V ^ ) W. ^H w wi ^^>^ ■^-^im ZEITSCHRIFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE BEGRÜNDET VON CARL THEODOR V. SIEBOLD UND ALBERT V. KÖLLIKER HERAUSGEGEBEN VON ERNST EHLERS PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT ZU GÖTTINGEN HUNDERTSECHSTER BAND MIT 186 FIGUREN IM TEXT UND 12 TAFELN LEIPZIG UND BERLTN VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1913 :i(B ml Inhalt des hundertsechsten Bandes Erstes und Zweites Heft Ausgegeben den 15. Juli 1913 Seite Henrik Strindberg, Embryologiscbe Studien an Insekten. Mit 71 Fi- guren im Text 1 Alfred Lickteig, Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochen- fische. Mit 9 Figuren im Text und Tafel I- III 228 Drittes Heft Ausgegeben den 12. August 1913 Karl Richter, Das Nervensystem der Oegopsiden. Mit 22 Figuren im Text und Tafel IV 289 Leopold V. Üb lach, Die Entwicklung von Strongylocontrotus lividiis. (Echinus microtubcrculatus, Arbacia pustulosa.) Mit 20 Figuren im Text und Tafel V— VII 409 Viertes Heft Ausgegeben den 26. August 1913 Wilhelm Siebert, Das Körperepithel von Auodonta cellensis. Mit 39 Fi- guren im Text 449 E. Ballowitz, Über schwarz rote und sternförmige Farbzellenkombiuationeu in der Haut von Gobiideu. Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren und Chromatophoren -Vereinigungen bei Knochen- fischen. Mit 25 Figuren im Text und Tafel VIII- XII 527 Embryologische Studien an Insekten. Von Henrik Strindberg, Lic. phil. (Aus dem zootomischen Institut der Hochschule zu Stockhohn.) Mit 71 Figuren im Text. Inhalt. Seite Vorwort 2 Abteiking I 4 Das Ei. Abteilung II 7 a. Vorgänge, die zur Bildung der Keimscheibe führen (Bildung und Differenzierimg des Blastoderms). b. Allgemeines über die Bildung und Differenzierung des Blastoderms nebst einigen Bemerkungen über die Eifurchung. Abteilung III 25 a. Verwendung des extraembryonalen Blastoderms und Bildung der EmbryonalhüUen. b. Allgemeines über die Embryonalhüllen. c. Über die Krümmmigen der Embryonen. Abteilung IV 76 a. Eigne Untersuchimgen über die Bildung der Keimblätter der Insekten. b. Allgemeines über die Keimblätterbildung der Articulaten, insbeson- dere diejenige der Insekten. Abteilung V lOG a. Entwicklung der ectodermalen Ürgansysteme 106 1. Nervensystem 106 a. Gehirn 106 b. Bauchmark 112 c. Neurilemme 115 d. Eingeweidenerv^ensystem 116 e. Ganglia allata 121 2. Endoskelet des Kopfes 122 a. Tentorium 122 b. Sehnen der Mm. add. und ext. mandibulae 126 3. Tracheensystem 128 Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. \ 2 Henrik Strindberg, Seit g 4. Oenocyten 12 9 5. Drüsen 130 b. Entwicklung der mesodermalen Organsysteme 133 1. Bildung der Cölomsäckchen und .Segmentierung des Embryos . . 133 2. Gefäßsystem 145 3. Paracardialer Zellstrang 148 4. Subösophagealkörper 149 5. Geschlechtsorgane 150 6. Fettkörper, Blutzellen 153 Paracyten 153 Abteilung VI 155 1. Entwicklung des Darmkanals 155 a. Vorder- und Hinterdarm 155 b. Mitteldarm 162 c. Allgemeines über die Bildung des Mitteldarmes der Arthropoden, speziell des der Insekten 174 2. Peritrophische Membran 212 3. Malpighische Gefäße 213 Literaturverzeichnis 217 Bedeutung der Buchstaben-Bezeichnungen 223 Erklärung der Figuren 224 Vorwort. Der Zweck der vorliegenden Arbeit war anfangs, eine Untersuchung über die Embryonalentwicklung der Termiten zu geben; denn diese Tracheaten sind embryologiscb nur wenig untersucht, indem bisher, meines Wissens, nur zwei kleinere Abhandlungen über dieses Thema von Knower (96, 1900) erschienen sind^. (Siehe Anm. S. 3.) In diesen Arbeiten macht uns der Verfasser mit den ersten Ent- wicklungsvorgängen im Ei von Eutermes Rippertii ?, wie der Blasto- dermbildung, Entstehung der Embryonalhüllen, des Mesoderms u. a., bekannt. Dagegen wird die Entodermfrage und die Bildung des Mitteldarmes nicht oder nur oberflächlich behandelt, da Knower dieses in einer späteren Arbeit, die jedoch noch nicht erschienen ist, besprechen wollte. Es war daher natürlich, daß ich speziell der Keimblätterbildung meine Aufmerksamkeit widmete, denn trotz der großen Anzahl von Forschern, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, ist noch nicht die nötige Klarheit gewonnen. 1 Das Material von Termiteneiern wurde mir gütigst von dem Herrn Doc. N. HoLMGREN zur Verfügung gestellt. Embryologische Studien an Insekten. 3 Außerdem habe ich die Ontogenese der verschiedenen Organ- systeme behandelt und bin dabei vor allem auf die Verwendung des extraembryonalen Blastoderms, Entstehung der Embryonalhüllen, Bildung der Cölomsäckchen, Segmentierung der Embryonen und Bil- dung des Mitteldarmes näher eingegangen i. Im Laufe meiner Ai'beit wurde mir klar, daß ein bloßes Literatur- studium nicht ausreichen kann, um die nötige Grundlage zur Ver- gieichung und Beurteilung zu liefern, sondern daß beinahe notwendig Repräsentanten mehrerer Insektenordnungen untersucht werden müssen. Es ist eben der Fehler der meisten Arbeiten der Insektenembryologie, daß sie nur eine Beschreibung über die Entwicklung einer oder weniger Arten derselben Gruppe liefern; denn es verlaufen die Vorgänge der Embryonalentwicklung der Insekten keineswegs in solch einheitlicher Weise, wie im allgemeinen angenommen wird. Die Differenzen sind vielmehr recht erheblich, wenn auch eine Vergleichung nicht auf allzu große Schwierigkeiten stößt. Ich dehnte somit meine Untersuchung nicht nur über die Ter- miten, sondern auch über die Ameisen und Coleopteren aus. Zwar sind die letzten mehrmals studiert worden ; sie repräsentieren aber eine hochentwickelte Insektenordnung und dürften daher einen lehrreichen Vergleich mit den niedrig stehenden Termiten bieten. Die Ameisen dagegen sind nur oberflächlich z. B. von Ganin (69), an Totalpräparaten und Schnitten studiert, während andre Hynieno- pteren, wie die Bienen, von mehreren Seiten Bearbeiter gefunden haben. Folgende Ai'ten der drei Insektenordnungen wurden untersucht: Isoptera: Eutermes rotundiceps; Hymenoptera: Formica jusca, rufa, sanguinea, Camponotus ligniperda; Coleoptera: Chrysomela hyperici. Zum Vergleich habe ich in der Literatur folgende Arthropoden speziell in Betracht gezogen: Onychophora: Kennel (85 u. 88), Sedgwick (85 — 88), Sheldon (88—89), WiLLEY (99), EvANS (02). Myriopoda: Heymons (Ol). Apterygota: Heymons (97,05), Uzel (97,98), Claypole (98), Philiptschenko (12). Isoptera: Knower (1900), Holmgren (08). Odonata: Tschuproff (04). 1 Die Segmentierung des Insektenkopfes wurde von Holmgren (08) an Termitenembryonen studiert. 1* 4: Henrik Strindberg, Orthoptera: Ayeks (84), Graber (90,91), Wheeler (89,93), Cholodkowsky (90, 91), Heymons (95), Nusbaum u. Fülinsky (06, 10). Neuroptera: Patten (84); Coleoptera: Nusbaum (88), Wheeler (89), Heider (89), Voeltz- Kow (89), Lecaillon" (98), Deegener (1900), Friederichs (06), Hirschler (09). Hymenoptera: Bütschli (70), Grassi (84), Koulaguine (92), Carriere u. Bürger (97), Dickel (04). Rhynchota: Will (88), Hirschler (12). Diptera: Kowalewsky (86), Bütschli (88), Voeltzkow (89), Graber (89), Escherich (1900), Noack (Ol). Lepidoptera: Hatscheck (77), Schwarze (99), Schwangart (04.) Außerdem sind zahlreiche andre Arbeiten über die Embryonal- entwickking der Ai'thropoden benutzt, die in dem Literaturverzeichnis wiederzufinden sind. Zuletzt ergreife ich die erfreuliche Gelegenheit, hier öffentlich meinem verehrten Lehrer, Doc. N. Holmgren, für die Anregung zu dieser Arbeit, für seine wertvolle Unterstützung mit Rat und Tat, die er mir immer hat zuteil werden lassen, sowie Herrn Prof. W. Leche für das Interesse, das er meiner Arbeit geschenkt hat, meinen herz- lichsten Dank auszusprechen. Abteilung I. Das Ei. 1. Eutermes. Die Eier sind bei Eutermes länglich, gegen den micropylaren Pol etwas breiter und besitzen eine deutliche Einbuchtung an der Dorsal- seite, was bei der Orientierung für Schnittzwecke eine gute Hilfe leistet. Während der Entwicklung vergrößert sich sowohl die Länge wie die Breite der Eier nicht nur bei Eutermes, sondern auch, wie ich hier vorgreifend bemerken will, bei den Ameisen und Chrysomela. Das Chorion besteht aus einer einzigen färb- und strukturlosen Schicht, die nur am micropylaren Pol eine Facettenskulptm' aufweist. Die Facetten strecken sich wie eine Haube über den ganzen Hinter- pol und werden nach unten von den in einem Halbkreis geordneten Micropylen begrenzt. Hagen (78) ist der erste, der die Micropylen bei den Termiten beschrieben hat. Embryologisclie Studien an Lisekten. 5 Er untersuchte Eier von Termes-Aiten und fand dabei vier oder sechs Micropylen auf jeder Seite in der Nähe des einen Eipols. Er erwähnt sie als flache Teller, die in der Mitte von einem schmalen Kanal durchbohrt sind. Der Kanal dringt durch das Chorion nach innen und oben in der Richtung gegen den Pol. Knower (1900) liefert für Eutermes Rippertii ? eine eingehendere Beschreibung. Nach ihm sind die Micropylen 12 — 18 an der Zahl und an der con- vexen Seite der Eier halbkreisförmig geordnet. Doch sind sie gegen die Enden des Halbkreises etwas dichter aneinander gedrängt und liegen in verschiedener Höhe. Bei Eutermes rotundiceps sind die Verhältnisse etwas verschieden. Die Anzahl der Micropylen ist hier im allgemeinen neun; sie kann aber bis zu zwölf anwachsen. Sonst stimmen sie betreffs ihrer Grup- pierung und Lage mit den Angaben Knowers überein. Wie Hagen erwähnt, sind sie flachen rundlichen Eindrücken gleich. Die kanalförmige Verlängerung derselben zeigt aber nahe an der inneren Mündung eine deutliche Einschnürung. Von dieser bis an die Spitze ist der Kanal schmäler als vorher. Die innere Mündung ist somit sehr viel enger als die äußere. Die Dottermasse ist im fixierten Material aus unregelmäßigen, polygonalen Brocken und Ballen zusammengesetzt, die in der Größe abwechseln und oft miteinander verschmolzen sind. Der Dotter behält wesentlich diese Beschaffenheit während der ganzen Entwicklung bei. Die Dotterballen sind durch große Hohlräume getrennt, die an lebenden Eiern wohl von solchen Elementen ausgefüllt sind, die bei der technischen Behandlung ausgelöst werden. Plasmatische Teile sind sehr spärlich in den Hohlräumen vor- handen, wo sie in Form von Fädchen oder als eine die Hohlräume auskleidende Plasmaschicht ausgebildet sind. Außer den oben erwähnten Plasmateilen ist nur eine sehr dünne Plasmaschicht um die Dottermasse vorhanden, die als Membrana vitellina aufgefaßt werden muß. Es sollte somit hier ein u. a. von Weismann (63), Will (83), Ko- WALEWSKY (86), Heymons (95) erwähntes Keimhautblastem fehlen. Meiner Auffassung nach ist jedoch kein prinzipieller Unterschied zwischen Keimhautblastem und Membrana vitellina, indem das Keimhautblastem wohl nur als eine stark entwickelte M. vitellina anzusehen ist. 6 Henrik Strindberg, Ein inneres Keimhautblastem fehlt den von mir untersuchten Insekteneiern. Die Lage des Furchungskernes habe ich beim Eutermes-'Ei nicht ermitteln können, da das jüngste von mir untersuchte Ei schon drei Kerne hatte, die somit durch zwei Teilungen entstanden waren. Nach Knower soll jedoch der Furchungskern inmitten des Eies bei Eutermes Rifpertii ? liegen. Übrigens ist ja die Lage desselben im Insektenei variabel. Die Vorgänge bei der Reifung der Eier habe ich in keinem Fall studiert, da schon mehrere Arbeiten über dieses Thema von Will (83), Stuhlmann (86), Blochmann (86 u. 87) u. a. vorliegen. 2. Formica. Die Form der Formica-^iev ist derjenigen von Eutermes sehr ähnlich. Die Einbuchtung liegt, wie bei Eutermes, auf der Dorsal- seite des Eies. Das Chorion besteht aus zwei glashellen Schichten, von denen die äußere dicker ist als die innere und sich mit Hämatoxylin und Ehrlich- BiONDi blauschwarz bzw. rötlich färbt, während die innere und dünnere mit diesen Färbemitteln ungefärbt bleibt i. Gerade am Vorderpol des Eies befindet sich das schon von Ganin (69) erwähnte ovale Micropyl. Die Dottermasse ist aus großen, rundlichen Ballen zusammengesetzt, die meistens an der Ventralseite und dem hinteren Eipol gelegen sind. Gegen den vorderen Eipol gehen diese Dotterballen in etwas kleinere über, die von einer mehr plasmatischen Konsistenz sind und oft zu größeren Bildungen zusammenfließen. Speziell in diesem Pol sind zahlreiche Plasmastränge zu sehen, die zwischen den Dotter- ballen ziehen. Sonst sind die Dotterballen durch Höhlen und Vacuolen vonein- ander geschieden. Die Dottermasse ist von einer deutlichen Plasmaschicht, Mem- brana vitellina oder Keimhautblastem umgeben, die lateral und auch ventral etwas dicker ausgebildet ist. 3. Camponotus. Die großen Eier von Camponotus ligniperda sind prinzipiell wie die Formica-'EieT gebaut, obschon keine deutliche Einbuchtung an der Porsalseite vorhanden ist. 1 Auch bei Polistes gallica finden sich im Chorion zwei Schichten, von denen jedoch hier die innere dicker ist (Graber, 89). Embryologische Studien an Insekten. 7 4. Clirysomela. Die Chrysomela-Eier besitzen ein dünnes einschichtiges Chorion ohne Skulptur und Micropylen. Die Dottermasse besteht aus kleinen, rundlichen Ballen, die gegen die Eioberfläche kleiner und plasmareicher werden. Eine mäßig dicke Membrana vitellina ist vorhanden. Der Furchungskern befindet sich etwa in der Mitte des Eies. Abteilung II. a. Vorgänge, die zur Bildung der Keimscheibe führen. (Bildung und Differenzierung des Blastoderms.) 1. Eutermes. Das reife Ei der Insekten kann als ein Netzwerk von Plasma- fädchen aufgefaßt werden, die zwischen sich die Dotterballen fassen und an der Eioberfläche zu einer Membrana vitellina zusammen- laufen. Der Furchungskern findet sich wohl bei Eutermes in der Mitte des Eies und liefert durch Teilungen eine Anzahl von Kernen, die an- fangs in der Mittelpartie des Eies gelegen sind. Die Kerne befinden sich mit größter Wahrscheinlichkeit in den Strängen des Plasmanetzwerkes, was besonders klar bei den Ameisen- Eiern angedeutet ist. Demnach fasse ich das Ei in den Stadien vor der Blastoderm- bildung als eine mehrkernige Bildung (Syncytium) auf; die Kerne sind mit einer dünnen, {Eutermes) oder dicken {Formica) Plasmaschicht umgeben, die mehrere Ausläufer aussendet i. Diese entsprechen den oben erwähnten Strängen. Die den Kern umgebende Plasmaschicht und die Ausläufer der- selben sind von mehreren Forschern u. a.. Schwarze (99) und Noack (Ol), derart interpretiert, daß wir nicht Kerne, sondern Zellen vor uns haben, die sich mit Hilfe der pseudopodienartigen Ausläufer amö- boid bewegen sollten. Fassen wir aber das ganze Ei als eine mehrkernige Bildung auf, so können wir nicht von einer amöboiden Bewegung von Zellen sprechen, sondern es werden nur Kerne wahrscheinlich passiv durch Plasma- strömungen in den Strängen bewegt. 1 Der Kern liegt bei Eutermes und Chrysomela etwa inmitten der Plasma- schicht, bei Formica dagegen exzentrisch (Fig. 6). 8 Henrik Strindberg, Zellen treten dagegen zuerst im Ei auf, wenn die Kerne die Eioberf lache erreicht und sich gegeneinander abgegrenzt haben, d. h. wenn das Blastoderm fertig gebildet ist. Die Dottermasse nebst den zurückgebliebenen Kernen stellt dann fortwälu-end bis zur vollständioen Einschließuno- und Auflösung im Mitteldarm eine mehrkernige Bildung dar. Die Teilungen der Kerne gehen, wenigstens teilweise, caryokine tisch vor sich, was besonders schön bei den Ameiseneiern zu sehen ist, indem ich hier mehrmals Eier mit etwa 50 Teilungsspindeln habe beobachten können. Bei Eutermes dagegen sind die Mitosen sehr selten und die Zahl der Kerne eine geringe. Die Teilungsebene der Kerne ist in keiner Weise zur Eioberfläche orientiert. Von mehreren Forschern, u. a. Wheeler (89), Schwarze (99) und Schwangart (04), wurde ausgesprochen, daß sich die Kerne direkt teilen sollten. Es scheint auch mir, als ob eine direkte Teilung der Kerne, wenigstens bei Eutermes, nicht ganz ausgeschlossen wäre, denn es gibt Kerne, die eine Einschnürung in der Mitte zeigen, was wahrscheinlich auf eine direkte Teilung hindeutet (Fig. 2, k"). Auch sind oft lappige Kerne zu sehen, von denen sich möglicher- weise die Lappen abschnüren, denn es liegen hier und da mehrere un- gleich große Kerne dicht aneinander in einen gemeinsamen Plasma- mantel eingehüllt (Fig. 1 — 4). Solche zusammengesetzte Bildungen können ja, was wahrschein- licher erscheint, dm'ch mehrere indirekte oder direkte Teilungen eines . Kernes entstehen. Sie kommen auch bei den Ameisen- und Chrysomela-'EieTn vor, imd sind u. a. von Lecaillon (98) und Schwarze (99) beobachtet. Im allgemeinen ist von den Kernen beim Eutermes-Ei zu sagen, daß sie sehr verschieden gestaltet sind und eine außergewöhnliche Größe erreichen können. Die Kerne und, wie es scheint, auch die mehrkernigen Bildungen werden indessen nach außen geführt, um im Plasma eingebettet an der ganzen Eioberfläche aufzutauchen i. Sie sind anfangs hier sehr spärlich, was wohl darin zu suchen ist, daß ursprünglich nur' wenige Kerne im Dotter vorhanden waren, und daß nicht alle diese die Eioberfläche erreichen, indem einige im Dotter 1 Vielleicht entstehen einige der mehrkernigen Bildungen an der Eiober- fläche durch mehrere Teilungen eines oberflächlichen Kernes, wie es für Phyllo- dromia und Gryllotalpa beschrieben ist, obschon es sich hier um »Zellen« handelt. Embrj'ologisclie Studien an Lisekten. 9 bleiben und zu Dotterkernen werden, wie ich es auch bei Ameisen und Chrysomela-^iein gefunden habe, während bei andern Insekten, z. B. Phyllodromia und Neophylax alle Furchungskerne an die Ober- fläche gelangen sollen. An der Eioberfläche schwinden bald die mehrkernigen Bildungen, indem wohl die Kerne derselben auseinanderrücken, und die einzelnen Kerne sich ganz superficiell lagern. In diesem Stadium treten wieder die Kerne in eine mitotische Teilung ein. Hierbei ist zu bemerken, daß die Äquatorialplatte bis- weilen tangentiell orientiert ist. Die Teilung erfolgt somit in radiärer Eichtung. Nach der ersten Teilung eines solchen Kernes liegt also der eine Tochterkern nach innen von dem andern. Das weitere Schicksal dieses inneren Kernes ist mir unbekannt. Entweder wird wohl derselbe in den Dotter hineingeführt, und wird zu einem Dotterkern, oder der- selbe gelangt an die Oberfläche des Eies, um später an der Blastoderm- bildung teilzunehmen. In demselben Ei kommen auch tangentielle Teilungen vor, die allem Anschein nach dii'ekt zur Vermehrung der oberflächlichen Kerne führen. Diese letzteren sind anfangs, wie oben angedeutet wurde, über den größten Teil der Eioberfläche sehr spärlich vertreten. Nur an einer Stelle bemerkt man eine starke Anhäufung derselben, indem am Hinterpol des Eies an der Ventralseite eine Menge von Kernen zu sehen ist, die wahrscheinlich durch Teilungen und wohl auch durch eine Zuströmung von naheliegenden Kernen entstanden ist. Der Kernkomplex stellt anfangs eine längliche Bildung dar, die sich an Sagittalschnitten etwa von der Eimitte bis zum Punkt unter den Micropylen streckt, wo später die Keimscheibe zu liegen kommt (Fig. 1, vgl. Schema I, Fig. A, S. 72). Die Kerne teilen sich selten caryokinetisch und sind, wäe ich für die übrigen Kerne des Eies hervorgehoben habe, oft lappig und mit- einander wie in kleineren Komplexen vereinigt. Die zahlreichen, rundlichen Ballen rings um die Kerne sind Reste von Dotterkugeln, die wohl von den Kernen zerteilt und absorbiert sind. In den Fig. 1 — 3 sind verschiedene Phasen der Kernströmung nach oben dargestellt. Wenn die Kernströmung beendigt ist, liegen die Kerne oberfläch- lich aneinander als eine kurze konische Bildung unter den Micropylen. Sie grenzen sich deutlich voneinander ab und beginnen alle sich tan- gentiell zu ordnen (Fig. 3 u. 4). 10 Henrik Strindberg, Die Zellen, die anfangs von verscliiedener Größe sind, treten alsbald in indirekte Teilungen ein und werden dadurch vermehrt und Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Erklärung sämtlicher Figuren und der Buchstabenbezeichnung am Ende der Abhandlung s. S. 223-224. Embryologische Studien an Insekten. 11 in kleinere Zellen von derselben Größe umgewandelt (Fig. 4 u. 5 k'). Die Teilungen sind in keiner Weise regelmäßig orientiert. Von der Oberfläche gesehen tritt die Zellmasse an Totalpräparaten als ein weißlicher Fleck, die Keimscheibe, hervor. Gleichzeitig gehen wohl auch die übrigen Kerne der Eioberfläche in Zellen über und bilden ein Plattenepithel, das unmittelbar mit der oben erwähnten mehrschichtigen Keimscheibe in Verbindung steht i. Die Eioberfläche ist somit in diesem Stadium von Zellen bedeckt, d. h. das Blastoderm ist fertig gebildet. Das Blastoderm stellt aber nicht eine gleichartige Zellschicht über die ganze Eioberfläche dar, sondern ist von Anfang an in zwei wohl gesonderte Partien differenziert. Die oben erwähnte mehrschichtige Zellplatte, die Keimscheibe, kann auch als embryonales Blastoderm bezeichnet werden, das vor allem die Anlage des Embryonalkörpers enthält, wie auch die Anlage des Amnions oder wenigstens Zellen, die den Amnionzellen homolog sind, Ameisen (siehe weiter die Abteilung über die Em- bryonalhüllen!). Der übrige Teil des Blastoderms ist also als extraembryonales Blastoderm zu bezeichnen, das später ganz oder teilweise (Ameisen) in die seröse Hülle umgewandelt wird. Über die Bildung der Keimscheibe, Germ-disc, beim Termitenei hat sich schon vorher Knower (1900) geäußert. Er hat dabei zwei Fragen zur Beantwortung aufgestellt: 1) Is the disc formed immediately during the segmentation, by cells wandering directly to the point on the surface, where the disc is to appear? 2) Is a Blastoderm over the entire yolk surface first formed as a result of segmentation, and then the disc from its cells?" 1. c. 512. Die letztere Frage hat Knower bejahend beantwortet. Nach Knower soll somit die Keimscheibe der Termiten derart entstehen, daß die Blastodermzellen im Hinterpol des Eies sich lebhaft teilen und gleichzeitig andre Zellen von dem vorderen nach dem hinteren Pol wandern, um hier zusammen eine Keimscheibe diu'cli Konzentra- tion von Blastodermzellen zu bilden. Es scheint, als ob Knower Totalpräparate studiert habe um die oben erwähnten Fragen beantworten zu können, denn es heißt: "In properly prepared material the changes that lead to the appearence 1 Die Zellbildung tritt wenigstens bei den Ameisen und Chrysomela sehr deutlich hervor. 12 Henrik IStrindberg, of the embrvonic disc can be most distinctly traced in entire transparent eggs studied in clove oil, cedar oil and baisam" (1. c. 513). Ich habe auch Totalpräparate zu studieren versucht, was sich aber nicht als vorteilhaft erwies. Ich verwandte daher Schnittserien und bin dabei, wie ich hier oben dargelegt habe, zu ganz andern Re- sultaten gekommen. Die Möglichkeit darf wohl ausgeschlossen werden, daß sich die Keimscheibe bei zwei Eutermes- Alten in verschiedener Weise bilden sollte. Vielmehr halte ich es für sehr wahrscheinlich, daß Knower der oben erwähnten Zuströmung der Kerne zum Konstituieren der Keim- scheibe keine genügende Aufmerksamkeit hat schenken können, da er hauptsächlich Totalpräparate studierte, denn es scheint, als ob Knower wirklich eine Kernströmung gesehen habe, wenn wir seine erste Frage berücksichtigen. Ich will hier kurz bemerken, daß, wenn meine Auf- fassung richtig ist, die Keimscheibe bei den Termiten etwas anders als bei den übrigen Pterygoten gebildet wird, in- dem bei den Termiten eine ungemein frühzeitige Differen- zierung derjenigen Kerne stattfindet, die zur Bildung der Keimscheibe bestimmt sind, wodurch natürlich auch die Differenzierung des Blastoderms sehr früh zum Ausdruck kommt. 2. Formica. Die ersten Stadien der Embryonalentwicklung bei Formica finden schon von Blochmann (84) eine kurze Erwähnung. Hier sollen die Vorgänge im Ei ausführlicher besprochen werden. Der Furchungskern im Vorderpol des Eies liefert durch mehrere mitotische Teilungen eine Anzahl von großen, rundlichen '^\ ■ Kernen, die je in einem Plasmahof exzentrisch einge- ':;^;-lr / bettet liegen (Fig. 6). Der Grund zu der excentrischen Lage der Kerne ist vielleicht darin zu suchen, daß die Kerne alle zu- tfV sammen in Bewegung sind und daß dabei die Kerne ' ■ vorausgehen. Denn in einem etwas älteren Ei ist die Fig G größte Zahl der Kerne gegen die Eioberfläche geschoben und bildet zusammen an Längsschnitten eine ovale Figur, deren Umiriß in der Vorderhälfte des Eies mit der Eioberfläche nahezu parallel ist (Fig. 7). Die Kerne, die sich in früherem Stadium indirekt lebhaft teilen Embryologische Studien an Insekten. 13 sind speziell im Vorderteil des Eies deutlich durch grobe Plasma- stränge miteinander verbunden. In den letzten Stadien der Kernbewegung haben die Teilungen aufgehört, um wieder in der Eioberfläche aufzutreten. Die Kerne erreichen die Eioberfläche zuerst in der Vorderhälfte des Eies, wo sie eine gürtelförmige Zone nahe am Vorderpol einnehmen. Der Vorderpol und die Hinterhälfte des Eies sind somit noch nicht von Kernen bedeckt. Dies findet erst allmählich statt, zuerst am Vorderpol und dann über den Rest der Eioberfläche, je nachdem die noch im Dotter befindlichen Kerne successiv die Eioberfläche erreichen. Die oberflächlichen Kerne liegen somit in einer Plasmaschicht eingebettet, die teils von der Membrana vitel- /^f^ "^ lina, teils auch von dem U während der Kernwan- '"■ derung herbeigeführten *^ Plasma gebildet ist. v;^ ,. Noch ehe die Kerne " --^^ — von innen auch die Fig. 7. Hinterhälfte der Eiober- fläche erreicht haben, treten sie alle wieder in Teilung; dabei ist jedoch zu bemerken, daß die Teilungen, die tangential und longitudinal orientiert sind, nicht nur allen schon oberflächlichen Kernen, sondern auch den noch im Dotter befindlichen zukommen. Es scheint, als ob diese indir-ekten Kernteilungen bis zur Blasto- dermbildung in ganz bestimmten Perioden verlaufen. Die erste Periode liefert eine Anzahl von Kernen, die sich etwa parallel mit der Eioberfläche zu ordnen beginnen. Dann folgt eine zweite Periode, wo die sich ordnenden Kerne beträchtlich vermehrt werden. Während der weiteren Strörnung nach außen scheinen die Tei- lungen aufgehört zu haben, um dann wieder an der Oberfläche einzu- treten. Dies ist somit als eine dritte Periode zu betrachten. Erst wenn die ganze Eioberfläche von Kernen bedeckt ist, grenzen sich Blastodermzellen ab. Die Abgrenzung der Zellen ist anfangs partiell, indem zuerst nur Seitenwände gebildet werden. Das Protoplasma der seitlich abgegrenzten Zellen steht somit eine Zeitlang mit dem Dotter plasma im Zusammenhang. Erst später erfolgt eine Abgrenzung nach innen, wobei speziell an den Polen Dotterballen 14 Henrik Strindberg, in den Zellen aufgenommen werden, was an die superficielle Dotter- zerklüftung erinnert, die bei Camponotus stattfindet (siehe S. 16). Bei der Bildvmg der Blastodermzellen ist zu bemerken, daß mit größter Wahrscheinlichkeit Zellen nur an der Ventralhälfte der Eiober- fläche gebildet werden, so daß die Dottermasse wie in einen mulden- förmigen Verband von Blastodermzellen zu liegen kommt. Dorsal habe ich dagegen keine Zellbildung beobachten können, ^ ö'A- Fig. 8. sondern es scheint, als ob hier fortwährend eine oberflächliche mehr- kernige Plasmaschicht beibehalten würde, die sehr scharf von dem Zellverband der Ventralseite abgegrenzt ist (Fig. 8). Es ist etwas schwierig, die betreffende mehrkernige Bildung an Schnitten zu studieren. Dafür eignen sich viel besser mit Borax- carmin gefärbte Totalpräparate, indem die kleinen Kerne sich sehr dunkel färben und sich dadurch gut von den Kernen der Blastoderm- zellen imterscheiden lassen. Meiner Ansicht nach ist somit die Eioberfläche ventral von Blasto- dermzellen, dorsal von einer Plasmaschicht mit Kernen bedeckt. Embryologische Studien an Insekten. 15 Die im Dotter zurückgelassenen Kerne sind besonders dicht unter den Blastodermzellen speziell lateral und polar zu sehen und durch Plasmastränge miteinander verbunden. Wenn wir die Blastodermzellen näher studieren, finden wir, daß sie nicht alle gleichartig gebaut, sondern je Jiach der Gegend ver- schieden sind. Etwa das mediane Drittel der Zellschicht besteht aus hohen, dichtgedrängten Zellen, deren scharf umschi'iebene Kerne wie in den Zellen des Hinterpols ganz an die Zellspitze geschoben sind. Lateral werden sie allmählich etwas verkürzt und grenzen scharf abgesetzt unmittelbar an das >> Dorsalsyncytium << (Fig. 8, ds). Ä'' ^::.^^' '.i-- ■; \^,? ;^- ;3-.^ Flg. ü. Nach vorn sind an Sagittalschnitten die Zellen kubisch ; der Kern ist anfangs in der Mitte gelagert. Am Hinterpol werden die Zellen länger, liegen aber locker anein- ander gefügt und ragen mit ihrer Außenfläche höckerartig hervor. An dieser Stelle werden frühzeitig einzelne Zellen nach innen gedrängt, die mit den oberflächlichen ein Klümpchen von Zellen bilden, und sich später durch den Reichtum an Mitosomen auszeichnen (Fig. 9). Diese letzteren Zellen sind von denjenigen des medianen Drittels von einer vierten Zone von mehr kubischen, vacuolenreichen Zellen geschieden, wodurch die Blastodermschicht in vier wenig scharf abge- grenzte Zonen von verschieden gebauten Zellen geteilt ist. Die zweite Zone stellt das embryonale Blastoderm, die Keimscheibe, dar. Die übrigen sind somit zusammen als extraembryonales Blastoderm zu bezeichnen. 16 Henrik Strindberg, 3. Camjjonotus. Die Vorgänge im Ei, die zur Bildung und Differenzierung des Blastoderms führen, spielen sich bei Camponotus prinzipiell in derselben Weise ab, die ich für Formica beschrieben habe. Das Blastoderm bedeckt, wenn fertig gebildet, die ganze Eiober- fläche, obschon doch zu bemerken ist, daß die Abgrenzung der Zellen vorn an der Dorsalseite sehr verzögert wird (Fig. 10, ds). Es gibt somit hier eine Stelle, wo eine Zeitlang die Dotterober- fläche nicht von Zellen, sondern von einer dorsalen mehrkernigen Plasmaschicht bedeckt ist, ganz wie ich es für Formica erwähnt habe. f '-^'i^M-t *•♦: Fig. 10. Bei der Abgrenzung der Kerne bilden sich, wie bei Formica, zu- erst die Seitenwände aus, wodurch der Plasmainhalt der partiell ab- ge -en Zellen mit dem Plasma des Dotters in unmittelbarer Yer- binüung bleibt. ^ Wenn auch die Abgrenzung nach innen erfolgt, geraten doch zahlreiche Dotterelemente in die Zellen, wodurch nicht nur die ober- flächliche Plasmaschicht, wie bei den Insekten im allgemeinen, son- dern auch die oberflächliche Schicht des Dotters zerklüftet wird (Fig. 10) Wir haben somit in der Tat auch eine superficielle, primäre Dotterzerklüftung vor uns^ indem bei Camponotus die Furchung vielleicht wegen des Piasmareichtums der Eier, ziemlich tief in den Dotter greift. Die völlig abgegrenzten Zellen sind somit distal von Plasma, proximal von Dotterkugeln erfüllt; die letzteren sind bei den unten Embryologische Studien an Insekten. 17 erwähnten Zellen des embryonalen Blastoderms sehr spärlich ver- treten und gehen alsbald zugrunde. Wenn man das so gebildete Blastoderm an Totalpräparaten und Schnitten studiert, läßt sich dasselbe ohne Schwierigkeit in mehrere Querzonen zerlegen, die allerdings noch nicht scharf voneinander ab- gesetzt sind. (Fig. 10, Zone «, h, c, d; Fig. 13). Sowohl Vorder -als Hinterpol des Dotters ist haubenartig von ziemlich hohen Zellen bedeckt, die am Vorderpol durch zahlreiche Dottereinschlüsse, am Hinterpol durch ihren Reichtum an Mitosomen und dadurch, daß sie höckerartig über der Oberfläche entspringen, aus- gezeichnet sind. Der Zellkern befindet sich, wie in den übrigen Zellen des Blastoderms, distal gedrängt. Die Mittelpartie des Blastoderms, die also zwischen den beiden Polarzonen gelegen ist, läßt sich wieder in zwei ziemlich gut abge- grenzte Zonen zerlegen, die in der Länge etwa dieselbe Ausdehnung besitzen (Fig. 10, Zone b, c). Die vordere scheint an Totalpräparaten aus den kleinsten Zellen des Blastoderms zu bestehen und stellt eine dunkle, körnige Masse dar, die nicht gürtelförmig, sondern halbiert ist, indem ja dorsal das »Dorsal- syncytium« noch beibehalten wird. Schnitte durch die betreffende Zone lehren, daß dieselbe von ungemein langgestreckten, schmalen Zellen aufgebaut ist, die nm* wenige, bald schwindende Dottereinschlüsse besitzen und zusammen das embryonale Blastoderm darstellen, (Fig. 10, Zone b; vgl. Fig. 8 Formica.) Das embryonale Blastoderm nimmt somit eine verhältnismäßig kleine Partie des ganzen Blastoderms ein. i'iv. Die hintere, dritte Zone ist dagegen gürtelförmig und aus grouen kubischen, rundlichen oder polygonalen Zellen zusammengesetzt. Speziell ventral am Hinterrande der Zone sind sie sehr groß und lenken dadurch sofort die Aufmerksamkeit auf sich, während sie nach vorn immer kleiner werden. Unmittelbar nach der Blastodermbildung ist somit das Blastoderm in vier Zonen geteilt, von denen die zweite nicht gürtelförmig, sondern halbcylindrisch ist und als embryonales Blastoderm oder Keimscheibe angesehen wer- den muß. Das »Dorsalsyncytium « ist also vorn und hinten von der ersten und dritten, unten von der zweiten Zone begrenzt. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. CVI. Bd. 2 18 Henrik Strindberg, 4. Chrysomela. Die Bilduno- und Differenzierung des Blastoderms bietet bei Chry- somela weniger von Interesse. Das Blastoderm, wenn fertig gebildet, stellt, wie unter den übrigen untersuchten Coleopteren, eine Schicht von kubischen Zellen dar, die gleichmäßig über die ganze Eioberfläche verbreitet sind. Eine Differenzierung des Blastoderms findet erst später statt. Das embryonale Blastoderm tritt dann an Totalpräparaten als ein dunkler rundlicher Bezirk ventral nahe am Hinterpol des Eies auf. Sagittalschnitte durch denselben lehren, daß hier die Zellen be- trächtlich in die Länge gestreckt sind und zusammen eine rundliche Masse bilden, die von Heider (89) als »Keimhügel« bezeichnet wurde, und allmählich in das extraembryonale Blastoderm übergeht. Das embryonale Blastoderm ist bei Chrysomela insofern bemerkens- wert, daß dasselbe nicht, wie bei den Isoptera und Hymenoptera, von Anfang an mehr oder minder scharf von dem extraembryonalen Blasto- derm abgesetzt ist, und daß dasselbe in folgenden Stadien nach vorn über eine viel größere Area ausgedehnt wird, indem immer neue Zellen in die Länge gestreckt werden und sich dadurch als embryonale Blastodermzellen dokumentieren. b. Allgemeines über die Bildung und Differenzierung des Blastoderms nebst einigen Bemerkungen über die Eifurchung. In Abteilung II, Abschnitt a, wurde einfach die Bildung und Differenzierung des Blastoderms der von mir untersuchten Insekten beschrieben. Wir wollen hier auf dieselben Vorgänge bei den Insekten im allgemeinen etwas näher eingehen und dabei auch die Fm'chung der Insekteneier besprechen. Es ist ratsam, mit der letzteren Frage zu beginnen. Allgemein wird ja die Meinung vertreten, daß die ]\Ienge des Nah- rungsdotters einen Einfluß auf den Fm-chungsmodus der Eier ausübe. Wir finden somit bei dotterarmen Eiern eine totale Zerklüftung, während die dotterreichen Eier nur partiell in Furchungszellen, Blasto- meren, zerlegt werden. Bei dem ersten Typus wird das spärliche Dottermaterial ganz auf die Furchungszellen verteilt, bei dem zweiten dagegen bleibt die größte Partie der Dottermasse ungefurcht. Das letztere trifft nun für die Insekteneier zu. Anstatt in dem ersten Furchungsstadium in zwei Zellen zerlegt Embryologische Studien an Insekten. 19 ZU werden, wird das Insektenei nur zweikernig; durch wiederholte Teilungen der Kerne, kann die Zahl derselben bis zu hundert oder mehr anwachsen, wie ich im Ameisenei, Formicd, gefunden habe. Die hier geschilderten Vorgänge im Insektenei können zusammen als Kernfurchung bezeichnet werden. Eine Ausnahme von der Regel finden wir nur bei den Collembolen, wo Claypole (98) bei den Eiern von Anurida maritima eine totale Furchung gefunden hat. Die Eier von Anurida sind auch sehr dotter- arm. Die Dotterballen liegen an der Peripherie angehäuft, während im Innern des Eies eine große Plasmainsel zahlreiche Ausläufer an die Eioberfläche sendet, wo sie mit der hier befindlichen Plasmaschicht in Verbindung treten. Bei Anurida begegnen wir somit einer wirklichen Zellfurchung, wodurch das Ei nicht einfach mehrkernig wird, wie bei den übrigen Insekten, sondern in eine Anzahl von Zellen, Blastomeren, zerfällt, die zusammen eine solide Morula bilden. Hier wird also auch das spär- liche Dottermaterial ganz auf die verschiedenen Blastomeren verteilt. Bei den übrigen Insekten können wir erst von einer Zellfurchung sprechen, wenn die Kerne die Eioberfläche erreicht haben und sich hier, von Plasma umgeben, von einander scharf abgrenzen. Die Zerklüftung betrifft aber nicht die Dottermasse, die fort- während ungefurcht bleibt, sondern nur die oberflächliche Plasma- schicht, die Membrana vitellina, der Eier; die Furchung ist eine superficielle. Nicht immer wird aber nur die Membrana vitellina zerklüftet; denn meine Untersuchungen an den Ameiseneiern, Camponotus und Myrmica, lehren unzweideutig, daß auch die oberflächliche Schicht der Dottermasse in die Furchung mit hineingezogen werden kann. Der Grund hierzu ist wohl in dem Plasmareichtum der Ameiseneier zu suchen. Die Zellbildung an der Eioberfläche wird ja als Blastodermbildung" bezeichnet. Nach Beendigung derselben stellt das >>Ei« eine Dotter- masse dar, die nach außen von einer Zellschicht, dem Blastoderm, umgeben ist. Nur in selteneren Fällen sind die Blastodermzellen, wie z. B. bei den Coleopteren, alle gleich gebaut. Für gewöhnlich sind sie je nach der Gegend verschieden, wie wir es unter den Hymenoptera kennen gelernt haben. Bei den letzten ist auch zu bemerken, daß die superficielle Zer- klüftung nur partiell wird, indem dorsal beim Ameisenei eine Furchung 2* 20 Henrik Strindberg, nicht zum Ausdruck kommt, Formica, oder, wie bei Camponotus, eine Zeitlano- verzögert wird. Älmliclies wie bei Formica wurde unter andern Hymenopteren auch für die Biene, Dickel (04), beschrieben. DiCKEL drückt sich über dieses Thema etwas unklar aus. Nach seinen Abbildungen zu urteilen wird jedoch dorsal das Blastoderm unterbrochen, indem hier die blastodermbildenden Zellen nur locker aneinander liegen. Diese »offene« Stelle wird von Dickel als Blasto- porus bezeichnet und entspricht allem Anschein nach dem ungefurchten Teil der Eioberf lache der erwähnten Ameisen, der jedoch hier eine sehr viel größere Ausdehnung besitzt. Die von Dickel angewandte Bezeichnung »Blastoporus <<, ist wohl nicht zulässig, da man j^ unter Blastoporus nur die Gastrulations- öffnung versteht. Eine Gastrulation findet aber nach Dickel erst später am Vorderpol des Eies statt. Der Blastoporus wird dann von dem Blastoderm geschlossen, nachdem eine Menge von »Dotterzellen <<, Dotterzellpfropf, einen pro- visorischen Verschluß des Blastoporus bewirkt haben. Wenn wir frühere Untersuchungen über die Biene, Grassi (84), berücksichtigen, scheinen die Verhältnisse denselben ähnlich zu sein, die von Dickel dargelegt wurden, indem auch hier der Verband der Blastodermzellen dorsal wie unterbrochen wird : <>Dotterzellen<< nur bei der Auflösung und Vorbereitung des Dotters als Vitellophagen wirksam sind. Auch bei der oben erwähnten Anurida maritima finden wir allem Anschein nach bei der Blastodermbildung dieselbe Vorgänge wieder, denen wir bei den Insekten im allgemeinen begegnen. Nach Beendigung der totalen Furchmig wird die solide Morula bald stark verändert: "After the morula has been formed a decided change takes place in the internal structure ... In Fig. 33 there is shown a gradual obliteration of the hitherto distinct blastomeric outlines. The nuclei and protoplasm of the outer blastomeres have migrated to the surface, leaving the yolk masses on the inside. In the inner part the nuclei and surrounding protoplasm have entirely left the yolk masses and are evidently moving towards the surface. There has been a cessation of the total cleavage, and now the blasto- derm is being formed by the migration of the cells from the blasto- meres to the exterior. Consequent on this change the yolk is left behind as an inert mass." 1. c. p. 251. Wir finden somit bei Anurida eine Art von Blastodermbildung, die auf den ersten Blick etwas eigentümlich erscheint. Ich glaube jedoch, daß im Prinzip die Blastodermbildung ganz in derselben Weise wie bei den übrigen Insekten verläuft. Das Resultat der Furchung ist in beiden Fällen dasselbe: eine Masse von Dotterballen ist an der Oberfläche von einer Zellschicht, dem Blastoderm, bedeckt. Zwar ist die Furchung bei Anurida eine totale und wird wohl durch die relative Dotterarmut bedingt, während in demselben Stadium bei den übrigen Insekten sich die Fm'chungs- kerne nur im Dotter zerstreuen, ohne daß es zu einer Dotterzerklüftung kommt. Dann liefern die Nuclei von Plasma umgeben die Blastomeren bei Anurida und gelangen an die Oberfläche der Morula, wo sie zur Embryologische »Studien an Insekten. 23 Blastodermbildung zusammentreten, während gleichzeitig der Rest der Blastomeren seine Grenzen verliert und in eine Masse verschmilzt. Denselben Vorgängen bei der Blastodermbildung begegnen wir ja immer bei andern Insekten, obschon hier die Nuclei nicht von Blasto- meren, sondern von einer ungefurchten Dottermasse nach außen ge- schoben werden. Daß auch die Dottermasse hier zerklüftet werden kann, wissen wir von sowohl niederen als höheren Pterygoten, Odonaten, Coleo- pteren, wo die Dottermasse in einem gewissen Stadium in Segmente zerfällt, die stets je einen Dotterkern enthalten. Wir können dann von wirklichen Dotterzellen sprechen, die später zugrunde gehen, in- dem sie ihre Grenzen verlieren und in eine Masse zusammenfließen. Die Kerne derselben befinden sich dann wieder in einer gemeinsamen Dottermasse eingebettet. Wie bei den Insekten im allgemeinen erreichen auch bei Anurida nicht alle Nuclei die Oberfläche, sondern sind nach der Blastoderm- bildung im Dotter wiederzufinden, wo sie entweder einzeln oder in Gruppen zerstreut liegen. Die letzteren entsprechen wohl den soge- nannten »Dottersyncytien <<, und stellen, wie die ersteren, sicherlich nichts andres als die Dotterkerne dar, die als Vitellophagen dienen. Nach Claypole sollen die gruppenweise gesammelten Kerne die Entodermzellen repräsentieren und später das Mitteldarmepithel liefern, während die einzelnen Kerne allein als "yolk cells" bezeichnet worden sind. Das Entoderm soll somit unzweideutig während der Eifurchung entstehen, "and takes up its position in the middle of the morula by a process which it is possible to call invagination" (1. c. 269). Wie Claypole zur letzten Meinung kommt, kann ich nicht ver- stehen, da ja in der Tat keine Art von Invagination stattfindet. Ebenso- wenig scheint mir ein Entstehen des Mitteldarmepithels von den gruppenweise angeordneten Kernen wahrscheinlich, da ja Heymons (Ol) ausdrücklich die Abstammung der Mitteldarmzellen bei andern Aptery- goten, Lepisma, Machilis, von dem Blastoderm hervorgehoben hat. Nachprüfungen sind indessen geboten (vgl. übrigens S. 210). Betreffs der Differenzierung des Blastoderms, Bildung der Keim- scheibe, tritt diese für Eutermes ungemein frühzeitig auf, indem ja eine Menge von Kernen einer gewissen Stelle unter den Micropylen zuströmen, um hier eine von Anfang an mehrschichtige Keimscheibe zu bilden. Ahnliches ist bisher unter den Insekten nicht sicher bekannt. 24 Henrik Strindberg, Es gibt jedoch Brandt (69) an, daß die Libellen eine von Anfang an zweischichtige Keimscheibe besitzen sollen, was vielleicht auf eine gleichartige Bildungsweise wie bei Eutermes hindeutet i. Über die Bedeutung dieser etwas abweichenden Bildungsweise der Keimscheibe, die für die Termiten (Libellen?) charakteristisch ist, können wir ja nur Vermutungen aussprechen. Vielleicht ist dies eine ursprüngliche Eigenschaft, die die Vorfahi'en der Insekten be- sessen haben, und noch den niedersten derselben unter den Pterygoten zukommen, während sich die übr gen sekundär verändert haben. Wir finden wenigstens unter den Myriopoden und Onychophoren, die eine superficielle Zerklüftung der Eier besitzen, ähnliche Verhält- nisse wieder. So z. B. gibt Heymons (Ol) für die Scolopender an, >>daß die Furchungszellen bzw. Intercalarzellen am vegetativen Pol in größerer Zahl zur Oberfläche gelangen und sich dort zuerst leb- hafter teilen. Die natürliche Folge hiervon ist, daß an der betreffenden Stelle das Blastoderm mehrschichtig wird« (1. c. 12). Bei Scolofendra dalmatica sind es eben diese Zellen, die zuerst an der Dotteroberfläche auftreten; erst später erfolgt die Bildung des extraembryonalen Blastoderms, während bei Sc. cingulata dasselbe früher als die Keimscheibe entwickelt wird. Speziell bei Sc. dalmatica ist somit die Ähnlichkeit mit Eutermes außerordentlich, obschon Heymons immer von »Zellen« spricht. Es wurde jedoch auch von Heymons hervorgehoben, daß das Ei vor der Blastodermbildung als ein Syncytium aufzufassen ist, denn es ist »eine scharfe Grenze zwischen den Plasmaausläufern benach- barter Zellen noch nicht vorhanden, und man würde vom streng mor- phologischen Standpunkte aus das Ganze noch als ein Syncytium an- sprechen müssen« (1. c. 8). Auch unter den Onychophoren hat Sheldon (88) bei Peripatus novaezealandiae eine »polar area« beschrieben, die allem Anschein nach in ähnlicher Weise wie bei Termiten und Myriopoden gebildet wird und der Keimscheibe derselben entspricht. Den Termiten am nächsten betreffs der zeitlichen Differenzierimg des Blastoderms stehen unter den Insekten unzweideutig die Ameisen; schon während der Zellbildung an der Eioberfläche differenzieren sich die Zellen der Keimscheibe deutlich von den übrigen Zellen des Blasto- derms, indem sie sehr in die Länge gestreckt werden. 1 Nach symteren Untersuchungen über die Libelluliden, Heymons (96), scheint das Blastoderm von Anfang an überall einschichtig zu sein. Embryologische Studien an Lisekten. 25 Endlich können die Coleopteicn, Chrysomela, Erwähnung finden, indem hier zuerst das Blastoderm überall gleichartig ausgebildet wird und erst später einer Differenzierung unterworfen ist. Abteilung III. a. Verwendung des extraembryonalen Blastoderms. 1. Eutermes. Wie schon oben erwähnt wurde, wandelt sich das ganze extra- embryonale Blastoderm in die seröse Hülle um (vgl. S. 11). 2. Formica. Nach der Differenzierung des Blastoderms dehnt sich dasselbe noch mehr über die beiden Pole der Dottermasse aus. In diesem Sta- dium bemerkt man, daß ventral am Hinterpol immer zahlreichere Zellen des extraembryonalen Blastoderms nach innen gedrängt werden, die mit den oberflächlichen eine polare Zellmasse bilden und an Total- präparaten als ein dunkler Fleck hinter dem embryonalen Blastoderm hervortreten. Wenn dann die Keimscheibe, embryonales Blastoderm, nach hinten in die Länge wächst, macht sich der Hinterrand derselben nicht von dem extraembryonalen Blastoderm los, sondern stülpt das letztere sackförmig nach innen und schlägt sich über die Mündung der Ein- stülpung, um zuletzt an die Dorsalseite des Eies zu gelangen (Schema II, Fig. Ä—D, S. 71). Die Zellen der Einstülpung, die anfangs langgestreckt sind und erst von jetzt an Mitosomen besitzen, ordnen sich radiär um das Lumen. Mitosen sind unter diesen Zellen spärlich und nur in den ersten Stadien zu sehen. Ob auch direkte Teilungen vorkommen, habe ich nicht entscheiden können. Ich halte es jedoch für wahrscheinlich, da die betreffenden Zellen später degenerieren und zugrunde gehen. Wenn die Keimscheibe, wie oben erwähnt wurde, sich hinten über die Mündung der Einstülpung bewegt, nähern sich die Ränder der Einstülpung und werden miteinander verlötet. Aus der sack- förmigen Bildung ist jetzt eine solide Zellmasse geworden, indem das Lumen mit dem Verlöten der Ränder verloren geht. Die polare Zellmasse ist anfangs wenig scharf von dem Embryo abgegrenzt, stellt aber bald eine ganz selbständige Bildung dar, die im Hinterteil des Eies zwischen Dottermasse und Embryo gelegen ist (Fig. 11, extz, Schema II, Fig. C). 26 Henrik Strindberg, Die rundlichen, mitosomenführenden Zellen derselben sind nicht immer deutlich voneinander abgegrenzt und zeichnen sich außerdem durch scharf umschriebene Kerne und einen stark tingierten Nucleolus aus (Fig. 12). Ohne Zweifel entspricht diese polare Zellmasse derjenigen, die unter den bisher untersuchten Hymenopteren von Geassi (84), Caeriere (90), Caeriere u. Bürger (97), als »hintere Entodermanlage << be- zeichnet worden ist und i i—- in der Bildung des hinteren Mitteldarmab- schnittes verbraucht wer- '^'^ den soll. Ich kann, wie ich in ev/2 jgj. Abteilung über den Mitteldarm näher ausge- führt habe, dieser Ansicht nicht beitreten; meiner Auffassuno; nach muß ■^1 .«•.n- 1#fi<^/ \.fi Fig. 11. Fig. 12. diese Zellmasse als eine in das Innere des Eies einge- stülpte Partie des extraembryonalen Blastoderms, näm- lich diejenige, die hinter der Keimscheibe gelegen ist, aufgefaßt werden. Denn wenn wir dem weiteren Schicksal der Zellmasse folgen, ergibt sich, daß dieselbe ventral und nach vorn geschoben und zuletzt im Raum zwischen Mitteldarm, Hinterdarm und Bauchganglienkette an- zutreffen ist (Schema II, Fig. G, extz). An dieser Stelle wird sie noch in den Larvenstadien beibehalten. Eine Verwendung derselben im Aufbau des Embryonalkörpers findet ganz bestimmt nicht statt. Unter den übrigen von mir untersuchten Formica-Aiien erscheint die Einstülpung bei Formica smujuinea genau polar und ist nur von wenigen Zellen gebildet, die allem Anschein nach Mitosomen entbehren und zuletzt als eine kleine rundliche Masse an derselben Stelle wie Embryologische Studien an Insekten. 27 bei F. jusca gelagert werden. Hier sind sie nur eine Zeit nach der Bil- dung des Mitteldarmepithels zu sehen. Bei Formica rufa handelt es sich nicht um eine eigentliche Ein- stülpung der Zellmasse, sondern die Zellen scheinen einfach nach innen gedrängt und von der Keimscheibe überwachsen zu werden. Die Degeneration der Zellen findet frühzeitig statt, indem sie schon während der Bildung des Mitteldarmes verschwunden sind. Es bleibt uns noch übrig, das Schicksal desjenigen extraembryo- nalen Blastoderms zu besprechen, das vor der Keimscheibe gelegen ist. Wenn die Keimscheibe nach vorn wächst, löst sich der Vorderrand derselben vom extraembryonalen Blastoderm los und dehnt sich inner- halb desselben, dicht an die Dotteroberfläche gedrückt, nach vorn und oben über den Vorder pol aus. Das extraembryonale Blastoderm wird dabei von der Dotter- oberfläche abgedrängt und gänzlich zum Aufbau der serösen Hülle verbraucht. Die Anlage der betreffenden Hülle muß dann natürlich nach hinten mit freiem Rande zum Verschluß über den Embryo und die Dottermasse wachsen (Schema H, Fig. B — C). 3. Camponotus. Die Verwendung des extraembryonalen Blastoderms bei Catnpo- notus ist prinzipiell dieselbe, wie wir es bei Formica kennen gelernt haben, obschon die Vorgänge hier anderartig verlaufen. Im Stadium unmittelbar nach der Differenzierung des Blastoderms bemerkt man an Totalpräparaten eine große schildförmige, scharf abgegrenzte Bildung, deren Längsachse rechtwinkelig zur Median- linie des Eies gestellt ist. Die betreffende Bildung findet sich immer am hinteren Rande der dritten Zone und ist für die Camponotus-YÄQV sehr charakteristisch, indem ich dieselbe an allen Eiern dieses Stadiums habe wiederfinden können, obschon sie doch an Größe etwas variiert (Fig. 13, /, hls). Die Randpartie des Schildes besteht aus sehr großen, kubischen Zellen, die eine plasmatische, ebenfalls schildförmige Mittelpartie um- geben. Die Mittelpartie ist allem Anschein nach durch Verschmelzung einiger der großen Zellen entstanden. Eine Stütze für diese Annahme geben Studien an Totalpräparaten, indem an beiden Enden des Schildes sich eine gleichartige aber rund- liche und sehr viel kleinere Masse angefügt hat, die jederseits. 28 Henrik Strindberg, wie es Querschnitte lehren, mit dem Schild zu verschmelzen beginnt (Fig. 13,//). Etwas später ist nur eine, aber längere Masse vorhanden, die somit sicherlich durch Verschmelzung mit andern Elementen an Größe ge- wachsen ist. Sagittal- und Querschnitte in dem betreffenden Stadium lehren weiter, daß die schildförmige Masse nach außen aus einer dicken, nahezu .c/s //. \6/s Fig. 13. homogenen Plasmaschicht, nach innen aus einer Menge von Dotter- ballen zusammengesetzt ist (Fig. 10 bis). In der Plasmaschicht der Masse bemerkt man an Querschnitten mehrere helle Kerne in bestimmten Abständen voneinander gelegen, was darauf hindeutet, daß die betreffende Masse wirklich durch Ver- schmelzung von Blastodermzellen entstanden und somit jetzt als ein »Syncytium<< aufzufassen ist. Ich habe das >>Syncytium<< seiner Entstehung gemäß als B las to- der msyncyti um bezeichnet, das also nur der ventralen Hinterpartie der dritten Blastodermzone entstammt (Fig. 13 bis). In einem späteren Stadium wird auch das dorsale »Syncytium <<, (Fig. 10, 13 ds), in Zellen zerlegt, wodurch das Blastoderm über die ganze Eioberf lache ausgebildet wird. Embryologische Studien an Insekten. 29 Die Keimscheibe macht sich jetzt von dem Verband der extra- embryonalen Zellen zuerst vorn, dann auch seitlich und hinten los und ist von nun an als Embryo zu bezeichnen (Fig. 14 e). Die Bänder des Embryos beginnen dann, dicht an die Dotter- oberfläche gedrückt, innerhalb der Ränder des extraembryonalen Blastoderms zuerst nach vorn, später auch nach hinten und oben zu wachsen (Fig. 14 a, b, c). Es sollen hier, wie bei Formica, die kompli- zierteren Vorgänge am Hinterpol zuerst beschrieben werden. Wenn der Embryo nach hinten wächst, werden die Zellen des extraembryonalen Blastoderms zwischen dem Hinterrand des Embryos und dem Vorderrand des Blastodermsyncytiums von der Dotterober- fläche nach hinten abgedrängt und sammeln sich im Hinterpol des Eies zwischen dem Chorion und dem Embryo. In derselben Weise bilden sich auch vorn an der entsprechenden Stelle eine Menge von Zellen, die der ersten Zone des extraembryonalen Blastoderms entstammen. Auch die seitlich abgedrängten Zellen werden nach hinten und vorn zu den polaren Zellmassen geschoben, die dadurch natürlich an Größe zunehmen. Wir finden somit bei Camponotus an den beiden Polen des Eies zwei Anhäufungen von Zellen, die dem extraem- bryonalen Blastoderm entstammen und außerhalb des Embryos gelegen sind (Fig. 14 &, vp, hp). An Schnitten studiert, lenken die Zellen der betreffenden An- häufungen sogleich die Aufmerksamkeit auf sich. Sie sind polygonal oder rundlich und enthalten zahlreiche Dottereinschlüsse. Die Kerne sind in homogenem Plasma eingebettet und zeichnen sich durch Größe und scharf tingierte Nucleoli aus. Frühzeitig aber runden sich alle Zellen ab, die Dottereinschlüsse schwinden und der Zellinhalt wird ganz plasmatisch. In diesem Stadium treten in den Zellen große rundliche Vacuolen massenhaft auf, wodurch die Kerne, die in der Begel in der Zellen- mitte gelegen sind und sich wahrscheinlich direkt teilen, wie von Plasma- fädchen suspendiert erscheinen (Fig. 15). Die beiden Zellanhäufungen behalten ihre polare Lage in mehreren Stadien der Embryonalentwicklung bei. Wenn aber kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryo sich in die Länge streckt, werden die beiden Polräume innerhalb des Chorions von dem Vorder- und Hinterteil des Embryos eingenommen und somit die hier befindlichen Zellmassen weggedrängt. Die Zellen zeigen schon vorher Degenerationserscheinungen und 30 Henrik Strindberg, werden am Ende des Embryonallebens ganz aufgelöst mid in eine schaumartige Masse verwandelt, die vielleicht vom Embryo verzehrt wird^. ^ "",■%.- '6/s "/^■,JfK'^^ bis in/ / V ^W^-' -■ ^. '••# Fig. 1-1 rt— ( 1 Die oberflächliclien Zellen der vorderen Polaranhäufung Merden zur Bildung der serösen Hülle verbraucht, was näher in der Abteilung über die Em- bryonalhullen ausgeführt werden soll (Fig. Ua b c sa) Embryologische .Studien an Insekten. 31 Wir sind somit dem Schicksal der beiden Polaranhänfungen bis zur Auflösimg gefolgt und kehren dann zu früheren Stadien zurück, um die weiteren Veränderungen des extraembryonalen Blastoderms zu besprechen. Wenn wir dann wieder Totalpräparate und Schnitte studieren, so bemerken wir in einem Stadium, wo am Vorderpol die Anlage der serösen Hülle entstanden ist, daß das Blastodermsyncytium nicht ganz dieselbe Lage wie vorher ventral einnimmt, sondern etwas nach hinten geschoben ist (Fig. 14 a). Die betreffende Lageveränderung wird vielleicht durch die in die Länge wachsende Keimscheibe (Embryo) bewirkt, die sich noch nicht hinten völlig von der dritten Blastodermzone losgemacht hat. Gleichzeitiü; werden auch mehrere Zellen der vierten Zone von Fig. 15. der Oberfläche nach innen gedrängt und bilden zuletzt einen mehr- schichtigen Zellkomplex, dessen Elemente nicht länger über die Oberfläche höckerartig hinausragen, sondern mehr rundlich und kürzer geworden sind und sich außerdem durch den Reichtum an Mitosomen auszeichnen (Fig. 14 b, blz4, Fig. 18 extb, a, b). Der betreffende Zellkomplex befindet sich zuerst hinten, bald aber dorsal vom Blastodermsyncytiimi, indem das letztere sich immer nach hinten und über den Hinterpol der Dottermasse bewegt. In diesem Stadium scheint der Zellkomplex an medianen Sagittal- schnitten nur von wenigen Zellen aufgebaut zu sein, indem ein großer Teil desselben von hinten über die dorsale Hinterfläche des Dotters nach vorn geschoben ist. Vorn treten die Zellen des Komplexes mit andern Zellen des extra- embryonalen Blastoderms, die größtenteils von der am spätesten ge- 32 Henrik Strindberg, bildeten Partie des Blastodeims, dem Dorsalsyncytium, stammen, in unmittelbare Verbindung. Dieselbe Blastodermpartie wird bald in dem Embryonalkörper eingeschlossen, indem die Ränder des Embryos zwar zuerst eine kurze Strecke unter den Rändern der Blastodermpartie wachsen, dann aber dieselbe durchbrechen und nach außen einander in der dorsalen Median- linie zum Verlöten begegnen. Die von der Dotteroberfläche abgedrängten Zellen gelangen, wie schon oben angedeutet wurde, vorn und hinten zu den polaren Zell- massen. Allmählich werden in derselben Weise die Zellen des oben er- wähnten Komplexes und das Blastodermsyncytium ebenfalls in dem Embryonalkörper eingeschlossen. Es trifft dies in einem Stadium ein, wo das Hinterende des Embryos über den Hinterpol dorsal gewachsen ist und dabei immer das Blastodermsyncytium vor sich geschoben hat. Die Lageveränderungen des Blastoderms}Ticytiums sind an Total- präparaten sehr gut zu verfolgen. Die Dotterballen des Syncytiums sind nunmehr größtenteils auf- gelöst. Um so mehr hat die oberflächliche Plasmaschicht an Größe gewonnen. Die in derselben eingebetteten Kerne sind jetzt miteinander in Gruppen vereinigt und zeigen hier und da Degenerationserschei- nungen (Fig. 15 bis). Nach dem (provisorischen) Rückenverschluß sind somit folgende Partien des extraembryonalen Blastoderms zwischen dem Rücken und dem schon früher fertig gebildeten Mitteldarmepithel eingeschlossen : der größte Teil der am spätesten gebildeten Blastodermpartie dorsal vom embryonalen Blastoderm, zweite Blastodermzone (Dorsalsyn- cytium), der größte Teil der vierten Blastodermzone (speziell das »Bla- stodermsyncytium«) und zuletzt die ganze vierte Blastodermzone, die jedoch innerhalb des Embryos vor dem Syncytium gelegen ist. Die übrigen Zellen des extraembryonalen Blastoderms wurden ja alle von den emporwachsenden Rändern des Embryonalkörpers nach vorn und hinten in zwei polare Zellhaufen weggedrängt und gehen hier zugrunde, nachdem die oberflächlichen Zellen des vorderen Zell- haufens die Anlage der serösen Hülle geliefert haben (Fig. 14 a — c, sa). Die extraembryonalen Zellen innerhalb des Embryos sind vorn und hinten reichlich angehäuft und bilden zwei mehrschichtige Massen, die miteinander durch eine kleinere Zahl von Zellen verbunden sind. Diejenigen Zellen, die am meisten dorsal liegen, sind etwas in die Länge gestreckt, die mehr ventralen dagegen rundlich. Der Kern Embryologische Studien an Insekten. 33 befindet sich etwa in der Zellniitte und ist von schwarz gefärbten Ein- schlüssen, Dotterballen, und Vacuolen im Plasma umgeben. Die rein dorsale Lage der betreffenden extraembryonalen Zellen wird nicht lange beibehalten, indem der Zellverband sich auch über die ventrale Hälfte des Mitteldarmepithels ausdehnt und dadurch in Querschnitten als eine halbmondförmige Bildung hervortritt, die das Mitteldarmepithel nebst der Dottermasse von oben her umfaßt (Fig. 16 a, extz). Gleichzeitis; wird auch der Zell verband erheblich verdünnt. Schon Fig. 16 a und b. vorher bemerkt man aber, daß die Zellen desselben verschiedenartig gebaut werden, indem die Mehrzahl nebst den Kernen schrumpft und die letzteren sich mit zahlreichen Mitosomen umgeben. Das mitosomenführende Plasma färbt sich mit Eisenhämatoxylin rötlich und wird, wie es scheint, mit dem Plasma gleichartiger Zellen durch Ausläufer verbunden, wodurch die Zellgrenzen größtenteils ver- loren gehen. In dieser Weise wird etwas später von den fraglichen Zellen gleiche sam ein Netzwerk gebildet, in dessen Maschen andre kugelrunde, scharf Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CVI. Bd. 3 34 Henrik Strindberg, abgegrenzte Zellen mit nur wenigen Mitosomen eingeschlossen liegen (Fig. 16 6). Das Plasma der letzteren färbt sich mit Eisenhämatoxylin gelb- lichgran und ist noch reichlich mit schwarzen Einschlüssen und Vacuolen versehen. In manchen Zellen finden sich auch mehrere Kerne, die wohl durch direkte Teilungen entstanden sind, da ich nie Kernspindeln habe beobachten können. Wenn in einem vorgeschritteneren Stadium die Stomodaealein- stülpung erscheint, sind die letztgenannten Zellen nur spärlich vor- handen, indem sie sich allem Anschein nach in Zellen der ersten Art umgewandelt haben. Wenigstens deutet nichts darauf hin, daß sie degenerieren und zu grimde gehen, wenn man nicht die eventuellen amitotischen Kernteilimgen als Degenerationserscheinungen betrachtet. Es scheint mir somit wahr- scheinlich, daß es sich nicht um Zellen verschiedener Art, sondern nur um Zellen verschiedener Alters- stadien handelt. Die Zellen mit rötlichem Plasma verbreiten sich allmählich ventral über das Mitteldarmepi- thel und bilden zuletzt gleichsam eine Zellschicht um dasselbe, wenn sie sich in der ventralen Median- linie begegnet haben (Fig. 17 u. 66). über den Mitteldarm näher be- Fig. 17. Sie sind in der Abteilung schrieben. Es bleibt uns noch übrig, das weitere Schicksal des Blastoderm- syncytiums zu besprechen. Schon oben wurde hervorgehoben, daß die Dotterballen größten- teils aufgelöst waren. Zuletzt stellt das Syncytium eine ganz plasma- tische Bildung dar, die km-z vor dem Ausschlüpfen der Embryonen nebst den Kernen zugrunde geht, ohne an dem Aufbau des Embryo- nalkörpers teilzunehmen. Die hier gegebene Darstellung lehrt somit, daß sowohl bei Formica als bei Camfonotus das Blastoderm nicht überall gleichartig gebaut ist, sondern sich in vier verschiedene Querzonen einteilen läßt. Eine Vergleichung der verschiedenen Zonen ist unschwer nach der Differenzierung des Blastoderms durchzuführen. Wir finden dann ventral in der Vorderhälfte des Eies einen Verband von hohen, schmalen, Embryologische Studien an Insekten. 35 plasmatischen Zellen, der dorsal scharf von dem sogenannten Dorsal- syncytium abgegrenzt ist. Die betreffende Querzone ist somit nicht gürtelförmig sondern halbcylindrisch und stellt das embryonale Blastoderm, Keimscheibe, dar. Nach vorn von der Keimscheibe findet sich bei beiden Ameisen eine erste Zone, die den Vorderpol der Dottermasse etwa hauben- förmig bedeckt und bei Formica gänzlich, bei Camponotus nur teil- weise zur Bildung der serösen Hülle verbraucht wird. Diese beiden Zonen sind also als homolog zu betrachten. Nach hinten von der Keimscheibe, zweite Zone, befinden sich eine dritte und vierte Zone, die jedoch anfangs weniger scharf voneinander abgegrenzt sind. Die vierte Zone besteht sowohl bei Formica als bei Camponotus aus länglichen Zellen, die höckerartig über die Eioberfläche hinaus- ragen und bei Formica ziemlich spät, bei Camponotus dagegen sehr frühzeitig Mitosomen führen i. Von der vierten Zone werden mehrere Zellen aus dem Verband nach innen geschoben und stellen zuletzt mit den oberflächlichen einen mehrschichtigen Zellkomplex dar, dessen Schicksal in beiden Fällen ähnlich ist, indem der Zellkomplex bei Formica nach innen gestülpt wird, bei Camponotus dagegen durch Verschiebung an dieselbe Stelle innerhalb des Embryonalkörpers gelangt. In die Einstülpung der vierten Zone werden bei Formica die Zellen der dritten mit eingezogen, was ja auch im Prinzip bei Camponotus der Fall ist, obschon hier ein Teil der dritten Zone auch an der Bildung der hinteren Polaranhäufung teilnimmt. Die Verwendung der verschiedenen Partien des Blastoderms ist hier schematisch für Eutermes, Formica, Camponotus und Musca (hypo- thetisch) dargestellt (Fig. 18). Das extraembryonale Blastoderm ist mit hellgrauer Farbe be- zeichnet, Eutermes 1 exth, und wird hier ganz an der Bildung der Serosa aufgebraucht, 2 extb{ser), um dann während der Umrollung dorsal zu gelangen und zuletzt das Dorsalorgan, 3 exth{ser), zu bilden. Die Randzone des embryonalen Blastoderms, Keimscheibe, Eu- termes 1 he, aa, bildet das Amnion, 2 am, und befindet sich nach der Umrollung ebenfalls an der Dorsalseite des Embryos, 3 af. Die beiden früheren Embryonalhüllen stellen somit nach der Um- rollung zusammen eine Rückenhülle dar, die doch, wie schon hervor- 1 Auch die Zellen der dritten Zone erhalten später bei Camponotus Mito- sonien, speziell dorsal. 36 Henrik Strindberg, gehoben worden ist, nur provisorischer Natur ist und dann von den emporwachsenden Körperrändern nach innen gedrängt und ersetzt wird. Bei Formica nimmt das Blastoderm nur etwa die ventrale Hälfte der Dotteroberfläche ein, indem dorsal ein Syncytium, Dorsalsyncytium, 1 ds, beibehalten wird, das als ein weißes, punktiertes Feld bezeichnet worden ist. Embryologische Studien an Insekten. 37 Die vor der Keimscheibe, 1 ke, befindliche Partie des extraembryo- nalen Blastoderms, macht sich von der ersteren los und dehnt sich als Serosaanlage nach hinten über das Ei aus, 2, 3 extb{sa). Die Serosa wird kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryonen in der Nähe der Mundöffnung zusammengepackt und hier aufgelöst, ohne somit, wie bei Eutermes, an der Bildung einer provisorischen Rücken- decke teilzunehmen (vgl. Schema II, Fig. J). Die beiden hellgrauen, schi'affierten Partien des extraembryonalen Blastoderms hinter der Keimscheibe, lextb, a, b, werden von der wach- senden Keimscheibe nach innen gestülpt und bilden zuletzt innerhalb des Embryos ein solides Zellklümpchen, das noch in den letzten Larven- stadien vorhanden ist, 'lextb, a, b. Gleichzeitig gelangen das Vorder- und das Hinterende des Embryos allmählich an die Dorsalseite des Eies und die Randzone der Keini- scheibe, 1 ke, ha, dehnt sich außerhalb des Dorsalsyncytiums als eine provisorische Rückenhülle nach oben, 2, ha, die dann von den empor- wachsenden Körperrändern in das Herzrohr gedrängt und ersetzt wird. Bei Campofiotus ist das Dorsalsyncytium verhältnismäßig klein, 1 ds, und zerfällt später in Zellen, die in dem Embryo außerhalb des Mitteldarmepithels eingeschlossen werden, 2, 3, extb{ds). Die vor der Keimscheibe befindliche Partie des extraembryonalen Blastoderms wird nicht, wie bei Formica, ganz, sondern nur teilweise an der Bildung der serösen Hülle aufgebraucht, indem sie größtenteils von der wachsenden Keimscheibe nach außen von der Dotterober- fläche abgedrängt wird und zuletzt polar zwischen der Serosa und dem Embryo als eine »vordere Polaranhäufung« zu liegen kommt, 2, 3, extb{vp). Die oberflächlichsten Zellen der betreffenden Anhäufung bilden die Serosa, 2, cxtbisa), 3, extb{ser). Eine entsprechende »hintere Polaranhäufung« wird in ähnlicher Weise von der Ventralpartie der schräg schraffierten Zone 1, 2 extb, a, 3 extb{hp) gebildet. Der Rest der betreffenden Zone nebst dem Ventralsyncytium 1, 2, 3 extb{vs) und die ganze Zone 1, 2 ext, b gelangen in den Körper des Embryos und finden sich hier in dem medianen Sagittalschnitt zwischen dem Mitteldarmepithel und dem provisorischen Rückenverschluß des Embryos, 3 ha{pr), der prinzipiell wie bei Formica gebildet wird. Bei den Museiden finden wir vielleicht im Prinzip ähnliche Verhältnisse wie bei den Ameisen wieder. Das extraembryonale Blastoderm wird somit, meiner Vermutung gemäß, zuerst partiell vorn und hinten von der wachsenden Keim- 38 Henrik Strindberg, Scheibe nach innen gestülpt und bildet hier die als vordere und hintere Mitteldarmanlage betrachteten Zellanhäufungen, die in 2 mit exib be- zeichnet worden sind. Der Rest des extraembryonalen Blastoderms wird dann von der Randpartie der Keimscheibe, 1, 2, 3 ha{pr), überwachsen und zuletzt in das Körperinnere gedrängt, während die Randpartie dorsal ge- schlossen wird und eine provisorische Rückenhülle bildet. Bildung der Embryonalhüllen. 1. Euternies. Wie schon vorher hervorgehoben ist, stellt das embryonale Blasto- derm eine von Anfang an mehrschichtige Zellplatte dar, die dadurch scharf von dem einschichtigen extraembryonalen Blastoderm abge- grenzt ist (Fig. 5). Schon vor der deutlichen Differenzierung des unteren Blattes macht sich hinten im embryonalen Blastoderm oder Keimscheibe eine Einstülpung bemerkbar, deren blindes Ende gegen den Hinterpol des Eies gerichtet ist. Das Lumen der Einstülpung stellt die Anlage der Amnionhöhle dar. Durch die Einstülpung wird eine Faltenbildung hervorgerufen, deren mehr- schichtiges Innenblatt die Anlage des Amnions, deren einschichtiges Außenblatt einen Teil des extraembryonalen Blasto- derms repräsentiert. Das spätere Amnion, Innenhülle oder Entopygma, Graber (88), ist somit ein Derivat der Keimscheibe, wie es schon Knower (1900) hervorgeho- ben hat (Fig. 19). An Totalpräparaten tritt die Hüllen- falte, oder besser Schwanzhüllenfalte als eine halbmondförmige Bildung auf, deren Concavität nach dem vor- deren Eipol gerichtet ist. In einem späteren Stadium dehnt sich die Schwanzhüllenfalte über die Seitem'änder der Keimscheibe aus, wodurch zuletzt eine Ring- falte gebildet wird. Selbständige laterale oder cephale Falten fehlen somit bei Eutermes. Beim Verlöten der Ränder der Ringfalte werden die beiden Em- bryonalhüllen fertig gebildet. Das Amnion ist somit von Zellen auf- ex/i Embryologische Studien an Insekten. 39 gebaut, die der ganzen Randzone der Keimscheibe entstammen, ob- schon die Amnionzellen speziell hinten zahlreich geliefert werden; anderseits wird das ganze extraembryonale Blastoderm bei Eutermes in die seröse Hülle oder Ectopygma umgewandelt. Das Amnion nebst dem Rest der Keimscheibe ist von nun an als Embryo zu bezeichnen. Wenn dasselbe in die Länge wächst, wird das mehrschichtige Amnion allmählich in eine einschichtige Hülle ausge- dehnt, deren Zellkerne sich durch helle Farbe und außerordentliche Kleinheit auszeichnen. Die Kerne der Amnionzellen teilen sich nur in früheren Stadien mitotisch, dagegen habe ich solche Teilungen in der serösen Hülle nie beobachten können. Die Kerne teilen sich hier, wie bei den übrigen von mir untersuchten Insektenembryonen, sicherlich nur direkt. Die Veränderungen der Embryonalhüllen, die etwa gleichzeitig mit der sogenannten Umrollung des Embryos verlaufen, stimmen prin- zipiell mit den Angaben Knoweks (1900) und Heymons' (95) überein. Ich will jedoch hier gegen Knower hervorheben, daß die seröse Hülle als »Dorsalorgan« sich nicht hinter dem Kopf befindet, da der Kopf noch nicht fertig gebildet ist [Schema I, Fig. 0, ser{pr)]. Es findet die Kopfbildung erst später statt, wenn die oberen Ränder der Kiefersegmente, wie es Holmgren (08) näher beschrieben hat, nach oben wachsen, um miteinander in der dorsalen Medianlinie ver- lötet zu werden. Dabei wird das Dorsalorgan nach unten in den Dotter geschoben, um hier zugrunde zu gehen. Allem Anschein nach geht das Dorsalorgan an keiner Stelle un- mittelbar in die definitiven Körperränder über, sondern nur vermittels des bei der Umrollung ebenfalls dorsal gelagerten Zellverbandes des Amnions. Das Dorsalorgan liegt aber in dem Zellverband des Amnions exzentrisch, gegen das Vorderende des Embryos geschoben. Wenn dann die Körperränder nach oben wachsen, um den definitiven Rücken zu bilden, werden zuerst hinten die vorherigen Amnionzellen gegen die Medianlinie zusammengepackt und später einfach in den Dotter ge- drängt, ohne somit, wie es Heymons (95) bei Gryllus beschrieben hat, dabei ein rohrförmiges Organ zu bilden. In dem Dotter und auch früher degenerieren die Amnionzellen, um zuletzt spurlos zu schwinden. Das Amnion spielt somit in der Nahrungsökonomie des Embryos eine gewisse Rolle, wie dies auch betreffs der serösen Hülle der Fall ist. Die seröse Hülle wird jedoch von vorn imd hinten nach innen rohrförmig gesenkt und wandelt sich somit in eine Halbrinne um, deren Ränder miteinander vereinigt werden. Die vorherige Serosa 40 Henrik Strindberg, stellt von nun an ein allerdings kurzes Kohr dar, dessen rundliches Lumen von den großen radiär gestellten vorherigen Serosazellen be- grenzt wird (Fig. 20, ser). Die rohrförmige Bildung ist noch eine Zeitlang vorn zwischen dem dorsalen Körperectoderm und dem Stomodäum zu sehen, geht aber bald in ein Klümpchen von degenerierenden Zellen über, das in den Dotter geschoben wird, um hier ebenfalls zugrunde zu gehen (Schema I, Fig. P). Fig. 20. Formica. Bei Formica ist das embryonale Blastoderm, wie schon oben er- wähnt wurde von hohen, schmalen Zellen aufgebaut und dadurch ziemlich wohl von dem extraembryonalen abgegrenzt, das ja allem Anschein nach dorsal unterbrochen ist. Eine deutliche Abgrenzung kommt erst zustande, wenn der Vorder- rand der Keimscheibe sich von derjenigen Partie des extraembryonalen Blastoderms losmacht, die etwa den Vorderpol des Dotters bedeckt, und dann nach innen von derselben nach vorn über den Vorderpol des Dotters zu wachsen beginnt. Bei diesem Vorgang habe ich beobachten können, daß die extra- Embryologisclie Studien an Insekten. 41 embryonalen Zellen an der Anlieftungsstelle an der Keimscheibe zuerst übereinander geschoben werden und an Sagittalschnitten gleichsam ein Zellklümpchen unter dem Vorderrand der Keimscheibe bilden. Vielleicht entspricht dieses Zellklümpchen der »Falte«, die von mehreren Hymenopterenforschern erwähnt ist; ich habe jedoch nie eine wirkliche Falte bei den Ameisen auffinden können. Gleichzeitig mit dem Wachstum der Keimscheibe nach vorn dehnt sich das kubische Epithel des extraembryonalen Blastoderms nach hinten über die Vorderhälfte der Dotteroberfläche und der Keim- scheibe, wobei es in ein Plattenepithel umgewandelt wird. Die Känder des Plattenepithels wachsen dann, ventral etwas rascher, weiter nach hinten, um zuletzt mit einander am Hinterpol des Eies verlötet zu werden. In dieser Weise bildet sich innerhalb der Eischale eine geschlossene Hülle, die ihrer Herkunft gemäß als die Serosa angesehen werden muß. Die Serosazellen zeichnen sich durch ihre großen Kerne aus, die etwas spärlich, aber regelmäßig über die Hülle zerstreut liegen. Aus dem oben Gesagten geht hervor, daß nur ein Teil des extraembryonalen Blastoderms bei Formica zur Bildung der serösen Hülle verbraucht wird, derjenige nämlich, der vor der Keimscheibe gelegen ist^. Die Serosa wird bei Formica noch im Stadium Schema II, Fig. // als eine kontinuierliche Membran beibehalten. Doch beginnen die Serosazellen sich etwas dichter vor der Mundöffnung anzusammeln. In den letzten Stadien der Embryonalentwicklung reißt die Hülle dorsal und abdominal ein, wird nach vorn geschoben und stellt zuletzt eine kompakte Bildung von Zellen dar, die ventral immer vor der Mundöffnung gelegen sind (Schema II, Fig. 7). Die Ursache des Zerreißens und Zusammenpackens der Hülle ist nicht in der starken Einknickung der Ganglie^nkette zu suchen, indem ich Embryonen beobachtet habe, bei denen die Hülle noch beibehalten wurde, obschon sich bereits die Ganglienkette eingeknickt hatte. Da- gegen wird sicherlich die Menge der Serosazellen durch die betreffende Einknickung mehr nach hinten geschoben. Die Serosazellen, die speziell seitlich vom Kopf reichlich ange- häuft sind, unterliegen später einer starken Degeneration und treten in fixiertem Material als eine schaumartige Bildung hervor, die 1 Die .Serosa der Ameisen entspricht .somit nicht ganz derselben Hülle der Pterygoten im allgemeinen. 42 Henrik Strindberg, vielleicht diircli das Stomodäum in den Mitteldarm gelangt und somit für den Embryo ökonomisch bedeutungsvoll wird. Ein Dorsalorgan, wie es z. B. bei Eutermes vorkommt, fehlt somit bei Formica. Auch unter den übrigen bisher untersuchten Hymeno- pteren scheint ein echtes Dorsalorgan nicht zur Ausbildung zu kommen, indem hier die Serosa bis zum Ende der Embryonalentwicklung, d. h. bis zum Ausschlüpfen der Embryonen, und insbesondere auch nach dem Rückenverschluß der Angabe nach beibehalten wii'd. Wir sind hier oben der Entstehung und dem Schicksal der serösen Hülle bei Formica gefolgt, ohne gleichzeitig, wie bei Eutermes, das Amnion zu besprechen, da ich trotz sorgfältiger Durchmusterung von mehreren Schnittserien keine AmnionhüUe habe beobachten können. Ähnliches wurde auch von Ganin (69), Bütschli (70), Dohkn (76), Grassi (84) u. a. angegeben, während anderseits Kowalewsky (71) für die Biene und Graber (88, 90) für Polistes, Formica, Hylotoma beide Embryonalhüllen observiert haben. Später konnten aber Car- RiERE u. Bürger (97) für Chalicodoma und für ältere P olistes-^mhvy onen das Vorhandensein nur einer Embryonalhülle, der Serosa, feststellen. Bei den Ameisen, Formica, deuten mehrere Verhältnisse darauf hin, daß es Zellen gibt, die zwar nicht ein Amnion im gewöhnlichen Sinne bilden, aber doch aus derselben Partie der Keimscheibe stammen, die bei den Insecta am- niota das Amnion liefert, und weiter in etwas vorgeschrit- tenen Stadien als ein provisorischer Rückenverschluß eine Verwendung findet. Wenn die Keimscheibe sich überall von dem extraembryonalen Blastoderm losgemacht hat und somit als Embryo zu bezeichnen ist, beginnen die Ränder desselben über die Oberfläche des Dotters zu wachsen. Schon vorher haben die Randzellen des Embryos eine andre Ge- stalt angenommen, indem sie an Größe zunehmen und etwas succu- lenter als die übrigen Zellen des Embryos erscheinen (Fig. 21, pr). Bei dem Wachstum nach oben aber werden die Zellen der Randzone in ein Plattenepithel umgewandelt, das durch die an Schnitten spindel- förmigen, sehr unscheinbaren Zellkerne ausgezeichnet ist. Die Ränder des Plattenepithels begegnen sich in der dorsalen Medianlinie und werden hier miteinander verlötet, wodurch der Rücken- verschluß des Embryos ungemein frühzeitig zustande kommt. Der Rücken ist somit von einem ectodermalen Plattenepithel gebildet, das überall mit dem cylinderförmigen Epithel des Embryos Embryologische Studien an Insekten. 43 in Verbindunj^ steht, obschon es von demselben überall ziemlich scharf abgesetzt ist (siehe Fig. 63). Im Stadium Fig. F, Schema II, beginnen die Ränder des Cylinder - epithels gegeneinander zu wachsen. Das ganze Plattenepithel wird dabei gegen die dorsale Medianlinie zusammengedrängt, um schließlich, wenn die Ränder des Cylinderepithels einander begegnen, nach innen gepackt zu werden. Hier können die Zellen des Plattenepithels aber keineswegs in den Dotter gelangen, indem das Mitteldarmepithel schon fertig gebildet (' ' cv ^6 Fig. 21. ist, sondern werden in den Raum gedrängt, dessen Wände ventral vom Mitteldarmepithel, dorsal von der Körperwand, lateral von den beiden Reihen der Cardioblasten gebildet sind. Hier werden sie zuletzt in das Herzrohr eingeschlossen, wenn die Cardioblastenreihen sich miteinander vereinigen. Sie befinden sich hier alle in Degeneration und gehen allem Anschein nach noch vor dem Ausschlüpfen der Embryonen spurlos zugrunde. Nach der hier oben gegebenen Darstellung wird bei Formica ein frühzeitiger Rückenverschluß des Embryos durch die ectodermalen 44 Henrili (Strindberg, Randzellen desselben bewirkt. Die RückenliüUe ist jedoch nur pro- visorischer Natur, indem sie von den emporwachsenden Rändern des Cylinderepithels nach innen gedrängt wird und in das Herzrohr gelangt. Der definitive Rücken wird somit von dem Cylinderepithel gebildet. Von den Insecta amniota, z. B. Eutermes, wissen wir, daß die Randzone der Keimscheibe in der Bildung des Amnions eine Ver- w^endung findet, aber auch, daß das Amnion nach der Umrollung eine provisorische Rückenhülle bildet, die mit den Rändern des cylindrischen Körperectoderms in unmittelbarer Verbindung steht. Wenn die Ränder des Körperectoderms gegeneinander zum Verlöten wachsen, wird der definitive Rückenverschluß bewirkt, während gleichzeitig die provisorische zugrunde geht. Ich habe mich auf diese übereinstimmenden Tatsachen gestützt, wenn ich die provisorische Rückenhülle in beiden Fällen als homologe Bildungen betrachte. Der Unterschied liegt darin, daß bei Eutermes die Zellen der Randzone der Keimscheibe zuerst das Amnion bilden, während sie bei Formica direct zum provisorischen Rücken- verschluß über die dorsale Oberfläche des Dotters wachsen. Wir erhalten dadurch auch eine Erklärung, warum der Rückenverschluß bei Formica so ungemein frühzeitig er- folgt. Die Verhältnisse, die uns bei Formica begegnen sind mit größter Wahrscheinlichkeit sekundärer Natur. Dafür spricht auch der Umstand, daß basal in der Randzone zwei ziemlich langgestreckte Einsenkun- gen vorübergehend auftreten, die vielleicht als rudimentäre Falten- bildungen, Amnionfalten, anzusehen sind. Eine wahre Faltenbil- dung kann hier naturgemäß nicht zum Ausdruck kommen, da hei Formica dorsal das extraembryonale Blastoderm nicht ausgebildet ist. Dagegen lassen die Abbildungen Carrieres u. Bürgers (97) über Chalicodoma deutlich erkennen, daß wenigstens vorn und lateral eine deutliche Falte ausgebildet wird, deren Innenblatt von der Randzone der Keimscheibe, deren Außenblatt von dem naheliegenden extra- embryonalen Blastoderm aufgebaut ist. Es handelt sich hier somit unzweideutig um eine hufeisenförmige Amnionfalte, die jedoch in dem Sinne rudimentär bleibt, daß die beiden Blätter sich an der Übergangs- stelle voneinander losmachen und selbständig weiter wachsen. Wenn das extraembryonale Blastoderm sich von der Keimscheibe Einbryologische .Studien an Insekten. 45 trennt, soll das erstere eine Falte bilden, die ja nicht mit einer Amnion- falte identisch sein kann, da die Blätter der Falte hier beide von extra- embryonalen Zellen aufgebaut sind. Camponotus. Betreffs der Bildung der serösen Hülle und der mit derselben verknüpften Vorgänge scheint Camponotus eine noch mehr hergeleitete Stellung als Formica einzunehmen. Wie schon in der Abteilung über die Verwendung des extraem- bryonalen Blastoderms hervorgehoben wurde, werden diejenigen Zellen des extraembryonalen Blastoderms, die sich am Vorderpoi finden, von dem wachsenden Embryo von der Dotteroberfläche abgedrängt und in eine Zellanhäufung polar zwischen Chorion und Embryo gesammelt. Die Zellen derselben behalten nicht, wie bei Formica, den Charakter eines Zellverbandes, sondern liegen von einander geschieden. Diejenigen, die sich dem Chorion am nächsten befinden, verlieren bald ihre schwarz gefärbten Einschlüsse, werden kleiner und bilden wieder einen Verband von rundlichen Zellen, die sich zuletzt stark abplatten. Das Platten- epithel stellt die Anlage der serösen Hülle dar (Fig. 14a — c, sa). Wie bei Formica wird somit die Serosa nur von einem Teil des extraembryonalen Blastoderms gebildet. Das Plattenepithel wächst dann nach hinten und schließt sich am Hinterpol des Eies zu einem Sack, der serösen Hülle. Der frühzeitige Rückenverschluß folgt bei Camponotus prinzipiell in derselben Weise wie bei Formica, und die Zellen des provisorischen Rückens gelangen später in das Herzrohr, wo sie verloren gehen. Chrysomela. Die Bildung der Embryonalhüllen bietet bei Chrysomela nichts Bemerkenswertes dar, sondern stimmt prinzipiell mit derjenigen der übrigen Chrysomeliden überein. Es wird somit eine Schwanzfalte durch Einstülpung der Hinter- partie der Keimscheibe hervorgerufen, deren Innenblatt von den Cy- linderzellen der Keimscheibe, deren Außenblatt von den Plattenzellen des extraembryonalen Blastoderms aufgebaut ist. Allmählich wird die Einstülpung tiefer, während sich gleichzeitig die Schwanzfalte immer nach vorn ausdehnt. Die Blätter der Falte sind nunmehr beide von einem Plattenepithel gebildet. Wenn die Schwanzfalte etwa zwei Drittel des Restes der Keim- 46 Henrik Stfindberg, Scheibe bedeckt, treten am Kopfende zwei neue Falten auf, die als Kopffalten zu bezeichnen sind und sich bald median miteinander zu einer Faltenbildung vereinigen. Schwanz- und Kopffalte begegnen einander zuerst lateral, wodurch eine Ringfalte gebildet wird (Fig. 22). Bei der Schließung der Öffnung bilden sich die beiden Embryonalhüllen dadurch, daß Außen- und Innenblatt der Ringfalte mit seinem Visavis verlötet wird. Selbständige laterale Falten fehlen somit bei Chrysomela, was gegen die Vermutungen Heiders (89) und Grabers (90) hervorzuheben ist. Wenn die Körperränder des Embryos nach oben zum Rücken- verschluß zu wachsen beginnen, schlägt sich jederseits eine Falte des Amnions dorsal, d. h. das Amnion dehnt sich zu einer Falte aus, ohne die Verbindung mit den Körper- rändern des Embryos zu verlieren^. Hierbei ist zu bemerken, daß das Amnion nicht ventral einreißt, ^^g- 22. sondern nur stark ausgedehnt wird, wodurch die Zellkerne sehr ent- fernt voneinander zu liegen kommen. Auch wird das Amnion nicht mit der serösen Hülle verklebt, sondern bewegt sich frei innerhalb derselben. Ich hebe dies gegen Kowalewsky (71) und Graber (88) hervor, die bei Hydrophilus gefunden haben, daß das Amnion mit der Serosa ventral verklebt und hier einreißt, wonach die beiden Embryonalhüllen dorsal geschoben werden, um das Dorsalorgan zu bilden. Ahnliches ist auch für Melolontha von Graber (89) beschrieben. Die beiden Falten des Amnions bilden sich von vorn nach hinten aus, in einem Stadium, wo noch das Schwanzende des Embryos sich an der Dorsalseite des Dotters befindet, und begegnen sich in der dor- salen Medianlinie, wobei das äußere und innere Blatt mit seinem Visavis verklebt. Die beiden inneren Blätter stellen dann zusammen einen provi- sorischen Rückenverschluß dar, während die äußeren sich von den inneren abheben und innerhalb der Serosa eine zweite Hülle bilden. 1 Vielleicht ist die Entstehung der Falten des Amnions derart zu erklären, daß der flüssige Inhalt der Amnionhöhle nach oben gedrängt wird und dann auch die Ränder des Amnions nach oben hervorpreßt, indem etwa gleichzeitig der Em- bryo eine mehr oberflächliche Lage einnimmt und sich etwas nach vorn bewegt (rudimentäre Umrollung; vgl. S. 75). Embryologische Studien an Insekten. 47 Der Embryo wird somit von zwei freien Hüllen, der Serosa und dem größten Teil des Anmions, umgeben, während der Rest des Am- nions den provisorischen Rücken desselben bildet. Die Amnionhülle wird mit der Serosa, wie es scheint, fest ver- klebt; die Zellkerne derselben sind nimmehr nur spärlich vorhanden und liegen weit voneinander entfernt. Sie sind jedoch von den Kernen der serösen Hülle wohl geschieden, indem sie kleiner sind und mit Eisenhämatoxylin wenig stark gefärbt werden. Die beiden verklebten Hüllen werden noch vor der Geburt der Embryonen aufgelöst. Der definitive Rückenverschluß schreitet von vorn und hinten gegen die Mittelpartie des Embryos. Zuerst schließt sich der Kopf, dann der Hinterteil des Abdomens, so daß zuletzt nur der Vorderteil des Abdomens und der Thorax offen sind. Hier erfolgt, da die Körper- ränder miteinander parallel liegen, der Verschluß auf pj 23 einmal. Beim definitiven Rückenverschluß wird die provisorische Rücken- hülle median zusammengepackt und nach unten gedrängt, um zuletzt in dem Dotter zugrunde zu gehen. Die degenerierenden Zellen sind auffallend spärlich vorhanden, was wohl aber darin eine Erklärung findet, daß der größte Teil des Amnions nicht im Aufbau der provisorischen Rückenhülle verwandt wurde. Das Schicksal des Amnions ist hier in Fig. 23 für Chrysomela sche- matisch wiedergegeben. Allgemeines über die Embryonalhüllen. Die beiden Embryonalhüllen der Insecta amniota gehen unzwei- deutig stets aus denselben Partien des Blastoderms hervor, in dem das extraernbryonale Blastoderm die Serosa, das embryonale Blasto- derm oder die Keimscheibe das Amnion liefern. Dies kann nicht immer sicher entschieden werden, da bei mehreren Pterygoten, z. B. den Coleopteren, die beiden Partien des Blastoderms nicht scharf voneinander abgegrenzt sind. Dessen ungeachtet müssen wir wohl die Embryonalhüllen der Pterygoten als insofern homologe Bildungen betrachten, als sie stets aus wenigstens teilweise entspre- chenden Teilen des Blastoderms entstehen (vgl. S. 41). 48 Henrik Strindberg, Beim Entstellen der Embryonalhüllen machen sich die Hüllen- falten bemerkbar, deren Innenblatt von Randzellen der Keimscheibe, deren Außenblatt von Zellen des extraembryonalen Blastoderms ge- bildet wird. Die Zahl der Falten ist verschieden. Bei den Termiten finden wir nur eine einzige, die Schwanzfalte, bei den Orthopteren und Der- mapteren daneben auch Kopffalten, Heymons (95) und nach Schwakze (99) bei den Lepidoptera auch Lateralfalten. Zuletzt wird aber nur eine Falte, eine Ringfalte, gebildet. Die Ringfalte schließt sich ventral von der Keimscheibe, wobei die beiden Embryonalhüllen geliefert werden. Allgemein wird für die seröse Hülle angegeben, daß dieselbe zu- gnmde geht, ohne am Aufbau des Embryonalkörpers teilzunehmen. Entweder gelangt sie an die Nackengegend des Embryos, um hier ein » Dorsalorgan « zu bilden, das später in das Innere des Embryos gedrängt und absorbiert wird, oder sie wird einfach, wie bei einigen Coleopteren, in situ aufgelöst. Zuletzt ist auch an die Ameisen, Formica, zu er- innern, wo die Serosa ventral in der Nähe der Mundöffnung zusammen- gepackt wird. Betreffs des weiteren Schicksals des Amnions geben Bruce (87), Graber (88), Nusbaum (90) u. a. an, daß die Amnionzellen dorsal ge- langen und zu den Hypodermiszellen des Rückens werden, eine Ansicht, die später von Heymons (95) u. a. nicht bestätigt werden konnte. Nach Heymons sollen die Amnionzellen einfach in den Dotter gepackt werden, um hier zu gründe zu gehen, wie ich dies auch bei den von mir untersuchten Embryonen gefunden habe. Bei Chrysomela wird aber nur ein Teil der Amnionzellen in den Dotter gedrängt, während ja die meisten eine zweite Hülle um den Embryo bilden und erst später zerstört werden. Dagegen wird nach weitaus den meisten Forschern eine provi- sorische Rückenhülle von Amnionzellen geliefert. Diese provisori- sche Rückenhülle wird dann durch die emporwachsenden Körper- ränder ersetzt. Es verdienen hier zwei Ordnungen der Pterygoten, die Hyme- noptera und Diptera, eine nähere Besprechung. Wie schon vorher angedeutet wurde, differieren die Ansichten betreffs der Embryonalhüllen der Hymenopteren, indem speziell Gra - BER (89, 90) das Vorhandensein beider Hüllen angenommen hat, während Carriere u. Bürger (97) nur eine, die Serosa, beobachten konnten. Über die Embryonalhüllen bei Formica rufa sagt Graber (89) u.a. folgendes: »Im Gegensatz zu Ganin, der bekanntlich nur eine Embryologische Studien an Insekten. 49 Hülle kennt, unterscheide ich ganz deutlich deren zwei, nämlich ein Ectopygma ah, das der Eischale, und ein Entopygma ih, welches dem Ectoderm ec des Embryos anliegt«, und ferner: »Noch schärfer tritt das Entopygma hervor, dies insbesondere über der Mundeinstülpung m über die es sich frei hinwegzieht <<, I.e. 146. Nach Graber sollen somit die beiden Hüllen einen überall ge- schlossenen Doppelsack um den Embryo bilden und der Rückenver- schluß durch die emporwachsenden Körperränder des Embryos erfolgen. Noch viel bestimmter spricht sich Graber über die Hüllen von Polistes gallica aus: »Jeden Zweifel an das Vorkommen zweier Hüllen bei Hymenopteren beseitigen aber vor allem wirkliche Schnitte durch die Eier von Polistes gallica << 1. c. 140. Da ich aber bei verschiedenen Ameisen- Arten nur eine Hülle, die Sercsa, gefunden habe und ebenso Carrikre u. Bürger bei Polistes und CJialicodoma, muß wohl die Richtigkeit der Auffassung Grabers als unwahrscheinlich angesehen werden. Die Bildung der serösen Hülle scheint bei Chalicodoma prinzipiell in derselben Weise wie bei den Ameisen zu verlaufen. Der Unterschied liegt nur darin, daß nach der Ansicht bei Chalicodoma das ganze (extra- embryonale) Blastoderm zur Bildung der Hülle verbraucht wird. Dasselbe ist in diesem Stadium dorsal unterbrochen, steht aber überall mit den Rändern des Embryos (Keimscheibe) in unmittelbarer Verbindung. Dann trennt sich das Blastoderm von dem Embryo unter Bildung einer Kopf- und Schwanzfalte und wird mit den freien Rändern zuerst ventral, dann dorsal zu einem Sack, der serösen Hülle, vereinigt. Es scheint mir nun nicht unwahrscheinlich, daß auch bei Chalicodoma, wie bei den Ameisen, Partien des extra - embryonalen Blastoderms eliminiert werden können, und zwar daß diese Partien eben die von Carriürre u. Bürger als vordere und hintere Entodermanlage bezeichneten Zcllwucherungen des Blastoderms repräsentieren. Bei der Bildung des unteren Blattes, des Mesoderms, Carriere u. Bürger, bilden sich die bekannten Furchen ventral im embryonalen Blastoderm, Keimstreifen, die ein Medianfeld, Mittelplatte, zwischen sich fassen. Die Mittelplatte stellt die Anlage des unteren Blattes, Mesoderms, dar. Vorn und hinten von der Mittelplatte und von derselben wohl geschieden, also im extraembryonalen Blastoderm, findet nun eine starke Zellwucherung statt, die die beiden entodermalen Mitteldarm- anlagen liefern sollen. »Der Vorgang, durch welchen von beiden Stellen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. ' -4 50 Henrik Strindberg, her eine verhältnismäßig sehr große Anzahl von Zellen in die Tiefe gelangt, unterscheidet sich vollständig und sehr bestimmt von der Anlage des Mesoderms. Es findet keine Einsenkung, Einfaltung oder Überwachsung statt, sondern auf gewissen Gebieten (Inseln) des Vorder- und Hinterfeldes vermehren sich die Blastodermzellen durch mitotische tangentiale Teilung« (I.e. 293) i. Die beiden Wucherungen machen sich dann von der oberfläch- lichen Zellschicht los, die als Ectoderm bezeichnet wird, und wachsen einander zur Bildung des Mitteldarmepithels entgegen. Vielleicht entspricht nun die sogenannte hintere Entodermanlage bei Chalicodoma denjenigen Zellen des extraembryonalen Blastoderms, die bei Formica nach innen durch eine Einstülpung gelangen. Zwar dehnen sich diese nicht nach vorn aus um ein Mitteldarmepithel zu bilden, was dagegen ja an die Verhältnisse bei Camfonotus erinnert, indem hier extraembryonale Zellen zahlreich in das Körperinnere des Embryos gelangen, um hier nach außen von dem eigentlichen Mittel- darmepithel einen epithelialen Zellverband darzustellen. Die vordere Entodermanlage bei Chalicodoma findet dagegen nicht bei Formica ein Homologon, was wohl darin zu suchen ist, daß das spärliche extraembryonale Blastoderm vor der Keimscheibe ganz zur Bildung der serösen Hülle verwandt wird, während bei Camponotus zwar einige Zellen der betreffenden extraembryonalen Blastoderm- partie nach innen geraten, die meisten aber von der Dotteroberfläche abgedrängt werden und sich in eine Zellanhäufung polar innerhalb der Eischale sammeln. Schon früher hatte Grassi (84) bei der Biene zwei Zell Wucherungen beobachtet, die jedoch nicht selbständig wie bei Chalicodoma entstehen sollen, wohl aber das Mitteldarmepithel liefern. Später konnte aber DiCKEL (04), ebenfalls bei der Biene, nachweisen, daß die vordere Wucherung dm'ch eine Einstülpung gebildet wird. Er hat jedoch unzweideutig den Vorder- und Hinterpol des Eies verwechselt, wo- durch die Ähnlichkeit mit Formica sehr viel größer wird. Ich komme zu diesen Fragen unten zurück, wenn es gilt, die ver- schiedenen Auffassungen über die Entstehung des Mitteldarmepithels der Insekten zu besprechen und dieselbe möglichst gut mit der meinigen 1 Nach den Abbildungen zu urteilen, sind es nicht eigentlich die ober- flächlichen Zellen der Blastoderminseln, die durch tangentiale Teilungen eine Wucherung hervorrufen. Es werden vielmehr Zellen von der Oberfläche nach innen gedrängt, um sich hier mitotisch zu vermehren, ähnlich wie wir es bei For- m'ca kennen gelernt haben. Embryologische Studien an Insekten. 51 in Einklang zu bringen. Ich habe hier nur auf die Möglichkeit auf- merksam gemacht, daß die sogenannte vordere und hintere Mittel- darmanlage der Hymenoptera vielleicht nur ein extraembryonales Material repräsentiert, das durch Wucherung oder Einstülpung eli- miniert wird, während der Rest des extraembryonalen Blastoderms die seröse Hülle liefert. Ehe wir die Hymenopteren verlassen, um uns den Dipteren zu- zuwenden, will ich noch einmal an den frühzeitigen Rückenverschluß der Ameisenembryonen erinnern, der hier nur provisorischer Natur ist und allem Anschein nach von Ectodermzellen bewirkt wird, die den Amnionzellen der Insecta amniota vielleicht homolog sein können. Auch Carriere u. Bürger geben für Chalicodoma an, daß der Rückenverschluß durch das Ectoderm der Körperwände zustande kommt. Dabei heißt es zunächst : »Wie ich hier vorgreifend bemerken will, beginnt, nachdem sich das Biastoderm rings von dem ganzen Embryo losgelöst und zur Keimhülle erhoben hat, die Umwachsung des Dotters durch das Ectoderm. Dabei flachen sich die Zellen des Randes ab und schieben sich als sehr dünne Schollen über den Dot- ter . . .« (I.e. 307). Der Rücken Verschluß bei Chalicodoma scheint nun nach Carriere u. Bürger definitiv zu sein; sie haben wenigstens diese Frage nicht w^eiter behandelt. Es ist nun aber sehr fraglich, ob nicht die »sehr dünnen Schollen«, die sich über den Dotter schieben, mit den Zellen der provisorischen Rückenhülle der Ameisen homolog sind, d. h. daß wir ganz ähnliche Verhältnisse wie bei den Ameisen wiederfinden können. Wenigstens ist die Ähnlichkeit zwischen den Querschnitten der Fig. 146 u. a. mit denjenigen der Fig. 63, 66 meiner Arbeit eine außerordentliche. Das Plattenepithel des Rückens geht auch hier in das Cylinderepithel der Ventralseite unmittelbar über, und sollte somit meiner Vermutung nach von dem emporwachsenden Cylinderepithel gegen die dorsale Medianlinie zusammengedrängt und ersetzt werden. Vielleicht sind die in Fig. 163 als Blutzellen bezeichneten Elemente solche weggedrängte Zellen der provisorischen Rückenhülle. Betreffs der Bildung der Embryonalhüllen sind die Dipteren besonders interessant, indem wir hier, wie bei den Hymenopteren, Veränderungen beobachten können, die unzweideutig sekundärer Natur sind, aber dazu führen können, daß überhaupt keine Embryonal- hüllen gebildet werden. Von mehreren Dipteren wissen wir nach den Untersuchungen 4* 52 Henrik Strindberg, von Weismann (63) und Kupfek (66), Chironomus, Metschnikoff (66), Simulia, daß die beiden Embryonalhüllen in gewöhnliclier Weise durch Bildung einer Kopf- und Schwanzfalte entstehen, während bei andern, Cecidomya, Metschnikoff (66), Amnionfalten gebildet werden, die einander aber nie begegnen. Es fehlen somit hier tatsächlich Embryonal- hüllen i. Zuletzt sind vor allem die Museiden zu nennen, wo hauptsächlich nur eine Schwanzfalte zum Ausdruck kommen soll, die aber später wieder schwindet und deren Zellen somit an der Rückenbildung teil- nehmen 2. Leider haben sich die Muscidenforscher nicht genau mit den letzten Stadien der Muscidenentwicklung beschäftigt; sie haben daher auch nicht entscheiden können, ob die Zellen der Falten definitiv den Kücken des Embryos bilden oder ob sie, wie wir es bei den Insecta amniota kennen gelernt haben, degenerieren und zugrunde gehen. Wenn es sich aber um wirkliche Hüllenfalten, Amnionfalten, handelt, müssen wir annehmen, daß das Außenblatt von Zellen des extraembryonalen Blastoderms, das Innenblatt von Zellen, Rand- zellen, des embryonalen Blastoderms, Keimscheibe, aufgebaut ist. Der Rücken des Embryos wird somit eventuell immer von Zellen gebildet, die den Zellen der Serosa und des Amnions der Insecta am- niota homolog sind. Da wir aber wissen, daß nach der Mehrzahl der Insektenembryologen die Zellen der beiden Embryonalhüllen zugrunde gehen, ohne am Aufbau des Embryonalkörpers definitiv teilzunehmen, erscheint es mir als das plausibelste, daß auch bei den Museiden die betreffenden Zellen demselben Schicksal unterliegen. Den Tatsachen, die mit dieser Frage verknüpft sind, habe ich eine genauere Aufmerksamkeit in der Abteilung über die Mitteldarmbildung geschenkt, und halte dies für zulässig, da es sich ja bei den Museiden wie bei den Hymenopteren um eine vordere und hintere Entoderm-, Mitteldarmanlage, handeln soll, die aber meiner Vermutung nach vielleicht in derselben Weise interpretiert werden kann, die ich für Chalicodoma und Apis verwandt habe. Unter Voraussetzung, daß die vordere und hintere »Mitteldarm- anlage« eine eliminierte Partie des extraembryonalen Blastoderms repräsentiert, wird natürlich die extraembryonale Rückendecke der Muscidenkeimscheibe schon früh beträchtlich reduziert. Ob auch die 1 Auch Ritter (90) gibt für Chironomus beide Hüllen an. 2 Es soll sich auch eine sehr unscheinbare Kopffalte bilden. Embryologische Studien an Insekten. 53 Randzellen der Keimscheibe, die den Amnionzellen der Insecta amniota homolog sind, an der Bildung der sogenannten vorderen und hinteren Mitteldarmanlage teilnehmen, kann nicht ohne weiteres entschieden werden, da das embryonale und das extraembryonale Blastoderm ohne scharfe Grenze ineinander übergehen. Ich glaube jedoch hier zu der Annahme berechtigt zu sein, daß ein Teilnehmen von den Randzellen der Keimscheibe ausgeschlossen oder wenigstens sehr unwahrscheinlich ist, indem bei Formica dies nicht der Fall ist. Ich halte es somit für wahrscheinlich, daß ein Rückenverschluß nicht nur von extraembryonalen Zellen, sondern auch in der Peripherie von den Randzellen der Keimscheibe bewirkt wird, und daß weiter der Rückenverschluß provisorischer Natur ist. Wenn dann der definitive Rückenverschluß zustande kommt, wird das provisorische Rückenepithel von den eigentlichen Körper- rändern gegen die dorsale Medianlinie gedrängt, um innerhalb der Körperwände zugrunde zu gehen. Gegen diese Auffassung sprechen nun die Ergebnisse Grabees (88), indem das »Anrnion« und die »Serosa« an der definitiven Rückenbildung teilnehmen sollen. ^ Teils haben aber spätere Forscher, Heymons (95) u. a., die Auffassung Grabers nicht bestä- tigen können, teils deuten auch mehrere Ver- ^ hältnisse seiner Arbeit darauf hin, daß seine Annahme sich nicht ohne Einwand verteidigen läßt. In Fig. 25 hat Graber (89) bei z und z' eine Menge von Zellen abgebildet, die im Querschnitt Fig. 36 u. a. wiederzufinden sind und von Gra- ber als Mesodermzellen betrachtet werden, »die vom geschlossenen, an der Ventralseite des absteigenden Proctodäum- schenkels befindlichen Lager der Mesodermschicht (sagen wir vom Punkte i aus) um die Seitenwände dieses abgeflachten Rohres herum und auf dessen dorsale Wand hinüber wandern, und zwar zu dem Zwecke, um die an diesem Proctodäumteil bald nachher nachweisbare Muskelbekleidung zu bilden . . .<< 1. c. 288. (Fig. 24, nach Grabers Fig. 25.) Es ist aber nun zu bemerken, daß die betreffenden Zellen sowohl nach Graber als auch nach Voeltzkow (89) durch ihre Größe aus- gezeichnet sind und wohl schon dadurch mit den übrigen Mesoderm- zellen nicht mehr verglichen werden können. Auch sind sie sowohl Fig. 24. 54 Henrik Strindberg, von VoELTZKOW (Fig. 72) als von Grabee (Fig. 37) noch in einem Stadium abgebildet, wo das Proctodäum von einer Muscularis be- kleidet ist. Meiner Vermutung nach haben wir es hier mit Zellen zu tun, die von der provisorischen Rückenhülle stammen und von den empor- wachsenden Körperrändern nach innen gedrängt sind. Ob sie extra- embryonale Zellen oder Randzellen der Keimscheibe repräsentieren, können wir nicht entscheiden, obschon das erstere am wahrscheinlich- sten erscheint, indem die noch befindliche Rückenhülle, »Amnion«, VoELTZKOW, von außerordentlich zarten Zellen aufgebaut sein soll und daher in seiner Fig. 71 als eine Bogenlinie gezeichnet ist. Bei den von mir untersuchten Embryonen sind eben die Amnionzellen oder Zellen, die den Amnionzellen homolog sind, durch ihre außerordentliche Kleinheit ausgezeichnet, während anderseits die extraembryonalen Zellen die ersteren an Größe weit übertreffen. Es ist wohl anzimehmen, daß später auch das Plattenepithel des Rückens von den wirklichen Körperrändern nach innen gedrängt wird. Vielleicht bilden die Zellen desselben den von Graber (89) als Herz- anlage bezeichneten soliden Zellstrang, der dorsal von dem Mitteldarm verläuft oder stammt derselbe von den Zellen des extraembryonalen Blastoderms, die hier von den sich nähernden Ursegmenten in der dor- salen Medianlinie zu einer strangförmigen Bildung zusammengepackt werden. Denn, wie aus den Abbildungen Grabers entnommen werden kann, haben sich die Ursegmente in diesem Stadium noch nicht dorsal begegnet, um durch die Cardioblasten das Herzrohr zu bilden. Zwar soll das Herz bei den Museiden nach Graber einen ganz andern Ursprung haben als z. B. bei gewissen Käfern, was aber nicht weiter behandelt wird und jedenfalls sehr fraglich er- scheint. Embryonalhüllen im Sinne der Pterygoten fehlen bei den Aptery- goten und Myriopoden. Es scheint mir jedoch nicht unwahrscheinlich, daß die betreffenden Articulaten Übergangsformen repräsentieren können, indem schon hier das extraembryonale Blastoderm und die Randzellen des embryonalen einem Schicksal unterliegen, das an dasjenige der entsprechenden Zell- verbände der Pterygoten erinnert. Es sollen hier zuerst die Apterygoten besprochen werden, deren Embryonalentwicklung durch die Untersuchungen Heymons' (97, 05) an Lepisma und Machilis ziemlich gut bekannt ist. Embryologische Studien an Insekten. 55 a. Lepisma. Wie bei den Pterygoten, z. B. Eutermes, wird das Blastoderm durch die Bildung der Keimscheibe in zwei Regionen differenziert, die als embryonales und extraembryonales Blastoderm bezeichnet werden können. Das letztere wird von Heymons Serosa genannt, was aber streng genommen nicht zulässig erscheint, da ja bei Lepisma in der Tat nie- mals eine Serosa gebildet wird. Ebensowenig läßt sich die Bezeichnung Amnion für die Randzone des embryonalen Blastoderms verteidigen, wenn sich diese beim Ein- senken der Keimscheibe in den Dotter in einer zelligen, zarten Haut ausdehnt. Wir können hier nur von Zellverbänden sprechen, die viel- leicht der Serosa und dem Amnion der Pterygoten gleichwertig sind. Dafür spricht wenigstens auch dasselbe Schicksal derselben. Wir finden somit nach der Umrollung des Embryos, daß der größte Teil der Dotteroberfläche von den »Amnion <>the liiicropyl« bildet, dem extraembryonalen Blastoderm der Pterygoten entspricht, müssen wohl die »Organe«, die von der betreffenden Zellpartie stammen, einander auch in ge- wissem Sinne entsprechen. Bei Peripatus wird die Zellpartie als ein Nahrungsorgan ausgebildet und daher in ihrem Bau für diesen Zweck spezialisiert, während die Zellen desselben bei den Poduriden sich schon sehr frühzeitig in die Länge strecken und wahrscheinlich als ein Anheftungsapparat mit der unter der Eischale befindlichen Membran in Verbindung treten. Bei den 'Pterygoten wird für gewöhnlich ebenfalls das extra- embryonale Blastoderm in der Bildung eines Organs, der Serosa, auf- gebraucht, wenn auch bei einigen derselben gewisse Partien für andre Aufgaben in Anspruch genommen werden, wie z. B. bei Xiphidium, während bei Ameisen solche Partien einfach eliminiert werden, ohne am Aufbau des Embryonalkörpers definitiv teilzunehmen. In späteren Embryonalstadien wird bekanntlich die trophische Blase, >>the micropyl« und allgemein bei den eine Umrollung besitzenden Pterygoten die Serosa von den emporwachsenden Körperrändern des Embryos als Dorsalorgan zusammengepackt, um zuletzt nach innen zu gelangen und zugrunde zu gehen. Dieses übereinstimmende Schicksal des Dorsalorgans spricht wohl Einbryologische Studien an Insekten. 65 auch außer der immer dorsalen Lage der das betreffende Organ liefern- den Zellpartie, für eine Homologie zwischen den Organen. Es scheint mir somit wahrscheinlich, daß das extraembryonale Blastoderm bei Peripatus, trophic vesicle, dem extraembryonalen Blastoderm der Insekten entspricht, obschon es bei Peripatus als ein trophisches Organ verwendet wird. Verschiedene Stufen einer ähnlichen Anpassung sind ja bei ameri- kanischen und afrikanischen Peripatus- Äxten bekannt, Kennel (85), Sedgwick (87). Bei den afrikanischen Species hat Sedgwick darauf aufmerksam gemacht, daß bei P. capensis das dorsale Ectoderm des Embryos eine Verdickung aufweist, die als »ectodermal hump« bezeichnet ist. Über die Bedeutung der betreffenden Verdickung sagt Sedgwick folgendes: "In short, I am inclined to think that this surface ectoderm . . . has a nutritive function, absorbing the fluid in which the embryo lies, and it seems to me conceivable that the placenta described by Kennel in the Trinidad species may be a more specialised organ of the same matter" (1. c. 472). Die von Kennel bei P. edwardsii erwähnte Placenta wird eben- falls von der dorsalen Ectodermpartie durch Zellwucherung gebildet und ist somit vielleicht mit der trophischen Blase von C. novae-hritanniae und der »ectodermal hump<< von P. capensis nicht nur analog, sondern auch homolog. Die hier besprochenen Peripatus-Aiten besitzen alle wenig dotter- reiche Eier, die einer totalen Fm'chung unterliegen. Es wäre nun von Interesse, wenn sich durch spätere Untersuchungen ergeben sollte, daß auch bei denjenigen Peripatus- Alten, die dotterreiche Eier mit superficieller Furchung besitzen, ebenfalls sich eine dorsale Ectoderm- partie als Dorsalorgan eliminiert, da ja dadiu'ch die Ähnlichkeit mit den Crustaceen, Myriopoden und Insekten in dieser Hinsicht noch mehr erhöht wird. Zuletzt ist auch an die Verhältnisse der Anneliden zu erinnern, indem hier das Blastoderm nicht in embryonales und extraembryo- nales differenziert wird und gänzlich im Aufbau des Embryos eine Verwendung findet. Ventral werden die Keimblätter, Ento- und Mesoderm, gebildet, während die oberflächliche Zellschicht, das Ecto- derm, definitiv auch den Rücken des Embryos bildet. Wenn wir nun die jetzigen Anneliden zu den Vorfahren der Arthro- poden in dem Sinne rechnen, daß sie die ursprünglichen Anneliden- charaktere beibehalten haben, finden wir somit, daß die Blastulawand, Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CVI. Bd. 5 G6 Henrik Strindberg, Blastoderm, definitiv und gänzlicli zur Körperwand wird, nachdem sich ventral die beiden andern Keimblätter ausgebildet haben. Schon unter den Crustaceen und Onychophoren tritt aber eine Differenzierung des Blastoderms in ein embryonales und ein extraembryonales ein. Das letztere wird bei den Crustaceen als Dorsal- oroan eliminiert, ohne daß der Zellverband desselben vorher physio- logisch bedeutungsvoll ist. Wenigstens ist das extraembryonale Blastoderm hier in keiner Weise spezialisiert. Dies trifft aber für diejenigen Onychophoren zu, die dotterarme Eier besitzen, indem hier ein Nahrungsorgan zum Vorschein kommt, das jedoch verschieden stark entwickelt ist und wenigstens sicher bei P. novae-hritanniae zuletzt zugrunde geht. Zwar wissen wir noch nicht, ob bei allen Onychophoren das betref- fende Organ aus einer dem extraembryonalen Blastoderm der Crusta- ceen, Myriopoden und Insekten entsprechenden Blastodermpartie stammt, obschon mehrere oben erwähnte Verhältnisse für eine solche Annahme sprechen können. Wie sich die Onychophoren mit dotterreichen Eiern in dieser Hinsicht verhalten, wissen wir nicht, sondern es müssen noch neue Untersuchungen abgewartet werden. Bei den Myriopoden begegnen wir allem Anschein nach denselben Verhältnissen wie bei den Crustaceen, obschon es nicht unwahrschein- lich ist, daß hier zum erstenmal auch eine Differenzierung des embryo- nalen Blastoderms, Keimscheibe, zustande kommt, wodurch dieselbe eine Randzone erhält, deren Zellen nach dem Verschwinden des extra- embryonalen Blastoderms, Dorsalorgans, allein einen provisorischen Rückenverschluß bewirken, um ziiletzt durch die emporwachsenden Körperränder ersetzt zu werden. Letzteres kommt ja im Prinzip bei den Apterygoten, Thysanuren, sicher vor und ist wohl von den Ameisen und vielleicht auch von den Museiden sekundär erworben. Unter den Versuchen, die Phylogenie der Embryonalhüllen, des Amnions, zu erklären ist wohl derjenige Wills am bekanntesten. Nach der Hypothese Wills soll das Amnion der Insekten aus der Hinter- partie der Myriopodenkeimscheibe hervorgehen, wodurch wir auch eine Erklärung für die geringere Segmentzahl der Insekten erhalten. Will begründet seine Hypothese auf der Ähnlichkeit zwischen der starken ventralen Einknickung der Myriopoden- und Libelluliden- keimstreifen, während der Unterschied zwischen denselben darin liegen soll, daß bei den Myriopoden die ganze, bei den Libelluliden nur die Enibryolügische Studien an Insekten. G7 vordere Partie des Keimstreifens den eigentlichen Embryonalkörper bildet. Gejien die Hypothese Wills können nun einige Verhältnisse bei den Insekten herangezogen werden, die vielleicht nicht ohne weiteres zu übersehen sind. Wir finden bei den Apterygoten, Thysanuren, die sehr wahr- scheinlich den Myriopoden näher stehen als den Pterygoten, daß eine Einknickung im Sinne der Myriopoden vermißt wird, da die bei Le/pisma und Machilis beobachtete Krümmung nur eine sogenannte Caudal- krümmung repräsentiert i . Die letztere findet ebenfalls in einem Stadium statt, wo schon längst das sogenannte Proamnion sich über die Eioberfiäche eine Strecke weit ausgedehnt hat, und das Proamnion entspricht völlig der Randpartie des Pterygotenkeimstreifens, die in der Bildung des Amnions verbraucht wird. Bei den Isoptera, die ja den niedersten der Pterygoten angehören, sind wohl ursprüngliche Verhältnisse betreffs der Amnionbildung zu erwarten. Wir finden auch hier nur eine Amnionfalte, die ja durch Einstülpung der Hinterpartie der Keimscheibe hervorgerufen wird. Die betreffende Partie sollte nun nach Will dem Hinterende der Myriopodenkeimscheibe entsprechen und das Amnion liefern. Es ist nun aber zu bemerken, daß sowohl bei den Isoptera wie auch bei den Libelluliden die Hinterpartie der Keimscheibe keines- wegs nach vorn klappt, um mit den Rändern der Vorderpartie verlötet zu werden, sondern es dehnt sich die Einstülpung immer nach vorn über die Ränder der Vorderpartie aus und wird zuletzt ringförmig, wie dies natürlich auch betreffs der Falte der Fall ist, da dieselbe eben durch die fortschreitende Einstülpung hervorgerufen wird. Das Amnion der betreffenden Pterygoten ist somit von Zellen aufgebaut, die von der Randzone der Keimscheibe stammen, wenn auch die weitaus größere Zahl von der Hinterpartie derselben ge- liefert wird. Wenn wir uns der Hypothese Wills anschließen, müssen wir wohl nur die Hinterpartie des Amnions als eine dem Hinterkörper des Myriopodenkeimstreifens entsprechende Bildung betrachten, wäh- rend die Vorderpartie einen Neuerwerb der Pterygoten repräsentiert. Die Zellen der betreffenden Vorderpartie des Amnions müssen wohl aber ebenfalls in der Myriopodenkeimscheibe ein Homologon 1 Einer Caudallirümniung begegnen wir ja bei manchen Pterygoten, wenn schon das Amnion fertig gestellt ist, 5* 68 Henrik Strindberg, finden, wobei natürlich nur die Randzellen der Vorderpartie der Keim- scheibe in Betracht kommen können. Wenn diese Vermutung richtig ist, kann somit das Amnion der Pterygoten nicht nur mit der Hinterpartie, sondern auch mit der Randzone des Myriopodenkeimstreifens homolog sein, was wohl aber nicht mit der Hypothese Wills im Einklang steht. Vielleicht läßt sich indessen eine Herleitung des Insektenaranions von der Myriopodenkeimscheibe verteidigen, wenn wir annehmen, daß die ganze Randzone derselben mit derjenigen der Insekten(Pterygoten)- keimscheibe homolog ist. Zwar finden wir dadurch keine Erklärung, warum die Segmentzahl der Pterygoten sehr viel kleiner ist als bei den Myriopoden. Es ist jedoch zu bemerken, daß bei den Pterygoten die Segmentzahl bei den niedrig stehenden Isoptera, am größten ist, um bei den höheren kleiner zu werden, ohne daß wir jedoch Spuren der verlorenen Segmente beobachten können. Eine Reduktion der Segmentzahl der eventuellen Myriopoden- vorfahren der Insekten kann daher sehr wohl, z. B. durch Verschmel- zung verschiedener Segmente, bewirkt werden, ähnlich wie wir es noch bei den heutigen Pterygoten für einige der Abdominalsegmente embryonal observieren. Wenn wir somit von der Hypothese Wills Abstand nehmen, ohne jedoch eine Entstehung des Amnions von der entsprechenden Rand- zone des Myriopodenkeimstreifens als ausgeschlossen zu betrachten, bleibt uns noch übrig zu besprechen, in welcher Weise die betreffende Randzone zur Bildung einer Embryonalhülle gekommen ist. Der Bildungsmodus des Amnions ist ja schon vorher bekannt und bedarf daher hier keiner Erwähnung. Es handelt sich dabei jeden- falls um eine stärkere oder schwächere Versenkung der Keimscheibe in den Dotter, die vielleicht »im Interesse einer besseren und aus- giebigeren Ernährung des Embryos« zustande kommt, wie es Hey- MONS für Lepisma angenommen hat. Eine solche Erklärung für die Entstehung der Embryonalhüllen der Insecta pterygota scheint mir aber nicht recht wahrscheinlich, da w^ir bei den letzteren alle Über- gänge zwischen einem sogenannten invaginierten und überwachsenen Keimstreifen beobachten können. So wird z. B. bei den Libelluliden die Keimscheibe nahezu ganz m der Mitte der Dottermasse invaginiert, während anderseits bei den Isoptera die Invagination eine andre Richtung nimmt, so daß der Embryo über den Hinterpol des Eies schlägt und eine superficielle Lage erhält. Embryologische Studien an Insekten. 69 Übrigens ist bei den Apterygoten zu bemerken, daß nur bei Lepisma die Entstehung des mit dem Amnion der Pterygoten homologen Pro- amiiions ( »Amnion <<, Heymons) durch eine Einsenkung des Embryos zustande kommt, während dies aber, wie schon Heymons hervorge- lioben hat, bei Machilis nicht der Fall ist, indem hier die Randzone des Embryos sich einfach über die Dotteroberfläche ausdehnt, um das Proamnion zu bilden. Die spätere Versenkung des Machilis-e^mhvyos, in den Dotter hat somit mit der Proamnionbildung nichts zu tun, sondern stellt unzwei- deutig nur die erste Phase eines Umrollungsprozesses dar, der in den folgenden Stadien klar zum Ausdruck kommt. Vielleicht repräsentiert die Versenkung des Xe^Jisma-Embryos in den Dotter ebenfalls eine beginnende Unu'oUung; wenigstens ist die Ähnlichkeit in diesem Stadium mit dem Macliilis-^vübrjo sehr be- merkenswert (vgl. S. 76). Am plausibelsten scheint mir die von Ryder (86) und Wheeler (93) vertretene Auffassung, daß die Entstehung der Embryonalhüllen in mechanischen Kräften zu suchen ist. Speziell Wheeler glaubt annehmen zu können, daß die Keim- scheibe beim Längenwachstum von Cliorion, Membrana vitellina und dem extraembryonalen Blastoderm gehindert und dadurch zur Ein- stülpung gezwungen wird. Die Einstülpung sollte dann durch die Absorption des Dotters unterhalb der Keimscheibe erleichtert werden. Wenn wir uns natürlich nicht bestimmt für die Auffassung Whee- lers aussprechen können, ist es jedenfalls von Interesse, daß sowohl bei niederen als bei höheren Pterygoten die Amnionfalte immer caudal erscheint, wo ia das Längenwachstum anfanifs am stärksten und somit der Widerstand am größten ist. Ich brauche hier nur an die Verhältnisse bei den Termiten zu erinnern, wo das Kopfende bis zur Umrollung eine nahezu fixierte Lage einnimmt, während das Schwanzende bis zum vorderen Eipol wächst. Die weitere Ausdehnung der Schwanzamnionfalte nach vorn wäre dann vielleicht durch das Rreitenwachstum der Keimscheibe bedingt, wodurch die Randpartien derselben im Anschluß an die Schwanz- einstülpung invaginiert werden. c. Über die Krümmungen der Embryonen nebst dem UmroUungsprozeß. Die Krümmungen der Embryonen von verschiedenen Alters- stadien ffeben für Eutermes und Formica ohne weiteres aus den Schema- 70 Henrik Strindberg, tischen Darstellungen (Schema I u. 11, S. 72 u. 74) hervor. Chrysomela bietet in dieser Hinsicht wenig von Interesse. Am frühesten tritt bei Eutermes die sogenannte Dorsallaümmung auf, Schema I, Fig. F, indem das Hinterende bei dem Längenwachstum des Embryos sich über den Hinterpol der Dottermasse auf die Dorsal- seite des Eies schlägt, und dann zuletzt den vorderen Dotterpol erreicht (Schema I, Fig. H). Im nächsten Stadium macht sich die von Knower (1900) als »caudal flexure« bezeichnete ventrale Einkrümmung bemerkbar, indem der Schwanzteil des Embryos in den Dotter sinkt und zahlreiche Dotter- kugeln hier zwischen Embryo und Serosa gelangen. Der Schwanzteil des Embryos wird somit in diesem Stadium immers, während die übrigen Partien desselben immer eine super- fizielle Lage beibehalten. Über die Caudalkrümmung der Termiten sagt schon Knower folgendes: "This caudal flexure is a very characteristic phenomenon. It occurs in many insects and is much like that of the Libellulid. I cannot explain it. It certainly appears to take place here (as in the Libellulid), without being necessitated by any combination of mechanical forces that can be stated<< (1. c. 531). Tatsächlich stimmen die Bildung der Keimscheibe und die Krüm- mungen der Embryonen bei den Termiten und Libelluliden prinzipiell überein. Der Unterschied liegt nur darin, daß bei den Libelluliden der Embryo nahezu ganz in den Dotter versenkt wird, indem bei der Invagination das blinde Ende der Keimscheibe immer tiefer in den Dotter hineindringt. Dies ist auch für die Termiten der Fall, aber nur in früheren Sta- dien (Schema I, Fig. C) ; später schlägt sich die hier sehr früh als Embryo zu bezeichnende Keimscheibe über den Hinterpol des Dotters, ohne somit in den Dotter hineinzutauchen. Sowohl bei Termiten, als bei Libelluliden wird also der Keim- streifen durch Invagination gebildet und die später folgenden Krüm- mungen der Embryonen sind einander prinzipiell völlig gleich. Über die Bedeutung der oben erwähnten Caudalkrümmung können wir ja nur Vermutungen aussprechen, da wir betreffs dieser Frage keine sicheren Anhaltspunkte besitzen. Mit Recht hat aber Knower darauf aufmerksam gemacht, daß die Caudalkrümmung nicht dadurch hervorgerufen werden kann, daß das Hinterende des wachsenden Embryos gegen das Chorion stößt, indem sowohl bei Termiten als bei Embryologische Studien an Insekten. 71 Libelluliden die Krümmung noch früher erscheint, als das Hinterende des Embryos das Vorderende des Eies erreicht hat. Übrigens lehren uns die Untersuchungen Heymons (95) über Periplaneta, daß die Lage des Embryos im Ei einer großen Variation unterliegt, wobei zuweilen der Embryo eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Termitenembryo gewinnt. Für gewöhnlich ist derselbe über den Hinterpol der Dottermasse dorsalwärts geschlagen und besitzt hinten die charakteristische Caudalkrümmung. »Sehr häufig bewegt sich auch das Vorderende zum hinteren Eipol und der Keimstreifen ge- langt damit ganz an die Dorsalseite des Eies<< (1. c. 23), was im Prinzip an die Verhältnisse bei Forficula erinnert. >>Von Interesse ist weiter, daß . . . das Hinterende des Abdomens sich gar nicht selten in den Dotter einbohrt«, wodurch das Embryo in dei'f-elben Weise wie bei den Termiten orientiert erscheint. »Ja, in einzelnen Fällen war zu beobachten, daß der Keimstreifen sich beinahe völlig in den Dotter eingesenkt hatte. Nur der Kopf war bei diesen Embryonen an der Oberfläche verblieben, während der ganze übrige Körper sich inmitten der Dottermasse befand« (I.e. 24). Ganz dasselbe Bild liefern uns ja Embryonen von Libelluliden und erinnert nach Heymons an das normale Versinken des Keimstreifens in den Dotter bei den Grillen. Auch bei den Coleopteren, Chrijsomeln, finden wir eine ähnliche Lagenvariation des Embryos wieder, indem das Hinterende bald eine beinahe superfizielle, bald eine tief in den Dotter versenkte Lage ein- nimmt. Diese Variationen machen es nicht unwahrscheinlich, daß die verschiedenen Krümmungen der Embryonen nur in einem verschieden starken Längenzuwachs ihren Grund haben, also nicht phylogenetisch bedeutungsvoll sind. Dies ist wohl sicher für die Dorsalkrümmung der Fall und kann vielleicht auch für die Caudalkrümmung gelten, die dann durch ein lebhafteres Wachstum an der mit Mesoderm be- kleideten Dorsalseite hervorgerufen sein würde, indem hier die Bildung der Cölomsäckchen verspätet ist und erst etwa im Stadium der Caudal- krümmung beginnt. Eine phylogenetische Bedeutung der Caudalkrümmung ist somit fraglich, ebenso eine eventuelle Vermutung, daß die betreffende Krüm- mung im Interesse einer ausgiebigeren Nahrung zustande gekommen ist, indem dieselbe ja auch bei den in den Dotter nahezu völlig ein- gesenkten Libellulidenembryonen auftritt. Nach dem Erscheinen der Caudalkrümmuno ist der Termiten- 72 Henrik Strindberg, embryo teils superfiziell, teils immers ; wenn aber die Umrollung des Embryos beginnt, zieht sich der immerse Schwanzteil aus dem Dotter und der Embryo gelangt zuletzt ganz an die Ventralseite des Eies, wo er definitiv eine superfizielle Lage einnimmt. H B <^tmt^^*i^c- E k^^^ Schema I, A—H. i^^-^* ^ ^>- Die Caudalkrümmung wird während der Umrollung beibehalten und geht erst kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryonen zugrunde, indem sich hinten die Bauchganglienkette in die Länge streckt. Gleich- zeitig erscheint vorn zwischen dem Subösophagealgangiion und den Embryologische Studien an Insekten. 73 nach hinten liegenden Ganglien des Bauchmarkes eine starke ventrale Einknickung, wodurch die definitive Lage der Körperteile zustande kommt. Eine ähnliche Einknickuno- findet auch an derselben Stelle bei Embryo in Umrollung. Schema 1, J — ( den Ameisenembryonen statt. Dagegen wird eine ventrale Caudal- krümmung vermißt, während anderseits Dorsalkrümmungen sowohl 7i Henrik Strindberg, vorn als hinten auftreten. Offenbar handelt es sich bei den Ameisen nur um Wachstumskrümmungen, die derart gebildet werden, daß der kleine superficielle Embryo nach vorn und hinten in die Länge wächst und sich dabei dorsal über die beiden Eipole schlägt; denn bei andern gh mde ser proct H bgl ser Schema II, A- Embryologische Studien an Insekten. 75 Hymenopteren, wie Chalicodoma, befindet sich der Embryo wegen der relativen Kürze immer nur an der Ventralseite des langgestreckten Eies, ohne somit Krümmungen zu l)ilden. Übrigens ist zu bemerken, daß die vordere Dorsalkrümmung bei den Ameisen in einer etwas andern Weise als bei den Termiten zum Ausdruck kommt, indem der Embryo bei den ersteren von der Ventral- seite, bei den letzteren von der Dorsalseite aus über den Vorderpol des Eies schlägt. Es bleibt uns noch übrig, den Prozeß der Umrollung etwas näher zu behandeln. Eine Unu'ollung kommt bekanntlich nicht allen Insekten- embryonen zu, sondern wird bei denjenigen vermißt, wo der Embryo von Anfang an an der Ventralseite des Eies gelegen ist und mit dem Vorder- und Hinterende gegen die entsprechenden Pole des Eies stößt. Befinden sich dagegen die Embryonen an der Dorsalseite des Eies mit dem Vorderende gegen den Hinterpol, dann ist diese Lage nur provisorischer Natur und führt früher oder später zu einer Drehung um die Querachse des Eies, was als Umrollung oder Blastokinese be- zeichnet worden ist. Es ist aber klar, daß wir als Umrollung nicht nur deutliche und starke, sondern auch kaum bemerkbare und kleine Lasen veränderunaen des Embryos bezeichnen können, die dasselbe in die definitive Lage bringen. So z. B. ist bei den Coleopteren das Kopfende des Embryos in der Nähe des vorderen Eipols gelegen und braucht daher sich nur eine kleine Strecke nach vorn zu bewegen, um die definitive Lage zu er- reichen. Gleichzeitig zieht sich der Schwanzteil aus dem Dotter und nimmt dabei eine superficielle Lage an, ohne jedoch ganz an die Ventral- seite des Eies zu rücken. Dies trifft erst später zu und steht mit einer Verkürzung des Embryos im Zusammenhang, wobei das Kopfende die frühere Lage am Vorderpol für gewöhnlich beibehält. Die definitive Lage des Embryos wird somit hier sowohl durch eine, wenn auch ge- ringe Umrollung als durch eine spätere Verkürzung des Embryos erreicht, die zuweilen das Vorder- und Hinterende des Embryos, zumal etwas hinten und vorn von den entsprechenden Eipolen, führen kann. Bei den Hymenopteren und Dipteren wird zuletzt eine Um- rollung vermißt und der Embryo nimmt bekanntlich nur diu'ch eine Verkürzung seine definitive Lage ein, indem das Kopfende sich von Anfang an ventral am Vorderpol befindet. 76 Henrik Strindberg, Eine typische Umrollimg kommt aber nicht nur imter den Ptery- goten, sondern auch unter den Apterygoten vor. So z. B. ist eine Umrolhing bei Lepisma von Heymons (97) beschrieben und wii-d bei diesem Apterygoten dadurch eingeleitet, daß der in die Tiefe gesenkte Embryo eine oberflächliche Lage gewinnt und dann an den A^orderpol des Eies gelangt, während gleichzeitig die provisorische Rückenhülle zusammengepreßt wird, um zuletzt zu gründe zu gehen. Dagegen wird allem Anschein nach eine ähnliche Umrollung bei MachiUs, Heymons (05), vermißt oder kommt wenigstens nicht deut- lich zum Vorschein. Wenn wir aber die Ai'beit Heymons' über MachiUs näher studieren, scheint es mir nicht ganz ausgeschlossen, daß wir auch bei MachiUs Lageveränderungen erklicken können, die im Prinzip eine Umrollung repräsentieren; ich meine hier das starke Einsinken des MachiUs- Embryos in den Dotter, der dabei nahezu in zwei Hälften zerlegt wird. Die Einsenkung ist nämlich unzweideutiij; mit einer Bewegung des Embryos verbunden, wodurch derselbe nicht direkt gegen das Centrum des Eies gelangt, sondern sich auch nach vorn bewegt und sich zuletzt von der Seite in die Querachse des Eies einstellt; vgl. Hey- mons (05), Fig. 1 — 4. Die Einsenkung des Embryos wird somit bei MachiUs vielleicht diKch einen Umi'ollungsprozeß hervorgerufen, der in Fig. 2, Hey- mons (05), beginnt und in Fig. 4 sein Ende findet. Zwischen diesen Stadien muß wohl der Embryo vorübergehend eine oberflächliche Lage einnehmen, um dann in der letzten Phase der Umrollung sich wieder in den Dotter einzvisenken. Wenn diese Vermutungen richtig sind, ist es nicht ausgeschlossen, daß auch bei Lepisma das Versenken des Embryos in den Dotter die erste Phase einer Umrollung repräsentiert, und daß eben ein Umrollungs- prozeß den Anlaß zur Entstehung der Embryonalhüllenfalten und Embryonalhüllen gegeben hat. Abteilung IV^. a. Eigne Untersuchungen über die Bildung der Keimblätter der Insekten. Schon in einer vorigen Abteilung meiner Ai'beit habe ich die An- sicht ausgesprochen, daß wir in der Bildung des Blastoderms die Ent- stehung einer Blastula zu betrachten haben. Es wird dadurch das Embryologische Studien an Insekten. 77 erste Keimblatt, das Ectoderm, gebildet, während die Dottermasse nebst eventuellen Kernen nicht als Ectoderm, sondern nur als ein Nahrungsmaterial (Abortivmaterial) angesehen werden muß. Nach Beendigung der Blastodermbildung wird die Blastula in eine Gastrula umgewandelt. Die Vorgänge, die zu einer Gastru- lation führen, bestehen hauptsächlich in der Bildung des sogenannten unteren Blattes, das von der Medianpartie der Keimscheibe seinen Ursprung nimmt. Meiner Auffassung gemäß müssen wir das untere Blatt als ein undifferenziertes Entoderm betrachten, das später in definitives Entoderm und Mesoderm differenziert wird. Erst nach der Differenzierung des unteren Blattes tinden wir somit die drei Keimblätter der Insekten, Ecto-, Meso- und Entoderm, wieder. Ich habe unten die Bezeichnung unteres Blatt statt undifferen- ziertes Entoderm beibehalten, um damit auszudrücken, daß das un- differenzierte Entoderm eine gemeinsame noch undifferenzierte An- lage des definitiven Entoderms und Mesoderms repräsentiert. Von dem embryonalen Blastoderm, Keimscheibe, können nicht nur das untere Blatt, sondern auch einzelne Zellen abgelöst werden, die auch als entodermale anzusehen sind. Sie nehmen teils an der Bildung des Mitteldarmepithels einen Anteil oder gehen zugrunde. Die Entwicklung des unteren Blattes. 1. E utermes. Die Entwicklung des unteren Blattes der Termiten ist schon von Knower (1900) studiert. Darüber sagt Knower folgendes: "During this period, at irregulär points in the embryonic area, lateral as well as median, some of the cells are pushed below the surface by the concentration of the blasto- derm. Other cells are separated toward the under surface of the ecto- derm by tangential divisions of its nuclei, at various scattered points" (1. c. 520). Ich kann dieser Auffassung über die Entstehung des unteren Blattes, Mesoderms, Knower, nicht ganz beitreten, indem ich keine Zellteilungen im Sinne Knowers habe beobachten können. Meiner Ansicht nach werden die Zellen des unteren Blattes nur dadurch diffe- renziert, daß sie von der Oberfläche nach innen gedrängt werden. An Sagittalschnitten studiert, stellt das untere Blatt eine keil- 78 Henrik Strindberg, förmige Bildung dar, die in den Dotter hineinragt und von Knower als >> mesodermal plug<< bezeichnet worden ist. Von den Zellen der keilförmigen Bildung sind diejenigen, die dem Dotter am nächsten liegen, hier und da mit tangentiell orientierten ländlichen Kernen versehen und stellen wohl die ersten Entoderm- Zellen dar. Ob die Differenzierung erst nach der Bildung des unteren Blattes einsetzt oder schon früher begonnen hat, habe ich nicht entscheiden können. Im letzteren Fall sollten die ersten von der Keimscheibe einwandernden Elemente Entodermzellen sein. Sicher ist aber, daß im Stadium Fig. D, Schema I, das untere Blatt in zwei verschiedene Zellschichten differenziert ist (Fig. 25). Die innere ist als definitives '^,_- Entoderm zu bezeichnen und unterscheidet sich durch ihre tangentiell orientierten, hell ge- färbten Zellkerne von der nach außen befindlichen Zellschicht, die mit rundlichen, dunklen Zellkernen versehen ist. Die letzte Schicht stellt das Meso- derm der Keimscheibe dar. Die Keimscheibe ist somit von nun an deutlich in drei verschiedene Keimblätter differenziert; von außen nach innen Ecto-, Meso- und Entoderm. Die Zellen des definitiven Entoderms sind hier wie in den folgenden Stadien der Embryonal- entwicklung bis zur Umrollung des Embryos spärlich vertreten i. Kernspindeln habe ich sehr selten und nur in frühen Stadien beob- achten können. Allem Anschein nach vermehren sich die betreffenden Entodermzellen in älteren Stadien nur direkt oder gar nicht. Nach innen von dem Entoderm finden sich im Dotter mehrere große Dotterkerne, die speziell zahlreich in der Nähe der Keimscheibe vorkommen und von teilweise aufgelösten Dotterkugeln umgeben sind. Das letztere Verhalten deutet darauf hin, daß die betreffenden Dotterkerne als Vitellophagen wirksam sind, um der Keimscheibe die nötige Nahrung zu liefern. 1 Die Kntodermzellen sind hinten im Embryo etwas zahlreicher vorhanden. Fig. 25. Embryologische Studien an Insekten. 79 2. F ormica. Wie ich schon im Kapitel über die Verwendung des extraembryo- nalen Blastodernis beschrieben habe, wird die dritte und vierte Zone des Blastoderms bei Formica nach innen gestülpt, um innerhalb des Embryos zugrunde zu gehen. In demselben Stadium, wo die Ein- stülpung der betreffenden Zonen stattfindet, bemerkt man an Total- präparaten ventral vor der Einstülpung, daß die Medianpartie der Keimscheibe einen dunklen Streifen repräsentiert, der mit breiterer Basis sich nach vorn verschmälert. In dieser Weise wird die Keim- scheibe in drei Längsfelder geteilt. Querschnitte durch die Keimscheibe in dem betreffenden Stadium lehren erstens, daß die vorher sehr langgestreckten Zellen der Keim- scheibe mehr kubisch geworden sind, zweitens, daß das Medianfeld mehrschichtig ist und sich dadurch scharf von den beiden einschichtigen Lateralfeldern unterscheidet (Fig. 21, uh). Von den Lateralfeldern der Keimscheibe machen sich einzelne Zellen los und werden nach innen geschoben, ohne jedoch in die Dotter- masse einzudringen. Sie liegen also zwischen der Keimscheibe und der Dotteroberfläche und sind durch ihre sehr großen, scharf tingierten Zellkerne ausgezeichnet. In der Peripherie des Dotters finden sich mehrere Dotterkerne, die oft deutlich durch Plasmastränge miteinander verbunden sind und speziell im Vorderteil des Eies vorkommen. Die Kerne sind oft blasen- förmig aufgetrieben und zerbröckelt, wodurch sie von den Kernen der oben erwähnten Zellen wohl geschieden sind. In einem etwas späteren Stadium, wenn die Einstülpung am Hinterpol des Eies nahezu beendigt ist, wird auch das Medianfeld der Keimscheibe nach innen gesenkt. Die medianen Ränder der Lateralfelder treten dann an Total- präparaten als zwei längsverlaufende Wülste hervor, die einander nahezu parallel sind und das Medianfeld zwischen sich fassen. Jetzt macht sich eine Einwanderung von Zellen auch von dem Medianfeld bemerkbar. Diese letzteren Zellen scheinen gleich von Anfang an, oder wenigstens sehr früh, miteinander in Verbindung zu treten, wodurch ein epithelialer Zellverband gebildet wird, der sich von dem Rest des Medianfeldes abhebt und sich mit den jetzt fertig gestellten lateralen vereinigt (Fig. 26 a, b, c). In dieser Weise wird die Ventralfläche des Dotters von einem Plattenepithel bedeckt, dessen Kerne sich durch besondere Größe 80 Henrik Strindberg, ':i:^, ..,• 3.^ m ^ .©^^ :«r: auszeichnen und alle indirekten Teilungen eingebüßt haben. Ob sich die Kerne direkt teilen oder gar nicht, habe ich nicht bestimmt entscheiden können. Doch glaube ich, daß direkte Teilungen nicht ausgeschlossen sind, da ich mehrmals biskuitförmige Kerne beobachtet habe, was ja auf eine direkte Teilung hindeutet. Das betreffende Plattenepithel stellt das definitive Entoderm dar, da die Ränder desselben bald dorsal wachsen und in der dorsalen Me- dianlinie verlöten , um das Mitteldarmepithel zu bilden (vgl. Fig. 62). Nach innen von dem definitiven Ento- derm befinden sich noch die degenerieren- den Dotter kerne. Noch ehe die oben /c^~;0^\ ' erwähnten Vorgänge be- i^ci! i ! endigt sind, nähern sich ^^r-' die beiden lateralen *' Wülste von vorn nach '''"' hinten, wobei das Me- c dianfeld nach innen ge- .,, ^ < - stülpt wird. Das Lumen « ^.^ der Einstülpung stellt ^.y^ eine senkrechte, oben gegabelte Spalte dar, die aber stellenweise schwer zu entdecken ist und bald verloren geht (Flg. 26 a, h, c). Genau genommen handelt es sich aber nicht um Wülste, sondern um dicke Falten, deren Außenblatt von den medianen Rändern der Lateralfelder, deren Tnnenblatt von den Rändern des Medianfeldes gebildet wird. Die beiden Falten begegnen sich in der Medianlinie, wobei median ein ziemlich hoher und breiter Wulst hervorgerufen wird, der an Totalpräparaten als ein dunkler, scharf abgegrenzter Streifen her- vortritt. Derselbe wird in einigen Stadien bis zum Verlöten der beiden Fig. 26a— c. Embryologische Studien an Insekten. 81 Falten, deren Avißen- und Tnnenblatt .sich mit seinem Visavis ver- einigt, beibehalten. In dieser Weise wird das Medianfeld der Keimscheibe von den beiden Lateralfeldern derselben oesondeit und ist ihrer späteren Ver- wendung gemäß als Mesoderm zu bezeichnen. Die Differenzierung des unteren Blattes in Mesoderm und defini- tives Entoderm findet somit bei Formica sehr frühzeitig statt, indem schon während der Versenkung des Medianfeldes nach innen sich Zellen' losmachen, die miteinander vereinigt werden und dann mit den schon früher von den Lateralfeldern losgemachten Entodermzellen in Ver- bindung treten. Die beiden miteinander verlöteten Lateralfelder der Keimscheibe stellen zusammen das Ectoderm des Embryos dar. Wir finden somit von nun an die drei Keimblätter des Embryonalkörpers wieder. 3. Camponotus. Die Vorgänge, die bei Camponotus zur Bildung der drei Keim- blätter führen, stimmen prinzipiell mit denjenigen überein, die für Formica beschrieben worden sind. Da aber die großen Camponotus-Wier sich sehr viel besser für Beobachtungen an Schnitten und Totalpräparaten eignen, soll hier auf die Einzelheiten etwas näher eingegangen werden. Wie bei Formica wird die Bildung des unteren Blattes dadurch eingeleitet, daß sich die ungemein hohen Zellen der Keimscheibe be- trächtlich verkürzen und zusammen zuletzt ein kubisches Epithel bilden. Die Verkürzung der Zellen scheint von der Medianlinie aus lateral zu schreiten. Wenn wir etwa in diesem Stadium Totalpräparate von der Vential- f lache her studieren, finden wir im kubischen Epithel der Keimscheibe zwei anfangs ziemlich kurze Falten, die jederseits der Medianlinie eine Strecke weit nahezu parallel miteinander verlaufen (Fig. 13). Querschnitte dmx-h diese Eier lehren, daß die beiden Falten ein medianes Feld zwischen sich fassen, das anfangs im Niveau mit den Falten liegt und von denselben lateral etwas überragt wird. Das mediane Feld nebst dem Innenblatt der Falten stellt die Anlage des unteren Blattes dar, während die Lateralfelder der Keim- scheibe nebst dem Außenblatt der Falten die Anlage des Ectoderms repräsentieren. Es ist hier hervorzuheben, daß, wie bei Formica, das Entoderm nicht nur aus dem unteren Blatt herau.sdifferenziert wird, sondern Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 0 82 Henrik Strindberg, daß Entodermzellen auch von den Lateralfeldern geliefert werden. Es scheint jedoch, als ob bei Camponotus die Entodermzellen etwa gleichzeitig sowohl lateral als median auftreten, um miteinander in einem Plattenepithel, dem Mitteldarmepithel, vereinigt zu werden. Das Mitteldarmepithel zeichnet sich durch seine großen scharf tingierten Zellkerne aus, ist aber anfangs etwas schwierig zu erkennen, da es noch allein die Ventralfläche des Dotters bedeckt und nicht deutlich von dem Best der Keimscheibe oder dem Dotter abgegrenzt ist. Von der Ventralseite des Dotters dehnt sich das Mitteldarm- epithel rasch nach oben und schließt sich in der dorsalen Medianlinie. Nach innen von dem Mitteldarmepithel sind im Dotter speziell vorn und lateral die großen degenerierenden Dotterkerne oft massen- haft angehäuft und in körnigem Plasma eingebettet, das mit Eisen- hämatoxylin sich bläulich färbt. Nach dem Auftreten der beiden Falten an der Ventralfläche der Keimscheibe findet eine Zerklüftung der kernführenden Plasma- schicht an der Dorsalseite des Eies statt, wodurch die Blastoderm- bildung bei Cam/ponotus beendigt wird. Die hier befindlichen Blasto- dermzellen sind alle kubisch gebaut, unterscheiden sich aber sogleich von den ebenfalls kubischen Zellen der Keimscheibe, durch die Größe der Zellen und der Kerne. Wenn die beiden Falten der Keimscheibe erscheinen, wird die Keimscheibe allmählich schmäler, um dann wieder nicht nur in die Breite, sondern auch in die Länge zu wachsen zu beginnen. Es ist dabei zu bemerken, daß zuerst die Känder der Keimscheibe sich allseitig ohne Faltenbildung von dem extraembryonalen Blastoderm losmachen und beim Wachstum nach innen von den Rändern desselben dicht an die Dotteroberfläche gedrückt hervorschieben (Fig. 14, 15). Die Keimscheibe ist somit von nun an von dem extraembryonalen Blastoderm emanzipiert und mag daher als Embryo bezeichnet werden. Beim Wachstum eilt das Vorderende des Embryos voraus und dehnt sich über den Vorderpol des Dotters aus, während sich die beiden Falten in demselben Maße nach vorn verlängern, ohne jedoch den Vorderrand des Embryos zu erreichen. In dem Vorderteil des Embryos bemerkt man in diesem Stadium eine Anhäufung von Zellen, die an Totalpräparaten als ein dunkler Fleck des Medianfeldes hervortritt. Sagittal- und Querschnitte lehren, daß hier von dem Medianfeld eine lebhafte Zellwucherung stattfindet, deren Zellen je nach der Lage ver- schieden gebaut sind. Die oberflächlichen Zellen sind mehr in die Embryologische Studien an Insekten. 83 Länge gestreckt, während die inneren rundlich gestaltet sind und locker aneinander gefügt liegen. Speziell trifft dies für die in der Nähe des Dotters befindlichen zu, die übrigens zahlreiche Vacuolen und hier und da schwarze Einschlüsse enthalten (Fig. 14 h, mw). Die beiden Ventralfalten sind in der Gegend der Zellwucherung etwas höher als in den übrigen Teilen des Embryos und einander genähert. Letzteres deutet darauf hin, daß sie im Begriff sind mit einander zu'verlöten. Dies trifft auch im folgenden Stadium zu. Die Verlötung der Falten beginnt somit, wie bei Formica, vorn und schreitet nach hinten fort. Beim Begegnen der Falten wird ebenfalls in der Medianlinie des Embryos ein Längswulst hervorgerufen, der jedoch bei Cmnponotus weniger scharf ausgeprägt ist. Gleichzeitig mit dem Vsrlöten der Falten wird der Rest des unteren Blattes, d. h. das Mesoderm, von der oberflächlichen Zellschicht des Embryos, dem Ectoderm, losgemacht und tritt von nun an als eine selbständige Bildung auf. Die Zellen des Mesoderms sind rundlich und die Kerne mit einem stark tingierten Nucleolus versehen. Wenn die Segmentierung be- ginnt, stellt das Mesoderm, wie es scheint, eine zweischichtige Zell- platte dar. Eine Ausnahme macht nur die oben erwähnte Wucherung, die immer mehrschichtig bleibt und allem Anschein nach in der Nähe der späteren Kiefersegmente gelegen ist. 4. Chrysomela. Die Entwicklung des unteren Blattes bei den Coleopteren, speziell den Chrysomeliden^ ist mehrmals, z. B. von Heider (89), Wheeler (89), Carriere (91), Lecaillon (98) und Friederichs (06) studiert worden. Im Prinzip kann ich für Chrysomela hyperici die Ergebnisse dieser Forscher nur bestätigen, obschon unsre Ansichten über den Wert des unteren Blattes weit voneinander differieren. Kurz nach dem Auftreten der Keimscheibe, »Keimhügel« (Heider), stülpt sich die hintere Medianpartie derselben nach innen, wobei sich die cylinderförmigen Zellen radiär um das birnförmige Lumen ordnen. Die Ränder der Einstülpung beginnen dann sich einander zu nähern, während die Einstülpung sich schnell vertieft und weiter nach vorn ausgedehnt wird. Es werden somit bei Chrysomela immer neue Zellen des Blastoderms mit in die Einstülpung eingezogen, während sich gleichzeitig die Keimscheibe ebenfalls nach vorn verbreitet, um zuletzt durch die Erscheinung der Hüllenfalten deutlich von dem extraembryonalen Blastoderm abgegrenzt zu werden. 6* 34 Henrik Strlndberg, An Totalpräparaten treten die Ränder des nacli innen gesenkten Medianfeldes der Keimscheibe als zwei laterale Wülste hervor, die nach hinten etwas konvergierend verlavifen. Str.dien an Querschnitten lehren, daß die Einstülpung des Median- feldes lünten am tiefsten ausgebildet ist und daß hier ein reichliches Zellmaterial nach innen geschoben wird, während es sich vorn mehr .<^. 0 f « . " " Fig. 27. um eine muldenförmige Einsenkung des Medianfeldes mit relativ wenigen Zellen handelt. Demgemäß ist das Lumen der Einstülpung hinten in der Lotlinie gestreckt; vorn dagegen tritt dasselbe als eine horizontale Spalte hervor (Fig. 27, üb). In einem etwas früheren Stadium hat sich die Hinterpartie der Keimscheibe in den Dotter hineingestülpt und wird ganz zur Bildung des Innenblattes der hinteren Hüllenfalte, Amnionfalte, verbraucht. Embryologische Studien an Insekten. 85 Die weiteren Entwicklimgsvorgänge am Hinterende der Keimscheibe können dann nur an Schnittserien studiert werden. Wir finden hier, daß sich die Ränder der Einstülpung einander zum Verlöten genähert haben, und daß zuletzt das nach innen ge- stülpte Medianfeld der Keimscheibe sich von dem Rest der Keimscheibe von vorn nach hinten losmacht und das untere Blatt (undifferentiertes Entoderm) repräsentiert (Fig. 28(f). Die Vorgänge, die zm: Bildung des unteren Blattes führen, sind etwa zur Zeit des Begegnens der Hüllenfalten beendigt. j;, ^^fSm^^M-^y \<5' t^ ^evJ^>^ ^. Xyr ^^Ttl^^^ Fig. 28 a und h. Die noch oberflächlich befindliche Zellschicht der Keimscheibe stellt dann das Ectoderni dar, während im unteren Blatt erst etwas später eine Differenzierung in Mesoderm und definitives Entoderm stattfindet. Man bemerkt dann, daß das untere Blatt sich lateral verbreitet und dadurch eine zwei oder mehrschichtige Zellplatte nach innen von dem Ectoderm bildet. Median finden sich aber den ganzen Embryo entlang Zellen, die durch Größe und vor allem durch hellere Farbe von den übrigen Zellen des unteren Blattes unterschieden sind (Fig. 286). Die medianen Zellen sind vorn in dem Embryo ziemlich spärlich 86 Henrik Strindberg, vüiliaiideii, werden aber nach hinten immer zahlreicher, um zuletzt am Hinterende des Embryos eine große Anhäufung zu bilden. Beim Entstehen des Proctodäums wird dieselbe sozusagen median zurückgehalten, während die medianen Zellen in den übrigen Partien des Embryos lateral geschoben werden, um hier dicht oberhalb der fertig gebildeten Ursegmente zu gelangen (Fig. 29, 30, ent). In einem gewissen Stadium finden wir somit hinten im Embryo am blinden Ende des Proctodäums eine mediane Zellan- häufung, von der zwei laterale Zellstränge oberhalb der Ursegmente «rS = S/7/ Fig. 29. Fig. 30. nach vorn verlaufen. Die Zellanhäufung nebst den beiden Seitensträngen stellen das definitive Entoderm dar, das somit in diesem Stadium etwa hufeisenförmig gestaltet ist. Die weitere Ausbildung des defini- tiven Entoderms soll in der Abteilung über die Bildung des Mittel- darmepithels näher beschrieben werden. b. Allgemeines über die Keimblätterbildung der Articulaten, insbesondere diejenige der Insekten. Aus dem oben Gesagten geht hervor, daß bei den von mir unter- suchten Insekten die drei Keimblätter prinzipiell in derselben Weise gebildet werden. Nach Beendigung der superficiellen Furchung ist das Ei in das Stadium der Blastula eingetreten, deren Wand somit als Ectoderm zu bezeichnen ist, während die im Innern befindliche Dottermasse nebst den zurückgelassenen Kernen nur ein Nahrungsmaterial (Abortivmaterial) repräsentiert. Wenn wir das Insektenei nach der Blastodermbildung als eine Blastula betrachten, müssen wir selbstverständlich alle Zellen oder Embryologische Studien an Insekten. 87 Zellverbände, die von dem Blastoderm nach innen geraten, als un- differenzierte entodermale Bildungen erklären, die ihrerseits je nach der Verwendung in mesodermale oder definitive entodermale differen- ziert werden. Die Zelleinwanderung von dem Blastoderm stellt somit eine Gastrulation dar. Noch ehe die Gastrulation beginnt, tritt früher oder später eine Differenzierung des Blastoderms in ein embryonales und ein extra- embryonales ein. Das erstere ist als Keimscheibe bezeichnet und liefert den größten Teil des undifferenzierten Entoclerms, indem die Median- partie derselben zur Bildung des sogenannten unteren Blattes ver- braucht wird, das sich später in Mesoderm und definitives Entoderm differenziert. Von der Keimscheibe können auch einzelne Zellen nach innen gedrängt werden, wie wir es bei den Ameisen kennen gelernt haben, daneben habe ich auch sicher beobachten können, daß auch einzelne Zellen von dem extraembryonalen Blastoderm abgelöst werden {Chri/somela). Die Gastrulation besteht somit hauptsächlich in der Entstehung des unteren Blattes, ist aber nicht streng lokalisiert, indem ja auch einzelne Zellen von dem embryonalen oder extraembryonalen Blasto- derm abgelöst werden können. Die lokalisierte Gastrulation findet entweder durch Immigration, wie bei Eutermes, oder durch Invagination, wie bei den Ameisen und Chrijsomela, statt. Ein prinzipieller Unterschied soll hiermit nicht gegeben sein, indem wohl, wie es vorher Heymons u. a. ausgesprochen haben, eine starke lokalisierte Immigration zu einer Invagination führt. Ich will auch nicht ganz in Abrede stellen, daß sich nicht an der Stelle der stärksten Immigration bei Eutermes eine grubenförmige Einsenkung vorübergehend bilden kann. Eine solche wäre dann wohl als ein kurzer Blastoporus aufzufassen, der uns bei den Ameisen und C]if)jsomela wohl entwickelt begegnet. Unter den Coleopteren, Museiden, Rhynchoten u.a. wird das untere Blatt als ein Rohr mit weitem Lumen nach innen gesenkt, was be- kanntlich schon von Haeckel (77) als eine Gastrulation interpretiert wurde. Die invaginierte Partie der Keimscheibe sollte dann den Ur- darm der Insekten repräsentieren, eine Ansicht, die die meisten Eni- bryologen ohne Einwendung teilten. Diese Auffassung Haeckels ist wohl nur unter der Voraussetzung 88 Henrik Strindberg, richtig, daß der Urdarni nicht nur das Mesoderm, sondern auch das Mitteldarmepithel des Embryos liefert, dagegen nicht, wenn das Mittel- darmepithel z. B. von den Dotterzellen gebildet wird, die also als Ento- derm angesehen werden müssen. Tatsächlich glaubten immer die Insektenembryologen, die sich der Ansicht Haeckels angeschlossen hatten, daß das Entoderm von den Dotterzellen repräsentiert würde, wodurch, wie schon die Gebrüder Hertwig (81) richtig hervorgehoben haben, die Gastrulation nur Mesoderm liefern muß. Dies läßt sich aber keineswegs mit dem Begriff der Gastrulation in Einklang bringen. Außerdem werden diejenigen Forscher, die der Ansicht Haeckels beitreten und daneben die Dotterzellen als Entoderm betrachten, notwendig zu der Annahme geführt, daß den Insekten zwei Gastrulationen zukommen, die auch von Will (88) angenommen U2id beschrieben wurden i. Ich kann ebensowenig wie HeymoNvS (95) für diese Auffassung eine Stütze finden, indem ich ja die »Dotterzellen << nur als ein Abortiv- material, und die invaginierte Partie der Keimscheibe als ein (undiffe- renziertes) Entoderm betrachte. In diesem Sinne kann ich mich unbedingt der alten Auffassung Haeckels anschließen, daß die Invagination eine Gastrulation reprä- sentiert und daß vielleicht die invaginierte Partie des (embryonalen) Blastoderms den Urdarm der Insekten bildet. Denn wir können nicht entscheiden, ob die Invagination, die ja manchen Insekteneiern die Ähnlichkeit mit der Urdarmbildung andrer Tiere verleiht, primärer oder sekundärer Natur ist. Meiner Ansicht nach ist die Invagination wahrscheinlich eine sekundäre Erscheinung. Denn eben diejenigen Insekten, bei denen die Invagination am stärksten ausgeprägt ist, gehören den höheren In- sektenordnungen an, Coleoptera^ Rhynchota, Diptera, während die niedersten derselben, Isoptera, Apterygota, statt einer Invagination eine Immigration besitzen. Zwar liegt wohl nichts Bedenkliches in der Annahme, daß die zuerst erwähnten Insektenordnungen die Invagination als einen pri- mären Gastrulationsmodus beibehalten haben können, um sich in übrigen Beziehungen sekundär zu verändern. Es ist aber hervorzuheben, daß wir nicht nur unter den Insekten im allgemeinen, sondern auch 1 Die erste Gastrulation findet durcli die Blastodennbildung statt, die einerseits das Ektoderm (Blastoderni), anderseits das Entoderm (die im Dotter zurückgelassenen »Zellen«) liefert. EnibrYt)lügische Studien an Insekten. 89 in derselben Insektenordnung, z. B. bei den Coleoptera und Oitlioptera, alle Übergänge zwischen Immigration und Invagination beobachten können. Dies kann sogar auch für ein und dasselbe Insekt zu- treffen. Ich glaube daher, wie schon oben ausgesprochen wurde, daß die Invagination der Insekten nur durch eine starke Immigration zum Ausdruck kommt und somit nicht mit dem Urdarm der übrigen Tiere verglichen werden darf. Das primäre Verhalten finden wir somit allem Anschein nach z. B. unter den Apterygota und Isoptera wieder. Im Lavife der Zeit wurde die alte Auffassung über die Bedeutung der »Dotterzellen« allmählich aufgegeben. Tatsächlich ist es auch in keinem Falle sicher nachgewiesen, daß die Dotterzellen das Mittel- darmepithel liefern und somit als Entoderm anzusehen sind. Damit kann natürlich auch nicht die Differenzierung der Dotterzellen als ein Gastrulationsprozeß betrachtet werden. Wie schon oben hervorgehoben wurde, glaube ich einerseits aus- drücken zu können, daß die Dotterzellen nebst der Dottermasse nicht zu dem einen oder dem andern Keimblatt zuzurechnen sind, sondern nur ein Abortivmaterial repräsentieren, während es anderseits niedere und höhere Insekten gibt, deren Eier nach der Blastodermbildung keine Dotter »Zeilen« besitzen, indem alle Furchungselemente an der Blastodermbildung teilnehmen. In einer früheren Arbeit hat Heymons (95) auf die Möglichkeit hingewiesen, daß wir bei den Pterygoten »in dem Insektendotter bzw. in dessen zelligen Elementen auch wirklich die Überreste eines ehe- maligen Darmes zu erblicken haben« (1. c. 126). Zur Stütze einer solchen Vermutung führt er die Myriopoden und Grillen an, indem bei den ersteren Zograpf (82) und Heathcote (86) ein Mitteldarm- epithel von den Dotter »zellen« gefunden haben, während bei den letzteren die Dotterzellen zur Zeit des Ausschlüpfens sich in epi- thelialer Anordnung der Darmwand bzw. ihrer Muscularis anlegen« (Lc. 126). Wie ich in der Abteilung über den Mitteldarm der Insekten näher ausführen werde, konnte er aber in einer späteren Arbeit über die AS'co?opew(^ra-Entwicklung die Angaben Zograffs und Heathcotes nicht bestätigen. Auch bei den Apterygoten, wo er bei Lepisma (97) einen von Dotterzellen gebildeten Mitteldarm verteidigte, ist es klar, daß mit »Dotterzellen« nicht die im Dotter bei der Blastodermbildung zurückgelassenen Elemente gemeint sind, sondern Zellen, die deni 90 Henrik Strindberg, Blastoderm entstammen und somit keineswegs als >>DotterzelIen<< an- gesehen werden können. Echte >>DotterzelIen << weiden übrigens nach Uzel (97) bei Campodea vermißt. Ich glaube daher aussprechen zu können, daß bei den Insekten eine Bildung des Mitteldarmepithels von den »Dotterzellen << als aus- geschlossen betrachtet werden kann, wenn mit >>Dotterzellen <<, die bei der Blastodermbildung im Dotter zurückgebliebenen Furchungs- elemente gemeint sind. Im Anschluß an die Funde Heymons' soll hier etwas näher auf seine Ansicht über die Keimblätter der Insekten eingegangen werden. Bekanntlich ist Heymons der hervorragendste Vertreter einer Schule, die das Mitteldarmepithel der Pterygoten als ectodermal erklärt und dasselbe durch Wucherungen von dem Stomo- und Protcocläum entstehen läßt. Dieselbe Meinung wurde aber schon von Ganin (74) ausgesprochen und später von mehreren Forschern der Insekten- embryologie geteilt. Es ist klar, und darauf hat auch Heymons (95) aufmerksam ge- macht, daß ein ectodermales Mitteldarmepithel nicht mit der Keim- blätterlehre in Einklang zu bringen ist, sondern daß die pterygoten Insekten dadurch, vom Standpunkte der Keimblätterlehre gesehen, eine ganz isolierte Stellung im Verhältnis zu andern Tieren einnehmen, wo ja das Mitteldarmepithel von dem durch die Gastrulation entstan- denen Entoderm geliefert wird. Eine Gastrulation der Insekteneier wird dann natürlich auch von Heymons in Abrede gestellt, da ja das untere Blatt nicht das Mittel- darmepithel, sondern nur mesodermale Gebilde liefert. Und weiter: »Die bipolare Anlage des Mitteldarmes und sein Ursprung aus dem stomodäalen und proctodäalen Ectodermepithel ist jedenfalls ein Ver- halten, w^elches mit keiner Gastrulatheorie mehr in Einklang zu bringen ist« (I.e. 125). Wenn somit Heymons das Mitteldarmepithel für ectodermal und das untere Blatt für mesodermal erklärt, bleibt ihm noch die Frage übrig zu beantworten, »ob denn überhaupt während der Entwicklung der Insekten ein Bestandteil aufzufinden ist, welcher mit einem Ento- derm verglichen werden kann« (I.e. 125). Wie Heymons die Bedeutung der Dotterzellen zur Keimblätter- lehre zu erklären versucht, habe ich schon oben erwähnt. Die Ver- mutung, daß sie eventuell das Entoderm der Insekteneier repräsen- tieren sollten, ist nicht durch seine späteren Untersuchungen über die Embryologiöchc Studien an Insekten. 91 Embryonalentwicklung der Apteiygoten (Ol) und Myriopoden (Ol) be- stätigt worden 1. Die Unhaltbarkeit der Ansicht, daß vielleicht die Dotterzellen das Entoderni der Pterygoten bilden, wird wohl zur Genüge durch das Verhalten dargelegt, daß es ja mehrere Insekten gibt, die alle Dotter- zellen entbehren. AVenn wir somit mit Heymons u. a. das Mitteldarmepithel als ectodermal betrachten, werden wir wohl notwendig zu der Annahme geführt, daß die Pterygoten ein Entoderni entbehren. Nur wenige Jahre, nachdem Ganin (74) seine Auffassung ausge- sprochen hatte, erschienen einige i\j:beiten u. a. von Grassi (84) und KowALEWSKY (86), WO das Mitteldarmepithel von dem unteren Blatte hergeleitet wurde. Nach den genannten Forschern stammt das Mitteldarmepithel von einer vorderen und hinteren Entodermanlage, die aus dem unteren Blatt differenziert werden. Dasselbe kann also als Ento-Mesoderm bezeichnet werden, während die Entstehung desselben eine Gastrulation repräsentiert. Es ist nun interessant zu folgen, in welcher Weise Heymons seine Auffassung mit derjenigen der oben genannten Forscher in Überein- stimmung zu bringen wußte. Nachdem er die verschiedenen Arbeiten, die sich für eine Ent- stehung des Mitteldarmepithels aus dem unteren Blatte aussprechen, durchmustert hat, glaubt er nicht ohne Recht annehmen zu können, 1. »daß die Annahme einer Entstehung des Mitteldarmepithels aus dem unteren Blatt ... in Wirklichkeit denn doch nur auf recht schwankenden und unsicheren Beobachtungen beruht,« 2. »daß das Epithel des Mitteldarmes von vornherein eine ge- wisse Beziehung zum Vorder- und Enddarm aufweist. Diese Be- ziehung äußert sich allerdings bisweilen nur darin, daß die Darm- anlagen genau ,an der gleichen Stelle hervortreten, an der später auch Stomo- und Proctodäum erscheinen« (I.e. 116). Auf Grund dieser Schlußfolgerungen hebt nun Heymons die Ansicht hervor, daß die vordere und hintere Mitteldarmanlage nicht entodermal sondern ectodermal sind und nur aus denjenigen Ectodermabschnitten hervorgehen, die später Vorder- und Hinterdarm bilden. Speziell findet er dabei in den Beobachtungen von Caeriere (90) über Chalico- 1 In seiner Scolopendra-Arheit (Ol) gibt er sowolil für die Apterygoten als Scolopendra eine Mitteldarnibildung von BlaKtoder mzellen an, die also nicht als »Dotterzellen « betrachtet werden können. 92 Henrik Strindberg, doma eine Stütze, indem hier zwar das Mesoderm und die Mitteldarm- anlagen gleichzeitig von dem Blastoderm entstehen, doch aber räum- lich voneinander getrennt sind. Die Bildung des Mitteldarmes von einem Ento-Mesoderm darf somit nach Heymons in Abrede gestellt werden und allen pterygoten Insekten ein ectodermales Mitteldarm- epithel zukommen. Die Insekten sollen sich somit nur aus einem Keimblatt, dem Ectoderm, entwickeln, indem die mit dem Entoderm andrer Arthro- poden zu vergleichenden Dotterzellen frühzeitig zugrunde gehen, während den übrigen mehrzelligen Tieren zwei Keimblätter, Ecto- und Entoderm, zur Verfügung stehen. »Damit dürfte schon die Unzu- länglichkeit der Keimblättertheorie zur Genüge sich dokumentieren« (I.e. 129). Ich kann hier natürlich nichts gegen die Auffassung Heymons über die Haltbarkeit der Keimblätterlehre anführen, da er ja ein ecto- dermales Mitteldarmepithel beobachtet hat und somit, vom Stand- punkte der Keimblätterlehre gesehen, ein Entoderm, wie es bei den übrigen Metazoen vorkommt, in Abrede stellen muß. Ebenfalls kann das untere Blatt nur als Mesoderm, die Entstehung desselben somit keineswegs als Gastrulation betrachtet werden. Eine Gastrulation der Insekteneier ist aber nicht ausgeschlossen, wenn sich ergeben sollte, daß die Dotterzellen dem Entoderm der übrigen Metazoen morphologisch entsprechen. Heymons hat ja auch auf diese Möglichkeit hingewiesen, hält aber zurzeit die morphologische Bedeutung der Dotterzellen wie Heider (89) und Wheeler (93) nicht für spruchreif, während andre Forscher sich positiver äußern. Am bedeutungsvollsten ist die Meinung Grabers (89), die mit der meinigen gut übereinstimmt. Auch Graber glaubt an- nehmen zu können, daß die Dotterzellen keinem Keimblatt angehören, sondern ein neues Differenzierungsprodukt repräsentieren, das vielleicht mit der stärkeren Entwicklung des Dotters im Zusammenhang steht. Unten will ich ausführlicher die Auffassung Heymons' über die Keimblätterlehre und Mitteldarmbildung der Insekten besprechen. Ich glaube nämlich nicht ohne Kecht annehmen zu können, daß Hey- mons eine allzu strenge Formulierung seiner Anischt anwandte, wenn er das Mitteldarmepithel aller pterygoten Insekten für ectodermal erklärte. Zur Zeit hatte er selbst nur die Orthoptera und Dermaptera untersucht, und sich übrigens auf die Angaben andrer Insektenembry- ologen gestützt. 3ei den von mir untersuchten Repräsentanten verschiedener In- Enibiyologische Studien an Insekten. 93 sektenordnimgen bin ich zu oanz andern Eesultaten gekommen, die sich sehr gut mit der Keimblätterlehre in Einklang bringen lassen. Speziell hebe ich dies für die Isoptera hervor, die ja den Orthoptera nahe stehen, obschon sie in einigen Beziehungen sich noch ursprünglicher als diese verhalten. Im übrigen will ich hier vorläufig bemerken, daß eben bei den Hymenopteren, wo Heymons für seine Auffassung durch die Unter- suchungen von Carriere über Chalicodoma eine wesentliche Stütze fand, ich Eesultate gewonnen habe, die sowohl Carrieres als Heymons Interpretierung sehr zweifelhaft machen. Die bisherigen Hymenopterenforscher stimmen darin überein, daß ein unteres Blatt durch Versenkung eines blastodermalen Medianfeldes zustande kommt. Während aber Bütschli (70) das innere Blatt nur als Mesoderm, die Dotterzellen als Entoderm betrachtet, läßt Kowa- LEWSKY (71) bei demselben Insekt, der Biene, das Entoderm aus den dorsalen Wänden der Ursegmente entstehen. In den späteren Arbeiten von Grassi (84), Apis, Carriere (90) und Carriere und Bürger (97), Chalicodoma, wird das Mittel- darmepithel der Hymenopteren zum ersten Mal von einer vorderen und hinteren Anlage hergeleitet, eine Auffassung, die von mehreren Forschern geteilt wurde. Sowohl bei Apis als bei Chalicodoma entstehen im ventralen Blasto- derm zwei Furchen, solchi, Grassi, die zwischen sich ein medianes Feld fassen. Das mediane Feld wird nach innen gesenkt und stellt das Mesoderm dar, während vorn und hinten von demselben die beiden Mitteldarmanlagen durch eine Wucherung des Blastoderms, Ectoderms, entstehen sollen. Die beiden Mitteldarmanlagen sind nach Grassi als mesodermal zu betrachten, da sie in unmittelbarer Verbindung mit dem meso- dermalen Medianfeld stehen, und sich später als entodermal erwiesen, indem sie von vorn und hinten über die Dottermasse wachsen, um zuletzt einander zu begegnen und das Mitteldarmepithel zu liefern. Prinzipiell wird das Mitteldarmepithel bei Chalicodoma in der- selben Weise gebildet, obschon hier die beiden Zellwucherungen scharf von dem mesodermalen Medianfeld abgegrenzt entstehen und sich dadurch von Anfang an als besondere Bildungen dokumentieren. Die Bedeutung der Dotterzellen für die Keimblätterlehre ist von Carriere u. Bürger nicht ganz klar gelegt. Physiologisch werden sie dagegen als Vitellophagen aufgefaßt. 94 Henrik Strindberg, und in diesem Sinne als ein primäres Entoderm erklärt, das später von dem sekundären Entoderm, dem Mitteldarmepithel, ersetzt wird. Unter neueren Arbeiten über die Keimblätter der Insekten ver- dient auch die neuerdings von Hirschler (12) über die Aphiden erschienene eine Erwähnung. Das Entoderm wird nach Hirschler durch eine zweiphasige Gastiulation gebildet. Die erste Gastrulationsphase entspricht der von Heymons (Ol) als intravitelline Sonderung bezeichneten Differenzierung der Furchungs- kerne in zentrisch und mehr peripherisch liegende, von denen die ersteren im Dotter bleiben und das Dotterentoderm repräsentieren, während die andern die Eioberfläche erreichen, um hier das Blasto- derm zu bilden. Nach der Blastodermbildung stellt das Ei nach Hirschler eine Blastula dar, was aber nicht recht wohl mit der Ansicht Hirschlers übereinstimmt, da er ja schon die Vorgänge, die zur Blastodermbildung führen, als eine erste Gastrulationsphase betrachtet. Wenn man mit Hirschler dies tut, muß die Blastodermbildung als eine Gastrulation aufgefaßt werden, die teilweise zur Differenzierung der beiden primären Keimblätter führt. Wie ich schon mehrmals oben hervorgehoben habe, können wir in der Entstehung des Blastoderms nur die Bildung einer Blastula erblicken, was unzweideutig bei einigen Insekten zum Ausdruck kommt, wo nach der Blastodermbildung keine Kerne, »Zellen <<, im Dotter zurückgelassen werden. Auch die Aphiden sind allem Anschein nach in dieser Hinsicht besonders lehrreich, indem Hirschler glaubt annehmen zu können, »daß bei Rhopalosiphum nicht immer alle Kerne an die Peripherie gelangen, sondern daß auch hier, wie bei den meisten Insekten, Fur- chungsprodukte im Eiinnern zurückbleiben« (I.e. 399). Wir sollten somit bei einig-en Eiern ein Dotterentoderm erblicken können, während dasselbe bei andern vermißt wird. Wir müssen somit, meiner Ansicht nach, die Dbttermasse nebst eventuellen Kernen nach der Blastodermbildung nur als ein Nahrungs- material auffassen, das mit den Keimblättern nichts zu tun hat. Durch die zweite Gastrulationsphase soll das »Keimentoderm « gebildet werden. Mit »Keimentoderm << wird dann das untere Blatt gemeint, von dem sowohl die vordere und hintere Mitteldarmanlage als das Material der Cölomsäckchen seinen Ursprung nimmt. Es ist also klar, daß das »Keimentoderm« die gemeinsame Anlage Enibryologische Stiulien an Insekten. 95 des Entoderms und Mesoderms enthält. Vielleicht wäre es daher besser statt Keimentoderm die alte Bezeichnung Ento-Mesoderm bei- zubehalten, oder noch mehr von einem unteren Blatt zu sprechen, um damit auszudrücken, daß wir hier ein undifferenziertes Zellmaterial vor uns haben, das später in die beiden inneren Keimblätter differen- ziert wird. Ob wir von einem Keimentoderm, Ento-Mesoderm, oder vom unteren Blatt sprechen, so muß die Bildung desselben als eine Gastru- lation aufgefaßt werden, wie es auch Hirschler richtig getan hat. Es ist aber hier hervorzuheben, daß diese Gastrulation meiner Auffassung nach keineswegs als eine Phase angesehen werden kann, da ich ein Dotterentoderm im Sinne Hirschlers ganz in Abrede ge- stellt habe, d. h. da ich die intravitelline Sonderung nicht als eine erste Gastrulationsphase betrachte. Ich meine somit, daß wir hier, wie bei den Insekten im allgemeinen, nur von einem Entoderm reden können, demjenigen nämlich, das dem Blastoderm entstammt und das untere Blatt bildet. Zuletzt will ich auch darauf aufmerksam machen, daß es sich nicht recht wohl um zwei Phasen einer Gastrulation, Entodermbildung, handelt, wie es Hirschler meint, indem die intravitelline Sonderung, erste Phase, sowohl zeitlich als räumlich von der Bildung des Keim- entoderms, zweite Phase, geschieden ist. Wir müssen dann viel mehr von zwei Gastrulationen reden, wenn wir uns auf den Standpunkt Hirschlers stellen. Es scheint mir, als ob Hirschler von der Auffassung Heymons' über die Keimblätterbildujig bei Scolopendra (Ol) beeinflußt wäre. Es ist daher berechtigt, wenn wir uns mit der letzten Arbeit über die Scolopenderentwicklung beschäftigen, um dann die verschiedenen An- sichten über die Keimblätterbildung der übiigen Arthropodenordnungen darzulegen, ehe ich die endgültigen Schlußfolgerungen vorzulegen wage. Wenn wir somit die vorzügliche Arbeit Heymons' über die Ent- wicklungsgeschichte der Scolopender studieren, finden wir zunächst, daß Heymons hier eine Gastrulation angenommen hat. Denn es heißt (I.e. 23): »Die intravitelline und circumpolare Sonderung zu- sammen führen also bei Scolopendra zu einer endgültigen Trennung der entodermalen Bestandteile von den ectodermalen, sie bedingen die Differenzierung der beiden primären Keimblätter voneinander, und beide Vorgänge hat man also gemeinsam als Gastrulation aufzu- fassen. << 96 Henrik Strindberg, Die intravitelline Sonderung besteht darin, daß einige Furchungs- kerne, Intercalarzellen, an die Eioberfläche wandern, um hier das Blastoderm zu bilden, während andre im Centrum des Dotters bleiben. Schon von der Blastodermbildung findet eine Zerklüftung des Dotters in Dotterpyramiden statt. Die letzteren sind jedoch im Cen- trum miteinander durch eine unoefurchte Partie des Dotters vereinigt, die die zurückgebliebenen Kerne enthält. Wenn dann Heymons die nur partiell voneinander abgegrenzten Dotterpyramiden als Macromeren bezeichnet, betrachtet er auch die im Centrum gebliebenen Kerne als den Dotterpyramiden zugehörig, obschon er nicht hat zeigen können, daß wirklich jede Pyramide einen Kern besitzt. Demgemäß können wir wohl auch nicht, wie es Heymons tut, die Dotterpyramiden als mit Dotter gefüllte große Furchungszellen betrachten, da nach Heymons die zugehörigen Zellkerne in der un- gefurchten Dotterpartie liegen. Zwischen den Dotterpyramiden steigen die sogenannten Inter- calarzellen (Kerne !) an die Eioberfläche, grenzen sich nach innen gegen die Dottermasse und gegeneinander ab und stellen somit nicht länger Kerne, sondern Zellen, Blastodermzellen, dar. Das Ei von Scolopendra besteht somit in diesem Stadium aus einer oberflächlichen Zellschicht, dem Blastoderm, die mehrere Dotter- pyramiden von außen bedeckt. Die Pyramiden stehen miteinander central durch eine mehrkernige ungefurchte Dotterpartie in Verbindung. Die Fm'chung ist somit, meiner Ansicht nach, wie bei den Insekten nur eine superficielle und erinnert sehr an diejenige vieler Crustaceen. Die oberflächliche Zellschicht wird von Heymons als Ectoderm, die Macromeren, Dotterpyramiden, als Entoderm betrachtet. »Mit dem Auftreten der pyramidenförmigen Macromeren hat indessen die Keimblätterbildung noch nicht ihren Abschluß gefunden, indem die an die Oberfläche gelangenden kleinen Zellen oder Blastodermzellen . . . auch noch weiterhin Entodermelemente liefern. Letzteres ge- schieht durch den von mir als circumpolare Immigration bezeichneten Vorgang, der, bei der Keimstelle beginnend, namentlich an der vege- tativen Hälfte des Eies sich abspielt« (I.e. 23). Ich kann dieser Auffassung Heymons nicht ganz beitreten, da ich keineswegs den Dotter und die in demselben befindlichen Kerne als Entoderm betrachte. Wie schon oben ausgesprochen wurde, müssen wir ja dadurch zu der Ansicht kommen, daß einige Crustaceen, Onychophoren und Insekten ein Entoderm entbehren, diejenigen Embryologische Studien an Insekten. 97 nämlich, die eine totale Furchung besitzen, oder wo alle Furchungskerne die Oberfläche erreichen und an der Blastodermbildung teilnehmen. In beiden Fällen befindet sich das Ei nach Beendigung der Furchung im Stadium der Blastula, deren Wand somit als Ectoderm bezeichnet werden muß, während ein Entoderm noch vermißt wird, da man ja weder eine Höhle noch eine Menge von Nahrungsmaterial als Ento- derm ansprechen kann. Die »intravitelline Sonderung«, Bildung des Blastoderms, führt somit, meiner Auffassung nach, zur Entstehung einer Blastula, die >>circumpolare<< zur Bildung einer Gastrula, die bei dem Scolopender durch Immigration namentlich an der vegetativen Eihälfte erfolgt. Die Entodermentwicklung kann wohl als diffus bezeichnet werden, indem sie an keinen bestimmten Punkt der Ventralseite des Eies ge- bunden ist und größtenteils unabhängig vom Cumulus primitivus verläuft. Daß auch eine Einwanderung von Entodermzellen von der Dorsal- seite des Eies stattfindet, ist wohl unzweifelhaft, indem nach Heymons >> die wenigen von der Dorsalseite abgelösten Zellen wohl vorzugsweise oder ausschließlich zu Mesenchymelementen zu werden scheinen« (I.e. 15). Wenn die Beobachtungen Heymons' richtig sind, finden wir bei Scolopendra prinzipiell dieselben Verhältnisse wie bei den Ameisen wieder, da ja hier die Entodermzellbildung nicht, wie unter den übrigen pterygoten Insekten, zu einer ventralen Medianpartie der Keimscheibe lokalisiert ist, sondern vielleicht größtenteils von den Lateralpartien derselben vor sich geht, also diffus ist. Von der Dorsalseite können keine Zellen nach innen geschoben werden, da es hier kein Blastoderm gibt, Formica. Es ist klar, daß ein direkter Vergleich der Myriopoden- mit der Annelidenentwicklung früherer Stadien nicht zulässig ist, wenn man die Blastodermbildung als Bildung einer Blastula betrachtet. Die Blastula der Myriopoden ist ja eine solide Bildung, indem das ganze Blastocöl von den Dotterpyramiden, entodermale »Macro- meren«, Heymons, erfüllt wird. Dasselbe ist auch unter mehreren Anneliden der Fall. Wir müssen aber bedenken, daß das Blastocöl hier nicht von einer Dottermasse, sondern von wirklichen Zellen, die dem Blastoderm, Ectoderm, an- gehören, verdrängt wird. Der Grund hierzu ist wohl in dem Verhältnis zu suchen, daß die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 7 98 Henrik Strindberg, vegetativen Zellen der Blastulawand mit Dotter gefüllt und daher sehr groß sind. Das Nahrungsmaterial ist somit bei den Anneliden intra- cellulär, bei den Myriopoden dagegen extracelluläri. Überdies gibt es unter den Anneliden alle Übergänge bis zu einer sehr großen Blastulahöble. Die großen Blastodermzellen der Annelidenblastula sind als Macro- meren, die kleinen als Micromeren bezeichnet. Von der Oberfläche werden dann die Macromeren und einige der Micromeren nach innen gedrängt, um später das Mitteldarmepithel zu liefern. Sie sind dem- gemäß als Entoderm aufgefaßt, das durch eine Gastrulation durch Epibolie differenziert wird, und entsprechen nur ganz denjenigen Blasto- dermzellen, die bei den Myriopoden durch circumpolare Immigration nach innen gelangen, um ebenfalls das Mitteldarmepithel aufzubauen, während nach Heymons nicht nur die Macromeren, Dotterpyramiden, mit ihren centralen Dotterkernen zugrunde gehen, »sondern auch ein Teil der bei der circumpolaren Immigration entstehenden Zellen wandelt sich gleich anfangs zu später ebenfalls zerfallenden Dotterzellen um, und nur der noch übrige Best der bei der in Kede stehenden Einwande- rung ins Innere gelangenden Zellen liefert definitives Entoderm« (1. c. 25). Ich glaube somit mit Heymons aussprechen zu können, daß sich im Prinzip die Fm'chung und Keimblätterbildung der Myriopoden, Scolopendra, ganz auf dieselben Prozesse der Anneliden zurückführen lassen. Dagegen kann ich gar nicht der Auffassung Heymons' bei- treten, daß bei Scolopendra die Blastodermbildung als eine modifizierte Epibolie dotterreicher Macromeren durch dotterfreie Micromeren an- zusehen ist. Ebensowenig kann ich die Ansicht teilen, daß bei den Insekten das Umwachsen des Dotters durch das Blastoderm und die Einwande- rung der Dotterzellen von dem letzteren zusammen einen Gastrulations- akt repräsentiert; als eine Gastrulation ist nur der letztere Prozeß zu bezeichnen, unter der Voraussetzung, daß die einwandernden Zellen auch das Mitteldarmepithel, das Entoderm, liefern. Dies hat aber Heymons nur für die Apterygoten zeigen können, dagegen nicht für die Pterygoten, wo ja der betreffende Darmabschnitt von dem Stomo- und Proctodäum gebildet werden soll. Daß diese letztgenannte Auffassung unhaltbar ist, habe ich wenig- 1 Streng genommen ist ja auch bei den Myriopoden der Dotter intracellulär, indem die Dotter pwamide nebst der ungefurchten Zentralpartie und den Kernen als eine raehrkernige Zelle betrachtet werden kann. Embryologische Studien an Insekten. 99 stens bei den von mir untersuchten Insekten nachgewiesen, indem die von dem Blastoderm eindringenden Zellen oder Zellverbände, unteres Blatt, nicht nur das Mesoderm, sondern auch das definitive Entoderm liefern. Die Bildung des unteren Blattes kann also allein als Gastru- lation betrachtet werden, mag dieselbe durch Immigration oder In- vagination erfolgen, oder wie bei den Ameisen, eine Mittelstellung ein- nehmen. Es liegt nichts Bedenkliches darin, daß die Gastrulation auch Mesodermzellen liefert, denn es hat schon Heymons (Ol) mit Recht darauf hingewiesen, daß die Gastrulationsvorgänge bei niederen Tieren immer mit einer gleichzeitioen Differenzierung von mesodermalen DO o Elementen verbunden sind. Bei den Anneliden sind bekanntlich nur zwei sogenannte Urmeso- dermzellen vorhanden, die später durch Teilungen das definitive Mesoderm bilden, während unter den übrigen Articulaten von Anfang an mehrere Mesodermzellen entstehen i. Bei Peripotus novaezealandiae ist die Furchung wie bei den In- sekten superficiell und somit nicht mit einer primären Dotterzerklüftung verbunden. Wenigstens ist der von Sheldon (88) dargestellte Zerfall des Dotters nicht mit der Blastodermbildung in Zusammenhang zu stellen und kann also als sekundäre Zerklüftung bezeichnet werden, die jedoch hier frühzeitig einsetzt. Wenn wir dann weiter der Darstellung Sheldons folgen, sollen die ersten Furchungskerne an der Dorsalseite des Eies zuerst auftreten, um hier eine mehrschichtige Anhäufung, »polar area <<, zu bilden. Von hier aus breiten sich dann die Kerne über die Eioberfläche aus, um zuletzt ventral zu gelangen und hier eine" Stelle der Eiober- fläche offen zu lassen. Vermutlich handelt es sich aber um Zellen und nicht um Kerne, da die Umwachsung des Dotters als Blastodermbildung aufgefaßt wird. An den Rändern der offenen Stelle wuchern die Zellen nach innen und sollen hier allem Anschein nach die Keimblätter liefern. Die Öffnung wird als Blastoporus bezeichnet und der größte Teil der nach innen geratenen Zellen wahrscheinlich als Mesoderm aufgefaßt. Die am meisten proximalen Zellen sollen jedoch das Entoderm repräsentieren, obschon das Entoderm auch von den Dotterkernen geliefert wird. Obschon ich die Keimblätterbildung von Peripatus nicht als 1 Eine Ausnahme machen vielleicht einige Crustaceen, die mehr an die Verhältnisse bei den Anneliden erinnern. 7* 100 Henrik Strindberg, spruchreif ansehen kann, da die Beobachtungen über dieses Thema sehr mangelhaft und unklar sind, will ich hier nicht unterlassen, auf die möglichen Ähnlichkeiten mit der Myriopoden- und Insektenent- wicklung, Termiten, aufmerksam zu machen. Es scheint etwas wunderlich, daß die Furchungskerne bei Peri- patus zuerst dorsal auftauchen sollten, um hier eine Kern(Zellen)- anhäufung zu bilden, da ja allgemein die ersten Vorgänge bei der Blastodermbildung sich an der Ventralseite des Eies oder gleichzeitig über verschiedene Hälften der Eioberfläche abspielen. Meines Wissens wäre dies der einzige Fall unter Eiern, denen eine superficielle Zerklüftung zukommt. Liegt nicht die Annahme sehr viel näher, daß in der Tat die »polar area<< ventral gelegen ist, und daß von hier aus die Blastodermbildung über den Best der Eioberfläche fortschreitet, indem immer neue Kerne von innen die Oberfläche erreichen und in Zellen umgewandelt werden? Wenn diese Annahme sich als richtig erwiese, könnten wir ohne weiteres zum Vergleich die Myriopoden- und Termitenentwicklung ver- wenden und die »polar area<< als Keimscheibe bezeichnen. Von der Keimscheibe sind dann die weiteren Vorgänge ohne Schwierigkeit zu verfolgen. Der Blastoporus wird durch eine Einstülpung der Medianpartie der Keimscheibe hervorgerufen, während der eingestülpte Teil der- selben als unteres Blatt bezeichnet werden muß. Es hat ja auch Sheldon allem Anschein nach die Auffassung vertreten, daß die oben erwähnte Wucherung der Zellen als eine Ein- stülpung hervortritt, und daß die Zellen derselben das Meso- und Entoderm des Embryos liefern. Ob die Bezeichnung »Blastoporus« zu verteidigen ist, scheint mir ' etwas fraglich, indem wir hier wohl dieselben sekundären Verhältnisse wie bei den Pterygoten vor uns haben, wo eine starke Zellimmigration zur Einstülpung, Invagination, eines Zell Verbandes führt. Unter den afrikanischen Peripatus-Äiten ist die Furchung des Eies nach Sedgwick (85) eine totale. In einem achtzelligen Stadium finden wir vier kleinere Zellen, die den animalen Pol und vier größere, die den vegetativen Pol repräsentieren und das Ecto- bzw. das Ento- derm bilden. Nach einiger Zeit wächst das Ectoderm über die großen Entoderm- zellen, was allem Anschein nach eine Gastrulation durch Epibolie darstellt, indem ja dadurch die Entodermzellen ohne Einstülpung in das Innere des Eies gelangen, und von den Ectodermzellen größten- Embryologische Studien an Insekten. 101 teils überdeckt werden. "The embryo . . . consists of a solid gastrula, the small uncovered spot of endoderm constituting the blastopore. A cavity next appears in the centre of the endoderm cells, so as to open to the exterior through the blastopore. We have thus arrived at the stage of a typical gastrula formed of two layers of cells, which are continous with one another at the blastopore and enclose a central cavity" (1. c. 459). Zur Unterstützung meiner oben ausgesprochenen Vermutung über den Wert der Zellwucherung können wir die amerikanischen Peripatus- Arten verwenden, Kennel (86 — 88). Die Furchung ist ja hier total und liefert eine Anzahl von radiär angeordneten Zellen. Die Zellmasse ist als Blastula zu bezeichnen, deren Lumen anfangs latent ist, später aber deutlich hervortritt. Der Embryo nimmt dann eine birnförmige Gestalt an und ist schon vorher dorsal an dem Uterusepithel befestigt. Von der Ventralseite findet jetzt eine Zellwucherung statt, deren Zellen nach innen gedrängt werden, ohne daß eine Einstülpung, »Blasto- porus« zum Ausdruck kommt. Das immigrierte Zellmaterial liefert proximal das Entoderm, distal das Mesoderm und muß als unteres Blatt bezeichnet werden. Der Embryo ist also in das Stadium der Gastrula eingetreten. Im Prinzip finden wir somit dieselben Vorgänge in der früheren Embryonalentwicklung der beiden Peripatus- Alten wieder, und können mit KoESCHELT u. Heider (92) »die Stelle, wo die Einwucherung stattfindet, mit der Zellanhäufung am Blastoderm des neuseeländischen Peripatus vergleichen, an welcher (eventuell) der Invaginationsakt erfolgt . . .« (I.e. 684). In neuerer Zeit sind einige Mitteilungen über die ersten Stadien der Embryonalentwicklung von Eoperipatus weldoni, Evans (02), erschienen, die sich mit meiner Auffassung über die Keimblätter- bildung der Insekten und die Bedeutung der Dottermasse sehr gut in Einklano; bringen lassen. Von dem langgestreckten Blastoporus dringen mehrere Entoderm- elemente in die oberflächliche Dotterschicht hinein, was ja meiner Ansicht nach nichts anders als eine Gastrulation durch Immigration repräsentiert, da die Dottermasse sonst Zellkerne ganz entbehrt, d. h. die Bildung des Blastoderms kann nicht als eine Gastrulation be- trachtet werden. 102 Henrik Strindberg, Die Entodermelemente verbreiten sich über die ganze Dotter- oberfläche, um hier später das Mitteldarmepithel zu bilden. Es treten aber auch einige der Entodermelemente in die mehr centralen Teile des Dotters ein und sollen hier eine Dotterzerklüftung bewirken. Die Kerne der Dotterballen (-zellen) gehen jedoch, nach Evans, nicht zugrunde, sondern werden nach außen geschoben, um an der Bildung des Mitteldarmepithels teilzunehmen; hierin liegt ja nichts Bedenkliches, da sie immer von dem Blastoderm stammen imd ihrer Verwendung gemäß als Entoderm betrachtet werden müssen. Evans hat nicht die Bezeichnung Entodermzellen verwandt, sondern spricht nur von Kernen, die vom Blastoderm nach innen dringen, um entweder mehr superficiell oder central in den Dotter zu gelangen. Im ersteren Fall finden sie sich in der oberflächlichen Schicht des Dotters, die mit Korschelt u. Heider (10) als die syn- cytiale Anlage des Mitteldarmepithels bezeichnet werden kann. Zur Frage über den morphologischen Wert der Dotterzellen ist die Furchung und Keimblätterbildung der Crustaceen besonders lehr- reich, indem wir hier alle Übergänge zwischen einer totalen und einer superficiellen Furch ung wiederfinden können. Ohne auf die verschiedenen Furchungsmodi einzugehen, will ich nur darauf aufmerksam machen, daß bei einer totalen Furchung das ganze Nahrungsmaterial auf die verschiedenen Blastomeren verteilt wird. Die Auflösung des Dotters folgt also hier intracellulär. Das Blastocöl wird bei der Gastrulation verdrängt, und der Raum von den invaginierten Blastoderm-, Entodermzellen, eingenommen. Von Dotter »Zellen« kann also in diesem Fall nicht die Rede sein. Bei dem zweiten Furchungstypus, dem superficiellen, wird, wie bei den Insekten im allgemeinen, nur die oberflächliche Plasmaschicht zerklüftet, während die Dottermasse ungefurcht bleibt und einige zm-ückgebliebene Furchungskerne enthält. Die letztere stellen die Dotter »Zellen« dar und dienen physiologisch als Vitellophagen, während sie wohl morphologisch, wie ich für die Insekten angenommen habe, nur ein Abortivmaterial repräsentieren. Denn wenn man dieselben als Entoderm erklärt, sollten ja manche Crustaceen notwendig ein inneres Keimblatt entbehren. Ein Blastocöl wird hier gänzlich vermißt, da dasselbe von der ungefurchten Dotter masse ausgefüllt ist. Embryologische Studien an Insekten. 103 Die letztere bringt sehr wahrscheinlich das Verhalten mit sich, daß eine deutliche Invaginationsgastrula nicht zu stände kommen kann. Die Gastrulation folgt durch Immigration, wobei bisweilen die Stelle der stärksten Einwanderung an der Keimscheibe durch eine Einsenkung ausgezeichnet ist. In verschiedener Weise gelangen dann diejenigen Zellen, die zur Bildung des Mitteldarmepithels bestimmt sind, an die Oberfläche des Dotters. Zuletzt müssen wir noch, einen Furchungstypus der Crustaceen in Betracht ziehen, wo die Fm'chung anfangs total ist, dann superficiell wird, indem die Kerne der großen Blastomeren nach außen an die Ei- oberfläche rücken und sich nach innen abgrenzen. In dieser Weise wird ein Blastoderm gebildet, das die jetzt kern- losen Reste der Blastomeren, Dotterpyramiden, bedeckt. Das Blasto- cöl geht alsbald verloren, indem die Dotterpyramiden in eine Masse verschmelzen. Die Gastrulation folgt prinzipiell wie bei dem vorigen Typus. Der hier eben beschriebene dritte Furchungsmodus der Crustaceen ist von Interesse, da wir prinzipiell ähnliche Verhältnisse bei manchen Arachnoiden, wie auch bei den Collembolen, Anurida, Claypole (98), wiederfinden können. Nach den Angaben mehrerer Forscher findet sich bei den Spinnen ein unteres Blatt, das durch Zellwucherung von dem sogenannten Cumulus primitiv US entsteht, und die gemeinsame Anlage des Meso-Entoderms repräsentiert. Andre Forscher, wie Kishinouye (90, 94) und Kautzsch (09, 10), leiten jedoch das Mitteldarmepithel von den Dotterzellen her. Die Resultate, die betreffs der Furchung und Keimblätterbildung der oben besprochenen Articulaten, insbesondere der Insekten, gewonnen sind, fasse ich hier in folgende Hauptpunkte zusammen. a. Ist die Dottermenge eine geringe, wird die Furchung total und nahezu äqual, wie bei mehreren Anneliden und Crustaceen. D^r Nahrungsdotter wird gleichmäßig auf die Furchungszellen verteilt, die eine ansehnliche Höhle begrenzen. Das gefurchte Ei muß in diesem Stadium als Blastula angesehen werden, die Höhle somit als Blastocöl; die Wand der Blastula als das erste Keimblatt, das Ectoderm. Die Gastrulation erfolgt durch Invagination. Die invaginierte Partie des Blastoderms, Ectoderms, ist als Entoderm zu bezeichnen. Gleichzeitig und in der unmittelbaren Nähe des inneren Keim-' 104 Henrik Strindberg, blattes werden zwei oder melirere Zellen aus dem Blastoderm nach innen gedrängt, um hier das mittlere Keimblatt, das Mesoderm, zu bilden. b. Die Furchung ist fortwährend total aber stark inäqual, indem die Zellen des vegetativen Eipols eine größere Dottermenge aufgenom- men haben, als die des animalen Pols. Einen solchen Furchungstypus finden wir unter den Anneliden und Crustaceen wieder. Die Furchungs- höhle ist nur wenig entwickelt oder kommt gar nicht zum Ausdruck. Die Gastrulation wird durch Epibolie bewirkt, wodurch die großen Zellen des vegetativen Pols, die Macromeren, nebst einigen kleineren Zellen, die Micromeren, in der nächsten Umgebvmg der ersten nach innen gedrängt und von den Zellen des Blastodermrests überwachsen werden. c. Die Zerklüftung des Eies ist partiell und superficiell, indem nur die an der Oberfläche befindliche Plasmaschicht mit eingebetteten Kernen in Zellen zerlegt wird^. Von einer Furchung des Dotters können wir somit hier nicht reden, indem die Kerne nicht imstande sind die ansehnliche Nahrungsmenge zu bewältigen 2. Der betreffende Furchungstypus ist vor allem für die Insekten, manche Crustaceen und, wie ich glaube, auch für einige der Onycho- phoren und Myriopoden charakteristisch. Die Zerlegung des Dotters in Pyramiden unter den Myriopoden, Scolopendra, stellt meiner Ansicht nach keine Furchung im eigent- lichen Sinne dar, da ja tatsächlich die Dotterpyramiden im Centrum des Eies durch eine ungefurchte Dotterpartie miteinander in Ver- bindung stehen. Die Zerklüftung des Dotters in rundliche Riesenzellen, die unter den Insekten nach der Blastodermbildung vorkommt, ist sekundärer Natur und hat nichts mit der Keimblätterbildung zu tun. Nach Beendigung der Furchung ist somit das Ei in zwei Partien gesondert; oberflächlich findet sich das für gewöhnlich überall ein- schichtige Blastoderm, innerhalb desselben eine ganz oder nm' teil- weise ungefurchte Dottermasse, die für gewöhnlich mehrkernig ist und als ein Syncytium bezeichnet werden kann. Das Blastocöl ist hier gänzlich von dem Dotter verdrängt, da ja dieser nicht intra-, sondern extracellulär gelegen ist (vgl. S. 98 Anm.), ^ Bei den Ameisen findet sich aucli eine superficielle Dotterzerklüftung, die schon vorher beschrieben worden ist. 2 Eine totale Furchung, die zuletzt in eine superficielle übergeht, kommt ja unter den Crustaceen, Collembolen und Arachnoiden vor. Embryologische Studien an Insekten. 105 Die Gastrulation findet durch Immigration oder Invagination statt. Das letztere Verhalten ist ziemlich selten und mag wohl unter den Insekten sekundär erworben sein, da ja die Immigration den nieder- sten derselben zukommt. Die Bedeutung der Dottermasse nebst den eingeschlossenen Kernen, »Dotterzellen <<, für die Keimblätterlehre kann nur durch ein vergleichendes Studium über die Eifurchung der Insekten und niederer Articulaten entschieden werden. Ich glaube, daß wir in der Dottermasse und deren Kernen keines- wegs das Entoderm zu erblicken haben, sondern, daß das Entoderm in prinzipiell derselben Weise von dem Ectoderm, Blastoderm, herausdifferenziert wird. Zur Stütze dieser Vermutung führe ich folgendes an: a. Mehrere Forscher stimmen darin überein, daß unter den In- sekten, z. B. Gryllotalpa und Mantis, alle Furchungskerne die Eiober- f lache erreichen, und daß somit nach der Blastodermbildung die Dotter- masse Kerne, »Dotterzellen«, gänzlich entbehrt i. Es ist ja klar, daß wir bei diesen Insekten eine bloße Nahrungsmasse nicht als ein Ento- derm betrachten können. Wir werden fast mehr notwendig zu der Annahme geführt, daß die Blastodermbildung dieser Insekten als die Bildung einer Blastula anzusehen ist. b. Wenn später vom Blastoderm einzelne Zellen abgelöst werden und in den Dotter gelangen, können ja diese nicht als »Dotterzellen« betrachtet werden, wie es manche Insektenembryologen tun, sondern sind je nach ihrer Verwendung als Entoderm- oder Mesodermzellen zu bezeichnen, oder als Paracyten(?), wenn sie zu Grunde gehen, ohne am Aufbau des Embryonalkörpers teilzunehmen. c. Es hat sich auch tatsächlich gezeigt, daß bei den von mir unter- suchten Insektenembryonen wie bei Myriopoden und andern niedri- geren Arthropoden, die nach innen vom Blastoderm gelangenden Zellen Material für den Mitteldarm liefern. Wir müssen daher annehmen, daß das Stadium, wo diese Differen- zierung zustande kommt, die Gastrulation des Eies repräsentiert. Die Dottermasse und die in derselben eventuell befindlichen Kerne können somit nicht als Entoderm betrachtet werden, zumal wenn wir uns der- jenigen Arthropoden erinnern, die eine totale Zerklüftung des Eies besitzen. Bei diesen bildet sich ja kein Entoderm, wenn wir mit Ento- 1 Dasselbe soll auch nach Uzel (97) bei dem Apterygoten Campodea der Fall sein. 106 Henrik Strindberg, derm die Dottermasse nebst eventuellen Kernen innerhalb des Blasto- derms meinen sollten, während ihre nächsten Verwandten durch eine große »Entodermmasse « ausgezeichnet sind. Abteilung V. Entwicklung der ectodermalen Organsysteme. 1. Nervensystem. a. Gehirn. 1. Eutermes. Wie es unten für das Bauchmark beschrieben ist, wird die Bildung der Gehirnganglien dadurch eingeleitet, daß die Ectodermzellen jeder- seits der Medianlinie des Embryos nebst den Kernen in die Länge gestreckt werden und die letzteren gleichzeitig eine hellere Farbe als die der gewöhnlichen Ectodermzellen annehmen. Indem sich die betreffenden Zellen somit vergrößern, bilden sich im Ectoderm der Kopfpartie drei Paar Verdickungen aus, die die An- lage der drei Cerebralganglien repräsentieren. Das erste Paar ist morphologisch vor, das zweite lateral und das dritte hinter der Mundeinstülpung gelegen. Sie stehen miteinander in unmittelbarer Verbindung und gehen hinten in die Seitenstränge des Bauchmarkes über. In dem ersten Paar tritt bald eine Differenzierung ein, indem sich jederseits vier Loben ausbilden, von denen die am meisten lateral gelegenen die Anlagen der Ganglia optica repräsentieren und als die ersten Loben zu bezeichnen sind. Die beiden median befindlichen stellen also die vierten dar (Fig. 31, lobl — IV). Die Anlagen der Ganglia optica vergrößern sich in den folgenden Stadien rasch und lösen sich von der oberflächlichen Zellschicht durch Spaltung ab. Die oberflächliche Zellschicht ist von den kleinen dunklen Hypo- dermiszellen aufgebaut und stellt die sogenannte Augenplatte dar, aus der sich später die eventuellen Facettenaugen entwickeln sollen, Vial- LANES (91), Heymons (95). Der Spaltraum zwischen dem Ganglion opticum und der Augenplatte tritt eine Zeit deutlich hervor, um dann wieder zu verschwinden (Fig. 31, ap, aus). In dem Ganglion opticum differenzieren sich einige der langge- streckten Zellen und werden mit großen hellen Kernen versehen. Un- zweideutig stellen sie Neuroblasten dar, obschon sie, wie auch von Embryologische Studien an Insekten. 107 Heymons (95) hervorgehoben worden ist, niemals Ganglienzellen ab- schnüren. In den übrigen Loben werden etwa gleichzeitig an der Oberfläche derselben die Neuroblasten differenziert und beginnen Ganglienzellen abzuschnüren, wobei sie nur in dem medianen Lobus auch in die Tiefe versenkt werden, in den beiden übrigen dagegen die oberflächliche Lage beibehalten. Schon früher bildet sich zwischen dem ersten und zweiten und dem zweiten und dritten Lobus jederseits eine keilförmige Zellmasse aus, die von kleinen dunklen Ectodermzellen aufgebaut ist (Fig. 31 apoph). Die betreffende Zellmasse stellt unzweideutig undifferenzierte interlobuläre Ectodermpartien dar, die später bei der Bildung der dermatogenen Schicht mit derselben in unmittelbare Verbindung treten. Ahnliche Zellmassen sind auch von Heymons beobachtet worden hyp lob// ^ ^~> f'r' ':J:'>^7'% m^ afoph s:^^ Fig. 31. und sollen nach ihm durch ectodermale Einstülpungen entstehen, was ich jedoch für Eutermes nicht habe bestätigen können. Dieselben werden »interganglionale Verdickungen« genannt und entsprechen ganz den von Viallane.s (91) und Wheeler (93) als » ectodermique intergan- glionnaire« bzw. >> interganglionic thickening« bezeichneten Bildungen. Nach Heymons sollen die interganglionalen Verdickungen sich von der Oberfläche ablösen und dem Ganglion opticum dicht anliegen. Im Innern weisen sie einen Hohlraum auf und sind von dunkleren Zellen umgeben. Ihre Bedeutung ist völlig unklar. Die Angaben Heymons haben nur durch meine Untersuchungen an Eutermes im wesentlichen eine Bestätigung gefunden. Wenn die Sonderung in eine dermatogene und neurogene Schicht der Loben stattgefunden hat, stellen die letzten zusammen das Proto- cerebrum dar. 108 Henrik Strindberg, Was die Bildung des zweiten und dritten Paares der Cerebral- ganglien, d. h. des Deuto- und Tritocerebrums betrifft, so folgt dieselbe ganz in der für die Bauchganglien beschriebenen Weise. Nur sind die beiden Ganglien des Deutocerebrums durch die Mundeinstülpung weit voneinander gedrängt (Fig. 32, dtz). Im Stadium Fig. M, Schema I, bilden sich die Fasermassen aus, wodurch die Cerebralganglien und die Loben derselben mit einander verbunden werden. Eine Ausnahme machen nur die Ganglia optica, die eine mehr selbständige Stellung einnehmen. Wie im Bauchmark senden die Ganglienzellen plasmatische Aus- läufer aus, die einander kreuzen. Dies trifft jedoch nicht für die Supra- ösophagealcommissur zu, indem ein Mittelstrang im Proto- wie im Deutocerebrum vermißt wird, wodurch die Fasern der Commissur nur zwi- schen den Ganglien paral- lel miteinander verlaufen. Die Fasern der Supra- ösophagealcommissur, die die beiden Hälften des ' Protocerebrums vereini- gen, stammen von der Hinterpartie (morpholo- gisch !) der beiden media- nen Loben und schließen sich unmittelbar an die Fasern der beiden Deutocerebralganglien an. Wenigstens habe ich keine selbständige Commissur des Deutocerebrums beobachten können, obschon eine solche nach HoLMGREN (08) bei den erwachsenen Tieren bemerkbar ist. Es ist somit anzunehmen, daß die Quercommissuren des Proto- und Deutocerebrums von Anfang an oder wenigstens sehr früh sich dicht aneinander schließen, um dann postembryonal sich wieder von- einander zu entfernen, oder daß sie, wie Heymons annimmt, als eine Bildimg entstehen. Ahnliches hat auch Viallanes für Mantis angegeben, wo die Deutocerebralcommissm' selbständig, aber dicht an der Protocerebral- commissur gebildet werden und mit der letzteren später verwachsen soll. Die beiden medianen Loben des Protocerebrums stehen nach außen durch grobe Faserzüge mit den dritten und zweiten Loben in Verbindung, dagegen wird eine Verbindung mit den Ganglia optica allem Anschein nach nicht erzielt. Die letzteren Ganglien liefern nur Fig. 32. Embryologische Studien an Insekten. 109 den N. opticus, den ich jedoch nicht habe auffinden können, da er wahrscheinlich embryonal vermißt wird. Es ist aber hier auf einige Ähnlichkeiten mit Forjicula hinzu- weisen, die von Interesse sein können. Gegen Viallanes (91) und Wheeler (93), die sich für eine voll- ständige Trennung des Ganglion opticums von der Augenplatte aus- gesprochen haben, hebt Heymons für Forficula hervor, daß medial eine Verbindung zwischen beiden Teilen stattfindet, die später direkt in die Anlage des N. opticus übergeht, wodurch der betreffende Nerv nicht in zentrifugaler Richtung auszuwachsen braucht, um die Augen- platte zu erreichen, wie es Viallanes und Wheeler meinen. Ich muß mich nun für Eutermes insofern den Angaben Heymons' anschließen, indem ich auch bei Eutermes eine Verbindung zwischen dem Ganglion opticum und der Augenplatte gefunden habe, da der Spaltraum nur auf den hinteren Teil des Ganglions beschränkt ist. Von dem Deutocerebrum wachsen kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryonen die antennalen Nerven aus, was mit den Funden Viallanes' im Einklang steht. Gleichzeitig mit der Supraösophagealcommissur wird auch die Anlage der Subösophagealcommissur aus der Ectodermpartie zwischen den Hälften des Tritocerebrums gebildet, indem hier die Zellkerne größer und heller werden und die Zellen von der Oberfläche nach innen gedrängt werden. An Sagittalschnitten treten sie als ein Haufen von großen Zellen auf, der an der Dorsalseite eine Fasermasse besitzt. Die letztere wird jedoch erst während der Umrollung deutlich ausgeprägt und stellt dann eine Verbindung zwischen den Hälften des Tritocerebrums dar. Die Quercommissur des Tritocerebrums wnd somit von Zellen gebildet, die eine mittelstrangähnliche Bildung repräsentieren und wohl den Zellen des Mittelstranges der Bauchganglien äquivalent sind. Dies trifft aber nicht für die Quercommissur des Proto- und Deuto- cerebrums zu, indem hier sicherlich ein Mittelstrang vermißt wird und die Fasern der Commissur nur von den Ganglien geliefert werden. In dieser Hinsicht stimmen meine Ergebnisse nicht mit denjenigen Heymons' überein, indem bei Forficula auch die Supraösophageal- commissur von mittelstrangähnlichen Zellen gebildet werden soll. Während der Umrollung tritt eine starke Verschmelzung der ver- schiedenen Gehirnteile ein, wobei die hinten und lateral von der Mund- einstülpung gelegenen Ganglien nach vorn rücken, so daß nach der 110 Henrik Strindberg, Umrollung eine kompakte Masse von Ganglienzellen gebildet wird, die in der Mitte die mcächtige Supraösophagealcommissur aufweist. Die Neuroblasten sind nunmehr größtenteils verschwunden und werden am längsten nur in den medianen Loben des Protocerebrums beibehalten. F ormica. Die Bildung der Cerebralganglien erfolgt bei Formica prinzipiell wie bei Eutermes. Die Lage derselben im Verhältnis zur Stomo- däaleinstülpung scheint jedoch hier eine etwas andre zu sein, indem die Anlage des Tritocerebrums nicht eigentlich hinter, sondern lateral von der Einstülpung gelegen ist, wodurch die Anlage des Deutocerebrums mehr nach vorn als bei Eutermes zu liegen kommt (vgl. Fig. 38, 39), Die Anlage des Protocerebrums ist mächtig entwickelt und wird bald in drei Loben differenziert, die dicht oberhalb der großen lang- gestreclvten Cölomsäckchen des Antennensegmentes in mehreren Quer- schnitten zu sehen sind. Die beiden medianen Loben sind miteinander durch eine breite einschichtige Ectodermpartie vereinigt, wie es auch für die beiden Ganglienanlagen des Deuto- und Tritocerebrums der Fall ist, indem hier die stark entwickelte Oberlippe und Mundeinstülpung dieselben bei Seite drängen. Die mediane Brücke zwischen den Ganglienanlagen des Proto- und Deutocerebrums beteiligt sich, wie dies für Eutermes hervorgehoben wurde, nicht an der Bildung der Supraoesophagealcommissur, die als eine einzige Fasermasse angelegt wird, sondern stellt nur eine Partie der Hypodermis dar, die in den Kopflappen, Proto- und Deutocere- brum, zuerst median, d. h. zwischen den Gangiienanlagen, zum Vor- schein kommt und sich dann allmählich lateral über die Ganglien- anlagen differenziert, wodurch die letzteren sich von der Oberfläche losmachen und von nun an als Ganglien zu bezeichnen sind. Dasselbe trifft übrigens auch für Eutermes zu (vgl, Fig. 31, hyp). Die sich über den Ganglien bildende Hypodermis stellt anfangs ein ungemein dünnes Plattenepithel dar und wandelt sich erst später in ein Cylinderepithel um. Was die Bildung der Suboesophagealcommissur anbelangt, so er- folgt diese größtenteils von der medianen Brücke zwischen den Trito- cerebralganglien, die also als eine dem Mittelstrang des Bauchmarkes äquivalente Ectodermpartie anzusehen ist. Ähnliches ist auch von Carriere u. Bürger (97) bei Chalicodoma beobachtet worden. Eine Embryologisclie Studien an Insekten. 111 Sonderung in eine dermatogene und neurogene Schicht tritt hier ebensowenig wie im Mittelstrang des Bauchmarkes ein. Wie schon oben hervorgehoben wurde, wird in derjenigen Partie der Kopflappen, die das Proto- und Deutocerebrum umfaßt, die Hypo- dermis zuerst median ausgebildet und differenziert sich dann lateral über die Ganglienanlagen als ein dünnes Plattenepithel. Eine Ausnahme stellen nur die am meisten lateral gelegenen Loben des Protocerebrums dar, die die Anlagen der Ganglia optica re- präsentieren. Die letzteren sind wohl entwickelt und von großen neuroblasten- ähnlichen Zellen aufgebaut, die sich zwar mitotisch teilen, ohne jedoch Ganglienzellen abzuschnüren. Lateral von den betreffenden Ganglien- anlagen findet sich, wie gewöhnlich, ein Saum von Ectodermzellen, die als Hypodermiszellen zu bezeichnen sind und mit denjenigen der definiti- ven Körperränder verlöten, wenn diese zum definitiven Rückenverschluß nach oben wachsen. In einem gewissen Stadium, noch vor dem Rückenverschluß, bemerkt man an Querschnitten, daß die er- wähnte Verlötung stattgefunden hat, und daß die Hypodermiszellen über pj 33 die beiden inneren Loben des Proto- cerebrums sich differenziert haben, während die Anlagen der Ganglia optica noch den Zusammenhang mit der Oberfläche bewahren und also noch nicht von Hypodermiszellen bedeckt sind. Dies trifft aber bald zu, indem die Anlage des Ganglion opticum jederseits sich nach innen stülpt, wodurch die median und lateral von derselben gelegenen Zellverbände der Hypodermis mit den Rändern verlöten und die Ganglionanlagen sich losmachen (Fig. 33). Die Ganglia optica und die Augenplatten werden somit bei Formica durch Einstülpung der Ganglienanlagen gebildet, nicht dagegen durch Delamination, wie es bei Eutermes der Fall war. Gegen Ende der Embryonalzeit werden die Cerebralganglien mit- einander in eine Masse vereinigt. Die Tritocerebralganglien befinden sich jedoch immer lateral von dem Oesophagus. Die Neuroblasten haben nunmehr die Teilungen eingebüßt ; sie sind aber noch larval einzeln vorhanden, während die Mehrzahl derselben zugrunde gegangen ist. 112 Henrik Strindberg, Die larvalen Neuroblasten können sich zwar noch mitotisch teilen, scheinen jedoch nicht mehr Ganglienzellen zu bilden. Die Bildung der Cerebralganglien und des Gehirns bietet bei Chrysomela nichts Bemerkenswertes dar, sondern stimmt am meisten mit den Verhältnissen überein, die wir bei Formica gefunden haben. b. Bauchmark. 1. Eutermes. Die Entwicklung des Bauchmarkes ist an Totalpräparaten schwierig zu verfolgen. Dafür eignen sich viel besser Schnittserien durch Em- bryonen verschiedener Altersstadien. Man bemerkt dann, daß schon im Stadium Fig. H, Schema I, die Kerne derjenigen Ectodermzellen, die sich in zwei Streifen jederseits der Medianlinie befinden, in die Länge gestreckt werden und sich auch von denjenigen der übrigen ectodermalen Elemente durch hellere Farbe unterscheiden. Die betreffende Differenzierung schreitet von vorn nach hinten zu und ruft jederseits der Medianlinie des Embryos eine wulstförmige Ver- dickung, die Primitivwulst, hervor. Die letztere zeigt quer verlaufende, seichte Einsenkungen auf, die in bestimmten Abständen voneinander liegen und als Segmentgrenzen des Ectoderms aufzufassen sind. Durch die Entstehung der lateralen Primitivwülste, Ganglien- anlagen, tritt natürlich die Medianpartie des Ectoderms rinnenförmig hervor und stellt die sogenannte Neiu-alrinne dar. In den Primitivwülsten oder Seitensträngen werden alsbald die neurogenen Elemente gebildet, indem einzelne Zellen an der Ober- fläche aber auch in die Tiefe große rundliche, liell gefärbte Kerne erhalten und sich dadmch als Neuroblasten dokumentieren. Die an der Oberfläche entstehenden Neuroblasten werden bald in die Tiefe gesenkt, wodurch in der Mitte der Gangiienanlagen eine Zone von Neuroblasten gebildet wird, die nach außen von gewöhn- lichen Ectodermzellen bedeckt ist (Fig. 34, nhl, hyp). Die letzteren liefern die Hypodermis, während die ersteren durch lebhafte Teilungen die kleinen Ganglienzellen nach innen abschnüren. Es ist dabei zu bemerken, daß die Neuroblasten nicht eine einzige Reihe von Ganglienzellen entstehen lassen, sondern für gewöhnlich mehrere, die dann von den Mutterzellen ausstrahlen. Ob auch die Ganglienzellen durch Teilungen sich vermehren, habe ich nicht sicher entscheiden können, halte es jedoch für unwahrscheinlich, da wenig- stens Teilungsspindeln nie beobachtet wurden. Embryologische Studien an Insekten. 113 Für gewöhnlich liegen die Neuroblasten in den Ganglien ziemlich regelmäßig geordnet. In der Mitte derselben sind sie allgemein in Mehrzahl vorhanden, vorn und hinten dagegen sind fast immer nur fünf zu sehen. Die Entwicklung des Mittelstranges stimmt im wesentlichen mit der von Heymons (95) für Forficula gegebenen Darstellung überein. Durch die Entstehung der Ganglien werden diejenigen Zellen, die den Boden der Neuralrinne bilden, nach innen gedrängt und stellen hier im Querschnitt eine dreieckige Bildung dar, die den Mittelstrang repräsentiert. Die Zellen derselben sind, wie in den Seitensträngen, zuerst durch ihre länglichen hellen Kerne ausgezeichnet (Fig. 34, mst). 1;..=;: '' 'f i^iy[>v. ^i^» .... ^^ coe/ rr • . ■ ^ .- . ^-^ <^ö?/ my I. Fig. 34. Auch in dem Mittelstrang treten Zellen mit großen rundlichen Kernen auf, die den Neuroblasten der Primitivwülste ganz ähnlich sind und wie diese Ganglienzellen abschnüren. Die letzteren sind jedoch innerhalb eines Ganglienpaares nur spärlich vertreten, bilden aber in den interganglionalen Strecken kleine Anhäufungen, indem hier die Neuroblasten zahlreicher vorhanden sind. Stellenweise liegen die Neuroblasten in den betreffenden Abschnitten bis zu sechs zusammen, während Wheeler (91) und Heymons (95) nur ein bzw. zwei bis drei an denselben Stellen gefunden haben. Es ist hier noch zu erwähnen, daß es im Mittelstrang keineswegs zur Sonderung in eine dermatogene und eine neurogene Schicht kom- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. S 114 Henrik Strindberg, men kann, indem die Zellen des Mittelstranges schon früh nach innen geschoben werden und dadurch den Zusammenhang mit der Oberfläche verlieren. Eine Hypodermis wird ventral von dem Mittelstrang ge- bildet, wenn die beiden Neuralwülste sich in der Medianlinie getroffen haben (Fig. 34). Zu derselben Auffassung sind auch Carkiere u. Bürger (97) für Chalicodoma gekommen, was gegen Heymons (95) hervorzuheben ist. Betreffs des weiteren Schicksals der Neuroblasten, nachdem die Teilungen beendigt sind, kann ich nur die Vermutung Heymons' be- stätigen, daß sie degenerieren und zugrunde gehen. Die Kerne werden dabei blasenartig aufgetrieben und das Chromatin ballt sich in rötlich gefärbte Klümpchen zusammen, was alles als deutliche Degenerations- erscheinungen anzusehen ist. Schon vor der UmroUung des Embryos beginnt die Bildung der Faser massen von vorn nach hinten. Man bemerkt dann, daß diejenigen Ganglienzellen, die am meisten distal von ihren Neuroblasten liegen, in ein dünnes Fädchen verlängert werden. Da aber die Reihen der Ganglienzellen gegeneinander konvergieren, kreuzen sich die Fädchen miteinander; dadurch wird die sogenannte Faserkreuzung hervorge- rufen, wie es schon Heymons für Forficula beschrieben hat. Auch die Ganglienzellen des Mittelstranges laufen in dünne Fäd- chen aus, die größtenteils in dorso-ventraler Richtung gehen, aber auch in die Seitenstränge überbiegen. Die dorso-ventralen Fädchen des Mittelstranges werden ebenfalls von Fasern gekreuzt, die von den Seitensträngen stammen und die beiden Ganglien eines Paares miteinander verbinden. Diese Fasern stellen zusammen die Quercommissuren dar, an deren Bildung sich somit auch der Mittelstrang beteiligt. Die Quercommissuren eines jeden Ganglienpaares sind, wie ge- wöhnlich, zwei und etwas nach vorn in das Ganglion geschoben. Die Längscommissuren werden von den interganglionalen Partien der Seitenstränge geliefert und bieten in ihrer Bildung nichts Be- merkenswertes dar. Die Fasermassen finden sich zuerst an der Dorsalseite der Gan- glien, werden aber später mit Ganglienzellen von den Seiten her be- deckt, wodurch sie zuletzt in den Ganglien wie eingebettet liegen. Im ganzen bilden sich in dem Bauchmarke 17 Gangiienpaare aus, von denen die drei Kieferganglien zum Unterschlundganglion ver- schmelzen. Enibryologische Studien an Insekten. 115 Eine Verschmelzung- trifft auch für das letzte Thoracal- und das erste Abdominalgangiion wie füi' die beiden letzten Abdominalganglien zu, die sich dann mit den drei vorletzten vereinigen. Am Ende der Embryonalzeit sind im Abdomen somit nur sechs der ursprünglichen freien Ganglien vorhanden (Schema I, Fig. Q). 2. Formica, Chr i/somela. Die Bildung des Bauchmarkes erfolgt prinzipiell in der für Eutermes angegebenen Weise und bedarf daher keiner näheren Beschreibung. Im Stadium Fig. F, Schema II, sind die Ganglien bei Formica fertig gebildet. Die drei thoracalen sind nur ein wenig größer als die zehn abdominalen, was vielleicht in der geringen Entwicklung der Extremitäten während der Embryonalzeit zu suchen ist. Wie bei den Termiten treten auch hier Verschmelzungen der Gan- alien ein, indem zuerst die Kieferoanülien, dann auch die drei letzten Abdominalganglien miteinander in eine Masse vereinigt werden (Schema II, Fig. H) Bei Chrysomela trifft dies nur für die Kieferganglien zu, wäh- rend die acht Abdominalgangiien frei bleiben. c. Neurilemme. Die verschiedenen Ansichten über die Entstehung der Neurilemm- zellen sind schon von Heymons (95) dargelegt worden. Selbst konnte Heymons den Ursprung der betreffenden Zellen nicht vollkommen klar beobachten; es scheint ihm jedoch ziemlich sicher, daß sie ecto- dermal sind und daß das äußere Neurilemm wahrscheinlich von Zellen stammt, »welche während der Ablösung der Nevu'oblasten von der dermatogenen Schicht aus der letzteren sich abtrennen« (1. c. 45). Im Prinzip konnte er somit der Auffassung Wheelers (93) gegen Nus- BAUM (83, 86) und Korotneff (85) beitreten. Meine eignen Untersuchungen über dieses Thema haben gelehrt, daß die Neurilemmen bei Eutermes erst nach der Umrollung zum Vor- schein kommen, somit in einem Stadium, wo schon die Punktsubstanz ausgebildet worden ist. Zuerst erscheinen die Neurilemmen an der Dorsalseite der Gan- glien ziemlich gleichzeitig über dem ganzen Embryo, indem es allen Anschein nach Ganglienzellen sind, die miteinander in Verbindung treten und sich etwas von der Ganglienoberfläche aufheben. Die Bildung der Neurilemmen erfolgt dann auch ventral; da sich aber hier schon die Ganglien von der dermatogenen Schicht, Hypodermis, 116 Henrik Striiidberg, o-etrennt haben, ist wohl eine Entstehimo des äußeren Neurilemms in toto oder an der ventralen Seite der Ganglien von Zellen der dermato- genen Schicht als ausgeschlossen zu betrachten. Das äußere Neurilemm scheint somit unzweideutig von den Gan- fflienzellen "eliefert zu werden. Noch viel klarer liegen die Verhältnisse bei der Bildung des inneren Neurilemms, die in einem Stadium erfolgt, wo schon die Fasermassen der Ganglien ganz von Ganglienzellen überdeckt sind. Es können wohl hier nur die in der nächsten Umgebung der Fasermassen liegenden Ganglienzellen bei der Neurilemmenbildung in Betracht kommen. Ob auch die Zellen des Mittelstranges am Aufbau der Neurilemmen teilnehmen oder nicht, habe ich nicht entscheiden können. Dies wurde jedoch von Wheeler (93) behauptet, was etwas fraglich erscheint, da unter den Ganglien des Eingeweidenervensystems das Ganglion frontale ein deutliches äußeres und inneres Neurilemm besitzt. Formica und Chrijso7nela verhalten sich prinzipiell ganz in der für Eutermes beschriebenen Weise. d. Eingeweidenervensystem. Die ersten eingehenden Untersuchungen über die Entwicklung des Eingeweidenervensystems verdanken wir Heymons (95) und Carriere u. Bürger (97), während andre Forscher, wie Heider (89), Wheeler (89, 93) und Carriere (90), sich nur mit der Entstehung des Ganglion frontale und des Nervus recurrens beschäftigt haben. Für die von mir untersuchten „/^-^-r ... '"■'' "* Insektenembryonen liegen noch /'^^Ip- '■."-'■• ';-\ keine Angaben vor. I : . v~r>. '- '•. Die Anlage der unpaaren Gan- ■'■•'.■•.•',•-:" giien und Nerven treten bei den y.. •■::J ■-_■■■ v■::^^i.'•:•■' Termite n, Eutermes, schon vor der MM ^^'^ .,-r'<0Ji~:''^7 '^°"' Umrollung des Embryos auf, indem ^^^^^i^i^^^f^.- . '' • ■■. - in der Dorsalwand des Stomodäums \ -^»"■^""^ . -.' x--.-v.-^''-/.', median drei Einbuchtungen sich ■^'^ N;^-jf^'-' bemerkbar machen (Fig. 35). jijg 35 Speziell von den Einbuchtun- gen aber auch von den zwischen denselben befindlichen Partien des Stomodäalectoderms werden zahl- reiche Ectodermzellen nach innen geschoben und wandeln sich direkt in Ganglienzellen um. Im Stadium Fig. iU, Schema I, finden sich somit zwischen dem Enibiyologisclie Studien an Lasekten. 117 dorsalen Ecto- und Mesoderm des Stomodäums drei kleine Anhäufungen von Ganglienzellen, die mit einander durch eine Schicht von gleich- artigen Zellen verbunden sind. Während der UmroUung werden die Ganglienzellen dorsal von dem Mesoderm des Stomodäums gelagert. Gleichzeitig bilden sich auch die Fasermassen doch noch nur in den beiden vorderen Gan- glienzellanhäufungen aus, die nach beendigter Umrollung miteinander durch einen unpaaren Nerv, den Nervus recurrens, verbunden sind. Das erste Ganglion stellt auch das größte Ganglion des Eingeweide- nervensystems dar und ist als Ganglion frontale zu bezeichnen. Dasselbe befindet sich an der Basis der Oberlippe und gibt nach vorn einige Nervenfasern ab, die nach Holmgren (08) einige clypeale Muskeln innervieren sollen. Lateral steht das Ganglion frontale jederseits mit einem kurzen groben Nerv mit dem Tritocerebrum in Verbindung, wie ich auch für Formica und Chrysomela habe beobachten können. Zuletzt geht auch dorsal ein feiner, unpaarer Nerv zum Gehirn, Protocerebrum, Holmgren, der jedoch erst kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryonen ausgebildet ist (Schema I, Fig. Q). Der letzte Nerv wird bei Formica und Chrysomela vermißt. Der aus der zweiten Einbuchtung entstandene Ganglienknoten stellt das Ganglion oesophagi dar. Die Fasern des Nervus recurrens gehen in das betreffende Ganglion über und setzen sich hinten von demselben fort. Der Nervus recurrens verläuft dann dicht an der ventralen Wand der Aorta cephalica und endigt oberhalb und vor dem Kropf mit einer rundlichen Masse von Ganglienzellen, die von der dritten Ein- buchtung der Stomodäalwand stammt, ,,.•- •*,;;■; x-v^ ■''"'^ und das Ganglion v e n t r i c u 1 a r e re- ' _ . '•' ; :. ^ sfom..-' v'*' ' ' '■■■:'■•,■(?>>>, präsentiert. Nach Holmgren sollen ,./^ '^'-^ PP^B^ von diesem Ganglion aus der Ivropt i x^cr^^^- ^'^^^^i^f' .■.-^^•^^r^.:.^; und Mitteldarm innerviert werden. , _ // : : u . ■ ^ ä?''^^ Das Ganglion ventriculare ist bei P #' V """ Eutermes interessant, indem es kurz ^^^*?r¥*^^'^?5-w '' vor dem Ausschlüpfen der Embryonen '"--^ 'i-üicils^'^; .^ lateral von dem Oesophagus geschoben Fig. 36. wird (Fig. 36, ggLvt). Die drei unpaaren Ganglien des Eingeweidenervensystems werden allmählich voneinander entfernt, was w^ahrscheinlich durch das Längen- wachstum des Vorderdarmes bedingt ist. 118 Henrik Strindberg, Die paarigen Ganglien des Eingeweidenervensystems sind bei Eutermes nur von den Ganglia posteer ebralia repräsentiert, deren Anlagen gleichzeitig mit denjenigen der oben genannten Ganglien differenziert werden. Sie stellen zwei kleine rundliche Anhäufungen von hellen Zellen, die lateral im Ectoderm des Stomodäums unmittelbar vor den Sub- oesophagealkörpern entstanden, dar. Später werden sie von dem Stomodäum abgelöst, nehmen an Große zu und gelangen nach der Umrollung an die ventralen Wände der Cölomsäckchen des Antennensegmentes. Hier bilden sie Punktsubstanz aus und senden, wie es scheint, jederseits einen kurzen Nerv in das Protocerebrum hinein, wie es schon HoLMGREN (08) gegen Hofer, Viallanes und Janet hervorgehoben hat. Nach HoLMGREN sollen weiter die Ganglia postcerebralia den vorderen Teil der Aorta innervieren und dicht vor den Corpora allata, Suboesophagealkörper, liegen, mit denen sie in unmittelbarem Zusam- menhang stehen. Aus der hier oben gegebenen Darstellung geht hervor, daß das Eingeweidenervensystem bei Eutermes ziemlich einfach gebaut ist, indem mit Ausnahme von den Ganglia postcerebralia sämtliche Gan- glien unpaar sind, wie es schon Holmgren bei den vollgebildeten Termiten beobachtet hat. Das betreffende Nervensystem erinnert am meisten an dasjenige der Blattiden, Heymons (95). Der genannte Forscher hat eine aus- führliche Darstellung über die Entwicklung des Eingeweidenerven- systems bei den Dermaptera und Orthoptera geliefert, deren Eesultate hier zum Vergleich schematisch wiedert>eu;eben sind. Aiisstülpung (Einstülpung) Eutermes Periplii neta Phißlndromia Ectohia Gryllotalpa Gnjlla.'s Forjicula Nr. 1. Ggln. frontale iGgln. frontale (^(igln. occipitale Nr. 2. Ggln. oesophagi (Ggla. postcerebralia) Ggln. occipitale Ggla. pliaryngea Ggln. occipitale Ggla. pharjTigea Nr. 3. Ggln. ventriculare Ggln. splachnicum. Ggla. splachnica. Nervi splachnici. Außerdem sind ja auch bei Eutermes die Ganglia postcerebralia vorhanden, können aber nicht gut in das Schema eingerückt werden, da sie sich nicht durch eine Einbuchtunü: der ectodermalen Stomo- Embryologische Studien an Insekten. 119 däalwand differenzieren. Da aber die Ganglia pharyngea, die nur bei den Blattiden und Forficula vorkommen, ebenfalls paarig sind und dicht an dem Ganglion oesophagi = occipitale entstehen sollen, sind sie vielleicht mit den Ganglia postcerebralia identisch. Aus dem Schema geht weiter hervor, daß das Ganglion frontale immer durch die erste Einbuchtung gebildet wird und bei Forficula auch das Ganglion occipitale, das jedoch wohl ganz dieselbe Bildung wie das Ganglion oesophagi bei Eutermes repräsentiert, da es bei allen Orthopteren auch aus der zweiten Einbuchtung hervorgeht und immer unpaar ist. Zuletzt sind auch die von der dritten Einbuchtung entstandenen Ganglien zu besprechen, die teils paarig, teils unpaar gebildet werden. Da sie aber immer auch seitlich abgedrängt werden, •^■^ "^ -"- ist wohl anzunehmen, daß sie überall dieselbe Bildung darstellen, die bei Forficula übrigens als zwei Nerven hervortritt. Das Eingeweidenerven- system der Termiten ist somit allem Anschein nach prinzipiell dasselbe, wie dasjenige, dem wir bei den Blattiden begegnen , ob- schon die Bildungsweise der Ganglia postcerebralia (pharyngea) etwas verschieden verläuft. Fig. 37 stellt eine schematische Darstellung über das Eingeweide- nervensvstem der Termiten dar. y^U/iS. "33' 93"''- Fig. 37. Für die Hymenopteren haben nur Carriere u. Bürger (97) bei Oialicodoma eine Darstellung über die Entwicklung des Eingeweide- nervensystems gegeben. Sie erwähnen ein Ganglion frontale, das in gewöhnlicher Weise entsteht, einen Nervus recurrens und zwei winzige Ganglia pharyngea. Eine kleine Anschwellung des N. recurrens wird als ein Ganglion occipitale aufgefaßt. Die Bildung der letztgenannten Ganglien ist nicht studiert worden. Die Anlage des Ganglion frontale und des N. recurrens erscheint bei Formica als eine rinnenförmige Ausstülpung des dorsalen Stomo- däalectoderms, Stadium Fig. E, Schema II. 120 Henrik Strindberg, Schon im nächsten Stadium wird die Fasermasse differenziert. Nach vorn geht ein ziemlich grober Nerv, der wahrscheinlich mit dem N. m. Slip. ph. a., Janet (99), identisch ist. Nach hinten zieht der ebenfalls unpaare N. recurrens unter der Supraösophagealcommissur und verläuft dicht unter dem Dorsalgefäß, um sich schließlich in dem Abdomen zu verlieren. Die hinter der Com- missur gelegene Partie des Nervus ist als N. dorsaiis zu bezeichnen und ist wie der N. recurrens mit zahlreichen eingeschalteten Ganglien- zellen versehen. Trotz sorgfältiger Untersuchung habe ich bei den Embryonen weder die Ganglia postcerebralia = Ganglia pharyngea, Caerieee u. Bürger, =^ Ganglions sympaticjues du Cerebrum, Janet, noch ein Ganglion oesophagi sicher auffinden können. Bei den Larven treten dagegen diese Gebilde recht deutlich hervor und befinden sich ganz an den Stellen, wo sie von Janet (99) beschrieben worden sind (Fig. 51 gg^pc). Über die Entwicklung des Eingeweidenervensystems bei den Coleopteren liegen bisher nur wenige und unvollständige Angaben vor. Das Ganglion frontale und der N. recurrens sollen nach Heider (89) bei Hydrophilus durch eine mediane rinnenförmige Einstülpung der Stomo- däalwand entstehen, während Wheeler (89) bei DorypJiora nur das Ganglion frontale erwähnt. Bei Chrysomela treten sowohl Ganglion frontale als auch Ganglion oesophagi in gewöhnlicher Weise auf. Die beiden Anhäufungen von Ganglienzellen liegen anfangs dicht aneinander und sind durch einige Ganglienzellen verbunden, die später den N. recurrens bilden. Wenn das Stomodäum in die Länge wächst, werden die beiden Zellanhäufungen voneinander eine Strecke weit entfernt und bilden an der Unterseite die Punktsubstanz aus. Von dem Ganglion frontale sehen dann nach vorn zum Basalteil der Oberlippe einige Nervenfasern, während andre vom Ganglion oesophagi die Seitenpartien des Stomodäums innervieren. Nach hinten von dem G. oesophagi streckt sich ein langer un- paarer Nerv, der dorsal vom Kropf verläuft und sich weiter nach hinten verliert, ohne gangliöse Anschwellungen zu zeigen. Er stellt den N. dorsaiis dar und besitzt nur wenige Ganglienzellen. Die Ganglia postcerebralia sind vielleicht bei Chrysomela durch zwei kleine Zellanhäufungen am morphologischen Vorderrand des Syncerebrums repräsentiert. Embryologische Studien an Insekten. 121 e. Ganglia allata. Zum Eingeweidenervensystem wurden auch von Heymons (95) die sogenannten Ganglia allata gerechnet. Dieselben sollen den von Hofer (87) bei Peripkmeta als »paarige, hintere Eingeweidegan- glien« bezeichneten Bildungen entsprechen und im ersten M'axillar- segment vor der Basis der Maxillen von dem Ectoderm gebildet werden. Später sind sie von den Tentorialeinstülpungen bis zu den Cölom- säckchen des Antennensegmentes geschoben und legen sich der ven- tralen Wand der späteren Aorta dicht an. Hier treten sie mit den naheliegenden Ganglia pharyngea in Verbindung und verschmelzen noch vor dem Ausschlüpfen der Embryonen miteinander. Die beiden verschmolzenen Ganglia allata unterscheiden sich von den übrigen Ganglien des Eingeweidenervensystems teils durch ihre hellen glänzenden Zellen, teils dadurch, daß sie nie Punktsubstanz entwickeln. Zu ähnlichen Resultaten sind auch später Carriere u. Bürger (97) bei CJicdicodoma gekommen; doch sollen die Ganglia allata hier nicht mit den übrigen Teilen des Eingeweidenervensystems in Verbindung treten. Übrigens wird mit Recht der gangliöse Charakter derselben angezweifelt, da sie ja nie Punktsubstanz bilden. Mit den Ganglia allata zu vergleichende Bildungen habe ich nur bei Formica beobachten können, obschon die Bildungsweise derselben nicht genauer verfolgt wurde. Es ist jedoch hervorzuheben, daß die betreffenden Körper von dem ersten Maxillensegment stammen und in späteren Embryonal- stadien als zwei kleine rundliche Zellhaufen etwas nach hinten von den beiden Enden des tentorialen Querstückes dicht unterhalb der Cölomsäckchen des Antennensegmentes liegen. Wenn die letzteren die Aorta cephalica gebildet haben, sind sie der ventralen Wand derselben angeheftet und haben damit ihre definitive Lage wenigstens embryonal und larval erreicht. An Sagittalschnitten befinden sie sich lateral vom Oesophagus dicht unter der Supraoesophagealcommissur und zeichnen sich durch ihre scharf tingierten Nucleoli von den ähnlichen Ganglienzellen aus. Eine Punktsubstanz wird nicht ausgebildet. Die Ganglia allata entsprechen ganz den von Janet (99) bei Mijr- mica als Corpora incerta 1 (Corpora allata) bezeichneten Bildungen, Die thoracalen Corpora incerta 2, Janet, habe ich bei den von mir untersuchten Ameisen nicht entdecken können. 122 Henrik Strindberg, 2. Endoskelet des Kopfes, a. Tentorium. Die entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen über das Kopf- skelet der Insekten lehren, daß es sich um ectodermale Einstülpungen handelt, wie es schon von Palmen (77), Hatschek (77) und Tichomi- ROFF (79 — 82) gezeigt wurde. Die erste genauere Darstellung verdanken wir aber Heider (89). Nach ihm wird das Tentorium bei Hydrophilus von zwei Paaren sack- förmiger Einstülpvingen gebildet, von denen das erste am kräftigsten ausgebildet ist und zwischen dem Antennen- und Mandibelseoment mündet. Die beiden vorderen Einstülpungen strecken sich nach hinten dicht oberhalb des Mandibularganglions, wo sie mit ihren blinden Enden verlöten, um die über dem Mandibularganglion liegende Trans- versalspange, Chitinmembran, Heider, zu bilden. Von den beiden vorderen Einstülpungen wird auch jederseits ventral von dem Ober- schlundganglion, morphologisch dorsal, ein Divertikel gebildet. Das zweite Paar der Einstülpungen befindet sich an der Grenze des ersten und zweiten Maxillarsegmentes. Auch hier wachsen die Einstülpungen gegeneinander und werden später mit den vorderen zu einer Bildung vereinigt. Prinzipiell in derselben Weise wird das Tentorium nach Heymons (95) bei Forficula, Gryllus und Peri'planeta, und nach Carriere u. Bürger (97) bei Chalicodoma gebildet. Nach Wheeler (89) sollen dagegen bei DorypJiora fünf Paare von Einstülpungen das Tentorium aufbauen, von denen zwei vor dem Antennensegment, die drei übrigen im Antennen-, Mandibel- und ersten Maxillensegment vor der Extremi- tetenbasis der betr. Segmente münden. Dies ist aber nicht für andre Chrysomeliden bestätigt worden. Bei Eulermes erscheint die Anlage des Tentoriums vor der Um- rollung als zwei Paar von ectodermalen Einstülpungen, die nach be- endigter Umi'ollung, (Stadium Fig. 0, Schema I), mit ihren blinden Enden verwachsen. Das erste Paar entsteht am vorderen oberen Rand der Mandibel jederseits als eine schmale wagerechte Einstülpung, deren blindes Ende in zwei Hörner ausläuft. Von diesen ist das eine nach unten gerichtet, biegt nach hinten um und weitet sich in der Nähe der Suboesophageal- commissur etwas blasenförmig aus. Von der Erweiterung geht jederseits ein wagerechtes Divertikel Embryologische iStuclien an Insekten. 123 gegen die Medianlinie und wird mit seinem Visavis unterhalb der Suboesophagealcommissur verlötet. In dieser Weise wird ein Querstück gebildet, dessen Zellen durch die dunkel gefärbten Kerne ausgezeichnet sind und im Sagittalschnitt ventral im Winkel zwischen dem Suboesophagealganglion und der Schlundcommissur zu finden ist. Nach hinten von dem Querstück setzen sich die beiden Einstül- pungen bis zum Hinterrand der Mandibel fort, um hier wieder median miteinander in Verbindung zu treten. Das zweite Querstück ist mit einem sehr engen Lumen versehen und befindet sich ebenfalls im Winkel zwischen dem Suboesophagealganglion und der Schlundcom- missur aber oberhalb der letzteren. Die beiden vorderen Einstülpungen des Tentoriums stehen somit zweimal miteinander durch Querstücke in Verbindung, von denen das eine unterhalb, das andre oberhalb der Schlundcommissur verläuft. Das letzte ist wenig stark entwickelt und entspricht der Lage gemäß dem einzigen Querstück übriger Lisekten. Das zweite Paar der Tentorialeinstülpungen mündet am hinteren oberen Eand der ersten Maxillen. Auch hier ist jederseits die Einstülpung wagerecht und streckt sich median, um dann nach vorn zu biegen und mit den lateralen Teilen des zweiten Querstückes verlötet zu werden. Das Tentorium entsteht somit bei Eutermes, wie es meistens em- bryologisch nachgewiesen ist, aus zwei Paar von Ectodermeinstül- pungen, die mit einander in Verbindung treten. Doch ist bei Eutermes der Bau des Tentoriums insofern ein komplizierterer, daß ja hier ein zweites Querstück der ersten Einstülpungen gebildet wird. Dafür spricht auch die Untersuchung Holmgrens (08) über den Bau des Tentoriums bei Imagines von Eutermes chaquimayensis, obschon es sich hier um vier Paar Einstülpungen, Furcabildungen, handeln soll. Die erste Einstülpung ist fadenförmig und geht von der Grenze zwischen dem Proto- und Deutocerebralsegment aus. Die zweite entsteht medialwärts vom Mandibelcondyl, umfaßt das Tentorialloch und streckt sich zum hinteren Rande der »Lamina basilaris«. Median wird sie mit der Einstülpung der andern Seite verlötet. Die dritte befindet sich vor der Antennenwurzel und wird bald mit der zweiten Einstülpung ventral von der Schlundcommissur ver- einigt. Die vierte soll wahrscheinlich aus zwei hervoraehen und mündet 124 Henrik Strindberg, an der Grenze zwischen dem Mandibular-, Maxillar- imd Labialsegment. Sie verlötet sich medial mit der zweiten Einstülpung, setzt sich nach vorn fort und bildet die vordere Begrenzuno; des Tentorialloches. Versuchen wir eine Homologisierung zwi- schen den Einstülpun- gen des embryonalen und postembryonalen Tentoriums, so ergibt sich folgendes : Die erste Einstülpung der Embryonen entspricht wahrscheinlich der zwei- ten und dritten Einstül- pung der Imagines, da sie ja ganz dieselben Teile des Tentoriums lie- fern und es nicht undenk- bar ist, daß die unpaare Mündung der ersten Ein- stülpung der Embryo- nen postembryonal in zwei zerlegt wird. Die zweite Einstül- pung der Embryonen ist ohne Zweifel der vierten der Imagines homolog. Sie gehen beide zuerst oegen die Medianlinie und werden dann mit der ersten bzw. zweiten Ein- stülpung verlötet. Auch hier wird wohl die un- paare Mündung der Em- bryonen postembryonal in zwei zerlegt, oder es entstellt postembryonal Fig. 39. noch eine Einstülpung. Fig. 38. fenf Embryologische Studien an Insekten. 125 Die erste Einstülpung der Imagines stellt sodann eine Neubil- dung dar. F ormica. Bei Formica ist die vordere Anlage des Tentoriums durch zwei englumige Einstülpungen repräsentiert, die der Kopfstellung gemäß senkrecht gestellt sind und morphologisch unmittelbar hinter den winzigen knospenförmigen Antennen münden. Die beiden blinden Enden der Einstülpungen sind blasenartig erweitert, strecken sich aber bald in die Länge und werden ventral von der Stomodäaleinstülpung miteinander verlötet. Das Stomodäum wird somit von der vorderen Tentorialbildung U-förmig umfaßt und das Querstück befindet sich in diesem Stadium hinter dem Mandibelganglion (Fig. 38, tent). Wenn aber später die Ganglienkette zwischen den Subocsophageal- und Thoracalganglien die starke Einknickung erfährt, wird das Sub- oesophagealganglion um das Querstück gedreht, das somit vor dem- selben zu liegen kommt. Durch die gleichzeitig folgende Lageveränderung des Kopfes wird auch die ursprünglich senkrechte Stellung der vorderen Tentorial- einstülpungen eine nahezu wagerechte (Fig. 39, tent). Die hintere Tentorialanlage erscheint etwas früher als die vordere am vorderen oberen Rand der ersten Maxillen, und streckt sich von da an als zwei englumige Rohre gegen die Medianlinie. Die Rohre bieoen dann nach hinten um und endigen mit einer blasenförmi2;en Erweiterung morphologisch etwas hinten von den Cölomsäckchen des Antennensegmentes. Durch die oben erwähnte Lageveränderung des Kopfes wird auch die hintere Tentorialanlage umoele 3. Maxillarsegment » 4. Labialsegment » Die nach der sekundären Segmentierung des Kopfes entstandenen Segmente entsprechen völlig den von Holmgren (08) bei Eutermes chaquimayensis gefundenen. b. Mittel- und Hiutei'kürper. L Mittelkörper. Die Segmentierung des Mittelkörpers bietet bei Eutermes nichts Bemerkenswertes dar. Dageoen soll hier auf die Bilduno- der Cölom- 1 Das Deutocerebralsegment ist allgemein als das zweite Kopfsegment be- trachtet worden. Nur Patten, Wheeler und Carriere u. Bürger halten es für das dritte. 138 Henrik iStrindberg, säckchen näher eingegangen werden, da im Mittelkörper die Vorgänge sehr viel deutlicher als im Kopf verlaufen. Wir finden dann an Querschnitten durch die Segmentplatten des Mittelkörpers, daß die Zellen der Ursegmente in zwei voneinander hier und da gut abgegrenzten Schichten geordnet sind. Die innere Schicht ist von kleineren Zellen mit länglichen hellen Kernen aufgebaut und stellt das Entoderm dar, das sich somit gut von den nach außen liegenden Mesodermzellen unterscheiden läßt (Fig. 42, ent u. mes). In einem etwas späteren Stadium werden die beiden Hälften der Mesodermplatten lateral gelagert, obschon gleichwohl die Verbindung derselben in der Medianlinie anfangs nicht unterbrochen wird, Die Verbindung geht aber alsbald verloren. Das Schicksal der medianen Zellen habe ich nicht bestimmt verfoloen können. Es scheint jedoch, als ob wenigstens ein Teil derselben einer lateralen Verlagerung unterworfen wäre, während andre wahrscheinlich zu Blutzellen werden. €j^\;"' . „ ^4iSJß^.^^-'-''^':-:i'%0M^- ' .■S'^< .' ...c-J. .-e^ "" -üi mes. eM ; J 0 /, '.^ enfz. ■mes. ■ Fig. 42. Fig. 4.3. Man bemerkt wenigstens, daß einige der betreffenden Zellen wie auf- gelockert werden und in die Spalte zwischen Embryonalkörper und Dottermasse geraten. Für diese letztere Ansicht spricht sich auch Heymons (95) aus. In demselben Stadium wölben sich die Extremitätenanlagen wie die Seitenteile der Ectodermsegmente buckelartig hervor und werden dabei von der Mesodermschicht der Ursegmentplatten ausgekleidet (Fig. 43). Durch Einkrümmen der freien Ränder der Mesodermpartien werden die Ursegmenthöhlen in derselben Weise gebildet, wie es Hey- mons (95 u. 97) für die Blattiden und Apterygoten, Lepisma, beschrie- ben hat. 2. Hinterkörper. Die Segmentierung des Hinterkörpers ist im Stadium Fig. M, Schema I, beendigt. Wir finden dann hier zwölf Segmente, von Embryologische Studien an Insekten. 139 denen das letzte die Analöffnung trägt und daher mit Heymons als Analsegment, Telson, zn bezeichnen ist. Das Analsegment ist reichlich mit Mesoderm versehen, das jedoch größtenteils zur mesodermalen Hülle des Hinterdarmes aufgebraucht wird. Wenn wir die übrigen Segmente des Hinterkörpers studieren, ergibt sich, daß die Cölomsäckchen in derselben Weise wie im Mittel- körper gebildet werden und daß sie alle mit wohl entwickelten Höhlen versehen sind. Es ist dies eine interessante Tatsache, indem allgemein nur elf Segmente im Hinterkörper der Insekten angenommen werden, von denen das letzte die Mündung des Proctodäums und zwei kleine Meso- dermanhäufungen ohne Cölom enthalten soll. Gegen diese allgemeine Auffassung hat aber schon Heymons (95) hervorgehoben, daß bei den Dermaptera und Orthoptera hinter dem elften Segment des Hinterkörpers sich ein zwölftes, Ursegmente und Extremitäten entbehrendes Segment befindet, das als Analsegment (Telson der Crustaceen) bezeichnet worden ist, während das elfte Seg- ment zwar Mesoderm enthält, für gewöhnlich aber ein Cölomsäckchen- paar entbehrt i. Eine Ausnahme macht nur Phyllodromia, wo ein Cölomsäckchenpaar im elften Segment ausgebildet ist. In dieser Hinsicht stimmt somit Eutermes völlig mit Phyllodromia überein^. Ich glaube, daß das Vorhandensein und die Größe des zwölften Segmentes wie die Cölomsäckchen des elften Segmentes als primäre Eigenschaften der Termiten aufzufassen sind, wenn wir nämlich eine Abstammung der Termiten, Insekten, von mehrgiiedrigeren Vorfahren voraussetzen. Der Grund zur Ausbildung eines Cölomsäckchenpaares im elften Abdominalsegment liegt vielleicht darin, daß dieses Segment möglicher- weise die Cerci trägt. Zwar gibt Holmgren (08) an, daß sie dem zehnten Segment zuzurechnen sind. Er hat jedoch nur Imagines studiert, bei denen die Segmentgrenzen verwischt sind. An älteren Embryonen scheinen sie Anhänge des elften Segmentes zu sein, obschon ich mich nicht bestimmt darüber auszusprechen wage. Übrigens hat Heymons (95) feststellen können, daß die Cerci zu 1 Auch die neu entdeckten Myrientomata, Silvestri, sollen zwölf wohl aus- gebildete Abdominalsegmente besitzen. 2 Von Holmgren (08) wurde das Fehlen der Cölomsäckchen des elften Abdominalsegmentes angegeben. 140 Henrik Strindberg, dem elften Segment bei den Dermapteren und Ortliopteren gehören, ob- schon nur bei Phyllodromia ein Cölomsäckchenpaar in demselben Segment entwickelt ist. Dem Termitenembryo kommen somit im ganzen 21 Segmente zu; von ihnen sind im Abdomen elf mit einem Cölomsäckchen- und einem Ganglienpaar versehen, während das letzte, Analsegment, nur undiffe- renziertes Mesoderm enthält und ein Ganglienpaar entbehrt. Das Ganglienpaar des elften Segmentes ist nur wenig entwickelt und wird nach Holmgken (08) gegen Ende der Embryonalzeit rück- gebildet. Ich habe diese Angabe Holmgrens nur bestätigen können, mit der Modifikation jedoch, daß das Ganglienpaar des elften Abdo- minalsegmentes nicht eigentlich rückgebildet wird, sondern sich nur mit den Ganglien der Abdominalsegmente 10, 9, 8 und 7 in einer Masse vereinigt. 2. F ormica. Wie schon oben beschrieben wurde, wird bei Formica das untere Blatt durch Versenkung und Abschnürung eines Medianfeldes der Keim- scheibe gebildet. Das dadurch in dem unteren Blatte entstandene Lumen geht alsbald verloren, ohne später wieder zum Vorschein zu kommen. Nach Beendigung der frühzeitig beginnenden Differenzierung des unteren Blattes fängt das Mesoderm an, sich im Spaltraum zwischen dem Ectoderm des Embryos und dem fertig gebildeten Mitteldarm- epithel lateral zu yerbreiten. Währenddessen ordnen sich die Zellen des Mesoderms in zwei Schichten, die lateral ineinander übergehen. In diesem Stadium beginnt die Segmentierung, die prinzipiell in derselben Weise wie bei Eutermes verläuft i. Die Zahl der Mesoderm- segmente aber beträgt bei Formica im ganzen nur 19, von denen das erste auf das Deutocerebralsegment, das letzte auf das elfte Abdominal- segment kommt. Die Bildung der Cölomsäckchen erfolgt in etwas andrer Weise als bei Eutermes. Wir finden somit, wie schon oben erwähnt wmde, daß das Meso- derm und also auch die späteren Mesodermsegmente zweischichtig ge- worden sind (Fig. 44, mes). Die Spalte zwischen den beiden Schichten tritt nicht scharf hervor, läßt sich aber mit Immersionssystemen gut entdecken. Soweit meine 1 Nach Carrieke u. Bürger (97) soll bei Chalicodoma das Mesoderm schon bei der Versenkung des Medianfeldes der Keimscheibe segmentiert werden. Erabrvologische Studien an Insekten. 141 ••'S') ^,^- ^l-- Beobachtungen ausreichen, stellt jedoch die Spalte nicht das wieder auftauchende Lumen des unteren Blattes dar, bildet aber etwas später lateral die Höhlen der Cölomsäckchen. In folgendem Stadium schwinden die Zellen der Innenschicht der Mesodermsegmente median. Sie werden zuerst blasenförmig aufge- trieben, erhalten rötlich gefärbte Einschlüsse und geraten zuletzt in den spaltenförmigen Hohlraum zwischen dem Mesodermsegment und dem Mitteldarmepithel, wo sie degenerieren und zugrunde gehen. Auch in den übrigen Teilen der inneren Mesodermschicht sind solche degenerierende Zellen einzeln zu sehen. In der oben beschriebenen Weise wna das Mesodermsegment median einschichtig ; lateral dagegen sind wie vorher zwei Schichten vor- handen, von denen jedoch die innere ein Plattenepithel bildet, während die äußere '"■\^ von kubischen Zel- '"^x ,,^.:,. ,>frf'^^' len aufgebaut ist (Fig. 44).' Das Plattenepi- thel wird aber bald ebenfalls in ein ku- bisches verwandelt. Gleichzeitig machen sich einige Verände- rungen in den Late- ralpartien der Meso- dermsegmente be- merkbar, indem die innere Schicht dersel- ben in eine mediane und eine laterale Par- tie gespaltet wird, die sich voneinander los- machen. Die laterale Partie wächst mit freiem Rande etwas nach der Median- linie oberhalb der Medianpartie, die ihrerseits lateral hervordringt und mit dem freien äußeren Rande an die vorherige Übergangsstelle der beiden Schichten der Mesodermsegmente stößt und verlötet w^ird, während der Innenrand bis zur Medianlinie des Embryos hervordringt. Flg. 44. ^:' i. :. Fig. 45. 142 Henrik Strindberg, Fig. 46. Fig. 48. Fig. 49. Die oben erwähnte Spalte weitet sich aus und stellt von nun an eine deut- liche Ursegmenthöhle dar, die seitlich dorsal von zwei übereinander gelagerten Zellschichten begrenzt wird (Fig. 45). Cölomsäckchen werden in denselben Segmenten wie bei Eutermes vermißt. Zwischen den Säckchen eines Paares sind in der Me- dianlinie keine Mesoderm- zellen mehr zu sehen. Sie sind alle degeneriert und zugrunde gegangen. Viel- leicht werden einige dersel- ben wie bei Eutermes in Bhitzellen verwandelt. Die Gesamtzahl der Seo;mente beträgt bei For- mica 20, von denen niu" das letzte ein Ganglienpaar entbehrt. 3. Chrysomela. Die Segmentierung und Bildung der Cölomsäckchen bietet bei Chrysomela nichts Bemerkenswertes dar, son- dern stimmt prinzipiell mit denselben Vorgängen bei Eutermes und For mica über- ein. Fig. 46 — 49 stellen verschiedene Stadien der Bildung der Cölomsäckchen bei Chrysomela dar. Eine Segmentierung des Mesoderms tritt erst Embryologische Studien an Insekten. 143 nach der Differenzierung des unteren Blattes ein, dagegen nicht vor der Entstehung desselben, wie es Heider (89) für Hydrophüus ange- geben hat. Dagegen macht sich sehr frühzeitig eine Zerlegung des Embryos in Kopf, Mittel- und Hinterkörper bemerkbar. Im ganzen sind bei Chrysomela 18 Segmente vorhanden, von denen das letzte, Analsegment, wie gewöhnlich ein Ganglienpaar entbehrt und nur undifferenziertes Mesoderm enthält. Cölomsäckchen werden außerdem im Tritocerebralsegment vermißt. Die Existenz eines Tritocerebralsegmentes, Vorkiefersegmentes, wurde von Heider (89) bei Hydrophüus verneint. (Allgemeines über die Segmentierung und die Bildung der Cölomsäckchen.) Über das zeitliche Auftreten der Segmentierung im unteren Blatte sind zwei verschiedene Auffassungen ausgesprochen worden. "Wie oben erwähnt wm-de, geben Carriere u. Bürger (97) für Chalicodoma und Kowalewsky (71) und Heider (89) für HydropJiilus an, daß die Segmentgrenzen schon vor dem Losmachen des unteren Blattes in demselben zum Ausdruck kommen, was ich bei den von mir untersuchten Insekten nicht habe bestätigen können. Wenn das untere Blatt von dem Ectoderm abgeschnürt und in Meso- und Entoderm differenziert ist, beginnt die Segmentierung, in- dem das Mesoderm von vorn nach hinten in Segmente zerlegt wird, wie es scheint etwas früher als sich die Segmentgrenzen im Ectoderm bemerkbar machen. Ob auch das Entoderm segmentiert wird, habe ich nicht entscheiden können; ich halte es jedoch für unwahrscheinlich, da ich nichts der- artiges beobachtet habe. Die Segmentierung ist von Anfang an definitiv, d. h. es werden keine primären Hauptabschnitte, Macrosomiten, gebildet, die dann sekundär in die definitiven zerlegt werden. Eine primäre Segmentierung wird jedoch von Ayers (84) bei Oecanthus, Graber (88 u. 90) bei Lima und Stenohothrus und Nus- BAUM (89) bei Meloe angegeben, was jedoch durch spätere Unter- suchungen von Heider (89) bei Hydrophüus, Heymons (95) bei den Dermaptera und Orthoptera nicht bestätigt werden konnte. Von einer primären Segmentierung müssen wir natürlich diejenigen Fälle unterscheiden, wo die drei Körperabschnitte sehr früh vonein- ander abgegrenzt werden, wie es für Chrysomela oben erwähnt wm'de. Es scheint, als ob die von Koulaguine (92) für Platygaster ange- gebene primäre Segmentierung sich auf ähnliches beziehen ließe. 144 Henrik Strindberg, Eine Ausnahme von der Regel macht nur der Kopf abschnitt bei den von mir untersuchten Insekten, indem das primäre Kopflappensegment sekundär in die drei Cerebralsegmente zerlegt wird. Von den Cerebralsegmenten ist das Tritocerebralsegment gewisser- maßen rudimentär, da hier Cölomsäckchen vermißt werden, und das Mesoderm nur zwei Zellanhäufungen bildet. Bei den Pterygoten ent- behrt dasselbe auch der Extremitäten, während bei den Apterygoten Extremitätenanlagen an dem Tritocerebralsegment embryonal auf- treten, Wheeler (93), FoLSOM (1900), oder auch postembryonal bei- behalten werden, Uzel (97). Von besonderem Interesse ist, daß das Stomodäum und die Ober- lippe nach den anatomischen Untersuchungen von Holmgren (08) von dem Tritocerebralganglienpaare aus innerviert werden. Wir sind daher berechtigt, Stomodäum und Oberlippe als tritocerebrale Bildungen auf- zufassen, dagegen nicht als protocerebrale, wie im allgemeinen ange- nommen wird. Ich habe ja auch embryologisch nachweisen können, daß die betreffenden Bildungen wenigstens nicht zu dem Protocerebral- segment gehören. Betreffs der Anlage der Oberlippe soll dieselbe nach den Angaben früherer Forscher unpaarig sein, während andre sich für eine paarige Anlage derselben aussprechen. Es scheint mir aber, als ob beide Möglichkeiten nicht ausge- schlossen wären, indem ich, wie Holmgren (08), bei den Termiten sicher eine unpaare Anlage der Oberlippe gefunden habe, während bei den Ameisen die Oberlippe schon frühzeitig an der Spitze eine tiefe Einkerbung erhält, was vielleicht auf das Entstehen aus einer paarigen Anlage hindeutet. Bekanntlich betrachtet Carriere (90) die Oberlippe als das ver- schmolzene Extremitätenpaar des ersten Cerebralsegmentes, eine Auf- fassung, die nicht von Heymons (95) geteilt wird, da die Oberlippe zwischen den Hälften des Nervensystems entsteht. Wenn wir auch diese Einwendung Heymons nicht unbedingt zu akzeptieren brauchen, da es sich wohl um sekundäre Verschiebungen der eventuellen Gliedmaßen handeln kann, will ich hier darauf auf- merksam machen, daß die Innervierung der Oberlippe von den Trito- cerebralganglien bei den von mir untersuchten Insekten sehr leicht zu verfolgen ist, und daß weiter die Oberlippe nicht als das Glied- maßenpaar des Tritocerebralsegmentes betrachtet werden kann, da- bei mehreren Apterygoten das betreffende Segment wirkliche Extremi- täten träfit. Embryologische Studien an Insekten. 145 Soweit ich habe beobachten können, läßt sich die Höhle der Cölom- säckchen bei Formica, Camponotus und Chrysomela nicht auf das Lumen des unteren Blattes zurückführen, wie es Carriere (90) für ChaUcodoma und Heider (89) für Hydrophilus meinen. Die Schwierigkeit, diese Frage zu entscheiden, wird aber etwas geringer, wenn wir uns der Tatsache erinnern, daß die Bildung der Cölomsäckchen bei Eutermes in einer andern Weise als bei den oben erwähnten Insekten erfolgt, und daß somit bei Eutermes das Lumen der Cölomsäckchen nicht von dem Lumen des unteren Blattes her- geleitet werden kann. Ebenfalls ist darauf aufmerksam zu machen, daß bei den Ter- miten ein Lumen des unteren Blattes vermißt wird, indem sich hier das untere Blatt durch Immigration bildet. Die Möglichkeit ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß ein Lumen in der Tat vorhanden ist, aber latent wird und bei der Bildung des Lumens der Cölomsäckchen keine Rolle spielt, indem ja dieselbe durch Einkrümmung der freien Ränder der Mesodermplatten erfolgt. Ich glaube daher mit Graber (90) und Heymons (95) aus- drücken zu können, daß eine Entstehung des Cöloms bei den Insekten von dem Lumen des unteren Blattes sehr fraglich erscheint. 2. Gefäßsystem. Dorsalgefäß. Über die Entstehung des Dorsalgefäßes ist nicht viel zu sagen, da es nach dem zuerst von Korotneff (83) für Gryllotalpa gegebenen Schema entwickelt wird. Da aber noch keine Angaben für die von mir untersuchten In- sekten in der Literatur vorliegen, soll hier die Entwicklung desselben eine kurze Beschreibung finden. Eutermes. Bei Eutermes werden die Cardioblasten zur Zeit der Umrollunö: in den dorsalen Wänden der Ursegmente differenziert und unterscheiden sich von den übrigen Mesodermzellen diuch hellere Kerne und eine größere Menge von Plasma. Während der weiteren Entwicklung krümmen sich die Cardio- blasten etwas halbmondförmig ein und bilden jederseits die untere Begrenzung der lateralen Blutlacunen, deren Wände übrigens nach außen von der provisorischen Rückenliülle, dem früheren Amnion, Zeitscluift f. wisseiiseh. Zoologie. CVI. Bd. XO 146 Henrik Strindberg, nach innen von einem plasmatischen Fortsatz des Mitteldarmepithels gebildet werden (Fig. 60, blk, am). Wenn in den folgenden Stadien die Körperränder zum definitiven Rückenverschluß dorsal wachsen, werden auch die beiden lateralen Blutlacunen in der dorsalen Medianlinie miteinander vereinigt und bilden in dieser Weise das Lumen des Dorsalgefäßes, dessen Wände von den sich begegnenden Cardioblastenreihen allein aufgebaut werden. Gleichzeitig rücken auch die dorsalen Abschnitte der Cölomsäck- chen empor, verlöten median unterhalb des Dorsalgefäßes und stellen zusammen das Pericardialseptum dar. In dem letzteren differenzieren sich kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryonen spärliche Muskel- fasern, die die Flügelmuskulatur repräsentieren. Seitengefäße des Dorsalgefäßes habe ich ebensowenig wie Holm- GREN (08) beobachten können. 5^ F ormica. Die Cardioblasten sind wie bei Eutermes durch helle Kerne und reichliches Plasma ausgezeichnet; dagegen krümmen sich die Cardio- blastenreihen nicht halb- mondförmig ein, sondern stel- len im Querschnitt ein rund- liches Zellklümpchen dar, das die lateralen Blutlacunen unten begrenzt. Die letz- teren stehen miteinander dorsal in unmittelbarer Ver- bindung und bilden somit zusammen einen hufeisen- förmigen Blutsinus, dessen Außenwand von der provi- sorischen Rückenhülle, des- sen Innenwand größtenteils von dem schon fertig ge- bildeten Mitteldarmepithel repräsentiert wird (Fig. 50, cbl, Fig. 63). Wenn die definitiven Körperränder dorsal zu wachsen beginnen, nehmen die Cardioblasten eine länoliche Form an und werden über- einander geordnet. Das Dorsalgefäß und das Pericardialseptum bilden sich übrigens in der für Eutermes angegebenen Weise. Das Lumen des Gefäßes ist im Thorax rundlich, im Abdomen /O-^ Fig. 50. Embryologische Studien an Insekten. 147 abgeplattet und in den letzten Stadien der Embryonalentwicklung mit degenerierenden Zellen gefüllt, die von der provisorischen Rücken- hülle stammen, wie ich es näher im Kapitel über die Embryonalhüllen behandelt habe. Das Dorsalgefäß öffnet sich von oben her in die Aorta cephalica. Chrysomela. Wie bei Formica sind hier die Cardioblasten zuerst rundlich und werden erst später in die Länge gestreckt. Die lateralen Blutlacunen sind ganz von Dotterballen eingenommen und werden erst, wenn die Cardioblastenreihen einander dorsal begegnen und mit den oberen Rändern verlöten, von diesen letzteren befreit. Dabei werden die zwischen den Cardioblastenreihen noch befindlichen Dotterballen nach unten gedrängt. Übrigens bietet die Entwicklung des Dorsalgefäßes bei Chrysomela nichts Bemerkenswertes dar, sondern erfolgt prinzipiell nach dem oben beschriebenen Schema. Aorta. Die Entwicklung der Aorta cephalica soll hier speziell für Eutennes und Formica beschrieben werden, da hier die Verhältnisse besond^'s klar liegen und bei Chrysomela prinzipiell dieselben wie bei Eutermes und Formica sind. Eutermes. Die Aorta cephalica wird hier, wie es Heymons f ür die Orthoptera und Dermaptera beobachtet hat, ganz aus den Cölomsäckchen des Antennenseomentes gebildet. Dieselben strecken sich beträchtlich in cephalo-caudaler Richtung und werden gleichzeitig dorsal ge- schoben. Die verdünnten Wände der Cölomsäckchen verhalten sich dabei verschieden (Fig. 20, acoel). Vorn werden die Außenwände einfach aufgelöst, während dagegen die Innenwände sich nähern, und mit den Rändern verlöten, um eine rohrförmige Bildung, die Aorta cephalica, aufzubauen. Hinten werden dagegen die Außenwände beibehalten und die Innenwände tragen hier nicht in derselben Weise zur Bildung der Aorta bei, indem sie den Oesophagus zwischen sich fassen. Die Aorta befindet sich dorsal vom Oesophagus und liegt dem Nervus zwischen dem Ganglion oesophagi und ventriculi auf. Nach 10* 148 Henrik Strindberg, vorn reicht sie bis zum hinteren Eand des Syncerebrums und steht hier mit dem Raum unterhalb desselben in offener Kommuni- kation, F ormica. Wie bei Eutermes werden die Cölomsäckchen des Antennenseg- mentes allmählich in zwei dünnwandige Bildungen umgewandelt, deren Lumen an Querschnitten die Form eines Dreiecks besitzt. In den folgenden Stadien werden die Außenwände der Säckchen aufgelöst, während gleichzeitig ff^ die Innenwände sich halbmond- förmig einkrümmen und seitlich das Stomodäum umfassen. Dann erfolgt die Verlötung der Ränder der Innenwände dorsal und ven- tral vom Stomodäum, das somit in ein Rohr eingeschlossen wird, das die Aorta cephalica re- präsentiert. Hier nimmt das Stomodäum eine exzentrische Lage ein und liegt der ventralen Wand der Aorta dicht an, wodurch das Lumen derselben halbmondförmig erscheint (Fig. 51, ao). 3. Paracardialer Zellstrang. Unter diesem Namen ist eine zuerst von Heymons (95) bei Forfi- cula beobachtete, streng segmentale Bildung beschrieben, die lateral von dem Dorsalgefäß gelegen 4^£^ ist und aus der Mitte des ven- tralen Teils der somatischen Ur- segment wände stammen soll. Der paracardiale Zell- strang ist somit mesodermal und zeichnet sich durch die Größe der Zellen und die hel- len Kerne derselben aus. Er sich noch bei erwachsenen Tieren, tritt aber dann nicht so Fig. 52. findet deutlich hervor. Später haben auch Carriere u. Bürger (97) bei Chalicodoma wie ich bei den Ameisen ganz dieselbe Bildung wiederfinden und die Ent- stehungsweise derselben bestätigen können (Fig. 52, ])z). Enibryologische Studien an Insekten. 149 4. Suboesophagealkörper. Der Suboesophagealkörper ist eine unter den Insekten ziemlich allgemeine Bildung und u. a. von Wheeler (93), Heymons (95), Schwarze (99) und Schwangart (04) bei verschiedenen Insekten- ordnungen beschrieben. Nach Heymons scheint der Körper vorzugsweise ein embryonales Organ zu sein, das später zugrunde geht und somit nicht bei den voll- ausgebildeten Insekten vorkommt. Die Larven von Gri/Uus und den Blattiden sollen jedoch eine Ausnahme machen, während Holm- CxREN (08) den Suboesophagealkörper zumal bei den Geschlechtstieren der Termiten gefunden hat, wie später gezeigt wird. Betreffs der Entstehung des Suboesophagealkörpers vermutete schon Wheeler, daß derselbe von dem Mesoderm des Tritocerebral-, Para- glossensegments, stamme, was später von Heymons bestätigt wurde. Anderseits sind Nusbaum u. Fulinski (06, 09), die wie Heymons PhjjUodroniia und Gri/lJotnlpa untersuchten, der Meinung, daß der Körper aus der vorderen Entodermanlage hervorgeht ; ähnliches deutet auch Schwangart an. Für Eutermes kann ich nur mit Wheeler und Heymons hervor- heben, daß der Suboesophagealkörper aus dem Mesoderm des Trito- cerebralsegmentes gebildet wird. Die Differenzierung beginnt median und schreitet von da an lateral vor, indem schon im Stadium Fig. L die kleinen dunklen Kerne der Mesodermzellen größer und heller werden. Die definitive Entwicklung des Suboesophagealkörpers während des Embryonallebens tritt erst nach der Umrollung ein. Die Seitenpartien werden stark vergrößert und lappig und stehen durch eine mediane Brücke ventral vom Oesophagus miteinander in Verbindung. In den Seitenpartien treten Vacuolen und große, intensiv gefärbte Ballen auf, die wie in einem hyalinen Plasma eingebettet liegen, da jetzt die Zellgrenzen fast überall verschwunden sind. Ähnliche Veränderungen haben auch Nusbaum u. Fulinski (09) bei GrijUotalpa beobachtet. Die definitive Lage des Suboesophagealkörpers wird erreicht, wenn die Seitenpartien desselben nach oben geschoben werden und dabei sich an die stark verdünnten Wände des Cölomsäckchenpaares des Antennensegmentes von unten her befestigen (Fig. 20, saek). Hier stoßen sie nach vorn an die Ganglia postcerebralia, während sie hinten in der unmittelbaren Nähe der Speicheldrüsen liegen (Fig. 37). Betreffs der physiologischen Bedeutung des Suboesophagealkörpers 150 Henrik Strindberg, glaubt Heymons annehmen zu können, daß der Körper die Aufgabe hat, dem Blute gewisse Stoffe zu entziehen und daß er in dieser Hinsicht die im Kopf fehlenden Pericardialzellen ersetzt. Dafür spricht ja auch die Lage an den Wänden des ersten Cölomsäckchenpaares, das später die Aorta cephalica bildet und das Blut zum Kopfe führt. Vielleicht sind die oben genannten stark tingierten Ballen als solche dem Blut entnommene Stoffe anzusehen. Es ist nun auch bemerkenswert, daß bei den Geschlechtstieren der Termiten, vor allem bei den alten Königinnen, der Suboesophageal- körper enorm entwickelt wird. Die starke Entwicklung desselben steht vermutlich mit der oben erwähnten Funktion im Zusammenhang, da die starke Fütterung der Geschlechtstiere einen stärkeren Stoffwechsel bedingt, wodurch natürlich auch die Excretstoffe an Menge zu- nehmen. Der Suboesophagealkörper ist von Holmgren (08) als Corpora allata bezeichnet; die 'beiden Bildungen sind jedoch unzweideutig identisch, was wohl aus der Lage zwischen den Ganglia postcerebralia und den Speicheldrüsen hervorgeht. Dieselbe Lage der Suboesopha- gealkörper ist auch von Wheeler und Heymons beobachtet worden. Nach Holmgren sind die Corpora allata bei den jungen Ge- schlechtstieren »beinahe kreisrunde Körper, in denen die Zellkerne peripherisch liegen, und in denen die Zellenkörper centralwärts in radiierenden Fädchen ausgezogen sind, welche mit Nervenfasern Ähn- lichkeiten aufweisen« (1. c. 206). Bei der alten Königin sind dagegen die Kerne im Körper zerstreut und die Fäden verdickt. 5. Geschlechtsorgane. Die Entwicklung der Geschlechtsorgane habe ich nur oberflächlich und allein bei den Isoptera studiert, indem durch die starke dorsale Krümmung der Hinterpartie des Ameisen- und Chrysomela-^mbTyos die Anlage der Geschlechtszellen und der Ausführungsgänge der Organe sich einer sicheren Untersuchung entziehen. Der Bau der weiblichen Geschlechtsorgane bei den vollgebildeten Termiten ist zuletzt von Holmgren (08) durch Studien an Leuco- termes tenuis dargelegt worden. Die Ovarien sind wie gewöhnlich unter den Insekten dorsal gelegene langgestreckte Bildungen, die mit dem Pericardium des Dorsalgefäßes verbunden sind. Die Oviducte sind nahezu senkrecht gestellt und münden paarig in die breite Gelenkhaut zwischen der siebenten und achten Sternitplatte. Embryologisclie Studien an Insekten. 151 An derselben Stelle münden aucli eine Samenkapsel und eine dem Genitalapparat Anzurechnende Drüse. Die männlichen Geschlechtsorgane wnrden an Eutermes rotundiceps untersucht. Die Testes sind von einer kleinen Anzahl Testesr öhrchen aufgebaut, die in ihren feinen Spitzenteilen von den entsprechenden Teilen der Ovarialröhrchen nicht unterschieden werden können. Diese Ähnlichkeit zwischen den männlichen und weiblichen Ge- schlechtsdrüsen ist nach Holmgren als eine sehr alte Eigenschaft zu betrachten. Von den Testes leiten die Vasa cleferentia nahezu senkrecht und endigen median in eine gemeinsame Samenblase, die mit einem kurzen Ductus ejaculatorius an der Spitze des Penis mündet. Das letztere Organ findet sich zwischen dem neunten und zehnten Abdominalsternit. Betreffs der Entwicklung der Geschlechtszellen bei den Embry- onen ist von vornherein zu bemerken, daß die Anlage derselben erst während der Umrollung als Verdickungen in einigen der visceralen Cölomsäckchenwände des Abdomens auftritt. Die Geschlechtszellen sind noch nicht von den übrigen meso- dermalen Zellen differenziert. Dies trifft erst nach beendigter Umrollung zu, wobei sie gleichzeitig ihre definitive Ausbildung während des Embryonallebens erreichen. Die späte Differenzierung der Genitalzellen bei den Termiten- embryonen ist besonders gegen die Verhältnisse bei den Dermaptera und Orthoptera hervorzuheben, indem hier die Differenzierung der- selben nach Heymons (95) ungemein frühzeitig zustande kommt und zwar öfters von einer als Geschlechtsgrube bezeichneten Vertiefung am Hinterende der Keimscheibe. Wenn wir Serien von Querschnitten durch einen Embryo nach beendigter Umrollung studieren, finden wir die Cölomsäckchen dorsal geschoben und im ventro-lateralen Teil der Cölomsäckchen des ersten Abdominalsegmentes eine kleine Anhäufung von Zellen, die die vordere Spitze der Geschlechtsorgane repräsentiert. Nach hinten nimmt die Anhäufung an Größe zu und die Zellen derselben ordnen sich radiär. Im fünften bis zum achten Segment des Abdomens bemerken wir außerdem, daß in der Mitte einer jeden Anhäufung sich einige Zellen mit großen hellen Kernen differenziert haben. Diese letzteren Zellen stellen die Geschlechtszellen dar und sind von den umgebenden ge- wöhnlichen Mesodermelementen, die wohl später beim Weibchen das Follikelepithel und beim Männchen die epitheliale Hülle der Hoden- bläschen liefern, gut geschieden (Fig. 60, gz). 152 Henrik Strindberg, Die Geschlechtsdrüsen strecken sich somit in dem Stadium nach der Umrollung von dem ersten bis zum achten Abdominalsegment, obschon nur in den hinteren der betreffenden Segmente Geschlechts- zellen ausgebildet werden. Auch in den intersegmentalen Strecken werden natürlich Geriitalzellen vermißt, wodurch hier die Organe eine verschmälerte Partie aufweisen. Die Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen werden allem An- schein nach aus den Wänden der Cölomsäckchen gebildet, obschon die Entstehung derselben nicht genau beobachtet werden konnte. Nach Heymons (95) sollen es eben die visceralen Wände von einigen der Ursegmente sein, die die Ausführungsgänge liefern. Jedenfalls stellen die Gänge der Geschlechtsdrüsen bei den Ter- miten zwei sehr schmale, solide Stränge dar, die von dem achten Ursegment nach unten scharf umbiegen und sich an ihre definitiven Ausmündungsstellen befestigen, ohne jedoch mit ampullenartigen Bil- dungen zu enden, wie es Wheeler (93) und Heymons (95, 97) für Dermaptera und Orthoptera angegeben haben. Die betreffenden Ampullen sind von den genannten Forschern als Terminalampullen bezeichnet worden und sollen nach Heymons aus den ventralen Partien der Cölomsäckchen für gev/öhnlich sowohl in dem zehnten als in dem siebenten Abdominalsegment hervor- gehen, und die Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen somit ge- gabelt sein. In späteren Embryonalstadien werden beim Weibchen die Am- pullen des zehnten Segmentes nebst dem zugehörigen Stück des Aus- führungsganges, beim Männchen dieselben Teile des siebenten Abdomi- nalsegmentes aufgelöst, wodurch die Gabelung schwindet und die von nun an einfachen Ausführungsgänge in das siebente bzw. zehnte Segment des Abdomens münden. Eine Ausnahme macht nur Forficula, wo die Ausmündungsstelle bei beiden Geschlechtern im zehnten Abdominal- segment liegt. Die Beobachtungen Holmgrens über die Mündungsstellen der Ausführungsgänge bei den Termiten stimmen somit, wenn Forficula ausgenommen wird, gut mit denjenigen Heymons (95) überein. Soweit ich bei den Embryonen habe beobachten können, hat der Ausführungsgang immer denselben Verlauf und endigt in demselben Abdominalsegment, was ja darauf hindeuten sollte, daß eine Differen- zierung in verschiedene Geschlechter nicht embryonal stattfindet oder daß alle untersuchten Embryonen desselben Geschlechtes sind. Im letzteren Fall handelt es sich allem Anschein nach um männliche In- Embryologische Studien an Insekten. 153 dividuen, da ja der Ausführungsgang noch im achten und neunten Abdominalsegment gut zu verfolgen ist. Schon oben wurde erwähnt, daß die Termiten Terminalampullen entbehren. Auch eine Gabelung der Gänge findet nicht statt, wodurch sich die Termiten in dieser Hinsicht einfacher als die Dermaptera und Orthoptera verhalten. In den späteren Stadien der Embryonalentwicklung rücken die Geschlechtsdrüsen noch mehr dorsal und erreichen gleichzeitig mit dem Rückenverschluß ihre definitive Lage. Eine Erklärung des Emporrückens der Sexualdrüsen hat schon Heymons (92) für Phyllodromia teils in der Wucherung des Fett- körpergewebes, die die Drüsen in die Höhe heben soll, teils auch in dem Mitziehen der Drüsen beim Wachstum der Körperränder nach oben, gegeben. Unzweideutig spielt das Emporwachsen der Körperränder bei der Lage Verschiebung der Drüsen eine Rolle, da die letzteren durch einen von dem dorso-lateralen Abschnitt der Cölomsäckchen gebildeten Auf- hängeapparat an den Rändern des Körpers gleichsam befestigt werden. Dagegen halte ich es wenigstens bei den Termiten für unwahr- scheinlich, daß die Wucherung des Fettkörper gewebes einen Einfluß auf die Lage der Sexualdrüsen ausüben sollte, da das betreffende Ge- webe immer schwach entwickelt bleibt. Am bemerkenswertesten bei der Entwicklung der Sexualorgane der Termiten scheint mir der Umstand zu sein, daß die Sexualdrüsen von den acht ersten Cölomsäckchen des Abdomens gebildet werden. Dies muß wohl als ein primäres Verhältnis betrachtet werden, das die Termiten in dieser Hinsicht als die primitivsten der Pterygoten er- scheinen läßt. 6. Fettkörper, Blutzellen. Die Entwicklung des Fettkörpergewebes stimmt bei den vf)n mir untersuchten Insektenembryonen mit den Resultaten Heymons (95) prinzipiell überein und bedarf daher keiner näheren Beschreibung. Dasselbe trifft auch für die Entstehung der Blutzellen zu. Paracyten. Als Paracyten hat Heymons (95) gewisse Zellen bezeichnet, die bei den Orthoptera und Dermaptera sich von dem Embryo speziell vorn und hinten losmachen und in den Dotter gelangen. Hier sollen sie degenerieren und zugrunde gehen, ohne am Aufbau des Embryos teil- 154 Henrik Strindberg, zunehmen. Die Degenerationsersclieinungen sind für die Paracyten besonders cliarakteristiscli und maclien dadurch die Paracyten leicht kenntlich. Paracyten sind von mehreren Forschern beobachtet nnd be- schrieben worden, obschon ihre Bedeutung und ihr weiteres Schicksal noch fraglich erscheint. Die verschiedenen Ansichten betreffs der Paracyten sind schon von Heymons (95) genügend dargelegt worden. Er selbst glaubt an- nehmen zu können, daß die Paracyten degenerierende Körperzellen sind, »welche keinem bestimmten ,, Keimblatte" und keiner bestimmten Gewebspartie allein als solcher angehören« (I.e. 82). Paracyten sind später von Giardina (98) bei Mantis, Schwarze (99) und Schwangart (04) bei Lepidoptera, Noack (Ol) bei Musca und Friederichs (06) bei Coleoptera wiedergefunden. Allgemein wird angenommen, daß die Paracyten von dem Embryo stammen; doch hat Schwangart nicht entscheiden können, ob sie nicht von Dotterzellen gebildet werden, die sich den Keimstreifen anschließen. Eine Degeneration derselben wurde jedenfalls nicht beobachtet. Bei den von mir untersuchten Insektenembryonen treten Para- cyten besonders zahlreich bei den Termiten auf, in einem Stadium, wo sich die Amnionhöhle geschlossen hat und der Embryo in die Länge zu wachsen beginnt (Fig. 25). Sie finden sich dann in der ganzen Peri- pherie des Embryos, besonders aber am Hinterende desselben, wo sie sich zahlreich losmachen und unter den charakteristischen Degene- rationserscheinungen in den Dotter gelangen, um hier in den folgenden Stadien spurlos zugrunde zu gehen, ohne somit am Aufbau des Embryo- nalkörpers teilzunehmen. Daß sie vielleicht von den >>Dotterzellen << stammen sollten, halte ich für ausgeschlossen, da die letzteren sich sehr wohl von den Para- cyten unterscheiden lassen und Übergangsformen ganz vermißt werden. Dagegen ist es schwieriger zu bestimmen, ob die Paracyten von einem gewissen Keimblatt gebildet werden oder nicht. Für die Termiten ist zu bemerken, daß die Paracyten gleichzei- tig mit der Bildung und Differenzierung des unteren Blattes gebildet werden, wodurch sie entweder von dem Ectoderm des Embryos stammen sollten und somit als ectodermal anzusehen wären, oder sie gehören, dem unteren Blatt an und können vielleicht als ento- dermale oder mesodermale Zellen bezeichnet werden. Ähnlichen Schwierigkeiten begegnen wir auch bei Chrysomela, wo die Paracyten speziell hinten in der Nähe der Proctodäaleinstülpung Embryologische Studien au Insekten. 155 zum Vorschein kommen. Sie sind hier wie bei Euter mes gebaut, werden aber oft durch Vacuolen im Plasma blasenartig aufgetrieben. Paracytenähnliche Zellen kommen auch im Ectoderm des Em- bryos vor und gehen hier allem Anschein nach zugrunde, ohne erst in den Dotter zu gelangen. Paracyten, wie sie bei Eutermes und Chrjjsomela vorkommen, werden bei den Ameisen vermißt. Abteilung VI. 1. Entwicklung des Darmkanals. a. Vorder- und Hinterdarm. 1. Stomodäum. a. Eutermes. Die erste Anlage des Stomodäums tritt bei Eutermes sehr früh- zeitig auf, wenn der Embryo in das Stadium der Dorsalkrümmung eingetreten ist und also U-ffirmig über dem Hinterpol der Dottermasse liegt. Die ersten Segmentplatten sind schon differenziert (Fig. 41). Die Stomodäaleinstülpung befindet sich gerade gegenüber der Ur- segmentplatte des Kopflappensegmentes und wird dadurch bei der weiteren Entwicklung von Anfang an mit derselben bekleidet. Wenn später das Stomodäum in die Länge wächst, wird die be- kleidende Zellschicht an dem blinden Ende desselben immer dünner, um zuletzt, wie es scheint, zu schwinden. Ähnliches ist auch unter den nahestehenden Orthoptera und Dermaptera von Heymons (95) beschrieben. Ich will aber darauf aufmerksam machen, daß ich an meinen Präparaten bisweilen Bilder beobachtet habe, die darauf hindeuten, daß es nur die mesoderraalen Elemente des unteren Blattes sind, die von dem blinden Ende des Stomodäums abgedrängt werden, und daß das blinde Ende des Vorderdarmes fortwährend nach innen von einem Plattenepithel bedeckt ist, das sicherlich als Entoderm angesehen werden kann, da dasselbe mit dem hinten liegenden Plattenepithel des Mitteldarmes unmittelbar in Verbindung steht und ganz dasselbe Aussehen besitzt i. Ja, es scheint mir nicht unwahrscheinlich, daß es eben dieses Plattenepithel sein kann, das später noch mehr verdünnt wird und das von Heymons (95) als »vordere Grenzlamelle << bezeich- nete Plattenepithel liefert, das jedoch nach Heymons ectodermal ist. 1 Vergleiche unten die Ergebnisse von Nusbaum und Fulinski (06) bei Phyllodromia, S. 187. 156 Henrik Strindberg, Darauf deuten wenigstens melirmals die Zellen des Stomodäalbodens hin, indem sie zur Zeit der Um rollung voneinander weichen, wodurch zuletzt der Boden der Stomodäaleinstülpung wie von einer Plasma- schicht aufgebaut ist^. Das weitere Schicksal der Grenzlamelle soll näher im Zusammenhang mit der Mitteldarmbildung behandelt werden. Die vordere Grenzlamelle ist erst nach der Umrollung ausgebildet. In demselben Stadium findet eine lebhafte Differenzierung in dem distalen Teil des Stomodäums statt, wodurch Kropf, Kaumagen und Proventiculus entstehen, während der proximale Teil im wesentlichen unverändert bleibt und den Oesophagus repräsentiert, der im Innern drei schwache Längsfalten erhält. Der Kropf wird embryonal stark erweitert und stellt zuletzt eine ziemlich langgestreckte dünnwandige Blase dar. Kaumagen und Proventriculus gehen allem Anschein nach aus einer einheitlichen Anlage hervor. Der Kaumagen ist durch mehrere Faltenbildungen ausgezeichnet, die vorn nur in Zweizahl vorkommen und von der Dorsalseite ent- springen. Mehr nach hinten finden wir dagegen sechs regelmäßige Falten, die das Lumen des Kau- magens beträchtlich einengen und postembryonal chitinisiert werden, HOLMGREN (08), Der Proventriculus bildet sich in der Weise aus, daß die ecto- dermalen Wände der distalen Stomo- däalpartie in die Länge wachsen und dabei um die freien Ränder ^p"^ der bekleidenden Mesodermschicht Fig. 53. nach vorn biegen (Fig. 53, fv). Wir erhalten dadurch eine Ringfalte des Ectoderms, die bald sehr scharf ausgeprägt wird und rohrförmig in dem Lumen des späteren Mitteldarmes hervorspringt. Die Falte wird innen von dem bekleidenden Stomodäalmesoderm gestützt, das hier zuletzt in zwei Blätter gespalten wird, von denen das äußere nach hinten in die Mesodermschicht des Mitteldarmes über- geht, während das innere sich vorn in das Mesoderm des Kaumagens und Kopfes fortsetzt (Fig. 54). /" mesn, 7 y'. ev:^ ^t'temmr ( 1 Vielleicht sind die Grenzlamellen sowohl von ecto- als entodermalen Zellen aufgebaut. Embryologisclie Studien an Insekten. 157 Das Lumen des Proventriculus wird stark von drei völlig gleichen Längsfalten verdrängt (Fig. 55). Im Stadium Fig. Q, Schema I, sind die verschiedenen Abschnitte des Vorderdarmes gut differenziert. Der weitlumige Kropf befindet sich in dem betreffenden Stadium im Thorax des Embryos oberhalb der beiden ersten Thoracalganglien. Unmittelbar nach hinten folgt dann der Kaumagen mit sechs und der Proventricidus mit drei Falten. Die von Holmgren (08) als Collum bezeichnete verschmälerte Partie zwischen Kaumagen und Proventriculus scheint somit nicht embryonal deutlich ausgebildet zu sein. Die Bezeichnung Proventriculus, die ich mit Holmgren (08) für den distalen Abschnitt des Vorderdarmes verwandt habe, ist für die '-^-^-r^r-r- .............. (jr»' ^^f.^ ■-;■ -^Vii: ■ :. ^ r. ■■ ' ^ "f , .f.^" „"'^ ■ "" ■' /?■"• ■ -,":'.v^ ßlrj^'- ■< ":' ■ : ,'-''/"/.■.'■''■•■■ '"'.öl "^ ''-i dz ' 'f ' ; Sfilm "9 Fig. 54. ■ - ' ' > - ' -" immer deutliche Längsfalten . Diesel- ^-wi^'^*-^^'i-* '"'"-^'^ ■'■ ^■^•''''^' ^ ben werden vor dem Proventriculus Jf*jf t , " "i ■ etwas unreoelmäßig, was vielleicht •^t''^-c.**" "^ ^u^ ^^® Anlage eines Kropfes hin- ^-i-T^t^c ^;n deutet /»> \ * Bekanntlich besitzen die Amei- s ; sen eine solche Partie des Vorder- jTj 5y darmes, die jedoch nicht embryonal zum Ausdruck kommt. Wie oben erwähnt wurde, ist das Proctodäum sehr kurz und bildet weiter keine Windungen oder Schlingen. Im Stadium Fig. F, Schema II, tritt die Anlage der Analblase in der Mitte des Hinterdarmes auf und stellt zuletzt eine dünnwandige Bildung dar, die deutliche Drüsenzellen und Falten entbehrt. Nur sind die Zellen an den Mündungen der Blase nach vorn und hinten etwas höher und succulenter als die übrigen. Der Ausführungsgang ist ziemlich lang und weist nichts Bemerkenswertes auf. Die Laoeveränderungen des Vorder- und Hinterdarmes gehen ohne weiteres aus den schematischen Abbildungen verschiedener Stadien hervor. Über die Entwicklung und Differenzierung der ectodermalen Ab- schnitte des Darmkanals bei andern Hymenopteren liegen nur wenige Angaben vor. Nach Carriere u. Bürger (97) wird allem Anschein nach ein echter Embryologische 8tudien an Insi'kten. 161 Proventriculus bei Chalicodoma vermißt, obschon wir hier übrigens dieselben Verhältnisse wie bei den Ameisen wiederfinden können, denn auch Carriere u. Bürger geben an, daß sich die Zellen des Stomodäal- bodens stark abplatten, um eine einfache Schicht zu bilden. Diese scheinbare Grenzlamelle soll sich dann dicht an die von den Dotterzellen um den Dotter provisorisch gebildete Hülle legen und bald zerreißen, wonach das Vorderdarmepithel unmittelbar in das definitive Mitteldarmepithel übergeht. Meiner Auffassung nach ist aber das von Carriere u. BIjrger als provisorisch angegebene Epithel tatsächlich das definitive, das dem unteren Blatt entstammt, während das definitive bei Chalicodoma, denjenigen extraembryonalen Zellen entspricht, die bei Camponotus von oben her das Mitteldarmepithel umwachsen, wie ich es näher im Kapitel über die Mitteldarmbildung bei Camponotus beschrieben habe. c. Chry somela. Die Entwicklung des Vorder- und Hinterdarmes bei Chrysomela stimmt prinzipiell mit derjenigen bei Eutertnes und den Ameisen überein. Wie bei Eutermes bildet sich hier eine vordere Grenzlamelle, die gegen Ende der Embryonalzeit zerreißt; es wird somit eine offene Kommunikation zwischen Vorder- und Mitteldarmlumen bewirkt, wo- durch Koagulat in das Vorderdarmlumen austreten kann (Fig. 58). Die hintere Grenzlamelle wird dagegen bis zum Ausschlüpfen der Embryonen beibehalten. Die beiden Grenzlamellen sind bei Chryso- mela allem Anschein nach ectodermal, obschon nicht ausgeschlossen ist, daß einige Entodermzellen den Grenzlamellen anliegen können. Die Differenzierung des Stomodäums in verschiedenen Abschnitten tritt ziemlich spät auf und führt zm' Bildung des Oesophagus, des Kropfes und des Proventriculus. Der Oesophagusteil streckt sich von der rundlichen Buccalhöhle etwas nach hinten von der Supraoesophagealcommissur, und ist durch drei dorsale und drei ventrale Längsfalten ausgezeichnet. Die be- treffenden Falten sind anfangs sehr niedrig ; kurz vor dem Ausschlüpfen werden sie aber stark vergrößert und verdrängen größtenteils das Oesophageallumen. In späteren Embryonalstadien wird die betreffende Partie des Vorderdarmes mit Chitin ausgekleidet, das wenigstens vorn behaart ist. Der distale Teil des Stomodäums ist anfangs blasig aufgetrieben und mit glatten Wänden versehen. Bald aber strecken sich einzelne Zeitschrift f. wissens--h. Zoologie. CVI. Bd. H 162 Henrik Strindberg, Zellen in die Länge und bilden zahlreiche, ziemlich dicht zusammen- stehende Zotten oder zackenartige Haufen, die dem distalen Teil des Vorderdarms ein charakteristisches Aussehen verleihen. Die zottentragende Partie erhält später etwa in der Mitte eine tiefe Einschnürung und wird dadurch in zwei Abteilungen zerlegt. Die vordere derselben befindet sich etwa an der Grenze zwischen Kopf und Thorax und ist nebst dem hinteren zusammen wohl als Kropf zu bezeichnen. In dem distalen Teil des Kropfes werden die Zotten vermißt. Die Ectodermwand des Vorderdarmes wächst hier um den freien Kand des Stomodäalmesoderms nach vorn, wodurch eine von Meso- derm gestützte Ringfalte gebildet wird, wie ich es für Eutermes oben beschrieben habe. Die Ringfalte bleibt immer wenig tief und ragt daher kaum in das Lumen des Mitteldarmes hinein. Sie ist als Valvula cardiaca zu bezeichnen und stellt somit, wie bei '"f* ,„. Eutermes, den allein vorhandenen Teil 4^c^^.. eines echten Proventriculus dar (Fig. 58). ■', \ g>^^^ Li den spätesten Embryonalstadien bemerkt man, daß die^-^alvula cardiaca innen stark gefaltet, und die Öffnung zum Mitteldarm somit sehr viel enger wird. /77 . . Die Entstehung des Hmterdarmes erfolgt bei Chrysomela etwas später als die des Vorderdarmes. Das Längenwachs- tum ist ziemlich stark, wodurch mehrere Windungen und Schlingen hervorgerufen werden. Im Innern bilden sich sechs große Falten aus, die anfangs solid sind, dann aber ein spaltförmiges Lumen erhalten und unregelmäßig werden. Die Analblase mündet mit einem kurzen Gang nach außen. b. Mitteldarm. 1. Eutermes. Wie schon oben beschrieben wurde, stellt das Entoderm nach der Differenzierung des unteren Blattes eine Schicht von Zellen dar, die oberhalb des Mesoderms gelegen sind und von den mesodermalen Elementen durch ihre länglichen hellen Kerne sich wohl unterscheiden lassen (Fig. 42). Embryologische Studien an Insekten. 163 .>Dotterzellen << an der Innenseite des Darmepithels ohne jedoch eine zusammen- hängende Zellschicht zu bilden. Sowohl bei Eutermes als bei Grijllus wird die betreffende Zell- schicht embryonal beibehalten, während die entsprechenden Zellen bei Periplaneta schon frühzeitig zugrunde gehen. An einem medianen Sagittalschnitt durch den Mitteldarm kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryonen lassen sich drei Schichten im Mitteldarm ohne Schwierigkeit unterscheiden (Fig. 61, splm, mde, dz). Nach außen befindet sich die Darmmuskelschicht mit kleinen dunklen Zellkernen; dann folgt das entodermale Darmepithel, das sich sofort an seinen hellen spindelförmigen Kernen erkennen läßt. An demselben Sagittalschnitt tritt noch die Schicht derjenigen Zellen, deren Kerne den Dotterkernen entstammen, als der mächtigste Zellverband des Mitteldarmes hervor. Sie stellt somit den dritten Zellverband des Mitteldarmes dar. Das Lumen des Mitteldarmes wird zuletzt von einem sehr dünnen Plattenepithel ausgekleidet, dessen Zellen mit länglichen hellen Kernen versehen sind und den Zellen der dritten Zellschicht des Mitteldarmes dicht anliegen (Fig. 61, tv/). 166 Henrik Strindberg, Das betreffende Platt enepitliel kann nur vorteilhaft mit Immer- sionssystemen studiert werden. Es ergibt sich dann, daß eine Mittel- partie des Mitteldarmlumens von demselben unbedeckt ist, und daß unzweideutig das Plattenepithel der vorderen und hinteren Grenz- lamelle entstammt. Allgemein wird, wenn wir die Arbeiten von Korotneff (85), Heymons (95), Schwarze (99) und andrer berücksichtigen, für die Pterygoten angegeben, daß wenigstens die vordere Grenzlamelle wäh- rend des Embryonallebens aufgelöst wird. Dasselbe scheint auch tatsächlich bei den Termiten der Fall zu sein. Dadurch können aber nicht, wie Korotneff (85) und Heymons (95) beschrieben haben, Dotterballen vom Mitteldarm in das Stomo- däallumen geraten, indem nunmehr die Dotterballen aufgelöst sind. Bei der Auflösung werden die Dotterballen in ein fädiges blaß- gefärbtes Coagulat umgewandelt, wo Dotterkerne immer eingebettet liegen. Die letzteren sind jetzt wie von zahlreichen stark fingierten Körnchen aufgebaut und gehen alsbald zugrunde. Dagegen habe ich innerhalb der vorderen Grenzlamelle noch vor der eventuellen Sprengung derselben ein schaumartiges Coagulat er- blicken können, das wahrscheinlich osmotisch die Grenzlamelle durch- drungen hat (Fig. 61, c). 2. Formica. Aus der hier oben gegebenen Darstellung über die Bildung des Mitteldarmes bei Eutermes geht ohne weiteres hervor, daß dieselbe. Embryologische vStudien an Insekten. 167 wenn wir zum Vergleich die Verhältnisse bei Formica heranziehen, ziemlich spät erfolgt. Die Differenzierung des Mitteldarmepithels, des Entoderms, tritt hier sehr frühzeitig auf, indem zuerst von den Lateralfeldern der Keim- scheibe, dann auch von dem noch nicht abgeschnürten Medianfeld sich Zellen losmachen und nach innen gedrängt werden. Die betreffenden Zellen zeichnen sich speziell lateral durch große Kerne und oft blasenartig aufgetriebenes Plasma aus, wodurch die Kerne wie in Plasmafädchen suspendiert erschienen. Die Zellen werden bald deutlich mit einander in ein Platten- epithel vereinigt, das der Ventralfläche der Dottermasse dicht anliegt (Fig. 44, 45, mde). Von hier aus schlägt sich dasselbe rasch auch über die dorsale Fläche des Dotters, wodurch eine Verschließung des Mitteldarmepithels dorsal ungemein frühzeitig zustande kommt. Die Entwicklung des Mitteldarmepithels nach oben wird ent- weder durch Dehnung der Zellen oder, was wahrscheinlicher ist, auch durch Teilungen derselben bewirkt. Die Teilungen gehen dann sicher direkt vor sich, indem ich oft biskuitförmige, allem Anschein nach in direkter Teilung begrif- fene Kerne, dagegen nie Kern- spindeln, beobachtet habe. Ich will hier darauf aufmerksam machen, daß ^ w«. vielleicht die frühzeitige Fig. 62. Verschließung des Mittel- darmepithels mit dem ebenso frühzeitigen Rückenver- schluß in Verbindung steht. Denn wenn die Ränder der Keim- scheibe nach oben zur provisorischen Rückenbildung ausgedehnt werden, sind auch die Ränder des Darmepithels über die dorsale Dotteroberfläche avanziert (Fig. 62, mde, ekt). Tatsächlich werden auch etwa gleichzeitig die Ränder des Em- bryos und die des Mitteldarmepithels in der dorsalen Medianlinie mit- einander von vorn und hinten verlötet. Wenn fertig gebildet, stellt das Mitteldarmepithel eine sack- förmige Bildung dar, die die Dottermasse allseitig umschließt und von spindelförmigen Zellen aufgebaut ist. Die großen Kerne derselben sind mit einem scharf tingierten Nucleolus versehen und immer wie mit Plasmafädchen suspendiert, 168 Henrik Strindberg, indem ringsum die Kerne zahlreiche große Vacuolen vorhanden sind, die den Plasmainhalt verdrängen. In den folgenden Stadien werden die Epithelzellen während der Verkürzung des Mitteldarmes speziell vorn und hinten in die Länge gestreckt, wodurch zuletzt ein Cylinderepithel gebildet wird, das an der Innenseite von der Membrana peritrophica ausgekleidet wird. Nach vorn geht dasselbe unmittelbar in das Ectoderm des Stomo- däums über, während hinten das Mitteldarmepithel noch gegen den Hinterdarm abgeschlossen ist, . Die innerhalb der Membrana peritrophica befindliche Dotter- masse ist ganz in ein Coagulat umgewandelt worden ; hier und da treten groi3e Hohlräume auf, zwischen denen noch einige Dotterkerne zu sehen sind. Die Dotterkerne spielen wohl nunmehr in der Auflösung des Dotters keine Rolle, indem teils diese deutliche Degenerationserschei- nungen aufweisen, teils auch das Coagulat in der Peripherie wie körnig erscheint, was auf eine Auflösung und Absorption seitens der Zellen des Mitteldarmepithels hindeutet. In früheren Stadien sind die Dotterkerne sehr viel zahlreicher vorhanden, speziell lateral in der Vorderhälfte des Dotters, wo sie oft mehrere zusammen in einer Plasmamasse eingebettet liegen. Dieselben Verhältnisse finden wir unter den übrigen von mir untersuchten Ameisen im Prinzip wieder. Es ist aber zu bemerken, daß die Dotterkerne bei den Ameisen sich nie voneinander abgrenzen und sich somit nicht, wie es für Eutermes angegeben wurde, epithelartig um den Dotter anordnen können. Ich kann somit für die Ameisen nicht der Auffassung Careieres und Bürgers (97) beipflichten, daß die >> Dotterzellen« bei Chalico- dotna ein provisorisches Mitteldarmepithel um den Dotter bilden, um dann durch die Zellen der vorderen und hinteren Entodermanlage definitiv ersetzt zu werden. Nach außen vom Mitteldarmepithel bemerkt man die Kerne, die den Zellen der bekleidenden Muskelschicht angehören. Sie stellen spindelförmige, sehr unscheinbare Gebilde dar, die ziem- lich weit voneinander abliegen oder in Gruppen von einigen wenigen vereinigt sind. Die Darmmuskelschicht geht vorn und hinten unmittelbar in die- jenige des Vorder- und Hinterdarmes über. Im Verhältnis zum Epithel des Mitteldarmes ist die Entwicklung seiner Muskelschicht sehr verspätet. Einbryolügische Studien an Insekten. 1G9 Die Verscliließung des Epithels folgt schon im Stadium Fig. E, während die der Muskelschicht erst mit dem Begegnen der definitiven Körperränder des Embryos in der dorsalen Medianlinie gleichzeitig zustande kommt, welches letztere ganz an Euternies erinnert. Wenn wir nämlich Embryonen unmittelbar nach der dorsalen Schließung des Mitteldarmepithels an Querschnitten studieren, finden ^i- sp7m ffS''- l Fig. 63. wir, daß die Differenzierung der Cölomsäckchen lateral kaum beendigt ist und prinzipiell in derselben Weise wie bei Eutermes und Chrysomela stattfindet (Fig. 63, ekt, coel). Von jedem Cölomsäckchen gehen aber nicht, wie bei Eutermes und Chrysomela, zwei, sondern nur eine Lamelle, aus, die gegen die MedianHnie mit freiem Kand endigt und die Anlage der Darmmuskel- schicht repräsentiert (Fig. 63, splm). 170 Henrik Strindberg, Die zweite Lamelle, bei den oben erwähnten Insekten dicht ober- halb der Anlage der Darmmuskelschicht gelegen, ist tatsächlich auch vorhanden, obschon dieselbe schon ventral und dorsal um den Dotter zum Sack geschlossen ist (Fig. 63, mde). In den folgenden Stadien nähern sich allmählich die Anlagen der Darmmuskelschicht gegen die Medianlinie und werden gleichzeitig sehr verdünnt, indem die Zellen derselben sich in einer einzigen Schicht ordnen. Die Verlötung findet ventral von vorn und hinten statt, während gleichzeitig der Rest der Cölomsäckchen in der Spalte zwischen Körper- ectoderm und Mitteldarmepithel nach oben geschoben wird, um sich zuletzt auch dorsal zu begegnen und zu verlöten. Das Mitteldarmepithel wird somit zuerst ventral, dann dorsal von der Mesodermhülle bekleidet. 3. Camponotus. Der Mitteldarm bei Camponotus wird prinzipiell in derselben Weise gebildet, wie ich es für Formica beschrieben habe. Da aber hier die Vorgänge etwas komplizierter sind, empfiehlt es sich, etwas näher auf dieses Thema einzugehen und dabei den schon fertig gebildeten Mitteldarm zuerst zu besprechen. Man bemerkt dann, daß das Mitteldarmepithel kvu'z vor dem Ausschlüpfen der Embryonen von zwei t'yß^f'^'^ verschiedenen Zellarten aufgebaut ist. 1^^-' ■ Einerseits gibt es Zellen, die an- f^p^^: einander gedrängt ein kubisches oder ^^^-: speziell vorn und hinten ein Cylinder- ^^'"^ '^S^ ' '" epithel bilden, das das Lumen des ^-J^*^j;_j \ Mitteldarmes begrenzt. ■•;/ 5.*^,-'t^|^'^, Die scharf abgegrenzten, aber un- "'■,. -' ^i-^^ z^" regelmäßigen Kerne desselben sind mit "^ ^ ^ einem schwarzvioletten, körnigen In- Yia 64 halt versehen und gegen das Lumen des Mitteldarmes gedrängt. In dem Kern findet sich ein rötlich gefärbter Körper, der Nucleolus. Sonst ist das fädige Plasma und die großen rundlichen Vacuolen der Zellen zu bemerken (Fig. 64, fnde). Zwischen den Basalteilen oder nach außen von den oben erwähnten Zellen können wir Zellen eines zweiten Typus beobachten, die mitein- ander einen einschichtigen Zellverband zu bilden scheinen (Fig. 64, extz). Embryologische Studien an Insekten. 171 Die Zellen sind wie ihre Kerne öfters rundlich, können aber auch in der einen oder andern Richtung aus"ezooen sein. Die Kerne sind übrigens hell gefärbt und besitzen einen deutlichen Nucleolus. Das rötliche Plasma besitzt eine eigentümliche Fadenstruktur; die einzelnen Fädchen sind konzentrisch um den Kern geordnet. Schon Adlerz (90) liefert für das Mitteldarmepithel bei Larven und Imagines von Camponotus eine ähnliche Beschreibung. In den Zellen des zweiten Typus erblickt Adlerz ein regeneratives Epithel, dessen Zellen die innere Oberfläche des Mitteldarmes er- reichen sollen, um hier secretorisch zu werden. Die Entstehung der betreffenden Zellen des Mitteldarm.epithels wurde von Adlerz nicht studiert. Ich brauche hier diese Frage nicht eingehend zu behandeln, da ich schon im Kapitel über die Verwendung des extraembryonalen Blastoderms hervorgehoben habe, daß bei Camponotus eine Menge von Zellen des extraembryonalen Blastoderms innerhalb der Ränder des Embryos gelangte und beim Rückenverschluß im Raum zwischen der Dorsalfläche des Mitteldarmepithels und Rücken des Embryos einge- schlossen wurde. Von hier aus breiten sich die Zellen des extraembryonalen Blasto- derms als ein Zellverband nach unten über die Oberfläche des Mittel- darmepithels (Fig. 16). Eine Ausnahme macht nur eine Stelle vorn, wo schon vorher Stomodäum mit dem Mitteldarmepithel verlötet wurde. Während die Zellen sich um die betreffende Darmpartie ver- breiten, machen sich in ihnen diejenigen Veränderungen bemerkbar, die zuletzt zur Bildung der oben beschi'iebenen Zellen führen. Wir müssen somit die beiden verschiedenen Zellarten im Mittel- darmepithel von Camponotus streng auseinanderhalten, und können wohl nicht von einem regenerativen Epithel im Sinne Adlerz' sprechen. Außerdem will ich hier zum Vergleich darauf hinweisen, daß bei allen andern von mir untersuchten Ameisen das Mitteldarmepithel nur von einer Zellart aufgebaut ist, und daß bei denselben Ameisen entweder keine, Myrmica, oder nur relativ wenige extraembryonale Zellen innerhalb des Embryos gelangen, Formica. Im letzteren Fall bleiben sie immer hinten in einem Haufen zusammengeballt, ohne sich somit über die Oberfläche des Darmepithels zu verbreiten. Nach außen von den hier besprochenen Zellen bildet sich in der- selben Weise wie bei Formica die Muskelschicht des Mitteldarmes aus (Fig. 6G). 172 Henrik Strindberg, 4. Chrysomela. Es bleibt uns noch übrig, die Bildung des Mitteldarmes bei dem Coleopteren Clirysomela zu besprechen. Wie bei Eutermes wird ja das definitive Entoderm aus dem unte- ren Blatte differenziert. Das untere Blatt entsteht, wie schon früher hervorgehoben wurde, durch eine deutliche Einstülpung, die dann von der Oberfläche ab- geschnürt wird. Das Lumen der Einstülpung schwindet und das Zellmaterial wandelt sich in eine mehrschichtige Platte von großen Zellen um. Die beiden Lateralhälften der Zellplatte rücken dann auseinander, während median an Querschnitten desselben Stadiums einige mehr succulente Zellen anfangs zurückbleiben, die sich später als definitive Entodermzellen dokumentieren. Die Entodermzellen sind über den größten Teil des Embryos anfangs ziemlich spärlich vertreten. Hinten dagegen sind sie sehr viel zahlreicher, was sicherlich mit dem Verhältnis im Zusammenhang steht, daß hier auch die Einstülpung des unteren Blattes eine sehr viel größere Menge von Zellen liefert. Vielleicht hat eben diese hintere Ansammlung von Entoderm- zellen zu einer »hinteren Entodermanlage « Veranlassung gegeben. In den folgenden Stadien werden die Entodermzellen, wie es scheint, von hinten nach vorn, lateral geschoben und befinden sich zuletzt nach der Differenzierung der Cölomsäckchen dicht oberhalb der Lamelle der späteren Muskelschicht des Mitteldarmes (Fig. 46 — 49). Eine Ausnahme macht nur die oben erwähnte Anhäufung von Entodermzellen, indem dieselbe beim Entstehen des Hinterdarmes eine Zeitlang median verharrt und von dem blinden Ende desselben wie in die Höhe gehoben wird (Fig. 29, 30). Erst später werden die Zellen der Anhäufung lateral geschoben, wodurch das Proctodäum von denselben befreit wird. Das Entoderm stellt somit in einem gewissen Stadium eine huf- eisenförmige Bildung dar. Wie schon oben angedeutet wurde, können wir hier wie bei Eutermes eine Doppellamelle beobachten, die von der Dorsalseite der Cölom- säckchen schräg nach innen und unten gerichtet ist und dessen beide übereinander gelagerte Lamellen die Anlage des Epithels bzw. die der Muskelschicht des Mitteldarmes repräsentieren. Die Mesodermlamelle, die durch ihre kleinen und dunkel gefärbten Embryologische Studien an Insekten. 173 Q- mc/e Zellkerne wohl von der Entodermlamelle geschieden ist, hört anfangs etwas früher als die letztere mit freiem Rand auf. In den folgenden Stadien macht sich ein starker Längenzuwachs der Lamellen bemerkbar, wodurch sie sich rasch gegen die Median- linie nähern und etwa dieselbe Länge erreichen, indem die untere nur ein wenig von der oberen überragt wird (Fig. 65, mde, splm). Das Längenwachstum wird durch zahlreiche indirekte Teilungen der Zellen bewirkt, die jedoch in keiner Weise bestimmt orientiert sind, und dadurch auch zu einer beträchtlichen Dicken- zunahme der Lamellen führen. Die Dickenzunahme der Lamellen, wenigstens die der Entodermlamelle, wird wohl auch dadurch bewirkt, daß die Zellen sich in die Länge strecken. Die Entodermlamelle stellt zuletzt eine mäch- tige, wie es scheint, mehr- schichtige Wulst von lang- gestreckten Zellen dar, die gegen die ebenfalls mehrschichtige Meso- dermlamelle scharf abge- setzt ist. In einem etwas früheren Stadium tritt eine sekundäre Zerklüftung des Dotters ein ; die ganze Dottermasse wird dabei in große polygonale oder rundliche Segmente von Dotterballen zerlegt. In der Mitte eines jeden Segmentes finden sich nur ein oder wenige Kerne, die stark ge- schrumpft sind und in Ehrlich-Biondi rötlich gefärbt werden (Fig. 65). Die Auflösung der Dotterballen erfolgt zuerst in den ventralen Segmenten und schreitet von da an zu den lateralen, an deren Auf- lösung sehr wahrscheinlich schon die Entodermlamellen teilnehmen. Der Inhalt der Segmente wird dabei in eine schaumartige Masse umgewandelt. Nach dem Rückenverschluß des Embryos nehmen allem Anschein nach die Kerne der Dottersegmente, die jetzt nicht mehr voneinander abgegrenzt sind, keinen Anteil an der Auflösung des Dotters, indem 174 Henrik Strindberg, sie nunmehr sehr unscheinbare Bildungen darstellen, die oft in De- generation begriffen sind und die umgebenden Dotterballen unver- ändert lassen. Dagegen bemerkt man, daß zahlreiche Epithelzellen des Mittel- darmes nach innen mit blasenförmigen Aui'treibungen versehen sind, die allem Anschein nach Secrettropfen darstellen. Auch deuten zahlreiche Bilder darauf hin, daß diese Auftreibungen sich von den zugehörigen Zellen losmachen und in die peripheren Teile der Dottermasse geraten, indem hier die Dotterballen in eine schaum- artige Masse zusammenfließen. Dotterelemente werden am längsten im Hinterteil des Mittel- darmes beibehalten, um hier kur'z vor dem Ausschlüpfen der Embryonen gänzlich zu schwinden. In späteren Stadien nähern sich die Lamellen und werden zuletzt miteinander in der ventralen Medianlinie verlötet, wobei die Entoderm- lamelle in der Entwicklung etwas vorauseilt. Das Begegnen des Lamellen scheint mehr durch Dehnung und Streckung der vorhandenen Elemente bewirkt zu werden, indem erstens die Kernspindeln ziemlich selten sind, und zweitens die Lamellen all- mählich sich beträchtlich verdünnen. Wenn sich der Mitteldarm auch dorsal geschlossen hat, stellt das Mitteldarmepithel einen einschichtigen Verband von kubischen Zellen dar, die ganz die mitotischen Teilungen eingebüßt haben. Außen finden sich die länglichen, hell gefärbten Kerne der Muskel- schicht. In dem spätesten Embryonalstadium werden die Epithelzellen cylindrisch und erhalten innen einen Stäbchensaum. c. Allgemeines über die Bildung des Mitteldarmes der Arthropoden, speziell des der Insekten. Oben habe ich die Ansicht ausgesprochen, daß bei den von mir untersuchten Insekten das Mitteldarmepithel entodermal ist und dem unteren Blatte entstammt. Es bleibt uns dann übrig die Er- gebnisse andrer Autoren zu besprechen und dabei nicht nur die ver- schiedenen Arbeiten der Insekten-, sondern auch die der Arthropoden- embryologie im allgemeinen zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich hier mit der Insektenembryologie zu beginnen und die verschiedenen Ordnungen der Insekten betreffend die Mittel- darmbildung zu analvsieren. Embryologische Studien an Insekten. 175 Bekanntlich haben sich hauptsäclilich drei verschiedene Auffas- sungen über die Biklung des Mitteklarniepithels geltend gemacht. Die älteste leitet dasselbe von den »Dotterzellen << her, wenn mit Dotterzellen die im Dotter bei der Furchung zurückgebliebenen Ele- mente gemeint werden, und ist u. a. von Dohrn (66, 67), Bütschli (70), Mayer (76), Bobretzky (78), Graber (79), Balfour (80), Hertwig (81), TiCHOMiROFF (82), Ayers (84), Patten (84), Will (88), Tichomirow (90), Heymons (97) für Insekten verschiedener Ordnungen vertreten worden. Schon Ganin (74) tritt mit einer ganz neuen Ansicht hervor, indem er das Mitteldarmepithel als ectodermal erklärte und dasselbe von dem Ectoderm des Vorder- und Hinterdarmes entstehen ließ. Dieselbe Auffassung wurde später von Witlaczil (84), Voeltzkow (89), Graber (91), Heymons (94, 95, 96, 98), Rabito (98), Lecaillon (98), Schwarze (99), Deegener (1900) und Friederichs (06) prin- cipiell geteilt. Im allgemeinen wird nach den erwähnten Forschern das Entoderm von den Dotterzellen, das Mesoderm von dem unteren Blatt repräsentiert. Zuletzt wird von mehreren Forschern das Mitteldarmepithel von einer gemeinsamen Anlage, dem unteren Blatt, Ento-Mesoderm, ge- bildet, eine Ansicht, die ich unbedingt teilen muß. Wir finden hier aber zwei Modificationen, indem einerseits einige Forscher wie Grassi (84), Kowalewsky (86), Nusbaum (86, 88), Hei- der (89), Wheeler (89, 93), Hirschler (09, 12) sich für eine vordere und hintere Anlage aussprechen, während anderseits hauptsächlich Ritter (90) meint, daß das Entoderm in der ganzen Ausdehnung des unteren Blattes differenziert wird. Ich gehe nun zur Besprechung der verschiedenen Auffassungen verschiedener Insektenordnungen über. Apterygoten. Die Apterygoten sind betreffs der Mitteldarmbildung von Hey- mons (97) und Claypole (98) wenig eingehend untersucht worden. Schon früher hatte Heymons (95) die Ansicht ausgesprochen, daß vielleicht bei den Pterygoten ursprünglich das Mitteldarmepithel von den Dotterzellen gebildet wurde, die also als Entoderm anzusehen sind. Zur Stütze seiner Vermutung zieht Heymons die Mitteldarm- bildung bei den Grillen an, indem hier das definitive Mitteldarmepithel auffallend lange auf ein vorderes und hinteres Epithelpolster beschränkt ist, »während die Dotterzellen zur Zeit des Ausschlüpf ens sich in epi- 176 Henrik Strindberg, thelialer Anordnung der Darmwand bzw. ihrer Muscularis anlegen« (I.e. 126). Nachdem sich Heymons von einem ectodermalen Mitteldarmepithel der Pterygoten überzeugt hatte, widmete er seine Aufmerksamkeit auch der Embryonalentwicklung der Apterygoten, Lepisma (97). Es gelang ihm dabei nachzuweisen, »daß der Mitteldarm bei Lepisma tatsächlich von den Dotterzellen gebildet wird und somit entodermaler Natur ist«, (I.e. 614). Dadurch schien auch seine Ver- mutung über den ursprünglichen morphologischen Wert der Dotter- zellen der Pterygoten bestätigt zu sein. In seiner späteren Scohpendra-Aiheit kommt Heymons (Ol) auf die Apterygoten zurück und läßt dabei unzweideutig hervorgehen, daß er die Bezeichnung »Dotterzellen« in einem ganz andern Sinne als gewöhnlich gebraucht hat, denn es heißt (I.e. S. 27): »Die sich aus dem Blastoderm ablösenden Zellen sind bei den Insekten in der Regel als Dotterzellen beschrieben worden, weil sie eben in den Dotter eindringen und dessen Aufzehrung und Auflösung herbeiführen. Diese Dotterzellen repräsentieren aber bei den Insekten tatsächlich das Entoderm, denn es hat sich gezeigt, daß sie bei gewissen niederen Formen {Campodea, Lepisma) noch das Mitteldarmepithel liefern«. Diese sich von dem Blastoderm ablösenden Zellen sind wohl aber nicht mit den »Dotterzellen« gleichzusetzen. Als solche werden ja meines Wissens nur diejenigen Kerne bezeichnet, die bei der Blasto- dermbildung im Dotter zurückgelassen werden, dagegen keineswegs solche Zellen, die von dem Blastoderm nach innen geführt werden, wenn sie auch in den Dotter eindringen sollten. Vielmehr stellen sie ihrer Entstehung und Verwendung gemäß Entodermzellen dar, während diejenigen, die nicht in der Bildung des Mitteldarmepithels aufge- braucht werden, el^enfalls je nach ihrer Verwendung als Mesoderm- oder Mesenchymzellen anzusehen sind. Daß die Bildung des Mitteldarmepithels auch bei andern Aptery- goten durch eine Immigration von der Blastodermschicht stattfindet, geht aus den Angaben Uzels (97) für Campodea hervor, indem hier keine Furchungselemente im Dotter zurückbleiben sollen. Das Mitteldarmepithel muß somit bei Campodea von immigrierten Blastodermzellen geliefert werden. Bei den hier oben erwähnten Apterygoten ist die Furchung wie bei allen Pterygoten eine rein superficielle, während wir unter den Collembolen, Anurida maritima, Claypole (98) und Prowazek (1900), zuerst einer totalen, dann einer superficiellen begegnen. Embryologische Studien an Insekten. 177 Wenn das Blastoderm definitiv ausgebildet ist, fließen die jetzt kernlosen Blastomeren in eine Masse zusammen, wo einzelne Zellen, >>yolk-cells<<, oder Zellgruppen, >>entoderm cells«, Claypole, zerstreut liegen. Die letzteren sollen nun das Mitteldarmepithel liefern, was wohl aber nicht mit den Ergebnissen andrer Apterygotenforscher übereinstimmt. Allerdings stimmen die Angaben Heymons' für Lepisma und Machilis, Uzels für Campodea darin überein, daß das Mitteldarm- epithel von Blastodermzellen gebildet wird, was ja im Prinzip mit den Verhältnissen, die ich bei einigen Pterygoten gefunden habe, im Einklang steht. Isoptera. Über die Bildung des Mitteldarmepithels der Termiten hat nur Knower (1900) das späte Auftreten des Entoderms, Mitteldarmepithels, erwähnt und dazu ein Teilnehmen seitens der Dotterzellen in Abrede gestellt. Die Entstehung des Entoderms soll in einer späteren Arbeit behandelt werden. Pseudoneuroptera (Libelluliden). Nach den Untersuchungen von Tschuproff (04) ist das Mittel- darmepithel der Libelluliden aus drei hintereinander folgenden Ab- schnitten zusammengesetzt. Der erste und dritte ist ectodermal und entstammt dem Vorder- und Hinterdarm, während der mediane Ab- schnitt entodermal ist und von den bei der Blastodermbildung zm'ück- gebliebenen »Dotterzellen« gebildet wird. Daß das Mitteldarmepithel als eine einheitliche Bildung aufge- faßt wird, hat seinen Grund darin, daß bei älteren Libellulidenlarven die drei verschiedenen Abschnitte nicht voneinander unterschieden werden können. Das Mitteldarmepithel ist somit nur topographisch ein einheit- liches Gebilde, dagegen nicht morphologisch, vielleicht auch nicht physiologisch, obschon sich auch vorn und hinten die sogenannten Crypten entwickeln, was ja für eine funktionelle Gleichwertigkeit sprechen würde. Streng genommen, können wir ja nur den mittleren Abschnitt des Mitteldarmepithels als dem wirklichen Mitteldarm zu- gehörig erklären. Das Mitteldarmepithel ist somit >>entodermal<<, da es ja von den »Dotterzellen« gebildet werden soll. Nach Tschuproff sind im Mitteldarm der Libelluliden zwei Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CVI. Bd. 12 178 Henrik Ötrindberg, verschiedene Sorten von Dotterzellen zu sehen, indem einige an der sekundären Dotterzerklüftung teilnehmen und in der Mitte der Dotter- segmente wiederzufinden sind. Andre Dotter zellen sind klein, behalten ihren embryonalen Charakter und gelangen zwischen die großen Dotterzellen, die sogenannten Vitellophagen, wo sie in der unmittelbaren Nähe der Muscularis kleine Zellgruppen bilden, die die Anlage der Crypten repräsentieren. Von hier aus wird das ganze Mitteldarmepithel der Larven regeneriert. Die hier oben von Tschuproff gegebene Darstellung über die Bildung des Mitteldarmepithels kann aber unschwer auch in Überein- stimmung mit meiner Auffassung gedeutet werden. Die sogenannten Vitellophagen, Tschuproff, sind, meiner Ansicht nach, nicht mit den Dottersegmenten gleichzusetzen, sondern nur mit den in den Segmenten befindlichen Kernen, Dotterkernen, die hier eine sekundäre Zerklüftung des Dotters bewirkt haben, ähnlich wie wir es z. B. unter den Coleopteren beobachten können. Die Dotter- kerne finden sich somit in der Mitte der Dottersegmente, die als mit Dotter beladene Zellen bezeichnet werden können. Zwischen diesen Zellen finden sich nun die oben erwähnten Gruppen von kleineren »Dotterzellen«, die wohl das eigentliche Mitteldarm- epithel repräsentieren. Es scheint mir jedoch sehr fraglich, ob es sich wirklich um »Dotterzellen« handelt, denn es hat schon Tschuproff auf die Ähnlichkeit mit Lepisma hingewiesen, bei deren Larven das Mitteldarmepithel in derselben Weise aufgebaut ist. Hier wissen wir aber durch die Untersuchungen Heymons, daß die von ihm als »Dotter- zellen« bezeichneten Gebilde, die das Mitteldarmepithel liefern sollen, dem Blastoderm entstammen und somit nicht als »Dotterzellen« zu bezeichnen sind. Es wäre somit zu entscheiden, ob die sogenannten Crypten, d. h. Gruppen von kleinen Zellen, die zwischen den Dottersegmenten bei den Larven von Lepisma und den Libelluliden liegen, desselben Ursprungs sind. Zurzeit wissen wir aber nur wenig über die früheren Stadien der Libellulidenentwicklung durch die Untersuchungen von Heymons. Er hat das untere Blatt Mesoderm genannt, obschon nachzuprüfen ist, ob dasselbe vielleicht auch nicht Zellen enthält, die das Mitteldarm- epithel liefern. Wenn sich diese Vermutung bestätigen sollte, wird das Mittel- darmepithel von Lepisma und den Libelluliden prinzipiell in der- selben Weise gebildet, die ich z. B. für die Termiten beschrieben habe. Embryologische Studien an Insekten. 179 Wenn wir aber mit Tschuproff und Heymons das Mitteldarmepithel derLibelliiliden von den »Dotterzellen << herleiten, sollten diese Insek- ten sicher eine ganz isolierte Stellung unter den Pterygoten einnehmen. Orthoptera, Dermaptera. Die Orthoptera sind bekanntlich besonders ein Gegenstand des Interesses der Insektenembryologen gewesen und sind daher sehr lehr- reich, wenn es gilt, die verschiedenen Ansichten über die Herkunft des Mitteldarmepithels zu demonstrieren und zu besprechen. Der hervorragendste Forscher, der sich mit der Orthopteren- und Dermapterenembryologie beschäftigt hat, Heymons, hat gerade seine Auffassung über das ectodermale Mitteldarmepithel der Pterygoten an diesen Insekten begründet. Ich halte es daher für zweckmäßig, die betreffende Arbeit Hey- mons (95) zuerst zu berücksichtigen. Bekanntlich wird nach Heymons das Mitteldarmepithel der Ptery- goten von Lamellen gebildet, die von dem Ectoderm des Vorder- und Hinterdarmes auswachsen, um einander etwa in der Körpermitte des Embryos zu begegnen. Den histologischen Unterschied zwischen den Lamellen und dem Ectoderm des Vorder- und Hinterdarmes glaubt Heymons aus der funktionellen Ungleichheit erklären zu können, indem die Epithel- zellen der Lamellen mit der Assimilation des Dotters zu tun haben. Allem Anschein nach lassen sich die Verhältnisse, die wir bei der Mitteldarmbildung von Gryllus treffen, am besten mit der von mir vertretenen Auffassung in Einklang bringen. Die Zellen, die die Lamellen aufbauen, sind hier >> abgeplattete, außerordentlich zarte Gebilde. Diesem letzteren Umstände muß es wohl zugeschrieben werden, weshalb bei Grylliden und überhaupt auch bei andern Orthopteren, bei denen die Verhältnisse ähnlich liegen, die Anlagen des Mitteldarmepithels so leicht übersehen werden konnten bzw. mannigfache irrtümliche Schlüsse veranlaßt haben << (I.e. 109). Wenn wir dann die Abbildungen studieren, finden wir in Fig. 90, Taf. XII, einen medianen Sagittalschnitt durch den Keimstreifen von G. campestris wieder, der nach Heymons die beiden auswachsenden Epithellamellen demonstriert. Die betreffende Abbildung kann aber auch derart interpretiert werden, daß es sich nicht um Ectodermlamellen handelt, sondern daß die beiden lateialen Entodermlamellen, die ich für Eutermes in Fig. 59 abgebildet habe, einander vorn und hinten in der Medianlinie des 12" 180 Henrik Strindberg, Embryos begegnet haben und dann an einem medianen Sagittalschnitt das Bild zweier auswachsenden Lamellen vortäuschen (Fig. 53). Daß diese aber, wenigstens bei Eutermes, nicht ectodermal sind, geht daraus hervor, daß ich sie, wenigstens lateral von der Medianlinie, über die vordere und hintere Grenzlamelle habe verfolgen können. Vielleicht trifft dasselbe auch für Gryllus zu, obschon Heymons diese »abge- platteten, außerordentlich zarten Gebilde« nicht beobachtet hat. Aus dem Text geht weiter nichts hervor, das darauf hindeutet, daß die beiden Epithellamellen Heymons' sich in eine linke und rechte Hälfte spalten sollten i. Es mag daher etwas wunderlich erscheinen, daß, wenn wir die Fig. 84, Taf . XI, studieren, im Querschnitt keine Spur der Epithel- lamelle median zu sehen ist, obschon dieselbe lateral dicht oberhalb der Ursegmente getroffen ist. Dasselbe Bild habe ich mehrmals bei den Termiten wiedergefunden. Meiner Auffassung nach haben wir es nur mit einem Querschnitt zu tun, der durch eine Mittelpartie des Embryos geführt ist, wo die beiden Lamellen sich noch nicht in der Medianlinie begegnet haben. Unter den Blattiden liegen genauere Angaben nur für Peripla- neta vor. Die Epithellamellen bilden sich in der bekannten Weise. »Die weitere Ausbreitung der beiden Epithellamellen, ihre Vereinigung und das schließliche Umwachsen des Dotters geht bei Periplaneta genau so wie bei Forficula und Gryllus vor sich.« >>In Übereinstimmung mit der letzteren Form bildet das Epithel auch hier am Stomodäum und Proctodäum sogenannte Polster, während in der Mitte des Darmes die Epithelzellen zunächst noch flach und niedrig bleiben (Fig. 92).« 1. c. IIL Die betreffende Abbildung Heymons' stellt einen medianen »Sagit- talschnitt durch einen Embryo von Periplaneta nach Aufnahme des Dorsalorgans {ser) in den Körper « vor und entspricht somit völlig der- jenigen Abbildung desselben Stadiums, die ich in Fig. 53 wiedergegeben habe. Wir haben somit zwei Embryonen, Eutermes und Periplaneta, 1 Nur für Forficula heißt es: »Das Auswachsen der vorderen und hinteren Epithellamelle schreitet in den Seitenteilen des Körpers am raschesten fort, während in der Medianlinie der Wachstumsprozeß am langsamsten ist. Die typische Hufeisenform der Mitteldarmanlagen, welche für viele Insekten be- schrieben wurde, ist somit bei Forficula wenigstens andeutungsweise vorhanden. « 1. c. 107. Embryologische Studien an Insekten, 181 in demselben Stadium nach der UmroUung zu vergleichen, wenn die seröse Hülle (Dorsalorgan) in den Dotter eingepackt worden ist. Es ist zuerst die Abbildung Heymons' näher zu betrachten. Wir bemerken dann, daß die ventrale Ectodermwand des Stomodäums distal nach vorn umbiegt und nach einer Strecke, etwa an der Anheftungs- stelle der vorderen Grenzlamelle, sich wieder nach hinten wendet, um in die Epithellamelle des Mitteldarmes auszulaufen. Es ist in dieser Weise etwa gleichsam eine Doppellamelle des Ecto- derms hervorgerufen, die jedoch innen von keinem Mesoderm gestützt wird. Es ist dies um so mehr hervorzuheben, weil dorsal die bekleidende Mesodermschicht des Stomodäums deutlich in die Spalte der ecto- dermalen Doppellamelle als stützendes Gewebe hervordringt, und somit ganz dasselbe Bild wie Fig. 53 meiner Arbeit liefert. Es scheint mir nun sehr wahrscheinlich, daß Heymons diejenigen Mesodermzellen übersehen hat, die sicherlich bei genauerer Beobachtung auch ventral in der Doppellamelle zu sehen sind, denn es handelt sich hier unzweideutig um die Bildung des Proventriculus (Valvula cardiaca), wie ich es oben näher beschrieben habe. Die von der Ventralseite des Stomodäums ausgehende Darm- epithellamelle besteht proximal aus kubischen Zellen, deren Kerne dicht aneinander liegen und von Heymons als »Polster« bezeichnet worden sind, im Gegensatz zu den distalen zunächst noch flach und niedrig bleibenden Zellen des Darmepithels, deren Kerne in großen Abständen voneinander gelegen sind. Nach unten von dieser Partie des Darmepithels ist die Muscularis schon ausgebildet. Es mag daher sehr verwundern, daß Mesodermzellen unterhalb des »Polsters« gänzlich vermißt werden, da wir ja wissen, daß die Muskelschicht des Mitteldarmes von vorn und hinten ausgebildet wird. Es ist schwer zu erklären, warum die Muskelschicht eben in der vorderen Partie des Mitteldarmes vermißt werden soll, während die- selbe dort hinten schon zum Vorschein gekommen ist. Meiner Auffassung nach ist die Abbildung Heymons' folgender- maßen zu deuten: entweder daß die Mesodermzellen unterhalb des »Polsters« nur übersehen sind, oder, was wahrscheinlicher erscheint, daß das »Polster« nicht ectodermal, sondern mesodermal ist, und somit die unmittelbare Fortsetzung des stomodäalen Mesoderms bildet, wie ich in Fig. 53 abgebildet habe, und daß die spärlichen Zellen des nach oben befindlichen Darmepithels nicht im Schnitt getroffen oder 182 Henrik Strindberg, observiert wurden. Denn es sind die Zellen des Darmepithels, wie es Heymons selbst, wenigstens für Gryllus, hervorgehoben hat, »abge- plattete, außerordentlich zarte Gebilde <<, und weiter : »Diesem letzteren Umstände muß es wohl zugeschrieben werden, weshalb bei Gryllen und überhaupt auch bei andern Orthopteren, bei denen die Verhältnisse ähnlich liegen, die Anlagen des Mitteldarmepithels so leicht übersehen werden konnten bzw. mannigfache irrtümliche Schlüsse veranlaßt haben« (I.e. 109). In beiden Fällen finden wir ganz dieselben Verhältnisse wieder, die ich für Eutermes gefunden habe (Fig. 53). Die obere Zellschicht, die sich dem Ectoderm des Stomodäums dicht anschließt, ist somit entodermal, die untere mesodermal und geht vorn unmittelbar in das Mesoderm des Vorderdarmes über. Eine Verwechselung der Zellen der verschiedenen Keimblätter ist ausgeschlossen, da die Zellkerne sowohl durch Farbe wie Größe von- einander gut geschieden sind und ich stets mit Immersionssystemen gearbeitet habe. Die untere Mesodermschicht kann sehr wohl dem >> Polster« Hey- mons' entsprechen, da die Zellen derselben in der unmittelbaren Nähe des stomodäalen Mesoderms vorübergehend übereinander geschoben werden und dadurch an medianen Sagittalschnitten eine ziemlich dicke Lamelle vortäuschen, die nach hinten mit freiem Rande endigt, da die beiden splachnischen Lamellen der Cölomsäckchen sich in der Medianlinie nur noch vorn und hinten im Embryo begegnet haben. Dieses mesodermale »Polster« ist aber sehr scharf von dem Ecto- derm des Stomodäums abgegrenzt. Wenn ich somit unschwer die Abbildungen von Gryllus und Peri- 'planeta auf diejenigen von Eutermes habe zurückführen können, sind die Verhältnisse bei Forficula etwas komplizierter und bedürfen daher einer näheren Besprechung. In dem nach dem Dotter gerichteten Ende des Stomodäums geht eine Wucherung von den Ectodermzellen vor sich, »die sich nach hinten, sowie nach rechts und links schieben und besonders hier wulst- förmige Verdickungen veranlassen« (1. c. 105). Von dieser Wucherung werden die Zellen nach hinten an der Oberfläche des Dotters in Form eines einschichtigen Epithels geschoben. »Es findet aber auch gleichzeitig ein Auswachsen nach vorn statt, wo die Zellen in dem schmalen Raum zwischen Stomodäum und vor- derer Amnionf alte ebenfalls die Dotteroberfläche überkleiden « (1. c. 106). Diese letztere Epithellamelle habe ich trotz sorgfältiger Unter- Embryologische Studien an Insekten. 183 suchung bei Eutermes nie wiederfinden können, was bedeutungsvoll ist, da dieselbe Lamelle nach Heymons auch bei GryUus und Peri- •planeta vorhanden ist, Fig. 87, Taf. XI, Fig. 90, Taf. XII, seiner Ai'beit. Es mag daher etwas wunderlich erscheinen, daß bei einem älteren Embryo von Periplaneta kurz vor dem Ausschlüpfen (Fig. 92, Taf. XII) keine Spur von der betreffenden Epithellamelle mehr zu sehen ist; das Mitteldarmepithel ist jetzt überall geschlossen und bildet einen Sack um den Dotter. Eine Ausnahme finden wir nur vorn über dem distalen Ende des Stomodäums, indem hier eben an der Stelle, wo sehr frühzeitig das Darmepithel zu erwarten war, da sie in der unmittel- baren Nähe der Epithellamelle gelegen ist, eine Öffnung beibehalten wird. Man muß entweder annehmen, daß der Mitteldarm an der betreffen- den Stelle sekundär durchbrochen wurde, um das nach vorn liegende Dorsalorgan in sich aufnehmen zu können, oder daß eine Epithel- iamelle im Sinne Heymons' irrtümlich angenommen ist. Die letztere Annahme scheint mir umso plausibler, als auch Forfi- cula, die in jugendlichen Stadien eine stattliche Epithellamelle besitzt, sich in älteren Stadien in ganz ähnlicher Weise wie Periflaneta ver- hält (vgl. Fig. 38, Taf. V und Fig. 44, Taf. VI, Heymons !). Ich glaube somit nicht ohne Recht vermuten zu können, daß diese Epithellamelle Heymons', deren Zellen in dem schmalen Raum zwischen dem Stomodäum und der vorderen Amnionfalte die Dotteroberfläche überkleiden, ii-rtümlich gedeutet ist und nur mit der Bildung des Pro- ventriculus des Vorderdarmes zu tun hat, wie ich es für Eutermes genau beschrieben habe. Die entsprechende Lamelle des Proctodäums ist schwierig zu erklären. Ich kann hier nur darauf aufmerksam machen, daß in Fig. 39, Taf. V (Vergr. 145), die eine Vergrößerung des Proctodäums der Fig. 43, Taf. VI (Vergr. 100), repräsentiert, die betreffenden Lamellen in beiden Abbildungen mindestens von derselben Größe sind^. Die Wucherung der Ventralwand speziell die des Stomodäums, die bei Forficula später zur Bildung der eigentlichen Darmlamelle verbraucht werden soll, habe ich bei Eutermes nie wiederfinden können. Eine solche Wucherung scheint auch bei den Orthopteren vermißt zu werden, indem wenigstens bei Gryllus domesticus und GryUus camfestris die Epithellamellen des Mitteldarmes ohne weiteres aus dem Vorder- und 1 Die Abbildungen sind wenigstens beide einem Embryo kurz vor der Umrollung entnommen. 184 Henrik Strindberg, Enddarm hervorwachsen. Vielleicht ist die Wucherung bei Forficula nur mesodermal, denn ich habe auch bei Eutermes beobachten können, daß in der Mesodermschicht der Mitteldarmlamellen eine kleine Zell- wucherung durch mitotische Teilungen hervorgerufen werden kann, wenn sich die betreffenden Lamellen nur eine kurze Strecke vorn und hinten in der Medianlinie begegnet sind. In derselben Weise sind möglicherweise auch die vouNusbaum u. Fulinski (06) bei Phyllodromia beobachteten zungenförmigen Lamellen des ventralen Stomo- und Proctodäalectoderms zu deuten. Die hier oben gegebene Darstellung hat somit gelehrt, daß die Abbildungen Heymons', wenigstens bei älteren Embryonen, sich gut mit derjenigen, die für Eutermes gewonnen sind, in Einklang bringen lassen. Dieselben Bilder können aber unschwer in einer ganz andern Weise, als es Heymons tut, gedeutet werden, wenn wir ein entodermales Mitteldarmepithel annehmen, das vom unteren Blatte stammt und sich vorn und hinten dem Ectoderm des Stomo- und Proctodäums an- schließt, während eventuell die Entodermzellen, die der vorderen und hinteren Grenzlamelle dicht anliegen, zugrunde gehen, ohne am Aufbau des Mitteldarmepithels teilzunehmen. Es mag hier von Interesse sein, auch die Ergebnisse andrer Ortho- pterenforscher zu berücksichtigen ; die ältesten Untersuchungen, die hier eine Erwähnung finden sollen, sind diejenigen Ayers (84) über Oecan- ifius niveus. Bei diesem Orthopter soll das Mitteldarmepithel von den Dotter- zellen geliefert werden, was jedoch durch die späteren Untersuchungen von KoROTNEFF (85) bei Oryllotalpa nicht bestätigt werden konnte. In seiner Arbeit über Gryllotalpa gelangt Korotneff zu der Ansicht, daß das Mitteldarmepithel von den Blutzellen gebildet wird, also mesodermal ist, eine Auffassung, die später von Graber (90) zurückgewiesen wurde. Nach Graber ist das Darmepithel wahrscheinlich auf das Ecto- derm des Stomo- und Proctodäums zurückzuführen, was auch Hey- mons (94, 95) bestimmt glaubte annehmen zu können i. Neuerdings ist die Frage über die Entwicklung des Darmepithels bei Gryllotalpa wieder von Nusbaum u. Fulinsky (09) studiert worden. Es handelt sich hier aber keineswegs um ectodermale Epithel- lamellen des Vorder- und Hinterdarmes, wie es von Graber (90), Korotneff (94) schließt sich später der Auffassung Heymons (94, 95) an. Einbryologische Studien an Insekten. 185 Heymons (94, 95) und Korotneff (94) angenommen wurde, sondern um eine vordere und eine hintere Entodermanlage : »Direkt hinter dieser Einstülpung (Stomodäum) zeigt das untere Blatt eine ansehn- liche Zellwucherung, wobei der Zellenhaufen noch nicht ganz vom Blastoderm abgetrennt ist« (1. c. 321) . . .; in der Eichtung nach hinten geht die Zellanhäufung direkt in das weiter folgende, untere Blatt, welches hier schon vollkommen vom oberen Blatt abgetrennt erscheint und welches das Mesoderm darstellt, während die in seiner Differenzierung sich etwas verspätende Zellen anhäuf ung die vordere Anlage des Mitteldarmepithels oder die vordere Entodermanlage dar- stellt« (1. c. 322). In ähnlicher Weise soll auch die hintere Entodermanlage entstehen, in deren Hinterpartie bald eine Proctodäaleinstülpung erscheint. Die obigen Verhältnisse sind in Fig. 3 — 16 dargestellt worden. Es ist jedoch zu bemerken, daß diese photographischen Aufnahmen nicht ganz einwandfrei sind. Von vornherein will ich darauf aufmerksam machen, daß die vordere Entodermanlage die vorderste Partie des unteren Blattes repräsentieren soll, und bei der Entstehung des Stomodäums hinter demselben zu liegen kommt. In dieser Weise muß notwendig anfangs die Stomodäaleinstülpung größtenteils von Zellen unbedeckt bleiben, was wohl sehr fraglich ist, denn wir wissen ja, daß unter den Insekten sowohl die Vorder- als Hinterdarmeinstülpung von einer Mesodermschicht bekleidet wird, die später die Muscularis der betreffenden Darmabschnitte liefert. Außerdem ist es schwer zu erklären, warum schon frühzeitig nach vorn von der Stomodäaleinstülpung eine Menge von Zellen zu sehen sind, die nach hinten mit der vorderen Entodermanlage in. Verbin- dung stehen, indem die betreffende Zellanhäufung allem Anschein nach von der vorderen Entodermanlage stammen muß (Fig. 5, 6 u, 9, 1. c). Meiner Auffassung nach sind die Abbildungen derart zu erklären, daß die Zellschichten und Anhäufungen, die das Stomodäum bekleiden, nicht entodermal, sondern größtenteils mesodermal sind und teils die Muskulatur des Vorderdarmes und der Oberlippe, teils auch die Sub- ösophagealkörper liefern, während die spärlichen Entodermzellen viel- leicht eine ähnliche Verwendung wie bei Euternies finden. Im Prinzip ganz ähnliche Verhältnisse wie bei Eutermes finden wir am Hinterende des Keimstreifens wieder, (Fig. 25 1. c.) Das Proctodäum soll sich hier in die hintere Entodermanlage einstülpen und somit von derselben bekleidet werden. Es scheint jedoch nicht 186 Henrik Strindberg, "unwalirscheinlich, daß diese hintere Entodermanlage nur der früher erwähnten Caudalplatte bei den Termiten entspricht, die nach innen von einer dünnen Entodermschicht bedeckt ist ; denn wenn wir Fig. 25, I.e., näher studieren, scheint es, als ob auch die »Entodermanlage << von zwei Zellschichten aufgebaut wäre, von denen dann vielleicht die äußere, dickere mesodermal, die innere, dünnere, entodermal ist. Die photographischen Aufnahmen von Schnitten älterer Embryonen können nur meine Auffassung über den Wert der vorderen und hinteren »Entodermanlage« bestätigen. Fig. 17 stellt einen »Sagittalschnitt durch die Übergangsstelle des Stomodäums in die Mitteldarmepithel- platten dar« (I.e. 348) und läßt sich am besten mit Fig. 53 meiner Arbeit vergleichen. In beiden Abbildungen hat sich das Ectoderm des Vorderdarmes nach vorn gebogen und umfaßt den distalen Rand seiner Muskelschicht, die unmittelbar nach hinten in das Mesoderm des Mitteldarmes übergeht. An das Ectoderm des Stomodäums schließt sich nun die wohl abgegrenzte Epithelschicht des Mitteldarmes, die bei Gryllotalpa nur sehr viel dicker als bei Eutermes und von länglichen Zellen mit großen Kernen aufgebaut ist. Ein Unterschied liegt niu* darin, daß die vordere Grenzlamelle bei Gryllotalpa verloren gegangen ist. Es scheint jedoch, als ob Überreste derselben speziell oben zu sehen sind. Noch ein zweiter Orthopter, der von Heymons (95) untersucht wurde, ist seitdem noch einmal betreffs der Mitteldarmbildung studiert worden, indem Nusbaum u. Fulinski (06) eine kürzere Arbeit über die Bildung der Mitteldarmanlage bei PJiyllodromia germanica ver- öffentlichten. Ihre Befunde stehen auch hier zu denjenigen Heymons' im Gegen- satz, indem das Mitteldarmepithel von einer vorderen und hinteren Entodermanlage, die miteinander durch einen medianen Entoderm- strang, Chordastrang, in Verbindung stehen, gebildet werden soll. Die vordere Entodermanlage wie der mediane Entodermstrang liefern sowohl »Zellmaterial für die Bildung des Mitteldarmepithels wie auch für die Bildung der Blutzellen« (1. c. 369), und gehen durch eine Einwanderung aus dem äußeren Keimblatt hervor. Wenn später die Stomodäaleinstülpung zum Vorschein kommt, befindet sich die vordere Entodermanlage unmittelbar hinter der- selben und steht noch mit dem äußeren Keimblatt in Verbindung, von dem noch neue Zellen nach innen in die Entodermmasse wandern. »Die weiteren Veränderungen dieser Anhäufung bestehen darin, Embryologische Studien an Insekten. 187 daß ein ansehnlicher Teil ihrer Zellen der vorderen und oberen Wand des Stomodäimis dicht anliegt, um mit dieser letzteren später innig zusammenzuwachsen; ein übrig gebliebener Teil der Zellen dieser An- häufung zerfällt aber sehr bald hinter dem Stomodäum in zwei Häuf- chen, die die Subösophagealkörper bilden . . .<< (1. c. 3G9). Die mehrschichtige vordere Entodermanlage wird bald einschichtig und stellt von jetzt an eine Entodermlamelle dar, die sich über das blinde Ende des Stomodäums schlägt und mit dem Ectoderm der späteren vorderen Grenzlamelle verwächst. Zuletzt wird auch die kleinere hintere Entodermanlage behandelt. Die Differenzierung und weitere Verwendung derselben in der Bildung des Mitteldarmepithels stimmt prinzipiell mit der vorderen überein. In Fig. 2 der betreffenden Arbeit finden wir eventuell im Prinzip ganz dasselbe Bild wie in Fig. 53 meiner Ai'beit wieder ; die kuppelartig her vorgetriebene vordere Grenzlamelle soll hier also von zwei Zell- schichten gebildet sein, von denen die äußere ectodermal, die innere entodermal ist, wie es in Fig. 10 und 11 (Nusbaum u. Fulinski) ange- deutet worden ist. Vgl. S. 155. Unter neueren Arbeiten über die Orthopterenentwicklung mag hier zuletzt diejenige von Hammerschmidt (10) über Dixippus morosus eine Besprechung finden. Von dem Keimstreifen lösen sich zuerst große Zellen ab, die sich der Dotteroberfläche anschließen und hier wahrscheinlich als Vitello- phagen wirken. Die betreffenden Zellen werden als »Dotterzellen« bezeichnet und vereinigen sich nicht miteinander zu einem Epithel. Es erfolgt dann eine neue Auswanderung von ähnlichen »Dotter- zellen«, die nach außen von den oben erwähnten einen epithelialen Zellverband, »Dotterzellenlamelle«, bilden, der nur auf den Bereich des Keimstreifens beschränkt ist und als Mitteldarmepithel zu bezeich- nen ist. Die Dotterzellenlamelle ist als primäres Entoderm anzusehen und nm- von provisorischer Natur, indem sie zugrunde geht und durch ein sekundäres »Entoderm« ersetzt wird, »das von mesodermaler Abkunft ist, und zwar vorn aus vorderen Partien der seitlichen Mesoderm- anlagen, nämlich den vom übrigen Mesoderm abweichend gestalteten Subösophagealkörpern, im Verlaufe des Körpers dagegen aus meso- dermalen Zellenanhäufungen in der Medianlinie« (I.e. 233). Die ectodermalen Einstülpungen des Storno- und Proctodäums haben mit der Bildung des Mitteldarmepithels nichts zu tun. Die Darstelluno; Hammerschmidts über die Entstehung des Mittel- 188 Henrik Strindberg, darmepithels bei Dixippus muß als sehr zweifelhaft angesehen werden. Wir finden indessen betreffs der Bildung des provisorischen Darm- epithels ähnliches bei Scolopendra wieder, wie es auch Hammerschmidt erwähnt hat. Auch meine eignen Untersuchungen lassen ja vermuten, daß wir gleichartige Verhältnisse, z. B. bei den Ameisen, erblicken können, wo speziell deutlich in den lateralen Partien der Keimscheibe sich Zellen losmachen, um miteinander einen epithelialen Verband zu bilden, der später das Mitteldarmepithel hervorgehen läßt. Dagegen ist die Bildung des definitiven Darmepithels von den Subösophagealkörpern und den Mesodermzellen in der Medianlinie des Körpers sehr fraglich. Wenigstens bei den Termiten ist ein Teilnehmen des Subösophageal- körpers am Aufbau des Mitteldarmepithels infolge der Lage desselben zwischen der Mittelpartie des Stomodäums und dem Unterschlund- ganglion nahezu ganz ausgeschlossen. Betreffs der medianen Mesodermzellen ist es wohl für die Insekten festgestellt worden, daß sie die Blutzellen liefern und mit der Bildung des Mitteldarmes nichts zu tun haben. Daß diese Blutzellen einzeln sich losmachen und dem fertig ge- bildeten Darmepithel wie angeheftet scheinen, habe ich oft beobachten können, obschon ich deshalb keineswegs die Vermutung auszudrücken wage, daß sie zur Bildung des Darmepithels beitragen, oder ein neues Epithel bilden sollten. Denn es ist in diesem Stadium das Epithel des Mitteldarmes schon fertig gebildet und von Anfang an definitiv. Zur Stütze seiner Ansicht hat Hammerschmidt die Befunde Hey- MONS (95) herangezogen, da dieser Forscher angegeben hat, daß sich Blutzellen an die Dottermasse anlegen, obschon gleichzeitig ein Teil- nehmen derselben an der Bildung des Epithels bestimmt zurückge- wiesen wurde. Auch ist von Hammerschmidt hervorgehoben worden, daß, bis zu einem gewissen Grade seine Befunde mit denen von Nusbaum u. FuLiNSKi (06) im Einklang stehen. Denn der größte Teil des Mitteldarmes wird nach ihnen aus »Blut- zellen« des Chordastranges gebildet, der hier entodermal, nach Ham- merschmidt aber mesodermal ist. Dagegen konnte Hammerschmidt weder eine vordere noch eine hintere Entodermanlage auffinden. Erwähnenswert ist, daß die Abbildunsen der beiden letzten Arbeiten Embryologische Studien can Insekten. 189 wenigstens in etwas älteren Stadien der Embryonen einander ziemlich gleich sind. Ein solches Stadium ist in Fig. 11, Nusbaum u. Fulinski (06) und Fig. 14, H.\mmerschmidt (10) dargestellt worden. Die Epithellamelle, die über das blinde Ende des Stomodäums zieht, stammt nach Nusbaum u. Fulinski von der vorderen Entoderm- anlage, während Hammerschmidt dieselbe von den mesodermalen Subösophagealkörpern herleitet. Ein inniges Zusammenwachsen der Epithellamelle und der Wand des Stomodäums wird jedoch von Hammerschmidt ganz in Abrede gestellt. Die Untersuchungen über die Orthopterenentwicklung, die seit 1894 erschienen sind, haben somit nicht alle die Auffassung Heymons' bestätigen können. Von Nusbaum und Fulinski wurde jedoch eine vordere und hintere Entodermanlage angenommen, die an der Bildung des Mitteldarm- epithels teilnehmen sollen. Ich habe dies hier noch einmal erwähnt, weil Heymons nach den Angaben Carrieres (90) für Chalicodoma darauf hingewiesen hat, daß, »während bei Chalicodoma das Mesoderm ausschließlich in der mittleren Partie des Keimstreifens ins Innere gelangt, die Mitteldarmanlagen räumlich davon abgetrennt sind und sich weiter vorn und hinten von der Blastodermschicht absondern«, und weiter: »Der Mitteldarm ent- steht vielmehr bei Chalicodoma aus dem zum Ectoderm werdenden Blastoderm, und zwar aus einer Partie desselben — die Darstellung von Carriere läßt hierüber keinen Zweifel aufkommen — welche später als Stomo- und Proctodäum sich ins Innere einsenkt. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß der Mitteldarm von Chalico- doma damit also auch, gerade wie bei den Orthopteren, vom stomo- däalen und proctodäalen Ectoderm abgeleitet werden kann, nur hat sich bei Chalicodoma das letztere, wenn die Mitteldarmanlagen abge- sondert werden, noch nicht in Vorder- und Enddarm selbst umge- staltet« (I.e. 118). Wir sollten somit bei Gryllotalpa und Phyllodromia vielleicht eine solche frühzeitige Differenzierung der Mitteldarmanlagen vor uns haben. Dies wird aber von Nusbaum und Fulinski (09) in Abrede gestellt: »Es ist also einleuchtend, daß die vordere Mitteldarmanlage als ein differenzierter Teil des unteren Blattes aufzufassen sei« (1. c. 327), und weiter: »daß es unberechtigt wäre, dieselbe lediglich als ein Produkt der ectodermalen Wand des Stomodäums zu betrachten, wie es 190 Henrik Strindberg, Heymons in seinen etwas schematisierten Abbildungen dargestellt hat« (1. c. 324). Es scheint mir jedoch, als ob die Auffassung Heymons' eben hier berechtigt wäre, denn wir sehen ja, daß bei Gryllotalpa die Entoderm- anlagen immer mit dem Vorder- und Hinterdarm in Verbindung stehen, und gleichzeitig oder, was für die hintere Entodermanlage zutrifft, früher als die Darmeinstülpungen erscheinen. Weiter haben auch Nusbaum und Fulinski folgendes ausgespro- chen, was noch mehr für die Auffassung Heymons' spricht: »In der Medianlinie und etwas nach oben entsteht an der Hinterwand des Stomodäums eine kleine Verdickung, ein keilförmiger Vorsprung, wo sich noch immer Zellen abtrennen, die innig mit der Anlage des Mittel- darmepithels zusammenwachsen, so daß an dieser Stelle eine Grenze zwischen den betreffenden Bildungen verwischt erscheint. Diese kleine Stelle der Stomodäalwand ist also noch nicht rein ectodermal, da hier noch eine Wucherung von Zellen stattfindet, welche sich der Anlage des Mitteldarmepithels zugesellen« (1. c. 322). Um eine Berichtigung der Ansicht Heymons' zu schaffen, will ich hier auf die Verhältnisse bei andern Hymenopteren, den Ameisen, näher eingehen, da ja Heymons eben die von Carkiere (90) über Chali- codoma gegebene Darstellung als Stütze seiner Auffassung verwandte. Es ist dann zuerst hervorzuheben, daß das Mitteldarmepithel bei den von mir untersuchten Ameisen nicht durch Auswachsen von Ecto- dermlamellen des Vorder- und Hinter dar mes gebildet werden kann. Denn das Mitteldarmepithel stellt schon vor dem Erschei- nen der ectodermalen Darmabschnitte einen allseitig um den Dotter geschlossenen Sack dar. Erst später kommt die Stomodäaleinstülpung zum Vorschein und stößt dann mit dem blinden Ende gegen dasMitteldarmepithel, ganz wie die Einstülpung desHinter- darmes. Ein Durchbruch kommt für die letztere erst larval zustande. Eine Kommunikation zwischen Mitteldarm und Vorder- und Hinterdarm wird somit anfangs durch zwei Epithelschichten verhindert, von denen die innere entodermal, die äußere ectodermal und vielleicht als vor- dere Grenzlamelle zu bezeichnen ist. Vgl. S. 159. Ein solches Verhältnis läßt sich nicht erklären, wenn man mit Heymons ein direktes Auswachsen von ectodermalen Epithellamellen zur Bildung des Mitteldarmepithels annimmt. Es bleibt uns somit noch übrig zu besprechen, ob bei Chalicodoma Embryolügische Studien an Insekten. 191 die vordere und hintere Wuclieruno des Blastoderms als ectodermale Mitteldarmanlagen betrachtet werden können, wie es Heymons (95) getan hat. Zwar ist für dieselben Wucherungen von Caeriere (90) der Aus- druck Entoderm verwandt und von Bürger (97) aus Pietät beibe- halten worden, obschon der letztere Forscher sich den Ausführungen und Folgerungen von Heymons nicht ganz zu verschließen vermag. »Übrigens würde ich mich — auf den Beobachtungen an Chalicodoma fußend — auch nicht entschlossen haben, einfach von einem ecto- dermalen Ursprung des Mitteldarmepithels zu reden . . .<< (I.e. 361). Von Anfang an soll hier hervorgehoben werden, daß eine vordere Wucherung des Blastoderms bei Formica gänz- lich vermißt wird. Dagegen scheinen die Verhältnisse am Hinterpol schwieriger zu deuten, indem hier, wie früher beschrieben wurde, zahlreiche Zellen des Blastoderms nach innen gedrängt werden, um eine polare mehr- schichtige Zellmasse zu bilden, die anfangs mit der oberflächlichen Schicht des Blastoderms in unmittelbarer Verbindung steht. Wir finden somit am Hinterpol des jPonm'ca-Eies im Prinzip ganz dieselben Vorgänge wieder, die Carriere (90) und Carriere u. Bürger (97) für Chalicodoma beschrieben haben. In diese hintere Zellwucherung soll nun bei Chalicodoma das Proctodäum eingestülpt werden, was aber wenigstens bei Formica gänz- lich ausgeschlossen ist, indem hier die Wucherung sich mit großem Lumen nach innen stülpt und von dem Hinterende der Keimscheibe überwachsen wird. Wir sehen dann in einem späteren Stadium das Hinterende der Keimscheibe über den Hinterpol der Dottermasse dorsal geschlagen; nach innen zwischen Keimscheibe und Mitteldarmepithel befindet sich polar die selbständig gewordene Zellwucherung als ein nunmehr solides Zellklümpchen. Wenn in diesem Stadium die Proctodäaleinstülpung erscheint, tritt sie morphologisch hinter dem Zellklümp- chen auf und stößt mit dem blinden Ende gegen das dor- sale Mitteldarmepithel. Ein Zusammenhang zwischen dieser hinteren Zell- wucherung und dem Hinterdarm muß also bei Formica ganz bestimmt in Abrede gestellt werden. Damit folgt wohl auch, daß man die Ansicht Heymons' mit den Vorgängen bei Formica nicht in Einklang bringen kann. 192 Henrik Strindberg, Unter früheren Untersuchungen über die Entwickhing im Ei von den Hymenopteren ist besonders diejenige von Gkassi (84) über Ajns zu bemerken, indem hier zum ersten Mal eine bipolare Anlage des Mitteldarmepithels angenommen worden ist. Nach Geassi sind bei Afis die beiden Mitteldarmanlagen meso- dermal und stammen von der vorderen und hinteren Partie des Meso- derms; von diesen Punkten an wachsen sie einander- entgegen und stellen nach dem Begegnen ein einschichtiges Mitteldarmepithel dar. Neuerdings sind die früheren Entwicklungsstadien der Biene wieder von DicKEL (04) studiert. Auch DiCKEL ist zu der Ansicht gekommen, daß es eine vordere und hintere Mitteldarmanlage gibt, die zusammen als Entoderm zu betrachten sind. Die vordere Entodermanlage entsteht durch einen Gastrulations- prozeß, indem sich ein Teil des Blastoderms nach innen stülpt und dann von der oberflächlichen Zellschicht, dem Ectoderm, abgeschnürt wird. Die Entstehung der hinteren Entodermanlage bleibt Dickel un- bekannt: »Eine Gastrulaeinstülpung, wie sie am vorderen Pole statt- findet, konnte bis jetzt bei der Biene noch in keinem Falle mit Sicher- heit nachgewiesen werden. Häufiger dagegen gelang der Nachweis eines, wenn auch nur kleinen Zellpfropfes an diesem Pole. « Dieser Zellpfropf wird als hintere Entodermanlage bezeichnet. »Wie diese aber entstanden ist, darüber können wir nur Vermutungen aufstellen . . .<< (1. c. 502). Es ist sehr wahrscheinlich, daß Dickel den vorderen und hinteren Pol des Bieneneies verwechselt hat, denn bei den Ameisen, Foriiiica, wird eine Einstülpung niu* am Hinterpol des Eies gebildet, während vorn eine ähnliche Erscheinung nie zu beobachten ist. Die hintere Entodermanlage Dickels gehört vielleicht dem unteren Blatt an und stellt die bei Chalicodoma und Camponotiis erwähnte Wucherung des- selben im Kopf dar, oder ist betreffs ihrer Entstehung in derselben Weise zu erklären, die ich für die Zellmasse am Hinterpol bei Formica verwandt habe. Im letzteren Fall sollen somit die beiden Entoderm- anlagen bei der Biene nur extraembryonales Blastodermmaterial re- präsentieren, das von der wachsenden Keimscheibe zusammengepackt und dann nach innen gedrängt oder gestülpt wird. Wenn meine Annahme richtig ist, kann die Einstülpung im Bienenei nicht als Gastrulation oder die eingestülpte Zellmasse als Entoderm angesehen werden, indem ja für Embryolügisclie Studien an Insekten. 193 Formica nachgewiesen ist, daß die betreffende Zellmasse nichts mit der Bildung des Mitteldarmepithels zu tun hat. Prinzipiell in derselben Weise, wie es Gbassi (84) für die Biene beschrieben hat, sollen sich die beiden Mitteldarmanlagen nach Car- RiERE (90) und Carriere u. Bürger (97) auch bei ChaUcodoma diffe- renzieren und dann gegeneinander wachsen, um das Mitteldarmepithel zu bilden. Ein direkter Vergleich zwischen ChaUcodoma und den von mir untersuchten Ameisen läßt sich betreffs der Mitteldarmbildung nicht durchführen, indem bei den Ameisen eine vordere »Mitteldarmanlage« vermißt wird. ChaUcodoma am nächsten steht jedoch unzweifelhaft Camponotus. Die Zellwucherung, die vorn im Cam/ponotus-'Ei in einem gewissen Stadium stattfindet, gehört jedoch unzweifelhaft der Keimscheibe an, indem sie, wie es speziell Querschnitte lehren, zwischen den beiden Seitenfalten in der Vorderpartie des Mittelfeldes gelegen ist (siehe näher die Abteilung über die Bildung der Keimblätter !), während bei ChaUcodoma dieselbe vor dem Vorderrand des Keimstreifens ent- stehen soll. Die Wucherung entspricht mit Wahrscheinlichkeit der von Car- riere u. Bürger als vorderer Mesodermabschnitt bezeichneten Zell- masse, die wie bei Camponotus im Bereich der späteren Kiefersegmente gelegen ist und nach hinten unmittelbar in den übrigen Teil des unteren Blattes übergeht. Eine ähnliche Bildung in der Hinterpartie der Keimscheibe wird vermißt. Zwischen dem mesodermalen und entodermalen Abschnitt soll nun bei ChaUcodoma eine scharfe Grenze vorhanden sein, die ich jedoch bei Camponotus nie habe beobachten können. Hier setzt sich die Wucherung des unteren Blattes nach vorn bis zum freien Rand des Ectoderms verdünnend fort, während nach vorn von der verdünnten Partie der Wucherung sich an medialen Sagittalschnitten einige große Zellen befinden, die jedoch von dem wachsenden Embryo von der Dotteroberfläche abgedrängt worden sind und dem extraembryonalen Blast oder m angehören. Wenn später die Stomodäaleinstülpung erscheint, stülpt sich die- selbe in die verdünnte Partie des betreffenden Mesodermabschnittes ein und liegt somit etwas nach vorn von der eigentlichen Zellwucherung im Bereiche der Kiefersegmente. Das blinde Ende des Vorderdarmes wird in dieser Weise nur von einigen wenigen Mesodermzellen bedeckt. Nach innen befindet sich das entodermale Mitteldarmepithel. Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 13 194 Henrik Strindberg, Nach Carrieee u. Bürger (97) soll nun bei Ckalicodoma die Einsenkung, die die Anlage des Vorderdarmes repräsentiert, in dem noch tätigen Wucherfelde des vorderen Entodermkeimes auftreten, so daß noch eine Zeitlang von dem Boden der Darmeinstülpung Ento- dermzellen nach innen wuchern, wie es in Fig. 90 u. 91 der betreffenden Arbeit dargestellt ist. Ahnliches wird bei Chalicodoma auch für den Hinterdarm angegeben. Bei Camponotus sind dagegen die Einstülpungen des Vorder- und Hinterdarmes nach innen deutlich von dem unteren Blatte abgegrenzt, wenn auch die Zellen der verschiedenen Zellverbände anfangs einander ziemlich gleich sind und denselben embryonalen Charakter besitzen. Speziell für den Hinterdarm ist bei Camponotus eine entodermale Zellwucherung von dem Boden des betreffenden Darmabschnittes ganz ausgeschlossen, indem hier der Hinterdarm in einem Stadium erscheint, wo das Mitteldarmepithel schon längst gebildet worden ist. Dasselbe trifft ebenfalls für den Hinterdarm bei Formica zu, während es sich vorn überhaupt um keine Wucherung handelt. Meiner Vermutung nach ist vielleicht die »Wucherung << derart zu erklären, daß die Grenze zwischen den verschiedenen Keimblättern verwischt wird, wenn die Stomo- und Proctodäaleinstülpung nach innen dringt. Die morphologische Bedeutung der Wucherungen und überhaupt der Mitteldarmanlagen bei Chalicodoma habe ich unten meiner Auffassung gemäß zu erklären versucht. Nach Carriere u. Bürger sollen nun von den beiden Mitteldarm- anlagen Zellmassen, »Seitenleisten«, zwischen dem Dotter und Blasto- derm nach hinten und vorn dringen, um sich in der Nähe des dritten Brustsegmentes zu begegnen: »Die Anlage des Mitteldarmes besteht nun aus zwei Entodermbändern, welche die Seiten des Embryos be- decken und an beiden Enden des Eies durch breitere, die Pole des Dotters schalenartig umfassende Querstücke verbunden sind, während sie Bauch -und Rückenseite frei lassen . . . Der weitere Ausbau des Mitteldarmes erfolgt in der Weise, daß sich die Entodermbänder zuerst über die Rückenseite, dann über die Bauchseite des Dotters ausdehnen und jeweils zusammenschließen« (1. c. 309). Es sind jetzt die Abbildungen Carrieres u. Bürgers näher zu analysieren und nach meiner Auffassung zu deuten. Fig. 130« stellt einen Querschnitt von Chalicodoma dar, in einem Stadium, wo die Entodermbänder nur die Seitenpartien des Dotters bedecken. Embryologische Studien an Insekten. 195 Die unteren Ränder der Entodermleisten strecken sich etwa bis zu den dorsalen Wänden der Cölomsäckchen. Prinzipiell ganz dasselbe Bild habe ich bei Camponotus gefunden, aber in einer ganz andern Weise gedeutet (Fig. 66). Ringsum die Dottermasse ist weiter an beiden Abbildungen eine epi- theliale Zellschicht zu sehen, die bei Chalicodoma von den Dotterzellen stammen soll : »Zur Zeit des Auftretens der Entodermstränge bilden die Dotterzellen an der Peripherie des Dotters in ziemlich gleichmäßiger Verteilung lagernd und miteinander im Zusam- i ä;- e>^/ menhange stehend, einen ^^ "l^^ vollständigen Sack um ).- J^^h den Dotter oder wenn "'''^^^i? man will, em prmiares ;,--^ '■'..*' Mitteldarmepithel << (1. c. ^--- C^' J. "^'^' 358), das später zugrunde "''" >'::''* V**!^\ gehen soll. 'v, .."' .'' '«'.'I Für Ca m^onofu.s kann , ',' -.' ;,' ich dieser Auffassung' gar - _, ; :9^- ,.•".» :[-^---p''^ '» ö' m ^A/ '/ nicht beitreten. Meiner Auffassung nach han- delt es sich nicht umDotterzellen, son- dern um das wirkliche entodermale Mittel - darmepithel, das dem unteren Blatte ent- stammt und nichts mit den Dotterzellen, Fig. 66. Dotterkerne, zu tun hat. Die letzteren sind speziell vorn und lateral innerhalb des Mittel- darmepithels im Dotter anzutreffen. In demselben Stadium ist bei Camponotus auch der Vorderdarm in die Länge gewachsen und stößt mit dem blinden Ende unmittelbar an das Mitteldarmepithel, was für die späteren Vorgänge bedeutungs- voll ist. Nach den Angaben von Carriere u. Bürger soll nun das primäre Mitteldarmepithel bei Chalicodoma von den Zellen der Entoderm- bänder in oben beschriebener Weise ersetzt werden, indem sie sich dorsal und ventral begegnen. 13* 196 Henrik Strindberg, Durch meine Untersuchimgen an Camfonotus habe ich jedoch nachweisen können, daß die entsprechenden Zellen ausschließlich von dem extraembryonalen Blastoderm stammen und somit nichts mit dem Entoderm zu tun haben. Das Aussehen und Schicksal der Zellen wurde schon früher be- schrieben. Ich brauche daher nur noch einmal zu bemerken, daß die Zellen von der Dorsalseite der Mitteldarmepithels auch ventral ge- schoben werden und dabei zwischen dem Mitteldarmepithel und den Cölomsäckchen hervordringen, um sich zuletzt in der ventralen Median- linie zu begegnen. In dieser Weise wird die Dottermasse im Querschnitt wie von einem zweiten einschichtigen Zeilverbande bekleidet, dessen Zellen sich durch rötlich färbendes Plasma auszeichnen und ziemlich locker an- einander liegen. An medianen Sagittalschnitten finden wir dagegen, daß an einer Stelle des Mitteldarmepithels die zweite Zellschicht vermißt wird, indem vorn das Stomodäum, sich dicht an das Mitteldarmepithel früher gefügt hat, als der betreffende Zellverband sich nach unten auszudehnen beginnt. Der topographische Unterschied zwischen ChuUcodoma und Cam- fonotus liegt somit nur darin, daß der Zellverband bei Chalicodoma anfangs nur lateral, bei Camfonotus dagegen dorsolateral ausgebildet ist. Wir sehen aber, daß später die beiden Seitenleisten bei Chalicodoma sich zuerst dorsal, dann auch ventral begegnen. Ein prinzipieller Unterschied dürfte hiermit nicht gegeben sein. Auch finden wir bei Chalicodoma ganz dieselben Verhältnisse wieder, die ich für das Verhalten des Vorderdarmes zum Mitteldarm- epithel bei Camponotus angegeben habe (Fig. 165 u. 166a). Aus den Abbildungen geht unzweideutig hervor, daß der ein- schichtige Boden des Vorderdarmes direkt an das »primäre« Mittel- darmepithel stößt (Fig. 165). »Die Zellen platten sich alsdann stark ab und weichen vollständig aus der Mitte des Bodens zur Peripherie, so daß der Boden in seiner Mitte jetzt eine dünne kernlose Membran darstellt. Dieselbe liegt der von den Dotterzellen um den Dotter ge- bildeten Hülle ganz dicht an<< (Fig. 166«, I.e. 357). Vorn und hinten von dem blinden Ende des Vorderdarmes findet sich die Zellschicht des definitiven Mitteldarmepithels, dagegen sind keine Entodermzellen über demselben zu sehen. Dies ist bemerkens- wert, denn nach den Angaben Carrieres u. Bürgers müssen wir Embryologische Studien an Insekten. 197 gerade an dieser Stelle ein definitives Mitteldarmepithel erwarten, das also über das blinde Ende des Vorderdarmes ziehen sollte. Denn es heißt zunächst: »Während die Entodermstränge einen vollständigen Sack um den Dotter bildeten, hat sich die Vorderdarm- und Enddarmeinstülpung entwickelt, um dem Dottersack, welchem die Entodermstränge em Epithel verliehen und der somit den jungen Mitteldarm repräsentiert, einen Eingang und einen Ausgang zu ver- schaffen« (1. c. 356). Ich glaube somit aussprechen zu können, daß die Bildung des Mitteldarmes bei Chalicodoma in derselben Weise wie bei Camponotus (Ameisen) verläuft. Das primäre Darmepithel bei Chalicodoma ist also eventuell nicht ein »primäres«, sondern ein definitives und stammt von dem unteren Blatt, dagegen nicht von den Dotterzellen (Dotterkerne), die allerdings hier und da gegen die Peripherie des Dotters geschoben werden und speziell in der Vorderpartie desselben zahlreich auftreten. Eine Teilnahme derselben am Aufbau des Mitteldarmepithels, wenn auch provisorisch, habe ich nie beobachten können. Das »sekundäre« Mitteldarmepithel gehört nicht zum Mitteldarm, sondern ist nur als ein extraembryonaler Zellverband aufzufassen, der in den Embryo eingepackt wird und sich hier über das wirkliche Mitteldarmepithel verbreitet . Die Zellen des betreffenden Verbandes sind jedoch bei Cam/ponotus nur ein Teil des extraembryonalen Blastoderms, indem ja eine große Partie desselben zur Bildung der serösen Hülle und der beiden polaren Zellanhäufungen außerhalb des Embryonalkörpers verbraucht wird. Bei Formica wird dagegen die ganze Vorderpartie des extra- embryonalen Blastoderms zur serösen Hülle, während die Hinter- partie desselben sich nach innen stülpt und im Embryo eine Zell- anhäufung bildet, die erst larval zugrunde geht. Die Zellanhäufung bleibt weiter immer im Hinterteil des Embryos, ohne sich, wie bei Camponotus, als ein epithelialer Zellverband um das Mitteldarmepithel auszudehnen. Wenn die Auffassung von Cakkiere u. Bürger über die Be- deutung der zweiten Zellschicht um den Dotter richtig ist, müssen wir für Formica notwendig annehmen, daß bei dieser Ameise das primäre von den »Dotterzellen« gebildete Mitteldarmepithel definitiv ist und daß somit das betreffende Epithel hier eine ganz andre Bildung ist als z. B. bei Camponotus und Chalicodoma, indem bei Formica das Material des wirklichen Mitteldarmepithels nur als eine Zellanhäufung 198 Henrik Strindberg, im Hinterteil des Embryos beibehalten wird, ohne zur Verwendung zu kommen!. Auch bei Myrmica findet sich immer um den Dotter nur eine Schicht von völlig gleichen Zellen, was ja im Prinzip an die Ver- hältnisse bei Formica erinnert. • Da ich somit bei den Ameisen wie bei den Hymenopteren im allge- meinen keine Stütze für diejenige Ansicht gefunden habe, die das definitive Mitteldarmepithel von einer vorderen und hinteren Anlage entstehen läßt, bleibt uns noch übrig auch andre Insektenordnungen zu besprechen, bei denen solche oder andre Anlagen vorhanden sein sollen. Coleoptera. Nach den Angaben der meisten Coleopte renforscher ist das Mitteldarmepithel ectodermal und wird von Lamellen des Stomo- und Proctodäums gebildet. Am frühesten erschien die Ai'beit von Voeltzkow (89) über Melo- lontha, die als Resultat gab, daß es sich um eine vordere und hintere Lamelle handelt, die von der Ventralseite des Stomo- und Procto- däums ausgeht und sich allmählich in zwei Seitenstränge spaltet. Da aber unzweifelhaft Voeltzkoav nur Querschnitte studiert und abge- bildet hat, ist ein sicheres Urteil über die Herkunft des Mitteldarmes in dieser Weise fast unmöglich und kann nur dadurch gewonnen werden, daß vor allem auch Sagittalschnitte zur Verwendung kommen. Die Querschnitte Voeltzkows können ohne Schwierigkeit zu- gunsten einer vorderen und hinteren Entodermanlage oder, wie ich es für Chrysomela getan habe, eines Entodermstranges in der ganzen Ausdehnung des unteren Blattes gedeutet werden. In dem letzteren Fall ist natürlich die vordere und hintere Lamelle derart zu erklären, daß der Mittelstrang vorher in zwei Seitenstränge gespaltet ist, die einander vorn und hinten wieder median und im Anschluß an das Ectoderm des Stomo- und Proctodäums begegnet haben, oder daß die Spaltung des Stranges vorn und hinten oder, wie bei Chrysomela, nur hinten unterbleibt (Fig. 67 a, b. ent). Etwas ausführlicher als Voeltzkow haben sich später Lecaillon (98), Deegener (1900) und Friederichs (06) geäußert, obschon Kom- binationen von Quer- und Längsschnitten iiicht zur Genüge verwandt worden sind. Speziell die Abbildungen Friederichs' lassen nicht allzudeutlich 1 Unter Voraussetzung, daß die hinteren Wucherungen bei Chalicodoma und Formica mit einander homolog sind. Embryologische 8tudien an Insekten. 199 den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Ectodermlamellen und dem Ectoderm des Storno- und Proctodäums erkennen, wie auch die Abbildungen der beiden andern Forscher in der von mir bei Chrijsomela angegebenen Weise gedeutet werden können. Vor allem sind die Verhcältnisse am Proctodäum bemerkenswert, wo wenigstens Friederichs (Fig. 67) und auch Voeltzkow (Fig. 12) die mitteldarmbildenden Zellen dorsal und seitlich vom Proctodäum abgebildet haben, was ja mit meiner Meinung, daß der entodermale ^■X. fj^: 'P w'-' •-;. .)• ■ .'■^•: malph tl0^ - \ ^.^ '•• enr. Fig. 67 a und h. Mittelstrang von dem blinden Ende des betreffenden Darmabschnittes median wie zurückgehalten wird, und daher an Medianschnitten als eine, wenn auch kurze Lamelle erscheint, übereinstimmen kann. Daß die Auffassung der oben genannten Forscher sehr fraglich ist, lehren außerdem Querschnitte durch die Stomodäalgegend von Chryso- mela hyperici in einem Stadium, wo sich die lateralen Mitteldarm- lamellen noch nicht median und ventral begegnet haben i. Wir finden dann, daß die Mitteldarmlamellen in mehreren Schnitten das distale Ende des Stomodcäums immer seitlich umfassen, um zuletzt proximal mit freiem Rand zu endigen, was aber nicht möglich wäre, wenn wirklich die Lamellen von dem Ectoderm des Stomodäums stammen sollten (Fig. 68, I — IV). Zwar könnte man vielleicht daran denken, daß die Lamellen zuerst eine Strecke weit lateral vom Stomodäum ausgedehnt sind und dann 1 Eine Ausnahme machen die Lamellen vorn, indem sie sich oberhalb des Stomodäums begegnet haben. (Siehe Schema Fig. 68). J 200 Henrik Strindberg, splm wieder nach hinten umbiegen, um sich zuletzt mit dem stomodäalen Ectoderm zu vereinigen. Dadurch müßten aber die Lamellen in einigen Schnitten auch jederseits zweimal getroffen werden, was aber keines- wegs der Fall ist. Ein ectodermales Mitteldarmepithel vom Stomo- und Proctodäum muß daher für Chrijsomela ganz bestimmt in Abrede gestellt werden. Unter den Coleopterenforschern, die sich für ein entodermales Mitteldarmepithel ausgesprochen haben, lassen einige dasselbe aus einer vorderen und hinteren Anlage entstehen, während andre der Meinung sind, daß das Ento- derm von dem unteren Blatte der Länge nach differenziert wird. Die erstere Auffassung wird von Wheeler (89), die letztere von Kowa- LEWSKY (71), Heider (89) vertreten. Nach Wheeler sollen bei Dorijpliora die beiden Anlagen als zwei Anhäufungen des Mesoderms differenziert werden: "Under the stomodaeal depression and vmder the caudal plate, where it forms a large mass of cells projecting into the as yet unsegmented yolk just beneath it" (1. c. 330). Eine Anhäufung von Zellen in der Nähe der Stomodäaleinstülpung, die als eine vordere Entodermanlage angesehen werden könnte, habe ich bei Chrysomela nie beobachtet. Dagegen ist dies hinten der Fall, indem hier das Zellmaterial des unteren Blattes wie bei Dorijpliora sehr viel größer ist, als in den übrigen Teilen der Keimscheibe und wohl dadurch bei der Differenzierung desselben eine größere Zahl von Mitteldarmzellen gebildet wird, während sie vorn nur spärlich repräsentiert sind. Wenn später die Proctodäaleinstülpung zum Vorschein kommt wird ein eroßer Teil des hier befindlichen Mesoderms zur Muscularis der betreffenden Darmpartie verwandt und weicht an dem blinden Ende des Proctodäums zurück, wodurch die sich bildende hintere Grenzlamelle nur von Entodermzellen bedeckt wird. Das Entoderm Embryologische Studien an Insekten. 201 ist jedoch hier ziemlich verdünnt, während die eigentliche Entoderm- anhäiifung etwas mehr nach vorn gelegen ist. In dieser Weise liegen die Verhältnisse bei Chrijsomcla und stimmen darin mit denjenigen bei DorypJwra überein (Fig. 70, Wheeler) (vgl. Fig. 29, 30, 67, ent). Etwa in demselben Stadium zieht sich das Mesoderm in zwei Bändern lateral zur Bildung der Cölomsäckchen zurück und wird von dem Entoderm begleitet, das anfangs jedoch median von den späteren Cölomsäckchen liegen bleibt (Fig. 46 — 49, ent). Wenn man somit in diesem Stadium Querschnitte durch die Median- partie des Embryos studiert, tritt das Entoderm als zwei etwas lateral von der Medianlinie geschobene Zellstreifen hervor, deren Zellen hinten zahlreicher werden und in der Nähe des Proctodäums miteinander median in Verbindung stehen. Hinten ist auch zu bemerken, daß die Entodermbänder noch mehr lateral geschoben sind und dadurch den Cölomsäckchen dorsal aufliegen. Da nun dasselbe auch vorn zutrifft, wird natürlich nur in der Medianpartie des Embryos eine Zeitlang eine Zone beibehalten, wo die Entodermstreifen nicht dorsal, sondern median von den Cölomsäckchen liegen. Der Grund hierzu ist vielleicht darin zu suchen, daß der Embryo in seiner Mittelpartie breiter ist als vorn und hinten, wo- durch hier die laterale Verschiebung der Entodermbänder verspätet erscheint. In der hier oben beschriebenen Weise lassen sich vielleicht die beiden hufeisenförmigen Anlagen des Mitteldarmepithels bei Dory- fliora erklären, wenn man auch annimmt, daß in der Nähe des Stomo- däums die beiden Entodermstreifen wieder median verlötet sind. Die Resultate, die ich bei Chrysomela gewonnen habe, stimmen prinzipiell mit denjenigen Kowalewskys und Heiders überein. Zwar hat KowALEWSKY die Entstehung des Entoderms aus der verdickten unteren Wand der Ursegmente durch Spaltung beobachtet, was aber unzweifelhaft darin seine Erklärung findet, daß er nur ältere Stadien studiert hat, wo die Entodermstreifen schon dorsal von den Urseg- menten geschoben waren. Demgemäß konnte auch Heider bei Hydrophilus nicht die An- sicht Kowalewskys bestätigen, sondern meinte, und wie ich glaube ganz richtig, »daß das Darmdrüsenblatt ursprünglich den medianen Anteil der paralecithalen Schicht des unteren Blattes repräsentiere und erst durch eine Lageverschiebung nach der lateralen Richtung unter die Ursegmente gelange« (I.e. 70). 202 Henrik Strindberg, Lepidoptera. Unter den iVxbeiten der Lepidopterenembryologie sollen hier die- jenigen von ScHWAEZE (99), ToYAMA (02) und ScHWANGAET (04) zu- nächst eine Besprechung finden, indem sich diese Forscher speziell mit der Mitteldarmfrage beschäftigt haben. Die Arbeit Toyamas habe ich nicht zur Verfügung gehabt und muß daher das Resüme Heymons' (05) anwenden. Nach ScHWAEZE sollen bei Lasiocamqm von dem Ectoderm des Stomo- und Proctodäum zwei Lamellen auswachsen, die einander begegnen, um das ectodermale Mitteldarmepithel zu liefern. Prinzipiell dieselbe Bildungsweise des Mitteldarmepithels \\T.u'de auch etwas später von Toyama bei dem Seidenspinner beschrieben. Zuletzt hat Schwangaet speziell bei Endromis zwei Mittel- darmanlagen gefunden: »Die vordere und die hintere Darmdrüsen- blattanlage gehen aus Teilen des unteren Blattes hervor, welche bei der Einstülpung des Stomodäums und Proctodäums mit den blinden Enden dieser Darmteile in die Tiefe geschoben werden« (1. c. 208). Die vordere Anlage wird aus einer größeren Anhäufung des unteren Blattes differenziert, die durch einen Gastrulationsprozeß ohne Bildung einer Gastrularinne entsteht, »Gastrulakeil <<, Der größte Teil der Anhäufung soll nun in den Dotter hinein- wandern und später höchst wahrscheinlich nebst den Dotterzellen an der Bildung der Darmdrüsenblattstreifen teilnehmen. Nach ScHWAEZE und Toyama sind somit die Mitteldarmanlagen ectodermal, nach Schwangaet dagegen entodermal. Soweit meine Beobachtungen ausreichen, können die von den oben genannten Forschern gewonnenen Resultate über die Entoderm- frage und Bildung des Mitteldarmes bei den Lepidopteren unter die- selben Gesichtspunkte fallen, die ich für die von mir untersuchten Insekten dargelegt habe. Es ist jedoch hervorzuheben, daß neue Untersuchungen über die betreffenden Fragen geboten sind. Diptera. Die Arbeiten der Dipterenembryologie, die hier zunächst in Be- tracht kommen sollen, sind speziell diejenigen ,die die Muscidenent Wick- lung behandeln und von Kowalewsky (86), Yoeltzkow (89), Geabee (89), Escheeich (1900) und Noack (Ol) geliefert worden sind. Die genannten Forscher stimmen alle darin überein, daß das Mitteldarmepithel von einer vorderen und hinteren Anlage gebildet Embryologische Studien an Insekten. 203 wird. Die Natur der beiden Anlagen ist aber der Gegenstand von Kontroversen, indem Kowaleavsky dieselben von dem unteren Blatt, Ento-Mesoderm, entstehen läßt, während Escheeich und Noack der Ansicht sind, daß die Mitteldarmanlagen selbständig entstehen, daß es somit kein Ento-Mesoderm gibt. VoELTZKOW und Graber endlich sprechen sich für ein ectodermales Mitteldarmepithel aus, das dem Storno- und Proctodäum entstammen soll; wenigstens stimmen ihre Angaben für die hintere Anlage ziemlich überein. Wenn es gilt, ein eignes Urteil über diese gar nicht leicht zu lösende Mitteldarmfrage der Museiden zu gewinnen, ist es natürlich notwendig eine eigne Untersuchung vorzunehmen. Ich muß mich aber hier nur damit begnügen, die Ergebnisse der bisherigen Muscidenforscher in Übereinstimmung mit meiner Auffassung zu deuten zu versuchen und will dabei speziell auf diejenigen Verhältnisse hinweisen, die uns bei der Ameisenentwicklung begegneten. Oben habe ich mehrmals auf die eigenartige Verwendung des extraembryonalen Blastoderms der Ameisen aufmerksam gemacht, in- dem nur eine kleine Partie desselben zur Bildung der serösen Hülle verbraucht wurde, während der größte Teil ganz, wie bei Formica, in den Embryonalkörper durch Einstülpung gelangte, oder, wie bei Cam- 'ponotus, teils außerhalb, teils innerhalb desselben verteilt wurde. Auch wurde oben ausführlich die Vermutung begründet, daß solche eliminierte Partien des extraembryonalen Blastoderms allem An- schein nach bei Apis und Chalicodoma in Gestalt der beiden Zellwuche- rungen auftreten, die nach Grassi (84), Carriere (90) und Carriere u. Bürger (97) als vordere und hintere Entoderm-(Mitteldarm-)anlagen anzusehen sind. Da nun aber die Museiden nicht nur die Serosa, sondern auch das Amnion entbehren, sind wir wohl berechtigt an- zunehmen, daß die Zellen, die den Serosa- und Amnion- zellen der Insecta amniota homolog sind, entweder die Rückenhülle des Embryos aufbauen oder in der einen oder andern Weise eliminiert werden. Der Mangel der Embryonalhüllen bei den Museiden muß wohl unbedingt als eine sekundäre Erscheinung betrachtet werden, zumal da es Dipteren gibt, die noch beide Hüllen besitzen und übrigens bei den Museiden zwei Amnionfalten vorübergehend auftreten sollen, die, wie es scheint, in der Rückenbildung eine Verwendung finden. Nach der Mehrzahl der Insektenembryologen gehen nun aber die 204 Henrik Strindberg, Embryonalhüllen zugrunde, wenn sie auch, für gewöhnlich das Amnion, vorüberoehend einen Rückenverschluß des Embryos bewirken können. Es scheint mir daher die Annahme natürlich, daß diejenigen Zellen der Museiden, die einst die Embryonalhüllen bildeten, auch zurzeit demselben Schicksal wie vorher unterliegen können. Warum können nun nicht wenigstens gewisse Partien der betreffen- den Zellen wie bei den Hymenopteren beiseite gedrängt werden, indem Zellverbände durch Wucherung oder Invagination nach innen gelangen, während andre vielleicht von den emporwachsenden Körper- rändern, wie bei den Ameisen, Formica, ebenfalls nach innen gedrängt werden ? Ich will diese beiden Fragen der Reihe nach zu beantworten ver- suchen. Wenn wir dann zuerst die Arbeit Escherichs (1900) berück- sichtigen, soll das Mitteldarmepithel entodermal sein und aus einer vorderen und hinteren Anlage entstehen; die Anlagen werden beide durch eine Invagination gebildet und ihrer Entstehung und Verwen- duno; oemäß als Urdärme erklärt. Zwischen den beiden Urdarminva- ginationen findet eine dritte langgestreckte Invagination statt, die nur Mesoderm liefern soll. Aus der Darstellung Escherichs und aus einem Vergleich mit der Fig. 19 einerseits und den Fig. 66 u. 76 anderseits müssen wir not- wendig annehmen, daß es zwei Endstücke des Keimstreifens bei den Museiden gibt, da ja ein großer Teil desselben hinten durch die In- vagination des Urdarmes eliminiert wird. Weiter spricht er sich nicht klar über die Deutung der Text- f ig. VII aus: »Nebenstehendes Schema (Fig. VII) soll zur kurzen Orientierung der fraglichen Verhältnisse dienen. Wir entnehmen dem- selben, daß der Keimstreif bis a sich in schräger Richtung in den Dotter versenkt; bei b findet er sein Ende und geht hier ohne Grenze in das Amnion über, das er bei dem Einwachsen in den Dotter mit herein- gezogen hat. Die Strecke a — b zeigt also gleichzeitig die Ausdehnung der Amnionhöhle an. Von Punkt d — b stülpt sich nun der Keimstreif zum Urdarm ein; auf der ganzen Strecke haben wir also ledighch Ectoderm und Entoderm<< (1. c. 344). Unter anderm ist die Strecke a — b als Anmion bezeichnet, was ja keineswegs zuläs'sig ist, da es kein Amnion gibt, wohl aber Zellen, die den Amnionzellen der Insecta amniota homolog sein können. Übrigens soll das Amnion nach Escherich ein Teil des Rückenblastoderms sein, der beim Versenken des Hinterendes des Keimstreifens mit eingezogen Embryologische Studien an Insekten. 205 wurde. Es ist aber klar, daß diese Blastodermpartie nur als »Amnion << bezeichnet werden kann, wenn sich ergeben sollte, daß sie dem Keim- streifen entstammt. Denn wir wissen ja, daß die Zellen, die bei den Insecta amniota das Amnion liefern, ein Derivat des Keimstreifens, Keimscheibe oder embryonalen Blastoderms repräsentiert. Fig. 19, Taf. XII, Escherich, stellt einen Längsschnitt durch ein Muscidenei in einem Stadium dar, wo das Hinterende des »Keim- streifens« etwas in den Dotter invaginiert ist. Die invaginierte Partie repräsentiert die hintere Mitteldarm- anlage und zeichnet sich durch ihre stark in die Länge gestreckten Zellen aus. In den folgenden Stadien wird die Invagination sehr viel tiefer, während gleichzeitig die in- vaginierte Partie sich beträcht- lich in die Längsachse des Eies ausdehnt und weiter derjenige Teil des Keimstreifens, der sich in der unmittelbaren Nähe der Invagination befin- det, auch eine Strecke weit mit in die Einstülpung ein- gezogen wird. Diese Verhältnisse sind von Escherich in Fig. 66, Taf. XIV, dargestellt worden (Fig. 69). An der Stelle, wo der in die Einstülpung mit eingezogene Teil des Keimstreifens, in der morphologisch ventralen Wand des Urdarmes umbiegt, findet sich nun der Endpunkt des Keimstreifens und ist in Textfig. VII mit dem Buchstaben h bezeichnet. An der betreffenden Stelle macht sich der Urdarm los und verliert das Lumen, wodurch eine solide Zellmasse, die hintere Mitteldarm- anlage, gebildet wird. Dieselbe liegt in der Textfig. dem Ectoderm des Keimstreifens dicht an, während das Mesoderm desselben winkel- artig umbiegt und sich dicht an die morphologische Vorder fläche der Entodermmasse drückt. Diese sich am Hinterende des Keimstreifens abspielenden Vor- gänge lassen sich vielleicht in andrer Weise erklären, wenn wir uns der Entwicklungsvorgänge der Ameisen, Formica, erinnern (Fig. B, Schema II). Fig. 69. 206 Henrik Strindberg, Es scheint mir somit nicht ganz aiisgesclilossen, daß die invaginierte Partie des »Keimstreifens <<, Escherich, tatsächlich eine Partie des extraembryonalen Blastoderms repräsentiert, die wie bei den Amei- sen, Formica, durch Einstülpung nnd spätere Abschnürnng von der Oberfläche eliminiert wird. Die Einstülpung wird wohl dann durch das Wachstum der Keim- scheibe bedingt, denn wir finden in den folgenden Stadien, daß das Hinter ende immer an der Dorsalseite des Eies nach vorn rückt. Wir erhalten vielleicht dadurch auch eine Erklärung, warum die Einstül- pung tiefer wird und sich in der Längsachse des Eies ausdehnt. Bei Formica schlägt sich nun das Hinterende der Keimscheibe über die Mündung der Invagination und gelangt über den Hinterpol des Eies an die Dorsalseite, wodurch die invaginierte Zellpartie von der Keimscheibe losgemacht wird und das Lumen verliert. Bei den Museiden dagegen liegen die Verhältnisse etwas anders. Hier wächst das Hinterende der Keimscheibe in das Lumen der Invagi- nation hinein und wird mit einer bei der Invagination hineingezogenen Partie des Blastoderms verlötet, wodurch der größte Teil der invagi- nierten Partie losgemacht wird und sich in eine solide Zellmasse wie bei Formica umwandelt. Es wird somit ein kleinerer Teil der Invagination, das »Amnion«, nicht von der Oberfläche abgelöst, sondern tritt mit dem neuen Hinter- ende der Keimscheibe in unmittelbare Verbindung. Die von Esche- rich als »Amnionhöhle << bezeichnete Spalte stellt also nur das Über- bleibsel des Invaginationslumens dar. Erst nachdem sich ein großer Teil des eventuellen extraembryo- nalen Blastoderms in oben beschriebener Weise losgemacht hat und eine solide Zellmasse bildet, tritt sowohl bei Formica als bei den Museiden die Proctodäaleinstülpung auf. Das blinde Ende derselben stößt dann unmittelbar an die Zell- masse, die später gleichsam in die Höhe gehoben wird, wenn das Procto- däum in die Länge wächst. Dies trifft nur für die Museiden zu, da- gegen nicht für Formica, da hier die eventuell homologe Zellmasse schon früher eine Strecke weit ventral geschoben ist. Bei den Ameisen ist der After schon von Anfang an an der Ober- fläche gelegen, bei den Museiden dagegen zuerst in der »Amnionhöhle«, um erst allmählich eine oberflächliche Lage einzunehmen. Die Lage- veränderung des Afters steht wohl mit dem Wachstum der Keim- scheibe dorsal nach dem Vorderpol des Eies im Zusammenhang, indem gleichzeitig das »Amnion« und die »Amnionhöhle« immer kleiner Embryologische Studien an Insekten. 207 werden; die »Amnionf alte << wird ausgeglättet (Fig. 77, Escherich; Fig. 71, 24, 25, Graber). Die Vorgänge, die sich am Vorderpol des Eies abspielen, können vielleicht in ähnlicher Weise ihre Erklärung finden. Ein direkter Ver- gleich mit Formica läßt sich natürlich nicht ohne weiteres durchführen, während dagegen Camponotus für unsern Zweck vieles von Interesse darbietet, indem hier nicht das ganze extraembryonale Blastoderm vor der Keimscheibe zur Bildung der serösen Hülle eine Verwendunor findet, sondern größtenteils eliminiert wird, in dem die Zellen desselben von der Eioberf lache polar abgedrängt werden. Es ist nun nicht unwahrscheinlich, daß es bei den Museiden solche extraembryonale Zellen sind, die vor der Keimscheibe wie auch hinter derselben durch eine Invagination eliminiert werden. Die Invadna- tionsöffnung wird dann von der Keimscheibe nach vorn überwachsen, wodurch die invaginierte Zellpartie sich abschnürt und eine solide Zellmasse innerhalb der Keimscheibe bildet. Wenn später die Stomodäaleinstülpung erscheint, stößt das blinde Ende derselben gegen die abgeschnürte Partie des extraembryonalen Blastoderms. Bei der Invagination wird eine Falte hervorgerufen, die als Kopf- falte des Amnions bezeichnet ist, und bald wieder ausgeglättet werden soll. Erst dann tritt die Stomodäaleinstülpung auf, wodurch die Ver- hältnisse hier klarer als am Hinterpol liegen.. Nach dem hier oben gegebenen Erklärungsversuch sollten somit die beiden Invaginationen nicht die vordere und hintere Mitteldarmanlage der Museiden liefern, sondern nur Partien des extraembryonalen Blastoderms repräsen- tieren, die in dieser Weise von der Oberfläche abgedrängt werden. Die invaginierten Partien werden bald in solide Zellhaufen um- gewandelt, die anfangs gut von dem Ectoderm des Stomo- und Procto- däums abgegrenzt sind. Später aber, wenn die betreffenden Darm- abschnitte in die Länge wachsen, gehen die Grenzlinien verloren (Escherich). Nach den Angaben der verschiedenen Muscidenforscher sollen nun die Zellanhäufungen in je zwei strangförmige Fortsätze aus- wachsen und zuletzt das Mitteldarmepithel bilden, was aber meinem Deutungsversuch gemäß sich nur topographisch verteidigen läßt. Das eventuelle entodermale Mitteldarmepithel muß dagegen in einer andern Weise geliefert werden und zwar, wie ich glaube, von dem 208 Henrik Strindberg, unteren Blatte. Die Differenzierung desselben ist dann bei den Musei- den jedenfalls sehr verspätet, denn wenn wir z. B. Fig. 73, Taf. XIV, Escherich, studieren, finden wir einige Zellen des » Mesoderms <<, die nicht im Niveau mit dem Rest des Zellverbandes liegen und vielleicht das definitive Entoderm repräsentieren. Es sind vielleicht auch diese Zellen, die sich später einander nähern und die beiden lateralen Zellanhäufungen bilden, die an Querschnitten von VoELTZKOW, Fig. 68 u. a. mit mii und von Graber, Fig. 36 u. a. mit df bezeichnet sind (Fig. 70). Nach den genannten Forschern sollen aber die betreffenden Zell- anhäufungen die Muscularis des Mitteldarmes liefern. Wenn wir aber .speziell die detaillierteren Abbildungen Grabers studieren, finden wir, daß sie von großen Zellen aufgebaut sind, die sich von den übrigen mesodermalen Elementen wohl unterscheiden lassen. Vielleicht werden spätere Unter- suchungen lehren, daß es eben diese Zell- anhäufungen sind, die sich ventral und dorsal ausdehnen und zuletzt einander begegnen, um das wirkliche Mitteldarm- epithel zu bilden, während die Muscularis wie bei den Insekten im allgemeinen von denjenigen Mesodermzellen geliefert wird, die in Fig. 34 u. a. Graber, von den Haufen eventueller Entodermzellen nach oben als eine punktierte Linie gezeichnet sind, oder wenigstens von Mesodermzellen nach außen von den betreffenden Haufen. Zur Stütze der hier oben gegebenen Interpretierung, will ich darauf aufmerksam machen, daß Voeltzkow in Fig. 86 eine Muscu- laris abgebildet hat, die >>in eine zarte äußere Längsmuskulatur und eine innere starke Ringmuskulatur << gesondert ist. Es ist nicht ganz ausgeschlossen, daß die von Voeltzkow beobachtete innere wohl- entwickelte Schicht der Muscularis in der Tat dem wirklichen Mittel- darmepithel entspricht, während die äußere zarte Muskelschicht mit der eigentlichen Darmmuskelschicht identisch ist. Nach innen von dem eventuellen Mitteldarmepithel findet sich nun der epitheliale Zellverband, der der vorderen und hinteren Zell- anhäufung entstammt und von den Muscidenforschern als Mitteldarm- epithel in Anspruch genommen ist. Daß im Prinzip ähnliches auch bei andern Insekten vorkommt, wissen wir ja durch meine Untersuchungen Fig. 70. Embryulogisclie Studien an Insekten. 209 an den Ameisen, Camponotus, wo ebenfalls Zellen des extraembryo- nalen Blastoderms in das Körperinnere gelangen, um hier um das wirkliche Mitteldarmepithel einen epithelialen Zellverband zu bilden. Der Unterschied zwischen den Verhältnissen bei den Museiden und Camponotus sollte dann nur darin liegen, daß bei den erstercn das extraembryonale Blastoderm außerhalb, bei dem letzteren innerhalb des Mitteldarmepithels zu finden ist. Auch bei der Entwicklung des Mitteldarmepithels des Imago- stadiums der Museiden ist zu bemerken, daß nach Kowalewsky (86) das larvale Mitteldarmepithel von zwei wohl gesonderten Zellschichten aufgebaut ist, von denen die innere abgestoßen wird, um in dem Puppendarm zugrunde zu gehen, während die äußere vielleicht von den drei Imaginalscheiben stammt und dm'ch dieselbe ersetzt werden soll. Spätere Untersuchungen müssen entscheiden, ob dies der Fall ist, oder ob nicht die äußere Zellschicht des Mitteldarmes in der Tat das wirkliche Mitteldarmepithel der Embryonen repräsentiert und somit nicht von den Imaginalscheiben gebildet, sondern durch diese nur ersetzt wird, während die innere dem topographischen, dem extraem- bryonalen Blastoderm entstammenden Mitteldarmepithel entspricht. Zuletzt will ich auch auf die Arbeit Kitters (90) über die Ent- wicklung des Darmkanals bei Chironomus aufmerksam machen, indem wir hier im Verhältnis zu der Muscidenentwicklung sehr viel von Interesse beobachten können. Bei Chironomus ist zuerst zu bemerken, daß das ganze extraembryo- nale Blastoderm zur Ausbildung der serösen Hülle verwandt wird und daß weiter die Randzone der Keimscheibe die Amnionzellen liefert, d. h. es werden die beiden Embryonalhüllen ganz wie bei den Insekta amniota im allgemeinen gebildet; wenigstens lassen die Abbildungen nicht anders erkennen. Es ist nun vor allem wichtig, daß auch die beiden Invaginationen, die nach Escherich u. a. die Mitteldarmanlagen der Museiden liefern sollen, bei Chironomus ganz vermißt werden, und daß das Mitteldarm- epithel aus dem unteren Blatte, Ento-Mesoderm, der Länge nach ge- bildet wird. Die Zellen des Mitteldarmepithels sollen zuerst segmentweise als sogenannte Segmental wülste, Mitteldarmwülste, aus dem unteren Blatte differenziert werden, um sich später in zwei Lateralstränge zu verwandeln, die an Querschnitten eine verdächtige Ähnlichkeit mit der Lage und Gestalt der sogenannten Muscularis von Voeltzkow und Graber aufweisen. Nach außen von den Lateralsträngen ist das Zeitschrift f. wiäsensch. Zoologie. CVI. Bd. ]4 210 Henrik Strindberg, Darmfaserblatt zu sehen, das hier dieselbe Ausdehnung wie das Darm- drüsenblatt besitzt. Die Schließung des Mitteldarmes erfolgt dann in gewöhnlicher Weise, indem die beiden Blätter ventral und dorsal zum Verlöten wachsen. Die Entwicklungsvorgänge, die uns bei Chironomus begegnen, stimmen somit prinzipiell mit denjenigen überein, die ich bei den von mir untersuchten Insektenembryonen beobachtet habe. Wir erhalten auch dadurch eine gute Stütze für die Vermutung, daß es bei den Mus- eiden keine vordere und hintere Entodermanlage gibt, sondern daß diese »Anlagen << nur ein Abortivmaterial des extraembryonalen Blasto- derms repräsentiert, das vorn und hinten vielleicht von der wachsenden Keimscheibe durch Invagination eliminiert wird. Unter denselben Gesichtspunkt fallen wohl auch die Hymenopteren, vor allem Chali- codoma und Aj)is, deren Entwicklung betreffs der Entstehung und Verwendung der beiden »Mitteldarmanlagen << sehr mit derjenigen der Museiden übereinstimmt. Myriopoden. Wie schon vorher angedeutet worden ist, stimmen die Angaben ZoGEAFFs und Heathcotes darin überein, daß bei den Myriopoden das Mitteldarmepithel von den »Dotterzellen« gebildet wird, was aber Heymons (Ol) für Scoloj)endra nicht bestätigen konnte, indem er hier beobachtete, daß Zellen von dem Blastoderm immigrierten, und sich dann miteinander in ein Plattenepithel vereinigten. Schon vor der Ausbildung der Cölomsäckchen stellt das Platten- epithel eine kontinuierliche Membran dar, die die Ventralfläche des Dotters bedeckt, um sich später rasch dorsal zu verbreiten und den Dotter wie in einen Sack einzuschließen. In dieser Weise wird das entodermale Mitteldarmepithel gebildet. Die Zellen desselben werden somit anfangs nur an der Ventral- seite des Blastoderms differenziert. Ob das Wachstum des Epithels nur durch Dehnung der ventral befindlichen Entodermzellen erfolgt oder ob auch dorsal Zellen differenziert werden, die an der Bildung des Epithels teilnehmen, konnte Heymons nicht entscheiden. Er hält es jedoch »überhaupt für wahrscheinlicher, daß die wenigen dorsal abgetrennten Zellen nur zu Mesenchymzellen (Blutzellen) nicht aber zu Entodermzellen werden« (1. c. 191). Es leuchtet hier ohne weiteres ein, daß die Bildung des Mittel- darmepithels bei Scolopendra prinzipiell in derselben Weise stattfindet, Embryologische Studien an Insekten. 211 die ich für die von mir untersuchten Insekten beschrieben habe. Die Differenzierung der Entodermzellen erfolgt nur, wenigstens sicher anfangs, von einem der Keimscheibe der Insekten entsprechenden Gebiet des Blastoderms und etwa gleichzeitig mit einer zweiten Immi- gration, die die beiden Mesodermstreifen des Embryos liefert. In keinem Falle ist an der Stelle der stärksten Immigration eine Einsenkung oder Einstülpung zu sehen. Trotzdem ist die Ähnlichkeit speziell mit denselben Vorgängen bei den Ameisen, Formica, eine ganz außerordentliche. Wir brauchen nur die Fig. 32 und 43, Taf. V, Heymons', mit den Fig. 26 a, h, c meiner Arbeit zu vergleichen. Auch bei Formica werden ja ventral aus dem embryonalen Blasto- derm, Keimscheibe, ursprünglich isolierte Zellen differenziert, die dann miteinander in ein Plattenepithel zusammentreten, das somit zuerst die ventrale Seite des Dotters bedeckt und das Mitteldarmepithel repräsentiert. Wie bei Scolopendra dehnt sich das ventrale Mitteldarmepitbel rasch dorsal aus und wird zum Sack geschlossen. Gleichzeitig wird auch der Embryo dorsal geschlossen, indem die Körperränder in der dorsalen Medianlinie miteinander verlöten (vgl. Fig. 50, Taf. VI, Hey- mons mit Fig. 63 meiner Arbeit). Wir finden hier in beiden Fällen die Dottermasse von einem Doppel- sack eingeschlossen, dessen Außenblatt von dem Körperectoderm, dessen Innenblatt von dem entodermalen Darmepithel gebildet wird, während lateral zwischen den beiden Blättern im Querschnitt ein Zellhaufen zu sehen ist, der die Cardioblasten repräsentiert. Bei Formica ist das Mitteldarmepithel schon fertig gebildet, wenn das Stomo- und das Proctodäum entstehen und in die Länge zu wachsen beginnen. Die blinden Enden der betreffenden Darmpartien stoßen dann an das Mitteldarmepithel, was auch bei Scolopendra der Fall zu sein scheint, wenn wir Fig. XXXIX der betreffenden Arbeit berücksichtigen. Erst später erfolgt ein Durchbruch, wobei die Kom- munikation offen wird. Onychophoren, Crustaceen, Anneliden (Spinnen). Im Kapitel über die Keimblätter der Arthropoden wurde schon genügend über die Herkunft des Mitteldarmepithels gesagt. Im allge- meinen können wir den Satz aufstellen, daß das Mitteldarmepithel der oben genannten Arthropodengruppen von Zellen gebildet wird, die 14* 212 Henrik Strindberg, von der Oberfläche des Eies durch Immigration, Epibolie oder Invagi- nation nach innen gelangen. Daß die »Dotterzellen << an der Bildung des Mitteldarmepithels teilnehmen können, darf wohl aus denselben Gründen, die ich für die Insekten angegeben habe, als ausgeschlossen betrachtet werden. Unter den Onychophoren besitzen z. B. sowohl Peripatus novaezealandiae als Eoperipatus weldoni eine superficielle Zerklüftung. >> Dotterzellen << kommen aber nur der ersteren Species zu^. Ebensowenig kann wohl von einem ectodermalen Mitteldarm die Rede sein, wenn auch bei gewissen Crustaceen der Vorder- und Hinter- darm im Verhältnis zum Mitteldarm eine ungemein große Partie des Darmkanals einnehmen. 2. Peritrophische Membran. Die »peritrophische Membran«, Balbiani, wurde schon von Lyonet (1762) observiert und ist seitdem manchmal bei den Insekten wiedergefunden worden. Betreffs der Bildungsweise derselben sind bekanntlich Plateau, Balbiani, Verson u. a. der Meinung, daß die Membrana peri- trophica als eine Cuticularbildung des Mesenterons anzusehen ist, während andre Forscher, wie Vignon und Bordas erklären, daß die betreffende Membran von Zellen in der Nähe der Valvula cardiaca abgeschieden wird. Von hier soll sich dann die Membran über den Mitteldarm ver- breiten und sich auch in das Proctodäum strecken. Eine Ausnahme machen natürlich nur diejenigen Insektenlarven, Hymenoptera aculeata und einige Neuroptera, bei denen noch der Mitteldarm gegen das Proctodäum abgeschlossen ist. Die bisherigen Untersuchungen über die peritrophische Membran sind nur an Larvae und Adulti ausgeführt worden. Ich bin daher berechtigt, mich etwas eingehender mit dieser Frage embryologisch zu beschäftigen. Eine peritrophische Membran kommt bei den von mir untersuchten Insektenembryonen nur den Ameisen zu. Sie erscheint hier in den letzten Stadien der Embryonalentwick- lung als eine homogene glashelle Schicht, welche die Dottermasse als ein Sack umschließt und vorn an der Basis der Valvula cardiaca mit einer verjüngten Partie befestigt ist. 1 Mit »Dotterzellen« meine ich immer diejenigen Kerne, die bei der Blasto- dermbildung im Dotter zurückgelassen werden. Embryologisclie Studien an Insekten. 213 Anfangs ist die Membran dicht an das Darmepithel gedrückt und schmiegt sich genau den Innenwänden der Mitteldarmzellen an, wo- durch sie oft wellenförmig erscheint, wenn sie sich später von der Mitteldarm wand abhebt. Embryonal sind wenigstens bei Formica fusca höchstens zwei Membranen fertig gebildet, von denen die äußere und jüngste sich dicht an die Darmwand drückt, während die innere und ältere dem Dotter anliegt. Der Zwischenraum ist mit einem Coagulat erfüllt. Erst larval treten mehrere Membranen auf, die bekanntlich als kon- zentrische Säckchen angeordnet sind. Wenn wir die Bildungsweise der Membrana peritrophica näher betrachten, ist von Anfang an gegen die Ansicht Vignons, Bordas', Berleses u. a. hervorzuheben, daß die peritrophische Membran nicht von Zellen im Vorderteil des Mesenterons abgeschieden werden kann. Denn es sollte sich dann notwendigerweise keine kontinuierliche Membran nach hinten um die Dottermasse bilden, da die betreffende Membran chitinöser Natur ist, wie es von Adlerz (90) nachgewiesen wurde, vielmehr müßte am Hinterjjol des Mitteldarmes eine Öffnung in der Membran beibehalten werden. Eine solche habe ich aber nicht observieren können. Ich muß daher unbedingt der Auffassung Plateaus beitreten, daß wir in der Membrana peritrophica eine Cuticularbildung zu erblicken haben, die wenigstens bei den Hymenopteren (Ameisen) von den Zellen des Mitteldarmepithels abgeschieden wird, wenn wir näm- lich auch den Proventriculus zum Mitteldarm rechnen. Embryologisch habe ich ja nachgewiesen, daß der Proventriculus dem ectoder malen Vorderdarm entstammt. Es muß somit die peritrophische Membran aus einem ectodermalen Vorderteil und einem entodermalen Hinterteil zusammengesetzt sein. Der ectodermale Vorderteil entspricht dann der von Adlerz (90) bei Ameisen- und Wespenlarven erwähnten rohrförmigen Partie der betreffenden Membran. 3. Malpighische Gefäße. 1. Eutermes. Über die Entwicklung der Malpighischen Gefäße liegen für die Termiten noch keine Angaben vor. Sie entstehen bei diesen Insekten während der Umrollung der Embryonen als anfangs solide Zapfen, die jederseits im Enddarm nahe an der inneren Münduna desselben wurzeln. 214 Henrik Strindberg, hyp Wie gewöhnlich unter den Insekten sind es vier und ihrer Ent- stehung gemäß ectodermale Bildungen, die nach außen von einer mesodermalen Zellschicht bedeckt sind. Die inneren ectodermalen Zellen zeichnen sich durch ihre Größe und helle Farbe aus und sind dadurch von den kleinen dunklen Meso- dermzellen wohl geschieden. Eine gemeinsame Basis der Gefäße, tronc basilaire, Cholodkowsky, wird wie bei den Ameisen und Chrysomela ganz vermißt. Nach der Umrollung des Embryos fangen die Gefäße an in die Länge zu wachsen. Es ist dabei zu bemerken, daß allem Anschein nach die freien Enden derselben den Medianwänden der beiden Cölom- säckchen des siebenten Abdominalsegmentes entlang geschoben werden, um zuletzt an die Vorder- wände der Cölomsäckchen des achten Abdominalseg- mentes zu stoßen. Diese Lage der Gefäße wird auch während der ganzen Embryonalentwick- lung beibehalten (Fig. 71). Die MALPiGHischen Ge- fäße bestehen jetzt aus einem Basalteil mit kleinen, dunklen Zellen und einem keulenförmigen Apicalteil, dessen Inneres von großen hellen Ectodermzellen auf- gebaut ist. ■'^'^ Der Basalteil bezeichnet' wohl die Zone des stärksten Zuwachses, da eben hier die Kernteilungsfigiu'en zahlreich vertreten sind. Die großen hellen Ectodermzellen in dem Apicalteil der Gefäße werden bis zum Ende der Embryonalentwicklung beibehalten und gehen zuletzt in die gewöhnlichen kleineren Ectodermzellen über, wie sie im Basalteil vorkommen. Während des Längenwachstums werden die Gefäße in Krümmungen und Schlingen gelegt und erhalten bald ein deutliches Lumen, das am spätesten im Apicalteil zum Vorschein kommt. Kurz vor dem Ausschlüpfen der Embryonen werden die Gefäße der rechten Seite nach links geschoben. Sie liegen somit definitiv während des Embryonallebens alle zu- splm ^ n •mäe nbl / -"V s6i/ 'VIII-IX ggl^bdX Fig. 71. Einhryolügisclie Studien an Insekten. 215 sammen an der linken Seite des Proctodäums und verbreiten sich nach hinten um die betreffende Darmpartie. Dagegen habe ich nicht bemerken können, daß sie sich auch um den Mitteldarm oder noch weiter cephal ausdehnen. 2. Formica. Betreffs der Entwicklung der Malpighischen Gefäße bei andern Hymenopteren geben Carriere u. Bürger (97) für Chalicodoma eine ziemlich eingehende Beschreibung. Nach diesen Forschern entstehen sie bei Chalicodoma »nicht erst als paarige Ausstülpungen des bereits angelegten Enddarmes, sondern werden bereits vor der Enddarmanlage oder mit dieser zugleich als besondere Einstülpungen des das hintere Entodermpolster bedeckenden Ectoderms angelegt und erst nachträglich in die Enddarmeinstülpung, die von demselben Boden ausgeht, hineingezogen« (1. c. 353). Dieser Auffassung kann ich für Formica nicht beitreten, denn ich habe hier deutlich observieren können, daß die Malpighischen Gefäße erst nach der Enddarmeinstülpung als vier von Anfang an hohle Zapfen entstehen. Die Gefäße wachsen rasch in die Länge und verbreiten sich um den Hinterdarm, strecken sich aber auch ventral und lateral vom Mitteldarm bis zum letzten Thoracalsegment hinein. 3. Chrysomela. Die Malpighischen Gefäße entstehen bei Chrysomela jederseits als drei knospenförmige Bildungen des Hinterdarmes. Sie breiten sich bald um den Hinter- und Mitteldarm aus und strecken sich cephal in Schlingen und Krümmungen in das letzte Thoracalsegment hinein, ähnlich wie ich es für Formica beschrieben habe. Die Gefäße verlieren gegen Ende der Embryonalzeit das deutliche Lumen, möglicherweise durch eine Anhäufung von gelblich grünen Körnchen in den Zellen, die wahrscheinlich Concrementkörnchen dar- stellen und den Gefäßen ein charakteristisches Aussehen verleihen. Nachschrift. Als meine vorliegende iVibeit schon im Manuskript fertig war, erschien eine Arbeit von J. Philiptschenko über die Embryonal- entwicklung von Isotoma cinerea, wo einige ebenfalls von mir behandelte Fragen in dem allgemeinen Teil der betreffenden Ai'beit diskutiert worden sind. 216 Henrik Strindberg, Zuerst wird die frühzeitige Sonderling der Genitalanlage bei den Insekten besprochen. Eine frühzeitige Sonderung der Genitalanlage findet auch bei Isotoma statt, indem die betreffende Anlage schon zur Zeit der Blasto- dermbildung im Dotter als eine selbständige Zellanhäufung auftritt, die vielleicht »aus einer bestimmten Zelle des 16- oder 32 zelligen Stadiums hervorgeht« . . . (I.e. 618). Die frühzeitige Differenzierung der Genitalzellen wird von dem Verfasser als Regel für die Insekten angenommen, indem ähnliche Verhältnisse, wie bei Isotoma, mehrmals u. a. von Metschnikoff (66), Heymons (95), Schwangart (04) und Feiederichs (06) angegeben worden sind. Der Verfasser glaubt weiter annehmen zu können, daß eine früh- zeitige Differenzierung der Geschlechtszellen auch bei andern Klassen der Arthropoden stattfindet und daß dieses als eine primäre Erscheinung anzusehen ist (Heymons u. a.). Betreffs der Bedeutung der Dotterzellen bei den Arthropoden ist Philiptschenko der Ansicht, »daß die Dotterzellen der Insekten und andrer Arthropoden nicht deren Entoderm darstellen und überhaupt in keinerlei Beziehung zu den Keimblättern stehen . . . Ihre Ent- stehung aus im Dotter zurückbleibenden Furchungszellen während der Ontogenese muß als die ursprünglichere Erscheinung angesehen werden« (1. c. 630). Der Verfasser kann somit die Auffassimg Hey- mons betreffs des Wertes des Dotters nebst den Dotterzellen nicht teilen. Das Stadium, wo das Ei mit Blastoderm bedeckt ist und im Innern den Dotter nebst den Dotterzellen und die Genitalanlage enthält, ist nach Philiptschenko als ein Blastulastadium anzusehen. Die Gastru- lation wird durch die Bildung des unteren Blattes »nicht mit Hilfe einer Primitivrinne, sondern durch multipolare Immigration unterhalb der gesamten Eioberf lache« bewirkt. Diese Entwicklungsweise des primären Entoderms betrachtet Philiptschenko als die ursprüng- lichere, von welcher »der Prozeß der Gastrulation mit Bildung einer Primitivrinne« abzuleiten ist. Das Mitteldarmepithel wird bei Isotoma, wie es schon oben ange- deutet wurde, nicht von den Dotterzellen, sondern von Zellen des unteren Blattes geliefert, indem hier drei Anlagen, eine vordere, eine hintere und eine diffuse, differenziert werden. Der Verfasser glaubt duch annehmen zu können, daß das Mitteldarmepithel nicht nur bei aen Collembola, sondern auch bei allen andern Apterygoten in ähnlicher Embryologische Studien an Insekten. 217 Weise entsteht. Die diffuse Anlage wird von einem zwischen den Somi- ten verlaufenden Strang repräsentiert, wie es auch Nusbaum (91), Hey- MONS (95), Nusbaum und Fulinski (06), Hirschler (09) gefunden haben. Zuletzt ist auch das Dorsalorgan und die Embryonalhüllen der Insekten besprochen. Nach Philiptschenko ist das Dorsalorgan der Collembola eine andre Bildung als z. B. dasselbe Organ bei vielen Crustaceen, indem es bei den ersteren sehr frühzeitig angelegt wird und deutlich einen drüsigen Charakter besitzt, während bei den letzteren das betreffende Organ als eine »Anhäufung absterbender und an der Bildung des Rückens keinen Anteil nehmender Zellen des Blasto- derms« erscheint. Auf Grund seiner Erörterungen gelangt Philiptschenko zu dem Schlüsse »daß das Dorsalorgan und die zelligen Keimliüllen der Insekten voneinander ganz unabhängig sind ; ersteres ist ein rein embryonales (am ehesten wohl excretorisches) Organ der Aithropodenembryonen, letztere sind aus dem nicht am Aufbau des Embryokörpers beteiligten Blasto- derm oder Hüllectoderm bei den niedersten Formen entstanden . . . (1. c. 645). Stockholm, im Februar 1913. Literaturverzeichnis. Adlerz (90), Om digestionssekretionen jänite nägra dcärmed sanmianhängande fenomen hos insekter ocli niyrio])oder. Bihang tili K. Sv. Vet. Akad. Handlingar. Bd. XVI. Ayers (84), On the Development of Oecanthus niveus and its parasite Teleas. Mem. Boston Soc. Nat. Hist. Vol. VII. Balfour (80), Handbuch der vergleichenden Embryologie. Jena. Blochmann (84), Über eine Metamorphose der Kerne in den Ovarialeiern und über den Beginn der Blastodermbildung bei den Ameisen. Verh. d. naturhist. med. Verein zu Heidelberg. N. F. Bd. 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Bedeutung der für alle Figuren gültigen Bezeichnungen. a, Antennen; abs 1 — 11, Abdominalsegment 1 — 12; af, früheres Amnion; ah, Amnionhöhle; acoel, Cölomsäckchen des Antennen- segmentes ; am, Amnion; amh, Amnionfalte; ans, Analsegment; ant, Antennalbrücke ; ao, Aorta; ap, Augenplatte; apoph, Interganglionale Verdickungen ; aus, Augenspalte; bd, Blastoderm; bgl, Bauchmarksganglien ; blk, laterale Blutlacunen; bis, Blastodermsyncytium ; blz, Blutzellen; cbl, Cardioblasten ; cc, Rückengefäß; coel, Cölomsäckchen oder Cölom; d, Dotter; dr, Dotterreste; dtz, Deutocerebrum ; dcoel, Cölomsäckchen des Deutocere- brums; dk, Dotterkern; ds, Dorsalsyncytium ; dz, Dotterzellen; eb, Embryo; e, Eischale; ekt, Ectoderm; ent, Entoderm; entz, Entodermzellen ; eplz, Epithelzellen des Mitteldarmes; extb, extraembryonales Blastoderm; extz, extraembryonale Zellen innerhalb des Körpers; fd, Fontanelldrüse; fk, Fettkörpergewebe; ggl.abdl — 11, Abdominalganglien 1 — 11; ggl.fr, Ganglion frontale; ggl.mxl — 2, Ganglion max. 1 — 2; ggl.op, Ganglion opticum; ggl.pc, Ganglia postcerebralia; ggl.th, 1 — 3, Ganglion thoracale 1 — 3; ggl.vt, Ganglion ventriculare; ggl.oes, Ganglion oesophagi; gh, Gehirn; glz, Ganglienzellen; gz, Geschlechtszellen ; hg, hintere Grenzlamelle; hp, hintere Polaranhäufung; hyp, Hypodermis; k, Koagulat; 224 Henrik Strindberg, ke, Keimsclieibe; Icls, Kopflappensegment ; km, Kaumagen; kr, Kropf; Id, Labraldrüse ; Ik, Längscommissur des Bauchmarkes; lobl—IV, Lobi I— IV des Protocere- brums ; VI, Muskulatur; malph., Malpigliische Gefäße; maxi— II, Maxillen I— II; mcr, Micropylen; md, Mandibeln; mde, Mitteldarmepithel; mes, Mesoderm oder Mesodermzellen; mesm, Mesoderm des Stomodäums; mo, Mesoderm der Oberlippe; ms, Mandibelsehne ; mst, Mittelstrang; mw, Mesoderm Wucherung ; nbl, Neuroblasten; nm, Neurilemm; n.rec, Nervus recurrens; o, Mundöffnung; ob, Oberlippe; oen, Oenocyten; oes, Oesophagus; par, Paracyten; ■perz, Pericardialzellen ; pr, provisorischer Rückenverschluß; prc, Protocerebrum; proct, Proctodäum ; fv, Proventriculus; rg, Rückengefäß; sbks, iSubösophagealcommissur ; seh, Scheitellappen; sd, Dottersegmente ; ser, Serosa; sflmd. Sehne des M. flexor mandibulae; soek, Subösophagealkörper; spd, Speicheldrüsen; spks, Supraösophagealcommissur; spltn, Muskelschicht des Mitteldarmes; st, Stigmen; stom, Stomodäum ; tent, Tentorium; thsI—III, Thoracalsegment I— III; trc, Tritocerebrum ; üb, unteres Blatt; tiggl, unteres Schliuidganglion ; us.abd.I— XII, Ursegment des Abdo- mens I— XII; ust, Ursegment des Tritocerebralseg- mentes ; VC, Valvula cardiaca; vg, vordere Grenzlamelle; vp, vordere Polaranhäuf ung ; lop, Primitivwulst. Erklärung der Figuren. Fig. 1 — 5. Verschiedene Phasen der Kernwanderung zur Bildung der Keimscheibe eines Eufermes-l^ies. Fig. 6. Furchungskern mit Plasma aus Fig. 7; vergrößert. Fig. 7. Die Lage der Furchungskerne im Ameisenei kurz vor der Blasto- dormbildung. Der Hinterpol nach rechts gerichtet. Fig. 8. Querschnitt durch ein Ei von Formira nacli der Blastodermbildung. Das Blastoderm {bd) ist nur an der ventralen Eioberfläclie gebildet; ds, Dorsal- syncytium. Fig. 9. Medianer Längsschnitt durch den Hinterpol eines Formica-Eies nach beendigter Blastodermbildung. Fig. 10. Medianer Längsschnitt durch das Ei von Camponotus in dem- selben Stadium wie Fig. 13, um die verschiedenen Blastodermzonen zu zeigen. Fig. 11. Medianer Längsschnitt durch die Hinterpartie eines Formica-'Eies, um die extraembryonale Zellmasse (extz) innerhalb des Embryos zu zeigen. Fig. 12. Isoherte Zelle der extraembryonalen Zellmasse in Fig. 11. Embryologische Studien an Insekten. 225 Fig. 13. Zwei Eier von Camponotus halbschematisch wiedergegeben, um die vier Blastodermzonen a, b, c, d und das Blastodermsyncytium {bis) zu zeigen. / von unten, // von der Seite gesehen. Fig. 14 ffl — c. Drei Längsschnitte durch Camponotus -'Eier, a und b median, c lateral gelegt; b und c sind demselben Ei entnommen, sa, Anlage der Serosa; e, Embryo. Fig. 15. Medianer Längsschnitt durch einen Embryo von Camponotus kurz nach der Entstehung der Stomodäaleinstülpung um die definitive Lage der ver- schiedenen Partien des extraembryonalen Blastoderms zu zeigen. Fig. 16 rt u. b. a, Querschnitt durch die Mittelpartie eines Camponotus- Embryos, um die Lage und Bau der extraembryonalen Zellen (extz) innerhalb des Körpers zu zeigen; b, eine Partie der betreffenden Zellen in Vergrößerung, Fig. 17. Stellt dasselbe wie Fig. 16 a, aber in einem vorgeschritteneren Stadium dar. Fig. 18. Verwendung der verschiedenen Blastodermpartien von Eutermes, Formica, Camponotus und Musca, schematisch dargestellt. Fig. 19. Medianer Längsschnitt durch die Keimscheibe eines Eutermes- Eies, um die Bildung der Embryonalhüllen, Amnionfalte {amh) zu zeigen. Fig. 20. Querschnitt durch ein Termitenerabryo. Die Serosa ist als Dorsal- organ {ser) nach innen rohrförmig gestülpt; soek, Subösophagealkörper; pr {am), ]3rovisorischer Rücken Verschluß. Fig. 21. Querschnitt durch die Keimscheibe eines Formica-Eies. Die Rand- zcllen, {pr) derselben beginnen sich nach oben zum provisorischen Rückenver- schluß auszudehnen. Fig. 22. Totalpräparat von Clirysomela. Die Amnionfalten haben sich zur Ringfalte geschlossen. Fig. 23. Verwendung des Anniions bei Chrt/somela; schematisch. Fig. 24. Medianer Längsschnitt durch die Hinterhälfte eines Lucilia- Embryos; a, After; km, hintere Mitteldarmanlage; i, Mesoderm (Halbschematisch nach Grabers Fig. 25.) Fig. 25. Medianer Längsschnitt durch einen Eutermes-Embvyo nach der Bildung und Differenzierung des unteren Blattes {uh); par, Paracyten. Fig. 26 a — c. Drei Querschnitte desselben Formica-'Emhvjofi, um die Bil- dung des unteren Blattes zu zeigen; a, vorn, b, median, c, hinten gelegen. Fig. 27. Querschnitt durch die Keimscheibe eines Ckrysomela-Eies, um die Bildung des unteren Blattes {üb) zu zeigen. Die Einstülpung ist hinten am tief- sten; der Schwanzteil dorsal geschlagen. Fig. 28 a u. b. Zwei Querschnitte durch einen Chrysomela-Emhryo ; das untere Blatt hat sich vom Ectoderm losgemacht und beginnt in b sich lateral zu verbreiten. Fig. 29. Querschnitt durch einen Chrysomela-Emhryo unmittelbar vor dem Proctodäum um die mediane Entodermmasse {ent) zu zeigen. Fig. 30. Querschnitt durch denselben Embryo wie in Fig. 29, etwas mehr nach vorn gelegen. Das Entoderm {ent) findet sich hier nur lateral oberhalb der Cölomsäckchen. Fig. 31. Querschnitt durch die Anlage des Protocerebrums eines Eutermcs- Embry OS vor der Umrollung. Lob. I — / V, die vier Loben des Protocerebrums ; apoph, intergangüonale Verdickungen; ap, Augenplatte. Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. OVI. Bd. 15 226 Henrik Strindberg, Fig. 32. Querschnitt durch die Anlage des Deutocerebrums eines Eutermes- Embryos. Fig. 33. Querschnitt durch das Protocerebrum eines ^o>m«ca -Embryos, um die Bildung des Ganglion opticum (gcjl.op) zu zeigen. Fig. 34. Querschnitt durch den Kopf eines £'«>Urogenitalsinus<< kommt, und infolge dessen nur eine einzige, hinter dem After gelegene Öffnung, die Uro- genitalöffnung, zu finden ist. Im Gegensatz hierzu besitzen alle weiblichen Teleostier mit Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 247 Ausnahme der Muraenoiden einen besonderen Genitalporus, dessen Durchbruchsstelle zwischen der hinteren Afterwand und der vorderen Fläche der Harnblasenmündung variiert. Da auch die weiblichen Salmoniden außer den eben besprochenen echten Abdominalporen diesen median gelegenen Porus besitzen und durch ihn die Eier ent- leeren, so unterscheiden sie sich äußerlich hierin nicht von den andern Knochenfischen. Bei den von mir untersuchten Regenbogenforellen wies dieser Porus aufgeworfene, stark gerötete Randwülste auf, zwischen denen beim Abstreichen die Eier bequem austreten konnten. Außer- halb der Laichzeit war bei Tieren, die vorher keiner Bauchhöhlen- injektion unterworfen waren, diese Porenmündung nicht za finden. Bei mehrjährigen Exemplaren zeigten Schnitte an der Stelle des Genital- porus den unmittelbar vor der Papillenmündung der Harnblase blind endigenden Zipfel eines Kanals ( GP der Textfig. III) der, wie die Textfig. III. Textfig IV. derselben Schnittserie angehörenden Textfig. II und I (GT) zeigen, zwischen dem kurzen Ausführgange der Harnblase (H) und dem Enddarm (D) herzieht. Dieser trichterförmige Kanal ist, wie Text- fig. IV bei stärkerer Vergrößerung zeigt, von einem mächtigen cylin- drischen Flimmerepithel ausgekleidet. Während in bezug auf Genitalporus und den hinteren Teil des Genitaltrichters Männchen wie Weibchen sich gleich verhalten und den Salmonidenmännchen demnach kein »Urogenitalsinus << zu- kommt, zeigt sich, daß dieser Genitaltrichter sich beim Weibchen weiter nach vorn mächtig erweitert (Textfig. V, B; GT), um schließ- lich wie Textfig. V, A zeigt, in die Leibeshöhle zu münden. Das bis dahin an der ventralen Trichterwand befestigte dorsale Mesenterium (Ms) der Textfig. V, B ist jetzt nur noch am Darm be- festigt und ragt als frei flottierender Faltensaum in die dorsale Leibes- höhle. Infolge der ihm in der Textfig. V, A wie zwei Hörner aufsitzenden 248 Alfred Lickteig, medialen Keste der unteren Trichterwand erscheint es gegabelt. Zu bemerken ist noch, daß das bis zur Mündungsstelle charakteristische Trichterepithel ohne scharfe Grenze in das der Leibeshöhle übergeht. In der Fig. 2 habe ich unter Weglassung der zwischen Harnblase und Genitaltrichter hineinragenden Schwimmblase ( SB der Textf ig. V) zur Veranschaulichung eine schematische Konstruktion derartiger Querschnittserien wiedergegeben. Bei den männlichen Salmoniden weist der hintere Teil des Genitaltrichters im Vergleich zum Weibchen als einzigen Unterschied Textfig. V. stärkere Falten und, wie Textfig. IV in a zeigt, sackartige Ausbuchtungen auf. Weiter nach vorn haben die Wände cavernösen Bau, der immer reichlicher wird (Textfig. VI, B). Ungefähr dort, wo beim Weibchen die Trichtermündung sich befindet, ist beim Männchen der Genitalgang ge- teilt, und die beiden Hälften präsentieren das typische Bild der dreikan- tigen Teleostierhoden mit weitem Hodencentralkanal (Textfig. VI, A, T). Fig. 3 gibt eine Konstruktion des Genitalganges beim Männchen. Meine Untersuchungen über die Anlage des Genitaltrichters, die sich über ein reiches Salmonidenmaterial der verschiedensten Stadien erstreckten, führte zu keinem direkten Befund. Nirgends fand ich eine besondere Anlage, von der aus die Bildung des Genitalkanals ihren Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 249 Anfang nehmen könnte. Ich glaubte mich daher zu der Folgerung berechtigt, daß eine solche nicht existiert, daß vielmehr der Kanal von der Leibeshöhle aus seinen Ursprung nimmt. Bei einem 23 mm großen weiblichen Exemplar von Salmo salar endigten die beiden durch ein dorsales und ventrales Mesenterium getrennten Leibes- höhlenhälften kurz vor dem After blind lateral vom Darm. Die An- lagen der Genitalfalte erstreckten sich unter der schon ziemlich großen Harnblase hindurch bis zur Stelle, wo die Blase sich zu ihrem Ausführungsgange verengt. Bei einem 33 mm großen Exemplar, das ich infolge seines Mangels an ausgesprochenen Eiern für ein Männchen halte, fanden sich dieselben Bilder. Die beiden typischen Mesenterien nahmen im selben Verhältnis an Breite und Stärke zu, als das Lumen der bei- den Cölomzipfel sich verengerte. Doch zeigten etwa zehn Schnitte dieser Serie eine Unterbrechung des dorsalen Mesenteriums, so daß auf dieser Strecke die Leibeshöhle den Darm von oben her hufeisenförmig umfaßte. Wenngleich keine sicheren Anhaltspunkte gegeben sind, um dieses Verhalten durch Verletzung des hier allerdings noch sehr dünnen Mesenteriums zu erklären, so glaube ich doch, dieser Unter- brechung keinerlei Bedeutung beilegen zu dürfen. Bei Salmo fario von 24 mm Länge war die rechte Leibeshöhlenhälfte kürzer als die linke. Kurz vor ihrem blinden Ende war die- selbe dadurch, daß der Darm seitlich mit der Leibeswand verwachsen war, in eine kleinere dorsale und eine ventrolaterale geteilt. Ein Durchschnitt durch diese Gegend zeigt demnach drei Cölomlumina (Textfig. VII, C). Der dorsale Abschnitt endigte in dem lockeren Bindegewebe zwischen Darm- und Harnblasengang vor dem lateralen. Dasselbe Verhalten wies einige Schnitte gegen den After zu die linke Leibeshöhle auf. Textfig. VI. Textfig. VII. 250 Alfred Lickteig, In diesen beiden dorsalen Zipfeln erblicke ich die Anlage des Ge- nitaltrichters. Der weitere Verlauf der Entwicklung stellt sich als einfaches Auswachsen des aus den beiden dorsalen Leibeshöhlenzipfeln entstandenen Bruchsackes dar. Die schon früh auftretende Unpaarig- keit scheint aus der doppelten Anlage unter Konkurrenz zweier sich unterstützender Momente hervorzugehen. Erstens bleibt hier das Mesenterium gegenüber dem Darm zeitweise im Wachstum zurück; ferner bleibt die eine Zipfelanlage (wohl meist die rechte) rudimentär und wird von der sich stark entwickelnden Schwesteranlage zu gänz- licher Bedeutungslosigkeit verdrängt. Der dorsale Cölomzipfel erfüllt allmählich den ganzen Raum zwi- schen Harnblase und Enddarm; zugleich wird er dadurch, daß die beiden lateralen Leibeshöhlen in ihrem Wachstum beiderseits zwischen ihn und die Darmwand eingreifen, vom Enddarm abgehoben. Damit ist der fertige Zustand gegeben, wie wir ihn in Textfig. V, B und in der schematischen Fig. 2 und 3 vor uns haben. Inwieweit dieser für die Weibchen gültige Entwicklungsmodus auch für die Männchen zutrifft, habe ich nicht verfolgt. Doch glaube ich nach einigen Beobachtimgen annehmen zu dürfen, daß ein An- Schluß des Hodens an eine von der Leibeshöhle ausgehende, dem Genital- trichter der Weibchen entsprechende Bildung nicht vorkommt. Da ich es mir, teils weil meine diesbezüglichen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, teils weil ich eine Überlastung der so schon sehr komplizierten Untersuchungen fürchtete, versagen mußte, die Ge- schlechtsorgane der männlichen Teleostier überhaupt in den Kreis meiner Betrachtung zu ziehen, so verzichte ich auf den Versuch, eine Erklärung für die — wie aus den beiden Konstruktionen (Fig. 2 u. 3) zu ersehen — vollständig gleiche Erscheinung des distalen Teiles des Genitalganges bei beiden Geschlechtern zu geben. Ich begnüge mich mit der Feststellung, daß auch die männlichen Salmoniden einen, dem der Weibchen ähnlichen Genitalporus besitzen, und daß es also nicht, wie bei den andern Teleostiern im männlichen Geschlecht zu einer Urogenitalverbindung kommt. Deutung des Genitalporus. Die vorstehenden Beobachtungen haben unzweifelhaft gezeigt, daß der Genitalporus der Salmoniden durch einen Auswuchs der Leibes- höhle gebildet wird. Felix (9a), der auf Grund von Beobachtungen einen ähnlichen Bildungsmodus annimmt, erklärt in Konsec|uenz seiner Annahme ebenso wie frühere Autoren aus Unkenntnis der tatsächlichen Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 251 Verhältnisse, den Genitalporus für ein Homologon der oben beschrie- benen Abdominal poren ; da nun bei den Salmoniden aber schon ein Paar echter Abdominalporen vorhanden ist, so geht Felix konsequenter- weise zur Annahme von ursprünglich in der Mehrzahl vorhandenen echten Abdominalporen über. Er nimmt an, daß ursprünglich der End- darm durch laterale Verwachsung mit den parietalen Cölomwänden die beiden Leibeshöhlen sich in vier Zipfel teilte. Indem Felix jeden dieser Zipfel selbständig nach außen münden läßt, gelangt er zu ursprünglich vier echten Abdominalporen, von denen die den ventralen Zipfeln ent- sprechenden vor oder neben dem After, die den dorsalen angehörenden hinter dem After anzunehmen sind. Während nun in der Kegel nur ein Porenpaar, das laterale, zur Ausbildung gelangt, kommen bei den Salmoniden alle vier zur Entwicklung. Dadurch aber, daß das dorsale Mesenterium schwindet, fließen die beiden dorsalen Zi^^fel ebenso wie ihre Poren zusammen. Damit wäre der einfache Genitaloang mit Ge- nitalporus der Weibchen gegeben. Obwohl diese Auffassung in den vorstehenden Beobachtungen eine scheinbare Stütze erhält, kann ich mich derselben nicht anschließen. Einmal haben wir gesehen, daß wir die Vorstufen der echten Abdominal- poren der Selachier und Salmoniden bei den Petromyzonten zu suchen haben. Aber weder bei diesen, auf relativ niederer phylogenetischer Stufe stehenden Tieren, noch bei den Selachiern haben wir auch nur den rudimentärsten Ansatz zur Bildung eines zweiten Porenpaares beobachten können. Auch ist eine derartige Bildung weder bei den den Salmoniden doch so nahe stehenden andern Teleostiern, noch überhaupt bekannt. Ferner kommt bei den Salmoniden der Genitalporus viel später als die lateralen Abdominalporen zur Ausbildung. Während sich die funktionslosen Abdominalporen in gesetzmäßig festgelegter organischer Entwicklung anlegen, scheint die Eröffnung des Genitalporus nur unter dem Druck der abgelösten reifen Eier kurz vor der Eiablage zu erfolgen. Meine Befunde an viel jährigen Tieren lassen es mir sogar nicht unwahrscheinlich erscheinen, daß die gewaltsame Eröffnung durch die Eier eine nur vorübergehende sein kann und eine zeitweise Vernarbung der Genitalöffnung Platz greift. Auch dürfen die den unzweifelhaft echten Poren dieser Tiere ent- gegenstrebenden Vertiefungen der Oberhaut, von denen beim Genital- porus keine Spur zu finden ist, in diesem Zusammenhang eine diagnosti- sche Bedeutung erlangen. Ferner: Nach dem von Felix aufgestellten Ent wie klungs modus 252 Alfred Lickteig, haben wir uns ursprünglich vier Leibeshöhlenzipfel mit je einem Abdo- minalporus zu denken. Diese vier Zipfel sind durch vier Mesenterien, ein dorsales, ein ventrales und zwei laterale getrennt. Während nun die beiden ventralen Cölomzipfel unverändert bleiben, treten die beiden dorsalen nach Schwund des sie trennenden Mesenteriums in den Dienst der Geschlechtsorgane. Der ausgebildete Genitalgang ist demnach begrenzt von den beiden lateralen Mesenterien, der oberen Darm- und dorsalen Cölomwand. Legen wir nun einen derartigen Entwicklungs- verlauf der Textfig. V, S. 248, zugrunde, so haben wir in dem Mesente- rium (ms) und der ventralen Wand des Genitaltrichters eigentlich die beiden lateralen Mesenterien zu erblicken. Da nun aber das Mesen- terium {ms) der Figur sich deutlich als dorsales Mesenterium charak- terisiert und auch wie Textfig. VIII, S. 273 zeigt, mit dem vorderen Dorsalmesenterium (ms) in ununterbrochenem Zusammenhang steht, so ist eine Erklärung dieses Verhaltens nur durchführbar bei Annahme von, wenn auch möglichen, so doch unwahrscheinlichen Unterbrechun- gen, Lageverschiebungen, Drehungen und Wieder Verwachsungen. Alle diese Bedenken schwinden, wenn wir im Genitalporus eine Neubildung erblicken, die von einem im Prozeß der Abkammerung befindlichen Teil der Leibeshöhle ihren Ausgangspunkt nimmt und sich, wie dieser Abkammerungsprozeß selbst, bei den Salmoniden erst auf dem Wege zur Fixierung befindet. Wenn danach auch die Bildung des Genital- porus durch ein Derivat der Leibeshöhle in vollständig analoger Weise wie die der Abdominalporen durch die Leibeshöhle selbst erfolgt, so ist doch damit eine phylogenetische Ableitung des Genitalporus von echten Abdominalporen hinfällig. Es erweist sich nur eine Gleich- mäßigkeit der Bildung unter gleichmäßigen Bedingungen. Weitere ergänzende Aufschlüsse über die Natur dieser Neubildung können uns, außer dem in der historischen Übersicht gesagten, die folgenden Untersuchungen über die Oviductentwicklung der Teleostier vermitteln. II. Oviducte der Teleostier. Die eigentlichen Oviducte der Salmoniden und deren Entwicklung mußten schon gelegentlich der Untersuchung über den Genitalporus besprochen werden. Hier sind daher nur noch Ergänzungen über das Gesamtverhalten des Geschlechtsapparates nötig. Die Ovarien zeigen den bekannten Salmonidentypus, wie er in der Textfig. VIII, S. 273 schematisch wiedergegeben ist. Die laterale Keim- seite besteht aus vielgestaltigen Lappen (OL), die dem mehrschichtigen Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 253 Epithel der medialen Seite aufsitzen. Hinter den eiertragenden Lappen gehen die sich stark verjüngenden Ausläufer des Ovars {oal) ohne scharfe Grenze in das noch weiter caudalwärts sich erstreckende Meso- varium (mso) über und bilden mit ihm einen freien Faltensaum (F), der sich lateralwärts umschlagen kann. Die Ansatzstelle dieser ge- kröseartigen Bindegewebsfalte konvergiert anfangs nur schwach, später aber stark mit der des dorsalen Mesenteriums, bis die beiderseitigen Falten kurz vor der weiten Mündung (GTO) des Genitaltrichters (GT) in die Leibeshöhle in dem Mesenterium auslaufen (Punkt X). Wenn sich auch meine Beobachtungen mit den WEBERschen An- gaben nicht vollständig decken, so läßt sich wohl nicht bezweifeln, daß der oben beschriebene Genitaltrichter mit der von Weber als gemeinsamer Ausführungsgang der Peritonealtrichter beschriebenen Bildung identisch ist. Obschon nach Weber die Peritonealtrichter je nach der Species eine verschieden starke Ausbildung erlangen können, so ist doch unter Hinweis auf die Textfig. V zu bemerken, daß nach diesem Autor eine doppelte Trichtermündung in die Leibeshöhle an- zunehmen ist. Weil das in den von mir beobachteten Fällen keines- wegs zutraf, so vermied ich schon aus diesem Grunde die Bezeichnung »Peritonealtrichter«. Da demnach das von mir beschriebene Gebilde nur mit dem gemeinsamen Mündungsgang der WeberscIicu Peritoneal- trichter identisch sein kann, wählte ich im Vorstehenden unter Hin- weis auf die Funktion den Namen Genitaltrichter. Mein eigentlicher Zweck ist dabei, die, wenn auch noch so leisen, mir aber wesentlich erscheinenden Unterschiede in der Beobachtung nicht durch gleiche Benennungen zu verwischen, bevor durch eine allgemeine Diskussion die Konturen gegenseitiger Meinung scharf und klar ausgezogen sind. Vorerst sei nochmals erwähnt, daß der Oviduct der Salmoniden keiner besonderen Anlage im Peritoneum entstammt, sondern eine von der allgemeinen Leibeshöhle ihren Ursprung nehmende Neubildung darstellt. Teleostier mit Ovarialhöhle. Über Anlage und Entwicklung der Ovarialhöhle ist alles Wesentliche in der einleitenden Übersicht enthalten. Nach meinen eignen Unter- suchungen kann ich die Theorie von Brock und Mac Leod über die Entstehung der eigentlichen Ovarialhöhle voll und ganz anerkennen. Insbesondere decken sich meine Befunde mit den Beobachtungen von Jüngersen. Bei Gasterosteus aculeatus erfolgt die Anlage und Aus- bildung der Ovarialhöhle genau nach dem von Jüngersen bei Acerina 254 Alfred Lickteig, vulgaris und Zoarces festgelegten entoovarialen Typus: In der bis dahin kompakten Genitalfalte tritt auf der lateralen Seite in unmittel- barer Nähe der dem Mesovarium entgegengesetzten ventralen Kante der Gonade eine Furche auf, die sich vertieft und deren Ränder mit- einander von vorn nach hinten fortschreitend verwachsen und so schließlich im Bereich des ganzen Ovars einen abgeschlossenen Kanal, die Ovarialhöhle, bilden. Bei Rhodeus amarus, Gobio jluviatilis, Leuciscus rutilus und Phoxinus laevis hinwiederum fand ich den Verlauf der Bildung der Ovarialhöhle genau so wie ihn Jüngersen bei Rhodeus, Gobio und Esox beschrieben hat, und der von diesem Forscher als paro varialer Entwicklungsmodus charakterisiert wurde. Die band- förmige Genitalfalte schlägt sich lateralwärts um, verwächst mit ihrer äußersten Kante und der lateralen Cölomwand und bildet so einen Kanal, der sich an beiden Enden schließt. Mit diesen Entdeckungen ist die ontogenetische Abstammung desjenigen Teiles des Eierstock- kanals der Teleostier festgelegt, der sich im Bereich der ursprünglichen Keimdrüse befindet und den ich bisher als »Ovarialhöhle << bezeichnet habe. Wenn sich auch im fertigen Zustande der gesamte Eierstockkanal von seinem cranialen Ende bis zu seiner caudalen Mündung nach außen als einheitliche Bildung präsentiert, so bleibt doch die Frage, ob diese Einheitlichkeit auch in genetischer Beziehung vorliegt. Da nun, wie oben ausgeführt, einerseits nach dem Vorgange von Jüngersen die meisten neueren Autoren eine selbständigere Anlage des hinteren Teiles der Ausführwege der Eier annehmen und somit den gesamten Ovarialkanal aus einer Ausgliederung von besonderen selbständigen Oviducten an die Ovarialhöhlen erklären, anderseits Felix die Ge- samtbildung aus einer Angliederung eines hinteren Leibeshöhlen- abschnittes an die vordere Ovarialhöhle sich entstanden denkt, so wählte ich, um eine jedesmalige Erklärung zu ersparen, für die Ge- samtheit der eiausführenden Wege die Bezeichnung >>Ovarialsack<<, während ich als Ovarialhöhle nur diejenigen Teile des Kanals be- zeichne, die nachweisbar aus abgekammerten Cölomabschnitten her- vorgehen. Es gilt also nunmehr festzustellen, wie die fertige Ovarialhöhle sich w^eiter entwickelt und vor allem, wie die Kommunikation derselben mit der Außenwelt bewerkstelligt wird. Gasterosteus aculeatus. Durch Jüngersen wissen wir, daß die Bildung der Ovarialhöhle bei Gasterosteus nach dem entovarialen Typus erfolgt. Auf Taf. II Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 255 ist in Fig. 6 — 10 eine Querschnittserie von einem 13 mm großen Jungen wiedergegeben, die diesen Vorgang illustriert. Die Ovarien beginnen unter dem hinteren Ende der Schwimmblase und erstrecken sich bis unter die Harnblase. Sie sind in ihrem cranialen Teil in ziemlichen Abstand vom Mesenterium an der Schwimmblase und weiter hinten unter den primären Harnleitern befestigt (Fig. 6 u. 7); afterwärts nähern sie sich dem Mesenterium immer mehr, um schließlich im dorsalen Teil des breiten Mesenteriums (Fig. 8) zu einer einheitlichen Masse zu verschmelzen (Fig. 9). Noch weiter caudalwärts verjüngt sich dieser Eierstockstrang stark, um sich schließlich als dünner Streifen großkernioer Zellen hinter den blinden Enden der Leibeshöhle im Afterpfropf ungefähr unter der Einmündung der Harnleiter in die Harnblase zu verlieren (Fig. 10). Nach vorn zu ist der rechte Eierstock länger als der linke. Die in der vorderen Hälfte schon vollständig geschlossene Ovarialhöhle ist von einem platten Epithel ausgekleidet. Sie hat eine laterale Lage und mündet vorn blind. Die Ovarien, deren Querschnitt hier stark keulenförmig ist, verjüngen sich cranial wärts von diesem blinden Ende rasch und verlaufen im Peritoneum als zwei Genitalstreifen, in denen die Geschlechtszellen je weiter nach vorn sich um so weniger entwickelt zeioen. In der caudalen Hälfte der Ovarien finden wir die Höhle noch als eine tiefe Furche der lateralen Eierstockseite (Fig. 7). Nach hinten zu nimmt aber die stärkere Masse der medialen Ovarialwand ab, und dadurch erhält die Furche hier eine mediale Lage (Fig. 8). Mit dem Verwachsen der beiderseitigen Genital- anlagen gehen die Furchen wieder in geschlossene Röhren über, die blind im Genitalstrang endigen. Wie aus der ungleichen Größe der beiden Lumina in Fig. 9 zu ersehen, ist hinten die rechte Röhre etwas kürzer als die linke. Schema 6, S. 242, stellt dieses Stadium dar. Die in diesem Stadium noch offene Ovarialhöhle schließt sich bald ganz. Während die Eier rasch heranwachsen und durch die Bildung der Dottermassen ihrem fertigen Zustand entgegenreifen, erweitert sich die Ovarialhöhle. Im vorderen Teil behalten wie bisher sämtliche Ovarialwände ihre keimbereitende Tätigkeit; weiter nach hinten lokalisiert sich die eiertragende Ovarialmasse auf die dorsale Wand, während der übrige Teil des Eierstocks aus starken binde- gewebigen Wänden gebildet wird. Mit dem weiteren Auswachsen verdünnen sich diese Wände noch und gehen dabei in membranöse epitheliale Hüllen über. Die hier mit breiter Basis den beiden primären Harnleitern anliegenden Ovarien rücken einander näher, bis erst ihre Massen und dann auch ihre Lumina durch Verschwinden des zwischen 256 Alfred Lickteig, ihnen oelegenen Bindeoewebes und Ovarialstromas zu einem einheit- liehen Sacke verschmelzen. Die Abbildungen 11 — 15 stammen von einem 23 mm großen Exemplar, dessen Ovarialhöhle sich in dem eben beschriebenen Stadium befindet. Das Sacklumen hat die eiertragende Fläche in seinem Wachstum überholt, so daß ein Querschnitt durch diese Stelle (Fig. 13) den Ovarialsack nur von Wänden gebildet er- scheinen läßt, deren Zellen ausschließlich den Charakter indifferenter Peritonealzellen tragen. Ein Vergleich dieser Figur mit der derselben Stelle des vorhergehenden Stadiums entsprechenden Fig. 10 erinnert aber daran, daß die Genitalanlage sich über diese Stelle hinaus erstreckt. Dies bestätigt uns der noch weiter zurücklieoende Schnitt der Fig. 14. O CO Von der linken Leibeshöhle ist nur noch ein dorsaler Zwickel C vor- handen; die rechte hat sich in einen sehr schmalen Spalt zusammen- gezogen. Das Lumen des Ovarialsackes OH präsentiert sich als ein die ganze Breite des Afterpfropfes durchquerender Blasengang, der von der über ihm lagernden Harnblase zusammengedrückt ist. In der dorsalen Wand dieser Gegend finden sich spärliche große Zellen, die ich ohne Bedenken für sich entwickelnde Ureier ansehe (Ei der Fig. 14). Noch weiter zurück ist der Cölomrest verschwunden und der Ovarialsack ist mit seinem breiten Lumen ganz in das starke Binde- gewebe zwischen Blasenurethra und After eingebettet (Fig. 15). Hier endigt er blind. Die nächst älteren Stadien bieten nichts wesentlich Neues. Mit dem Anwach -Jen der Einlasse schwillt der ganze Ovarialsack an. Sein Lumen dehnt sich und dringt weiter nach hinten. Auch in den bis dahin scheinbar indifferenten distalen Teilen der Dorsalwand beginnen sich die Zellen zu Eiern zu differenzieren, so daß beim auswachsenden Tier die Eierstocksmasse bis an das blinde Ende des Sackes reicht. Die Fig. 16 und 17 zeigen Bilder, wie sie Querschnitte durch geschlechts- reife ausgewachsene Tiere zeigen. Bei A in Fig. 16 sind die auslaufen- den Afterfalten noch getroffen. Der zweite Ovarialsack erfüllt den Raum bis zur Harnblase. In der rechten Dorsalecke {Ei) sehen wir den Anschnitt eines voll ausgebildeten jungen Eies. Soweit nach hinten erstreckt sich die Ovarialmasse. Unmittelbar danach endigt der Sack blind. Zuweilen ist er so stark an die Gewebsmasse des hier in stark nach hinten convexen Bogen herabsteigenden Harnblasenganges ge- preßt, daß er ihn noch halbwegs umgreift. Der kurz auf Fig. 16 fol- gende Schnitt Fig. 17 zeigt dieses Verhalten. Die diesem LTmstand zuzuschreibende Paarigkeit der Ovarialzipfel ist daher auf diesem Schnitt eine rein zufällige und ohne weitere Bedeutung. Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 257 Zum Schluß erwähne ich, daß es mir unter all der großen Zahl der untersuchten Objekte, bei denen bis zu 4 cm große Weibchen sich befanden, nicht gelang, einen Durchbruch des Ovarialsackes nach außen zu beobachten. Da nun der Stichling nur 3 Jahre alt werden. soll, so ließe sich dieses Verhalten dadurch erklären, daß es nur zu einer einperiodigen Eiablage käme. Doch bin ich sonst auch hier nicht ab- geneigt, eine Vernarbung des Genitalporus nach erfolgter Eiablage anzunehmen. An den hiermit abgeschlossenen Beobachtungen an Gasterosteus findet sich nichts, was auf eine Anlage von selbständigen Oviducten schließen läßt. Im Gegenteil: eine derartige Anlage ist vollständig ausgeschlossen. Wie die nach dem entovarialen Bildungsmodus von der allgemeinen Leibeshöhle abgekammerte Ovarialhöhle nach vorn in die Genitalfalte hinein fortwächst, so stellt sich auch die Ausbildung ihres distalen Abschnittes als ein einfaches Auswachsen dar, das im Khythmus des Allgemeinwachstums des Tieres erfolgt. Anders läßt sich das Auftreten von Genitalzellen und Eiern bis in die hintersten Teile der Dorsalwand nicht erklären. Für Gasterosteus dürfte daher jede Beteiligung von unabhängig von der Ovarialhöhle -entstehenden, selbständigen Eileitern am Aufbau des Ova- rialsackes ganz und gar auszuschließen sein. Phoxinus laevis. Über die Entwicklung der Ovarien bei Phoxinus laevis liegen Be- obachtungen von Vogt (26) und Guido Schneider (20) vor. Während ersterem die Entstehung des Eierstockkanals unbekannt blieb, beschreibt Schneider eine solche, die von dem auch für Phoxinus von Jünger- SEN angenommenen parovarialen Bildungsvorgang stark abweicht. Nach Schneider bestehen bei Fischchen bis zu 10 mm Länge die Ovarialanlagen in verdickten Streifen des dorsalen Peritoneums, die sich bei ihrem weiteren Wachstum »lateralwärts unter der Schwimm- blase, dem Peritonealüberzug derselben dicht anliegend, ausbreiten, bis sie die Leibeswand erreichen«. Hier »verwächst der laterale Rand des Ovariums mit der Leibeswand«. »Sobald dieser Moment (bei 14 — 15 mm Länge) eingetreten ist, scheint seröse Flüssigkeit zwischen das Peritonealepithel und das demselben bis jetzt fest anliegende Ovarium einzudringen, so daß das Ovarium vom Peritoneum abge- drängt wird und zwischen beiden ein spaltförmiger Hohlraum entsteht, der bald sehr weit wird und den Ovarialkanal darstellt. Nur an seinen beiden Rändern, die sich zu dünnen Ligamenten ausziehen, bleibt das Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 17 258 Alfred Lickteig, Ovarium am Peritonealüberzug der Schwimmblase einerseits und der Leibeswand anderseits befestigt« (S. 230). In dieser seiner Beobachtung erblickt Schneider eine Bestätigung der Angabe von C. Vogt, nach, der sich wie bei Phoxinus «aucune trace d'un recoquillement des bords pour former un canal» nachweisen läßt, und der Schneider Seite 3 ausdrücklich zustimmt. Demgegenüber muß ich bemerken, daß in den von mir beobachteten Fällen die Bildung der Eierstockshöhle nach dem reinen parovarialen Entwicklungsmodus erfolgt. Bis zu der Größe von 14 mm erscheint die Genitalfalte kompakt. Ihr Aussehen entspricht der ScHNEiDERschen Beschreibung der jüngeren Stadien. Bei Jungen von 16 — 19 mm ist die Genitalfalte an ihren beiden Enden eine Strecke weit mit der Leibeswand verwachsen, während die mediale Partie eine zwischen Peritoneum und Genitalfalte gelegene Rinne auf- weist. Die schon geschlossenen Teile des Ovarialkanals kommunizieren noch an beiden Enden mit der Leibeshöhle und verlaufen in sich ab- flachende Rinnen. Es ist also noch zu keinem Abschluß der Enden und daher zu keinem in der Genitalfalte blind endigenden Ovarial- kanal gekommen. Dagegen treten, cranialwärts von der parovarialen Kanalanlage, zwischen dem in der Regel dem Peritoneum dicht an- liegenden kompakten Ovarium und der Peritonealwand spärliche, dis- kontinuierliche Lichtungen auf, die aber wohl in der Annahme, daß hier die Genitalfalte nicht so innig dem Peritoneum anhaftet, eine imgezwungene Erklärung finden. In den Fig. 19 und 20 sind Quer- schnitte abgebildet, die durch die Vorderenden des Ovariums eines in diesem Stadium befindlichen Tieres führen. Da rechts das Ovar sich weiter nach vorn erstreckt als links, so zeigt Fig. 19 in a eine der ventralen Schwimmblasenwand dicht angepreßte solide Genitalfalte, während h einen durch Verwachsen der Ovariumkante mit der lateralen Seitenwand abgeschlossenen Kanal darstellt. Dieser Ovarialkanal erweist sich in seinem weiteren Verlauf als typisch parovarial. Die schon in Fig. 206 sich gegen das Ovarium stark absetzende Verwach- sungsbrücke ist wenige Schnitte afterwärts unterbrochen oder, besser ge- sagt, noch nicht ausgebildet, so daß von hier ab auf eine lange Strecke eine offene Rinne zu finden ist. Das Ovarium a dieses Schnittes zeigt dieses Bild. Doch haben wir es hier, wie ein Blick auf den vorher- gehenden Schnitt in Fig. 19 zeigt, mit der vorderen Mündung einer, wie oben geschildert, vorn noch nicht geschlossenen Höhle zu tun. Der laterale Wulst (rs) erinnert zwar an den von Jüngersen bei Gobio fluviatilis beobachteten lateralen Streifen, ist aber hier keineswegs mit einer Oviductanlage in Zusammenhang zu bringen da er ja nach Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 259 vorn weist und als eine Spannungsfalte zu erklären ist, die durch Zug des infolge der regen eibildenden Tätigkeit sicher unter starken Span- nungszuständen befindlichen Ovars noch eine kleine Strecke über die An Wachsungsstelle hinaus hervorgerufen wird. Auf den folgenden, bis Fig. 30 derselben Schnittserie entstammenden Abbildungen ist das rechte Ovarium nicht mehr gezeichnet, weil es in keiner Hinsicht vom parovarialen Bildungsmodus differiert. Das linke Ovarium hingegen weist eine interessante Komplikation dieses Vorganges auf. In den auf Fig. 19 folgenden Schnitten ist das Ovarium mit der lateralen Bauch wand verwachsen (Fig. 21). Es stellt ein breites, aus- gespanntes Band dar, das den dorsalen Leibeshöhlenwinkel mehr oder minder horizontal abschließt (Fig. 22). Weiter caudalwärts verbreitert sich dieses Band noch bedeutend, indem die laterale Befestigungsstelle fixiert bleibt, dagegen die mediale, dem Mesovarium entsprechende, sich entlang der Schwimmblasenwand bis zur Mittellinie vorschiebt (Fig. 23 — 25). Das dorsale Darmmesenterium ist an dieser Stelle infolge der Schlingenbildung des Darmes verschwunden. Die in den Abbil- dungen mit i bezeichneten Gewebsmassen sind das von Vogt und Schneider beschriebene, dem Darm aufsitzende Fettgewebe. Es füllt hier die ganze Leibeshöhle und ist mit dem zum größten Teil noch aus indifferenten Peritonealzellen bestehenden Ovarium so dicht ver- wachsen, daß die Bestimmung der beiderseitigen Grenzen nicht immer möglich ist. In der von großmaschigem Fettgewebe umhüllten Schwimm- blasenwand sieht man ein dichtes Capillarnetz ziehen, das durch die mediale Ansatzstelle mit den Blutgefäßen der Gonade (Gv) kommuni- ziert (Fig. 23 u. 24). Während der mediale Teil der Genitalfalte (Ov) sich stark entwickelt, nimmt im lateralen, den ganzen Darm in weitem flachem Bogen überspannenden Teil die Ovarialmasse rasch ab (Fig. 25), so daß er nur noch als dünnes Ligament, der mediale Teil hingegen als dicker Wulst erscheint. Dies ist auf der folgenden Fig. 26 in noch stärkerem Maße der Fall. Die ganze Ovarialmasse scheint hier in das Mesovarium und seine stark verbreitete Ansatzstelle verschoben. Die beiden Anheftungsstellen des im Durchschnitt eine einfache, aber tiefe Schlinge bildenden Ovars haben sich einander genähert. Die ganze Gonade nimmt jetzt eine schiefe Lage ein, die die Fortsetzung des medialen Teiles als dorsale, die des lateralen Abschnittes als ventrale Wand erscheinen läßt (Fig. 26). Die Gewebsverminderung in diesem ventrolateralen Teil schreitet rasch fort, und der Zusammenhang mit der Peritoneal wand hört auf (Fig. 27). Auf diesen und den folgenden Schnitten (bis Fig. 29) erscheint dieser Teil nur noch als freie, lateral- 17* 260 Alfred Lickteig, wärts umgeschlagene Falte, die mit einer kurzen Rinnenbildung (Fig. 29) in die Gonadenspitze ausläuft. Von hier ab zeigen Querschnitte das Ovar mit der bekannten keulenförmigen Gestalt (Fig. 30). Die allge- meinen Lageverhältnisse kurz vor dem caudalen Ende der Ovarien sind aus der Orientierungsfigur 31 zu ersehen. Während das rechte Ovar die normale Lage einnimmt, zeigt das linke als Resultat des eben geschilderten abweichenden Verlaufs eine nahezu mediane Lage und eine Stellung, die der normalen insofern direkt entgegengesetzt ist, als die Genitalfalte nicht lateralwärts, sondern medianwärts ange- schlagen erscheint. Die Kenntnis dieses Falles erspart mir wohl eine Diskussion der Abhebungstheorie Schneiders. Doch glaube ich mit der Annahme nicht fehl zu gehen, daß auch in den von Schneider beobachteten Fällen der Ovarialkanal mit der lateralen Verwachsung fertig gebildet ist, aber infolge des Druckes, den der Darmtractus und seine Anhänge gerade bei Phoxinus bei den engen Verhältnissen aus- üben, nicht zur Beobachtung gelangt. In dem oben geschilderten Fall haben wir es ohne Zweifel mit einer Verzerrung des echten parovarialen Entwicklungsganges zu tun. Die ursächlichen Momente für diese Störmig des normalen Verlaufs glaube ich in den Mesenterial- und Blutgefäßverhältnissen suchen zu müssen. Mit der Bildung der Darmschlinge erleiden die bis dahin einfachen Verhältnisse des den Blutgefäßen als Leitungsbahn dienenden Dorsalmesenteriums entsprechende Abänderungen. Es bilden sich neue Bindegewebsbrücken zwischen Darm und Dorsalwand, während das ursprüngliche Mesenterium Unterbrechungen erleidet. Die an solchen Unterbrechungsstellen durchwachsenden Blutgefäße ziehen nun nach Schwund des Gekrösegewebes frei durch die Leibeshöhle, bis wieder neue Gewebsf alten sie umranken. Setzen wir nun den Fall, daß eine solche Bindegewebsfalte an die Genitalanlage befestigt ist, so bildet demnach die Gonade an solcher Stelle einen mechanischen Bestandteil eines neuen Mesenteriums. Bei ihrer späteren Entwicklung kann ihr dadurch leicht eine sie aus der geraden Normallage ablenkende, den sie durchwachsenden Blutgefäßen entlang führende Wachstums- richtung gegeben werden. In Fig. 206 ist bei dem ganz normalen Ovarium eine solche blutgefäßführende Gewebsf alte F zu sehen. Auch scheinen die bei Besprechung der Fig. 21 — 25 erwähnten Blutgefäße durch Gonade und Fettgewebsbrücke hindurch mit den Darmvenen zusammen zu hängen. Da ich auch bei Tinea derartiges beobachtete, so scheint mir die vorstehende Erklärung nicht ganz des realen Unter- grundes zu entbehren. Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 261 Jedenfalls haben wir es mit einem parovarialen Eierstockskanal zu tun, der an seinen beiden Enden noch in die Leibeshöhle übergeht. Von der Anlage eines Eileiters ist in diesem Stadium noch nichts zu sehen. Auch über die Entstehung der Oviducte liegen Beobachtungen von Schneider vor, die ich auch hier im wörtlichen Auszug meinen eignen Untersuchungen voranstellen will. Nach Schneider erfolgt die Oviductanlage bei Cobitis taenia und Phoxinus laevis auf gleiche Weise. Die geschlossene, sehr weite »Ovarialhöhle wird nach hinten flacher, verliert zuletzt ihr Lumen und von ihrem Ende bis in die Nähe der Mündung der vereinigten Ureteren oder Harncloake läßt sich ein mehr oder minder breiter Strang von Zellen nachweisen, die sich stärker als das sie umgebende Bindegewebe färben. Ungefähr in der Mitte zwischen dem Ende der Ovarialhöhle und der Mündung der Harncloake sieht man im besagten Zellstrang Höhlungen auftreten — meist unpaar, doch bisweilen auch paarig — , die zu einem Kanal verschmelzen, der sich nach vorn und hinten weiter, wie es scheint, durch Auseinander- weichen der ihn bildenden Zellen, fortsetzt«. Während »der Durch- bruch der Oviducte in die Ovarialhöhle sehr bald erfolgt <<, >>läßt der nach außen lange auf sich warten und scheint bei Phoxinus nicht vor Beendigung des dritten Lebensjahres zu erfolgen« (Fig. 20, S. 7). Die von mir untersuchten Stadien entsprachen den Größen 22 bis 24 und 32 bis 43 mm; doch stehen gerade bei PJioxinus Größe und Entwicklungsstadium in keiner konstanten Proportion. Vielfach trifft man größere Exemplare in verhältnismäßig niederen Entwicklungs- phasen. Im allgemeinen stimmt der von mir beobachtete Entwicklungs- gang mit den ScHNEiDERSchen Angaben überein. Besonders in betreff der die gemeinsame Fortsetzung der beiden Ovarien bildenden Genital- stranges kann ich Schneiders Schilderung bestätigen. Die diesbezüg- lichen Fig. 32 — 36 und schematische Fig. 18 sind angefertigt, bevor ich Einsicht in die ScHNEiDERsche Arbeit genommen hatte. Sie ent- stammen einem jungen Tiere von 32 mm Größe. Fig. 32 gibt einen Querschnitt durch das hintere Drittel der beiden Ovarien wieder. Im Gegensatz zu Gasterosteus ist hier nur die ventrale Ovarialwand eitragend. Wie schon von Jüngersen ausgeführt, ist diese Verschiedenheit die natürliche Folge der Verschiedenheit zwischen parovarialer und ent- ovarialer Höhlenbildung. Die Ovarialmassen des zu besprechenden Stadiums sind reich gelappt und durchklüftet ; die von der medialen Ansatzstelle am meisten entfernten Teile sind an weitesten entwickelt. 262 Alfred Lickteig, Die beiden Ovarien liegen einander in der Medianlinie so dicht an, daß ihre Scheidewand als direkte Fortsetzung des Dorsalmesenteriums erscheint. Alle Epithelien, auch die der Ovarialhöhle, sind stark mit Pigment durchsetzt. Weiter caudalwärts wird die Verwachsung der beiden Ovarialmassen immer inniger, die sie trennende Wand ver- schwindet, so daß die beiden Höhlen ineinander überfließen. Dadurch, daß das linke Ovar sich vor dem rechten verjüngt, kommt das Bild des Querschnittes 33 zu stände. Die Ovarialhöhle ist von den primären Harnleitern durch ein mächtiges Fettgewebe getrennt, in dem weiter vorn die Schwimmblase eingebettet ist. In der dieses Fettgewebe trennenden Bindegewebsfortsetzung der geschwundenen medialen Ova- rialwand ist ein starkes Venengefäß längs getroffen. Desgleichen zeigt das Mesenterium quergeschnittene Blutgefäße. Etwas weiter caudalwärts erscheinen die beiden Ovarien wieder getrennt. Wie Fig. 34 zeigt, ist das vorhin erwähnte Venengefäß jetzt tiefer, zwischen beiden Ovarien zu finden. Während rechts noch eine weite Ovarialhöhle ihr Lumen zeigt, endigt die linke an dieser Stelle blind. Ihr doppeltes Lumen ist auf eine scharfe Kante zurückzuführen, die das blinde Ende einkerbt. Unter dieser linken Ovarialhöhle ist ein von einem starken cylindrischen Epithel umgebenes zweites Lumen zu erblicken. Dasselbe gehört einem wie ein Bläschen in die Ovarial- masse eingebetteten Kanälchen an, das nach allen Seiten abgeschlossen ist. Einige Schnitte weiter zurück, ungefähr unter dem Vereinigungs- punkt der beiden primären Harnleiter, hört auch die rechte Ovarial- höhle auf; das Venengefäß ist nach seiner Kommunikation mit den Mesenterialgefäßen verschwunden, und die beiden verschmolzenen Ovarialmassen stellen eine breite Schicht dar (Fig. 35). Überall in dieser mächtigen Genitalzellenanlage treten mehr oder minder stark gewundene Kanälchen von der eben beschriebenen Art auf. Die meisten derselben haben kein sichtbares Lumen. Der ganze Habitus dieser Gebilde ist genau der von abgeschlossenen Urnierenkanälchen. Im Ovarialgewebe sind helle Zonen mit blasigen Kernen zu finden, die auf eben sich differenzierende Eier hinweisen. Mit dem Aufhören der Leibeshöhle wird die Genitalschicht vom Bindegewebe des Afterpfropfes ganz umhüllt. Sie zieht sich in einen deutlichen Strang aus, der sich verjüngend dem Harnblasengang nähert (Fig. 36) und in unmittelbarer Nähe der Schleimhaut desselben ausläuft. Die auf Grund dieser Querschnitte aufgestellte Konstruktion der Fig. 18 macht wohl weitere Erläuterungen entbehrlich. In älteren Stadien hat sich die Ovarialhöhle stark entwickelt. Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 263 Der Genitalstrang läßt sich nicht mehr so weit caudalwärts als solcher erkennen. Die Wände des Ovarialsackes bestehen nur aus dünnen Lamellen, so daß in ihrem nicht mehr keimbereitenden caudalen Ab- schnitt die Ovarialhöhle sich durch Spaltung des Peritoneums bis zu ihrem späteren Durchbruch noch zu verlängern scheint. Doch konnte ich noch bei einem 42 mm langen Tier die dickere ventrale Wand bis 2;um blinden Ende des Sackes als eine von dem umgebenden Binde- gewebe differente Zellschicht erkennen. Die Ovarialhöhle war hier weit über die Anlagestelle der Kanälchen hinausgewachsen, und von diesen selbst nirgends eine Spur zu finden. Ein weiteres Wachstum ist von diesem Stadium ab nur durch caudalwärts gerichtetes Aus- wachsen der Ovarialhöhle in das lockere Bindegewebe des Afterpfropfes zu erklären. Von Gasterosteus unterscheidet sich demnach wie aus vorstehenden Angaben zu ersehen, Phoxinus durch die Bildung der Kanälchen und durch den Umstand, daß nur der vordere Teil der ursprünglichen Genital- anlage sich zum reifen Ovar entwickelt. Aber gerade der Umstand, daß wir es hier mit der Ausbildung eines deutlichen Genitalstranges, der unzweifelhaft derselben Anlage wie die später eiertragende Ovarial- wand entstammt, zu tun haben, beweist, daß wir es hier mit genau denselben Verhältnissen wie bei Gasterosteus zu tun haben. Da- mit wäre die Frage nach der Selbständigkeit der Oviducte erledigt, wenn nicht durch die Bildung der Kanälchen ein Faktum gegeben wäre, das geeignet ist, ein neues Moment in die Diskussion zu bringen. Da ich aber bei meinen diesbezüglichen Argumentierungen des ge- samten Vergleichsmaterials meiner Untersuchungen, besonders der jetzt zu besprechenden Beobachtungen an Gobio jluviatilis bedarf, so verweise ich auf den allgemeinen Teil und begnüge mich hier damit, auf die offene Frage hingewiesen zu haben. Gobio jluviatilis. Anlage und Ausbildung der Ovarien dieses Teleostiers ist von JüNGEKSEN genau beschrieben. Wie alle Cyprinoiden folgt auch der Greßling dem parovarialen Typus. Über die Anlage der Oviducte schreibt Jüngersen (S. 145) : »Bei einem Jungen von 22 mm Länge öffnet sich das Ovarium lateral, jedoch nur auf eine kürzere Strecke, und hinter diesem offenen Teil kommt nun ein ganz kurzer geschlossener, dessen Höhle sich trichterförmig in den genannten Streifen im Peri- toneum fortsetzt; darin haben wir augenscheinlich die Anlage des Ovi- ductes vor uns. << Ich verweise auf die Übereinstimmung dieser An- 264 Alfred Lickteig, gaben mit den oben geschilderten Verhältnissen von Gasterosteus (Fig. 6 — 10, 20). Dann fährt Jüngersen fort: »Der so angelegte Oviduct ist noch sehr kurz und scheint durch Spaltung im verdickten Peritonealepithel entstanden zu sein. « Diese Meinung stützt er auf seinen Befund an einem 26 mm großen Individuum, bei dem sich »die Bildung durch Spaltung« dadurch dokumentiert, daß man an mehrere Stellen »zwei oder drei kleine Hohlräume nebeneinander sieht, welche vorn zusammenfließen <<. Obwohl es aus dem Text nicht ganz ersichtlich ist, glaube ich doch, daß auch die weitere Schilderung sich auf dieses Stadium bezieht. Danach sind »die Vorderenden der beiden Oviducte durch Spaltung des zwischen ihnen ursprünglich sich be- findlichen Gewebes zu einer Höhle vereinigt«, und »die Ovarien voll- kommen geschlossen«. Die in meinen Fig. 37 — 42 abgebildeten Querschnitte gehören einer Schnittserie von einem 27 mm langen Weibchen an. Sie ent- sprechen ungefähr dem von Jüngersen beschriebenen Stadium. Die Ovarialmassen sind nach hinten zu in der Medianlinie zu einer breiten Zellschicht verschmolzen, so daß diese sich wie ein mächtig verdickter Peritonealstreifen darstellt. Die geschlossenen Ovarialhöhlen setzen sich in einen gemeinsamen breiten Gang in diese Streifen fort (Fig. 37). Wie schon von Phoxinus bekannt, hängt auch hier der Ovarialsack inmitten des auch die Leibeshöhle erfüllenden Fettgewebes {fi) an einem in der Fortsetzung des Mesenteriums {Ms) liegenden Bindegewebs- streifen, der Gefäße führt. Sechs Schnitte weiter zurück ist das Fett- gewebe größtenteils verschwunden. Die vorher einheitliche Zellschicht im Peritoneum erscheint hier durch den die Blutgefäße führenden Bindegewebsstrang in zwei Hälften getrennt, von denen eine jede eine Fortsetzung der Ovarialhöhle enthält (Fig. 38 u, 39). Stellenweise sind ihre Wände so aneinander gepreßt, daß man nur mit Mühe ihre Grenzen unterscheiden kann. Auch kann hierdurch leicht, wie die rechte Seite von Fig. 38 zeigt, der Eindruck von nebeneinander sich befindenden diskontinuierlichen Lichtungen hervorgerufen werden. Die erwähnten Blutgefäße ziehen durch zehn Schnitte in der Dorsal- wand in horizontaler Richtung einher, bis sie in einem senkrechten starken Venenast münden. Auf dieser ganzen Strecke weisen die dicken Streifen im Peritonealepithel das in den beiden Figuren abgebildete Verhalten auf. Nach dem Verschwinden der Blutgefäße werden die Streifen im Peritoneum wieder stärker. Die weiter vorn zu engen Spalten zusammengepreßten Kanäle treten wieder als weite Höhlen {OH) auf. Sie rücken, wie die 15 Schnitte hinter Fig. 39 liegende Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 265 Fig. 40 zeigt, einander näher, um nach weiteren drei Schnitten schließ- lich sich wieder zu einem breiten gemeinsamen Gang mit weiter Höhle zu vereinigen (Fig. 41). Die Leibeshöhle (c) stellt hier nur noch zwei laterale Zipfel dar. Die dorsale Darmwand ist mit breiter Basis mit dem Ovarialsack und damit mit der Harnblase zum Afterpfropf ver- wachsen. Die Ovarialhöhle setzt sich in dessen Bindegewebe nach hinten fort, um in zwei längeren Zipfeln blind zu endigen (Fig. 42). Die ganze von Fig. 37 — 42 abgebildete Strecke hat eine Länge von 500 u. Indem ich auf die Übereinstimmung meiner Fig. 38 und 39 mit der von Jüngersen in seiner Fig. 44 gegebenen Abbildung hinweise, erinnere ich zugleich daran, daß dieser Forscher gerade bei Gobio ßuviatilis eine durch Gewebsspaltungen im Peritonealstreifen einge- leitete selbständige Entstehung eines von der Ovarialhöhle unab- hängigen Oviductlumens beschrieben hat. Seine eben erwähnte Fig. 44, die übrigens einem mit dem meinigen wohl nahezu gleich alten Indivi- duum von 26 mm Länge entstammt, soll diesen Spaltungsprozeß illustrieren. Demgegenüber weise ich schon hier darauf hin, daß die geschilderten Verhältnisse sich einfach als eine natürliche Folgeerschei- nung einer Kollision der nach hinten auswachsenden Ovarialhöhle mit dem mächtigen, senkrechten Blutgefäßstrang zu erklären sind. Der von mir abgebildete Befund ist für diese Deutung insofern günstiger, als die den Gefäßstrang in zwei schmalen und engen Spalten umwachsende Ovarialhöhle sofort hinter diesem konsistenten Strang sich wieder als einheitliche weite Höhle, die nach hinten auswächst, präsentiert. Auch die beiden blinden Zipfel können unmöglich in paariger Oviductanlage des Peritoneums ihren Ursprung haben, da, wie aus der Fig. 41 und besonders Fig. 42 zu ersehen, sie in keiner Beziehung mehr zu dem Peritoneum der lateralen Cölomzipfel stehen. Eine ungezwungene Erklärung für das Vorhandensein dieser beiden Zipfel ergibt sich wohl durch die Annahme, daß infolge des von der Harnblase ausgeübten Druckes die nach hinten auswachsende Ovarialhöhle in der Median- linie auf den stärkeren Widerstand trifft und daß die seitlichen Partien der mittleren im Wachstum etwas vorauseilen. Die weitere Entwicklung der Ovarialhöhle geschieht ebenfalls durch Auswachsen ihres immer spitzer werdenden Zipfels bis zum schließlichen Durchbruch. Bei einem nahezu 10 cm langen Tier endigte der mit starkem Flimmerepithel besetzte Genitalgang zwischen den auf gemeinsamer kurzer Papille erfolgenden After- und Harnmündun- gen blind. 266 Alfred Lickteig, Mit dem eben geschilderten Verhalten der Ovarialhöhle bei Gohio jluviatilis ist der eigentlich beschreibende Teil dieser Arbeit abge- schlossen. Doch bevor ich zum vergleichenden Teil übergehe, sei noch erwähnt, daß ich bei den andern von mir untersuchten Teleostiern {Tinea vulgaris, Leuciscus rutilus, Rhodeus amarus, Lepadogaster gouanii [Nemachotilus], Cobitis fossilis), durchgehend grundsätzlich gleiche Verhältnisse fand. Überall setzen sich die Ovarien als verdickte Streifen ins Peritoneum fort. Aualwärts konvergieren diese Streifen, bis sie zu einer einzigen Anlage verschmelzen. Die entovarial oder parovarial gebildeten Ovarialhöhlen wachsen in diese Streifen aus, um schließlich zu einem gemeinsamen Gang zu verschmelzen. Wenn nun, wie zum Beispiel bei Leuciscus, nur der vordere Teil der Genitalanlage sich zur keimbereitenden Drüse entwickelt, so ist natürlich die Kontinuität der bald eine weite Höhle, bald einen engen Spalt im Peritoneum darstel- lenden Oviducte nicht mehr ohne weiteres ersichtlich. Nirgends aber fand ich, wie Felix annimmt, eine Angliederung eines hinteren Leibeshöhlenendes an den von der Ovarialhöhle stammenden Oviduct, vielmehr schien da, wo die Ausläufer der Genitalstreifen nach hinten zu nicht mehr als solche zu erkennen waren, das weitere Wachstum wirklich durch Spaltung des Peritoneums vor sich zu gehen. Niemals aber waren auch in diesen Fällen von der Ovarialhöhle unabhängige Oviductanlagen zu erkennen. Zum Schluß will ich noch erwähnen, daß ich nur bei Lepadogaster eine dauernde Mündung der Ovarialhöhle beobachten konnte. Anhang. I. Über den allgemeinen Aufbau des Knochenfischovariums kann ich den von Jüngersen gemachten Angaben nichts Wesentliches hin- zufügen. Ich beschränke mich darauf, in Fig. 4 einen Querschnitt durch das linke Ovarium eines 35 mm großen Leuciscus wiederzugeben. Man ersieht daraus eine Anordnung der Eier, die im Gegensatz zu der von Phoxinus angegebenen steht. Während bei diesem Fisch die am weitesten entwickelten Eier der Ovarialhöhle am nächsten liegen, zeigt Leuciscus das allgemein verbreitete umgekehrte Verhalten. Die früher mediale, jetzt untere Ovarseite besteht aus einem dünnen Epithel, auf das direkt die in dünnwandiges Follikelepithel einzeln eingehüllten reifen Eier folgen. Die stark gewölbte, ursprünglich laterale Seite stellt sich als die keimbereitende dar. In derselben sind alle Stadien von den in regen Teilungen sich befindlichen Eizellen bis zu fertigen Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 267 jungen Eiern zu sehen. Falten- und Lamellenbildung sind wie in diesem Stadium so auch bei noch älteren Tieren nicht einmal einge- leitet, während bei dem besprochenen Phoxinus die Lamellen bis ans Hinterende schon stark entwickelt waren. IL Zum Schluß glaube ich in Fig. 5 einen kleinen Beitrag zum Kapitel der mehrkernigen Eier und der Eikern Verschmelzung geben zu können. Die Abbildung zeigt einen Schnitt durch den hinteren Teil eines rechten Ovars von Tinea vulgaris von 60 mm Länge. In unmittelbarer Nähe starker Blutgefäße (v) sehen wir, abge- sehen von den in der Lateralwand (LW) überall zu erkennenden Genital- ^ellen ( G Z), bei Fig. 1 die in reger mitotischer Teilung befindlichen Ureier in einem großen Zellennest vereinigt. Bei x sind Spuren einer vom umgebenden Follikelepithel aus in dieses Nest hineinwuchernden Scheidewand zu erkennen. Unmittelbar neben diesem Nest sieht man mehrere Gruppen schon weiter differenzierter Zellen. Die ganz hellen Kerne sind vergrößert und vielfach so nahe aneinander gepreßt, daß keine Grenzen mehr sichtbar sind. Mehrere solcher Kerne liegen in einem Follikel zusammen. Bei Fig. 2 ist die Bildung zweier solcher Follikel aus einem durch Heineinwachsen der bindegewebigen Scheide- wand eben vollendet, während sie bei Fig. 3 schon weiter durchgeführt ist. In dem linken dieser beiden scheinen die Kernmembranen ganz aufgelöst, während im rechten deutlich drei Kerne und Kernkörperchen zu sehen sind. Bei Fig. 4 und 5 haben wir zwei Follikel, die beide demselben Zellnest zu entstammen scheinen. In beiden befindet sich je ein mehrkerniges Ei mit deutlicher Dotterschicht. Während die vier Kerne bei Fig. 4 sehr unscharf sind, zeigen die beiden ungleich großen bei Fig. 5 deutlich das vom Teleostierei bekannte Bild mit den vielen oberflächlichen Chromatinkörperchen. Ferner sind noch zwei größere Eier zu sehen, von denen das eine nur durch den Dotter ge- troffen ist. Danach ginge neben der Teilung der Follikel eine Ver- schmelzung von Eizellen einher. Obschon mir danach eine Verschmel- zung von Eikernen, wie sie zuerst von Goette für die Amphibien an- gegeben und in neuerer Zeit von Eismond (7) wieder behauptet wird, auch für die Knochenfische nicht unwahrscheinlich dünkt, so begnüge ich mich doch mit vorstehender Beschreibung und dem Hinweis auf die neuere Literatur von Stöckel (23), Rabl (18c), Schottländer und Eismond (21). 268 Alfred Lickteig, B. Tergleichender Teil. Am Schlüsse der Untersuchung über den Genitalporus (S. 250 ff.) habe ich die Gründe erörtert, weshalb ich im Genitalporus der Salmo- niden keine echte Abdominalporenbildung erblicken kann. Als weiterer Grund ergibt sich aus den Untersuchungen über die andern Teleostier die vollständige Übereinstimmung zwischen der Bildung der äußeren Genitalöffnung der Salmoniden und der der andern Knochenfische. Auch werden beide viel später als die echten Abdominalporen angelegt und zwar beide wiederum von einem, zwischen Darm und Harnblasen- gang durch das Bindegewebe des Afterpfropfes nach hinten auswach- senden weiteren Gang. Nun ist, wie wir gesehen haben, der Genital- porus der Teleostier mit Ovarialhöhle die Schlußbildung eines Pro- zesses, der von dem direkten Durchbruch der Leibeshöhle nach außen (Abdominalporen) grundverschieden ist, während die Entstehung des Genitalporus der Salmoniden immerhin derjenigen der Abdominal- poren ähnelt. Doch wird diese Differenz zwischen den Salmoniden und den übrigen Teleostiern durch die Entwicklungsgeschichte aus- geglichen. In beiden Gruppen gehen die im Genitalporus mündenden Ausführungswege der Geschlechtsprodukte in gleicher Weise aus be- sonders umgebildeten Cölomabschnitten hervor, nämlich den Genital- trichtern (Salmoniden) und den Ovarialhöhlen (übrige Teleostier). Dadurch treten sie gemeinsam in Gegensatz zu echten Abdominal- poren, die weiter nichts sind als direkte Durchbrüche des Cöloms nach außen. Daraus folgt notwendig als weitere Ergänzung der früheren Ausführungen, daß der Genitalporus der Salmoniden sein Homologon nicht in den echten, der allgemeinen Leibeshöhle direkt entstammenden Abdominalporen, sondern im Genitalporus der andern Teleostier zu suchen hat. Zur Erläuterung meiner Ansicht diene eine vergleichende Betrachtung der auf Seite 242 aufgestellten Schemata. Jedes Schema ist als Projektionsfigur einer Körperhälfte auf die Medianebene zu denken, und zwar sind übereinander fallende Umrisse (wie z. B. C und H in Schema 1 oder P und A in Schema 5) in der Reihenfolge ihres Abstandes von der Medianebene über, bzw. hintereinander gelegt. Nehmen wir Schema 5 zum Ausgangspunkt. Dasselbe stellt die Verhältnisse bei den Salmoniden dar. Außer dem After A und der Harnröhrenmündung HM sehen wir einen Porus P und einen Porus GP. Der erste ist der echte Abdominalporus, während GP den Genitalporus darstellt. Ein Vergleich dieser Figur mit Schema 4 als dem Typus der Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 269 Selachier einerseits und Schema 7 als den Typus der meisten Teleostier anderseits läßt uns sofort in Schema 5 bei P den dem Punkt P in 4 entsprechenden Punkt erkennen, während wir ihn in 7 vermissen. Derselbe könnte, da wir ihn als die einfachste Durchbruchsstelle der Leibeshöhle (C) nach außen charakterisiert haben, in Schema 7 nur in der Fortsetzung des mit P? bezeichneten blinden Endes der Leibes- höhle liegen. Anderseits ist für den Punkt GP in Schema 5 weder im Schema 4 noch im Schema 7 ein völlig entsprechender Punkt zu finden. Während aber beim Typus der Selachier ein diesbezüglicher Vergleich ganz ausgeschlossen bleibt, gibt schon eine genauere Betrachtung von 5 und 7 einige Vergleichsmomente. Auch beim allgemeinen Teleostier- typus haben wir einen Punkt GP, durch den die Geschlechtsprodukte entleert werden. Auch dieser Porus ist die Mündung eines Hohlraumes {OH) in den, wie in den Genitaltrichter GT der Salmoniden, die Go- nade {ov) hineinragt. Einer direkten Homologisierung dieser beiden Genitalporen steht nur der Umstand entgegen, daß der Genitaltrichter mit der Leibeshöhle kommuniziert, während die Ovarialfalte gegen das Cölom vollständig abgeschlossen ist. Dieser Unterschied ist aber durch die in Schema 6 dargestellte Entwicklungsstufe beseitigt. Wenn wir davon absehen, daß in Schema 6 noch keinerlei Durchbruch des Cöloms nach außen erfolgt ist, so stellt dasselbe nur eine Variation von Typus 5 dar. Die Variante besteht darin, daß der Cölomabschnitt in Schema 6 ausschließlich von der Gonade abgekammert wird, während der ihm entsprechende Leibeshöhlensack GP in Schema 5 nur zum geringen Teil von der Genitalfalte begrenzt wird. Da aber Schema 7 nur den fertigen Zustand von Schema 6 präsentiert, so ist auch dieser Typus nur als Variation des Salmonidentypus aufzufassen. Diese Auffassung wird noch durch die Verhältnisse bei den männ- lichen Salmoniden unterstützt. Denken wir uns in Schema 7 bei P? die Leibeshöhle wirklich nach außen mündend, so stellt dieses Schema, wie aus Fig. 3 zu ersehen, vollkommen den Typus der männlichen Salmoniden dar. Von dem weiblichen unterscheidet sich das Männ- chen nur dadurch, daß der Genitaltrichter nicht mit dem Cölom kom- muniziert, sondern in den vollständig abgeschlossenen Hohlraum der Gonaden übergeht. Obwohl mir keine ontogenetischen Befunde über die Entstehung dieses Hohlraumes vorliegen, so hat doch die Ent- stehung der Ovarialhöhle gezeigt, daß ein derartiger scheinbar prin- zipieller Unterschied nur eine Sekundärerscheinung sein kann, die angesichts der von mir beobachteten vollständigen Übereinstimmung 270 Alfred Lickteig, der Genitalporen und des hinteren Abschnittes des Genitaltrichters bei Männchen und Weibchen, bei einem Versuch, die Ausführungs- gänge der beiderlei Gonaden zu homologisieren, nicht ausschlaggebend zu sein braucht. Aus vorstehenden sich gegenseitig stützenden und ineinander übergreifenden Betrachtungen folgt, daß der Genitalporus aller weib- lichen Teleostier ein und dieselbe Bildung darstellt, die mit echten Abdominalporen sich weder identifizieren noch homologisieren läßt. Eine Ableitung von den phylogenetisch älteren Poren ist deshalb überflüssig, weil wir den Genitalporus entstehen sehen und seine morphogenetischen Entstehungsursachen kennen. Danach nehmen bei keinem Teleostier die Geschlechtsprodukte ihren Weg durch Abdominalporen. Eine Ausnahme scheinen allerdings die Muraenoiden zu machen. Hier haben wir zwei seitlich von der Medianlinie hinter dem After gelegene Öffnungen, die unzweifelhaft als Geschlechtsporen dienen. Doch auch hier muß ich die An- nahme, daß diese Poren echte Abdominalporen sind, für mindestens ebenso unbewiesen erklären, wie die gegenteilige. Jedenfalls dürfte eine kritische Betrachtung der fertigen Verhältnisse dieser Tiere der letzteren Annahme nicht jede Wahrscheinlichkeit entziehen. Nach der Schilderung von Brock (5b, S. 470) wissen wir, daß »bei den Muraenoiden, deren Geschlechtsorgane sich in die caudale Leibeshöhle erstrecken, das Mesenterium vom Rectum beiderseits ohne Unter- brechung auf die Seiten wände der Harnblase übergeht. Bei Anguilla longa und Ophichthys bemerkt man nun dicht an der inneren Ober- fläche der Bauchwand, genau zwischen Rectum und Harnblase jeder- seits einen im Querdurchmesser etwa 1 mm, im Längsdurchmesser (welcher mit dem Längsdurchmesser des Rectums zusammenfällt) 2 — 3 mm langen ovalen Schlitz im Peritoneum. Während der übrige Raum zwischen Rectum und Harnblase von lockerem, fetthaltigem Bindegewebe ausgefüllt wird, fehlt derselbe, soweit sich beide Schlitze erstrecken, und so entsteht ein kleiner, jederseits etwa dreieckiger Hohlraum, welcher nur durch die Schlitze mit der Bauchhöhle kom- muniziert. In diesem Raum und zwar am Grunde der trichterförmig vertieften, unteren hinteren Ecke, welche vom Peritoneum und der Harnblase gebildet wird, münden die Peritonealkanäle, die also mit den Schlitzen unmittelbar nichts zu tun haben. Die äußeren Öffnungen stehen quer vor der Harnblasenöffnung, dieser weit mehr genähert als dem After (nach einer Beobachtung von Brock in einem Falle sogar hinter der Harnblasenmündung). Die Abdominalporen des Aales sind Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 271 daher wahre Kanäle, welche der vorderen Harnblasenwand unmittelbar anliegend, schräg nach unten und etwas nach vorn und innen ziehen«. Man wird zugeben, daß diese Verhältnisse jedenfalls nicht ohne weiteres denen echter Abdominal poren entsprechen. Dieser pyramidenförmige Hohlraum ist eine eigenartige Bildung, deren Entstehung mit dem Auswachsen der beiden Leibeshöhlen weit über den After hinaus zu zu erklären ist. Damit stände sie, ebenso wie die Ausbildung der Pars accessoria, im Zusammenhang mit dem von Brock in der Reihe Mu- raena — Myrus — Conger — Änguilla aufgestellten Differenzierungf- processes. Für unsre Betrachtung wesentlich ist, daß der erwähnte Hohlraum mit der Außenwelt durch die zwei Peritonealkanäle und mit der Leibeshöhle durch zwei Schlitze in Verbindung steht. Da wir nun bloß die direkten Durchbruchsstellen der Leibeshöhle nach außen oder in einen nach außen mündenden Raum als echte Abdominal- poren erkannt haben, so müßten wir folgerichtig in den beiden Schlitzen die den Durchbruchsstellen der Petromyzonten entsprechenden Öff- nungen anzusprechen haben. Damit wäre aber der Annahme, daß wir in den »Peritonealkanälen « dem Genitalporus der Salmoniden entsprechende Bildungen vor uns haben, eine Aussicht eröffnet. Hier- mit stimmt auch überein, daß, wie Brock angibt, diese Öffnungen sehr spät ausgebildet werden. Da nun aber kein zwingender Grund gegeben ist, bei den Muraenoiden überhaupt Abdominalporenbildungen anzunehmen, so ergibt sich auch für die SchUtze im Peritoneum die viel natürhchere Erklärung, daß sie den Mündungen der WEBERSchen Peritonealtrichter homolog seien. Das Cavum pyramidale entspräche somit dem Oviduct der Salmoniden. Jedenfalls stellt es ein abge- kammertes Stück der Leibeshöhle dar. Mit dieser Annahme wäre dann die noch allein dastehende prinzipielle Ausnahme der Muraenoiden verschwunden. Da wir aber eine sichere Deutung dieser Verhältnisse bis zur Kenntnis genügender entwicklungsgeschichtlicher Tatsachen verschieben müssen, so ist bei den folgenden Betrachtungen über die Teleostier die Familie der Aale immer auszuschheßen. Während, wie schon in der einleitenden Übersicht bemerkt, die Entwicklungsgeschichte den Zusammenhang der Knochenfischovarien mit und ohne Höhle erwiesen hat, konnte bis jetzt dasselbe für die Ovi- ducte nur dann gelten, wenn man für den Salmonidenoviduct dieselbe Entwicklung wie für den der übrigen Teleostier annahm. Da nun nach dem Vorgang von Jüngersen alle neueren Autoren eine selbständige Entstehung der Ausfuhrgänge aus einem vom Ovar unabhängigen Streifens des Peritoneums annahmen, so hätte folgerichtig auch von 272 Alfred Lickteig, allen diesen Autoren eine ebensolche Entwicklung des Salmoniden- trichters angenommen werden müssen. Tatsächlich geht nur Jünger- SEN zu dieser Konsequenz über. Seite 182 sagt er ausdrücklich, daß es für ihn keinem Zweifel unterliege, daß die Peritonealtrichter der Salmoniden ihren Ursprung in einem verdickten Peritonealepithel haben. Nun ist aber nichts von einer derartigen Anlage bekannt, außer einer auch für Jüngersen nicht einwandfreien Beobachtung -von Hoffmann, daß bei Scdmo salar noch die >>Schicht der erhöhten Peritonealzellen<<, aus denen die Genitalfalte besteht, sich »einstülpt und so durch Rinnenbildung einen Kanal zur Entwicklung bringt, der den Ausführungsgang der Geschlechtsdrüse bildet«. Während HofImann erst von einem Kanal sprach und auch, wie Jüngersen hervorhebt, in den Fig. 111 und 112 einen Kanal abbildet, ergänzt er seine Angaben kurz darauf dahin, daß die beschriebene Bildung mehr einem soliden Strang gleicht, und zudem von ihm nur in einem einzigen Falle beob- achtet wurde (S. 630). Der von Rathke als ein Analogon oder vielmehr als ein Rudiment eines Eileiters bei einem Lachs gedeutete Streifen, der am hinteren Ende des Eierstocks beginnend sich unter Verjüngung bis gegen das Ende der Bauchhöhle zu verliert, ist schon von Weber als die ursprünglich sich soweit erstreckende Genitalanlage erkannt worden. Die von Felix (9b, S. 657 u. 658) gemachte Beobachtung, daß bei Salmo salar sich »die an mehreren Orten beginnenden Ein- faltungen (ovariale Falten) zu Röhren schlössen, welche nebeneinander mehrere Segmente durchsetzten, in der man vielleicht eine Bestätigung der HoFFMANNschen erblicken kann, hat in diesem Zusammenhang sicherlich keine Bedeutung, da sie nur von kanalartigen Bildungen in bezug auf den Eierstock selbst handelt. Auch Felix sieht in ihr nur Übergänge zur Ovarialhöhlenbildung. Nun glaube ich, daß meine Untersuchungen über die Genital- trichterentwicklung bei den Salmoniden gezeigt haben, daß von einer derartigen Bildung selbständiger Oviducte aus Streifen des Peritoneal- epithels nicht die Rede sein kann. Vielmehr hat sich ergeben, daß diese Bildung von der Leibeshöhle aus ihren Ursprung nimmt. Zum Schluß ist es noch geboten, auf die Frage der WEBERschen »Peritonealtrichter« der Salmoniden einzugehen. Dieselben entstehen nach Weber durch Verwachsung der lateralwärts umgeschlagenen Ovarialsaumes mit der Leibeswand. Wie aus umstehender Textfig. VIII (S. 273) und aus der S. 253 ff. gegebenen Beschreibung zu ersehen, habe ich derartige »Peritonealtrichter« nicht beobachten können. Wohl sind die Genitalfalten lateralwärts umgeschlagen, aber der hinter den Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 273 eitragenden Ovariallappen {OL und OV der Figur) die Fortsetzung des Mesovariums {mso) bildende Faltensaum {F) ist nicht mit der lateralen Leibeswand, sondern mit dem dorsalen Mesenterium (ms) verwachsen, in das er im Punkte X ausläuft. Da nun nebenstehende Figur sich auf die von Weber nicht beschriebene Species Salmo irideus bezieht, und da nach ihm die verschie- denen Species in bezug auf Ausdehnung der Perito- nealtrichter sich verschie- den verhalten, so können bei einer längeren Ausdeh- nung des Genitaltrichters GT oder, falls die Genital- falten sich weiter nach hin- ten erstrecken, die bei den Punkte X und Y einander sehr nahe kommen. Nun ist Punkt Y der Ort wo, wie Textfig.V,S.248, zeigt, die Scheidewand [siv) zwi- schen dem Genitaltrichter und den beiderseitigen Cö- lomsäcken (c) aufhört und zwar, wie Textfig. V, A zeigt, in zwei, dem dorsa- len Mesenterium aufsitzen- den Falten ausläuft. Falls nun Punkt X und Punkt Y einander sehr naheliegen, so kann die Scheidewand {sw) als Fortsetzung der Ovarialfalte F erscheinen und sich somit als eine in der von Weber geschilderten Art entstandene Bildung die sog. >> Peri- tonealtrichter << darstellen. Der von mir beschriebene Genitaltrichter erscheint dann, wie Weber ihn auch beschreibt, als gemeinsamer Gang der beiden >> Peritonealtrichter << und kommt nach ihm da- durch zustande, daß die Medial wand der von Ovarialsaum ge- bildeten Peritonealtrichter im hinteren Teil schwindet. Damit wäre nur die ventrale Wand {sw) von der Genitalfalte gebildet, während die Zeitschrift f. vvissensch. Zoologie. CVI. Cd. 18 Textfig. VIII. 274 Alfred Lickteig, beiden lateralen und die dorsalen Wände Teile der ursprünglichen Leibes- höhlenwand selbst sind. Da wir nun aber die Leibeshöhle in die beiden Zipfel C auslaufen sehen, so kann unmöglich der über ihnen liegende Genitaltrichter GT als ein Teil derselben zu erklären sein. Derselbe ist vielmehr nur als eine durch selbständiges Auswachsen des von der Genitalfalte unvollständig abgeschlossenen dorsalen Cölomabschnittes entstandene Neubildung zu betrachten. In betreff der von Felix ver- tretenen Anschauung, daß der Genitaltrichter den vereinigten, durch laterale Verwachsung des Darmes mit der Cölomwand entstandenen dor- salen Cölomzipfel darstellt, verweise ich auf die Ausführungen Seite 237 und folgende. Die eigentlichen WEBEEschen Peritonealtrichter ent- sprechen demnach dem in der Textfig. VIII mit PT bezeichneten, von der Genitalfalte und der dorsalen Cölomwand unvollständig abge- kammerten Teil der Leibeshöhle. Sie stellen somit unvollkommene parovariale Eileiter dar, deren gemeinsamen Ausführungsgang wir im Genitaltrichter zu erblicken haben. Damit stimmt auch die an Salmo solar gemachte Beobachtung von Felix eines cranialen, nach vorn blind geschlossenen Parovarialtrichters überein, nicht aber die schon erwähnte, ebenfalls bei Salmo salar von diesem Forscher be- schriebene unzweifelhaft entoovariale Röhrenbildung. Die Annahme liegt daher nahe, daß wir in diesen durch »an mehreren Orten beginnende Einf altungen << über eine größere »Strecke zu Röhren geschlossenen« Kanälen besondere Bildungen der Ovariallamellen erblicken können, die wohl in keinem entwicklungsgeschichthchen Zusammenhang mit der Bildung der Ovarialhöhle zu stehen brauchen, aber nichtsdesto- weniger zeigen können, wie einfach sich eine Höhlenbildung aus diesen Lamellen ohne Inanspruchnahme einer langaushohlenden, phylogene- tischen Tendenz ergibt. Ich glaube daher als Ergebnis dieser Betrach- tung festhalten zu dürfen, daß die Genitaltrichter der Salmoniden keineswegs selbständigen Anlagen im Peritoneum entstammen, sondern daß sie sich nur als besondere Bildungen der allgemeinen Leibeshöhle darstellen. Wenn schon durch dieses Resultat der Allgemeingültigkeit der Oviductentwicklung bei den Teleostiern nach Jüngersens Theorie Abbruch getan ist, so geschieht das in noch erheblicherem Maße durch die Ergebnisse meiner Untersuchungen über die Knochenfische mit geschlossenem Ovarialsack. Meine Beobachtungen an Gasterosteus lassen wohl keinen Zweifel aufkommen, daß der ganze »Ovarialsack« identisch ist mit der eigent- lichen »Ovarialhöhle«, Nun haben wir es in dem trichterförmig ge- Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 275 schlossenen hinteren Rohr des jüngsten von mir abgebildeten Stadiums (Fig. 9, 10 und Fig. 18 in Schema 6) mit einer ähnhchen Bildung zu tun. wie sie Jüngersen bei Acerina vulgaris (S. 138) und bei Gohio fluviatilis (S. 145) besehreibt. Wir haben oben Seite 235 ff. gesehen, daß trotz der von Jüngersen und später von Schneider beschriebenen Selbständigkeit und ihrer von der Ovarialhöhle unabhängigen Ent- stehung dieser Oviduete, Felix dieselben dennoch als ovariale Eileiter auffaßt. Nun haben meine Untersuchungen diese Auffassung besonders für Gasterosteus , Gohio und PJwxifius nicht nur bestätigt, sondern überhaupt jeden Unterschied von Eileiter und Ovarialhöhle beseitigt. In betreff der von Jüngersen und der von mir beschriebenen Trichter- bildungen handelt es sich nur um einen Deutungsunterschied. Während Jüngersen in denselben selbständige Oviductanlagen erblickt, glaube ich durch den Nachweis von Eiern im hintersten Teile des Oviductes von Gasterosteus durch die Beobachtung des Genitalstranges hei PJioxinus, und mit der negativen Feststellung, daß nirgends eine mit der Ovarialhöhle nicht kommunizierende Höhle im caudalen Teile nachzuweisen war, dargetan zu haben, daß diese sogenannten Oviductanlagen nichts andres sind, als die über die ursprüngliche Furchenausdehnung auswachsenden hinteren Zipfel der Ovarialhöhlen. Diejenigen Stadien, bei denen dieser hintere Trichter schon vorhanden ist, wenn die Ovarialhöhle noch nicht ganz abgekammert ist, beweisen eben nur, daß das Rück- wärtswachsen der Ovarialhöhle schon beginnt, bevor die Furche ganz geschlossen ist, und daß ihr Wachstum mit dem des Gesamtorganismus Schritt hält, während dasjenige der Furche stehen bleibt. Ein der- artiges ontogenetisches Stadium entspricht den dauernden Verhält- nissen der Salmoniden. Die noch mögliche Erklärung, nach der diese trichterförmigen Oviductanlagen durch von hinten nach vorn gerichtete Schließung der Furchenwände entstehe, hat schon deshalb keine große Bedeutung, als ganz sicher die weitere Entwicklung der Ovarialhöhle durch Wachstum erfolgt. Ein derartiges Vordringen der Höhle hat natürlich eine Spaltung der Gewebe zur Folge, doch besteht ebenso- wenig eine Berechtigung, in diesem Spaltungsprozeß einen selbständigen Bildungsvorgang zu erblicken, wie etwa beim Weiterwachsen der Leibes- höhlenzipfel. Auch erfolgt derselbe Wachstumsprozeß in die vordere Spitze der Gonade hinein. Wie leicht sich dieser einfache Vorgang verkennen läßt, haben wir bei Gohio gesehen. Ich habe bei Besprechung meiner diesbezüglichen Befunde eingehend ausgeführt, daß das Auf- treten jDaariger, enger Spalten, in die sich der schon unpaare, weite »Oviduct<< eine Strecke weit fortsetzt, durch eine Kollision der aus- 18* 276 Alfred Lickteig, wachsenden Ovarialhöhle mit einem starken Gefäßstrang eine ebenso ungezwungene, wie einfache Erklärung findet. Denselben Vorgang haben wir ja auch bei Phoxinus kennen gelernt, wo das durch den Blutgefäßstrang im hinteren Teil wieder paarig gemachte Lumen un- zweifelhaft die ursprüngliche Ovarialhöhle ist. Denken wir uns nun in dem von Gobio gegebenen Stadium die Lumina etwa mit Fig. 39 oder 40 aufhörend und in der vorderen Strecke, etwa in der Gegend zwi- schen Fig. 38 und 39 die ohnehin schon einander eng anliegenden Wände noch mehr zusammengepreßt, so kann dadurch leicht der Eindruck einer selbständigen, durch Spaltung im Peritonealepithel entstehenden, paarigen Oviductanlage hervorgerufen werden. Ich halte daher den Umstand, daß auf der einzigen Figur, die Jüngeesen von der Oviduct- anlage in diesem Stadium gibt und die einem, im Vergleich zu dem meinigen, jüngeren Exemplar von Gobio entstammt, die beiden Oviduct- anlagen durch ein starkes Blutgefäß getrennt erscheinen, keineswegs für Zufall. Damit scheint mir aber die Möglichkeit gegeben, die An- gaben von JüNGERSEN Und meine Beobachtungen miteinander in Einklang zu bringen. Anders steht es mit den analogen Beobachtungen eines zweiten Autors von der Selbständigkeit des Oviductes. Guido Schneider (20) beschreibt ein 29 mm langes Exemplar von PJioxinus laevis und ein Exemplar von Cobitis taenia von 32 mm, bei denen der Durch- bruch des schon weit entwickelten Oviducts in die Ovarialhöhle noch nicht erfolgt ist. Während aus der für Phoxinus abgebildeten Fig. 22 die Richtigkeit dieser Angabe nicht zu ersehen ist, gibt Schneider in Fig. 4 — 7 vier Schnitte, die das Verhalten des Oviducts bei dem er- wähnten C*o6^Y^s-Jungen illustrieren. Der schon sehr weite Oviduct endigte danach in zwei Zipfeln nach hinten blind, während seine Wände nach vorn zu auf eine Strecke verlötet erschienen (Fig. 6). Die Figur erinnert mich nun an die vielfach von mir gesehenen Bilder, wie sie etwa meinen Fig. 17 und 37 entsprechen, nur daß die dünnen Wände des Ganges so dicht einander anlagen, daß nur noch geringe Andeu- tungen des vorhandenen Lumens sichtbar waren. Besonders ein Vergleich der Figur Schneiders und meiner Fig. 37 dürfte das Vor- handensein eines nicht sichtbaren Lumens wahrscheinlich erscheinen lassen. In dieser Annahme werde ich besonders durch den Zustand der hinteren Strecke des schon sehr weit und stark entwickelten Oviducts bestärkt. Auch läßt die von Schneider nicht in bestimmter Weise charakterisierte sichelförmige Partie zwischen Darmmuscularis und Genitalstreifen, deren Ausdehnung in auffallender Weise der des Genital- Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 277 Streifens entspricht, die Deutung zu, daß der stärkere Gewebsverband des Genitalstreifens bei der Konservierung eine intensivere Kontra- hierung gegenüber der des umgebenden Bindegewebes zur Folge haben konnte. Abgesehen von diesen Möglichkeiten kann ich aber doch nur erklären, daß ich eine derartige Selbständigkeit des Oviducts nie fand. Jedenfalls kann, da, wie aus den Figuren klar zu ersehen, dieser Oviduct in seiner ganzen Ausdehnung in keiner Beziehung zum Peritonealepithel steht, es sich in diesem Falle nicht um eine Gewebsspaltung der von JüNGERSEN beschriebenen Art handelt. Schneider geht denn auch, wie schon oben angegeben, von den noch näher zu erörternden Bildungen in dem von ihm sogenannten Genitalstrang aus. Da dieser Autor eine präzise Beschreibung der von ihm beobachteten Höh- lungen; die nach ihm in der Mitte zwischen dem Ende der Ovarialhöhle und der Harnblasenmündung auftreten, nicht gegeben hat, und die diesbezüglichen Abbildungen 4 und 18 auch keine klare Vorstellung vermitteln, so kann ich leider nicht entscheiden, ob diese Höhlungen mit den von mir beobachteten, so außerordentlich charakteristischen Kanälchen identisch sind. Doch scheint mir das nicht der Fall zu sein. Ich erinnere daran, daß, wie aus meiner Fig. 34 und aus der Kon- struktionsfig. 18 hervorgeht, diese Kanälchen noch in dem keimbereiten- den Teil des Genitalstranges vorkommen und von mir derartige Kanäl- chen unter der nach hinten auswachseuden Ovarialhöhle (Fig. 34) be- obachtet wurden. Deshalb glaube ich in ihnen keine selbständige Oviductanlage erbHcken zu können, da ja dann der Oviduct unzweifel- haft vom Ovarium selbst gebildet würde. Über Natur und Bedeutung dieser Kanälchen kann ich nur Vermutungen äußern. Wenn wir an- nehmen, daß sie der Reihe nach in die sich ihnen nähernde Ovarial- höhle durchbrechen, so würde damit die frühe Entstehung der Ovarial- lamellen bei Phoxinus erklärt. Für diese Annahme habe ich aber genau so wenig weitere Anhaltspunkte als für die andre, daß diese Kanälchen Rudimente sind. Nach meinen Beobachtungen an den männlichen Teleostiern, besonders an Männchen von Gasferosteus , bildet sich bei Anlage des Vas deferens, das zweifellos als Fortsetzung des Hodens nach hinten auswächst, ein reichverzweigtes Kanalnetz aus. Es gelang mir bis jetzt noch nicht, die ontogenetische Entstehung dieses Netzes in ein- wandfreier Weise zu ermitteln, so daß ich noch beide Möglichkeiten, die Abstammung dieser Kanälchen vom Hoden oder deren Selbständig- keit, offen lassen muß. Doch könnten gegebenenfalls die Kanälchen des oben beschriebenen Exemplars von Phoxinus laevis mit der An- 278 Alfred Lickteig, nähme, daß wir es mit einem unentwickelten Hermaphroditismus zu tun haben, eine Erklärung als rudimentäre Anlage des beim Männchen vorkommenden Kanalnetzes finden. Auch will ich die Möglichkeit erwähnen, in ihnen Rudimente von Vornierenkanälchen zu erblicken. Jedenfalls kann die Erklärung, nach der dieselben als eine selbständige Oviductanlage aufzufassen wären, schon deshalb für mich keinen Sinn haben, da ich glaube, bei andern Teleostiern die einheitliche Ent- stehung des gesamten Ovarialsackes bis zur Mündung nach außen aus der ursprünglichen Ovarialhöhle erwiesen zu haben. Die Übereinstim- mung des bei Phoxinus noch deutlicher ausgebildeten Genitalstranges mit dem von Gasterosteus und den andern Teleostiern, in den sich die Ovarialhöhle fortsetzt, erscheint mir ein schwerwiegenderes Argument als die einzige Beobachtung dieser Kanälchen, für deren Deutung, wie erörtert, naheliegende mannigfache andre Möglichkeiten bestehen. Wenn schon das Vorhandensein eines Genitalstranges, wie wir ihn bei PJwxinus in seiner extremsten Ausbildung kennen gelernt haben, gegen die Ableitung des Oviducts vom Peritonealepithel zeugt, so widerspricht dieser Befund noch entschiedener der von Felix (S. 668) aufgestellten Hypothese, daß der Ovarialsack aus einer »Angiiederung eines Leibeshöhlenabschnittes an den cranialen Abschnitt hervorgehe«. Diese, offenbar auf die Verhältnisse der Salmoniden sich stützende Theorie kann, wie bei Phoxinus, so auch bei den andern untersuchten Teleostiern keine Bedeutung haben, da gerade das distale Stück des Oviductes in keinerlei selbständioer Beziehung zur allgemeinen Leibes- höhle steht. Zudem könnte ich, selbst wenn sich in einzelnen Fällen die Richtigkeit dieser Theorie erweisen sollte, danach zwischen dem caudalen und dem cranialen Abschnitt, von dem ja gerade die Ent- wicklungsgeschichte erwiesen hat, daß er einen Abschnitt der Leibes- höhle darstellt, keinen qualitativen Unterschied finden, genau so wenig, als ich umgekehrt einen solchen zwischen dem durch Rinnenbildung angelegten und dem durch Auswachsen entstandenen Teil der Ovarial- höhle annehme. Wenn ich dagegen die Theorie von Felix lediglich als den Ausdruck seiner Meinung von der Unwahrscheinlichkeit einer von der Leibeshöhle unabhängigen Oviductentwicklung erblicken darf, so kann ich mich ihr nur voll und ganz anschließen, und sie dahin ergänzen, daß wir in dem Anschluß eines cranialen, sich auf das ganze Ovarium erstreckenden Teiles an den caudalen, einer besonderen Bil- dung der Leibeshöhle entsprechenden Abschnitt eine kurze Skizzierung des phylogenetischen Entwicklungsprozesses des Ovarialhöhlensackes der Teleostier zu erblicken haben. Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 279 Damit bin ich bei der Formulierung meines positiven Resultates angelangt. Wie schon Brock aus seinen theoretischen Betrachtungen folgerte, hat nun die Entwicklungsgeschichte jeden genetischen und morphologischen Unterschied zwischen Ovarialkanal und Oviduct auf- gehoben. Den betreffenden Bildungen der Knochenfische kommt wohl die Funktion, aber nicht der Name im Sinne der Eileiter der andern Wirbeltiere zu. Der Zusammenhang der weiblichen Geschlechts- organe innerhalb des Kreises der Teleostier stellt sich so dar, daß der gesamte Ovarialsack dem offenen Genital tri chter und dem dessen Fortsetzung nach vorn bildenden Peritonealtrichter der Salmo- niden homolog ist und daß die Stelle der ursprünglichen Furche der Trichtermündung entspricht. Beide Einrichtungen sind besondere Bildungen der Leibeshöhle und stellen ein Stück derselben dar, dessen Selbständigkeit bei den übrigen Teleostiern gegenüber den Salmoniden nur weiter gediehen ist. Auch erfolgen diese Bildungen nicht im An- schluß an schon vorhandene Einrichtungen der Leibeshöhle wie deren hintere Zipfeltrichter mit den Abdominalporen, sondern sie charak- terisieren sich als vollständige Neubildung. Vergleich der Eileiter der Knochenfische und der andern Wirbeltiere. Über die Beziehungen des Ovarialsackes zu den Eileitern der andern Wirbeltiere kann ich mich kurz fassen. Wie schon in der Einleitung bemerkt, ist ein solcher Vergleich in zwei Richtungen möglich, einmal mit den MüLLERschen Gängen der Selachier, und zweitens mit denen der Amphibien und Amnioten. Durch die gewonnene Erkenntnis, daß bei derartigen Vergleichungs- versuchen nun wieder die gesamte Ovarialhöhle der Teleostier in Be- tracht gezogen werden muß, tritt die von allen neueren Forschern anerkannte Unmöglichkeit eines Vergleiches des der Leibeshöhle ent- stammenden Oviducts der Teleostier mit dem der Selachier nur um so stärker hervor. So lange die jetzt allgemein herrschende Lehre von der Abstammung der MüLLERschen Gänge bei den Selachiern vom Urnierengang ihre Geltung bewahrt und keine Übergänge in einer bis jetzt noch unbekannten Form aufgefunden werden, so lange behalten die Eileiter der Selachier eine vollkommen isolierte Stellung. Anderseits ist ein direkter Vergleich zwischen den Eileitern der Knochenfische und denen der höheren Wirbeltiere dadurch ausge- schlossen, daß die Anlage der letzteren in Form von besonderen Peri- tonealstreifen bei den Knochenfischen überhaupt nicht existiert. Ein 280 Alfred Lickteig, derartiger Vergleich ist nur mit Hilfe weiterer Hypothesen möglich. So nimmt Felix (S. 833) an, daß wir in den Eileitern der höheren Wirbeltiere, also in den beschriebenen Peritonealstreifen Abkömm- linge des auch bei den Selachiern vorkommenden Nierenrandkanals zu suchen haben. Der Weg, auf dem dieser Forscher zu dieser Deutung gelangte, führte über die Deutung des Vas deferens bei Ganoiden, Dipnoern und Teleostiern. Der Gedankengang ist, kurz skizziert, folgender: Die Vasa efferentia der Urogenital Verbindung der Sela- chier entstehen zur Hälfte aus dem Keimepithel und zur Hälfte aus dem MALPiOHischen Körperchen der Urniere. Bevor diese Kanälchen in den primären Harnleiter einmünden, entsteht ein Längskanal da- durch, daß die einzelnen Vasa efferentia sich durch eine Längscommissur verbinden: der Nierenrandkanal. Dieser teilt somit die einzelnen ausführenden Kanälchen in einen Urnierenabschnitt und in einen Geni- talabschnitt. Nimmt man nun an, daß dieser Kanal sich an der Stelle bildet, an der die beiden Abschnitte der Vasa efferentia zusammen- stoßen, so hätten wir in ihm einen Abschnitt der Leibeshöhle zu er- blicken, weil an dieser Stelle die beiderseitigen Kanalabschnitte früher in den zwischen Genitalfalte und Mesenterium eingeschlossenen Teil der Leibeshöhle mündeten. Nun können, wie eine zusammenhängende Reihe bei den Ganoiden zeigt, die einzelnen Abschnitte der Vasa efferentia so zurückgebildet werden, daß von den vorderen nur der Genitalabschnitt von den hinteren nur der mit der Urniere in Be- ziehung stehende persistiert. Damit tritt der Nierenrandkanal in die Funktion eines Vas deferens ein, bis ihm nach Rückbildung des letzten Vas efferens im Urnierenabschnitt die Beförderung der Geschlechts- produkte allein zukommt. Durch Auswachsen gewinnt er eine selbstän- dige Mündung nach außen. Damit wäre ein Ausführungsweg gegeben, der phylogenetisch durch Abschnürung desjenigen Abschnittes der Leibeshöhle in den »von der Genitalfalte her die Stränge des Keim- epithels, von der Urniere her die Ergänzungskanälchen << einmündeten, entstanden ist und der sich >> ontogenetisch durch Anastomosenbildung zwischen den aus Teilen der Leibeshöhle hervorgegangenen »Ergän- zungskanälchen« anlegt. Wenn wir nun diese von Felix in erster Linie in bezug auf die Ausführungswege der Männchen gemachten theoretischen Erörterungen auf die Eileiterbildung übertragen, so wäre nach Felix die bald mediale, bald laterale Lage der Eileiter dahin zu erklären, daß die Anlage der ersteren im Anschluß an die medialen primären, die der andern im An- schluß an die lateralen sekundären Nephrostome erfolge. Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 281 Tatsächlich münden bei Lepidosteus, der als einziger Ganoide einen den Teleostiern vollständig ähnlichen Ovarialsack (Hyrtl 14 c) nach parovarialem Modus anlegt, die sekundären Nephrostome in denselben (Balfour u. Parker le). Man wird zugeben müssen, daß die Hypothese vom Nierenrand- kanal sich mit der Anlage des Eileiters der höheren Wirbeltiere aus dem Peritonealepithel und für die Beziehungen des Amphibienoviductes zu den hinteren Vornierentrichtern vereinbaren läßt. Auch für die Abstammung des ein Stück der Leibeshöhle vorstellenden Teleostier- oviductes und dessen Bildung durch die Gonade sind Hinweise da. Doch dürften zahlreiche Einwendungen erstehen, die nicht ohne be- denkliche Umdeutungen durch diese Theorie zu beseitigen sind. Erstens legen die weiblichen Selachier keinen Nierenrandkanal an. Ferner ist gerade bei den Amphibien und Amnioten, deren Eileiter doch einem Nierenrandkanal entspreqjien soll, der Nierenrandkanal zwar angelegt, wird aber zurückgebildet, und drittens müßten bei hermaphroditischen Knochenfischen nicht nur Vas deferens und Ovarialhöhle dem Nieren- randkanal entsprechen, sondern diese Bildung müßte sogar in zwei verschiedenen phylogenetischen Stufen auftreten, da wir in der Ent- wicklung der Ovarialhöhle eine phylogenetisch ältere Stufe als in der Anlage des Vas deferens erblicken müßten. Auch läßt sich der Oviduct der Salmoniden, den wir dem Ovarialkanal für homolog erklären müßten, schwerlich von einem Nierenrandkanal ableiten. Wenn wir schon den Oviduct der Knochenfische als seine Ovarial- höhle, und diese wieder als ein Stück abgekammertes Cölom erkannt haben, so scheint es mir doch nicht geraten, diese Bildung mit dem, phylogenetisch durch Abkammerung des medialen Cöloms entstanden zu denkenden, ontogenetisch sich als Längscommissur der Vasa effe- rentia bildenden Nierenrandkanal in Zusammenhang zu bringen. Der hypothetischen Annahme einer Cölomabkammerung zur Bildung eines Nierenrandkanals können wir die tatsächliche Beobachtung eines der- artigen Vorganges zur Bildung der Ovarialhöhle gegenüber stellen. Die, wie bei der Anlage der Vornierenkammer anzunehmenden, phy- siologischen Beweggründe zur Bildung eines geschlossenen Weges für die Geschlechtsprodukte sind mindestens ebenso stark wie zur Aus- bildung eines Nierenrandkanals. Es ist deshalb kein Grund vorhanden, in der Ovarialhöhle keine Primäranlage zu erblicken. Gerade die Klarheit und Einfachheit der ontogenetischen Vorgänge spricht aus- schließlich zugunsten dieser Annahme; zudem liegen im Verhalten der Salmoniden und Muraenoiden einerseits und im Verhältnis der 282 Alfred Lickteig, parovarialen Höhle zur entovarialen anderseits eine Reihe phylogene- tischer Phasen dieser Entwicklung vor. Auch scheint es mir keines- wegs unwichtig, zu bemerken, daß es gerade das Fortpflanzungsgeschäft ist, dem hier diese morphogene Bedeutung zukäme. Inwiefern sich die Ganoiden außer Lepidosteus den Teleostiern anreihen lassen, muß deren noch unbekannte Ontogenese zeigen. Die schon geschilderten Verhältnisse von Le/pidosteus und die Beobachtung eines in die Leibeshöhle offenen, nach hinten blind endigenden Trichters durch JüNGERSEN (15 b) bei einem männlichen Acipenser und von Lebedinsky (17) bei einer weibhchen Larve von CahmoichtJiys lassen die Möglichkeit offen, daß die Verhältnisse der Knochenfische auch bei andern Fisch gruppen wiederkehren. Um schließlich auch der höheren Wirbeltiere zu gedenken, so müssen wir, wenn die Beteiligung der Vornierentrichter am Aufbau des Oviductes außer Betracht gelassen wird, ^als Hauptunterschied die Unabhängigkeit der Eileiter von der Gonade betonen. Doch genügt, ohne auf die Ganoiden Bezug zu nehmen, ein Hinweis auf die Salmoniden, um uns zu erinnern, daß die Sonderbildung der Leibeshöhle keineswegs auf die Gonade fixiert, sondern als nur auf dieselbe übergreifend zu betrachten ist. Es wäre deshalb nicht unmöglich, daß die von der offenen Ausbuchtung zur geschlossenen Abkammerung übergehende Oviductbildung sich noch weiter differenzierte und schließlich zu einer als Streifen im Peritoneum lokalisierten Oviductanlage fixierte. Ich erwähne diese Hypothese nur, um zu zeigen, daß bei der von mir gege- benen Deutung des Ovarialsackes der Knochenfische als einer einfachen Umbildung eines Abschnittes der Leibeshöhle nicht jeder Weg nach den andern Tiergruppen versperrt ist. Dieser Deutung aber glaubte ich nach meinen Untersuchungen nicht entraten zu können. Zusammenfassung. Eine kurze Übersicht der vorliegenden Untersuchungen zeigt folgende Ergebnisse: Die Petromyzonten besitzen zwei echte Abdominalporen, die die Mündungen der Leibeshöhle in den Urogenitalsinus darstellen. Die Selachier und Salmoniden (auch die männlichen) haben ebenfalls paarige Poren oder Rudimente solcher Anlagen. Wie bei Petromyzon sind auch hier die Poren einfache Durch- bruchsöffnungen der Leibeshöhle nach außen und somit echte Abdominalporen. Nur bei Petromyzonten dienen dieselben als Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 283 Ausfuhrwege für die Geschlechtsprodukte und zwar beiden Geschlechtern. Sowohl weibliche wie männliche Salmoniden haben einen Genitalporus, Derselbe ist eine Neuerwerbung^ die bei allen weiblichen Teleostiern durch eine Neubildung der Leibeshöhle herbei- geführt wird. Diese Neubildung besteht in der Abkammerung eines Cölom- abschnittes, der zum Ausführungsgang des Geschlechtsapparates wird. Bei den Salmoniden bleibt dieser Abschnitt als offener Genital - trichter mit dem Cölom m dauernder Verbindung, während er bei den übrigen Teleostiern sich als weite Ovarialhöhle vollständig von der allgemeinen Leibeshöhle abschließt. Daher sind Genitaltrichter und Ovarialhöhle einander homolog. An dem Aufbau des gesamten Geschlechtsapparates der weiblichen Teleostier beteiligen sich keine selbständigen, von der Keim- drüse unabhängigen Oviductanlagen. Die als Eileiter dienen- den distalen Strecken der Ovarialsäcke sind Teile der nach hinten au sw" achsenden Ovarialhöhle. Der gemeinsame weite Ausfüh- rungsgang ist aus der Verschmelzung der beidesseitigen Ovarialhöhlen hervorgegangen. Den Teleostiern fehlt daher jegliche direkte Beziehung zu einem echten MtJLLERschen Gang. Straßburg i. E., im März 19L3. Literaturverzeichnis. (Da hier nur die in vorliegender Arbeit citierteu Erscheinungen aufgezählt sind, so verweise ich auf das vollständige Literaturverzeichnis von Felix im Handbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Wirbeltiere von 0. Hert- wiG, Bd. III, Teil I, Kapitel II, Schluß.) la. A. Balfour, On the origin and history of the urogenital organs of verte- brates. Journ. Anat. and Phys. Vol. X. I87Ga. b. — The development of Elasmobranch Fishes. Ibid. Vol. XI. 187Gb. c. — On the structure and development of the vertebrate ovary. Quart. Journ. micr. sc. Vol. XVIII. d. — Handbuch der vergleichenden Embryologie (deutsch). e. A. Balfour and W. N. Parker, On the structure and development of Lepidosteus Phil. Transact. R. S. 1882. Edingb. 2. Bless, The corrolated distribution of abdominal pores and nephrostomes in fishes. Journ. Anat. and Phys. Vol. XXXII. 1898. 3. T. Wm. Bridge, Pori abdominales of Vertebrata. Ibid. Vol. XIV. 1879. 284 Alfred Lickteig, 4. R. H. BuRNE, The porus genitalis in the Myxinidae. Journ. Linnean Soc. Zoology. Vol. XXVI. 1898. 5a. J. Brock, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Geschlechtsorgane der Knochenfische. Morph. Jahrb. Bd. IV. 1878. b. — Untersuchungen über die C4eschlechtsorgane einiger Muränoiden. Mitt. zool. Stat. Neapel. Bd. II. 1881. 6. J. T. CuNNiNGHAM, On the development of the oviduct in Teleosteans. Proc. R. Soc. Edingburgh 1867/68. 7. J. Eismond, Sur l'etat plurinucleaire des cellules en general et des cellules- ceufs en particulier. Bibl. anat. I. T. VI. 1898. 8. A. DoHRN, Studien zur Urgeschichte des Wirbeltierkörpers. XIII. Mitt. d. zool. Stat. Neapel. Bd. VIII. 1888. 9a. Felix, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Salmoniden. Anat. Hefte. Bd. VIII. 1897a. b. Felix und Bühler, Entwicklung der Hai-n- und Geschlechtsorgane in O. Hertwigs Handbuch der Entwicklungsgeschichte. Bd. III. Teil I. 10. M. FÜRBRiNGER, Zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Excretionsorgane der Vertebraten. Morph. Jahrb. Bd. IV. 1878. IIa. Alex. Goette, Petromyzon fluviatilis. Abh. z. Entwicklungsgesch. der Tiere. 1890. b. — Entwicklungsgeschichte der Unke. 12a. B. Haller, Über den Ovarialsack der Knochenfische. Anat. Anz. Bd. XXVII. 1905. 13a. C. K. Hoffmann, Zur Entwicklungsgeschichte der Urogenitalorgane bei Anamniern. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLIV. 1886. b. — Zur Entwicklungsgeschichte der Urogenitalorgane bei Reptilien. Ibid. Bd. XLVIII. 1889. 14a. J. Hyrtl, Beiträge zur Morphologie der Urogenitalorgane der Fische. Denkschr. d. Wien. Akad., Abt. Naturwiss. Bd. I. 1850. b. — Das uropoetische System der Knochenfische. Ibid. Bd. II. 1851. c. — Über den Zusammenhang der Geschlechts- und Harnwerkzeuge bei den Ganoiden. Ibid. Bd. VIII. 1854. 15a. Hegt. F. E. Jüngersen, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Ge- schlechtsorgane bei Knochenfischen. Arb. zool. -anat. Institut Würz- burg. Bd. IX. 1889. b. • — Über die Urogenitalorgane von Polypterus und Amia. Anat. Anz. Bd. XXIII. 1900. 16. ]\Lvc Leod, Recherches sur la structure et le developpement de l'appareil reprod. femelle des Teleosteens. Arch. biol. T. II. 1881b. 17. J. Lebedinsky, Über die Embryonalniere von Calamoichthys calabaricus. Arch. mikr. Anat. Bd. XLIV. 1895. 18a. H. Rabl, Über die Vorniere und Entwicklung des MÜLLERSchen Ganges bei Salamandra maculosa. Arch. mikr. Anat. Bd. LXIV. 1904. b. — Über die Entwicklung des Tubentrichters und seine Beziehung zum Bauchfell bei Salamandra maculosa. Ibid. Bd. LXIV. 1904b. c. — Mehrkernige Eizellen und mehreiige Follikel. Arch. LIV. 1899. Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 285 19a. H. Rathke, Über die weiblichen Geschlechtsteile des Lachses und des Sandaales. Meechels Arch. Bd. VI. 1820b. b. — Über die Geschlechtsteile der Fische. Xeueste Schriften d. Naturforscher- gesellsch. Danzig. Bd. 1824b. c. — Beiträge zur Geschichte der Tierwelt. Ibid. 1825b. d. — Zur Anatomie der Fische. Müllers Arch. 1836. 20. Guido Schneider, Über die Entwicklung der Genitalkanäle bei Cobitis taenia und Phoxinus laevis. Mem. Akad. St.-Petersbourg I. T. II. 1895. J. Schottländer, Über den GRAAFschen Follikel, seine Entstehung beim Menschen und seine Schicksale bei Mensch und Säugetier. Mikr. Arch. 1893. Bd. XLI. C. Semper, Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und seine Bedeutung für das der übrigen Wirbeltiere. Arb. zool.-anatom. Instit. Würzburg. Bd. II. 1875d. Stannifs, Zootomie der Wirbeltiere. 1854. Stöckel, Über Teilungsvorgänge in Primordialeiern bei einer Erwachsenen. Arch. f. mikr. Anat. u. Entw. Bd. LIII. 1899. 25a. W. Turner, A contribution to the visceral anatomy of the Greenland Shark (Laemargus borealis). Journ. anat. a. phys. Vol. VII. 1873. b. — Additional observations. Ibid. Vol. VIII. 1874. c. — Note on the oviduct of the Greenland Shark. Ibid. Vol. XII. 1878. C. Vogt, Sur Tovaire des jeunes Verons (Phoxinus laevis). Arch. biol. T. III. 1882. W. Waldeyer, Eierstock und Ei. Leipzig, Engelmann. 1870. M. Weber. Die Abdominalporen der Salmoniden nebst Bemerkungen über die Geschlechtsorgane der Fische. Morph. Jahrb. Bd. XII. 1887.. 21. 22. 23. 24. Erklärung der Tafelfiguren. A, After; C, Cölom; D, Darm; Ei, Eier; Ek, Haut; fi, Fett; H, Harnleiter; Hb, Harnblase; Allgemeine Bezeichnung Hbg, Harnblasengang ; GP, Genitalporus; GT, Genitaltrichter; F, Blutgefäße; GV, Blutgefäß der Go- nade ; H3I, Harnmündung; i. fettaitiges Gebilde; ;en. K, Kanälchen; Als, Mesenterium; OH, Ovarialhöhle; OV, Ovar; OVM, Ovarialmasse ; P, Abdominalporus; p. Peritoneum; SB. Schwimmblase. Tafel I. Fig. 1. Konstruktion aus Querschnitten durch ein ausgewachsenes Exem- plar von Petromyzon fluviatilis. Die beiden Harnleiter H vereinigen sich bei M zu einem gemeinsamen Gang, in den weiter nach hinten beiderseits die zu langen Schläuchen ausgezogenen Leibeshöhlen C bei P münden. Der dadurch entstan- dene Urogenitalsinus mündet bei PM auf einer großen, in der Kontur angedeuteten Papille. 286 Alfred Lickteig, Fiof. 2. Konstruktion aus Querschnitten durch die Afterpapille von Salmo irideus. Zwischen Darm D und Harnblasengang G zieht der mit weiter Öffnung in die Leibeshöhle C mündende Genitaltrichter GT bis in die äußerste Spitze der Papille, wo er bei GP blind endigt. Der Durchbruch nach außen erfolgt an dieser Stelle. Die Leibeshöhle C zieht sich zu beiden Seiten des Darmes zu engen Kanälen aus, die in einer tiefen Hautfalte durch die Abdominalporen nach außen münden. In der Figur ist die linke Afterwand entfernt, um die Stelle des Abdo- minal^jorus zu zeigen. HM, Harnmündung. Fig. 3. Dieselbe Konstruktion wie Fig. 2 vom Menschen. Der Genital- trichter GT, der in GP ebenfalls eine eigne Öffnung erhält, kommuniziert nicht mit der Leibeshöhle, sondern setzt sich in den Hohlraum in den Hoden fort. Alles übrige wie Fig. 2. Fig. 4. Querschnitt durch das linke Ovar eines Leuciscus von 35 mm Länge. Allgemeine Bezeichnungen. Tafel II. Fig. 5. Schnitt durch das rechte Ovar einer Tinea vulgaris von CO mm Länge. GZ, Genitalzellen, von denen bei 1 viele in einem großen Nest vereinigt liegen. Bei 2 ein Follikel, das durch hineinwucherndes Bindegewebe in zwei zerlegt ist. Bei 3 durch Teilung entstandene Follikel, die jedes mehrere Eier enthalten. Im rechten Follikel sind die Eikerne aufgelöst und die Grenzen der einzelnen Eizellen kaum noch zu erkennen. Bei 4 und 5 mehrkernige Eier. A', Binde- gewebezellen. Fig. 6 — 17. Schnitsserien von Gasterosteus acvleatus. Allgemeine Be- zeichnungen. Fig. 6 — 10. Von einem Jungen von 13 mm. Die in Fig. 6 geschlossene Ovarialhöhle OH stellt weiter hinten in Fig. 7 eine tiefe offene Furche dar. Fig. 8. Einige Schnitte hinter Fig. 7. Die offene Furche ist breiter. Fig. 9. Die Massen der beiden Ovarien sind miteinander verschmolzen. Die Ovarialhöhle ist wieder für eine kurze Strecke geschlossen und endigt blind. OH. Fig. 10. Hinteres Ende der Ovarialmasse OVM im Mesenterium. Fig. 11 — 15 stammen von einem 23 mm großen Exemplar mit vollständig geschlossenem Ovarialsack. Fig. II. Die beiden Ovarien getrennt mit geschlossener Ovarialhöhle. Nur die dorsale Seite ist keimbereitend. Fig. 12. Ovarialmasse und Ovarialhöhlen beider Ovarien sind miteinander verschmolzen. Bei Hb der über die Einmündung der primären Harnleiter hinaus- reichende vordere Teil der Harnblase. Fig. 13. Schnitt durch die Mündungstelle der Harnleiter. Die Wände des weiten Ovarialsackes haben alle ausschließlich bindegewebigen Charakter. Fig. 14. Einige Schnitte weiter zurück. Von der linken Leibeshöhle ist nur noch ein kleiner Zipfel C vorhanden, während die rechte einen engen Spalt darstellt. Die Ovarialhöhle OH ist ebenfalls zu einem engen Spalt zusammen- gedrückt. In ihrer Dorsalwand sind einige Ureier {Ei) zu erkennen. Fig. 15. Blindes Ende der Ovarialhöhle im Afterpfropf. Beitrag zur Kenntnis der Geschlechtsorgane der Knochenfische. 287 Fig. 16 u. 17. Schnitte durch das hintere blinde Ende des Ovarialsackes bei einem ausgewachsenen Tier. Bei Ei in Fig. 16 ein reifes Ei. In Fig. 17 ist das Lumen des vom liarnblasengang Hhg eingedrückten Ovarialsackes zweimal getroffen. Tafel III. Fig. 18. Konstruktion aus den Querschnitten 32 — 36 von Phoxinus laevis. Die Ovarialmasse setzt sich als solider Strang in das Bindegewebe des After- pfropfes fort und legt sich mit seinem hinteren Ende dem Epithel des Harn- blasenganges dicht an. Allgemeine Bezeichnungen. Ä", in Ovarialmasse auf- tretende isolierte Kanälchen mit starkem Cylinderepithel. Fig. 19 — 36. Querschnitte von Phoxinus laevis. Allgemeine Bezeichnungen. Fig. 19 — 31. Schnittserie durch ein 16 mm großes Tier. Fig. 19. Linkes Vorderende des Ovars a kompakt, rechtes Ovar h ist lateral- wärts umgeschlagen und bildet durch Verwachsen mit der Bauchwand einen vorn offenen Kanal. Fig. 20. Ovar a ebenfalls lateralwärts umgeschlagen und bildet mit der dorsalen Cölomwand eine offene Furche. An Ovar h hängt eine gefäßführende Bindegewebsfalte F. Fig. 21. Ovar a mit der Bauchwand verwachsen und bildet einen vorn offenen Ovarialkanal. Fig. 22 — 24. Die Ansatzstelle des Ovars rückt immer mehr medianwärts. i, fettai'tiges Gewebe. Fig. 25 u. 26. Nur die mediale Hälfte weist noch reichliche Ovarialmasse auf, während die laterale sich verdünnt und schließlich zu einem dünnen Liga- ment (Fig. 26) wird. Fig. 27 — 29. Die laterale Verwachsung der Gonade mit der Bauchwand hört auf. Die Ovarialhöhle läuft in Fig. 29 als flache Furche aus. Fig. 30. Das Ovar stellt im hinteren Ende eine kompakte Masse dar. Fig. 31. Orientierungsfigur. Während das Ovar h die normale Lage zeigt, ist Ovar a nahezu in die Medianlinie gelangt. Fig. 32 — 36. Schnittserie eines Tieres von 32 mm Größe. Fig. 32. Die beiden Ovarien liegen so dicht nebeneinander, daß die ihre Ovarialhöhlen trennende Wand wie die Fortsetzung des Mesenteriums er- scheint. Fig. 33. Das linke Ovar verjüngt sich vor dem rechten, die Ovarialmassen und Ovarialhöhlen haben sich vereinigt. In dem das Fettgewebe {/(') trennenden Bindegewebe ist eine senkrecht verlaufende Vene getroffen. Fig. 34. Weiter zurück durchsetzt das Blutgefäß der Fig. 33 die Ovarial- masse. Dadurch erscheint die Ovarialhöhle wieder paarig. L^nter dem Lumen der linken Ovarialhöhle ist ein in die Ovarialmasse eingebettetes Kanälchen {K) zu erblicken, das von starkem Cylinderepithel gebildet ist. Fig. 35. Etwas weiter zurückliegender Schnitt. Die Ovarialmasse der beiden Ovarien stellt eine einheitliche breite Schicht dar, in der zahlreiche isolierte Kanälchen {K) wie das in Fig. 34 beschriebene, sichtbar sind. Fig. 36. Querschnitt durch den Afterpfropf. Zwischen Harnblase und Enddarm zieht die Fortsetzung der Ovarialmasse als Zellenstrang {OVM) einher, dessen Elemente sich vom umgebenden Bindegewebe deutlich abheben. 288 Alfred Lickteig, Beitr. zur Kenntnis d. Geschlechtsorgane d. Knochenfische. Fig. 37 — 42. Schnittserie durch ein Exemplar von Gobio fluviatilis von 27 mm Längen. Fig. 37. Die vereinigte Ovarialmasse OVM mit dem als enger Spalt sich darstellenden Ovarialkanal OH ist ganz von Fett (fi) umgeben. Sowohl im Mesen- terium wie in der in seiner dorsalen Fortsetzung liegenden Bindegewebsfalte F sind starke Blutgefäße getroffen. Fig. 38. Sechs Schnitte weiter zurück. Die Ovarialmasse hat sich ver- jüngt und ist durch einen gefäßführenden Bindegewebsstrang getrennt. Fig. 39. Zehn Schnitte weiter zurück. Die beiden Hälften der Ovarial- massen sind durch ein senkrecht verlaufendes starkes Venengefäß getrennt. Die Wände der Ovarialhöhlen liegen dicht aneinander. Fig. 40. Weitere 15 Schnitte rückwärts ist das trennende Blutgefäß mit Bindegewebswand verschwunden, die Ovarialmassen sind verstärkt und bilden wieder eine einheitliche Lage. Die beiderseitigen Fortsetzungen der Ovarial- höhle sind noch getrennt. Fig. 41. Drei Schnitte weiter nach hinten sind die beiden Hohlräume wieder zu einem breiten weiten Gang vereinigt. Die Leibeshöhle stellt hier noch zwei laterale Zipfel (C) dar. Fig. 42. Nach weiteren zehn Schnitten endigt der Ovarialgang in zwei Zipfeln blind im Bindegewebe des Afterjjfropfes. Das Nervensystem der Oegopsiden. Von Karl Richter aus Leipzig. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Leipzig.) Mit 22 Figuren im Text und Tafel IV. Inhalt. Seite Einleitung 289 Literatur 291 Material und Methode 293 Die ganglionären Centren und ihre Commissuren 295 Das periphere Nervensystem 309 Nerven des Ganglion cerebrale 309 Nerven des Ganglion pedale 316 Nerven des Ganglion viscerale 330 Nerven des Ganglion brachiale 367 Nerven des Ganglion buccale superius 379 Nerven des Ganglion buccale inferius 380 Zusammenfassung 399 Literaturverzeichnis 403 Erklärung der Abkürzungen 404 Übersicht über die (Text-)Figuren 408 Erläuterung der Tafelfigur 408 Einleitung. Die vorliegende Arbeit entstand auf Anregung meines hochver- ehrten Lehrers, des Herrn Professor Chun, der mir die Aufgabe zuwies, vergleichend anatomische Untersuchungen über das Nervensystem myopsider und oegopsider Cephalopoden anzustellen, und zwar an den Formen Otnmatostrephes, Illex und Rossia. Anfang des Wintersemesters 1910 begann ich mit der Untersuchung von Ommatostrephes. Es zeigten sich hierbei bald mancherlei Mängel und Ungenauigkeiten in der bis- herigen Darstellung der einschlägigen Verhältnisse, so daß ich mich Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 19 290 Karl Richter, ZU einer Beschränkung auf oegopside Formen, und zwar speciell auf die Familie der Ommatostrephiden, entschloß. Das Genus Rossia ließ ich fallen ; an seiner Statt bezog ich die Form Stenotheuthis, als ebenfalls zur Familie der Ommatostrephiden gehörig, in den Kreis meiner Unter- suchungen ein. Das Ziel, das ich mir nunmehr steckte, war die möglichst ein- gehende, durch eine hinreichende Zahl klarer und übersichtlicher Ab- bildungen erläuterte Darstellung der äußeren Gestaltung des Nerven- systems der genannten drei Formen aus der Familie der Ommatostre- phiden; es sind dies der genauen Speciesbezeichnung nach, worin ich mich an Pfeffer (1912) halte, folgende: 1) Illex illecebrosus Coindetii, 2) Ommatostrephes sagittatus (Lamarck) 1799, 3) Stenoteuthis Bartrami (Lesueur) 1821, Außerdem gestattete mir Herr Prof. Chun eine kurze Nachunter- suchung an demselben Material von Chiroteuthis imperator, das ihm bei Abfassung seines Oegopsidenwerkes (1910) vorgelegen hat. Bei Beschreibung derjenigen Teile des Nervensystems, die ich bei Chiro- teuthis selbst in Augenschein nehmen konnte, werde ich die Befunde meiner Nachuntersuchung mitteilen. Von den drei — Chirotheutis nicht eingerechnet — von mir unter- suchten Formen aus soll in dieser Arbeit vergleichend auf das Nerven- system aller übrigen oegopsiden Cephalopoden, soweit sich darüber eben Angaben in der Literatur finden, eingegangen werden, und zwar rein morphologisch-topographisch. Das Nervensystem der Myopsiden hat in entsprechender Weise erst jüngst eine Berücksichtigung in der Arbeit von Hillig (1912) erfahren, auf die ständig mit bezuggenommen werden soll. Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Chun, für das Interesse und die weitgehende Förderung, die er meiner Arbeit zuteil werden ließ, meinen innigsten Dank auch an dieser Stelle auszusprechen. Durch seine Vermittelung war es mir insbesondere auch vergönnt, im Herbst 1911 einen fünfwöchigen Auf- enthalt an der Zoologischen Station zu Neapel zu nehmen, wozu mir das Königlich-Sächsische Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts die Benutzung eines der von ihm gemieteten Arbeitstische eingeräumt hatte. Bei der Materialkonservierung war mir in äußerst zuvorkommender Weise Herr Dr. Naef behilflich, dem ich neben den andern Herren der Neapeler Station vor allem herzlichen Dank schulde. Auch den Herren Dr. Steche und Dr. Hempelmann vom Leipziger Zoologischen Institut fühle ich mich zu Danke verpflichtet. Das Nervensystem der Oegopsiden. 291 Literatur. Die oegopsiden Cephalopoden sind im Vergleich zu den myopsiden und octopoden Formen nicht allzu häufig einer genaueren anatomischen Zergliederung unterzogen worden. So kommen denn auch bezüglich des Nervensystems der Oegopsiden nur einige größere Arbeiten in Betracht. Hancock (1852) liefert wohl zum ersten Male eine eingehende Beschreibung des Nervensystems eines Oegopsiden, und zwar von Ommastrefhes todarus. Diese Species ist offenbar synonym mit meinem Ommatostre'phes sagittatus; allerdings finde ich in der Reihe der Syn- onyma dieser Form in dem ausführlich gehaltenen Werke von Pfeffer (1912, S. 439) einen Ommastrephes todarus Hancock nicht mit aufge- führt. Was die HANCOCKsche Arbeit selber anbelangt, so kann sie als auch heute noch brauchbar bezeichnet werden ; sie bot mir bei meinen Untersuchungen eine ausgezeichnete Grundlage. Cheron (1866), dessen grundlegendes Werk 14 Jahre nach dem von Hancock erscheint, nennt, was auch Hillig (1912) vermerkt, eigentümlicherweise Hancocks Arbeit überhaupt nicht. Dagegen tut Posselt (1890) ihrer rühmend Erwähnung in seiner Abhandlung über Todarodes sagittatus (nach Pfeffer synonym mit Ommatostre'phes sagittatus). Wenn Posselt auch in einigen Punkten, auf die später hingewiesen werden soll, die Darstellung Hancocks erweitert, so erwähnt er anderseits verschiedene Nerven, die Hancock bereits feststellt, überhaupt nicht; da er außerdem, was Abbildungen des Nervensystems anbelangt, sich mit einem bloßen Hinweis auf Hancock begnügt, so kann man seine Arbeit, als Ganzes genommen, kaum als einen Fortschritt gegenüber Hancock bezeichnen. Von Appellöf kommen hier zwei Arbeiten in Frage. In seinen Teuthologischen Beiträgen I (1889, S. 14 — 19) gibt er eine ansprechende Schilderung des Nervensystems von Veranya sicula. Krohn, nach Pfef- fer synonym mit Octopodoteuthis sicula Rüppell 1844. In den Teutho- lologischen Beiträgen II (1890, S. 6 — 12) handelt es sich um Chauno- teuthis mollis n. g. n. sp. Oegopsidarum. In der Beschreibung des Nervensystems dieses Oegopsiden kommt er auf einige Verwandte, die uns hier auch interessieren, zu sprechen. Die Darstellung wird ebenso wie bei Veranya durch mehrere Abbildungen erläutert. Carlson (1905) geht, wie schon der Titel seiner Arbeit: >>Phy- siology of the Invertebrate Heart« erwarten läßt, nur auf einen be- grenzten Teil des Nervensystems ein, und zwar auf das Visceralsystem 19* 292 Karl Richter, von Ommastrephes illecebrosa. Selbst wenn Pfeffer diese Form nicht ausdrücklich als synonym meinem Illex illecebrosus aufführte, würden wir im Laufe der Darstellung, die, von unwesentlichen Einzelheiten abgesehen, eine überraschende Übereinstimmung meiner Befunde für Illex illecebrosus mit denen Carlsons für Ommastrephes illecebrosa ergeben wird, zu dieser Auffassung gedrängt worden sein. Erwähnen möchte ich, daß Carlsons klare, übersichtliche Figuren (Taf. VII, Fig. 20 u. 21) mir die Anregung zu den ähnlich ausgeführten Fig. 10 und 11 gegeben haben. Von Chuns Darstellung des Nervensystems von Chiroteuthis Imperator leisteten mir bei meinen Untersuchungen die beigegebenen Abbildungen (Chun 1910, Taf. XLI und XLIII), insonderheit die Fig. 5 der Taf. XLI, recht schätzbare Dienste. Während wir, abgesehen von Carlson (1905), auf die Arbeiten der bisher genannten Autoren ständig werden zurückkommen müssen, wird sich bei den im folgenden zu nennenden Abhandlungen nur mehr ein gelegentliches Eingehen als nötig erweisen. VON Jhering (1877) stützt sich bei seinen großzügigen vergleichen- den Betrachtungen betreffs des oegopsiden Nervensystems ganz auf Hancock. Die Abhandlung von Brock (1880) wird uns mit zu beschäftigen haben beim Ganglion stellatum, bei der Armnervencommissur und bei den Visceraliscommissuren. Vigelius (1881) bringt ein paar kurze Notizen über einen selteneren Oegopsiden, näniHch (nach Pfeffer) Thysanoteuthis rhombus Tro- SCHEL 1857. Weiss (1888) kommt in Betracht beim Geruchsorgan und den Pallialnerven. Von Pelseneer (1888, 1895, 1899) haben wir außer ein paar Abbildungen nur wenig zu berücksichtigen. Aus WüLKERs (1910) Arbeit, die sich außer mit systematischen Erörterungen insbesondere mit der Anatomie der Speicheldrüsen der Dibranchiaten befaßt, ergibt sich für uns, streng genommen, nur eine vereinzelte Angabe. Bezüglich der Speicheldrüseninnervierung werden hier leider nur frühere Befunde, und zwar von nicht-oegopsiden Formen, beigebracht. Am Ende meiner kurzgefaßten Literaturbesprechung möchte ich nicht verfehlen, auf diejenige von Hillig (1912, S. 738 — 741) hin- zuweisen. Das Nervensystem der Oegopsiden. 293 Material und Methode. Das Material wurde ausschließlicli von der Zoologischen Station Neapel bezogen bzw. von dort mitgebracht. Das Präparieren an frischem Material erwies sich nicht als günstig: die Gewebe sind zu gleichmäßig gefärbt, als daß man in feinere Einzelheiten des Nervenverlaufs ein- zudringen vermöchte. So wurde die Untersuchung durchaus an konser- viertem Material durchgeführt, wovon mir am reichlichsten solches von Illex zur Verfügung stand, das ich während meines Aufenthaltes an der Neapler Station allein lebend hatte erhalten können. Einiges vortrefflich konserviertes Ommatostrefhes- und Stenoteuthis-M^ct^üdiX überließ mir gütigst Herr Dr. Naef, dem ich auch die Kenntnis der Zusammensetzung der zur Konservierung fast ausschließlich — nur einige Formolexemplare kamen sonst noch zur Verwendung — benutzten Chromessigsäurelösung verdanke, wie sie Hillig (1912, S. 742) bereits veröffentlicht hat. Auf seine Arbeit kann ich betreffs der sonstigen hier nicht erwähnten technischen Einzelheiten einfach verweisen. Betonen möchte ich noch, daß die Orientierung des Cephalopodenkörpers, die im folgenden ein- gehalten werden soll, die sogenannte physiologische ist. Was die Größe der untersuchten Exemplare anlangt, so steht an erster Stelle Ommatostrephes mit einer Mantellänge von 23 — 24 cm, es folgt Stenotheutis, wo die Mantellänge bei den verschiedenen mir vorliegenden Exemplaren zwischen 16 und 22 cm schwankte; endhch Illex mit einer durchschnittlichen Mantellänge von 12 cm. Wenn Hillig (S. 743 ff.) des nähern sein Vorgehen bei der Prä- paration des centralen Nervensystems und der von ihm ausgehenden Nerven beschreibt, so dürfte das nicht zuletzt dem Physiologen will- kommen sein, dem an der möglichst unversehrten und dabei schnellen Freilegung eines bestimmten, eng umgrenzten Bezirks des Nerven- systems gelegen sein muß. Auch ich fand es schließlich als sehr zweck- mäßig, mit der Präparation des centralen Nervensystems auf der Dorsalseite des Kopfes zu beginnen, wenig vor der Mitte des dorsalen Mantelvorderrandes. Man trifft auf diese Weise bei einiger Übung unfehlbar auf die Kuppe des Cerebralganglions, wodurch man sofort über die ungefähre Lage der übrigen Teile im klaren ist. Zwei auf- einanderfolgende Stadien des Ganges einer solchen Präparation sind in meinen Fig. 1 17 (nur der vordere Teil in Betracht kommend) und 1 Mit »Fig.« werden in dieser Arbeit die Abbildungen im Text bcz^ichnet, die nach der Übersicht auf S. 408 leicht aufzufinden sind ; die Abkürzung » Tai. « bedeutet stets einen Hinweis auf die (einzige) Taf 3lfigur auf Tafel IV dieses Bandes. 294 Karl Richter, 4 festgehalten. Schwierig ist immer die Herausnahme des Augen- bulbus, um die man aber nicht herum kommt, wenn man die Nerven, die auf der Orbitainnenwand verlaufen, zur Anschauung bringen will (Fig. 8). Es würde zu weit führen, wollte ich in dieser Weise weiter auf die vielen präparationstechnischen Einzelheiten bzw. Schwierigkeiten zu sprechen kommen; es soll darauf bei Besprechung der verschiedenen Teile des Nervensystems nebenbei eingegangen werden. Nur auf folgendes sei gleich hier noch hingewiesen: Der Anfänger, der sich überhaupt erst einmal einen Überblick verschaffen will, tut gut daran, wenn er sich ein Exemplar seiner bestimmten Form vornimmt und bei diesem das Nervensystem in seiner ganzen Ausdehnung freilegt. Nicht so später, wo es ihm darauf ankommen muß, Neues, d. h. ge- wöhnlich größere Feinheiten, aufzuspüren. Er wird nun an dem einen Exemplar nur ein kleines Stück des Nervensystems freipräparieren, um sich dann sogleich einem zweiten und dritten Exemplar zuzu- wenden, was naturgemäß ohne weiteres von der Reichlichkeit des Materials abhängig ist, und hier dieselbe Präparation zu wiederholen. Auf diese Weise erfolgt eine schnelle und dabei gründliche Einarbeitung auf einen begrenzten Teil des Nervensystems. Man w4rd damit mehr Aussicht auf Erfolg haben, als wenn man bei jedem einzelnen Exemplar erst wieder das System in seiner ganzen Ausdehnung durchpräpariert. Wenden wir uns von der Erörterung der Präparationsmethoden zur Besprechung der Art und Weise, in der ich die Ergebnisse meiner Untersuchungen hier mitzuteilen und mit denen früherer Autoren in Vergleich zu bringen gedenke. Der Gang meiner Darstellung wird im allgemeinen der sein, daß ich zunächst immer meine eignen Befunde über einen bestimmten Teil des Nervensystems wiedergebe und dar- nach zur Besprechung der darüber in der Literatur sich findenden Angaben übergehe, und zwar meist in chronologischer Reihenfolge. Wenn aus bestimmten Gründen vereinzelt auch der umgekehrte Weg eingeschlagen wird, so ist dadurch vielleicht zugleich eine gewisse Ein- förmigkeit der Darstellung vermieden. Durch kürzere oder, wo nötig, längere Zitate wird sich an be- sonders wichtigen Punkten der Gefahr entgehen lassen, daß durch schwülstige Umschreibung doch nicht die richtige Vorstellung von dem erzeugt wird, was dem betreffenden Autor gerade vorschwebt. Daß ich mir wichtig erscheinende Stellen aus Posselts (1890) Arbeit, deren dänisch abgefaßter Text mir durch den liebenswürdigen Beistand des Herrn Mogk- Leipzig verständlich wurde, nicht im Urtext anführe, Das Nervensystem der Oegopsiden. 295 sondern in deutscher Übersetzung, deren Güte ich allerdings mit einiger Nachsicht zu beurteilen bitte, dürfte im Interesse der Leser liegen. Was weiterhin die bildliche Darstellung anbelangt, so möchte vielleicht die geringe Zahl der Abbildungen von Ommatostrephes auf- fallen. Der Grund hierfür liegt einesteils darin, daß mir von dieser Form nicht so reichlich wie von den andern Material zur Verfügung stand, andernteils und hauptsächlich aber in der weitgehenden Über- einstimmung mit Stenoteuthis, wodurch sich mehrfach eine besondere Abbildung für Ommatostrephes erübrigte. Die große Übereinstimmung aller drei untersuchten Formen bezüglich des centralen Nervensystems ließ übrigens auch nur eine große Übersichtszeichnung (Taf . IV) nötig erscheinen. Demgemäß soll sich auch meine Beschreibung dieses centralen Teiles des Nervensystems stets auf alle drei Formen zugleich beziehen. Abweichungen bei der einen oder andern Form in diesem oder jenem Punkte werde ich immer besonders erwähnen. Nur beim System des Nervus visceralis und beim Magenganglion habe ich, sowohl was den Text als die Abbildungen anbelangt, eine in bestimmter Weise getrennte Darstellung für angezeigt gehalten. Die ganglionären Centren und ihre Commissuren. Das centrale Nervensystem der drei untersuchten Formen setzt sich aus den bekannten vier Centren zusammen, nämlich dem Cerebral-, Visceral-, Pedal- und Brachialganglion. Hierzu kommen noch die beiden Schlundganglien = Ganglion buccale superius und inferius und das Magenganglion = Ganglion gastricum. Wenn Chun (1910) bei Chiroteuthis imperator die langgestreckte Form des centralen Nerven- systems als einen der Untersuchung günstigen Umstand hervorhebt, so dürften die vorliegenden drei Formen darin nur wenig zurückstehen. Auch hier sind die einzelnen Gangüen so deutlich gegeneinander ab- gegrenzt, daß keine besondere Schwierigkeit besteht, die aus ihnen austretenden Nerven, von einigen wenigen abgesehen, ihrem Ursprungs- orte nach zu bestimmen. Ganglion cerebrale. Das Hirnganglion (Fig. 1, 4 u. Taf. IV g.cer.) liegt als einziges der vier großen centralen Ganglien über dem Schlundrohr. Chuns Beschreibung dieses Ganglions bei Chiroteuthis (1910, S. 266) könnte beinahe wört- lich übernommen werden. Auch bei meinen Formen ist das Hirnganglion »birnförmig« ge- 296 Karl Richter, staltet und mit einer seine höchste Erhebung bildenden »Kuppe« ver- sehen, die durch eine leichte mediane Furche zweigeteilt ist. Folgen wir beim G. cerebrale der Bezeichnungsweise, wie sie Hillig (1912) in Anlehnung an Dietl (1878) anwendet, so geben wir dieser Kuppe den Namen Scheitellappen = Lobus verticalis (Fig. 1 u. Taf. IV loh.vert.). Nach vorn schließt sich hieran ein »kegelförmiger Abschnitt« an, dessen vorderer Teil kugelig ist und vorn die Commissuren nach Oberschlund- und Brachialganglion entsendet. Wir bezeichnen diesen vorderen Teil /ob verf. n.postorb. n ophfh.sup. \ZIZZ //// 1/7. ophfh. sup g. cer. n. hep. -^ n inTd.posK n.pa//. — n. inFd.posf. \ n. \/isc. n. ven. cay.'anK Fig. 1. Das Geliirn von lllex ülecebrosus, von hinten gesehen. Der Orbitaknorpel ist quer durchschnitten, der Statocystenknorpel ist unversehrt gelassen. Vergr. etwa 2V2 ■ 1- des kegelförmigen Abschnittes nach Dietl-Hillig als unteren Frontal- lappen = Lobus frontalis inferior (Taf. IV lob. front. inj.). Der hintere Teil des kegelförmigen Abschnittes, der sich »eng der zweigeteilten Kuppe anschmiegt« (Chun) und der sowohl nach vorn gegen den Lobus frontahs inferior als nach hinten gegen den Lobus verticalis durch eine Querfurche abgegrenzt ist, zerfällt durch eine in Höhe des Unterrandes der Kuppe laufende horizontale Furche selber wieder in zwei Abschnitte, nämUch in einen oberen Teil = Lobus frontalis superior (Taf. IV lob. front. sup.) und in einen unteren = Lobus basalis anterior oder vor- derer Basallappen (Taf. IV lob.bas.ant.). Genau unter der Kuppe liegt ein Das Nervensystem der Oegopsiden. 297 ungeteilter, »steil abfallender Abschnitt << (Chun), unter dem das »Schlund- rohr hin wegzieht. Wir nennen ihn den hinteren Basallappen = Lobus basahs posterior (Fig. 1 u. Taf. IV lob.bas.post.). Seitlich geht er ebenso wie der hintere Teil des Lobus basalis anterior in die außerordentlich breite und starke Commissur über, die das G. cerebrale mit dem G. pedale verbindet, die wir daher als Cerebropedalcommissur oder als Commissura lateraHs (Fig. 1 u. Taf. IV dat.) bezeichnen. Ihr sitzt der gewaltige Stamm des Nervus opticus auf, dessen breit ovaler Quer- schnitt auf den Abbildungen (Fig. 8 u. Taf. IV n.opt., auch Fig. 14) sofort ins Auge fällt. Hancock beschreibt die einzelnen Abschnitte des G. cerebrale nur oberflächlich. Er kennt übrigens den Namen Ganglion cerebrale gar nicht, sondern spricht (Hancock 1852, S. 3) von >>optic ganglions«, die miteinander verschmolzen sind, hinten abgerundet und vorgewölbt, nach vorn in einen stumpfen Vorsprung ausgezogen. Kann man hier- aus ganz gut auf etwas unsren verschiedenen Loben Ähnliches schließen, so ist davon freilich auf Hancocks Abbildungen (pl. I, fig. 3 ; pl. II, fig. 1, 2, 3) so gut wie nichts zu sehen; allenfalls erkennt man die me- diane Furche der Kuppe, deren er auch Erwähnung tut als »a slight depression<< (S. 3), woran zur Genüge die bilaterale Bildung dieses Ganglions zu erkennen sei. Posselt (1890, S. 328) schreibt von einem Cerebralganglion, »das gebildet ist durch Verschmelzung von zwei Seitenteilen und das die Form eines Herzens hat, mit der Spitze nach vorn«. Auch Appellöf (1890, S. 6; Fig. 15 g.c. auf PI. IV) nennt bei Chaunoteuthis das Cerebralganglion herzförmig. Er beschreibt auch näher die einzelnen Abschnitte des Gehirns. Danach findet sich bei Chaunoteuthis ein deutlicher vorderer Lobus, wohl unserm Lobus frontalis inferior gleichzusetzen, und nach hinten anschließend ein unserm Lobus frontahs superior entsprechender Teil, und endlich auch ein Scheitellappen. Dieser ist vom vorhergehenden Abschnitt durch eine ziemlich undeutUche Furche getrennt, die als »der hintersten Impression des Myopsidengehirns homolog << betrachtet wird. Eine besondere Bildung von Chaunoteuthis ist dagegen »eine scharf markierte Querfurche« des unserm Lobus verticalis entsprechenden Gehirnteils. Appellöf findet sie auch bei Onychoteuthis. Über die Form des Gehirn- ganglions wird noch bemerkt, daß sein Hinterrand bei zwei Onycho- teuthis-Arten » cristaf örmig erhöht war« (S. 7), bei Chaunoteuthis dagegen abgerundet. Bei letzterer Form ist überdies nach der beigege- benen Figur (PI. IV, Fig. 15) der Hinterrand des Scheitellappens 298 Karl Richter, in der Mitte stark eingekerbt, was noch schärfer ausgeprägt ist bei Veranya. Aus der zugehörigen Figur (Appellöf 1889, Fig. 21) ersieht man, daß hier offenbar in bezug auf die Gehirnabschnitte etwas ab- weichende Verhältnisse vorhegen, auf die einzugehen hier zu weit führen würde; es sei daher auf die Darstellung Appellöfs (1889, S. 14 u. 15) verwiesen. Auf den von Appellöf selbst so bezeichneten »eigentüm- lichen Anhang«, den er am Cerebralganglion von Chaunoteuthis und Onychoteuthis feststellt (1890, S. 7; PI. IV, Fig. 15 d), möchte ich hier- mit auch nur aufmerksam machen. Die große Ähnlichkeit der CnuNschen Darstellung für Chiroteuthis mit den hier vorliegenden Verhältnissen des G. cerebrale wurde bereits eingangs betont. Chun unterscheidet zwar nicht einzelne Lobi mit besonderen Namen, aber man könnte die hier angewandte Benennungs- weise wohl ebenso bei Chiroteuthis durchführen (vgl. Chun 1910, Taf . XLI, Fig. 5 g.cer.). Für Sepia (Hillig 1912) möchte ich nur bemerken, daß die einzelnen Teile des G. cerebrale viel weniger auseinander gezogen erscheinen; sie haben sich dort gewisser- maßen in den Schutz des mächtigen Lobus verticalis begeben, werden von ihm zu einem guten Teile überlagert (vgl. Hillig, Taf. XXXIII, Fig. 7, 8 und Taf. XXXIV, Fig. 9 g.cer.). Pelseneer bringt zwei Gehirnzeichnungen, die eine (1888, S. 736, Fig. A) von einem Ommatostrefhes ohne Speciesangabe, die andre (1899, Taf. XXI, Fig. 183) Linkes Augenganglion (G. opticum) von Ommatostrepfies yQj^ OmmatOStrevheS VterO- safl'iMatMS, von oben innen gesehen; das Ganglion ist (mittels _ ' ^ einer Nadel) vom Bulbus weg (nach innen) geklappt, um pUS. Leider geht er auf die Kreuzung der oberen und unteren Retinafasern zu „,"„ ;„, Tpvf fiiir wpnicr pin zeigen (vgl. Text S. 311). Pliot. Vergr. etwa IV2 : 1. . . ° . " Die erstere Abbildung zeigt ein außerordentlich langgestrecktes, flaches Cerebralganghon (Fig. A,a), bei der andern fällt auf einesteils die Verlagerung des gesamten G. cerebrale, gegenüber dem G. pedale, nach vorn, andernteils der vor- dere Steilabfall der Ganglionkuppe, des Lobus verticalis. Weiss (1888, S. 81) macht bei Doratopsis vermicularis auf zwei Fic Das Nervensystem der Oegopsiden. 299 rötliche Punkte ( = two reddish spots) auf der Dorsalseite der Cerebral- masse aufmerksam, deren Natur ihm vollkommen fremd ist. Dem Lobus basalis posterior des Cerebralganglions sitzt seitlich, am dorsalen Hinterrande des Opticusquerschnittes, über den hier übrigens die schon erwähnte breite Cerebropedalcommissur nach hinten zu noch hervorragt (Taf. IV dat.), das Ganglion pedunculi auf. Es ist bei Illex ansehnlicher und länglich-kantiger (Fig. 1 g.fedunc.) als bei den beiden andern Formen, wo es mehr rundlich-kugelig erscheint (Taf. IV g.fedunc). So stellt es auch Hancock (1852, S. 8) dar, nämlich als »a small round ganglionic enlargement << (pl. I, fig. 3; pl. II, fig. 1, 2, 3 l). Posselt tut seiner nur eben Erwähnung. Appellöf beschreibt diese Ganglien sowohl für Veramja (1889, S. 15; Fig. 21 g.ol.) als für Chaunoteuthis und Onychoteuthis (1890, S. 7; PI. IV, Fig. 15 g.o.). Chun (1910, S. 269) betrachtet bei Chiroteuthis eine leichte An- schwellung an der Ursprungsstelle des Nervus olfactorius als G. pe- dunculi bzw. olfactorium. Ein G. pedunculi besitzt auch Sepia ofjicina- lis (Hillig 1912, S. 755; Tafelfig. 7, 8, 9 g.pedunc). Beim N. olfactorius werden wir übrigens auf dieses sogenannte »Geruchsganglion << noch- mals zurückkommen (s. S. 311). Die vom Ganglion cerebrale ausgehenden Commissuren wurden bereits nebenher erwähnt; es sind, um sie nochmals zusammenzufassen, folgende drei: 1) Commissura cerebro-pedalis oder lateralis (Fig. 1 u. Taf. IV dat.). 2) Commissura cerebro-buccahs (Fig. 4, 19 u. Taf. IV c.cer.bucc.). 3) Commissura cerebro-brachialis (Fig. 3 u. Taf. IV c. cer.hr ach.). Auf die Lateralcommissur gehen wir beim G. pedale (S. 300), auf die beiden andern beim G. brachiale (S. 304) noch genauer ein, die Cerebrobuccalcommissur wird uns außerdem auch beim G. buccale superius (S. 307) beschäftigen. Chun findet bei Chiroteuthis imperator noch eine weitere Commissur, die vom Vorderabschnitt des G. cerebrale ausgeht und zur Dorsalfläche des G. pedale hinzieht (1910, S. 266; Taf. XLI, Fig. 5). Sie gibt auch einen Nerven, N. flabellaris (S. 270), ab. Ich habe Ähnliches bei meinen drei Formen nicht beobachtet. Ganglion pedale. Das FußgangHon (Taf. IV g.ped.) ist das mittlere der drei großen ventral vom Schlundrohr gelegenen GangUen, Es liegt genau unter dem G. cerebrale und hat ungefähr dieselbe Länge, ohne ihm vielleicht 300 Karl Richter, an Inhalt ganz gleichzukommen. Seine Gestalt ist elliptisch-eiförmig, letzteres insofern, als es vorn etwas schmäler ist als hinten. Diese selbe Gestalt gibt Hancock seiner »medial suboesophageal mass« (pl. I, fig. 1, 2, 3 b). Als »eine etwas abgeflachte, langgestreckte, durch eine Längs- furche zweigeteilte Ganghenmasse « beschreibt Posselt (1890, S. 328) das Pedalganglion. Appellöf hebt bei Veranya (1889, S. 16) »eine Andeutung zur Zweiteilung des Ganglions« in Form einer »rinnen- förmigen Vertiefung« im hinteren Teil seiner Ventralseite hervor, eine Angabe, die ich für meine Formen nur bestätigen kann. Für Chauno- teuthis wird keine Besonderheit des G. pedale angeführt (1890, S. 8). Einen sehr ansehnlichen und wohlgerundeten Eindruck macht das Pedalganglion auf Pelseneers Tafelzeichnung (1899, Taf. XXI, Fig. 183 XII), seine Textfigur (1888, S. 736, Fig. A, C) zeigt es reich- lich weit nach vorn verlagert. Bei Chiroteuthis imperator ist es unserm G. pedale sehr ähnlich (Chun 1910, S. 266; Taf. XLI, Fig. 5 g.ped.). Über das Pedalganglion von Sepia (Hillig 1912, S. 749; Taf. XXXIII, ¥ig. 8 g.ped.) ist nichts Besonderes zu bemerken. Bezüglich der Verbindung des G. pedale mit dem G. cerebrale, der schon erwähnten Cerebropedal- oder Lateralcommissur (Fig. 1 u. Taf. IV c.^a^.), spricht Hancock (1852, S. 3) ganz zutreffend von: »a broad nervous collar, which closely embraces the Oesophagus«. Bei Posselt und Appellöf vermissen wir eine Erwähnung dieser wichtigen Commissur. Pelseneers schon mehrfach erwähnte Textfigur weist eine außer- ordentlich breite Verbindung zwischen oberen und unteren Hirn- ganglien auf, während das Verhalten von Ommatostrephes pteropus an Chiroteuthis imperator erinnert. Hier nennt sie Chun (1910, S. 26 6) »nicht gerade sehr breit ausgebildet«, und über ihren Verlauf heißt e.s, daß sie »bandförmig schräg nach hinten unter dem Sehnerv« ver- streiche (Taf. XLI, Fig. 4 c.cer.ped.). Ich möchte demgegenüber für meine drei Formen nochmals die große Breite dieser Commissur hervor- heben, die dadurch, wie gesagt, den Opticusquerschnitt nach hinten noch überragt (Taf. IV dat.). Bei Sepia ofjicinalis ist die Commissura lateralis verhältnismäßig sogar noch breiter (Hillig 1912, Taf. XXXIII, Fig. 8 dat.). Mit dem G. brachiale wird vom G. pedale aus die Verbindung hergestellt durch die unpaare, von Chun zuerst so benannte »Brücken- commissur« oder Commissura brachiopedalis (Fig. 14; 3 u. Taf. IV Das Nervensystem der Oegopsiden. 301 c. brach. fed.), in die das Pedalganglion an seinem Vorderende fast un- merklich übergeht. Hancock (pl. I, fig. 1, 2, 3 c; pl. II, fig. 2 b) zeichnet sie wesentlich breiter als hoch, und dasselbe Verhalten scheint Pelseneer, zumal in seiner Textfigur (1888, S. 736, Fig. Ä g), kennzeichnen zu wollen. Dagegen steht die Brückencommissur von Chiroteuthis in ihrer Gestalt derjenigen meiner drei Formen recht nahe, wo ich sie immer stark /7. brach, j. n. /■enf. 4 ram.reun.-'L _ n posl-orb. c cer. brach. g. brach. ram. reun. n.postorb. c. brach, bucc. . c. cer. brach. - -ram. reun. n. oph/-h. sup. c. bracn.ped. Fig. 3. Das Ganglion bracliiale von Stenoteuthis Bartrami, dorsai; es soll vor allem der Ursprung der Com- missuren vom Hinterrande des Ganglions gezeigt werden. Vergr. etwa IV3 : ]. seitlich zusammengedrückt fand, dabei aber doch oben noch ein wenig breiter als unten. Meine Fig. 3 zeigt den Querschnitt dieser Commissur {c. brach. fed.) demgemäß als ein sehr spitzwinkliges gleichschenkliges Dreieck, dessen (stumpfe) Spitze ventral gerichtet ist. Bei Besprechung der Armnerven (S. 368) werden wir Veranlassung haben, nochmals auf die Brückencommissur zurückzukommen. Ganglion viscerale. Das Visceralganglion (Fig. 1 u. Taf. IV g.visc.) grenzt unmittelbar mit seiner Vorderfläche an die Hinterfläche des G. pedale an, von der es aber nur den oberen Teil einnimmt, da sein vertikaler Durchmesser 302 Karl Richter, bedeutend kleiner ist als der des Pedalganglions. In den beinahe rechten Winkel, den infolgedessen die Ventralfläche des VisceralgangHons mit dem unteren Teile der Hinterfläche des Pedalganglions bildet, schieben sich die beiden statischen Organe mit ihren dicken Knorpelwänden ein, deren dorsaler Fläche also das G. viscerale mit seiner Unterseite aufliegt. Diese eben gekennzeichnete Lagebeziehung der beiden Ganglien (vgl. Taf. IV) finde ich sonst nur noch bei Ommatostrephes ptcropus von c.interbräch: n. brach. ^ — n. anf-orb.sup. /-y- r- ram. reun. n. ophl-fi. sup. C. brach.bucc räm. reun. n.pos/'orb. n.ophfh.sup. c.a/b.'- g. cer' ^ g-opl-y ^ n.postorb. Q.bucc.sup. H n. anwarb, sup. - -c.brach.bucc. - oes. ram. reun.n. ophth.sup. - c.cer. bucc. - ram. reun. n. pos/^orb. c a/b n oph^h. sup. 'yf-'-g.opf n.posf-orb. res I S/j// de r Kragen- - äußeres Smuskulafur Fig. 4. Präparat von Ommatostrephes sagittatus, dorsal. Das Gehirn samt den den Augenbulben und dem Schlundkopf dorsal aufliegenden Xerven ist freigelegt. Wenig über natür). Größe. Pelseneer zum Ausdruck gebracht (1899, Taf. XXI, Fig. 183). Han- cock zeichnet Visceral- und Pedalganglion mit ihrer Unterfläche voll- ständig in einer Ebene liegend (pl. I, fig. 3), ebenso Chun (1910, Taf. XLI, Fig. 5) und Hillig (1912, Taf. XXXIII, Fig. 8). Das G. viscerale ist das breiteste (Fig. 1 g.ped.), zugleich aber auch das kürzeste (Taf. IV g.fed.) aller Hirnganghen. Es macht dadurch einen sehr massigen Eindruck und erinnert an ein viereckiges Kissen, das namenthch seitlich dick aufgepolstert ist. Seine Dorsalfläche weist eine sanfte, muldenförmige Einsenkung auf (vgl. Fig. 1), worin die Organe verlaufen, die das Hirn durchsetzen, also der Oesophagus, Das Nervensystem der Oegopsiden. 303 die Arteria pharyngea und der Ausführgang der hinteren Speichel- drüsen. Eine Zusammensetzung des GangUons aus drei Teilen wird von Hancock und Posselt sowohl als von Chun beobachtet. Posselt gibt diesen Teilen keine besonderen Namen; Chun schlägt für die paarigen Seitenteile den Namen Pallialganglion vor, während sie Hancock als »branchial ganglions« (S. 7) bezeichnet. Zu letzte- rem etwas befremdlichen Namen veranlassen Hancock Homologie- Beziehungen zu niederen Mollusken. Die unpaare mittlere Masse des Visceralganglions wird von Hancock wie von Chun als G. viscerale im engeren Sinne aufgeführt. Ich habe bei meinen Formen eine solche Dreiteilung höchstens in dem geringen Grade beobachten können, wie es Appellöf (1890, S. 9) für Chaunoteuthis angibt: >>Der hinterste Abschnitt der subösophagealen Ganglienmasse (= G. viscerale, d. V.) zeigt an der Rückenseite eine Andeutung zu Zerteilung in drei ver- schiedene Partien, nämlich zwei Randzonen und eine mittlere Partie. Aus den beiden Seitenpartien entspringen die beiden Mantelnerven . . . Die genannten Seitenteile scheinen mir nichts andres als die Wurzeln der Mantelnerven zu sein. Die Teilung erstreckt sich nämlich nicht durch das ganze Ganglion, ist nur auf der Oberseite bemerkbar und gerade von den oberen Ecken gehen die Mantelnerven aus; soweit ich habe finden können, setzen sich die Nerven in den genannten Seiten- partien fort. << Zu einer besonderen namentlichen Unterscheidung dreier Teile des Ganglions sehe ich mich ebensowenig wie dieser Autor veranlaßt. Was endlich eine Verbindung des Eingeweide- oder Visceralgan- glions mit dem Hirnganglion (G. cerebrale) anbelangt, so finden sich darüber Angaben verschiedener Art. Hancock vermutet (S. 7) eine Verschmelzung der seitlichen Teile des Visceralganglions mit der Com- missura lateralis. Posselt bedauert ausdrückUch (S. 329), darüber keine Aufklärung geben zu können. Chun endlich findet (S. 267) bei einem Exemplar, daß »an den Seiten Wandungen des G. viscerale ein nicht sehr scharf sich absetzender Tractus zum G. cerebrale hin« zieht. Ich selber habe bei den vielen untersuchten Exemplaren aller drei Formen niemals eine wirkliche Verbindung zwischen dem G. viscerale und dem G. cerebrale nachweisen können. Indessen muß man wohl die Möglichkeit offen lassen, daß, wie Hillig (1912, S. 748) es für Sepia officinalis angibt, »die breite Commissura lateralis nach den Außenrändern des G. viscerale ausstrahlt«. Einen endgültigen Ent- scheid in dieser Frage kann man wohl nur von einer genaueren histo- logischen Untersuchung erwarten. 304 Karl Richter, Ganglion brachiale. Das Armganglion (Fig. 3 u. Taf . IV g.hrach.) hat eine von vorn nach hinten sich verjüngende Gestalt. Es wird von den äußeren breiten Faserzügen der Brückencommissur, die vom G. pedale aus über die Seitenflächen des G. brachiale hinweg direkt zu den Armnerven ziehen, wie von straff ausgespannten Bändern umfaßt gehalten und gleich- sam getragen. Beschrieben findet sich das G. brachiale als >> a depressed irregularly circular mass<< bei Hancock (S. 2); Brock (1880, S. 225) bemerkt »bei allen Oegopsiden die langgestreckte Form des Ganglion brachiale«; Posselt (S. 327) nennt es flachgedrückt und spateiförmig; Chun (S. 267) vermerkt eine stumpf dreieckige Gestalt dieses Ganglions und eine breite flache Rinne auf seiner Dorsalfläche; Appellöf (1890, S. 8) hebt bei Chaunoteuthis eine Teilung des Ganglions in einen vorderen und in einen hinteren Abschnitt hervor. Man gewinnt aus seiner Be- schreibung kein klares Bild der vorliegenden Verhältnisse, die siph leider durch eine Zeichnung nicht erläutert finden. Die Andeutung einer Zweiteilung, und zwar in eine linke und rechte Hälfte, in Verbindung mit flach rinnenförmiger Ausbildung der Dorsalfläche des G. brachiale habe ich stets beobachten können. Meine Fig. 3 sucht beides zum Ausdruck zu bringen. Ein wichtiges Kapitel bilden beim BrachialgangHon die Commis- suren, von denen die Brückencommissur ja bereits behandelt wurde (S. 300—301; Fig. 14; 3 u. Taf. IV c.hrach.ped.). Von der Mitte des oberen Hinterrandes des G. brachiale ent- springen dicht beieinander die beiden Stränge der schon erwähnten Commissura cerebro-brachialis (Fig. 3 u. Taf. IV c. cer.hr ach.). Diese an- sehnliche, fast horizontal nach hinten zum G. cerebrale verstreichende Commissur ist bei ihrem Ursprünge vom Brachialganglion vollkommen rundUch, in der Mitte ihres Verlaufs jedoch breit bandförmig gestaltet, um schließlich beim Einmünden in den vordersten kugeligen Abschnitt des G. cerebrale, den wir oben (S. 296) als Lobus frontalis inferior kennen lernten, wiederum eine rundliche Form aufzuweisen. Man darf in der auffälligen bandförmigen Verbreiterung dieser Commissur gerade dort, wo sie zwischen Oesophagus und Augenbulbus hindurch verstreicht, sicherlich eine Art Anpassung an die gedrängten Raumverhältnisse (vgl. Fig. 4) erblicken, eine Erscheinung, auf die insbesondere auch bei den Armnerven noch hinzuweisen sein wird (S. 367). Hancock und Chun zeichnen die Cerebrobrachialcommissur in Das Nervensystem der Oegopsiden. 305 ihrer ganzen Erstreckung gleichmäßig stark (1852, pl. I, fig. 1, 2, 3 d; pl. II, fig. 1, 2 c; 1910, Taf. XLI, Fig. 5 c. cer.hr ach.), auch bei Posselt oder Appellöf liest man nichts von irgendwelcher Besonderheit dieses Verbindungsstranges . Ein wenig nach vorn und außen von der Cerebrobrachialcommissur entspringt, ebenfalls jederseits, vom G. brachiale eine weitere kräftige Commissur, die Commissura brachio-buccalis (Fig. 3, 4, 19 u. Taf. IV c.hrach.hucc). Typisch für sie ist, daß sie zunächst ein ganz kurzes Stück nach hinten läuft, um dann mit scharfem Knick nach oben umzubiegen (vgl, Fig. 3 c.hrach.hucc). In leichtem Bogen zieht sie dann schräg nach vorn oben zum Hinterrande des Oberschlundganglions (Fig. 19). Die Brachiobuccalcommissur ist im Gegensatz zur Cerebrobra- chialcommissur in ihrer ganzen Länge ausgesprochen rundhch gestaltet. In Hancocks Zeichnung (pl. II, fig. 2 g) scheint mir ein Versehen vorzuliegen. Es ist da nämlich der Ursprung des rechten Stranges {g) der Brachiobuccalcommissur vom G. brachiale nach innen von dem des rechten Cerebrobrachialcommissurstranges (c) eingezeichnet, während es sich doch in Wirklichkeit gerade umgekehrt verhält, wie es auf der linken Seite von Hancock auch ganz richtig dargestellt ist. Die beiden zuletzt beschriebenen Commissuren, die Cerebrobrachial- und die Brachiobuccalcommissur, die Chün (S. 267) übrigens bei Chiro- teuthis jederseits mit einer gemeinsamen Wurzel vom Brachialganglion entspringen läßt, bilden im Verein mit einer dritten Commissur ein flaches Dreieck. Diese dritte Commissur ist die schon genannte, vom Hirnganglion zum Oberschlundganglion ziehende Cerebrobuccalcom- missur (Fig. 4, 19 u. Taf. IV c.cer.hucc), die im Verhältnis zu den beiden andern sehr schwach ist. Sie wird zweckmäßiger erst beim G. buccale superius genauer zu besprechen sein (s. S. 307). Das eben geschilderte paarig ausgebildete Commissurendreieck findet sich in der Literatur, wenngleich nicht unter diesem Namen, schon seit Hancock angegeben. Seine Gestalt, ob breit auseinander- gezogen oder eng zusammengedrängt, hängt insbesondere von dem Lageverhältnis des Oberschlundganglions zu Brachial- und Cerebral- ganglion ab. Es ist sehr lehrreich, daraufhin einmal die Abbildungen bei Hancock (1852, pl. II, fig. 2), Cheron (1866, Fig. 49 u. 50), Pel- SENEER (1888, S. 736, Fig. .4; 1899, pl. XXI, fig. 183), Chun (1910, Taf. XLI, Fig. 5), Hillig (1912, Taf. XXXIII, Fig. 7, 8; Taf. XXXIV, Fig. 9) und endlich auch meine Figur (Taf. IV) vergleichsweise zu betrachten. Alle drei Commissuren finden sich übrigens auch bei Posselt und Appellöf, wenn auch nur im Text, angegeben. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 20 306 Karl Richter, Eine feine Nebencommissur, die Chun bei Chiroteuthis imperator ventral zur Brückencommissur zwischen G. brachiale und pedale ver- laufend vorfindet (1910 S. 267; Taf. XLI, Fig. 5), habe ich bei meinen Formen nicht feststellen können; dafür kann ich zwei andere, bisher nicht nachgewiesene Verbindungen namhaft machen, deren Beschrei- bung hier noch Platz finden soll. Ein wenig vor und außen seitlich von den Ursprungsstellen der Cerebrobrachial- und der Brachiobuccalcommissur entspringt beider- seits vom G. brachiale ein sehr ansehnlicher, rundlich gestalteter Strang. Er geht in mehrfach gewundenem Verlaufe, allmählich schwächer werdend, nach oben und hinten, um schließlich direkt in den Hauptstamm des Nervus postorbitalis einzumünden. Ich bezeichne ihn daher als Ramus reuniens nervi postorbitalis (Fig. 3, 4, 17 u. Taf. IV ram.reun.n.'postorh.). Seiner soll beim Postorbitalnerven (S. 317) noch genauer gedacht werden. Wiederum ein wenig nach außen und vorn von diesem eigenartigen Verbindungsstrang nimmt vom G. brachiale, ebenfalls jederseits, als ein ziemlich dünner Faden, zuweilen mit doppelter Wurzel, seinen Ursprung der entsprechend dem vorigen benannte Ramus reuniens nervi ophthalmici superioris (Fig. 3, 4 u. Taf. IV ram.reun.n.ophth.sup.). Er verstreicht zunächst, ganz wie die später (S. 377) zu schildernden Äste der Nervi antorbitales superiores, in die dorsale Pfeilermuskulatur. Dabei teilt er sich, vereinigt sich aber stets wieder zu einem einzigen Strang, wenn auch nur auf eine kurze Strecke. So gelangt er in die dünne, aber sehr feste Muskellage dorsal über dem Augenbulbus. Hier teilt er sich wieder, bildet einige Anastomosen und tritt dann in direkte Verbindung mit den einzelnen Zweigen des feinen Nervengeflechts, das der N. ophthalmicus superior hier bildet. Qanglion buccale superiua. Das Oberschlundganglion (Fig. 4, 19 u. Taf. IV g.hucc.sup.) Hegt dorsal dem aus dem Schlundkopf austretenden Oesophagus auf. Es besteht aus einem Paar, wie Hancock sich treffend ausdrückt (S. 4) >> depressed ganglions <<, die in der Mediane miteinander verschmolzen sind »into a transversely elongated mass<<, d. h. der Querdurchmesser dieses Ganglions übertrifft bedeutend den Längsdurchmesser. Auf die Verschmelzung aus zwei ursprünglich getrennten Ganglien weist bei meinen Formen eine leichte Ausbuchtung der Mitte des vorderen und hinteren Ganglionrandes hin, die man z. B. bei Sepia (Hillig S. 750, Textfig. 1; Tafelfig. 7, 9 g.bucc.sup.) vergeblich sucht. Das Nervensystem der Oegopsiden. 307 Über die Lage des Oberschlundganglions gibt Hancock im Text nichts an, er zeichnet es aber richtig ein wenig hinter dem Unter- schlundganglion liegend (pl. I, fig. 1 /, ä;; pl. II, fig. 1 d, e), eine Lage, die Posselt (S. 326) besonders erwähnt und die nach Hilligs Ab- bildung (Textfig. 1) auch für Sepia zutrifft. Pelseneers Zeichnung (1899, Fig. 183 ///, XIII) weist hingegen eher das umgekehrte Lage- verhältnis beider Schlundganglien auf. Was sonstige frühere Angaben betrifft, so gibt Appellöf (1889, S. 15) vom Oberschlundganglion von Veranya »eine fast rectanguläre Form« an, bei Chiroteuthis (S. 267) ist es »ungefähr halbmondförmig gestaltet und vorn leicht concav gebuchtet (Taf. XLI, Fig. 1)<<. Einen Hinweis verdient die unge- wöhnlich weite Entfernung des Ganglions bei dieser Form vom G. cerebrale, die aber beim Unterschlundganglion sogar noch bedeutend größer ist. Im Gegensatz hierzu zeigt Sepia nichts Außergewöhnliches. Jederseits an der Vorderecke des Seitenrandes entspringt vom Oberschlundganglion die ansehnliche, rundliche Commissur zum Unter- schlundganglion, die Commissura buccalis superior inferior (Fig. 19, 20 u. Taf. IV c.bucc.sup.inf.). Sie umschließt den Oesophagus, indem sie nach schräg vorn unten am Hinterrande der extrabulbären Speichel- drüsen hin verstreicht, um in das Unterschlundganglion in der Mitte seines Seitenrandes, eher etwas dorsal als ventral, einzumünden. Links und rechts außen am Hinterrande des Oberschlundganglions entspringt die Commissur nach dem G. brachiale, die als Commissura brachio-buccalis (Fig. 3, 4, 19 u. Taf. IV c. brach. hucc.) schon zur Genüge gewürdigt worden ist (S. 305). Sie wird von allen unsern Autoren, beschrieben, ohne daß diese Angaben etwas Besonderes enthielten. Unmittelbar neben der Brachiobuccalcommissur, und zwar median- wärts von ihr, nehmen die zwei bedeutend schv,rächeren Stränge der Commissur zum G. cerebrale, also der Commissura cerebro-buccalis. (Fig. 4, 19 u. Taf. IV c.cer.bucc.), ihren Ursprung. Sowohl Chun (S. 269; Taf. XLI, Fig. 5 c.cer.b.) als auch Hancock (pl. I, fig. 1, 3 n; pl. II,. fig. 1 ö u. 2 h) und Posselt (S. 328) heben hervor, daß die Vereinigung der beiderseitigen Stränge dieser Commissur bereits kurz hinter dem Oberschlundganglion erfolgt. Bei Ommatostrephes habe ich die Ver- einigung in der Mitte zwischen G. buccale superius und G. cerebrale beobachtet (Fig. 4 c.cer.bucc), bei Stenoteuthis und Illex indessen immer erst nahe dem Cerebralganglion feststellen können. Das unpaare Stück der Commissur ist also meinen Befunden nach bei den letzteren beiden Formen sehr kurz (Taf. IV c.cer.bucc). Bei allen drei Formen zeigte sich überdies die Commissur bisweilen bei ihrer Einmündung 20* 308 Karl Richter, in den Lobus frontalis inferior des G. cerebrale mehr oder minder seit- lich komprimiert, wie das auch Chun für Chiroteuthis vermerkt (S. 267). Hancock spricht von der Cerebrobuccalcommissur als einem >>delicate cord<<, von dem es weiter heißt, daß er >>is composed of two filaments which soon diverge<< (S. 5 — 6). Dieses >>soon<< steht allerdings etwas in Widerspruch mit seinen Zeichnungen (pl. I, fig, 3 u\ pl. II, fig. 16, 2 Ä), wo die Spaltung erst kurz vor dem Oberschlund- ganglion eintritt und zudem von einer Zusammensetzung des unpaaren Stückes dieser Commissur aus zwei Fäden nichts zu bemerken ist. Nach Appellöf entspringt die Cerebrobuccalcommissur bei Veranya und bei Chaunoteuthis gleich vom G. cerebrale aus deutlich paarig (1889, S. 15, Fig. 21, 1; 1890, S. 6, PI. IV, Fig. 15, 1), ein Verhalten, wie es ausgesprochenermaßen auch Sepia zukommt (Hillig 1912, Taf. XXXIII, Fig. 7 c.cer.hucc). Ganglion buocale inferius. Das Unterschlundganglion (Fig. 20 u. Taf. IV g.bucc.inf.) liegt ven- tral am Oesophagus, etwas weiter nach vorn als das Oberschlundganglion, in dem Winkel, der vom Schlundkopf selbst und dem aus ihm hervor- kommenden, ein wenig schräg nach unten hinten verstreichenden Oesophagus gebildet wird. Es ist weniger breit, dafür aber etwas länger und im ganzen genommen bedeutend massiger als das Oberschlund- ganghon, dies vor allem wegen seines beträchthcheren Tiefendurch- messers. Noch deutlicher als das G. buccale superius zeigt es gewöhn- lich seine Zweigangliennatur, wozu allerdings viel der Umstand bei- tragen mag, daß längs mitten über das Ganglion hinweg die Arteria pharyngea verstreicht und dabei eine tiefe Furche in der ventralen Ganglionfläche eingräbt. Bei Chaunoteuthis ist nach Appellöf (1890, S. 7) das Unterschlundganglion sogar »durch zwei Längsfurchen, welche durch Zweige der Aorta cephalica bewirkt sind, in drei fast gleich große Abteilungen zerlegt«. Die Lage des Ganglions >>im Winkel zwischen Oesophagus und Mundmasse« (Appellöf 1890, S. 7) wird von verschiedenen Autoren hervorgehoben. Bei Chiroteuthis imperator, auf dessen abweichende Verhältnisse wir schon mehrmals zu sprechen kamen, wird es nur als »der hinteren Ventralfläche des Schlundkopfes« anliegend beschrieben (S. 268). Sepia officinalis zeigt ein durchaus normales Verhalten; es mag höchstens an die auffallend regelmäßig rechteckige Form des Unterschlundganglions (Hillig S. 752, Textfig. 3) erinnert sein. Die jederseits in der Mitte des Seitenrandes, ein wenig dorsal, Das Nervensystem der Oegopsiden. 309 vom G. buccale inferius abgehende Commissur nach dem Oberschlund- ganglion wurde bei diesem (S. 307) bereits besprochen mit Ausnahme der Angaben in der Literatur, was hier noch nachgetragen sei. Hancock zeichnet sie durchaus richtig (pl. I, fig. 1 l), ohne eine nähere Beschreibung zu geben. Posselt begnügt sich mit ihrer bloßen Erwähnung (S. 327), während Appellöf sie als eine »ziemUch dicke Commissur« (1889, S. 15) und als »dicke Stämme« (1890, S. 7) ver- zeichnet. Bei Chiroteuthis erreicht sie infolge der »halsartigen Ver- längerung des Vorderkopfes << (S. 268) eine extreme Länge (Taf . XLI, Fig. 5 ah.s.i.). Sepia zeigt, abgesehen vielleicht von der deutlich ven- tralen Einmündung der Commissura buccalis superior inferior ins Unterschlundganglion (Hillig, S. 752, Textfig. 3 c.bucc.sup.inf.), keiner- lei Besonderheit. Das periphere Nervensystem. Nerven des Ganglion cerebrale. 1. Nervus opticus. Der mächtige Stamm des Sehnerven (Fig. 8 u. Taf. IV n.opt.) wurzelt im Lobus basalis anterior und posterior des Cerebralganglions (Taf. IV lob.has.ant. u. post.). Er ist außerordentlich kurz und geht fast unvermittelt in das Augenganglion = Ganglion opticum (Fig. 2; 4 g.opt.) über. Sein breit ovaler Querschnitt verdeckt die Lateral- commissur bis auf einen schmalen hinteren Streifen vollständig (Taf. IV cht.). Daß das G. opticum doppelt so groß ist wie das G. cerebrale (Fig. 4 g.opt, g.cer.), entspricht der gewaltigen Entwicklung der Augen, deren riesige Bulben die auffäUige Kürze des Opticus- stammes mit bedingen. Die beiden Augenganglien hegen der oberen hinteren Innenfläche der Bulben als rundliche gebogene Wülste an (Fig. 4 g.opt.) Sie be- finden sich dabei höher als das G. cerebrale und nehmen sich infolge- dessen wie schützende Wälle zu beiden Seiten des HirngangUons aus, vor dessen vorderstem Abschnitt sie sich fast berühren, während sie hinten ziemlich weit voneinander abstehen; die beiden Gangha optica divergieren also nach hinten zu. Dorsal wird das AugengangUon zu einem gut Teil vom sogenannten weißen Körper bedeckt, der sich übrigens bei Illex und Ommatostrephes besser entwickelt findet als bei Stenoteuthis, wo er von sehr lockerem, leicht auseinanderbröckelnden Gewebe gebildet wird. Hancock zeichnet den N. opticus verhältnismäßig sehr lang. 310 Karl Richter, außerdem breit flachgedrückt, so daß sein Querschnitt ausgesprochen länghch oval ausfällt (pl. I, fig. 2, 3Ä;; pl. II, fig. 1, 2, 3 7). Dieselbe Querschnittform tritt uns in der Textfigur von Pelseneer (1888, S. 736, Fig. A d) entgegen, während sie für Ommatostrephes pteropus bedeutend breiter angegeben ist (1899, pl. XXI, fig. 183 F). Bei Chiroteuthis zeichnet Chun einen stumpf dreieckigen Opticusquer- schnitt (Taf. XLI, Fig. 5 n.opt.), bei Sepia ist er vollkommen kreisrund (Hillig 1912, Taf. XXIII, Fig. 8 n.opt.). Ich kann demgegenüber nur nochmals auf den breitovalen Quer- schnitt bei meinen drei Formen hinweisen (s. Taf. IV n.opt.). Appellöf erwähnt den N. opticus nicht unter diesem Namen, sondern als den »zwischen den beiden Ganglia optica verlaufenden dicken Nervenstamm« (1889, S. 15) und als »die das Gehirn und die Augenganghen verbindende Commissur<< (1890, S. 7). Was weiterhin die Opticusganghen anlangt, so kommen sie bei Hancock infolge der langgestreckten Nervi optici in beträchtliche Entfernung voneinander, außerdem werden sie nach hinten konver- gierend gezeichnet (pl. II, fig. 3 k). Bei Chiroteuthis dagegen wird, wie bei meinen Formen, das G. opticum, das hier »abgeplattet und stumpf dreieckig« (Chun, S. 269) gestaltet ist und das G. cerebrale um das Zweieinhalbfache an Länge übertrifft, mit seinem Gegenüber nach »vorn bis fast zur Berührung« konvergierend gefunden. Ein Konvergieren der beiden Augenganglien (nach vorn) erhellt auch deuthch aus Appellöfs Figur für Veranya (1889, Fig. 21 g.o.), weniger aus der für Chaunoteuthis (1890, PI. IV, Fig. 15 g.opt.). Ohne weiteres ersieht man aber aus beiden Abbildungen die auch hier gewaltige Ent- wicklung der Opticusganghen gegenüber dem G. cerebrale. Daß Hancock unter »optic ganghons« (S. 3) nicht unsre Gangha optica, sondern das G. cerebrale versteht, wurde schon gfesagt. Die Augenganglien beschreibt er vielmehr als »a thick fold (pl. II, figs. 1, 2 k) of ganglionic matter« (S. 3), wovon der Sehnerv bei seiner An- näherung an die Hinterwand des Auges umgeben werde. AhnHch drückt sich Posselt aus (S. 328). Der weiße Körper ähnelt bei Chiroteuthis (Taf, XLIII, Fig. 3 c.alb.) in hohem Grade demjenigen meiner drei Formen (Fig. 4 c.alb.). Hillig schreibt (S. 744) von einem weißen Körper, »der wie ein Polster das G. cerebrale umschheßt« und »der vor allem das Augenganghon auch auf der Ventralseite umgibt«. Bei den übrigen hier in Betracht kommenden Autoren vermissen wiv eine Angabe über dieses Gebilde. Zum Schluß sei erwähnt, daß Hillig des näheren auf das G. opticum Das Nervensystem der Oegopsiden. 311 von Sepia eingeht, auf dessen eigenartige äußere Gestaltung hier neben- her aufmerksam gemacht sei (Hillig, Taf . XXXIII, Fig. 7 ; Taf . XXXIV, Fig. 9 g.opt.). Ich habe mich mit den diesbezüghchen Verhältnissen meiner Formen nicht so eingehend befaßt. Hinweisen möchte ich nur auf die Retinafasern meiner Photographie (Fig. 2), die sich, wie bei Sepia, »wie die Finger gefalteter Hände durchkreuzen« (Hillig, S. 758). 2. Nervus olfactorius. Der Geruchsnerv (Fig. 8 u. Taf. IV ti.olf.) entspringt am ventralen Hinterrande des N. opticus als ein schwacher rundhcher Nerv. Bei einigen Exemplaren lag seine Ursprungsstelle ausnehmend hoch am Opticusquerschnitt, kurz unterhalb des Ganglion pedunculi ([G. olfacto- rium] Fig. 1, 8 g.pedunc), von dem bereits die Rede war (S. 299). Ob der Geruchsnerv zu diesem sogenannten Geruchsganglion wirklich in Beziehung steht, kann ich selber nicht entscheiden, da ich Schnittserien nicht angefertigt habe und dies wohl der einzige Weg ist, auf dem diese Frage zu lösen ist. Ich möchte da auf frühere Autoren verweisen, von denen sich Jatta (1887) besonders ausführhch auf diesen Punkt einläßt. Außer ihm sind noch Zeenoff (1869) und Watkinson (1908) zu nennen. Alle drei Arbeiten finden sich überdies bei Hillig (S. 760) besprochen. Nach meinen makroskopischen Befun- den — wenn man auf solche überhaupt ein Recht, hierüber zu urteilen, gründen darf — erscheint mir Jattas Darstellung am zutreffendsten, für den auch Posselt (S. 328) Partei ergreift. Chun nimmt bei Chiro- teuthis zu dieser Frage keine Stellung; für Hancock und Appellöf erledigt sie sich damit, daß sie einen N. olfactorius überhaupt nicht feststellen. Erwähnen möchte ich, worauf auch Chun (1911, S. 19) hinweist, daß das G. pedunculi auch als Erregungscentrum der Chroma- tophoren nachgewiesen worden ist (Klemensievicz 1878, S. 38). Der Geruchsnerv (Fig. 8 u. Taf. IV 7i.olf.) läuft nach seinem Ursprünge gerade nach unten und tritt zusammen mit dem später (S. 319) zu be- schreibenden Nervus oculomotorius posterior in die Orbita ein. Beide Nerven durchdringen dabei den Knorpel nicht, sondern streichen über den Rand des Orbitaknorpels hinweg, der von unten her bogenförmig den starken Opticusstamm umgreift. In der Orbita angelangt, legt sich der N. olfactorius sogleich dem Hinterrande des N. oculomotorius posterior an. Mit diesem Nerven äußerlich durch Bindegewebe leicht verbunden, was Zernoff (1869) schon genau ebenso für Sepia be- schreibt, und mit ihm zusammen der knorpeUgen Orbita wand dicht 312 Karl Richter, anliegend, verstreicht der Geruclisnerv bis auf die Mitte des hinteren ventralen Augenmuskels. In diesen tritt der N. oculomotorius posterior innervierend ein, während ihn der N. olfactorius ohne jede Verzwei- gung einfach durchsetzt und unter seiner Außenhälfte quer hinweg- läuft (vgl. Fig. 8 n.olf. und mn.,,), um dicht bei seinem Außenrande die knorpelige seitlich-ventrale Orbitawand samt der übrigen Körper- wandung nach außen zu durchdringen und in die Geruchsgrube einzu- Fig. 5. Vorderer Mantel-, Hals- \ind Kopfabschnitt von Illez illecebrosus, rechte Seite. Vergr. etwa IV3 : 1. treten. Diese ist äußerlich ohne Mühe im hinteren Winkel der ersten (ventralen) Halslängsfalte (Z-.i) wahrzunehmen (Fig. 5 G.). Daß Hancock und Appellöf keinen Geruchsnerven, wohl aber »Geruchsganglien« beschreiben und abbilden, wurde schon angeführt. Hancock hat überdies nach Geruchsorganen, und zwar in der Nähe des Auges, gesucht, freilich, wie er selbst berichtet (S. 8 u. 9), ohne Das Nervensystem der Oegopsiden. 313 Erfolg. Posselt gibt (S. 328 u. 329) eine ausführliche Darstellung vom Verlaufe des N. olfactorius, die mit der meinigen recht gut zu- sammenstimmt. Die Lage der Geruchsgrube gibt er richtig als >>an der untersten der drei Falten am Halse« an. Die beiden andern, parallel zu dieser verlaufenden, aber seitlicher gelegenen »Hautkiele« ver- mutet er ebenfalls als im Dienste des Geruchssinnes stehend. Er fährt auf sie bezüglich fort (S. 329): >>Sie werden auf jeden Fall von Nerven versorgt, die ungefähr denselben Verlauf haben, nur etwas höher in der Augenhöhle, wie der eigentliche N. olfactorius. Ihren Ursprung konnte ich indessen nicht ermitteln«. Ich vermute nach dieser Be- schreibung, und durch einen Blick auf meine Fig. 8 wird man in dieser Annahme bestärkt, daß Posselt hier die beiden Bänder des Nervus ophthalmicus inferior beobachtet hat. Man könnte auch an den Ramus orbitalis der bei den Nerven des G. pedale zu schildernden Nervi re- tractoris capitis lateralis denken (Fig. 8 ram.orh.n.retr.ca'p.lat.) und auf ihn PossELTS Angabe »etwas höher in der Augenhöhle wie der eigent- liche N. olfactorius« beziehen. Indessen scheint mir erstere Annahme besser begründet, vor allem im Hinblick auf das Verbreitungsgebiet der Zweige des N. ophthalmicus inferior (Fig. 8 n.ophth.inf.), die, wie die spätere Beschreibung (S. 326) dartun wird, zwar nicht direkt in die Längsfalten des Halses (Fig. 5, 11 L.^, L.o, L.-^), aber doch ganz in deren Nähe verstreichen. Bei Chiroteuthis zeigt der N. olfactorius nach Chuns Darstellung mehrere Abweichungen von dem Verhalten meiner drei Formen. Die schon erwähnte Anschwellung am Ursprünge des N. olfactorius, die Chun als G. olfactorium deutet, glaube ich in einigen Fällen in der schwachen Andeutung, wie sie in der Zeichnung (Taf. IV) wiedergegeben ist, wahrgenommen zu haben. Eine Abgabe zweier sich gabelnder Äste, die bei Chiroteuthis >>im Unterhautbindegewebe zur Muskulatur des hinteren Orbitalrandes verstreichen«, überhaupt irgendwelche Verzweigung des N. olfactorius, habe ich, so sehr ich gerade hierauf achtgab, nie beobachten können. Bestätigen kann ich aber Chuns Angabe, daß der N. olfactorius, nachdem er den Schädelknorpel durch- setzt hat, >>bis zu seiner Endigung im Geruchstuberkel merklich an- schwillt« (S. 269), ja ich kann hinzufügen, daß er schon während seines Verlaufs in der Orbita ein wenig stärker ist als bei seinem Ursprünge; das ist auch in meinen Abbildungen (Fig. 8 u. Taf. IV n.olj.) zu erkennen. Bei Sefia ist er nach Hilligs Abbildung (Taf. XXXIII, Fig. 8) gerade umgekehrt an der Wurzel stärker als gegen die Geruchsgrube hin; im übrigen liegen aber ganz entsprechende Verhältnisse vor. 314 Karl Richter, Kurz möchte ich noch auf die hierher gehörigen Angaben von Weiss (1888) eingehen, die bereits Watkinson (1908) einerWürdigung unterzogen hat. Uns interessiert hier allerdings weniger die Form des Geruchsorganes, auf die sich Watkinson spezieller einläßt, als viel- mehr seine Innervierung. Da berichtet denn Weiss (1888, S. 78) für Chiroteuthis Veranyi von einem kleinen Ganghon an der verbreiterten Basis der löffelartigen Geruchsorgane, das von einem Nerven vom Cerebralganglion her versorgt zu sein scheine. Bei Doratoysis vermi- cularis (S. 81) vermutet er nur eine Innervation des Geruchsorgans, bei Histioteuthis Rüppelli (S. 83) hingegen beobachtet er >>a strong nerve« nach den hier zipf eiförmigen Geruchsorganen. Auch bei Trachelo- teuthis Behnii (S. 86) und bei Veranya sicula (S. 88) wird, und zwar von der >>main cerebral mass« aus, ein Nerv nach dem Geruchssinnes- organ festgestellt. 3. Nervus ophthalmicus superior. Der Nervus opthalmicus superior (Fig. 14; 1, 4u. Taf. IV n.ophth.sup.) ist derjenige Nerv, den man nach Abheben des dorsalen Schädclknorpels zuerst bemerkt. Nicht leicht ist es, seine einzelnen Zweige, die in die verschiedenen Hüllen des Auges eindringen, unversehrt freizuprä- paiieren. Dieser dorsale Augennerv also entspringt vom hinteren, unter der »Kuppe« gelegenen Abschnitt des G. cerebrale, den wir oben als Lobus basalis posterior bezeichnet haben. Er streicht zunächst zwischen der Innenseite des G. pedunculi und der Cerebralmasse nach oben (vgl. Fig. 1), um dann, seitlich betrachtet, regelmäl^ig am Oberrande dieses sogenannten Geruchsganglions als ein bandförmiger Nerv hervorzu- treten. Unmittelbar nach seinem Ursprünge teilt er sich in einen schmalen dünnen vorderen und einen breiten stärkeren hinteren Zweig. Zwischen beiden verstreicht die Arteria ophthalmica. Der vordere schmälere Zweig (Taf. IV n.ophth.sup.\aY) geht schräg nach vorn außen über das G. opticum und den weißen Körper {g.opt. ; c.alh.) hinweg und verliert sich unter mehrfacher Teilung in einem dem weißen Körper dicht aufliegenden Augenmuskel. Der hintere breit bandförmige Zweig {p) verstreicht in ungefähr derselben Richtung ungeteilt über G. opticum und weißen Körper 1 Es sei hier bemerkt, daß aus rein äußeren Gründen die Bezeichnungen für die einzelnen Äste des N. opth. sup. (o, p, pi usw.) nur in der Hauptfigur (Taf. IV) eingetragen werden konnten. Nach ihr wird man die entsprechenden Aste dieses Nerven in der Fig. 4 leicht herausfinden können. Das Nervensystem der Oegopsiden. 315 hinweg. Am Außenrande des letzteren gibt er kurz hintereinander drei Zweige ab, deren zwei {p^ und 7)2) ^^f der dorsalen Bulbusfläche nach hinten verstreichen. Der dritte {p^) konnte bei allen drei Formen ziemlich weit nach vorn verfolgt werden. Er innerviert hier mit mehreren Verzweigungen denselben dorsalen Augenmuskel, den, mehr an der Oberfläche, der schon besprochene schmale vordere Ast des N. ophthal- micus superior («) innerviert. Gelegentlich wurden dort, wo dieser Zweig (2^3) vom Vorderrande des Hauptastes (p) abgeht, noch zwei oder drei feinere Nervenfäden beobachtet, die sich sogleich im dorsalen Augenmuskel verloren. Von den beiden nach hinten streichenden Ästen (pi u. po) des N. ophthalmicus superior entspringt der untere (pi) am Hinterrande des Hauptastes, und zwar als ziemlich breites Band. Er verschmälert sich aber stets sehr rasch und endigt nach kurzem Verlaufe mit ein paar Verzweigungen in einer weißlichen Hüllschicht des Augenbulbus, die nach vorn zu auch den erwähnten dorsalen Augenmuskel bedeckt. Der andre hinterwärts verlaufende Ast {P2) zweigt vom Vorder- rande des Hauptastes ab, ein einziges Mal (bei Stenoteuthis) zeigte er sich auch deutlich als bloße Abzweigung des Astes p^. Besonders gut konnte er in seiner ganzen Länge bei einem Stenoteuthis-^xempla,! verfolgt werden. Er durchsetzt nach seiner Abtrennung vom Haupt- stamm (p) zunächst den dorsalen Augenmuskel, läuft dann im Bogen ventral unter dem Hauptast hinweg nach hinten (vgl. Taf. IV), um in dieser Richtung mit ein paar dünnen Fäden in membranösen Hüllen des Bulbus zu endigen. Der Hauptteil dieses Nervenzweiges ändert seine bisherige Richtung, indem er nach außen auf dem Bulbus in fast rechtem Winkel abbiegt, und verstreicht als verhältnismäßig breites Band {p'2), das an dieser Stelle regelmäßig starke Windungen aufweist, unter der (äußeren) Argenteaschicht, dem Bulbus sehr fest anhegend, bis gegen die Iris hin. Hier teilt sich dieses Band auf und verliert sich beim Eindringen in tiefere Schichten. Ob ein Nebenzweig {p''^), den es vorher abgibt, zwei Blutgefäße innerviert, die hier, auf der hinteren äußeren Dorsalfläche des Bulbus, bei allen drei Formen in diesen ein- dringen, konnte nicht mit voller Sicherheit festgestellt werden. Ebenso ist die Innervierung der Arteria ophthalmica durch einen dünnen •Nervenfaden {ao), der nur bei je einem einzigen Exemplare von Steno- teuthis und Ommatostrephes zur Beobachtung kam, etwas unsicher. Wir haben den breiteren hinteren Ast des Nervus ophthalmicus superior (Taf. IV n.ophth.sup.[p]) dort verlassen, wo er am Außenrande des weißen Körpers die eben ausführlich beschriebenen drei Äste {pi, 316 Karl Richter, ^2, 2?3) abgibt. Von hier aus tritt nun dieser Hauptast (p) in leichtem Bogen nach oben, gerade am Außenrande des dorsalen Augenknorpels, in die unmittelbar dem Augenbulbus aufliegende Muskulatur des Kopf- daches ein, um sich in diesen obersten Schichten, die besonders nach dem Augenlidrand zu in eine dünne, plattenartige Lage von äußerst dichtem Gewebe übergehen, das naturgemäß die Präparation nicht erleichtert, zu einem ganzen Nervengeflecht zu verzweigen. Er ist also derjenige Ast des N. ophthalmicus superior, der den oberflächlichsten Verlauf nimmt. Einzelne Fäden des erwähnten Geflechts gehen nach außen bis zum Augenlidrand, andre verstreichen nach vorn, mehr in die Tiefe, und stellen hier jene schon beim G. brachiale von mir des nähe- ren (S. 306) beschriebene Verbindung mit dem G. brachiale her, die, so merkwürdig sie ist, doch bei allen drei Formen mit aller Deutlichkeit sichergestellt werden konnte (Fig. 3, 4 u. Taf. IV ram.reun.n.ophth.sup.). Auf die Angaben Hancocks, die den N. ophthalmicus superior betreffen, möchte ich erst beim N. postorbitalis zu sprechen kommen (S. 319). Posselt und Appellöf erwähnen einen entsprechenden Nerven nicht. Chun findet bei Chiroteutliis imperator den Nervus ophthalmicus superior nicht zweigeteilt, sondern als einen einfachen, ziemlich schwachen Nerven, der dieselbe Ursprungsstelle und im wesentlichen denselben Verlauf hat wie bei unsern drei Formen; auch verstreicht neben ihm die Arteria ophthalmica. Als sein Verbreitungs- gebiet wird von Chun nur ganz allgemein die Dorsalfläche des Augen- bulbus genannt. Endlich wird, was ich bei meiner Beschreibung gleich anfangs erwähnte, hervorgehoben, daß man den Nerven »ohne weiteres bemerkt, wenn man die dorsale Decke des Knorpelschädels abpräpariert << (Chun 1910, S. 269). Für Sepia wird von Hillig ein vorderer und ein hinterer oberer Augennerv festgestellt (1912, S. 759; Taf. XXXIII, Fig. 7, 8 und Taf. XXXIV, Fig. 9 n.ophth.sup.ant. u. post.). Nach seiner Beschreibung dieser Nerven kann man kaum im Zweifel sein, daß nur der N. ophthal- micus superior anterior unserm N. ophthalmicus superior entspricht, wird doch z. B. angegeben, daß zwischen seinen (des N. ophth. sup. ant.) beiden Asten, in die er sich ganz wie der unsre beim Austritt aus dem Cerebralganglion gabelt, die Arteria ophthalmica verläuft. Nerven des Ganglion pedale. 4. Nervus postorbitalis. Dieser Nerv (Fig. 14; 1, 4 u. Taf. IV n.postorb.) entspringt von der oberen Hinterecke des G. pedale, wo dieses fast schon in die Commissur Das Nervensystem der Oegopsiden. 317 nach dem G. cerebrale, die Commissura lateralis {dat.), übergeht. Am Hinterrande des G. pedunculi vorbei steigt er als ein starker runder Nerv beinahe kerzengerade, nur ein wenig nach außen und hinten geneigt, in die Höhe, wobei er den dicken Schädelknorpel durchbricht. Auf dessen Dorsalfläche angelangt, teilt er sich in eine Anzahl Zweige auf, die sich annähernd radiär und horizontal ausbreiten. Deren zwei gehen schräg nach hinten und außen in die Muskulatur, die im Bereiche der äußeren Ring- und Längsfalten des Halses (Fig. 5, 17 Ä.j, Ä.2 u, L.i, L.2, L.^) an der Hinterseite des Schädelknorpels ansetzt und dem Musculus retractor capitis lateralis zuzurechnen ist. Dieselbe Musku- latur wird übrigens weiter seitlich (außen) von den noch (S. 329) zu besprechenden Nervi retractoris capitis lateralis (Taf. IV 7i.retr.cap.lat.) innerviert. Einige kurze Zweige des N. postorbitalis, und zwar bei Steno- teuthis gewöhnlich drei, bei lUex und Ommatostrephes vier bis sechs, verlieren sich in der dem knorpeligen Schädeldach (Fig. 17 Ä".) un- mittelbar aufliegenden Muskulatur. Endlich wird — und das ist das Bemerkenswerteste beim N. post- orbitalis — auch noch ein Zweig nach vorn abgegeben, der in gleicher Weise wie jener des N. ophthalmicus superior eine Verbmdung mit dem G. brachiale bewirkt. Bei Besprechung dieses Ganglions haben wir ihn bereits als Ramus reuniens nervi postorbitaUs kennen gelernt (S. 306 ; Fig. 3, 4, 17 u. Taf. IV ram.remi.n.postorh.). Er wurde bei der von dorsal her erfolgenden Präparation des Gehirns regelmäßig als erster aller Nervenstränge freigelegt, ein Stadium der Präparation, das Fig. 17 in ihrem vorderen Teile veranschaulichen soll. Auf dem Knorpeldach verstreicht dieser Nervenzweig nach vorn, ein wenig nach innen, und zwar bei Illex und Ommatostrephes gewöhnlich als einfacher Strang (Fig. 6, 17 ram.reun.n.postorh.), bei Stenoteuthis auf der Innenseite meist noch von einem dünnen Faden begleitet (Fig. 7 rafn.reun.n.postorb.). Er durchsetzt dann in der Richtung nach vorn unten den Knorpel kurz vor seinem Vorderrande, um allmählich wesentlich an Stärke zunehmend in bogenförmigem Verlaufe das G.brachiale zu erreichen. Die Stelle seiner Einmündung bzw. seines Austritts aus diesem wurde bereits genau beschrieben (S. 306). Die beiden Rami reunientes sind sicherlich nicht ohne weiteres den Commissuren zwischen den einzelnen Ganglien des Centralnerven- systems gleichzusetzen, was ja auch in ihrer andersartigen Benennung zum Ausdruck kommen soll. Beim Ramus reuniens nervi postorbitalis sei insbesondere noch hervorgehoben, daß von diesem Nervenstrang, 318 Karl Richter, vor allem bei Ommatostrephes und Stenoteuthis, während des Verlaufes auf dem Knorpel des Schädeldaches längere (Fig. 6) oder kürzere Fäden (Fig. 7) an die umliegende Muskulatur abgegeben werden. Fig. 6. Die auf dem Knorpelschädel laufenden Zweige des Nervus postorbitalis von Ommatostrephes sagütatus (vgl. die in Fig. 17 für Illez). Vergr. etwa 2 : 1. Chun (1910, S. 269) stellt bei Chiroteutkis zwei Nervi postorbitales fest, deren Ursprung er ins G. cere- brale verlegt und als deren Verbrei- tungsgebiet er »die Muskulatur, welche dem dorsalen Schädel und dem Augendach aufliegt«, bezeich- net. Bei einem älteren Exemplar beobachtet er deutlich den Austritt dieser Nerven >> aus der Unterfläche des Hirnes <<, und bei einem dritten, jüngeren Exemplar findet er ihren Ursprung auf der Grenze zwischen G. cerebrale und G. viscerale. Die- sem letzteren Verhalten kommt das hier beobachtete außerordentlich Fig. 7. nahe (vgl. Fig. 1 u. Taf. IV). Die auf dem Knorpelscliädel laufenden Zweige Von APPELLÖF odcr PoSSELT des Nervus postorbitalis von Stenoteuthis Bar- . ■, . -.-r , i •, i- • i j_ trami. Vergr. etwa 2 : 1. ^^'^^d CmCS N. pOStorbltahs Uicht Das Nervensystem der Oegopsiden. 319 Erwähnung getan; auch Hancock beschreibt keinen Nerven dieses Namens, wohl aber, was hier nachgetragen sei, zwei Nerven, die gleich unserm N. ophthalmicus superior beim G. pedunculi aus dem G. cere- brale entspringen. Chun vermutet, daß der eine unserm N. ophthal- micus superior, der andre dem N. postorbitahs entspreche. Nach den Zeichnungen, auf denen Hancock diese Nerven angibt (pl. I, fig. 1, 3 v; pl. II, fig. 1, 3 m), will es mir scheinen, als dürfe man keinen von beiden dem N. postorbitahs gleichsetzen, sondern als seien es die beiden Äste des N. ophthalmicus superior. Leider fehlt bei Hancock jegliche Angabe, aus der man den Verlauf der Arteria ophthalmica zwischen beiden Nerven erschließen könnte. Das Vorhandensein dieses Gefäßes zwischen ihnen würde meines Erachtens sehr zugunsten der von mir geäußerten Vermutung sprechen. Aber es wird von Han- cock nur gesagt, daß die Nerven >>go to the skin of the head above and behind« (S. 8). Dieses >>behind<< könnte man auf die Zweige des N. postorbitahs zum Musculus retractor capitis laterahs deuten, hält es doch schwer anzunehmen, daß ein Forscher von der Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit Hancocks einen so beträchtlichen Nerven wie den Postorbitalis vollkommen übersehen haben sollte. Eine eindeutige Aus- legung der HANCOCKschen Angabe dürfte jedenfalls kaum möglich sein. Um schließlich noch kurz Hilligs Befunde zu streifen, so ist vor allem wichtig, daß er den N. postorbitahs als Nerven des G. cerebrale anführt. Jedoch im Verlaufe und im Verbreitungsgebiet dieses Nerven bei Sepia herrscht nach Hilligs Beschreibung, worin Nerv samt Ver- zweigungen treffend mit einem Bäumchen (vgl. meine Tafelfig. n.postorh.l) verghchen werden, alle nur wünschenswerte Übereinstimmung mit den Verhältnissen bei meinen drei Formen. Dabei sehe ich freilich ab von der Verbindung zum G. brachiale, die Hillig beim N. postorbitahs ebensowenig wie bei seinen Nervi ophthalmici superiores hat nach- weisen können. Wenn dieser Autor darauf aufmerksam macht, daß der Ursprung des N. postorbitahs bei Sepia nach innen, bei Chiroteuthis hingegen nach außen von der Ursprungsstelle des N. ophthalmicus superior ge- legen ist, so möchte ich bemerken, daß sich in diesem Punkte Steno- teuthis (Taf. IV) wie Chiroteuthis, Illex und Ommatostrephes (Fig. 1 u. 4) aber wie Sepia zu verhalten scheinen. 5. Nervus oculomotorius posterior. Dieser von Anfang bis Ende bandförmige Nerv (Fig. 8 u. Taf. IV n.oculom.post.) entspringt aus dem G. pedale etwa in der Mitte des 320 Karl Richter, Opticusunterrandes. Als zunächst noch verhältnismäßig schmaler Nerv verstreicht er gleich dem nahen N. olfactorius über den Knorpelrand der Orbita hinweg. Beide Nerven durchsetzen also, wie hier nochmals betont sei, den Schädelknorpel nicht, sondern benutzen zum Eintritt in die Orbita die große Durchtrittsöffnung des gewaltigen Opticusstammes (vgl. Fig. 8). In seinem weiteren Verlaufe verstreicht der N. oculomo- torius posterior, der sich nun wesentlich verbreitert und mit dem N. olfactorius zusammen der ventralen Knorpelwand der Orbita eng anliegt, bis zum Innenrand des hinteren ventralen Augenmuskels. In diesen tritt er unter auffälliger weiterer Verbreiterung inneriverend ein, gerade dort, wo dieser beträchtliche Augenmuskel (Fig. 8 mu.2) bogenförmig am Knorpel ansetzt. Der N. oculomotorius posterior tritt bei allen drei untersuchten Formen gleichermaßen als recht ansehnlicher Nerv auf. Hancock, Appellöf und Posselt erwähnen diesen oder einen ähnlichen Nerven nicht. Auf die diesbezüglichen Angaben Chuns und Hilligs soll erst beim vorderen ventralen Augenmuskelnerven = N. oculomotorius an- terior eingegangen werden. 6. Nervus oculomotorius anterior. Dieser von der vorderen Ventralecke des G. pedale gleich ziemlich breit bandförmig entspringende Nerv (Fig. 8 u. Taf. IV n.oculom.ant.) spaltet sich unmittelbar nach seinem Ursprünge in zwei Bänder, von denen das hintere, stets schmalere der beiden, einen vorderen ventralen Augenmuskel innerviert. Beim Eintritt in diesen Muskel (Fig. 8 mu.^), der an Größe hinter dem vom N. oculomotorius posterior versorgten zurücksteht, zeigt das Nervenband ganz ähnlich wie der hintere Augen- muskelnerv eine starke Verbreiterung (Fig. 8) oder auch eine Auf- teilung in einzelne Bänder (Taf. IV). Der vordere breit bandförmige Strang des N. oculomotorius anterior verstreicht zur vorderen Ventralfläche des Augenbulbus, um diese unter mehrfacher Aufspaltung in Einzelbänder zu innervieren. Von den älteren Autoren wird ein entsprechender Nerv nicht er- wähnt. Chun beschreibt bei Chiroteuthis nur einen einzigen N. oculo- motorius, der >>zu einem kleinen, an die innere Ventralfläche des Augen- bulbus herantretenden Muskel verstreicht« (S. 270). Diese Angabe paßt genau auf das hintere schmälere Band unsres N. oculomotorius anterior; auf dessen breites vorderes Band aber kann man ohne Mühe das beziehen, was über den N. ophthalmicus inferior von Chiroteuthis imperator gesagt ist: »Er entspringt vom vorderen Unterrand des G. Das Nervensystem der Oegopsiden. 321 pedale und zieht breit bandförmig zur Ventralfläche des Augenbulbus, um diese zu innervieren. « N. oculomotorius und N. ophthalmicus inferior von Chiroteuthis entsprechen also zusammen dem N. oculo- motorius anterior unsrer drei Formen. Zwischen diesen und Sepia bestehen sehr einfache Beziehungen, indem von Hillig für den Myopsiden ein N. oculomotorius anterior (S. 781) und ein N. oculomotorius posterior (S. 779) festgestellt werden, /7. opf. (Querschnitt) g.pedunc _ _ n ophfh.inF \rz R fOuerschmn) Fig. 8. Ventrale reclite Orbita von Stenote%UMs Bartrami mit den darin verlaufenden Nerven. Vergr. etwa 2:1. die den beiden ventralen Augenmuskelnerven unsrer Oegopsiden ganz und gar entsprechen. Höchstens vermissen wir beim N. oculomotorius anterior von Sepia eine Innervierung der ventralen Bulbusfläche, die doch bei unsern Formen von diesem Nerven außer derjenigen des vorderen ventralen Augenmuskels bewirkt wird. Schwieriger ist die Entscheidung der Frage, welcher Nerv von Chiroteuthis dem N. oculomotorius posterior von Sepia bzw. dem unsrer oegopsiden Formen entspricht. Hillig meint (S. 780), daß ihm die zwei sich gabelnden Äste, die nach Chun (S. 269) bei Chiro- teuthis vom N. olfactorius nach hinten abgegeben werden, um »im Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 21 322 Karl Richter, Unterhautbindegewebe zur Muskulatur des hinteren Orbitalrandes« zu verlaufen — es war von ihnen bereits beim N. olfactorius (S. 313) die Rede — daß diese Nervenäste von Chiroteuthis dem N. oculomo- torius posterior homolog seien. Die Tatsache, daß sie an keinen Augenmuskel, sondern an gewöhnliche Orbitalmuskulatur verstreichen, steht ja wohl ihrer Homologisierung mit einem typischen Augenmuskel- nerven der andern Formen nicht hindernd im Wege. Auf eine Schwierig- keit bei der Annahme Hilligs möchte ich mir aber doch kurz hin- zuweisen gestatten. Der hintere Oculomotorius verläuft nach Hilligs eigner Abbildung (Taf. XXXIII, Fig. 8) dem Vorderrande des N. olfactorius eng angelegt, also auf jeden Fall noch vor diesem Nerven, während die erwähnten Äste bei Chiroteuthis vom N. olfactorius aus sich deutlich nach hinten wenden. Vielleicht kann man aber diese Verschiedenheit durch die veränderten Lagebeziehungen erklären, wie sie bei Chiroteuthis durch die »Streckung des gesamten vorderen Kör- pers << (S. 166) bewirkt werden, ein Umstand, den wir auch beim Trichter- nerven zur Erklärung der abweichenden Verhältnisse bei Chiroteuthis werden in Betracht ziehen müssen. Endlich könnte man ein- werfen, daß doch nach Chuns Zeichnung (Taf. XLI, Fig. 5) der N. oculomotorius denselben Augenmuskel innerviert, unter dem der N. olfactorius hin wegstreicht. Nun gehe aber nach meinen Befunden der Geruchsnerv unter dem vom N. oculomotorius posterior ver- sorgten Augenmuskel hinweg (vgl. Fig. 8), folglich müsse unserm N. oculomotorius posterior der N. oculomotorius von Chiroteuthis ent- sprechen. Demgegenüber habe ich außer der Tatsache, daß auch Hillig den N. oculomotorius von Chiroteuthis seinem N. oculomotorius anterior gleichsetzt, folgendes anzuführen. Der Ursprung des N. oculomotorius ist bei Chiroteuthis weit nach vorn, ganz in die Nähe des N. ophthal- micus inferior verlagert, also des Nerven, der unzweifelhaft dem vor- deren breiten Bande unsers N. oculomotorius anterior entspricht. Ferner verläuft der Oculomotorius von Chiroteuthis vollkommen getrennt vom N. olfactorius, dessen enges Zusammenverlaufen mit dem hinteren Augenmuskelnerven aber sowohl für Sepia als für meine drei Formen durchaus typisch ist. So ergibt sich denn, was ich indirekt bereits oben (S. 321) ausgesprochen habe, daß der N. oculomotorius von Chiroteuthis keinesfalls dem N. oculomotorius posterior unsrer Formen oder von Sepia gleichzusetzen ist. Ob letzterem, wie Hillig es ver- mutet und wie ich es nicht für ausgeschlossen halte, die erwähnten Aste des N. olfactorius homolog sind, bleibe dahingestellt. Das Nervensystem der Oegopsiden. 323 7. Nervus infundibuli anterior. Der große oder vordere Trichternerv (Fig. 14 ; 9 u. Taf. IV n.infd.ant.) nimmt als der ansehnlichste aller vom G. pedale entspringenden Nerven an dessen hinterem Ventralrande seinen Ursprung. Er durchsetzt sofort den Schädelknorpel und gibt von seiner Außenseite, nahe dem Vorderrande, den später (S. 326) zu beschreibenden N. ophthalmicus in- ferior (Fig. 8 u. Taf. IV n.o'phth.inj.) ab. Wenig unterhalb dieses Nerven zweigen vom Trichternerven drei bandförmig breite, dabei sehr dünne Nerven ab, die in dieser Form an die allerdings noch breiteren Bänder des N. oculomotorius anterior (S. 320) erinnern. Auf diese drei Nervenbän- der, die als Rami laterales nervi infundibuli anterioris (Fig. 8 u. Taf. IV ram.lat. n.infd.ant.) bezeichnet seien, trifft man bei allen drei Formen nach Wegnahme der ventralen knorpeligen Orbitawand. Der vorderste von ihnen, der auf Tafel IV allein seiner ganzen Länge nach einge- zeichnet ist, löst sich ein wenig höher als die beiden andern vom Trichter- nerven los. Er verstreicht am Hinterrande des Vena cava-BHndsackes vorbei, weiter an der Außenseite der ventralen knorpeligen Orbita- wand hin und über den Musculus adductor infundibuli superior außen hinweg bis zu der Stelle der ventralen Orbitawand, wo deren Knorpel nach vorn zu in muskulöse Schichten übergeht. In diesen verHert er sich, und zwar bei allen drei Formen mit Zweiteilung. Die beiden andern, die hinteren bandförmigen Nerven, verstreichen, zugleich die obersten Schichten der dorsal-seitlichen Trichterwand innervierend, in gerader Richtung hinüber zu dem Muskel, der über dem Vorder- rande des Trichterknorpels (Fig. 9 Tkv.) ansetzt und zum Seitenrande der Trichtergrube (Fig. 5 Tg.) heraufzieht, also wohl den Adductoren des Trichters zuzurechnen ist. Seine Stärke ersieht man aus der Fig. 9 (bei Tkv.), wo er auf der rechten Seite unversehrt, auf der Unken wegpräpariert zu denken ist. Übrigens beschreibt Brock (1880, S. 200) diesen selben Muskel, wie ich annehme, als Ommatostrephes eigentümlich. Ihn also innervieren unter mehrfacher Aufteilung die erwähnten beiden Nerven; bei Stenoteuthis wurden einmal auch drei beobachtet (siehe Fig. 9 ram.lat. n.infd.ant.). Kurz unterhalb der eben beschriebenen bandförmigen Rami late- rales gibt der große Trichternerv von seinem Hinterrande einen rund- lichen, ziemHch schwachen Nerven (s. Fig. 9 linke Seite) ab. Zwischen ihm und dem Hauptstamm verläuft ein größeres Blutgefäß zum Trichter. Der schwächere Ast entsendet schräg nach hinten mehrere Zweige, die sich auf der Mitte der seitlichen Trichterwand, also zwischen den 21* 324 Karl Richter, Verzweigungen des Haupttrichternerven und denen des noch (S. 364) zu schildernden N. infundibuli posterior, verteilen (vgl. Fig. 9). Der Hauptstamm des N. infundibuli anterior dringt hinter der Ansatzstelle des Musculus adductor infundibuli superior oberfläch- lich in die Trichterwandung ein und teilt sich sogleich in zwei starke Nerven d. Tkl , dorsale Tw. I durchschnitten I ram. coli Flg. 9. Dorsalfläche des Trichters von Stenoteuthis Bartrami mit Nerven, insbesondere auch denen der Trichterklaijpe. Vergr. etwa 2 : 1. Äste, die sich wiederum gabeln. So verstreichen bei allen drei Formen auf der vorderen seitlichen Trichterwand drei bis vier ansehnliche Nervenäste, die ein jeder zahlreiche Zweige abgeben und viele Anasto- mosen miteinander bilden. Das ergibt ein richtiges Nervengeflecht, das mit seinen Ausläufern auch die vordersten ventralen und dorsalen Teile der Trichterwandung versorgt, welch letztere sich bei den kon- Das Nervensystem der Oegopsiden. 325 servierten Exemplaren, insbesondere von Illex, immer kuppenartig nach unten (ventral) gebogen zeigten (Fig. 5 T.). Nicht innerviert wird von diesem Geflecht des Haupttrichter- nerven die Trichterklappe, die bei allen drei Formen in der (vorderen) Trichteröffnung stets deutlich zu sehen ist. Ihre Innervierung über- nimmt der N. infundibuli medianus, dessen Beschreibung unten (S. 325) folgt. Appellöf kommt auf eine Innervation des Trichters gar nicht zu sprechen. Hancock und Posselt erwähnen lediglich den Ursprung des Trichternerven aus dem Pedalganglion und seine strahlenförmige Ausbreitung auf dem Trichter. Stark abweichende Verhältnisse, die zum Teil bedingt sind durch die außergewöhnliche Streckung des Halsabschnittes dieser Species, zeigt Chiroteuthis imferator. Der Trichter, der bei unsern Formen mit der Mitte seiner Dorsalfläche etwa gerade unter dem G. pedale liegt (Fig. 14), kommt infolgedessen bei Chiroteuthis bedeutend weiter nach hinten zu liegen. So läuft denn auch der Trichternerv nicht in leichtem Bogen nach vorn (vgl. meine Fig. 9, 14 u. Taf. IV), sondern gerade umgekehrt nach hinten (Chun 1910, Taf. XLI, Fig. 5 n.inf.). Den bei Chiroteuthis vorhandenen »stärkeren Ast zur ventralen Kopf- pfeilermuskulatur« kann man vielleicht unserm vordersten Rarnus lateralis nervi infundibuli anterioris gleichsetzen. Chun findet außer- dem an den Blindsack der Vena cava und an den M. adductor infundi- buH herantretende Äste des Trichternerven, ferner einen rückläufigen Ast, welcher die Schenkel der Vena cava und einen andern, welcher die Vena cava selber innerviert. Endlich wird hier auch der M. collaris vom Trichternerven aus versorgt. Man sieht, daß der N. infundibuli von Chiroteuthis außerordentlich »vielseitig« ist. Es liegt der Gedanke nahe, daß er — ich habe da vor allem die Innervierung der Vena cava im Auge — den hier fehlenden N. infundibuli posterior mit vertritt. Ganz im Gegensatz zu Chiroteuthis müssen wir das Verhalten von Sefia bezüglich des N. infundibuli anterior als im großen und ganzen mit demjenigen unsrer Formen übereinstimmend bezeichnen. 8. Nervus infundibuli medianus. Der mittlere Trichternerv (Fig. 9 u. Taf. IV n.infd.med.) entspringt, wie schon sein Name andeuten soll, mitten zwischen den beiden Haupt- trichternerven von der hinteren Ventralfläche des Ganglion pedale als ein unpaarer Strang. Er beschreibt von seiner Wurzel aus, all- mählich an Stärke zunehmend, einen leichten Bogen nach vorn, um 326 Karl Richter, dann gerade nach unten zur dorsalen Trichterwand zu ziehen. Hier erfolgt bei allen drei Formen Aufteilung in fünf Zweige (Fig. 9 n.infd.med.). Zwei sehr feine kurze Fäden gehen nach hinten in einen auf der Mitte der dorsalen Trichterwand verstreichenden Muskelzug, der sich rückwärts auch noch unter der Vena cava hinzieht. Zwei andre, stärkere Fäden, die am weitesten bei Illex verfolgt werden konnten, verlieren sich nach vorn zu in demselben muskulösen Zuge, der sich hier ver- breitert und schUeßhch in die breite dorsale vorderste Trichterwandung übergeht, auf deren bei den konservierten Exemplaren kuppenartige Wölbung schon hingewiesen wurde (Fig. 5 T.). Endlich durchsetzt der fünfte Zweig des N. infundibuli medianus, der mittelste und stärkste zugleich, unverzweigt den erwähnten musku- lösen Zug und dringt in die Trichterklappe ein. Darin verstreicht er, bei Ommatostrephes und Stenoteuthis unter sofortiger Zweiteilung (vgl. Flg. 9), nach vorn und bildet hier, auf der vordersten mittleren Dorsal- fläche der Trichterklappe, ein sehr feines Nervengeflecht. Ein eben solches bewirkt auf den seitlichen Teilen der Trichterklappe ein vorhin absichtüch unerwähnt gebliebener feiner Faden des großen oder vor- deren Trichternerven. Dieser Faden geht da, wo der schon mehrfach erwähnte M. adductor infundibuli superior am Trichter ansetzt (vgl. Fig. 14), vom N. infundibuli anterior ab. Er verstreicht unter der Muskelansatzstelle hin nach vorn zur Trichterklappe, ohne daß jemals eine Innervierung dieses Muskels beobachtet werden konnte; Chun (1910, S. 270; Taf. XLI, Fig. 9) findet ihn durch einen Ast mittlerer Stärke vom Haupttrichternerven her innerviert. Bei Stenoteuthis wurde linksseitig sogar eine Zweiteilung des seithchen Trichterklappen- nerven festgestellt, die sich in Fig. 9 und Taf. IV auch eingezeichnet findet. Trotz sorgfältigster Präparation war ein seitUcher Nerv der Trichterklappe bei Illex nicht nachzuweisen. So weit ich sehe, ist bisher eine Innervation der Trichterklappe noch nicht angegeben worden. 9. Nervus ophthalmicus inferior. Dieser Nerv (Fig. 8 u. Taf. IV n.ophth.inf.), bei dessen Benennung ich mich an Hillig (1912, S, 780) anschließe, zweigt von der Außenseite des großen oder vorderen Trichternerven ab (Fig. 14; 9 u. Taf. IV n.infd.ant.), kurz nachdem dieser mächtige Nervenstamm den Schädelknorpel durch- setzt hat. Als ausgesprochen rundlicher Nerv zieht er direkt nach außen durch die knorpelige Orbitawaud hindurch, um sich dann als Das Nervensystem der Oegopsiden. 327 breit bandförmiger Nerv ihrer ventralen Innenfläche eng anzulegen. So läuft er nach unten und außen ungeteilt bis zum Innenrande des vom N. oculomotorius posterior innervierten und vom N. olfactorius durchsetz- ten hinteren ventralen Augenmuskels; hier verbreitert er sich und teilt sich zugleich in zwei Bänder, die unter dem Augenmuskel hinweg- streichen. Das vordere, zunächst immer besonders breite Band (s. Fig. 8) verschmälert sich bei seinem weiteren Verlaufe schräg nach vorn allmäh- Uch wieder, um schließlich als vollkommen rundlicher Nerv, als welcher ja der N. ophthalmicus inferior von innen her schon in die Orbita einge- treten war, den Orbitaknorpel nahe seinem Außenrande nach außen wie- der zu durchsetzen. Unter Abgabe feinerer Fäden verliert er sich in der muskulösen Orbitawand nach dem ventralen Augenlidrande zu. Etwas weiter hinten, schon im Bereiche der vorderen Halsring- falte (Fig. 5, 17 R.i) oder »Kingkante«, wie sie Pfeffer (1912) treffend bezeichnet — sie zeigt einen dreieckigen Querschnitt (Fig. 8 R.), auf dem eine Art Gewebebälkchen (in der Figur durch Strichelung an- gedeutet) auffallen, die an die Spongiosa des Wirbeltierknochens er- innern — verbreiten sich die Ausläufer des hinteren Bandes des N. ophthalmicus inferior. Dieses durchbricht übrigens nicht, wie das vordere, nochmals den Orbitalknorpel, sondern legt sich einfach über seinen Außenrand hinweg, wobei es genau wie das andre statt der vorher bandförmigen eine rundliche Gestalt angenommen hat. Beim ferneren Verlaufe des hinteren Astes des N. ophthalmicus inferior in der muskulösen Orbitawand tritt bei Ommatostrephes und Stenoteuthis, nicht aber bei Illex, durchaus konstant nahe dem Knorpelrande eine Gabelung und Wiedervereinigung, also eine Schleifenbildung (Fig. 8 s.) auf. Ich erwähne dies, um auf eine auch sonst noch mehrfach be- obachtete merkwürdige Konstanz solcher, an und für sich entschieden ganz unwesentlicher Einzelheiten im Nervenverlauf bei den verschie- denen Formen aufmerksam zu machen. Wir finden Entsprechendes z. B. bei einzelnen Zweigen des N. visceralis (vgl. S. 337). Was frühere Befunde über einen N. ophthalmicus inferior betrifft, so sei zunächst daran erinnert, daß wir beim N. olfactorius bereits auf eine Angabe Posselts zu sprechen kamen (S. 313), aus der ich schließen zu können glaubte, daß Posselt beide Aste unseres N. oph- talmicus inferior beobachtet hat. Im übrigen kommen hier nur noch Chun und Hillig in Betracht. Letzterer beschreibt bei Sepia einen N. ophthalmicus inferior posterior (S. 780), der zweifellos dem N. ophthalmicus inferior der vorliegenden drei Formen gleichzusetzen ist. HiLLiGs Vermutung (S. 781), daß der von Chun für Chiroteuthis (S. 270) 328 Karl Richter, beschriebene N. infraorbitalis seinem N. ophthalmicus inferior posterior entspricht, damit also mit dem von mir festgestellten N. ophthalmicus inferior identisch ist, kann ich durchaus beipf hebten . Der N. ophthalmicus inferior unsrer Formen und der von Chiro- teuthis Imperator entsprechen sich also nicht. Bezüglich des letzteren wurde schon weiter vorn (S. 320) die Ansicht vertreten, daß er dem vorderen breiten Baude des N. oculomotorius anterior der hier unter- suchten Formen gleichzusetzen sei. 10. Nervi statici. Die beiden >> Gehörnerven << (Fig. 14; Taf. IV n.stat.) entspringen kurz hinter dem großen oder vorderen Trichternerven (n.infd.ant.), nur etwas höher als dieser, von der schrägen Hinterfläche des G. pedale. Chun spricht (S. 271) von nur einem statischen Nerven, der sich aber gleich bei seinem Austritt in zwei Äste gabelt. Bei den hier unter- suchten drei Formen handelt es sich durchgängig um zwei getrennt entspringende statische Nerven. Ein äußerer mehr bandförmiger ver- streicht zur seitlichen Außenfläche des statischen Organs, wie das Chun von seinem hinteren N. staticus-Ast {n.stat.') beschreibt. Ein innerer, ausgesprochen rundlicher Nerv geht zur Vorderfläche, würde also dem kleineren vorderen Staticus-Ast {n.stat.) von Chiroteuthis ent- sprechen. Dieser rundliche, sehr unansehnliche N. staticus ist außer- ordenthch kurz und reißt auch bei sorgfältigster Präparation fast regelmäßig durch, weshalb ihn wahrscheinlich auch Hancock über- sehen hat. Seine Wurzel im PedalgangHon ist dann allerdings meist noch als stummeiförmiger Rest deutlich zu erkennen. Hancock erwähnt und zeichnet also nur einen »Gehörnerven« (S. 3; pl. I, fig. 2, 3/). Posselt dagegen spricht (S. 3^8) von »zwei kurzen Nerven, die sich den Weg bahnen in den obersten und innersten spitzen Winkel des Gehörsackes, der vom Otolithen erfüllt ist«. Appellöf bringt nichts auf das statische Organ Bezüghches. Für Sepia wird von Hillig (S. 780) angegeben ein N. cristae staticae, der mehr nach außen und hinten geht, also unserm breiteren, äußeren statischen Nerven entsprechen dürfte, und ein N. maculae staticae, der offenbar mit dem oben verzeichneten kleinen rundlichen N. staticus meiner drei Formen identisch ist. 11. Nervi retractoris capitis lateralis. Diese Nerven (Fig. 8 u. Taf. TVn.retr.cap.lat.) entspringen vom seit- Hchen Hinterrande des G. pedale. Man ist leicht versucht ihren Ursprung vom seitlichen Vorderrande des G. viscerale anzunehmen ; indessen läßt Das Nervensystem der Oegopsiden. 329 sich dieses Ganglion vom Pedalganglion loslösen — bei unvorsichtigem Präparieren geschieht dies mitunter ganz unbeabsichtigt — , ohne daß sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen würden ; sie wurzeln eben durch- aus im G. pedale. Bei Illex sind gewöhnlich nur drei, bei Ommatostrephes und Steno- teuthis bis zu fünf mehr oder minder bandartige Nerven des seitlichen Kopfrückziehmuskels zu unterscheiden. Sie durchsetzen fast je in einem besonderen Kanal ungefähr parallel zum Seitenrande des Visce- ralganglions nach hinten den dicken Schädelknorpel, um dann sofort in die Masse des Musculus retractor capitis lateralis einzutreten. In diesem Muskel, den wir etwas dorsaler bereits von Zweigen des N. postorbitalis versorgt fanden (vgl. S. 317), verlieren sie sich nach kurzem Verlaufe unter einigen Verzweigungen. Besondere Erwähnung verdient nun noch ein Nervenast, der mit den eben beschriebenen gemeinsam, und zwar als der unterste der ganzen Gruppe, im Pedalganglion wurzelt. Er hält zunächst eine ganz kurze Strecke die Eichtung der übrigen ein, biegt aber dann noch innerhalb des Schädelknorpels, eine deutlich rundliche Form annehmend, nach außen ab, um durch den Knorpel in die Orbita einzudringen. Hier angelangt, wird er unvermittelt breit bandförmig und verstreicht nun ebenso wie die bereits besprochenen andern Orbitanerven, der Innen- fläche der knorpeligen Orbitawand, und zwar der hinteren, dicht angelegt, ungefähr horizontal nach außen. Hierbei gabelt sich dieser Orbita- zweig bei Ommatostrephes und Stenoteuthis, bei Illex hingegen bleibt er stets unverzweigt. Bei einem einzigen Ommatostrephes-^xermplav wurde er gleichfalls unverzweigt, aber nur linksseitig, vorgefunden; auf der rechten Seite war die normale Gabelung vorhanden. Am Knorpelrande tritt Aufteilung ein, in der Hauptsache an die muskulöse hintere seitliche Orbitawand, zum Teil vermutlich auch an Mem- branen des Bulbus, die hier an der Orbitawandung ihren Ansatz finden. Der Name des geschilderten Orbitalzweiges wurde beim N. olfactorius (S. 313) nebenher schon erwähnt, es ist der Ramus orbitalis nervorum rectractoris capitis lateralis (Fig. 8 u. Taf. IV mm.orb.n.retr.cap.lat.). In der Literatur findet er sich noch nirgends verzeichnet, wenn man von der ganz unsicheren Angabe Posselts (vgl. S. 313 meines Textes) absieht. Auch Nerven an den seitlichen Kopfretractor werden außer von Hillig i, auf dessen Befunde wir gleich noch einen Bhck 1 und Williams (1909), der bei Loligo pealii einen entsprechenden Nerven, auf den auch Hillig (S. 777) aufmerksam macht, »to the nuchal and cephalic retractors« einzeichnet (Williams S. 69; Textfig. 15, Nr. 11). 330 Karl Richter, werfen wollen, von früheren Autoren nicht beschrieben. Der Grund hierfür liegt sicherlich zu einem guten Teil in der Schwierigkeit ihrer Freilegung. Ich selber habe diese doch gar nicht so unbeträchtlichen Nerven anfangs überhaupt nicht bemerkt, sie wurden offenbar bei zu hastigem Präparieren gewöhnlich mit dem Knorpel samt der daran ansetzenden starken Muskulatur entfernt; der Orbitazweig im beson- deren wird bei Herausnahme des Bulbus nur zu leicht mit abgerissen oder doch beschädigt. Hillig beschreibt einen vorderen und einen hinteren Nerven an den Kopfretractor. Die Darstellung, die er vom N. retractoris capitis anterior gibt (S. 776; ¥ig. 7,8,9 n.retr.cap.ant.), läßt mit aller Sicher- heit den Schluß zu, daß dieser Nerv mit unserm Retractornerven iden- tisch ist. Er wurzelt bei Sepia im G. viscerale, während der Ursprung des erwähnten Nerven von Loligo Pealii gerade auf der Grenze zwischen Pedal- und Visceralganglion eingezeichnet wird. Hillig erwähnt übrigens noch einen Nebenast des N. retractoris capitis anterior, über den er sich nicht näher ausläßt; ein Zweig in die Orbita ist es jeden- falls nicht. Um auf unsern Ramus orbitalis nervorum retractoris capitis lateralis nochmals zurückzukommen, so haben wir mit ihm den letzten der fünf Nerven kennen gelernt, die ganz oder teilweise auf der Ventral- fläche der Orbita verstreichen. Bei vorsichtigem Herauspräparieren des Augenbulbus samt G. opticum und weißem Körper kann man sie sehr schön zur Anschauung bringen. Es sind dies also, um es noch- mals kurz zusammenzufassen, in der Reihenfolge von vorn nach hinten folgende in der Haviptsache parallel zueinander laufende Nerven, wie sie sämtlich meine Fig. 8 wiedergibt: N. oculomotorius anterior (n.oculom.ant.), N. ophthalmicus inferior {n.ophth.inf.), N. oculomotorius posterior {n.oculom.post.), N. olfactorius {n.olf.), Ramus orbitalis nervorum retractoris capitis lateraüs {ram.orb.n.retr.cap.lat.). Nerven des Ganglion viscerale. 12. Nervus visceralis. Der Eingeweidenerv (Fig. 1, 10, 11 u. Taf. IV n.visc.) entspringt von der Mitte des ventralen Hinterrandes des G. viscerale als ein unpaarer, dorsoventral etwas zusammengedrückter Nerv. Zum Durchtritt durch- den Schädelknorpel benutzt er die weite kreisförmige Öffnung, die in Das Nervensystem der Oegopsiden. 331 erster Linie für die das Hirn durchsetzenden Organe bestimmt ist. Er verstreicht, besonders deutlich bei lllex (Fig. 1 n.visc), zunächst an der Hinterwand des Statocystenknorpels {Kst.) nach unten und weiter in einer Furche zwischen den vordersten ventralen Zipfeln der Leber hindurch schräg abwärts, um in geringem Abstände und dorsal von der Vena cava nach hinten zu laufen bis zu seiner Gabelung kurz vor dem After. Ein unpaarer Ursprung des N. visceralis wird von der Mehrzahl der in Betracht kommenden Autoren beobachtet, denen hier zum ersten Male auch der in der Literaturbesprechung (S, 291) mit ange- führte Carlson (1905) zuzurechnen ist. Wenn Hancock hervorhebt, daß dieser eine Stamm deutlich aus zwei Strängen zusammengesetzt sei, so kann ich bemerken, daß ich ebenfalls Andeutung einer Spaltung schon kurz nach dem Ursprünge beobachtet habe; ja bei einem Z^Zeic-Exemplar entsprangen vom G. viscerale zwei völlig getrennte Nervi viscerales, die sich allerdings bald, wenn auch nur äußerlich, zu einem Strange verbanden (Fig. 1 n.visc). Dieses Verhalten erinnert stark an Sepia, wo nach Hilligs Darstellung (S. 762; Taf. XXXIII, Fig. 7; Taf. XXXIV, Fig. 9 n.visc.) zwei getrennt entspringende Viscerales sich finden, die sich kurz hinter dem Ganglion nahe aneinander anlegen. Appellöf (1889, S. 18) be- richtet Ähnhches von Veranya. Was die Stärke der N. viscerales anbelangt, so äußert sich darüber eigentlich nur Chun, indem er vermerkt (S. 271), daß sie an Stärke bei Chiroteuthis den Palliales nicht nachstehen (Taf. XLI, Fig. 1, 5). Nach Hancocks Abbildungen (pl. I, fig. 1, 2, 3; pl. II, fig. 1) ist sogar der Pallialis fast schwächer als der Visceralisstamm ; endhch zeichnet Pelseneer bei Ommatostrephes (spec?) (1888, S. 736, Fig. yl / u. A') und bei Ommatostrephes pteropus (1899, PI. XXI, Fig. 183 VII u. IX) den Visceralis deutlich stärker als den Pallialis, Nach meinen Fest- stellungen ist aber der Visceralis stets schwächer als der Pallialis, ein Unterschied, der besonders augenfällig bei Stenoteiithis sich geltend macht. Carlson gibt auf seiner Zeichnung (PI. VII, Fig. 21) dasselbe Stärkeverhältnis beider Nerven an, und bei Sepia ist der Unterschied im gleichen Sinne auch ziemlich scharf ausgeprägt (Hillig, Taf. XXXIII, Fig. 7, 8). Noch vor seiner Gabelung gibt der N. visceralis jederseits einen Nerven ab — bei Stenoteuthis wurden vereinzelt auch zwei auf jeder Seite beobachtet — , die am dorsalen Hinterrande des Trichters schräg nach hinten außen verlaufen und dabei zunächst diesen Teil des Trich- 332 Karl Richter, ters, an den (ventral) die seitlichen Teile der Trichterdrüse angrenzen,' innervieren, weiterhin aber auch nach hinten in die beiden Trichter- depressoren (vgl. Fig. 9 musc.depr.infd.) eintreten. Wir bezeichnen sie daher als Nervi depressoris infundibuli (Fig. 10, 11 u, Taf. IV n.depr.infd.). Diese recht feinen Nervenfäden konnten bei Illex bedeutend weiter als bei den beiden andern Formen in den Depressormuskeln hinab- verfolgt werden. Noch vor ihnen gehen vom N. visceralis, und zwar von seiner Ventralseite aus, zwei feine kurze Zweige nach der dorsalen Wandung der Vena cava. Auf ihr konnte bei Stenoteuthis ein ganzes Büschel feiner Verzweigungen (Fig. 10) festgestellt werden, das die beiden Nervi venae cavae posteriores (Fig. 10, 11 u. Taf. IV 7i.ven.cav.post.), wie wir sie in Übereinstimmung mit Hillig nennen wollen, hier gemeinsam bilden. Die Nervenzweige an die Vena cava sowohl als an die Trichterdepres- soren sind mit ihrer Abzweigung vom Viscerahsstamm nicht leicht unversehrt freizupräparieren wegen des sogenannten Diaphragma- knorpels (vgl. Brock 1880, S. 197), den vor allem die feinen Vena cava- Ästchen durchbrechen müssen, um die Wandung dieses Gefäßes zu erreichen. Hancock gibt als Zweig des N. visceralis vor seiner Gabelung einen Nerven an (S. 10; pl. II, fig. 1 q'), der nach dem Mantel verlaufen soll. Diese Angabe muß zunächst befremden. Wir kommen indes der Sache näher, wenn wir uns erinnern, daß Hancock ein paar Seiten vorher (S. 8) das Wort >)mantle<< in einem ganz bestimmten Sinne gebraucht; er versteht dort darunter die »membrane investing the viscera«, also etwa unsre muskulöse Leberkapsel. Wenn wir diese Deutung an- nehmen und dann Hancocks Abbildung näher beschauen, so kann kaum noch ein Zweifel bestehen, daß seine Zweige q' unsern Nerven an die Trichterdepressoren und die hintere dorsale Trichterwand ent- sprechen; geht doch letztere, wenigstens mittelbar, seitlich über in die muskulöse Leberkapsel (unsrer Auslegung nach = Hancocks >>mantle<<). Wenn Hancock rechtsseitig sogar zwei derartige Zweige vom N. visce- ralis abgehen läßt — der vordere von diesen ist etwas auffällig dünn, (s. rechts auf pl. II, fig. 1 q') — , so kommt das ganz dem von mir erwähnten gelegentlichen Verhalten von Stenoteuthis gleich. Man geht wohl nicht fehl, wenn man die Angabe Posselts (S. 330), daß vom großen Nervenstamm des Visceralis ein paar kleine Nerven zur Leberkapsel abgegeben werden, auf die eben besprochenen Zweige Hancocks deutet. Appellöf enthält sich jeder diesbezüglichen Be- merkung. Das Nervensystem der Oegopsiden. 333 Chun stellt bei Chiroteuthis fest (S. 271), daß die Viscerales »hinter dem Trichterorgan feine Aste zu den Trichterdepressoren << abgeben; Äste an die Vena cava vom N. visceralis aus hat er ebensowenig wie die vorhergehenden Autoren nachgewiesen, abgesehen von Carlson (1905). Er findet zum ersten Male eine solche vom Eingeweidenerven aus erfolgende Innervation der Vena cava, und zwar gleichzeitig bei Loligo fealii und Ommastrephes iUecebrosa. Es scheint mir daher ge- rechtfertigt, wenn ich nicht nur auf Carlsons Figur (PI. VII, Fig. 21, Nr. 1) verweise, sondern seine Schilderung, die er zugleich für Loligo und Ommastrephes gibt, hier im Wortlaut folgen lasse. Carlson schreibt (S. 147): »At this point in their course a small brauch is given off from each nerve ( = N. visceralis, d. V.) to the cephalic vena cava, which lies just ventral to the nerves. The two branches unite into one, which enters the vein, branching out anteriorly and posteriorly in its muscular walls.« Diese Beschreibung für Ommastrephes iUe- cebrosa, die mit Illex illecebrosus synonyme Form, stimmt sonder- barerweise nicht sowohl mit meinen Befunden für Illex, als vielmehr mit denen für Stenoteuthis überein (»branches unite into one<<, vgl. meine Fig. 10 n.ven.cav.post.). Merkwürdig ist auch, daß Carlson, wo er doch diese zarten Fäden an die Vena cava so genau festgestellt hat, auch nicht die geringste Spur eines N. depressoris infundibuli verzeichnet. Hillig hat bei Sepia ganz den unsern entsprechende Zweige an Vena cava und Trichterdepressoren ermittelt. Er ist dem Vorstehenden zufolge natürlich falsch unterrichtet, wenn er seine Nervi venae cavae posteriores als »bis jetzt noch von keinem Autor gesehen« bezeichnet. Dieser Irrtum findet indessen darin seine hinreichende Erklärung und Entschuldigung, daß die ÜARLSONsche Abhandlung ihm (Hillig), wie er selbst im Literaturverzeichnis (S. 794) anmerkt, nicht zugängig war. Wir hatten den N. viscerahs bis in die Nähe seiner Gabelung ver- folgt. Daß diese etwa in Höhe des Afters eintritt, wurde bereits ein- gangs erwähnt. Die beiden Teiläste laufen nur eine kurze Strecke an der Vena cava hin, da teilt sich jeder von beiden wiederum: es werden •die Enddarmzweige abgegeben. Diese umfassen nach oben (richtiger gesagt nach unten = ventral) hin die Vena cava, indem bei Illex stets, bei Ommatostrephes und Stenoteuthis meist der rechte Strang weiter um dieses Gefäßrohr herumgreift als der linke. Beide überkreuzen sich hierauf bei Ommatostrephes und Stenoteuthis und laufen als End- darmstränge weiter. Bei Illex erfolgt an Stelle ihrer Überkreuzung eine Vereinigung zu einem unpaaren Strang, der sich dann seiner- 334 Karl Richter, seits wieder in die endgültigen Enddarmstränge gabelt. Diese wollen wir von den Visceralis-Hauptsträngen als Nervi recti (Fig. 10, 11 n.rect.) unterscheiden. Durch die Überkreuzung bzw. Vereinigung zu einem unpaaren Strang kommt auf der Ventralseite der Vena cava ein nach oben (dorsal) offener Nervenring zustande, der als vordere Visceral- commissur bezeichnet wird {c.vise.ant.). An der Stelle der Überkreu- zung der Enddarmstränge bzw. bei lUex der Gabelung des links seit- lich von der vorderen Visceralcommissur abgehenden unpaaren Stranges und noch kurz darauf von den Enddarmsträngen selber aus werden Fäden ans Rectum, und zwar nach den Enddarm- oder Analzipfeln und auch nach hinten zu, sowie an den Tintenbeutelausführgang ab- gegeben. Der eigentliche Tintenbeutelnerv = Nervus atramenti (n.atr.) wurde immer vom linken Enddarmstrang oder Nervus recti abgehend gefunden. Er liegt außerordentlich fest der Wandung des Tinten- beutels an und nur in einigen Fällen (bei Ommatostrephes und Steno- teuthis) gelang es daher, ihn bis auf etwa zwei Drittel der Länge des Tintenbeutels nach hinten zu verfolgen. Die beiden Enddarmstränge (n.rect.) zeigen anfangs eine Ver- breiterung, die beim rechten besonders auffällig ist und fast stets mit einer Art Schleifenbildung (s.) zusammen auftritt. Sie laufen dann aber als ziemlich schmale Fäden, der rechte gewöhnhch etwas stärker als der linke, zuseiten des Enddarmes, gerade auf der Grenze zwischen diesem und dem Tintenbeutel, nach hinten. Dabei geben sie mehr- fach Fäden ans Rectum ab, ohne daß aber, wie Hancock es abbildet, ein wirkliches Geflecht darauf zu beobachten gewesen wäre. Da, wo das Rectum, oder nunmehr schon der Mitteldarm, dorsal nach dem Magen abbiegt, also etwa in Höhe der Kiemenwurzel, verlassen die beiden Nervenzweige (n.rect.) das Darmrohr, um ganz oberflächUch in der Eingeweidemembran weiter zu laufen und sich bald zu einem unpaaren Strang zu vereinigen. Vor und nach dieser Vereinigung zeigen sie eine, insbesondere bei Stenoteuthis auffäUige Neigung zur Schleifenbildung. So verlaufen sie auf der Membran des Eingeweide- sackes in der ventralen Mittellinie über die Harnsäcke (ventral) hinweg nach hinten. Dicht vor der Vena pallialis erfolgt bei allen drei Formen* Aviederum Gabelung des unpaaren Stranges. Bei einem Illex-FixemplaT, seltsamerweise aber auch nur bei diesem einzigen, konnte deuthch von der Gabelungsstelle aus ein Zweig an die Vena palliaHs beobachtet werden. Hinter diesem Gefäß verlieren sich die ursprünglichen >)End- darm «-Zweige unter mehr oder minder reicher Aufteilung in den Hüllen des Eingeweidesackes nach dem Körperhinterende zu. Das Nervensystem der Oegopsiden. 335 Hancock hat eine vordere Visceraliscommissur noch nicht nach- gewiesen. In seiner Zeichnung (pl. II, fig. 1 r) gehen die Enddarmzweige nur vom Hnken N. visceralis ab und bilden sofort ein kleines Ganglion (s). Ich habe ein solches niemals beobachten können. Vielleicht darf man ihm die Verbreiterung und Schleifenbildung gleichsetzen, die ich oben (S. 334) für den rechten N. recti anführte (Fig. 10, 11 s.). Verfolgt hat Hancock die Enddarmäste nur bis in Höhe der Kiemenwurzeln, PossELTs Angaben über das viscerale System gehen in keiner Weise über die Beobachtungen von Hancock hinaus. Appellöf gibt in seinen beiden Arbeiten eine recht ansprechende Darstellung. Bei Veranya (1889) sowohl als bei CJiaunoteuthis (1890) hat er eine vordere Visceralcommissur gefunden. Bei ersterer Form zeichnet er (Fig. 22 c^) die bloße Commissur, ohne jede Abgabe von Ästen an Enddarm oder Tintenbeutel. Bei CJiaunoteuthis aber hat er von der Commissur aus einen Nerven (PI. IV, Fig. 16a) nach hinten bis auf die Wand der Harnsäcke und in die Nähe der Nidamentaldrüsen verfolgt. Zweifellos handelt es sich hier um einen Nervenast, der einem unsrer Nervi recti entspricht. Weiss (1888) gibt eine Abbildung von Chiroteuthis Ver. (Taf. VIII, Fig. 5), auf der man deutlich von den beiden Viscerales {b.v.n.) je einen Strang abzweigen sieht. Die beiden treffen ventral auf der Vena cava zusammen und laufen, ohne sich zu überkreuzen oder einen unpaaren Strang zu bilden, dicht nebeneinander her, bis sie den Enddarm ein Stück hinter dem After erreichen. Hier treten sie wieder auseinander und man sieht sie sich schräg nach außen hinten verlieren, jederseits über ein als »accessory nidamental gland« bezeichnetes Organ hinweg. Im Text kann man leider nur einen kurzen Hinweis auf die Zeichnung ausfindig machen (S. 78). Aufmerksam machen möchte ich bei dieser Gelegenheit auf die merkwürdigen >>Stellate organs«, die Weiss bei Doratopsis vennicularis als den Visceralsträngen in der Halsregion auf- liegend darstellt (1888, S. 81; Taf. IX, Fig. 2 stell.org.; Fig. 6 st.org.). Carlson (1905, S. 106; PI. VII, Fig. 21) zeichnet bei Ommastrephes illecehrosa als vordere Visceralcommissur einen sehr kurzen und dünnen Verbindungszweig zwischen den Hauptsträngen der Viscerales, von dem aus zwei kurze feine Fäden nach hinten verstreichen. Diese bezeichnet er leider nicht, indessen bildet er für Loligo pealii ganz entsprechende Zweige ab und nennt sie (Nr. 3) »nerv es to rectum and duct qf the ink gland«. Dazu kommt bei Loligo ein dritter, bei Ommastrephes nicht eingezeichneter längerer feiner Faden, ein »nerve to the viscero- pericardial envelop« (Nr. 2). 336 Karl Richter, Chun stellt die vordere Visceralcommissiir von Chiroteuihis (S. 271 ; Taf. XLI, Fig. 1 c.visc.a.) ähnlich dar, wie ich sie für lUex beschrieben habe (S. 334; Fig. 11 c.visc.ant.). Seine zwei Stränge {n.atr.), »welche in geschlängeltem Verlauf auf dem Tintenbeutel zwischen Leuchtorgan und Enddarm verstreichen«, kann man kaum als meinen Enddarm- zweigen entsprechend ansehen. Diesen, so scheint es, kann man auch bei Sepia keinen der Nerven gleichsetzen, die von der hier gleichfalls vorhandenen vorderen Visceralcommissur ausgehen. Denn die äußeren Äste der Tintenbeutelnerven (Hillig, Taf. XXXIV, Fig. 9 r.ext.), die dafür am ehesten in Betracht kämen, sind von Hillig ausdrücklich als Nerven der Tintendrüse angeführt (S. 765). Nach Abgabe der vorderen Visceralcommissur (Fig. 10, 11 c.visc. ant.) und damit der Enddarmnerven {n.rect.) laufen die beiden Visceralis- hauptstränge {n.visc.) weiter an der Vena cava hinab, deren Wandung sie beiderseits anliegen. Sie sind bedeutend stärker als die Stränge des Enddarms. Bei Ommatostrephes und Stenoteuthis sind sie oft auch untereinander verschieden; gewöhnlich ist dann der linke stärker als der rechte, bei einem Stenoteuthis-^xemplav war dieses Stärke- verhältnis etwa 3:1. Bei Illex ist dagegen kaum ein Stärkeunter- schied bei den Visceralissträngen vorhanden. Der weitere Verlauf der N. viscerales gestaltet sich bei Ommato- strephes und Stenoteuthis einerseits und bei Illex anderseits so ver- schieden, daß eine getrennte Beschreibung angezeigt erscheint. Was zunächst OmmatostrepJies und Stenoteuthis anbelangt, so herrscht zwischen ihnen bezüglich des Eingeweidenerven- systems völlige Übereinstimmung. Etwa an der Stelle des Überganges der Vena cava in die Harnsäcke zeigen die Viscerales eine Überkreuzung. Sie hat infolge des Umstandes, daß die Faserzüge vom linken und rechten Visceralstamm aus breit ansetzen, um nach der Mitte hin zu konvergieren, eine annähernd sanduhrförmige Gestalt. Wir bezeichnen sie als Commissura visceralis posterior (Fig. 10 c.visc.post.). Ein Stück oberhalb dieser hinteren Commissur mündet in den rechten Visceralis der Verbindungsstrang zwischen Magenganglion und visceralem System. die Commissura viscero-gastrica {c.visc. gastr.), ein, von der erst beim Magenganghon (S. 388 u. 392) ausführlich die Rede sein soll. Von der hinteren Commissur aus wenden sich die Viscerales schräg nach außen hinten gegen die Wurzel der Kieme hin, in die sie dann eintreten. Wir nennen daher diese Nervenstämme von der hinteren Visceral- Das Nervensystem der Oegopsiden. 337 commissur an zweckmäßiger Nervi branchiales {n.branch.). Um ihren Verlauf noch näher zu kennzeichnen, sei bemerkt, daß sie in der Mem- bran des Eingeweidesackes stets dicht am Außenrande der Nieren- öffnung vorbei verstreichen. Dabei ist der linke N. branchialis länger als der rechte, da ersterer im Bogen dorsal unter dem Mitteldarm hin- weg und ventral über den hinteren Abschnitt des Tintenbeutels hin seinen Weg nehmen muß. Was nun die von den beiden Branchialsträngen abgehenden Äste anbelangt, so ist zunächst ein unpaarer Zweig, der Herznerv — Nervus cordis {n.cord.) zu erwähnen, der wenig unterhalb der hinteren Visceral- commissur vom linken N. branchialis abgeht. Er verläuft in leichtem Bogen unverzweigt durch die Harnsäcke hindurch in die Tiefe, um ventral in die Herzventrikelwand einzutreten, in deren Muskulatur er ein Stück weit verfolgt werden konnte. Dies ist der einzige unpaare Nerv; die weiterhin als Aste der beiden N. branchiales zu nennenden Nerven sind alle sowohl links- wie rechtsseitig vorhanden. Eine Bemerkung mag hier Platz finden. Es wurden von Ommato- strefhes und Stenoteuthis in der Hauptsache weibliche Exemplare, darunter verschiedene geschlechtsunreife, präpariert. Bei den männ- lichen Exemplaren, die zur Verfügung standen, war leider gerade der Geschlechtsapparat zu anderweitiger Untersuchung herausgenommen. Von Illex war genügend Material zur eingehenden Untersuchung des männlichen wie weiblichen Eingeweidenervensystems vorhanden. Es fanden sich zwischen beiden denn auch Unterschiede, wie sie nachher bei Illex genau dargelegt werden sollen. Vermutlich ist ein Unterschied zwischen dem männlichen und weiblichen System des N. visceralis auch bei Ommatostrephes und Stenoteuthis vorhanden. Aus den oben angeführten Gründen kann aber hier nur das weibliche System dieser beiden Formen beschrieben werden. Kurz bevor der Branchialstrang über der Herzvorkammer (hv.) dorsal hinweg verstreicht, entsendet er von seinem Innenrande einen ansehnlichen Zweig an die Nidamentaldrüsen. Typisch für diesen fast bandförmigen Nerven, dessen Name sich als Nervus glandis nida- mentahs (Fig. 10 n.gl.nid.) ohne weiteres ergibt, ist eine deutliche Schleifenbildung bald nach seinem Ursprünge. Sie wurde bei keinem der zahlreichen untersuchten Exemplare vermißt. Im übrigen verstreicht dieser Nerv ventral über die Herzvorkammer (hv.) bzw. Kiemenvene {ven.hr anch.) hinweg in der Membran des Eingeweidesackes nach hinten, um unter mehrfacher Aufteilung an den vorderen Außenrand der Nida- mentaldrüse heranzutreten und sich auf ihrer Dorsalfläche zu verlieren. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 22 338 Karl Richter, Das Nervensystem der Oegopsiden. - n.inFdpost g. VI sc n. visc. n.deprinFc/. c.viscant - n. depr inFd n ven cav post. c VISC an f. n. ven brancfi. ri corcf branch dors n corc/. branch. venir g branch n cord branch dors n ven branch. n.cord branch ventr - n ovid. n gl nid. arl pall. \ ^ — gl. ovid. ant post Fig. 10. ÜbersichtsbUd des visceralen Nervensystems von Stenoteuthis Bartrami. Im vorderen Teil sind die Nervenstränge auf eine kurze Strecke gestrichelt gezeichnet, um anzudeuten, daß hier (der Raumersparnis halber) ein Stück ausgelassen ist. Ventralansicht. Vergr. etwa IV2 : 1- _y. yrsc - - n /n/VposA n ce/7 catfposl 339 n brancft' g br-anch - ärt. branch n cotd. branch ventr n cord branch dors c branch. Fig. IL Übersichtsbild des visceralen Nervensystems eines weiblichen Illex illecehrosus. Ventralansicht. Vergr. etwa 1 V» : 1. 22* 340 Karl Richter, In geringem Abstände vom Nidamentaldrüsennerven (n.gl.nid.), nämlich entweder noch (dorsal) unter oder am Hinterrande der Kiemen- vene {ven.hranch.), zweigt vom N. branchiahs mit einfacher oder doppel- ter Wurzel der Nerv zum Eileiter ab. Dieser Nervus oviducti (n.ovid.) ist etwas schwächer als der Nidamentaldrüsennerv. Ähnlich wie dieser zeigt er mitunter Schleifenbildung unter seinen Zweigen (Fig. 10, linker n.ovid.). Sein Verlauf ist wesentlich dorsaler und zwar erfolgt er in der Richtung des Innenrandes des Kiemenherzens (Kh.), aber noch höher (dorsaler), als dieses gelegen ist, gerade nach hinten zur Eileitermündung und Eileiterdrüse. An die Eingeweidemembran gibt der innere Ast dieses Nerven schräg nach hinten innen einen Zweig ab. Dort, wo der BranchiaUsstamm im Bogen nach vorn in die Kieme einbiegt, gibt er einen Zweig an die Kiemenvene und zwei, vereinzelt auch drei, an das Kiemenherz ab. Dieses (Kh.) wird vom Nervus cordis branchialis ventrahs {n.cord. brauch. ventr.) auf der Ventralseite und vom Nervus cordis branchialis dorsaHs (n.cord. brauch. dors.) dorsal gerade an der Austrittsstelle der Kiemenarterie (art.branch.) innerviert. Der Kiemenvenennerv = Nervus venae branchialis {n.veu. brauch.) verstreicht an der Dorsalwand dieses Gefäßes von außen nach innen, also nach der Herzvorkammer (hv.) zu. Dieser Nerv wurde anfangs übersehen. Man muß, wenn man ihn unversehrt so, wie er dorsal an die Vene herantritt, freilegen will, sehr vorsichtig vorgehen, da ihm bei der doch gewöhn- lich von ventral her erfolgenden Präparation schlecht beizukommen ist. Der N. branchialis tritt an der Kiemenwurzel sofort an die Kiemen- arterie heran und bildet ein deutlich ausgeprägtes länglich ovales Kiemenganglion (g.branch.), das vorn allmählich in den bis zur äußer- sten Kiemenspitze verstreichenden eigentlichen Kiemennerven (n. brauch.) übergeht. Ganglion und Nerv versorgen das Atmungsorgan mit zahlreichen feinen Fäden. Es bleibt übrig die Besprechung des visceralen Nervensystems von Illex iUecebrosus. Die beiden Nervi viscerales (Fig. 11 n.visc.) laufen, nachdem sie die Commissura visceralis anterior {c.visc.aut.) gebildet haben, als gleichmäßig starke Stränge zuseiten der Vena cava nach hinten. In derselben Höhe wie bei Ommatostrephes und Steuoteuthis, also wenig oberhalb der Harnsäcke, treten sie miteinander in Verbindung, und zwar geschieht das bei Illex nicht durch ein bloßes Überkreuzen, viel- mehr ist hier eine regelrechte Commissur vorhanden. Diese hintere Visceraliscommissur (cviscpost.) ist bei ihrer Abzweigung jederseits Das Nervensystem der Oegopsiden. 341 vom Visceralisstamm etwas breiter als in der Mitte, wo sie aber immer noch mindestens die halbe Breite der Viscerales zeigt. Der Verlauf der nunmehr als N. branchiales zu bezeichnenden Nervenstämme ist derselbe wie bei den zwei andern Formen, nämlich in der Membran des Eingeweidesackes am Außenrande der Harnsacköffnung vorbei und unter der Kiemenvene (ven.branch.) dorsal hinweg schräg nach außen hinten zur Kiemenwurzel, Das Kiemenganglion (g.hranch.) ist hier oft nur ziemlich undeutlich als leichte Anschwellung des eigent- lichen Kiemennerven {n.hranch'.) entwickelt. Das Kiemenherz (Kh.) wird genau wie bei Ommatostrephes und Stenoteuthis ventral und dorsal innerviert (Fig. 11 n.cord.branch.ventr. und n.cord.branch.dor&.), ebenso ist ein Zweig an die Kiemenvene vorhanden, der sich hier nicht immer selbständig vom N. branchialis abzweigt (Fig. 12 n.ven.hranch.), son- dern von diesem oft gemeinsam mit den Kiemenherznerven abgeht (Fig. 11 n. ven.branch.). Von der hinteren Visceralcommissur selbst, nicht erst von einem der beiden Branchialstränge, entspringt bei Illex der Herz ventrikel- nerv (Fig. 11 n.cord.), und zwar in der Mehrzahl der Fälle mit zwei- facher Wurzel. Bei einfacher Wurzel lag seine Ursprungsstelle auf der Grenze von Commissur und linkem Visceralisstrang (Fig. 12 n.cord.). Die beiden Wurzeln des Herznerven vereinigen sich bald und gehen, wie wir es auch bei den andern Formen sahen, unverzweigt durch die Harnsäcke hindurch, um in die ventrale Muskelwand des Herz Ventrikels (Fig. 11 Hv.) einzutreten. Abweichend von Ommatostrephes und Steno- teuthis sendet nun dieser Nerv einen dünnen Faden auf der Ventrikel- wand und weiter nach hinten (Fig. II, 12, 13 n.cord'.). Er tritt in Verbindung mit zwei Ästen, die jederseits vom N. branchiahs etwa in Höhe des Hinterrandes der Kiemenvene bzw. der Herzvorkammer (Fig. 11 ven.branch. u. hv.) abzweigen, um in der ventralen MittelUnie zusammenzutreffen. Sie stellen somit eine Art Commissur, allerdings eine recht weitläufige, zwischen den beiden Branchialisstämmen dar. Es sei daher dieser Verbindungszweig, der ungefähr senkrecht zum Herzventrikelnerven und seiner Fortsetzung verstreicht, Commissura branchialis benannt (Fig. 11, 12, 13 c.branch.). Sie zeigt nicht selten eine streckenweise Spaltung in zwei Stränge (vgl. Fig. 11, IZ B u. C), wie das übrigens auch für die beiden N. branchiales selbst zu ver- merken ist, indem der rechte oder hnke — bei einem und demselben Exemplar niemals beide zugleich — nahe der hinteren Visceral- commissur eine Strecke weit bisweilen gespalten sind. (Fig. 11 linker n.hranch.). Die Branchialiscommissur wird von der Fortsetzung des 342 Karl Richter, Herznerven {n.cord'.) nie genau in der Mitte erreicht, vielmehr meist etwas rechts seitwärts davon. Von der Branchiahscommissur aus erfolgt die Innervierung des weibhchen Geschlechtsapparates von Illex, indem über der aus dem Herzventrikel (Hv.) austretenden Arteria posterior (art.'post.) nahe bei- einander zwei Aste nach hinten abgegeben werden, die nach kur- zem Verlaufe (dorsal) unter den Nidamentaldrüsen an deren Dorsal- ven branch - ^ n ven branch art branch g branch. n ven branch. n Cord br3nch i/enfr n cora brjnc/y c/ors. c. branch. Fig. 12. Hinterer Teil des visceralen Nervensystems eines männlichen lUex illecebrosus. Vergr. etwa 2:1. fläche einige Äste (Fig. 11 n.gl.nid.) abgehen lassen. Der Hauptast läuft weiter und versorgt mit seinen Verzweigungen die Membran, die sich über die Ovarien hinzieht, und höchstwahrscheinlich auch diese selbst {n.ovar.), ferner den Eileiter {n.ovid.) und insbesondere mit einem ganzen Büschel von Nervenfäden die Eileiterdrüse (Fig. 11 n.gl.ovid.). Es muß erwähnt werden, daß die Nerven des weiblichen, ebenso wie die nachher zu besprechenden des männhchen Geschlechtsapparates bei Illex in den Einzelheiten sehr zu variieren scheinen. So fand sich bei einem weibhchen Exemplar zwischen den von der Branchiahscom- missur abzweigenden Hauptgenitalnerven an der Stelle, wo sie die Das Nervensystem der Oegopsiden. 343 kurzen Zweige an die Nidamentaldrüsen abgeben (n.gl.nid.), eine deut- liche Commissur. Bei einem andern Exemplare war überhaupt nur ein unpaarer, dafür etwas stärkerer Hauptgenitalnerv vorhanden. Er gabelte sich in Höhe des Hinterrandes der Kiemenherzen; jeder der beiden Teilzweige entsandte die kurzen Fäden zur Nidamentaldrüse — /7. branch Fig. 13. Die Nerven des männlichen Gesclilechtsapparates von Illex illecebrosus. Vergr. etwa 2: 1. {n.gl.nid.) und verstrich dann weiterhin auch wieder etwas anders, als in Fig. 11 dargestellt ist, zum Eileiter und zur Eileiterdrüse. Im männlichen Geschlecht von Illex finden wir entsprechend dem nur unpaar, und zwar linksseitig entwickelten Samenausführgang auch den Hauptnerven des Geschlechtsapparates nur einseitig aus- gebildet. Dieser Nervus vasis deferentis (Fig. 12, 13 n.vas.def.), wie wir ihn nennen wollen, geht vom linken N. branchialis ab unmittelbar 344 Karl Richter, hinter der Branchialiscommissur. Diese entsendet übrigens, um das gleich hier einzufügen, gerade über der Wurzel der Arteria posterior zwei Nerven nach hinten, die also den Hauptgeni talästen des weib- lichen Geschlechts entsprechen. Sie machen beim Männchen einen durchaus rückgebildeten Eindruck, insofern sie bedeutend schwächer sind als beim Weibchen und sich, nach kurzem Verlaufe auf dem Gefäß (art.post.), in den umliegenden Membranen ohne jede Verzweigung verHeren (Fig. 12, 13 g.). Eine Innervierung der Arteria posterior wurde dabei weder im männlichen noch im weiblichen Geschlecht festgestellt. Der Nerv des männlichen Leitungsapparates (Fig. 12 n.vas.def.), dessen Ursprung wir bereits kennen, hat zumeist eine ansehnliche Stärke. Er verstreicht in mehreren Windungen dorsal vom linken Kiemenherzen (A7i.) hinweg, wobei er einen Verbindungsstrang von der Branchialiscommissur her erhält, zur Needh Ansehen Tasche (Ndh.). Hier wendet er sich in kurzem Bogen nach vorn und bildet etwa in Höhe des Hinterrandes des ventral darüber gelegenen Kiemenherzens (Kh.) eine leichte Anschw^ellung. Von ihr, die in einigen Fällen einen gangHonären Eindruck erweckte (vgl. Fig. 12), strahlen Fäden verschie- dener Stärke nach vorn und hinten an die Wandung der NEEDHAMschen Tasche aus. Betreffs der schon angedeuteten Variation der Nerven auch des männlichen Geschlechtsapparates sei zunächst angeführt, daß der Hauptnerv {n.vas.def.) und die Branchialiscommissur (cbranch.) nicht immer nebeneinander vom linken N. branchialis entspringen (vgl. Fig. 12, 13 C), sondern gelegentlich auch übereinander (Fig. 13 B). In einem Falle (Fig. 13 A) zweigten beide sogar gemeinsam ab und trennten sich erst nach einer gewissen Strecke voneinander; ein be- sonderer sie verbindender Strang fehlte in diesem Falle, anderswo war er zum Teil doppelt (Fig. 13 B u. C). Der Hauptnerv (n.vas.def.) kann mit zwei Strängen, die ein dünner Faden verbindet, an die NEEDHAMsche Tasche herantreten (Fig. 13 A). Der von der Branchiahscommissur aus auf der Arteria posterior nach hinten laufende Zweig (g.) kann hier ebenso wie im weiblichen Geschlecht unpaar sein ; er entspringt dann mit zwei feinen Wurzeln von der Commissur (vgl. Fig. 13 C), in die übrigens auch die Fortsetzung des Herzventrikelnerven von vorn her in der Mehr- zahl der Fälle zweigeteilt einmündet (Fig. 12, 13 C, n.cord'.). Es bleibt uns übrig, auf die noch nicht erörterten Angaben früherer Autoren einzugehen, die das viscerale Nervensystem der Oegopsiden betreffen. Das Nervensystem der Oegopsiden. 345 Der Verlauf der Nervi viscerales an der Vena cava abwärts wird allenthalben hervorgehoben. Hancock gibt diese Nervenstränge auf seiner Zeichnung (pl. II, fig. 1 1) recht gut wieder, ich erinnere nur an ihren stellenweise geschlängelteu Verlauf, wie er auch auf meiner Fig. 10 (im Gegensatz zu Fig. 11) angedeutet ist. Sonderbar nimmt sich dagegen Hancocks Ganglion der Visceralnerven aus, das er be- schreibt als »large, depressed, irregularly quadrilateral gangHon<< (S. 10; pl. II, fig. Irt). Bereits Brock (1880, S. 230) hat nachgewiesen, daß dieses Nerven- verbindungsstück, das natürlich unsrer hinteren Visceraliscommissur entspricht, keine gangliösen Elemente enthält; >>dagegen«, so schreibt dieser Autor weiter, »findet eine vollkommene Faserkreuzung in der Art statt {Ommastr., Onychoteuth.), daß die Hauptfasermasse des einen Nerven durch die Commissur in den andern übergeht (Fig. 8 E)<<. Die beigegebene Figur, übrigens auf Brooks Tafel (XII) nicht, wie im Text vermerkt, mit 8 E, sondern als Fig. 9 bezeichnet, gibt davon eine gute Anschauung. Ich selbst kann, soweit darüber auf Grund rein makroskopischer Beobachtung ein Urteil zulässig ist, auch nur eine solche Faserkreuzung bei der Commissura visceralis posterior von Ommatostrephes und Stenoteuthis (Fig. 10, 22 c.viscpost.) ver- muten. Beipflichten muß ich Brock ferner, wenn er durch folgende Tatsache, auf die ich mit der Bezeichnung »sanduhrförmige Gestalt« bei Besprechung der hinteren Visceraliscommissur (S. 336) schon hin- wies, die HANCOCKsche Angabe von einem »Ganglion << auf der Vena cava erklärlich findet (1888, S. 230, Anm. 1): »Wo die Commissur vom Nerven abgeht, ist sie allerdings dreieckig verbreitert {Ommastr., Onychoteuth.), wodurch der Anschein eines Ganghons entsteht.« Für Enoploteuthis und Chiroteuthis Ver. erwähnt Brock, daß die Com- missur häufig dieselbe Stärke wie die Nerven erreicht; ich kann ein solches Verhalten für Ommatostrephes und Stenoteuthis bestätigen, bei Stenoteuthis werden die Viscerales in ihrer Stärke von der Commissura visceralis posterior sogar eher noch übertroffen (vgl. Fig. 10, 22). Posselt (S. 330) und Appellöf (1890, S. 11) weisen beide auf den negativen Befund Brooks bezüghch ganglionärer Elemente der hinteren Visceraliscommissur hin, Appellöf kann ihn für Todarodes kraft eigner Untersuchung bestätigen. Er findet auch bei Veranya die Commissur ohne ganglionäre Anschwellungen, außerdem auffallend schräg verlaufend (1889, S. 19; Fig. 22 Cg). Bei Chaunoteuthis ist überhaupt keine eigentliche Commissur vorhanden, die beiden Visce- rales legen sich da einfach auf eine kurze Strecke aneinander, wobei 346 Karl Richter, »ihr Zusammenhang sehr fest ist. Also anstatt«, so heißt es weiter (Appellöf 1890, S. 11), »daß die beiden Hauptstämme, ihren gegen- seitigen Abstand behaltend, nur die die Commissur bildenden Nerven- fasern ausschicken, legen sie sich bei Chaunoteuthis unmittelbar einander an und geben einander gleichzeitig Fasern ab«. Eine Bestätigung Carlsons betreffs der hinteren Visceraliscom- missur (Carlson 1905, PI. VII, Fig. 21 v.c.) bedeuten meine diesbe- züglichen Ausführungen für Illex illecebrosus (S. 340). Der Commissura visceraüs posterior dieser Form (Fig. 11, 12 c.viscpost.) ist diejenige von Chiroteuthis imperator (Chun 1910, S. 271; Taf. XLI, Fig. 1 c.viscp.) durchaus ähnlich. Was weiterhin die von der hinteren Visceraliscommissur abgehen- den Nerven anbelangt, so hat, um das vorwegzunehmen, Brock (1880, S. 230) »Nerven . . . von dieser Commissur niemals entspringen sehen <<. Hancock hat, abgesehen natürlich von den beiden N. branchiales, zwei beschrieben, den Verbindungszweig zum Ganglion gastricum und den Herznerven; beide sind für oegopside Cephalopoden außer von ihm nur noch von Carlson ermittelt worden. Die Verbindung des visce- ralen Systems mit dem Magenganglion soll erst mit letzterem zusammen einer genaueren Würdigung unterzogen werden (S. 388 u. 392). Den Herznerven läßt Hancock (S. 10; pl. II, fig. 1 x) neben dem Herzventrikel auch die beiden Kiemenherzen und die Aorta posterior innervieren. Demgegenüber kann ich nur wiederholen, daß ich bei Ommatostrephes und Stenoteuthis den Nervus cordis (Fig. 10 n.cord.) ausschließlich als Herzventrikelnerven beobachtet habe, zudem nicht von der Commissur selbst, sondern immer erst vom linken N. branchialis abgehend. Carlsons Befund über diesen Nerven (S. 149; PI. VII, Fig. 21, Nr. 2) deckt sich mit dem meinigen für Illex vollkommen bis auf den einen Punkt, daß nämlich Carlson ihn zahlreiche Zweige an die Nierenblutgefäße abgeben läßt, die ich bei aller Aufmerksamkeit niemals habe feststellen können. Im übrigen herrscht, wie gesagt, Übereinstimmung, und zwar bis in Einzelheiten hinein (doppelter Ursprung von der Commissur, etwas seitlich), wie eine Vergleichung der beiden in Betracht kommenden Abbildungen leicht ergibt. Fassen wir nunmehr die Nervi branchiales ins Auge, und zwar zunächst in ihrem Verlaufe von der Commissur zum Kiemenganglion und von da die Kieme aufwärts, so begegnen uns darüber kaum ab- weichende Äußerungen bzw. bildliche Erläuterungen. Eine kleine Ungenauigkeit oder auch ein Versehen darf man vielleicht in Han- COCKS Zeichnung (pl. II, fig. 1) darin erblicken, daß hier der Unke Das Nervensystem der Oegopsiden. 347 >>v<<-Nerv (dorsal gesehen!) kürzer ist als der rechte, während es doch in Wirklichkeit, wie oben (S. 337) dargelegt, umgekehrt sich verhält, da der linke N. branchialis durch Darmrohr und Tintenbeutel zu Um- wegen gezwungen wird. Eine Verwechslung (des linken mit dem rechten Branchialisstamm) anzunehmen liegt hier nahe, da man für gewöhnlich das viscerale Nervensystem ventral freilegt, Hancocks Abbildung aber eine Dorsalansicht davon gibt. Appellöf (1889, S. 19) spricht bei Veranya von einem >>Kiemen- herzganglion « an der Kiemenbasis, womit offenbar unser G. branchiale gemeint ist. Ein eben solches »Kiemenherzganglion << hat er bei Chauno- teuthis (1880, S. 11) trotz genauer makro- und mikroskopischer Prüfung nicht finden können. Größere Mannigfaltigkeit kennzeichnet die Angaben über Äste, die von den N, branchiales ihren Ursprung nehmen. Hancock zeichnet (pl. II, fig. 1) einen Ast vom Innenrande des linken Branchialis kurz hinter dem »ganglion« der Viscerales abgehend, ohne ihn zu benennen oder im Text überhaupt seiner zu gedenken. Man darf ihn vielleicht den Asten gleichsetzen, die bei Chiroteuthis imperator auf der Ventral- wand der Harnsäcke verstreichen und »von denen der vorderste dicht vor der Harnsackpapille verläuft« (Chun 1910, S. 271; Taf. XLI, Fig. 1). Ich habe solche Äste nicht beobachtet. Noch nicht erörtert wurden die Angaben über Nerven an Kiemen- vene, Kiemenherz und Geschlechtsorgane. Hancock (S. 10; pl. II, fig. 1) scheint den Nerven an die Kiemen vene ganz so wie ich bei Om- matostrephes und Stenoteuthis (Fig. 10 n. ven.br mich.) festgestellt zu haben. Die Kiemenherzinnervierung erfolgt nach ihm (S. 10), wie wir sahen (S. 346), vom Herznerven aus (pl. II, fig. 1 x). Endhch der Zweig an die Geschlechtsorgane {w, «'), wie ihn Hancock zeichnet, entspricht, glaube ich, eher meinem Nerven an die Eileiterdrüse und den Eileiter (Fig. 10 n.ovid.) als dem an die Nidamentaldrüse (n.gl.nid.). Appellöf (1890, S. 11) erwähnt lediglich bei Chaunoteuthis »ein Paar feine Äste, welche sich auf dem Kiemenherzen und den Kiemen- gefäßen verästeln«. Chun (1910, S. 271— 72; Taf. XLI, Fig. 1) beschreibt keinen Ast zur Kiemenvene, in das Kiemenherz läßt er einen Ast direkt aus dem Kiemenganglion eintreten (Fig. 8 n.c.hrancJi.). Einen Nerven der Nidamentaldrüse hat Chiroteuthis nicht aufzuweisen, dafür eine vom N. branchiahs aus getrennt erfolgende Innervation von Eileiter und Eileiterdrüse (Fig. 7, 8). Eine bisher nur von Chun für Chiroteuthis imperator nachgewiesene Bildung ist das Ganglion splanchnicum (Fig. 1 348 Karl Richter, g.spl.) mit Verzweigungen an Tintenbeutel und Mtteldarm und Ver- bindungsästen vom N. branchialis her. Auf die erfreuliche Übereinstimmung, die in bezug auf die Inner- vierung des Kiemenherzens, der Kiemenvene bzw. Herzvorkammer und der Geschlechtsorgane zwischen Carlsons Befunden bei Ommastre- phes illecebrosa und den meinigen bei Illex illecebrosus besteht, möchte ich zum Schluß noch etwas eingehen. Es kam hierauf bereits beim Herz- nerven (S. 346) die Rede; dabei wurde schon auf die beiden auch jetzt Fig. 14. Präparat des centralen Nervensystems (linksseitig) von StenoteiUhis Bartrami. Der Augenbulbus ist herausgenommen, der Triciiter mit seiner Innervierung freigelegt. Gut sichtbar sind außer- dem die muskulöse Leberkapsel, der N. pallialis, der linke Trichterknorpel. Am linken Ende der Abbildung hat man sich die Armbasen ansetzend zu denken, deren Konturen durch einen unvermeidlichen technischen Eingriff verwischt worden sind. Phot. Ungefähr natürl. Größe. in Betracht kommenden Zeichnungen verwiesen (Carlson 1905, PI. VII, Fig. 21; meine Fig. 11). Hier wie dort sehen wir Kiemenvenen- und Kiemenherznerven sich gemeinsam, unmittelbar am Innenrande der aus dem Kiemenherzen nach vorn austretenden Kiemenarterie, vom N. branchialis abzweigen. Daneben wird aber auch von Carlson (S. 149) getrennter Ursprung beider beobachtet (vgl. meine Fig. 12 n.ven.branch., n.cord.hranch.ventr., n.cord.hranch.dors.). Ein geringer Unterschied zeigt sich insofern, als Carlson nur einen ventralen Kiemen- Das Nervensystem der Oegopsiden. 349 n.p3//.exf. _ Fig. 15. Die Nervi palliales von Stenoteuthis Bartrami mit Sternganglien und Stellarcominissur. Vergr. etwa 1^/2 : 1. 350 Karl Richter, herznerven einzeichnet (PI. VIII, Fig. 21, Nr. 6), einen dorsalen also nicht feststellt. Der von mir so benannten Commissura branchialis von Illex ille- cehrosus (Fig. 11, 12, 13 c.branch.) entsprechen bei der synonymen Form Carlsons die zwei dünnen Zweige (Nr. 3 u. 4), die als »nerves to geni- talia and osphradium« aufgeführt werden. Ganz w^ie ich es oben für Illex schilderte (S. 342), mündet auch hier die Fortsetzung des Herz- nerven (Caelsons Nr. 7 = »anastomosing brauch between nerve 4 Fig. 16. Präparat der Flosse von Stenotex'liis Bartrami, dorsal gesehen; zeigt die Ausbreitung des Flossen- nerven {n.pinn.) zwischen den beiden Muskellagen der Flosse, außerdem den Eintritt des N. pallia- lis von der Innenseite des Mantels her. Phot. Ungefähr natürl. Größe (Text s. S. 354). and the ventricular nerve«; meine Fig. 11, 12, ISn.cord.') nicht in der Mitte der langgezogenen Branchialiscommissur ein, sondern mehr oder weniger weit nach rechts verschoben. Als Commissur bezeichnet Carlson nur ein ganz winziges Ver- bindungsästchen zwischen Zweig Nr. 3 u. 4, die sich hinter dieser zu einem unpaaren Stamm (Nr. 10) vereinigen. Wenn über den Verlauf des letzteren noch bemerkt wird, daß er ein kleines Stück der Aorta posterior folgt und dann in die Geschlechtsorgane einmündet, so kann man dadurch sowohl an das Verhalten erinnert werden, das ich als Das Nervensystem der Oegopsiden. 351 Besonderheit eines weiblichen /l/ea;-Exemplares mitteilte (S. 343), als auch an dasjenige, welches meine Fig. 13 C (g.) für ein männliches Exem- plar wiedergibt. Über den spezielleren Verlauf des Nervenstamms ram.reun. n - postorb. m. refr. cap. lat ■ ff. ^i^--^.; ram. reun, n.posrorb n.pall. ext. n. palt.in/: — n.postorb. ■ innerciX Blaff der f^ragen ■ äußeres] musku/afur /m. CO//.J — carf. nuch. - - n.pa//. in f. - n.pa//. ext musl>a distinct ganglionic enlargement on the visceral nerves at the point of origin of the nerves to the gill ventricles <<. Von keiner dieser i.pil. bucc-^ — — ^_j^ — -^-z?. brach, j n.pil- öucc.j c. interbrach. ■^ n. tent. '-^ n brach if n.pi/- bucc.^ Fig. 18. Die Armnervenringcommissur und die Nerven der Buccalmembran von Cliiroteuthis imperator, Innenansicht. Vergr. etwa 1^ '3 : 1. (Hierzu Text S. 373 u. 375.) beiden ganglionären Bildungen habe ich je etwas bemerken können. Um so lieber führe ich zum Schluß die übereinstimmende Äußerung Carlsons betreffs eben solcher Bildungen bei der hinteren Visceralis- commissur an. Es heißt da, wie in Ergänzung zu meinen eignen früheren Ausführungen (.8.340): >>In Ommastrephes {= Illex iUecehrosus, d. V.) there is no distinct ganglionic enlargement at the junctions of the commis- sure (= c.viscpost., d. V.) with the visceral nerves.« (Carlson, S. 149.) Endlich sei noch ein kurzer Blick auf Hilligs Darstellung des visceralen Nervensystems von Sepia ofjicinalis gestattet (Hillig 1912, Taf. XXXIV, Fig. 9), so weit dieses nicht schon eingangs (S. 331 ff.) Be- rücksichtigung fand. Das Nervensystem der OegoiJsiden. 353 Die hintere Visceraliscommissur {c.visc.post.) entsendet auch hier einen impaaren Herznerven {n.cord.), außerdem jederseits einen Nerven zur Nidamentaldrüse {n.gl.nid.) und eine Anzahl Zweige an die Nieren- sackwandungen {n.nephr.). Vom linken N. branchialis zweigt kurz hinter der Commissura visceralis posterior ein beträchtlicher Ast an den hier unpaaren, nur hnksseitig vorhandenen Eileiter bzw. das ebenso unpaare Vas deferens ab {n.ovid., n.vas.def.). Endlich werden außer Nerven an Kiemenherz und Kiemenvene (Hillig, S. 771, Textfig. 5 n.cord.hranch., n.vcn.hrancJi.), auch solche an einen unteren und oberen Kiemenmuskel angeführt (die- selbe Textfig. b n.m.branch.inf., n.ni.hranch.sup.). 13. Nervus pallialis. Der Mantelnerv (Fig. l-l; 1, 15, 17u. Taf. IV n.2Jo//.) entspringt von der oberen Hinterecke des G. viscerale als außerordentlich kräftiger, meist rundlicher, zuweilen seitlich etwas zusammengedrückter Nervenstamm. Er benutzt zum Durchtritt durch den Schädelknorpel die große Öff- nung, die, wie erwähnt, auch dem N. visceralis zusammen mit Oeso- phagus, Aorta cephalica und Speicheldrüsengang Durchlaß durch den Knorpel gewährt. Jederseits unter den hinteren Speicheldrüsen hinweg verstreicht der Pallialisstamm sodann auf der dorsal-seitlichen Fläche der Leber, darin eine deutliche Rinne einschneidend, nach hinten, ein wenig nach außen und oben, wobei er sich merklich verbreitert (vgli Fig. 14). Bei Stenoteuthis und Ommatostrephcs, deren Pallialis wir zunächst weiter verfolgen wollen, tritt nun Teilung in einen inneren und äußeren N. pallialis ein (Fig. 15 n.paU.mt. u. ext.). Beide durchsetzen gemein- sam am Hinterrande eines kleinen Knorpelbezirks, des sog. Pallial- knorpels, die Muskelhülle der Leber, die in dieser Gegend bereits mit dem inneren Blatt der Kragenmuskulatur ( = M. collaris) verschmolzen ist, laufen ein Stück zwischen innerem und äußerem Collarisblatt hin und erscheinen schließlich — dorsal gesehen — unter dem in leichtem Bogen verstreichenden Hinterrande des äußeren Collarisblattes (vgl. Fig. 17), um unmittelbar auf die Lmenf lache des Mantels überzutreten. Der innere N. palUalis (Fig. 15 n.pall.int.) tritt sogleich in das läng- lich-ovale Ganglion stellatum {g. stell.) an dessen ventralem Vorderrande ein, um es, und zwar breiter als beim Eintritt in dasselbe, am Hinter- ende wieder zu verlassen. Der äußere N. pallialis (n.pall.ext.), der bei Stenoteuthis und Ommatostrephes zunächst nur wenig breiter als der innere ist, läuft am Außenrande des GangUons entlang, und zwar ventral Zeitschi-ift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 23 354 Karl Richter, Über die Ursprungsstellen der einzelnen vom Ganglion ausstrahlenden Mantelnerveu hinweg; da er sich hierbei zugleich allmählich verbreitert, so ist sein Außenrand in seiner ganzen Erstreckung zwischen den ein- zelnen Mantelnerven von dorsal her hindurch zu sehen (vgl. Fig. 15). In der Höhe des Hinterrandes des Sternganglions verbreitert sich der äußere N. pallialis noch besonders stark, um sich dann, etwa eine Ganglionlänge reichlich weiter hinten, mit dem schmäleren inneren N. pallialis zu vereinigen. Bei lUex scheint es, um nur die Abweichungen gegenüber vor- stehender Schilderung hervorzuheben, auf den ersten Blick, als sei nur ein einfacher N. pallialis vorhanden; indessen läßt sich hier das- selbe Verhalten wie bei den andern Formen nachweisen. Allerdings liegen äußerer und innerer Pallialis, die hier vor dem Ganglion kaum eine verschiedene Stärke aufweisen, einander sowohl als auch der äußere dem Ganglion sehr dicht an (vgl. Fig. 17). An dessen Außenrand verstreicht der äußere N. palliaHs auch hier ventral entlang, ohne aber, infolge seiner geringeren Breite, wie bei den andern Formen darüber hervorzuragen und also dorsal, wie z. B. in Fig. 17, sichtbar zu sein. Er vereinigt sich bei Illex, wiederum im Gegensatz zu Stenoteuthis und Ommatostrephes, mit dem inneren Pallialis nur wenig hinter dessen Austritt aus dem Sternganghon, wobei der N. pallialis internus sich auch hier stärker erweist als beim Eintritt ins Ganglion. Der vereinio'te Nervenstamm — das Folgende gilt wieder für alle drei Formen — läuft beiderseits am Bande des Schalensackes hinab und gibt noch einige wenige Äste an die Mantelmuskulatur ab. An- fangs wird er begleitet und teilweise sogar dorsal bedeckt von den hinteren der vom G. stellatum ausgehenden Mantelnerven (vgl. Fig. 15 u. 17). Kurz unterhalb des vorderen Flossenrandes gibt der N. pallialis einen mittelstark 3n Ast nach hinten ab, der, die bisherige Richtung des Pallialisstammes Aveiter einhaltend, sich mehrfach gabelt und mit seinen Verzweigungen die hinterste Mantelmuskulatur bis zur äußersten Spitze hinab versorgt (vgl. Fig. 15; er ist auch auf Fig. 16 deuthch ein kurzes Stück außen vom N. palliahs zu sehen). Der N. pallialis selber aber dringt als immer noch starker Stamm nach oben (dorsal) durch die Mantelmuskulatur hindurch, um als N. pinnalis (Fig. 15 7i.pinn.) in die gewaltigen Flossen einzutreten. Zwischen deren beiden Muskel- schichten, die sich unschwer voneinander trennen lassen, strahlen die zahlreichen Zweige des Flossennerven radiär aus ; die einzelnen Strahlen bilden verschiedentlich Anastomosen. All dies veranschaulicht die beigegebene Photographie (Fig. 16), auf der übrigens auch die Eindrücke Das Nervensystem der Oegopsiden. 355 der größeren Blutgefäße zu sehen sind. Diese verstreichen in der Flosse ungefähr gerade senkrecht zu den Ästen des Flossennerven, und zwar dorsal ihnen aufliegend. In der Literatur wird die starke Innervation der Flosse überall hervorgehoben. Hancock spricht (S. 9) nicht unzutreffend von einer plötzhcheu Teilung des Flossennerven in zahlreiche Äste, >>which di- verging go to all points of this powerful propelling Instrument« (= Flosse). Bei Posselt findet sich folgende anregende Betrachtung (S. 330) : >>Es kommt mir vor, ohne daß ich es indessen sicher sagen könnte, als ob der Teil (des N. pallialis nämhch, d. V.), der nicht in Verbindung steht mit den Ganglia stellata (also wohl der äußere Pal- halis? d. V.), sich unwirksam verhielte, bis er sich der Wurzel der Flossen nähert, als ob er es gerade sei, der diese Organe mit Nerven versorgt, indem er zwei Zweige abgibt, die sich den Weg hinauf durch die Mantel- muskulatur bahnen, um sich in Fächerform zwischen den zwei Muskel- lagen in der Flosse zu verbreiten.« Appellöf (1890, S. 10) schreibt: »Die Nerven (= Palliales, d. V.) teilen sich, sobald sie den vorderen Rand der Flosse erreicht haben, in mehrere Zweige, welche sich in diese verteilen. Doch setzt sich dem größten Teil der Flossen entlang ein Hauptstamm fort, von dem unter- wegs ebenfalls Nerven ausstrahlen.« Dieses letztere Verhalten des Flossennerven bei Chaunoteuthis wird für Vercmya gerade in Abrede gestellt. Der Flossennerv verzweigt sich da, wie bei unsren Formen, beim Eintritt in die Flosse »so, daß er nicht mehr den Hauptstamm erkennen läßt«. Appellöf (1889, S. 17) schließt hieran eine inter- essante Erörterung, auf die ich nur hinweisen kann, darüber an, »daß die Lage der Flossen den Verlauf und die Verzweigungsart des Nervus pallialis beeinflußt« (H. 18). Er scheint mir darin mit Unrecht das Verhalten des Flossennerven von Veranya und Inioteuthis (diese Form nach WüLKER [1910, S. 9] synonym mit Euprymna Steenstrup 1887, einem Myopsiden) in Gegensatz zu bringen mit dem von Sepia, wenig- stens glaube ich seine Schilderung vom Verlaufe dieses Nerven bei jenen beiden Formen auf ein ganz ähnliches Verhalten deuten zu müssen, wie es Hillig (1912, S. 774; Textfig. 6, Taf. XXXIV, Fig. 9 n.pinn.) sehr schön für Sepia zur Darstellung bringt. Bezüglich der Lage der beiden G. stellata, die unter dem Namen >> Sternganglien « entschieden die bekanntesten Ganglien des ganzen Nervensystems der Cephalopoden sind, ist zu bemerken, daß sie beim (ventralen) Eröffnen des Mantels ohne weiteres in dem Winkel, den dieser mit der Körperwandung bildet, auffallen. Sie schimmern durch 23* 356 I^''^i'l Richter, eine sie bedeckende Membran hindurch und Hegen, wie auch Hancock und Posselt hervorheben, dem Schalensack seithch an (vgl. Fig. 17). Dabei beträgt ihre Entfernung vom dorsalen vorderen Mantelrand etwa das Zwei- bis Dreifache ihres gegenseitigen Abstandes. Die Gestalt dieser Ganglien ist in allen Fällen als länglich-oval zu bezeichnen. Das Mantel- ganglion von Illex (Fig. 17 g. stell.) weist etwas gerundetere Formen auf als das der beiden andern Species (Fig. 15 g.stell.), wo es mehr einen, flächenhaften, dorsoventral zusammengedrückten Eindruck macht. Die Zahl der von einem jeden Mantelganglion ausstrahlenden Nerven beträgt bei Illex sieben oder acht, bei OmmatostrepJies und Stenoteuthis meist zwölf oder noch einige mehr. Sie entspringen bei Illex nicht wie bei den zwei andern Formen einfach vom Außenrande des Sternganglions (Fig. 15), sondern von seiner Dorsalfläche, geradezu auf deren Längsmittellinie, wie das deutlich auf meiner Abbildung (Fig. 17) zu sehen ist. Ihre Wurzel wird bei Ommatosirefhes und Steno- teuthis, wie erwähnt (S. 353), ventral verdeckt durch den sich breit darüber hinziehenden äußeren N. pallialis = N. pallialis externus (Fig. 15 n. fall. ext.). Nach ihrem Ursprung aus dem G. stellatum dringen bei allen drei Formen die Mantelnerven nicht sofort in die Mantel musku- latur ein, sondern laufen unter der schon erwähnten Membran, die sie samt dem Ganglion selbst bedeckt, erst ein Stück auf dem Mantel hin. Hierdurch ist ja eben der Name »Stern- << oder »Strahlenganglion << verursacht. Für Ommatostrephes und Stenoteuthis ist zu vermerken, daß diese »Strahlen << eine ziemlich breit bandförmige Gestalt zeigen, beim Eindringen in die Muskulatur aber unvermittelt eine rundliche Form annehmen. Derselbe plötzliche Wechsel in der äußeren Ge- staltung wurde, woran hier erinnert sei, auch an einzelnen Gehirn- nerven (Taf. IV n.ophth.inf., ram.orb.n.retr.cap.lat.) bei ihrem Durchtritt durch Knorpel beobachtet. Übrigens laufen die hintersten der vom Sterngangiion entspringenden Nerven sehr weit auf dem Mantel nach hinten, ehe sie in ihn eindringen. Bei ihrem Verlaufe in seiner außer- ordentlich starken Muskelschicht sind sie deren innerer Oberfläche weit mehr genähert als der äußeren (vgl. Fig. 17). Bei Stenoteuthis bilden sie dabei einige Anastomosen (vgl. Fig. 15). Die beträchtliche Stärke der N. palliales läßt erwarten, daß ihnen von den Autoren genügende Beachtung geschenkt w^orden ist. Allent- halben werden sie denn auch als kräftige, wohl entwickelte Stämme beschrieben, wenn auch nicht immer unter obigem Namen. So spricht Hancock (S. 9) von ihnen als einer »stout commissure« zwischen G. stellatum und G. viscerale. Das Nervensystem der Oegopsiden. 357 Besonders interessant ist es, die Angaben der Forscher hinsicht- lich des Verhaltens des N. pallialis zum G. stellatum zu verfolgen. Hancock sagt darüber im Text zwar nichts, aus seiner Zeichnung {pl. I, fig. 1) ist aber mit aller Deutlichkeit das Vorhandensein eines inneren und äußeren Pallialis zu ersehen. Das Bemerkenswerte und mit meinen Befunden Übereinstimmende dabei ist, daß der innere Pallialis die Verbindung mit dem Stellarganglion herstellt, während der äußere ventral frei darüber hinwegzieht. Posselt will offenbar dasselbe Verhalten kennzeichnen, wenn er (S. 329) schreibt: >>Die Hauptstämme ( = N. palliales, d. V.) verhalten sich nun sehr eigen- tümlich, indem sie sich in zwei Zweige teilen, der eine geht herunter zu den großen G. stellata, während der andere unter diesen hinläuft, um sich wieder an den ersten Zweig oder besser an den vom Hinter- rande des Ganglions ausgehenden großen Mautelnerv anzuschließen.« Nach Appellöf tritt sowohl bei CkaimoteutJiis als bei Veramja nicht der innere, sondern umgekehrt der äußere N. palhalis mit dem G. stel- latum in Verbindung, wie das auch Hillig (S. 773; Textfig. 6) für Sepia beschreibt. Bei Chaunoteutkis ist nach Appellöfs Abbildung (PI. IV, Fig. 13) der innere Pallialis wesenthch stärker als der äußere. Bei Veranya scheinen ganz die Verhältnisse, wie sie oben (S. 354) für Illex angeführt wurden, vorzuliegen, nur eben mit dem großen Unter- schiede, daß die Rollen des inneren und äußeren Pallialis vertauscht sind; es heißt darüber bei Appellöf (1889, S. 17): »Die Spaltung des Nerven ( = N. pallialis, d. V.) unmittelbar vor dem oberen Ende des Ganglions in einen äußeren und einen inneren Ast kommt auch bei Veranya wie bei den meisten übrigen Oegopsiden vor, ist aber wenig bemerkbar. Doch geht vom Nervenstamm ein Zweig ab, der sich als äußerer Ast zum oberen Ende des Ganglions fortsetzt, während sich der Hauptnervenstamm als innerer Ast auf der Unterseite des Ganglions hinzieht. Eine wirkliche Spaltung des Nerven ist also auch bei Veranya durchgeführt; nur sind die beiden Zweige noch so wenig voneinander getrennt, daß das Ganglion auf dem inneren von diesen ruht<<, ebenso, kann ich hinzufügen, wie es bei meinen drei Formen mehr oder weniger dem äußeren N. palliahs dorsal aufliegt (vgl. Fig. 14). Für Chiroteuthis imperator wird von Chun (S. 272) hervorgehoben — und ich kann dem nach der kurzen Einsichtnahme, die mir gestattet war, nur beipflichten — , >>daß das G. stellatum sich nicht von dem Hauptstamm des N, pallialis losgelöst hat«. Brooks eigenartige Skizzen von den bezüglichen Verhältnissen bei Ommatostrephes sagit- tatus und Ommatostrephes todarus (1880, Taf. XI, Fig. 1 Bm. C) sind 358 Karl Richter, wohl nach den in der Erklärung der Abbildungen beigefügten Be- merkungen (S. 112, Fig. 7 A, B) mit einigem Mißtrauen zu betrachten. Ich entnehme ihnen und dem zugehörigen Text (S. 226) nur soviel, daß auch Brock den äußeren Pallialis die Verbindung mit dem Stellar- ganglion herstellen läßt und verweise demgegenüber nochmals auf meine Bestätigung dessen, was Hancock bereits ermittelt hat, daß nämlich umgekehrt der innere Pallialis die Verbindung mit dem Mantel- ganglion bewirkt und der äußere Pallialis derjenige ist, >>which passes freely under that centre<< (Hancock, S. 9). Der Vollständigkeit halber sei angeführt, daß Brock den Durchtritt der Palliales durch die mus- kulöse Leberkapsel, den wir oben (S. 353) besprachen, ausdrücklich erwähnt für Enoploteuthis (1880, S. 198), Onychoteuthis (S. 199) und seine beiden OmmastrepJies-ATten (S. 200). Weiss (1888) bringt eine belanglose Bemerkung über den N, pallialis von Chiroteuthis Veranyi (S. 80) und von Doratopsis vermi- cularis (S. 92). Endlich gehört hierher die einzige auf das Nerven- system der Oegopsiden bezügliche Notiz aus der Arbeit von Wülker (1910, S. 46). Sie betrifft die beiden Pallialnerven von Teleoteuthis cmihaea, die »kurz nach ihrem Austritt aus dem Gehirn so nahe an die Drüse ( = abdominale Speicheldrüse, d. V.) heranrücken, daß sie jederseits eine tief einschneidende Furche an ihrem Vorderrand ver- ursachen (Taf. V, Fig. 48«.2m7?.)«. Die früheren Angaben über die Lage des G. Stella tum — es wurde auf solche Hancocks und Posselts schon (S. 356) hingedeutet — ent- halten weder eigentliche Unrichtigkeiten noch nennenswerte Besonder- heiten. Brock (1880, S. 226) läßt sich ganz kurz aus über seine (des G. stell.) »Überwanderung vom Eingeweidesack auf den Mantel <'. Be- züglich seiner Form lesen wir bei Hancock (S. 9) von »stellate gan- glions . . . large, depressed and irregularly ovate« , eine Beschreibung, die eigentlich ganz gut mit meiner obigen (S. 356) zusammenstimmt. Indessen ist auf Hancocks Zeichnung (pl. I, fig. 1) das Ganglion ent- schieden zu kurz und vorn zu breit geraten. Das von Chaunoteuthis (Appellöf 1890, PI. IV, Fig. 13) macht einen sehr eckig-schiefen Eindruck. Etwas absonderlich in ihrer Verteilung nehmen sich auch die von ihm ausstrahlenden Mantelnerven aus, deren man auf der Figur etwa sieben zählt; in dem einen von ihnen, der sich in drei Zweige teilt, die sich andern Zweigen anlegen, vermute ich allerdings stark ein Blutgefäß, das ich in diesem Bereiche regelmäßig beobachten konnte. Möglicherweise soll der in dieser Zeichnung an der inneren Vorderecke, neben dem äußeren N. pallialis ins Ganglion eintretende Ast die Stellar- Das Nervensystem der Oegopsiden. 359 commissur darstellen; es findet sich darüber leider keine Angabe. Ohne Erläuterung bleibt auch der schwache kurze Ast, der vom Innen- rande des Ganglions nach dem Außenrande des inneren PalHaHs hin eingezeichnet ist. Vielleicht darf man ihn als einen Zweig deuten ähnhch denen, die Hillig etwa in der Vierzahl vom Innenrande des Ganglions bei Sepia abgehend findet. Derartige dünne Nervenfäden habe übrigens ich selbst nie feststellen können, ebensowenig Zweige von der Dorsalfläche des Sternganglions an die anliegende Mantel- muskulatur, deren Hillig (S. 774) sieben bis acht zählt. An eigent- lichen Strahlen des Sternganglions werden von ihm bei Sepia 20 — 25 nachgewiesen (S. 773; Taf. XXXIV, Fig. 9). Hancock spricht nur von »numerous nerves« (S. 9), die vom Ganglionaußenrand radiär aus- gehen. Auf seiner Zeichnung (pl. I, fig. 1) finden sich ungefähr acht solche Mantelnerven. Posselt (S. 329) gibt ihre Zahl richtiger auf »über 10« an. Chun bezeichnet bei Chiroteuthis fünf bis sechs dünne Fäden (Fig. XLI, Fig. 3), ein Befund, den ich wiederum aus eigner Anschauung bestätigen kann. Bei Beock (1880, S. 227) allein glaube ich einen Vermerk über die von mir ausdrücklich hervorgehobene Tatsache zu finden, daß die vom G. stellatum ausstrahlenden Nerven nicht sofort in die Mantel- muskulatur eindringen, sondern erst ein Stück darauf hin laufen. Brock spricht allerdings nur von der »Entfernung .... welche der N. paUialis hinter dem Ganglion noch zurückzulegen hat, ehe er sich in das Fleisch des Mantels senkt. Bei den Oegopsiden ist dieses Stück am längsten«. Um nochmals auf Hancocks Zeichnung (pl. I, fig. 1) zurück- zukommen, so läßt diese eine Andeutung des von mir beschriebenen plötzlichen Wechsels der Gestalt vermissen, den die »Strahlen« beim Eindringen in die Mantelmuskulatur aufweisen. Den äußeren PaUialis zeichnet Hancock während des Verlaufs (ventral) unter und hinter dem Ganglion viel zu schmal, bedeckt er doch nach meinen Befunden als ein breites dünnes Band die ganze äußere Ganghonhälfte und außerdem, wie erwähnt, die Wurzeln der ausstrahlenden Nerven. Nicht beob- achtet habe ich jemals eine, wenn auch noch so geringfügige Spaltung des inneren PaUialis bei seinem Austritt am Hinterende des Ganglions, wie sie Hancock mit ein paar feinen Strichen auf seiner Zeichnung an- gibt. Bei Sepia freihch ist dieses distale Stück des N. palliaHs, und zwar hier des äußeren, nach Hilligs Darstellung (S. 774; Textfig. 6, Fig. 9) durch zwei völlig getrennte Stränge, Commissuren genannt, ersetzt. Nur gelegentlich einmal gestreift wurde in der bisherigen Erörte- rung die Commissur der Stellarsanolien. Sie findet sich bei allen drei 360 Kfirl Richter, untersucliten Formen mit dem Unterschiede, daß sie bei lUex verhältnis- mäßig breiter ausgebildet ist als bei Ommatostrephes und Stenoteuthis (Fig. 15, 17 c.stelL). Ausgespannt zwischen dem vorderen Inuenrand der beiden Gr. stellata verläuft sie unter, deutlicher ausgedrückt, ventral vom Schalensack ( = cyst inclosing the pen Hancock, S. 9) hinweg, dessen Wandung hier sehr stark muskulös ist. Die Mitte des Vorder- randes der Stellarcommissur kommt dabei unter das Hinterende des langgestreckten Nackenknorpels (cart. nuch.) zu liegen. Die ange- führten Lagebeziehungen dürften aus meiner Fig. 17 leicht ersichtlich sein. Hancock hat diese Verhältnisse der Stellarcommissur schon recht zutreffend dargestellt (S. 9; pl. I, iig.li), bis vielleicht auf einen Punkt, den bereits Posselt herausgreift, indem er ganz richtig be- merkt (S. 329), daß die Stellarcommissur in Wirklichkeit viel schwächer sei als sie Hancock zeichnet. Er macht außerdem schon auf ihre Lagebeziehung zum Nackenknorpel aufmerksam. Appellöf vermerkt für Chaunoteuthis eine »ziemlich starke« (1890, S. 10), für Veranya (1889, S. 17) eine »ziemlich feine« Stellarcommissur, Bei Chiro- teutliis ist sie nach Chuns Darstellung (Taf. XLI, Fig. 3) — und ich durfte mich selbst davon überzeugen — von mittlerer Stärke. End- lich bei Sepia fehlt eine Commissura stellaris vollkommen. Nachzutragen ist, daß Brock (1880, S. 228) bei sämtlichen von ihm untersuchten Oegopsiden die Stellarcommissur gefunden hat außer bei Onychoteuthis ; hier kann er aber bei der schlechten Beschaffenheit seines Materials ihr Vorhandensein auch nicht sicher in Abrede stellen. Unzweifelhaft nachgewiesen hat er sie also (nach der Zusammenstellung der von ihm untersuchten Formen auf S. 7 seiner Abhandlung) bei folgenden Oegopsiden : Chiroteuthis Veranyi Fer., Enoploteuthis Owenii Ver.. Ommastrephes todarus d'Orb., Ommastreplies sagittatus d'Orb., Sepioteuthis mauritiana Rüpp. Für Enoploteuthis erwähnt Brock (S. 198) noch besonders den Durchtritt der Stellarcommissur zwischen einer nur bei dieser Form vorhandenen muskulösen Nackenverbindung (zwischen Kopf und Mantel) und dem Retractor capitis medianus. Bei Chiroteuthis Ver. hat auch Weiss (1888) nach der Stellar- commissur gesucht, sie aber nicht gefunden (S. 80 u. 92). Dagegen hat er eine starke Commissur bei Histioteuthis (S. 92) nachgewiesen. I Das Nervensystem der Oegopsiden. 361 Betreffs Thysanoteuthis verweist er auf Vigeliüs. Die wenigen Zeilen, die dieser Autor dem gesamten Nervensystem des genannten Oegopsiden widmet, sei mir im Wortlaut anzuführen gestattet (Vigeliüs 1881, S. 152) : »Über das Nervensystem und die Sinnesorgane (von Thysano- teuthis rhomhus, d. V.) kann ich leider nur sehr wenig berichten. Die beiden G. stellata liegen symmetrisch im Rückenteil des Mantels un- gefähr in der Höhe, wo der letztere mit dem Nacken zusammenhängt. Sie haben eine längliche, schmale Gestalt, senden nach außen zahlreiche Nerven ab, welche den Mantel innervieren, und entbehren der sie ver- bindenden Quercommissur, welche bei andern Oegopsidengattungen nachgewiesen w^orden ist (z. B. von Hancock bei Ommastrephes todarus). Die zwei Hauptnerven des Mantels, welche den visceralen Teil des Gehirns mit den oben genannten Ganglien vereinigen und sich an deren Bildung wesentlich beteiligen, sind sehr lang und kräftig entwickelt.« Schließlich sei mit einem Passus aus Huxley und Pelseneer (1895, S. 18) auf die Versuche hingewiesen, die phylogenetische Ent- stehung eines Gebildes wie der Stellarcommissur zu erklären; es heißt da : >> This union of the two primitive pallial nerves ( = Stellarcommissur von Spirula, d. V.) explains the origin of the 'commissure' of the stellate ganglia, so well developed in all the Oegopsids, already reduced in Loligo, and still more so in the adult Sepiola (better marked in the embryos), and finally disappearing in the Sepiidae and Octopods«. 14. Nervus coUaris. Dieser Nerv (Fig. 14; 1 u. Taf. IV n.coll.) nimmt dorsal, ein wenig seitlich außen am N. pallialis, vom Visceralganglion seinen Ursprung. Mit dem Palhalis zusammen tritt er durch die große hintere Öffnung im Schädelknorpel aus, um sich nach kurzem Verlaufe mit einigen Ver- zweigungen in der an der Hinterseite des Schädels ansetzenden Mus- kulatur zu verlieren. Rückblickend sei erwähnt, daß dieselbe Musku- latur etwas dorsaler und mehr nach außen zu von Zweigen des N. postorbitalis (vgl. S. 317), ventraler außen aber von den Nervi retrac- toris capitis lateralis versorgt wird (vgl. S. 329). In diesem seitlichen Kopfrückziehmuskel wurden auch die Zweige des N. collaris verfolgt. Daß sie außerdem die Masse des Retractor capitis medianus und die Collarismuskulatur innervieren, muß man als höchstwahrscheinlich annehmen. Dieser letztere Umstand war für mich bestimmend, den von Hillig (S. 776) für diesen Nerven in ^'orschlag gebrachten Namen Nervus collaris zu übernehmen an Stelle des bei älteren Autoren gebräuchlichen ziemlich nichtssagenden Namens 362 Karl Richter, N. accessorius pallialis. Hillig hat den Nerven in der Collarismusku- latiir bis fast zum Trichterschließknorpel verfolgen können, er ist bei Sepia (Hillig, Tafelfig. 7, 8, 9 n.coU.) überhaupt viel stärker ent- wickelt. Trotz dieser etlichen Verschiedenheiten muß aber ^Yohl der N. collaris von Sepia, insbesondere im Hinblick auf seinen ganz gleich- artigen Ursprung vom G. viscerale, als mit dem gleichnamigen Nerven meiner Formen durchaus identisch betrachtet werden. Hancock beschreibt und zeichnet einen Nerven (S. 8; pl. I, fig. 1 m), der vom N. palliaUs bald nach dessen Ursprung abgeht und der »passes off almost immediately to the muscles of the mantle a short way behind the head«. Das Wort >> mantle << muß zunächst Bedenken erregen, diesen Zweig Hancocks unserm N. collaris gleichzusetzen, denn mit dem eigentlichen Mantel hat dieser ja gar nichts zu tun. Hancock selbst beseitigt hier jede Unklarheit, indem er bei der Beschreibung des nächsten Astes des Pallialisstammes zu dem Worte >> mantle << aus- drücklich in Parenthese hinzufügt: »the membrane investing the viscera<<. Diesen erklärenden Zusatz kann man aber unbedenklich auf die muskulöse Leberkapsel beziehen, wodurch obige Annahme ge- sichert sein dürfte. Auch Hillig (S. 775) vermutet übrigens Identität dieses HANCOCKschen Zweiges (u) des N. pallialis mit dem N. collaris. Ein entsprechender Nerv wird außer von Hancock bei Oegopsiden nur noch von Posselt (S. 329) angeführt, bei dem es sich aber offenbar um eine bloße Wiedergabe des von Hancock ermittelten Befundes handelt. 15. Nervus hepaticus. Dieser Lebernerv (Fig. 14; 1, 15 u. Taf. TV ?i.hep.) ist der ventrale und schwächere der beiden unmittelbar neben dem Pallialisstamm im Visceralganglion wurzelnden Nerven. Er gewinnt in derselben Weise, wie das für den N. collaris angeführt wurde, den Austritt aus der knorpeligen Gehirnkapsel. Es verlassen also, um es kurz zusammen- zufassen, mit den das Hirn durchsetzenden Organen zusammen den Schädelknorpel durch seine hintere kreisförmige Öffnung hindurch folgende vier Nerven: N. visceralis (S. 330), N. palhalis (S. 353), N. collaris (S. 361) und N. hepaticus. Der Lebernerv läuft nach seinem Ursprünge ventral vom Pallialis auch weiterhin ventral zu ihm bzw. an seinem Außenrande über die vorderste schräge Seitenfläche der Leber hin (Fig. 14). Etwa gerade unter dem Knorpelstück, an dessen Hinterrande der N. palliahs die muskulöse Leberkapsel, genauer gesagt das innere Collarisblatt (vgl. Das Nervensystem der Oegopsiden. 363 S. 353 und Fig. 17) nach außen durchsetzt — es ist der sogenannte Palhahsknorpel — unter diesem also teilt sich der N. hepaticus in mehrere Zweige, die bis auf einen jederseits alle nach kurzem Verlaufe in die muskulöse Leberhülle an deren der Leber unmittelbar aufliegender Innenfläche eintreten, um sie zu innervieren. Man kann diese Ver- zweigungen des N. hepaticus füghch als Leberhüllnerven bezeichnen; auf Fig. 14 sind sie wenig oberhalb des Querschnittes der stark musku- lösen Leberkapsel deutlich bei näherem Zusehen zu erkennen, ebenso sind sie in Fig. 15 eingezeichnet. Der Zweig aber, der sich mitunter schon ziemlich weit vorn von den Leberhüllnerven abtrennt, läuft auf der Dorsalfläche der Leber schräg nach hinten innen und gelangt unter der Stellarcommissur (Fig. 15 c.stell.) ventral hinweg zur Aorta anterior (aort.ant.), die neben dem Oesophagus (oes.) in einer rinnenförmigen Einsenkung der dorsalen Leberoberfläche verläuft. Rechter und linker diesbezüglicher Nerven- zweig vereinigen sich nun auf der dorsalen Wandung dieses Gefäßes und laufen darauf als ein unpaarer Strang weiter nach hinten. Dieser dringt mit der von der Aorta anterior ventral sich abzweigenden Arteria hepatica (art.hep.) in die Leber ein, um mit seinen Verzweigungen eine Innervierung der Gefäße des ganzen oberen ( = vorderen) Leber- abschnittes zu bewirken; die des hinteren werden, wie sich später zeigen wird (S. 392) vom Magenganglion aus mit Nerven versorgt. Der von mir so benannte N. hepaticus ist unbedenklich gleich- zusetzen einem Nerven Hancocks, den dieser außer dem schon be- sprochenen ersten und, wie wir sahen (S. 362), unserm N. collaris entsprechenden Zweige vom Pallialisstamin abgehen läßt. Zum Ver- ständnis der folgenden Erörterung halte ich es für angebracht, die in Betracht kommende Stelle aus Hancock im Wortlaute anzuführen, sie heißt (S. 8) : »A little further down another brauch (pl. I, fig. 1 u") is given off, which dividing into two portions, sends one of theni to the mantle — the membrane investing the viscera (vgl. S. 332 u. 362, d. V.). The other (iv) which is the larger. becomes attached to the anterior aorta; and after supplying this great vascular trunk with numerous twigs, follows a brauch of it into the liver, where it was lost. This is the course of this nerve on the right side. A similar nerve ((("'), from the cord of the left side, is also applied to the aorta; but how it terminates, was not ascertained. « In dem Zweige u", den Hancock nur rechtsseitig beobachtet, er- kennen wir unsre Verzweigungen des N. hepaticus an die muskulöse Leberkapsel, die Leberhüllnerven, wieder. Die beiden Aste w und iv' 364 Karl Richter, entsprechen vollkommen unserm rechten nnd linken Aortazweig. Eine Vereinigung dieser beiden zu einem unpaaren Strang hat Han- cock nicht festgestellt; er verfolgt zudem nur den Zweig w bis in die Leber, und zwar erfolgt sein Eintritt in diese der Abbildung (pl. I, fig. 1) nach erst merkwürdig weit hinten. Daß die Aorta anterior von diesem Nerven mit zahlreichen Zweigen versorgt werde, wie es Hancock angibt, konnte ich " niemals feststellen. Ebensowenig ist nach meinen Befunden der Zw^eig an die Aorta {H.^ w. u. iv') in allen Eällen stärker als der an die Leberhülle {H.^ u") verstreichende, wie- w^ohl das auch (8. 329) Posselt behauptet. Dieser stimmt mit Han- cock auch insofern überein, als er alle diese Nervenäste vom Pallialis- stamm abgehend beschreibt. Die Aortazweige hat er aber nicht einmal so weit wie sein Vorgänger Hancock verfolgen können. Im übrigen finden sich in der Literatur Angaben über einen dem N. hepaticus entsprechenden Nerven noch mehrfach (für nichtoegopside Eormen). Hillig beschreibt einen Nervus retractoris capitis posterior (S. 772; Textfig. 6, Tafelfig. 7, 9 n.retr.cap.post.), der den Zweigen unsers N. hepaticus an die muskulöse Leberkapsel, die ja von den Kopfretrac- toren gebildet wird, zu entsprechen scheint; er ist, wie ich das schon beim N. collaris hervorheben mußte, bei Sepia ansehnlicher entwickelt als bei meinen drei Formen. In den beiden kurzen Asten dieses Nerven, die Hillig in seiner Tafelfig. 9 nach innen zu einzeichnet, leider ohne ihrer irgendwie Erwähnung zu tun, kann man vielleicht Ansätze zu den von mir festgestellten Zweigen des N. hepaticus an die Aorta — • die sie freilich nicht innervieren — vermuten. 16. u. 17. Nervus infundibuli posterior und. Nervus venae cavae anterior. Der kleine oder hintere Trichternerv (Fig. 14 ; 1, 9u. Taf. TVn.itifd.post.) entspringt von der unteren Hinterecke des G. viscerale gerade unter dem N. pallialis. Er durchsetzt schräg nach hinten unten eben noch eine kurze Strecke die obere seitliche Hinterwand des Statocysten- knorpels; in Fig. 1 ist der hintere Trichternerv aus diesem Knorpel vollständig freigelegt, um seine bei Illex verhältnismäßig besonders breite AVurzel im Visceralganglion zur Anschauung zu bringen. Was nun zunächst Ommatostrephes und Stenoteuthis anbelangt, so streicht dieser hintere Trichternerv als ein drehrunder, recht an- sehnlicher Strang weiterhin noch ein ganzes Stück unverzweigt über den vordersten ventralen Zipfel der Leber hinweg, in den er bei Steno- teuthis eine deutliche Rinne einschneidet (Fig. 14). Hierauf gabelt er Das Nervensystem der Oegopsiden. 365 sich. Ein innerer, bei OmmatostrepJies und Stenoteuthis ziemlich kurzer Ast steigt hinab zur Vena cava, es ist der Nervus venae cavae anterior (Fig. 14; 9 u. Taf. IV n.ven.cav.ant.). Dieser Nervenast geht bei lUex vom hintereji Trichternerven, dessen Stärke hier weniger beträchthch ist, wesentUch Aveiter oben, gleich nach dessen Austritt aus dem Knorpel ab. Hinter seiner Abzweigungsstelle zeigt sich der Trichternerv selbst gewöhnhch etwas bandförmig verbreitert (vgl. Fig. 1 n.infd.post. und n.ven.cav.ant.). Bei allen drei Formen löst sich der Nervus venae cavae anterior an der dorsal-seitlichen Wandung der Vena cava in zahlreiche Fäden auf, die sich auf diesem mächtigen Gefäßrohr gleichmäßig nach vorn und hinten verteilen. Der N. infundibuli posterior zieht in leichtem Bogen nach außen zur Dorsalfläche des Trichters hinab und gibt hier zunächst einen sehr feinen Zweig ab, der in gerader Richtung nach unten die dorsale Muskelschicht des Trichters durchsetzt. Diese versorgt er bei 0?n- matostrephes und Stenoteuthis auch noch mit ein bis zwei Fäden, vor allem aber tritt er in das mittlere (dorsale) Feld der Trichterdrüse ein, um dieses zu innervieren. Bei Ommatostrephes wurden einmal auf einer Seite zwei solcher Ästchen an das mittlere Trichterorgan be- obachtet; bei Stenoteuthis fand sich dieses das eine Mal durch einen Zweig des N. venae cavae anterior versorgt (Fig. 9 trni. [links]). Nach Abgabe des Nerven (trm.) an den mittleren Bezirk der Trichter- drüse verstreicht der Nervus infundibuli posterior in beinahe rechtem Winkel zu seinem bisherigen Verlaufe ungefähr horizontal auf der Dorsalseite der Trichterbasis weiter nach seitwärts außen. In derselben Richtung sendet er einen Zweig an den Trichterkragen, nahe dem Vorderrande des Trichterknorpels {Tkv.), der als Ramus collaris (Fig. 9 u. Taf. IV ram.coU.) bezeichnet sei, während der Hauptstamm dieses Trichternerven nach außen unten an die Seitenwand des Trichters umbiegt. Hier innerviert er unter vielfacher Verästelung die seitliche hintere Trichterwand, insbesondere auch das starke, unter dem Trichterknorpel gelegene Muskelpolster. Ganz besonders bemerkenswert ist nun noch, daß — bei Ommatostrephes und Stenoteuthis — einer der Zweige der seitlichen Trichterwand diese durchdringt und in das seitliche Trichterorgan eintritt, um dieses mit seinen feinen Verzweigungen zu innervieren (Fig. 9 u. Taf. IV trs.). Bei Illex scheint nicht ein einzelner, sondern jederseits mehrere sehr feine Nervenästchen von verschiedenen Stellen aus die Innervierung des seitlichen Bezirks der Trichterdrüse zu übernehmen. Auch wurden bei Illex die Zweige des N. infundibuli 366 K^i'l Richter, posterior weniger unter dem vorderen Teil des Trichterknorpels, wie bei Ommatostrephes und Stenoteuthis, als mehr nach dem hinteren Rande dieses Knorpels zu (Fig. 14; 9 Tkh.) beobachtet. Hancock beschreibt den hinteren Trichternerven nicht unter diesem Namen, es heißt bei ihm (S. 8) : >> Close to the root of the great nervous cord ( = N. pallialis, d. V.), on the inner side, another pair of nerves {u') leaves the branchial ganglions ( == seitliche Teile des G. viscerale, vgl. S. 303 meines Textes!). These nerves go to the muscles forming the sides of the mantle in front, and to the posterior portion of the funnel. « Unter » mantle « versteht hier Hancock natürlich genau so wie ein paar Zeilen vorher — wir mußten auf diesen erklärenden Zu- satz schon zweimal bezugnehmen (S. 332 u. 362) — » the membrane investing the viscera «. Er hat also offenbar schon ganz richtig die Innervierung des Trichterkragens und des hinteren seitlichen Trichter- abschnittes beobachtet; nur von einer Versorgung der Vena cava lesen wir bei ihm nichts, wie wir eine solche ja auch schon beim N. visceralis (S. 333) vermissen mußten. Hancock hat also seltsamer- weise gar keine Innervierung dieses großen Gefäßes festgestellt. Daß ich andererseits seiner Angabe über eine Innervation der Aorta anterior nicht beipflichten kann (vgl. S. 364), sei nochmals betont, Posselt berichtet von jederseits zwei, den N. palhales gegenüber verhältnismäßig schwachen Nerven, die »den hintersten Teil des Trich- ters versorgen« (S. 329). Man könnte aus dieser Erwähnung zweier Nerven auf jeder Seite vermuten, daß er auch eine Innervierung der Vena cava ermittelt habe, indessen ist davon im Text mit keinem Wort die Rede. Appellöf beschreibt keinen Nerven, der mit den hier in Frage stehenden in Vergleich zu setzen wäre. Bei Chiroteuthis ist nach Chuns Feststellungen ein hinterer Trichternerv oder ein besonderer N. venae cavae nicht vorhanden; die Vena cava wird dafür vom großen (vorderen) Trichternerven aus versorgt, worauf wir bei diesem schon zu sprechen kamen (S. 325). Hillig beschreibt für Sepia (S. 777—778; Textfig. 7, Tafelfig. 7, 8 n.infd.jjost. und n.ven.cav.ant.) zwei völhg den unsern ent- sprechende Nerven, nur entspringen hier N.infundibuli posterior und N. venae cavae anterior vollkommen getrennt vom G. viscerale, ein Verhalten, das bei lUex durch die (8. 365) erwähnte frühzeitige Ab- spaltung des Vena cava-Astes vom hinteren Trichternerven gewisser- maßen angebahnt ist; Eine Innervierung der Trichterdrüse war, so weit ich unterrichtet bin, bislang nicht angegeben worden. Weiss (1888, Taf. VIII, Fig. 2; Das Nervensystom der Oegopsiden. 367 Taf. IX, Fig. 8; Taf. X, Fig. 4, 10 J.p. u. e/p.) bildet die Trichterdrüse zwar mehrmals ab, wobei sich die seitlichen und der mittlere Drüsen- bezirk als »lateral pads<< und als »central pads of Verills organ<< ver- merkt finden, er erwähnt aber nirgends eine Innervation. Dasselbe gilt von Chun (S. 243; Taf. XLII, Fig. l org.inf. 1, 2). Nerven des Ganglion brachiale. 18. Nervi brachiales und Nervus tentacularis. Die Armnerven (Fig. 3, 4 u. Taf. IV n.hrach. 1, 2, 3, 4; n.tent.) ent- springen vom Vorderrande des G. brachiale jederseits in der Fünfzahl, und zwar der erste (dorsale), zweite und dritte als breite Bänder, der Tentakelnerv und der Nerv des vierten, des Baucharmes als dicke runde Stämme. Bei einem Ommatostrephes-^xeiii])\siV war allerdings auch der Tentakelnerv mehr bandförmig entwickelt, er zeigte fast die doppelte Breite des vierten Armnerven, der hier allein noch drehrund war. Die größte Breite erreicht bei allen drei Formen der dritte Armnerv, und zwar etwa in der Mitte seines Verlaufs vom G. brachiale zur Armbasis. Erwähnt mag hier werden, daß diese außerordentlich breiten Bänder nicht allzu selten eine ganze Strecke weit (längs-)gespalten sind. AVas übrigens die ausgeprägte Bandform des ersten bis dritten Arnmerven betrifft, so darf man darin wohl nicht mit Unrecht eine Anpassung an die beschränkten Raumverhältnisse, eine gewisse Raum- ökonomie vermuten. Man denke nur an die gewaltig entwickelten Augen und den umfangreichen »Schlundkopf, zwischen denen hindurch die Gruppe der Armvenen ihren Weg nehmen muß. Die Tatsache, daß Tentakel- und Baucharmnerv rundlich gestaltet sind, kann diese Ansicht nur stützen; diese beiden Stränge haben eben als die aus- gesprochen ventral verlaufenden genügend Raum zwischen den beiden Augenbulben. Chun vermerkt für Chiroteuthis ausdrücklich, und auf Grund der angestellten Nachuntersuchung kann ich dem durchaus beitreten, daß der Tentakelnerv sich vom vierten Armnerven abzweigt. Außerdem zeichnet er ersteren bedeutend schwächer als letzteren. Beides trifft bei meinen Formen nicht zu. Was zunächst die Stärke von Tentakel- und Baucharmnerv anbelangt, so ist bei Illex zwischen beiden kaum ein Unterschied festzustellen, bei den andern Formen aber ist meist umgekehrt der Tentakelnerv stärker als der vierte Armnerv (vgl. Fig. 3 u. Taf. IV). Bei Chiroteuthis imperator ist ja die geringe Stärke des Tentakelnerven (Fig. 18 n.te7it.) ohne weiteres bedingt durch die außer- gewöhnhche Schlankheit der bei dieser Form so gewaltig in die Länge 368 Karl Richter, gestreckten Greifarme (Chun 1910, Taf. XXXVIII). Betreffs des andern Punktes, Abzweigung des Tentakelnerven vom vierten ( = ven- tralen) Armnerven, kann ich bemerken, daß auch bei meinen Formen diese beiden Nerven im Gegensatz zu den andern eine Strecke weit miteinander verbunden sind. Aber diese Verbindung wird hier rein äußerlich durch Bindegewebe bewirkt, beide Nerven entspringen dabei vollkommen getrennt, wenn auch dicht nebeneinander, von der Mitte des ventralen Vorderrandes des Armganglions (Fig. 3 n.tent. und n.brach.^). Hiermit bestätige ich die Angaben Hancocks (S. 2) und auch PossELTs; dieser schreibt (S. 327): »Das erste flach gedrückte spatei- förmige Ganglion suboesophageale anterius ( = G. brachiale, d. V.) ent- sendet nach vorn vier Paar Armnerven und ein Paar nach den Tentakeln. Die letzteren gehen ein Stück mit den Baucharmnerven zusammen und trennen sich von diesen erst ein Stück weiter vorn.« Auch was die Brücken- oder Brachiopedalcommissur (Fig. 14; 3 u. Taf. IV c.brach.ped.) anbelangt, deren nochmalige Besprechung schon früher (S. 301) in Aussicht gestellt wurde, kann ich diesen beiden Autoren fast vollkommen beipflichten. Bei der Wichtigkeit des in Rede stehen- den Punktes werden sich ein paar längere Zitate nicht vermeiden lassen. Bei Hancock lesen wir (S. 2): »A commissure, running back- wards connects this (= G. brachiale, d. V.) with the second or median mass ( = G. pedale, d. V.) and is a very thick cord composed of nu- merous stout filaments, most of which pass over the ventral surface of the anterior ganglion ( = G. brachiale, d. V.), and becoming united to the brachial nerves accompany them into the arms. * Thus each arm receives a nerve from the median as well as from the anterior masses. A central filament was lost in the substance of the anterior mass. « Bei Posselt (S. 328) heißt es hierüber: »Endlich geht nach rückwärts (vom G. brachiale aus, d. V.) ein Nervenstamm, der das vorderste und das mittelste der Subösophagealganglien verbindet. Dieser Teil — das G. suboesophageale medium ( = G. pedale, d. V.) — ist eine . . . Ganglienmasse, die nach vorn unter dem besprochenen Verbindungs- strang nach der Vorderpartie eine breite Nervenmasse aussendet, aus mehreren Schnuren zusammengesetzt, die unter der vorderen Partie ( = G. brachiale, d. V.) hin verstreichen und sich in zehn Stämme teilen, die den Armnerven folgen.« Wenn hier die Brückencommissur als aus zwei Teilen bestehend dargestellt wird, nämlich aus einem oberen Teile als eigentlicher Brachiopedalcommissur und aus einem unteren Teile, der unter dem G. brachiale hin verstreichend sich in Das Nervensystem der Oegopsiden. 369 die zehn »Begleitstämme« der Armnerven aufteilt, so kann ich das für meine drei Formen nicht bestätigen, muß mich vielmehr an Appel- LÖF anschließen. Dieser betont (1890, S. 8) bei der Brückencommissur, daß er »keine ausgeprägten Grenzen zwischen den Commissurnerven und den die Armnerven begleitenden Stämmen finde«. Dieses selbe Verhalten der Brachiopedalcommissur gibt für meine Formen deutlich die Taf. IV {c.hrach.'ped.) wieder. Bei Veranya berichtet Appellöf (1889, S. 16) von einer doppelten Commissur. Indessen kann man seine Worte: »durch zwei zienüich dicke Commissuren ist das Pedal- ganghon mit dem G. brachiale verbunden« wohl auch auf eine ein- fache, nur paarige Commissur deuten. Er erwähnt außerdem eine Längsstreifung des G. brachiale, die wahrscheinlich erzeugt werde da- durch, daß »die Nerven durch das Ganghon ( ^ Armnerven und G. brachiale, d. V.) bis zum hinteren Bande desselben fortsetzen«. Auf die ganz eigenartigen Verhältnisse der Tentakelarme von Veranya, worüber sich Appellöf (1889, S. 9 — 13) ausführlicher verbreitet, sei nur nebenher aufmerksam gemacht (vgl. auch Chun 1910, S. 139; Taf. XVI: Octopodoteuthis). Nicht unerwähnt lassen möchte ich eine Anmerkung aus Huxley und Pelseneer (1895, S. 16, Anm. 1), wo es heißt: »In Ommato- stre'pJies pteropus and lUex coindeti, examined for comparison with Spirula, are found, at the surface of the pedo-brachial connective (= Commissura brachio-pedalis, d. V.), ten nervous bündle Coming from the pedal centres properly so called, and going each to be joined to one of the brachial nerves (Fig. M). There is then no need of histo- logical researches (like those of Owsjannikow and Kowalevsky 1867; and of Jatta 1889) to show that the pedal ganglion (or of the funnel) contributes to innervate the arms. A similar disposition has akeady been observed in other Oegopsids by Hancock (1852), Posselt (1890) and Appellöf (1890) «. Die beigegebene Skizze (Huxley u. Pelseneee, S. 16, Fig. M) zeigt, so roh sie ist, doch sehr charakteristisch die Faserzüge, die vom G. pedale direkt in die Armnerven hinein ver- streichen. Bezüglich der im obigen Citat genannten beiden histologi- schen Arbeiten hätte ich höchstens zu bemerken, daß Jatta (1889) in seiner kurzen Abhandlung klar und entschieden auf die Lösung des- jenigen Problems ausgeht, auf das unsre ganze Erörterung hier hinaus- läuft: die Frage nach der Kopf- oder Fußnatur der Arme. Jatta kommt auf Grund seiner histologischen Befunde zur Annahme der Fuß- natur der Arme, eine Auffassung, der wir nach unsern Beobachtungen zum mindesten stark zuneigen müssen. Um endhch noch einen Vertreter Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 24 370 Karl Richter, der experimentellen Richtung namhaft zu machen, so sei avif Steiner (1890) verwiesen, bei dem sich der Passus findet (S. 47): »Die Nerven der Tentakel wurzeln im Pedalganglion und die Tentakel gehören demnach dem Fuße, nicht dem Kopf an. Dieses Ergebnis dürfte ein definitives sein.« Chun hat bei Chiroteuthis (S. 273) an der Brückencommissur An- zeichen für ein, wenn auch nur teilweises Wurzeln der Armnerven im Pedalganglion nicht finden können und ist geneigt, die Angaben speziell von Hancock und Posselt für irrtümUch zu halten. Die Erörterung des Ursprunges der Armnerven führt zur Betrach- tung ihres Verlaufes. Die insgesamt zehn Nervenstränge, deren Ge- stalt bereits (S. 367) zur Genüge gekennzeichnet wurde, verstreichen in leichtem Bogen zwischen Schlundkopf und Augenbulben hindurch (vgl. Fig. 4), um in die Basis der Arme einzutreten. Ehe dies wirk- lich geschieht, haben sie alle, auch die so außerordentlich breiten oberen drei Bänder {n.hrach. 1 — 3) eine schlanke rundliche Form angenommen. Nunmehr werden sie ziemlich unvermittelt wesentlich dicker und laufen als gleichmäßig starke Stämme in den Armen hinauf. Die Ganglion- bildung an der Armwurzel ist nicht sonderlich scharf ausgeprägt. So schreibt auch Hancock (S. 2), daß jeder Armnerv >>an in- distinct oval ganghon« bilde. Appellöf (1890, S. 8) erwähnt für Chaunoteuthis gangliöse Anschwellungen an der Armbasis, die seiner Zeichnung (PI. II, Fig. 8a) nach verhältnismäßig groß sind, besonders im Vergleich zu denen auf Hancocks Abbildung (pl. I, fig. 2, 3 p). Chiroteuthis weicht betreffs dieser Verhältnisse kaum von meinen Formen ab. Nachtragend möchte ich hier bemerken, daß über der- artise Besonderheiten der Gestaltung, wie ich sie in der voransehenden Darstellung für die Arm- und Tentakelnerven hervorgehoben habe, sich in der Literatur kaum nennenswerte Angaben finden. Hancock deutet, allerdings durchaus unzureichend, ihre bandförmige Gestalt auf seiner Zeichnung (pl. I, fig. 2, 3 o) an. Hillig (S. 782 — 783) ver- merkt außerdem eine rundliche Gestalt des Tentakelnerven im Gegen- satz zur bandförmigen der gewöhnlichen Armnerven. Wenn wir nunmehr zur Erörterung der Armnervencommissur über- gehen, so berühren wir damit \Yiederum einen äußerst interessanten und zugleich vielfach erörterten Punkt; letzteres dürfte besonders eine historische Betrachtungsweise hervortreten lassen. Hancock schreibt (S. 2): »These ganglions (= Armwurzelganglion, d. V.) are united with each other by nervous cords, and thus a complete chain of nerves and sanalions encircles the oral Channel. « Er erwähnt Das Nervensystem der Oegopsiclen. 371 also mit keinem Wort die Verdoppelung der Commissur, die er in seiner Abbildmig (pl. I, fig. 2, 3) für die beiden Baucharm- und die Ten- takelnerven einzeichnet. Brock ist dieser Umstand nicht entgangen, und er verleiht dem an der Stelle, wo er von der einfachen Armnerven- commissur der Decapoden, von der höher differenzierten von Cirro- teuthis und der »die höchste bekannte Differenzierungsstufe« dar- stellenden Commissur der übrigen Octopoden spricht und durch drei Skizzen erläutert (Taf. XII, Fig. 8 Ä — C), in einer Anmerkung Aus- druck (Brock 1880, S. 228, Anm. 4): »Hancock zeichnet die Arm- uervencommissur bei Ommastrephes todarus nicht einfach, sondern mit bogenförmigen Schenkeln, etwa wie Cirroteuthis, ohne indessen im Texte dieses auffallenden Verhaltens zu gedenken. Ich habe die betreffende Commissur stets einfach gefunden, will aber nicht ver- schweigen, daß mir die HANCOCKsche Zeichnung zur Zeit meiner Unter- suchungen noch nicht zugänglich war. « Brock ist also vorsichtig genug, das Vorhandensein einer doppelten Commissur nicht völlig in Abrede zu stellen. Auf jeden Fall selbst gefunden hat Brock eine solche nicht, und Posselt ist daher in diesem Punkte im Irrtum, wenn er bei Erwähnung der Armner venringcommissur (S. 327) die Bemerkung einflicht: »wo ich, ebenso wie Brock, eine doppelte Com- missur finden konnte«. Da Posselt keine eignen Zeichnungen bringt, kann man hieraus leider nicht entscheiden, ob er, wie Hancock, eine doppelte Commissur nur bei Baucharm- und Tentakelnerv oder bei allen Armnerven oder endlich, ob er schon richtig die Ringcommissur, wie wir sie nachher kennen lernen werden, festgestellt hat; letzteres halte ich allerdings für wenig wahrscheinlich. Appellöf kommt bei Veranya (1889) auf die Armnervencommissur gar nicht zu sprechen, umso ausführlicher behandelt er sie bei Chauno- teuthis. Es sei mir gestattet, seine zugleich allgemein orientierenden Ausführungen hier im Wortlaut zu bringen (1890, S. 8): »Eine sehr interessante Erscheinung bieten die Armnerven vor dem Eintritt in die Arme. Wie gewöhnlich sind die gangliösen Anschwellungen, welche sich in der Basis der Arme in jedem Nerven befinden, durch dicke Commissuren verbunden. Bekanntlich wird hierdurch bei allen Deca- poden, soweit sie bisher untersucht sind, ein einfacher Nervenring rings um die Basis der Arme gebildet. Bei den Octopoden dagegen ist dieser Ring nicht einfach, indem die Commissur zu beiden Seiten jedes Ganglions verdoppelt ist und einen bogenförmigen Schenkel bildet, der frei über das Ganglion hin wegzieht. Über eine Abweichung von diesem Bau des Nervenringes ist mir in der Literatur keine Angabe 24* 372 Karl Richter, bekannt. Zwar zeichnet Hancock bei Om. iodarus eine Verdoppelung der Armnervencommissur ab, erwähnt deren aber in dem Text nicht. Weder Brock noch Posselt i haben diese Verdoppelung wieder- o-efunden, weshalb ihr Dasein wenigstens sehr zweifelhaft ist. Übrigens bildet, nach den Zeichnungen von Hancock zu urteilen, die Verdoppe- lung keinen bogenförmigen Schenkel, welcher frei über dem Ganglion liegt; zu jeder Seite des Ganglions geht aber von der Commissur ein Zweig ab, der sich wieder mit dem Armnerv verbindet — dasselbe Verhältnis, wie es Cirrhoteuthis unter den Octopoden zeigt.« Appellöf läßt nun weiter eine Darstellung seiner eignen Befunde bei ChaunoteutJiis folgen. Es decken sich diese so vollkommen mit den meinigen, daß ich auf seine im folgenden mitgeteilte Beschreibung als auch für meine drei Formen geltend hinweisen kann. Es heißt da bei Appellöf (1890. S. 9): »Ich war nun sehr überrascht, als ich bei Chaimoteuthis eine deutliche Verdoppelung der Armnervencommissur vorfand (PI. II, Fig. 8 n.c). Dieselbe bildet zwar keinen bogen- förmigen Schenke], hat aber übrigens denselben Verlauf wie bei den Octopoden. In der Mitte zwischen je zwei Ganglien findet nämhch die Zerspaltung der Hauptcommissur statt und nun läuft der abge- spaltete Zweig frei über das Ganglion, um sich auf der andern Seite wieder mit der Hauptcommissur zu verbinden. Die Commissur ist nun eine ganz kurze Strecke einfach, indem die Punkte, wo die Zer- spaltung stattfindet, einander sehr nahe liegen. Der abgespaltete Zweig ist bedeutend feiner als die Hauptcommissur. « Ich habe dem noch einiges hinzuzufügen. Die Strecke der ein- fachen Commissur war bei meinen Formen zwischen einzelnen Arm- nerven wesentlich länger, als es Appellöf für Chaunofeuthis angibt. Man blickt in seiner beigegebenen Figur (PI. II, Fig. 8) offenbar von innen her gegen die Commissur. denn deren Nebenäste (n. c.) sind über die Armnervenstränge weglaufend gezeichnet. In meiner Abbildung (Taf. IV), bei der man von außen her gegen die Armnervencommissur schaut, gehen naturgemäß umgekehrt dieselben Nebenäste unter den Armnervensträngen und dem sogenannten Ganglion, deuthcher aus- gedrückt, nach innen von diesen hinweg. Deutlich ersichtlich ist aus meiner Zeichnung auch, daß auf diese Weise an jeder Armw^urzel ein mehr oder weniger breitgezogenes, flaches »Nervendreieck« zustande kommt. Die Basen der einzelnen Dreiecke, also die eben beschrie- benen, innen unter den Armnervensträngen frei hinwegstreichenden 1 Laut obigem Zitat (S. 371) hat aber Posselt doch die doijpelte Comiuissur beobachtet; man muß also hier ein Versehen Appellöfs annehmen. Das Nervensystem der Oegopsiden. 373 Teile, bilden zusammen mit den ungespaltenen Teilen der Com- missur {c. interbrach.) einen regelrechten Nervenring, der sich übrigens ziemlich nahe der Oberfläche am Innenrande der Armbasen rings um die Mundöffnung hinzieht. Von ihm aus dringen die >>Dreiecksschenkel << unter mehr oder weniger spitzem Winkel nach außen gegen die Mitte der einzelnen Arme, die Tentakel nicht ausgenommen, vor, um in das Armwurzelganglion einzumünden. Sie zeigen sich mitunter ebenso wie die »Dreiecksbasen« in zwei Stränge gespalten. Die Armnerven- commissur in ihrer Gesamtheit ist bandförmig bis schwach rundlich gestaltet. Die Tatsache, daß die Dreiecksbasen stets schwächer aus- gebildet sind als die Dreiecksschenkel, läßt uns erstere als Neben- commissur, letztere mit den ungespaltenen Teilen der Commissur zu- sammen als Hauptcommissur bezeichnen. Diese allein dürfte, wie Appellöf auch bei Chaunoteuthis besonders betont (1880, S. 9, Anm. 2), der einfachen Commissur der übrigen Decapoden entsprechen. Appel- löf, der sich an dieser Stelle gegen Brock wendet, scheint übersehen zu haben, daß dieser entgegen seiner Äußerung im laufenden Text (Brock 1880, S. 229 oben) in der beigefügten Anmerkung (S. 229, Anm. 2) eigentlich auch seine (Appellöfs) Ansicht vertritt, indem er schreibt: »Den anatomischen Verhältnissen entspricht es allerdings besser, wenn man sagt, die Armnerven hängen durch einfache Com- missuren zusammen, die vor jedem Nerven sich schleif enförmig ( = unsre »Dreiecksbasen« d. V.) verdoppeln, denn die bogenförmigen Schenkel (= unsre »Dreiecksschenkel«, d. V.) gehen in rechtem Winkel von dem Armnerven ab und scheinen die eigentlichen Homologa der einfachen Decapodencommissur zu sein. « Übrigens hat Appellöf auch bei einer OnycJioteuthis-Ait — er nennt sie nicht genauer (vgl. 1890, S. 9) — nach der Armnervencommis- sur gesucht, ohne sie gefunden zu haben; ihr Vorhandensein möchte er jedoch in Anbetracht des schlechten Erhaltungszustandes seines Materials nicht in Abrede stellen. Bei Chiroteuthis imperator ergab meine Nachprüfung, daß auch hier nicht nur der Tentakelnerv, wie es Chun (1910, S. 273; Taf. XLI, Fig. 5 n.tent.) angegeben hat, sondern sämtliche Armnerven durch »Doppeläste mit dem Ring verbunden« sind (s. meine Fig. 18 (S. 350) n.hrach. 1, 2, 3, 4; n.tent.). Es hegen also bei diesem Oegopsiden genau dieselben Verhältnisse vor wie bei Chaunoteuthis und meinen drei Formen. Der Tentakelnerv von Chiroteuthis zeichnet sich nur insofern vor den andern aus, daß er mit der Ringcommissur {c. interbrach.) durch beson- ders kurze und feine Äste verbunden ist (Fig. 18 n.tent.). 374 Karl Richter, Von der Ringcommissiir oder Commissura interbrachialis (Taf. IV c. interbrach.) und dem Armwiirzelganglion aus setzen sich die Arm- nerven als gleichmäßig starke cylinclrische Stränge bis zur Armspitze fort. Sie zeigen dabei also keine perlschnurförmige Gestalt, die übrigens auch für Chiroteuthis und Sepia in Abrede gestellt wird; ebensowenig tritt sie in Hancocks Abbildungen (pl. I, fig. 2, 3 o') auf. Während dieses Verlaufs geben sie zahlreiche feine Fäden an die Oberfläche der Arme ab, und zwar besonders von ihren Seitenrändern aus, da einem jeden Armnerven außen die Arteria brachiahs aufliegt. Die Ober- fläche der Arme — darauf weist schon Hancock ganz richtig hin — , die auf diese Weise reichlich mit Nerven versorgt wird, ist offenbar in hohem Grade sensibel. Ein Gleiches muß von der Buccalmembran vermutet werden. Ihre Innervierung wird bei allen drei Formen folgendermaßen bewirkt. Zwei Nervenfäden, die sich nur durch ihre größere Länge von den gewöhnlichen, die Armoberfläche innervierenden feinen Fäden unter- scheiden, treten zur Innenseite der Armbasis hindurch und weiter in die Buccalmembran ein, um hier ein kleines längliches Ganglion zu bilden. Dieses entsendet außer mehreren seitlich in der Membran sich verherenden zarten Fäden insbesondere einen verhältnismäßig starken Nerven nach vorn (Taf. IV n.pil.hucc. 1, 2, 3, 4), der unter Abgabe feiner Astchen im muskulösen Buccalpfeiler bis zu dessen Spitze verläuft. Den sieben Buccalpfeilern entsprechend gibt es auch sieben Buccal- pfeilernerven. Die beiden Tentakelnerven Hefern, da an den Tentakel- armen sich keine Heftungsstellen von Buccalpfeilern finden, auch keine Buccalpfeilernerven, ebensow^enig der Nerv des einen der beiden Dorsal- arme. Der dorsale Buccalpfeiler ist zwar an beiden Dorsalarmen an- geheftet, seine Innervation konnte bei den vorhegenden drei Formen indes nur von einem dieser beiden Arme aus beobachtet werden (Taf. IV n.pil.bucc.l). Hancock hat bis auf einen Punkt die Buccalmembraninnervierung schon richtig ermittelt. Das Irrtümliche seiner Feststellung hegt ledig- lich darin, daß er in seiner Figur (pl. I, fig. 2 q) als Verbindung vom Armwurzelganglion hinüber zum Buccalpfeilerganglion nur einen ein- zigen Nervenstrang einzeichnet, zudem von fast genau derselben Stärke wie den vom Buccalpfeilerganglion aus zur Spitze des Buccalpfeilers streichenden Nerven. Letzteren beobachtete ich auch anfangs schon regelmäßig, hielt ihn aber zunächst für ein Blutgefäß, da sein Zusammen- hang mit dem Armnervenstamm nicht zu erweisen war. Schließhch stellte es sich denn heraus, daß in Wirklichkeit eben zwei ganz dünne Das -Nervensystem der Oegopsidcn. 375 Fäden den Zusammenhang zwischen Armnerv und Buccalpfeiler- gangUon herstellen. Die Zahl der vom Buccalpfeilernerven und -ganglion in die Buccal- membran ausstrahlenden Nervenfäden ist bei Hancock entschieden etwas überreich ausgefallen (vgl. pl. I, fig. 2 q q'). Appellöf bringt keinerlei Angaben über eine Innervierung der Buccalmembran. Pos- selt (S. 328) scheint über Hancocks Befund nicht hinausgekommen zu sein, denn er bezeichnet die vom Armwurzelganglion in die Buccal- pf eiler gehenden Stränge als den Armnerven selber >>ähnnche, mit einem Ganglion versehene Nervenfasern«. Höchst interessant sind Chuns Ausführungen über diesen Gegen- stand. Bei Chiroteuthis zwar erwähnt oder zeichnet er überhaupt keine Buccalpfeilernerven, dafür aber kommt er auf S. 18 seines Oegopsiden- werkes (1910), worauf schon Hillig hinweist, eingehend auf die Buccal- trichter und -heftungen der Oegopsiden im allgemeinen zu sprechen. Die Buccalpf eiler findet er >>in ihrer ganzen Längsausdehnung von Nerven durchsetzt, welche ähnlich wie die Armnerven anschwellen und mit einem peripheren Belag von Ganglienzellen ausgestattet sind (Taf. III, Fig. 16)<<. Eine schöne Bestätigung bedeuten meine Befunde besonders auch im Hinblick auf Chuns Textfig. 7 (S. 18), aus der er- sichtlich ist, daß auch hier die Verbindung des Buccalpfeilernerven mit der Innenseite des Armnerven bzw. Armwurzelganglions durch einen im Verhältnis zum distalen Buccalpfeilernerven sehr dünnen Nerven- faden bewirkt wird. Die sichere Feststellung, daß ein gleiches Verhalten auch für Chiroteuthis imperator zutrifft, war ein erfreuliches Ergebnis meiner diesbezüglichen an diesem Oegopsiden angestellten Nachuntersuchung. Ich konnte, genau wie bei meinen drei Formen, mehrfach zwei sehr feine Nervenfäden (Fig. 18 7i.pil.bucc. 1, 2, 4) als Verbindung zwischen Armnerv und Buccalpf eilerstrang feststellen. Wo sich nur eine ein- fache derartige Verbindung vorfand {n.pil.hucc. 1, 3), möchte ich das Vorhandensein eines zweiten oder gar dritten solchen äußerst feinen, schwer unversehrt freizulegenden Nervenästchens nicht gänzlich in Abrede stellen. Ein eigentliches deutliches Buccalpfeilerganglion wie bei meinen Formen, mit zarten ausstrahlenden Fäden, habe ich hier nicht wahr- nehmen können, höchstens leichte Anschwellungen, wie sie in meiner Fig. 18 auch angedeutet sind. Sehr auffällig war bei Chiroteuthis der stark gewundene Verlauf vor allem des distalen Teiles des Buccal- pfeilernerven, indem dieser zwischen den deutlich hervortretenden 376 Karl Richter, Riiigmiiskelzügen der Buccalmembran sich nach unten (innen) ausbog. Es läßt das auf eine starke Kontraktion der ganzen Buccabnembran schheßen, von der man, wie Herr Prof. Chun mir gegenüber gelegent- lich äußerte, wohl vermuten darf, daß sie sich beim lebenden Tier bis weit vor die hornigen Kiefer über die Nahrungsbrocken hinweg zu ziehen vermag. Beim dorsalen Buccalpf eiler von Chvroteuthis konnte ich überdies mit aller Bestimmtheit eine Innervierung von beiden Dorsalarmen aus sicherstellen (Fig. 18 n.pil.hucci), während ich ja, wie oben (S. 374) angeführt wurde, bei meinen drei Formen nur einseitige Innervation nachweisen konnte. Um schließlich noch Sepia zu erwähnen, so hat auch Hillig (S. 784; Taf. XXXIV, Fig. 9) eine solche von zwei Seiten her erfolgende Innervierung des dorsalen Buccalpfeilers beschrieben. Was die übrigen im Zusammenhang mit den N. brachiales besprochenen Teile anbelangt, so erübrigt sich zunächst ein Eingehen auf eine Brückencommissur bei Sepia ohne weiteres, denn G. pedale und brachiale grenzen bei diesem Myopsiden unmittelbar aneinander. Vom Vorderrande des Armgan- ghons entspringen die acht Armnerven und die beiden Tentakelnerven wie bei unsern Formen vollkommen getrennt voneinander. Der Ten- takelnerv ist wesentlich stärker als der Baucharmnerv. Eine Sonder- stellung nimmt bei Sepia dieser Nerv des Greifarmes außerdem noch in zweierlei Beziehung ein. Erstens — das wurde schon erwähnt (S. 370) — ist er allein rundlich, die andern sind bandförmig; zweitens ist er überhaupt nicht in die Armnervencommissur mit einbezogen. Diese ist eine einfache, un verzweigte Ringcommissur. 19. Nervi interbrachiales. Es sind dies (Taf. IV n. interbrach.) einige ziemlich unscheinbare Nerven, die von den einzelnen Armnervensträngen bald nach deren Ursprung aus dem G. brachiale abzweigen und sich nach kurzem Ver- laufe in der umhegenden Pfeilermuskulatur verlieren. Der N. inter- brachialis des ersten ( = dorsalen) Armnerven hat bei lUex regelmäßig zwei Wurzeln, die eine am oberen, die andre am unteren Rande dieses Nervenbandes. Die von der Basis des zweiten Armnerven, die sich übrigens bei allen drei Formen stets in zwei Stränge gespalten zeigt (Taf. 'lY'n.hrach.2). abgehenden beiden N. interbrachiales erweisen sich bei Stenoteuthis als besonders breit bandförmig, während die zwischen der Basis des zweiten und dritten N. brachialis hervorkommenden, also wirklichen »Interbrachiales << bei allen drei Formen dünne rund- Das Nervensystem der Oegopsiden. 377 liehe Fäden sind. An Stelle des vom unteren Rande des dritten Arm- nerven entspringenden Fadens wurde melirmals ein ziemlich breiter, schräg nach vorn zum Tentakelnerven streichender Verbindungsstrang beobachtet. In der Literatur finden sich, was Oegopsiden betrifft, N. inter- brachiales nicht erwähnt. Bei Se'pia könnte man als solche vielleicht die zwei vordersten von Hilligs N. antorbitales superiores (Hillig, Taf elfig. 8, n.antorb.sup.) ansprechen. 20. Nervi antorbitales superiores. Diese Nerven (Fig. 3, 4 u. Taf. lY n.cmtorb.sup.) entstammen zwei oder drei Hauptsträngen, die breit bandförmig vom oberen »Seitenrande des G. brachiale ihren Ursprung nehmen. Die zahlreichen ziemlich dünnen Zweige, in die diese Bänder bei gleichzeitiger Anastomosen- bildung sich aufspalten, innervieren die an die Orbita angrenzende vordere dorsale Pfeilermuskulatur. Hancock beschreibt zwei »small nerves<< (pl. I, fig. 1, 2 t, t), die, den Abbildungen und ihrem Verbreitungsgebiet »in the muscular mass in front of the eyes<< (Hancock, S. 2) nach, unsern oberen Ant- orbitalnerven gleichzusetzen sind. Appellöf nennt keine N. antorbi- tales superiores unter diesem Namen; er spricht aber bei Veranya (1889, S. 17) von einigen feinen Nerven, die vom Rande des Brachialganglions aus »sich in der Muskulatur an der Basis der Arme verzweigen«. Man kann diese Angabe vielleicht noch eher auf untere Antorbitalnerven deuten. Bei Posselt (S. 328) glaube ich »zwei Paar kleine Haut- nerven «, die von der Oberseite des G. brachiale nach rückwärts entsprin- gen sollen, als N. antorbitales superiores ansprechen zu dürfen. Chun (S, 274) findet bei Chiroteuthis drei bis vier obere Antorbitalstränge, die nur ganz geringe Verzweigung aufweisen und rundlich gestaltet sind. Bei Sepia endlich werden drei den unsern vollkommen homologe N. antorbitales superiores angeführt (Hillig, S. 784). 21. Nervi antorbitales inferiores. Die unteren Antorbitalnerven (Taf. IV n.antorh.inj.) werden dar- gestellt durch etwa vier Nervenstämme, die im Gegensatz zu den band- förmigen Nervi antorbitales superiores alle eine mehr rundliche Ge- stalt besitzen. Sie teilen sich in viele Zweige, die unter Bildung von Anastomosen die vordere ventrale Pfeilermuskulatur innervieren. Der hinterste der vier Nervenstämme ist regelmäßig der stärkste und außer- dem derjenige, welcher die meisten Zweige abgibt. Der hinterste 378 Karl Richter, wieder von diesen Zweigen verstreicht bei allen drei Formen mit großer Konstanz dicht am Vorderrande der Öffnung entlang, die sich zwischen linker und rechter Orbita ventral von der Brückencommissur findet (vgl. Fig. 14) und die nur überzogen ist von einer dünnen Bindegewebs- lamelle. Die vordersten Zweige der N. antorbitales inferiores wurden bis zur Basis der Ventralarme verfolgt. Eine schleifenförmige Ver- bindung der beiderseitigen Stämme unterhalb der Arteria brachialis, wie sie Chun (S. 274) beobachtet hat, wurde hier niemals festge- stellt. Auf eine etwas fragliche Angabe Appellöfs — vorher treffen wir in der Literatur keine — wurde bereits hingewiesen (S. 377). Für Chiroteuthis werden von Chun (S. 274) zwei N. antorbitales inferiores angeführt. Der hintere von ihnen ist gleich dem hintersten unsrer unteren Antorbitalnerven der stärkste und derjenige, welcher die meisten Zweige liefert. Das Verbreitungsgebiet ist dasselbe, was ebenso für die vier N. antorbitales inferiores von Sepia gilt. Hillig (S. 785) beschreibt außer diesen einen N. ophthalmicus inferior anterior,, der bei seinem Austritt vom vordersten unteren und seitlichen Rande des G. brachiale den beiden vorderen Antorbitales inferiores vollkommen gleichen und deshalb wahrscheinlich von früheren Autoren übersehen worden sein soll. Ich kann für meine Formen das Vorhandensein eines solchen, nach Hilligs Abbildung (Tai. XXXIII, Fig. 8 n.ophth.inf.ant.) doch recht beträchtlichen Nerven mit gutem Gewissen in Abrede stellen. Bemerkenswert ist, was ich. bisher noch nirgends hervorgehoben finde, daß die N. antorbitales inferiores sowohl als die superiores sich, zum Teil wenigstens, aus zweierlei Fasern zusammenzusetzen scheinen, nämlich, wie die Armnerven, aus solchen des G. brachiale und des G. pedale. So zweigt z. B. der vorhin besonders erwähnte hinterste und stärkste Stamm der unteren Antorbitalnerven — daß die Verhält- nisse bei den oberen ganz entsprechend liegen, erhellt unmittelbar aus meiner Taf. IV {n.antorb.inf. u. swp.) — deuthch bereits von der Brückencommissur ab, ist also zunächst offenbar nur aus Fasern vom G. pedale her zusammengesetzt. Erst die schwächeren vorderen Ant- orbitales inferiores, die zwischen den mächtigen runden Stämmen des Baucharmnerven und des Tentakelnerven vom Brachialganglion her- unterziehen, teilen wahrscheinlich auch den Verzweigungen des hinteren Hauptstammes vermittelst der erwähnten Anastomosen Fasern des G. brachiale mit: ein Verhalten, das freilich erst durch mikroskopische Analvse klargfelegt werden kann. Das Nervensystem der Oegopsiden. 379 Nerven des Ganglion buccale superius. 22. Nervi labiales. Die Lippennerven (Fig. 4, 19 u. Taf. IV n.lab.) entspringen vom Vorderrande des Oberschlundganglions jederseits, von der Mediane aus n/ab n./ab. X. c. brach. bucc. Fig. 19. Das Oberschlundganglion (= Ganglion buccale superius) von Illex iUecebrosus mit abgehenden Nerven, von der Dorsalseite. Vergr. etwa 3 ; 1. 380 Karl Richter, gerechnet, ziemlich konstant als zehn schmale, mehr bandförmige als rundliche Nerven. Sie überziehen, radiär nach vorn ausstrahlend, den ganzen Schlundkopf, indem sie auch nach seiner Ventralseite herumgreifen. Einzelne lassen eine stellenweise Verbreiterung er- kennen (Fig. 19). Sie verlaufen in einer dünnen Muskelschicht, die dem Schlundkopf ziemlich oberflächlich aufliegt, an die übrigens ver- schiedenthch auch dünne Fäden abgegeben werden. Was die Endi- gungen der Lippennerven anbelangt, so konnten sie, wie ihr Name erwarten läßt, sämtlich bis in die den hornigen Kiefern direkt an- liegenden Lippen verfolgt werden, deren papillenartige Höcker sie ins- besondere zu innervieren scheinen und die sie damit zu offenbar höchst sensiblen Organen machen. Hancock (S. 4) läßt diese Nerven ausschließlich die erwähnte Muskelschicht versorgen, die er als >>buccal retractors« bezeichnet und die wahrscheinlich auch unter der >> dorsal dem Schlundkopf auf- liegenden Muskulatur« zu verstehen ist, in die die beiden Nervi supra- pharyngei bei Chiroteuthis (Chun, S. 274) eintreten. Appellöf be- schreibt für Veranya wie für Chaunoteuthis (1889, S. 15; 1890, S. 7) kleine Nerven vom »Oberpharynxganglion « an die »Mundmasse- Muskulatur«. Er hat sie also ebensowenig bis zu den Lippen verfolgt wie Hancock und Posselt, welch letzterer sie »sich strahlenförmig in die Muskeln der Mundmasse verteilen« läßt (S. 327). Hillig (S. 786) zählt 25 vom G. buccale superius ausstrahlende, von ihm zuerst so benannte Nervi labiales. Ein gruppenweiser Ur- sprung derselben, auf den er aufmerksam macht, ist überdies auch aas meiner Fig. 19 zu ersehen, ich verweise nur auf die fast durch- ^ehends zwei Lippennerven, die am weitesten außen im Ganglion wurzeln, regelmäßig am Hinterrande der Commissura buccaHs superior inferior {c.bucc.swp.inf.); daß diese eine Kleinigkeit ventraler als alle N. labiales aus dem Ganglion austritt, sei hier ergänzend ihrer früheren Beschreibung (S. 307) beigefügt. Nerven des Ganglion buccale inferius. 23. Nervus mandibularis. Der Nerv des Unterkiefers (Fig. 20 u. Taf . IV n.mand.) entspringt von den Vorderecken des Unterschlundganglions als ein starker, sehr breit ansetzender Nerv. Auf seinem Verlaufe gerade nach vorn verschmälert ec sich sehr rasch und gibt zunächst nach innen einen schmalen längeren und bald darauf nach außen einen breiten kurzen Zweig an die ober- flächhche und vordere Unterkiefermuskulatur ab. AllmähUch nähern Das Nervensystem der Oegopsiden. 381 sich dann rechter und hnker N. mandibularis der Mediane, dringen in die Tiefe des Schlimdkopfes ein und enden schließhch dicht neben- einander in der Submaxillardrüse, die sie allem Anschein nach auch innervieren. 24. Nervus maxillaris. Der Oberkiefernerv nimmt (Fig. 20 u. Taf. IV n.max.) außen neben dem eben beschriebenen Unterkiefernerven, ein wenig vor der Commissur zum Oberschlundganglion, als ein ziemlich breit bandförmiger Nerv seinen Ursprung. Schräg nach vorn außen läuft er ül)er den vorderen Teil der extrabulbären Speicheldrüse hinweg, um an ihrem oberen Rande in das Muskelpolster des Schlundkopfes einzudringen. Unter mehrfacher Aufteilung innerviert er nun mit seinen bandartigen Zweigen hauptsächlich die basale (hintere) Unterkiefermuskulatur, wahrschein- lich auch die des Oberkiefers mit, da an dieser sonst keine Nerven weiter beobachtet wurden. Ich muß diesen Befund besonders betonen, da Hancock (S. 5 q') sowohl als auch Hillig (S. 788) bei diesem Nerven nur von einer Inner- vation der Oberkiefermuskulatur sprechen. Da aber der N. maxillaris von Sepia nach Hilligs Abbildungen (Textfig. 2, 3, 8 n.max.) offen- sichtlich dem meiner Formen homolog ist, so habe ich, obwohl ich also eine Innervierung der Oberkiefermuskulatur durch diesen Nerven mit Sicherheit nicht habe feststellen können, doch den Namen N. maxil- laris übernommen. 25. Nervi linguales. In der Mitte des Vorderrandes, schon ein wenig von der Unter- ( = Dorsal-)Seite des G. buccale inferius, entspringt die Gruppe der Zungennerven (Fig. 20 n.lingu.). Es sind das insgesamt etwa acht, fast durchweg bandförmige Nerven, die nicht leicht aus der eigentüm- lich lamellenartig angeordneten Zungenmuskulatur freizupräparieren sind. Ein mittlerer unpaarer, schwacher und kurzer Faden verläuft ziem- lich oberflächhch. Ihm zur Seite entspringen die beiden eigentlichen Zungennerven. Sie umgreifen, sich vorn vereinigend, schleifenartig einen starken medianen Muskelpfeiler. Vom Vorderrande dieser Schleife verlieren sich drei (bei einem StenoteutJiis-l^xemplsLV vier) mehr oder weniger bandförmige Zweige nach vorn in die Zungen- muskulatur hinein. Das nach außen folgende Nervenpaar versorgt mit seinen Verzweigungen die fleischigen Lappen zu beiden Seiten 382 Karl Richter, der Zunge, was bereits Hancock erwähnt (S. 5), der diesen »fleshy laminae << drüsige Natur zuspricht. Ein paar weitere Fäden verstreichen etwas nach hinten unten zur Austrittsstelle des Oesophagus aus dem bucc. inF. c bucc sup.inF n. msncf. - 1 n. lingu. n. max. c bucc supinf _ _ — - /7. symp. Fig. 20. Das Untersclilimdganglion (= Ganglion buccale inferius) von lllex illecebrosus mit abgehenden Nerven, von der Ventralseite. Vergr. etwa 3 : 1. Schlundkopf. Eine Innervierung der extra- oder intrabulbären Speichel- drüsen konnte nicht festgestellt werden. Die vorstehende Beschreibung des Verlaufs der im Unterschlund- Das Nervensystem der Oegopsiden. 383 ganglion wurzelnden Schlundkopfnerven bedeutet im wesentlichen eine bloße Bestätigung dessen, was bereits Hancock gesehen und beschrieben hat. Wenn es mir auch möglich war, noch etwas ausführlichere An- gaben, insbesondere z. B. über die Zungennerven, zu machen, so kann man doch gerade hier erkennen, mit wie großer Sorgfalt und welchem Geschick dieser ältere Forscher bis zu Einzelheiten vorgedrungen ist, die wir mit unsern trefflichen Hilfsmitteln, wie sie sich z. B. in einer modernen ZEissschen Binocularlupe verkörpern, auch nicht viel weiter aufdecken. Posselt geht über Hancock nur in dem einzigen Punkte hinaus, daß er (S. 327) an »Stelle von dessen einem unpaaren Zungennerven (pl. I, fig. 1 r) deren zwei findet. Appellöf bietet gar nichts hierher Gehöriges. Pelseneee (1899, S. 56) hat bei Ommatostrephes pteropus offenbar ganz zutreffende Beobachtungen über den N. mandibularis gemacht. Seine Auffassung der Commissura buccalis superior inferior samt dem N. mandibularis als einer >>commissure labiale << (S. 55) verliert viel von ihrer anfänglichen Fremdartigkeit, wenn man sich an Hillig s (S. 754) Hinweis erinnert, daß schon nach Cherons Feststellung (bei Sepia) die Commissur der beiden Schlundganglien sich mit ihren Fasern am Aufbau der Unterkiefernerven beteiligt — nachträglich bemerkt, ich habe Ähnliches nie beobachten können. Es heißt nun bei Pel- SENEER : >> Dans Ommatostrephes pteropus, cette commissure est fort allongee; ses deux branches naissent des ganglions buccaux superieurs . ., elles presentent peu apres leur naissance, sous l'oesophage, ä leur bord ventral, un ganglion C[u'unit a son symetrique une courte commissure sous-oesophagienne : ce sont les ganglions et commissure stomato- gastrique (fig. 183, XTII)<<. Pelseneer scheint also die Sache so auf- zufassen, als entspringe der N. mandibularis vom G. buccale superius, bilde dann unterwegs an der Ventralseite des Oesophagus ein Ganglion und als werde rechtes und linkes derartiges Ganglion ( = unser G. buccale inferius, d. V.) durch eine Commissur verbunden. Man hätte sich hiernach für Ommatostrephes pteropus ein Unterschlundganglion mit sehr ausgesprochener Andeutung der Zweigangliennatur vorzustellen. Keinesfalls darf man bei der »commissure stomatogastrique << an den N. sympathicus denken, zumal die Figur, auf die verwiesen wird, keine Spur von diesem Nerven zeigt. Zu der weiteren Beschreibung des Verlaufes der beiden Unter- kiefernerven (= »les deux branches <<) ist ein Kommentar umso eher überflüssig, als sich Pelseneers Befund mit dem meinigen (Fig. 20) 384 Karl Richter, ziemlich deckt: »Les deux branches se prolongent ensuite en avant, a peu pres parallelement entre elles, et peu distantes l'ime de l'autre, sous- les muscles superficiels du bulbe, ä la face ventrale de celiii-ci. Ellea arrivent alors vers le bord posterieur de la mandibule ventrale, sous la masse de l'organe subradulaire, oü elles s'unissent (fig. 183, XV). Hancock avait vu l'amorce de cette commissure labiale, le nerf q, qu'il supposait se ramifier dans les muscles du bulbe.« Eine Innervie- rung der Submaxillardrüse hebt also Pelseneer nicht ausdrücklich hervor. Er kommt im Anschluß hieran auf die entsprechenden Ver- hältnisse bei Sefia zu sprechen und erwähnt da ein sonderbares >>paire ganghonaire << innerhalb des Schlundkopfes. Hierauf verweist Wülker (1910, S. 42) und hebt außerdem (S. 45) das Vorhandensein derselben Gebilde bei Loliginiden hervor. Ich möchte auf diese eigenartigen Ganglienbildungen im Innern des Schlundkopfes — Hillig nimmt davon keine Notiz — niu' nebenher aufmerksam gemacht haben. Chun (S. 274) hat bei Chiroteuthis den N. mandibularis, N. maxil- laris und ein paar Astchen offenbar von der Gruppe der Zungennerven beobachtet. Er faßt sie als Nervi infrapharyngei zusammen. Die Identität des N. mandibularis und maxillaris von Sepia mit den gleich- namigen Nerven unsrer Formen braucht wohl nicht erst betont zu werden. Eine Innervierung der Zunge kann Hillig (S. 788) nur ver- muten, dagegen weist er (S. 789) eine solche der vorderen Speichel- drüse nach, was mir nicht möglich war. — Unerwähnt geblieben ist nun noch einer der im Unterschlund- ganglion wurzelnden Nerven. Ihn behandeln die meisten Autoren mit einer gewissen ausgesuchten Sorgfalt, bildet er doch auch die Über- leitung zu einem weit abseits gelegenen ansehnlichen Ganglion: ich meine den Nervus sympathicus samt dem Ganghon gastricum, deren Besprechung wir uns nunmehr in einem letzten Teile dieser Arbeit zuwenden, 26. Nervus sympathicus. Der sympathische Nerv (Fig. 10, 11, 20, 21, 22 u. Taf. IV n.sijmp.) entspringt vom Hinterrande des Unterschlundganghons. Dabei zeigt er im Gegensatz zu allen bisher besprochenen Nerven des G. buccale inferius gewisse Unterschiede bei den einzelnen Formen. Für Illex und Stenoteuthis scheint unpaarer Ursprung des N. sympathicus, und zwar bald mehr links, bald mehr rechts von der Mediane des Ganglionhinterrandes, die Regel zu sein. Oft zeigt Das Nervensystem der Oegopsiden. 385 allerdings dieser einfache Strang bereits Zweiteilung angedeutet, ein Ver- halten, das auch ein Ommatostrephes-l&xeviiplsiT mit unpaarem, in der Mitte des Hinterrandes gelegenen Sympathicusursprung erkennen Heß. Das gewöhnliche Verhalten dürfte bei Ommatostrefhes indessen dop- pelter Ursprung sein, wobei beide Stränge entweder dicht neben- oder übereinander entspringen oder mit größerem gegenseitigen Abstände in der rechten und linken ganglionären Verdickung des Unterschlund- ganglions wurzeln. BezügUch dieser Verdickungen, die natürlich der sichtbare Ausdruck der Verschmelzung zweier ehedem getrennter Gan- glien sind (vgl. S. 308), sei bei dieser Gelegenheit bemerkt, daß sie in ihrem gegenseitigen Größenverhältnis schwanken, indem bald die linke (vgl. Fig. 20), bald die rechte Ganglionhälfte stärker entwickelt ist. Die sympathischen Nerven legen sich sogleich nach ihrem Ur- sprünge der Ventralfläche des Oesophagus an und laufen darauf, »ge- legentlich freilich«, wie auch für Chiroteuthis vermerkt wird (S. 274), >> durch Bindegewebe und die umliegenden Organe so verdeckt, daß sie nur schwer wahrnehmbar sind«, bis zum Magenganglion hinab. Einen negativen Befund verzeichnet für die sympathischen Nerven nur Appellöf (1890, S. 12). Hancock und Posselt berichten von ihrem unpaaren Ursprung, während für Chirotheutis und Sepia zwei getrennte Wurzeln im Unterschlundganglion festgestellt werden. Inter- essanterweise findet Hillig (S. 789) beim Sympathicus auch eine gewisse Unregelmäßigkeit, indem er nämlich bei einem Exemplar be- obachtet, daß die dünnen Zweige, die die beiden N. sympathici von Sepia kurz nach ihrem Ursprünge abgeben, sich vereinigen und wieder in den linken N. sympathicus eintreten; also eine Art Schleifenbildung liegt auch hier vor, wie wir sie nachher bei uiisern Formen noch kennen lernen werden. Carlson (1905) zeichnet in seiner Fig. 21 einen kurzen Ast (g) des Magenganglions ein, dessen er im Text nicht Erwähnung tut. Wir dürfen ihn aber nach der in der Figurenerklärung unter Nr. 9 angeführten Bezeichnung »commissure between brain and gastric ganglion« als Sympathicus ansprechen. Was die Angaben der Autoren über den Verlauf der N. sympathici vom G. buccale inferius zum G. gastricum anbelangt, so kann ich Hancock beistimmen (S. 5), da auch nach meinen Befunden die schmalen Bänder des Sympathicus nicht ausschließlich ventral, sondern auch seithch und streckenweise dorsal am Oesophagus herablaufen; nach Posselt (S. 330) verstreichen sie sogar in der Hauptsache auf der »Oberseite«, also dorsal. Ein Nervengeflecht, wie es Hancock (pl. II, fig. 1 F) die Sympathici auf dem Oesophagus bilden läßt, habe ich Zeitschrift f. wisaensch. Zoologie. CVI. Bd. 25 386 n.y/sc -H — u n brancb. n. branch. - -^^ - ^ visc.gastr. -\- - n. duct. hep. n. stom- dors n stom. ventr. ^ — n. sfom. coec dors. n. sfom coec. venfr. an f. n. sfom. coec venfrposK - ß/. Fig. 21. Magenganglion (= Ganglion gastricum) von lllex illecebrosus mit ausstrahlenden Nerven; Ventral- ansicht. Vergr. etwa 3'/ 2 : 1- Karl Richter, Das Nervensystem der Oegopsiden. 387 niemals beobachten können, höchstens eine gelegentUche Trennung und Wiedervereinigung, also Schleifenbildung (vgl. Fig. 21 s.; siehe auch S. 394). Das Magenganglion mit den von ihm ausgehenden Nerven weist bei den untersuchten drei Formen zwar nicht solche Unterschiede auf, wie sie uns beim System des N. visceralis begegneten (S. 330 ff.). Immerhin dürfte es sich empfehlen, auch hier für die Beschreibung zwei Gruppen zu bilden, und zwar, wie schon oben, bestehend aus Illex einerseits und Ommatostre'phes und Stenoteuihis anderseits. Bevor wir mit der Schilderung beginnen, sei mir noch eine Be- merkung verstattet. Der Zeichnung für Illex (Fig. 21) diente wesent- lich zur Unterlage ein weibliches Exemplar, das einen abnorm großen Magen aufwies (indem dieser hier etwa dreimal so groß wie gewöhnlich war). Naturgemäß ließen sich daran die Nerven gut verfolgen, auch waren sie bei diesem Exemplar recht gut von den Blutgefäßen zu unter- scheiden. Auffällig erschien die wellige Krümmung der vorn vom Magenganglion entspringenden Nerven im Gegensatz zu dem geraden Verlaufe der hinteren. Bei andern Exemplaren verhielt es sich freilich gerade umgekehrt. Wir behandeln zunächst Illex illecebrosus. Das in seinem Umriß elliptisch bis eiförmig gestaltete Magenganglion (Fig. 21 g.gastr.) Hegt in dem Winkel, den der in den Magen eintretende Oesophagus mit dem austretenden Mitteldarm bildet. Meist zeigt es, da es in diesen Winkel gewissermaßen eingeklemmt ist, mehr oder minder deutlich drei Kanten, zwischen diesen also drei Flächen aus- gebildet. Von letzteren liegt die eine ungefähr horizontal, dabei der Ventralseite zugekehrt, sie ist daher in Fig. 21 (und auch 22) die allein sichtbare Fläche, während von den beiden andern die eine sich dem Oesophagus, die andre dem Mitteldarmrohr anlegt. Ein Querschnitt in der Mitte des Ganglions würde denmach etwa stumpf dreieckig aus- fallen, wobei die stumpfe Spitze des Dreiecks nach unten (dorsal) gerichtet wäre. Der Verlauf der N. sympathici vom Unterschlundganglion aus wurde bereits (S. 385) beschrieben. Sie münden in das G. gastricum vorn, etwas seitlich rechts i, nicht eigentlich am Rande, sondern ein wenig schon auf der Ventralfläche des Ganglions ein. 1 Rechts und Hnks sind, wie das gleich im voraus festgelegt wurde und woran hiermit erinnert sei, immer als von dorsal aus gesehen zu betrachten, so- 25* 388 Karl Richter, Die Commissura viscero-gastrica {c.visc.gastr.) beschäftigte uns ganz vorübergehend bereits (S. 336) beim System des N. visceralis. Wir haben nun hier auf diese Commissur, die bei allen drei Formen mit Sicherheit nachgewiesen wurde, genauer einzugehen, zunächst für Illex (für Ommatostrephes und Stenoteuthis vgl. S. 392). Hier entspringt sie genau in der Mitte des Vorderrandes des Magenganglions als ein ziemlich starker Strang. In scharfen Krümmungen, von denen eingangs schon die Rede war, verstreicht sie nach vorn in die Tiefe, dorsal unter den Pancreasanhängen und damit auch dorsal vom Herzen. Etwa in der Höhe des Vorderrandes des Herzventrikels (Hv.) geht von ihr ein Zweig an jeden der beiden von außen oben herabkommenden Ductus hepatici ab (Fig. 11 n.duct.hep.), bis an deren Austrittsstelle aus der Leber diese Zweige beiderseits verfolgt werden konnten. Wahrscheinlich inner- vieren sie zugleich die den Lebergängen ansitzenden Pancreasanhänge. Es kommt nun der Fall vor, den Fig. 21 veranschaulicht, daß die Gastro- visceralcommissur nur den einen (in der Fig. 21 den linken) Ductus hepaticus mit einem Zweige versorgt, während der andre samt dem zugehörigen Teil des Pancreas von einem selbständigen Nerven des G. gastricum innerviert wird, der von diesem links neben der Commissur entspringt. Ihr parallel streicht er nach vorn, um dann, sie kreuzend, nach außen abzubiegen. Nach Abgabe der Aste bzw. des einen Astes an Lebergang und Pancreasanhänge verläuft die Commissura viscero-gastrica weiter nach vorn, und zwar nunmehr auf der Ventralfläche des hintersten Leber- abschnittes, um sich noch unterhalb der hinteren VisceraUscommissur {c.visc.post.) zu teilen. Der eine, der linke Teilzweig geht dorsal unter dem Herzventrikelnerven (n.cord.) hin entweder direkt zum linken N. branchialis (vgl. Fig. 11), oder er läuft zunächst unter diesem hin- weg, um in kurzem Bogen noch eine Strecke weit dem hintersten Zipfel des Tintenbeutels ventral sich anzulegen und endlich von dorsal her in den linken Branchialisstrang einzumünden (vgl. Fig. 21). Der rechte Teilzweig der Commissura viscero-gastrica geht dorsal unter der hinteren VisceraUscommissur seitlich hinweg und mündet ebenfalls von dorsal her in den rechten Visceralstrang ein, ungefähr genau so viel oberhalb der hinteren VisceraUscommissur, als der andre Teilzweig unterhalb derselben sich mit dem linken Branchialisstrang vereinigt. Der Viscerogastralcommissur gerade gegenüber entspringen vom daß, was sich hier als rechts bezeichnet findet, auf den beiden eine Ventralansicht bietenden Zeichnungen der Magenganglien (Fig. 21 u. 22) links zu suchen ist und unigekehrt. Das Nervensystem der Oegopsiden. 389 Hinterrande des Magenganglions die beiden Hauptmagennerven oder Nervi stomachi. Der rechte dieser beiden ansehnlichen Stränge ent- springt nicht selten etwas ventraler als der linke, also mehr von der Fläche des GangHons, nicht eigentlich von seinem Rande. Eines solchen Verhaltens wurde ja bereits bei den N. sympathici (S. 387) Erwähnung getan, wo diese Art des Ursprunges, ein wenig von der Ventralfläche des Ganghons, die Regel ist. Dieser rechte Nerven- stamm'also geht zur Ventralseite des Hauptmagens {H.), um sie bis zur Magenspitze hinab mit seinen Asten zu innervieren; er ist daher als Nervus stomachi ventralis (Fig. 21 n.stom.ventr.) zu bezeichnen. Der andre Hauptmagennerv ist bei Illex gewöhnlich der stärkste aller vom Magenganglion ausstrahlenden Nerven. Er entspringt links neben dem ventralen Hauptmagennerven stets deutlich vom Rande des Ganglions. Schräg nach außen hinten verstreicht er zwischen Neben- magen {N.) und Hauptmagen hindurch zur Dorsalfläche des letzteren, die er ganz ähnlich, wie der ventrale Nerv sich auf der Ventralfläche aufteilt, mit seinen Verzweigungen versorgt; wir nennen ihn daher Nervus stomachi dorsalis (n.stom.dors.). Ehe er zur Dorsalseite hinab- steigt, gibt er übrigens noch einen mittelstarken Zweig ab, der unter Zweiteilung auf der Ventralfläche des Hauptmagens nahe seinem linken Seitenrande hinabverläuft (vgl. Fig. 21). Wenig hinter der Mitte des linken Seitenrandes des G. gastricum wurzeln in diesem die beiden ebenfalls ansehnlichen ventralen Neben- magennerven oder Nervi stomachi coeci ventrales. Von ihnen ist bald der vordere = N. stomachi coeci ventralis anterior (Fig. 21 n.stom.coec. ventr.ant.), bald der hintere (fi.stom.coec.ventr.post.) stärker als der andre. Beide verschwinden kurz nach ihrem Ursprünge vom Ganglion zwischen der Ventralfläche des Mitteldarms und der Dorsalfläche des Nebenmagens, Der hintere sendet seine Zweige nach dem Bhndsack des Nebenmagens (5L) zu, während die des vorderen sich in dem Falten- system in der Mitte des Nebenmagens verlieren, dort, wo die Leber- gänge darin einmünden. Die Falten des Nebenmagens werden nun außerdem noch versorgt von einem dorsalen Nerven = N. stomachi coeci dorsalis (Fig. 21 n.stom.coec.dors.). Es ist das ein ziemlich dünner Nerv, der zwischen den N. sympathici und der Commissura viscero- gastrica vom Magenganglion entspringt, um den austretenden Mittel- darm (rect.) dorsal herum verläuft, an diesen hierbei auch einen Zweig abgebend, und dann auf die Dorsalseite des Nebenmagens übertritt. Bei einem Exemplar stand er sogar direkt in Verbindung mit dem vorderen ventralen Nebenmagennerven {n.stom.coec. ventr.ant.), hatte 390 Karl Richter, Das Nervensystem der Oegopsiden. hier auch fast dieselbe Stärke wie dieser. Der N. stomachi coeci ven- trahs anterior entsendet übrigens außer einigen kürzeren feinen Fäden noch zwei längere, sehr dünne Nervenfäden {n.rect.) an den Mitteldarm, an dem sie, anfangs ventral, dann zum Teil dorsal, hinaufverfolgt werden konnten bis in Höhe der Mitte des Tintenbeutels. Sie stehen in Verbindung mit zwei andern Fäden, in der Fig. 21 auch als N. recti (n.rect.) eingezeichnet, die rechts neben der Viscerogastralcommissur im G. gastricum ihre gemeinsame Wurzel haben. Schheßlich ist noch zahlreicher dünner Nervenfädchen zu ge- denken, die vom rechten Ganglionrande zwischen den N. sympathici und den N. stomachi {dors. u. ventr.) entspringen. Sie innervieren insbesondere den Oesophagus an der Stelle seines Eintritts in den Magen sowohl ventral wie dorsal, andre verteilen sich auch noch auf dem vordersten Teile der Ventralfläche des Hauptmagens (vgl. Fig. 21). Was frühere Angaben über das Magenganglion von Illex anbe- langt, so kommt hier einzig und allein Carlson (1905) in Betracht. Freilich im Text bringt dieser Autor überhaupt nichts auf das G. gastricum Bezügliches, wir sind vielmehr lediglich auf seine Fig. 21 (PL VII) angewiesen. Auf dieser Abbildung ist durchaus richtig die Lage des Ganglions angegeben, ebenso, worauf wir noch (S. 397) zu- rückkommen, unter Nr, 8 die Commissura viscero-gastrica. Auch der Ursprung des N. sympathicus, auf den wir oben (S. 385) den unter Nr. 9 eingezeichneten Ast des MagengangHons deuteten, ist zutreffend beobachtet. Carlson gibt außerdem noch fünf Nerven mit ihrer Wurzel im Ganglion an; es hieße leere Vermutungen aussprechen, wenn man sie mit den hier beschriebenen Nerven des G. gastricum in Vergleich setzen wollte. Es möge weiterhin die Besprechung der Magenganglionverhältnisse der beiden andern Formen folgen. Bei Ommatostrephes und Stenoteuthis hat das Magenganglion (Fig. 10, 22 g.gastr.) eine mehr kugelige Gestalt, seine Lage aber ist dieselbe wie bei Illex. Die durch diese Lage bedingte, bei dieser Form (S. 387) schon des näheren erläuterte Ausbildung dreier Kanten des Magenganglions ist auch hier mehr oder weniger deuthch ausgeprägt. Was den allgemeinen Situs betrifft, so ist es vielleicht nicht un- angebracht zu erwähnen, daß das Hinterende des Tintenbeutels, das sich bei Illex höchstens bis wenig unterhalb der hinteren Visceralis- commissur erstreckt, hier bei Ommatostrephes und Stenoteuthis bis zum n cfucf. hep. - -, 391 n. sfom. dors. n. sfom. ifentn sfom. coec. i/enfr. ram. n sfom. coec. ventr. Fig. 22. Magenganglion (= Ganglion gastricum) von Stenoteuthis Bartrami mit ausstrahlenden Nerven; Ventralansiclit. Vergr. etwa 2V2: 1. 392 Karl Richter, G. gastricum herunterreicht, wobei es eingeschlossen und halb überdeckt wird vom Oesophagus, vom Mitteldarm und von den Pancreasanhängen. An Nervensträngen können wir in der Hauptsache dieselben wie bei Illex unterscheiden. Zur Erläuterung diene im folgenden die Fig. 22. Ventral- und Dorsalfläche des Hauptmagens {H.) versorgt je ein starker Nerv {n.stom.ventr. ; n.stom.dors.) mit seinen Verzweigungen, die hier freilich niemals so schön wie bei Illex sich bis zur Magenspitze ver- folgen ließen. Beide Nervenstränge entspringen vom Hinterrande des Ganglions nebeneinander, bisweilen auch übereinander. Ihnen entgegengesetzt, also vom Vorderrande des Magenganglions, entspringen dicht beieinander zwei mittelstarke Nerven. Sie laufen eng beisammen, wie sie entsprungen, auf dem Pancreas neben dem Oesophagus nach vorn. Noch bevor sie bis in Höhe der hinteren Visce- raliscommissur gelangt sind, gibt der linke dieser beiden Nerven einen schmalen Zweig ab, der zunächst zwischen beiden Strängen mit nach vorn verläuft, dann aber über den Nerven, von dem er sich abgetrennt hat, ventral hinweg hinüber zum rechten großen VisceraHsstrang ver- streicht, in den er oberhalb der breiten Commissura viscerahs posterior an seinem Außenrande einmündet. Es stellt dieser Zweig also die Commissur zwischen Magenganglion und Visceralissystem, die Commis- sura viscero-gastrica dar, die somit bei Ommatostrefhes und Steno- teuthis im Gegensatz zu der zum Teil doppelten von Illex in ihrer ganzen Erstreckung nur einfach ist (vgl. Fig. 21 u. 22 c.visc.gastr.). Erwähnt mag sein, daß bei je einem Exemplar von Ommatostrefhes und Steno- teuthis auch Einmündung dieser Commissur in den linken N. visceralis beobachtet wurde. Die beiden mittelstarken Nerven selber, von deren linkem wir eben die wichtige Commissura viscero-gastrica sich abzweigen sahen, verstreichen zu den Austrittsstellen der Ductus hepatici aus der Leber, sind also typische Nervi ductus hepatici (Fig. 22 n.duct.hep.). Die Abbildung (vgl. auch Fig. 10) zeigt, daß der vom G. gastricum aus zunächst links laufende dieser beiden Nerven zum rechtsseitigen, der ursprünghch rechts laufende aber zum linksseitigen Lebergang hinzieht ; letzterer nimmt dabei seinen Weg über seinen Partner samt der Viscero- gastralcommissur ventral und weiterhin dorsal unter den großen Visce- raUssträngen hindurch, wenig oberhalb der hinteren Viscerahscommissur. An die aus der Leber austretenden Ductus hepatici geben beide »Leber- gangnerven« je einen feinen Faden ab, sie selbst dringen in die Leber ein, um sich an den Gefäßen des hinteren Leberabschnittes zu ver- lieren. Die Innervierung des vorderen Teiles der Leber durch einen Zweig des N. hepaticus wurde bereits (S. 363) erörtert. Das Nervensystem der Oegopsiden. 393 Wurden bei lUex die Pancreasanhänge vermutlich von den Nervi ductus hepatici (S. 388) aus innerviert, so treten hier besondere, ge- wöhnUch zwei, Pancreasnerven auf (Fig. 22 n.pancr.). Der eine ent- springt hnks von den beiden Lebernerven (n.duct.hep.), aber nicht wie diese vom Vorderrande des Ganghons, sondern ein wenig dorsal, also von seiner Unterfläche. Der andre N. pancreaticus entspringt ent- weder neben dem starken, sofort zu besprechenden Nebenmagennerven (n.stom.coec.ventr.) vom linken Ganglionrande, oder er zweigt sogar erst von dem genannten Nerven selbst ab, wie es unsre Abbildung (Fig. 22) dartut. Er läuft dann im Bogen nach vorn und tritt in den linksseitigen Pancreasabschnitt ein, in dem er, ebenso wie der andre Nerv im rechts- seitigen, ein gutes Stück nach vorn verfolgt werden konnte. Der erwähnte ventrale Nebenmagennerv (Fig. 22 n.stom.coec.ventr.) ist bei Ommatostre'phes und Stenoteuthis meist der stärkste, richtiger gesagt, der breiteste aller vom Magenganglion ausgehenden Nerven; die beiden Hauptmagennerven {n.stom.ventr. u. dors.), die bei Illex (Fig. 21) diesen Rang einnahmen, sind hier nämlich rundlich ge- staltet. Bemerkt sei auch, daß der Nebenmagen (N.) bei diesen beiden Formen stets eine ansehnliche Entwicklung aufweist. Wenn bei Illex der Nebenmagen — den Bhndsackzipfel, der bei Ommatostrephes und Stenoteuthis übrigens kaum angedeutet ist, nicht eingerechnet — in seiner Länge etwa 2V2i^i9'l vom Hauptmagen übertroffen wird, so hier höchstens l'^-Zorn^h Ferner sind die Windungen des Nebenmagens stets äußerlich als Schneckenlinie sichtbar, wie dies auch in der Fig. 22 angedeutet ist. Der so außerordenthch breite ventrale Nebenmagennerv (Fig. 22 n.stom.coec.ventr.) verstreicht zwischen Nebenmagen und austretendem Mitteldarm {rect.) schräg nach hinten. Ehe er unter dem Nebenmagen verschwindet, gibt er noch einen schwächeren Ast ab, der, ebenfalls zwischen Mitteldarm und Nebenmagen, aber schräg nach vorn läuft. Der Hauptstrang entsendet dann weiterhin einesteils Zweige zur Ven- tralfläche des hintersten Abschnittes des Nebenmagens {ram.n.stom. coec.ventr.), wo bei Illex der langgezogene Blindsackzipfel ansetzt (vgl. Fig. 21 Bl.); andernteils gehen Zweige nach der Stelle, wo der Neben- magen in den Mitteldarm übergeht und wo in ersteren Pancreas- und Lebergänge einmünden. Die Nervenzweige dieses Bereiches stehen nun in Verbindung mit einem Nerven, der dorsal vom Ganglion entspringt, dorsal um den Mitteldarm, an den er auch mehrere Fäden abgibt, herumverläuft, um sich schließlich eben mit den vorderen Zweigen des breiten ventralen 394 Karl Richter, Nebenmagennerven zu vereinigen. Dieser dorsale Nerv des Neben- magens (Fig. 22 n.stom.coec.dors.) ist, wie bei Illex, gewöhnlich be- deutend schwächer als der ventrale, nur in einigen Fällen kam er letzterem an Breite ziemlich gleich. Während nun aber bei Illex diese beiden Nerven nur ausnahmsweise in Verbindung zu stehen scheinen, wurde ihr direkter Zusammenhang bei Ommatostrephes und Steno- teuthis regelmäßig beobachtet. An der Stelle ihrer Vereinigung ent- senden sie hier feine Fäden in das Faltensystem des Nebenmagens. Der dorsale Nebenmagennerv (Fig. 22 n.stom.coec.dors.) gibt übri- gens auch einen Zweig nach der dorsalen Fläche des hintersten Neben- magenabschnittes ab {r am. n.stom.coec.dors.), der also gewissermaßen das Gegenstück bildet zu den bereits erwähnten hinteren Verzweigungen des breiten ventralen Nebenmagennerven {ram.n.stom.coec.ventr.). Diese entsprechen offenbar ganz dem bei Illex getrennt vom Magengan- glion entspringenden hinteren ventralen Nebenmagennerven (Fig. 21 n.stom.coec.ventr.post.) . Weiterhin entspringen vom G. gastricum von Ommatostrephes und Stenoteuthis dorsal noch Nerven, die den Mitteldarm {rect.) bei seinem Austritt aus dem Magen dorsal innervieren. In der Fig. 22 sind sie eingezeichnet zwischen ventralem Nebenmagennerv {n.stom.coec.ventr.) und dorsalem Hauptmagennerv (n.stom.dors.). Mit diesen beiden liegen sie natürlich nicht in einer Ebene, sondern sie verlaufen wesent- lich tiefer ( = dorsaler), wie das, auch bei den übrigen ganz dorsal verlaufenden Nervenzweigen, in der Fig. 22 durch die besonders ge- artete Strichelung (Strich — Doppelpunkt — Strich) angedeutet ist. Dem breiten ventralen Nebenmagennerven ungefähr gegenüber entspringen vom vorderen rechten Ganglionrande die beiden N. Sym- pathie! (Fig. 22 n.symp.). Vermerkt sei, daß auch un paarer Ursprung mit erst folgender Zweiteilung beobachtet wurde, ja bei einem Steno- teuthis-l^xemp\a,T konnte trotz allen Suchens überhaupt nur ein ein- facher N. sympathicus vom Ganghon aus am Oesophagus hinauf ver- folgt werden. Die beiden N. sympathici zeigen hier nicht selten einen, wenn auch geringen, Unterschied in der Stärke. Sie laufen, der eine zunächst dorsal, der andre ventral, am Oesophagus nach oben bzw. vorn. In der Höhe der Leber, wo sie gewöhnlich seitlich am Oesophagus verstreichen, zeigen sie die schon erwähnte (S. 387) Bildung von Schlei- fen und Anastomosen. Auch von der wechselnden Art ihres Eintritts bzw. Austritts am Unterschlundganglion war bereits ausführhch (S. 384) die Rede. Wie bei Illex entspringen auch hier vom rechten Ganghonrande Das Nervensystem der Oegopsiden. 395 zwischen den N. sympathici und dem ventralen Hauptmagennerven (Fig. 22 n.syni}}. u. n.stom.ventr.) eine Anzahl Fäden, die den Oeso- phagus bei seinem Eintritt in den Magen und den vordersten Teil des Hauptmagens selbst ventral innervieren. Schheßlich sei noch einer Reihe dünner Fäden gedacht, die am Mitteldarmrohr (rect.) ventral wie dorsal hinaufverfolgt werden konnten (n.rect.). Sie nehmen etwa in der Mitte der Dorsalfläche des Ganglions ihren Ursprung, dort, wo auch die bereits genannten Nerven an die Dorsalseite des austretenden Mitteldarms (in Fig. 22 zwischen n.stom.dors. und n.stom.coec.ventr.) und der dorsale Nebenmagennerv (n.stom.coec.dors.) entspringen. Ganz im allgemeinen sei endlich bemerkt, daß Ommatostrephes eine etwas reichere Mageninnervierung aufzuweisen scheint als Steno- teuthis. — Besser als bei Illex sind wir hier in der Lage, auf frühere Angaben über das G. gastricum und die von ihm ausgehenden Nerven zurück- greifen zu können. Bereits Hancock bringt darüber ziemlich aus- führliche und zutreffende Feststellungen. Bei seiner hier in erster Linie in Betracht kommenden Zeichnung (pl. II, fig. 1) muß man be- denken, daß sie eine Dorsalansicht darstellt; man muß sie also sich von hinten betrachtet vorstellen, um Vergleiche mit meinen Abbil- dungen (Fig. 10, 11, 21, 22) bequem anstellen zu können. Posselt und Appellöf Hefern keine hierher gehörige Zeichnung, diejenigen von Chun und Hillig (Chun, Taf. XLI, Fig. 6; Hillig, S. 790, Textfig. 9) sind wie die meinigen ventral ausgeführt. Was zunächst Form und Lage des Magenganglious anlangt, so hegen folgende Angaben vor. Hancock beschreibt die Form des GangUons mit den Worten (S. 11): »a considerable elUptical ganglion« und erinnert damit ebenso wie durch seine Abbildvmg (pl. I, fig. 1 z) eigentlich mehr an das Magenganglion von Illex als von Stenoteuthis oder Ommatostrephes. Appellöf findet es bei Veranya (1889, S. 19) »von runder Gestalt und mäßiger Größe«, bei Chaunoteuthis (1890, S. 12) ist es »ein länghches gelbliches Gebilde«. Posselt (S. 330) äußert sich über seine Form nicht. Bei Chiroteuthis (Chun, S. 275) hat es eine runde und bei Sepia (Hillig, S. 790) eine rhombische Gestalt. Über seine Lage berichtet Hancock (S. 11): »situated on the first stomach or gizzard ( = Hauptmagen, d. V.) close to the cardia ( = Oeso- phaguseinmündung) «. In seltener Einmütigkeit wird von den übrigen Autoren das Magenganglion als zwischen Cardia- und Pylorus- (Mittel- darmaustritt, d. V.) Teil des Magens liegend beschrieben; nur Vigelius 396 Karl Richter, (1881, S. 152) spricht von seiner Lage »zwischen Magen und Bhnd- darm<< und hebt außerdem die bedeutende Größe des MagengangUons von Thysanoteuthis rhombus hervor. Wenn wir jetzt weiterhin zu einem Vergleiche der verschiedenen Angaben der Autoren über die einzehien vom G. gastricum ausstrahlen- den Nerven übergehen, so ist dazu die Orientierung nach einem ganz bestimmten Nerven, von dem aus man sich über die andern jeweils noch angegebenen Nervenäste klar würd, recht angebracht. Am besten geeignet hierfür sind die beiden N. sympathici, finden sie doch allent- halben sich auch als solche beschrieben, abgesehen von Appellöf, der überhaupt keine Nerven des Magenganglions nennt. Auf die An- gaben über die sympathischen Nerven, nach Posselt (S. 330) >>die zwei interessantesten« der Magenganglionnerven, wurde bereits weiter vorn (S. 385) bezug genommen. Zum mindesten ebenso interessant scheint mir ein Eingehen auf die früheren Befunde über die Commissur zwischen G. gastricum und >> Venenganglion«, welch letzteren Namen Posselt (S. 330) unserer Commissura visceralis posterior beilegt. Hancock (S. 11; pl. II, fig. 1 y) stellt bei Ommastre'plies todarus eine Commissur zwischen G. gastricum und Visceralsystem zum ersten Male fest. Wenn er von ihr Äste an das Pancreas (C, C) abgehen läßt, so kann ich nur betonen, daß ich dieses Verhalten bei Ommatostre'phes oder Stenotevthis niemals, sondern lediglich bei Illex (S. 388; Fig. 11 n.duct.hep.) habe beobachten können. Eine Einmündung der Commis- sur, wie Hancock es darstellt, in das »ganghon on the vena cava<< ( = Commissura visceralis posterior) selbst ist mir bei allen drei Formen nie vorgekommen; ich habe an den betreffenden Stellen (S. 388 u. 392) zur Genüge ihre Einmündung in die Visceralis- und Branchialisstränge hervorgehoben. V. Jhering (1877) scheint, soweit ich die Literatur überschaue, in seiner Vergleichenden Anatomie zum ersten Male von der Han- cocKschen Entdeckung genauer Notiz genommen zu haben. In seiner Besprechung des Nervensystems von Ommastrephes todarus an Hand von Hancocks Arbeit lesen wir, nicht ohne ein gewisses Gefühl der Befriedigung, folgendes (S. 258): »Endlich ist noch zu bemerken, daß sich an Stelle der bogenförmigen Commissur, welche bei Sepia die inneren Äste der Visceralnerven verbindet, ein großes unpaares, der Vena cava anliegendes Ganglion findet, von dem nach außen die Kiemennerven abgehen, die auch an den Geschlechtsapparat Nerven abgeben, während zwischen ihnen noch zwei starke Nerven entspringen, die teils zum Gefäßsystem treten, teils eine Anastomose mit dem Ganglion gastricum Das Nervensystem der Oegopsiden. 397 bilden sollen. Letztere Angabe widerspricht so sehr allem bisher Be- kannten, daß sie bis auf weiteres wohl als auf einem Irrtume beruhend angesehen werden muß. Daß Versehen hier leicht vorkommen können, zeigt schon der Umstand zur Genüge, daß die gleiche Behauptung auch für Sepia häufig, zuletzt noch von Garner, gemacht worden ist. Hier ist sie durch Cheron widerlegt und Ommastrephes schließt sich im Nervensystem so den übrigen Decapoden an, daß es keinem Zweifel unterliegen kann, daß auch hier bei sorgfältiger Nachuntersuchung der Irrtum von Hancock in gleicher Weise wird berichtigt werden.« Die angestellte Nachuntersuchung hat nun freilich keine Berichtigung eines Irrtums, sondern die volle Bestätigung des fraglichen Punktes gebracht. Appellöf erwähnt die Commissur gar nicht, Posselt beschreibt sie (S. 331) genau ebenso wie Hancock; es hat fast den Anschein, übrigens auch bei den andern Zweigen des Magenganglions, als zähle Posselt nur die Befunde seines Vorgängers auf, ohne die betreffenden Zweige selbst verfolgt zu haben. Unsre Viscerogastralcommissur taucht nun erst wieder bei Carlson (1905) auf, und zwar, genau genommen, als zum zweiten Male ent- deckt, denn Hancocks Arbeit ist Carlson nicht bekannt, wie aus seinem Text (S. 149) hervorgeht: »This ventral visceral nervous com- plex ( = System des N. visceralis, d. V.) is connected with the cerebro- gastric nervous System by a commissure (8) from the left visceral nerve to the gastric ganglion (g). This nervous connection has not, to my knowledge, been noted before in the cephalopods. << Wie schon beim N. visceralis (vgl. S. 346 u. 348) so bedeuten auch hier bei der Commissura viscero-gastrica meine Befunde für Illex illecebrosus (S. 388) eine volle Bestätigung derjenigen Carlsons (PI. VII, Fig. 21, 8). Nicht beob- achtet hat dieser Forscher nur den rechten Doppelzweig der Commissur, dessen Einmündung in den rechten N. visceralis oberhalb der hinteren Viscerahscommissur (vgl. Fig. 21 c.visc.gastr.) ich stets habe nach- weisen können. Chun und Hillig haben bei Chiroteuthis bzw. Sejna eine Commissur zwischen G. gastricum und Visceralissystem nicht beobachtet. Es liegt uns weiter ob die Vergleichung der übrigen Magen- ganghonzweige nach den Feststellungen der einzelnen Forscher. Hancock hat ihre Hauptgruppen schon ungefähr richtig ermittelt (S. 11; pl. II, fig. 1). Er nermt Zweige (E) >>to the cardiac portion of the gizzard «, die den von mir beschriebenen Fäden entsprechen, welche den vordersten, an der Eintrittsstelle des Oesophagus belegenen Bezirk 398 Karl Richter, des Hauptmagens innervieren. Nach dem Hauptmagen selbst verfolgt Hancock drei ansehnliche tStränge (B), die sich allerdings mit unsern zwei Hauptästen nicht recht in Einklang bringen lassen. Leicht er- kennt man aber in dem »stout nerve (A) to the spiral stomach« den N. stomachi coeci ventralis unsrer Fig. 22 {n.stom.coec.ventr.) wieder, dessen Verzweigungen nach dem Hinterabschnitt und der Mitte des Nebenmagens Hancock ganz richtig beobachtet zu haben scheint. Am wenigsten Übereinstimmung zeigt sich beim austretenden Mittel- darm, an den Hancock einen einzigen kümmerlichen Zweig (D) ver- streichen läßt. Seine Angaben über die Innervierung des Pancreas wurden schon (S. 396) berührt, von einer solchen der Lebergänge lesen wir nichts. Daß PossELTs Angaben über die Magennerven eine bloße Wieder- gabe derjenigen Hancocks darzustellen scheinen, wurde bereits gesagt, ebenso, daß bei Appellöf jeglicher Vermerk über einzelne Nerven des Magenganglions fehlt. Chun (S. 275; Taf. XLI, Fig. 6) verzeichnet für CJiiroteuthis zwar eine geringere Anzahl Nerven des G. gastricum, die indessen alle Gruppen vertreten. Außer dem N. sympathicus bemerken wir da einen Ast zum Hauptmagen {r.stom.), dessen dorsaler Verlauf besonders hervor- gehoben wird. Von dem Ast zum Nebenmagen (r.stom. coec.) wird interessanterweise auch hier (vgl. S. 393) ein schwächerer Zweig als zum Pancreas abgehend beschrieben. Ein Nerv der Lebergänge [r.d.hef.) ist nur in der Einzahl, dafür umso stärker, ausgebildet. Zwei schwächere Äste versorgen den austretenden Mitteldarm (r) und (wahrscheinlich) den einmündenden Oesophagus [r.stom.'). Der kurze Einblick, den ich betreffs des Magenganglions von Chiroteuthis nahm, ließ mich ins- besondere auf die reichliche Innervierung der Lebergänge und auf den ansehnlichen Hauptmagennerven aufmerksam werden. Hillig (S. 790; Textfig. 9) findet bei Sepia officinalis im großen und ganzen den hier ermittelten ähnliche Verhältnisse vor. Wenn er vom Spiralmagennerven schreibt (S. 791), »er verzweigt sich hier recht eigenartig, insofern die Nebenäste fast senkrecht zum Hauptast stehen«, so möchte ich nachträglich bemerken, daß mir dasselbe Verhalten bei einzelnen Exemplaren von Illex ülecebrosus aufgefallen ist. Am Ende meiner Ausführungen sei mir gestattet, die Ergebnisse meiner Untersuchungen an den drei Formen aus der Familie der Om- matostrephiden kurz zusammenzufassen. Durch die eingefügten Ver- Das Nervensystem der Oegopsiden. 399 weise auf diejenigen Stellen meines Textes, wo sich die einzelnen Teile des Nervensystems behandelt finden, wird die folgende Zusammen- fassung ein Register ersetzen können. Zusammenfassung. Das centrale Nervensystem der drei untersuchten Formen (S. 290) setzt sich aus folgenden Ganglien zusammen: Ganglion cerebrale (S. 295), Ganglion pedale (S. 299), Ganglion viscerale (S. 301), Ganglion brachiale (S. 304), Ganglion buccale superius (S. 306), Ganghon buccale inferius (308); nebenbei sei genannt das GangHon peduncuH (S. 299, 311). Miteinander verbunden sind diese Ganglien durch folgende Com- missuren : 1. Commissura cerebro-pedalis oder lateralis (S. 299, 300) zwischen G. cerebrale und G. pedale. 2. Commissura cerebro-brachialis (S. 299, 304) zwischen G. cerebrale und G. brachiale. 3. Commissura cerebro-buccalis (S. 305, 307) zwischen G. cerebrale und G. buccale superius. 4. Commissura brachio-buccalis (S. 305, 307) zwischen G. brachiale und G. buccale superius. 5. Commissura brachio-pedalis ( = Brückencommissur) (S. 300, 368) zwischen G. brachiale und G. pedale. 6. Commissura buccalis superior inferior (S. 307, 309) zwischen G. buccale superius und G. buccale inferius. Hierzu kommen als Commissuren besonderer Art: Ramus reuniens nervi postorbitalis (S. 306, 317); Ramus reuniens nervi ophthalmici superioris (S. 306, 316, 317). Aus dem peripheren Nervensystem sind an ganglionären Bildungen zu nennen: Ganglion opticum (S. 309), Ganghon branchiale (S. 340, 341), Gan- glion stellatum (S. 353, 355), Armwurzelganghon (S. 370), Buccalpfeiler- ganglion (S. 374), Ganglion gastricum (S. 387 — 398), An Commissuren finden sich im peripheren System: Commissura visceralis anterior (S. 334) ; Commissura visceralis posterior (S. 336, 340) ; Commissura branchialis (nur bei Illex, S. 341); Commissura viscero-gastrica (S. 336, 388, 392); 400 Karl Richter, Commissura stellaris (S. 359) ; Commissura interbrachialis (S. 370). Was die von den zuerst angeführten centralen Ganglien entsprin- genden Nerven und deren Verbreitungsgebiet anbelangt, so wurde festgestellt : I. Vom Ganglion cerebrale aus 1. (l.)i Nervus opticus (S. 309) zur Retina; 2. (2.) Nervus olfactorius (S. 311) zur Geruchsgrube; 3. (3.) Nervus ophthalmicus superior (S. 314) zu den dorsalen Schichten des Augenbulbus selbst (Muskel, Argentea ex- terna, Blutgefäße [?J, Nähe der Iris), zu der dorsal dem Bulbus aufliegendem Muskulatur; Verbindung mit dem G. brachiale durch den Ramus reuniens (S. 306, 316, 317). II. Vom Ganglion pedale aus 1. (4.) Nervus postorbitalis (S. 316) zur Muskulatur des Kopf- daches und zum Musculus retractor capitis lateralis; außer- dem Verbindung mit dem Ganglion brachiale durch den Ramus reuniens (S. 306, 317). 2. (5.) Nervus oculomotorius posterior (S. 319) zum hinteren ven- tralen Augenmuskel. 3. (6.) Nervus oculomotorius anterior (S. 320) zum vorderen ven- tralen Augenmuskel und zur vorderen Ventralfläche des Bulbus. 4. (7.) Nervus infundibuli anterior (S. 323) zum vorderen und mittleren Teile der Trichterwandung, außerdem (nur bei Illex nicht beobachtet !) ein feiner Ast zur Trichterklappe, ferner bandförmige Nerven ( = rami laterales) zur Außen- seite der vorderen ventralen Orbita und zu einem Trichter- adductor. 5. (8.) Nervus infundibuli medianus (S. 325) zur Trichterklappe und dorsalen Trichtermuskulatur. 6. (9.) Nervus ophthalmicus inferior (S. 326) zur ventralen äußeren Orbita wand, gegen den Lidrand hin. 7. (10.) Nervi statici (S. 328) zur Außen- und Vorderfläche des statischen Organs. 8. (11.) Nervi retractoris capitis laterahs (S. 328) zum seitlichen Kopfrückziehmuskel und außerdem ( = ramus orbitalis n.retr.cap.lat. S. 329) zur hinteren Orbita. 1 In Klammern sind die laufenden Nummern angeführt, wie sie in den Überschriften der einzelnen Textabschnitte sich finden. Das Nervensystem der Oegopsiden. 401 III. Vom Ganglion viscerale aus 1. (12.) Nervus visceralis (S. 330) versorgt: Vena cava, Trichter- depressoren (S. 332); Enddarm, Tintenbeutel (S. 334), Ein- geweidemembran; Herz (S. 337, 341); Nidamentaldrüsen (S. 337, 342); Eileiter, Eileiterdrüse (S. 340, 342); Ova- rien (?;S. 342); NEEDHAMsche Tasche (S. 344); Kiemen- vene, Kiemenherz und Kiemenarterie (S. 340, 341); die Kiemen selbst (S. 340). 2. (13.) Nervus pallialis (S. 353) zum Mantel und zur Flosse ( = n. pinnalis S. 354). 3. (14.) Nervus collaris (S. 361) zur mittleren Nackenmuskulatur(?) und zum Musculus retractor capitis lateralis. 4. (15.) Nervus hepaticus (S. 362) zur muskulösen Leberkapsel und zu den Gefäßen des vorderen Leberabschnittes. 5. (16.) Nervus infundibuli posterior (S. 364) zum hinteren Trichter- abschnitt und zum mittleren und den beiden seitlichen Trichterorganen (Trichterdrüse). 6. (17.) Nervus venae cavae anterior (8. 365) zur Vena cava. IV. Vom Ganglion brachiale aus 1. (18.) Nervi brachiales und Nervus tentacularis (S. 367) zu den Armen bzw. zum Tentakel und zur Buccalmembran (S. 374). 2. (19.) Nervi interbrachiales (S. 376) zur Pfeilermuskulatur im Bereiche der Armnervenwurzeln. 3. (20.) Nervi antorbitales superiores (S. 377) zur dorsalen Pfeiler- muskulatur des Kopfes. 4. (21.) Nervi antorbitales inferiores (S. 377) zur ventralen Pfeiler- muskulatur des Kopfes. V. Vom Ganglion buccale superius aus 1. (22.) Nervi labiales (S. 379) zu den Lippen, die unmittelbar den hornigen Kiefern anliegen. VI. Vom Ganglion buccale inferius aus 1. (23.) Nervus mandibularis (S. 380) zur vorderen Unterkiefer- muskulatur und zur Submaxillardrüse. 2. (24.) Nervus maxillaris (8. 381) zur hinteren Unterkiefermusku- latur und zu der des Oberkiefers (?). 3. (25.) Nervi hnguales (S. 381) zur Zunge und den seitlich davon liegenden Muskelplatten. 4. (26.) Nervus sympathicus (S. 384) auf dem Oesophagus herab- laufend zum Magenganglion ( = Ganglion gastricum) ; von diesem aus werden versorgt : Lebergänge und hinterer Leber- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 26 402 Karl Richter, abschnitt, Pancreas (S. 388, 392, 393) ; Hauptmagen (S. 389, 392); Spiral- oder Nebenmageu (S. 389, 393,394); Oeso- phagus (S. 390, 394) ; Mittel- bzw. Enddarm (S. 390, 394) ; schließHch sei nochmals erinnert an die Verbindung des Magenganglions mit dem visceralen System: Commissura viscero-gastrica (S. 336, 388, 392). ' Daß meine Darstellung des Nerv^ensystems nicht lückenlos ist, zeigen in vorstehender Zusammenstellung die verschiedentlichen Fragezeichen, im Text selbst habe ich auch mehrfach auf Unklarheiten und Unsicher- heiten aufmerksam machen müssen. Endgültig dürfte Klarheit ge- schaffen worden sein in bezug auf die Armnervenringcommissur, die Buccalmembraninnervierung und die Verbindung des visceralen Systems mit dem G. gastricum. Kaum anzunehmen ist, daß die eigenartigen Rami reunientes nicht bald auch bei andern Formen nachgewiesen werden sollten, ebenso die Innervierung der Trichterklappe und des Trichterorgans. Für das viscerale System wäre wünschenswert die auf möglichst viele Formen ausgedehnte Feststellung des Vorhanden- seins entsprechender Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tieren, wie sie mir für Illex illecebrosus möglich war. Dabei wäre eine Ergänzung meiner Befunde bezüglich der Innervation der einzelnen Teile der Geschlechtsapparate, insonderheit der Hoden und Ovarien, sehr zu hoffen; dasselbe gilt für einige der größeren Blutgefäße (Aorta anterior und posterior). Gar nicht beobachtet habe ich eine Inner- vierung der vorderen und hinteren Speicheldrüsen. Eine Klärung aller dieser Verhältnisse des Nervensystems für einen möghchst weiten Formenbereich wird nicht verfehlen können, auf unsre Anschauungen über die Phylogeuie der Cephalopoden fördernd einzuwirken. Leipzig, im Mai 1913. Das Nervensystem der Oegopsiden. 403 Literaturverzeichnis. Es sollen hier außer denjenigen Arbeiten, die von mir selbst behandelt oder erwähnt worden sind, nur die angeführt werden, die sich in dem ausführlichen Literaturverzeichnis von Hillig (1912, S. 793), auf das im übrigen verwiesen sei, nicht vorfinden. 1889. A. Appellöf, Teuthologische Beiträge I. Borgens Museums Aarsberetning for 1889. Bergen. 1890. — Teuthologische Beiträge II. Bergens Museums Aarsberetning for 1890. Bergen. 1880. J. Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden. Morphol. Jahrb. Bd. VI. 1905. A. J. Carlson, Comparative Physiologie of the Invertebrate haart. 1. The Innervation of the heart. Biol. Bulletin of the Marine Biological La- boraty Woods Holl, Mass. Vol. VIII. 1866. Jules Cheron, Recherches pour servir ä l'histoire du Systeme nerveux des Cephalopodes dibranchiaux. Annales d. Sciences Naturelles. Cin- quieme Serie. Zoologie. T. V. 1910. C. Chun, Die Cephalopoden. 1. Teil. Oegopsiden. Wissensch. Ergebnisse d. Deutschen Tief see- Expedition 1898/99. Bd. XVIII. 1. Teil. Text u. Tafeln. 1911. — Cirrothauma Murrayi (n. g., n. sp.), ein blinder Cephalopod. Dekanats- bericht der Phil. Fakultät Univ. Leipzig. Jahrg. 1910/11. 1878. M. J. Dietl, Untersuchungen über die Organisation des Gehirns wirbel- loser Tiere. 1. Abt. Sitz.-Ber. d. math.-nat. Klasse d. kaiserlichen Akademie d. Wissenschaften, Wien. Vol. LXXVII. 1. Abt. Aprilheft. 1852. A. Hancock, On the Nervous System of Ommastrephes todarus. Annais and Magazine of Natural History. Second Series. Vol. X. 1895. HuxLEY u. Pelseneer, Report on the Spirula. Report on the Scientific Results of Challenger. Summary of Results with Appendix. Second Part. 1877. H. V. Jhering, Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylo- genie der Mollusken. Leipzig. 1887. G. Jatta, Sopra il cosi detto ganglio olfattivo dei cefalopodi. Bolletino della Societä di Naturalisti in NapoH, Serie la. Vol. 1°. Anno 1°, Fase. 1°. 1887. — La Vera origine del nervo olfattivo nei Cefalopodi. Boll. d. Soc. di Naturalisti in Napoli. Serie la. Vol. I, 1. Anno 1°. Fase. 2°. 1889. — La innervazione della braccia dei Cefalopodi. Bolletino della Societä di Naturalisti in NapoH. Vol. 3°. Anno 3°. Fase. 2". 1878. R. Klemensievicz, Beiträge zur Kenntnis d. Farbenwechsel d. Cephalo- poden. Sitz.-Ber. d. math.-nat. Kl. d. Kaiserl. Akad. d. Wissensch. Bd. LXXVIII. 3. Abt. Hft. 1—5. 1888. P. Pelseneer, Sur la valeur morphologique des bras et la composition du Systeme nerveux central des Cephalopodes. Archives de Biologie. T. VIII. Paris. 26* 404 K'^rl Richter, 1899. P. Pelseneer, Recherches morphologif|ues et phylogenetiqiies sur les Mollusques archaiques. Mem. couronnees et Mem. d. savants etrangers, publ. p. l'Academie royale des sciences de Belgique. T. LVII. 1912. G. Pfeffer, Die Cephalopoden der Plankton-Expedition. Zugleich eine monographische Übersicht der Oegopsiden Cephalopoden. Hierzu ein Atlas von 48 Tafeln. Kiel u. Leipzig. Verlag von Lipsius u. Tischer, 1912. 1890. H. J. Posselt, Todarodes sagittatus. En anatoniisk Studie. Videnskabe- lige Meddelelser fra den naturhistorische Forening i. Kjobenhavn. 1890. J. Steiner, Die Funktion des Centralnervensystems der wirbellosen Tiere, Sitz.-Ber. d. kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. zu Berlin. Jahrg. 1890. 1. Halbb, 1881. W. J. ViGELitis, Untersuchungen an Thysanoteuthis rhombus. Mitteil. d. zool. Stat. Neapel. IL 1908. Gr. B. Watkinson, Untersuchungen über die sogenannten »Geruchs- organe« der Cephalopoden. Inaug. Dissert. d. L^niv. Zürich. G. Fischer, Jena. 1888. E. Weiss, On some Oigopsid Cuttle-Fishes. Quart. Journ. Micr. Sc. 29. 1909. L. W. Williams, The Anatomy of the Common Squid (Loligo Pealii, Lesueur). Publ. under the Patronage of the American Museum of Natural History. New- York City. 1910. G. WÜLKER, Über Japanische Cephalopoden. Beitr. z. Kenntnis d. System, u. Anat. d. Dibranchiaten. Inaug. Dissert. d. LIniv. Leipzig, Akad. Buchdruck v. Straub, München. 1869. D. Zernoff, Über das Geruchsorgan der Cephalopoden. Bull. Soc. Imp, nat. Moscou. Erklärung der Abkürzungen. (Alphabetisch geordnet; gültig für sämtliche Figuren, auch für Tafel IV.) A., Auge; aort.ant., Aorta anterior , . , ,. r vordere oder Kopfaorta; aort.ceph., Aorta cephalica ' art.hranch., Arteria branchialis = Kiemenarterie; art.hep., Arteria hepatica = Leberarterie; art.palL, Arteria pallialis = Pallial-(Mantel-)arterie; art.post., Arteria posterior = hintere Arterie; As., Augensinus; ßl., Blindsack des Spiral- oder Nebenmagens; brach. 1,2,3,4, erster (= dorsaler), zweiter, dritter, vierter (= ventraler = Bauch-) Arm; c.alb.. Corpus album = weißer Körper; cart.nuck., Cartilago nuchalis = Nackenknorpel; c, Commissura; c.brach.bucc, Commissura brachio-buccalis = Commissur zwischen Brachial- und Oberschlundganglion ; Das Nervensystem der Oegopsiden. 405 cbrach.ped., Commissura brachio-pedalis = Commissur zwischen Brachial- und Pedalganglion = Brückencommissur; c.branch., Commissura branchialis = Commissur zwischen den beiden Nervi bran- chiales (nur bei Illex); c.bucc.sup.inf., Commissura buccalis superior inferior = Commissur zwischen Ober- und Unterschlundganglion ; c.cer.brach., Commissura cerebro-brachialis = Commissur zwischen Cerebral-(Hirn-) ganglion und Armganglion oder Brachialganglion; c.cer.bucc, Commissura cerebro-buccalis = Commissur zwischen Cerebral- und Oberschlundganglion ; c.cer.ped., Commissura cerebro-pedalis = dat.; c.interbrach., Commissura interbrachialis = Armnerven-Ringcommissur; dat., Commissura lateralis = breite oder Seitencommissur; c.stell., Commissura stellaris = Commissur zwischen den Ganglia stellata = Stern- gangliencommissur ; c.visc.ant., Commissura visceralis anterior = vordere Viscerahscommissur; c.visc.gastr., Commissura viscero-gastrica = Commissur zwischen Eingeweidesystem und Magenganglion; c.visc.post., Commissura visceralis posterior = hintere Visceralcommissur; g., Ganglion; im ^ Visceralissystem von Illex auch: verkümmerte Genitalzweige ; O., Geruchsgrube; g.brach., = Ganglion brachiale = Brachial-(Arm-)Ganglion; g.branch., Ganglion branchiale = Kiemenganglion; g.bucc.inf., Ganglion buccale inferius = Unterschlundganglion; g.bucc.stip., Ganglion buccale superius = Oberschlundganglion; g.cer., Ganglion cerebrale = Cerebral-(Hirn-)Ganglion; g.gastr., Ganglion gastricum = Magenganglion; gl.nid., Glans nidamentalis = Nidamentaldrüse ; g.opt., Ganglion opticum = Augen-(Opticus-)Ganglion; g.ped., Ganglion pedale = Pedal-(Fuß-)Ganglion; g.pedunc, Ganglion pedunculi ( = Ganglion olfactorium) = »Geruchsganglion«; g. stell., Ganglion stellatum = Stellar-(Stern-)Ganglion; g.visc, Ganglion viscerale = Visceral-(Eingeweide-)Ganglion; H., Hauptmagen (Stomachus); hv., Herzvorkammer (Herzohr); Hv., Herz Ventrikel, Herzkammer; K., Knorpel; Kh., Kiemenherz; Ko., Orbitaknorpel; Kr., Knorpelrand; Kst., Statocystenknorpel ; L.\,2, 3, Längsfalten des Halses (1 = ventrale, 3 = dorsale); Lr., Lidrand; M., Mantel; mu.i, vorderer ventraler Augenmuskel; mu.2, hinterer ventraler Augenmuskel; musc.depr.infd., Musculus depi'essor infundibuli = Herabziehmuskel des Trichters ; N., BHnd-, Spiral- oder Nebenmagen (Stomachus coecus); 406 Karl Richter, Nd?i., NEEDHAMSche Tasche; n.antorh.inf.. Nervi antorbitales inferiores = Nerven an die ventrale Pfeiler- muskulatur; n.antorh.swp., Nervi antorbitales superiores = Nerven an die dorsale Pfeiler- muskulatur ; n.atr., Nervus atramenti = Tintenbeutelnerv; n.&racÄ.l, 2, 3, 4, Nervus brachialis 1, 2, 3, 4 = Nerv des ersten (= Dorsal-), zweiten, dritten, vierten {— Ventral- oder Bauch- )Armes; n.branch., Nervus branchiaUs = Kiemennerv; n.coll., Nervus coUaris — Nerv der Nackenmuskulatur; n.cord., Nervus cordis = Nerv des Herzventrikels, Herznerv; n.cord.branch.dors., Nervus cordis branchialis dorsalis = dorsaler Kiemenherznerv; n.cord.branch.ventr ., Nervus cordis branchialis ventralis = ventraler Kiemenherz- nerv; n.depr.infd., Nervus depressoris infundibuli = Nerv des Trichterdepressors ; n.duct.hep., Nervus ductus hepatici = Nerv zum Lebergang (bei Illex auch zum Pancreas) und zum hintersten Leberabschnitt; n.gl.nid., Nervus glandis nidamentalis = Nidamentaldrüsennerv ; n.hep., Nervus hepaticus = Nerv an die muskulöse Leberkapsel und an den oberen Abschnitt der Leber; n.lab., Nervi labiales = Lippennerven; n.lingii., Nervi linguales = Zungennerven; n.infd.ant., Nervus infundibuli anterior = vorderer Trichternerv; n.infd.med., Nervus infundibuli medianus = mittlerer Trichternerv; n.infd.post., Nervus infmidibuli posterior = hinterer Trichternerv; n.mand., Nervus mandibularis = Unterkiefernerv; n.max., Nervus maxillaris = Oberkiefernerv; n.oculom.ant., Nervus oculomotorius anterior = vorderer Augenmuskelnerv; n.oculom.post., Nervus oculomotorius posterior = hinterer Augenmuskelnerv; n.olf., Nervus olfactorius = Nerv zur Geruchsgrube; n.opth.inf., Nervus ophthalmicus inferior = unterer Augennerv; n.oplith.sup., Nervus ophthalmicus superior = oberer Augennerv; n.opt., Nervus opticus = Sehnerv, Nerv zur Retina; n.ovar., Nervus ovarialis = Nerv zum Ovarium; n.ovid., Nervus oviducti = Nerv zum Eileiter; n.gl.ovid., Nervus glandis oviducti = Nerv zur Eileiterdrüse; n.pall., Nervus pallialis = Mantelnei*v; n.pall.ext., Nervus paUialis externus = äußerer „ . ■», ,,.,.. . I Mantelnerv; n.pall.int., Nervus pallialis internus = innerer n.pancr., Nervus pancreaticus = Nerv zum Pancreas; n.pil.bucc.l, 2, 3, 4, Nervus piH buccalis 1, 2, 3, 4 = Nerv des ersten (= dorsalen), zweiten, dritten, vierten (= ventralen) Buccalpf eilers ; n.pinn., Nervus pinnalis = Flossennerv; n.postorb., Nervus postorbitalis = Postorbitalnerv; n.rect., Nervus recti = Nerv des Mittel- bzw. Enddarms; n.retr.cap.lat., Nervi retractoris capitis lateralis = Nerven des seitlichen Kojjf- rückziehmuskels ; n.stat., Nervi statici = Nerven des statischen Organs; Das Nervensystem der Oegopsiden. 407 7i.stom.coec.dors., Nervus stomachi coeci dorsalis = dorsaler Nerv des Nebenmagens; n.stom.coec.ventr., Nervus stomachi coeci ventralis = ventraler Nerv des Neben- magens ; n.stom.coec.ventr.ant., Nervus stomachi coeci ventralis anterior = vorderer ven- traler Nerv des Nebenmagens; n.stom.coec.ventr. post., Nervus stomachi coeci ventralis posterior = hinterer ven- traler Nerv des Nebenmagens; n.stom.dors., Nervus stomachi dorsalis = dorsaler Hauptmagennerv; n.stom.ventr., Nervus stomachi ventralis = ventraler Hauptmagennerv; n.symp., Nervus sympathicus = sympathischer Nerv; n.tent., Nervus tentacularis = Tentakelnerv; n.vas.def., Nervus vasis deferentis = Nerv des männlichen Leitungsapparates; n.ven.branch., Nervus venae branchialis = Nerv der Kiemenvene; n.ven.cav.ant., Nervus venae cavae antei'ior = vorderer Nerv der Vena cava; 7i.ven.cav.fost., Nervus venae cavae posterior = hinterer Nerv der Vena cava; n.visc, Nervus visceralis = Visceral-(Eingeweide-)Nerv; o., Öffnung im Orbitaknorpel; oes., Oesophagus; ovid., Oviductus = Eileiter; P., Penis = Endstück des nur linksseitig ausgebildeten männlichen Leitungs- apparates ; Qu., Querschnitt; R., Ringfalte oder Ringkante des Halses; R-i, o, vordere, hintere Ringfalte; ram.coll.n.infd.post., Ramus collaris nervi infundibuli posterioris = Zweig des hinteren Trichternerven zur Collaris-Muskulatur; rmn.lat.n.injd.ant., Ranii laterales nervi infundibuli anterioris = seitliche Zweige des vorderen Trichternerven; ram.orh.7i.retr.cap.Iat., Ramus orbitalis nervorum retractoris capitis lateralis — Orbitazweig der Nerven des seitlichen Kopfretraktors; ram.reun.n.ophth.sup., Ramus reuniens nervi ophthalmici superioris = Verbin- dungszweig des oberen Augennerven zum Brachialganglion; ra7n.reun.n.postorh., Ramus reuniens nervi postorbitalis = Verbindungszweig des Postorbitalnerven zum Brachialganglion; rect.. Rectum bzw. Mitteldarm; s., Schleifenbildung; T., Trichter; Tg., Trichtergrube; Tk., Trichterknorpel; Tkh., Hinterende des Trichterknorpels; Tkl., Trichterklappe; Tkv., Vorderende des Triehterknorpels; tr7n., Nervenzweig an das mittlere Trichterorgan; trs., Nervenzweig an das seitliche Tricliterorgan; Tw., Trichterwand. 408 Karl Richter, Das Nervensystem der Oegopsiden. Übersicht über die (Text-) Figuren. Fig. 1 betrifft Illex illecehrosus; S. 296. Fig. 2 » Ommatostrephes sagittatus; S. 298. Fig. 3 » Stenoteuthis Bartrami; S. 301. Eig. 4 » Ommatostrephes sagittatus; S. 302. Fig. 5 » Illex illecebrosus; S. 312. Fig. 6 » Ommatostrephes sagittatus; 318. Fig. 7 » Stenoteuthis Bartrami; S. 318. Fig. 8 » Stenoteuthis Bartrami; S. 321. Fig. 9 » Stenoteuthis Bartrami; S. 324. Fig. 10 » Stenoteuthis Bartrami; S. 338. Fig. 11 » Illex illecebrosus; S. 339. Fig. 12 » Illex illecebrosus; S. 342. Fig. 13 » Illex illecebrosus; S. 343. Fig. 14 » Stenoteuthis Bartrami; S. 348. Fig. 15 » Stenoteuthis Bartrami; S. 349. Fig. 16 » Stenoteuthis Bartrami; S. 350. Fig. 17 » Illex illecebrosus; S. 351. Fig. 18 » Chiroteuthis imperator; S. 352. Fig. 19 » Illex illecebrosus; S. 379. Fig. 20 » lUes illecebrosus; S. 382. Fig. 21 » Illex illecebrosus; S. 386. Fig. 22 » Stenoteuthis Bartrami; S. 391. Erläuterung der Tafelfigur. Tafel IV. Das centrale Nervensystem von Stenoteuthis Bartrami, linke Seite. Vergr. etwa 31/2 '■ 1- Die Entwicklung von Strongyiocentrotus lividus. (Echinus microtubercuiatus, Arbacia pustulosa.) Von Leopold V, Ubisch. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Würzburg.) Mit 20 Figuren im Text und Tafel V— VII. Inhaltsverzeichnis. Seite I. Einleitung, Material, Methoden 409 II. Anlage der Organe 411 III. Die weitere Entwicklung der Organsysteme 419 IV. Abnorme Larven 440 Literaturverzeichnis 446 Erklärung der Abbildungen 447 I. Einleitung, Material, Methoden. Seitdem Johannes Müller (13) das Interesse der Zoologen für die Echinodermenlarven erweckt hat, ist deren Entwicklung sowie die Metamorphose, was die äußerlich sichtbaren Veränderungen anbetrifft, in vielen Arbeiten beschrieben worden. Über die inneren Vorgänge bei der Metamorphose konnte erst Klarheit geschaffen werden, als man daran ging, auf Schnittserien die Entwicklung zu studieren. Für die regulären Seeigel, mit denen wir uns hier beschäftigen wollen, ist diese Aufgabe in erster Linie von Mc. Beide (7) gelöst worden. Mit demselben Gegenstand beschäftigt sich eine vorläufige Mitteilung von Theel (16). Im wesentlichen stimmen die Beobachtungen beider Eorscher überein, im einzelnen fehlt es nicht ganz an Meinungsver- schiedenheiten. ' Mir stand ein recht umfangreiches Material von Larven und jungen Seeigeln von Strong/flocentrotus lividus, Echinus microtubercuiatus und Arbacia pustulosa zur Verfügung, das von Zuchten herstammte, die 410 Leopold V. U bisch, Herr Professor Giesbrecht in Neapel gemacht hat und mir von Herrn Geheimrat Boveri zur Bearbeitung übergeben wurde. Ich möchte nicht versäumen an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrat Boveri für das freundliche Interesse, das er meiner Arbeit entgegenbrachte und die vielseitigen Anregungen meinen tiefgefühlte- sten Dank auszusprechen. Bei meinen Untersuchungen konnte ich im wesentlichen die Be- obachtungen Mc. Brides und Theels bestätigen. Einige Lücken sind ausgefüllt worden, einige Vorgänge glaube ich anders erklären zu müssen. Ich habe den Versuch gemacht, durch möglichst genaue Schnitt- führung und Beigabe einer größeren Anzahl plastisch gezeichneter Schemata das Verständnis der verwickelten Entwicklungsvorgänge zu erleichtern. Die mir zur Verfügung stehenden Objekte waren in neutralem Formol konserviert. Gefärbt wurde meistens mit Boraxcarmin und Lichtgrün oder Bleu de Lyon. Die Schnitte wurden 5 — 10 f,i dick gehalten und im Verhältnis zur Larvenmedianebene horizontal, trans- versal oder sagittal geführt. Eine besonders sorgfältige Behandlung ist erforderlich bei der Entkalkung junger Seeigel. Es wurde mit Vio — V20% Salzsäure gearbeitet, da bei Anwendung stärker prozentiger Säure kleine Gas- blasen entstehen, welche die Gewebe schädigen. Eine so vorsichtige Entkalkung dauert allerdings sehr lange, es ist aber dann auch mög- lich, Seeigel von beliebiger Größe zu schneiden. Die organischen Reste der Stacheln, Skeletplatten, Kalkteile der Laterne lassen sich aufs beste untersuchen. Bei jungen Seeigeln bis etwa 1 mm Größe macht es keine Schwierig- keiten das vollständige Skelet mitzuschneiden. Um ein Zerreißen der Schnitte zu verhindern, genügt eine mäßig harte Einbettung in Celloidin- Paraffin. Schnittfig. 17 zeigt, daß selbst die Zähne auf Serienschnitten die Struktur ihrer Kalklamellen gut erkennen lassen. Die Abbildungen beziehen sich mit geringen Ausnahmen (siehe Tafelerklärung) auf Strongylocentrotus. Die inneren Entwicklungs- vorgänge verlaufen bei den drei untersuchten Gruppen so überein- stimmend, daß es nur selten nötig ist, auf kleine Verschiedenheiten hinzuweisen. Was also im Abschnitt 2 und 3 dieser Arbeit von Stron- gylocentrotus lividus gesagt ist, gilt auch für Echinus microtubercidatus und Arhacia 'pustulosa. Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 411 11. Die Anlage der Organe. In der vorliegenden Arbeit glaube ich die äußeren Veränderungen,, welche die Larven durchmachen, unberücksichtigt lassen zu können, ^.v.Cäl. larif.A. Textfig. ö. Pluteus vor Abschnürung des Cöloms. matisch. Sclie- Textfig. b. Pluteus nach Aschnürung des Cöloms, das sich in ein rechtes und linkes Stück teilt. Sche- luatisch. ■lart'.M. l.nCöL da sie oft beschrieben und hinlänglich bekannt sind. Ich werde mich daher in der Hauptsache darauf beschränken, die Entwicklung der eigentlichen Seeigelanlage zu unter- suchen. Außerdem werden die Organe der Larve, die ganz oder teilweise vom Imago übernommen werden, wie z. B. Darmkanal und Cölom berücksichtigt werden. Die jüngsten von mir untersuch- ten Larven befanden sich in einem Altersstadium, das durch das Vor- handensein von vier Fortsätzen cha- rakterisiert ist. Die Seeigelanlage war bereits in der Entwicklung begriffen, und ich möchte daher kurz die vor- hergehenden Vorgänge erläutern, so- weit sie zum Verständnis notwendig Textfig. c. sind, indem ich mich an Mc. BrIDES Vier-Fortsätze-Stadium. Teilung in rech- -P^ ,, -. . __ _.. - tes und linkes vorderes und hinteres Cölom, Darstellung halte. Kurz nach Bildung schematisch. des Urmundes verbreitert sich das freie im Innern der Larve liegende Ende des Urdarmes (Textfig. a) und schnürt schließlich ein Bläschen ab, das sich sogleich in ein rechtes und linkes teilt (Textfig. h, r.v. u. l.v.Cöl). Während das blinde Ende des- 412 Leopold V. Ubisch, Urdarmes nun mit einer ihm entgegenwachsenden ectodermalen Ein- stülpung, dem späteren larvalen Mund {larv. 31.) verwächst, und damit der Verdauuugstractus der Larve im wesentlichen fertig ange- legt ist, teilen sich die abgeschnürten Bläschen in je ein vorderes und hinteres Stück. Die beiden hinteren Tochterbläschen liefern das rechte und linke Cölom (Textfig. c, r. u. /. Cöl.). Textfig. d. Älterer Pluteus. Cölom und Hydrocöl iu allen Teilen erkennbar. Schematisch. Das linke vordere Tochterbläschen verbindet sich mit der Außen- welt durch einen Kanal, der dorsal, dicht links neben der larvalen Medianebene mündet (P. K. Textfig. d). Ferner entsendet es einen Schlauch, dessen Ende sich kolbenförmig verdickt, schräg nach links hinten, so daß er sich in der mittleren Höhe des Larvenmagens der linken Larvenseite nähert. Dieser Kolben ist die Anlage des Wasser- Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 413 gefäßsystems des Seeigels {Hyd. Textfig. c). Der Eest des Bläschens^ der in seiner ursprünglichen Lage verbleibt, liefert die sogenannte Ampulle (Amp.) und das vordere linke Cölom. Der Kanal, der die Ampulle mit der Außenwelt verbindet, wird zum Porenkanal, der Kanal, der sie mit der kolbenförmigen Verdickung verbindet, zum Stein- kanal (Textfig. c?, St.K.). Das rechte vordere Bläschen bleibt in der Entwicklung zurück, schnürt aber dann ein kleines zuerst kompaktes, später bläschen- förmiges Gebilde ab, das Mc. Bride als Äquivalent zum linken Hy- drocöl ansieht {Ds. S. Textfig. d). Auf die Gründe, welche für und gegen diese Annahme sprechen, komme ich später zurück, wenn über einige Doppelbildungen gesprochen werden soll, die sich unter meinen Larven fanden. Ich will das kleine Gebilde mit dem indifferenten Namen Dorsalsack bezeichnen, den schon Bury (1) gebraucht hat. Sobald sich das linke Hydrocöl {Hyd. Textfig. d) in Form jenes erwähnten Kolbens gebildet hat, stülpt sich an der ihm am nächsten liegenden Stelle der linken Larvenseite das Ectoderm zu einem Säck- chen ein, dessen blindes Ende schnell mehrschichtig wird und sich dem Hydrocöl dicht anlegt. Dieses Stadium hatten meine jüngsten Larven erreicht wie es Schnittfig. 1 zeigt (vgl. auch Textfig. d, ckt. Einst.). Die hinteren Cöl omanlagen sind inzwischen zu tellerförmigen flachen Blasen geworden, die zu beiden Seiten Magen und Enddarm der Larve umfassen. Jedoch berühren sie sich in diesem Stadium gegenseitig weder ventral noch dorsal. Auch das Hinterende des Magens wird von ihnen nicht bedeckt. Das linke Cölom reicht nicht ganz bis zum Hydrocöl nach vorn, wie es Textfig. d erkennen läßt. Später wächst es weiter, umgreift die Hydrocölanlage halbmondförmig, um sie schließlich ganz zu umwachsen. Es entsteht demnach ein doppel- wandiger Cölomring, der dem Magen mit seiner Fläche aufliegt. Im freien Mittelraum des Ringes liegt das Hydrocöl wie ein Uhrschälchen auf einem Holzring, der wiederum auf einem Tisch (dem Magen) aufliegt. Schnitt 1, ein schräger Querschnitt durch einen Pluteus, zeigt neben dem Anschnitt des Magens {M) das kolbenförmige Hydrocöl {Hyd.) mit dem dünnwandigen Steinkanal {St.K.). Ferner ist der mehrschichtige Boden der Ectodermeinstülpung erkennbar, der sich dem Hydrocöl bereits fast angelegt hat {EM. Bd.). Ich werde ihn stets kurz mit »Ectodermboden « bezeichnen. Der noch breite Eingang zu der durch die Einstülpung gebildeten Tasche wird sich später verengern und dadurch die sogenannte Amnionhöhle entstehen lassen {Amn.). In der Larvenhaut sehen wir zwei mehrschichtige Zellkomplexe. Es 414 Leoijold V. Ubisch, sind dies die Querschnitte durch die Wimperschnur (TFp.), die die beiden linken Larvenfortsätze begleitet. (Es sind der linke hintere Dorsalfortsatz und linke Präoralfortsatz.) Außerdem finden wir einige amöboide Wanderzellen (Wz.) vor. Der Kolben des Hydrocöls beginnt sich nun nach der Ectoderm- einstülpung abzuflachen und nimmt schließlich eine tellerförmige Ge- stalt an mit der convexen Seite nach dem Magen, der concaven nach dem Ectoderm zu. Gleichzeitig machen sich am Eande des >> Tellers« fünf Vorstülpungen bemerkbar, die Anlagen der fünf Primärtentakel. Noch bevor diese deutlich angelegt sind, wenn das Hydrocöl also noch kolben- förmig ist, erhält es an dem nach dem Hinterende der Larve gerichteten Ende eine erst seichte, dann bis in die Mitte des Hydrocöls reichende Einkerbung (Schnittfig. 2, zwischen IV und F). Auf Schnittfig. 2 sind ferner vier der Primärtentakel als schwache Buckel erkennbar. , Der fünfte (///) ist infolge seiner Lage dicht am Magen stärker aufgerichtet und daher nicht im Schnitt getroffen (/ — V). Auf dem optischen Schnitt 3 können wir das weitere Schicksal des Hydrocöls verfolgen. Das blinde Ende der Kerbe hat sich etwas erweitert, während ihre Mündung sich verengert. Etwas später ver- wachsen die im Schnitt 3 mit ^ bezeichneten Stellen miteinander und damit ist der Ringkanal des Hydrocöls hergestellt. Schnitt 4 zeigt ein Objekt in demselben Alter wie Schnitt 2 im Querschnitt. Wir sehen das Hydrocöl mit zwei der sanft empor gebogenen Primärtentakel, Dicht über dem Hydrocöl liegt der mehrschichtige Ectodermboden (Ect.Bd.). Der offene Sack der Einstülpung, den noch Schnittfig. 1 zeigte, hat sich nun schon zur Amnionhöhle (Anin.) mit engem Aus- gang umgebildet. Ferner finden wir den Anschnitt des Magens und auf beiden Seiten des Hydrocöls die Querschnitte des doppelwandigen Ringes des linken Cöloms, dessen Bildung oben beschrieben ist {l.CöL). Die Primärtentakel wachsen nun heran und müssen daher den dicht aufliegenden Ectodermboden an den Stellen, wo sie auf ihn stoßen, in die Amnionhöhle zurückstülpen. Es entstehen dadurch fünf radiale ins Innere der Amnionhöhle ragende Buckel. Schnittfig. 5 läßt bei -x- zwei derselben erkennen. Am linken Cölom, das inzwischen, wie oben beschrieben, das Hydrocöl umwachsen hat, ohne sich jedoch völlig zwischen Ringkanal und Magen einzuschieben, haben sich wichtige Veränderungen voll- zogen. Das äußere Blatt sowohl des rechten wie des linken Cölomsackes ist etwas dickwandiger geworden als das innere. Während das letztere, Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 415 dem Magen ziemlich dicht anhegend, dauernd eine ganz feine Lamelle mit vereinzelten flachen Kernen darstellt, sind im äußeren Blatt die Kerne häufiger und die Zellen nehmen eine mehr kubische Form an. Besonders stark ist diese Verdickung am äußeren Blatt des linken Cöloms in der Umgebung des Hydrocöls (Schnittfig. 4 und 5). Hier drängt sich das äußere Cölomblatt zwischen je zwei der Primärtentakel und bildet auf diese Weise fünf stumpfe Spitzen, die in der Richtung nach dem Centrum der Anlage über den Ringkanal hinüberwachsen. Da diese Gebilde, wie Mc. Bride (7), Theel (16) und Grave (3) ge- funden haben, die erste Anlage der späteren Laterne darstellen, seien sie als Zahnsäcke (>>dental sacs« bei Mc. Bride) bezeichnet. Schnitt- fig. 5 zeigt zwei dieser Anlagen {Z.S.) zwischen drei Primärtentakel (P.T.) eingeschoben. Man erkennt ihren Zusammenhang mit dem Cölom. Der Schnitt ist also ein wenig seitlich von der Mittellinie der ganzen Anlage geführt, so daß er den Ringkanal, der sich nun schon geschlossen hat (vgl. Schnittfig. 3), nicht mehr trifft. Der Ectodermboden wird nun auch durch diese fünf Zahnsäcke in die Amnionhöhle zurückgestülpt, so daß wir außer den fünf durch die Primärtentakel veranlaßten Buckeln (vgl. die mit -^ bezeichneten Stellen) in der Amnionhöhle noch fünf weitere kleinere vorfinden. Auf Schnittfig. 5 sind entsprechend den zwei getroffenen Zahnsäcken zwei dieser Buckel zu sehen und mit f bezeichnet. Da die Zahnsäcke central wärts, die Primärtentakel aber in diesem jungen Stadium centrifugalwärts wachsen, kommen die durch die ersteren veranlaßten Wölbungen in der Amnionhöhle mehr central zu liegen als die von den Primärtentakeln erzeugten. Schnittfig. 6 zeigt denselben Vorgang an einem noch weiter sagittal geführten Schnitt. Wir sehen zwei Primärtentakel (P.T.) mit ihrem ectodermalen Überzug und zwischen ihnen in Verbindung mit dem äußeren Cölomblatt einen der Zahnsäcke ( Z.S.). Auch er ist vom Ectodermboden bedeckt, und es zeigt sich deutlich die in die Amnion- höhle ragende zwischen den beiden Primärtentakeln gelegene Spitze. Textfig. e und / stellen schematische Rekonstruktionen dieses Stadiums dar. Textfig. e zeigt nur Hydrocöl und Cölom, alle darüber liegenden ectodermalen Gewebe sind entfernt zu denken. Man sieht dann auf den bereits geschlossenen Ringkanal (R.K.) mit den fünf Primärtentakelu (P.T.), deren Enden dem Beschauer zugekehrt sind. Zwischen ihnen greifen die Zahnsäcke ( Z.S.) über den Ringkanal. Textfig. / zeigt die zu derselben Anlage gehörenden ectodermalen Teile. Wir blicken in die Amnionhöhle, deren Dach zum größten Teil ent- 416 Leopold V. Ubisch, fernt ist, hinein und sehen dort die fünf peripheren Tentakelbuckel ( x ) und fünf mehr centralen Zahnbuckel (+). Die Darstellung dieser Vorgänge stimmt im wesentlichen mit der von Mc. Bride gegebenen überein. Nur gibt er an, daß die Zahnsäcke erst einige Tage nach den ectodermalen Falten entstehen, die ihnen in der Amnionhöhle entsprechen. Er nennt diese von mir mit + be- zeichneten Ectodermbuckel Epineuralfalten, da sie die Epineural- kanäle zu liefern bestimmt smd. Aus Theels Beschreibung geht nicht mit Klarheit hervor, in wel- cher zeitlichen Reihenfolge Zahnsäcke und Epineuralfalten entstehen. Textfig. e. Hydrocöl und Cölom. Bildung der Zahnsäcke. Schematisch. Textfig. /. Die ectodermalen Teile der Seeigelanlage zur Textfig. e, Bildung der Epineuralfalten. Sche- matisch. Wie oben dargestellt, beobachtete ich, daß zuerst die Zahnsäcke ent- stehen. Das zeigte mir ein Präparat, bei dem die Zahnsäcke schon deutlich angelegt, von Epineuralfalten aber noch keine Spur zu sehen ist. Auch der optische Schnitt Fig. 3 gehört einem Objekt an, das bereits die ersten Anlagen der Zahnsäcke ( Z.S.) erkennen läßt, während bei einem so jungen Pluteus von der Bildung der Epineuralfalten noch nicht die Rede sein kann. Während die Zahnsäcke sich vorläufig verhältnismäßig langsam weiter entwickeln, wuchern die Epineuralfalten in centraler Richtung schnell fort, bis sich ihre Spitzen über der Mitte des Ectodermbodens in der Amnionhöhle treffen. Schnittfig. 7 zeigt diesen Moment. Wir finden links einen Primärtentakel annähernd längs geschnitten, in der Mitte einen solchen quer, rechts ist nur der Ectodermüberzug Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 417 des dritten augeschnitten. Zwischen ihnen liegen zwei Zahnsäcke. Über dem quergeschnittenen Primärtentakel in der Mitte finden wir den mehrschichtigen >>Ectodermboden<< und über ihn wölben sich die Epineuralfalten (Ep.F.). Ihre Spitzen berühren sich beinahe. Text- fig. g zeigt im Schema denselben Entwicklungszustand. Wie bei Text- fig. / sehen wir in die Amnionhöhle hinein, wo zwei der bedeutend herangewachsenen Primärtentakel nach außen gebogen sind, um die darunter liegenden Epineuralfalten zu zeigen. Ein Vergleich mit Textfig. / zeigt, daß sie sehr an Ausdehnung gewonnen haben und daß sich ihre Spitzen und seitlichen Kanten einander nähern. f^T^^J. fp./r. Wie Textfig. /. Text 1 lg. y. Älteres Stadium, tisch. Schema- fp./r Textfig. h. Wie Textfig. g. Älteres Stadium. Versclimel« zung der Epineuralfalten. Schematisch. Hierauf verwachsen zuerst die Spitzen, dann von dort aus weiter und weiter auch die Kanten der Epineuralfalten. Schließlich bleibt nur über jedem der Primärtentakel eine kleine Öffnung in die Amnion- höhle bestehen. Textfig. h zeigt diesen Vorgang. Zum Verständnis genügt ein Vergleich mit Textfig. / und g. ' Auf Fig. h sind die nun noch größer gewordenen Primärtentakel abgeschnitten. Wir haben damit ein Stadium erreicht, dessen Kenntnis zum Ver- ständnis aller weiteren Vorgänge von größter Wichtigkeit ist. Denn es sind jetzt fast alle wichtigen Organsysteme, mit denen wir uns nach- her immer wieder zu beschäftigen haben, in ihren Anlagen erkennbar. So einfach die Entstehung und Verwachsung der Epineuralfalten ist, so schwierig ist es, sich die Verhältnisse, die dadurch geschaffen werden, aus Schnitten klar zu machen. Schnittfig. 8 und Textfig. i mögen zur Illustration der folgenden Beschreibung dienen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. I5d. 27 418 Leopold V. U bisch, AVie bei der Entstehungsweise der Epineuralfalten selbstverständ- lich ist, sind diese nicht kompakt, sondern umschließen ein Lumen. Diese fünf Lumina verschmelzen, nachdem sich die Epineuralfalten über dem Ectodermboden vereinigt haben. Es entsteht dadurch zwi- schen der oberen und unteren Wandung der Epineuralfalten ein Hohl- raumsystem, dessen Centrum in der Mitte der Seeigelanlage liegt und fünf interradiale Kanäle besitzt, die bei je einem Zahnsäckchen in das Pluteusinnere münden. Die betreffende Stelle ist auf Schnittfig. 8 und Textfig. i durch -jf bezeichnet. Dies Hohlraumsystem wird später mit skeletbildenden Zellen angefüllt und es entstehen hier die Kalk- platten der Oralseite. Es sei daher als skelettogener Raum bezeichnet (SIc.R.). Die Lamelle, die es nach dem Ectodermboden begrenzt, heiße Epineurallamelle (Ep.L.), die welche es gegen die Amnion- höhle abschließt, Epidermallamelle (Ed.L.), da sie später den größten Teil der Epidermis des Seeigels zu liefern bestimmt ist. Ein zweites ähnliches Hohlraumsystem liegt zwischen dem >> Ectodermboden << und der Epineurallamelle. Dieses System hat seinen Centralraum senkrecht unter dem skelettogenen Raum. Es besitzt fünf Ausführ- sänse. die nun aber radial über ie einem Primärtentakel in die Amnion- höhle münden. Diese Gänge werden später zu den Epineuralkanälen, das ganze System soll daher als Epineuralraum (Ep.R.) bezeichnet wer- den. Die Mündungsstelle der Ausführgänge in die Amnionhöhle ist auf Schnittfig. 8 mit + bezeichnet. Es sind dies die fünf Öffnungen, die uns schon Textfig. h in der Aufsicht zeigte und die durch das unvoll- kommene seitliche Verwachsen der Epineuralfalten entstanden sind. Nach dieser allgemeinen Darstellung möge noch auf Schnittfig. 8 eingegangen werden. Entsprechend Schnittfig. 7 ist links ein Primärtentakel längs, rechts ein solcher quer getroffen. Zwischen beiden und ganz rechts finden wir je ein Zahnsäckchen. Der längsgetroffene Primärtentakel ist von seinem Ectodermüberzug bedeckt, der kontinuierlich in den »Ectodermboden«, weiter in die Epineurallamelle, dann die epidermale Lamelle der verwachsenen Epineuralfalten übergeht, um schließhch Textfig. i. Halb durchgeschuittene Seeigelanlage. Alter wie bei Textfig. h. Schematiscli. Die Entwicklung von St.rongylocontrotus lividii.s usw. 419 das Dach der Amnionhöhle zu bilden. Die Öffnung der Amnionhöhle in die Außenwelt ist nicht getroffen, da der »Schnitt nicht genau median geführt ist. An die Amnionhöhle legen sich im Innern der Larve vereinzelte Wanderzellen {Wz.) an, deren Zahl sich später sehr vergrößern wird. III. Die weitere Entwicklung der Organsysteme. Die nun folgende Entwicklungsperiode zeichnet sich weniger durch Bildung neuer Anlagen als vielmehr durch eine starke Umdiffe- renzierung der vorhandenen Gewebe aus. Das Wassergefäßsystem. Den Ringkanal zeigt Schnittfig. 9 noch unverändert. Jedoch bildet sich in dem von ihm umkreisten Raum ein starker Muskel aus, der senkrecht zu der Ebene steht, in der der Ring liegt (Musk.). Die Muskeif ibrillen werden von Zellen des Hydrocöls abgeschieden, deren Kerne eine längliche Form annehmen. Schnittfig. 9 zeigt den Beginn der Muskelbildung. Der Muskel wird schließlich so stark, daß er den vom Ringkanal umschlossenen Raum fast völlig ausfüllt und nur ein enges Lumen behält, in dem man ge- legentlich fibrilläres Gewebe und vereinzelte Kerne, wohl Wander- zellen angehörend, vorfindet. Wozu dient dieser Muskel? Wir finden ihn unverändert (vgl. Schnittfig. 9, 10, 13, 14, 15) bis zu dem Zeitpunkt, in dem der definitive Oesophagus den Ringkanal durchbricht (Schnittfig. 17). Dann wird der Muskel wahrscheinlich resorbiert, jedenfalls war ich nicht imstande, noch irgendwelche Spuren von ihm aufzufinden. Solange er existiert, muß seine Kontraktion eine Verengerung des überaus geräumigen Ringkanals und mithin eine Verdrängung der in diesem befindlich.en Flüssigkeit in die Primärtentakel bewirken. Eine Streckung der Pri- märtentakel wäre die wahrscheinliche Folge. Gegen diese Erklärung ließen sich allerdings Einwände vorbringen: Vor der Metamorphose treten die Primärtentakel nicht in Funktion. Später bewegt sich zwar der junge Seeigel mit ihrer Hilfe, aber die Primärtentakel sind zu diesem Zweck selbst mit kräftiger Muskulatur versehen wie später alle Ambulacralfüßchen. Und daß diese Muskulatur ausreichend ist, beweist das Fehlen des besprochenen Muskels nach Bildung des de- finitiven Oesophagus. Am nächstliegenden wäre es, anzunehmen, daß nach Bildung des definitiven Oesophagus der Muskel diesen in Form feiner Fibrillen umgibt, deren Kontraktion eine Verkürzung des Oesophagus und damit vielleicht eine Art Schluckbewegung be- wirken würde. In der Tat ist der imaginale Oesophagus mit längs 27* 420 Leojjold V. U bisch, und quer verlaufenden Muskelfasern ausgestattet. Aber diese Muskeln sind so bedeutend entwickelt, daß es nicht zulässig erscheint, ihre Entstehung von dem larvalen Muskel herzuleiten. In Höhe des Ring- kanals, wo er sich finden müßte, war es mir aber nicht möglich, Reste von ihm am fertigen Tier aufzufinden. Auf Schnitt 10 zeigt das Wassergefäßsystem weitere Veränderungen. Deutlicher als vorher tritt der Gegensatz von Radiärkanälen und Pri- märtentakeln in Erscheinung. Wenn wir vom Ringkanal ausgehen, gelangen wir zunächst in einen in der Ebene des Ringes distal ver- laufenden Kanal. Dies ist der Radiärkanal bis zu der Stelle, wo er eine kleine Erweiterung erfährt, um dann etwa rechtwinklig umzubiegen. Von der Umbiegungsstelle an gehört der Kanal zum Primärtentakel. Die Erweiterung an der Umbiegungsstelle (Ämp. Schnittfig. 10, 13, 14, 15) ist die Ampulle des Primärtentakels. In der Mitte des Radiär- kanals treffen wir ebenfalls eine Erweiterung. Es ist dies die Stelle, an der das erste Ambulacralfüßchenpaar gebildet wird. Schnittfig. 11 {Ämb.F.) zeigt dieselbe Stelle im Querschnitt. Bekanntlich alternieren die Ambulacralfüßchen beim ausgewachsenen Tier. Während der Entstehung sind die Abstände je zweier Ambulacralfüßchen so gering, daß man sie, wie in Schnittfig. 11, mit einem nur wenig schräg ge- führten Schnitt beide treffen kann. Später rücken sie infolge weiterer Streckung des Radiärkanals mehr auseinander. An den Primärtentakeln sind zwischen dem Epithel des Hydrocöls und dem ectodermalen Überzug Längsmuskeln abgeschieden worden, ein Vorgang, dessen Beginn Schnittfig. 9 zeigt. Schließlich wird an den Enden der Primärtentakeln ein kräftiger Saugnapf angelegt (Schnitt- fig. 15). Bereits auf Schnittfig. 9 finden wir im Innern des Hydrocöls vereinzelte Zellen. Sie entstehen durch Auswanderung aus dem Epithel des Hydrocöls, wie z. B. Schnittfig. 15 sehr schön zeigt. Wir haben es mit den amöboiden Zellen zu tun, die während der ganzen Lebenszeit des Tieres in der Flüssigkeit, die das Hydrocöl anfüllt, vorgefunden werden. Ein Vergleich von Schnittfig. 15 und 19 zeigt uns endlich, daß der Ringkanal im Verhältnis zur Größe des Tieres nach völlig beende- ter Metamorphose sehr bedeutend an Umfang abnimmt. Mc. Beide (7) gibt an, daß "the hydrocöle loses a great deal of the turgidity which it possessed just before metamorphosis . . . ." Noch verstärkt wird der Unterschied in der relativen Größe des Ringkanals durch sein geringes Wachstum nach der Metamorphose im Verhältnis zum rapiden Wachstum des ganzen Tieres. Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 421 Das Nervensystem und die Epineuralkanäle. Schon Schnittfig. 8 zeigte uns, daß der »Ectoderniboden << bedeutend dicker ist als die beiden andern ectodermalen Lamellen {Ep.L. und Ed.L.). Die Zellen des >>Ectodermbodens<< werden, indem sie an ihrer basalen Seite Nervenfibrillen abscheiden nach der freien Seite verschoben. Schnitt- fig. 10 zeigt uns bereits ein deutlich in GangHenzellen und Faserschicht geschiedenes Nervensystem. Die Abscheidung von Fasern geht jedoch nicht am ganzen Ectoderniboden vor sich, sondern nur dort, wo derselbe dem Ringkanal und den Radiärkanälen aufliegt. Es entsteht auf diese Weise der Ringnerv {N.R.) und die Radiärnerven (R.N.), die sich bis in die Primärtentakel verfolgen lassen (Schnittfig. 10, 13, 14, 15, 19). Das mittlere Stück des Ectodermbodens senkt sich zuerst schwach nach dem Hydrocöl zu ein (Schnittfig. 9), dann entsteht eine tiefere und tiefere Tasche, deren blindes Ende sich gegen die Mitte des Ring- kanals immer mehr eindrängt (Schnittfig. 10, 13, 14, 15). Es ist dies die erste Anlage des ectodermalen Teils des definitiven Oesophagus. Schon oben wurde gesagt, daß das Hohlraumsystem, welches zwischen dem Ectoderniboden und der Lamelle Ep.L. Hegt, bestimmt ist, die Epi- neuralkanäle zu liefern {Ep.K.). Wir hatten gesehen, daß es aus einem Centralraum und fünf Kanälen besteht, die radial durch Öffnungen mit der Amnionhöhle in Verbindung stehen (Textfig. h, i; Schnittfig. 8, 9 usw.). Die Epineurallamelle {Ep.L.) wird feiner und feiner, bis sie ein ganz dünnes Häutchen mit vereinzelten platten Kernen darstellt (Schnittfig. 9 und 10). An der Umbiegungsstelle, an der diese Lamelle in die oberste, der Amnionhöhle zugekehrte ectodermale Membran [Ed.L.) übergeht, verwächst sie mit dem Ectodermüberzug des Primär- tentakels, und dadurch werden die fünf Verbindungsgänge zur Amnion- höhle definitiv verschlossen. Wenn später der Durchbruch des de- finitiven Oesophagus erfolgt, wird der Centralraum in einen Ring umgewandelt und das Epineuralsystem ist im wesentlichen vollendet. Beim fertigen Tier geben die Epineuralkanäle und Radiärnerven jedem Ambulacralfüßchen einen feinen Seitenkanal und einen Seitennerv mit. Schnittfig. 11, die den Querschnitt durch einen Radius darstellt, läßt diesen Vorgang verstehen. AVir sehen die Ambulacralfüßchen dicht am Radiärnerv entlang wachsen. Im Verlauf des weiteren Wachstums, wenn die Spitzen der Füßchen sich vom Radiärnerv entfernen, entsendet dieser an ihnen je einen Seitennerven entlang und diesem folgt wiederum eine seitliche Abzweigung des radiären Epineuralkanals. Vergleicht man z. B. die Fig. 734 aus dem LANGschen Lehrbuch mit meiner Fig. 11, so ist es nicht schwierig sich die Zwischenstadien vorzustellen. 422 Leopold V. Ubisch, Skeletbildung. Das zweite Hohlraumsystem, der skelettogene Raum, der interradial mit dem Larveninnern in Verbindung steht, hat sich noch nicht verändert. Nur beginnen an den interradialen Öffnungen Wanderzellen in ihn einzudringen (Schnittfig. 9 und 10), Sie füllen schließlich den Hohlraum völlig aus und beginnen die oralen Kalkplatten abzuscheiden. Ebenso entstehen die ersten Stacheln. Die der Amnionhöhle zu- gekehrte epidermale Lamelle buchtet sich nach der Amnionhöhle zu aus. Die dadurch entstehenden Taschen füllen sich mit Wanderzellen und letztere beginnen das Skelet der Stacheln abzuscheiden. Schnitt- fig. 10 zeigt interradial zwei solcher Stacheln (St.). Es liegen in jedem Interradius deren vier. Einer central genau interradial, dann zwei nebeneinander mehr adradial und schließlich wieder einer, am meisten distal, genau interradial. Die vier Stacheln bilden also in jedem Inter- radius folgende Figur • • . Die auf Schnittfig. 10 getroffenen sind die beiden genau interradial gelegenen. Die Laterne des Aristoteles. Wesentliche Veränderungen weisen die oben beschriebenen Cölomeinstülpungen (Z.S.) auf. Wir hatten sie als kleine, schräg centralwärts Rad K ■' '-[ gerichtete Taschen des Cöloms kennen gelernt (Textfig. e, Schnittfig. 5 — 8). Sie schnüren sich von dem Cölomraum ab und wachsen schräg centralwärts weiter heran, bis ihre Spitzen auf die Um- ^^ biegungsstelle des »Ectodermbodens << und ^ .jj- der Epineurallamelle stoßen. (Textfig. ?'). Textfig. l. Hier teilt sich die Spitze jeder Tasche Hydrocüi und Anlage der Zahnsäcke, j^^ 2wei Eortsätze. Der eine Schiebt sich zwischen Ringkanal und »Ectodermbo- den«, der zweite zwischen Epineural- und epidermale Lamelle hinein. Diesen Zustand zeigt Schnittfig. 9. Textfig. h gibt dasselbe schematisch wieder. Gezeichnet -ist schräg von der Oralseite des Tieres gesehen ein Stück des Ringkanals {R.K.) mit zwei Radiärkanälen {Rad.K.). Ferner finden wir drei der Cölom- säcke mit den beschriebenen zwei Fortsätzen vor. Der auf dem Hy- drocöl liegende Fortsatz (/) ist breit, lappenförmig, der andere (//) spitzer gestaltet. Die Anlage eines jeden Säckchens erhält dadurch im Querschnitt die Form eines V (Schnittfig. 9, 10). Fortsatz / schiebt sich nun weiter dem Centrum der Anlage zu. gleichzeitig aber auch Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 423 seitlich mehr und mehr die Radiärkanäle überwölbend, bis sich schließ- lich über der Mitte eines jeden Radiärkanals die Fortsätze / zweier benachbarten Anlagen treffen und miteinander verschmelzen (Text- fig. l bei F.). Wir werden daher von nun an auf einen korrekt radial geführten Schnitt über dem Radiärkanal dies Verbindungsstück zweier Zahnsäcke treffen müssen (Schnittfig. 10 bei Z.S.). Gleichzeitig be- ginnen auch die basalen Enden der Säckchen Fortsätze vorzuschieben und die Radiärkanäle auf der dem Cölom zugewandten Seite zu umwachsen (///). m Schnittfig. 12 und Textfig. l zeigen diesen Vorgang. Schnittfig. 12 zeigt weiter die • ^: Verwachsungsstelle der Fortsätze / (F) '"-• über einen Radiärkanal {Rad.K.). E« > stehen somit ietzt die Hohlräume aller fünf Cölomtaschen in offener Verbindung miteinander. Schnittfig. 12 läßt w^eiter Textfig. /. , 1 o • 1 T • ^ r^^■^ Verschmelzung der Zahnsäcke unter- erkennen, daß m das Innere jedes Colom- einander. Schematisch. säckchens ein massiver Kolben hineinhängt (Z.TF.), den wir mit »Zahnwurzel« bezeichnen wollen. Wie Schnittfig. 9 zeigt, entsteht er aus einer Verdickung der Wand an der Teilungsstelle von Fortsatz / und //. Die lappenförmigen Fortsätze / wachsen weiter heran, so daß sich ihre Enden fast über der Mitte des Ringkanals begegnen. Die seitlichen Fortsätze an der Basis der Cölomsäcke (///) schieben sich so weit ^^ / '\' einander entgegen, daß sich zwei benach- .' harte Fortsätze begegnen und verschmelzen .^ ,. _.,^ (F, Textfig. m). Wir müssen daher, wie V : "'%!»', l^ wir vorher auf Schnittfig. 10 bei Z.S. "" ■ ; ' ,'' radial die Verschmelzungsstellen der Fort- Ji i z sätze / trafen, nun auch radial auf der rr ^f ' Textfig. m. dem Larveninnern zugekehrten Seite der ^„^^„„g ^jg, ^ähne. SchematLJi. Radiärkanäle die Verschmelzungsstellen der Fortsätze III treffen. Dies ist auf Schnittfig. 13, 14, 15 bei /// der Fall. Nun beginnen auch die Zähne selbst in Erscheinung zu treten. Aus der kolbenförmigen Zahnwurzel ( Z.W. Schnittfig. 12) schiebt sich ein Zellkomplex nach der Mitte der Seeigelanlage zu vor, der durch Kalkablagerungen sich bald als Anlage der Zähnchen ausweist. Schnitt- fig. 10 und Textfig. m zeigen bei Z diese Bildimg. Auf Schnittfig. 13, 14, 15 sehen wir den Zahn immer mehr heranwachsen, bis er seine 424 Leopold V. U bisch, definitive Lage erhält, wie ihn Schnittfig. 19 darstellt. Wie erkennen auf Schnittfig. 19 noch am inneren Ende jene kolbenförmige Zahn- wurzel ( Z.W.), deren Entstehung Schnittfig. 9 zeigte. Die Laterne hat mit Beginn der Zahnbildung ein Entwicklungs- stadium erreicht, wie es Textfig. m veranschaulicht. Sie stellt ein geschlossenes Hohlraumsystem dar, das das Hjdrocöl napfartig um- gibt. In der Mitte der ganzen Anlage, dort, wo später der Oesophagus liegt, ist der Napf nicht geschlossen, da die Fortsätze I nicht mit ihren blinden Enden verschmelzen. Die Seiten wände des Napfes sind von den fünf Radiärkanälen durchbrochen. Interradial zweigt sich von den flachen Fortsätzen I noch der Fortsatz // ab, an dem entlang der Zahn hervorwächst. Zwischen Fortsatz / und II schiebt sich der »Ectodermboden << und die Epineurallamelle (Schnittfig. 9, 10 usw).. Dieser letzte Umstand hat zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Mc. Beide und Theel Anlaß gegeben. Mc. Bride beschreibt die Entstehung der Laterne im wesent- lichen wie ich, nur scheint er die Vereinigung der Fortsätze III über- sehen zu haben. Für die Zähne gibt er an, daß sie von den Zahntaschen aus entstehen ("forming part of the wall of the dental sac"). Theel gibt dagegen an, daß die Zähne von ectodermalem Gewebe gebildet werden, das sich der Zahnanlage anlegt: "My own experiences have led me to the opinion, that it is developed from the ectoderm, a theory which may possibly prove to be wrong. The fact is, that it is very difficult to decide, whether an organ arises from the one or from the other of two close lying embryonal tissues." Schnittfig. 18 gibt die betreffenden Organe bei stärkerer Ver- größerung wieder. Wir erkennen die Zahnanlage mit den drei Fort- sätzen /, // und /// (zum Teil). Fortsatz 7 liegt dem Ringkanal (R.K.) dicht auf. Zwischen Fortsatz / und II schiebt sich der Ectoderm- boden, der den Ringnerv (N.R.) bereits abgeschieden hat, und biegt in die Epineurallamelle um. Die Umbiegungsstelle ist das Ende eines langen Säckchens ( x ), das tief in die Zahnanlage hineinreicht. Dieses Säckchen hat Theel gesehen und glaubt von ihm den Zahn herleiten zu müssen. ". . . each tooth takes its origin at the bottom of five interradial narrow tubulär pouches of the ectodermic disc . . ."" Schnitt- fig. 18 zeigt uns dagegen die Zahnanlage völlig von jenen Säckchen getrennt. Oft liegt die Epineurallamelle der Zahnwurzel {Z.W.) dicht an und dann ist es allerdings sehr schwer zu unterscheiden, ob der Zahn (Z.) vom Fortsatz // oder von der Epineurallamelle stammt. Mc. Bride hat die Entstehung des Zahnes richtig verfolgt, jene ecto- Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 425 dermale Tasche erwähnt er nicht. Dagegen i.st sie auf seinem Hori- zontalschnitt (zur Oralseite des Seeigels) 53 getroffen und er hält ihr Lumen für das durch Entkalkung entstandene Relikt des Zahnes. In WirkUchkeit ist der Zahn auf seiner Fig. 53 der distal vom Lumen der Tasche gelegene Zellkomplex. In so jugendhchem Alter sind die Zähne noch derart mit organischen »Substanzen durchsetzt, daß sie nach der Entkalkung nicht als Hohlraum erscheinen. Nach meinen Beobachtungen kann also kein Zweifel sein, daß Mc. Beide richtig beobachtet hat: Der Zahn ist seiner Entstehung nach mesodermal. Dieser Befund entspricht auch theoretisch unsern Erwartungen. Denn alle andern Skeletteile werden von Wanderzellen, also mesodermalen Zellen, gebildet. Es war also auch für die Zähne Entstehung von Mesoderm anzunehmen. Mit den Wirbeltierzähnen, deren Schmelz ectodermalen Ursprungs ist, dürfen die Zähne der Seeigel nicht verglichen werden. In einer eingehenden Untersuchung über >> den feineren Bau der Seeigelzähne « kommt Giesbrecht (2) zu dem Resultat, daß bei Seeigelzähnen von Schmelz nicht gesprochen werden könne, da »sich die Kalkablagerung weder durch besondere Härte auszeichnet, noch sonst eine specifische Eigenschaft mit dem Schmelz der Säugetiere gemeinsam hat (S. 90). << Noch in einem andern Punkte stimmen die Angaben Theels nicht mit denen von Mc. Bride und mir überein. Theel gibt nämlich an, daß nach Abschnürung der >>Zahntascheri << (er gebraucht diesen Ausdruck nicht) "five other interradial protru- sions of the left posterior cölom run out and enter the cavity of the larval membrane . . ." Dementsprechend sehen wir auf Theels Platte 3 diese sekundären Ausstülpungen des Cöloms und zwar be- deutend länger als die primären. Mc. Bride hat keine entsprechenden Angaben gemacht, und auch ich habe nichts ähnliches entdecken können. Wahrscheinlich ist Theel durch die Gruppen von Wander- zellen getäuscht worden, die zwischen die beiden feinen ectodermalen Membranen {Ep.L. und Ed.L.) einwändern (siehe oben). Zum Teil sind es aber auch Teile der Zahnsäcke selbst bzw. ihrer Hohlräume, die Theel seinen sekundären Cölomwucherungen zuteilt. Auf Schnittfig. 17 und 19 hat die Laterne schon ihre definitive Form angenommen, und es lassen sich die einzelnen Teile, die uns Schnittfig. 15 zeigte, auf Schnittfig. 17 wiedererkennen. Inzwischen haben aber zwei wichtige Vorgänge eingesetzt : Die Bildung der Muskeln und Kalkteile der Laterne. Zuerst wird der Zwischenkiefermuskel angelegt. Schnittfig. 13 426 Leopold V. Ubisch, zeigt ihn uns am Fortsatz /// der Laterne als eine feine Falte (Z.M.) des Zahnsackes. Schnittfig. 15 zeigt die Faltung weiter fortgeschritten, Schnittfig. 19 schon die definitive Ausbildung. Schnittfig. 17 zeigt die Entstehung eines »Schließmuskels«. (Schi. M.). Auf Schnittfig. 19 ist er völlig ausgebildet. Auf letzterem Schnitt finden wir ferner die je zwei Gabelstücke verbindenden Muskeln ge- troffen (Gab.M.). Die Kalkteile der Laterne werden durch Abscheidung von den Wänden des beschriebenen Hohlraumsystems geliefert. Schnittfig. 17, die aus einer Serie unentkalkter Schnitte stammt, zeigt uns außer den Zähnen (Z.) die Kiefer (K.) und Querschnitte durch die Arci der Einzelpyramiden (Are), Schnittfig. 19 Zähne. Kiefer, Arci und ein Gabelstück (Gab.). Der Verdauungstraktus. Die Lagerung des Verdauungs- traktus beim Pluteus kurz vor der Metamorphose zeigt uns der Me- dianschnitt 20. Auf den weiten Mund (larv.M.) folgt ein langer enger Oesophagus (Oes.), der in den geräumigen Magen (M) mündet. Dieser lary.A. Texttig. n. Larvaler Magen-Darm-Kanal kurz vor der Metamorphose. Vergr. 360. Rekonstruktion. Öffnet sich nahe dem larvalen Hinterende in den Enddarm {Ed.). Der After {A.) liegt etwa in mittlerer Larvenhöhe. Währeund der Meta- morphose findet nun eine völlige Umgestaltung statt, die durch die Textfig. n — r erläutert werden soll. Diese Figuren sind durch Re- konstruktion aus Schnittserien gewonnen. Leider ist bei Anfertigung der Schnittserien die Anbringung von Marken unterblieben, so daß Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 427 die Rekonstruktionen bezüglich der feinsten Einzelheiten nicht An- spruch auf völlige Genauigkeit erheben können. Zur Darstellung der allgemeinen Veränderungen sind sie aber sicherlich ausreichend. Textfig. n stammt von einem kurz vor der Metamorphose stehenden Objekt (auch Schnittfig. 13 ist derselben Schnittserie entnommen), dessen Darmkanal noch völlig erhalten war, wenn sich auch schon Faltungen und Verkrümmungen geltend machen, die man bei einem noch ganz intakten Larvendarm nicht vorfindet. Immerhin lassen sich alle Teile der Schnittfig. 20 auch an der Textfig. n erkennen. £d.- Textfig. o. Kückbildung von Mund und After. Vergr. 344. Bekonstruktion. Wir sehen von der rechten Larvenseite auf den Verdauunoskanal. Diese rechte Seite der Darmwand ist convex, während die linke Seite infolge des Heranwachsens der Seeigelanlage concave Form angenom- men hat (vgl. Schnittfig. L3). Außer dem breiten larvalen Magen (M) finden wir den Enddarm {Ed.), der sich stark einzufalten beginnt, noch durch den After in Ver- bindung mit der Außenwelt (larv.A. Textfig. ti). Ebenso ist der larvale Oesophagus (Oes.) und Mund {larv.M.), wenn auch schon etwas zu- sammengezogen, noch vorhanden. Textfig. 0 zeigt ein etwas älteres Objekt (dem auch Schnittfig. 14 angehört), das die Metamorphose gerade hinter sich hat. Der Mao-en 428 Leopold V. U bisch, (M.) hat sich etwas gestreckt, der Oesophagus {Oes.) ist stark ge- schrumpft, der Mund verschwunden. Der Enddarm (Ed.) zeigt noch annähernd seine frühere Form, aber der After ist ebenfalls rückgebildet. Textfig. p zeigt weitere Veränderungen. Der larvale Oesophagus ist völlig resorbiert. Der larvale Magen hat im wesentlichen seine Form beibehalten. Ungefähr in der Mitte seiner dem Enddarm zu- gekehrten Kante macht sich ein kleiner Auswuchs bemerkbar, der also ungefähr über der Mitte der Seeigelanlage liegt. Sein blindes Ende neigt sich dem unter ihm liegenden Ringkanal zu. Schnittfig. 16 Textiig. f. Rückbildung des larvaleii Oesophagus. Anlage des imaginalen Oesophagus. Vergr. 344. Echinus microtuh. Rekonstruktion. zeigt diesen Vorgang. Deutlich erkennen wir den vom Magen scharf abgebogeneu Fortsatz [Oes.]. Der Enddarm (Textfig. f) hat sich nicht sehr bedeutend verändert. Auf Textfig. q sehen wir den Magen {M.) sehr beträchtlich in die Länge gestreckt. Besonders ist das Ende, an dem der Enddarm an- setzt, zu einem langen Hals ausgewachsen, so daß die Verbindungs- stelle von Magen und Enddarm fast um einen Viertelkreis verschoben ist. Auch der Enddarm selbst hat sich gestreckt un4 beginnt eine etwas gebogene Form anzunehmen. Der kleine Fortsatz [Oes.) des Magens, den Textfig. p zeigte, ist etwas gewachsen, seine Beugung zum Ringkanal ist deutlicher geworden. Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 429 Textfig. r stammt von einem »Seeigel (walirscheinlich Sphaerechi- nus granulär is. Das Objekt wurde im Plankton gefmiden), der 14 Tage nach Vollendung der Metamorphose fixiert wurde. Außer dem Magen- darmkanal ist der Ringkanal und Steinkanal gezeichnet. Der Magen zeigt noch fast genau dieselbe Lagerung und Form wie auf Textfig. q. Nur hat sich von ihm eine enge Röhre abgeschnürt, in der wir den sogenannten Nebendarm der Seeigel erkennen. Dieser entspringt beim fertigen Seeigel bekanntlich aus dem Hauptdarm kurz nach dem Austritt des Oesophagus aus der Laterne, folgt dem Textfig. q. Wie Textfig. p Älteres Stadium. Vergr. 344. Rekonstrulction. Darm während des ganzen ersten Umlaufs, um vor der Umbiegungs- stelle in den zweiten Umlauf sich wieder mit ihm zu vereinigen. Bei unserm Objekt ist also die Abschnürung noch nicht vollendet, da der Nebendarm noch nicht für die ganze Länge des ersten Darmumlaufs von ihm geschieden ist. Schnittfig. 17 zeigt uns Magen {M.) und Nebendarm (Nbd.) von demselben Mesenterium umhüllt und befestigt. Daß die Abschnürung des Nebendarms in der geschilderten Weise vor sich geht, ließ sich bereits nach einer Angabe von Ludwig erwarten, nach der bei Dorocidaris papiUata kein gesonderter Nebendarm vor- handen ist, sondern nur »eine gegen das Darmlumen offene, also vom Darm noch nicht oder nicht mehr abgeschlossene, von zwei Falten begrenzte Längsfurche des Darmes« (5, S. 1071). 430 Leopold V. Ubiscb, Zugleich erklärt die Abschnüriing des Nebendarms, wie aus dem breiten Magen des Pluteus der viel schmälere Schlauch des imaginalen Darmes entsteht. Der Enddarm (Textfig. r, Ed.) läßt sich unschwer mit dem durch Textfig. q dargestellten Stadium vergleichen. Er ist etwas länger ge- worden und sein noch blindes Ende hebt sich der aboralen Wand des Seeigels entgegen, um dort später den After zu bilden. Es läßt sich also jetzt klar erkennen, daß der ganze erste Umlauf des fertigen Seeigeldarmes vom larvalen Magen, der zweite Umlauf Nbd. Textfig. /•. Bildung des Xebeudarms. Duichbruch des Oesophagus durch den Hydrocöhing. Vergr. 430 Spec? Kekonstruktion. vom larvalen Enddarm geliefert wird. Wenn das auf Textfig. r noch blinde Ende des Enddarmes durch die Afterbildung in seiner Lage fixiert ist, muß durch weitere Streckung des Enddarms allmählich der zweite über dem ersten liegende Umlauf des imaginalen Darms gebildet werden, den uns Textfig. r erst zum Teil vollendet zeigt. Ferner ist auf Textfig. r der Ringkanal (R.K.) mit dem Stein- kanal (St.K.) eingezeichnet und wir sehen, wie sich der blinde Fort- satz des Magens (Oes.) in den Ringkanal einsenkt, um mit dem ihm von der andern Seite entgegenwachsenden ectodermalen Teil des de- Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 431 finitiven Oesophagus zu verschmelzen. Schnittfig. 17 zeigt die beiden Teile des Oesophagus (Oes.) im Begriff zu verwachsen. Schon sind die Zellwände beider Teile vereinigt, nur eine Zellschicht des ecto- dermalen Teils sperrt noch die freie Kommunikation. Die geschilderte Entwicklung zeigt, daß Mc. Bride irrt, wenn er sagt, daß "the recurrent coil (des Magens) does not make its appearance tili after the anus is formed". Bury (1) bemerkt folgendes: "T am almost certain that in the youngest specimen of which I have sections (diameter 1 mm) this last loop (from interradius D to interradius E and back again) does not exist, and it seems to me not iniprobable that most of this coiling of the intestine is secondary." Der zweite Teil des Satzes trifft das Richtige. Da der zweite Umgang (recurrent coil) vom larvalen Enddarm gebildet wird, so ist er von Beginn der Metamorphose an vorhanden und wird somit später nur sehr bedeutend in die Länge gestreckt. Über die Entstehung des entodermalen Teils des Oesophagus teilt Mc. Bride folgendes mit: "a solid outgrowth of cells has made its appearance in the centre of the ventral (larval left) wall of the stomach. This is the rudiment of the entodermal portion of the adult Oesophagus, and it meets the adult stomodaeum at a later stage". Vergleicht man dazu seine Fig. 51, PI. XV (ad oes.), so kann kein Zweifel sein, daß hier ein Irrtum vorliegt. Wie wir sahen . (Schnittfig. 16), ist die Anlage des entodermalen Teils des Oesophagus niemals "a solid outgrowth", sondern von Anfang an eine bauchige Vorwölbung des Magens. Die Entstehung des ectodermalen Teils des Oesophagus lernten wir zuerst auf Schnittfig. 10 als eine flache Einsenkung des Ectoderm- bodens in die Mitte des Ringkanals kennen. Schnittfig. 13 und 14 zeigte diese Einsenkung tiefer und schärfer geworden. An ihren Rän- dern geht die sie bildende Lamelle aber noch immer kontinuierlich in den Ectodermboden über. Um das in Schnittfig. 15 dargestellte Entwicklungsstadium des Oesophagus zu erreichen, müssen im wesent- lichen zwei Veränderungen vor sich gehen. Die in Schnittfig. 14 mit ^ bezeichneten Ränder der Einsenkung nähern sich einander durch Bildung von fünf interradialen Falten, so daß das Lumen auf Quer- schnitten durch diese Stelle einen fünfstrahligen Stern bildet, wie auch später das Lumen des imaginalen Oesophagus. Auf Schnittfig. 14 stieß die Einsenkung seithch an die Fortsätze / der Laterne. Schnitt- fig. 15 zeigt uns, daß diese Fortsätze sehr viel breiter geworden sind und sich nach dem Oesophagus zu in zwei Spitzen gegabelt haben 432 Leopold V. Ubisch, {la und Ih). la schiebt sich zwischen Ringkanal und Oesophagus, Ih in die eben beschriebene Verengerungsstelle der Einsenkung. Die zweite Veränderung, die der Oesophagus durchgemacht hat, ist eine sehr starke Verdickung der Epineurallamelle (die Schnitt- fig. 15 sehr deutlich zeigt) soweit sie innerhalb des Ringnerven liegt. Auf Schnittfig. 15 erkennen wir links noch ihren Übergang in die feine, den radiären Epineuralkanal überdachende Lamelle. Nun kommt es zum Durchbruch des definitiven Mundes. Die dicke, eben besprochene Lamelle geht zugrunde; Schnittfig. 17 zeigt an der Innen- seite der Zähne noch Reste von ihr, die Epidermis reißt in der Mitte der Oralseite auf, so daß die Zähne zutage treten (Schnittfig. 19), und damit ist eine Verbindung der Außenwelt mit dem ectodermalen Teil des Oesophagus geschaffen. Wie die Verbindung dieses Teils mit dem entodermalen Stück des Oesophagus zustande kommt, sahen wir oben (Schnittfig. 17). Damit ist der imaginale Verdauungstraktus im wesent- lichen fertig. Wir haben gesehen, daß das dicke Stück der Epineural- lamelle, das beim Durchbruch des Mundes zugrunde geht und dessen Reste Schnittfig. 17 zeigt, in früheren Stadien in die feine Lamelle übergeht, die das Dach des Epineuralkanals bildet. Schnittfig. 15 zeigt radial diesen Übergang sehr deutlich. Wenn nun der Durch- bruch des Mundes erfolgen soll, löst sich die dicke von der dünnen Lamelle an der Übergangsstelle ab, das freie Ende der dünnen Lamelle verwächst mit dem Ectodermboden und damit sind die Epineural- kanäle definitiv gebildet und völlig abgeschlossen. Ferner erinnere ich an jene kleine Tasche, die von dem Ectoderm- boden an seiner interradialen Umbiegungsstelle in die Epineurallamelle gebildet wird (Schnittfig. 18 x ) und die zu der Kontroverse zwischen Theel und Mc. Bride über die Bildung der Zähne Anlaß gab. Auf späteren Stadien ist von dieser Tasche nichts mehr zu finden, was vielleicht mit einer sehr starken Verdünnung der sie bildenden Wände zu erklären ist. Ihrer Lage nach möchte ich vermuten, daß sich zwischen ihr und dem Fortsatz / der Laterne (vgl. Schnittfig. 18) feine Nervenfasern vom Ringnerv (N.R.) abzweigen für die die "Tasche" ( X ) eine Art Epineuralkanal bildet. Wir könnten es mit der Anlage von Nervenfasern zu tun haben, die später die Teile der Laterne inner- vieren. Inzwischen ist in der histologischen Beschaffenheit des Darmes eine völlige Umwälzung eingetreten. Mc. Bride beschreibt diese sogenannte Histolyse folgendermaßen: "... the cells composing the wall (of the stomach) multiply with Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 433 great rapidity, and round themselves off; large nunibers migrate into the surrounding jelly, whilst from the residue the epitlielium is re- constitiited." Ich gehe nun zu meinen eignen Beobachtungen über, nach denen sich die Histolyse wesentlich anders abspielt. Während der Larvenzeit bestand das Epithel des Magens aus kurzen, ziemlich dicken Cyhnderzellen (Schnittfig. 10). Der Magen ist prall ausgespannt und faltenlos. Mit Beginn der Metamorphose verändert sich das Bild (Schnittfig. 13). Das Epithel wird höher, die einzelnen Zellen schlanker. Es werden Falten gebildet, die tief in das Lumen des Magens hineinragen. Die beiden Magen wände nähern sich einander, so daß der geräumige Innenraum des larvalen Magens zu einem feinen Spalt wird. Es sei hier daran erinnert, daß gleichzeitig die Periode einsetzt, in der das Tier keinen After und Mund besitzt, der Magen also nicht durch Verdauung von außen aufgenommener Nahrung in Anspruch genommen wird. Schnittfig. 14 zeigt uns die Faltenbildung in stärkerer Ausbildung. Ferner tritt die größere Länge der Epithelzellen deutlicher hervor. Beide Erscheinungen lassen sich durch dieselbe Ursache erklären: Der Darm hat infolge seines relativ schnellen Wachstums und der bedeutenden Abplattung des Tieres, die während der Metamorphose stattfindet, nicht mehr ausreichend Platz im Körper des Tieres, er wird zusammengeschoben. Dadurch erklärt sich die Formveränderung der Zellen. Offenbar aber reicht die so bewirkte Verkürzung des Darmes nicht aus und er muß sich noch in Falten legen, um Platz zu gewinnen. Schnittfig. 14 zeigt uns noch eine weitere Veränderung. Wir sehen den Magen auf zwei Seiten von einer großen Masse stark färb- barer kleiner Kerne umgeben, die zwischen splanchnischem Cölom- blatt und Magen liegen. Schnittfig. 21 a gibt denselben Zustand bei stärkerer Vergrößerung wieder. Wir sehen die Cylinderzellen des Magens mit ihren großen, wenig kompakten Kernen. Außerhalb des Darmes die kleinen dunklen Kerne. Das sie umgebende Protoplasma muß äußerst geringfügig sein, da es sich nicht erkennen läßt. Ein weiteres Stadium zeigt Schnittfig. 21 b. Noch finden wir die typischen Cylinderzellen mit ihren großen Kernen. Außerhalb des Magens liegen die kleinen stark färbbaren Zellen, die wir als Wanderzellen {Wz.) bezeichnen wollen. Wir sehen nun, daß einzelne dieser Zellen die Wandvmg der Magenzellen durchbrechen und in dieselben einwandern. Schnittfig. 21 c zeigt uns diesen Prozeß weiter fortgeschritten. Außer- halb des Magens sind nur noch wenig Wanderzellen zu sehen. Im Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 28 434 Leopold V. Ubisch, Innern finden wir die großen entodermalen Kerne in offenbarer Dege- neration. Sie sind blasser geworden und die Konturen verwischen sicli. In dem Plasma sind große Vacuolen gebildet. Die "Wander- zellen beginnen dagegen noch kompakter zu werden, als sie früher schon waren. Schnittfig. 21 d zeigt die großen Entodermzellen noch blasser und undeutlicher geworden, auf Schnittfig. 21 e sind sie ver- schw^unden. Höchstens finden sich an ihrer Stelle noch vacuolige Räume mit Zerfallsprodukten. Die dunklen Wanderzellen finden wir nun häufig zu zwei oder drei dicht aneinandergedrängt. Auch Schnittfig. 21 / zeigt keine der großen Entodermkerne mehr, dagegen finden wir wiederum eine große Anzahl im Zerfall befind- licher Kerne oder Vacuolen mit Kernresten, die durch Größe und Aussehen durchaus den Eindruck erwecken, als wenn wir es mit einem Teil der eingewanderten Kerne zu tun haben. Allem Anschein nach werden also auch diese nicht alle erhalten, sondern zum Teil aufgelöst. Schnittfig. 21 g zeigt ein Stück des Darmes nach beeendeter Meta- morphose. Es haben sich wieder große Cvlinderzellen gebildet mit großen sehr weitmaschigen Kernen. Es bleibt die Frage offen, ob die entodermalen Zellen völlig zer- stört werden und sich die Wanderzellen an ihre Stelle setzen, oder ob nur die Kerne der Entodermzellen zugrunde gehen. Mc. Bride erklärt jenes Stadium, das uns Schnittfig. 21 & zeigte, durch Teilung der Entodermzellen, von denen ein Teil auswandern soll. Ihm fehlte offenbar das Stadium der Schnittfig. 14 und 21 «, das die Magenzellen noch völlig intakt, außerhalb desselben dagegen schon Massen der Wanderzellen zeigte. Es erhebt sich nun die Frage, woher die Wanderzellen stammen. Ihre Lage zwischen innerem Cölomblatt und Magen legt, da sie vom Magen offenbar nicht stammen, nahe, ihren Ursprung vom Cölom herzuleiten. Und in der Tat sprechen Bilder wie Schnittfig. 21 h für diese Auffassung. Wir sehen die Cölomlamelle mit einem ihrer typi- schen langgestreckten Kerne (1). Daneben finden wir einen Kern (2), der anscheinend das Bestreben hat. sich von der Cölomwand abzu- heben. Kern 3 ist schon losgelöst aber noch nicht vollkomiuen ab- gerundet. Schließlich finden wir eine Anzahl ganz freier Kerne vor. Ähnliche Bilder sind öfters zu sehen. Trotzdem möchte ich nicht mit absoluter Bestimmtheit behaupten, daß der Ursprung der Wander- zellen vom Cölomblatt damit sicher gestellt sei. Die Kerne liegen meist dicht gedrängt und es ist oft schwer zu entscheiden, ob sich ein Kern vom Cölomblatt abhebt oder gegen dasselbe gedrückt wird. Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus nsw. 435 Die zweite Möglichkeit ist, daß die Wanderzellen von den während der ganzen Larvenzeit vorhandenen Wanderzellen abstammen, die wir z. B. auf Sohnittfig. 8, 9, 10 (Wz.) fanden und die dort zu Skeletbildern werden. Leider fehlte unter meinem Material ein Stadium zwischen Schnittfig. 13 und 14. Auf einem solchen Stadium würden sich vor- aussichtlich die ersten Ansammlungen der Wanderzellen zeigen, und erst dann ließe sich sicher entscheiden, woher sie ihren Ursprung nehmen. Bis auf weiteres ist jedenfalls die Wahrscheinlichkeit groß, daß sie mesodermalen Ursprungs sind. Ich möchte an dieser Stelle auf die Ergebnisse hinweisen, die NusBAUM und OxNER (14 und 15) bei der Regeneration und Hunger- zuständen an Nemertinen erhielten. Es fand sich, daß auch dort Wanderzellen, die sich allerdings sehr wesentlich von denen bei Seeigeln unterscheiden, eine zerstörende und aufbauende Tätigkeit ausüben. Am meisten entspricht meinen Befunden Nusbaum und Oxners Beobachtung, daß gelegentlich sogar direkt von den Wanderzellen der fortgeschnittene Darm neugebildet wird. In den meisten Fällen soll er vom Rhynchocöl aus ersetzt wer- den, das ja auch mesodermalen Ursprungs ist. Bei Arthropoden scheint die Histolyse des Verdauungskanals nicht mit ähnlichen Vorgängen wie bei den Seeigeln verbunden zu zu sein. Dort sind es embryonal bleibende Zellkomplexe, die die ein- geschmolzenen Darmteile ersetzen. Bei allen drei von mir untersnchteu Seeigelspecies verläuft die Histolyse gleichartig. Nur ist zu erwähnen, daß bei Arbacia schon vor ihrem Beginn große Vacuolen in den Darm- zellen auftreten und erst nach ihrer Beendigung verschwinden. Gleichzeitig mit der Histolyse des Darmes geht die Auflösung der großen Gewebemassen vor sich, die bei der Metamorphose zerstört werden sollen. Es sind dies die Larvenfortsätze und das ganze larvale Mundfeld. Schnittfig. 14 zeigt auf der Aboralseite Massen dieser der Auflösung verfallenen Zellen. Auf Schnittfig. 15 sind sie verschwunden. Gleichzeitig geht die Auflösung des larvalen Kalkskelets vor sich (vgl. Theel 17), die durch Amöbocyten bewirkt wird, und die Bildung des imaginalen Skelets macht rapide Fortschritte, Auch Bury (1) hat die Histolyse beobachtet, hält sie aber irrtümlich für eine patho- logische Erscheinung: ,,This young Echinid is usually rendered ex- tremely opaque by a species of histolysis, which begins in the Pluteus with the proliferation of cells into the cavity of the stomach, and after- wards extends to other tissues, rendering the examination of the in- ternal Organs extremely difficult. . . . but the fact that one or two 28* 436 Leopold V. Ubisch, of my Echinid Plutei hardly showed it at all . . . indicates that . . , it is probably pathological. In all larval kept under satisfactory con- ditions it soon clears off, and the tissues return to their normal con- dition." Das Cölom. Ich habe oben die Bildung des rechten und linken Cöloms und die Teilung beider in ein vorderes und hinteres Stück kurz referiert (vgl. Textfig. a — d). Die beiden hinteren Teilstücke werden zum bleibenden rechten und linken Cölom. Textfig. d zeigt sie als zwei tellerförmige Blasen, die den Magen und Enddarm von rechts und links umwachsen, bis sie sich in der Medianebene der Larve treffen. Es entsteht dadurch ein doppelwandiges Mesenterium. Da bei der Metamorphose die linke Larvenseite zur Oralseite des Seeigels wird, ein kriechender Seeigel bezüglich der Lagerung seiner inneren Organe also einer auf die linke Seite gelegten Larve entspricht, so liegt folglich kurz nach der Metamorphose das bei einer aufrecht schwim- menden Larve den Magen in der Me- dianebene umziehende Mesenterium beim Seeigel in einer horizontalen Ebene, deren Peripherie etwa dem Äquator des Seeigels entspricht. Später wird die Peripherie dieser ' " ''■ ■ Ebene entsprechend dem relativ sehr ---iCöl. langsamen Wachstum der aboralen Körperhälfte immer mehr nach dem aboralen Pol zu verschoben (vgl. 1. Tpvtficr ? ±exuig. '• T^f VII, Fig. 35 und ferner 18). Dorsalsack, Stein- und Porenkanal einer jungen . . . Larve. Vergr. 620. Rekonstruktion. Das Mesenterium bleibt nicht unverändert erhalten, sondern wan- delt sich aus einem geschlossenen, doppelwandigen Blatt in eine viel durchbrochene faserige Lamelle um, deren ursprüngliche Lagerung: noch durch das spätere Wachstum des Magens und Darmes sehr ver- ändert wird. Wir wenden uns nun den vorderen Teilen des ursprünglich rechten und linken Cöloms zu. Es ist oben erwähnt worden, daß das linke vordere Cölom Am- pulle und Hydrocöl liefert, das rechte vordere Cölom ein kleines im Anfang kompaktes, später bläschenförmiges Gebilde abschnürt, das Mc. Bride als Äquivalent des eigenthchen (Unken) Hydrocöls ansieht. Textfig. s zeigt die Lagerung der Cölomteile an einem ziemhch Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 437 jungen Objekt. Wir sehen von der Dorsalseite auf den larvalen Oeso- phagus {larv.Oes.) nachdem die darüber Hegende Epidermis entfernt ist. Unten sind noch die vorderen Enden des rechten und Hnken hinteren Cöloms (des eigentHchen Cöloms) (r. u. /. Cöl.) gezeichnet. Zwischen Oesophagus und Hnkem Cölom tritt der Steinkanal (St.K) hervor und erweitert sich in die Ampulle (Amp.). Er setzt sich dann als Porenkanal fort {P.K.), um durch die Porenöffnung nach außen zu münden. Das rechte und linke vordere Cölom wird durch den Oesophagus verdeckt. Dicht neben der Ampulle sehen wir ein nierenförmiges Gebilde liegen. Dies ist das von Mc. Bride als rechtes Hydrocöl, von mir als Dorsalsack (s. o.) bezeichnete Abschnürungsprodukt des rechten vor- deren Tochtercöloms. Ursprünglich liegt es mehr auf der rechten Seite des Oesophagus, gelangt dann aber durch Wachstumsverschie- bungen über die Medianlinie der Larve hinaus nach links. Schnittfig. 22 zeigt dieselben Verhältnisse. Wir sehen den larvalen Oesophagus (larv.Oes.) quergeschnitten, rechts und links von ihm das rechte und linke vordere Cölom (r.ii.l.v.CöI.); ferner zwischen ihm und der Epidermis einerseits den Steinkanal (St.K.) mit einem An- schnitt der Ampulle, anderseits den Dorsalsack. Während auf Schnittfig. 22 der Porenkanal nicht getroffen war, ist dies auf Schnittfig. 23 der Fall. Dagegen ist auf Fig. 23 der Stein- kanal nicht erkennbar, sondern das unter ihm liegende linke hintere Cölom (LCöL), an dem sich eine neue Anlage zeigt. Wir finden nämlich bei Larven mittleren Alters an der Stelle, an der das linke Cölom mit seinem inneren Blatt dem Steinkanal anliegt, einen Zellwulst. Die Kerne sind auffallend groß und zeigen ein lockeres Chromatinnetz. >Schon BuRY (1) beobachtete diesen Zellstrang, konnte ihn aber noch nicht richtig deuten. Mc. Bride hat ihn richtig bestimmt, es handelt sich um die Anlage des Geschlecht'^stolon. Weiter zeigt Schnittfig. 23 den Oesophagus, rechtes und linkes Cölom, Ampulle, Dorsalsack und die Porenöffnung getroffen. Die Wände des linken Cöloms und der Ampulle berühren sich beinahe. Die Ampulle dehnt sich im Verlauf ihrer Entwicklung nach hinten aus, um schließlich bis an das linke Cölom zu reichen und mit dessen vorderer Wand ein Mesenterium zu bilden. Am Dorsalsack beginnt gleichzeitig ein Vorgang, der später immer stärker in Erscheinung tritt. Von seiner dem Oesophagus zugelegenen Wand beginnen in sein Inneres zottenförmige Fortsätze hineinzu- wachsen. Auf Schnittfig. 24 erkennen wir sie als tiefe Falten wieder. 438 Leopold V. Ubisch, die den Dorsalsack fast ganz ausfüllen. Jedoch ist das nur im vorderen Teil der Blase der Fall, im hinteren Teil bleibt der Innenraum deut- licher erhalten. Es entsteht so das fibrilläre Gewebe, das wir in dem viel umstrittenen Dorsalorgan kennen. Die Innenräume des Dorsal- organs stammen also von Resten des Hohlraums des Dorsalsacks. Ferner liefert der Dorsalsack noch den beim erwachsenen Tier neben der Ampulle liegenden Raum, in den der Fortsatz des Dorsalorgans hineinreicht (vgl. Leipoldt 5). Schnittfig. 24 zeigt ferner außer dem linken und rechten Cölom, dem noch unveränderten Genitalstolon, die Einmündung des Stein- kanals in die Ampulle. Letztere nimmt eine halbmondförmige Form an, so daß sie den Dorsalsack halb bedeckt. Schnittfig. 25 stammt von einem Objekt nach beendeter Metamor- phose. Wir sehen den Steinkanal im Querschnitt, dicht neben ihm die großen Kerne des Geschlechtsstolon, ferner das noch fibrilläre Dorsal- organ {Ds.O.) mit dem vom Dorsalsack stammenden Hohlraum, Schließlich ist die Ampulle getroffen und ein Stück des Porenkanals. Im weiteren Verlauf der Entwicklung bildet sich der Geschlechts- stolon zu einem den Steinkanal und das Dorsalorgan umfassenden Ring, aus, von dem dann wieder die einzelnen Keimdrüsen abgezweigt werden. Sehr schwierig ist die Untersuchung der eben besprochenen Organe bei Arhacia. Diese Larven zeichnen sich durch ein überaus stark ent- wickeltes Mesenchym aus, so daß die feinwandigeu Teile des Cöloms usw. nur schwer auf Serienschnitten durchverfolgt werden können. Immerhin ist es möglich vorderes und hinteres, rechtes und linkes Cölom, Steinkanal, Ampulle, Porenkanal, Geschlechtsstolon und Dor- salsack zu identifizieren. Der letztere scheint flacher und breiter zu sein als bei Strongijlocentrotus und Echinus. Ich bin nicht ganz sicher, ob im einzelnen genau dieselben Formverhältnisse bei Arhacia und bei Strongylocentrotus herrschen. Was das auffallend stark ausgebildete mesenchymatische Gewebe betrifft, so wäre es möglich, daß wir es nicht mit einer für Arhacia schlechthin typischen Eigenschaft zu tun haben, sondern daß entsprechend der mehr oder minder guten Ernäh- rung in dieser Hinsicht individuelle Schwankungen vorkommen. Die ^rfeflaa-Pluteizucht, die mir zur Verfüo'uno- stand, hatte offenbar unter ganz besonders günstigen Bedingungen gelebt, da bei allen Objekten reichlich Nahrungspartikel im Magen gefunden wurden. Das Blutgefäßsystera. Über die Entstehung des Blutgefäß- systems finden wir bei Mc. Beide einige Angaben. Er beschreibt ein Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 439 '"layer of jelly" zwischen der inneren Wand des Cöloms und dem Magen. Im Laufe der Entwicklung verändere diese Flüssigkeit ihre chemische Beschaffenheit wie aus der veränderten Aufnahme von Farbstoffen hervorgehe. Aus dieser von Amöbocyten und Fibrillen durchsetzten Flüssigkeit soll das Blutgefäßsystem hervorgehen. Wir müssen uns zunächst daran erinnern, daß war es bei den »Seeigeln nicht mit eigentlichen Gefäßen zu tun haben. Über Bau und Funktion des Blutgefäßsystems der Echinodermen ist viel gestritten worden. Nach allem, was bis jetzt bekannt ist, wird man sich Mc. Beide anschließen können: "the blood-vessels of the Echinoidea are lymph Channels devoid of proper wall and without any circulation of Con- tents ..." Ich habe die von Mc. Bride zwischen Darm und inneren Cölom gefundene Flüssigkeit sowie Fibrillen dort nicht entdecken können. Vielmehr lag bei meinen Objekten außer während der Zeit der Histo- lyse des Magens das innere Blatt des Cöloms dem Magen stets dicht an (vgl. Schnittfig. 13 und 15). Immerhin halte ich es nicht für aus- geschlossen, daß verschiedene Konservierung und Färbung hier ver- schiedene Bilder liefern können, da wir es mit sehr feinen, nicht wider- standsfähigen Fibrillen und sehr schlecht färbbaren Flüssigkeiten zu tun haben. Auf Schnittfig. 17 finden sich an einzelnen Stellen zwischen splanchnischem Cölomblatt und Magen Zellhaufen. Vielleicht haben wir es hier mit Blutgefäßbildungen zu tun. Die äußeren Veränderungen während der Metamor- phose. Wir haben nun die Anlage der einzelnen Organsysteme und ihre Entwicklung bis über die Metamorphose hinaus verfolgt. Auf die äußeren Umwandlungen während der Metamorphose brauche ich hier nicht näher einzugehen, da sie seit Johannes Müller (13) oft und eingehend beschrieben sind und ich Neues nicht mitzu- teilen habe. Ein kurzer ÜberbHck genügt. Die larvalen Fortsätze schrumpfen zusammen, indem gleichzeitig die Skeletnadeln, w^elche sie stützen, aufgelöst werden. Wimperschnüre und Wimperepauletten werden aufgelöst. Der larvale Mund und After schließt sich und der Magendarmkanal ist während längerer Zeit ohne Verbindung mit der Außenwelt. Die stark herangewachsenen Primärtentakel sprengen das Dach der Amnionhöhle und ragen ins Freie hervor. Die Reste des Anmiondaches werden schnell resorbiert. Wir finden sie nach kurzer Zeit nur noch als unbedeutende Falten vor {Amnf. Fig. 13). Der junge Seeigel ist gleichzeitig zu Boden gesunken 440 Leopold V. Ubisch, und kriecht dort mittels der fünf Primärtentakel umher. All dies geht etwa in einer Stunde vor sich (Buky 1). Über die Entwicklung des imaginalen Skeletsystems, seine Be- ziehungen zu dem larvalen und über die Art, in der die larvale bilate- rale Symmetrie in die des Seeigels übergeht, habe ich an andrer Stelle ausführlich berichtet (18). Hier sei nur soviel erwähnt, daß junge reguläre Seeigel eine unverkennbare Bilateralsymmetrie aufweisen, die durch Drehung der larvalen Symmetrieebene um 90° um die Längsachse des Pluteus entsteht. IV. Abnorme Larven. Wir wollen nun zur Betrachtung ei]iiger abnormer Larven über- gehen, deren Untersuchung verschiedene Punkte von Interesse bietet. Unter meinem Material von Strongyloceyitrotus lividus fanden sich zwei Larven, deren jede zwei symmetrische Seeigelanlagen besaß. Derartige Doppelbildungen sind schon öfters an Echinodermen- larven beschrieben worden, zuletzt bei je einem Ecliinus miliaris und esculentus durch Mc. Bride (8) und einem Pluteus von Mellita penta- ■pora durch Grave (4). Nur der letztere hat die anatomischen Ver- hältnisse auf Schnitten genau untersucht. Es war zu er^varten, daß gerade diese Art von Abnormität einige interessante Aufschlüsse gewähren würde. Mc. Bride hatte beob- achtet, und zwar bei verschiedenen Echinodermenklassen übereinstim- mend, daß auch das rechte vordere Cölom eine dem auf der linken Seite liegenden Hydrocöl äquivalente Bildung hervorbringt, aus dem jener Sack hervorgeht, dessen Beziehungen zum Dorsalorgan wir oben dargelegt haben. Eine Bestätigung der Auffassung, daß jener Sack dem linken Hydrocöl entspräche, schien sich zu bieten, als Mc. Bride fand, daß bei den Larven mit doppeltem Hydrocöl jener Sack fehle. (". . . it is perfectly easy to see this madreporic vesicle lying at the side of the madreporic pore; but in the abnormal larva which we are considering no trace of such a structure was to be seen" [8^.} Die beiden anormalen Plutei, die mir zur Verfügung standen, waren, abgesehen von der Doppelbildung selbst, äußerlich völlig normal. Einen Querschnitt durch den jüngeren Pluteus, auf dem beide An- lagen in etwas verschiedener Höhe getroffen sind, zeigt Schnittfig. 26. Beide Anlagen sind gleich gut entwickelt. Der zweite Pluteus war bedeutend älter. Die linke Anlage be- findet sich etwa in einem der Schnittfig. 10 entsprechenden Entwich- Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 441 lungszustande, die rechte ist im Wachstum bedeutend zurückgebHeben und entspricht etwa Schnittfig. 8. Bei der näheren Untersuchung des jüngeren Pluteus fand sich (vgl. Textfig. t), daß zu beiden Hvdrocölen je ein wohl entwickelter Steinkanal {l. u. r. St.K.) gehört, der sich an der normalen Stelle in je eine Ampulle öffnet (/. u. r. Ämp.). Von jeder Ampulle führt dann ein Porenkanal {l. u. r. P.K.) nach außen. Die beiden Porenkanäle münden dicht nebeneinander rechts und links von der larvalen Me- dianebene, der linke etwas weiter vorn als der rechte. Soweit stimmen die Tatsachen also durchaus mit dem überein, was nach Mc. Beides Annahmen zu erwarten stand. Aber Textfig. t zeigt uns ferner mit /.i'.Cöl. %. i-PK- Os.S. I.Amp.-: -■si-^^'^- nKCöl. I.St.Hr----^^ . r.RK. * -''^- nSt.H. Textfig. t. Doppelbildung der Ampulle usw. Vergr. 1100. Kekonstruktion.. der rechten Ampulle durch einen feinen Kanal verbunden ein rundliches Gebilde, das auf Schnitten durchaus einem normalen Dorsalsack gleicht. Textfig. u zeigt dieselben Organe des älteren anormalen Pluteus bei derselben Verorößeruns. Wir finden wieder einen rechten und linken Steinkanal, eine rechte und linke Ampulle. Aber hier fällt sogleich auf, daß die rechte Ampulle seit dem Stadium der Textfig. t relativ bedeutend schwächer gewachsen ist als die linke. Dabei er- innern wir uns, daß bei diesem Objekt auch die rechte Seeigelanlage bedeutend schwächer entwickelt war, als die normale linke. Ferner finden wir von der rechten Ampulle keinen Porenkanal ausgehend, sondern nur ein kleiner Buckel deutet die Stelle an, an der wahrschein- lich in einem jüngeren Stadium ein solcher entsprang. Dieser Buckel steht auf Schnitten mit der Epidermis durch fibrilläres Gewebe in Verbindung. 442 Leopold V. Ubisch, Weitere Veränderungen zeigt der Dorsalsack. Er ist sehr be- deutend gewachsen und hat seine normale Lage dicht neben der linken Ampulle eingenommen. Den feinen Verbindungskanal mit der rechten Ampulle finden wir nicht mehr vor. Auf Schnitten zeigt sich das fibrilläre Gewebe des Dorsalorgans normal entwickelt. Ich habe oben die Stelle zitiert, in der Mc. Bride das Fehlen des Dorsalsacks bei Larven mit Doppelbildungen konstatiert. Da jene Larven nicht auf Schnitten untersucht wurden, ist bei der Masse fibril- lären Gewebes (Dorsalorgan, skeletbildende Zellen usw.) ein Übersehen des sehr feinwandioen Dorsalsacks nicht von der Hand zu weisen. i.v.Cöl. Ump. I.St.H, iRK. nv.Cöl. --■'iy)^~r.Jlmp. Ds.S. Textfig. u. Doppelbildung der Ampulle usw. an einem älteren Objekt als Textfig. t. Vergr. 1100, Rekonstruktion. Aber selbst wenn derselbe bei den von Mc. Bride untersuchten Larven nicht vorhanden war, so genügt die Tatsache seiner Existenz bei meinen beiden anormalen Larven, um zu zeigen, daß er nicht völlig dem linken Hydrocöl entspricht. Mc. Bride suchte mit dieser Identifizierung von Dorsalsack und eventuell rechtem Hydrocöl seine Auffassung von der ursprünglich spiegelbildlichen Anlage des Wassergefäßsystems zu stützen. Das Vorhandensein eines rudimentären Organs (des Dorsalsacks), an Stelle des fehlenden rechten Hydrocöls bei normalen Larven, war allerdings besonders geeignet, seinen Ansichten Boden zu verleihen. Wenn wir nun auch feststellen müssen, daß Dorsalsack und rechtes Hydrocöl nicht identisch sind, da sie beide nebeneinander vorkommen Die Entwicklung von 8trongylocentrotus lividus usw. 443 können, so glaube ich doch, daß damit nicht viel für Mc. Beides Theorie verloren ist. Die Teilung der ursprünglich einfachen Cölonianlage in ein rechtes und linkes Stück, die Teilung jedes dieser Stücke in ein vorderes und hinteres, die Fähigkeit des rechten vorderen Cöloms even- tuell auch ein Hydrocöl zu liefern, sollten genügen, um uns von der ursprünglich paarigen Anlage des Wassergefäßsystems zu überzeugen. Schließlich ließe sich noch eine andre Erwägung anstellen. Wir sehen, daß auf Textfig. t der Dorsalsack in Verbindung mit der rechten Ampulle steht, die in normalen Fällen allerdings fehlt. Man könnte sich nun vorstellen, daß ursprünglich kein Dorsalsack existierte, son- dern nur zwei genau spiegelbildliche Ampullen. Nun begann gleich- zeitig mit der Rückbildung des rechten Hydrocöls die Rückbildung der rechten Ampulle bis sie schließlich fast ganz verschwand und nur in Form des Dorsalsacks als ein rudimentäres Organ zurückblieb. Im Laufe der weiteren Entwicklung übernahm dieses Organ entweder neue Funktionen (über die man sich übrigens noch keineswegs klar ist), d. h. es wurde aus dem nutzlosen rudimentären Organ der >> normale« Dorsalsack der heutigen Seeigel oder der rudimentäre Dorsalsack ver- schwand völlig wie z. B. bei Mellita -pentapora (4). Treten nun ab- norme Verhältnisse ein, so bildet sich vom rechten vorderen Cölom wie früher eine rechte Ampulle mit Hydrocöl ohne jedoch in den Fällen, in denen er überhaupt noch vorhanden ist, den im Laufe der Ent- wicklungsgeschichte stark differenzierten Dorsalsack dazu verwenden zu können. Ich habe an andrer Stelle (18) schon darauf aufmerksam gemacht, daß das Auftreten zweier gleichwertiger Hydrocöle zwar als Reminis- zenz an einen früheren Zustand anzusehen wäre, aber in einer durch den heutigen Entwicklungszustand der Seeigel modifizierten Form. Dasselbe heße sich von den Doppelbildungen der Ampulle sagen, wobei ich mir allerdings nicht verhehle, daß. damit sehr gewagten Spekulationen die Wege gebahnt werden. Die von Grave (4) beschriebene Doppelbildung an Mellita penta- pora ist geeignet, unsere Schlüsse zu bestätigen. Bei Mellita scheint normalerweise kein Dorsalsack gebildet zu werden, er fehlt daher auch bei der Doppelbildung. Wenn trotzdem ein zweites Hydrocöl ge- bildet werden kann, wie bei meinen Objekten neben dem Dorsalsack, so geht auch daraus hervor, daß Mc. Beides Gleichstellung von Dorsal- sack und »rechtem Hydrocöl« nicht aufrecht erhalten werden kann, wenigstens nicht für den heutigen Entwicklungszustand. Bei Mellita finden sich auch bei normalen Larven stets zwei Poren- 444 Leopold V. Ubisch, kanäle, die gemeinsam nach außen münden. Dasselbe Verhalten zeigt dementsprechend die beschriebene Doppelbildung. Wir dürfen wohl den zum Teil gemeinsamen Verlauf der Porenkanäle als etwas Sekundäres auffassen, dafür sprechen außer theoretischen Erwägungen besonders Geaves Zeichnungen, die den einen Porenkanal mit einem Knick in den andern übergehen lassen. In einem früheren phylogene- tischen Zustand dürften auch bei Mellita, wie bei der jüngeren meiner abnormalen Larven, zwei Porenkanäle vorhanden gewesen sein. Mit der Rückbildung des einen Hydrocöls ging dann eine Rückbildung des entsprechenden Porenkanals Hand in Hand, bis derselbe schließ- lich nicht mehr nach außen, sondern in den andern Porenkanal ein- mündete. Grave erhebt wesentliche Bedenken gegen die Erklärung der Doppelbildungen als Rückschläge auf eine Urform wegen des Um- standes, daß wir es nicht nur mit einer Verdoppelung des Hydrocöls zu tun haben, sondern daß auch andre Organe, z. B. das rechte hintere Cölom, in Mitleidenschaft gezogen werden und, im Falle die Doppel- bildungen zur Metamorphose gelangten, ihrer heutigen Natur ganz iremde Dinge liefern müßten. Mir erscheint Geaves Einwurf nicht berechtigt, sobald man sich auf den oben präzisierten Standpunkt stellt (S. 411, Abs. 3), daß die Doppelbildungen zwar phylogenetische Fingerzeige sind, aber daß die dabei entstehenden Organe nicht unbeeinflußt geblieben sind von den Veränderungen, die der Organismus seit jener Zeit, in der normaler- weise zwei Hydrocöle bestanden, bis jetzt durchgemacht hat. Es bedarf ja kaum einer Auseinandersetzung, daß gewiß niemals zwei Hydrocöle existiert haben, die so beschaffen und an der Stelle gelagert waren, wo heute das normale oder doppelgebildete Hydrocöl gelagert ist. Vielmehr spricht alles, insbsondere der Vergleich mit andern Echinodermen, dafür, daß die beiden (normalen) Hydrocöle ursprünglich etwa da, wo sie auch jetzt entstehen, d. h. in der Nähe des larvalen Oesophagus gelagert blieben, daß dieser Oesophagus (wie auch heute noch bei andern Echinodermengruppen) dauernd erhalten wurde. Die einfachste Vorstellung ist dann weiter die, daß die beiden Hydrocöle den Oesophagus hufeisenförmig umwachsen (wie heute noch das linke Hydrocöl bei andern Echinodermen), um schließHch mit ihren blinden Enden zu verwachsen und einen Ringkanal zu bilden. Entsprechend der nun eintretenden Verkümmerung des rechten Hydrocöls lieferte dann entweder das linke allein den den Oesophagus umfassenden Ring, oder die Hydrocölanlage blieb, wie bei unsern Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 445 normalen Seeigeln, auf die linke Seite beschränkt, und ein neuer Oeso- phagus durchbrach den Ringkanal. Diesen phylogenetisch herausgebildeten Zustand repräsentieren auch die Doppelbildungen, ein Hinweis auf frühere Zustände ist nur die Tatsache, daß überhaupt zwei Hydrocöle gebildet werden können, nicht ihre Lage und Form. Infolge dieses Versuchs der Natur, wenn ich mich so ausdrücken darf, einen früheren Zustand unter den jetzt geltenden gänzlich veränderten Gesetzen wieder einzuführen, ent- stehen durchaus unlebensfähige Bildungen, und es kann uns daher nicht wundern, wenn Organe, wie z. B. das rechte hintere Cölom, das inzwi- schen seine ganz bestimmten Funktionen übernommen hat, bei dem Auftreten der Doppelbildungen zu Funktionen herangezogen wird, die es heute normalerweise nicht mehr erfüllt. Von großem Interesse schien es mir, festzustellen, ob bei den Doppelbildungen vielleicht auch ein rechter und linker Geschlechts- stolon (vgl. Schnittfig. 23, 2i) angelegt wurde. Das jüngere Objekt zeigte seinem Alter entsprechend überhaupt noch keine deutliche An- lage des Geschlechtsstolon, das ältere dagegen links eine wohlausge- bildete Anlage, rechts dagegen keine Spur davon. Also auch in dieser Hinsicht verhalten sich unsre Plutei typisch, die Doppelbildung er- streckt sich nicht auf alle Organe. Unter meinem Material befand sich eine Larve, die völlig normal gebildet war, deren Seeigelanlage aber die Hälfte der Amnionhöhle fehlt. Schnittfig. 27 zeigt dies Objekt. Dem Alter nach entspricht es etwa Schnittfig. 7. Der Unterschied von einer normalen Anlage besteht darin, daß auf der einen Seite der »Ectodermboden << nicht in das Dach der Amnionhöhle übergeht, sondern sich geradewegs in die Larvenepidermis verlängert. Die sonst normale Entwicklung zeigt, daß das Vorhandensein einer Amnionhöhle wohl nur eine Schutzvor- richtung darstellt, die gelegenthch auch fehlen kann ohne die Entwick- lung der Anlage zu beeinträchtigen. Da die Amnionhöhle bei vielen Seeigeln dauernd, bei andern während des längsten Teils der Em- bryonalentwicklung mit der Außenwelt in Verbindung steht, war dies Resultat zu erwarten. Würzburgj Juni 1913. 446 Leopold V. Ubisch, Literaturverzeichnis. 1. BuRY, The Metamorphosis of Echinoderms. Quart. Journ. of Micr. Sc. Vol. XXXVIII. Xr. 149. 1895. 2. GiESBRECHT, Der feinere Bau der Seeigelzähne. Morph. Jahrb. Leipzig 1880. 3. Grave, Some points in the structure and development of Mellita testudinata. John Hopk. Univ. Circ. Xr. 157. Aug. 1902. 4. — Metamerism of the Echinoid Pluteus. John. Hopk. LTniv. Circ. Nr. 2. 232. 1911. 5. Lang-Ludwig, Echinodermata. Jena 1894. 6 Leipoldt, Das angebliche Excretionsorgan der Seeigel. . . Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LV. 1893. 7. Mc. Bride, The Development of Echinus esculentus, together with some points in the Develoj^ment of E. miliaris and E. acutus. Phil. Trans, of the R. Soc. of London. Vol. CXCV. 1903. 8. — Tvvo Abnormal Plutei of Echinus, and the light, which they throw on the Factors in the normal Development of Echinus. Quart. Journ. of Micr. Sc. Vol. LVIL Part. 2. 1911. 9. — The Development of Asterina gibbosa. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XXXVIIL 1898. 10. — The Development of Ophiothrix fragilis. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. LI. 1907. 11. Metschnikoff, Embryologische Mitteilungen über Echinodermen. Zool. Anz. VII. Jahrg. Xr. 159. 1884. 12. — ■ Studien über die Entwicklung der Echinodermen und Xemertinen. Mem. de FAcad. Imp. des Sc. de St. Petersburg. VIL S. T. XIV. 1870. 13. Johannes Müller, Xeun Abhandlungen über Echinodermen in den Ver- handlungen der Berl. Königl. Akad. d. Wiss. 1847 — 1855. 14. XusBAUM und Oxner, Studien über die Regeneration der Xemertinen. Arch. f. Entw.-Mech. d. Organ. Bd. XXX. 1910. 15. — Studien über die Wirkung des Hungerns auf den Organismus der Xemertinen. I. Teil. Ebenda. Bd. XXXIV. 1912. 16. Theel, Prehminary Account of the Development of Echinus miliaris L. Bih. tili K. Sv. Vid. Akad. Handl. Bd. XXVIII. Afd. IV. Xr. 7. 17. — Xotes on the formation and absorption of the skeleton in the Echinod. Oef versigt of kgl. Svenska Vid. Akad. Forh. Stockholm 1894. 18. V. Ubisch, Über die Anlage und Ausbildung des Skeletsystems einiger Echiniden und die Symmetrieverhältnisse von Larve und Imago. Zeit- schrift f. wiss. Zool. Bd. CIV. Hft. 1. 1913. Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. 447 Erklärung der Abbildungen. Zeicliener Amb.F, Arabulacralf üßchen ; Amn, Aninionhöhle; Amnf, Amnionfalten; Amp, Ampulle; Are, Arcus; Cöl, Cölom; Ds.O, Dorsalorgan; Ds. S, Dorsalsack ; Ed, Enddarni; Ed. L, Epidermallamelle ; EM, Ectoderm; Ekt.Bd, Ectodermboden; Ep, Epidermis; Ep.F, Epineuralf alten; Ep.K, Epineuralkanal; Ep. L, Epineurallamelle ; Ep. R, Epineuralraum ; Gab, Gabelsttick; Gab.W, Gabelmuskel; h, hinten; Hyd, Hydrocöl; Jg. 8t, Jugendstacheln ; K, Kiefer; lar.A, larvaler After; larv.Oes, larvaler Oesophagus; larv.M, larvaler Mund; Lt.M, Laternenmembran ; M, Magen; Musk, Muskel; k 1 ä r u n g : Nbd, Nebendarm; N.R, Nervenring; Oes, Oesophagus; Ped, Pedicellarie; P.K, Porenkanal; Pol.B, Polische Blase; Pr.O.F, Präoralfortsatz; P.T, Primärtentakel; Bad. K, Radiärkanal ; R.K, Ringkanal; R.N, Radiärnerv; Schi. 31, Schließmuskel; Sk.R, skeletogener Raum; S.N', Saugnapf; Som.Cöl, somatisches Cölomblatt; Spl.Cöl, splanchnisches Cölomblatt; St, Stachel; St.K, Steinkanal; St.M, Stachelmuskel; V, vorn; V.Lt.F, vorderer LateraLfortsatz ; Wep, Wimpereijauletten ; Wp, Wimperschnur; Wz, Wanderzellen; Z, Zahn; ZM, Zwischenmuskel ; Z.S, Zahnsack; Z.W, Zahnwurzel. Tafel V-VII. Sämtliche Schnittfiguren sind unter dem Zeichenai^parat angefertigt. Das Ectoderm ist gelb, Mesoderm rot, Entoderm grün, Hydrocöl blau, Kalkteile ebenfalls blau getönt. Das Mesenchym ist farblos gelassen. Alle Figuren beziehen sich auf Strongylocentrotus liv., sofern in der Figuren- erklärung nichts andres bemerkt ist. Die Angaben, ob der Schnitt quer, sagittal usw. geführt sei, beziehen sich, wenn nicht anders gesagt ist, stets auf die Seeigelanlage, nicht auf die ganze Larve. Schnittfig. 1. Querschnitt durch eine ganz junge Anlage. Vergr. 600. Flächenschnitt durch das Hydrocöl. Hufeiseniorm. Vergr. 600. Optischer Flächenschnitt durch das Hydrocöl. Kurz vor Auftreten der Zahnsäcke. Vergr. 600. Querschnitt. Bildung der Amnionhöhle. Vergr. 600. Schnittfig. 2. Schnittfig. 3. der Ringbildung. Schnittfig. 4. 448 Leopold V. Ubisch, Die Entwicklung von Strongylocentrotus lividus usw. Schnittfig. 5. Sagittalschnitt. Bildung der Eiaineuralfalten. Vergr. 600. Schnittfig. 6. Sagittalschnitt. Zeigt eine Epineuralfalte quer getroffen. Vergr. 600. Schnittfig. 7. Medianschnitt. Zusammenstoßen der Epineuralfalten. Ver- größerung 640. Schnittfig. 8. Sagittalschnitt. Die Ejjineuralfalten sind verschmolzen. Vergr. 640. Schnittfig. 9. Medianschnitt. Abschnürung der Zahnsäcke. Nerven- und Muskelbildung. Vergr. 610. Schnittfig. 10. Medianschnitt. Aus zwei aufeinanderfolgenden Schnitten kombiniert. Beginn der Zahnbildung. Stachehi. Auftreten der ersten Ambula- cralfüßchen. Vergr. 430. Schnittfig. 11. Querschnitt durch einen Radiärkanal mit dem ersten Ambulacralfüßchenpaar. Vergr. 600. Schnittfig. 12. Querschnitt durch einen Radius imd zwei Zahnsäcke mit den Zahnwurzeln. Vergr. 600. Schnittfig. 13. Medianschnitt durch einen jungen Seeigel während der Metamorphose. After noch nicht geschlossen. Aus zwei Schnitten kombiniert. Vergr. 430. Schnittfig. 14. Medianschnitt durch einen Seeigel während der Meta- morphose. Aus zwei Schnitten kombiniert. After geschlossen. Ansammlung von Wanderzellen in der Nähe des Magens. Vergr. 430. Schnittfig. 15. Medianschnitt durch einen Seeigel. Magen in Histolyse. Bildung des definitiven Oesophagus. Vergr. 430. Schnittfig. 16. Bildung des entodermalen Teiles des imaginalen Oesophagus. Vergr. 430. Schnittfig. 17. Medianschnitt durch einen Seeigel kurz vor Bildung des imaginalen Mundes. Unentkalkt. Spec. ? Vergr. 350. Schnittfig. 18. Schnitt durch eine Zahnanlage. Vergr. 870. Schnittfig. 19. Medianschnitt durch einen Seeigel nach Bildung von Mund und After. Arbacia ■pust. Vergr. 290. Schnittfig. 20. Medianschnitt durch einen Pluteus. Vergr. 170. Schnittfig. 21 a — h. Die verschiedenen Stadien der Histolyse des Magens, Vergr. 1100. Schnittfig. 22. Querschnitt durch den larvalen Oesophagus. Dorsalsack, AmpuUe und Steinkanal. Vergr. 640. Schnittfig. 23. Wie Schnitt 22. Dorsalsack, Ampulle, Porenkanal und Geschlechtsstolon. Vergr. 640. Schnittfig. 24. Wie Schnitt 23. Bildung des Dorsalorgans. Vergr. 640. Schnittfig. 25. Geschlechtsstolon, Dorsalsack, Steinkanal, Ampulle, Poren- kanal kurz nach der Metamorphose. Vergr. 640. Schnittfig. 26. Querschnitt durch einen Pluteus mit doppelter Seeigel- anlage. Vergr. 350. Schnittfig. 27. Medianschnitt durch eine Anlage mit fehlendem halben Amnion. Vergr. 570. Das Körperepithel von Anodonta cellensis. Von Wilhelm Siebert. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Marburg.) Mit 39 Figuren im Text. Inhalt. Seite 1. Einleitung und Literaturüberblick 45O 2. Material und Methoden 45I I. Der Mantel. A. Morphologie und allgemeine Histologie 452 B. Das Epithel des Mantels 4(30 1. Die Innenfalte des Mantelrandes 400 a. Flimmer- und Schleimzellen 460 b. Sinneszellen 462 2. Die Mittelfalte des Mantelrandes 467 3. Die Außenfalte des Mantelrandes 47O 4. Die Mantclinnenf lache 471 .5. ])ie ]\TantelaußenfläcIie 47 1 a. Mantellinie und Schließmuskelansatz 47 1 b. Schalenbildung 474 G. Die dorsale Mantelrinne 476 7. Der dorsale Mantelschlitz 476 8. Die Mantelnaht 477 II. Der Fuß.. A. Mor})hologie und allgemeine Histologie 480 B. Das Epithel des Fußes 481 1. Flimmer- und Sinneszellen 481 2. Intercellularräume und Wasseraufnahme 482 3. Schleimzellen 486 a. Epitheliale Schleimzellen 486 b. Subepitheliale Schleimzellen 493 III. Die Mundlappen. A. Morphologie und allgemeine Histologie 496 B. Das Epithel der Mundlappen 599 1. Die Innenseite 599 a. Der adorale glatte Teil derselben 599 Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 29 450 Wilhelm Siebert, Seite b. Das Leistenepithel 502 2. Die Außenseite 504 C. Physiologisches über die Mundlappen 506 1. Ansichten früherer Autoren 506 2. Die Flimmerströmungen der Mundlappen 507 3. Die Flimmerströmungen an der übrigen Körjjeroberfläche 512 IV. Anhang. 1. Das Vorkommen von Kalk im Bindegewebe 513 2. Wanderzellen 517 Literaturverzeichnis 522 1. Einleitung und Literaturüberblick. Die vorliegende Arbeit soll sich in eine Reihe andrer Untersuchun- gen über die Morphologie der Na jaden einfügen und eine auf eignen Untersuchungen der Anodonta cellensis beruhende Darstellung der Körperdecke mit Ausnahme der Schale geben, die von andrer Seite behandelt wurde (vgl. Rassbach). Somit wurde die äußere Bedeckung des Mantels, des Fußes und der Mundlappen in den Kreis der Unter- suchung gezogen, während das Epithel der Kiemen als besonders differenziertes Atemepithel ausgeschlossen und ebenso wie die verschie- denen Sinnesorgane einer besonders darauf gerichteten Untersuchung vorbehalten wurden. Die Literatur über den zu behandelnden Gegenstand ist keine umfangreiche. Im Zusammenhang ist er überhaupt nicht dargestellt worden, sondern es finden sich Angaben hierüber nur mehr nebenbei in den Arbeiten, die von einzelnen Organen der Muscheln handeln. Speziell mit den Epithelien beschäftigt sich Raw^itz in seiner Arbeit über den Mantelrand der Acephalen, in der er Epithel und Binde- gewebe des Mantelrandes von Vertretern aller Lamellibranchierklassen, darunter von Najaden Unio und Anodonta anatina, untersucht, haupt- sächlich aber die marinen Formen berücksichtigt. — Von weiteren Arbeiten, die auch das Mantelepithel behandeln, sind zu nennen die- jenigen von MoYNiER DE ViLLEPOix {Anodontct), F. Müller {Anodonta), List (Mytiliden) u. a., die sich mit der Struktur und Bildung der Schale beschäftigen und Angaben über den Bau und die Beteiligung der Mantelepithelien bei der Schalenbildung enthalten. — Was den Fuß der Lamellibranchier anlangt, so existieren in der Hauptsache entweder Arbeiten über eine W^asseraufnahme ins Blut oder über das Byssus- organ der einzelnen Gruppen der Lamellibranchier. Nur wenige von ihnen gehen dabei näher auf die Zusammensetzung des Fußepithels Das Körperepithel von Anodonta cellcnsis. 451 ein und bringen Angaben über die im Fuß so zahlreich auftretenden Schleimdrüsen. Hierher gehören die Arbeiten von Hanitsch und Geoegevitch, der in seinen »Recherches sur les glandes du pied des Lamellibranches << Afiodonta anatina und Cyclas Cornea behandelt. — Gering ist auch die Zahl der Arbeiten, die sich mit den Mundlappen der Muscheln im speziellen befassen. Neben den alten Arbeiten von Erman und Troschel liegt nur die von J. Thiele »Die Mund- lappen der Lamellibranchiaten << vor, in der er neben andern Unio fictorum und Anodonta cellensis und anatina hinsichtlich ihrer Mund- lappen vergleichend-morphologisch und -histologisch untersucht; auch auf ihre physiologische Bedeutung geht Thiele näher ein. — Die komplizierten Verhältnisse der Flimmerbewegung an der Körperober- fläche, besonders der Mundlappen, hat Wallengren in seinen beiden Arbeiten >>Zur Biologie der Muscheln« einer sehr eingehenden Bearbei- tung gewürdigt und hierdurch erst die physiologische Bedeutung der Mundlappen klargelegt. — Bezüglich des Vorkommens der über die ganze Körperoberfläche verstreuten einzelligen Sinneszellen sind haupt- sächlich die Arbeit von Boll »Beiträge zur vergleichenden Histologie des Molluskentypus«, ferner die grundlegenden Arbeiten von Flemming »Die haaretragenden Sinneszellen in der Oberhaut der Mollusken« und »Untersuchung über Sinnesepithelien der Mollusken« und schließlich die von Simroth »Die Sinneswerkzeuge unsrer einheimischen Wirbel- tiere « zu nennen. — Die Literatur, die sich auf das Vorkommen von Kalk und von Wanderzellen im Körper von Anodonta bezieht, wird an den betreffenden Stellen einaehend behandelt. 2. Material und Methoden. Das Material, das zu vorliegender Arbeit Verwendung fand, stammte zum Teil aus einem Teiche bei Marburg, zum Teil aus dem Fontäne- teich zu Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel; aus letzterem wurden beson- ders große Exemplare erhalten. Entweder wurden die frisch gefangenen Tiere sofort konserviert, oder sie wurden in einem großen bepflanzten Aquarium untergebracht. Als Nahrung erhielten sie feinen Grieß, der gern genommen zu werden scheint; in dem Aquarium hielten sich die Muscheln Monate hindurch vollkommen frisch, was unter anderm daraus geschlossen werden konnte, daß es bei ihnen desselben Kraft- aufwandes bedurfte, um ihre Schalen zu öffnen, wie bei frisch gefangenen Tieren. Zur Beobachtung der Bewimperung und der Sinneszellen wurden kleine Stückchen aus den verschiedenen Körperregionen in 29* 452 Wilhelm Siebert, RiNGERscliem Gemisch untersucht. Zur IsoHerung der Einzelelemente der Epithelien wurden Macerationsflüssigkeiten wie Drittelalkohol, verdünnte Kaliumbichromatlösung und schwache Methylenblaulösung neben einigen andern mit Erfolg angewendet. Zum Studium der Histo- logie wurden die Muscheln vor der Konservierung meist durch mehr- stündiges Einlegen in eine l%ige Cocainlösung betäubt, um die durch die Kontraktion der Muskeln bei der Konservierung entstehende Kräuse- lung und Faltenbildung zu vermeiden, die leicht falsche Vorstellungen hervorrufen können. Hierauf wurden entweder kleine Stücke der Schale mit daranhängendem Weichkörper mit einer Laubsäge heraus- gesägt und so konserviert, oder aber es wurde die Schale vorsichtig abgelöst und kleine Stückchen des Weichkörpers herausgeschnitten und für sich konserviert. Als Konservierungsflüssigkeit diente in der Hauptsache ZENKERsche Flüssigkeit, doch wurden daneben auch Pikrin- salpetersäure, Sublimat, Sublimat-Eisessig, Formol und Flemmings Gemisch angewendet. Letzteres gab indessen bei nachfolgender Fär- bung mit Hämatoxylin nach Heidenhain ein solch ungleiches Bild der Epithelzellen, daß von seiner größeren Verwendung Abstand ge- nommen wurde. Das konservierte und durch steigenden Alkohol ent- wässerte Material wurde entweder über Xylol und Xylol- Paraffin in reines Paraffin übergeführt, oder es wurde statt Xylol Chloroform an- gewendet, das dem absoluten Alkohol allmähhch so lange zugesetzt wurde, bis reines Chloroform erreicht war; es folgte dann Überführung in Chloroformparaffin und schließlich Einbettung in reinem Paraffin, Die Stücke mit Schale mußten, wenn in Paraffin eingebettet werden sollte, vorher in salz- oder salpetersaurem Alkohol entkalkt werden; erfolgte die Einbettung in Celloidin nach der gewöhnlichen Methode, so wurden erst die eingebetteten Stücke langsam in salpetersaurem Alkohol entkalkt. Schließlich wurden Schnittserien von 3 — 15 /i Dicke angefertigt, die mit Hämatoxylin nach Heidenhain, Hämalaun, Methy- lenblau, Orange G-Hämatoxyhn, Hämatoxylin-Eosin und Säurefuchsin nach VAN Gieson gefärbt wurden. L Der MaiiteL A. Morphologie und allgemeine Histologie. Vom Rücken der Muschel entspringt als paarige Hautduplikatur der Mantel, der mit einem rechten und linken Mantellappen den Rumpf der Muschel umgibt und außen die Schale trägt. Die beiden Mantel- lappen umgrenzen die Mantel- oder Atemhöhle, in die der Fuß, die Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 453 Mimdlappen und die Kiemen hineinragen. Während der eigentliche Mantel einen nur geringen Dickendurchmesser hat, ist sein freier Rand, von C. Schneider mit »Faltenkante« be- >_^ «.. zeichnet, durch eingelagerte Muskelmassen verdickt. Fig. 1 stellt einen Querschnitt durch die Mitte des Mantelrandes mit daran- f hängender Schale dar. Man sieht im Mantel- | rand drei starke Muskelzüge, die senkrecht | zum äußeren Rand nach innen verlaufen; 2. die beiden äußeren ziehen unter dem Epi- " thel hin, während der mittlere und wich- % tigere, der sogenannte »Kantenmuskel«, in i den äußersten Teil des Mantelrandes aus- 5 strahlt und schräg aufsteigend zur Außen- =. Seite des Mantels verläuft. Hier vereinigt i- er sich mit dem unter dem Schalenepithel 2 herlaufenden Muskelzug und inseriert durch 5^ Vermittlung des Mantelaußenepithels an der |; Innenseite der Schale (Fig. 1 ml); er ruft 5 an ihr einen deutlich sichtbaren Eindruck, |. die »Mantelhnie«, hervor, die parallel dem ^ Schalenrand in einiger Entfernung verläuft |- und im vorderen und hinteren Teil der . i' /;/ Schale in die Eindrücke der beiden großen ^ SchHeßmuskeln übergeht. Der Kanten- | \]\ muskel hat die Aufgabe, beim Schließen u. der Schalen den sonst etwas aus der Schale | hervorragenden Mantelrand in diese zurück- ? zuziehen (Fig. 2). Andre Muskelzüge, die 5 durch ihre Kontraktion den Kantenmuskel | unterstützen, verlaufen parallel zum Schalen- | rand und sind daher in der Fig. 1 querge- | troffen, und ein drittes System verbindet die innere und die äußere Manteloberfläche. §. Im eigentlichen Mantel kommen nur wenig muskulöse Elemente vor. Als differenzierte ^^_.*£^:2?,-/ Mantelmuskulatur hat man die beiden großen Adductoren oder Schalenschließer anzusehen, die als Antagonisten des Ligamentes wirken, das als elastisches Band die beiden Schalenhälften auseinanderzuziehen sucht. Erschlaffen l\ 454 Wilhelm Siebert, dalier beim Tode des Tieres die Adductoren, so klafft die Schale. Der vordere Schließmuskel verläuft vor der Mundöffmmg, der hintere vor der Afteröffnung quer durch den Körper. Das Größenverhältnis der beiden Adductoren wird in der Systematik verwendet; da bei Ano- donta der hintere Adductor der stärkere ist, gehört sie zu den Fig. 2. Photographie lebender Anodonten. Vergr. i/j. Heteromyariern. Die Insertionsstellen der Schließmuskel und den Weg, den sie beim Fortrücken an der Schale während des Wachs- tums genommen haben, kann man als deutliche Eindrücke an der Schaleninnenfläche beobachten. Der AVeichkörper ist dann weiter noch durch die Aufhängemuskeln des Fußes, die weiter unten mit diesem zusammen besprochen werden sollen, mit der Schale verbunden. Nach obigen Darlegungen hat man also als freien Mantelrand das Stück des Mantels bis zur Mantellinie zu bezeichnen (Fig. 1). Wie die Das Korperepithel von Anoclonta cellensis. 455 Figur zeigt, teilt sich der Mantelrand distalwärts in drei Falten. B. R AWITZ unterscheidet am Mautelrand zwei Hauptfalten, eine Außen- falte und eine Innenfalte; letztere teilt sich wieder in vier Lamellen. Diese Lamellen, wie sie Rawitz nennt, sind aber nur durch die bei der Konservierung hervorgerufenen Muskelkontraktionen entstanden; denn betäubt man vor der Konservierung die Muschel durch mehr- stündiges Einlegen in eine verdünnte Cocainlösung (1%), so findet man stets drei Falten, die konstant auftreten: die Innenfalte (Fig. 1 rij), die Mittelfalte {rmf) und die Außenfalte {raf). In der Figur tritt die Innenfalte etwas gegen die beiden andern zurück, was etwa der Lage entspricht, wenn die Schale geschlossen ist. Ist aber die Schale ge- öffnet, wenn z. B. die Muschel umherkriecht, so sind die Innenfalten beider Mantellappen weit vorgestreckt, so daß sie sich mit ihren Spitzen berühren und die Mantelhöhle schließen, wie es Fig. 2 sehr schön zeigt. Die Mittelfalte trägt auf ihrer Außenseite ein dünnes organisches Häutchen, das >>Periostracum << oder die »Epicuticula « {ep Fig. 1), wie Rawitz es nennt, das allmählich an Dicke zunimmt und die äußerste Schicht der Schale bildet (Fig. 1 ^Je)- Die Außenfläche der Außenfalte liegt der Schale an. Die Mantelhöhle ist in ihrer ganzen Ausdehnung vom vorderen bis hinteren Schließmuskel offen. In der Gegend des hinteren Ad- ductors, an der Verwachsungsstelle der Kiemen mit den Mantellappen (vgl. Fig. 34 u. 35), bildet der Mantel dadurch, daß sich seine Ränder zu zwei kurzen Röhren zusammenlegen, ohne jedoch zu verwachsen, die größere ventral gelegene Einströmungs- oder Branchialöffnung (Fig. 2 6s; Fig. 34 u. 35 6s) und die kleinere dorsal gelegene Ausströ- mungs- oder Analöffnung (Fig. 2 as; Fig. 34, 35 as). Nach Lang und Rawitz besitzen Unio und Anodonta eine durch eine Verwachsungs- stelle vom großen MantelschUtz getrennte Analöffnung. Dorsal von der letzteren verwachsen allerdings die beiden Mantelränder (Fig. 2 dmr; Fig. 35 (^mr), ventral, zwischen Anal- und Branchialöffnung, ist aber von einer Verwachsung nichts zu bemerken, wie schon er- wähnt wurde und auch aus Fig. 35 zu ersehen ist. Eine Trennung der beiden Stromsysteme wird dadurch bewirkt, daß jederseits von der Verwachsungsstelle der Kiemen mit dem Mantel eine Falte, die Inter- spihonalfalte (Fig. 35 isj), bis zum Mantelrand zieht, die zusammen mit der der Gegenseite durch einfaches Aneinanderlegen die beiden Öffnungen trennt. Da die so entstehenden Rohre etwas über den Schalenrand hinaus hervorgestreckt werden können, bezeichnet man sie auch oft als >>Siphonen <<. Der Branchialsipho ist, wie die Fig. 2 456 Wilhelm Siebert, zeigt, durch den Besitz von mehreren Reihen kegelförmiger Papillen ausgezeichnet {]m), die mit Sinneselementen versehen sind. Diese Papillen sind derart angeordnet, daß die der hinteren Reihen die Lücken in den vorderen ausfüllen. Auch zeichneu sich die Papillen der letzten, gewöhnlich vierten Reihe durch geringe Anzahl und größeren Dicken- durchmesser aus. Dorsalwärts vom Analsipho verwachsen die beiden Fig. 3. Übeisichtsbild eines Querschnittes durch den Kanal (m), welcher den dors. Mantelsclditz mit der Cloake verbindet, mit dors. Mantelrinne (dmr) und Enddarm (dep). Vergr. 22. Mantelränder auf eine kürzere oder längere Strecke, die bei den ein- zelnen Individuen verschieden lang ist, indem ihre Innenfalten und zum Teil auch die Mittelfalten miteinander verschmelzen. Dabei bilden sie eine rinnenartige Vertiefung, die »dorsale Mantelrinne«. Fig. 2 (dmr) zeigt sie in ihrem Verlauf am Tier und Fig. 3 (dmr) ist ein Quer- schnitt durch diese Gegend. Kurz hinter dem Ligament (Fig. 2 li) weichen dann die beiden Mantelränder noch einmal auseinander, um Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 457 den »dorsalen Mantelschlitz << zu bilden; Fig. 4 {dms) stellt einen Quer- schnitt durch ihn dar. Bronn erwähnt den dorsalen Mantelschhtz als einen von den Siphonen getrennten Schlitz, der »dieser vorgerückten Lage ungeachtet öfters als abgesonderter Afterschlitz gedeutet wird«. Nach Wallengren und Lang kommen mehrere solcher Öffnungen hier vor; während sie aber nach Lang durch Teilung der Analöffnung entstanden sind, hält sie Wallengren für »offenbar zurückgebliebene Teile eines dorsalen Mautelschlitzes <<. Bei der hier untersuchten Art Heßen sich nur selten zwei Öffnungen an dieser Stelle beobachten, in mr ep aT -aep Fig. 4. Übersichtsbikl eines Querschnittes durcli den ilors. Mantelsclilitz. Vergr. 26. weitaus den meisten Fällen war nur eine vorhanden, die in ihrer Aus- dehnung stark variierte. Volle Klarheit über seine Herkunft und Be- deutung dürfte allein durch entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen gewonnen werden. Der dorsale Mantelschlitz führt basalwärts in einen Kanal (Fig. 3 c«), der oberhalb des Enddarmes {def) analwärts ver- läuft und oberhalb des Afters in den Cloacalraum mündet, der von der großen Mantelhöhle infolge der Verwachsung der Kiemen abgetrennt wird. Da sich der dorsale Mantelschlitz im Gegensatz zu dem Bran- chial- und dem Analsipho bei klaffender Schale nicht aus ihr hervor- streckt, ja sich garnicht öffnet, sondern geschlossen bleibt, so ist er als rudimentärer, nicht mehr funktionierender Mantelschlitz anzusehen. 458 Wilhelm Siebert, Vor dem dorsalen Mantelschlitz verwachsen dann die beiden Mantel- ränder wieder und bleiben es nun bis zum vorderen Schließmuskel. Sie bilden so die »Mantelnaht <<, die aber nicht bloß durch die Ver- /'!«. i;i=ii^jsijÄr*£-Äi^'ÄtStat^' nyep ö>- -aep Fig. 5. tlbersichtsbild eines Quersclinittes durch die ]Maiitelnalit unter dem Ligament. Vergr. 50. nep Schmelzung der Innen- und Mittelfalten der beiden Mantelränder ent- steht, sondern hier verwachsen jetzt auch die Außenfalten, so daß sich ein Kückenwulst ergibt, der besonders unter dem hinteren Teil des Ligamentes stark ausgebildet ist. Nach dessen vorderem Ende zu nimmt der Wulst an Umfang langsam ab und ist vor dem Ligament als solcher nicht mehr zu erkennen. Fig. 5 gibt einen Querschnitt durch die Mantel- naht unter der Mitte des Liga- ments wieder und Fig. 6 einen solchen vor dem Ligament. Im allgemeinen zeigt der Mantel eine gelbgraue Färbung Fig. 6. und ist oft glasartig durchsich- Übersichtsbild eines Quersclinittes durch die Mantel- -(^jg^ gQ (Jg^ß j-q^j^ (üe darunter naht vor dem Ligament. Vergr. 50. ... gelegenen Organe durchschim- mern sieht, so besonders im dorsalen Teil. Pigment findet sich in Form kleiner gelbbrauner Körnchen im Epithel des Mautelrandes, \ P~jep Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 459 WO es in besonderer Menge und fast schwarzer Nuance in der Gegend der Branchial- und Analöffnung vorkommt, im Epithel der dorsa- len Mantelrinne und im hintersten Teil des Kückenwulstes der Mantelnaht. — Innerviert wird der Mantel vom Cerebral- und Visceral- ganglion; von letzterem geht der »große hintere Mantelnerv« zu den Papillen des Branchialsipho. An größeren Blutgefäßen ist im Mantel das Ringgefäß zu erwähnen, das von der vorderen und hinteren Mantel- arterie gebildet wird und im Mantelrand verläuft. — Überall wird der 0 . 3%>. 3 ' ■ ■■ (y. "'??'^ Fig. 7. Querschnitt durch die Imienfalte des Mantelrandes. Vergr. 380. Mantel von einem einschichtigen Epithel bekleidet, das auf der Innen- seite mit Flimmern versehen ist. Zwischen den indifferenten Deck- zellen liegen zerstreut Sinneszellen und Schleimzellen. Im Bindegewebe finden sich LANGERsche Blasen (Fig. 1 &^; Fig. 18 Z6Z); sie bilden ein ziemhch regelmäßiges Maschennetz, das ganz vorn im Mantelrand nicht so deutlich hervortritt, da es hier durch lacunäres Schwellgewebe verdrängt ist (Fig. 7 la). Dieselben Verhältnisse finden sich im eigent- lichen Mantel, dort wo die Mantelreservoire sich befinden. Die Langer- 4G0 Wilhelm Siebert, sehen Blasen zeichnen sich durch ihre Armut an Protoplasma und ihren Gehalt an Glycogen aus; der runde Kern ist wandständig. Sonst findet man außer Wanderzellen hin und wieder im Bindegewebe Ein- schlüsse parasitärer Natur. So sind die Entwicklungsstadien der in der Mantelhöhle zwischen den Kiemen lebenden Milbe U?iionicola (Ätax) ypsilojjhora häufig zu treffen, ebenso wie die der Distomee Gasterostomum fimbriatum, die im Darm verschiedener Fische para- sitiert und deren Cercarie unter dem Namen »Bucephalus« bekannt ist. Das Vorhandensein der Parasiten macht sich schon äußerlich durch hellere Färbung an den betreffenden Stellen bemerkbar. B. Das Epithel des Mantels. 1. Die Innenfalte des Mantelrandes, a. Flimmerzellen und Schleimzellen. Die Innenfalte des Mantelrandes zeigt ein typisches Flimmer- epithel (Fig. 7), das wie alle übrigen Epithelien des Mantels durch eine stets deutlich wahrnehmbare Basalmembran gegen das Binde- gewebe hin abgegrenzt ist. Es setzt sich aus kubischen Zellen zusammen, in deren Mitte ein großer, fast kugelförmiger Kern mit deutlichem Nucleolus und körnigem Chromatin gelegen ist. Das Protoplasma ist feinkörnig und mehr auf den proximalen Teil der Zelle beschränkt, da der distale Teil von grobkörnigem Pigment von gelber bis dunkel- brauner Farbe angefüllt ist. Die Wimpern sind sehr hinfälhg und erhalten sich meist nur gut, wenn man die Muschel vor der eigentlichen Fixierung erst einige Minuten in Formol gebracht hat. Sie durch- bohren die feine Cuticula der Epithelzellen und wurzeln in einer dicht darunterliegenden Reihe von Basalkörperchen, die indessen bei Kon- servierung mit ZENKERScher Lösung nicht so deuthch hervortreten. Wendet man aber FLEMMiNGsche Lösung oder Pikrinsalpetersäure an und färbt dann mit Eisenhämatoxylin, so grenzen sie sich scharf ab; eine Fortsetzung der Wimpern in das Protoplasma der Zelle hinein ließ sich jedoch auch dann nicht wahrnehmen. Zwischen den in- differenten Flimmerzellen liegen Schleimzellen (Fig. 7 es und 8), die meist umfangreicher als jene sind und sie im Stadium tätiger Secretion zusammendrängen, wie in Fig. 8 zu sehen ist. In der Literatur w^erden diese Schleimzellen als »Becherzellen« bezeichnet; aus Gründen aber, die weiter unten, im Kapitel über den Fuß, näher ausgeführt werden sollen, wird diese Bezeichnung hier nicht angewendet. Für sie wurde der Name »epitheliale Schleimzellen« gewählt zum Unterschied von Das Kürperepitlicl von Anodonta cellensis. 4G1 Fig. 8. Epitheliale Schleimzellen im Flimmerepithel der Innenfalte des Mantelrandes. Vergr. 930. den gleich zu besprechenden ».subepithehalen Schleimzellen«, die als Drüsenzellen bisher beschrieben wurden. Die epithelialen Schleim- zellen können verschiedene Gestalt zeigen, doch sind sie meist oval. Der Inhalt färbt sich bei Doppel- färbung mit Orange G-Hämatoxylin veilchenblau, mit Hämatoxylin- Eosin violett und gibt also die Reaktion auf Mucin. Die Fig. 8 zeigt ein Stadium, auf dem die Zelle sich in vollster Secretionstätig- keit befindet. Ihr Kern ist kleiner als der der benachbarten Flimmer- zellen und enthält keinen Nucleo- lus, sondern nur fein verteiltes Chromatin, dessen dichte Lagerung die intensive Fär- bung des Kernes bedingt. Außer diesen nur im Epithel gelegenen Schleimzellen gibt es noch andre (Fig. 1; Fig. 7 ss), die subepithelial gelegen sind und durch einen schmalen Ausführungsgang zwischen den Epithelzellen nach außen münden; es sind dies die schon erwähnten subepithelialen Schleimzellen. Für den Mantelrand von Anodonta anatina gibt Rawitz an: »Nur in den vordersten Par- tien desselben, in der Nähe des vorderen Schließmuskels zeigt sich die Situation inso- fern verändert, als hier der Schleim an Drüsen gebunden ist, die als vielzellige Gebilde erscheinen und durch Becherzellen nach außen münden.« Aus der beigegebe- nen Zeichnung zu schließen, meint Rawitz die Innenfalte des Mantelrandes ; er zeichnet aber weder Zellgrenzen noch Kerne in seine vielzelligen Drüsen. Auf Schnitten von Anodonta cellensis waren vielzellige Drüsen nicht zu finden; dagegen ließen sich im ganzen Mantelrand, nicht nur »in den vordersten Partien« desselben, in der Innenfalte und zum Teil auch in der Mittelfalte einzellige Fig. 9. Subepitheliale Schleimzellen ini Flimmerepithel der Innenfalte des Mantelrandes. Vergr. 930. 462 Wilhelm Siebert, subepitheliale Schleimzelleu feststellen. Sie dringen mitunter tief ins Bindegewebe ein (Fig. 9) und liegen oft in größerer Anzahl nahe bei- einander. Da man auf Schnitten die langen schmalen Ausführungs- gänge meist nicht vollständig trifft, so können mehrzellige Drüsen vorgetäuscht werden. Der Kern liegt im basalen stets bauchig an- geschwollenen Teil der Schleimzelle und ist relativ sehr klein. Ebenso wie die epithelialen Schleimzellen geben auch die subepithelialen Mucinreaktion. Wenn Eawitz angibt, daß die Drüsen »durch Becher- zellen nach außen münden <<, so ist aus seiner Figur nicht zu ent- nehmen, wie das geschieht. Man kann sich auch kaum vorstellen, wie die subepitheliale Schleimzelle durch die im Epithel gelegene nach außen münden sollte, da es sich um zwei gesonderte, für sich existierende secretorische Elemente handelt. Außerdem müßte man dann auch in der >> Becherzelle « einen Kern finden; es ist mir je- doch nicht gelungen, in meinen Präparaten dergleichen festzustellen. Die subepithelialen Schleimzellen münden einfach zwischen den Epithel- zellen durch einen meist schmalen Ausführungsgang nach außen. Die Schleimzellen, sowohl die epithehalen wie die subepithehalen, stellen eine Art Schutzorgan dar, indem sie die Körperoberfläche in das von ihnen produzierte Secret einhüllen, ebenso wie sie damit in die Mantelhöhle eindringende Fremdkörper durch Umhüllung mit Schleimmassen unschädhch machen können; anderseits pflegen sie Nahrungskörper darin einzubetten und diese so vermittels gewisser Flimmerströmungen zum Munde zu befördern. Davon wird weiter unten noch die Kede sein. b. Sinneszellen. Im Bereiche des Branchialsipho trägt die Innenfläche der Innen- falte vier Reihen kegelförmiger Papillen (Fig. 2 po). Man bezeichnet diesen Teil daher auch als »Zacke <<. Auf Schnitten durch die Zacken- gegend sieht man, daß das Epithel der Papillen fast dasselbe Aussehen hat wie das Innenfaltenepithel. Es sind ebenfalls Flimmerzellen mit großem runden bis ovalen Kern. Schleimzellen kommen jedoch im Epithel der Papillen nicht vor. Untersucht man eine Papille lebend, so sieht man oft, nicht immer, bei starker Vergrößerung und geeigneter Beleuchtung zwischen den lebhaft schlagenden Flimmern hin und wäeder konische Gebilde, die stark lichtbrechend sind und sich nicht bewegen (vgl. Fig. 10 sh). Es sind die von Boll als Borstenhaare bezeichneten Sinneshaare, die zu ganz anders gearteten Zellen gehören als die ge- wöhnhchen Flimmern. Boll beschreibt sie als schlanke Spitzen oder Das Körijerepithel von Anotlonta cellensis. 463 Haare, »die ähnlich wie der Dorn aus dem Zweig aus der Cuticula hervorkommen; es sind aber keine starren Cuticularschichten, sondern weiche biegsame Haare«. Später hat sie Flemming bei verschiedenen Molhisken untersucht und dabei festgestellt, daß die Borstenhaare BoLLs keine einheitlichen Gebilde sind, sondern aus einer Anzahl Härchen bestehen, die im Leben meist zusammenkleben und oft erst bei Zusatz von Reagenzien auseinanderfallen. Bei Anodonta fisciyialis fand er, daß sie hier kürzer und dicker als bei Mytilus sind und sich besonders leicht aus mehreren Haaren zusammengesetzt kundgeben. »Die Bündel sind hier oft so breit, daß ich anfangs glaubte, in ihnen die Enden von becherförmigen Organen vor mir zu haben, wie sie BoLL in der Haut mehrerer Mollusken schildert, bis mich die Isolation eines andern belehrte. Es ist noch zu bemerken, daß nicht bei jedem Tier und auch nicht an allen Papillen die Bündel gleich zahlreich und gleich lang sind, manchmal sehr kurz , und stumpf — wie abgenutzt — erschei- '^ ■, ^ Ben.« Die Smnesborsten von Am,donta «mMB'^^ ceUensis können ebenfalls ziemnch breit tt-üjirr-; - - -o - — :iL->so hat das ganze Ding Ähnlichkeit in der Form mit einem am Stielende kolbig verdickten Pinsel, und ich will es daher zum Unterschied von den übrigen Zellen der Oberhaut, im Folgenden als 'pinselförmige Zelle' bezeichnen.« Nach Flkmming inseriert die Nervenendfaser oft seitlich; zuweilen erschien es ihm auch, als setze sie sich bis an oder gar in den Kern fort. Er hatte hierzu die Pinselzellen einige Zeit in verdünnte Osmiumsäure gelegt und gibt selbst an, daß das Protoplasma durch Schrumpfung verunstaltet war und der Stiel oft schraubenmäßig gewunden aussah. An den gleichen Objekten, die ebenfalls mit Osmiumsäure behandelt, aber gut erhalten geblieben waren, ließ sich ein Eindringen der Nervenendfaser nicht feststellen. Apathy, der sich in seinen »Studien zur Histologie der Najaden« ebenfalls mit den Pinselzellen beschäftigte, konnte keinen Nerven- faden beobachten. Nach ihm ist die Pinselzelle kein einheitliches Gebilde, sondern besteht aus zwei Zellen, einer der Oberfläche zuge- kehrten spindelförmigen Epithelzelle mit länglichem Kern und schwar- zem Pigment und einer mehr oder minder tief in das subepitheliale Gewebe eindringenden kegelförmigen Ganglienzelle mit rundem Kern und grobkörnigem gelbem Pigment. Die Ganglienzelle wird durch einen eigentümlichen Entwicklungsgang von der Epithelzelle meist eingeschlossen, und von ihr zieht ein verbindender Protoplasmafort- satz nach dem Kern der Epithelzelie hin. Wie schon Eawitz bemerkt, befindet sich hier Apathy in einem Irrtum. Das Protoplasma des Köpfchens ist zwar manchmal etwas grobkörnig, aber ein Kern war darin niemals zu beobachten. Flemming sah manchmal »um die hineindringenden Füße der Härchen herum etwas körnige Masse, gleich als läge dort um diese her noch irgendein differenziertes, axiales Ge- bilde; doch kann ich nicht entscheiden, wie viel von dieser Erscheinung künstlich durch das Macerationsmittel hervorgebracht sein mag«. Ein besonderes »axiales Gebilde« war nie zu beobachten, sondern höchstens eine etwas gröbere Protoplasmastruktur. Pigment ließ sich ebenfalls nie- mals wahrnehmen, da gerade auch der Mangel hieran die Pinselzellen vor den indifferenten Flinnnerepithelzellen auszeichnet ; wie auch Flem- MiNG angibt, daß er in einigen Zellen im Köpfchen einige dunklere Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CVl. Bd. 30 466 Wilhelm Siebert, Pio-mentkörner »öfter nur äußerlich anheftend oder auch vor dem Kern << antraf. Daß die Pinselzellen tatsächlich mit dem Nervensystem in Verbindung stehen, wies Flemming nach, indem er macerierte Pa- pillen in Osmiumsäure härtete und zwischen Hollundermark schnitt. Er fand dann, daß der feine Faden sich rückwärts in die Ausläufer des die Papillen versorgenden Mantelnerven fortsetzte. Auf Schnitten sind die Pinselzellen schwer vollständig zu erhalten, da ihre Mitte sehr schmal ist und man sie wegen ihrer Länge nur selten auf einen Schnitt bekommt, wie es die Figuren 7 (2^2:) und 13 zeigen; sie haben dieselbe Form wie die in Fig. 12 wiedergegebene Sinneszelle eines Mazerations- präparates. Der runde Kern enthält einen deutlich hervortretenden Nucleolus neben körnigem Chromatin. An der Hnken Pinselzelle (Fig. 13) 1 ' '' illilL;!/////////;,,.. /r^J^jß^t-ürt^ji;-;:? Fig. 13. Pinselzellen im Flimmerepitliel der Innenfalte des Mantelraiides. Vergr. 930. ist die Nervenendfaser zu sehen, die körnige Anschwellungen erkennen läßt und den basalen angeschwollenen Teil der Sinneszelle etwas um- spinnt; ein Eindringen in die Zelle war nicht festzustellen. Was nun die Funktion der Pinselzellen anlangt, so faßt sie Flem- ming, ebenso wie schon Boll, auf als Neuroepithelien, die als »End- gebilde der sensiblen Hautnerven die Gefühlszellen der Mollusken sind«. Sie sind daher an der ganzen nicht von der Schale bedeckten Körper- oberfläche verteilt, wenn sie auch an einigen besonders wichtigen Stellen zahlreicher auftreten. So sagt Simroth: »Die hauptsächlichste Sonderung und Lokalisierung des Gefühls findet bei unsern Muscheln sicher in den kurzen Papillen statt, welche die Einfuhröffnung des Mantels für das Wasser umstehen. Es spricht dafür ihr Fehlen am Ausfuhrsipho, so wie weiter der außerordentHch reiche Besatz mit Das Körperepitliel von Anodonta ccllensis. 467 einfachen und komplizierten, sehr kräftigen Tastborsten. Diese stehen namenthch dicht nach der freien Spitze zu, welche zugleich durch Pigmentarmut sich auszeichnet. Das Epithel wimpert dabei sehr stark, doch scheinen die Cilien den dunkel pigmentierten Epithelzellen zu fehlen. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß uns hier, nebst dem Ohre, das wichtigste Sinnesorgan der Blätterkiemer vorhegt <<. Darauf ist zu sagen, daß allerdings die Papillen des Branchialsiphos mit zahl- reichen Sinneszellen versehen sind, da sich hier die Haupteingangs- pforte in die Mantelhöhle befindet, durch die das Atemwasser mit den darin suspendierten Körpern einströmt. Ist der Branchialsipho aus der Schale hervorgestreckt, so werden die einzelnen Papillen durch bestimmte Muskeln noch besonders von der Innenfalte steil aufgerichtet, um eine möghchst große Menge des einströmenden Atemwassers zwischen sich durchfließen zu lassen. Daß die Papillenspitze »durch Pigment- armut sich auszeichnet«, kommt mitunter vor, ist aber keineswegs die Regel und findet sich auch nicht gleichzeitig bei allen Papillen eines Tieres. Stets aber sind alle Zellen bewimpert, auch die »dunkel pig- mentierten«. Fehlen dem Analsipho nun auch die Papillen, so kommen die Sinneszellen auch da in großer Anzahl vor. Fig. 10 gibt ein Stück vom Analsipho mit zwei Sinnesborsten, nach dem Leben gezeichnet, wieder. Aber auch sonst findet man Sinneszellen häufig; so stammen die Schnitte, nach denen Fig. 7 und 13 gezeichnet wurden, aus der Mitte des Mantelrandes. 2. Die Mittelfalte des Mantelrandes. Das Epithel der Innenfalte geht über in das der Innenseite der Mittelfalte (Fig. 1 rmf). Die Zellen zeigen denselben Habitus und führen Pigment, sind aber nicht bewimpert; nach der Spitze der Mittel- falte zu strecken sie sich und werden schmäler und höher. Vereinzelt kommen auch epitheliale und subepitheliale Schleimzellen vor. — Ein ganz andres Aussehen hat die Außenfläche der Mittelfalte (Fig. 14 maep, Fig. 15). Sie besitzt ein niedriges kubisches Epithel, das die Matrix eines dünnen organischen Häutchens darstellt. Es ist dies das »Perio- stracum« oder die »Epicuticula « von Rawitz, die während ihres Ver- laufes an dieser Zellschicht stetig an Stärke zunimmt (ep). Hat die Epicuticula das Epithel verlassen, so biegt sie nach außen um und bildet die äußere Schicht der Schale (Fig. 1 pe). Die Faltungen (/) des Periostracums erklärt Rassbach »durch stärkere Produktion von Periostracumsubstanz entstanden als notwendig war, um die Verbin- dung zwischen Mantelrandfalte und Schalenrand in Form einer glatten 30* 468 Wilhelm Siebert, Membran herzustellen <<. Das kubische Epithel (Fig. 14 u. 15) wird von flachen, niedrigen Zellen gebildet, die sich meist nicht scharf von- einander abgrenzen, jedoch stets von dem darunterliegenden Binde- gewebe durch eine deutlich hervortretende Basalmembran geschieden sind. Die Höhe der Zellen ist sehr verschieden, wie es besonders in Fig. 15 zu sehen ist. Es kann dies seinen Grund in dem verschieden starken Substanzverbrauch bei der Bildung des Periostracums haben, vielleicht dient es auch als Mittel zu seiner besseren Verankerung. Die Kerne der Zellen treten deutlich hervor und haben runde bis ovale Gestalt. Das Protoplasma ist feinkörnig, und zwar ordnen sich die Körnchen, wie man bei sehr starker Vergrößerung sieht, im distalen ' » ' ' .-^ 3iep Fig. U. Querschnitt durch den Teil des Mantelrandes, wo Außenfalte (aie-p) und Mittelfalte {maep) zusammen- stoßen, mit jiuig angelegter Epicuticula am Außenepithel der Mittelfalte. Vergr. 930. Teil der Zelle in Reihen an, die senkrecht zur Zelloberfläche stehen (Fig. 15). Ähnlich konstatierte Rawitz bei Anodonia anatina eine Andeutung einer Stäbchenstruktur, während Moynier de Villepoix bei Anodonta 'ponderosa keine Streifung beobachten konnte. Oft werden die Zellen auch nach ihrem distalen Teil zu schmäler, so daß die Schluß- leisten auseinander weichen und Zwischenräume zwischen den Zellen erkennen lassen. Während die Zellen am Grunde der Falte und auch noch in ihrer Mitte flach sind und meist senkrecht zum Periostracum stehen, werden sie nach der Spitze der Falte zu höher und sind gegen das Periostracum geneigt. Schleimzellen kommen im Epithel der Außenfläche nicht vor. Das Körporepitliol von Anodonta ccllensis. 469 Nach Untersuchungen, die List an MytiHden anstellte, treten Muskelzüge durch das Epithel direkt an das Periostracum heran und sind nach ihm zusammen mit den niedrigen Epithelzellen der Außen- seite der Mittelfalte die Bildner des Periostracums, indem dieses durch chemische Umwandlung ihrer peripheren Abschnitte entsteht. Ebenso findet F. Müller bei Anodojita: »Das die Schale überziehende Perio- stracum ist in einer Falte des Mantelrandes mit den Muskelbündeln desselben verwachsen, die mit ihrem anderen Ende die Mantellinie an der Schale bilden.« Im weiteren gibt er noch an, daß im vorderen und hinteren Teil des Mantelrandes zwischen Periostracum und Muskel deutlich Epithelzellen in ähnlicher Weise wie an der Mantellinie gelegen seien, während im ganzen mittleren Teil des Mantelrandes zwischen Periostracum und Muskel keine Epithelzellen zu erkennen und hier Fig. 15. Epitlielzellen der Außenseite der Jlittelfalte mit bereits stark verdickter Epicutieula. A'ergr. 930. das Periostracum den Muskelbündeln direkt aufgelagert sei. Dem- gegenüber lassen meine Querschnitte durch den ganzen Mantelrand deutlich erkennen, daß überall ein Epithel vorhanden ist. Ebenso konnte ich niemals beobachten, daß Muskelzüge am Periostracum inseriert hätten. Es treten wohl solche gerade hier am Grunde der Falte in besonderer Stärke an das Epithel heran, aber niemals hindurch, Es kann also auch hier bei Anodonta cellensis von einer Beteiligung an der Bildung des Periostracums durch Muskelzellen nicht die Rede sein. AVas nun die Bildung des Periostracums anlangt, so entsteht es nicht durch einen einfachen Secretionsvorgang. Moynier de Villepoix läßt es durch Cuticularisierung der Epithelzellen, Tullberg durch Umwandlung des äußeren Teiles der Epithelzellen entstehen, während sich nach Rawitz die zarten Stränge direkt in die Epicuticula fort- setzen. Bilder wie Fisi'. 15 deuten darauf hin, daß das Periostracum 470 Wilhelm Siebert, durch chemische Umwandlung des distalen Teiles der niedrigen Epithel- zellen gebildet wird; die starke Reduktion mancher Zellen erklärt sich durch besonders starke Beteiligung an der Bildung von Periostracum- substanz. In seinem Verlauf vom Grunde der Falte bis zum Schalen- raud, d. h. bis es das Epithel verläßt, wird es breiter, und dieses Dicken- wachstum verdankt es dem Innenepithel der Außenfalte, das ihm durch Secretion Lamellen auflagert, die man mitunter bei starker Vergrößerung sehen kann. Diese Art erklärt auch, warum man meist auf den Schnitten das Periostracum von der Außenfalte abgehoben findet. Auf gut erhaltenen Schnitten kann man jedoch beobachten, daß das Periostra- cum sowohl der Außenseite der Mittelfalte als auch der Innenseite der Außenfalte anliegt. "^rrTT^- r 3. Die Außenfalte des Mantelrandes. Das Innenepithel der Außenfalte hat wieder ein ganz andres Aus- sehen wie das angrenzende eben besprochene Außenepithel der Mittel- falte. Es ist ein typisches CyHnder- epithel (Fig. 14 a, iep), das infolge seiner Eigenschaft, gewisse Farb- stoffe wie Orange G in hohem Grade festzuhalten, den Eindruck eines Drüsenepithels macht. Es wird von hohen schmalen Zellen gebildet, die dicht gedrängt stehen. Das Proto- plasma ist grobkörnig, namentlich im distalen Teil der Zellen trifft man stets eine Anzahl größerer Körnchen, die sich mit Eisenhäma- toxylin schwarz färben; oft tingiert es sich so stark, daß der langge- streckte, basal gelegene Kern fast verschwindet. Im Grunde der Inneiiseite drän- gen sich die Zellen so eng zusammen, daß ein Wulst entsteht, der eine Mehrschichtigkeit des Epithels vor- täuschen kann und nach Schneidee den Eindruck eines Wachstums- herdes macht. Trotz sorgfältigen Suchens wurden keine Mitosen be- obachtet, doch machen verschiedene Befunde die Annahme sehr wahr- Hohes secernierencles Epithel der Außenfalte mit Secretbelag. Vergr. 930. Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 471 scheinlich, daß von hier aus das Wachstum des Mantelrandes vor sich geht. So sind Zellgrenzen meist gar nicht oder nur schwer zu erkennen, und die Kerne enthalten neben einem großen Nucleolus nur sehr wenig feinkörniges Chromatin und sind oft von einem Hof helleren Proto- plasmas umgeben, wie er bei Teilungsvorgängen aufzutreten pflegt. Nach der Spitze der Außenfalte zu wird das Iimenepithel niedriger und bildet ein einfaches kubisches Epithel mit runden Kernen, das auch noch einen Teil der Außenseite auskleidet, um dann wieder all- mählich in ein Cylinderepithel überzugehen, das sich aus hohen secer- nierenden Zellen zusammensetzt (Fig. 16). Ihr Protoplasma ist fein- körnig und enthält vor dem Kern zahlreiche sich mit Orange G und Hämatoxylin (Heidenhain) intensiv färbende Körner. Der distale Teil kann, wenn die Zellen gerade mit der Bildung von Secret beschäftigt sind, wabige Struktur zeigen; auch sind dann oft Schlußleisten sichtbar (sl). Wie in der Figur angedeutet wurde, können die Zellen von einem Secretbelag (se) bedeckt sein, der zur Bildung der Prismenschicht (Fig. 1 'pr) dient. Auf Schnitten durch junge Muscheln mit Schale konnte Rassbach diese hohen Zellen im Zusammenhang mit der Prismen- region des Schalenrandes beobachten. 4. Die Mantelinnenfläche. Das Innenepithel der Innenfalte (Fig. 7) wird nach dem Rücken zu allmählich niedriger und geht über in das niedrige Epithel der Mantel- innenfläche (Fig. 18 iep). Es setzt sich zusammen aus kubischen Flim- merzellen, die im distalen Teile Pigment führen können, das besonders in der Gegend der Zacke und des Analsipho auftritt, wo es sich äußer- lich durch fast schwarze Färbung kundgibt. Das Protoplasma ist dicht und feinkörnig und umschließt den basal gelegenen runden Kern. Zwischen den Flimmerzellen liegen zahlreiche Schleimzellen. 5. Die Mantelaußenfläche. a. Mantellinie und Schließmuskelansatz. Das hohe Cylinderepithel der Außenfläche der Außenfalte wird nach dem Rücken zu niedriger und geht schließhch hinter der Mantel- linie (Fig. 1 ml) in das eigenthche Mantelaußenepithel über. Schnitte durch die Mantellinie zeigen, daß das Mantelaußenepithel an dieser Stelle insofern modifiziert ist, als es wegen seiner Aufgabe, den Muskeln Anheftung an der Schale zu ermöglichen, ein andres Aussehen hat wie die angrenzenden Epithelien der Mantelaußenfläche. Dadurch, daß die Muskeln durch die Epithelzellen hindurchgehen und so an 472 Wilhelm Siebert, der Schale inserieren, entsteht ein besonders differenziertes Haftepithel, das an seiner Oberfläche eine vierte Schalenschicht, die sogenannte »Helle Schicht«, ausscheidet, deren organische Grimdsubstanz bei ge- eigneter Konservierung und Entkalkung meist am Epithel haften bleibt (Fig. 17 h). Ein ähnliches Haftepithel läßt sich auch an den andern Ansatzstellen von Muskeln an die Schale beobachten. Die Epithel- zellen der Mantellinie (vgl. Rassbach, Fig. 38) sind etwas niedriger wie die anschließenden der Mantelaußenfläche (Fig. 18 acf), auch zeigen sie ein dichteres Protoplasma, das wie bei allen Haftepithelzellen eine Andeutung fädiger Struktur zeigt (Fig. 17 mhep). Der runde Kern liegt meist in der Mitte der Zelle. Während die Zellen in der Mitte der Mantellinie senkrecht zu der Schalenfläche stehen, sind sie an den - h bm """-^-^^ i^, Fig. 17. Querschnitt diircli den Scliließmuskelansatz einer älteren Anodonta mit entkalkter heller Schicht. Vergr. 930. beiden Enden mehr oder weniger dagegen geneigt. F. Müller gibt an, daß an der Mantellinie »von den sich an die Schale ansetzenden Muskelfasern Zellen vollständig umschlossen werden, so daß wirkhche Zellräume gebildet werden, die epithelartig angeordnet sind und oft leer erscheinen. An dem nach dem Kücken des Tieres zugekehrten Teil der Mantellinie finden sich solche Zellräume zwischen den Muskel- fasern nicht«. Die Angabe, daß die Zellen »oft leer erscheinen« dürfte wohl auf einer Verwechslung mit Intercellularräumen beruhen oder auch mit Kunstprodukten, die bei der Konservierung und Entkalkung entstanden sind. Jedenfalls konnte kein konstantes Auftreten fest- gestellt werden, wie man nach Müller glauben könnte. In sein Bild vom Schließmuskelansatz hat er kein Epithel hineingezeichnet; Schnitte Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 473 /:'©■.:•,.■■■.€ StfJ -Ibl ibi-h rr r % / durcli diese Miiskelansätze (Fig. 17) zeigen aber ein ähnliches Haft- epithel, wie es für die MantelKnie beschrieben wurde. Das grobkörnige Protoplasma der Zellen zeigt eine deutlich längsfädige Struktur. Schnei- der warnt daher: »Die Faserenden müssen scharf von den eigentlichen Zellfäden, die weniger kräftig her- vortreten, unterschieden werden.« Weiter gibt er an, daß die Muskel- faserenden »zwischen den Zellen« inserieren und befindet sich damit in gewisser Übereinstimmung mit Müller, wie aus der oben angeführ- ten Stelle hervorgeht. Gute Schnitte lassen aber erkennen, daß die Muskel- fasern nicht zwischen den Zellen des Epithels hindurchgehen und so an der Schale inserieren, sondern daß die Muskelbündel in die Zellen eindringen. Zu demselben Ergebnis kommt Rassbach, wenn er sagt, daß das Epithel »in innigstem Zu- sammenhang mit den Muskeln, wel- che in die Epithelzellen eindringen «, stehe. Einen von diesem, bei Ano- donta herrschenden abweichenden Bau der Muskelansatzstellen be- schreibt List bei Mytiliden. Er fand hier, daß die Enden der Muskelfasern mit den Epithelzellen zu einem einheitlichen Gewebsele- ment verschmolzen, indem bei Mijtilus diese kompakte Masse an der Schale inserierte, während sie sich bei Modiola in der Zelle wieder in die einzelnen Fasern auflöste, die ihrerseits sich nun an die Schale anhefteten. Der faserige Teil würde dabei die Mantelepithelzelle darstellen; er enthält stets den ovalen Kern. Wie oben gezeigt wurde, findet eine solche Verschmel- zung von Muskel und Epithelzelle bei Anodonta nicht statt, sondern die Muskelfasern dringen in die Epithelzellen ein, die sich gegen das Bindegewebe durch eine deuthche Basalmembran (Fig. 17 hm) abgrenzen; #" /äs/ \ lep Fig. 18. Querschnitt durch den Mantel liinter der Mantel- Hnie. Vergr. 245. 474 Wilhelm Siebert, sobald die Fasern in die Zellen eingetreten sind, divergieren sie gegen das distale Ende zu. Hinter der Mantellinie setzt sich das Mantelaußenepithel eine Strecke weit aus Cylinderzellen zusammen, die eine unregelmäßige Oberfläche aufweisen und deren Protoplasma in verschiedenartig sich kreuzenden •Strängen dieselben anfüllt (Fig. 18 aeji). Die ovalen Kerne liegen meist im distalen Teil der Zellen. Nach Rawitz sind bei ünio in der Außenfläche des Mantels Becherzellen vorhanden bis zu der Stelle, >>an der die Falte in den eigentlichen Rand übergeht; von da ab fehlen sie<<. Als eigentlichen Mantelrand bezeichnet man das Stück Mantel zwischen Schalenrand und Mantellinie (Fig. 1). Bei Änodonta fehlen die Schleimzellen auch noch in dem direkt hinter der Mantel- linie gelegenen höheren Mantelaußenepithel (Fig. 18 aep) und treten erst in dem niedrigen Mantelepithel auf, das auf dieses folgt und nun die ganze übrige Außenfläche des Mantels bedeckt. b. Schalenbildung. Die wichtige Rolle, welche das Mantelepithel bei der Schalenbildung spielt, macht es nötig, auf diese hier einzugehen, wenn auch in der Hauptsache auf die erst kürzlich veröffentlichte Untersuchung von Rassbach verwiesen werden kann. Nach der heute herrschenden Secretionstheorie werden alle Teile der Schale von Epithehen des Mantels gebildet. Moyniee de Villepoix ist der Ansicht, daß den drei Schichten der Schale, dem Periostracum, der Prismen- und der Perlmutterschicht, auch drei verschiedene Epithelregionen am Mantel- rande entsprechen. So entstehe das Periostracum durch die Zellen des »feuillet branchial<< und erhalte seine Verstärkungsschichten durch das Epithel der Innenfläche des »feuillet conchylien«. Die Perlmutter- schichten würden durch die Secretion der Zellen »de l'epithehum des flaues« gebildet, während man die Entstehung der Prismenschicht dem Epithel der Außenfläche des »feuillet conchylien« zuschreiben müsse. Beim normalen Wachstum werden sich die verschiedenen Schichten in der angegebenen Weise allerdings bilden, wenn man auch nicht genau die Grenzen angeben kann, bis wohin nur Prismen gebildet werden, und wo die Abscheidung von Perlmuttersubstanz beginnt, »ebenso- wenig wie wir in der Schale die drei entsprechenden Schichten streng voneinander getrennt vorfanden, sondern im Gegenteil alle möglichen Übergänge feststellen konnten« (Rassbach). Aus Regenerationsver- suchen, die von Rubbel an Margarüana und von Rassbach an Äno- donta ausgeführt wurden, geht hervor, daß das gesamte Außenepithel Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 475 des Mantels imstande ist, die verschiedenen Schalenschichten zu pro- duzieren. Das geht auch schon aus dem Vorhandensein und Bau der »Ölflecken« Hesslings hervor; es sind gelbe Flecken auf der Innen- seite der Schale. Wie beim normalen Wachstum der Schale immer zuerst das Periostracum gebildet wird und dann erst Prismen- und Perlmutterschicht, so findet man auch bei jungen Regeneraten nur erst eine Periostracumlamelle, an der vielleicht schon die Anfänge von Prismenbildung zu erkennen sind. An älteren Regeneraten tritt dann auch die Prismenschicht deutlich zutage, und an noch älteren beginnt bereits die Ablagerung von Perlmutterlamellen. Stets findet man also zuerst Periostracumsubstanz angelegt, >>da sie einzig für die kalkigen Bestandteile der Schale einen sicheren Schutz gegen die zerstörenden Einflüsse kalkarmer Gewässer bietet« (Rassbach). Deshalb werden auch die Teile der Schale, die von Periostracum entblößt sind, vom Wasser angegriffen und ihres Kalkes an den offenen Stellen beraubt. Unter diesen äußerlich sichtbaren Stellen findet man nun auf der Innenseite der Schale die »Ölflecken«. Das darunterliegende Mantel- außenepithel hat zum Schutz eine Periostracumlamelle abgeschieden, die mit der gewöhnlichen Bildungsstätte von Periostracumsubstanz am Mantelrand nicht in Verbindung steht. An diese Lamelle lagert sich eine Prismenschicht an, die auch nicht von dem hohen Cylinder- epithel des Mantelrandaußenepithels gebildet ist, sondern von dem- selben Mantelepithel, das zuerst die Periostracumlamelle abgeschieden hatte. Tritt dann noch eine Schicht Perlmutter hinzu, so hat man die »braunen Schichten « Tullbergs vor sich. Diese Tatsachen sprechen dafür, daß zwar normalerweise die Ansicht von Moynier de Villepoix zu Recht besteht und man den drei Schalenschichten entsprechend drei Regionen am Mantelrand für die Bildung dieser Schichten verant- wortlich machen kann, daß aber jede Stelle des Mantelaußenepithels fähig ist, gegebenenfalls alle Schichten in der gewöhnlichen Aufein- anderfolge zu produzieren. Moynier de Villepoix unterscheidet dann noch bei Mytilus chitinogene und calcigene Zellen, die nicht nur in ihrem Aussehen, sondern auch in ihrem Verhalten gegen Farb- stoffe verschieden sein sollen. Bei Anodonta ließen sich derartige Unterschiede nicht beobachten, ebensowenig wie Rassbach »eine Umwandlung des Inhalts der unter den Regeneraten liegenden Epithel- zellen« feststellen konnte. Wo Weichkörper und Schale zusammenhängen, findet, wie es Rawitz für die Bildung des Periostracums annimmt und oben aus- geführt wurde, nach Tullberg eine chemische Umwandlung der 476 Wilhelm Siebert, distalen Zellabschnitte in Schalensubstanz statt. Durch diese Um- wandlung wird besser als durch Secretion eine festere Verbindung von Tier und Schale garantiert. Dies würde zutreffen für die Muskelhaft- stellen und das Periostracum. Für dessen Dickenwachstum und die Bildung der Perlmutterschichten muß man mit Stempell annehmen, daß »mehr oder weniger bestimmt geformte, aber noch ganz weiche Membranen, wie man sie oft an der Innenseite frischer Schalen findet, vom Epithel abgestoßen werden, daß aber außerdem noch flüssige Secretprodukte entstehen, die in den Zwischenräumen jener Membranen erstarren und zusammen mit ihnen die einheitliche Schale aufbauen«. Die Prismenschicht entsteht dagegen wohl durch rein mechanische Kristallisation, wie man aus ihrem sphäro- kristallinischen Aufbau schheßen darf. 6. Die dorsale Mantelrinne. Vor dem Analsipho (Fig. 2 as) sind, wie schon eingangs erwähnt, der rechte und linke Mantelrand auf eine Strecke verwachsen, wobei sie eine Vertiefung, die dorsale Mantelrinne (Fig. 2 u. 3 dmr) bilden. Aus Fig. 3 ersieht man, daß die beiderseitigen Innenfalten verschwunden und die Mittelfalten miteinander verwachsen sind. Das Epithel der Rinne wird von Cylinderzellen gebildet, die Pigment enthalten und mit Flimmern versehen sind. In der Zeichnung sind diese wegen der geringen Vergrößerung weggelassen. Zwischen den Cylinderzellen kom- men noch vereinzelt Sinneszellen und Schleimzellen vor, letztere sowohl epithelial wie subepithelial. Das Außenepithel der Mittelfalte {mf) bildet auch hier die Epicuticula (ep), die durch die x4ußenfalte (af) verstärkt wird, welche denselben Bau wie am freien Mantelrand zeigt. 7. Der dorsale Mantelschlitz. Auf einem Querschnitt durch den dorsalen Mantelschlitz (Fig. 4) erkennt man wieder auf beiden Seiten die drei Falten des freien Mantel- randes (Fig. 1), die aber hier nicht so deutlich gegeneinander abgesetzt sind. Die Innenfalten stoßen ventralwärts zusammen unter Bildung eines tiefen Schlitzes {dms). Das auskleidende Epithel trägt Flimmern und ist im dorsalen Teil mit Pigment versehen. Die Innenfalte und die Innenseite der Mittelfalte weisen Sinneszellen in größerer Zahl auf, die im ventralen Teil nach und nach verschwinden. Ebenso finden sich im dorsalen Teil zahlreiche Schleimzellen, die in dem niedrigen Epithel, das den ventralen Teil auskleidet, nur aus epithelialen Schleim- zellen bestehen, während im dorsalen Teil vorwiegend subepitheliale Das Köipt'repithel von Anodonta cellcnsis. 477 vorkommen. Das niedrige Epithel des ventralen Teiles wird von kubischen Zellen gebildet, die an manchen Ötellen derart flach sind, daß der runde Kern die ganze Höhe der Zelle einnimmt; das Proto- plasma ist feinkörnig. Dieses Epithel setzt sich fort in den Kanal (Fig. 3 cft), der vom Grund des dorsalen Mantelschhtzes über dem Enddarm {dep) herläuft und zur Cloake führt. Der rudimentäre Cha- rakter des Kanales zeigt sich daran, daß nicht alle Zellen seines Epithels mit Flimmern ausgerüstet sind. 8. Die Mantelnaht, Das Epithel der Mantelnaht hat, wie aus den Fig. 5 und 6 zu ersehen ist, nicht überall dasselbe Aussehen. Fig. 5 ist ein Querschnitt durch die Mantelnaht unter dem Ligament; er zeigt, daß das Epithel von hohen CVlinderzellen gebildet wird (Fig. 5, Fig. 19 lep), die dem ?^ "f-r- /> .—lep t ^ .: -6/77 Fig. 19. Hohes Epithel unter dem Ligament mit Selileimzelle (es) und Waiuleizellen {wz). Vergr. 930. hohen Epithel der Außenfalten des Mantelrandes entsprechen. Ein Unterschied besteht jedoch darin, daß im Ligamentepithel (?e;j) im Gegensatz zu dem der Außenfalte epithehale Schleimzellen vorkommen. Das Protoplasma der Cylinderzellen ist grobkörnig und nimmt Plasma- farbstoffe stark auf. Distal macht sich dem secretorischen Charakter der Zellen gemäß oft eine Andeutung wabiger Struktur bemerkbar. Nach F. Müller wird das Epithel der Mantelnaht von Muskelfasern 478 Wilhelm Siebert, durchsetzt, durch die es fest mit der Innenseite des Ligamentes ver- wachsen ist, so daß es nach der Entfernung der Weichteile meist am Ligament haften bleibt. >>Die Epithelzellen der Mantelnaht sind der zahlreichen, zwischen ihnen hindurchgehenden Fasern wegen oft schwer zu erkennen.« Von Muskelfasern im Epithel habe ich, ebenso wie Rassbach, bei Änodonta cellensis nichts auffinden können. Ebenso ließ sich die Mantelnaht stets leicht vom Ligament loslösen, ohne daß das Epithel irgendwie dabei geschädigt worden wäre, und die einzelnen Epithelzellen waren trotz ihrer Höhe und geringen Breite deutlich zu erkennen. Auf dieses Cylinderepithel folgt ventral auf beiden Seiten ein ganz anders geartetes Epithel, das den Nymphenleisten oder Schloß- baudwällen anliegt (Fig. 5 wyep, Fig. 20). Nach F. Müller verschwin- \^ V. -'--O''"' ~~^ - -'- pyep ■■- -i^ '-'-^MM--- -bm Fig. 20. Epitliel unter den Njniipheiileisten. Vergr. 930. den dort, wo das Ligament in die Zahnleiste übergeht, die Epithel- zellen an den betreffenden Mantelstellen vollständig und werden durch lange, wellig verlaufende Muskelfasern mit länglichen Kernen ersetzt, die mit gelockerten Fasern des Ligamentrandes zusammenhängen. Diese Fasern haben dabei nicht die gleiche Länge, sondern sie geben in ihrer Gesamtheit das Bild eines ungleichseitigen Dreiecks. Sie sind am längsten am Beginn der Zahnleiste und werden nach der Mantel- naht hin allmählich kürzer; die kleinsten zeigen keine Kerne mehr. Die Fasern sind nur die Enden von Muskelfasern, deren übriger Teil im subepithelialen Muskelgewebe liegt. — Auch nach Moynier de ViLLEPOix fehlen hier Epithelzellen. Sie sind durch Elemente »d'aspect f ibrillaire << mit einem »noyau fusiforme« ersetzt. Ihre Muskelnatur gilt ihm zwar als erwiesen, dennoch geht er nicht so weit wie F. Müller, daraus wirkhche Muskelfasern zu machen, sondern er glaubt darin myo-epitheliale Zellen sehen zu müssen. — Wie Fig. 5 zeigt, ist unter den Nymphenleisteu in Wirklichkeit ein Epithel vorhanden, nur setzt Das Korpercpithel von Anodonta cellensis. 479 es sich aus schmalen Zellen zusammen, die Intercellularräume (Fig. 20 i) zwischen sich erkennen lassen. Das körnige Protoplasma enthält ver- einzelt gröbere Körner. Der runde Kern liegt nahezu in der Mitte der Zelle und fällt sofort durch sein Aussehen vor den Kernen des oben beschriebenen Ligamentepithels auf, da er kleiner und chromatin- reicher ist. Das Epithel der Nymphenleisten vermittelt zwar den Übergang von dem hohen Ligamentepithel (Fig. 5 lep) zu dem Mantel- außenepithel (aep), doch ist der Unterschied in der Höhe der End- glieder des Epithels (nyep) nicht derartig, daß man von einer Dreiecks- gestalt, Avie F. Müller es tut, sprechen könnte. Auch ist in jeder Zelle ein Kern zu beobachten, dagegen niemals ein Eindringen von Muskeln ins Epithel. — Nach Rassbach ist diese eigentümliche Form des Epithels nicht auf den Teil der Mantelnaht unter den Nymphen- leisten beschränkt; er beobachtete es an jungen Tieren, die mit Schale geschnitten waren, am gesamten Ligamentepithel (vgl. seine Fig. 46). Nach ihm ist der besondere Habitus nicht natürlich, sondern ein Kunst- produkt: >>Lifolge der Konservierung kontrahiert sich das Tier inner- halb der Schalenklappen sehr stark nach den Stellen zu, an denen es durch die beiden Schheßmuskeln fest mit den Schalen verbunden ist. Da nun das Mantelnahtepithel infolge des Zusammenhanges mit dem inneren Ligamentband der Kontraktion nicht folgen kann, werden die Epithelzellen besonders in ihrem mittleren Teil lang gestreckt, wo- durch zwischen ihnen die Intercellularräume entstehen dürften <<. Die Fig. 5 und 20 wurden nach Präparaten angefertigt, die von Tieren stammten, die vor der Loslösung des Weichkörpers narkotisiert worden waren. Auf diese Weise wurde jegliche Kontraktion der Muskeln aus- geschaltet. Wurde dann die Schale geöffnet, so hing die Mantelnaht nur an den Nymphenleisten der Schale an, und in den Präparaten zeigt sich auch nur hier das besonders gestaltete Epithel, das sich, wie er- wähnt, auch schon durch seine Kerne von den Nachbarepithehen unterscheidet. Der Unterschied in der Form und der Struktur der Kerne läßt sich kaum auf Muskelkontraktion zurückführen. Viel- leicht ist das Epithel der Nymphenleisten als eine Art Haftepithel anzusprechen, das den Weichkörper an dieser Stelle an der Schale be- festigt, um einen ruhigen Verlauf der Bildung des Ligamentes zu garan- tieren. Hierfür würde auch sprechen, daß man das lockere Epithel eben nur an den Nymphenleisten findet. Fig. 6 ist ein Querschnitt durch die Mantelnaht vor dem Ligament und zeigt, wie das hohe Nahtepithel {nep) direkt in das äußere Mantelepithel (aep) übergeht. Hier setzt 480 Wilhc4m Siebert, sich das Mantelnahtepithel aus etwas niedrigeren Cylinderzellen zu- sammen als das Ligamentepithel und enthält außer epithehalen auch noch subepitheliale Schleimzellen (Fig. 6 es, ss). IL Der Fuß. A. Allgemeine Morphologie und Histologie. Ventral setzt sich der Rumpf in den als Bewegungsorgan dienenden Fuß fort. Er ist wie bei den meisten Muscheln seitlich zusammen- gedrückt und hat beilförmige Gestalt, weshalb die Lamellibranchiaten auch als Pelecypoda bezeichnet werden. Dorsalwärts geht der Fuß in den Eingeweidesack über, welchem ventral die Muskelhaube aufsitzt. Letztere ist bei eingezogenem Fuß vor allen Dingen an der Kontraktion beteiligt und hebt sich infolgedessen als dickere Masse von dunklerer Färbung von dem Eingeweidesack ab. Ist der Fuß geschwellt, so zeigt er eine gleichmäßige hellgelbe Färbung, die nicht von besonderem Pigment herrührt. Der Eingeweidesack enthält den Darm und die Geschlechtsorgane. Der Fuß ist durch \'erschiedene Muskelsysteme, die an der Schale inserieren, in der Mantelhöhle aufgehängt, und man kann in der Hauptsache deren vier unterscheiden, die sämtlich paarig sind. Der »Retractor pedis posterior« inseriert hinter dem dorsalen Mantelschlitz dicht vor dem »Adductor posterior« neben der dorsalen Mantelrinne. In der Mitte zwischen der Ansatzstelle an der Schale und dem Eintritt in den Fuß verwächst der >>Retractor posterior« der rechten Seite mit dem der linken auf eine kurze Strecke. Beide trennen sich dann wieder und lösen sich im hinteren dorsalen Teil des Fußes in Faserbündel auf, die in gewissem Abstand unter dem Epithel ver- laufend eine Muskelplatte bilden. — Der »Retractor pedis anterior« beginnt hinter dem »Adductor anterior«; bevor er in den Fuß eintritt, verwachsen seine beiden Teile ebenfalls, trennen sich aber nicht wieder, sondern schicken ihre Fasern gemeinsam in dichter Lage unter das Epithel des vorderen Teiles des Fußes. — Der »Protractor pedis« inseriert ventral hinter dem »Adductor anterior« und versorgt die vorderen Seitenflächen des Fußes. — Der »Levator pedis« setzt sich vor dem Umbo jederseits nahe der Mantelnaht an der Schale an; er ist der schwächste der Fußmuskeln und bedient den vorderen dorsalen Teil des Fußes. — Während diese Hauptmuskeln unter dem Epithel in dichter Lage herziehen, finden sich noch, besonders in der Muskel- haube, Längs- und Quermuskeln. Damit die ^Muschel den Fuß als BeweoungsorDan benutzen kann. Da« Körperepitlu'l vun Anüdunta ccllcnsis. 481 muß er, wie Fleischmann es nennt, Biegungsfestigkeit besitzen. Diese wird dadurch gewonnen, daß sich Bhit aus andern Teilen des Körpers, speziell dem Mantel, in großer Menge in dem Schwellgewebe des Fußes ansannnelt »und auf diese Weise die Turgescens dieses muskulösen Gebildes bedingt und erhält«. Dabei halten sich Elastizität der Mus- kulatur und die Spannung der Blutflüssigkeit das Gleichgewicht. Ist der Druck der Flüssigkeit größer, so tritt Schwellung des Fußes ein, und hat umgekehrt die Muskulatur die Oberhand, wie beim gewöhn- lichen Schließen der Schalen, so fließt das Blut wieder in den Körper ab. Versorgt wird der Fuß durch die »Arteria pedalis«. In der Muskel- haube findet sich das Schwellgewebe mit wahren Lacunen im Sinne Kollmanns, in denen der Übergang des Blutes aus den Arterien in die Venen vor sich geht. — Das Bindegewebe des Fußes ist ähnlich wie im Mantel gerüstförmig angeordnet; LANGERsche Blasen kommen jedoch nur im Eingeweidesack vor. — An nervösen Elementen finden sich das Pedalganglion und die Cerebropedalcommissur, welche die im Eingeweidesack gelegene Otocyste, das Balanceorgan der Muschel, innerviert. Diese wird auf jeder Seite des Fußes als Ectodermeinstül- pung angelegt, schnürt sich aber schon auf früher Entwicklungsstufe ab. B. Das Epithel des Fußes. 1. Flimmer- und Sinneszellen; Intercellularräume. Der ganze Fuß wird von einem einschichtigen Fhmmerepithel bedeckt, das sich aus kubischen Zellen zusammensetzt. Die Wimpern erhalten sich bei der Konservierung im Gegensatz zu denen des Mantels gut und sind zahlreicher und kräftiger als jene. Der rundliche Kern zeigt neben feinkörnigem Chromatin einen deutlichen Nucleolus und liegt meist in der Mitte der Zelle. Das Protoplasma ist feinkörnig und füllt die Zelle gleichmäßig aus, da Pigment, wie es sich in verschiedenen Epithehen des Mantels vorfindet, hier vollkommen fehlt. — Wie im Epithel des Mantelrandes und der Innenfläche des Mantels trifft man auch im Fußepithel zwischen den Deckzellen Sinneszellen. Sie finden sich hier in geringerer Anzahl als im Mantelepithel, und dieser Befund deckt sich mit einer Angabe Flemmings: »Schon spärlicher trifft man sie . . . in der Umgebung der Cloake, am vorderen Teil des Mautel- randes, auf den Mundlappen, noch minder häufig am Fuß«. An der eigentlichen Sohle des Fußes scheinen sie zu fehlen, während sie an den Seitenflächen und an dem Vorder- und Hinterrand des Fußes in wech- selnder Zahl vorgefunden wurden. Im übrigen zeigen sie denselben Bau wie die bereits oben aus dem Mantel beschriebenen Pinselzellen, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 31 482 Willielni Sicbert, Nach ScHNEiDEK sollen »Intercellularräume fast immer stark ent- wickelt« sein. Wie gleich ausgeführt werden soll, dürfte dies hier nicht zutreffen, da nichts derartiges beobachtet wurde. Georgevitch fand bei Anodonta anatina in Umwandlung begriffene Epithelzellen, von denen die einen >>se deplacent, emigrent ä vrai dire, vers l'interieur du pied, tandis que d'autres le fout en sens contraire, c'est-ä-dire vers l'exterieur <<. Die ersteren wandeln sich nach ihm in Drüsen um, während die andern durch ihre Auswanderung die Bildung von Intercellular- räumen hervorrufen. Bei Anodonta cellensis wurde weder die eine noch die andre Art der Umwandlung beobachtet. Auf die Entstehung von Drüsen werde ich weiter unten noch zu sprechen kommen. Was die Bildung von Intercellularräumen anlangt, so geht man wohl kaum fehl, wenn man annimmt, daß es sich entweder um Epithelzellen handelt, die infolge schlechter Konservierung aus dem festen Verbände der andern herausgerissen wurden, oder daß eine Verwechslung mit Wander- zellen vorliegt. Gegen das Bindegewebe ist das Epithel auch hier durch eine Basalmembran abgegrenzt, die nach Schiemenz den Muskeln als Insertionspunkt dient und bei den Gestaltsveränderungen der Zellen, hervorgerufen durch Schwellung oder Kontraktion des Fußes, deren Zusammenhalt aufrecht hält. Daher ist sie im basalen Teil des Fußes, der Muskelhaube, besonders gut entwickelt, während sie dorsal im Eingeweidesack, kaum hervortritt. Wird eine Muschel vor der Konservierung nicht betäubt, so kontrahiert sich infolge der Ein- wirkung der Reagenzien der Fuß sehr stark. Dadurch erfahren die Epithelzellen einen starken Seitendruck; sie werden schmäler und höher, und die Basalmembran muß sich falten. Auf diese Weise werden zwischen den Zellen Spalten oder Intercellulargänge vorgetäuscht. Bei genauer Beobachtung stellt es sich jedoch heraus, daß man es hier nicht mit echten Intercellulargängen zu tun hat, da sie nicht nach außen münden, sondern nur höchstens bis zu zwei Drittel der Zellhöhe reichen. Diese angeblichen Intercellularräume spielten seinerzeit mit eine große Rolle in dem Streit über eine Wasseraufnahme der Mollusken. Im folgenden soll daher kurz auf diese eingegangen werden ; im übrigen sei auf die zusammenfassenden Arbeiten von Caeriere und Fleisch- mann verwiesen. 2. "Wasser aufnähme. Wird eine Muschel, die ruhig mit ausgestrecktem Fuß im Schlamm herumkriecht, plötzhch aus dem Wasser herausgenommen, so versucht sie schnell ihre Schalen zu schheßen. Da sich aber der Fuß nicht in Das Körpert'pithel von Anodonta cellensis. 483 demselben Grade kontrahieren kann, so wird ein Teil von ihm zwischen den tSchalenrändern eingeklemmt. Nun kann man häufig bemerken, daß dabei Wasserstrahlen von verschiedener Stärke und Anzahl an den verschiedensten Stellen der Fußkante hervorspritzen. Man erklärte sich dies so, daß die Muschel zur Volunivergrößerung ihres Fußes zwecks Fortbewegung Wasser in sich aufnehme und dieses bei der Kon- traktion wieder abgebe. Über die Art und Weise dieses Vorganges und über den Weg, auf dem das Wasser aufgenommen und dann wieder abgegeben werden sollte, wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Ansichten geäußert. Zuerst nahm man ein gesondertes Wassergefäßsystem an, das durch das BojANUSsche Organ oder auch durch eine Öffnung in der Mitte des Fußes mit dem umgebenden Wasser in Verbindung stände. Als sich dies aber bald als eine Verwechslung mit dem Venensystem herausstellte, mußte man nach einer andern Erklärung suchen und nahm jetzt eine direkte Wasserauf nähme ins Blut an; und zwar kann man zwei Gruppen von Forschern unterscheiden, von denen die eine für eine Wasseraufnahme durch die Niere, die andre für eine solche durch Öffnungen in der Fußkante eintrat. Während Leuckaet und einige andre das Einströmen von Wasser nicht direkt beobachteten, fand Leydig bei Embryonen von Cijdas zwischen den Wimperzellen des Fußes helle Kanäle (Fori aquiferi), die in das Lückennetz zwischen der Fußmuskulatur führten. Nach der Ansieht von Jhering hat Leydig diese Kanäle mit Becherzellen oder Ausführungsgängen von in das Bindegewebe versenkten Drüsenzellen verw^echselt ; indessen bestätigt Hanitsch die LEYDiGschen Beobachtungen, und zwar befinden sich nach ihm diese Spalten in der Spitze des Fußes oft so zahlreich, »daß Zelle mit Spalte abwechselt , . . Nach dem oberen Teile des Fußes hin nehmen die Spalten an Zahl ab und verschwinden in dem mit einer Cuticula versehenen Epithel fast vollständig«. Wie schon oben auseinandergesetzt wurde, erklärt sich dies eben durch die Faltung der Basalmembran, die in der Muskelhaube naturgemäß bedeutend stärker ist als im Eingeweidesack; daher kommt dann auch der Unter- schied, den Hanitsch zwischen Spitze und oberem Teil des Fußes feststellt. Während Leydig noch von vielen kleinen Porenkanälen sprach, beschreiben spätere Autoren nur einzelne mehr oder weniger große Öffnungen, durch die sie das Blutgefäßsystem injizieren zu können glaubten. So verlegte Agassiz auf Grund seiner Injektionen die Öffnung nach außen in die Mitte des Fußes und glaubte experimentell eine Wasser- 31* 484 Wilhelm .Siebert, aufnahiiie beweisen zu können aus dem Umstände, daß die Wasserhöhe eines graduierten Gefäßes dieselbe blieb, wenn eine vorher geschlossene Natica ihren Fuß darin aus der Schale herausstreckte. Anderseits läßt sich das jedoch dadurch erklären, daß die Schwellung des Fußes durch Blutzufuhr aus andern Körperteilen geschieht, so daß das durch die Muschel verdrängte Volumen dasselbe bleibt. Kollmann, Gries- BACH und andre lassen Wasser durch Öffnungen des Fußes aus- und eintreten, über deren Zahl und Größe sie die verschiedensten Angaben machen. Während bei Anodonta Kollmann sechs bis acht solcher Öffnungen beschreibt, findet Griesbach nur deren drei, welche einen, zwei und drei Millimeter groß sind. Auch soll das Wasser nie aus allen Öffnungen zugleich herausspritzen, sondern bald aus der einen bald aus der andern; nach Hanitsch treten jedoch die Wasserstrahlen besonders am Hinterrande des Fußes auf. Allen diesen scheinbar positiven An- gaben für eine Wasseraufnahme traten eine ganze Reihe Forscher wie Carriere, Barrois, Cattie, Fleischmann, Schiemenz und andre ent- gegen, die auf Grund von Schnittserien und aus theoretisch-physikali- schen Gründen eine direkte Aufnahme von Wasser ins Blut für un- möglich erklärten. Gegen den Einwand, daß die Öffnungen mit Ausführungsgängen von Byssus- und Schleimdrüsen verwechselt worden seien, bemerkt Kollmann, daß Drüsenausführgänge und Fori aquiferi existierten und gemeinsam an der Oberfläche mündeten. Ahnlich beschreibt Ha- nitsch bei Cyclas Komplexdrüsen, deren Ausführungsgänge zugleich als Verbindungskanäle des Lacunensystems mit dem umgebenden Wasser wirken sollen, und glaubt dieselben Verhältnisse für Anodonta annehmen zu können, obwohl er eine »Verbindung der Drüsenausführ- gänge mit den Spalten im Epithel nicht genauer verfolgen« konnte. Wie weiter unten näher ausgeführt werden soll, kommen bei Anodonta solche Komplexdrüsen nicht vor. Die Spalten im Epithel sind eben die Ausmündungsstellen der subepithehalen Schleimzellen, die man bei schiefgeführtem Schnitt nicht vollständig trifft, die aber ebenso wie die Byssusdrüsen der Byssusmuscheln (vgl. Seydel) nach innen allseitig geschlossen sind. — Bei Nachprüfung der GRiESBACHschen Selbst- injektionen fand Fleischmann im Gegensatz zu dessen Resultaten Mantel und Kiemen stärker gefärbt als den Fuß, und Georgevitch fand überhaupt keine Farbe im Innern des Fußes. Aber selbst wenn Fori vorhanden wären, so könnten sie nicht zur Wasseraufnahme dienen, da sie sowohl beim ausgestreckten wie eingezogenem Fuß durch die Muskeln geschlossen sein würden. Griesbach selbst gibt an, daß durch Das Kürpcrcpitliol von Anodonta cellensls. 485 Zurückziehen des Fußes die Öffnungen vollständig unkenntlich ge- macht würden und nicht mehr aufzufinden seien, während er andernorts eine permanente Wasseraufnahme annimmt. Andre machten darauf aufmerksam, daß wegen der Kleinheit der Öffnungen und ohne geeignete Saug- und Verschlußvorrichtungen eine größere Aufnahme von Wasser, wie sie zur Schwellung des Fußes nötig wäre, in so kurzer Zeit nicht möglich sei, und sind der Ansicht, daß eben die Schwellung des Fußes durch im K()rper vorhandenes Blut bedingt werde. Nach Fleischmann verlaufen Lacunen gegen die Schneide des Fußes hin, oft direkt unter der Basalmembran her; durch die beim Härten entstehenden Diffusionsströme kann an diesen Stellen der Verband der Epithelzellen gelockert werden, so daß die Lacune mit der Umgebung in Verbindung zu stehen scheint. Außerdem kann die Lockerung auch schon im Leben eintreten dadurch, daß das Blut in dem zwischen die beiden Schalenränder eingeklemmten Fuß dem Druck der sich kontrahierenden Muskeln entgegenwirkt und an diesen dünnen Stellen Zerreißungen hervorruft, wodurch dann die im Lmern einge- preßte Flüssigkeit in einem oder mehreren Strahlen hervorspritzt. Daß die ausgespritzte Flüssigkeit Blut sei, wurde daraus geschlossen, daß man darin Blutkörperchen fand. Es ist jedoch kaum anzunehmen, daß jeder ausgepreßte Strahl Blutflüssigkeit ist, da sonst das Tier bald an Blutmangel zugrunde gehen müßte. Außerdem ist die Anzahl der in der aufgefangenen Flüssigkeit enthaltenen festen Bestandteile ver- schwindend klein, so daß man schon daraus schließen muß, daß die Flüssigkeit zum größten Teil etwas andres ist als Blut und zwar Wasser. Dieses kommt aber nicht aus dem Innern des Körpers, sondern aus der Mantelhöhle. Um zu beweisen, daß am Auftreten der Strahlen nur das Zusammenpressen der Schalen schuld ist, sperrte man zwischen die Schalen einer Anodonta, die ihren Fuß ausgestreckt hatte, einen Holz- keil. Beim Einziehen des Fußes entstanden dann keine Strahlen; aber nicht etwa wie man meinte, weil jetzt der Fuß nicht durch die Schalen abgeklemmt wurde und infolge des durch die Muskelkontraktionen in seinem Innern auftretenden Überdruckes Zerreißungen stattfänden, sondern der Grund ist ein andrer. Wird der Fuß eingezogen, so kräuselt sich seine Oberfläche, und es entstehen an der Sohle Rinnen, die sich an der Seitenfläche in die Höhe ziehen und schließlich verstreichen. Wird nun die Schale an den Fuß angepreßt, und zieht sich der Körper weiter in die Mantelhöhle zurück, wobei namentlich auch das aus dem Fuß in das Schwellgewebe des Mantels zurückfließende Blut wirkt, so wird das in der Mantelhöhlc befindliche Wasser durch die an der Außen- 486 Wilhelm Sichert, fläche des Fußes auftretenden Rinnen nach außen gepreßt und ruft so die Wasserstrahlen hervor. 3. Schleimzellen. Im folgenden sollen die Schleimzellen des Fußes behandelt und im Zusammenhang damit auf den Vorgang ihrer secernierenden Tätig- keit näher eingegangen werden. Wie im Mantel kann man auch hier im Epithel des Fußes zwischen epithelialen und subepithelialen Öchleim- zellen unterscheiden, wenn auch Übergänge zwischen beiden vorkom- menden Typen ihre nahe Verwandtschaft erkennen lassen. Die epi- thelialen Schleimzellen werden, wie bereits oben kurz erwähnt, in der Literatur gewöhnlich als »Becherzellen << bezeichnet. Dieser Name stammt von F. E. Schulze, der mit ihm die von Leydig als »Schleim- zellen« bezeichneten Zellen im Epithel der Wirbeltiere wegen der Un- kenntnis der chemischen Natur ihres Inhaltes nach ihrer Becherform benannte. Da diese sich aber bei Anodonta nicht findet, auch der Vor- gang der Secretbildung, wie gezeigt werden wird, ein andrer wie bei den Wirbeltieren ist, so dürfte es gerechtfertigt erscheinen, wenn in diesen Ausführungen die Bezeichnung »Becherzellen« zugunsten der älteren aufgegeben wird. Auch der Name »Drüsenzellen« oder »Drü- sen«, den man für die einzeUigen, ins Bindegewebe eingesenkten Schleim- zellen des Fußes und Mantels angewendet findet, wird besser geändert, da mit dieser Bezeichnung leicht die Vorstellung einer MehrzeUigkeit verknüpft wird, während man es hier bei Anodonta mit einzeUigen Ge- bilden zu tun hat. Um zugleich ihre Verwandtschaft mit den epi- thelialen Schleimzellen auszudrücken, seien sie als subepitheliale Schleim- zellen bezeichnet. a. Epitheliale Schleimzellen. Man trifft sie besonders in der Seitenfläche und der hinteren Kante des Fußes, während sie in der Muskelhaube und der vorderen Kante gegenüber den daselbst auftretenden subepithehalen Schleimzellen stark zurücktreten. Die epithelialen Schleimzellen sind im Fuße oft größer als im Mantel und daher zum Teil in das darunterliegende Binde- gewebe eingebettet (Fig. 22 u. 25). Sie zeigen verschiedene Gestalt je nach dem Secretionsstadium, in dem sie sich gerade befinden, und dem Seitendruck, den sie bei ihrer Vergrößerung infolge der Secret- bildung durch ihre Nachbarzellen erleiden. Sie sind daher entweder nahezu dreieckig (Fig. 26) oder länglich-oval (Fig. 23, 24) oder fast kreisrund (Fig. 22). Mitunter trifft man auch Bilder, wie sie Fig. 25 (es) Das K<)ri)erc|)i(licl von Anodonta ccllciisis. 4<87 zeigt; zwei große 8clileimzelleu liegeu beisammen, von denen eine etwas tiefer halb in das Bindegewebe verlagert ist. Der Kern der Schleim- zellen ist kleiner als der der Deckzellen und von runder bis ovaler Gestalt. Verschiedentlich trifft man in der Literatur Angaben über eine gewisse Abhängigkeit zwischen dem Stadium der Secretion und der Lage und Gestalt des Kernes. So beobachtete Rawitz bei Ostrea, daß der central gelegene Kern, »dessen Veränderungen während der Secretion augenfällige sind«, kleiner wurde und proximalwärts wanderte. Bei Wirbeltieren Hegt nach Stöhr der rundhch ovale Kern quer am Grunde der Zelle und wird mit fortschreitender Secretion platter. Bei Anodonta ließ sich eine derartige konstante Wechselbeziehung nicht feststellen. Meist liegt allerdings der Kern basal, aber es wurden auch Secretbildungsstadien beobachtet, wo er direkt central lag (vgl. Fig. 8 aus dem Mantel); auch zeigt der Kern oft bei basaler Lage runde Ge- stalt. Auf die Struktur des Kernes wird bei Besprechung der einzelnen Secretbildungsstadien weiter unten näher eingegangen werden. Oft ragt der Zellinhalt pfropf artig aus der Schleimzelle heraus (Fig. 23). Was den Vorgang der Secretbildung anlangt, so verläuft er bei Anodonta in ^ ' _""'^ "^j andrer Weise als z. B. bei Wirbeltieren. Bei diesen wandelt sich im allgemeinen zuerst der periphere Zellabschnitt in eine homo- gene Substanz, das Secret, um, und diese Umwandlung schreitet basalwärts fort. Am . . Junse epitheliale Sclileimzelle im Grunde der Zelle liegt calottenförmig un- Epitiiei des Fußes. Veigr. 930. verändertes Protoplasma mit dem Kern, das sich scharf vom distalen secrethaltigen Teil der Becherzelle abgrenzt, den man als Theca bezeichnet. Im Gegensatz hierzu tritt bei Anodonta das Secret in Form kleiner Tropfen überall im Proto- plasma auf, so daß man hier von einer Theca nicht sprechen kann. Fig. 21 gibt eine junge Schleimzelle wieder, die eben anfängt, Mucin zu bilden. Sie zeigt ganz die Form der benachbarten Deckzellen, nur daß ihr der Flimmerbesatz fehlt. Im Protoplasma bemerkt man Andeutungen von schaumiger Struktur, ein Zeichen, daß die Bildung von Secret begonnen hat. Besondere Mucinogengranula, »welche erst durch bestimmte Umwandlungen und starke Quellung das definitive, flüssig zähe Secret liefern sollen« (Gurwitsch), wurden hier nicht be- obachtet. Der runde Kern liegt basal nahezu in der Mitte der Zelle und enthält ein deutliches Kernkörperchen und grobkörniges Chromatin; er ist kleiner als die Kerne der Nachbarzelleu und färbt sich stärker 488 Wilhelm Siebert, o «-: als diese. Während aber auf diesem Stadium noch keinerlei besonders hervortretende Struktur im Protoplasma zu erkennen ist, zeigt Fig. 22 das erste Auftreten eines polygonalen Maschenwerkes. Dieses kommt folgendermaßen zustande. Das Secret scheidet sich in kleinen Tröpf- chen aus, die im Protoplasma liegen und dieses bei fortschreitender Secretion zu dünnen Strängen auseinander drängen, wobei die Secret- tropfen durch gegenseitigen Druck polygonale Gestalt annehmen. Das Maschenwerk hebt sich auf diesem Stadium nur schwach bei Färbung mit basischen Anilinfarbstoffen hervor, da die Bildung von Mucin noch gering ist. Da der Secretions- vorgang von einer starken Volum- f^*""^'""'"' ■ zunähme des Zellinhaltes begleitet / , . „ ,^ 1 ist, dehnt sich die Schleimzelle aus und erhält so ihre typische ovale Form. Dabei drückt sie auf die benachbarten Epithelzellen, die dadurch gezwungen werden, sich Fig. 22. in die Länge zu strecken, wobei Große epitheliale Sclileimzelle im Epitliol des ^^^q]^ jj^j, J-^gj.^ l^j^„ ^j-^^J gchmal Fußes. Vergr. 930. . . . wird, wie m den Figuren zu sehen ist. Der Kern der Schleimzelle (Fig. 22) zeigt scharf hervortretenden großen Nucleolus und nur wenig Chromatin. Weitere Stadien der Secretbildung sind Fig. 23 und Fig. 8. Hier treten die Stränge des polygonalen Netzes wegen ihrer intensiven Färbung besonders deutlich hervor, in Fig. 23 noch nicht so stark wie in Fig. 8, während sich die Maschen nur schwach tingiert haben. Dies hat folgenden Grund. Bei der Fixierung gerinnt das im abgeschiedenen Secrettropfen enthaltene Mucin größtenteils und schlägt sich auf den Protoplasmasträngen des Netzwerkes nieder. Bei Doppelfärbung mit Hämatoxylin- Eosin färben sich diese daher violett und der Inhalt der Maschen schwach lilau, da er immer noch eine gewisse, wenn auch geringe Menge Mucin enthält. J. H. List hielt diese Stränge für reines Secret, das auch in der lebenden Schleimzelle in dieser Weise angeordnet sein sollte. Er nannte sie »Filarmasse« im Gegensatz zur »Interfilar- masse«, die aus Protoplasma bestehen sollte. Stöhr machte bald darauf aufmerksam, daß diese Bezeichnungen Verwechselungen herbeiführen .^_,SB**.«=^ Flg. 2.3. Schleiinzelle mit aus dem Stoni; licrvorragcndeni Sclileinipt'roiif Vergr. 930. Das Köi|)ert'j)ithel von Anodonta ccllensis. 489 müßten und man besser den von Schiefferdecker gewählten Namen »reticuläre Substanz« für das Maschenwerk beibehalten solle. Bekannt- lich besteht das Protoplasma aus einem äußerst feinen Gerüst, der Filarmasse, und der dazwischen liegenden Interfilarmasse. Die Stränge des durch die Secretbildung in den Schleimzellen hervorgerufenen Netzwerkes bestehen nun, wie oben dargelegt wurde, aus Proto])lasma; sie enthalten also sowohl Filar- wie Interfilarmasse. In fixiertem Zu- stand kommt nun noch durch die Gerinnung des Mucins dieses hinzu, welches das feine ursprüngliche Gerüst der Stränge überdeckt, so daß ein um vieles gröberes Netzwerk entsteht, das man, da es etwas andres darstellt, auch besser mit anderni Namen belegt. In Fig. 23 fehlt der Kern, da er auf dem Schnitt nicht getroffen war. Auf dem späteren Stadium, das Fig. 8 wiedergibt, liegt der Kern central ; diese Lage ist zwar nicht die gewöhnliche, aber sie zeigt, daß der Kern nicht unbe- dingt basal liegen muß. Ein Nucleolus ist nicht zu beobachten, dagegen ist reichlich feinkörniges Chromatin vorhanden; der Kern färbt sich daher sehr stark. Infolge der bei der Secretbildung stattfindenden Volum Vergrößerung ragt der Zellinhalt zuweilen pfropfartig aus dem distalen Ende der Schleimzelle, dem Stoma, hervor. Um die Frage zu entscheiden, ob diese Öffnung stets wieder von neuem gebildet wird oder ständig vor- handen ist, warf Rawitz Exemplare von Lima in ein Gemisch von Osmiumsäure, Eisessig, Glycerin, und destilliertem Wasser. Es war dann »nach einer Stunde das ganze Gewebe leer und nichts mehr er- halten als die Kapseln der Drüsen ... In ihnen allen erkennt man die ovalen oder kreisrunden Stomata in der Cuticula, . . deren Vor- handensein aus dem am lebenden Tiere beobachteten Auspressen des Secretes erschlossen wurde und die somit sich nicht erst kurz vor der Ausstoßung des Secretes bilden <<. Im Gegensatz hierzu steht die Angabe von J. H. List bei Wirbeltieren, nach der erst bei Beginn der Secretions- tätigkeit die Wand der Becherzelle »an der der Oberfläche zugekehrten Seite ein rundliches, anfangs kaum bemerkbares Loch (Stoma) erhält, das sich mit der Zeit vergrößert«. Auch bei Anodonta konnte bei jungen Schleimzellen und solchen, die mit der Bereitung von Secret noch nicht lange begonnen haben, kein Stoma beol)achtet werden, und es ist daher anzunehmen, daß es sich erst in einem späteren Sta- dium anlegt und wahrscheinlich einem Resorptionsprozeß seine Ent- stehung verdankt. Wie weiter unten gezeigt werden soll, geht aber die Schleimzelle im einschichtigen Epithel von Anodonta nach ein- maliger Secretion nicht zu gründe, sondern regeneriert das Verlorene 490 Wilhelm Siebert, wieder. Jetzt wird aber die Schleimzelle durch keine feste Cuticula wie vorher distalwärts abgeschlossen, sondern ist nun eine offene Zelle (Fig. 25 res) geworden und braucht daher, da das Stoma schon vor- handen ist, kein neues zu bilden. Es ist daher der oben angeführte Versuch von Rawitz kein zwingender Beweis dafür, daß die Stomata ständig vorhanden seien. Durch die Anreicherung von Secret in der Schleimzelle muß diese sich, wie schon erwähnt, ausdehnen und übt so auf die Nachbarzellen einen Druck aus, wodurch rückwirkend schließhch zusammen mit dem im Innern herrschenden Turgor eine Austreibung des Secretes erreicht wird. Wir treten damit in das Stadium der Excretion ein, das in Fig. 24 wiedergegeben ist. Hier ist der vollständige Zerfall in Secrettropfen eingetreten, die nun die ganze Zelle ausfüllen und durch das Stoma entleert werden. Der Kern ist oft durch die intensiv ge- färbten Secrettropfen verdeckt. Wie im vorhergehenden letzten Sta- dium der Secretbildung läßt auch hier der Kern : kein Kernkörperchen erkennen, sondern nur fein verteiltes Chromatin. Darüber ob die Schleimzelle nach Ausstoßung "■'■'% des Secretes abstirbt und durch andre ersetzt --'-' -' wird, oder ob sie das Verlorene wieder regeneriert, herrschen mehrere Ansichten in der Literatur. „ ' ,. , So sagt Stöhr : >> Die meisten Drüsenzellen gehen Sdilcimzelle im fetadium der <-' _ ^ _ Excretion. Veigr. 930. beim Sccretionsaktc nicht zugrunde, sondern sind imstande, denselben Prozeß mehrfach zu wieder- holen; ausgenommen Talgdrüsen . . . und Becherzellen«, und einer ähnhchen Meinung scheint J. H. List zu sein, wenn er sagt: »Daß sich die Becherzellen einmal in einem protoplasmatischen, ein andermal in einem schleimerfüllten Zustande befinden, bezweifle ich nach meiner Erfahrung.« Diese Resultate ergeben sich daraus, daß die Unter- suchungen an mehrschichtigem Epithel angestellt wurden. Ihnen gegenüber steht eine Angabe über einschichtiges Epithel. Nach Unter- suchungen an den eosinophilen Becherzellen aus den Tentakeln von Ostrea kommt Rawitz zu dem Ergebnis, daß die Becherzellen »keines- wegs vergänghche Gebilde, sondern offenbar von langer Lebensdauer« sind. Er konnte jedoch nicht feststellen, >>in welcher Weise die Re- stitution des Zellplasmas sich vollzieht und welche Rolle dem Kern dabei zufällt«. Auch bei Anodonta stirbt die Schleimzelle nach ein- maliger Secretion nicht ab, sondern es bleibt während der Secretbildung um den Kern herum etwas Protoplasma zurück, von dem aus sich Das Körperepitliel von Anodonta collensis. 491 die Zelle wieder regeneriert, so daß sie von neuem Mucin bilden kann. Fig. 25 {res) zeigt ein solches Regenerationsstadium. Das feinkörnige Protoplasma zieht sich von der Basis der Schleimzelle seitlich an der Wand in die Höhe, um schließlich die ganze Zelle wieder auszufüllen. Der Kern hat im Gegensatz zu den bisherigen Stadien eine auffallende Größe. Ein Nucleolus ist auch jetzt nicht zu beobachten, doch ist das feinkörnige Chromatinnetz geschwunden und au seine Stelle sind einige größere Chromatinbrocken getreten. Faßt man die Ergebnisse noch einmal kurz zusammen, so findet man, daß sich zwar nicht die Lage des Kernes, sondern seine Struktur im Verlaufe der Secretion und Excretion als Ausdruck seiner Mit- wirkung bei der Bereitung des Secretes typisch ändert. Zu Anfang zeigt der Kern einen scharf her- vortretenden Nucleolus und ein grobes Chromatingerüst, das bei fortschreitender Secretionstätig- keit mehr und mehr zurücktritt. Am Ende der Secretion und im Stadium der Excretion ist vom Nucleolus nichts mehr zu sehen, dafür enthält der Kern jetzt ein feinkörniges Chromatingerüst, das Fig- 25. durch seine dichte Lagerung die ^'^'^^vMw\ mit Schleimzellen (es). Regenerieieude ^ ^ Schleinizellc {res). Vergr. 930. intensive Färbung des Kernes be- wirkt. Nach Beendigung der Excretion erfährt der Kern eine starke Größenzunahme, und in seinem Innern liegen eine Anzahl größerer Chromatinbrocken von verschiedener Gestalt. — Diese Befunde ähneln den Resultaten, zu denen Hermann bei seinen Untersuchungen über die Becherzellen im Mundepithel der Salamanderlarve kam. Er faßt sie in den Worten zusammen, »daß der Zellkern bei der Ausbildung des Secretes einer regressiven Metamorphose unterhegt, die aber nicht zum Tode des Zellindividuums führt, sondern nur aufzufassen ist als eine Phase cyclischer Vorgänge, welche sich an der Drüsenzelle bei der Secretion abspielen <<. Die Regeneration der Schleimzellen geht naturgemäß nicht ad infinitum weiter, sondern die Schleimzelle wird einmal erschöpft sein. Es muß dann für sie ein Ersatz geschaffen werden. Zwei Wege stehen dazu offen: Einmal können sich die Schleimzellen auf früher Entwick- lungsstufe angelegt haben und sich dann als specifische Zellen weiter vermehren, oder sie könnten während der ganzen Lebensdauer einer 492 Wilhelm Siebeit, Muschel durch Uiuwandking aus andern Zellen entstehen. Gegen die erstere Annahme spricht der Umstand, daß keine Teilungsstadien von Schleimzellen bekannt sind. Es fanden sich wohl einige Male Schleim- zellen mit zwei Kernen, wie es Fig. 26 zeigt, aber niemals wurden Bilder beobachtet, die auf eine Vermehrung der Schleimzellen durch Teilung derselben hätten schließen lassen; außerdem liegt im Schnitt zwischen zwei Schleimzellen stets mindestens eine Deckzelle. — Was nun die zweite Annahme, eine Umwandlung andrer Zellen in Schleimzellen, anlangt, so ließ sich nirgends eine Entstehung aus Bindesewebszellen nachweisen; sie ist auch an und für sich schon durch die epitheliale Lage der Schleimzellen sehr unwahrscheinlich. Ebenso schreibt Rawitz: »Nur das konnte ich sicher erkennen, daß eine Umwandlung der Zellen der Bindesubstanz zu Becherzellen nicht statt hat <<. Es bleibt somit als einzige Möglichkeit die Um- wandlung von Epithelzellen in Schleimzellen. Schon Leydig sprach die Schleimzellen in der Haut von Fischen als abgeänderte Epithelzellen an, und in -pj 9(. einer kürzlich erschienenen Arbeit konnte Techow Schipinizeiie mit zwei gelegentlich Seiner Regenerationsversuche an Gastro- Kenieii. ^ cigr. 930. podcu iu clcn Regcneraten >> im Epithel ein bläschen- förmiges Gebilde feststellen, dessen Inhalt in Gestalt zarter Wolken deutlich die Farbreaktion des Schleimes zeigte und sich als modifizierte Epithelzelle zu erkennen gab, denn der zugehörige Kern ließ sich an der aufgetriebenen Zelle mit Sicherheit nachweisen«. Das Epithel hatte sich au den verletzten Stellen erst neu gebildet, und die in ihm auftretende Schleimzelle muß sich aus einer Epithelzelle heraus- gebildet haben. — Auch bei Anodonta ließen sich Anhaltspunkte für eine Umwandlung von Epithelzellen in Schleimzellen finden. So gibt Fig. 21 eine Zelle wieder, die noch ganz die Gestalt der umgebenden Deck- zellen besitzt und sich durch den Mangel des Flimmerapparates auszeich- net. Der Kern liegt der Zellbasis an und ist im Vergleich zu denen der Nachbarzellen an Volumen kleiner als diese ; auch besitzt er eine dichtere Struktur, so daß er Kernfarbstoffe bedeutend intensiver aufnimmt als die Nachbarkerne. Die Gestalt und Struktur des Kernes stimmt mit der einer jungen Schleimzelle überein. Ganz ähnhch sagt Paneth: >>Im ganzen macht der Kern der Becherzellen gegenüber dem der Epithelzellen den Eindruck, als ob er geschrumpft und dichter wäre. << Ich möchte daher die in Fig. 21 wiedergegebene Zelle für eine aus einer gewöhnlichen Deckepithelzelle hervorgegangene junge Schleimzelle ansprechen. Das KöriK'rcpitlu'l von Auodouta fcUcnsis. 493 c,m ^^^ 7 b. »Subepit hi'liale SchleinizeUen. Wie schon oben erwähnt wurde, treten die Schleimzellen in der Muskelhaube und der Vorderkante des Fußes in der Hauptsache sub- epithelial auf und zwar in solcher Anzahl und Mächtig- keit, daß sie Bindegewebe und Muskulatur zum Teil ganz verdrängen. Wie Fig. 27 (ss) erkennen läßt, sind es ein- zellige Gebilde, die flaschen- förmig tief ins Bindegewebe hineinragen und von denen jede ihren eignen Ausführungs- gang hat. Ahnlich wie bei den epithelialen Schleimzellen ist ihr ganzer Habitus je nach dem Stadium der Secretion verschieden. In der Figur sind die Schleimzellen nicht sämt- lich in ihrer ganzen Länge ge- troffen; dies kommt daher, daß sie nicht in einer Ebene liegen, sondern meist einen etwas gewundenen Verlauf nehmen. Hanitsch will bei Anodoyita Komplexdrüsen ge- sehen haben, die nach ihm mit einem gemeinsamen Aus- führungsgang münden, der zugleich mit dem Lacunen- system in Verbindung steht und sich gabeln kann. Es ist jedoch nicht verständlich, wie durch einen solchen Kanal einmal Secret nach außen, ein andres Mal Wasser nach innen gelangen soll, ohne daß geeignete Saug- und Verschlußvorrichtungen vorhanden sind. Georgevitch wendet sich daher mit Recht gegen diese Angabe und hält auch eine Gabelung der Ausführungsgänge für einen « e 1« Fig. 27. t'bersiclitsbild aus dem Tiiß mit I'linimcrepitliel (/2) uiul tief ins ]5iii(legewebe liineimagenden subepitlielialeii Sclileimzelleii (*•*•). Vergr. 405. 494 Wilhelm Sichert, Irrtum j »nous pensons que ce sont plutot les entrecroisements des conduits des autres glandes du voisinage <<. Diese Erklärung trifft wahrsclieinlicli das Riclitige, denn es ist sehr leicht möglich, sich durch solch angeb- liche Gabelung täuschen zu lassen. Da die subepithelialen Schleim- zellen infolge ihrer großen Zahl an manchen Stellen und ihrer Aus- dehnung oft eng aneinanderliegen (vgl. die Figur), dabei im Schnitt nicht ganz getroffen werden, können sowohl Schleimzellen mit doppel- tem Ausführungsgang vorgetäuscht werden wie auch mehrzelhge Drüsen mit einem gemeinsamen Ausführungsgang, der sich dann auch weiter ins Innere fortsetzt. So ist es zu erklären, wenn Hanitsch und Geoegevitch im Fuß von Anodonta mehrzellige Drüsen gesehen haben wollen. Letzterer unterscheidet dabei vier »glandes mucipares . . . de differentes especes«. Es liegen 1) »glandes solitaires« zwischen den Epithelzellen und sind schwer von ihnen zu unterscheiden und 2) ebenfalls »glandes solitaires« mehr nach dem Innern zu, die einen längeren und schmäleren Ausführungsgang besitzen. Sie bilden den Übergang zu 3) den »glandes composees<<, die sich aus einer kleinen Zahl von Drüsenzellen zusammensetzen, die denselben Bau wie die vorigen haben. Treten nun mehrere der »glandes composees« zu- sammen, so entstehen 4) die »glandes complexes<<, die viel weiter in das Innere des Fußes hineinragen. Vergleicht man diese vier Gruppen mit den von mir beobachteten Arten von Schleimzellen, so kommt man zu folgendem Ergebnis: Die »glandes solitaires« der ersten Gruppe sind die oben beschriebenen epithelialen Schleimzellen; daß sie schwer zu erkennen wären, wie George viTCH sagt und man nach seiner Zeichnung auch glauben muß, kann man kaum behaupten, im Gegenteil heben sie sich gerade im Fuß schon wegen ihres größeren Umfanges von den Deckzellen ab, namentlich aber durch ihre typische Färbung bei Anwendung von Mucinfarbstoffen. Die zweite Gruppe der »glandes solitaires« sind, nach seiner Zeichnung zu urteilen, die vorher beschriebenen subepi- thelialen Schleimzellen (Fig. 27 ss). Was schließlich die dritte und vierte Gruppe anlangt, so ist Geoegevitch hier in denselben Fehler verfallen, den er Hanitsch vorwirft, indem er die nahe beieinander gelegenen und auf dem Schnitt schief getroffenen einzelligen Schleim- zellen für mehrzellig angesprochen hat. Es Heßen sich nie mehrzelhge Drüsen beobachten; sondern die scheinbare Mehrzelhgkeit erweist sich bei guter Färbung stets als Täuschung, da man dann die einzelneu Schleimzellen mit ihren Ausführungsgängen deutUch gegeneinander ab- gegrenzt sieht. — Die Secretionsstadien der subepithehalen Schleim- Das Kürpcre2)itliel von Anodonta cellensis. 495 Zellen sind dieselben wie die der epithelialen, so daß es sich wohl er- übrigt, näher darauf einzugehen. Wie die subepithelialen Schleimzellen aufzufassen sind, als epi- thehale Gebilde, oder ob sie aus Zellen des Bindegewebes hervorgegangen sind, darüber herrschen verschiedene Ansichten. Nach Flemming sind sie bindegewebiger Natur und durch Metamorphose der Bindesubstanz- zellen entstanden; ihm schließt sich J. H. List an. Demgegenüber äußert schon Leydig die Ansicht, »daß die Drüsen (in der Haut der Gastropoden) umgebildete, vergrößerte und nach einwärts gewachsene Epithelzellen sind<<, und befindet sich so in gewisser Übereinstimmung mit BoLL, nach dem die einzelligen Schleimdrüsen in der Haut der Mollusken nur vergrößerte und in das Bindegewebe gerückte Becher- zellen sind. Dieser letzteren Ansicht möchte ich mich anschließen, da sie durch Übergänge von epithelialen Schleimzellen, die vollkommen im Epithel liegen, zu den subepithelialen Schleimzellen, die weit ins Bindegewebe hineinragen, gestützt wird, wie dies etwa durch folgende Keihe veranschaulicht wird: Fig. 8, 26, 25, 27, 24, 7, 9 und 29. Für gewöhnlich werden die epithelialen Schleimzellen zur Lieferung des zum Schutze notwendigen Schleimes ausreichen. Ergibt sich aber an besonderen Stellen die Notwendigkeit einer gesteigerten Secretions- tätigkeit, so reichen jene nicht mehr aus, und die Organe der Schleim- absonderung müssen vergrößert werden. Sie wachsen daher nach innen ins Bindegewebe hinein und zwar in dem Maße, wie es erforder- lich ist. Wie dieser Vorgang sich vollzieht, beschreibt Techow in seiner bereits erwähnten Arbeit bei Gastropoden und gibt auch eine Reihe von Bildern, welche das erläutern: »Ungefähr drei Wochen nach der Operation kann man die ersten Entwicklungsstadien der Schleimdrüsen beobachten. Es senkt sich nämlich eine Epithelzelle aus dem Zell- verbande in das unterUegende Gewebe, ohne sich jedoch völhg vom Epithel zu trennen . . . Mit der wachsenden Entfernung der Zelle von ihrer Matrix wird der Verbindungsstrang zu einem sehr dünnen Faden ausgezogen, der nicht immer leicht aufzufinden ist.« Am Mantelrand treten die subepitheHalen Schleimzellen nur in der Innenfalte und der Innenseite der Mittelfalte auf, denn beim Öffnen der Schale kommen diese Stellen mehr als die übrigen Teile des Mantels in Berührung mit der Außenwelt und bedürfen daher auch einer stär- keren Schutzschleimschicht. Dabei macht sich ein Unterschied zwischen Vorder- und Hinterende des Tieres bemerkbar, insofern als die subepi- thelialen Schleimzellen im vorderen Teil des Mantelrandes zahlreicher vorkommen als in der Gegend der Siphonen. Dieses verschiedene Ver- 496 Wilhelm Siebc-rt, halten erklärt sich daraus, daß die Tiere besonders mit dem Vorder- ende im Schlamm und Kies stecken und daher auch in diesem Teil die Gefahr einer Verletzung beim Fortkriechen größer ist als am Hinter- ende. In größerer Zahl, als es im Mantelrand der Fall ist, finden sich daher die subepithelialen Schleimzellen im Fuß vor, auch ist ihre Größe hier bedeutender. Beim Fuß ist ebenfalls eine Seite und zwar die, welche beim Kriechen im Sande besonders in Anspruch genommen wird, die Muskelhaube und die Vorderkante, durch besonderen Reich- tum an großen subepithehalen Schleimzellen ausgezeichnet. III. Die Muiidlappen. A. Morphologie und allgemeine Histologie. Zwischen dem dorsalen Ende der vorderen Fußkante und dem vorderen Adductor liegt die Mundöffnung, die als querer Spalt von einer dorsalen, bzw. hinteren, und einer ventralen, bzw. vorderen, Vorstülpung des Oesophagus begrenzt wird. Diese setzen sich seitlich in die Mundlappen fort, so daß man auf jeder Seite einen inneren und einen äußeren Mundlappen unterscheiden kann; und zwar ist der innere am Fuß, der äußere am Mantel festgewachsen, wie man aus den Fig. 28 a und h ersehen kann. Es sind Photographien einer lebenden (o) und einer in Forniol gehärteten (6) Anodonta ; in den Figuren ist der hintere Teil der Tiere weggelassen, da hier nur der vordere von Bedeutung ist. Die Tiere liegen auf dem Rücken, und die beiden Mantellappen sind zur Seite geschlagen. Fig. 286 zeigt die Mundlappen wie im ge- wöhnlichen Leben aneinanderliegend; der Fuß ist kontrahiert, so daß man in die cjuer davor liegende Mundöffnung hineinsehen kann. In Fig. 28a verdeckt der nach vorn etwas vorgestreckte Fuß die Mund- öffnung, und die Mundlappen sind auseinander geklappt, so daß man auf ihren breiten hinteren Innenflächen die dort befindlichen leisten- förmigen Erhebungen erkennen kann. Jeder Mundlappen hat, wie aus der Figur zu ersehen ist, ungefähr die Gestalt eines stumpfwinkligen Dreiecks mit abgerundeter Spitze. Zum besseren Verständnis der weiteren Ausführungen soll die Anwachs- stelle am Fuß oder Mantel als die Basis der Mundlappen (Fig. 34&), die größte Seite des Dreiecks als unterer freier Rand (Fig. 35 ujr) und die kleinste Seite als Hinterrand der Mundlappen {kr) bezeichnet werden. Die beiden Lappen einer Seite sind an der Basis verwachsen und bilden so eine Rinne zwischen sich, die nach vorn in die Mundöffnung führt und als Mundrinne, vielleicht besser als Mundlappenrinne bezeichnet Das Körijerepithel von Anodonta cellcnsis 497 wird. Kurz vor dem Hinterrande steigt die Verwachsung der beiden Mundlappen einer Seite steil auf bis zur halben Höhe. Der Hinterrand ist selbst wieder frei, die Mundlappen weichen hier sogar an der Basis stark auseinander und bilden so den Mundlappenwinkel. Mit ihrem Hinterrande reichen die Mundlappen bis an die Vorderkante der inneren Kieme heran, wie in Fig. 28a sehr gut zu sehen ist; dies hat. wie weiter unten ausgeführt wer- den wird, eine große Bedeu- ^ tung für die Nahrungsauf- nahme. Nach Troschel sind die Mundlappen »höher als lang bei Unio, Anodonta und Margaritana <<. Da bei einem solchen Vergleich die Längs- achse des Tieres zugrunde gelegt werden muß, die hier parallel der Verbindungslinie der beiden Adductoren ver- läuft, ist diese Angabe Trd- SCHELS nicht recht zu ver- stehen, denn das Verhältnis von Länge und Höhe ist gerade umgekehrt. Da der Unterrand gebogen verläuft, wird die größte Höhe der Mundlappen kurz vor dem Hinterrande erreicht und be- trägt etwas über ein Viertel der Länge an der Basis ge- messen; in der Nähe der Mundöffnung sinkt die Höhe auf etwa ein Zwölftel der Länge. Diese Maße beziehen sich auf Anodonta und Margaritana; bei IJnio ist der Unterschied zwischen Höhe und Länge der Mundlappen geringer. — Während der vordere nach der Mundöffnung zu gelegene Teil der Mundlappen durch keine besondere äußere Struktur auffällt, ist der hintere Abschnitt auf den einander zugekehrten Seiten durch den Besitz von leistenförmigen Erhebungen ausgezeichnet. Die Grenze beider Teile liegt ungefähr in Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 32 Fig. 28 a u. h. Photographie a. einer lebenden, h. einer in Formol ge- härteten älteren Anodonta, von unten gesehen, mit Mantel, Mundlappen und Fuß. Vergr. ^/s. 498 Wilhelm Siebert, der Mitte. Die Leisten ziehen in gleichbleibender Breite senkrecht zum Unterrand nach der Basis, wo sie in gewissem Abstände von denen der Gegenseite endigen und so die Mundlappenrinne bilden. Sie fangen auch nicht direkt am unteren freien Rande an, sondern etwas nach innen davon entfernt, so daß sie einen schmalen Randbezirk frei lassen, der hinten in das ebenfalls von Leisten freibleibende schmale, dreieckige Hinterende hinter der Verwachsungsstelle, die Spitze, über- geht. Häufig werden die Mundlappen entsprechend ihrer Entstehung aus dem Wimperfeld oder Velum, das bei der Larve den Mund umgibt, als »Velarlappen« oder »Mundsegel« bezeichnet, wie es nach Wasser- Loos bei Cyclas Cornea der Fall ist. Bei Anodonta fehlt dieses larvale Velum, und die Mundlappen entstehen hier als Vergrößerungen der Lippen. Manche Forscher unterscheiden zwischen dem adoralen glatten Teil der Mundlappen und dem hinteren mit Leisten versehenen Ab- schnitt und bezeichnen den ersteren als »Lippen« und den andern als »Mundlappen«. Auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Untersuchun- gen, die von andrer Seite unternommen wurden, soll im folgenden das Ganze als Mundlappen bezeichnet werden. Das Bindegewebe hat lacunären Charakter, der besonders in der Gegend der Leisten deutlich ausgeprägt ist; LANGERsche Blasen finden sich nicht. Unter dem niedrigen Epithel der Außenseiten ziehen längs- verlaufende Muskelzüge hin, andre begleiten das Leistenepithel und ermöglichen es den Leisten, Eigenbewegungen zu machen. — Die Mund- lappen werden vom Cerebralganglion aus innerviert und erhalten ihre Zufuhr an frischem Blut durch die Velararterie, die von der Arteria pallialis abzweigt. — Das die Mundlappen deckende Epithel zeigt je nach seiner Lage auf der Innen- oder Außenseite verschiedenes Aussehen, da das Innenepithel, d. h. das Epithel der einander zuge- kehrten Seiten der Mundlappen, bedeutend höher ist als das der Außen- seite. Pinselzellen kommen nicht besonders häufig vor, und Schleim- zellen finden sich nur in der Form der epithelialen Schleimzellen vor, während subepitheliale fehlen. Dieser Mangel an subepithelialen Schleim- zellen erklärt sich wohl aus der geschützten Lage der Mundlappen in der Mantelhöhle. Ebenso wie im Fuß trifft man im Epithel der Mundlappen kein Pigment an. Ihre hell- oder dunkelbraune Färbung stammt von den Einschlüssen der hier in besonderer Menge auftretenden Wander- zellen her. Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 499 B. Das Epithel der Mundlappen. 1. Die Innenseite, a. Der adorale alatte Teil derselben. Auf den einander zugekehrten Seiten werden die Mundlappen im glatten adoralen Teil von einem Epithel bedeckt, das sich aus hohen schmalen Cylinderzellen zusammensetzt. Fig. 29 zeigt einen Längs- schnitt durch einen Mundlappen. Mit Rücksicht darauf, daß die Leisten im »Schnitt möglichst senkrecht getroffen werden sollten, ist infolge der schiefdreieckigen Clestalt der Mundlappen nur die hintere leistentragende Hälfte vollständig und von der vorderen glatten {viep) nur das Ende zu sehen. Die Flimmern wurden der Übersichtlichkeit wegen nicht eingezeichnet. Die folgende Fig. 30 gibt einige Zellen dieses vorderen glatten Teiles der Innenseite bei sehr starker Ver- größerung gezeichnet wieder. Das Protoplasma ist feinkörnig, und der große ovale Kern zeigt neben wenig Chromatin einen großen Nucleolus. Wie die Figur zeigt, sind die Zellen durch die besondere Form ihres Wimperapparates ausgezeichnet, der eine ganz ähnliche Ausbildung hat, wie sie Gutheil von den Zellen des Oesophagusepithels von Anodonta beschreibt. Bei guter Färbung beobachtet man im distalen Teil der Zellen einen breiten hellen Saum, in dessen Mitte die scharf hervor- tretenden Basalkörperchen hegen. Schon bei schwachen Vergrößerun- gen fallen die Fortsetzungen der Wimpern im Protoj)lasma der Zelle, die Faserwurzeln, wegen ihrer intensiven Färbung auf. Sie haben ver- schiedene Länge, sind jedoch niemals bis zum Kern zu verfolgen, son- dern reichen im Verhältnis zur Höhe der Zellen nur ein kurzes Stück in sie hinein. Außerdem sind sie mit Verdickungen versehen, von denen sich besonders die obersten, an dem hellen Saum gelegenen durch stärkeres Hervortreten aiigzeichnen und so den Eindruck einer zweiten Basalkörperchenreihe hervorrufen können. Mitunter sind auch die Bulbi der Wimpern durch besondere Größe ausgezeichnet. Da die Zellen, die diesen Wimperapparat besitzen, auf den einander zuge- kehrten Seiten der Mundlappen sitzen, wo naturgemäß infolge der Anreicherung von Nahrungskörpern den Wimpern eine größere Arbeits- last zufällt, so geht man wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß diese besondere Ausbildung des Wimperapparates zu seiner größeren Festi- gung dient. Auch Gutheil ist der Ansicht, daß sie für das Oesophagus- epithel »als eine besonders kräftige Stützvorrichtung für die Wimper- bewegung« aufzufassen sei; anderseits hält er es aber auch für möghch, 32* 500 Wilhelm Siebert, »daß das Bild vielleicht eher auf eine Kegeneration des Wimperapparates aus dem Innern der Zelle deuten könnte, als auf einen teil weisen Ersatz für die ohnehin bei Flimmerzellen seltene Mitose, indem die obere |»\\ r^'^rj^ Ttbep- wu viep lep ^ Fig. 29. Übersichtsbild eines Längsschnittes durch den leistentragenden Teil eines Mundlappens. Vergr. 40. Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 501 helle Zone auf irgendeine Weise degenerieren und die darunter liegende die Funktion der Cuticula übernehmen würde, wodurch das normale Bild wieder zustande käme. Die Bulbi wären dann als Reste ehemals unter einer Cuticula gelegener Basalkörperchen aufzufassen, was hier in dem vorliegenden Bilde mit ihrer starken Färbung einerseits und ihrem etwas zerrissenen Aussehen anderseits ganz in Einklang stehen würde«. Demgegenüber ist zu bemerken, daß letztere Ansicht wenig für sich hat und die erstere wohl die richtigere ist. Wenigstens spricht für sie einmal, daß diese Art der Ausbildung des Wimperapparates allen Zellen des glatten adoralen Epi- thels eigen ist, und ferner daß ein »zerrissenes Aussehen« der Bulbi, wie Gutheil es nennt, nicht an ihnen zu beobachten war. — Zwi- schen diesen hohen Cylinderzellen liegen vereinzelte Schleimzellen. BeiMytilus gallojjrovincialis und Liihofhagus lithophagus beschreibt List »in dem Wulst, den der Mund- lappen am basalen Abschnitte macht, vor der ersten Leiste unter dem Epi- thel ein Lager von Drüsen mit unge- formtem Inhalt, das keinen Ausfüh- rungsgang nach außen besitzt . . . Ahnliche Drüsen liegen subepithelial in den Leisten entweder einzeln oder zu Gruppen angeordnet, hier sind die Ausführgänge oft vorhanden. Neben den beiden typisch ausge- bildeten Drüsenarten, den sogenann- ten Mucindrüsen und granuHerten, eosinophilen Drüsen, kommen alle möglichen Entwicklungsstadien beider Drüsenformen vor, wie man aus dem Verhalten ihres Lihaltes gegen Farbstoffe und seiner Struktur schließen muß«. Meine Fig. 29 stimmt nahezu vollkommen überein mit dem Bilde, das List von Mytilus gaUoprovincialis gibt. Auch bei Anodonta findet sich an derselben Stelle im Bindegewebe vor der ersten Leiste mitunter etwas Ähnliches. Bei näherer Untersuchung mit I ' ■ , j ,v;v ;-liV Fig. 30. Holies Flimmerepithel mit eigenartiger Ausbil- dung des Flimmerapparates aus dem adoralen Iiinenepithel der Mundlappen. Vergr. 1000. 502 Wilhelm Siebert, stärkeren Systemen löst sich das angebliche Drüsenlager in Wanderzellen und Kalkeinlagerungen auf, die in dem in dieser Gegend kompakteren Bindegewebe auf den ersten Blick obigen Eindruck hervorrufen können. Gerade in den Mundlappen trifft man viele Wanderzellen mit eosino- philen Einschlüssen, die leicht mit Drüsen verwechselt werden können. Nun gibt es aber bei Anodonta keine eosinophilen Drüsen, dazu wurden speziell in den Mundlappen keine subepithelialen Schleimzellen, wie sie aus dem Mantel und dem Fuß oben beschrieben worden sind, be- obachtet ; dafür finden sich aber im Bindegewebe verstreut Kalkkörner, die sich genau wie Mucin färben und diese Verwechslung bewirkt haben dürften. b. Das Leistenepithel. Die Fig. 29 zeigt auf dem Längsschnitt durch einen Mundlappen ferner die quergetroffenen Leisten. Bei stärkerer Vergrößerung ist eine einzelne Leiste noch einmal in Fig. 31 wiedergegeben, und besonders diese letztere weist eine etwas absonderliche Form auf; warum gerade sie ausgewählt wurde, wird weiter unten erläutert werden. Für Unio gibt Thiele an: »An andern Schnitten fällt es auf, daß in den Leisten an entsprechenden Stellen regelmäßige Einbuchtungen vorkommen, in deren Grunde meist zwei kurze Wimperzellen liegen, neben diesen beiderseits eine Sinneszelle. In den Spitzen der Leisten sind solche Zellen nicht wahrzunehmen. << Untersucht man die Mundlappen von Anodonta und Unio lebend unter dem Mikroskop, so beobachtet man, daß die Leisten Bewegunoen und Kontraktionen auszuführen imstande sind. So können sie sich steil aufrichten oder nach vornüber legen, und dabei treten oft auch diese Einbuchtungen auf. Wie die Fig. 31 zeigt, weisen die Vorder- und Rückseite einer Leiste (F, H) einen Unterschied in der Höhe des Epithels auf, und zwar ist das Epithel der Vorderseite einer Leiste niedriger. Die größte Höhe erreichen die Zellen des freien Randes einer Leiste, während das Epithel, das die Rinne zwischen zwei Leisten, die Zwischenleistenrinne (Fig. 31 zlr), auskleidet, sich aus den niedrigsten Zellen zusammensetzt. Es sind kubische Zellen mit fast rundem Kern, der einen deutlichen Nucleolus zeigt. Die Epithelzellen der Leisten selbst sind schmale hohe Cylinder- zellen, die wie jene mit Flimmern versehen sind, von denen noch die Rede sein wird. Das Protoplasma ist feinkörnig, und der länglich- ovale Kern hat neben wenig Chromatin einen großen Nucleolus. Zellgruppierungen, wie sie Thiele für die Einbuchtungen im Epithel von Unio angibt, daß neben zwei kurzen Wimperzellen beider- Das Körperepithcl von Anodonta cellensis. 503 seits eine Sinneszelle liegt, konnten bei Anodonta nicht beobachtet werden. Als Simroth die Mundlappen der Najaden untersuchte, fand er keine auffallend große Zahl von Tastborsten, im Gegenteil schienen sie fast zu fehlen; ebenso erwähnt Flemming ihr spärliches Vorkommen im Epithel der Mundlappen. Thiele hat im Leistenepithel >>an ge- wissen Stellen schmale, dunkel tingierte Kerne wahrgenommen, von Fig. 31. Querschnitt duioh eine Leiste. Vergr. 420. denen ich annehme, daß sie Sinneszellen angehören; dieselben finden sich in den Vertiefungen zwischen den Leisten oder auch in diesen selbst auf ihrer übergeneigten Seite meist in einer Erhöhung des Epithels. Sie sind immer sehr vereinzelt . . . Von diesen Zellen Fortsätze in das Bindegewebe zu verfolgen, ist mir zwar nicht gelungen, doch glaube ich bei andern Muscheln (Lithodomus) solche mit Bestimmtheit von ganz ähnlichen Gebilden gesehen zu haben«. Bei der Untersuchung 5 0-i Wilhelm Siebert, lebender Mundlappen von Anodonta stellt man bald fest, daß das Vor- kommen von Sinnesborsten hier ebenso variiert wie z. B. an den Pa- pillen des Branchialsipho. Sie finden sich zwar auf der ganzen Ober- fläche zerstreut vor, jedoch in wechselnder Anzahl. Auf Schnitten wurden nur wenige Sinneszellen beobachtet. Es fanden sich wohl im Epithel häufig basal gelegene, intensiv gefärbte Kerne, doch gehörten diese stets zu Wanderzellen. In Macerationspräparaten wurden Sinnes- zellen stets gefunden, und an diesen sowie an denen der Schnitte ließ sich feststellen, daß sie denselben Bau besitzen wie die aus dem Mantel und dem Fuß beschriebenen. Der Kern liegt im basalen Teil der Sinnes- zelle, der in das Bindegewebe hineinragt, und der distale Abschnitt ist stark verschmälert und trägt die Sinneshaare. Schleimzellen finden sich im leistentragenden Teil der Mundlappen ebenfalls nur in geringer Anzahl und fast ausschließlich in dem Rand- saume am freien unteren Rand und dem anstoßenden Teil der Leisten, besonders in der Nähe der Spitze der Mundlappen. Je weiter man nach der Mundlappenrinne oder nach vorn kommt, desto geringer ist ihre Zahl, bis sie ganz verschwinden. Dies stimmt mit den Befunden Thieles überein: »Nach der Spitze hin nimmt ihre Menge zu.<< 2. Die Außenseite. Das Epithel zeichnet sich durch die geringe Höhe seiner Zellen aus, die kubisch und von wechselnder Breite sind (Fig. 29 mlaef, Fig. 32). Nach Thiele kann man die Cihen >>nur mit Mühe wahrnehmen <<. Diese allgemeine Angabe trifft für Anodonta nicht zu; denn wenn hier auch die Flimmern der kubischen Zellen kürzer sind als die der hohen Cyhnderzellen der einander zugekehrten Seiten der Mundlappen, so sind sie doch sowohl im Leben wie auf Schnitten deutlich zu sehen. Auch lassen sich bei starker Vergrößerung auf gutgefärbten Schnitten die Fortsetzungen der Flimmern in das Plasma hinein eine Strecke weit verfolgen (Fig. 32) ; die Faserwurzeln treten ziemhch kräftig hervor, zeigen Anschwellungen und verlaufen parallel. In Fig. 33 sind die Fhmmern nicht eingezeichnet, weil nur die Basalkörperchen gut zu erkennen waren und es nicht feststand, ob die Fhmmern nicht aus einem bestimmten Grund fehlten. Der Kern der Zellen ist sehr groß; er liegt gewöhnlich in der Mitte der Zelle und zeigt einen großen Nu- cleolus. — Im Epithel finden sich zerstreut Pinselzellen und epithehale Schleimzellen. Außer den typischen bewimperten Deckzellen gibt es andre, die sich durch ihr von jenen verschiedenes Aussehen auszeichnen, durch Das Körpercpithel von Anodouta cellensis. 505 welches sie den Eindruck von secernierenden Zellen machen (Fig. 33). Am distalen Ende zeigt eine solche Zelle eine Ausbuchtung, die ver- schiedene Größe annehmen kann. Wie die Figur erkennen läßt, hat sich zwischen dem Wimperapparat hindurch ein schmälerer oder breiterer Fortsatz des ZeUinnern gebildet, der meist ovale oder kreisrunde Ge- stalt besitzt. Diese Ausbuchtungen finden sich nicht immer nur in der Einzahl an einer Zelle vor, sondern sie können zu mehreren an einer Zelle auftreten. Bei manchen Zellen ist sogar die ganze distale Oberfläche mehr oder weniger vor- gewölbt (Fig. 32). Diese bläschen- artigen Erweiterungen der Zellen fallen durch ihre hellere Färbung "'^ auf; sie setzen sich aber nicht be- ^^S- ^'^' , TP --i • m -1 Außenepithel der Mundlappen mit secernieren- sonders schart vom übrigen ieil ^^^^^ 2eiien. vergr. 1200. der Zelle ab. Ihr Inhalt ist fein granuliert und färbt sich mit Eisenhämatoxyhn oder bei Doppelfärbung mit Hämatoxylin-Eosin heller als das übrige Protoplasma. Dieses weist keine Sonderstrukturell gegenüber den intakten W^imperzellen auf. Der Wimperapparat fehlt entweder ganz (Fig. 32), oder er ist noch zum Teil vorhanden. ■"> '''' - Nach all diesen Befunden scheint es sich hier r -^a ^^ ,■ um eine Art bläschenförmiger Secretion zu han- i/^'i (*'* Ai?-y,<75v:f' dein derjenigen ähnlich, wie sie aus dem Darm f^u-.Mi^ ii:.^^^^ und dem Magen bei Dipteren, Reptilien und ■^'' "+■-''' -^ Amphibien beschrieben wird. Van Gehuchten untersuchte »les cellules secretantes qui forment i^ig- 33. le revetement epithelial de l'intestin moyen de Außenepithel der Mundiap- ^ pen mit secernierenden Zel- la larve d'un diptere nemocere, la Ptychoptera len. vergr. 1200. contaminata <<. Die Bilder, die er davon gibt, stimmen mit denen von Anodonta fast vollkommen überein. Ein Unterschied macht sich in der Struktur des Protoplasma bemerkbar. So sagt VAN Gehuchten: »Granuleux, depourvu de Corps figures ou d'enclaves, le protoplasme est nettement strie dans la partie qui avoisine la tunique propre «. Bei Anodonta ließ sich auch bei Anwendung stärk- ster Systeme keine besondere Struktur im Protoplasma dieser be- sonderen Zellen beobachten, sondern sie zeigten in dieser Hinsicht dasselbe Aussehen wie die gewöhnhchen Deckzellen der Nachbarschaft. Als VAN Gehuchten die secernierenden Zellen im Leben untersuchte, 506 Wilhelm Siebert, fand er, daß die Bläschen >> presentant un contenu liquide transparent et cristallin . . . riebe en substances albuminoides <<, der sieb auf Schnitten als »une masse finement granuleux<< darstellte. Auch bei Anodonta konnten einige Male bei Untersuchung lebenden Materials solche Stadien beobachtet werden, die sich durch den stärker licht- brechenden Inhalt der bläschenförmigen Ausbuchtung zu erkennen gaben. Er gibt dann weiter an, daß diejenigen Bläschen, die nur durch einen schmalen Fortsatz mit der Zelle in Verbindung stehen, sich ab- lösen, indem sich die Brücke immer mehr verschmälert und schließlich durchbricht, so daß die Bläschen als Ganzes in die Darmhöhle ge- langen. Bei den Zellen, deren ganze Oberfläche secerniert, entsteht nach ihm unterhalb an der Grenze eine neue Membran; noch bevor sich das Bläschen abgelöst hat, wird schon durch Reißen seiner Wan- dung der Inhalt entleert. Der letztere Modus und die ihm ähnliche Art der Ausstoßung des Secretes, wie sie Gutheil aus dem Enddarm von Anodonta (vgl. dessen Fig. 51) beschreibt, konnte am Mundlappen- epithel von Anodonta nicht beobachtet werden. Aus den vorhandenen Stadien kann geschlossen werden, daß, wenigstens in dem Fall, den Fig. 33 wiedergibt, die Bläschen sich erst vollkommen abschnüren, bevor sie durch Aufplatzen ihren Inhalt entleeren. Wie die Zellen in Fig. 32 sich des Inhaltes ihrer Bläschen entledigen, ist nicht zu sagen, da keine Anhaltspunkte darüber gefunden wurden. Überhaupt ist nicht zu ersehen, welchen Zweck an dieser Stelle gerade die Secret- bildung verfolgt, die allem Anschein nach vorzuliegen scheint, da diese Erscheinung nur auf den einander abgewendeten Seiten der Mund- lappen beobachtet wurde. Andernfalls könnte, da der Vorgang gerade an den Mundlappen sich abspielt, an ein giftiges Secret zur Tötung der als Nahrung dienenden Tiere oder vielleicht an ein die Verdauung einleitendes Secret gedacht werden. Dagegen spricht aber der Um- stand, daß auf der gerieften Seite der Mundlappen derartige Zellen sich nicht vorfinden. Besonders hinderlich für eine Erklärung ist der Umstand, daß eine typische Reaktion bisher nicht gefunden wurde. C. Physiologisches über die Mundlappen. 1. Ansichten früherer Autoren. Das Vorkommen von leistenförmigen Erhebungen an der Ober- fläche der Mundlappen führte einige Forscher dazu, darin den Beweis für eine respiratorische Betätigung der Mundlappen zu sehen; diese wurden daher auch als »Nebenkiemen << bezeichnet. Nach Erman müßte man sie sogar »als Hauptkiemen, als das wesentUche Organ Das Körperepithel von Anodonta celleusis. 507 des Respirationsprozesses ansehen, während die sogenannten Kiemen . . . zur Aufnahme und Zeitigung der Eier« in der Hauptsache dienten. Auch Thiele ist der Ansicht, daß »bei den Najaden die Annahme einer Nebenfunktion der Mundhippen zu respiratorischem Zwecke nicht von der Hand zu weisen« sei, denn »der Leistenbesatz, welcher für die Nahrungsbeschaffung keinen sonderlichen Wert haben dürfte, ver- größert ihre Oberfläche um ein Namhaftes, während die Dicke ihrer Blätter sehr gering zu sein pflegt«. Durch diese Bildungen kann aller- dings eine gewisse Ähnlichkeit der Mundlappen mit Kiemen vorge- täuscht werden; dazu konunt, daß bei manchen Formen die Kiemen verhältnismäßig klein sind, während die Mundlappen ungewöhnliche Größe erlangt haben. In seiner eingehenden Arbeit über die Biologie der Muscheln weist Wallengren das Irrige obiger Ansicht nach und zeigt auf experimentellem Wege die große Bedeutung der Mundlappen für die Nahrungsaufnahme. »Die Mundlappen zeigen keine speziellen Organisationsverhältnisse, die auf eine besondere respiratorische Wirk- samkeit deuten. Nur an der allgemeinen Hautatmung dürften sie teilnehmen und haben somit nur in diesem Sinne eine respiratorische Bedeutung.« Schließlich sei noch einer ganz eigenartigen Erklärung der Mundlappen der Najaden gedacht, die von Hazay stammt: »Die Tiere ernähren sich von den im Bodenschlamm und Wasser lebenden Infusorien, . . welche . . . durch die Kiemen ausgeschieden, sich zu flachen kleinen Küchlein anhäufen und von den, Reibplatten der Mund- lappen zerrieben eingeführt werden.« 2. Die Flimmerströmungen der Mundlappen. Die Mundlappen sind wie die ganze nicht von der Schale bedeckte Oberfläche mit Flimmern bedeckt. Zur Beobachtung der Richtung, in der diese schlagen, wurden die Mundlappen makroskopisch und mikroskopisch untersucht, und zur bessern Sichtbarmachung der Flimmerströmungen wurde Carmin, Tusche oder Lampenschwarz in Wasser aufgeschwemmt und zugefügt. Unter dem Binocular und dem Mikroskop wurden die Körnchen in ihrer Strömungsrichtung verfolgt, und man konnte bald beobachten, daß die Körnchen einer Richtung untereinander durch das von den Schleimzellen bereitete Secret ver- klebt waren und oft lange farbige Fäden bildeten. Wie Stenta zuerst zeigte, geschieht die Fortbewegung der Nahrungspartikel nicht, wie man früher meinte, durch Wasserströmungen, sondern durch W^and- strömungen vermittels der direkten mechanischen Tätigkeit der Flim- mern. »Unter ersterem verstehe ich jene Ströme, welche auch noch 508 Wilhelm Siebert, auf größerer Entfernung hin durch Wimperung entstehen ; unter Wand- strömung dagegen dicht über dem Epithel hinstreichende Strömungen. Im letzteren Falle befinden sich die durch die Strömung bewegten Teilchen stets in einem Schleimfaden im Anschluß an das Epithel.« Im folgenden sollen nun die etwas komplizierten Verhältnisse hinsichtlich der Richtung der Flimmerströmungen der Mundlappen dargelegt werden. Meine Befunde stimmen größtenteils mit den An- gaben Wallengrens überein; bei den Punkten, wo dies nicht der Fall sein sollte, wird auf die Unterschiede näher eingegangen werden. Die beiden Fig. 34 und 35 sind in Anlehnung an Wallengren ange- fertigt und sollen in schematischer Weise die Richtung der Flimmer- strömungen veranschaulichen. An der glatten Außenseite der Mund- lappen verlaufen die Flimmerströmungen im vorderen Teil von der Basis (6) zum unteren Rand (nfr), während sie im hinteren Abschnitt von der Basis zum unteren und hinteren Rand [kr) divergieren. Außerdem geht eine Strömung am unteren Rand nach hinten zur Spitze, und die am Hinterrand (hr) verlaufen^ie Strömung biegt etwas vor der Spitze auf die Innenseite der Mundlappen um, w^o die Ver- hältnisse der Flimmerströmungen sehr kompliziert sind. Am vorderen ungerieften Teil der Innenseite schlagen die FKmmern schräg von außen nach innen der Mundlappenrinne zu, die in ihrer ganzen Er- streckung vom Hinterrand bis zur Mundöffnung nach vorn schlagende Flimmern trägt. Nicht mehr so einfach liegen die Dinge im leistentragenden Teil der Innenseite. Ihre genaue Beobachtung stößt auf technische Schwie- rigkeiten, da bei den abgeschnittenen Mundlappen die Leisten sich be- sonders gern umlegen und sich nach vornüber neigen, wobei sie sich auch noch stark kontrahieren. Es ist daher dann unmöglich, in die Zwischenleistenrinne hineinzusehen. Wallengren untersuchte daher die Mundlappen in künstlich gestrecktem Zustand, indem er sie mit Nadeln zwischen zwei auf dem Objektträger aufgeklebten Wachs- streifen ausspannte. Da aber auch dann die Leisten immer noch stark übergeneigt sind, so wurde versucht, dünne Längsschnitte durch lebende Mundlappen herzustellen, was auch einige Male gelang, so daß dann an ihnen seitliche Bilder zur Ergänzung der Aufsichtsbilder gewonnen werden konnten. Die Resultate, die so an lebendem Material gewonnen wurden, konnten mit den Befunden an Schnitten durch konserviertes Material verglichen werden, das die verschiedene Schlagrichtung der Fhmmern sehr gut erkennen läßt, wenn die Abtötung nur schnell genug erfolgte. Auch ist bei konserviertem Material die Größe der Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 509 Flimmern besser zu beurteilen; aus diesen Gründen wurde die Leiste, welche in Fig. 31 wiedergegeben ist, gewählt. Wenn man von oben auf die Leisten schaut, so wimpert scheinbar nur die Vorderseite der Leisten, während sich die Rückseite in Ruhe zu befinden scheint. Eeman, der noch keine Flimmerbewegung wegen der Un Vollkommenheit der damaligen Technik kannte, gibt an, »daß von den zwei Abhängen, die eine Schlucht oder ein Tal bilden, immer nur der eine sich wellenförmig undulierend bewegt, während der ent- gegengesetzte Abhang ruht<<. Dieser Gegensatz ist natürlich nur schein- bar und kommt daher, daß an der Vorderseite der übergebogene Rand scharf eingestellt ist und dabei die Flimmern über den Rand hinaus- ragen, während die Rückseite langsam ansteigt, so daß sich die Fhm- mern nicht von dem Untergrund abheben. Nach Wallengren hat man an einer Leiste folgende verschiedenen Zonen zu unterscheiden. Längs dem freien Rand jeder Leiste verläuft die Randzone, an die sich seitlich die beiden oberen Seitenzonen anschließen. Darauf folgen beiderseits die mittlere und schließlich die untere Seitenzone; im Grunde zwischen zwei Leisten befindet sich die Zone der Zwischenleistenrinne. Diese Bezeichnungen sollen im folgenden beibehalten werden. Die Fig. 31 stellt eine im Schnitt quergetroffene Leiste dar. Die Richtung der Flimmern entspricht den Beobachtungen an lebendem Material. Die Randzone (rz) ist schmal, und ihre langen Fhmmern schlagen, senkrecht zur Bildebene, zum unteren Rand der Mundlappen. Nach Wallen- gren sind es wirkliche Girren, die die Randzone bedecken. Da sich die Flimmern aber weder an lebendem noch an konserviertem Material durch kräftigere Gestalt auszeichnen, ist es keineswegs gerechtfertigt, sie als Girren zu bezeichnen. Eher könnte man dagegen die Flimmern der anschUeßenden oberen Seitenzone, die als die größte Zone mehr als die Hälfte der Rückseite (H) jeder Leiste einnimmt {osz), als Girren bezeichnen, besonders wenn man diejenigen an der Grenze gegen die mittlere Seitenzone betrachtet. Ihre langen Flimmern sind relativ sehr stark und schlagen von hinten nach vorn oder von der Richtung der Zwischenleistenrinne (Fig. 31 zlr) her nach der Randzone, also in der Richtung zur Mundöffnung. In demselben Sinne schlagen auch die etwas kürzeren und weniger kräftigen Flimmern der oberen Seiten- zone an der Vorderseite (v) der Leisten (osz), die sich ebenfalls lang hinstreckt. Ihre Schlagrichtung ist also auch von hinten nach vorn oder von der Randzone weg nach der Zwischenleistenrinne. Es folgt nun auf beiden Seiten jeder Leiste die mittlere Seiten- zone, die keine große Ausdehnung hat (Fig. 31 msz). Nach Wallen- 510 Wilhelm Siebert, GREN besteht zwischen der Vorder- und Rückseite einer Leiste in dieser Zone der Unterschied, daß auf der Rückseite die »Cihen nach oben in der Richtung gegen die Mundrinne schlagen«, dagegen auf der Vorder- seite »sich in der Richtung nach der Miindrinne und schrcäo- nach innen der Zwischenleistenrinne zu« bewegen. Bei dem Versuch mit den Carnunkörnchen wurde wiederholt beobachtet, daß diese sich auf der Hohe der mittleren Seitenzone auf die Mundrinne zu bewegten, wobei sie jedoch niemals nach oben oder, besser, gegen den freien Rand der Das Körpereiaithel von Anodonta cellensis. 511 Leisten getrieben wurden. Dagegen wurde einige Male beobachtet, daß Körnchen von ihrem geraden Wege zur Mundrinne schräg nach der Zwischenleistenrinne zu abgetrieben wurden. Hieraus darf man wohl schließen, daß die Schlagrichtung der Flimmern der mittleren 5 Seitenzonen in der Hauptsache nach der Mundrinne zu gewendet ist, aber mit einer geringen Drehung der Zwischenleistenrinne zu. Die Flimmern der unteren Seitenzone, sowohl der Rückseite [H) wie der Vorderseite ( V) der Leisten (Fig. 31 usz) sind wieder kräftige 512 Wilhelm Siebert, lange Cilien, die in der Kichtung nach der Zwischenleistenrinne zu schlagen, welche ihrerseits feine Flimmern führt, die sich nach innen der Mundrinne zu bewegen. Dieser letztere Befund steht im Gegen- satz zu Wallengren, welcher angibt, daß »die hier befindüchen feinen und verhältnismäßig kurzen Cilien nach dem freien Mundlappenrand hin« schlagen. Es bewegten sich jedoch stets bei vollkommen gestreck- ten Mundlappen, wo man bequem den Boden der Zwischenleistenrinne beobachten konnte, die Körnchen vom freien Unterrand (ufr) weg der Mundlappenrinne zu. — Auf der Zone am unteren freien Rande (ufr) der Mundlappen, die von den Leisten freigelassen wird, dem unteren Randsaum, findet sich eine nach hinten gerichtete Strömung, also in demselben Sinne wie die des unteren Randes selbst, die oben bereits erwähnt wurde. Durch die gut entwickelte Fähigkeit, die Gestalt und gegenseitige Lage der Leisten beliebig verändern zu können, kann die Muschel den Transport der Nahrungskörper zum Mund hin regulieren. 3. Die Flimmerströinungen an der übrigen Körperoberfläche. Nachdem so die FHmmerströmungen der Mundlappen genau dar- gelegt wurden, fragt es sich, wie die Nahrungskörper auf die Mund- lappen gelangen. Das Wasser strömt durch den Branchialsipho (Fig. 2 bs, Fig. 34 u. 35 bs) und die bei ausgestrecktem Fuß eventuell zwischen den Mantelrändern vorhandenen Spalten an der Ventralseite in die Mantelhöhle und gelangt aus der infrabranchialen Kammer in die suprabranchiale, worauf es durch die Analöffnung (Fig. 2 as, Fig. 34 u. 35 as) wieder entleert wird. Dabei werden die im eingezogenen Wasser suspendierten Fremdkörper auf der Oberfläche der Kiemen zurückgehalten und geraten nun in den Wirkungsbereich der Wand- strömungen der Kiemen. Wie man sich durch den Versuch mit Carmin- wasser überzeugen kann, herrscht an der äußeren Kieme (Fig. 34 ak) auf beiden Seiten eine von unten nach oben gehende Strömung; und zwar geht der an der Außenseite aufsteigende Strom dorsal in einen andern über, der in der Kiemenmantelrinne von hinten nach vorn verläuft. Der an der Innenseite der äußeren Kieme aufsteigende Wimperstrom mündet in die zwischen den beiden Kiemenblättern verlaufende Rinne, die Kiemenachsenrinne, in der die Flimmern nach vorn schlagen. Am freien Rand der äußeren Kieme ist von einer längs verlaufenden Strömung nichts zu bemerken. Im Gegensatz zu den äußeren Kiemenblättern verhalten sich die inneren umgekehrt (Fig. 34, Fig. 35 ik). Auf beiden Seiten der inneren Kiemenblätter Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 513 gehen die Flimmerströme nach unten zum freien Rand, wo sie in die von hinten nach vorn verlaufende Marginalrinnenströmung einmünden. Wie Fig. 28 zeigt, umfassen die Mundlappen in ihrer natürlichen Stel- lung die inneren Kiemenblätter, die größer als die äußeren sind, an ihrem Vorderrand, und bis hierher reicht die zuführende Wirkung der Marginalrinne von hinten her; das übrig bleibende Stückchen der Marginalrinne trägt von vorn nach hinten schlagende Flimmern, wie in Fig. 34 u. 35 angedeutet ist. An der Stelle, wo sich diese beiden entgegengesetzten Richtungen treffen, werden die mitgeführten Partikel- chen auf die Mundlappenwinkel übertragen, deren Flimmern sie auf den gerieften Teil der Mundlappen befördern. Auch die Mantellappen (Fig. 34 ma) tragen zum Teil mit bei zum Transport von Nahrungskörperchen zu den Mundlappen hin, indem parallel der Kiemenanwachsstelle in geringer Entfernung davon ein Flimmerstrom nach vorn zu den Mundlappen führt. Am übrigen Teil der Mantelinnenfläche schlagen die Flimmern nach außen und hinten, — Am Fuß (Fig. 35 fu) kommen für die Nahrungszufuhr mir die in nächster Umgebung der Mundöffnung gelegenen Teile mit ihren Flimmern in Betracht. Die so zu den Mundlappen transportierten Nahrungskörper werden dann durch die verschiedenen Flimmersysteme der Mundlappenrinne zugeführt und in der Nähe der Mundöffnung aufgespeichert. Von Zeit zu Zeit öffnet die Muschel den Mund, und die. mit allerhand Fremd- körpern vermengte Nahrung gelangt durch Einstülpung der die Mund- öffnung begrenzenden Teile in den Oesophagus. IV. Anhang. 1. Das Vorkommen von Kalk im Bindegewebe. Aus der Mantelzacke und besonders dem Bindegewebe des Mantels von ünio beschreibt Rawitz das massenhafte Vorkommen von Mucin, das »durch Intervention von Becherzellen, die an der Innenseite in großer Anzahl sich vorfinden«, an die freie Oberfläche gelangt. >>Es erscheint ... als eine amorphe Masse, die aus einzelnen Körnchen bzw. Tröpfchen besteht, die dicht aneinander gelagert sind. << Rawitz bezeichnet diese Gebilde deshalb als >>amorphe Schleimmassen«, weil sie sich mit Hämatoxylin blau färben und »nicht als histologisch diffe- renzierte Drüsen erscheinen«, Sie entstehen nach ihm aus Zellen, die in den Maschen der Bindesubstanz liegen und umgewandelte Flem- MiNGsche Bindesubstanzzellen sind. Ob die Zelle bei der Secretion Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CVI. Bd. 33 514 Wilhelm Siebert, zuoTunde seht oder nicht, liat er nicht feststellen können. Er ver- wertet dann »das Auftreten amorpher Secretmassen << für die Systematik der Lamellibranchier, da es »augenscheinlich auf einen gewissen Grad von Degeneration im betreffenden Organismus« hindeute. Bei genauer histologischer und chemischer Untersuchung stellt es sich heraus, daß diese fraghchen Gebilde kein Mucin sind, sondern Kalkkörper, die auf die von Rawitz angegebenen Stellen nicht beschränkt sind, sondern im ganzen Körper anzutreffen sind, wie gezeigt werden wird. Sie scheinen allgemein verbreitet zu sein, da sie aus den verschie- densten Körperteilen bei Lamellibranchiaten und Gastropoden be- schrieben worden sind. So fand Grobben im Bindegewebe des Bulbus arteriosus von Venus verrucosa und Cytherea »ein variköses Netz aus körnigem Plasma bestehend«, das Körnchen mit starkem Glanz ent- hielt, der bei Behandlung mit Reagenzien verschwand. Wie weiter unten ausgeführt werden soll, dürfte es sich hier um die fraglichen Kalkkörperchen handeln. — Aus der Najadenkieme beschreibt Posner »eigentümliche Concremente konzentrisch geschichteten, sehr stark lichtbrecheuden kohlensauren Kalkes«, die »in ihrem Aussehen unge- mein an die Stärkekörner in pflanzlichen Geweben« erinnern; die gleiche Angabe macht Kollmann. Schließlich bildet sie Thiele aus den Mundlappen von ünio ab; nach ihm ist der Kalk an ein organisches Substrat gebunden. — Bei Gastropoden sind sie von Semper und Leydig als »spindelförmige oder länglich runde, mitunter einem Schleif- stein ähnhche Körper« beschrieben worden; letzterer bildet auch zwei geschichtete Kalkkörper ab und nennt sie »Spitzweckchen «. — Während aber die bisher genannten stets nur von kohlensaurem Kalk reden, macht Barfurth Angaben über das Vorkommen von phosphorsaurem Kalk in Leber und Mantel von Gastropoden, und Janssens, der die Lamellibranchierkiemen eingehend daraufhin untersuchte, stellte fest, daß die Gebilde kohlensauren und phosphorsauren Kalk enthalten. Im Gegensatz zu der Angabe Barfurths, daß Sommertiere eine Anhäufung der Kalkkörper zeigen, so daß ihr Mantel davon außen weiß erscheint, sagt Janssens: «En ete les concretions sont ab- sentes ». Bei Anodonta konnte ein Unterschied in der Häufigkeit des Vor- kommens dieser Kalkkörper zwischen Sommer und Winter nicht be- obachtet werden; bei besonders starker Anhäufung im Mantel erschien dieser auch hier weißlich. In Zupfpräparaten findet man stark licht- brechende Gebilde von der Form, wie sie die Fig. 36 und 37a zeigen. Es sind entweder kleinere oder größere Körnchen oder unregelmäßige Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 515 ~>, \ '^.J^ Fig. 36. Kalkkörper au;? dem Bindegewebe einer Papille. Zupfpräparat. Vergr. 930. Konglomerate, die einzeln oder zu Nestern dicht gedrängt beisammen- liegen (Fig. 38); meist weisen sie einen gelblichen Farbton auf. Bei Zusatz einer Säure (Salzsäure und besonders Salpetersäure, weniger bei Essigsäure) verschwindet unter schwacher Gasentwicklung die Farbe und ihr Lichtbrechungsvermögen, so daß sie nur noch schwer zu erkennen sind. Färbt man dann oder auch schon vorher mit Häma- toxylin (Delafield), so nehmen sie die Farbe stark auf und lassen jetzt deutlicher eine konzentrische oder exzentrische Schichtung erkennen, indem hellere und dunklere Schichten miteinander alternieren (Fig. 37 6, c). Die größeren Konglomerate, die vor der Einwirkung der Reagenzien homogen aussehen, lassen nachher erkennen, daß sie aus mehreren Körnchen durch Ver- schmelzung entstanden sind (Fig. 37 d), da die äußeren Schichten den ver- schmolzenen Körnern gemeinsam sind. In Schnittpräparaten sieht man die Gebilde im Bindegewebe zwischen den Zellen liegen. Im Fuß und im eio;ent- liehen Mantel kommen sie meist ver- einzelter vor. Nie w^urden sie hier bei Anodonta in der Anhäufung angetroffen wie z. B. bei Margaritana oder wie es Rawitz für Unio angibt. Sie durch- ziehen entweder in Ketten das Binde- gewebe, indem ein Körnchen hinter dem andern liegt (Fig. 38 Jca), oder man sieht in einem homogen erscheinenden Teil des Bindegewebes eine große Anzahl sehr kleiner Körnchen, die bei starker Vergrößerung als Punkte eben noch zu erkennen sind und wohl die Anfangsstadien darstellen (Fig. 37 a und 38 Jca). In den Papillen liegen sie wie in den Mundlappen meist zu größeren Haufen beieinander, und in den Kiemen füllen sie oft das ganze Bindegewebe an. — In der Lösung der Körner in Säuren läßt sich Calcium und Phosphorsäure nachweisen; bei Zusatz von Schwefel- säure lösen sie sich auf, und an ihrer Stelle schießen Gipskristalle hervor. Die Körnchen bestehen also aus phosphorsaurem und kohlen- saurem Kalk, der an eine organische Substanz gebunden ist, die 33* Fig. 37. Kalkkörper aus dem Bindegewebe des Mantels. Schnittpräparat. «, b, Orange-G Hämatoxylin; c,d, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1165. 516 Wilhelm Siebert, bei Behandlung mit Säuren zurückbleibt und sich mit basischen Ani- liufarbstoffen färbt, bei Erhitzung aber verbrennt. Daß kohlensaurer und phosphorsaurer Kalk sich mit organischen Substanzen zu bestimmt geformten Körpern umlagern können, gelang Harting auf experimentellem Wege nachzuweisen, indem er ein lös- liches Calciumsalz auf Carbonate und Phosphate in einer organischen albuminhaltigen Flüssigkeit einwirken ließ. Es bildeten sich dann ähnliche Körper und Konglomerate, wie sie oben beschrieben wTirden. Es traten zuerst Membranen auf, in denen schwarze Punkte sichtbar zir r^r^^^0$^ '1 o e -. 1 ' // a ■/TS Fig. 38. Bindegewebe am Grunde einer Zwischenleistenrinne izlr) mit Kallckörnchen ika) und Wanderzellen. Vergr. 555. wurden, die zu Kugeln heranwuchsen, konzentrische oder exzentrische Schichtung annahmen und schließlich auch zu größeren Konglomeraten zusammenschmolzen, wenn sie sich in ihrem gegenseitigen Wachstum störten. Auch diese künstlichen Kalkgebilde nahmen Farbstoffe pflanz- lichen und tierischen Ursprungs auf. Wie die Kalkkörper im Organismus gebildet werden, darüber existiert nur die Angabe Leuckarts, die auf der Annahme einer direkten Wasseraufnahme ins Blut basiert und nach der die Stoffwechselprodukte innerhalb der Blutlacunen mit dem Kalk des Wassers in Eeaktion Das Körperepithel von Anodonta cellensis. 517 treten. Ohne obige Annahme für wahrscheinlich 7AI halten, bin ich der Ansicht, daß durch das Darmepithel mit den Nahrungsstoffen zu- gleich auch Kalk aufgenommen wird, der mit Bestandteilen des Blutes eine Verbindung eingeht und im Bindegewebe aufgespeichert wird. — Was die physiologische Bedeutung der Kalkkörper anlangt, so dürften sie zur 8chalenbildung Verwendung finden und als Reservematerial im Falle einer Schalenverletzung den in größeren Mengen nötigen Kalk liefern. Die Ansicht von Beck, daß sie »yellow granulär food-material destined for the glochidian embryos« darstellten, zu der er wohl durch ihre besonders starke Anhäufung in den Kiemen gelangt ist, dürfte wohl kaum größeren Anklang finden. 2. Wanderzellen. Im Epithel und auch im darunterliegenden Bindegewebe fallen Massen gelb bis braun gefärbter Concremente auf, die mitunter in großer Zahl auftreten und das gewohnte Bild verwischen können. Die Massen liegen in Zellen eingeschlossen, die man ihrer Natur nach als Wanderzellen bezeichnen kann , da sie im ganzen Körper um- ^.T^ her wandern. Die Concremente, 0^^ die sie einschließen, können yj^:^ [4^'-)\ verschiedene Form haben; ^i^' '^^^\ \ entweder smd es unregel- ^^^■' w^'^'^S^'y mäßige Körnchen, die meist '!;; zu Ballen vereinigt die Zelle anfüllen (Fig. 7, 18, 19, 31, 32, ^^^- '^'^- - . ^ . , Wrtiiilerzellen mit verschiedenartig geformtem Inhalt. 33, 39o), oder es smd ein oder vergr. iies. mehrere große homogene Ein- Schlüsse, die mitunter konzentrische Schichtung zeigen können, vor- handen (Fig. 27, 31, 38, 396, c). Auch in der Farbe unterscheiden sie sich, je nachdem die Einschlüsse gefärbt oder nicht gefärbt sind. Im letzteren Falle tingieren sie sich mit Eosin und mit Eisenhämatoxylin. Im Gegensatz zu ihnen nehmen die farbigen keine Farbe auf und kom- men in allen Nuancen von hellgelb bis dunkelbraun vor. Alle diese verschiedenen Fälle können zusammen in ein und derselben Wanderzelle beobachtet werden. Infolge der Einschlüsse ist der Kern der Wander- zellen oft abgeplattet und liegt ihnen halbmondförmig an. Das Frotoplasma tingiert sich nur schwach und tritt der Menge der Ein- schlüsse gegenüber meist ganz zurück. Die Wanderzellen mit den eosinophilen Granula beschreibt Stenta 518 Wilhelm Siebert, als runde Drüsenzellen, die einen grobkörnigen Inhalt führen und in relativ geringer Zahl im Epithel liegen, wo sie nur die distale Hälfte einnehmen. Die Körnchen färben sich mit Eosin, nehmen aber kein Thionin auf. Ob es Schleimzellen sind, oder ob ihnen excretorische Bedeutung zukommt, konnte er nicht ermitteln. Das Bild, das er davon gibt, macht es sehr wahrscheinlich, daß man es hier mit Wander- zellen zu tun hat. — Die homogenen Einschlüsse sind mehrfach mit Zellkernen verwechselt worden. So fand List bei Mytilus gallopro- vincialis: »Zur Zeit des Wachstums der Schale und des Periostracums kann man beobachten, daß in den Amöbocyten oder Wanderzellen der Nucleolus, der in dem rundlichen Kern eingeschlossen liegt, sehr groß ist und durch seine starke Tinctionsfähigkeit mit Eosin sehr auf- fällt. Zugleich läßt sich eine Wanderung dieser Zellen nach dem Epithel der Außenfläche des Mantels und dem der Außenfalte feststellen. In diesen dahin wandernden Zellen wird der Nucleolus immer größer, vom Chromatin, das sich stets mit Hämalaun distinct blau färbt, sind nur noch w^enige Körnchen vorhanden, und schließlich ist alles ver- schwunden, d. h. an Stelle des Kernes ist ein stark glänzender homo- gener Körper vorhanden, der sich intensiv, grell leuchtend rot mit Eosin tingiert. << Diese eosinophilen Körper werden dann nach ihm mit zum Aufbau vom Periostracum verwendet. Daß diese Angabe einer Umwandlung des Kernes auf einem Irrtum beruht, erhellt unter anderm daraus, daß man bei Anodo7ita neben dem homogenen eosino- philen Einschlußkörper den sich mit Hämatoxylin kräftig blau färben- den Zellkern liegen sieht. Nach RuBBEL besteht auf Grund seiner Schnittserien durch Mar- garitana-l^ eilen der Perlkern »aus mehr oder minder großen Partikeln einer gelben bis gelbbraunen Substanz <<, die sich im ganzen Mantel findet, eben den gefärbten Einschlüssen der Wanderzellen. Geraten diese auf ihrer Wanderung durch das Mantelaußenepithel in den Mantel- schalenraum, so können die Einschlüsse das Außenepithel zur Secretion anregen und so die Entstehung einer Perle veranlassen. De Bkuyne hat sich mit den verschiedenen Blutzellen der Mol- lusken näher beschäftigt und konnte an überlebenden Stücken des Mantels und der Kiemen von Anodotita cygnea {TJnio, Mytilus, Ostrea), beobachten, wie solche AVanderzellen mit braunem Inhalt aus dem Bindegewebe ins Epithel drangen. Dies geschah auf zweierlei Weise. Die einen gelangten intercellulär nach außen, indem sie sich zwischen den Epithelzellen hindurchdrängten, während andre in die Epithel- zellen hineindrangen und sich intracellulär einen Weg bahnten. Auf Das Kürpeivpithel von Anodonta cellensis. 519 diese Weise entstehen oft gewaltige Zerstörungen; wie diese ausge- bessert werden, schildert er folgendermaßen: >>. . . les bords de la cavite semblent s'emousser, se gonfler en meme temps qu'ils subissent une pression normale aux parois. II se produit simultanement dans le filament branchial un mouveraent d'ensemble (contraction? tor- sion?), les parois se rapprochent et fönt disparaitre assez rapidement, a l'oeil du moins, toute trace de Solution de contiuuite. II m'est avis qu'il pourrait s'agir ici d'une concrescence des elements epitheUaux restes sains.« Nach Cuenot werden die geschädigten Epithelien wieder ersetzt »par regeneration des cellules entamees et aussi par division des cellules saines«, wie er aus den sehr zahlreich vorhandenen Mitosen schließt. De Bruyne hat darüber keine Angaben gemacht und auch bei Anodonta cellensis wurde keine Teilung der Nachbarepithelzellen beobachtet. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß das verloren Ge- gangene der Epithelzellen auf die von Cuenot angegebene Weise wieder ersetzt wird. De Bruyne ist der Ansicht, daß das Auswandern der Leucocyten ein Excretionsprozeß ist und der Reinigung der Gewebe dient. Daß Wanderzellen oder, wie er sie nennt, Phagocyten Epithelzellen stellen- weise wegfressen und so nach außen gelangen, kommt nach ihm daher, daß die Epithelzellen krank wurden und chemotaktisch die Phago- cyten anlockten, die schadhaften Stellen zu fressen und nach außen fort- zuschaffen. Demselben Zweck dürften wohl auch die Wanderzellen dienen, die M. de Villepoix in beschädigten Teilen des Mantels in großer Menge antraf und denen er den ersten Schutz des verletzten Gewebes zuschrieb. Ebenso fand sie Rassbach >>an Schnitten durch solche Teile von Epithelien, die sich unter verletzten Stellen regene- rierender Schalenteile befanden«; außerdem beobachtete er >>an Schnit- ten durch regeneriertes Periostracum in demselben eingeschlossen degenerierte Amöbocyten« (vgl. Fig. 52). Aus diesem gelegeiitlichen Vorkommen der Einschlüsse der Wanderzellen in Schalenteilen, hier speziell im Periostracum, kann aber nicht geschlossen werden, daß die Einschlüsse nun überhaupt zum Aufbau der Schale dienten. Die Wanderzellen mit ihren verschiedenartigen Einschlüssen zeigen im Aussehen volle Übereinstimmung mit den Lymphzellen, die nach Gutheil in die Zellen des Darmepithels eindringen und dort die zum Teil schon umgewandelten Nahrungsballen in sich aufnehmen, um dann wieder ins Bindegewebe zurückzuwandern und »eine möglichst gleichmäßige Verteilung von Assimilationsmaterial innerhalb des ganzen Tierkörpers << zu bezwecken. — Eine andre Erklärung für die überall 520 Wilhelm Siebert, anzutreffenden Wanderzellen mit ihren Einschlüssen gibt Cüenot. Nach ihm stammen die gelben Ballen aus der Pericardialdrüse des Mantels, die wie die Niere excretorischen Charakter hat und in ihren Zellen gelbe Concrementkörner ausscheidet. Diese werden von Amöbo- cyten aufgenommen, die wieder ins Bindegewebe zurückkriechen, und gelangen dann so mit dem Blutstrom an die äußere Körperoberfläche der Kiemen, der Mundlappen und des Mantels, durch deren Epithelien hindurch sie den Körper verlassen. Demgegenüber gibt Boltzmann zwar die Möglichkeit des Transportes der Concremente auf diesem Wege zu, findet aber, daß die mit Excretion angefüllten, funktions- unfähig gewordenen Zellen der Drüse sich ablösen und durch den Pericardialraum und die Niere nach außen gelangen. Wenn nun auch dieser letztere Weg der einfachere und wahrscheinlichere ist, so daß also wohl die gelben Ballen der Wanderzellen nicht aus der Pericardial- drüse stammen werden, so fällt es doch auf, daß die Einschlüsse beider in Form und Farbe übereinstimmen und sich den verschiedensten Rea- genzien gegenüber in der gleichen Weise, ebenso übrigens wie auch die Einschlüsse der Niere und der Leber, verhalten. Untersucht man all diese aus den verschiedensten Organen stam- menden Gebilde, die äußerlich schon so sehr übereinstimmen, mikro- chemisch, so findet man, daß sie sämtlich allen angewandten Reagen- zien hartnäckigen Widerstand entgegensetzen und sich ihnen gegen- über alle gleich verhalten. In Kalilauge wie in Säuren sind sie un- löslich; auf Zusatz von konzentrierter Salzsäure erhält die ursprüng- lich gelb-braune Farbe einen grünen Schimmer. Beim Erhitzen und Glühen tritt keine sichtbare Änderung ein. Zu ungefähr denselben mikrochemischen Resultaten kam Frenzel bei seinen Untersuchungen über die Fermentklumpen der Mitteldarmdrüse der Mollusken. Ein Unterschied stellte sich insofern heraus, als Frenzel durch Glühen seiner Fermentklumpen einen farblosen, in Salzsäure löslichen Rück- stand erhielt, während bei Anodonta stets ein unlöslicher, gelb gefärbter Rückstand blieb. Wenn sich nun auch hieraus die große Ähnlichkeit der sämtlichen gelben Einschlüsse, was Form, Farbe und Verhalten Reagenzien gegenüber anlangt, ergibt, so ist es doch zweifelhaft, daß alle dieselbe chemische Zusammensetzung haben. Ähnlich wie Stenta für das von ihm bei Pinna beschriebene drüsige Organ, das bei dieser Form die Stelle einer Pericardialdrüse vertritt^ neben der Secretion eine Excretion herlaufend beschreibt, und wie es ja für die Niere schon lange bekannt ist, ähnlich möchte ich auch der Mitteldarmdrüse eine solche Doppelfunktion zuerkennen und die gelben Das Körpcrepithcl von Anodonta cellensis. 521 als Fermentklumpen beschriebenen Einschlüsse nicht als das eigent- liche der Verdauung dienende Secret, als das sie Gutheil ansieht, betrachten, sondern als Excretstoffe. Als Secretionsorgane sondern die drei Organe eine Flüssigkeit ab, die für jedes Organ specifischen Charakter trägt, bei der Niere und vielleicht auch der Pericardialdrüse zur Regulierung des Feuchtigkeitsgehaltes des Körpers abgeschieden wird, bei der Mitteldarmdrüse fermentativen Charakter hat. Daneben fungieren sie als Speicherorgane, indem ihr Epithel Blutbestandteile aufnimmt und in Form der gelben Einschlüsse ausscheidet. Die Zellen üben dabei eine gewisse Wahl aus und nehmen nicht jeden beliebigen Körper auf. Auch die Wanderzellen haben eine solche Doppelfunktion. Einmal holen sie aus dem Darmepithel die Bestandteile der aufge- nommenen Nahrung, die dieses selbst nicht verdauen kann oder auch noch nicht ganz verdaut hat, — für letzteres würden die Befunde sprechen, wo man noch Nahrungsballen, die sich mit Osmiumsäure schwärzen und mit Eosin färben, also wohl Fett enthalten, in ihnen antrifft, — und bringen sie in die verschiedenen Körperregionen, wobei sie sie in geeigneter Weise verarbeiten, denn nur selten sieht man Wanderzellen mit eosinophilen Einschlüssen die Körperepithelien passieren. Anderseits befördern sie die Überbleibsel der aufgenommenen Nahrung aus dem Körper hinaus und nehmen dabei Fremdkörper mit, wie CuENOT durch Versuche zeigen konnte; nach Injektionen mit Farblösungen hatten die Wanderzellen diese in sich aufgenommen. Daß die gelben Concremente der Mitteldarmdrüse und Niere (De Bruyne) oder der Pericardialdrüse (Cuenot) von Wanderzellen herausgeschafft würden, dafür fanden sich in den Präparaten keine sicheren Anhaltspunkte. Im Gegensatz zu andern sind die Wanderzellen nach Chatin keine Blutzellen, sondern Bindegewebszellen, die im Blut und Binde- gewebe umherschwimmende braune Körperchen fressen und an die Oberfläche transportieren. Es wären dann die >>Eundzellen << Koll- manns, der die gelben Concretionen als Pigmentmassen auffaßt: >>Eine andre Form der Ablagerung von Pigment in den Bindesubstanzzellen besteht in der Häufung größerer gefärbter Concretionen . . ., deren wahre Natur noch zu eruieren ist, die aber wahrscheinlich doch als Pigmentmassen aufzufassen sind. . . . Eine sehr eigentümliche Pig- mentablagerung haben die Rundzellen des rotbraunen Organes bei Anodonta. Bei diesen ist der Kern diffus gelb gefärbt.« Er hat hier, ähnlich wie List, die manchmal als homogene rundliche Körper auf- tretenden gelben Massen mit dem Kern verwechselt. Auch Rawitz 522 Wilhelm Siebert, beschreibt bei eleu Arcaceen das Vorkommen von Pigment »in Form von dicht gehäuften brauneu Körnern« in den Zellen der Bindesubstanz. — Das in den Epithelzellen des Mantelrandes vorkommende Pigment zeio't allerdings ebenfalls körnige Struktur und gelbe bis braune Farbe, dürfte aber wohl kaum durch Wanderzellen in das Epithel geschafft sein, — wenigstens ließ sich nichts beobachten, was darauf hingedeutet hätte, — sondern in den Epithelzellen selbst durch Umwandlung von Blutbestandteilen unter dem Einfluß von Sauerstoff (Faussek) und Licht (List) gebildet werden. Zum Schluß sei es mir gestattet, Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. E. KoRSCHELT, auf dessen Anregung ich diese Arbeit vornahm, für das stete, gütige Interesse und seine jederzeit bereite Unterstützung meinen aufrichtigen Dank zu sagen. Auch den Herren Prof. Dr. C. TöNNiGES und Dr. Harms bin ich für vielerlei Ratschläge, die sie mir während der Ausführung der Untersuchungen zu teil werden ließen, zu Dank verpfhchtet. Marburu i. H., Februar 1913. Literaturverzeichnis, 1. St. Apathy, Studien zur Histologie der Kaiaden. Xat. Abli. Ungar. Akad. 14. Bd. 1885. 2. D. Barfurth, Der phosphorsaure Kalk der Gastropodenleber. Biolog. Cen- tralblatt. Bd. III. 1883/84. 3. Th. Barrois, Les glandes du pied et les jjores aquiferes chez les Lamelli- branches. Lille, L. Danel, 1885. 4. Fr. Boll, Beiträge zur vergl. Histologie des Molluskentypus. Arch. f. mikr. Anat. V. Bd. Suppl. 5. H. BoLTZMANN, Beiträge zur Kenntnis der Pericardialdrüse der Lamelli- branchiaten. Arb. zool. Inst. Wien. Bd. XVI. 1900. 0. Bronn, Klassen und Ordnungen. 7. C. 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Griessbach, Über das Gefäßsystem und die Wasseraufnahme bei Xaiaden und Mytiliden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXVIII. 26. — Die Wasseraufnahme bei den Mollusken. Zool. Anz. Bd. VI. 1883. 27. Grobben, Die Pericardialdrüse der Lamellibranchier. Arb. zool. Inst. Wien. Bd. VII. 1888. 28. — Über den Bulbus arteriosus und die Aortenklappen der Lamell. 1891. Ibid. Bd. IX. 29. F. Gutheil, Über Wimperapparat und Mitose von Flimmerzellen. Zool. Anz. Bd. XXXVII. 1911. 30. — Über den Darmkanal und Mitteldarmdrüsc von Anod. cell. Schrot. Zeit- schrift f. wiss. Zool. Bd. XCTX. 31. A. GuR WITSCH, Morphologie und Biologie der Zelle. Jena 1904. 32. R. Hanitsch, Die Wasseraufnahme bei Cyclas und Anodonta. Diss. Jena. 1884. 33. P. Harting, Recherches de morphologie synthetique sur la production artificielle de quelques formations calcaires organiques. Verband, d. Koninkl. Akad. van Wetenschappen. Dertiende Deel. Amsterdam 1873. 34. J. Hazay, Die Molluskenfauna von Budapest. 111. Biol. Teil. Malakozool. Blätter. N. F. Bd. IV. Cassel 1881. 35. F. Hermann, Über regressive Metamorphosen des Zellkerns. Anat. Anz. Bd. III. 1888. 3n. Th. V. Hessling, Die Perlmuschel und üire Perlen. Leipzig 1859. 524 Wilhelm Siebert, 37. H. V. Jherixg, Übel" Hautdrüsen und Hautporen der GastroiJoden. Zool. Anz. Bd. XII. 1878. 38. Janssens, Les branchies des Acephales. La Cellule. T. IX. 1893. 39. Kollmann, Pori aquiferi und Intercellulargänge im Fuße der Lamell. und Gastroj)odcn. Verb. d. naturf. Gesellscb. Basel. Bd. VII. 1885. 40. — Die Bindesubstanz der Acephalen. 41. A. Lang, Lehrbuch der vergl. Anatomie der wirbellosen Tiere: Molluska. 42. F. Leydig, Die Hautdecke und Schale der Gastropoden. Troschel, Arch. f. Naturgesch. 42. Jahrg. Bd. I. Berlin 1870. 43. — Zelle und Gewebe. Bonn 1885. 44. J. H. List, Becherzellen im Blasenepithel der Amphibien. Biol. Centralblatt. 45. — Über Becherzellen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXVII. 1886. 46. — Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Thetys. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLV. 1887. 47. Th. List, Über den Einfluß des Lichtes auf die Ablagerung von Pigment. Arch. f. Entwicklungsmechanik. Bd. VIII. 1899. 48. — Die Mytiliden des Golfes von Neapel. 1. Teil. Fauna u. Flora des Golfes von Neapel. 27. Monographie. 1902. 49. F. Müller, Über die Schalenbildung bei Lamellibranchiaten. Diss. Bres- lau 1885. 50. Paneth, L^ber die secernierenden Zellen des Darmepithels. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXL 1888. 51. Posner, Über den Bau der Naiadenkieme. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XL 1875. 52. R. Rassbach, Zur Kenntnis der Schalenregeneration bei der Teichmuschel. Zool. Anz. Bd. XXXIX. 1912. 53. — Beiträge zur Kenntnis der Schale u. Schalenregeneration von Anodonta cellensis Schrot. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CHI. 1912. 54. B. Raavitz, Der Mantelrand der Acephalen. 1. Ostreacea. Jenaische Zeitschr. f. Nat. Bd. XXII. 1888. 55. — 2. Arcacea, Mytilacea, Unionacea. Ibid. Bd. XXIV. 1890. 56. — ■ 3. Siphoniata; Epicuticulabildung; Allgemeine Betrachtungen. Ibid. Bd. XXVIL 1892. 57. A. RuBBEL, Zur Kenntnis der Schalenregeneration bei der Flußperlmuschel. Zool. Anz. Bd. XXXVII. 1911. 58. — Die Entstehung der Perlen bei Margaritana margaritifera. Ibid. 59. — Über Perlen und Perlbildung bei Margaritana margaritifera. Zool. Jahrb., Anat. Bd. XXXIL 1911. 60. — Beobachtung über die Bildung der Perlen bei Anodonta. Zool. Anz. Bd. XXXIX. 1912. 61. ScHiEFFERDECKER, Zur Kenntnis des Baues der Schleimdrüsen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXIII. 62. P. ScHiEMENZ, Über die Wasseraufnahme bei Lamell. u. Gastropoden. I. Mitt. a. d. zool. Stat. z. Neapel. Bd. V. Leipzig 1884. IL Ibid. Bd. VII. Berlin 1886/87. 63. F. E. Schulze, Epithel und Drüsenzellen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. III. 1867. 64. Camillo Schneider, Lehrbuch der vergl. Histologie der Tiere. Jena 1902. Das Köriierepithel von Anodonta cellensis. 525 65. SiMROTH, Die Sinneswerkzeuge iinsrer einheim. Weichtiere. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXVI. 187G. 66. W. Stempell, Beiträge zur Kenntnis der Xuculiden. Diss. Berlin. 67. M. Stenta, Zur Kenntnis der Strömungen im Mantelraume der Lamell. Arb. a. d. zool. Inst. Wien. Bd. XXIV. 1903. 68. — Über ein drüsiges Organ der Pinna. Ibid. Bd. XVI. 1906. 69. Pn. Stöhr, Lelirbuch der Histologie 1887. 70. — Über Schleimdrüsen. Festschrift f. A. Kölliker. Leipzig 1887. 71. G. Techow, Zur Regeneration des Weichkörpers bei den Gastropoden. Arch. f. Entwicklungsmech. Bd. XXXI. 1911. 72. J. Thiele, Die Mundlappen der Lamellibranchiaten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLIV. 1886. 73. F. H. Troschel, Über die Brauchbarkeit der Mundlappen u. Kiemen zur Familienunterscheidung. Arch. f. Naturgesch. 13. Jahrg. Berlin 1847. 74. T. TuLLBERG, Studien über den Bau u. das Wachstum des Hummerpanzers u. der Molluskenschalen. Kgl. Svensk. Vetensk. Akad. Handl. XIX. 75. M. DE ViLLEPorx, Recherches sur la formation et l'acroissement de la coquille des Mollusques. Journal de TAnatomie et de la Physiologie. T. XXVIII. 1892. 76. H. Wallexgrex, Zur Biologie der Muscheln. I. Die Wasserströmungen. II. Die Nahrungsaufnahme. Kongl. Fysiografiska Sällskai^ets Hand- linger. N. F. Bd. XVI. Nr. 2 und 3. Lund 1905. 77. E. Wasserloos, Die Entwicklung der Kiemen bei Cyclas cornea. Zool. Jahrb. Anat. Bd. XXXI. 1910. Buchstabenerklärung. aaep, Außenepithel der Mantelrand- außenfalte; aep, Außenepithel des Mantels; af, Außenfalte des dorsalen Mantel- schlitzes; aiep, Innenepithel der Mantelrand - außenfalte; ah, äußere Kieme; am, Adduktormuskel ; as, Analsipho; h, Basis der Mundlappen; hi, Bindegewebe; hm, Basalmembran ; hs, Branchialsipho; ca, Kanal; dep, Enddarmepithel; dmr, dorsale Mantelrinne; dms, dorsaler Mantelschlitz; ep, Epicuticula; es, epitheliale Schleimzelle; /, Periostracumf alten; fu, Fuß; fz, Flimmerzellen; h, helle Schicht; H, Rückseite einer Leiste; kr, Hinterrand der Mundlappen; i, Intercellularen; iep, Innenepithel des Mantels; if, Innenfalte des dors. Mantelschlitzes; ik, innere Kieme; isf, Intersii^honalf alte ; ka, Kalk; la, Lacune; Ibl, LANGERSche Blase; Iep, Ligamentepithel ; li, Ligament ; liep, Leistenepithel; Im, längsgetroffene Muskulatur; 526 Wilhelm Siehert, Das Körperepithel von Anodonta cellensis. ma, Mantel; maep, Außenepithel der Mantelrand- mittelfalte; mf. Mittelfalte des dorsalen IMantel- schlitzes; miep, Innenepithel der Mantelrand- mittelfalte; mhep, Mantelhaftejjithel; 7nl, Mantellinie; mlaep, Mundlappenaußenepithel ; msz, mittlere Seitenzone; mul, Mund läppen ; nep, Nahtepithel; nyep, Nymphenleistenepithel ; osz, obere Seitenzone; pa, Papillen; pe, Periost racum; pi, Pigment; pm, Perlmutterschicht ; pr, Prisraenschicht; pz, Pinzelzelle; qm, quergetroffene Muskulatur; raf, Mantelrandaußenfalte; res, regenerierende Schleimzelle; /•//, Mantelrandinnenf alte ; rmf, Mantelrandmittelfalte; rz, Randzone; sh, Sinnesborsten; seh. Schale; se, Secret; sl. Schlußleisten; SS, subepitheliale Schleimzelle; iifr, unterer freier Rand der Mund- lappen ; usz, untere Seitenzone; V, Vorderseite der Leisten; viep, vorderes Innenepithel der Mund- lappen ; tou, Drüsenwulst; icz, Wanderzellen; zlr, Zwischenleistenrinne. über schwarz-rote und sternförmige Farbzellenkombi- nationen in der Haut von Gobiiden. Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren und Chromatopiioren-Vereinigungen bei Knochenfischen '. Von Professor Dr. med. et phil. E. Ballowitz, Direktor des anatomischen Instituts der Westtalisclien Wilhelms-Universität Münster i. W. i\Iit 25 Figuren im Text und Tafel VIII— XII. Inhaltsverzeichnis. Seite I. Einleitung 528 IL Färbung und Farbenwechsel von Gobius minutus L. und Gobius pictiis Malm, nebst einigen biologischen Notizen 530 III. Untersuchung der Haut mit der Lupe und mit schwachen mikrosko- pischen Vergrößerungen 534: IV. Spezielle mikroskopische Untersuchung der isoliert liegenden Chromato- phoren 537 L Melanophoren 538 2. Iridocyten 541 1 Vgl. E. Ballowitz, Die chromatischen Organe in der Haut von Trachinus vipera Cuv. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chromatophorenvereinigungen bei Knochenfischen. Mit Tafel XIV— XVIII. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CIV. 1913. Derselbe, Über chromatische Organe in der Haut von Knochenfischen. Mit 15 mikrophotographischen Abbildungen. Anatomischer Anzeiger. Bd. XLII. Nr. 7/8. 1912. Derselbe, Über schwarz-rote Doppelzellen und andre eigenartige Vereinigungen heterochromer Farbstoffzellen bei Knochenfischen. Mit 29 mikro- photographischen Abbildungen. Anatomischer Anzeiger. Bd. XLIV. Nr. 5. 1913. Derselbe, Über chromatische Organe, schwarz-rote Doppelzellen und andre eigenartige Chromatophorenvereinigungen, über Chromatophorenfragmentation und über den feineren Bau des Protojilasmas der Färbst offzellen. Mit Demon- strationen. Mit 4 Textfiguren. Vortrag gehalten auf der 27. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft am 25.-29. Mai 1913 in Greifswald. Verhandl. der Anatomischen Gesellschaft auf der 27. Versammlung in Greifswald. G. Fischer, Jena, 1913. 528 E. Ballowitz, Seite 3. Xanthophoren 543 4. Erythrophoren und Erytluojjliorenvereinigungen 546 5. Entstehung der Erythrophoren aus den Xanthophoren und Ent- stehung der Erythrophorenvereinigungen 549 V. Spezielle mikroskopische Untersuchung der heterochromen Farbzellen- vereinigungen 552 A. Schwarz-rote Vereinigungen von Erythroijhoren und Melanophoren 553 B. Sternförmige IridocytenVereinigungen vergesellschaftet 575 mit 1. Melanophoren 578 2. Xanthophoren 580 3. Melanophoren und Xanthojihoren 581 4. schwarz-roten Kombinationen von Erythrophoren und Melano- phoren, mit oder ohne Xanthophoren 583 C. Halbseitige Vereinigungen von Iridocytensternen mit schwarz-roten Kombinationen 584 VI. Kurze Zusammenfassung der Hauptresultate 585 VII. Erklärung der Abbildungen 586 I. Einleitung. Alle Autoren, welche sich mit den mikroskopischen und physiolo- gischen Vorgängen! bei dem Farbenwechsel der Knochenfische be- schäftigt haben, gehen von der Voraussetzung aus, daß der oft so auffällige Farbenwechsel durch Farbstoffzellen, die sogenannten Chro- matophoren, bedingt wird; diese Chromatophoren, so nahm man bisher an, liegen als einfache, mit einem oder zwei, selten mehr Kernen aus- gestattete, selbständige Zellen voneinander isoliert in der Lederhaut der Fische und stehen nur durch die sie innervierenden Nerven ^ miteinander in Zusammenhang. Organartige Zusammenlagerungen von Farbstoff- zellen, Kombinationen verschiedenartiger Chromatophoren, wie sie bei den Krebstieren beschrieben worden sind, waren bisher bei den Knochen- fischen unbekannt. 1 Vgl. die übersichtliche Literaturbesprechung von G. van Rynberk, Über den durch Chromatophoren bedingten Farbenwechsel der Tiere (sog. chro- matische Hautfunktion). Ergebnisse der Physiologie, herausgegeb. von L. Asher und K. Spiro. V. Jahrgang. 1906. 2 Vgl. hierüber E. Ballowitz, Die Innervation der Chromatophoren, mit Demonstrationen. Verhandl. der Anatomischen Gesellschaft auf der 7. Versamm- jung in Göttingen, 1893. Derselbe, Die Nervenendigungen der Pigmentzellen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LVI. 1893. über schwarz-rote und sternförtoige Farbzellenkombinationen usw. 529 In einer früheren, in dieser Zeitschrift erschienenen Abhandlung^ habe ich nachgewiesen, daß die histologischen Verhältnisse bei dem Farbenwechsel der Knochenfische denn doch nicht immer so einfache sind, wie man bisher glaubte, daß vielmehr kompliziert zusammen- gesetzte Chromatophorenvereinigungen in der Fischhaut allgemeiner verbreitet vorkommen und förmhche kleine, vielzellige »chromatische Organe« bilden; in der erwähnten Abhandlung habe ich diese von mir aufgefundenen Organe an dem Beispiel eines Knochenfisches, des Trachinus vipera, eingehend beschrieben. Fortgesetzte Unter- suchungen führten mich alsdann zu der Entdeckung von Erythro- phoren besonderer Art mit alkoholbeständigem, rotem Pigment^. Da die Färbung und der Farbenwechsel der Fischhaut nach den einzelnen Gattungen der Knochenfische ganz außerordentlich ver- schieden ist, so hegte ich von vornherein die Vermutung, daß auch die Chromatophorenvereinigungen nicht nach einem und demselben Typus gebaut wären, sondern auch wohl mannigfach variieren würden. Diesen Abweichungen nachzuspüren, reizte mich um so mehr, als das Studium der oft prächtig gefärbten Chromatophoren an sich sehr an- ziehend ist und dem Forscher eine Fülle von Problemen darbietet. Meine Vermutung hat sich denn auch alsbald bestätigt, wie aus den folgenden Mitteilungen hervorgehen wird. Für diese Abhandlung habe ich mir als 8tudienobjekt zwei Vertreter der artenreichen Gattung Gobius gewählt, und zwar den Gohius minutus L. und Gohius pictus Malm. Die Beobachtungen, welche ich an den Chromatophorenvereinigungen dieser Fische machte, haben nicht allein Beziehung zur Lehre von der Färbung und dem Farbenwechsel der Fische, sondern beanspruchen, wie ich glaube, auch ein hohes Interesse für unsre Kenntnis von der Zelle und der Zellenstruktur überhaupt. Ich begann diese Untersuchungen während eines Studienaufent- haltes an der Biologischen Anstalt auf Helgoland im August und Sep- tember 1910 und setzte sie in den großen Ferien des vorigen (1911) und des verflossenen Jahres (1912) auf Helgoland fort. Außerdem machte mir die Heljzoländer Biolomsche Anstalt in sehr dankenswerter 1 E. Ballowitz, Die chromatischen Organe in der Haut von Trachinus vipera Cuv. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chromatophorenvereinigungen bei Knochenfischen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CIV. 1913 — Derselbe, Über chro- matische Organe in der Haut von Knochenfischen. Anatomischer Anzeiger. Bd. XLTI. Nr. 7/8. 1912. 2 E. Ballowitz, Über Erythrophoren besonderer Art. Mit Tafel XIV. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LXXXII, Abt. I. 1913. Zeitschrift f. wisseiiscli. Zoologie. CVI. Bd. 34 530 E. Ballowitz, Weise zahlreiche Sendungen lebender Fische, welche ich einige Zeit in einem im hiesigen anatomischen Institut hergerichteten Seewasser- aquarium lebend erhielt und frisch getötet untersuchte. Da die roten und gelben Lipochrome der farbigen Pigmentzellen nach dem Tode sehr bald zugrunde gehen, in Alkohol leicht löslich sind und sich daher nicht gut konservieren lassen, war ich gezwungen, meine Studien meist am überlebenden Gewebe des frisch getöteten Tieres zu machen, was diese Untersuchungen sehr erschwerte und verlang- samte. Auch fast alle Zeichnungen sind nach dem frischen, lebenden Gewebe angefertigt. Von dem dekapitierten oder durch Heraus- schneiden des Herzens getöteten Fisch wurden sofort Hautstückchen vorsichtig abpräpariert, in physiologischer Kochsalzlösung unter dem Deckglas ausgebreitet und sogleich mikroskopisch untersucht. Die Konservierung der frischen Hautstücke in konzentrierter Gly- zerinlösung gelingt nur unvollkommen, da die farbigen Chromato- phoren sich darin sehr bald stark verändern. Dagegen erhielten sich die in physiologischer Kochsalzlösung unter dem Deckglas befindlichen Präparate nach Abschluß des Deckglases durch einen gut sitzenden Wachsring oft einige Tage in gutem Zustande; die Melanophoren blieben sogar in diesen Präparaten oft bis 24 Stunden lebend und zeig- ten so lange die Körnchenströmungen. Im ganzen verarbeitete ich von beiden Gohius- Alten zusammen über 100 meist frisch gefangene Fische verschiedener Größe, von denen die meisten Gohius minutus waren. Die Exemplare von Gohius minutus hatten meist eine Länge von 5 — 8 cm, eine Anzahl war aber auch wesentlich kleiner, 3 — 4cm lang. Von Gohius pictus, der an sich kleiner bleibt als G. minutus, standen mir nur Exemplare von 2 y., — 4 cm zur Verfügung und auch nur im letzten Jahre, da dieser Fisch erst kürzlich bei Helgoland ent- deckt worden ist. Zur Konservierung dienten 70, 80 und 90%iger, sowie absoluter Alkohol, 4%ige Formalinlösung und Eisessig-Sublimatlösung (5% Eis- essig) ; doch war dieses Material nur für das Studium der Melanophoren und Iridocyten brauchbar. II. Färbung und Farbenwechsel von Gobius minutus L. und G. pictus Malm, nebst einigen biologischen Notizen. Bevor ich mit der Schilderung der Chromatophoren beginne, ist es erforderlich, nähere Angaben über die Färbung dieser Fische zu machen. über schwarz-rote und sternförmige Farbzellenkombinationen usw. 531 Die Grundfärbung ihrer Haut ist im wesentlichen grau durch- scheinend und sehr unansehnlich. Als ich diese Fische zum ersten Male zur Untersuchung hernahm, ahnte ich daher nicht, daß ich an ihnen eine so überraschende Menge von interessanten und hochwich- tigen neuen Tatsachen auffinden würde. Mit bloßem Auge näher betrachtet, zeigt die Haut bei beiden Arten zwei verschiedene Färbungen, welche, wie wir sehen werden, der Hauptsache nach auch durch ganz verschiedene Chromatophoren und Chromatophorenvereinigungen hervorgerufen werden. Zunächst und am meisten fallen schwärzliche und schwarzbraune bis ziegelrote Fleckchen und feinere, lineare, zusammenfließende oder auch stippchenartige Zeichnungen auf, die der Oberseite und den Seiten von Eumpf und Kopf angehören, aber auch den Rückenflossen und der Schwanzflosse nicht fehlen. Sie verleihen diesen Teilen eine zart marmorierte, graurötliche Gesamtfärbung, während die Bauchseite von Kopf und Eumpf ungefärbt erscheint und nur den Silberglanz des Argenteums fleckenweise aufweist. Der hintere Teil des Kopfes sieht mehr rötlich aus. Seitlich am Rumpf in der Nähe der Seitenhnie sind die dunklen Flecken meist ein wenig größer und in einer Reihe an- geordnet, sie besitzen hier eine unregelmäßige Form. Dazu kommen dann zweitens zerstreute, kleine, eigentlich nur bei auffallendem Sonnenlicht deuthch hervortretende, metallisch glän- zende, irisierende Stellen. Am Kopf und besonders in der Scheitel- gegend sind diese Glanzstellen zwischen den schwarzbraunen Färbungen unregelmäßig eingestreut; auf dem Rücken bilden sie, insbesondere bei Gobius pictus, mehrere sattelförmige, nach unten gegen die Mittel- linie sich verschmälernde und dort aufhörende, unscheinbare Binden, finden sich hier aber auch sonst zerstreut. An der Bauchseite ist stellen- weise ein einfacher Silberglanz eines unvollständigen Argenteums er- kennbar; ebenso sind an der Brust- und Bauchflosse entlang manchen Strahlen goldige, irisierende Linien vorhanden. Gobius minutus L. und Gobius fictus Malm, ähneln sich sehr und sind schwer voneinander zu unterscheiden, wie auch Holt und ByeneI hervorheben, "Nach diesen Autoren ist das sicherste und leichteste Unterscheidungsmerkmal die Färbung der vorderen Rücken- flosse ; bei G. minutus besitzt diese am hinteren Rande nur einen größeren schwarzen oder schwarzblauen Fleck, während sie bei G. fictus eine 1 E. W. L. Holt and L. W. Byrne, The British and Irish Gobies. Report on the Sea and Inland Fisheries of Ireland for 1901. Part II. Scientific in- vestigations, Dubhn 1903, 34* 532 E. Ballowitz, oder mehrere Reihen von schwarzen Flecken aufweist. Dazu kommt, daß bei letzterem die Flecken am Körper zahlreicher und dunkler sind und besonders seitlich und am Kopf schärfer begrenzt erscheinen; da- durch sieht G. fictus etwas bunter aus. Auch traten an den Helgo- länder Exemplaren die sattelförmigen Metallstreifen auf dem Rücken deutUcher abgegrenzt hervor. Überhaupt waren die Flecken am Rücken und den Seiten des Rumpfes in mehr ausgeprägten, etwas schrägen Querbinden gestellt. An der vorderen Rückenflosse fanden sich außer dem hinteren, größeren, dunklen Fleck noch zwei Reihen kleinerer dunkler Flecke. Auf dem Scheitel fiel bei G. fictus in der Mittellinie dicht hinter den Augen meist ein bläulich-grünhcher, glän- zender Fleck auf. Schließlich bleibt G. fictus hinter der andern Art an Größe zurück; nach Holt und Byrne wird G. minutus 80 mm, G. pictus dagegen nur 55 mm lang. Während der Brunstzeit wird bei den Männchen die Färbung lebhafter; vor allem tritt an den Rückenflossen eine schöne blaue Färbung auf, die späterhin sehr abblaßt. Bei der Durchsichtigkeit der Tiere werden auch die im Innern des Körpers befindlichen, tiefere Organe umgebenden Pigmentmassen sichtbar und beeinflussen die Gesamtfärbung. So schimmert besonders bei G. fictus das im hinteren Teile stark pigmentierte Peritonaeum durch und verursacht am Rumpf hinter der Gegend der Brustflossen einen großen, dreieckigen, schwärzUch-bräunlichen Fleck, der seine Spitze nach hinten hin kehrt. Ferner scheint, auch wieder bei G. pictus, das Pigment des Wirbelkanals durch und ruft in der Tiefe hinter dem dreieckigen Peritonaealfleck vier braunrote Streifen hervor, deren letzter an der Basis der Schwanzflosse im Innern liegt. Vor allem aber macht sich in der Scheitelgegend des Kopfes aus der Tiefe heraus ein dunkler, großer Fleck sehr geltend. Er besitzt die ausgesprochene Form eines Rhombus, dessen längster Durchmesser genau in der Mittellinie verläuft. Wenn man hier die Haut mit den Muskeln abpräpariert und die Schädeldecke freilegt, so stellt man fest, daß die Pigmentierung der Hirnhaut unter der Schädeldecke angehört und in der Mittelhnie dicht vor der Mitte des Rhombus eine kleine helle Stelle freiläßt. Durch diese tiefere Pigmentierung er- scheint der Kopf hinter den Augen dunkler als der benachbarte Rücken- teil. Man kann dieses rhombische Schädelstück leicht herausschneiden, wobei die pigmentierte Hirnhaut in natürlicher Lage und Fixierung an der Innenfläche des Knochens sitzen bleibt. Es sei vorausgeschickt, daß die Pigmentzellen dieser Hirnhaut merkwürdigerweise fast genau über schwarz-rote und sternförmige Farbzellenkombinationen usw. 533 dieselbe Anordnung aufweisen, wie die Chromatophoren der Haut. Ich habe daher auch diese Hirnhautzellen berücksichtigt und durch ihr Studium sehr wertvolle Ergebnisse erhalten, wie die folgenden Mitteilungen zeigen werden. Schließlich sei noch erwähnt, daß sich seithch am Kopf die Kiemen geltend machen und den entsprechenden Kopfteilen eine rötliche Fär- bung verleihen. Die geschilderte Färbung, auch die der tieferen Pigmentierungen, ist sehr veränderlich und einem weitgehenden Farbenwechsel unter- worfen, der abhängig ist von der Färbung des Untergrundes. Bringt man die Tiere, wenn sie weiter nicht beunruhigt sind, auf eine helle Unterlage, etwa in einen weißen Porzellanteller, so blassen sie sehr stark ab und werden fast ganz durchsichtig. Umgekehrt wird auf dunkler Unterlage die Färbung dunkel, und treten die Flecken alsdann sehr deutlich hervor. Dieser Farbenwechsel kann sehr schnell erfolgen; die dunklen Pigmentzellen können ihr Pigment fast momentan aus- breiten und wieder auf kleinem centralem Raum konzentrieren, wie mir direkte Beobachtungen gezeigt haben. Indessen will ich hier auf die physiologischen Vorgänge des Farbenwechsels nicht eingehen, da ich darüber an andrer Stelle berichten werde. Was schließlich noch die Lebensweise der beiden Gobius-Avten anbetrifft, so war Herr Dr. W. Mielck von der Biologischen Anstalt in Helgoland so freundlich, mir die folgenden Angaben zu machen, wofür ich ihm hier meinen herzlichen Dank ausspreche. Herr Dr. Mielck schreibt mir: >>Was die Lebensweise der bei Helgoland vor- kommenden Gobiiden, G. minutus und G. pictus, anbetrifft, so unter- scheiden sie sich wesentlich. Wir fischen sie eigentlich niemals gleich- zeitig. G. 'pictus lebt auf felsigen, algenbewachsenen Gründen, nament- lich der Westküste von Helgoland, und sucht sich Verstecke zwischen Geröll und Felsspalten, aus denen er auf Beute lauernd hervorschaut und in die er nach Ergreifung der Beute schnell wieder zurückkehrt. G. minutus gehört dagegen weichem Boden an und scheint im allgemeinen auch nicht in so flaches Wasser zu kommen wie G. pictus. G. minutus pflegt sich häufig, ähnlich wie Trachinus vipera, in den Sand einzuwühlen, nur die Augen frei, während ich bei einem sich zu verstecken suchenden G. pictus niemals eine grabende oder wühlende Tätigkeit bemerkt habe. Die verschiedenen Wohngebiete der beiden Arten kommen ja schon in ihrer Färbung zum Ausdruck. G, minutus ist viel verbreiteter als G. pictus, wir fischen ihn überall 534 - E. Ballowitz, auf befischbaren Gründen mit der Kurre, während ich G. pidus nie- mals anderswo gesehen habe, als an der Küste von Helgoland. << Daß Gobius pictus in andern Meeresgegenden auch eine andre Lebensweise führen und Sandbewohner werden kann, geht aus den Mitteilungen von Holt und Byrne hervor, welche G. pictus an den Küsten von Irland auf feinem und grobem Sande, zwischen Zostera und auf muscheligem oder sogar kiesigem Grunde fanden; nach diesen Autoren zieht er dort Sand vor. III. Untersuchung der Haut mit der Lupe und mit schwachen mikroskopischen Vergrößerungen. Wie ich im vorigen Kapitel ausgeführt habe, sind in der Haut, so unscheinbar sie auch aussieht, schon mit bloßem Auge bei näherem Hinsehen zwei verschiedene Färbungen festzustellen, schwärzliche bis braunrote Flecken und Stippchen und dazwischen metallisch irisierende Stellen. Es sei von vornherein bemerkt, daß für uns nur die Fär- bungen auf dem Eücken und an den Seiten von Kopf und Rumpf in Betracht kommen, da der oben erwähnte Gold- und Silberglanz der irisierenden Stellen am Bauche nur durch einfache Guaninzellen und Xanthophoren bedingt wird, die nichts besonderes darbieten. Näheren Aufschluß über die die erwähnten beiden Färbungen verursachenden Elemente erhält man schon bei einfacher Betrachtung des Fisches mit schwachen Lupen, etwa der LEiTZschen Präparierlupe von achtfacher Vergrößerung. Man stellt da zunächst fest, daß die Chromatophoren und Chromatophorenvereinigungen isohert Hegen und durch pigmentfreie Räume von einander getrennt werden, in welchen das tiefere Gewebe durchscheint. Hierdurch werden die beiden Go- büden zu einem ähnlich günstigen Untersuchungsobjekt wie der von mir früher näher studierte Teleostier Trachinus vipera. Sodann erkennt man bei Lupenvergrößerung sofort zweierlei. Zunächst sieht man, daß den schwärzlichen und braunroten Flecken große, reichverzweigte Farbstoffzellen entsprechen, welche in eigen- tümlicher Weise fast überall schwarze und rote Äste durcheinander besitzen; auch ihr Körper zeigt in verschiedener Weise diese beiden Farben nebeneinander. Die schwarz-roten Farbstoffzellen sind auf dem Rücken und an den Seiten bis unter die SeitenUnie hinunter ent- sprechend den Schuppenbegrenzungen im allgemeinen in Reihen an- geordnet, welche kleine, meist annähernd rhombische Felder begrenzen, von denen ein jedes einer Schuppe entspricht. Auf dem Scheitel und am Kopf sind sie mehr gruppenweise verteilt. In meiner im Ana- über schwarz-rote und sternförmige Farbzellenkombinationen usw. 535 tomischen Anzeiger erschienenen ^ vorläufigen Mitteilung bringt das Mikrophotogramm der Fig. 1 diese lineare Anordnung zwischen den rhombischen Feldern sehr deutlich zur Anschauung. Hier und da werden auch vereinzelte schwarz-rote Vereinigungen in den Feldern selbst angetroffen. Die zweite, schon bei Lupenvergrößerung auffälhge Eigentüm- lichkeit betrifft die irisierenden Flecken, welche bei Besichtigung des Kückens und der Seiten von Kopf und Rumpf mit bloßem Auge im Sonnenlicht hervortraten. Man findet an diesen Stellen unter der Lupe zahlreiche kleine, metallisch schimmernde Fleckchen mit pracht- vollem, goldig-grünem oder auch leicht bläulichem Glänze. Diese pünktchenartigen Fleckchen liegen voneinander isohert und bilden größere und kleinere Gruppen oder auch Reihen; hier und da können auch einmal zwei oder mehrere Metallfleckchen dicht an einander rücken. Innerhalb dieser Gruppen fehlen gewöhnlich die schwarz-roten Farbstüffzellen. Das Merkwürdigste an diesen Metallfleckchen, was bei Lupen- vergrößerung auch sofort sehr auffällig wird, ist der Umstand, daß fast in jedem Fleckchen ein Melanophor als sehr deutliches, schwarzes Pünktchen liegt. Je nach dem Ausdehnungszustande der dunklen Pigmentmasse ist dieses schwarze Pünktchen größer oder kleiner; untersucht man bei auffallendem, hellem Licht, erscheint es fast immer ganz klein. Gewöhnlich sitzt nun dieser Melanophor genau in der Mitte des Metallfleckchens, hier und da auch etwas exzentrisch. Sel- tener sieht man in etwas größeren Metallflecken zwei oder gar drei dunkle Pünktchen, welche sich dann alle außerhalb der Mitte befinden. Außer dem centralen Melanophor in den Flecken finden sich zwischen den letzteren hier und da auch noch völlig isolierte Melanophoren. Diese mit centralem schwarzen Punkt versehenen Metallfleckchen sind nun bei den älteren Tieren am schönsten und regelmäßigsten ausgebildet und auch am zahlreichsten in der Scheitelgegend des Kopfes und innerhalb der irisierenden Stellen des Rückens und der oberen Teile der Seitenflächen des Rumpfes; in den unteren Abschnitten der letzteren werden die Metallfleckchen unregelmäßiger und lassen hier oft den Melanophoren vermissen. Auch bei den kleineren, jungen Tieren sind sie weniger regelmäßig, weil sie hier noch nicht zur vollen Entfaltung gekommen sind. 1 E. Ballowitz, Über schwarz-rote Dojipelzellen und andre eigenartige Vereinigungen heterochromer Farbstoffzellen bei Knochenfischen. Mit 29 mikro- photographischen Abbildungen. Anatomischer Anzeiger. Bd. XLIV. Nr. 5, 1913. 536 E. Ballowitz, Greift man nun zu schwächeren mikroskopischen Vergrößerungen und untersucht ein abpräpariertes Hautstück etwa von der Stirn- gegend, so findet man die beiden oben erwähnten Unterschiede be- stätigt, erkennt aber an den metaUisch glänzenden Flecken sofort, daß diese keine einfachen Bildungen sind, sondern Vereinigungen von oft zahlreichen schmalen Iridocyten, welche sich mit einem Ende sternförmig zusammenstellen und so zierliche Rosetten bilden; in der Mitte einer jeden Rosette liegt gewöhnlich ein Melanophor. Dazu gesellen sich dann noch mehr oder weniger zahlreiche gelbe Chromato- phoren, welche dem ganzen Fleck den schönen goldigen Glanz ver- leihen. Diese Metallfleckchen werden also gebildet durch sternförmige Vereinigungen von drei verschiedenen Chromatophorenarten und zwar den Iridocyten, den Xanthophoren und einem oder mehreren Melanophoren ; daß es damit bisweilen noch nicht sein Bewenden hat, werden wir später sehen. Schon diese Voruntersuchung hat uns mithin belehrt, daß bei unsern Gobiiden zwei verschiedene Arten von Chromatophorenvereinigungen vorkommen, welche den verschieden gefärbten Hautstellen genau ent- sprechen und zwar 1) doppelzellenartige Chromatophorenvereinigungen von Melano- phoren und Erythrophoren an den braunrot gefärbten Stellen und 2) sternförmige Kombinationen von Iridocyten, Xanthophoren und Melanophoren innerhalb der oben bezeichneten irisierenden Hautstellen an Kopf und Rumpf. Meine Aufgabe ist nun, die Verhältnisse dieser beiden Chromato- phorenkombinationen, der schwarz-roten und der sternförmigen, näher zu schildern und durch eingehende mikroskopische Untersuchung klar zu legen. Bevor ich aber hiermit beginne, halte ich es für geboten, die bei unsern Gobiiden in isoliertem Zustande überhaupt vorkommen- den Chromatophorenarten näher zu beschreiben, da diese durch ihre Zusammenlagerung ja die obigen Kombinationen bilden. Wenn wir daher von den Chromatophorenkombinationen zunächst absehen, so werden in der Haut die folgenden Farbstoffzellen beobachtet : 1) Melanophoren, Chromatophoren mit schwarzem bzw. braun- schwarzem Pigment. 2) Iridocyten (Pouchet), Chromatophoren mit irisierenden Guaninkristallen. über schwarz-rote und sternförmige Farbzellenkombinationen usw. 537 3) Erythrophoren bzw. Erythrophorenvereinigungen, Chromato- phoren mit rotem Pigment (Lipochrom) ; 4) Xanthophoren, Chromatophoren mit gelbem Pigment (Lipo- chrom) ; dazu kommen 5) Mischformen zwischen den Xanthophoren und den Erythro- phoren, da die letzteren, wie wir sehen werden, aus den ersteren hervorgehen. Alle diese Chromatophoren und auch ihre Vereinigungen Hegen, wie senkrecht zur Hautoberfläche geführte Schnitte zeigen, in der tiefsten Lage des Coriums, dort, wo sonst das Stratum argenteum gefunden wird. Es sei betont, daß die unter 1 — i aufgeführten Chromatophoren an den oben genannten Hautstellen in isoliertem Zustande nur sehr spärlich vorkommen ; vielmehr sind" die Farbstoffzellen hier fast alle zu Kombinationen zusammengelagert. Was von den isolierten Chro- matophoren in dem nächsten Kapitel gesagt wird, gilt auch durchaus für die einzelnen Zellelemente der Chromatophorenvereinigungen. IV. Spezieile mikrosl ä3^r"^'-i.~^'Ä:^^. /ß^^ rr'' ^'^^P^''^!^^ //-^ ckteig gez. l^'tv'-y^^'^ • Leiuzig. Utk 4nst. v.Jokaiuies Arndi, Jena Zälsclml't f.wtss. Zootegie Bd. Cll Taf. 111. LickUig gcz ipzig. lUh AmtvJoha/um Arndt, Jena, '/nischrißf. m'ss. Zoologie Bd. Cl'7. n.iraclu 9 liiccsup Ta/:/K TV (JrtW**'^' ranL.Tmn.n.op7iiTusup. ctraATwcc ;j cer.Jtuce. ! \ üäLAostTE^imlsInpag Zeitschrift /." wiss. Zoologie. Bd. CVL Taf. V. KsHw ^w «WA* /ri^Wm«« ^j^^^^^ Lith.Anst.v. Johawus Arndt, Jena.. Zeitschrift r. wiss. Zoologie Bd. CVI Taf. VI. Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. CVI. Tai: VII. 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