheften, jedoch sich nicht zu con- trahiren scheinen. Ausser den grösseren unzweifelhaften Muskeln gibt es noch eine grosse Menge feinerer Fäden, von denen es ungewiss ist, ob man sie für Muskeln, Nerven oder Bänder halten solle. Das Kennzeichen für die ersteren, dass dieselben sich bei Contractionen des betreffenden Organs verkürzen, nicht aber falten, lässt uns bei diesen feineren Bil- dungen oft im Stiche, indem bei starker Zusammenziehung des ge- sammten Körpers sich auch manche Muskeln falten, und jedenfalls Bänder und Nerven sich hierbei gleich verhalten. Ein ganzes Netz solcher Fäden findet sich im Räderorgan; die Wimperbündel sind auf - Polster gesetzt, unter denen sich grosse kugelige, oft mit Kernen ver- sehene Massen befinden; Ehrenberg betrachtet, diese Kugeln als Muskel- scheiden, indem jede Wimper in einer besondern Muskelscheide stecken _ soll. Die grossen Kugeln des Kopfes verlängern sich in dünnere Fä- den, die sich zum grössten Theil an die Bauchhaut mit breitem Ende _ anseizen, und wahrscheinlich dazu dienen, das Räderorgan unter Um- ständen einzuziehen und einzustülpen; auch die grossen Längsmuskeln scheinen sich an solche kugelige Polster im Kopfe zu heften. Andere Fäden erhalten die verschiedenen Eingeweide schwebend in ihrer Lage im Innern der Bauchhöhle; wir sehen dergleichen an den Schlund- kopf, den Magen, den Eierstock hintreten und dieselben mit der Bauch- haut verbinden; Ehrenberg beschreibt dieselben meist als Gefässe; sie sind wohl aber als elastische oder contractile Bänder zu betrachten. Im Innern des Leibes sehen wir verästelte Fäden sich hinziehen, an der Gabelung oft mit einer kugeligen Anschwellung versehen (Fig. 6 b), solche Fäden erstrecken sich. auch zwischen den Quermuskeln hin; ich bin hier ungewiss, ob es Muskeln oder Nerven seien. Oeflnungen sind in der Cuticula ausser dem Munde nur noch eine, 440 die Kloake, bekannt, welche auf der Rückseite liegt, und durch eine breite und tiefe Einfaltung der Haut gebildet wird. Dass vielleicht noch eine dritie Oeflnung vorhanden ist, werde ich später zeigen. Die Cuticula besteht aus jener sehr elastischen, dünnen, völlig structurlosen Membran, die alle Räderthiere charakterisirt; und nach Leydig aus Chitin besteht; ihre Elastieität wirkt als Antagonist der Muskelthätig- keit, und bewirkt die Streckung und Ausstülpung der NH die durch die Muskeln eingezogen und verkürzt worden sind. Der Verdauungskanal besteht aus der Mundhöhle, dem Schlund- kopf, der Speiseröhre, dem Magen, dem Darm und den Magendrüsen. Aus der Mundhöhlung führt ein sehr kurzer Kanal, den ich als Mund- höhle bezeichne, unmittelbar zum Schlundkopf, einem massenhaften Organ, von herzförmiger Gestalt, dessen Querdurchmesser wohl Yz,'"" erreicht, während seine Länge nur halb so viel beträgt. Die Haupt- masse dieses Organes bilden die Muskeln, die dazu bestimmt sind, das von ihnen eingeschlossene Gebiss in Bewegung zu setzen. Sie sind an- fangs sehr durchsichtig; im Alter aber werden sie trübe und zeigen auswendig eine feinkörnige Structur; Streifung konnte ich nicht sicher erkennen. Das Gebiss besteht aus harten, starren Stücken, die nach Zeydig Chitin, nach Anderen Hornsubstanz sind; es widersteht den Säuren oder Alkalien in derselben auffallenden Weise, wie die Haut. Das Gebiss ist höchst complieirt, so zwar, dass es schwer ist, eine genauere Vorstellung von seinem Bau zu erhalten; auch sind die Ehrenberg’schen Abbildungen in diesem Punkte am nat Gelhafvoapae \ während Dujardin’s sonst "Nuchtige Zeichnungen wenigstens das Gebiss der Hydatina treuer wiedergeben. Nach Ehrenberg wird das Gebiss! von 5—6 konischen Zähnen gebildet, welche an ein knorpeliges Ge- rüst eingelenkt sind; dieses besteht aus zwei schulterblattähnlichen Stücken, den eigentlichen Kiefern, welche aus mehreren Theilen ge- ; bildet sind und nach innen durch ein Gerüst von knorpeligen Schlund- bälgen in Verbindung stehen; auch dieses ist sehr zusammengesetzt und scheint mehr zur Stütze oder zum Ansatz der Kaumuskeln, als zu eigener Thätigkeit vorhanden (l. c. pag. #1). Dujardin beschreibt den Kauapparat als gebildet von zwei Ki laden (machoires), von der Gestalt zweier mit den Basen sich berüh render Steigbügel, welche die Zähne, wie die Pfeile eines Bogens, parallel neben einander tragen (Schneiden, acies). Der halbkreisförmige Aussenrand der Kinnbacken dient den Muskeln des Schlundkopfes zum: Ansatz; der innere Rand besteht aus zwei queren, etwas nach aussen gekrümmten Barren. Hierzu kommt noch ein drittes unpaares Stück, Stütze (fulerum), das durch zwei im Charnier bewegliche Aeste, Schä (scapus) mit den Kinnladen verbunden ist (Histoire des Zoophytes etei pag. 584, tab. XIX, fig. I B). 441 Ich finde an dem Gebiss der Hydatina' Senta eine Menge von Theilen, deren Zweck und Spiel darum tiberaus schwer zu erkennen ist, weil in freiem Zustande dieses Organ zu undurchsichtig ist, durch das Pressen aber die relative Lage der einzelnen Stücke verändert wird. Das Gebiss ist ein symmetrisches Organ, so dass seine rechte und linke Hälfte völlig gleich gebildet sind; ich beschreibe daher im Folgenden nur eine Seite derselben (Fig. 4 u. 4). Der Haupttheil sind die Zähne, fünf nadelförmige, nach innen dicker werdende, scharfe, das Licht stark brechende Körper, von ungleicher Grösse‘{Fig. 4 h—f); der unterste Zahn ist der längste, von Y,0"; die oberen werden -allmälich kleiner. Die Zähne liegen parallel neben einander, wie die - Finger der Hand, auf der Kinnlade, einer flach gewölbten Platte (Fig.A b,d,f); die beiden gegenüberstehenden Kinnladen. berühren sich mit ihren inneren hinteren Rändern, wo die Schneiden der Zähne sich befinden; und zwar sind diese so befestigt, dass immer ein Zahn ' der einen Kinnlade in den Zwischenraum zwischen zwei Zähnen der " andern Kinnlade hineinpasst. Der vordere äussere Rand einer jeden Kinnlade trägt die Zahnwurzeln (Fig. 4 bei f) ‚und verlängert sich nach aussen und hinten in einen dicken blasenförmigen Fortsatz (Fig. f, 9). "An der Hinterseite der Kinnlade ist ein hammerähnliches Stück (Eig. k f, e) so befestigt, dass der Kopf des Hammers in der Gegend eingelenkt ist, wo der blasenförmige Fortsatz von den Zahnwurzeln entspringt; der freie Stiel des Hammers ist dünn und gebogen und kiuft in eine Spitze aus (Fig. ke). Der hintere, innere Rand der Kion- lade biegt sich hinter den Zahnschneiden noch etwas rück- und aus- wärts zu einem Gelenkkopf um, der in jenen Theil sich artikulirt, welcher von Ehrenberg als «Schlundmuskelgerüst», von Dujardin als ‚support (fulerum) bezeichnet wird (Fig. 45, «b). Auch dieser Theil, ‚den ich Zwischenkiefer nennen möchte, ist doppelt vorhanden; da die beiden Hälften meist in ihrer Mittellinie einander berühren, ‚stellen dieselben einen scheinbar einfachen, symmetrischen Körper ‚ welcher die Gestalt eines Herzens oder noch genauer eines Beckens hat, so zwar, dass. die Spitze nach hinten, der Ausschnitt nach vorn t ist. Dieser Theil ist sehr unregelmässig gebogen und viel- f durchbrochen, daher am schwersten in seinem Wesen und Bau erkennen. Am obern Rande dieses beckenförmigen Körpers finden sich zwei Gruben für die Gelenkköpfe der Kinnladen; die Hauptmasse desselben bilden jedoch zwei: durchbrochene, in der Mittellinie sich be- rührende, dem Darm- und Schambein vergleichbare Theile; und diese sind nach hinten in einen einfachen keulenförmigen Fortsatz ein- ‚gelenkt, welcher dem Schwanzbein entsprechen würde und solid er- ‚ da an ihm eine Zusammensetzung aus zwei Stücken nicht zu - Zelischr. f. wissensch, Zoologie. VU.Bd. 29 442 erkennen ist; er besteht aus einer eigenthümlichen, das Licht stark brechenden Substanz (Fig. 4 a). An dieses Kiefergerüst sind die dicken und kräftigen Muskeln des Schlundkopfes so befestigt, dass sich an jedem der Vorsprünge ein Muskelbündel ansetzt. Die wesentlichsten Muskeln sind jedoch zwei hintere horizontale, welche an die Stiele der hammer- förmigen Theile sich anheften und diese mit dem freien schwanzähn- lichen Fortsatz des Zwischenkiefers in Verbindung setzen (e mit a). Indem sich diese Muskeln contrahiren, drücken sie die Stiele der Häim- mer an die Spitze des Zwischenkieferfortsatzes an, und dadurch wer- den gleichzeitig’ die Schneiden der Kinnladen von einander entfernt. Als Antagonisten wirken zwei ebenfalls von rechts nach links ver- laufende vordere Muskeln, welche die blasenförmigen Fortsätze der Kinnladen verbinden und bei der Contraction die Zahnschneiden an einander drücken; bei stärkerer Zusammenziebung dieser Muskeln neh- men die Kinnladen eine schiefe Stellung von vorn nach hinten ein, so dass sie mit einander einen Winkel bilden und sich ihr hinterer, ein- daher die Kiefer gleichzeitig wie Schneide- und wie Mahlzähne. Das gewöhnliche Geschäft des Schlundkopfes beruht im wechselseitigen Oel nen und Schliessen des Gebisses (Nähern und Entfernen der Kinnladen), welches von dem abwechselnden Spiel der vordern und hintern Que muskeln abhängt. Die Nahrung wird durch die Mundöffnung in die Mundhöhle getrieben, in die sie erst dann hineingelangt, wenn die Kinnladen aus einander weichen; alsdann wird sie zwischen den Schnei den der Zähne zerrissen und zermalmt,. Ist sie zu gross, um durd die Zahnspalte hindurchzugelangen, so können auch die beiden (hüft beinähnlichen) Hälften des Zwischenkiefers aus einander weichen (verg Fig. 4), indem sie auf dem schwanzförmigen Fortsatz eingelenkt sind) und es wird dadurch die Oefinung des Schlundkopfes sehr erweitert Es schien mir, als ob in die Masse des Schlundkopfes auch drüsig Organe mit deutlichen Zellenkernen, vielleicht Speicheldrüsen einge senkt seien; doch bin ich darüber nicht zur Klarheit gekommen. Dit Mundhöhle ist gewöhnlich vor dem Schlundkopf durch besondere 1 keln geschlossen, die sich nur öffnen, um der Nahrung den Eintri zu gestatten. j im Innern des Schlundkopfes entspringt. Ehrenberg bezeichnet d kolbenförmigen Schwanzfortsatz des Zwischenkiefers als Schlundröhre, was voraussetzen würde, dass derselbe hohl sei und direet in di 443 ) Speiseröhre: tibergehe. Dies ist jedoch ganz unwahrscheinlich, da das optische Verhalten dieses. Stückes vielmehr für seine solide Beschaffen- heit spricht, Ich muss daher annehmen, dass die Speiseröhre zwi- schen den hüftbeinäbnlichen Stücken des Zwischenkiefers hindurch- gehe; so wie die Speiseröhre aus dem Schlundkopf herausgetreten, kennt man sie deutlich als eine kurze und schmale aus diesem her- vorgehende Röhre; die, gewöhnlich zusammengefallen, ‚doch bedeu- der Ausdehnung fähig, alsbald zu einem grossen Magen sich er- ri. Der Magen ist ein Sack von Janger, gerader, birnförmiger Gestalt, dass dem Stiel der Birn der Pylorus, dem entgegengesetzten Ende ie Cardia entspricht; er geht von der Unterseite (Mundöflnung) etwas ief nach oben und läuft längs ‚der Rückenfläche, dieser unmittel- anliegend hin; seine Länge kommt wohl der Hälfte des Thieres eich. Der Magen besteht aus sehr deutlichen und grossen Zellen, sich auf der fnnen- und Äussenfläche kugelig erheben und mit farblosen Kernen ‚versehen sind. Die Zellen, aus denen der gen besteht, sind beim Auskriechen aus dem Ei ebenfalls ganz farb- los, später aber werden sie durch ein braunes körniges Pigment ge- färbt; aus diesem Grunde haben v. Siebold und Leydig diesen Zellen die Function einer Leber zugeschrieben. Bekanntlich hat Ehrenberg die zellige Structur des Magens von der Gegenwart halbmondförmiger, innerer Klappen (Valvulae) abgeleitet, die seitliche ‘kleine Taschen bil- ‚den und als Mägen dienen sollen, daher der ganze Sack undeutlich raubenförmig erschiene. Man erkennt bei genauer Einstellung schon ‚so wie aus der Bewegung des Speisebreies im Magen, dass die- ‚ser auf seiner Innenseite flimmert; Ehrenberg bereits bildet die nach aussen gestlülpte, mit feinen Wimpern besetzte Innenfläche des Magens ab; und auch mir gelang es, den Magen so umzukehren, dass sich die innere Wand nach aussen wendete und ins Wasser reichte; ich sah dann deutlich, dass dieselbe von einem Flimmerepithelium gebildet war, dessen Zellen mit sehr langen Wimpern besetzt sind, während im Innern derselben sich grosse Vacuolen bildeten, die den braun- körnigen Zellinhalt an die Zellwand anpressten (Fig. 3). Die Contrac- onen des Magens beweisen die Gegenwart einer Muskelschicht, die ich jedoch nicht direct unterscheiden konnte; contractile Bänder halten den Magen an der Kücken- und Bauchfläche des Thieres fest. Ehrenberg bezeichnet die Hydatina als «magenlos», indem er den Magen als Darm deutet; doch glaube ich das untere stielförmige, in der Regel nieht mit Speisebrei erfüllte Ende des Magens von diesem selbst durch seine dünne, muskulöse, anscheinend nicht zellige, farblose, doch in- wendig ebenfalls flimmernde Wandung unterscheiden, und letzteres allein als Darm ansprechen zu dürfen, obwohl allerdings sich nicht immer 29° 444 eine scharfe Grenze nachweisen lässt. Abnormer Weise fand ich ein paar Mal bei einer Hydatina den birnförmigen Magen (Fig. 2a) am hivtern Ende durch einen kreisförmigen Muskelring (Sphincter, Pylorus) verschlossen (Fig. 25) und dadurch von dem eigentlichen, hier länger als gewöhnlich erscheinenden Darm geschieden (Fig. 2c). Der Darm führt nach kurzer Strecke in den After oder vielmehr in die Kloake, welche von dem hintern Ende des Rückens in einer Hautspalte nach aussen mündet (Fig. 4 a); Muskeln, die sich von dieser Hautspalte nach der Cuticula ziehen, dienen zum Oeffnen der Kloake. Auf der vordern Fläche des Magens, zu beiden Seiten der Cardia, sind mit flacher Basis zwei grosse farblose Drüsen unmittelbar aufgesetzt, die Magen- drüsen, von Ehrenberg als pankreatische bezeichnet; ‘sie sind von kegelförmiger Gestalt und zeigen eine weisse feinkörnige Substanz, im welcher zwar keine Zellengrenzen, wohl aber zahlreiche Kerne, als grosse, kreislörmige, dichte Körperchen mit wasserhellem Hofe zu er- kennen sind (Fig. I d). Einen Ausführungsgang dieser Drüsen konnte ich zwar nicht direct nachweisen; doch fand ich häufig im Innern derselben in der Gegend der Drüsenbasis, die Anhäufung” einer schwarzkörnigen, anscheinend flüssigen Substanz, wohl eines Drüsensecrets, und im Centrum dieser Substanz eine scharfbegrenzte, told kreisförmige Stelle, vielleicht‘ die bisher übersehene Oefinung der Magenwand, durch welche jenes. Secret ins Innere des Verdauungskanais shgäiehieiiän werden mag. In einzelnen Fällen fand ich die freie Spitze der kegellörmigen Magen- drüsen gespalten, so dass dieselben zweihörnig erschienen, wie sie bei manchen Räderthieren normal gebaut sind. Auch diese Drüsen sind an der Haut durch Muskelfäden oder Bänder befestigt, die sich an ihre Spitze ansetzen und die schon Ehrenberg erwähnt; im Alter erscheinen die Drüsen zusammengefallen. ” Das «Wassergefässsystem» ist bei Hydatina, wie bei allen Rädertbieren durch eine grosse, muskulöse, contractile diekwandige” Blase vertreten, die mit einer wässerigen, farblosen Flüssigkeit ge füllt ist; wenn diese Blase, die Ehrenberg «Samenschneller» nennt sich eöntrahirt, so verengt sie sich so, dass alle Flussigkeit ausge- trieben und die Blase zu einem unregelmässig gewundenen Wulst zu. sammenschrumpft; wenn sie sich ausdebnt und mit Wasser füllt, s stellt sie eine grosse glatte Kugel dar mit dicker, auswendig fein- körniger Haut (Fig, 16). Diese Blase liegt auf der Bauchseite des Thieres unmittelbar an der Haut, und geht in einen Kanal aus, der in die Kloake mündet. Ausserdem entspringen aus dieser Blase zwei lange und dicke, stellenweis etwas aufgeschwollene Röhren von zarter Wan dung, die «Respirationskanäle», die zu beiden Seiten rechts und links von hinten nach vorn verlaufen, aber weit länger sind als das 445 Thier; deshalb schlängeln. sie sich hier und da und verschlingen sich mehrmals zu dichten Röhrenknäueln, aus denen bald der einfache Kanal heraustritt, um sich weiter nach vorn von Neuem zu verschlin- gen (Fig. I cc). Diese Kanäle sind von einer feinkörnigen Schicht um- geben, wie wir sie auch über der contractilen Blase beobachtet haben; bei den Kanälen ist dieselbe an den geschlängelten Stellen als weiter abstehende Hülle deutlich erkennbar; man kann diese Röhren bis hinauf zum Räderorgan: verfolgen, wo sie in einfacher Spitze oder im Knäuel sich frei zu enden und an die Stirnhaut zu heften scheinen. Zu beiden Seiten der Kanäle entspringen auf kurzen Stielen die Zitter- organe, von Cortli als Herzen, von Ehrenberg als Kiemen, zitternde - Valven u. s. w. bezeichnet und zum Circulationssystem gerechnet, wäh- rend die langen Röhren, an denen sie sitzen, von ihm als männliche Fortpflanzungsorgane gedeutet werden; die «Zitterorgane» sind flache, unten spitze, oben breite, von der einen Seite gesehen, dreieckige, "von der andern Seite kurz eylindrisch erscheinende hohle Körperchen, in deren Innern flimmernde Wimpern in der breiten Ansicht sich wie drei bis vier auf einander folgende! Wellen, in der schmalen wie ein sich ‚schlängelnder Faden darstellen; die Flimmerrichtung geht, wie zuerst Leydig beobachtete, «einwärts» nach dem Anheftepunkt des Zitterorgans. : An jedem «Respirationskanal» sind in verschiedener Höhe etwa vier Zitterorgane befestigt, jedoch nicht direct; sondern es eomimunieirt die Höhle ihres Stiels mit einer dünnen Röhre, welche selbst erst in den weiten Respirationskanal mündet, ähnlich, wie Dal- rymple und Leydig es bei Notommata beschrieben haben’ (vergl. Fig. 6 c). Leydig betrachtet die dreieckigen und die cylindrischen. Zitterorgane als verschiedene Bildungen, die nicht zusammen bei einem und dem- n.Thier angebracht seien, sondern auf verschiedene Gattungen sich vertheilt zeigen. Gleichwohl zeichnet Leydig selbst beide Formen i Notommata centrura; ich habe mich auch bei Hydatina überzeugt, s ein und dasselbe Zitterorgan je nach der Lage die eine oder die dere Gestalt zeigte. Ueber die noch immer völlig unklare Func- ion der Zitterorgane und Kanäle vermag ich Niehts zu sagen; dass sie icht männliche Sexualorgane sein können, bedarf keiner besondern rterung, nachdem wir die eigentlichen männlichen Geschlechtsorgane aufgefunden haben. Das Nervensystem ist unzweifelhaft und ersichtlich ebenso reich entwickelt, wie die Muskulatur; nur ist es, wie schon bemerkt, sehr wer, die Fäden desselben von den feinen Muskelbändern zu unter- iden. Das Gentralorgan des Nervensystems ist höchst wahrschein- ich eine grosse halbkugelige Masse, die in der Nähe der Stirn von orn und unten nach hinten und oben frei aufgehängt ist und von hrenberg als Hivnknoten bezeichnet wird (Fig. 4 f). Sehr häufig 446 habe ich auf der einen Seite dieses Körpers im Innern der dichtern feinkörnigen Substanz eine grosse wasserhelle, kreisrunde Blase, an- scheinend eine Vacuole, beobachtet. Vom Hirnknoten laufen nicht nur mehrere Nervenfäden nach vorn wie nach hinten zu dem Schlundkopf, zum Räderorgan und anderen Theilen strahlenartig hinüber; sondern es sind namentlich zwei dicke Fäden von ihm aus nach einer kreis- \ förmigen, scharf umschriebenen, einer Oeflnung scheinbar sehr ähn- lichen Stelle im Kopftheil des Rückens (in der Mitte des Nackens) { ausgespannt, die, vielleicht durch eine zarte Haut verbunden, eine so- genannte Nackenschlinge bilden (Fig. 4 g). Dass diese Nackenschlinge nicht muskulöser Natur ist, ergibt sich daraus, dass sie bei der Con- traction des Thieres sich faltet und krümmt. Nach derselben Stelle im Nacken gehen auch Fäden von anderen Heerden des Nervensystems; diese Stelle selbst ist nach Zhrenberg «Respirationsöffnung»; doch ist sie nach Zeydig, dem ich beistimmen möchte, geschlossen, und viel mehr als ein Sinnesorgan zu betrachten; auf der Aussenseite dieser Stelle beobachtete ich ein starres, nicht flimmerndes Haarbüschel; i werde sie mit dem Namen einer «Borstengrube» belegen. Neben dem grossen Hirnknoten finden sieh noch mehrere’ grosse, kugelige Zellen in der Kopfgegend, die vielleicht ebenfalls Ganglien sind, so wie zwischen ihnen kleine keulenförmige Körperchen; von allen scheinen Fäden auszugehen, die man für Nerven halten kann, ebenso wie einen Theil des Fadennetzes, das man zwischen Schlundkopf, Magen, Magen- drüsen, Eierstock, so ‘wie zwischen den Quermuskeln ausgespann sieht. Tarbige Augen fehlen; doch behauptet Ehrenberg, dass Nerye fäden zu den Stellen hingehen, wo andere Räderthiere die Stirn- ode Nackenaugen tragen; überhaupt gibt Ehrenberg noch ein grosses Detail über den Ursprung und die Vertheilung der Nerven bei Hydatina, auf das ich verweisen muss, da ich noch nieht Alles wiederfinden konnte, Auch seine Angaben über ein complieirtes Gefässsystem in der Hydatina gehören wahrscheinlich hierher, da eigentliche Blutführende Gefässe bei den Räderthieren sicher nicht existiren. Noch erwähne ich, dass auf der Rückenseite im Nacken über der «Respirationsöffnung» eine von dicker Wulst umgebene Vertiefung vorhanden ist, zu der ebenfalls Nerven gehen; nach Ehrenberg findet sich eine zweite Grube auf’ de entgegengesetzten Seite. Die Undurchsichtigkeit des Räderorgans un die grosse Beweglichkeit des Thieres macht es sehr schwer, die Nerve des Kopfes genauer zu untersuchen. Se Es bleibt mir nun noch von den Organen der Hydatina der Eiei stock zur Betrachtung, ein herzförmiger, mit der Spitze nach hinte gerichteter Körper (Fig. 1e—a), der auf der Bauchseite unter d eontractilen Blase und über dem Magen liegt; er ist so nach oben & krümint, dass der Magen in seine concave Fläche sich hineinlegt un 447 von ihr gewissermassen umgeben ist. Der Eierstock ist von einer dünnen durchsichtigen Haut umschlossen, die man in der Regel nur da unterscheiden kann, wo derselbe sich (an der hintern Spitze der Herzform) in einen häutigen Kanal, den Eileiter (Tuba) verlängert, der ebenfalls in die Kloake mündet; doch sieht man sie auch in ziemlich leeren Eierstöcken als weite straffe Blase abstehen, so dass sie wahr- schemlich elastischer Natur ist. Unbefruchtet ist der Eierstock nur klein; dafür ist sein Bau gerade in diesem Stadium am deutlichsten zu erkennen. Er ist erfüllt mit einer feinkörnigen, farblosen Substanz, in welcher homogene, grosse, dunklere Kerne von Y,oo”, umgeben von durchsichtigen, wasserklaren Höfen in grösserer oder geringerer Zahl hervortreten; Ehrenberg bezeichnet die Kerne als Eikeime, in denen der Eikern sich bilde, während um ihn sich ein lichter Ring von Eiweiss lagere; gewöhnlich werden die Kerne, insbesondere auch von Zeydig, als Keimflecke, die lichten Zonen um dieselben als Keimbläschen gedeutet, Die Keimbläschen mit den Keimflecken sind schon im Eierstock des eben aus dem Ei tretenden Embryo zu er- kennen. Ueber ihre Structur gibt folgende Beobachtung nähern Auf- schluss, die ich an einem unreif durch die Kloake ausgepressten Eier- stock gemacht habe (vergl. Fig. 7). So wie das Wasser auf den jetzt frei in ihm liegenden Eierstock zu wirken begann, so erhob sich zu- nächst die durchsichtige Haut desselben und wurde dadurch deutlich als solche erkennbar (Fig. 7 d); den Inhalt des Eierstocks bildete eine Substanz von durchaus körniger Beschaffenheit ohne alle zellige Structur. Hier und da war in dieser Substanz ein lichtes nucleusähnliches Bläs- chen eingebettet; ausserdem lagen in ihr eine grosse Anzahl dunkler, grosser Kerne, die Keimflecke (Fig. 7 a); die lichten Zonen um dieselben (die Keimbläschen) waren anfänglich nur sehr schmal; bei längerer Einwirkung des Wassers aber wurde nicht nur der körnige Inhalt des Eierstocks lichter und durchsichtiger, sondern es wurden auch die wasserklaren Zonen um die Kerne immer grösser und schärfer begrenzt; sie schwollen bis zu Yo” im Durchmesser auf (Fig. 7 b). Nach einiger Zeit war der. Inhalt des Eierstocks durch allmäliche ‚Wasseraufnabme ganz klar und durchsichtig geworden, und nun sah ınan deutlich in dieser hellen Masse eine Anzahl grosser Zellen schwim- men, von: Yo" im Durchmesser, mit scharfer, meist eiförmiger, selte- ner kugeliger Begrenzung, die vorher durch die dunkle Eierstocksubstanz verdeckt war (Fig. 8); auf der Innenseite dieser Zellen war eine trübe, feinkörnige Schicht abgelagert (Fig. 8 c); im Centrum einer jeden dersel- ben befand sich der schon oben erwähnte dunklere Keimfleck (Fig. 8 «), der von einem grossen kreisrunden Tropfen wasserklarer Flüssigkeit rings umgeben war (Fig. 8b); die Masse des Kernes war in der Regel durch Wasseraufnahme und Vacuolenbildung schaumig geworden; nur 448 ein paar Mal glaubte ich in ihr ein besonderes nucleusartiges Bläschen zu erkennen. Es ergibt sich aus dieser Beobachtung, dass in einem sehr frühen Stadium des unbefruchteten Eierstocks, in welchem man anscheinend nichts als Keimbläschen mit den Keimflecken wahrnimmt, in Wirklichkeit bereits die jungen Eier in allen ihren Theilen voll- ständig ausgebildet sind; denn offenbar entsprechen die grossen ei- förmigen Zellen, die wir um die Keimbläschen erblieken, den Eikeimen, die bereits innerhalb ihrer Zellmembran eine Quantität Dotters einge- schlossen haben. Woher es kommt, dass durch Wasseraufnahme sich allmälich die wasserhelle Zone des Keimbläschens so auffallend ver- erössert, ist schwieriger zu entscheiden; man muss entweder annehmen, dass die Membran der Keimbläschen durch Wassereinsaugung bedeutend sich auszudehnen und dadurch die Dottermasse des Eies zusammen- zudrücken vermag, oder dass überhaupt das sogenannte Keimbläschen nur einer kugeligen Wasseransammlung um den Keimfleck entspricht, die sich unter gewissen Umständen durch Endosmose in hohem Grade vergrössert und die Dottersubstanz auf einen dünnen Wandbeleg zu- sammendrängt. Wie dem auch sei, so geschieht die weitere Entwicklung des jun- gen Eies so, dass seine Zellmembran sich ununterbrochen in ungeheurem Verhältniss vergrössert und sich ganz und gar mit Dottersubstanz er- füllt, während die körnige Substanz des Eierstocks, in welcher die Eier ursprünglich weitläufig eingebettet liegen, allmälich verdrängt wird, und das Keimbläschen im Ei zuletzt nur als ein lichter kreisförmiger Raum im dunkeln Dotter ohne deutlichen Keimfleck erkennbar bleibt. Es findet sich im Eierstock in der Regel immer nur ein entwickeltes Ei, und zwar das dem Eileiter am nächsten gelegene; dieses wird jedoch so gross, dass es den Bauch gewaltig auftreibt und die übrigen Eingeweide zusammenpresst. Hat das Ei die Grösse von Ya; — 13 erreicht, so tritt es in den sehr ausdehnbaren Eileiter, durch diesen in die Kloake und dann ins Wasser. Uebrigens ist auch die Eihaut in diesem Stadium noch immer sehr elastisch und biegsam, so dass das Ei beim Heraustreten sich zusammenpresst und seine Gestalt ver- ändert, im Wasser aber sofort seine regelmässige Form wieder an- nimmt. Legt man ein trächtiges Weibchen unter ein Deckgläschen, so bewirkt der Druck in der Regel das Austreten der unreifen Eier durch die Kloake, so wie gleichzeitig das des Speisebreies aus dem Magen; da der Eierstock unter dem Magen liegt, so kann man oft sehen, wie das schon zum Theil in die Kloake 'gepresste Ei durch eine nachfolgende Speisemasse wieder in die Höhle des Eierstocks zurückgedrängt wird. Das Ei hat die Gestalt eines Ellipsoids von Y,, —Yı3"" im'länge Durchmesser, und besitzt eine dünne, papierartige, etwas gelblich ge färbte Schale und einen trüben, körnigen, fast homogenen Inhalt; di } y 3 449 weitere Entwicklung desselben ist schon von Ehrenberg und R. Wagner beobachtet; der Inhalt furcht sich in zwei, drei und mehr Partien und zerfällt endlich in eine grosse Anzahl von Furchungskugeln, aus denen allmälich der vollständig entwickelte Embryo sich herausbildet. Dieser Entwicklungsprocess geht so rasch vor sich, dass man ihn unter dem Mikroskop ununterbrochen verfolgen kann. Etwa fünf Minuten, nach- dem das Ei gelegt war, bemerkte ich schon, dass sich der Inhalt in der Mitte einzuschnüren begann und das Keimbläschen verschwand; eine Viertelstunde später war der Inhalt in zwei, nach einer halben in drei Partien gesondert; in zwei Stunden war er in eine solche Menge von Furchungskugeln zerfallen, dass man sie durchaus nicht mehr zählen konnte; der Dotter schien während dieses Processes in langsamer Rotation begriffen. Ich glaube deutlich beobachtet zu haben, dass die Scheidewand, welche den Dotter halbirt, schief gegen die Achse des Eies gestellt ist, wie dies Reichert bei der Furchung von Strongylus auricularis beobachtet hat (Müller’s Archiv, 1846, Tab. IX); ich erkläre . hieraus mir die Angabe von Leydig, dass sich der Dotter der Räder- thiere in zwei ungleiche Hälften segmentiren' solle, ‘wie es allerdings bei manchen Einfaltungen erscheint, in Wirklichkeit jedoch nicht der Fall ist. Die aus der Vollendung der Furchung entstandene trauben- förmige Zellenkugel faltet sich alsbald in der Mitte ein und organisirt sich ganz und gar zum Embryo, in dem man den Zahnapparat schon fruh erkennt. Ist der Embryo vollständig ausgebildet, so beginnt auch sein Räderorgan innerhalb seiner Schale zu flimmern; bald zerspringt die Eischale in einer Längsspalte, und das junge Thier tritt heraus; die contractile Blase beginnt ihre Thätigkeit zuerst, ehe noch der Zahn- apparat und das Wimperorgan in Bewegung ist; etwa 42 Stunden, nachdem das Ei gelegt, hat der Embryo seine Schale verlassen, und zeigt bis auf den ungefärbten Darmkanal, eine etwas trübe, minder durchsichtige Beschaffenheit der Haut und aller Gewebe, so wie die geringere Grösse genau den Bau und die Gestalt eines erwachsenen Weibchens. Ein geschickter Druck auf das Deckgläschen kann die Entbindung des Embryo aus dem reifen Ei sehr: beschleunigen. Die Vermehrung der Hydatina durch diese Eier ist so stark, ‚dass nach Ehrenberg’s Berechnung aus einem Individuum innerhalb 40 Tagen 4 Million hervorgehen könnte (l. c. pag. 4k). Ausser diesen «Sommereiern» finden wir bei Hydatina noch sogenannte « Winter- oder Dauereier», grosse, sehr dunkle, un- durchsichtige Kugeln, charakterisirt durch ihre dicke Schale, auf der ein dichter Filz, oder wie R. Wagner (Isis, 1832, pag. 386, T. IV) es bezeichnet, ein Pelz feiner kurzer Härchen aufsitzt; ich habe es leider versäumt, von diesen Eiern eine Zeichnung anzufertigen, und da ich auch über ihre Entwicklung nichts Neues zu sagen habe, so begnüge 450 ich mich mit der Erwähnung derselben und bemerke nur, dass diese «Wintereier» zugleich mit den oben geschilderten «Sommereiern » be- reits im April angetroffen werden. Ehrenberg selbst bemerkt bereits, dass zwischen den Hydatina- Eiern sich kleinere, halb so grosse finden, welche durch einen schwarz- körnigen Fleck sich als die der Enteroplea Hydatina bekunden (l. e. pag. 42). Da, wie wir sehen werden, diese Enteroplea Hydatina das Männchen der Hydatina Senta ist, so erklärt sich Ehrenberg’s Beobach- tung aus der einfachen Thatsache, dass die Hydatina Senta verschieden gestaltete Eier, und zwar entweder grössere weibliche (Hydatina Ehr.) oder. kleinere, männliche (Enteroplea Ehr.) Eier legt. Da übrigens bei Hydatina Senta die Eier im unvollkommensten Zustande als einfache Zellen den Mutterleib verlassen, so ist es natürlich sehr schwer, die männlichen Eier schon im Eierstock von unreifen weiblichen zu unter- scheiden, während Dalrymple bei der lebendig gebärenden Notommata auglica, Leydig bei der sich eben so verhaltenden N. Sieboldii die | Männchen in ihrer vollkommensten Gestalt im Eierstock der Weibchen beobachten und dadurch die Zusammengehörigkeit beider Geschlechter mit der vollsten Evidenz nachweisen konnte. Wenn wir uns daher auch leicht von dem männlichen Geschlecht der Enteroplea überzeugen ; können, so begründet sich doch der Beweis dafür, dass sie gerade zu Hydatina Senta gehöre, nur auf das beständige und ausschliessliche Zusammenkommen der beiden Formen, das übereinstimmend von den verschiedensten Beobachtern aus den verschiedensten Localitäten be- richtet wird, auf die directe Beobachtung des Begattungsactes, endlich auf die Analogie der Gestalt und des Baues, die ich jetzt näher ins Auge fassen will. Die Männchen von Hydatina Senta Ehr. (Enteroplea Hydatina Zhr.) Die Gestalt der Männchen gleicht ganz und gar den weiblichen Hydatinen; nur sind sie etwa um die Hälfte kleiner und der Körper ist mehr platt zusammengefallen und conisch, da ihm die massigen Eingeweide, namentlich der Eierstock fehlen (Figg. 10, 44). Der vordere Stirnrand ist hier flach und trägt ebenfalls ringsum einen ununter- brochenen Saum langer Wimpern; yon der Scheibe der Stirn erheben auf halbkugeligen Polstern (acht Muskelbeuteln nach Ehrenberg) sich besondere Wimperbüschel (nach Ehrenberg zu je fünf Wimpern), welche gewissermaassen einen innern Kern bilden. Die schief trichterförmig! Einsenkung des Räderorgans zur Mundöffnung, die das Weibchen ch rakterisirt, fehlt dem Männchen. er 451 Dagegen finden wir am hintern Ende seines Körpers die beiden dreieckigen zehenartigen Aussackungen wieder, von denen, wie beim Weibchen, zwei anscheinend drüsenartige, nach Ehrenberg muskulöse, kolbige Körper ausgehen (Fig. 11 d). Eine grosse Zahl von Querringen, welche die Cuticula umspannen, entsprechen den fadenförmigen Quer- muskeln, und bewirken die Verengerung des Körpers; Ehrenberg zählt 40— 44 solcher parallelen Ringe, die er als Cirkelkanäle des Bluteireulationssystems bezeichnet. Ebenso lassen sich, vom Kopfe aus nach der Mitte des Leibes gehend, vier bandförmige Längsmuskeln sehr deutlich verfolgen; mehrere andere Muskeln führen von dem Bauche zum Fusse und bewirken entsprechende Contractionen; häufig sieht man auf den sonst ganz glatten Muskeln, namentlich in der Jugend, die Kerne aufsitzen (Fig. 44); Ehrenberg zählt einen Rücken-, zwei Bauch- und zwei Seitenmuskeln. Wir bemerken am Kopf die kleinen eylindrischen und die grossen kugeligen, 'kernhaltigen Massen, die nach Ehrenberg zum Theil als Muskelballen für das Räderorgan, von Leydig als Zellen, die in die granulöse Hautschicht eingebettet seien, gedeutet werden; namentlich finden wir hier wieder den grossen, kugeligen, dunklen «Hirnknoten» (Fig. 44 f), von dem zwei dicke Nervenfüden schief nach hinten und oben zu einer umschriebenen Stelle auf der Rückenseite der Borstengrube, Ehrenberg’s «Respirations- öffnung» (Fig. 419), welche ein Wimperbüschel trägt, verlaufen und so eine Art Nervenschlinge bilden. Dwjardin bezeichnet diese Grube als «globule incolore» und findet keinen genügenden Grund, um die- selbe als Auge zu deuten, und die zu ihr führenden Fäden zum Nerven- system zu zählen. In der That möchten wir hier schwerlich ein Ana- logon des Auges finden, da ihm nicht nur das Pigment fehlt, sondern auch das ganze Gebilde, wie Dalrymple und Leydig bemerkien, den «Respirationsröhren » anderer Räderthiere offenbar entspricht. Obwohl nun den männlichen, wie den weiblichen Thieren der Hydatina das Auge fehlt, so scheinen sie doch zu sehen, da sie nicht nur ihre Nah- rung zu erhaschen, sondern sich auch bei der Begattung ebenso gut zu finden wissen, wie die mit rothem Augenfleck begabten Arten. Auch die contractile Blase (Fig. 44 5) und die von ihr ausgehenden, stellenweis zu Knäueln verwirrten «Respirationskanäle» lassen sich bei Männchen leicht nachweisen, ebenso wie die an ihnen befestigten vier Paar Zitterorgane; nur sind alle diese Bildungen kleiner als beim Weibchen (Fig. 10). Die contractile Blase mündet vor den Fuss- zehen auf der Rückenseite, wahrscheinlich in die gleich zu erwähnende Geschlechtsöffnung. Das Einzige, was die weibliche von der männlichen Hydatina unterscheidet, ist der Verdauungskanal. Dieser fehlt nämlich dem männlichen Tbier (der Enteroplea) ganz und gar und in allen 452 seinen Theilen. Zwar gibt Ehrenberg eine genaue Beschreibung und Abbildung von ihm; derselbe beginne hinter der Mundöflaung mit einem zahnlosen Schlundkopf, dem. ein langer, in der Mitte von einem strah- ligen efäss-) Fadenkranz umgebener Schlund folge; ein conischer, hinten’ plötzlich sehr abnehmender, vorn mit zwei ohrenartigen, pan- kreatischen Drüsen versehener Darm ende da, wo die inneren Fuss- muskeln anfangen» (l. c. pag. 44). Aber von alle Dem ist: nichts vorhanden: weder Mund noch Schlundkopf, weder Speiseröhre noch Darın, weder der Gefässkranz noch die Magendrüsen existiren, nicht einmal die zelligen Kudimente derselben habe ich auffinden können, die Dalrymple und Leydig erwähnen, und es werden die so speeiellen Beschreibungen nicht vorhandener Organe nur dadurch erklärlich, dass Ehrenberg, der von einem darmlosen Räderthier. nichts ahnte, das männliche Geschlechtssystem als Darm .missdeutete und das übrige De- tail der Consequenz halber ergänzte. Da die Enteroplea keinen Mund besitzt, so kann sie auch nicht fressen, und ich habe daher auch niemals in ihr feste oder farbige Nahrungsmasse gefunden; wenn Ehrenberg den angeblichen Darmkanal seiner Enteroplea ‚grün zeichnet, so möchte ich doch nicht glauben, dass derselbe wirklich eine solche Färbung im Innern seiner Exemplare und also eine Aufnahme von grüner Nahrung beobachtet habe; es scheint vielmehr ‚Ehrenberg im Allgemeinen den Darm grün colorirt zu haben, auch wo er keine Färbung direct notirte, um ihn von. den übrigen Organen auf ‚den ersten Blick schematisch zu unterscheiden. Dass der Körper der männlichen Hydatina in seinem mittlern Theil mit Ausnahme der Muskel- und Nervenfäden ganz leer ist, das be- weist sein zusammengefallenes, dichtfaltiges, ganz. transparentes ‚Aus- sehen, und wenn man eine Schaar von Hydatinen mit der Lupe unter sehr schwacher Vergrösserung auf dunklen Grunde beobachtet, so er- scheinen die Männchen wie zwei weisse, weit von einander abstehende Punkte, die dem Räderorgan und den Geschlechtsorganen entsprechen, während der durchsichtige, inhaltsleere Körper dazwischen nicbt wahr- nehmbar ist; dagegen kann man die Weibchen durch ihre gleichmässig weisse Farbe, von der das grosse glänzende Ei sich noch hervorhebt, leicht unterscheiden. Wenn daher Ehrenberg der männlichen Hydatina den Namen der Enteroplea « wegen der Fülle der sichtbaren Organe » gegeben und ihn auch deutsch mit «Organenfischehen » übersetzt, so müssen wir gestehen, dass dieselbe diesen Namen nur wie lucus 4 non lucendo führen könne, Nur die Geschlechtsorgane sind in dem Männchen entwickelt; sie befinden sich in der Nähe des Fusses an derselben Stelle, wo bei dem Weibchen der Eierstock liegt, und bestehen aus einem grossen Hoden- sack von eilörmiger Gestalt, etwa Yo” lang und halb so breit, mit 453 sehr dicken, muskulösen Wänden, der mit Hülfe breiter, contractiler Bänder an die Haut’ befestigt ist (Fig. 14 e). An die Rückenwand ist der Hodensack durch vier Stränge angeheftet, durch welche: derselbe gewissermaassen geflügelt erscheint; ein langes und breites Bant!‘ immt seinen Ursprung 'von der vordern Spitze des Hodens und läutı“ quer durch die Leibeshöhle nach der: Stirngegend hin. Dieser Suspensor testis ist es, welcher von Ehrenberg als Darmkanal gezeichnet worden ist. ‘Derselbe hat jedoch durchaus keine Höhlung, sondern besteht aus einer feinkörnigen Substanz, in welcher wasserhelle Vacuolen hervor- treten; mitunter erscheint dieses Band gleichsam: schaumig durch die Menge der Vaeuolen. Die Bestimmung ‘desselben, wie der Seiten- bänder, ist offenbar, den Hoden frei schwebend in’ der Körperhöhle zu erhalten, während bei dem Weibchen, wo die Eingeweide durch ihren gegenseitigen Druck sich in ihrer Lage erhalten, eine solche Entwick- lung der Muskelbänder überflüssig ist. Am hintern Ende zeigt der Hoden eine dichte, parallele Längsstreifung, welche auch Dujardin beobachtet und abgebildet, und von den Stielen der bald zu erwäh- nenden körnigen Organe abgeleitet hat; .Leydig deutet sie als Sperma- tozoidenmassen; ich erkläre sie, jedoch durch die eigenthümliche An- ordnung der Muskelfasern, wie dies auch Dalrymple gethan. Am hintern Ende ist der Hoden von einer engen Oeflnung durchbohrt, die in die Höhle eines eigenthümlichen Organs, des Penis, führt: (Fig. 141 c—a). Der Penis ist eine dicke, steife Röhre, bis Y,,” lang; er.ist als eine Verlängerung der Cuticula zu betrachten, welche. durch eigenthümliche Muskeln in eine eingestülpte Falte. desselben‘ zurückgezogen werden kann (Fig. 12b—d). Daher bemerkt man gewöhnlich den Penis gar nicht, und nur durch starken Druck gelingt es, denselben hervorzu- pressen. Inwendig ist der Penis von einem weiten Kanale durchbohrt, dessen Fläche, namentlich aber der äussere Rand des Penis, deutlich Nimmert; die Oeffnung des Hoden mündet unmittelbar‘ in die Höhle des Penis; eben dahin wahrscheinlich auch die contractile Blase. Die Stelle, wo der Hoden in: den Penis übergeht, ist ringsum mit einem nierenförmigen drüsenartigen Körper umgeben, wie ihn Leydig auch bei Notommata Sieboldii gefunden und mit der Prostata verglichen hat (Fig. 125). Die Qimmernde Höhle des Penis ist übrigens bereits von Ehrenberg angezeigt, der «über der contractilen Blase an der Fuss- wurzel ein zitterndes, auffallend grosses, einer Kieme vergleichbares Organ» erwähnt, so wie vou Dujardin, der von einem «organe cilie entre les muscles de la queue» spricht und es getreu abbildet. Der Inhalt des Hodensacks ist anfänglich eine dunkle, grosskörnige Substanz, die bald eine Absonderung in kleine Kugeln zeigt; statt dieser finden wir endlich die Höhle des Sacks vollgestopft mit zahllosen, mehr länglichen Körperchen; bei der Reife des Samens fangen dieselben, die 454 Spermatozoiden, an sich im Hoden zu bewegen, und zeigen bald jenes chaotische, gleichsam siedende Durcheinanderwimmeln, das die Bewegungen dieser Samenelemente charakterisirt; ist durch mehrfache Ejaculationen ein Theil der Spermatozoiden bereits entleert und dem Rest ein grösserer Spielraum gelassen, so werden die Bewegungen im Innern des Hodens um so lebhafter und mannigfaltiger. Die Sperma- tozoiden der Hydatina sind verhältnissmässig sehr gross; sie bestehen aus einem dickern, Ygoo— "oo" langen, meist bogenförmig gekrümm- ten oder geschlängelten Theile, der in ein langes dünneres, flimmern- des Ende ausgeht; übrigens variürt Form und Grösse derselben nicht wenig (Fig. 13). Wenn man ein Männchen mit reifen, in Bewegung begriffenen Samenelementen durch das Deckglas stark presst, so ge- lingt es, den Widerstand der Muskelfasern zu überwinden, welche die Oeffnung der Samenblase schliessen und die Spermatozoiden durch den ausgestreckten Penis ins Wasser herauszudrücken; aber sie setzen hier ihre Bewegung nicht fort, sondern schwellen alsbald zu bläschen- förmigen Kugeln auf, indem sie ersichtlich durch das Wasser verändert und getödtet werden. Dagegen gelang es mir einmal, durch den Druck den Hoden selbst zu sprengen, so dass die Spermatozoiden in die leere Bauchhöhle des Männchens traten und sich dort lebhaft umber- tummelten; doch ist immer in solchen Verhältnissen das scharfe Sehen getrübt, und ich wage daher nicht mit voller Bestimmtheit zu be- haupten, ob das flimmernde Ende der Spermatozoiden einem schwanz- ähnlichen Faden entspricht, wie Dalrymple ihn zeichnet, oder einer Flimmermembran, wie Leydig sie abbildet. Mitunter findet man Männ- chen mit fast ganz entleertem collabirten, aber doch durch die elasti- sche Wand noch steif erhaltenen Hoden; an diesen lässt sich die Structur desselben am deutlichsten erkennen. Ich habe mir Mühe gegeben, den Act der Begattung zu beobachten und deshalb das mit Hydatinen beider Geschlechter erfüllte Wasser in Uhrgläschen mit der Lupe untersucht. Bei solchen Beobachtungen, wo man das ganze Thun und Treiben dieser mikroskopischen Welt mit überraschender Vollständigkeit vor Augen hat, ist es auch nicht schwer, die Männchen zu beobachten, wie sie sich an die Weibchen drängen, die- selben umschwärmen, sich an sie anlegen, meist aber von diesen durch das furchtbare Gebiss bewafineten Thieren wieder zurückgeschreckt werden. Ich sah selbst, wie ein solches Männchen von dem wider- spänstigen Weibchen in die Strudel seines Wirbelorgans gerissen und in die Mundspalte hinabgezogen, jedoch bald wieder von einer Gegen- strömung unbeschädigt herausgestossen wurde. Doch beobachtete ich ein paar Mal auch ein Männchen, das mit dem Fusse sich an ein Weibchen anheftete und in Verbindung mit ihm unter beständi- gem Rotiren und Umherdrehen eine Zeit lang durch das Wasser 455 schwamm #). Leider ist es unmöglich, ‘solche Beobachtungen unter einer starken Vergrösserung zu machen, während die schwache Lupe es zweifelhaft lässt, auf welche Weise der Act der Begattung voll- zogen wird. Da die Samenthierchen im Wasser absterben, so ist es unumgänglich, dass der Penis des Männchens unmittelbar in eine Oefl- nung des Weibchens eingeführt wird, und es liegt die Vermuthung am nächsten, dass die Kloake, in welche der Eierstock mündet, auch den Samen aufnimmt. Dennoch macht es eine andere Beobachtung wahr- scheinlich, dass der Penis nicht in die Kloake, sondern in eine andere, noch unbekannte Oeffnung eingeführt werde. Es ist nämlich leicht, den befruchteten Weibchen die Spermatozoiden frei in der Bauchhöhle sich umhertummeln zu sehen. Sie bewegen sich in ihrer charakteristischen Gestalt zwischen den Eingeweiden, und man sieht sie bald zwischen den Zehen sich dahin schlängeln, dann wieder um den Darmkanal sich wälzen, bis zum Kopfe heraufsteigen und wie- der zur contractilen Blase hinabschwimmen u. s. f. In manchem Weib- chen konnte ich über ein Dutzend Spermatozoiden in allen Theilen der Leibeshöhle sich dahin bewegen sehen; ich hatte selbst das Vergnügen, dergleichen Thiere, wie auch den grössten Theil der übrigen in diesem Aufsatze entwickelten Beobachtungen, Herrn Prof. v. Siebold bei seinem Besuche in Breslau demonstriren zu können. Es beweist diese Beob- achtung zugleich, dass die Flüssigkeit, welche den Leib erfüllt, ob- wohl wasserhell, doch gesättigter und chemisch anders beschaffen sein muss, als reines Wasser, in welchem, wie schon bemerkt, die Sper- matozoiden sofort absterben, während ich sie im Leibe des Weibchens stundenlang umherschwimmen sah; wir sind daher wohl berechtigt, die Leibesflüssigkeit für das, allerdings nicht in Gefässen eingeschlossene Blut dieser Thiere zu erklären. Da die Spermatozoiden frei in der Leibeshöhle der Weibchen cir- euliren, so ist es wahrscheinlich, dass dieselben nicht durch die Kloake, die, so viel bekannt, überall nur in geschlossene Eingeweide führt, sondern durch eine besondere, bisher übersehene Spalte in die Guti- eula eingeführt sind; in der That schien es mir, als ob das Männchen bei der Begattung den Penis nicht in der Nähe des Fusses, sondern ’ Ich kann nicht umhin zu bemerken, dass, wenn auch die Verbindung der Hydatinen und Enteropleen ohne Zweifel den Begattungsact bezeichnet, doch nicht im Allgemeinen das Aneinanderheften zweier Räderthiere so gedeutet werden darf. Es ist sehr häufig, dass zwei Räderthiere von derselben oder von verschiedener Art an einander kleben, bald mit dem Rücken, bald mit dem Bauche, bald mit dem Fusse, und lange Zeit mit einander umher- schwimmen; ich habe dies namentlich bei Diglenen, Coluren, Lepadellen beobachtet, ohne dass dies mit dem Fortpflanzungsprocess in Beziehung stünde, 456 höher am Halse einsenkte; doch gelang es mir trotz meines Suchens nicht, eine wirkliche Geschlechtsöffnung im Weibchen aufzufinden. Die Borstengrube der «Respirationsöffnung» im Nacken, zu der die Nerven- fäden des Hirnknotens führen, ist geschlossen, ebenso wahrscheinlich auch die umschriebene Grube, die ich oberhalb. derselben angezeigt habe (Fig. I h). Dennoch wäre es wohl möglich, dass eine solche für gewöhnlich durch eine Falte geschlossene Oeffnung in der Haut der Hydatina verborgen sei, und ich vermuthe selbst, dass allgemein die Begattungsöffnung bei den Räderthieren unmittelbar in ‚die Bauchhöhle führt; 'denn dass die Spermatozoiden bei dieser Classe in der. Regel sich frei im Körper bewegen, dafür sprechen mehrere ältere, wenn auch nur fragmentarische Angaben. Ehrenberg behauptet zwar, dass er«bei Hydatina Senta weder Epizoen noch Entozoen gesehen, doch bemerkt er selbst an einer andern Stelle, dass er zuweilen bei (kran- ken?) Thieren fremde Körper frei im Wasser der Bauchhöhle fluctuiren sah (l. e. pag. 410), die wohl nichts: Anderes als Samenthierchen ge- wesen sein können. Dasselbe ist wohl auch. mit den beweglichen, kleinen, «vorn wirbelnden Monaden oder wahren Entozoen» der Fall, die er in einem lebenden Brachionus Mülleri in grosser Anzahl beob- achtet und abgebildet hat. Nach Leydig’s Bemerkung scheinen von Ehrenberg auch in der Leibeshöhle von Conochilus zwei, alsdann freilich riesige Samenfäden abgebildet; Leydig selbst, so wie Huxley zeichnen ein Spermatozoon frei im Leibe der Lacinularia socialis; und in ganz gleicher Weise fand Kölliker die Spermatozoiden der Megalotriocha albo- flavicans. Alle diese Angaben weisen darauf hin, dass der Same un- mittelbar in die Leibeshöhle der Räderthierweibchen gebracht wird. ‘Für die jetzt, schwebende Frage über das Eintreten der Sperma- tozoiden in die Eier dürften wohl wenig Thiere ein so günstiges Ob- ject abgeben, als gerade die grossen Räderthiere (Hydatina, Notommata). Die vollständige Durchsichtigkeit ihres Körpers gestattet nicht nur eine genaue Untersuchung ihrer Anatomie ohne Verletzung derselben, son- dern auch eine leichte Beobachtung der Samenfäden in ‚allen ihren Bewegungen. Ich habe selbst zwar kein befriedigendes Resultat von meinen auf diesen Zweck gerichteten Untersuchungen erlangt; doch lag dies zum grössten Theil daran, dass ich mit dem anatomischen Detail der Hydatinen noch. nicht genug vertraut war, als ich die be- fruchteten Weibchen in Massen zu Gebote hatte; später fehlte es mir wieder an Material. Hoffentlich ist einem Andern später ein glück- licher Erfolg vorbehalten. Unsere obige Darstellung hat die wesentliche Uebereinstimmung der männlichen Hydatinen mit den Männchen von Notommata anglica und Sieboldii hervorgehoben; mit der erstern haben unsere Enteropleen | noch das gemein, dass sie in der Gestalt ganz und gar den Weibchen ?) 457 gleichen. Wie bei den von Dalrymple und Leydig beobachteten For- men, fehlt den Hydatinenmännchen der ganze Verdauungskanal, so wie der Eierstock, obwohl Ehrenberg selbst dieses letztere Organ als «länglich» beschreibt. Dagegen besitzen dieselben noch einen eigen- thümlichen Körper, der den Notommatamännchen fehlt und den Ehren- berg als ein «körniges, dunkles, in seiner Function unklares Organ » beschreibt; es ist dasselbe, das Dujardin in Verbindung mit der Längs- streifung am Ende des Hodens als «quatre touffes des gramules pedi- celles» darstellt. Ich finde zwei, Y4so—Yıoo” grosse, halbkugelige Blasen, welche neben einander unmittelbar auf der Wand des Hoden- sacks, nicht weit von der Stelle, wo der Penis beginnt, aufsitzen und mit einer grossen Anzahl kugeliger, an sich farbloser, ihrer geringen Durehsichtigkeit halber aber schwärzlich erscheinender Körner erfüllt sind; die Zahl, Grösse und Gestalt dieser Körner ist. sehr verschieden (Fig. 12 c, Fig. 1%). Sie gleichen etwas den Fettkörnchen; doch brechen sie das Licht nicht so stark; gegen Reagentien sind Sie sehr indiffe- rent; auch sah ich einen dünnen Faden zu den Blasen hinübertreten (Fig. 14). Leydig, der diese Gebilde bei einigen anderen Räderthieren beobachtete, bezeichnet die Körnchen als «Harnconcremente» und be- trachtet den hellen Raum (die Blase), welcher dieselben umschliesst, als das Lumen des Enddarms oder der Kloake. Er denkt sich das Verhältniss so, als geschehe die Ansammlung des Harns, wie bei den Insecten mit vollkommener Metamorphose während des Puppenschlafs, im Dickdarm und werde später mit einem Male ausgeleert; auch gibt er an, dass er direet die Contractilität der Blase und das Ausstossen der «Harneonceremente» bei einer jungen Floscularia beobachtet habe. Das eigentliche secernirende Organ, oder die Niere, sucht Leydig in Zellen, die der Darmwand anliegen und etwas knopfförmig vorspringen, und stützt diese Vermuthung auf eine vermeintliche Analogie mit Cy- elops, so wie auf die Zeichnungen, die Ehrenberg von dem dunkeln Körper bei Enteroplea und Notommata granularis gibt. Da sich diese Organe angeblich nur bei jungen Exemplaren finden, so ist Leydig geneigt, dieselben als «Primordialniere» auszulegen (LZeydig, 1. e. pag. 92). Es fällt diese ganze Hypothese mit dem Nachweise, dass bei En- teroplea und, wie wir später sehen werden, auch bei N. granularis, die Blase mit den dunkeln Körnern durchaus in keiner Verbindung mit dem Darme steht, noch stehen kann, da überhaupt kein Darm vorhanden ist, dass sie vielmehr, wie ich ganz zweifellos nachweisen konnte, auf der äussern Wand des Hodens festgewachsen ist. Die Ehrenberg'schen Zeichnungen der beiden oben erwähnten Arten, auf die Leydig sich stützt, sind im Gegentheil in vollständiger Ueberein- stimmung mit meinen Beobachtungen, da der Körper, den Ehrenbergq Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Ra, 30 458 als Darm auffasst, in Wirklichkeit der Hoden ist. ' Es kann daher auch nicht‘ von den «Nierenzellen» die Rede sein, die Leydig zu seiner Hy- | pothese bedarf. Dagegen besitzen die mit einem sehr ausgebildeten Darmkanal versehenen, einem lebendigen ‚Stoffwechsel unterworfenen Weibchen nie und zu keiner Zeit ihrer Entwicklung eine solche «Harm- exeretion». Alles dies spricht sehr wenig zu Gunsten der Leydig’schen Ansicht; es fragt sich sogar, ob überbaupt in einem Organismus, dem | der Ernährungsapparat fehlt, die Existenz einer Niere wahrscheinlich oder nur möglich ist. Eine Entleerung der Körner nach. aussen, wie “ sie Leydig beschreibt, findet bei Euteroplea gewiss nicht statt, da ich dieselben in allen Exemplaren des verschiedensten Alters antraf, auch kein Zusammenhang der Blase mit der Aussenwelt vorhanden scheint. Unter solchen Umständen möchte die Ansicht von Weisse, als seien lie Körner ein Rest ‚unverbrauchter Dottermasse, eine grössere Be- rücksichtigung beanspruchen, um so mehr, da ja die mundlosen Männ- chen während ihres ganzen Lebens keine Nahrung zu sich nehmen, und die in einer innern Blase, wie bei jungen Fischen, eingeschlossene 7 Dottersubstanz während dieser Zeit zu ihrer Erhaltung eonsumirt wer- den könnte. Hiermit würde auch die Thatsache in Einklang stehen, dass die Weibchen, die in ihrer Ernährung auf fremde Stoffe ange- wiesen sind, eines solchen «Dottersacks» entbehren. Bemerkenswerth ist es überhaupt, dass unter den wenigen Räderthieren, bei’ denen - man dieses Organ beobachtet, drei erwiesener Maassen Männchen sind, von denen zwei, wahrscheinlich alle drei weder Mund ‚noch‘ Magen besitzen, während bei den dazu gehörigen Weibchen die Blase feblt. ” Ausserdem wird dieses Organ noch den Jungen von Lacinularia, Microcodon, Stephanoceros und Floseularia zugeschrieben; von einem Theile dieser Formen ist es mir ihrer abweichenden Gestalt wegen ebenfalls sehr wahrscheinlich, dass dieselben vielmehr Männchen und nur ihrer geringen ‚Grösse halber für die «Jungen» gehalten wor- den seien; bei Mierocodon vermuthet Leydig es selbst. Gegen, die Dotternatur dieses Organes spricht allein die Thatsache, dass dasselbe 7 scheinbar unverändert ‚und unvermindert vom Eizustand an. während 7 des ganzen Lebens sich erhält. Man könnte auch nach der Lage und dem Vorkommen der Körnerblase vermuthen, dass sie mit’ den männ- lichen Geschlechtsorganen in irgend welcher Verbindung stünde. Doch’ wird allerdings bei den so genau untersuchten Männchen der Notom-"f mata. anglica und Sieboldii von diesem Organe keine Erwähnung ge- than, man wollte denn die «drei kleinen, ovalen Körper», die Dal- rymple für Rudimente des Darms hält, und die entsprechenden, ‚von? Leydig beschriebenen «unregelmässigen Zellenhaufen» als Analoga des-f selben ansehen; doch lagen diese Gebilde frei oder durch Bänder be=’f festigt in der Leibeshöhle ohne Zusammenhang mit ‚dem‘ Hoden. Ich’ 459 muss daher noch immer ‚mit Ehrenberg die mit Körnern erfüllten Blasen als «ein in seinen Functionen unklares Organ» hinstellen und glaube nur das eine mit grösserer Bestimmtheit behaupten zu können, dass dasselbe keine «Primordialniere» vorstelle. Schliesslich bemerke ich noch, dass in der Mitte des April, wo ich zuerst das Wasser mit den Hydatinen auffand, die Zahl der Männ- chen zwar: geringer als die der Weibchen war, aber doch in. jedem Tropfen sich mehrere auffinden liessen. Aber schon nach wenig Tagen verringerte sich ihre Menge, so zwar, dass ich von Ende April an kaum noch ein einziges Männchen aufland, während die Weibchen zwar spärlicher, aber doch immerhin nicht selten anzutreffen waren. Uebri- gens fuhren dieselben fort, gewöhnliche Sommereier zu legen, aus denen ich normale Junge von der Gestalt der Weibchen ausschlüpfen sah. Ob diese Generationen vielleicht ohne Befruchtung sich ent- wickelten, will ich hier noch nicht untersuchen, ebenso wenig, ob sich nicht durch den Process ihrer Bildung die « Winter- oder Dauer- eier» von den «Sommereiern» unterscheiden; dass erstere etwa von unbefruchteten, letztere von befruchteten Weibchen abstainmten, wie ich zuerst vermuthete, halte ich jetzt für ganz unwahrscheinlich, da viel- mehr die Wintereier sich nur zu der Zeit bildeten, wo die Männchen in grösster Masse das Wasser durchschwärmten. Wahrscheinlicher Weise sind gerade umgekehrt die « Wintereier» Product der geschlechtlichen Befruchtung, während die «Sommereier» auch ohne die Mitwirkung der Männchen zur Entwicklung kommen; ich komme darauf am Schluss nochmals zurück. Dass sich die Männchen und mit ihnen auch die «Wintereier» im Herbst wieder finden, habe ich schon oben bemerkt; einzelne Exemplare finden sich übrigens auch noch im Juli. I. Brachionus urceolaris. (Hierzu Taf. XXIV, Fig. 1— 14.) Die Weibchen. - Während Hydatina Senta im Allgemeinen das frische Wasser der Früblingsmonate zu massenhafter Entwicklung liebt, scheint dem Bra- chionus urceolaris mehr das zersetzte und getrübte Wasser, wie die Cultur es bietet, zu seiner Vermehrung zuzusagen. Ende April und Anfang Mai fand ich dieses Räderthier in denselben Gelässen in der- selben ungeheuren Vermehrung, wie einige Tage vorber die inzwischen fast. verschwundene Ilydatina, Ich beginne auch hier mit der Beschrei- bung der Weibeben,, die bei. Ehrenberg: allein als Brachionus urceolaris aufgeführt werden. 230 * 460 Der Brachionus urceolaris (Taf. XXIV), eines der gemeinsten ge- panzerten Räderthiere, ist von Hydatina vorzugsweise durch die Entwicklung seiner Haut charakterisirt, von der der mittlere Rumpf- theil zu einer starren Schale erhärtet ist, während Kopf und Fuss die gewöhnliche Weichheit der Räderthiereuticula behalten haben. Abge- sehen von der Haut, ist jedoch Brachionus in allen wesentlichen Stücken mit Hydatina sehr innig verwandt, während die Gattungen Rotifer und Philodina, denen sie Ehrenberg nähert, nach einem ganz andern Typus gebaut sind. Die Schale des Brachionus, die bereits Ehrenberg mit der Schildkrötenschale vergleicht, besteht, wie diese, aus zwei kreis- förmigen Platten, die in ihrer Peripherie vollständig mit einander ver- wachsen sind; von diesen ist die untere Brustplatte flach, die obere Rückenplatte dagegen halbkugelig gewölbt, und es bleibt daher zwi- schen beiden ein Raum, in dem die Eingeweide liegen. Am vordern Ende fehlt von beiden Platten ein grosser Kreisabschnitt, und die da- durch entstandene Oeflnung ist es, durch welche die weiche Cuticula des Kopftheils aus der Schale heraustritt. Der ausgeschnittene Rand der beiden Platten ist gezackt, und zwar die Bauchplatte anders als die Rückenplatte. An der letztern bemerken wir in der Mitte einen tiefen Ausschnitt, zu dessen beiden Seiten sich zwei lange Spitzen erheben, an die sich beiderseits zwei kleinere, durch abgerundete Thäler getrennte, zabnartige Spitzen anschliessen (Figg. 3, 4). An der Bauchplatte finden wir ebenfalls in der Mitte eine flache Aus- randung, von der sich in sanfter, kaum merklich ausgeschweifter Bogenlinie der Rand nach den Endzähnen der Rückenplatte hinabzieht (Fig. 4). Am hintern Theile ist die gewölbte Rückenplatte plötzlich und scharf umgebrochen, so dass sie sich auf die flache Bauchplatte hinabzieht; beide Platten sind an der dem vordern Ausschnitt entgegen- gesetzten Stelle ebenfalls ausgeschnitten, um den Fuss hindurchtreten zu lassen, jedoch hier in viel geringerem Maasse als am Kopfende; der hintere Ausschnitt der Bauchplatte ist grösser und stellt einen Halb- kreis dar (Fig. 1), der der Rückenplatte ist weit kleiner und viereckig (Figg. 3, 4); am Rande, wo die beiden Platten sich berühren, sind sie in kurze Spitzen ausgezogen. Von oben betrachtet, sieht man eine dunkle Linie gleich einer Sehne quer durch die kreisförmige Rücken- plaite im dritten Viertel derselben durchgehen (Fig. k); diese ent- spricht der Umbiegung zur Bauchplatte; noch deutlicher erkennt ınan dieses Verhältniss, wenn man den Brachionus von der Seite betrachtet (Fig. 2). Zwei ähnliche Linien, die von den mittleren Zähnen des vordern Randes der Rückenplatte nach hinten zu den Enden der Sehne sich hinabziehen, bekunden, dass auch nach den Seiten hin die Rücken- platte nicht in allmälicher Abflachung, sondern in scharfer Umbiegung an die Bauchplatte stösst (Fig. 4). Der Querdurchmesser der Schale 461 beträgt in ausgewachsenen Exemplaren Ya4— ao”, der Längsdurch- messer Y,— Ya”, die Breite der Oeffnung für den Kopf Y,— Yo”, der für den Fuss Y,»;, — "0". Abgesehen von diesen Biegungen der Schale ist dieselbe völlig farblos und durchsichtig, wenn auch in min- derem Grade als die Cutieula der Hydatina; auch ist sie ganz glatt und ohne alle Warzen und Unebenheiten. Wir haben die Schale des Brachionus nur als eine verhärtete Cu- ticula betrachtet; in der That setzt sich dieselbe nach vorn und hinten als weichere elastische Haut in Kopf und Fuss fort. Und zwar ent- ‚springen diese dünneren Theile innerhalb der Schaie an ihrer Innen- seite, so dass die ausgezackten Ränder über ihre Anheftungslinie hin- wegragen und Kopf und Fuss völlig in die Schale zurückgezogen werden können. Doch bilden Kopf, Schale und Fuss stets ein zusammen- hängendes, untrennbares Ganze, und auch nach dem Tode bleiben alle drei Theile zusammen, nur wird die zartere Membran der Kopf- und Fusstheile eher zerstört, als der Panzer des Rumpfs. Fügt man einen Tropfen Aetzkali zu einem Brachionus, so zieht sich der Fuss plötzlich zusammen, streckt sich aber, nachdem die Muskeln sich gelöst haben, wieder aus, ebenso die Cuticula des Kopfes, ohne sich aufzulösen. Das Kopfende hat in ausgestrecktem Zustande eylindrische Gestalt, beugt sich jedoch am vordern Rande glockenförmig nach aussen und stellt dadurch einen vorspringenden Saum dar, der rings mit sehr langen, flimmernden Wimpern besetzt, von der Seite gesehen einiger- maassen einem rotirenden Rade gleicht; der etwas nach hinten umge- bogene Rand bildet die «Ohren» des Wimperorgans. Die vordere Fläche des Kopfes, die Stirn, zieht sich trichterförmig nach unten in die Mund- öffnung hinein; über ihrer innern Fläche erhebt sich eine Reihe von Hervorragungen, welche oft wie Ausschnitte des wirbelnden Randes erscheinen; sie entsprechen jedoch, wie bei Hydatina, vielmehr einem innern Wimpersaum, während der äussere ununterbrochen den gan- zen Kopf umrandet. An diesem innern Wimperorgan unterscheidet man einen grossen mittleren, viereckigen Lappen, welcher an beiden Ecken sehr lange, gerade Borsten trägt, im Uebrigen etwas kürzere, feinere Wimpern, die Ehrenberg als Fühlhörner bezeichnet (Fig. 1 d); zu beiden Seiten dieses Lappen entspringen zwei steile, lange Borsten auf kurzen kegelförmigen Erhebungen (Fig. Acc), und dann folgen wieder zwei kreisförmige mit Wimpern besetzte Polster (Fig. Abb). Von den Borsten sieht man in ihrer Basis sich Fäden ins Innere hinein- ziehen, ich weiss nicht, ob muskulöser oder nervöser Natur. Alle diese Erhebungen des innern Stirnrandes befinden sich nur auf der Rückenseite des Kopfes, auf der Bauchseite senkt sich der Rand der Stirn schief nach hinten zur Mundöffoung (Fig. A f) hinab, deren Lage der mittlern seichten Ausrandung der Bauchplatte genau entspricht; der 462 vorspringende wimperbeseizte Rand der Stirn zieht sich bis in die Mundhöhle hinein. Ehrenberg spricht von einem doppelten Räderwerk bei Brachionus; der Anschein eines solchen rührt davon her, dass der äussere umgebogene Wimpersaum in der Rückenlage durch die Vor- sprünge der inneren Wimpertheile unterbrochen, gleichsam in zwei Hälften gespalten erscheint; in der Bauchlage sieht man jedoch deut- lich den äussern Saum sich unter jenen Erhebungen gleichmässig fort- ziehen, wie dies auch Zeydig bei Br. Bakeri beobachtet hat. Auch hei Brachionus findet sich noch ein dritter innerster Wimpersaum, wie bei Hydatina, der aus kürzeren Cilien besteht und ununterbrochen die Innenfläche des Mundtrichters umkränzt. Die Länge der vorderen Wimpern ist grösser, als sie während ihrer Thätigkeit erscheint und gewöhnlich abgebildet wird; man ‚erkennt sie nur dann in ihrem gan- zen Verlauf, weun das Thier, von selbst oder in Folge chemischer Reagentien im Sterben begriffen, die Flimmerbewegung einzustellen beginnt; es sind feine Härchen, die eine Länge von Y,, bis zu Y,," erreichen, doch dünner sind als die der Hydatinen; sie sind wohl doppelt und drei Mal länger als Ehrenberg, Dujardin und selbst Zeydig sie zeichnen. Ich habe bereits an einem andern Orte darauf aufmerk- sam gemacht, dass auch die Flimmereilien der Infusorien gewöhnlich weit kürzer geschen und abgebildet ‘werden, als sie in Wirklichkeit sind und in gewissen günstigen Verhältnissen, namentlich beim Aus- trocknen auf Glas verfolgt werden können (Ueber Bau und Entwick- lung von Loxodes Bursaria; Zeitschrift für wissenschaftliche Botanik, Bd. Ill, pag. 260). Es hat diese Angabe Widerspruch erfahren, nament- lich durch Stein, der dieselbe in seinem vortrefllichen Infusorienwerke für eine «widernatürliche Verlängerung der Wimpern beim Austrocknen» erklärt; dasselbe geschehe, wenn die Thiere durch concentrirte Essig- säure plötzlich getödtet würden, worauf man die Wimpern zu drei bis vier Mal längeren Borsten ausschiessen sähe, während bei allmälicher Einwirkung verdünnter Essigsäure die Wimpern so lang bleiben, wie man sie auch am lebenden, stillstehenden Thiere beobachte (Infusions- thierchen, pag. 240). Ich kann jedoch nicht glauben, dass die Essig- säure oder das Ausstrecken die Fähigkeit besitzen solle, die Wimpern so bedeutend zu verlängern; es wäre ein solcher Vorgang ohne alle Analogie, indem die Wimpern vielmehr, da sie höchst wahrscheinlich aus eiweissartiger Substanz bestehen, durch die Säure coagulirt wer- den und demnach zusammenschrumpfen müssten; ich glaube vielmehr, dass eben dieser Umstand es ist, der die feinen Wimperenden, die sonst unsichtbar bleiben, deutlich erkennbar macht; bekanntlich ist das Austroeknen und das Behandeln mit Jod oder Säuren das einzige Mittel, isolirte Gilien, namentlich bei Schwärmzellen, zu beobachten, die man alsdann oft als lange Fäden erblickt, während man vorher keine Spur ee a 463 von ihnen entdecken konnte; kennt man jedoch in Folge der Behand- lung ‚mit Reagentien einmal die wahre Länge einer Wimper, so ver- mag man sie dann später auch ohne chemische Einwirkung in ihrem ganzen Verlauf zu verfolgen; dasselbe gili aber auch von den Wimpern der Räderthiere und Infusorien, die ich jetzt, sobald einmal die Be- wegung‘aufgehört, ebenso lang erblicke, als sie mir nach dem Aus- trocknen, freilich alsdann viel deutlicher ünd schärfer, erscheinen. An: der dem Kopf entgegengesetzten Seite des Panzers entspringt der Fuss, eine lange, cylindrische Röhre, die ich ebenfalls nur als eine Aussackung der Cuticula betrachten kann. Die Innenseite der Haut ist hier ‚mit einer dichtern Schicht bedeckt; ausserdem ist die Cutieula sehr eng durch parallele Falten geringelt, die jedoch nicht, wie. die Querringe bei Hydatina, von Muskelfäden herrühren, da der Fuss eine Contraction in der Richtung seiner Querachse nicht zu äussern vermag. Dagegen ist diese Ringelung von Bedeutung, wenn der Fuss in die Bauchhöhle zurückgezogen wird, wobei die Ringe sich enger an einander drücken, wie die Windungen einer zusammengepressten Sprungfeder; auch bewirken sie durch ihre Elastieität später wieder die Ausstreekung des Fusses, wenn die Contraction der Fussmuskeln machlässt. Wie man sieht, ist der Mechanismus, welcher die Bewe- gungen des Fusses bewirkt, ganz ähnlich dem, welcher die Contraction der Vorticellenstiele bedingt: nämlich das Zusammenziehen durch Mus- keln und das Ausstrecken durch die Elastieität einer Chitinröhre ver- mittelt. Dass der Fuss nur ein blindsackähnliches Ende der Cuticula ist, und seine Höhle unmittelbar mit der Bauchhöhle communieirt, davon überzeugt man sich, wenn es gelingt, durch den Druck des Deck- gläschens ein halbreifes, noch dünnschaliges Ei in die Höhlung des- selben hineinzupressen, so dass es fast bis zu den Zehen hinabsteigt, um bald darauf in Folge der Gontraction des Körpers wieder iv seine alte Lage zurückzukehren. Das Ende des Fusses nehmen zwei konische Zehen ein, die sich zangenartig nähern und entfernen und einen frem- - den Körper zwischen sich festklemmen können. Wird der Fuss ein- gezogen, so werden die Zehen in eine Falte der Cutieula zurückgezogen und später wieder fernrohrartig ausgestreckt. Eine Gliederung des Fusses, wie sie Dujardin (l. c. tab. 24, fig. 2) abbildet, ist bei unseren Exemplaren nicht vorhanden. Der Fuss wird etwa "/y,” lang und ‚hat einen Querdurchmesser von Y5,, das ganze Thier, wenn Kopf und Fuss ausgestreckt sind, erreicht eine Länge von beinahe Y,"”. Der Ernährungsapparat des weiblichen Brachionus urceolaris ist dem von Hydatina Senta sehr ähnlich; der Einschnitt des Wimper- randes an der Bauchseite führt in die trichterförmige Mundhöhle, die ziemlich tief bis gegen die Mitte der Schale zurück reicht; sie ist ihrer ganzen Länge nach mit’ Flimmercilien besetzt. Die Mundhöhle steigt 464 7 schief von der Bauchseite zur Rückenfläche hinauf und mündet in den Schlundkopf, einen grossen nierenförmigen Körper, dessen inneres 1 Zahnkiefergerüst mit den bei Hydatina beschriebenen grosse Aehnlich- keit besitzt (Figg. A, 29, Fig. AA). Die eigentliche Kinnlade besteht auch hier aus einer dreieckigen Platte, welche am vordern äussern und am hintern ionern Rande gelenkkopfartig umgebogen ist, während auf ihrer Oberfläche die ebenfalls ungleich grossen, nadelförmigen Zähne (wohl fünf) neben einander dergestalt befestigt sind, dass ihre Wur- zeln alle nahezu von einem Punkte (der Spitze des Dreiecks) ausgehen, die Schneiden dagegen auf der Basis desselben liegen und etwas über den 'hintern Rand hervorragen (Fig. 1 a—b). ‚Die beiden Kinnladen stehen schief sich gegenüber, so dass ihre Schneiden auf einander passen; an dem vordern äussern, zu einem Gelenkkopf umgebogenen Rand (bei b) ist der hammerförmige Fortsatz eingelenkt (b—d), dessen Stiel, stärker als bei Hydatina, zugespitzt und vogelkopfartig nach innen oder aussen umgebogen ist; am vordern Rande des Hammer- theils findet sich noch ein zweiter Vorsprung, welcher dem bei Hyda- tina beschriebenen blasenförmigen Fortsatz entspricht, doch kleiner ist als jener (c); im Ganzen lässt sich die Kinnlade sammt dem hammer- förmigen Fortsatz etwa mit einer gewöhnlichen dreieckigen Maurerkelle vergleichen, auf deren Platte wir uns von dem Anheftepunkte des Stiels aus fünf Leisten strahlenartig befestigt denken müssen. Der hin- ” tere innere Rand der Kinnlade ist artikulirt in den beckenförmigen Theil, der ebenfalls aus zwei Stücken besteht, vorn zwei Gelenk- gruben (e) für die Köpfe des hintern Kinnladenrandes, hinten einen kurzen schwanzförmigen Fortsatz (f) besitzt. In einiger Entfer- nung über den Schneiden der Kinnladen bemerkt man zwei, oft un- gleich grosse Backen (a), die mit dem Zahngerüst in Verbindung stehen müssen und den Ausgang der Mundhöhle zu verschliessen oder zu öffnen bestimmt scheinen. Die Muskeln des Schlundkopfes sind so befestigt, dass zwei vordere Quermuskeln die beiden Anheftepunkte der ° hammerförmigen Theile verbinden, und beim Zusammenziehen ‚das Schliessen der Kinnladen bewirken (b—.a), zwei hintere Quermuskeln dagegen die Spitzen der hammerförmigen Stücke ‚mit dem schwanz- ähnlichen Fortsatze verbinden (d—f) und dadurch bei ihrer Contraetion die Kinnladen wieder öffnen. Wenn der Brachionus kaut, so sieht man die beiden Kinnladen mit den Schneiden an einander stossen, dann. auch die hinteren umgebogenen Ränder der Kinnlade sich an einander reiben, und dies Alles mit solcher Vehemenz, dass man das Knirschen der Zähne zu hören glaubt. Die Muskulatur des Schlundkopfes liegt unmittelbar über der vordern Fläche des Magens, so dass die Speiseröhre (der Schlund) auf ein Minimum redueirt ist; doch fehlt diese nicht ganz, vielmehr ist ihre 465 Gegenwart angezeigt durch einen kurzen Kanal, der eine ganz eigen- thümliche Flimmerung zeigt (Fig. 1 h, Figg. 3 u. ); sie macht den Eindruck, als ob 3—4 Wellen sich rasch hinter einauder folgten, und erinnert dadurch an das Spiel der Cilien in den «Zitterorganen ». Schon Ehrenberg spricht von der «stark wirbelnden Stelle» am obern Ende des Magens, von «dem innern Zittern der Schlundröhre». Wenn daher Leydig bei Perty’s Angabe, dass der Schlund der Räderthiere mit Wimpern bekleidet sei, eine Verwechslung voraussetzt, da er selbst nie Ciliarbewegung im Schlunde gesehen (l. c. pag. 76), so wird er durch obige Beobachtung, widerlegt. Der Magen selbst ist kugelig und liegt unmittelbar der Rücken- platte an (Fig. 32); er hat sehr dicke muskulöse Wände, so dass die Höhle viel kleiner ist als sein Umfang; braune «Leberzellen » konnte ich hier nicht finden; seine Innenfläche ist mit einem Flimmerüberzuge bekleidet; in seinem Innern findet man gewöhnlich einen gelbbraunen Speisebrei. Auf den Magen folgt der durch eine Einschnürung (Py- lorus) von ihm getrennte birnförmige Darm, dessen spitzes Ende in die an dem hintern Ausschnitt der Rückenplatte befindliche Kloake (Fig. 2e) einmündet; auch der Darm flimmert im Innern, so dass also bei Brachionus, wie übrigens auch bei Hydatina und den anderen Ro- tatorien, der ganze Verdauungskanal von der Mund- bis zur After- ößfnung mit Cilien besetzt ist. Am vordern Ende des Magens sitzen die beiden Magendrüsen, von nierenförmiger Gestalt, die sich durch einen langen Stiel an die Magenwand anheften; häufig sitzt an diesem Stiel noch ein zweiter, kleiner dreieckiger Lappen (Fig. 4 !); die Zelien- structur konnte ich an diesen Drüsen nicht so deutlich erkennen, als bei Hydatina. Auffallend war mir, dass ich in späterem Alter in dem Gewebe des Verdauungskanals zahlreiche eigenthümliche, scheiben- förmige Körperchen fand, die mehrere parallele Schichten zeigten, als ob Sie aus mehreren Lainellen beständen, und die einer patholo- gischen Veränderung anzugehören scheinen (Fig. 3). Auch bei Bra- ehionus gelang es mir, durch Druck den Magen umgestülpt durch die Afteröffnung so herauszupressen, dass seine Innenwand von Wasser bespült wurde; alsdann erkannte man ganz deutlich die Flimmercilien der Magenzellen; diese lösten sich allmälich und rissen sich als fim- ımernde Kugeln los, die im Innern eine oder mehrere jener Scheiben umschlossen. Allmälich hörte das Flimmern auf, die Zellen zersetzten sich und wurden ganz durchsichtig, lösten sich endlich in Wasser, wobei auch die Scheiben in einzelne Körnchen zerfielen. Die Muskeln sind hier wegen der geringern Durchsichtigkeit des Körpers weniger genau zu verfolgen, wie bei Hydatina; Ehrenberg zählt sechs dem Kopf angehörige, deren offenbar eine Anzahl vor- handen sein müssen, um das Räderorgan einzuziehen und auszustülpen, 466 die aber von mir wegen der 'Undurchsichtigkeit und ‘Verworrenheit gerade dieses Körpertheils nicht vollständig erkannt werden konnten; zwei grosse seitliche Längsmuskeln, die den Kopf in die Schale zurück- ziehen und sich in die Seitenränder der Schale in ihrer Mitte anheften, sind dagegen sehr deutlich, ebenso wie zwei lange bandlörmige Fuss- muskeln, die denselben Zweck bei dem Fuss erfüllen und 'von dem obern Viertel der Schale bis hinein in die Zehen reichen, "Ausserdem sind noch, wie schon Leydig bemerkte, zwei lange drüsenförmige Körper im Fusse vorhanden, die bis zu seiner Wurzel sich erstrecken, von den eigentlichen, weit zarteren Muskeln aber verschieden sind. Quermuskeln scheinen zu fehlen, Muskelstreilung konnte ich PEREaGR beobachten. Das. Nervensystem lässt sich, da es grösstentheils im Kopie liegt, ebenfalls nicht ganz klar entwickeln; charakteristisch ist vor Allem das Gehirn mit dem rothen Auge, das im Rücken bald über den Schlundkopf in der Mittellinie sichtbar ist (Figg. 1, 29). » Nach Ehrenberg ist das rothe Pigment ‚des Auges in eine viereckige Zelle eingeschlossen, die an das Auge von Cyclops erinnert; es scheine aus zwei seitlich verschmolzenen Hälften zu bestehen; eine Hornhaut und Krystalllinse feble. Genauere Schilderung gibt Zeydig: «das Auge von Brachionus sehe aus, als seien zwei becherartige Pigmentflecken 'an der Basis mit einander verschmolzen». Ich finde in wesentlicher Ueber- einstimmung mit. ibm im Kopftheil des Brachionus urceolaris auf der Rückenseite einen grossen nierenförmigen, unten flach abgestumpften, anscheinend homogenen Körper, den Hirnknoten (Fig. 4,29), der in seiner Mittellinie durch eine Querfurche in zwei Hälften getheilt. ist. Am hintern Rande, an der Stelle, wo diese Furche nach ‘vorn geht, 7 ist der Hirnknoten durch ein braunrothes Pigment eine kleine Strecke weit gefärbt, und diese Färbung steigt auch in der Furche zwischen den beiden «Gehirnhälften» hinauf. Daher sieht der Augenfleck' aus, als ob auf einen kreisförmigen Fleck eine dunklere Doppellinie senk- recht aufgesetzt sei; noch genauer entspricht es der Figur eines X (Fig. 42); sonst konnte ich an dem Augenfleck nichts weiter erkennen. Zu beiden Seiten des Hirnknoten liegen noch zwei etwas längere Zipfel; über dem Schlundkopf im Räderorgan beobachten wir ebenfalls eine grössere Anzahl kugeliger Zellen, die zum Theil zum Nervensystem gehören mögen. Ein anderer Theil dieser kugeligen Körper scheint unmittelbar den Wimperlappen aufzusitzen und den fadenförmigen Mus- keln zum Ansatz zu dienen, welche dieses Organ einzuziehen bestimmt sind; hierher gehört wohl auch der kolbenförmige Körper, den man in dem mittlern viereckigen flimmertragenden Lappen erkennt (Fig. Ad). Wenn das Wimperorgan ausgestreckt ist, so liegt zwischen dem liefen mittlern Ausschnitt der Rückenplatte vor der Augengegend 467 _ die «Respirationsröhre» von Zhrenderg auch «Sporn» zenannı (Figg. 4, 2r), eine Bezeichnung, die ich, da sie nichts präjudieirt, hier annehmen will; es ist eine kurze hohle Röhre, welche recht- winkelig von der Achse des Thieres abstehend, sich durch jenen Aus- schnitt hinauslegt. An ihrer Spitze ist diese Röhre nach innen zu einer becherförmigen Grube eingestülpt und auf dem Boden derselben ent- springt ein Büschel siarrer Härchen, das über den Rand der Grube nach aussen herausragl. Wird das Wimperorgan mit dem ganzen Kopfe eingezogen, so dass derselbe etwa im ersten Drittel der Schale liegt, so bleibt der Sporn ausgestreckt und ragt als eine trichter- - förmige Verlängerung des Körpers zwischen dem mittlern Ausschnitt der Rückenplatte heraus (Fig. Ar). Der Lage und dem Bau nach ent- spricht der Sporn oder die «Respirationsröhre » von Brachionus offen- bar der «Borstengrube oder Respirationsöffnung », welche wir bei Hy- datina gefunden haben. Was die beiden halbmondförmigen Wülste bedeuten, die ich an dem Rückenschilde, und zwar auf jener sehnen- artigen Querlinie beobachtet, in der diese Platte zum Bauchschild um- gebogen ist, kann ich nicht sagen. Am deutlichsten erkennt man diese Wülste, wenn das Thier auf dem Rücken liegt, und es sieht aus, als ' ob hier zwei Oeffnungen im Panzer wären; doch verschwinden diese Bildungen, wenn man die Schalen mit Aetzkali behandelt. Zwei ähn- liche verdickte Stellen befinden sich im vordern Drittel des Thieres zu beiden Seiten des Schlundkopfes. Die Fortpflanzungsorgane des weiblichen Brachionus bestehen _ aus einem nierenförmigen Eierstock, der quer über der Bauchplatte und unter dem Magen liegt (Fig. 1 p). Seine Structur entspricht ganz der von Hydatina, und er besitzt, wie dieser, eine besondere sehr _ elastische Wand, die eine scheinbar gleichförmige weissliche Masse und in dieser grosse, von ‚wasserhellen Keimbläschen umgebene Keimflecke _ einschliesst; letztere sind homogen, werden aber durch Wasseraufnahme sehaumig. Eine besondere Eierstockhälfte, in der eine grössere An- sammlung dunkelkörniger Dotiermasse mit einzelnen, besonders dun- kelen Körnchenconglomeraten vorhanden ist, wie sie Zeydig von Bra- ‚ehionus Bakeri beschreibt, konnte ich nicht auffinden, da die Keim- bläschen vielmehr über die ganze Eierstocklläche vertheilt waren '). Das entwickelte Ei liegt quer und ist fast so gross, wie die Querachse der hintern Schalenregion; da der Eierstock in die Kloake mündet, so {ritt das gelegte Ei an der Rückenseite aus und bleibt hier hängen, indem es sich in die concave Aushöhlung der Rückenplatte legt, da, di ur f ; 5 - ’) Sollte dieser Annahme Leydig’s nicht eine Verwechslung mit dem Darm zu Grunde liegen, in dein ich solehe dunkele Körnchenconglomerate (div scheibenähnliehen Körperchen) angezeigt habe? H 468 r wo diese sich zur Bauchplatte hinabbiegt (Figg. 1, 2, 4). Ist nach dem ersten ein zweites Ei reif geworden und durch die Kloake hinausge- treten, so bleibt es neben dem ersten hängen. Dass die Eier durch eine Art Stiel an jdem hintern Ausschnitte der Schale ‚angeheftet sind, ist nicht schwer zu sehen, und schon von 0. F. Müller beob- achtet; schwieriger ist es nachzuweisen, wie dieser Stiel entstanden ist; wahrscheinlich rührt er blos von einer klebrigen, gleichzeitig mit dem Ei ausgeschiedenen Bindesubstanz ber. : Der Brachionus urceolaris legt, wie die Hydatina und die Notom- mata anglica, dreierlei Eier, von verschiedener Gestalt und Grösse: männliche Eier (Fig. 3), Sommereier (Fig. 4) und Dauereier oder Wintereier (Fig. 4). Und zwar sind diese Fortpflanzungskörper so vertheilt, dass ein und dasselbe Weibchen immer nur Eier einer Art, nie verschiedene gleichzeitig mit sich herumträgt. Die Winter- oder Dauereier sind die grössten und zeichnen sich durch eine weit abstehende Schale aus, wie schon Baker bemerkte; Ehrenberg hat sie abgebildet; weit genauer aber sind sie von Weisse untersucht und dargestellt; es sind länglich eiförmige Körper, an dem einen Ende dicker als an dem andern, auf welchem ein kreisförmiger Deckel aufsitzt (Fig. 10). Der Längsdurchmesser des Eies ist: Y,,", der Querdurchmesser am dickern Ende Y,,”; der Diameter des Deckels Y, 00”. Das Winterei besitzt drei verschiedene Häute; die äusserste ist die dickste, lederartig, bräunlich gelb; sie ist, was weder Ehrenberg noch Weisse deutlich angeben, von zellenähnlichen Gruben oder Vertiefungen durchbrochen, welche ihr ein netzartiges Ansehen geben (Fig. 10.c). Zu dieser Haut gehört auch der Deckel (Fig. 10a), der später aufklappt, jedoch an einem Punkt, wie an einem Scharnier, hängen bleibt. Die zweite Haut (Fig. 40 c) erfüllt den Raum der äussersten nur zum Theil und stellt ein Ellipsoid von Y;,," im längern Durchmesser dar, das in der dem Deckel benachbarten Region sich anlegt, während der ent- gegengesetzte Pol (b) von der üäussersten Haut weit absteht; den Zwischenraum zwischen beiden Häuten füllt eine wasserhelle Flussig- keit; später wird jedoch dieser Raum auch von einer grossen Luft- blase eingenommen. Innerhalb dieser Haut befindet sich der dunkle, körnige Inhalt des Eies, an dem ich weder Keimbläschen noch eine Furchung wahrnehmen konnte; dass jedoch dieser Inhalt ausser der mittlern noch von einer innersten Haut umschlossen sei, ist uns erst durch die Beobachtungen von Weisse über die Entwicklung der Winter eier bekannt worden; ich selbst habe zwar schon sehr häufig diese Eier im Frühjahr frei im Wasser schwimmend gefunden, und sogar den Beginn der Flimmerbewegung in ihrem Innern, so wie das Auf. klappen des Deckels bemerkt; doch glückte es mir nie, den Momen des Ausschlüpfens zu treflen. Weisse sah den Deckel der äusserste u ee 469 ” Schale sich erheben; alsdann quoll durch die Oeffnung der am Kopfe flimmernde Embryo, noch von einer besondern, zarten Blase (Amnion) — uınschlossen, innerhalb etwa 5—40 Minuten hervor, und dehnte sich "sofort in bedeutendem Grade aus, während die mittlere Membran in der Eischale zurückblieb und der Deckel wieder zuklappte; die freie Bewegung des Embryo begann erst, als auch die innerste Blase, und zwar zuerst am hintern Ende zerrissen und abgestreift war, was wieder innerhalb 5— 10 Minuten geschah. Der so befreite Embryo hatte ganz die Gestalt und Organisation der bekannten, schon oben beschriehe- nen Weibchen; doch erschien er Weisse etwas grösser, als die aus den gewöhnlichen Eiern heryvorkommenden Jungen (Bull. de l’Acad. de "St. Petersbourg, 1854, Vol. IX, pag. 349, tab. LXIN). Die Zwischen- stadien, welche zwischen der gewöhnlichen körnigen Organisation des Eiinhalts bis zu dem Ausschlüpfen des vollständig entwickelten Em- ‚bryo liegen, sind noch nicht bekannt; doch scheint es, als ob ein lan- ‘ger Zwischenraum zwischen dem Austreten der Eier und dem Aus- schlüpfen der Jungen liege, und dass der letztere Act meist erst im Frühling eintrete, nachdem die Eier überwintert haben; wenigstens habe ich dieselben nie im Sommer, immer nur in den ersten Frühlingsmonaten in der Entwicklung begriffen angetroffen. Uebereinstimmend hiermit beobachtete Weisse das Ausschlüpfen der Jungen in Petersburg am 15.Mai. Erzeugt werden die Dauereier jedoch schon im ersten Frühjahr; "ja ich habe sie fast nur in dieser Zeit den Weibchen anheften ‚ehen, und schon Ende Mai waren dieselben äusserst spärlich zu finden, obwohl einzelne Exemplare sich von Zeit zu Zeit unter den Sommereiern noch später auffinden liessen; doch scheinen die Winter- eier auch im Herbst wieder in grösserer Menge produeirt zu wer- Es scheint, als ob die Wintereier nach dem Tode ihrer Mütter, rer schweren Schale wegen, zu Boden sinken, dort überwintern nd erst dann zu weiterer Entwicklung wieder an die Oberfläche steigen, wenn im Frühjahr der Raum zwischen der äussersten und mittlern Eischale sich mit Luft gefüllt und das Ei emporgehoben in solehem Zustande habe ich wenigstens im März und April Hunderte von Eiern auf der Oberfläche des Wassers schwimmen sehen, während von den Müttern keine Spur mehr vorhanden war. Wahr- einlich vermögen diese Eier allein beim Austrocknen des Wassers ® Lebensfähigkeit zu erhalten, da die zartschaligen, männlichen und Sommereier, welche sofort nach dem Legen sich weiter entwickeln, urch das Austrocknen so zusammenschrumpfen, dass sie schwerlich ntwicklungsfähig bleiben. Daher wäre der Name der Dauereier dieselben am passendsten; die Bezeichnung «Wintereier» ist ern schief, als dieselben, wie bemerkt, bereits im Frühling pro- ueirt werden, und sie hat nur darum einige Berechtigung, weil diese 470 Eier gegen den Herbst: sich vermehren und'zu überwintern bestimmt sind». In der Regel trägt ein Weibchen nur ein Winterei mit sich umher, ‚seltener zwei; nie, sah ich gleichzeitig mit einem solchen ei Ei von anderer Beschaffenheit. Von diesen letzteren sind die bekanntesten und im Laufe des Som mers die gewöhnliehsten die deshalb von mir so genannten Sommer- eier, sie sind regelmässige Ellipsoide von 5,” in der: längern und. Y4s” in der kürzern Achse, nach Ehrenberg Yo — "is"; sie haben ‘eine farblose, dünne, papierartige Schale und einen durch zahllose Körn chen ‚dunkel erscheinenden Inhalt; das Keimbläschen ist nicht ‘mehr za unterscheiden, sobald das. Ei ‚auswendig auf dem Rücken des Weibehens festhängt (Figg. 1, 5). Auch von diesen Eiern sehen wir nur ein bis zwei von der Mutter umhergeführt, und zwar nie gleich" zeitig mit Winter- oder männlichen Eiern. Da die Eier bis zum Ausschlüpfen des Embryo an ihrem Anhefte punkte hängen bleiben, so kann mau hier auch die ganze Entwicklung derselben verfolgen : der Dotter theilt sich, wie bei Hydatina, alsbald nae dem Legen in zwei, dann in drei und vier Portionen, endlich in eine gross Anzahl von Kugeln; die am Rande gelegenen sind lichter und heller al das Centrum; alsdann gliedert sich der werdende Embryo; jetzt wirt der rothe Augenfleck deutlich, dann das Gebiss; ist der Embryo reil so kann man ihn schon im Innern der Eischale in seinen allgemeine Umrissen erkennen; der Fuss ist auf die Bauchplatte zurückgeschlage das Wirbelorgan beginnt zu flimmern; übt man jetzt einen schwache Druck auf das Ei, so zerspringt die Schale durch einen kreisförmige Riss in zwei Theile und das Junge tritt heraus, indem es die ein Hälfte der Eischale auf dem Kopfe trägt, während die andere den Fus umgibt (Fig. 6); durch die Bewegungen des Wirbelorgans und der Fuss muskeln wird die Schale endlich abgestreift, die eingezogenen Partien dı Kopfes und Fusses ausgestreckt, die beiden Zehen weichen aus einande und bald schwimmt das neugeborne Weibchen im Wasser umher, zv etwas kleiner und minder durchsichtig, sonst aber in allen seinen Th len genau so gestaltet, wie seine Mutter; von einem Wimperbüsch am Fussende, von einer körnerführenden Blase, von «Harnconerementet ist keine Spur vorhanden. Die Männchen von Brachionus urceolaris. ‚Ganz anders ist die Gestalt und die Entwicklung der mäı lichen Eier, die wir an anderen Weibchen auswendig anhäng sehen: (Fig. 3). Sie charakterisiren sich zunächst, durch ihre gröss Zahl, &—6 in. der Regel; Ehrenberg: scheint ihrer 40 —20, an ein Weibchen beobachtet zu haben. Der. grössern Zahl entspricht i 471 weit geringere ' Grösse; ‘sie ‚haben eine mehr kugelige ‚Gestalt und erreichen. Y;," im längern, Y;-"" im kürzern Querdurchmesser; dabei ist ihre Schale noch. zarter und der Inhalt weit transparenter und klarer, und hat.eine blassgelbliche Färbung, während die Sommer- eier dunkelgrau. erscheinen. Im Inhalt sind zwar, ebenfalls Körnchen eingebettet, aber weit weniger..als in den weiblichen (Fig. 3); die Furchung geht jedoch in ‚gleicher Weise vor sich, wie bei diesen (Fig. 38). Ist aber das Ei reif, ‚so bietet es einen ganz andern An- blick; es ist bei weitem durchsichtiger und lichter, und man erkennt in ihm zwar schon den 'rothen Augenpunkt (Fig. 3 y), aber kein Ge- biss, wie im reifen Sommerei; dagegen beobachtet man in ihm zwei bis drei dunkele Körnerhaufen (Fig. 38), ganz ähnlich denen, die wir bei den männlichen Eiern von Hydatina beschrieben haben, während sie den Sommereiern dieser Räderthiere fehlen. Beim Ausschlüpfen springt das männliche Ei des Brachionus urceolaris in der Mitte durch einen kreisförmigen Querriss deckelförmig ganz ebenso auf, wie das Sommerei; aber das Junge, das auf diese Weise im Laufe einiger Minuten geboren wird, hat eine ganz andere Gestalt (Fig. 7). Es sieht seiner Mutter nicht im Geringsten ähnlich, ist fast drei Mal kleiner als diese, im ganz ausgestreckten Zustande nur Yyz—Ygo” lang und Yo—Vs5" breit, und unterscheidet sich namentlich durch, den Mangel einer starren, ausgezackten Schale auf den ersten Blick (Figg. 8, 9). Es hat eine kurz cylindrische Gestalt; ein walzenförmiger, im Quer- schnitt fast quadratischer Rumpf verlängert sich nach vorn in einen kurzen Kopf, von dem er durch eine flache Abschnürung sich ab- sondert und sackt sich nach hinten in einen kurzen, röhrenförmigen Fuss aus, der höchstens ein Fünftel der Körperlänge beträgt und etwa Yo” im-Querdurchmesser besitzt. Das Kopfende ist vorn durch eine lache Stirnscheibe geschlossen und breitet sich in einen vorspringenden, etwas nach hinten «ohrenartig» umgestülpten, kreisförmigen Rand aus, der mit langen wirbelnden Wimpern besetzt ist; ob die Stirnscheibe ebenfalls einen innera Wimpergürtel trägt, konnte ich nicht unter- suchen; doch liessen sich mehrere lange, unbewegliche Borsten in ge- wissen Abständen unterscheiden. Einer genauern Betrachtung der Männchen stehen ihre ausserordentlich energischen und unruhigen Be- wegungen,. so wie ihre Kleinheit hindernd entgegen, da die viel grösseren, gleichzeitig mit ihnen in grossen Mengen im Tropfen vor- handenen Weibchen gewissermaassen den Druck des Deckglases auf- fangen und die Männchen zwischen ihnen noch ungestört ihre Bewe- gungen fortsetzen; es ist fast unmöglich, , ein M’innchen mit Hülfe des Deckgläschens zum Stillstand zu bringen. Günstigeren Erfolg leistet hier das Zusetzen von Steychnin, das ihrer Unruhe bald ein Ende macht ; doch bleibt es immerhin schwer, ein Männchen so zu pressen, wie es 472 za einer anatomischen Untersuchung erforderlich ist. Gleichwohl lässt sich leicht constatiren, dass der Wimpersaum des Männchens nicht, wie der des Weibchens, sich zu einer Mundspalte hinabsenkt, und dass überhaupt keine Mundöffnung vorhanden ist. Dass auch der Schlundkopf sammt den Zähnen fehlt, konnten wir schon bei der Betrachtung der reifen männlichen Eier wahrnehmen; aber auch Magen, Darm und Magendrüsen sind nicht vorhanden. Statt ihrer bemerken wir in der Mitte des Körpers eine grosse birnförmige Blase, den Hoden, der wohl Yo Linie lang sein mag (Fig. 8a); er ist dicht und prall erfüllt mit dunkelen kleinen Kügelchen, statt deren wir in reiferen Hoden das charakteristische Wimmeln der Spermatozoiden an- treffen. Leider gelang es mir nicht, die Spermatozoiden auch ausser- halb des Hodens zu beobachten und dadurch ihre Gestalt genauer untersuchen zu können. Die Wand des Hodens ist auffallend dick, wohl muskulös, und das vordere Ende desselben verlängert sich in ein diekes eylindrisches Band, welches denselben an die Stirugegend an- heftet. Am hintern Ende zeigt der Hoden eine dichte Längsstreifung (Fig. 9); hier ist derselbe auch von einer Oefinung durchbohrt, die in den weiten Kanal des Penis hinabführt. Dieser stellt eine kurze Röhre dar, welche in der Regel frei auf dem Fusse aufliegt und fast bis zum Ende desselben reicht, daher meist auswendig sichtbar ist, obwohl sie auch eingezogen werden kann; der innere Kanal und der äussere Rand des Penis flimmern (Fig. 8e). Der Fuss des Männchens selbst ist quergeringelt und endet in zwei kleine Zehen (Fig. 8f). Da, wo der Penis von dem Hoden entspringt, legen sich an ihn zwei kolben- förmige Drüsen, deren Ausführungsgang wohl in den Peniskanal geht (Fig. 85). Eben dahin scheint die von Ehrenberg übersehene con- tractile Blase zu münden (Fig. 8d), die wir an der Fusswurzel er- blieken; von ihr entspringen, wie gewöhnlich, die beiden seitlichen ' «Respirationskanäle oder Wassergefässe», an denen wir die «Zitter- organe» hängen sehen. Am Kopfe bemerkt man mehrere kugelige, zellenartige Körper, und darunter einen grössern, den Hirnknoten (Fig. 9), dessen unterer Rand in der Mitte durch den rothen Augen- fleek gezeichnet ist; einen «Sporn» habe ich nicht beobachtet. Auf’ dem Hoden selbst sitzen noch an seinem untern Ende zwei oder drei Blasen, die mit dunkelen Körnern erfüllt sind (Fig. 8c); es sind die- selben, die wir an der gleichen Stelle bei Enteroplea fanden, und von denen wir nur wissen, dass sie höchst wahrscheinlich keine Harn conceremente enthalten, sondern dass sie entweder zum Geschlechts apparate gehören, oder unverbrauchte Zellen, oder zur Ernährung be stimmte Dottermassen sein mögen. Bemerken will ich noch, dass ich die Männchen überhaupt ir geringerer Zahl als die Weibchen, und zwar in grösserer Anzahl n 473 in der ersten Zeit meiner Beobachtungen antraf; später, von Anfang Mai an, waren allein die letzteren aufzufinden, und auch die Eier, welche von ihnen umhergetragen wurden, waren fast ausschliesslich - Sommereier. Die Begattung zu beobachten ist mir nicht geglückt. I. Brachionus militaris. (Hierzu Taf. XXIV, Fig. 13 — 16.) h Eine andere interessante Brachionusart liefert den Beweis dafür, dass das anatomische Detail in zwei verwandten Arten sehr wesent- liche Verschiedenheiten darbieten könne, während sich in Bezug auf die Fortpflanzung die grösste Uebereinstimmung zeigt. ß Der Brachionus militaris Ehr. wurde von mir im Juni dieses Jahres in einem Glase beobachtet, in welchem früher Charen eultivirt, aber durch eine plötzlich eintretende Gährung zerstört worden waren. In diesem Wasser vermehrte der Brachionus militaris sich so ausser- ordentlich, dass in jedem Tropfen, insbesondere am Rande und am ‚ Boden, wohl 10 und mehr Exemplare sich auffinden liessen; sie zeich- neten sich durch ihre sehr lebhafte und dabei wunderliche Bewegung aus, indem sie beim Zurücklegen ihrer Bahnen sich gleichzeitig rasch um ihre Längsachse drehten; in ihrer Gesellschaft kam nur noch die schöne Salpina brevispina in Menge vor; Ende Juli verschwanden beide Arten wieder. Der Brachionus militaris ist von Ehrenberg, dem er nur spärlich zu Gebote gestanden zu sein scheint, nicht genau beschrieben den; seine Schale ist dadurch ausgezeichnet, dass sie im Quer- schnitt nicht lanzettlich, zusammengedrückt ist, wie die des Br. urceo- ris, sondern sie erscheint als eine Ellipse, die der Kreisform sich ' ert; daher nennt Ehrenberg den Panzer mit Recht fast eylindrisch, ch ist die Rückenfläche stärker gewölbt als die Bauchplatte. Merk- würdig ist aber, dass der Panzer eine ziemlich regelmässig polyedri- sche Gestalt hat, indem derselbe, gleich einem Krystall, in reguläre Fünfecke (Facetten) gebrochen ist, die, zwölf an der Zahl, den ganzen Panzer einem Pentagondoderäeder. wie der Schwefelktes es zeigt, in gewissem Grade ähnlich machen; diese Pentagonflächen des Panzers hat Ehrenberg in seiner Beschreibung und Abbildung des Br. militaris nicht erwähnt, ohne Zweifel, weil er das Thier nur unter dem Druck des Detkgläschens untersuchte, wo die «Facetten» unsichtbar werden. ÜDer Stirnrand der Schale ist in lange pfriemenförmige Zähne ausge- zackt, und zwar finden wir auf der Rückenplatte (Fig. 14) in der Mitte nen tiefen halbkreisförmigen Ausschnitt, zu dessen Seiten sich zwei ir lange gekrümmte Hörner erheben; dann folgt beiderseits ein etwas cherer, gleichfalls halbkreisförmiger Ausschnitt, an den sich ein Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. VII. Ra. a 474 kürzerer Zahn schliesst; am Rande der Schale stehen zwei eben s lange Zähne, die von den beiden mittleren durch viereckige, minder tiefe Thäler getrennt sind; auf der Bauchplatte (Fig. 13) sind ausser- dem noch vier Zähne und ebenso viele ausgeschweifte Thäler vor- handen; im Ganzen also hat der Panzer an seinem vordern Rande zehn Zähne, zwei an den Seiten, vier auf dem Bauch, vier auf dem Rücken, die letzteren sind etwas länger; überhaupt sind alle Zähne weit stärker und grösser als bei Br. urceolaris und alle nach innen gekrümmt; auch die zehn Thäler sind sehr breit und tief ausgeschweift. Ehrenberg gibt an, dass der Panzer des Brachionus militaris zwölf Zähne habe; es ” möchte nach dieser Abweichung und dem Mangel der Facetten erschei- nen, als sei überhaupt die Ehrenberg’sche Art von der unserigen ver’ schieden; doch stimmen beide in ihrem übrigen Charakter so überein, dass sie höchstens als verschiedene Varietäten aufgefasst werden kön- nen, wenn nicht überhaupt der Ehrenberg’schen Beschreibung ein Beobachtungsfehler zu Grunde liegt. Was die Anordnung der Facelten betrillt, so liegt in der Mitte der Rückenplatte ein reguläres Fünfeck so, dass seine Basis parallel dem Zahnrande (Fig. 44); von der Spitze des Polygons geht eine Linie nach der Mitte der Fussöllnung, während vier Linien von den übrigen Ecken nach ‘den Panzerzähnen gehen; auf diese Weise bildet der Panzer auf dem Rücken sechs Fünfecke, deren Kanten durch breite Wülste eingefasst sind; ebenso viel Poly zone‘ zeigt, die Bauchplatte; doch ist hier gerade umgekehrt die Spitze des mittlern Fünfecks nach dem mittelsten Ausschnitt des Zahnrandes serichtet, die Basis parallel der Fussöffnung und hiernach auch di übrigen Polygone vertheilt (Fig. 43). Die Fussöfßfnung des Panzers ist weit kleiner, als bei Br. urceolaris und liegt zwar in der Mittellinie de Thieres, ist aber, wie der ganze untere Theil des Panzers, völlig un symmetrisch gebaut: so zwar, dass auf der Rückenplatte ein kurzes, viereckiges, auf der Bauchplatte dagegen ein weit grösseres kreis- förmiges Stück ausgeschnitten ist; in den beiden Punkten, in dene diese Ausschnitte sich berühren, verlängert sich der Panzer in zwe spitze Zähne, von denen der rechte viel länger ist als der linke (Fig. 1%) Von der Fussöflnung aus wölbt sich der Panzer in zwei Bogen nad vorn und aussen und entwickelt am untern Seitenrande noch zwe Spitzen, und zwar ist der rechte Bogen und die linke Seitenspitze be weitem kürzer als der linke Bogen und die rechte Spitze. Ausserder ist der Panzer in seiner ganzen Oberfläche mit Wärzchen dicht besetzi mit Ausnahme der Polygonkanten und der Zähne; am Stirnrande tre eine breite Doppellinie den warzigen Theil von den glatten Zähnen Alles dies gibt dem Panzer einen überaus zierlichen und wunderlich« Anblick. Die weichere Cuticula verlängert sich in Kopf und Fuss, un zwar ist der Kopf länger als bei Brachionus urceolaris, und entsprin; 475 an dem innern Stirnrande. . Die Kopfhaut ist gewöhnlich in einer Falte etwas nach innen eingestülpt (Fig. 13x); übt man jedoch einen star- ken Druck auf das Thier, so wird das Kopfende als ein langer eylin- drischer Körper herausgepresst. Der vordere Rand des Kopfes ist trichterförmig ausgebreitet und mit einem Wimpersaume (Fig. 13 «) rings umgeben; da jedoch die langen Stirnzähne des Panzers der Aus- breitung dieses Saumes im Wege stehen, so erscheint derselbe in ebenso viele Lappen gefaltet, als Zwischenräume zwischen den Zähnen vorhanden sind (Fig. 4). ' Ein zweiter innerer Wimperrand ist ge- bildet von drei grösseren, auf der vordern Fläche mit Cilien besetzten Lappen, die sich nur wenig über den äussern Rand erheben und an die sich seitlich zwei schmale borstentragende Fortsätze anschliessen (Fig. 4%). Diese inneren Erhebungen liegen nur an der Rückseite; an der Bauchseite zieht sich der äussere Wimperrand trichterförmig nach hinten zu dem mittelsten Ausschnitt der Bauchplatte, in deren Nähe der Mund sich befindet; unten ist der Mund durch eine dünne Haut (eine Unterlippe) begrenzt (Fig. 43 f). Der Fuss ist viel kürzer und schmäler als bei Brachionus militaris, beinahe stachelähnlich und namentlich dadurch charakterisirt, dass die Cuticula nicht dicht quer- geringelt ist und sich daher auch nicht nach Art einer Spiralfeder aus- ziehen und verkürzen kann, wie bei Br. urceolaris; sondern der Fuss ist in drei Stücke eingefaltet, die sich wie die Hülsen des Fernrohrs in einander schieben und dadurch verkürzen können; am Ende des Fusses befinden sich zwei schmale Klammerzehen. Die Länge des Panzers von den Stirnzähnen bis zu den Zähnen der Fussöffnung be- trägt 3 — Ya”; die Breite derselben zwischen den Seitenzähnen des Stirnrandes */,,”, zwischen den Seitenspitzen der hintern Region Y;", zwischen den beiden Zähnen ‚der Fussöffnung Y/,,”; die beiden grössten Zähne des Stirnrandes an der Rückenplatte sind Y,," und die klein- sten noch %,," lang; mit ausgestrecktem Kopf und Fuss erreicht das Thier eine Länge von Yo”. Der Ernährungsapparat des Brachionus militaris ist dem von Br. urceolaris im Wesentlichen ganz gleich; nur der Schlundkopf ist etwas verschieden, nämlich fast ganz quadratisch; die hammerförmigen Fortsätze der Kiefer sind schlanker und dünner, und die Thätigkeit derselben ist darin eigenthümlich, dass bei stärkerer Contraction der hinteren Schlundkopf-Quermuskeln die Spitzen dieser Fortsätze sich fast berühren, die Kieferplatten dagegen sich alsdann beinahe senkrecht nach vorn emporrichten und die Schneiden der Zähne aus dem Munde hervorstehen. Ausserdem sind am vordern Theile des Schlundkopfes schlauch- oder zipfelfürmige Anhängsel befestigt (Fig. 13 w w), die vermuthlich Speicheldrüsen sein mögen, und sich bei jeder Thätigkeit des Sehlundkopfes gleichzeitig bewegen. Gewöhnlich sieht 31” 476 man nur zwei dieser Speicheldrüsen in ihrer ganzen Länge, die beiden übrigen in der Verkürzung als Kreise (Fig. 14»). Der Magen folgt fast unmittelbar auf den Schlundkopf; doch finden wir an der Uebergangs- stelle die eigenthümlichen Flimmerwellen (Fig. 1&), die ich schon oben beschrieben habe. Der diekwandige, inwendig flimmernde, eiförmige Magen liegt quer auf der linken Seite des Thieres, gegen den Rücken hin und grenzt unmittelbar an den birnförmigen Darm (Fig. 13 k), der in die auf der linken Seite neben dem kürzern Zahne der Fussößnung befindliche Kloake mündet (Fig. 13, Fig. Ike). Die beiden Magen- drüsen, am Anfange des Magens angeheftet, sind gestielt und von dreieckiger Gestalt (Fig. A3e). Sehr gross ist das kugelige Gehirn, welches auf der Rückenseite unmittelbar über dem Schlundkopf liegt, so dass dieser von jenem in der Bauchlage verdeckt wird (Fig. 14). Auf dem hintern Rande des Gehirns in seiner Mitte befindet sich ein sehr grosser, rother Augenfleck, an dem man die Xähnliche Struetur nicht so deutlich erkennt, wie bei Br. urceolaris; dagegen beobachtete ich hier unmittelbar hinter dem Augenfleck einen kugeligen, hell- glänzenden Körper, den ich jedoch nicht für ein lichtbrechendes Organ, sondern für einen Gehirnanhang, einen Sehhügel, halten möchte, und von dem ich bei Br. urceolaris ebenso wenig eine Spur auffinden konnte, als an den vier Speicheldrüsen (Fig. 44). Höchst auffallend ist noch die Beobachtung, dass sich in jeder der beiden Seitenspitzen des untern Panzerrandes eine Grube befindet, an deren Boden sich ein scharf umschriebener Kreis, anscheinend eine Oeflnung, sehr deut- lich erkennen lässt. Zu diesem Kreise führt ein gelblicher Strang, der sich an der umschriebenen Stelle zu einer dickern Anschwellung er- weitert; aus der Grube entspringt eine kurze Borste, die ziemlich lang ins Wasser hineinragt (Fig. 13V). Da sich diese Gruben in unmittel- barer Nähe der Respirationskanäle finden, so vermuthete ich anfangs in ihnen Oeflnungen zur Aufnahme von Wasser; doch vermochte ich dafür keinen entscheidenden Beweis aufzufinden und möchte dieselben daher vorläufig für Borstengruben, analog der bei Hydatina Senta beschriebenen «Respirationsöffnung» Ehrenberg’s erklären; auch von diesem Organe ist bei Br. urceolaris keine Spur vorhanden, wie ja dieser Art auch die Seitenspitzen des Panzers fehlen. Der «Sporn oder die Respirationsröhre» ist dagegen bei beiden Arten in ganz gleicher Weise gebildet und ragt zwischen dem mittlern Rücken- ausschnilt, senkrecht abstehend, heraus, an der Spitze becherförmig vertielt (Fig. 44); am Grunde dieser Vertiefung legt sich an die innere Fläche das angeschwollene Ende eines dicken Nervenfadens, während ein Wimperbüschel auf der entgegengesetzten Fläche entspringt. Was die Muskeln betrifft, welche den Fuss und das Räderorgan zurück ziehen, so sind diese auf das Schönste und Deutlichste quergestreifi 477 (Fig. 130). Endlich bot mir das Respirationssystem höchst eigenthün- liche Charaktere. Die contractile Blase nämlich ist bei Br. militaris ganz ungewöhnlich gross, so dass sie fast zwei Drittel der Leibeshöhle einnimmt; dabei ist sie doppelt oder zweikammerig (Figg. 13, 44); die eine Kammer, die unmittelbar die hintere Panzerfläche berührt, ist grösser und eiförmig von Gestalt (Fig. 43 m); vor ihr liegt die zweite, die bis über die Mitte des Panzers hinaufreicht (Fig. 43 m’). Die con- tractilen Blasen nehmen die rechte Seite des Thieres ein und sind so gross, dass der Magen und Darm von ihnen auf die linke Seite zurück- gedrängt werden, zugleich ist die Wand der Blase an die des Magens und Darms angewachsen; daher kommt es, dass jedes Mal, wenn sich die Blase zusammenzieht, der Darm bis zum Hinterende des Panzers hinabsteigt und bei der Ausdehnung wieder in seine nor- male Lage zurückkehrt. Das Spiel der beiden Blasen ist so, dass bei der Diastole der einen die Systole der andern stattfindet und umge- kehrt; die hintere grössere Blase mündet auf ‚der linken Seite des Thieres durch einen kurzen Stiel in die Kloakenöffnung (e). Nicht weit davon entspringen die «Respirationskanäle » oder Wassergefässe (Fig. 43 n), die zuerst in einer geschlängelten Linie vom Hinterende des Panzers bis zu den Seitenzähnen verlaufen , wo sie mit den Nerven- fäden (?), welche zu den hier befindlichen Borstengruben treten, in Berührung kommen und in dieser Gegend den ersten Flimmerlappen tragen; alsdann steigen die Kanäle längs der Seite auf bis zur Stirn, indem sie sich zwei Mal zu kugeligen Knäueln verwirren (Fig. 13 «) und in der Mitte des Körpers, wie am Kopfe, noch drei Flimmerlappen oder Zilterorgane aufnehmen. Die enorme Grösse der contractilen Blase brachte mich auf den Gedanken, ob es nicht möglich sei, hier durch das Experiment die noch immer zweifelhafte Frage über die Function dieses Organs zu entscheiden. Zu diesem Behufe mischte ich fein vertheilte Farbstoffe unter das Wasser in ähnlicher Weise, wie man dies bei der Fütterung der Infusorien zu thun pflegt. Dadurch konnte ich mit der grössten Leichtigkeit constatiren, dass jedes Mal bei der Gontraction der Blase ein Strom durch die Kloaken- ölfnung herausgetrieben wurde, und ebenso entstand eine Strömung nach der Kloake hin, sobald die contractile Blase sich erweiterte. Ja es gelang mir sogar, das Einströmen der Farbe- körnchen ins Innere der contractilen Blase zu beobachten und diese Körnchen selbst innerhalb derselben deutlich zu erkennen, wie ich umgekehrt auch beim Zusammenziehen der Blase die Pigmentkörnchen gewaltsam aus der Kloake herausgetrieben sah. Am günstigsten für dieses Experiment fand ich chinesische Tusche und Gummi gutti, wäh- rend Indigo- und Karmintuschen in der Regel zu grosse Klumpen bilden, als dass dieselben durch die enge Kloakenöfluung hindurch könnten. 478 Ueberhaupt treten verhältnissmässig nur wenig Farbekörnchen ins In- nere der contractilen Blase, wahrscheinlich weil die Oeffnung sehr eng und, wie mir schien, auch mit Wimpern besetzt ist, welche ein wei- teres Hinderniss festen Körnchen in den Weg legen. Als ich einen Brachionus mit einem Deckgläschen presste und dadurch zum Entleeren seines Darminhalts durch die Kloakenöffnung nöthigte, konnte ich be- merken, wie bei der darauf folgenden Ausdehnung der contractilen Blase die eigenen Faeces des Thieres in die Blase einströmten. Durch diese Beobachtungen sind alle Zweifel über die Function der contrac- tilen Blase gehoben und dieselbe ist nun als ein von aussen her Wasser aufnehmendes und wieder ausscheidendes, also zum Respirationssystem gehörendes Organ mit grösster Sieher- heit nachgewiesen. Ueber die Bedeutung der «Respirationskanäle » dagegen und der Zitterorgane konnte ich auf diese Weise keinen Aufschluss erhalten, da die Farbepartikeln in diese feinen Röhren nicht eintreten. Was nun endlich die Fortpflanzungsorgane des Brachionus militaris betrifft, so ist der unbefruchtete Eierstock wie gewöhnlich gebildet, herzförmig, auf der Bauchseite liegend und durch einen Ei- leiter mit der Kloake verbunden (Fig. 43 s). Von den Eikeimen ent- wickelt sich immer nur einer und legt sich quer parallel der Breiten- achse, der er im Durchmesser fast gleichkommt; das Ei ist von der oft weit absiehenden und dadurch deutlich sichtbaren, elastischen Haut des Eierstocks umgeben. Auch der Brachionus militaris hat dreierlei Eier: Wintereier von elliptischer Gestalt, mit einer dicken, leder- artigen, ganz undurchsichtigen, genarbten Schäle, deren längere Achse Y,,” und deren kürzere Y,,"" beträgt; der Dotter reicht nicht bis an die Pole der Schale (Fig. 15); eine weitere Entwicklung dieser Winter- eier konnte ich nicht beobachten. Andere Individuen schleppten mit sich ein bis zwei «Sommereier», von ähnlichen Dimensionen wie die Wintereier, aber mit zarter, durchsichtiger, papierartiger Schale (Fig. 43 £); die Furchung und Entwicklung der Sommereier zu reifen, ihren Müttern ganz gleichen Embryonen liess sich leicht beobachten, und ist bereits von Ehrenberg angegeben; diese Eier waren die häufig- sten. Endlich fand ich bei einigen Exemplaren männliche Eier (Figg. 14,46), die nur Y,," in der längern und Y/,,” in der Quer- achse erreichten, ebenfalls ‚von zarter Schale umgeben; auch hier sah ich den Dotter sich in zwei, drei, vier und mehr Partien durchfurchen, endlich im reifen Embryo das Wirbelorgan, ein rothes Auge und zwei dunkele Flecke, aber kein Gebiss sichtbar werden (Fig. 16); ‘das aus- geschlüpfte Männchen traf ich nur einmal, und obwohl ich es nicht genauer Untersuchen konnte, so’ Schien es mir doch in Gestalt und Organisation den von mir schon beschriebenen Männchen von Bra- chionus urceolaris ganz ähnlich. 419 IV. Allgemeine Resultate. Es erhellt aus meinen Beobachtungen über die Brachionusmännchen, dass sie im Wesentlichen mit den männlichen Hydatinen und Notom- maten ganz gleich gebaut sind; mit dem Männchen der Notommata Sieboldii haben sie das gemein, dass sie anders gestaltet sind, als die Weibchen, während die Männchen von Hydatina und Notommata anglica ihren Weibchen äusserlich bis auf die geringere Grösse völlig gleichen. Ebenso ist es gewiss, dass unsere Brachionusmännchen iden- tisch sind mit der Form, die Ehrenberg als Notommala granularis be- schrieben hat. Zwar schildert und zeichnet Ehrenberg bei derselben «den dicken Schlundkopf mit unklaren, wahrscheinlich einzahnigen Kiefern», ‚doch stellt er selbst die Vermuthung auf, ob diese Form nicht; vielmehr eine besondere zahnlose Gattung sei; auch erwähnt er einen geknäuelten kurzen Eierstock und einen Speisekanal, den er sogar grün colorirt; doch ist wohl klar, dass diese Angaben von einer unrichtigen Auffassung des Hodens herrühren, und dass das Colorit nur schematisch sein kann, da ich nie farbige Nahrung in dem männ- lichen Brachionus sah. Abgesehen davon ist Ehrenberg’s Zeichnung der Notommata granularis so genau, als man sie nur wünschen kann, und es gibt ein schönes Zeugniss für seine Beobachtungen, dass selbst die Missverständnisse in denselben späteren Forschungen zur sichern Basis dienen können. Ich habe schon oben erwähnt, dass Ehrenberg die Eier der Notommata granularis auf Notommata Brachionus und Bra- chionus Pala angeheftet sah, und dies so deutete, als seien dieselben kuckuksartig auf fremde Weibchen abgesetzt worden. Anfangs hegte er die Vermuthung, ob nicht vielmehr ein und dasselbe Räderthier zu- weilen verschieden geformte Junge habe; doch die Beobachtung der in Volvox und Vaucheria schmarotzenden Notommataarten verführte ihn zu der andern sonderbaren Erklärung. Nachdem jedoch Weisse auf die specifische Identität der Notommata granularis und des Bra- ehionus urceolaris aufmerksam gemacht, und Leydig dieses Verhältnis ins rechte Licht gesetzt, so kann von der Ehrenberg’schen Hypothese nicht mehr die Rede sein; im Gegentheil liefern der Brachionus urceo- läaris und militaris entscheidende Beweise für die Geschlechtsverhält- nisse der Räderthiere, da ja auch bei ihnen die Eier bis zur voll- ständigen Entwicklung mit der Mutter in Verbindung bleiben, wenn auch nur an ihrer Aussenseite, und nicht in der Bauchhöhle, wie bei den Notommataarten, welche lebendige Junge gebären. Wenn übri- gens aus den Beobachtungen Ehrenberg’s, welcher eine Notommata granularis mit dem Brachionus Pala und der Notommata Brachionus ın Zusammenhang bringt, hervorgeht, dass diese beiden Arten Männehen 480 besitzen, die in ihrer Gestalt mit den von uns dargestellten Männchen des Brachionus urceolaris und militaris völlig übereinstimmen, so kön- nen wir aus Leydig’s Abbildungen entnehmen, dass auch die Männ- chen des Brachionus Bakeri und des Brachionus rubens ganz ähnlich gebaut sind. Leydig unterscheidet nämlich bei Brachionus Bakeri und urceolaris zweierlei Eier, Wintereier und kleinere, in denen ein dunkler Körner- haufen sichtbar ist und aus denen ein Embryo entsteht, der vom und hinten flimmert, und in der Nähe der Fussbasis einen oder zwei Haufen von Harnconcrementen einschliesst. Von Brachionus rubens be- richtet er, dass das eben ausgekrochene Thier von dem alten sich durch langgestreckte Gestalt unterscheide; zwischen Panzer und Fuss sei noch nicht die so grosse Differenz im Breitendurchmesser gegeben; ferner habe der Panzer noch keine Stacheln am Vorderende; der Hals- theil sei lang, das Räderorgan einfach, Kauorgane noch nicht vorhanden; wohl aber erscheine sehr deutlich eine gegen die Fussbasis sich hin- ziehende Blase mit Harneoncrementen» (l. c. pag. 50—53). Bei Br. urceolaris sollen die Harneoncremente in den Eiern fehlen. LZeydig zieht daraus den Schluss, dass die Brachionen einer Metamor- phose unterworfen seien, wie die Krustaceen, zu denen er die Räder- thiere überhaupt stellt. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die an- geblichen, von den erwraciisbhen Weibchen so versehiedenen «Jungen» vielmebr die Männchen waren. Da Leydig selbst ausführlich und mit richtigem Tacte die von Weisse citirten Beobachtungen Ehrenberg’s über die Notommata granularis umgedeutet, so ist sein Missverständniss ge- wiss um so seltsamer, wenn er schliesslich die Hoffnung ausspricht, dass die Brachionus-Männchen später in der von ihm vermutheten Weise aufgefunden würden, ohne zu bemerken, dass er selbst diese Männchen wenige Seiten vorher bereits beschrieben und abgebilde‘ babe. Hätte Leydig sich daran erinnert, dass schon Baker den Kau- apparat in den weiblichen Brachionuseiern und das Ausschlüpfen der Jungen in einer, ihrem Mutterthiere völlig gleichen Gestalt beschrieben, so würde es ihm auch alsbald eingefallen sein, dass er zufällig nu die Entwicklung von männlichen Eiern beobachtet habe. Dass das flimmernde Ende des Fusses, das Leydig bei Brachionus Bakeri zeichnet (Tab. IV, Fig. 43 c), den Ausführungsgang des Penis darstellt, ist leicht zu erkennen; die daneben verborgenen Zehen des Fusses hat Leya ig übersehen. Leydig ist zu seinem Missverständniss durch das Bestreben ver- leitet worden, die Uebereinstimmung der Räderthiere mit den Krusta ceen, auf die er so grossen Werth legt, auch noch durch den Nach- weis einer Metamorphose zu belegen. Wir haben gesehen, dass bei Brachionus keine Metamorphose stattfindet, und wir möchten dieselbe 481 auch bei den anderen von Leydig aufgeführten Beispielen bezweifeln, da «die jungen Stephanocerosformen» vielleich, auch Männchen sind und die Veränderungen bei Tubicolaria und Melicerta sich eigentlich nur auf das Verschwinden des rothen Pigmentflecks im Alter be- schränken; dass der Sporn erst später nachwachse, ist kaum glaub- lich. In keiner der zahlreichen, genaueren Beobachtungen über Ent- wicklung der Räderthiere aus dem Ei ist eine Metamorphose bemerkt worden. Meiner subjectiven Ansicht nach, deren Begründung freilich ausser den Grenzen dieses Aufsatzes liegt, sind auch die übrigen von Leydig für die Krebsnatur der Räderthiere beigebrachten Motive nicht stich- haltiger, als die angebliche Metamorphose, während die Bewimperung, der Respirationsapparat, das Nervensystem, die Lage der Eingeweide und selbst die Gestalt) sie offenbar den Würmern eng anschliesst; eine «Gliederung» kann ich in den von mir untersuchten Räderthieren nicht finden, sondern nur flache Einschnürungen der Cutieula in den wichtigeren Körpertheilen. Selbst der Fuss und die Zehen des Bra- chionus sind keine eingelenkten Bewegungsorgane, sondern Theile der Leibeshöhle; andere Gebilde dieser Art sind als Stacheln und Borsten der Cutieula zu betrachten; doch habe ich allerdings einige der hierin maassgebenden Arten noch nicht zu diesem Behuf untersucht. Die Ana- logie der Räderthiere mit Anneliden und wurmähnlichen Larven: ist, wie Huxley schon bemerkte, so gross, dass man bei ihnen gewiss nur an den Typus der Würmer, nicht an den der Arthropoden denken kann, obwohl sich einige Beziehungen zu den Krebsen nicht ableugnen lassen. Leydig’s Bezeichnung der Räderthiere als « Wimperkrebse » halte ich jedenfalls für ganz verfehlt, und die Stellung, die v. Siebold diesen Thieren, als eine besondere Abtheilung in der Glasse der u) Diese Charaktere sind es auch, welche die Räderthiere von den sonst in manchen Stücken ihnen analogen Tardigraden unterscheiden. Auch bei den Tardigraden ist das Nervensystem in einer bestimmten Zahl von Bauch- ganglien für jedes Körpersegment entwickelt; der Eierstock liegt über dem Magen, auf der Rückenseite, also umgekehrt wie bei den Rotatorien. Ich mache übrigens darauf aufmerksam, dass Doyere, der bekanntlich die Tar- digraden für Hermaphroditen hält und die Samenthiere nur in zwei Indi- viduen gesehen hat, von einzelnen Exemplaren spricht, bei denen die Mundtheile verkümmert seien, Saugblase und Schlundkopf völlig fehlten (Ann. d. scienc. natur., 2° Ser., Vol. 4%, pag. 323, tab. 1%, fig. 10): so am häufigsten bei Macrobiotus Hufelandii, seltener auch bei anderen Arten. Erwägt man noch, dass bei den Tardigraden von zwei nächst verwandten Arten die eine nur dickschalige, warzige, die andere nur zartschalige Eier absetzen soll (Macrobiotus Hufelandii und Oberhauseri), so scheint alles Dies mit Hinblick auf die Geschlechtsverhältnisse der Räderthiere zu einer neuen Untersuchung anzuregen. 482 Würmer zwischen Turbellarien und Annulaten gibt, für bei weitem naturgemässer. Meine Beobachtungen an Hydatina und Brachionus weisen in Ueber- einstimmung mit denen Dalrymple’s und Leydig’s an Notommata darauf hin, dass bei den Räderthieren das Geschlecht des zukünftigen Embryos schon’in der Gestalt, der Zahl und Grösse der Eier ausgesprochen ist, dass man: also zwischen männlichen und weiblichen Eiern unter- scheiden kann — ein Verhältniss, das wohl schwerlich bei anderen Thie- ren schon beobachtet ist. Diese Beobachtungen machen es auch wahr- scheinlich, wie es bei Notommata ,Sieboldii und Brachionus urceolaris gewiss ist, dass bei den Räderthieren bereits in den eierlegenden Weibchen eine Verschiedenheit ausgesprochen ist, insofern jedes Weib- chen immer nur Bier eines Geschlechts produeiren kann. Wenn Ehren- berg von Notommata Brachionus berichtet, dass dieselbe zuweilen nur ein normales (Sommer-) Ei unter 5— 6 Eiern der N. granularis (männ- lichen) mit sich herumtrage, so ist diese Beobachtung gewiss nur eine seltene Ausnahme; von Brachionus Pala erzählt er selbst, dass der- selbe oft 40—42 Eier, und zwar nur männliche, auf dem Rücken trage. Hält man hierzu die Beobachtung, dass auch die Wintereier von besonderen Weibchen gelegt werden, und dass sich dieselben nur zu gewissen Zeiten, und zwar immer nur gleichzeitig mit den männlichen zu bilden scheinen, so wird es höchst wahrscheinlich, dass bei den Räderthieren ein complicirter Generations- wechsel herrscht. Wenn wir auch nicht daran zweifeln, dass bei sämmtlichen Räderthierarten Männchen existiren, obgleich sie bisher erst bei einem kleinen Theile gefunden worden sind, so steht es doch eben so unzweifelhaft fest, dass das Vorkommen der Männchen ein viel selteneres und spärlicheres sein muss, als das der Weibchen, die in allen Jahreszeiten in ungeheuren Massen vorkommen. Daraus ergibt sich, dass die Männchen unmöglich ausreichen können, um alle Weibchen zu befruchten, und da man nichts desto weniger die Weib- chen zu allen Jahreszeiten mit entwicklungsfähigen Eiern erfüllt sieht, auch ‘wo keine Spur von Männchen wahrzunehmen ist, so wird es zum mindesten höchst wahrscheinlich, dass diese Eier ohne vor- hergegangene Begattung und Befruchtung sich bilden und zu leben- digen Jungen sich entwickeln können. Da nun die Form der Eier, welche bei allen Räderthieren das ganze Jahr hindurch angetroflen wird, diejenige ist, welche wir oben als «Sommereier» bezeichnet haben, so würde daraus folgen, dass diese «Sommereier» vielmehr ungeschlechtliche Fortpflanzungskörper, Keime, seien, und dass die Räderthiere, welche dergleichen Keime produeiren, nicht sowohl Weibchen, als vielmehr geschlechtslose Ammen sind, Hiernach wird es wahrscheinlich, dass die zweite Art der Eier, die” 483 Wintereier, welche nur zu einer bestimmten Jahreszeit, im Frühling und Herbst, und zwar, wie es scheint, immer nur. dann gebildet werden, wenn sich auch die Männchen finden, als Producte einer geschlechtlichen Befruchtung, also als die echten Eier der Räder- thiere zu betrachten seien. Es würde hiernach eine wesentliche Ver- schiedenheit in den sogenannten « weiblichen» Räderthieren sich heraus- stellen, indem die Individuen mit «Sommereiern» als geschlecht- lose Ammen sich verhalten, die einen Keimstock besitzen und im Laufe des Sommers ununterbrochen Ammengenerationen aus sich her- vorgehen lassen; diejenigen Räderthiere dagegen, welche Wintereier tra- gen, sind wirkliche Weibchen, enthalten einen Eierstock und müssen von den Männchen befruchtet werden, obwohl sie sich äusserlich von den Ammen vielleicht gar nieht unterscheiden lassen. Es leuchtet die Analogie dieses Vorgangs mit der Entwicklung der Blattläuse, der Daphnien und Artemien ein, bei denen ebenfalls im Laufe des Som- mers nur geschlechtlose Ammen sich finden, welche lebendige Junge gebären, während im Herbste aus ihnen eine geschlechtliche Genera- tion hervorgeht, bei der die äusserlich von den Ammen nicht zu unterscheidenden Weibchen von den nur zu dieser Zeit erzeugten Männchen befruchtet werden und sodann die eigentlichen « Winter- eier», Ephippialeier, legen. Die gewöhnlichen Räderthiereier, aus denen bald nach dem Legen und zum Theil schon in der Bauchhöhle der Mutter die Embryonen hervorgehen, entsprechen offenbar den «Keimen» jener Arthropoden, aus denen lebendige Junge sich ent- wickeln. Die echten Eier (Wintereier) sind bei beiden durch die lange ruhende Entwicklung, die harten Schalen charakterisirt. Der Generationswechsel bei den Räderthieren ist nur insofern etwas com- plicirter, als eine geschlechtliche Generation (Männchen und Weibchen) mit Wiatereiern nicht blos im Herbste, sondern auch schon im Frühlinge auftritt, während die dazwischen liegenden Generationen lauter oder doch grösstentheils Ammen zu sein scheinen; doch hat auch bei den Daphnien Zenker nachgewiesen, dass einzelne Männchen das ganze Jahr hindurch zwischen den Weibchen zerstreut vorkommen, aber nur im Frühling und Herbst sich ausserordentlich vermehren, Dafür, dass die Männchen und die Wintereier der Räderthiere zusammengehören, spricht insbesondere auch die Thatsache, dass fast bei allen Arten, wo Wintereier gefunden wurden, auch gleichzeitig die Männchen beob- achtet worden sind, so bei den Hydatinaeen und Brachionaeen: Hy- datina, Notommata, Diglena, Brachionus, mit denen Anuraea, Triar- thon, Scaridium, Ascomorpha nahe verwandt sind; aus der Familie der Melicertina kennt man neben den Wintereiern (bei Tubicularia, Lacinu- laria, Melicerta) wenigstens die Spermatozoiden; dagegen bei der Fa- milie der Philodinaca und Floseularica, wo man die Wintereier noch 484 nicht gesehen, fand man auch noch keine Spur von Männchen. Hivcley betrachtet zwar ebenfalls Sommer- und Wintereier für zwei verschie- dene Fortpflanzungsweisen der Räderthiere; aber nach seiner Ver- muthung sind gerade die ersteren durch geschlechtliche Befruchtung entstanden; die letzteren, die er Ephippialeier nennt, hält er für ge- schlechtlose knospenartige Keime. Aber gerade die Analogie mit den Ephippialeiern der Daphnien, so wie die verhältnissmässige Seltenheit der Wintereier und Männchen, neben dem überaus häufigen Vor- kommen der Sommereier hätte ihn überzeugen müssen, dass sich die Sache gerade umgekehrt verhält. Von der mehrzelligen Streuctur der Wintereier, die Huxley bei Lacinularia beschreibt, habe ich in den von mir untersuchten Fällen nichts wahrnehmen können. (Siehe dessen Abhandlung on Lacinularia socialis Quaterly Microscop. Journal, 1852, pag. 42—44.) Ob nun gleich kaum noch bezweifelt werden kann, dass bei den Räderthieren neben der seltenern geschlechtlichen noch eine weit häufigere ungeschlechtliche Fortpflanzung stattfindet, so müssen h wir doch zugeben, dass die bis jetzt uns zu Gebote stehenden Kennt- nisse über diese Thiere noch nicht ausreichen, um über jeden Punkt ihrer Entwicklung völlige Klarheit zu gewähren. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXU. Hydatina Senta. Fig, 4. Ein junges, noch nicht ausgewachsenes Weibchen, so gelegt, dass der Rücken (zwischen a und h) nach links, der Bauch (zwischen b und c) nach rechts gelegen ist; der Kopf ist so gedreht, dass die Mundöffnung nicht am rechten Rande, sondern in der Mitte sich be= findet; vorn der äussere und die beiden inneren Wimpersiume; dahinter die Mundöffnung, der Schlundkopf, die kurze Speiseröhre, Magen und Darm; a die Kloake; 5 die contractile Blase; c die stellenweise it : Knäuel verwirrten, Zitterorgane tragenden Wassergefässe; d Magen- drüsen; e der noch wenig entwickelte Eierstock; f der Hirnknoten; g die Borstengrube, mit dem Hiroknoten durch Nervenstränge ver- bunden; A eine Grube oberhalb dieser Stelle; © gemeinschaftlicher Ansetzpunkt zweier Längsmuskeln; % kolbige Körper am Fusse. , Der Darmkanal eines Weibchens, ungewöhnlich entwickelt. ‘«@ Magen b Pylorus; ce Darm. Fig. 3. Die Innenfläche des Magens, nach aussen gestülpt, von einem Flinmer- epithelium bekleidet, , Vig. % Das Gebiss des Weibchens. Bei A die Schneiden , f die Wurzeln dei Zähne; fh Kinnladen; fg blasenförmige, fe hammerförmige Fortsä er = 157 485 deren Spitzen tief an die Kinnladen angedrückt sind, b Einlenkung des un- tern beckenförmigen Theiles; a schwanzförmiger Fortsatz dieses Theiles Fig. 5. Ein Weibchen halbschematisch von der Seite gesehen, um die relatiye Länge der Körpertheile und Eingeweide zu erläutern; an Bauchscite mit dem Mund a; kn Rückenseite; hier liegt k der Hirnknoten; ! die Borstengrube; f Kloake; df Magen und Darm, unter diesen A der Eier- stock, und unter diesem g (auf der Bauchseite) die contractile Blase mit den «Respirationsröhren und Knäueln» ©; ab Mundhöhle; ec Schlund- kopf; d Speiseröhre; m Ansatzpunkt zweier Muskeln. Fie. 6. Ein Paar Muskeln: in dem verbreiterten Theile des einen (a) haben sich Vacuolen gebildet; der andere (b) ist verzweigt (ein Nerv?); c ein «Zitterorgan», dessen Stiel aus einer feinen, später in den körnigen «Respirationskanal» mündenden Röhre entspringt. Fig. 7. Der Eierstock aus der Bauchhöhle herausgenommen, «a Keimfleck; b Keimbläschen; d Membran des Eierstocks. Fig. 8. Junge Eier, wie sie im unbefruchteten Eierstock sichtbar sind, wenn die Substanz desselben durch Wasseraufnahme durchsichtig geworden a Keimfleck; b Keimbläschen; c Eihaut mit Dottersubstanz erfüllt. Fig. 9. Ein Sommerei mit völlig ausgebildetem, dem Ausschlüpfen nahen Embryo. Fig. 10 u. 44. Männchen (Enteroplea Hydatina Ehr.). a Oeffnung des Penis; b contraclile Blase; ce zwei Blasen mit Körnern gefüllt; e Hoden; f Hirnknoten; g Borstengrube, Fig. 12. Die Geschlechtsorgane stärker vergrössert. «a Oeflnung des Penis; b Drüse, welche die Wurzel des Penis umgibt; ce Körnerblasen; d Falte der Cuticula, in welche der Penis zurückgezogen wird. Fig. 13. Einzelne Spermatozoiden. Fig. 4%. Eine Blase mit Körnern, von der Seite betrachtet, um ihre Anhefiung amı Penis zu zeigen. , Tafel XXIV, Fig. 1 —12. Brachionus urceolaris ZEhr. Dieses Räderthier ist in verschiedenen Lagen abgebildet. Fig. 1 auf dem Rücken liegend, die Bauchplatte nach oben; Fig. 2 von der Seite gesehen; Fig. 3 u. % in der Bauchlage die Rückenplatte nach oben; es bedeutet in die- sen Figuren « den äussern Wimpersaum; bb die beiden halbkugeligen, ce die kegelförmigen borstentragenden, d den mittlern viereckigen Flimmerlappen des innern Wimperrandes; e die Kloake; f die Mundhöhle; g den Schlundkopf; h die kurze Speiseröhre mit wellenföormigem Flimmer; i den Magen; k Darm; I die Magendrüsen; m die contractile Blase; n die Wassergefässe mit den Zitterorganen; 0 die Längsmuskeln des Kopfes; p die Muskeln des Fusses; q den Hiraknoten; r den Sporn; s den Eierstock; t das reife Ei. Fig. 4. Ein Weibchen mit halb Ausgestrecktem Wirbelorgan mit einem aus- wendig anhängenden Sommerei, in dem der Embryo mit Augentleck und Zahnapparat schon ausgebildet, ein unreifes Ei im Eierstock, vom Bauch betrachtet. Fig 2. Ein eben solches von der Seite betrachtet. Fig. 3. Ein Weibchen mit vier männlichen Eiern, in verschiedenen Entwicklungs- stufen: x mit ungetheiltem, ß mit gefurchtem Dotter, y und ö mit reifem 486 ‘Embryo, in dem das Auge und die Körnerblase bereits zu erkennen, vom Rücken betrachtet. Ein Weibchen mit eingezogenem Wirbelorgan und ausgestrecktem Sporn, ein Winterei mit sich tragend. Fig. 5. Ein Sommerei, in der Furchung begriffen. Fig. 6. Ein Sommerei, aus dem der Embryo eben ausgeschlüpft, die Schale in zwei Hälften zersprungen, das neugeborne Weibchen ganz von der Gestalt des alten. 4 Fig. 7. Ein männliches Ei, von dem ausschlüpfenden Embryo zerbrochen; a,» die Eihälften. Fig. 8 u 9. Ein jüngeres und ein ‘älteres Männchen. «a Hoden; D seitliche Drüsen; c Körnerblasen; e flimmernde Oellnung des Penis; f Zehen des Fusses; g Hirnknoten mit dem Auge. Fig, 40. Ein Dauer- oder Winterei. a Deckel; ö äussere, c innere Haut mit dem noch von einer besondern Membran umschlossenen Dotter. Fig. 14. Der Schlundkopf. a—b Kinnladen mit den Zähnen; c hinterer Fort- satz; d freie Spitze des hammerförmigen Theils; e beckenförmiger Theil; f untere Spitze desselben; bei « die Backen, welche den Schlund ver- schliessen. Fig. 12. Der Hirnknoten mit dem Augenfleck. Fig. % Fig. 13—46. Brachionus militaris. Fig, 43. Das Thier auf dem Rücken liegend, die Bauchseite nach oben; der Hirnknoten mit dem Auge verdeckt durch den Schlundkopf; die Buch- staben haben dieselbe Bedeutung wie bei Brachionus urceolaris; m’ die zweite obere contractile Blase; £ ein Sommerei; u der Knäuel der Wassergefässe; ® die Borstengruben; w die schlauchförmigen An- hänge des Schlundkopfs, zwei an jeder Seite (Speicheldrüsen); « Falte der Kopfhaut. Fig. 44. Ein anderes Thier mit einem männlichen Ei, auf dem Bauch liegend, die Rückenseite nach oben; der Schlundkopf fast ganz durch den grossen Hirnknoten verdeckt, an letzterem unten das rothe Auge, unmittelbar darunter der kugelige Hirnanhang; zu beiden Seiten die vier Speichel- drüsen, zwei in ihrer Länge gesehen, zwei verkürzt als Kreise er- scheinend, rechts Magen und Darm, dahinter der Rierstock; links die beiden contractilen Blasen; bei e die Kloake (350 Mal vergrössert). Fig. 45. Ein Winterei. Fig. 16. Ein männliches Ei. } Sämmtliche Figuren sind mit Hülfe eines Zeichenprismas unter 350facher Vergrösserung angefertigt; Fig. 3, Taf. XXIII und Fig. 2, Taf. XXIV sind halb- schematisch , Fig. 14 bei 200maliger Vergrösserung gezeichnet. Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig. F FIN ZZ = » , E Kits? £ wipenschaftt. Zoologie Bd Il. 3 “ = Zar. I. Wagenschteher 10 Taf: I. ‚Selschrijt L. mwijjenschaftl. Zoologie Ba VH. G Mesfwer det Wagenschieber sc 7 Moer E | > T Wagenschinber 30 | he EITZEE et nn = u ER — z * te. a ikechri/f a Zeoloote Wagenrhreber en Soetorie Ba, TU Wipmselinder ır x N N x N $ S wijjenschaftt. Zeoteore Bd. Tl. Katschrft 7 Tree er Magrurckinber se. IM. _ Jar Zoologie Bid WE. Wagwuchister 1r. Say TR Wreschrift Lwrjfjenschaftt. Koologie Bad JH. EHRE SETRSTEN SE er ES 08 ee len ER een Sn en] =—— ——— “ a ww = ——r > ——— —a —— — ar m ZZ — eleate BET, enschaftl 20 fi Zapf IX: — . u u) Y a en Eee Fr. RE AHE: FREE): D GR (> (7 SEE ER 2% III )) \ ( ) un u) wlschrijft £ mwijenschaftt SDotoger Ba NH Vaot det Ar 2er er y: a Zap NHL \ a 0 RP # 000 asenschinber 7r — . Far: IN Wasenschieber. sr hatt. eetoete Be I NS Mi F 2 IH Wapeeredinler ve S . ı \ en nn S 8 N ® N ” N \ S =, x a1 N S ee ® I Reen : N j ’ N s e F 2 - 1 N rofl. ET u Fr Srrtschrijt 7 mwijjenschaftt. Zoologie Ba TH. Zuf IVH. A Fir T. ul El Up iS £i für 2: Sir 3 v B 2 3 u a} LU ’ | 4 \ a r 1 - 4 | | z = z = a | r S ” | . e . = . 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